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Full text of "Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde"

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CENTRALBLATT 


für 

Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


XV.  Band. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 
in  2016  with  funding  from 
BHL-SIL-FEDLINK 


https://archive.org/details/centralblattfrba1518unse 


CENTRALBLATT 

für 

Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Geh.  Hofrath  Professor  Dr.  Leuckart 

in  Leipzig 


und 

Professor  Dr.  LoefFler 

in  Greifswald 

herausgegebeu  von 


L!3RARY 
N2W  YORK 

gdtanical, 

Garden 


Dr.  Oscar  UMworm  in  Cassel. 


XV.  Band. 


Mit  3 lithogr.  Tafeln  und  28  Abbildungen  im  Texte. 


Jena, 

Verlag  von  Gustav  Fischer. 
1894. 


xz 


- 19 13 


Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

fiel.  Holt.  Prof.  Dr.  Leitet  m Professor  Dr.  Loofler 

ln  Leipzig  ln  Greifswald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  Uhlworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Band. 

-o-  Jena,  den  3.  Januar  1894. 

No.  1. 

-~dt,  Zu 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände, 
beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten. 

Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten • 
künde”  richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze enttveder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 


Ein  neuer  gasbildender  Bacillus. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  Heidelberg.] 

Von 

Dr.  F.  Gärtner. 

(Mit  6 Figuren.) 

Zwei  Meerschweinchen,  welche  zur  Prüfung  der  Virulenz  einer 
Staphylokokken-  und  Diplokokkenreinkultur  mit  1 ccm  des  einen  und 
des  anderen  Coccus  intraperitoneal  infiziert  wurden,  starben  beide 
2 Tage  nach  der  Injektion.  Bei  vorgenommener  Sektion  zeigte  sich 
bei  beiden  Milztumor,  eine  eigentümliche,  dunkelblutrote,  leicht 
brüchige  Leber,  Hydrops  cystis  felleae,  etwas  aufgetriebene  Därme  und 
leichte  Peritonitis  mit  mäßigem  Exsudate,  ohne  fibrinöse  Verklebungen. 

XV.  Bd.  1 


2 


F.  Gärtner, 


Von  Leber,  Milz,  Blut  und  serösem  Exsudate  der  Bauchhöhle  wurden 
Platten  gegossen,  doch  wuchs  auf  dem  dazu  benutzten  Agar-Agar 
weder  ein  erwarteter  Staphylo-  noch  Diplococcus,  sondern  ein 
Kurzstäbchen  als  Reinkultur  auf  allen  Platten.  Von  einer  daraus 
hergestellten  Bouillonkultur  wurde  einem  Meerschweinchen  1 ccmi  in 
die  Bauchhöhle  injiziert.  Dasselbe  verendete  nach  circa  20  Stunden. 
Die  Sektion  ergab  den  gleichen  Befund,  wie  bei  den  oben  erwähnten 
Meerschweinchen.  Auch  im  Blute,  Milz  und  Peritonealflüssigkeit 
konnte  dasselbe  Kurzstäbchen  als  Reinkultur  mittelst  Plattenverfahrens 
nachgewiesen  werden. 

Zur  Sicherstellung  der  bakteriellen  Diagnose  wurden  die  bio- 
logischen und  toxischen  Eigenschaften  dieses  Bacillus  nun  weiter 
verfolgt.  Doch  ergab  sich  im  Laufe  der  Untersuchung,  daß  derselbe 
mit  keinem  der  bis  jetzt  gefundenen  identisch  sei. 

Das  Resultat  der  Untersuchung  ist  folgendes: 

Die  Form  des  Bacillus  ist  die  eines  Kurzstäbchens  mit  abge- 
rundeten Enden.  Seine  Breite  ist  annäherd  konstant,  während  die 
Länge  sehr  variabel  ist  und  zwischen  dem  4 — 12  fachen  seiner  Breite 
schwankt. 

Gelatine  wird  durch  den  Bacillus  nicht  verflüssigt. 

Sein  Wachstum  auf  Gelatineplatten  ist  ein  langsames.  Nach 
3 Tagen  haben  die  Keime  ihre  größte  Oberflächenausdehnung  erreicht, 
welche  jedoch  nicht  die  Größe  eines  Stecknadelkopfes  übersteigt.  Bei 


Fig.  1.  Fig.  2. 


schwacher  Vergrößerung  unter  dem  Mikroskope  betrachtet,  erhalten 
wir  die  in  Figur  1 und  2 wiedergegebenen  Bilder:  Der  annähernd 

runde  Keimstock  besitzt  auf  seiner  Oberfläche  eine  Menge  größerer 
und  kleinerer  runder  und  eckiger  Wärzchen,  welche  dem 
Ganzen  beiläufig  das  Aussehen  einer  Maulbeere  geben. 
Manche  Keime  weisen  an  einzelnen  Stellen  der  Keim- 
peripherie größere  Mengen  von  übereinander  geschich- 
teten Wärzchen  auf.  Wieder  andere  Keime  sind  von 
einem  helleren,  peripher  scharf  abgegrenzten  Streifen 
umgeben,  in  welchem  hier  und  da  einige  ausspros- 
sende Warzen  des  Grundstockes  hineinragen. 

Die  Gelatinestichkultur  (Fig.  3)  besteht  längs  des 
Impfstiches  aus  einer  Menge  graulich-weißer  Perlen, 
welche  im  ersten  Drittel  verschwindend  klein  sind 
und  dicht  bei  einander  stehen,  im  zweiten  Drittel 
größer  werden  und  weitere  Zwischenräume  zwischen 
sich  lassen.  Im  letzten  Drittel  des  Stiches  sind  die- 
Fig.  3.  selben  ganz  vereinzelt  und  erreichen  die  Größe  eines 


Ein  neuer  gasbildender  Bacillus. 


3 


Stecknadelkopfes.  Der  Kopf  des  Impfstiches  hat  nach  circa  3 Tagen 
seine  größte  Oberflächenausbreitung  gewonnen,  ist  klein,  linsengroß, 
unregelmäßig  gezackt,  feucht  glänzend  und  wenig  über  das  Niveau 
der  Gelatine  hervorragend. 

Auf  Agarplatten  entwickeln  sich  die  einzelnen  Keime  ähnlich 
wie  auf  Gelatineplatten,  jedoch  ohne  jene  Figuren  im  mikroskopischen 
Bilde  aufzuweisen,  wie  auf  letzterem. 

Die  Agarstrichkultur  (Fig.  4)  hat  nach  24-stün- 
digem  Wachstume  das  Aussehen  wie  ein  schmaler 
Gebirgszug  mit  Hochplateau  und  sanft  abfallenden 
und  häufig  gebuchteten  Abhängen.  Die  Kultur  ist 
ebenfalls  feucht  glänzend,  von  grauweißer  Farbe, 
welche  je  nach  dem  Auffallen  des  Lichtes  bald  in  das 
Gelbliche,  bald  in  das  hellste  Blau  spielt. 

Auf  Kartoffeln  wächst  der  Bacillus  je  nach 
der  Temperatur  verschieden.  Bei  37°  C beschränkt 
sich  sein  Wachstum  nur  auf  den  Impfstich,  welcher 
hellbraun  erscheint,  während  bei  24°  C sich  das 
Wachstum  des  Bacillus  mehr  auf  der  Kartoffel 
ausbreitet  und  eine  hellschwefelgelbe  Farbe  annimmt. 

Die  Beweglichkeit  des  Bacillus  ist  eine  nicht 
sehr  lebhafte.  Nur  einzelne  Bakterien  scheinen  mehr 
Bewegungsenergie  zu  zeigen  und  ziehen  schlangenartig 
durch  das  Gesichtsfeld  des  hängenden  Tropfens.  War 
derselbe  24  Stunden  in  einer  konstanten  Temperatur 
von  24°  C,  so  ist  die  Beweglichkeit  eine  etwas  leb- 
haftere. Die  Temperatur  von  37°  C des  Brütofens 
scheint  seine  Bewegungsenergie  etwas  zu  erschlaffen,  während  die- 
selbe, wie  wir  oben  gesehen,  im  Gegenteil  das  Wachstum  auf  Agar 
befördert.  Der  Bacillus  weist  somit  eine  deutliche  Differenz  in 
der  Wachstumsschnelligkeit  auf:  Wachstum  auf  Kartoffeloptimum  bei 
24°  C;  Wachstum  auf  Agaroptimum  bei  37°  C. 

Die  oberste  Grenze,  bei  welcher  die  Kulturen  noch  gedeihen, 
liegt  bei  50°  C.  Darüber  hinaus  sistiert  die  Entwickelung  und  ein 
10  Minuten  langes  Verweilen  einer  Bouillonkultur  in  einer  Temperatur 
von  60°  C läßt  den  Bacillus  absterben. 

Veranlaßt  durch  die  Beweglichkeit  des  Bacillus,  forschte  ich 
nach  Geißeln  und  es  gelang  mir,  dieselben  nach  der  Loeffler’ sehen 
Färbemethode  nachzuweisen.  Jeder  Bacillus  besitzt  eine  lange, 
polare  Geißel.  Die  Geißelfärbung  gelingt  am  besten  bei  neutraler 
Reaktion  der  Beizflüssigkeit. 

Die  Vermehrung  findet  durch  Auswachsen  des  Bacillus  nach 
einer  Seite  und  Abschnürung  in  der  Mitte  statt.  Sehr  schön  sind 
diese  Teilungsvorgänge  durch  die  Geißelfärbung  nachzuweisen,  indem 
hier  die  verschiedenen  Stadien  der  Vermehrung  besonders  genau  ver- 
folgt werden  können.  Dadurch,  daß  nämlich  an  einem  Ende  des 
Bacillus  die  Geißel  als  Orientierungspunkt  bleibt,  kann  das  An- 
wachsen des  anderen  geißelfreien  Endes  leicht  verfolgt  werden.  Erst 
wenn  der  Bacillus  ungefähr  seine  doppelte  Länge  erreicht  hat, 
fängt  er  an,  sich  abzuschnüren  und  nach  der  Abschnürung  erst 

i* 


Fig.  4. 


4 


F.  Gärtner 


scheint  dem  sozusagen  jungen  Bacillus  das  Bewegungsorgan,  die 
Geißel,  zu  wachsen;  denn  aus  keinem  Präparate  konnte  eruiert 
werden,  daß  der  kurz  abgeschnürte,  immer  noch  in  derselben  Längs- 
achse wie  der  Mutterbacillus  stehende  neue  Bacillus  an  irgend 
einem  Pole  schon  eine  Geißel  trüge-  Ob  der  schon  einmal  zur  Ver- 
mehrung, d.  h.  Abschnürung  benützte  Bacillus  nochmals  imstande 
ist,  auszuwachsen  und  von  neuem  sich  zu  teilen,  bleibt  dahingestellt. 
Sporenbildung  ist  nicht  beobachtet. 

Das  Luftbedürfnis  des  Bacillus  ist  fakultativ  aerob.  In 
Traubenzuckeragar  sowohl  als  auch  bei  Luftabschluß  unter  Wasser- 
stoff findet  sein  Wachstum  ungeschmälert  statt.  Auch  in  frischen 
Eiern  wächst  unser  Bacillus  und  hat  zugleich  für  das  Eiweiß  der- 
selben eine  peptonisierende  Wirkung,  indem  er  dasselbe  völlig  ver- 
flüssigt. Die  Biuretreaktion  gab  die  charakteristische  rotblaue  Farbe. 

Die  Gr  am’ sehe  und  Loeffler’sche  Methode  für  die  isolierte 
Färbung  des  Bacillus  im  Gewebe  gelingt  nicht;  nur  mit  der 
Pfeiffer’ sehen  Universalmethode  (Ziehl’sche  Lösung  — Ent- 
färben mit  Essigsäure  — Alkohol.  S.  Zeitschr.  f.  Hygiene.  Bd.  XIII. 
1893.  Heft  3)  läßt  sich  der  Bacillus  in  Gewebsschnitten  nach- 
w eisen. 

Die  Gasproduktion  des  Bacillus  ist  eine  außerordentlich  leb- 
hafte. 1 1/2  Proz.  Traubenzuckeragar  wird  in  hoher  Schicht  durch 
die  Gasbildung  des  Bacillus  nach  Impfstich  völlig  auseinander- 
getrennt. 


Um  die  Art  des  produzierten  Gases  festzustellen,  benutzte  ich 
folgenden  Apparat  (Fig.  5).  Ein  Glaskolben  a,  welcher  oben  mit 
einem  doppelt  durchbohrten,  festschließenden  Kautschukpfropf  armiert 
war  und  in  welchem  ein  Scheidetrichter  b und  eine  nur  bis  an  das 
untere  Ende  des^  Stopfens  eintauchende  Glasröhre  c steckten,  wurde 
mit  einer  zur  Gasbildung  geeigneten  Flüssigkeit  in  der  Weise  ge- 
füllt, daß  alle  Luftblasen  aus  Kolben  und  Glasröhre  entfernt  waren. 
Das  untere  Ende  der  Röhre  c wurde  mit  einem  Wattepfropf  ver- 


Ein  neuer  gasbildender  Bacillus. 


5 


schlossen  und  der  ganze  Apparat  in  dem  Koch’ sehen  Dampfkoch- 
topfe sterilisiert.  Nach  Erkalten  der  Flüssigkeit  wurde  die  durch 
Sterilisation  ausgetretene  Flüssigkeit  wieder  ergänzt  und  nun  der 
Kolben  a durch  den  Scheidetrichter  b mit  einer  Bouillonkultur  unseres 
Bacillus  infiziert,  der  Hahn  des  Scheidetrichters  geschlossen  und 
der  Kautschukpfropf  mit  seinen  Röhren  paraffiniert. 

Nach  Entfernung  des  Wattepropfes  an  dem  unteren  Ende  de 
Röhre  c wurde  dasselbe  unter  eine  sorgfältig  mit  Quecksilber  ge 
füllte,  in  einem  Quecksilberbade  stehende  Röhre  a gebracht  und  der 
ganze  Apparat  in  den  Thermostaten  gestellt. 

Die  erste  Gasentwickelung  war  nach  6 Stunden  zu  bemerken. 
Nach  12  Stunden  hatte  sie  ihren  Höhepunkt  erreicht,  um  jetzt  all- 
mählich abzunehmen  und  nach  48  Stunden  ganz  zu  sistieren. 

Das  hierbei  erhaltene  Gas  wurde  in  der  Bunte’ sehen  Gasbürette 
untersucht,  und  zwar  wurde  Kohlensäure  mit  Natronlauge,  Sauerstoff 
mit  Pyrogallussäure  und  der  Wasserstoff  durch  Verbrennung  über 
Palladium  absorbiert.  Die  hierbei  erhaltenen  Gase  wurden  sämtlich 
auf  einen  Barometerstand  von  760  mm  und  eine  Temperatur  von  0° 
umgerechnet.  Anschließende  Tabelle  giebt  die  von  verschiedenen 
Flüssigkeiten  erhaltenen  Gasmengen  wieder: 


Nähr- 

flüssigkeit 

% 

Vorherige 

Reaktion 

Ent- 

nommene 

Proben 

Gesamte 

Gasmenge 

C02  O/o 

H O/o 

Unbe- 

stimm- 

barer 

Rest 

,200  ccm 
Trauben- 
zuckerbouillon 

i1/. 

sauer 

1 52,8 

U 91,5 

144,3 

31,7 

39,2 

57,8 

43,6 

10,5 

17,2 

»V 

i7. 

neutr. 

I 90,0 
11  76,7 

166,7 

39.5 

43.06 

43,9 

45,7 

16,6 

11,24 

11 

3 

sauer 

I 60,8 
II  85,2 

156,0 

29,6 

42,4 

63,4 

47,6 

7,0 

10,0 

' V!  F 

3 

neutr. 

I 112,5 

II  86,5 

199,0 

42,2 

58,07 

33.6 

35.7 

24,2 

6,43 

n 

3 

neutr. 

I 104,9 
II  82,4 

187,2 

27,48 

33,009 

53,43 

54,9 

19,09 

12,1 

500  ccm 
Peptonbouillon 

1 

neutr. 

28,8 

11,1 

59,4 

29,5 

11 

1 

neutr. 

27,3 

9,9 

63,2 

26,9 

Aus  den  Zahlen  dieser  Tabelle  entnehmen  wir  folgendes: 

Eine  3-proz.  Traubenzuckerbouillon  giebt  eine  größere  Gasmenge 
als  eine  1 1/2-prozentige. 

Eine  bei  Beginn  der  Gärung  saure  Reaktion  der  Traubenzucker- 
bouillon hemmt  die  Gasentwickelung  und  liefert  eine  geringere  Gesamt- 
gasmenge, als  eine  gleichprozentige  neutrale  Traubenzuckerbouillon. 

Die  Energie  der  Gasentwickelung  ist  bei  sauerer  Reaktion  der 
Nährflüssigkeit  anfänglich  ziemlich  herabgesetzt,  während  dieselbe 
gegen  Schluß  der  Gärung  zunimmt. 

Das  Umgekehrte  ist  der  Fall  bei  neutraler  Reaktion  der  Trauben- 


6 


F.  Gärtner 


zuckerbouillon.  Hier  ist  die  Menge  der  in  gleichen  Zeitabschnitten 
entnommenen  Proben  anfangs  größer,  als  die  gegen  Schluß  ent- 
nommenen. 

Suchen  wir  eine  Erklärung  hierfür,  so  mag  hauptsächlich  in  Be- 
tracht kommen,  wie  wir  später  genauer  sehen  werden,  daß  der  Säure- 
grad der  bei  Beginn  der  Gärung  schon  saueren  Nährflüssigkeiten 
am  Schlüsse  der  Gärung  nicht  die  Höhe  erreicht,  wie  die  vor  der 
Gärung  neutrale  Traubenzuckerbouillon : deshalb  auch  (vergl.  Virulenz- 
tabelle) die  Energie  der  Bacillen  als  Gärungserreger  bei  einem  schließ- 
lichen  Säuregrade  von  0,25 — 0,35  Proz.  eine  größere  ist,  als  bei  einem 
von  0,4 — 0,75-prozentigen  (s.  Aciditätstabelle). 

Schon  hier  könnten  wir  deshalb  die  Behauptung  aufstellen,  welche 
sich  bei  der  Virulenzprüfung  noch  mehr  bestätigen  wird,  daß,  je 
sauerer  die  Nährflüssigkeit,  in  welche  der  Bacillus  gebracht  wird, 
desto  geringer  die  Energie  und  Wirkung  desselben  ist. 

Ein  weiterer  Unterschied  in  der  Vergärung  vorher  neutraler  und 
sauerer  Traubenzuckerbouillon  besteht  darin,  daß,  während  bei  ersterer 
die  C02-  und  H-Produktion  gegen  Schluß  der  Gärung  zunimmt,  bei 
letzterer  die  H-Produktion  abnimmt,  die  COs-Produktion  sich  jedoch 
gleich  verhält,  wie  die  bei  neutraler  Gärflüssigkeit. 

Größere  Gesetzmäßigkeit  in  den  gewonnenen  Zahlenwerteu  wäre 
jedenfalls  erzielt  worden,  wenn  ich  zu  allen  Versuchen  Bouillon  von 
völlig  gleicher  Zusammensetzung  verwendet  hätte.  Da  die  einzelnen 
Versuche  jedoch  in  verschiedenen  Zeiten  angestellt  wurden,  so  war 
es  nicht  möglich,  Bouillon  derselben  Art  vorrätig  zu  halten. 

Ehe  ich  zur  Pathogenese  unseres  Bacillus  übergehe,  muß  ich 
notwendigerweise  einiges  über  seine  Reaktionsveränderungen  voraus- 
schicken, da  dieselben,  wie  schon  oben  angedeutet,  wichtig  zum  Ver- 
ständnis der  Virulenzdifferenz  des  Bacillus  sind. 

Die  Reaktion  von  Bouillonkulturen  unseres  Bacillus  ist  eine 
schwach  alkalische.  Ob  diese  Alkalescenz  jedoch  durch  Stoffwechsel- 
produkte bedingt  ist,  ist  nicht  zu  entscheiden.  Die  Bacillenmasse  an 
und  für  sich,  von  Agarkulturen  entnommen,  reagiert  ebenfalls  alka- 
lisch. Doch  auch  hier  kann  die  Reaktion  von  Stoffwechselprodukten, 
welche  zwischen  die  einzelnen  Bacillen  eingedrungen  sind,  beeinflußt 
sein.  Sobald  jedoch  der  B a c i 11  u s in  Gärungsthätigkeit  ist,  verliert  die 
Nährflüssigkeit  ihre  alkalische  Reaktion  und  wird  ausgesprochen  sauer. 
Der  Säuregrad  nimmt  zu  gegen  die  Höhe  der  Gaseutwickelung,  per- 
sistiert  nach  der  Ausgärung  3 — 4 Tage,  um  dann  allmählich  wieder 
abzunehmen,  ohne  jedoch  je  wieder  zur  neutralen  Reaktion  zurückzu- 
kehren. 

Die  hier  einschlägigen  Versuche  wurden  mit  einem  von  Herrn 
Privatdozenten  Dr.  Cr  am  er  konstruierten  Apparate  (Fig.  6)  angestellt. 
Derselbe  besteht  aus  3 Erl  en  me yer’ sehen  Kölbchen,  welche  alle 
mit  doppelt  durchbohrten  Gummistöpselu  verschlossen  sind.  An  dem 
mittleren  Kölbchen  a ist  unten  direkt  über  dem  Boden  ein  Tubulus 
ausgeblasen,  welcher  durch  einen  Gummistopf  mit  Glashahn  ver- 
schlossen ist.  In  b ragt  ein  Scheidetrichter  d,  welcher  mit  seiner 
Spitze  gerade  die  Oberfläche  vom  Quecksilber  berührt  und  denselben 
hierdurch  nach  oben  luftdicht  abschließt.  Von  b nach  a führt  eine 


Ein  neuar  gasbildender  Bacillus. 


7 


zweimal  rechtwinklig  gebogene  Glasröhre  e,  welche  in  b nur  bis  an 
das  untere  Ende  des  Kautschukpfropfs,  in  a jedoch  tief  in  die 
Bouillon  eintaucht.  Die  a und  c verbindende  Röhre  f taucht  in  c 
2—3  cm  tief  in  die  Paraffinlösung,  während  sie  in  a ebenfalls  nur 
bis  an  das  untere  Ende  des  Kautschukpfropfs  reicht.  Aus  c führt 
ferner  noch  die  rechtwinklig  gebogene,  mit  einem  Wattepfropf  ver- 
schlossene Glasröhre  g. 

Ist  der  Apparat  nun  in  dieser  Weise  zusammengesetzt  und 
beschickt,  mit  Ausnahme  der  Flüssigkeiten  in  b und  c,  so  wird  er 
behufs  Sterilisation  1/2  Stunde  in  den  Koch’schen  Dampfkochtopf 
gebracht.  Nach  dem  Erkalten  der  Flüssigkeiten  wird  die  Trauben- 
zuckerbouillon in  a mit  dem  Bacillus  infiziert  und  in  b und  c in 
angegebener  Weise  Quecksilber  und  Paraffin  eingefüllt.  Nun  wird 
der  Scheidetrichter  d mit  einem  einfach  durchbohrten  Kautschuk- 
pfropfen, welcher  mit  einer  Glasröhre  armiert  ist,  verschlossen,  letz- 
tere mit  dem  Kipp’schen  Wasserstoffapparate  in  Verbindung  gebracht 
und  etwa  3/4  Stunden  Wasserstoff  durch  den  ganzen  Apparat  hin- 
durchgeleitet. Nach  Schließung  des  Hahnes  am  Scheidetrichter  wird 
das  Wasserstoffdurchleiten  unterbrochen,  da  der  Apparat  nun  völlig 
mit  Wasserstoff  gefüllt  ist.  Die  Kautschukpfropfen  werden  paraffiniert, 
in  den  Scheidetrichter  wird  Pyrogallussäure  eingefüllt,  der  Hahn  des- 
selben geöffnet  und  eine  gewisse  Menge  dieser  Flüssigkeit  in  das 
Kölbchen  b gebracht,  um  auch  den  letzten  Rest  von  Sauerstoff  durch 
Resorption  auszuschließen.  Den  Apparat  bringt  man  am  besten  auf 
eine  Glasplatte  und  stellt  das  Ganze  in  den  Brutofen.  Nach  circa 
4 Stunden  beginnt  die  Gasentwickelung.  Will  man  nun  nach  einer 
gewissen  Anzahl  von  Stunden  eine  bestimmte  Menge  von  der  Bouillon 
in  a ablassen,  so  hat  man  vor  allem,  um  den  Druck  in  dem  Apparate 
positiv  zu  machen,  Quecksilber  durch  den  Scheidetrichter  in  das 
Kölbchen  b einfließen  zu  lassen.  Jetzt  kann  man,  ohne  zu  riskieren, 
daß  durch  das  Ablassen  der  Bouillon  bei  g Luft  einströmt,  den  Hahn 
am  Kölbchen  a öffnen  und  so  viel  Flüssigkeit  herauslaufen  lassen  als 
der  positive  Druck  im  Apparate  reicht.  Hat  man  zu  wenig  Bouillon 


8 


F.  Gärtner, 


erhalten,  so  läßt  mau  wiederholt  durch  den  Scheidetrichter  Queck- 
silber einfließen,  um  von  neuem  positiven  Druck  zu  erzeugen.  Am 
besten  taucht  man  Dach  Verschluß  des  Hahnes  die  nach  abwärts  ge- 
bogene Spitze  desselben  in  vorher  sterilisiertes  Quecksilber,  um  eine 
Verunreinigung  der  Bouillonmenge  im  Hahne  durch  Luft  zu  ver- 
meiden. Man  ist  somit  imstande,  in  beliebiger  Zeit  beliebige  Mengen 
von  UntersuchuDgsflüssigkeit  zu  gewinnen. 

Anschließende  Tabelle  soll  den  Aciditätsgrad  verschiedener 
Gärungsflüssigkeiten  veranschaulichen.  Versuch  7 (s.  Tabelle)  wurde 
mit  eben  beschriebenem  Apparate  untersucht,  und  es  ist  daraus  außer- 
ordentlich deutlich  zu  sehen,  iu  welcher  Zeit  sich  allmählich  der 
Aciditätsgrad  derselben  Flüssigkeit  bei  Vergärung  steigert,  m nach 
erreichtem  Maximum  langsam  wieder  abzunehmen.  Zu  bemerken  ist 
noch,  wie  aus  der  Tabelle  ersichtlich,  daß  die  zur  Gärung  verwandte 
Flüssigkeit  nie  einen  solch  hohen  Aciditätsgrad  erreichte,  wenn  sie 
vorher  nicht  neutralisiert  war. 


Aciditätstabelle. 


Alter  der  inf. 
Bouillon  nach  be- 
gonnener Gährung 

O/o  der  Trauben- 
zuckerbouillon 
u.  vorh.  Reaktion 

GäruDg 

Barytlösung- 
zusatz auf 
50  ccm  bis  zur 
Neutralität 

Säuregrad 

auf 

Buttersäure 

übertragen 

1. 

6 Wochen 

1 XL  neutral 

ausgegoren 

6,2 

0,4  O/o 

2. 

48  Stunden 

l'/j  neutral 

unterbrochen 

11,6 

0,75  O/o 

3. 

4 Wochen 

3 sauer 

ausgegoren 

5,4 

0,35  O/o 

4. 

4 Wochen 

3 neutral 

ausgegoren 

10,6 

0,68  O/o 

5. 

5 Wochen 

1V2  sauer 

ausgegoren 

4,0 

0,25  O/o 

6. 

3 Wochen 

3 neutral 

ausgegoren 

9,6 

0,62  O/o 

7. 

22  Stunden 

l1/,  neutral 

unterbrochen 

6,6 

0,42  O/o 

8. 

31  Stunden 

dieselbe 

7,0 

0,45  O/o 

9. 

48  Stunden 

9,1 

0,58  O/o 

10. 

62  Stunden 

1» 

ausgegoren 

9,8 

0,62  O/o 

11. 

5 Tage 

>> 

8,5 

0,54  O/o 

Wie  eingangs  erwähnt,  starben  die  Tiere  14 — 18  Stunden  nach 
intraperitonealer  Injektion  von  1 ccm  einer  Bouillonkultur  dieses 
Bacillus. 

Derselbe  Versuch  wurde  bei  weiteren  8 Meerschweinchen  wieder- 
holt. Auch  hier  trat  nach  intraperitonealer  Injektion  — jeweils  1 ccm 
auf  500  g des  Tiergewichts  — der  Tod  in  14—18  Stunden  ein,  der 
Sektionsbefund  war  derselbe  wie  bei  eingangs  erwähnten  Versuchs- 
tieren. Ebenso  konnte  nach  erfolgtem  Tode  in  allen  Fällen  und  aus 
allen  Organen  unser  Bacillus  als  Reinkultur  wieder  gezüchtet 
werden. 

Von  Interesse  ist  ein  ziemlich  bedeutender  Zuckergehalt  des 
Urins  der  infizierten  Tiere,  welcher  sofort  nach  dem  Tode  derselben, 
in  eiuigen  Fällen  noch  im  Agone,  aus  der  fast  immer  prall  gefüllten 
Blase  steril  entnommen  wurde;  ebenso  konnte  in  der  hydropischen 
Gallenblase  jeweils  Zucker  nachgewiesen  werden.  Auch  das  Blut  der 
Tiere,  dem  Herzen  entnommen,  wies  Spuren  von  Zucker  auf. 

Bei  nicht  infizierten  Meerschweinchen  konnte  kein  Zucker  nach- 
gewiesen werden. 


Ein  neuer  gasbildender  Bacillus. 


9 


Wurde  unser  Bacillus  subkutan  eingespritzt,  so  bildete  sich 
nach  2 — 3 Tagen  eine  Anschwellung  an  der  betreffenden  Injektions- 
stelle, welche  am  4.  oder  5.  Tage  nach  außen  aufbrach.  Der  Tod 
des  Tieres  erfolgte  nach  5 — 7 Tagen.  In  dem  Herzblute,  der  Milz 
und  der  geschwürartigen  Injektionsstelle  wurden  dieselben  Bacillen 
durch  Mikroskop  und  Platten  nachgewiesen.  Auf  dem  Durchschnitte 
hatte  die  Injektionsstelle  das  Aussehen  eines  grauen,  diphtherischen 
Belags.  Der  Urin  dieses  subkutan  getöteten  Meerschweinchens  ent- 
hielt gleichfalls  Zucker. 

Die  ausgegorenen  l1^-  und  3-proz.  Traubenzuckerbouillonkulturen 
wurden  gleichfalls  zur  Injektion  in  die  Bauchhöhle  bei  weiteren 
10  Meerschweinchen  benutzt.  Es  ergaben  sich  hierbei  überraschende 
Resultate.  Die  vor  der  Gärung  saueren  Kulturflüssigkeiten  töteten 
die  Meerschweinchen  nach  36—75  Stunden,  während  die  vor  der 
Gärung  neutralen  erst  nach  96 — 216  Stunden  den  Tod  herbeiführten. 

Der  Grund  für  diese  Virulenzdifferenz  liegt  in  dem  verschiedenen 
Säuregrade  der  zur  Injektion  verwendeten  Injektionsflüssigkeiten. 

Es  dies  ohne  weiteres  aus  obiger  Aciditätstabelle  zu  beweisen: 
Die  vor  der  Gärung  saure  Traubenzuckerbouillon  erreichte  keinen 
solch  hohen  Säuregrad  nach  der  Gärung  als  die  vorher  neutrale.  Da, 
wie  wir  wissen,  die  Höhe  der  Infektionswirkung  bei  schwach  alkalischer 
oder  neutraler  Reaktion  der  Infektionsflüssigkeit  liegt,  so  ist  leicht 
verständlich,  daß  diejenige  Infektionsflüssigkeit,  deren  Säuregrad  am 
weitesten  von  der  neutralen  Reaktion  entfernt  liegt,  auf  die  tötliche 
Wirkung  am  längsten  warten  läßt. 

Den  direkten  Beweis  hierfür  lieferte  ich  durch  Injektion  von 
künstlich  sauer  gemachten  Bouillonkulturen. 

Die  verschiedenen  Aciditätsgrade,  wie  sie  in  obiger  Tabelle  ver- 
zeichnet sind,  wurden  in  der  Weise  bei  Bouillonkulturen  unseres  Ba- 
cillus gewonnen,  daß  ich  Milch-  und  Buttersäure  in  bestimmter 
Menge,  ihrem  Säuregrade  entsprechend,  zusetzte.  Hierdurch  erhielt 
ich  die  gleichen  Injektionsresultate  bei  Meerschweinchen  wie  oben, 
indem  dieselben,  je  sauerer  die  Infektionsflüssigkeit,  desto  länger  am 
Leben  blieben  (s.  Tabelle). 

Die  Frage,  warum  diese  saure  Reaktion  von  Bouillonkulturen 
unseres  Bacillus  den  Tod  der  Versuchstiere  einige  Zeit  hintanhält, 
ist  unschwer  zu  beantworten.  Obiger  Säuregehalt  tötet  den  Ba- 
cillus nicht,  sondern  wirkt  nur  hemmend  auf  seine  Entwickelung 
und  Virulenz.  Sobald  der  Bacillus  aus  der  saueren  in  neutrale 
Nährflüssigkeit  gebracht  wird,  zeigt  er  wieder  seine  angestammte, 
rasch  tötliche  Wirkung.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  Injektion  von 
ausgegoren  oder  künstlich  sauer  gemachten  Kulturen  unseres  Ba- 
cillus in  die  Bauchhöhle  von  Versuchstieren.  Sobald  die  Säure 
durch  den  Körper  derselben  eliminiert  und  die  Energie  des  Bacillus 
wiedergekehrt  ist,  was  je  nach  dem  Säuregrade  einen  bis  mehrere 
Tage  dauert,  nimmt  derselbe  seine  alte  vernichtende  Thätigkeit 
wieder  auf. 

Kaninchen  unterlagen  ebenfalls  der  intraperitonealen  Injektion. 
Es  wurden  entsprechend  ihrem  höheren  Gewicht  größere  Injektions- 


10 


M.  W.  Beyerinck, 


mengen  genommen;  so  zwar,  daß  wie  bei  den  Meerschweinchen  auf 
500  g je  X ccm  zur  Verwendung  kam. 

Als  wesentlich  blieb  endlich  noch  zu  untersuchen,  ob  in  den  Aus- 
scheidungen des  Bacillus  die  tötlich  wirkende  Substanz  enthalten 
oder  im  Bacillus  selbst? 

Um  hierüber  Aufschluß  zu  bekommen,  filtrierte  ich  große  Mengen 
infizierter  Bouillonkulturen  durch  das  B e r k e fei d’ sehe  Thonfilter. 
Das  völlig  bakterienfreie  Filtrat  ließ  ich  nun  in  großer,  flacher,  steri- 
lisierter Schüssel,  welche  in  eine  verdeckte,  mit  Chlorkalium  beschickte, 
sterilisierte  Glasschale  gestellt  wurde,  bei  37°  allmählich  auf  l/&  des 
Volums  verdunsten.  Bis  zu  5 ccm  dieses  konzentrierten  Filtrates  in- 
jizierte ich  nun  circa  1-pfündigen  Meerschweinchen  ohne  jeden  Erfolg. 


Versuchstiere 

Art  der  Impfung 

Art  d.  injiz.  Kultur 

Tod  nach 
? Stunden 

8 Meerschweinchen 

intraperiton. 

Bouillonkultur 

00 

rH 

1 

vH 

3 Meerschweinchen 

subkutan 

Bouillonkultur 

120  — 168 

4 Meerschweinchen 

intraperiton. 

(vorher  saure)  ausgegorene 
1V2-  bis  3 - proz.  Trauben- 
zuckerbouillon 

36—72 

6 Meerschweinchen 

intraperiton. 

(vorher  neutrale)  ausge- 
gorene 1 1li  - und  3 - proz. 
Traubenzuckerbouillon 

96—216 

2 Kaninchen 

intraperiton. 

Bouillonkultur 

16—18 

Heidelberg,  28.  November  1893. 


Notiz  über  den  Nachweis  von  Protozoen  und  Spirillen 

in  Trinkwasser. 

Von 

Dr.  M.  W.  Beyerinck 

in 

Delft. 

Die  Lebensbedingungen  der  meisten  Protozoen  und  Spirillen 
weichen  so  sehr  von  denjenigen  der  Bakterien,  Hefen  und  Schimmel- 
arten ab,  daß  man  dieselben  bei  den  gewöhnlichen  bakteriologischen 
Versuchen  nur  selten  zur  Ansicht  bekommt.  Durch  meine  Methode 
der  „Bakterienniveaus“1)  werden  nicht  nur  die  Spirillen-,  sondern  auch 
die  Protozoenkeime  in  die  Lage  versetzt,  sich  zu  entwickeln,  denn 
es  ist  eben  das  Eigentümliche  dieser  Methode,  daß  in  der  Kultur- 
flüssigkeit, in  einem  einzelnen  Versuche,  sozusagen  alle  möglichen  Be- 
dingungen in  Bezug  auf  Konzentration  der  Nährstoffe  und  des  Sauer- 
stoffes realisiert  sind,  und  überdies  der  großen  Mehrheit  der  uns  hier 


1)  Centralblatt  für  Bakteriologie.  Bd.  XIV.  1893.  p.  827. 


Noti«  über  den  Nachweis  von  Protozoen  und  Spirillen  in  Trinkwasser. 


zunächst  interessierenden  Formen,  nämlich  den  „Bakterienfressern“, 
geeignete  Nahrung  dargeboten  wird. 

Ich  habe  meine  Versuche  mit  Leitungswasser  zu  Delft  angestellt. 
Dieses  Wasser  stammt  aus  den  Dünen  zu  Loosduinen,  wo  es  durch 
Drains  gesammelt  wird.  Wegen  der  Gegenwart  von  Humuskörpern, 
welche  aus  der  Moorschicht  der  Dünen  herrühren,  findet  Klärung 
mit  Aluminiumsulfat  statt.  Danach  verweilt  das  Wasser  in  Absatz- 
bassins, worin  ein  brauner  Lack  sich  absetzt,  und  dann  findet  ge- 
wöhnliche Sandfiltration  statt.  Schließlich  strömt  das  Wasser  durch 
eine  Röhrenleitung  von  14  Kilometer  Länge  und  25,4  cm  Weite,  um 
Delft  zu  erreichen,  und  auf  diesem  Wege  verliert  es,  unter  dem  Ein- 
flüsse der  Mikrobien  und  des  Eisens,  die  Hälfte  des  gelösten  Sauer- 
stoffes. Die  Bakterienanzahl  ist  in  meinem  Hause  sehr  ungleich  und 
wechselt  mit  dem  Sauerstoffgehalte.  Ist  dieser  Gehalt  hoch,  wie  im 
Sommer  bei  großer  Hitze  und  viel  Verbrauch,  so  ist  die  Anzahl  der 
Keime  unzählbar;  im  Winter  und  Frühjahr  bei  einem  Gehalte 
an  Sauerstoff  von  ca.  3,5  cm3,  oder  weniger  pro  Liter,  finden  sich 
in  1 cm3  70  bis  200  Keime1 2).  Diese  Angaben  beruhen  auf  Unter- 
suchung nach  dem  gewöhnlichen  Plattenverfahren,  wobei  allerdings 
viele  interessante  Formen,  wie  Nitrit-  und  Nitratfermente,  Wasser- 
bakterien aus  den  Gattungen  Cladothrix  und  Crenothrix,  die 
meisten  Spirillen,  anaerobe  Arten,  thermophile  Formen  u.  a.,  nicht 
zur  Beobachtung  gelangen  *). 

Ich  hatte  geglaubt,  daß  sich  in  diesem  Wasser  keine  Infusorien 
und  Monaden  in  merklicher  Anzahl  vorfinden  würden.  Darin  habe 
ich  mich  jedoch  geirrt;  aus  25  cm3  erhalte  ich  immer  einige  Monaden- 
arten und  bisweilen  auch  eine  Infusorie.  Aus  viel  weniger,  die  untere 
Grenze  kenne  ich  noch  nicht,  jedenfalls  aus  weniger  wie  3 cm3,  kommen 
ausnahmslos  Monaden  zur  Entwickelung.  Auch  Spirillen  von  ver- 
schiedener Art  fehlen  niemals.  Zum  Auffinden  dieser  Organismen 
verfahre  ich  wie  folgt: 

Es  werden,  wie  für  einen  Reinkulturniveauversuch,  einige  Tropfen 
einer  geeigneten  Nährgelatine  oder  Agar  am  Boden  einer  sterilisierten 
Reagenzröhre  erstarrt.  Anstatt  aber  mit  sterilisiertem  Wasser  zu  über- 
gießen, wird  mit  der  zu  untersuchenden  Wasserprobe  überschichtet. 
Wenn  ich  Fleischwassergelatine  verwandte,  entstand  innerhalb  24  Stun- 
den, oberhalb  Würzegelatine  nach  36  bis  48  Stunden  ein  scharfes  Niveau. 
Aus  welchen  Bakterien  dieses  Niveau  besteht,  interessiert  hier  zu- 
nächst nicht,  Bacillus  liquefaciens  vulgaris  kann  darin  Vor- 
kommen, B.  perlibratus  jedenfalls  nur  selten.  Was  hier  aber  wohl 
die  Untersuchung  verdient,  ist  die  Vegetation,  welche  sich  sehr  bald 
in  dem  oberhalb  des  Niveaus  befindlichen  Wasser  entwickelt.  Es 
versteht  sich,  daß  der  Gehalt  an  organischen  Stoffen  dort  sehr  gering 
sein  muß,  da  der  von  unten  herkommende  Diffusionsstrom  derselben 
durch  das  Niveau  sozusagen  filtriert  wird  und  dort  das  eigent- 


1)  So  war  es  wenigstens  im  Jahre  1892 — 93,  ob  immer,  vermag  ich  noch  nicht  zu 
beurteilen. 

2)  Auch  Alkoholhefen  werden  bei  dem  gewöhnlichen  Gelatineverfahren  nicht  ge- 

funden, und  zwar  infolge  ihrer  Seltenheit;  verwendet  man  aber  Wasserproben  von 

50  cm8  oder  mehr,  so  läßt  sich  darin  gewöhnlich  eine  bestimmte  Art  nachweisen. 


12 


M.  W.  Beyerinck, 


lieh  Nahrhafte  wohl  größtenteils  zurückläßt.  Jedoch  werden  die 
Stoffwechselprodukte  der  im  Niveau  und  sich  unterhalb  desselben 
befindlichen  Bakterien  die  Vegetation  wenig  anspruchsvoller  Arten 
ermöglichen.  Es  treffen  deshalb  drei  Umstände  im  oberen  Teile 
der  Wassersäule  zusammen,  welche  für  die  Entwickelung  von  Proto- 
zoen (sowie  von  Cladothrix  und  Crenothrix)  günstig  sind, 
nämlich,  eine  geringe  Konzentration  organischer  Stoffe,  ein  relativ 
hoher  Bakteriengehalt  und  Sauerstoffspannungen,  welche  zwischen 
sehr  weiten  Grenzen  abwechseln.  Die  Folge  davon  ist  denn  auch 
bald  bemerkbar;  aus  nicht  zu  kleinen  Leitungswasserproben  ent- 
wickeln sich,  zunächst  im  Meniskus,  massenhaft  kleine  Monaden 
verschiedener  Arten , welche  teilweise  vollständig  übereinstimmen 
mit  Oikomonas  termo  Ehrenberg,  nach  Bütschli’s  Be- 
schreibung1). Bei  meinen  Kulturen  bildet  Oikomonas  termo 
eine  äußerst  feine,  bläulich  schimmernde  Haut  auf  der  Wasserober- 
fläche. Sie  lebt  dort  in  Gesellschaft  mehrerer  Bakterien,  wovon  sie 
sich  auch  ernährt.  In  Bezug  auf  die  Atmungsfigur  gehört  sie  offenbar 
zu  dem  Aerobientypus.  Die  Länge  dieser  Monade  beträgt  ca.  7 ^ 2), 
abgesehen  von  der  einzigen  Geißel,  welche  8 bis  10  /.i  lang  ist.  Sie  bewegt 
sich  sehr  lebhaft,  setzt  sich  aber  oft  mit  dem  Hinterende  fest.  Ihr 
Körper  ist  formveränderlich  und  nicht  immer  leicht  von  dem  einer  Amöbe 
zu  unterscheiden.  Die  Ernährung  findet  statt  durch  das  Verschlin- 
gen kleiner  Bakterien.  Die  Nährmasse  ist  in  einer  Ernährungs- 
vakuole enthalten,  welche  schließlich  einen  scharf  sichtbaren,  seitlichen 
Ballen  im  mittleren  Teile  des  Körpers  erzeugt.  Ueberdies  sind  im 
Körper  eine  kleine  kontraktile  Vakuole  und  ein  Kern  sichtbar.  Die 
Vermehrung  geschieht  durch  Längstheilung,  Mundöffnung  und  Schlund 
konnte  ich  nicht  erkennen. 

Nachdem  die  Oberfläche  des  Wassers  durch  eine  dichte  Bak- 
terien- und  Monadenschicht  den  Zutritt  des  Sauerstoffes  nach  der 
Tiefe  erschwert,  fangen  die  Spirillen  sich  zu  vermehren  an.  Es 
scheint,  daß  davon  stets  mehrere  Arten  im  Leitungswasser  Vorkommen. 
Ueber  Fleischwasserpeptongelatine  fand  ich  oft  eine  ziemlich  statt- 
liche Art,  welche  ich  für  identisch  mit  Spirillum  Undula 
O.  F.  Müller,  Ehrenberg  und  Cohn  halte  und  deren  Anwesen- 
heit im  Trinkwasser  ich  nicht  vermutet  hatte.  Diese  Art  gehört, 
wie  alle  bisher  bekannten  Spirillen,  in  Bezug  auf  ihre  Atmungsfigur 
zu  dem  „Spirillentypus‘;.  Bei  reichhaltiger  Entwickelung  in  den 
Röhren  entsteht  infolge  dieser  Eigenschaft  ein  scharf  ausgebildetes, 
liniendünnes  Niveau  ungefähr  einen  Centimeter  tief  unterhalb  des 
freien  Spiegels,  diejenige  Stelle  bezeichnend,  wo  der  gelöste  Sauerstoff 
in  zwar  sehr  geringer,  doch  für  die  Spirillen  in  optimaler  Spannung 
vorhanden  ist.  Saugt  man  mit  einem  feinen  Röhrchen  etwas  Material 
aus  diesem  Niveau,  so  bekommt  man  gewöhnlich  ein  Präparat,  worin 
sich  mikroskopisch  nur  die  genannte  Spirillenart  nachweisen  läßt. 

Nach  Spirochaeten  habe  ich  ohne  Erfolg  gesucht. 


1)  Protozoa.  Abt.  II.  p.  813.  Tat.  40.  Fig.  2. 

2)  Bütsch  li  sagt  bei  Oikomonas:  „LäDge  bis  0,015  mm“,  das  ist  aber 

sicher  za  laag. 


Notiz  über  den  Nachweis  von  Protozoen  und  Spirillen  in  Trinkwasser.  J3 


Etwas  anders  wird  das  Resultat,  wenn,  anstatt  Fleischpepton- 
gelatine,  einige  Tropfen  Würzegelatine  auf  dem  Boden  der  Reagenz- 
röhre liegen.  Die  daraus  nach  oben  diffundierenden  Nährstoffe 
sind  für  die  Bakterienentwickelung  außerordentlich  günstig , be- 
sonders für  das  Wachstum  vieler  Schleimbakterien.  Natürlich 
finden  auch  die  etwa  vorhandenen  Gärungsbakterien,  — und  auch 
diese  fehlen  im  Leitungswasser  niemals,  — ausgezeichnete  Ent- 
wickelungsbedingungen, wodurch  bei  günstiger  Temperatur  schon 
sobald  Gasbildung  stattfinden  kann,  daß  Niveaus,  infolge  der  Strö- 
mungen, kaum  sichtbar  werden.  Unter  solchen  Verhältnissen  ist  der 
Sauerstoff  bald  über  die  größte  Länge  der  Röhre  verschwunden  und 
die  Oberfläche  schließt  sich  ab  mit  einer  weichen,  breiartigen 
Bakterienschicht,  welche  bekanntlich  der  beliebte  Tummelplatz  für 
Flagellaten  und  Infusorien  ist.  Bei  meinen  Versuchen  mit  Leitungs- 
wasser sind  unter  diesen  Bedingungen  außer  Oikomonas  termo, 
welche  nie  fehlte,  dann  und  wann  noch  drei  andere  Arten  dieser 
Gruppen  aufgetreten,  nämlich  ein  kleines  Infusorium,  wahrscheinlich 
Cjolpoda  cucullus,  eine  zweite  Oikomonas art  und  eine 
Amöbe.  Ich  will  ferner  hervorheben,  daß  sich  in  diesem  Gemisch 
auch  Cladothrix  dichotoma,  eine  eigentümlich  gekrümmte 
Clado thrixart,  eine  Crenothrix  und  zwei  sehr  kenntliche, 
dicke,  kurze  Spirillenarten,  welche  noch  nicht  beschrieben  sind,  in 
profuser  Vegetation  vorfanden.  Es  lag  nicht  im  Zwecke  dieser  Unter- 
suchung, das  Bakteriengemisch  an  sich  zu  entwirren;  daß  dasselbe 
vollständig  verschieden  ist  von  dem  ursprünglich  im  Wasser  vor- 
kommenden lehrt  schon  eine  einfache  mikroskopische  Betrachtung. 

Die  mehrfach  gefundene  Infusorie  halte  ich,  wie  gesagt,  für 
Colpoda  cucullus1).  Die  zweite  Oikomonas  art  sowie  die  Amöbe 
konnte  ich  nicht  weiter  determinieren.  Die  Monade  hat  aber  eine 
Eigenschaft,  wodurch  sie  sich  sofort  kennbar  machte,  nämlich  ihre 
niedere  Sauerstoffstimmung,  wodurch  sie  veranlaßt  wird,  wenn  sie  sich 
unter  einem  freien,  nicht  durch  eine  Bakteriendecke  abgeschlossenen 
Wassermeniskus  findet,  sich  nahezu  ll/2  cm  tief  unter  dem  Meniskus 
anzuhäufen.  Sie  gehört  deshalb  zum  „Spirillentypus“,  ist  jedoch  auf 
eine  noch  niedrigere  Sauerstoffspannung  gestimmt,  wie  die  gewöhn- 
lichen Spirillen.  Sie  besitzt  eine  ellipsoide  Gestalt,  ist  ungefähr  so 
groß  wie  0.  termo,  nämlich  8 (x  lang.  Sie  ist  scharf  konturiert  und 
stärker  gekörnt  wie  jene  Art. 

Es  kann  nicht  mein  Zweck  sein,  die  Beschreibung  der  aufge- 
fundenen Protozoen  hier  weiter  auszuführen.  Ich  wünsche  hier  eben- 
sowenig auf  den  Spirillenfund,  sowie  auf  die  Wachstumsverhältnisse 
von  Cladothrix  und  Crenothrix  weiter  einzugehen  und  be- 
schränke mich  nur  darauf,  hinzuweisen,  daß  diese  Organismen  in  der 
üppigsten  Ausbildung  in  den  Reagenzröhrchen  auftreten  können.  Was 
mir  jedoch  notwendig  erscheint,  ist  näher  zu  betrachten,  woher  die 
beobachteten  Protozoen  herstammen.  Ist  es  vielleicht  möglich,  daß 
sie,  während  der  Versuchsanstellung,  aus  der  Luft  in  meine  Röhren 


1)  BUtschli,  ProtozoeD.  Abt.  III.  p.  1707.  Taf  62.  Fig.  7.  1889 


14 


M.  W.  Beyerinck,  Notiz  über  den  Nachweis  von  Protozoen  etc. 


gekommen  sind?  Zur  Erledigung  dieser  Frage  habe  ich  folgende 
Versuche  angestellt: 

Erster  Versuch.  Sechs  große  Bechergläser  wurden  zur  Hälfte 
mit  einem  Gemische  von  gleichen  Teilen  Grabenwasser  und  destil- 
liertem Wasser  angefüllt  und  jedem  derselben  eine  Spur  Kalium- 
phosphat zugegeben.  Ins  erste  Glas  wurde  dazu  1/s  Proz.  Glukose, 
ins  zweite  x/io  Proz-  Stärke,  ins  dritte  ‘/4  Proz.  Rohrzucker,  ins 
vierte  gar  nichts,  ins  fünfte  1 Proz.  Pepton  siccum,  ins  sechste  einige 
frische  Luzernestengel  und  -blätter  gebracht.  Dann  wurden  alle 
Gläser  aufgekocht.  Dadurch  müssen  Protozoen  wohl  ausnahmslos 
abgetötet  sein 1).  Ich  stellte  die  Gläser  nun  auf  den  Tisch  im 
Laboratorium  offen  auf  und  beobachtete  dann  und  wann  den  Zustand 
der  Haut,  welche  sich  an  der  Oberfläche  bildete.  Ich  erwartete 
darin,  wenigstens  im  Luzerneglase,  bald  Oikomonas  und  Infuso- 
rien zu  finden,  jedoch  fand  ich  mich  darin  vom  20.  Sept.  bis 
10.  Dez.  1893,  das  heißt  während  der  ganzen  Versuchsdauer,  ge- 
täuscht: keine  einzige  Monade,  kein  einziges  Infusorium  konnte  ich 
auffinden 2).  Spirillen  fehlten  ebenfalls.  Ich  brachte  dann  ins  Luzerne-, 
ins  Rohrzucker-  und  in  das  Glukoseglas  ein  wenig  Leitungswasser 
und  fand  nach  einigen  Tagen  darin  zahllose  Monaden,  so  daß  die 
Natur  der  Nährflüssigkeit,  wenigstens  in  den  genannten  Gläsern, 
eine  entsprechende  war.  Ich  muß  deshalb  schließen,  daß  während  mehr 
als  zehn  Wochen  keine  Protozoencysten  3)  aus  der  Luft  gefallen  waren. 
Natürlich  bin  ich  völlig  überzeugt,  daß  dieses  nur  Zufall  war  und 
daß  in  anderen  Lokalitäten  Protozoen  würden  aufgetreten  sein,  allein 
ich  habe  damit  erwiesen,  wie  äußerst  gering  die  Chance  ist,  während 
eines  Versuches  aus  der  Luft  mit  Protozoen  zu  infizieren.  Ich  will 
noch  hinzufügen,  daß  ich  meine  Niveauversuche  mit  Bohnen  (dieses 
Centralbl.  Bd.  XIV.  1893.  p.  827)  oft  in  offenen  Reagenzröhrchen 
ausgeführt  habe,  welche  viele  Monate  aufbewahrt  wurden,  jedoch  eben- 
falls ohne  daß  darin  jemals  Protozoen  zu  finden  waren,  wenn  ich 
anfangs  nur  gekochtes  oder  destilliertes  Wasser  verwendet  hatte. 

Zweiter  Versuch.  Da  mir  der  beschriebene  Versuch  bei 
aller  Einfachheit  doch  nicht  unwichtig  erscheint,  habe  ich  denselben 
noch  auf  andere  Weise  ausgeführt. 

In  zwei  sterilisierte  weite  Bechergläser  wurde  zu  Boden  des  einen 
eine  papierdünne  Schicht  Fleischpeptongelatine,  ins  andere  eine  solche 
Schicht  von  Würzegelatine  gegossen.  Nach  dem  Erstarren  wurden 
die  Gelatineschichten  mit  gekochtem,  destilliertem  Wasser  über- 
schichtet, welches  die  offen  auf  den  Tisch  gestellten  Gläser  zu  3/4 
anfüllte.  Es  konnten  nun  wieder  alle  möglichen  Nahrungskonzeutrationen 
entstehen  und  auch  in  Bezug  auf  den  Sauerstoff  war  freie  Wahl  er- 
möglicht. Aus  der  Zimmerluft  des  Laboratoriums  konnten  die  ver- 


1)  Zwar  wird  von  Dallinger  und  D r y s d a 1 e angegeben,  daß  O i k o m o n a s 
und  Cercomonas  „Sporen“  erzeugen,  welche  in  Nährflüssigkeit  erst  bei  131  0 C 
und  114°  C absterben,  das  gehört  aber  ins  Gebiet  der  Traumbilder. 

2)  Die  letzten  mikroskopischen  Untersuchungen  hatten  während  des  Druckes  dieses 
Aufsatzes  stattgefunden. 

3)  Ob  Oikomonas  sich  encystiert  und  getrocknet  lebendig  bleiben  kann,  weiß 
ich  nicht,  doch  vermute  ich  es. 


Are  ns,  Eine  Methode  zur  Plattenkultur  der  Anaeroben. 


15 


schiedenartigsten  Keime  immerfort  hineinfallen.  Eine  während  der 
Monate  Oktober  und  November  wöchentlich  wiederholte  mikrosko- 
pische Untersuchung  des  Inhaltes  gab  dasselbe  Resultat  wie  beim 
vorigen  Versuche:  Schimmel,  Sproßhefen  und  Bakterien  in  Ueberfluß, 
von  Infusorien  und  Protozoen  dagegen  keine  Spur.  Auch  Spirillen 
fehlten  vollständig  und  natürlich  auch  Crenothrix  und  Clado- 
thrix. 

Aus  diesen  Versuchen  geht  jedenfalls  klar  hervor,  daß  die  in  den 
Niveauröhren  gefundenen  Spirillen,  Monaden  und  Infusorien  nur  aus 
dem  Leitungswasser  und  nicht  aus  der  Luft  herkünftig  gewesen  sind, 
und  daß  die  Dauerzustände  dieser  Organismen  in  der  Atmosphäre 
eines  Laboratoriumzimmers  zweifellos  äußerst  selten  sein  müssen,  wenn 
dieselben  überhaupt  darin  vorhanden  sind. 

Ich  glaube  im  Vorhergehenden  einen  Schritt  vorwärts  gethan  zu  haben 
auf  dem  Wege  einer  allgemeinen  biologischen  Analyse  von  Wasser 
und  anderen  Flüssigkeiten,  sowie  von  Luft.  Die  Methode  der  Niveaus 
ist  für  eine  weitere  Ausdehnung  geeignet.  Durch  eine  bessere  Form  der 
Glasgefäße,  wodurch  sich  die  verschiedenen  Schichten  leichter  werden 
trennen  lassen,  ferner  durch  die  Ersetzung  der  Nährstoffe  durch  andere, 
z.  B.  durch  pathogene  Materialien,  durch  Ueberschichtung  mit  be- 
stimmten anderen  Flüssigkeiten  wie  Wasser,  — dadurch  werden  ge- 
wisse Fragen  betreffs  der  Lebensbedingungen  und  der  Morphologie 
bisher  nicht  isolierter  oder  kultivierter  Mikrobien  sich  beantworten 
lassen.  Auch  für  die  Luftuntersuchung  ergeben  sich  Anhaltspunkte, 
welche  gewisse,  sich  auf  Protozoen  beziehende  Fragen,  wobei  ich  z.  B. 
an  die  Fieber-  und  Malariaparasiten  denke,  von  anderer  Seite  wie 
bisher  in  Angriff  zu  nehmen  gestatten.  Aus  diesen  und  anderen 
Gründen  scheint  es  mir  von  Wert,  den  Beweis  erbracht  zu  haben, 
daß  es  möglich  ist,  auf  einfache  und  klare  Weise  die  Gegenwart  von 
Monaden  und  Infusorien  in  Wasserproben  nachzuweisen. 

Delft,  2.  Dezember  1893. 


Eine  Methode  zur  Plattenkultur  der  Anaeroben. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  Würzburg.] 

Von 

Dr.  Aiens. 

Zu  den  mannigfachen  Methoden,  besonders  aber  Apparaten,  die 
zu  obigem  Zwecke  angegeben  worden  sind,  möchte  ich,  veranlaßt  durch 
die  neueste  Veröffentlichung  vonNovy1)  noch  einen  hinzufügen,  der 
mir  schon  lange  vorzügliche  Dienste  geleistet  hat  und  der  an  Ein- 
fachheit in  der  Behandlung  sicherlich  keinem  der  bis  jetzt  bekannten 
nachsteht. 

Einen  der  gewöhnlichen  kleinen  Exsiccatoren  mit  aufgeschliflfenem 


1)  Centralblatt  für  Bakteriologie.  Bd.  XIV.  No.  18. 


16 


Arens,  Eine  Methode  zur  Plattenkultur  der  Anaeroben. 


Deckel,  wie  sie  in  jedem  Laboratorium  in  mehreren  Exemplaren  vor- 
rätig und  in  Gebrauch  sind,  füllt  man  mit  nicht  zu  feinkörnigem 
Quarzsaude,  dem  beliebige  Menge  trockener  Pyrogallussäure  beigemengt 
ist,  soweit,  daß  noch  je  nach  Bedarf  für  ein  oder  mehrere  kleine 
Petri ’sche  Schalen  übereinander  Platz  bleibt. 

Das  Gießen  der  Platten  geschieht  in  der  gewöhnlichen  Weise, 
jedoch  ziehe  ich  vor,  statt  einer  dünnen  Schicht,  wie  sie  durch  das 
Ausgießen  eines  Reagenzgläschens  mit  infiziertem  Nährboden  entsteht, 
sogleich  noch  2 Gläschen  mit  verflüssigtem  Nährboden  nachzugießen, 
um  eine  dicke  Schicht  zu  erzielen.  Nachdem  man  mit  nicht  zu 
geringer  Menge  10-proz.  Kalilauge  den  Quarzsand  in  der  Ausdehnung 
der  Oberfläche  begossen  hat,  stellt  man  die  Schalen  geöffnet  auf  den 
Sand  und  schließt  mit  dem  gut  eingefetteten  Deckel  durch  Rotieren. 

Zur  Erleichterung  der  Beobachtung  etwaigen  Wachstums  auf  der 
Platte  empfiehlt  es  sich,  die  Quarzsandoberfläche  mit  schwarzem 
Glanzpapier  zu  bedecken,  ehe  man  die  Schalen  einbringt.  Auf  diesem 
dunklen  Untergründe  lassen  sich  zur  Entwickelung  kommende  Kolo- 
nieen  besser  beobachten,  als  auf  der  sonst  braunen  Oberfläche. 

Der  Quarzsand  erfüllt  einen  doppelten  Zweck ; erstens  verdrängt 
er  einen  großen  Teil  der  atmosphärischen  Luft  und  zweitens  wird 
die  noch  im  geschlossenen  Apparate  befindliche  Luft  durch  die  mit 
der  Pyrogallol  - Kalilösuug  benetzten  Flächen  der  Quarzstücke  aus- 
giebiger mit  der  Absorptionsflüssigkeit  in  Berührung  gebracht.  Um 
die  Absorption  des  Sauerstoffs  noch  zu  beschleunigen,  kann  man  die 
im  Gefäß  ruhende  Luft  durch  Neigen  des  Exsiccators  in  Bewegung 
setzen,  nachdem  die  Platten  erstarrt  sind.  Da  gewöhnlich  Brüttem- 
peratur erforderlich  und  hierzu  Agar  am  Platze  ist,  so  geschieht 
das  Erstarren  sehr  schnell.  Wegen  der  Kleinheit  des  Apparates  kann 
man  denselben  bequem  im  Brütschranke  halten  und  mit  demselben 
umgehen.  Auch  ein  vorübergehendes  Oeffnen  desselben  und  mikro- 
skopische Kontrolle  der  Platten  ist  sehr  gut  möglich. 

Ein  Austrocknen  der  Platten,  wie  es  Blücher1)  beim  Anwen- 
den des  B u ch  ner’schen  Absorptionsmittels  beobachtet  haben  will, 
ist  mir  selbst  bei  einem  Belassen  der  Platten  von  4 Wochen  im 
Apparate  nicht  aufgefallen  und  scheint  mir  auch  nicht  erklärlich. 
Haben  wir  es  doch  nur  mit  Absorption  des  freien  O zu  thun,  wäh- 
rend eine  Verminderung  der  Feuchtigkeit  im  Apparate  nicht  eintritt. 

Da  der  Sauerstoff  außerordentlich  schnell  beim  Befolgen  der  obi- 
gen Winke  absorbiert  wird,  so  ist  eine  Täuschung,  d.  h.  ein  Wachs- 
tum anaerober  Bakterien , vor  der  vollständigen  Absorption  des 
Sauerstoffs  nicht  zu  erwarten. 

Ebensowenig  läuft  ein  anaerober  Pilz  Gefahr,  durch  zu  langes  Ein- 
wirken des  im  Exsiccator  vorhandenen  Sauerstofles  seine  Lebenskraft 
einzubüßen. 

Um  die  vollständige  und  schnelle  Absorption  des  Sauerstoffes 
darzuthun,  setzte  ich  mit  Agar  beschickte  Platten  geöffnet  der  Luft 
des  Laboratoriums  aus  und  verbrachte  sie  teils  in  den  Exsiccator, 
teils  überließ  ich  sie  geschlossen  der  atmosphärischen  Luft.  Auf 


1)  Zeitschrift  für  Hygiene.  Bd.  VIII. 


Allgemeine  Infektionskrankheiten. 


17 


ersteren  kam  nie  weder  eine  Schimmel-]  noch  eine  Spaltpilzkolonie 
zur  Beobachtung,  auf  letzteren  zahlreiche  beider  Arten. 

Um  die  Leistungsfähigkeit  dieser  Methode  zu  prüfen,  habe  ich  die 
bekannten  pathogenen  Anaeroben  (Tetanus,  Rauschbrand  und  malignes 
Oedem)  sowohl  aus  Reinkulturen,  als  aus  Mischungen  mit  verschie- 
denen Aerobeuarten  zur  Entwickelung  bringen  und  isolieren  können, 
besonders  das  maligne  Oedem  habe  ich  aus  mit  Erde  infizierten  und 
verendeten  Tieren  für  meinen  Bedarf  häufig  gezüchtet. 

Sterilisation  des  ganzen  Apparates  ist  nicht  notwendig. 

Im  hiesigen  hygienischen  Institute  ist  der  Apparat  zu  verschiedenen 
Arbeiten  mit  Erfolg  benutzt  worden,  ich  selbst  wende  seit  über 
2 Jahren  zur  Züchtung  von  Anaeroben  und  zur  Prüfung  auf  Anae- 
robiose  denselben  ausschließlich  an. 

Würzburg,  den  6.  Dezember  1893. 


Referate. 

Kirchner,  Martin,  Grundriß  der  Militärgesundheits- 
pflege. Lieferung  2 — 8.  Braunschweig  (Harald  Bruhn)  1891 — 
1893. 

Ref.  hatte  vor  2 Jahren  Gelegenheit  genommen,  Kirchner’s 
Grundriß  der  Militärgesundheitspflege  in  dieser  Zeitschrift  einige 
Worte  der  Begrüßung  zu  widmen  und  eine  kurze  Inhaltsangabe  der 
ersten  Lieferung  anzuschließen  (s.  Band  X.  p.  670).  Seitdem  sind 
7 weitere  Lieferungen  erschienen,  welche  nach  Inhalt  und  Form  die  durch 
die  Anfangsabschnitte  hervorgerufenen  hochgespannten  Erwartungen 
im  vollsten  Maße  rechtfertigen,  und  es  kann  schon  jetzt  kein  Zweifel 
mehr  darüber  bestehen,  daß  Kirchner’s  Werk  unter  den  zur  Zeit 
vorhandenen  Handbüchern  der  Hygiene  an  bevorzugter  Stelle  genannt 
werden  muß. 

In  der  zweiten  und  dritten  Lieferung  wurde  zunächst  das 
Wasser  zu  Ende  besprochen.  An  die  Beschreibung  der  Zusammen- 
setzung und  die  Kritik  der  verschiedenen  Arten  desselben  schloß 
sich  eine  Uebersicht  seiner  mikroskopischen  Bewohner.  Für  die 
hygienische  Beurteilung  des  Wassers  legt  Verf.  dem  Bakteriengehalt 
entschieden  maßgebende  Bedeutung  bei,  indem  er  sich  auf  zahlreiche 
Belege  aus  der  Litteratur  bezieht.  Mit  großer  Sorgfalt  ist  die 
W asseruntersuchung  geschildert ; neben  den  bakteriologischen  Methoden 
sind  auch  die  chemischen  Verfahren  entsprechend  den  an  den  Militär- 
arzt in  dieser  Beziehung  gestellten  Anforderungen  ausführlich  wieder- 
gegeben. Es  folgen  dann  Abschnitte  über  Wasserversorgung  und 
Reinigung  des  Wassers.  Die  Kleinfilter,  deren  Anwendung  zur 
Trinkwasserbeschaffung  Verf.,  wie  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  be- 
kannt ist,  auf  Grund  eigener  Beobachtungen  und  älterer  Versuche 
Anderer  nicht  empfiehlt,  sind  gleichwohl  in  klarer  Schilderung  und 
zahlreichen  Abbildungen  zur  Darstellung  gebracht. 

XV.  Bd. 


2 


18 


Allgemeine  Infektionskrankheiten. 


Das  dritte  Kapitel  ist  der  Luft  gewidmet.  Die  Bestandteile 
derselben  und  die  Methode  ihres  Nachweises  sind  ausführlich  abge- 
handelt, ebenso  die  physikalischen  Eigenschaften  der  Atmosphäre. 
Im  Anhänge  werden  die  Begriffe  des  Klimas  und  der  Acclimatisation 
besprochen. 

Das  vierte  Kapitel  handelt  vom  Boden,  und  zwar  werden  nach 
einander  die  Bestandteile  desselben,  seine  chemischen  und  physika- 
lischen Eigenschaften,  seine  Mikroorganismen  und  seine  Untersuchung 
in  einzelnen  Abschnitten  geschildert.  Auf  die  verschiedenen  An- 
schauungen über  die  hygienischen  und  epidemiologischen  Einflüsse 
des  Bodens,  des  Grundwassers  und  der  Grundluft  ist  mit  Sorgfalt 
eingegangen;  bei  der  kritischen  Beleuchtung  der  einzelnen  Standpunkte 
vertritt  Verf.  Koch’s  Lehren  mit  Nachdruck. 

Das  fünfte  Kapitel  bildet  eine  klassische  Darstellung  der  In- 
fektionskrankheiten. Mit  bewunderungswertem  Fleiße  hat  sich  Verf. 
die  umfangsreiche  Litteratur  auf  diesem  viel  umstrittenen  Gebiete  zu 
eigen  gemacht;  er  hat  es  auch  nicht  verschmäht,  aus  den  Quellen 
des  Altertums  und  Mittelalters  selbst  zu  schöpfen,  und  dennoch  ist 
er  dadurch  nicht  verleitet  worden,  in  der  Darstellung  zu  breit 
zu  werden.  Daß  er  in  Bezug  auf  Aetiologie  und  Prophylaxe  einen 
bestimmten  Standpunkt  einnimmt,  trägt  wesentlich  zur  Belebung  der 
Darstellung  bei;  die  Thatsachen,  welche  anderen  Anschauungen  zu 
Grunde  liegen,  sind  indessen  keineswegs  mangelhaft  berücksichtigt, 
und  so  ermöglicht  es  die  Lektüre  der  12  Druckbogen,  welche  dieses 
Kapitel  umfaßt,  sich  in  kurzer  Zeit  auf  angenehme  Weise  alles 
Wesentliche  auf  jenem  Gebiete  zu  vergegenwärtigen.  Nach  einer 
kurzen  geschichtlichen  Einleitung  wird  zunächst  die  Entstehung  und 
Verbreitung  der  Infektionskrankheiten  im  allgemeinen  abgehandelt. 
Die  einzelnen  Abschnitte  dieses  Teiles  betreffen  Begriff  und  Ein- 
teilung der  Infektionskrankheiten,  Eigenschaften  der  Infektionsstoffe, 
Verbreitungsweise  der  Infektionskrankheiten  (Arten  des  Auftretens, 
individuelle  Disposition  und  Immunität,  örtliche  und  zeitliche  Dis- 
position, Einfallspforten  der  Krankheitskeime).  Demnächst  folgt  die 
Verhütung  und  Bekämpfung  der  Infektionskrankheiten  mit  den  Unter- 
abschnitten: Verhütung  der  Einschleppung  von  Infektionskrankheiten 
(internationale,  staatliche,  örtliche,  persönliche  und  militärische  Schutz- 
maßregeln), Beschränkung  der  Krankheitsherde  (rechtzeitige  Erkennung 
der  ersten  Fälle,  Krankenabsonderung  u.  s.  w.),  Seuchenvernichtung 
(Begriff  der  Desinfektion,  Prüfung,  Einteilung  der  Desinfektionsmittel, 
Anforderungen  an  dieselben,  mechanische,  chemische  und  physikalische 
Desinfektionsmittel  im  einzelnen,  zahlreiche  Abbildungen  von  Des- 
infektionsapparaten, Ausführung  der  Desinfektion).  Endlich  werden 
von  einzelnen  hierher  gehörigen  Krankheiten  eingehend  abgehandelt: 
der  Flecktyphus,  das  Rückfalltieber,  der  Unterleibstyphus,  die  Ruhr, 
die  asiatische  Cholera  (mit  Berücksichtigung  der  Erfahrungen  aus 
der  Epidemie  von  1892),  die  Malaria,  die  Tuberkulose,  die  epide- 
mische Genickstarre,  Pocken,  Scharlach,  Masern,  Diphtherie,  Influenza, 
venerische  Krankheiten,  ansteckende  Augenkrankheiten,  Pest,  Gelb- 
fieber, Wundinfektionskrankheiten,  Milzbrand,  Rotz  und  Tollwut. 

Die  beiden  demnächst  folgenden  Kapitel  Kleidung  und  Aus- 


Sepsis.  — Cholera. 


19 


rüstung  nebst  Hautpflege  und  Wohnung,  von  denen  das  erstere 
bereits  vollkommen,  das  andere  teilweise  vorliegt,  bilden  die  ersten 
Abschnitte  des  zweiten  Buches  des  Werkes,  welches  „Künstliche 
Hygiene“  überschrieben  ist.  In  beiden  findet  sich  nun  stellenweise 
Gelegenheit  zu  Mitteilungen  aus  dem  bakteriologischen  Gebiete. 

Wie  die  bisher  erschienenen  Teile  des  Buches  durchweg  nach 
Inhalt  und  Darstellung  als  Musterleistungen  bezeichnet  werden  müssen, 
so  verdient  auch  ihre  äußere  Ausstattung  volle  Anerkennung.  Im 
besonderen  gilt  dies  für  die  große  Zahl  der  vorzüglich  ausgeführten 
Abbildungen.  K ü b 1 e r (Berlin). 

Canon,  Bakteriologische  Blutuntersuchungen  bei  Sep- 
sis. (Deutsche  medizinische  Wochenschrift.  1893.  No.  43.) 

Seit  fast  3 Jahren  untersuchte  Verf.  das  Blut  von  zahlreichen 
Patienten,  sowohl  intra  vitam  als  post  mortem.  In  Untersuchung 
nahm  er  gewöhnlich  das  aseptisch  aus  der  Fingerkuppe  gewonnene  Blut. 

In  Leichenblut  fand  er  bei  Diphtherie 

Streptokokken  llmal. 

Staphylococcus  aureus  lmal  (5mal  negativ). 

Wenige  Diphtheriebacillen  neben  Streptokokken  lmal. 

Bei  Scharlach  2mal  Streptokokken. 

Bei  Phthisis  pulmonum  2mal  Streptokokken. 

Bei  Sepsis : 

Streptokokken  8mal. 

Staphylococcus  albus  2mal. 

„ aureus  6mal. 

Pneumokokken  fanden  sich  lmal  bei  Peritonitis  nach  Carcinoma 
uteri,  einmal  bei  Oophoritis  suppurativa  nach  Partus. 

Bacterium  coli  commune  fand  sich  2mal  bei  Peritonitis. 

Der  Friedländer’sche  Bacillus  fand  sich  lmal  bei  Ab- 
scessen  der  Galle  infolge  von  Gallensteinen. 

Wichtiger  sind  die  Befunde  am  Lebenden. 

Staphylococcus  aureus  fand  sich  im  Blute  2mal  bei  Osteo- 
myelitis acuta.  Streptokokken,  am  frühesten  4 Tage  vor  dem  Tode 
nachgewiesen,  fanden  sich  in  7 Fällen,  wo  lokale  Eiterungen  bestanden, 
lmal  bei  Scharlach-Sepsis. 

Pneumokokken  fanden  sich  bei  Gallenabscessen  im  Blute  bei 
jedem  eingetretenen  Schüttelfröste.  In  einem  Falle  von  eiteriger  Menin- 
gitis mit  unsicherer  Diagnose  fand  sich  ein  dem  Friedländer- 
schen  Bacillus  ähnliches  Bakterium. 

Gegenüber  diesen  positiven  Fällen  waren  viele  Untersuchungen 
des  Blutes  negativ,  namentlich  zahlreiche  schwere  Fälle  von  Phleg- 
mone und  einige  geheilte  Fälle  von  Pyämie. 

In  2 Fällen  schwerer  Sepsis  wurde  der  Schweiß  mit  negativem 
Resultate  untersucht.  O.  Voges  (Danzig). 

Palmirski,  W.,  Notatki  z epidemii  cholery  w Odessie  i 
okolicach.  [Beobachtungen  aus  der  Choleraepidemie 
in  Odessa  und  Umgebungen.]  (Medycyna.  1892.  November.) 
[Polnisch.] 


2* 


20 


Cholera.  — Abwässer  in  Wien. 


In  der  Odessaer  bakteriologischen  Station  haben  Palmirski 
und  D i atrop t o w den  ersten  Cholerafall  bakteriologisch  festgestellt. 
Die  Kulturen  ergaben  einen  nicht  wesentlichen  Unterschied  von  den 
alten  Kulturen  aus  Valenzia  und  Annam  und  waren  identisch  mit 
den  frischen  von  Bujwid  aus  Lublin  stammenden.  Es  wurde  ziem- 
lich schwer,  während  der  großen  Hitze  in  Odessa  Ende  August,  zur 
Zeit  der  ersten  Cholerafälle,  die  Gelatinekulturen  zu  bekommen.  Man 
mußte  daher  im  Eisschranke  operieren.  Ferner  beschreibt  P.  ver- 
schiedene morpho-  und  biologische  Reaktionen,  welche  keinen  wesent- 
lichen Unterschied  gegenüber  den  typischen  Koch’schen  Bacillen 
darbieten. 

In  Odessa  war  die  Epidemie  eine  ziemlich  begrenzte,  dank  den 
energischen  und  sehr  rationellen  Maßnahmen,  welche  von  der  Stadt- 
verwaltung getroflen  worden  sind,  wogegen  in  der  Umgebung  der 
Stadt  eine  ziemlich  starke  Epidemie  herrschte.  In  einigen  Dörfern 
erreichte  die  Mortalität  bis  40  Fälle  täglich.  Es  ist  zu  bemerken, 
daß  es  nicht  möglich  war,  festzustellen,  woher  die  ersten  Fälle 
gekommen  sind.  Es  erkrankten  solche  Personen,  welche  beständig 
in  Odessa  gewohnt  haben  und  in  keiner  Beziehung,  wie  es  scheiut, 
zu  den  erkrankten  Personen  standen.  Mau  muß  bemerken , daß 
Erkrankungen  nur®;bei  sehr  ärmlich  lebenden  Personen  beobachtet 
wurden.  Bujwid  (Krakau). 

Heider,  A.,  Untersuchungen  über  die  Verunreinigung 
der  Donau  durch  die  Abwässer  der  Stadt  Wien. 
(Das  österr.  Sanitätswesen.  1893.  Beilage  zu  No.  31.) 

Verf.  hat  auf  Anregung  Gruber’s  in  der  angegebenen  Rich- 
tung ansgedehnte  Untersuchungen  augestellt  und  vorläufig  den  beschrei- 
benden Teil  seiner  Arbeit  dem  obersten  Sanitätsrate,  der  sich  mit 
der  Frage  der  Ableitung  der  Wiener  Abwässer  befaßte,  vorgelegt. 

Die  Donau  führt  durchschnittlich  (1879—1884)  in  der  Sekunde 
1600  m3  Wasser  an  Wien  vorüber,  und  zwar  1400  m3  im  Strome 
und  200  m3  im  Donaukanale.  Letzterer  zweigt  an  der  Nordgrenze 
des  erweiterten  Stadtgebietes  (Nußiorf)  am  rechten  Ufer  des  Stromes 
ab,  durchzieht  in  geschlängeltem  Laufe  die  Stadt  und  mündet  unter- 
halb derselben  wieder  in  die  Donau  ein.  Seine  Länge  beträgt  16,8 
km,  der  entsprechende  Teil  des  fast  geradlinigen  Stromes  13,8  km. 

Das  Wasser  der  Donau  kommt  in  einem  Zustande  befriedigender 
Reinheit  nach  Wien;  sein  fester  Rückstand  beträgt  durchschnittlich 
181  mg,  der  Chlorgehalt  3,4  mg,  die  Oxydierbarkeit  7,6  mg.  Cha- 
mäleon p.  1 1,  enthält  Spuren  von  Salpetersäure,  zeitweise  Spuren 
von  Ammon,  keine  salpetrige  Säure;  die  Keimzahl  beträgt  rund 
2000  p.  1 c3. 

Auf  seinem  Wege  durch  die  Stadt  nimmt  der  Donaukanal  den 
größten  Teil  der  Wieuer  Kanäle  — über  120  — vorwiegend  rechts, 
und  zwar  direkt  ohne  zwischengebaute  Sammelkanäle  auf.  Der  In- 
halt dieser  ist  meistens  2 — 3 mal  konzentrierter,  als  der  regulärer 
Schwemmsysteme,  fällt  bei  Niederwasser  in  Form  ekelhafter  Kas- 
kaden in  den  Donaukanal  und  bildet  darin  Schmutzstreifen,  die  sich 
nur  langsam  verwischen. 


Abwässer  in  WieD, 


21 


Das  Wasser  des  Donaukanals,  das  im  oberen  Teile  ein  vorwie- 
gend sandiges,  helles,  im  unteren  ein  schlammiges  Sediment  absetzt, 
nimmt  in  seinem  Verlaufe  mehr  und  mehr  der  gröbsten  Sediment- 
stoffe auf  und  regelmäßig  können  darin  Kotbestandteile  in  Form 
gallig  gefärbter,  quergestreifter  Muskelfasern  gefunden  werden.  Die 
Verunreinigung  ist  des  Morgens  relativ  am  geringsten,  nimmt  gegen 
Mittag  und  Abend  zu  und  ist  am  rechten  Ufer  größer  als  am  linken. 
Gleichwohl  ist  nach  Einmündung  des  letzten  Sammelkanals  die 
chemisch  nachweisbare  Verunreinigung  des  Donaukanalwassers  nur 
mittelgradig  und  drückt  sich  gegenüber  dem  Donauwasser  oberhalb 
Wien  durch  eine  mittlere  Vermehrung  der  Oxydierbarkeit  um  4,7 
mg  Chamäleon,  2 mg  Chlor,  1,4  mg  Ammon  und  12,5  mg  des  festen 
Rückstandes  aus.  Auch  der  O-Gehalt  des  Donaukanalwassers  ist 
nur  unbedeutend  herabgesetzt,  so  daß  derselbe  nicht  als  ein  empfind- 
liches Kennzeichen  stattgehabter  Verunreinigung  angesehen  werden 
kann. 

Dagegen  zeigen  die  bakteriologischen  Daten  überaus  prägnante 
Unterschiede  zwischen  dem  reinen  Donauwasser  und  jenem  des  Donau- 
kanales nahe  seinem  Ende,  indem  hier  die  Keimzahl  21000 — 120000 
p.  1 cs,  also  das  10 — 60fache  des  Donaustromes  beträgt,  ja  es  zeigt 
sieb,  daß  trotzdem  der  letzte  Sammelkanal  4 km  oberhalb  des  Donau- 
kanalendes einraündet,  das  Wasser  hier  noch  nicht  gleichmäßig 
gemischt  erscheint,  indem  der  Keimgehalt  am  rechten  Ufer  stets 
größer  ist,  als  am  linken.  Die  enorme  Ueberlegenheit  der  bakterio- 
logischen Untersuchungsmethode  gegenüber  der  chemischen  in  Bezug 
auf  die  Größe  der  Ausschläge  ist  bei  derartigen  Untersuchungen 
demnach  nicht  zu  verkennen. 

Im  weiteren  Verfolge  der  durch  den  Zufluß  des  Donaukanales 
dem  Donaustrome  zugeführten  Verunreinigungen  ist  in  erster  Linie 
zu  beachten,  daß  durch  die  Vermischung  mit  der  7fachen  Wasser- 
menge eine  außerordentliche  Verdünnung  geschaffen  wird,  die  hin- 
reicht, die  chemische  Verunreinigung  bis  zur  Grenze  der  Nachweis- 
barkeit zu  verwischen. 

Anders  verhält  es  sich  auch  hier  mit  der  bakteriellen  Verun- 
reinigung. Wohl  ist  stromabwärts  eine  stetige  Abnahme  der  Keim- 
zahlen zu  erkennen,  allein  selbst  noch  40  km  unterhalb  der  Einmün- 
dungsstelle des  Donaukanales,  bei  Hainburg,  enthält  das  Donauwasser 
durchschnittlich  um  4200  Keime  mehr,  als  oberhalb  Wien,  und  da 
die  Stromufer  auf  der  Strecke  überaus  schwach  besiedelt  sind,  darf 
man  annehmen,  daß  3/5  aller  hier  vorhandenen  Keime  dem  Donau- 
kanale  entstammen.  Der  aus  den  Keimzahlen  des  Donaukaualwassers 
berechnete  durchschnittliche  Zuwachs  würde  allerdings  7400  Keime 
betragen  und  eine  gewisse  bakterielle  Selbstreinigung  ist  ohne  Zweifel 
vorhanden,  allein  es  läßt  sich  doch  erkennen,  wie  langsam  dieselbe 
erfolgt  und  auf  wie  weite  Strecken  sich  die  einmal  geschehene  bak- 
terielle Verunreinigung  eines  Stromes  geltend  macht.  Bei  der  Donau 
kommt  hierbei  allerdings  die  große  Stromgeschwindigkeit  (1 — 2 m 
p.  Sek.),  vielleicht  auch  die  Dampfschiffahrt  in  Betracht. 

Die  geschilderten  Verhältnisse  können  bei  Berücksichtigung  des 
Verhaltens  der  pathogenen  Keime  unter  der  Konkurrenz  der  Sapro- 


22 


Pocken  und  Impfkrankheiten. 


phyten  nicht  als  bedeutungslos  angesehen  werden.  Gr  über  und 
v.  Kerner  haben  nachgewiesen,  daß  Cholerakeime  in  nicht  sterilisier- 
tem Hochquell wasser  5,  6 und  selbst  7 Tage  lebensfähig  und  virulent 
bleiben,  der  Einfluß  der  Bewegung  ist  nach  Schmidt  (Arch.  f.  Hyg. 
Bd.  XIII)  keinesfalls  sehr  wesentlich  und  jener  des  Lichtes , dem 
Büchner  (Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  XI)  für  das  Absterben  von  Typhus- 
und  Cholerakeimen  große  Bedeutung  beilegt,  käme  für  die  genannte 
Strecke  gar  nicht  in  Betracht,  da  die  Nachtstunden  für  den  Trans- 
port der  pathogenen  Keime  genügen,  ganz  abgesehen  davon,  daß  die- 
selben, in  Substraten  eingeschlossen,  in  das  Wasser  gelangen  und  so 
gewissermaßen  konserviert  sein  können.  Schöfer  (Wien). 

Porter , Notes  and  queries  on  small-pox.  (The  Lancet. 
1893.  11.  Nov.  p.  1179.) 

Von  den  Beobachtungen  P.’s  über  Pocken  sind  einige  von  all- 
gemeinerem Interesse.  Er  fand  verschiedentlich,  daß  der  schützende 
Einfluß  einer  Revaccination  aufgehoben  wurde  durch  eine  schwere 
Allgemeininfektion  (z.  B.  Typhus,  akuter  Gelenkrheumatismus),  eine 
Wiederimpfung  hatte  in  solchen  Fällen  fast  immer  Erfolg.  Ferner 
wies  P.  nach,  daß  der  von  einigen  Autoren  aufgestellte  Satz,  daß 
während  einer  Pockeneruption  eine  Vaccination  stets  erfolglos  sei  und 
daher  in  zweifelhaften  Fällen  zur  Differentialdiagnose  verwandt  werden 
könne,  nicht  richtig  ist.  Interessant  ist  die  Beobachtung  eines 
eigenartigen  Infektionsweges  für  das  Pockenvirus.  In  einem  Scharlach- 
pavillon, der  vom  nächsten  Pockenpavillon  ziemlich  weit  entfernt  war, 
traten  kurz  nacheinander  2 Pockenfälle  auf,  trotzdem  jeder  Verkehr 
zwischen  den  beiden  Pavillons  aufgehoben  war.  Es  fand  sich  jedoch, 
daß  ein  für  die  Heißwasserleitung  bestimmter  Kanal  die  zwei  Pavil- 
lons verband  und  daß  z.  B.  Rauch  nach  einiger  Zeit  aus  dem  kälteren 
Pockenzimmer  in  das  wärmere  Scharlachzimmer  übertrat.  Nach  Ab- 
stellung dieses  Mißstandes  kam  eine  Pockeninfektion  in  dem  betr. 
Scharlachpavillon  nicht  mehr  vor.  W.  Petersen  (Zürich). 

Epstein,  E.,  Beiträge  zu  den  Impfkrankheiten.  [Mitteilung 
aus  der  pädiatrischen  Abteilung  der  allgemeinen  Poliklinik  in  Buda- 
pest.] (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  XXXV.  1893.  p.  442.) 

1)  2 Fälle  von  hämorrhagischer  Diathese  nach  Vaccination. 

Von  430  im  Jahre  1892  mit  Kälberlymphe  geimpften  Kindern 
erkrankten  2 an  Hämorrhagieen.  Das  eine  derselben  zeigte  eine 
regelrechte  Pockenbildung,  am  4.  Tage  aber  wurde  es  unruhig, 
fieberte  und  zeigte  am  ganzen  Körper  zerstreute,  besonders  dicht  an 
der  Impfungsstelle  sitzende  blaßrote,  auf  Druck  verschwindende  Flecke 
(„Erythema  vaccinosum“)  und  an  den  Streckseiten  der  linken  oberen 
Extremität  bis  zum  Fingerdorsum  hin  eine  große  Menge  hirsekorn- 
bis  bohnengroßer,  unregelmäßiger  dunkelroter  Flecke,  die  auf  Finger- 
druck nicht  weichen.  Diese  beiden  Hautaffektionen  blassen  allmäh- 
lich ab  und  das  Kind  ist  am  8.  Tage  nach  der  Impfung  fieberfrei. 
Am  9.  Tage  neue  Unruhe,  die  als  Prodromalstadium  einer  am 
12.  Tage  einsetzenden  typischen  Masernerkrankung  angesehen  werden 
muß;  dieselbe  war  frei  von  hämorrhagischem  Charakter.  Verf.  nimmt 


Perniciöse  Anämie. 


23 


an,  daß  das  Kind  schon  mit  Masern  infiziert  war,  als  die  Impfung 
vollzogen  wurde;  er  bringt  die  Hämorrhagieen  jedoch  nicht  mit  den 
Masern,  sondern  mit  der  Impfung  in  Beziehung,  einmal  wegen  des 
Ausbruches  vor  dem  eigentlichen  Masernausschlage  und  dann  wegen 
der  Begrenzung  auf  den  linken  Arm.  — Der  zweite  Fall  betraf  ein 
viermonatliches  Kind ; es  begann  am  6.  Tage  nach  der  erfolg- 
reichen Impfung  zu  fiebern  und  zeigte  am  8.  Tage  beinahe  über  die 
ganze  Körperoberfläche  verbreitet,  auf  Brust,  Bauch  und  Rücken 
spärliche,  auf  den  Extremitäten,  besonders  der  Vorderseite  des 
rechten  Unterschenkels  reichliche,  linsen-  bis  bohnengroße,  karminrote 
Flecke,  die  auf  Fingerdruck  nicht  abblaßten  (Hämorrhagieen).  Die- 
selben verfärbten  sich  vom  nächsten  Tage  an  in  typischer  Weise  und 
waren  am  8.  Tage  verschwunden.  Die  Schleimhäute  waren  frei,  die 
Impfpusteln  ohne  blutige  Färbung.  Da  das  Kind  nicht  aus  einer 
Bluterfamilie  stammte,  so  kann  sich  Verf.  zunächst  das  Zustaude- 
kommen dieser  Erscheinung  nicht  erklären. 

2)  14  Fälle  von  Erythema  vaccinosum. 

Unter  430  Impfungen  trat  14mal  das  Erythem  auf,  meist  erst 
am  7.  Tage  nach  der  Impfung,  jedenfalls  nicht  vor  dem  4.  Tage, 
also  in  der  Zeit  der  Blüte  der  Vaccinationserscheinungen  überhaupt. 
Es  lokalisiert  sich  nicht  konstant;  meist  findet  es  sich  zuerst  an  der 
Impfstelle,  der  Streckseite  des  Oberarmes.  Zugleich  tritt  es  auch  an 
der  Streckseite  des  Unterarmes,  besonders  an  der  Ulnarseite  auf; 
dann  zeigt  es  sich  am  Beine,  vorzugsweise  an  Außen-  und  Hinter- 
fläche des  Oberschenkels,  sowie  am  Thorax.  Die  Form  ist  sehr  dem 
Masernexanthem  ähnlich;  die  hirsekorn-  bis  thalergroßen  Flecke  von 
wechselnder  Gestalt.  Die  Farbe  schwankt  zwischen  Blaßrosa  bis 
Dunkelkarminrot,  heller,  als  die  der  Masernflecke.  Meist  war  Fieber 
vorhanden.  Die  Dauer  betrug  3 — 6 Tage.  Spener  (Berlin). 

Perles,  Max,  Beobachtungen  über  perniciö se  Anämie. 

(Berliner  klinische  Wochenschrift.  1893.  No.  40.) 

Verf.  hatte  Gelegenheit,  der  Berliner  medizinischen  Gesellschaft 
bemerkenswerte  Befunde  im  Blute  von  3 an  sogenannter  essentieller 
oder  progressiver  perniciöser  Anämie  leidender  Patienten  vortragen 
und  demonstrieren  zu  können.  Nachdem  er  kurz  auf  die  diesen 
Gegenstand  bereits  behandelnde  Litteratur  eingegangen,  giebt  er  einen 
Auszug  aus  den  Krankengeschichten.  Zum  Zwecke  der  Blutunter- 
suchung nimmt  er  unter  den  sorgfältigsten  Vorsichtsmaßregeln  einen 
hängenden  Tropfen  von  dem  etwa  aus  der  Fingerkuppe  oder  dem 
Ohrläppchen  aseptisch  gewonnenen  Blute  und  beobachtet  ihn  im  Wärme- 
mikroskope oder  wenigstens  nach  vorheriger  vorsichtiger  Erwärmung  der 
feuchten  Kammer  auf  Körpertemperatur.  Er  stellte  dann  mit  Oel- 
immersion  den  Rand  des  hängenden  Tropfens  ein.  Er  fand  dann 
eigenartige  Gebilde  an  Stellen,  wo  die  Blutkörperchen  weniger  dicht 
lagen,  welche  mit  unverkennbarer  aktiver  Beweglichkeit  ausgestattet 
waren.  Die  Menge  derselben  war  verschieden,  am  größten  jedoch  in 
dem  am  weitesten  vorgeschrittenen  Falle.  Diese  Bildungsformen 
boten  sich  dar  als  länglich-elliptische,  sehr  dünne  und  schmale,  bieg- 
same, farblose  und  stark  lichtbrechende  Blättchen,  die  je  nach  der 


24 


Perniciö:>e  Anämie. 


augenblicklichen  Stellung  und  Biegung  ihrer  Achsen  verschieden  von 
oben  aussehen  können.  Auf  der  Kante  stehend,  erscheinen  sie  fast 
linienförmig,  ihre  größte  Länge  betrug  ca.  3 //,  die  Breite  unter  1 /.i. 
Größe  und  Gestalt  schienen,  soviel  man  beobachten  konnte,  konstant 
und  rührten  die  Formverschiedenheiten  nur  von  der  verschiedenen 
Lagerung  her,  da  bei  Umlagerung  wieder  die  alten  Formen  zum  Aus- 
drucke kamen.  Besondere  Neigung  bestand  zur  winkelförmigen  Ab- 
weichung mit  nachfolgender,  oft  plötzlicher,  ruckweiser  Streckung. 
Der  Ablauf  der  Bewegung  ist  ein  unregelmäßiger,  oft  von  Pausen 
unterbrochener,  in  welchen  das  Körperchen  in  völliger  Ruhe  verharrt. 
Diese  Bewegungsvorgänge  unterscheiden  sich  von  allen  sonst  an  ein- 
zelnen Blutteilen  beobachteten  Bewegungsarten.  Bewegungsorgane 
resp.  Geißeln  konnten  nicht  wahrgenommen  werden,  derartige  Gebilde 
durch  Färbung  oder  durch  das  Kulturverfahren  näher  zu  beobachten, 
mißlang  stets.  Verf.  hat  sich  den  Eindruck  nicht  vorenthalten  können, 
daß  es  sich  um  lebende  Organismen,  vermutlich  Protozoen,  handelt, 
doch  will  er  in  dieser  Hinsicht  vorläufig  noch  kein  definitives  Urteil 
fällen.  Er  schlägt  vor  der  Hand  für  diese  Gebilde  den  Namen 
Anämiekörperchen  vor.  Er  bezeichnet  es  als  wahrscheinlich,  daß  in 
diesen  Fällen  primärer  Anämie  im  Blute  ein  hämoglobinlösendes, 
vermutlich  von  Parasiten  erzeugtes  Gift  kreist.  Außer  diesen  drei 
auf  primärer  Anämie  beruhenden  Erkrankungen  wurde  zur  Kontrolle 
eine  große  Anzahl  sekundärer  Anämieen  untersucht,  welche  durch 
Tuberkulose,  Tabes,  Carcinom,  schwere  Magenblutungen,  Nephritis, 
lange  dauernde  Chlorose  u.  s.  w.  entstanden  waren.  Auch  in  diesen 
Fällen  war  der  Hämoglobingehalt  des  Blutes  manchmal  nicht  über 
30  Proz.  In  keinem  Falle  fand  sich  aber  eine  Andeutung  der  be- 
schriebenen charakteristischen  Körperchen,  so  daß  auch  dieser  nega- 
tive Befund  eine  Bestätigung  des  positiven  bildet. 

Verf.  betont  aber  selbst,  daß  von  den  Koch’ sehen  Forderungen 
für  die  Bezeichnung  eines  Mikroorganismus  als  spezifischen  Krank- 
heitserregers nur  die  erste  erfüllt  scheine,  während  die  Isolierung  und 
Ueberimpfung  noch  nicht  gelungen  sei,  ein  Fehler,  den  sie  mit  vielen 
Protozoen  teilen,  die  sich  weder  züchten  noch  färben  lassen. 

0.  Voges  (Danzig). 

Fischei  und  Adler,  Zur  Kenntnis  der  pernieiösen  Anä- 
mie. (Zeitschr.  für  Heilkunde.  Bd.  XIV.  Heft  IV.  S.  263  ff.) 

Bei  einem  Falle  von  Anämie,  dessen  Krankengeschichte  wie  Ob- 
duktionsbefund weitschweifig  erörtert  werden,  wurden  Streptokokken  ge- 
funden, die  ihrem  morphologischen  und  histologischen  Verhalten  nach 
als  Streptococcus  pyogenes  angesprochen  wurden.  Der  Patient 
hatte  sich  eine  Verletzung  am  Fuße  zugezogen,  die  Wunde  war  ge- 
heilt. Wegen  zunehmender  Schwäche  wurde  ärztliche  Hilfe  in  An- 
spruch genommen.  Es  trat  dann  Fieber  auf,  welches  dem  der  per- 
nieiösen Anämie  nicht  ganz  entsprach,  sondern  mehr  dem  der  Sepsis 
glich.  Im  Blute  wurde  eine  starke  Abnahme  der  roten  Blutkörper- 
chen konstatiert.  Der  Obduktionsbefund  ergab  universelle  Anämie. 
Kulturen  des  Streptococcus  in  Bouillon  wurden  abgetötet  und 
Kaninchen  injiziert.  Dabei  ergab  sich,  daß  die  Stoffwechselprodukte 


Dysenterie. 


25 


und  abgetöteten  Bakterienleiber  die  Zahl  der  roten  Blutkörperchen 
erheblich  herabsetzten,  so  hatte  ein  Tier  vor  der  Injektion  6 Millionen, 
nach  derselben,  ante  mortem  1,3  Millionen  rote  Blutkörperchen.  Der 
Obduktionsbefund  ergab  hochgradige  Anämie  und  Eisen  in  der 
Leber.  Ein  weiterer  Versuch  ergab,  daß,  wenn  das  Tier  sich  wieder 
erholte,' die!  Menge  der  roten  Blutkörperchen  zunahm.  Fand  jedoch 
eine  neue  Injektion  von  sterilisierter  Streptokokkenbouillon  statt,  so 
trat  eine  !erneute  Erniedrigung  der  Zahl  der  roten  Blutkörperchen 
ein.  Es  war  demnach  ersichtlich,  daß  die  Stoffwechselprodukte  des 
Streptococcus  einen  perniciösen  Einfluß  auf  die  roten  Blutkör- 
perchen hatten.  O.  Voges  (Danzig). 

Wesener,  Unsere  gegenwärtigen  Kenntnisse  über  Dys- 
enterie in  anatomischer  und  ätiologischer  Hin- 
sicht. (Centralbl.  für  Allgemeine  Pathol.  und  Pathologische  Ana- 
tomie. Bd.  III.  1892.  p.  484.) 

Wesen  er  hat  die  Litteratur  über  Dysenterie  einem  sorgfältigen 
Studium  unterworfen.  Betreffs  der  Anatomie  des  Prozesses  stellt  er 
fest,  daß  die  allgemein  angenommene  Meinung  heutzutage  dahin  geht, 
daß  sowohl  bei  der  Ruhr  — im  klinischen  Sinne  — wie  bei  der 
Dysenterie  — im  pathologisch-anatomischen  Sinne  — einerseits  ein- 
fache katarrhalische,  andererseits  diphtherische  Schleimhauterkran- 
kung seltener  allein,  meistens  kombiniert  sich  vorfinden.  Das  Wesen 
beider  Arten  der  Darmentzündung  ist  im  Grunde  das  gleiche  und 
beruht  in  der  mehr  oder  weniger  verschiedenen  Kombination  von 
Koagulationsnekrose  und  eiteriger  Infiltration  resp.  Schmelzung.  Fast 
alle  Autoren  betrachten  die  Entzündung  als  das  Primäre,  die  Nekrose 
der  Schleimhaut  und  Submucosa  als  das  Sekundäre.  Die  gerade 
umgekehrte  Ansicht  von  Kiener  und  Ke  1 sch  muß  so  lange  als 
willkürlich  angesehen  werden,  als  nicht  die  nekrotischen  Stellen  als 
erste  Angriffspunkte  des  Ruhrvirus  demonstriert  sind.  Die  Anschau- 
ung von  Councilm  an  und  Lafleur,  daß  den  ätiologisch  verschie- 
denen Formen  der  Dysenterie  auch  verschiedene  histologische  Ver- 
änderungen zu  vindizieren  seien,  ist,  wenn  auch  nicht  als  unmöglich, 
doch  noch  als  unerwiesen  anzusehen. 

Ueber  die  Dysenteriefrage  in  ätiologischer  Hinsicht  läßt  sich 
der  Verfasser,  der  klinischen  Einteilung  in  epidemische,  endemische 
und  sporadische  Ruhr  folgend,  derart  aus: 

Die  sogenannte  epidemische  (Lager-,  Feldzugs-  etc.)  Ruhr  wird 
wohl  ganz  sicher  durch  spezifische  pflanzliche  Parasiten  hervorgerufen. 
Welcher  Art  dieselben  sind  und  ob  es  sich  jedesmal  um  ein  und  die- 
selbe Art  handelt,  oder  ob  wie  bei  der  Pneumonie  verschiedene  Spalt- 
pilze Ruhr  in  epidemischer  Verbreitung  erzeugen  können,  ist  noch 
fraglich,  ebenso  ob  eine  der  bisher  beschriebenen  Arten  ein  epide- 
misches Auftreten  der  Ruhr  verursachen  kann;  wahrscheinlich  ist 
letzteres  bei  der  von  Ogata  beschriebenen  Bacillenspecies  der  Fall. 

Die  endemische  (Tropen-)  Ruhr  wird  höchstwahrscheinlich  durch 
tierische  Parasiten  (Amöben)  hervorgerufen,  ist  nicht  kontagiös,  findet 
sich  jedoch  nicht  auf  die  Tropen  beschränkt,  sondern  weiter  ver- 
breitet vor.  Anscheinend  sind  die  Amöben  nur  die  primären  Krank- 


26 


Dysenterie. 


heitserreger  und  werden  die  Veränderungen  zum  Teil  durch  Bakterien, 
die  entweder  primär  einwandern  oder  durch  die  Amöben  verschleppt 
werden,  bedingt.  Ob  es  sich  ferner  dabei  stets  um  dieselben  Amö- 
ben handelt,  ist  noch  nicht  ganz  sicher  festgestellt,  jedoch  nach  den 
bisherigen  Untersuchungen  ziemlich  zweifellos.. 

Für  die  sporadische  Ruhr  ist  einmal  eine  Entstehung  aus  me- 
chanischer (z.  B.  Druck  durch  Kotmassen)  oder  toxischer  (Reizung 
durch  zersetzten  Darminhalt)  Ursache  zur  Zeit  wenigstens  nicht  von 
der  Hand  zu  weisen.  Wahrscheinlich  jedoch  spielen  auch  hierbei 
Schizomyceten  eine  Rolle,  sei  es  dadurch,  daß  sie  sekundär  in  das 
mechanisch  oder  toxisch  lädierte  Gewebe,  einwandern  und  so  den 
Prozeß  verschärfen,  sei  es,  daß  sie  von  Anfang  an  die  alleinige  Ur- 
sache der  Darmveränderung  darstellen.  Welches  diese  Spaltpilze 
sind,  ist  noch  fast  gänzlich  unbekannt,  nur  sind  sie  sicher  von  denen 
der  epidemischen  Ruhr  verschieden;  wahrscheinlich  handelt  es  sich 
um  mehrere  Arten  und  gehört  vielleicht  das  Bacterium  coli 
commune  zu  denselben.  Abel  (Greifswald). 

Laveran,  fitiologie  de  la  dysenterie.  (La  Semaine  m6d. 

1893.  8.  Nov.  p.  508.) 

L.  fand  bei  10  Fällen  von  Dysenterie  nur  einmal  Amöben,  welche 
sich  als  völlig  identisch  mit  der  Amoeba  coli  erwiesen.  Er  glaubt 
daraus  den  Schluß  ziehen  zu  können,  daß  Amöben  nur  bei  der 
tropischen  Dysenterie  eine  Rolle  spielen.  Bacillen  fanden  sich  in 
allen  Fällen  in  sehr  großer  Anzahl;  sie  waren  jedoch  vom  Bact. 
coli  commune  nicht  scharf  zu  trennen.  L.  hält  es  nach  dem 
gegenwärtigen  Stande  unserer  Kenntnisse  für  unmöglich,  ein  ab- 
schließendes Urteil  über  die  Ursachen  der  europäischen  Dysenterie 
abzugeben.  W.  Petersen  (Zürich). 

Quincke  und  Roos,  A möb en-Enteritis.  (Berliner  klin.  Wchschr. 

1893.  No.  45.  p.  1089.) 

Die  Ansichten  über  die  pathogene  Natur  der  bei  Dysenterie 
gefundenen  Amöben  sind  noch  sehr  widersprechend.  Q u.  u.  R. 
beobachteten  2 Fälle,  in  welchen  der  pathogene  Charakter  derselben 
nicht  zweifelhaft  war.  Bei  dem  ersten  Falle  schienen  die  Amöben 
mit  den  von  Lösch  gefundenen  identisch  zu  sein.  Sie  waren  in 
ruhendem  Zustande  rundlich,  maßen  20  — 25  /x  im  Durchmesser, 
waren  scharf,  aber  einfach  konturiert  und  zeigten  ein  grobkörniges 
Protoplasma.  Im  Innern  waren  meist  Vakuolen  nachweisbar,  von 
Fremdkörpern  nur  rote  Blutkörper.  Daneben  fanden  sich  encystierte 
Formen,  und  zwar  bemerkenswerter  Weise  besonders  reichlich  nach 
einer  Kalomelkur  des  Patienten  (dasselbe  Verhalten  wurde  bei  dem 
zweiten  Patienten  beobachtet).  Die  encystierten  Amöben  waren 
bedeutend  kleiner,  10 — 12  /x  im  Durchmesser,  sie  zeigten  eine  sehr 
scharfe,  wenn  auch  nicht  deutlich  doppelte  Kontur.  Klystiere  von 
amöbenhaltigem  Stuhle  führten  bei  Katzen  zu  starker  Dysenterie 
und  nach  2 — 3 Wochen  zum  Tode;  es  fand  sich  in  der  Dickdarm- 
schleimhaut ausgesprochene  ulcerative  Entzündung.  Per  os  ließ  sich 


Untersucliungsmethoden,  Instrumente  etc. 


27 


eine  Infektion  nur  dann  hervorrufen,  wenn  der  Stuhl  encystierte 
Amöben  enthielt. 

Während  der  erste  Patient  sich  in  Palermo  infiziert  hatte,  war 
der  zweite  Fall  in  Kiel  autochthon  entstanden.  Der  viel  mildere 
Lauf  der  Erkrankung  sowie  verschiedene,  allerdings  geringe  morpho- 
logische Unterschiede  der  hier  Vorgefundenen  Amöben  legten  die 
Vermutung  nahe,  daß  es  sich  um  eine  andere  Amöbenart  handele. 
Diese  Vermutung  wurde  dadurch  bestätigt,  daß  diese  Art  bei  Katzen 
nur  leichten  Durchfall  erregte.  Die  Verff.  schlagen  für  die  beiden 
Arten  die  Benennungen  Amoeba  coli  Lösch  (A.  coli  felis)  und 
Amoeba  coli  mitis  vor. 

Bei  24  daraufhin  untersuchten,  nicht  an  Dysenterie  erkrankten 
Personen  fanden  sich  im  Stuhle  9mal  eine  spärliche,  3mal  eine  reich- 
lichere Anzahl  von  ähnlichen  Amöben;  dieselben  erwiesen  sich  als 
nicht  pathogen  für  Katzen  (Amoeba  intestini  vulgaris).  — 
Die  Amöben  ließen  sich  meist  ohne  weitere  Präparation  im  Stuhle 
nachweisen ; Farbstoffe  nahmen  sie  weniger  stark  auf,  als  die  übrigen 
Fäkalmassen  oder  das  Darmgewebe.  Die  Therapie  vermochte  eine 
dauernde  Entfernung  aus  dem  Darme  nicht  zu  erreichen;  am  besten 
wirkte  Kalomel.  W.  Petersen  (Zürich). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Pouiklo,  S.,  Ueber  eine  die  Nachweisung  von  Cholera- 
vibrionen im  Wasser  erleichternde  Untersuchungs- 
methode. (Wiener  klinische  Wochenschrift.  1893.  No.  14.) 

Verf.  wendet  auf  Grund  zahlreicher  Laboratoriumsversuche  foL 
gendes  Verfahren  zur  Untersuchung  von  verdächtigem  Fluß-  oder 
Brunnenwasser  an : Er  füllt  in  einen  sterilisierten  Kolben  1 Liter 
Wasser  aus  den  oberflächlichen  Schichten  des  Flußwassers,  setzt  diesem 
hierauf  10  °/0  sterilisierte  Bouillon  hinzu  und  bringt  den  Kolben  in 
den  Thermostaten.  Nach  Verlauf  von  24  Stunden  wird  dann  das  an 
der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  entstandene  Häutchen  nach  dem  ge- 
wöhnlichen Plattenverfahren  untersucht.  Man  kann  auch  zwei  oder 
mehr  Liter  Wasser  verwenden,  wenn  die  dazu  notwendigen  umfang- 
reicheren Apparate  zur  Verfügung  stehen.  Verf.  verwertet  also  die 
ursprünglich  von  G ruber  und  Schottelius  konstatierte  Tendenz 
der  Kommabacillen,  sich  wegen  des  Sauerstoffbedürfnisses  an  der 
Oberfläche  der  Nährflüssigkeit  zu  entwickeln  und  ermöglicht  mit  seiner 
Methode  die  Anwendung  beliebiger  Quantitäten  Wasser  zur  Unter- 
suchung, wodurch  die  Chancen  der  Entdeckung  der  etwa  im  Wasser 
vorhandenen  Kommabacillen  wesentlich  erhöht  werden  *). 

Dieudonnö  (Berlin). 

1)  Das  Verfahren  ist  nahezu  identisch  mit  dem  von  mir  in  dem  Greifswalder 
medizinischen  Vereine  am  3.  Dezember  1892  mitgeteilten.  (S.  d.  Centralbl.  ßd.  XIII. 
No.  11/12.  p.  384.)  Loeffler. 


28  Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickeluugshemmung  etc. 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Sawtschenko,  J.  und  Sobolotny,  D..  Versuch  einer  Immun  i- 
sation  des  Menschen  gegen  Cholera.  (Centralblatt  für 
Allgem.  Pathologie.  Bd.  IV.  1893.  No.  16.) 

Um  vergleichbare  Resultate  bei  Immunisierungsversucheu  gegen 
die  Infektion  mit  Cholera  zu  erzielen,  haben  es  sich  die  Verff.  zu- 
nächst angelegen  sein  lasseu,  eine  Vaccine  herzustellen,  welche  eine 
genaue  Dosierung  ermöglicht.  Zu  dem  Zwecke  wurden  24  St.  alte 
Agarkulturen  mit  0,5-proz.  Kochsalzlösung  abgespült,  die  Emulsion 
an  zwei  aufeinanderfolgenden  Tagen  durch  je  einstündiges  Erhitzen 
auf  60  bez.  60—70°  C sterilisiert,  dann  auf  dem  Wasserbade  eine 
bestimmte  Menge  davon  eiugedampft  und  aus  dem  Rückstände  nach 
Abzug  des  CINa  die  in  1 g der  Vaccine  enthaltene  Menge  an  Cholera- 
bakterien berechnet.  Mit  dieser  Vaccine,  der  noch  soviel  Karbolsäure 
zugesetzt  wurde,  daß  die  ganze  Lösung  eine  0,5-proz.  war,  wurden 
im  wesentlichen  zwei  Versuchsreihen  angestellt.  In  der  ersten  der- 
selben nahmen  die  Versuchspersonen  — die  Verff.  u.  A.  — mit  der 
Vaccine  im  Verlaufe  von  29  Tagen  im  ganzen  1,393  oder  0,838  oder 
1,08  g Cholerabakterien  ein.  25  Tage  nach  der  letzten  Dosis  wurden 
Meerschweinchen  mit  dem  Blutserum  der  Versuchspersonen  immuni- 
siert, und  es  zeigte  sich,  daß  in  einer  Versuchsreihe  als  geringste 
Menge  0,01  g Serum  genügte,  um  ein  Meerschweinchen  gegen  eine 
Menge  von  0,006  g Cholerabakterien  unempfänglich  zu  machen,  sowie 
daß  ein  gewisses  Verhältnis  zwischen  der  Dosis  des  immunisierenden 
Serums  und  der  injizierten  Bakterienmenge  bestand.  — In  der  zweiten 
Versuchsreihe,  bei  welcher  der  Karbolsäurezusatz  fortgelassen  wurde, 
nahmen  die  Versuchspersonen  in  8 Tagen  mit  der  Vaccine  im  ganzen 
0,92  oder  0,92  oder  0,24  g Bakterien  zu  sich  und  tranken  darauf, 
nach  Neutralisierung  des  Magensaftes,  auf  nüchternen  Magen  0,1  ccm 
einer  24  St.  alten  Bouillonkultur  virulenter  Choleravibrionen,  ohne 
daß  krankhafte  Erscheinungen  sich  eingestellt  hätten.  In  den  ganz 
normalen  Ausleerungen  ließen  sich  schon  am  folgenden  Tage  Cholera- 
bakterien konstatieren,  die  sich  im  Tierexperimente  als  virulent 
erwiesen.  Die  Verff.  glauben  damit  den  experimentellen  Nachweis 
erbracht  zu  haben,  daß  auch  anscheinend  gesunde  Personen,  welche 
Cholerabakterien  in  ihrem  Darme  beherbergen,  zur  Weiterverbreitung 
der  Krankheit  beitragen  können,  da  die  Virulenz  der  Mikroben  durch 
das  Passieren  des  Orgauismus  nicht  herabgesetzt  zu  werden  braucht. 
Aehnliche  Beobachtungen  (Rumpel)  aus  den  letzten  Epidemieen 
scheineu  eiue  Bestätigung  des  Experimentes  zu  liefern. 

K.  Hintze  (Rostock). 


Neue  Litteratur. 


29 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Akthur  Würzbukg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 


Morphologie  und  Systematik. 

Davis,  J.  J.,  A supplementary  list  of  parasitic  fungi  of  Wisconsin.  (Transact.  of  the 
Wisconsin  Acad.  1893.  p.  153 — 188.) 

Janczewski,  E. , Otocznie  Cladosporium  herbarum.  Les  perithfeces  du  Cladosporium 
herbaruin.  (Bullet,  de  l’acad.  d.  scienc.  de  Cracovic.  1893.  Juillet.  p.  271.) 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Dietel,  P.,  Ueber  zwei  Abweichungen  vom  typischen  Generationswechsel  der  Rostpilze. 

(Ztschr.  f.  Pflanzenkraukh.  1893  Bd.  III.  No.  5.  p.  258 — 266.) 

Effront,  J.,  Sur  certaines  conditions  chimiques  de  l’action  des  levures  de  bifere.  (Compt. 
rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  17.  p.  559—561.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Blachstein,  Contribution  ä l’etude  microbique  de  l’eau.  (Annal.  de  l’Inst.  Pasteur.  1893. 
No.  10.  p.  689  — 692.) 

Brobow,  N. , Ueber  das  Verhalten  einiger  pathogener  Mikroorganismen  im  Wasser. 

(Hygienische  Rundschau.  1893.  No.  21.  p.  949 — 950.) 

Erhebungen  bei  Entnahme  von  Wasserproben  für  chemische  oder  bakteriologische  Zwecke. 

(Oesterr.  Sanitätswesen.  1893.  No.  45.  p.  525 — 526.) 

Günther,  C.,  Weitere  Studien  über  den  Vibrio  Berolinensis.  (Arch.  f.  Hygiene.  1893. 
Bd.  XIX.  No.  2.  p.  214—222.) 

Marchal,  E , Sur  la  production  de  l’ammoniaque  dans  le  sol  par  les  microbes.  (Extr. 

d.  bullet,  de  l’Acad.  royale  de  Belgique.  1893.  No.  6.)  8°.  49  p.  Bruxelles  1893. 
Stoddart,  F.  W.,  Water  analysis;  tbe  Interpretation  of  results.  (Practitioner.  1893. 
Vol.  II.  No.  5.  p.  378—400.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

Willach,  P.,  Mikroorganismen  in  Milch  und  Milchprodukten.  (Dtsche  tierärztl.  Wchschr. 
1893.  No.  44,  45.  p.  377—381,  385—391.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Kowe,  G.  H.  M.,  Isolating  wards  and  hospitals  for  infectious  diseases.  (Boston  med. 

and  surg.  Journ.  1893.  Vol.  II.  No.  16.  p.  385 — 388.) 

Vallin,  E , La  declaration  obligatoire  des  maladies  contagieuses.  (Rev.  d’hygiene.  1893. 
No.  10.  p.  849—879.) 

Malariakrankheiten. 

Rosin,  H.,  Einfluß  von  Chinin  und  Methylenblau  auf  lebende  Malariaparasiten.  (Dtsche 
med.  Wchschr.  1893.  No.  44.  p.  1068—1070.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Röteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

M’Vail,  J.  C.,  Varioloid  or  varicella  ? (Glasgow  med.  Journ.  1893.  Vol.  II.  No.  5. 
p.  334—339.) 

Stumpf,  L.,  Ergebnisse  der  Schutzpockenimpfung  im  Königreiche  Bayern  im  Jahre  1892. 
(Münch,  med.  Wchschr.  1893.  No.  43.  p.  811 — 812.) 


30 


Neue  Litteratur. 


Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest 

Dufaud,  G. , L’dvolution  de  l’enddmie  typhoide  ä la  caserno  d’artillerie  de  Tunis  en 

1892.  (Arch.  de  m6d.  et  de  pharmac.  milit.  1893.  No.  11.  p.  377 — 387.) 

de  Giaxa,  V.  et  Lenti,  P.,  Recherches  sur  la  virulence,  sur  le  contenu  en  azote  et  sur 
le  pouvoir  immunisant  r^ciproque  du  bacille  du  cholera  suivant  sa  provenance.  (Annal. 
de  microgr.  1893.  No.  9.  p.  353 — 370.) 

Köllner,  S.,  Beiträge  zur  Cholerafrage.  (Aerztl.  Central-Anzeiger.  1893.  No.  31.  p.  489 
—493.) 

Liebreich,  0.,  Ueber  die  sogenannte  Cholerarot-Reaktion.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1893. 
No.  45.  p.  1102—1103.) 

Sanarelli,  J.,  Les  vibrions  des  eaux  et  l’dtiologie  du  cholera.  (Annal.  de  l’Inst.  Pasteur. 

1893.  No.  10.  p.  693—734.) 

Spronck,  C.  H.  H.,  Over  de  bacteriologische  diagnose  van  aziatische  cholera.  (Nederl. 
Tijdschr.  v.  Geneesk.  1893.  Vol.  II.  No.  16.  p.  554 — 562.) 

W undinfektionskr  ankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Duke,  A , The  origin  of  puerperal  septieaemia.  (Provinc.  med.  Journ.  1893.  No.  143. 
p.  571.) 

Felsenthal,  S.,  Beiträge  zur  Aetiologie  und  Therapie  des  Erysipels.  (Arb.  a.  d.  Kaiser- 
u.  Kaiserin  Friedrich-Krankenhause.  1893.  Bd.  II.  p.  77 — 92.) 

Fdre,  Ch.,  Note  sur  l’influence  de  l’erysipfcle  sur  la  marche  de  l’Apilepsie.  (Compt.  rend. 

de  la  soc.  de  biol.  1893.  No.  29.  p.  828 — 830.) 

Fermi,  C , Contributo  allo  Studio  del  veleno  del  tetano.  (Gazz.  d.  ospit.  1893.  No.  129. 
p.  1357—1360.) 

Garthright,  R.  H. , Puerperal  fever;  its  prevention  and  treatment.  (Virginia  med. 
monthly.  1893.  p.  229 — 232.) 

Nicolas,  J.,  Sur  un  cas  de  t&tanos  chez  l’homme  par  inoculation  accidentelle  des  pro- 
duits  solubles  du  bacille  de  Nicolaier.  (Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  1893.  No.  29. 
p.  844—847.) 

Roger,  H. , Septicimie  cons6cutive  au  choldra  (etude  sur  le  bacillus  septicus  putidus). 
(Rev.  de  meid.  1893.  No.  10.  p.  866—892.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Binz,  C.,  Die  Einschleppung  der  Syphilis  in  Europa.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1893. 
No.  44.  p.  1057—1061.) 

Burlureaux,  Traitemeut  de  tuberculose  par  la  cr6sote.  (Mdd.  moderne.  1893.  No.  87. 
p.  1046—1048.) 

Campana,  R.,  Ancora  del  bacillo  simile  al  bacillo  leproso  sviluppatosi  in  tentativi  di 
culture  di  noduli  di  lepra  tubercolare  ecc.  (Riforma  med.  1893.  pt.  2.  p.  50,  184  ) 
Dansac,  M.,  Cancer  et  psorospermies.  (Gaz.  hebdomad.  de  med.  et  de  chir.  1893. 
No.  42,  43.  p.  498—602,  510—513.) 

Geissler,  Die  Uebertragbarkeit  des  Carcinoms.  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  XLVI.  No.  3. 
p 655—676.) 

Kelsch,  Rapport  sur  le  concours  pour  le  prix  de  l’acad4mie  en  1893,  ayant  pour  sujet: 
des  origines  et  des  modes  de  transmission  du  cancer.  (Bullet,  de  l’acad.  de  mdd. 
1893.  No.  43.  p.  423—446.) 

Miljanitsch,  P. , Aussatz  in  Tschernogor.  (Med.  obozrenije  1893.  p.  598 — 603. 

[Russisch.] 

Nocard,  Du  röle  respectif  de  la  contagion  et  de  l’hßrdditd  dans  la  propagation  de  la 
tuberculose.  (Rev.  d’hygifene.  1893.  No.  10.  p.  899  — 906.) 

Pritchett,  J.  A.,  Tuberculosis  in  the  negro.  (Alabama  med.  and  surg.  age.  1892/93. 
p.  386.  421.) 

Tollemer  et  Macaigne,  Synovite  bleunorrhagique  suppurde  due  au  gonocoque.  (Bullet, 
de  la  soc.  anat.  de  Paris.  1893.  No.  19.  p.  493 — 498.) 


Neue  Litteratur. 


31 


Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Franklin,  G H.,  An  cpidemic  of  diphtheria  in  Hightstown,  New  Jersey,  in  July  1893, 
supposed  to  bave  been  caused  by  infected  milk.  (Internat,  med.  magaz.  1893.  No.  9. 
p.  816—820.) 


B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Augen  und  Ohren. 

Franke,  E.  , Untersuchungen  über  die  Desinfektion  des  Bindehautsackes  nebst  Be- 
merkungen zur  Bakteriologie  desselben.  (Arch.  f.  Ophthalmal.  1893.  Bd.  XXXIX. 
No.  3.  p.  1—37.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  Aügemeinkrankheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Norwegen  im  3.  Vierteljahre  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundb.-A.  1893.  No.  46.  p.  910—911.) 

Stand  der  Tierseuchen  in  Rumänien  im  2.  Vierteljahre  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundh.-A.  1893.  No.  42.  p.  818.) 

Stand  der  Tierseuchen  in  Ungarn  im  3.  Vierteljahre  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Ge- 
sundh.-A. 1893.  No.  45.  p.  888—889.) 

Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

(Rinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälber,  Rauschbrand,  entozootisches  Verkalben.) 

Hutcheon,  D.,  The  malarial  catarrhal  fever  of  sheep  in  South  Africa.  (Veterin.  Journ. 
Nov.  1893.  p4  330—334.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Clos,  D.,  Revision  des  tubercules  des  plantes  et  des  tuberculoi'des  ldgumineuses.  (Extr. 

d.  memoir.  d.  scienc.,  inscript.  et  belles  lettres  de  Toulouse.  1893.  p.  27.  Toulouse.  8°.) 
Frank  B.,  Ein  neuer  Rosenfeind.  (Gartenflora.  1893.  p.  676.) 

Palmirsky,  W.,  De  l’emploi  du  Vibrio  Metschnikowi  pour  la  destruction  des  spermo- 
philes.  (Arch.  d.  scienc.  biolog.  publ.  par  l'Instit.  imper.  de  med.  experim.  ä St. 
Petersbourg.  1893.  T.  II.  No.  3.  p.  497 — 503.) 

Frunet,  A.,  Sur  la  propagation  du  pourridid  de  la  vigne  par  les  boutures  et  les  greffes- 
boutures  mises  en  stratification  dans  le  sable.  (Compt.  rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  17. 
p.  562—564.) 

Sorauer,  P.,  Populäre  Anleitung  für  den  Landwirt  zur  Unterscheidung  der  im  Getreide 
vorkommenden  Stein-  und  Staubbrandarten.  (Ztschr.  f.  Pflanzenkrankh.  1893.  Bd.  III. 
No.  5.  p.  271—277.) 

Ta'iroff,  B.,  A propos  du  pbylloxera  et  des  vignes  amdricaines  en  Russie.  (Vigne  amer. 
1893.  No.  11.  p.  337—340.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

d’Arsonval  et  Charrin,  Influence  de  l’eleetricite  sur  la  cellule  mierobienne.  (Arch.  de 
physiol.  norm,  et  pathol.  1893.  No.  4.  p.  664 — 672.) 
de  Christmas,  J.,  Sur  la  valeur  antiseptique  de  l’ozone.  (Annal.  d.  l’Inst.  Pasteur. 
1893.  No.  11.  p.  776—780.) 


32 


Neue  Litteratur. 


Defrenne,  M.,  Resultats  comparatifs  de  la  desinfection  par  les  pulvörisations  de  solu- 
tioDs  de  subiiraö,  par  les  vaporisations  d’acide  sulfureux  par  combustion  du  soufre 
et  le  melange  gazeux  de  Pictet.  (Presse  med.  beige.  1893.  No.  44.  p.  347 — 348.) 

Delepine,  S.  aud  Ransome  , A.  On  the  disinfection  of  tuberculously  injected  bouses. 
Brit.  med.  Journ.  1893.  No.  1714.  p.  990 — 992.) 

Günther,  C.,  Die  Blutserumtherapie  Ihre  geschichtliche  Entwickelung  und  ihr  gegen- 
wärtiger Stand.  Referierende  Darstellung.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1893.  No.  46. 
p.  1162—1165.) 

Heinemann,  H.  N.,  Observations  on  the  use  of  Koch’s  tuberculin  in  the  treatment  of 
pulmonary  tuberculosis  in  Mount  Sinai  hospital.  (Transact.  of  the  New  York  acad. 
of  med.  (1891).  1892.  p.  162.) 

Loomis,  A.  L.,  Observations  on  the  use  of  Koch’s  tuberculin  in  the  treatment  of  pul- 
monary tuberculosis  in  Bellevue  hospital.  (Transact.  of  the  New  York  acad.  of  me- 
dicine  (1891).  1892.  p.  147  — 162.) 

Nencki,  M.  et  Sieber,  N.  0.,  Sur  la  composition  chimique  du  goudron  de  pin  et  sur  ses 
proprietes  desinfectantes.  (Arch.  d.  scienc.  biolog.  publ.  par  l’Instit.  imper.  de  med. 
experim.  ä St.  Pötersbourg.  1893.  T.  II.  No.  3.  p.  359 — 419.) 

Sobernheim,  G.,  Zur  intraperitonealen  Cholerainfektion  der  Meerschweinchen.  (Hygien. 
Rundschau.  1893.  No.  22.  p.  997 — 1000.) 

Trudeau,  E.  L.  , Observations  on  the  use  of  Koch’s  tuberculin  in  the  treatment  of 
pulmonary  tuberculosis  in  Adirondack  cottage  hospital.  (Transact.  of  the  New  York 
acad.  of  med.  (1891).  1892.  p.  163  — 167.) 

Zweiböhmer,  Milchsterilisier-Apparat  für  Säuglingsernährung  und  Hausgebrauch.  (Dtsche 
Medizinal-Ztg.  1893.  No.  95.  p.  1073  — 1074.) 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Arens,  Eine  Methode  zur  Plattenkultur  der 
Anaeroben.  (Orig.),  p.  15. 

Beyerinck,  M.  W.,  Notiz  über  den  Nach- 
weis von  Protozoen  und  Spirillen  in 
Trinkwasser.  (Orig.),  p.  10. 

Gärtner,  F.,  Ein  neuer  gasbildender  Ba- 
cillus. (Orig.),  p.  1. 

Referate. 

Canon,  Bakteriologische  Blutuntersuchungen 
bei  Sepsis,  p.  19. 

Epstein,  E.,  Beiträge  zu  den  Impfkrank- 
heiten,  p.  22. 

Fischei  und  Adler,  Zur  Kenntnis  der  per- 
niciösen  Anämie,  p.  24. 

Heider,  A.,  Untersuchungen  über  die  Ver- 
unreinigung der  Donau  durch  die  Ab- 
wässer der  Stadt  Wien,  p.  20. 

Kirchner,  Martin,  Grundriß  der  Militär- 
gesundheitspflege. Lief.  2 — 8,  p.  17. 

Laveran,  Etiologie  de  la  dysenterie,  p.  26. 

Palmirsgi,  W.,  Notatki  z epidemii  cholery 
w Odessie  i okolicach.  [Beobachtungen 
aus  der  Choleraepidemie  in  Odessa  und 
Umgebungen],  p.  19. 


Perles,  Max,  Beobachtungen  über  perniciöse 
Anämie,  p.  23. 

Porter,  Notes  and  queries  on  small-pox, 
p.  22. 

Quincke  u.  Roos,  Amöben-Enteritis,  p.  26. 

Wesener,  Unsere  gegenwärtigen  Kenntnisse 
über  Dysenterie  in  anatomischer  und 
ätiologischer  Hinsicht,  p.  25. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Pouiklo,  S.,  Ueber  eine  die  Nachweisung 
von  Choleravibrionen  im  Wasser  erleich- 
ternde Untersuchungsmethode,  p.  27. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Sawtschenko,  J.  und  Sobolotny,  D.,  Ver- 
such einer  Immunisation  des  Menschen 
gegen  Cholera,  p.  28. 

Neue  Litteratur,  p.  29. 


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Dr.  O.  Ulilworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Band.  -o-  Jena,  den  16.  Januar  1894.  -o-  No.  2/3. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten.  •$*— 


Die  Redaktion  des  „ Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
künde“  richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 


Ueber  die  praktische  Verwertbarkeit  des  Bacillus 
der  Mäuseseuche-Laser. 

Von 

Dr.  Hugo  Laser, 

Assistenten  am  hygienischen  Institute  zu  Königsberg  i.  Pr. 

In  Bd.  XIII.  No.  20  dieses  Blattes  publizierte  ich  eine  Reihe  von 
Fütterungsversuchen  mit  dem  von  mir  entdeckten  Bacillus  der 
Mäuseseuche.  Durch  das  bereitwillige  Entgegenkommen  des  Herrn 
Korpsroßarztes  Pilz,  dem  mein  besonderer  Dank  hiermit  ausge- 
sprochen sei,  war  es  mir  möglich,  meine  Versuche  noch  weiter  fort- 
zuführen, und  sollen  die  dabei  gefundenen  Resultate  im  Nachstehenden 
mitgeteilt  werden.  Zunächst  erhielt  eine  Gans  Brot,  das  mit  bacillen- 

XV.  Bd.  3 


34 


Hago  Laser 


haltiger  Bouillon  durchtränkt  war,  deren  Virulenz  an  Mäusen  selbst- 
verständlich vorher  erprobt  worden  war,  und  eine  zweite  Gans  direkt 
5 ccm  Bouillon  eingeflößt;  ebenso  bekam  ein  Huhn  5 g Bouillon; 
diese  drei  Tiere  wurden  ca.  1 V2  Monate  beobachtet  und  zeigten 
während  dieser  Zeit  keinerlei  ErkraDkungserscheinungen. 

Ein  Hammel  dagegen,  welcher  20  ccm  Bouillon  mit  einem  Male 
schlucken  mußte,  käute  zwei  Tage  später  nicht  mehr  wieder;  er 
hatte  Atembeschwerden,  Nasenausfluß  und  entleerte  breiige  Faeces. 
Sowohl  von  dem  Nasensekrete  als  von  den  Faeces  wurden  Agarplatten 
angelegt  und  in  den  Brütschrank  gestellt,  obwohl  in  den  mikro- 
skopischen Präparaten  beider  Substanzen  keine  beweglichen  Bacillen 
nachzuweisen  gewesen  waren.  Auf  diesen  Agarkulturen  wuchsen 
nur  unbewegliche  Bacillen,  die  so  plump  aussahen,  daß  man  sie  bei- 
nahe für  Kokken  hätte  halten  können.  Der  Hammel  erholte  sich 
dann  in  den  zwei  folgenden  Tagen , hatte  wieder  mehr  gefärbte 
Faeces.  Am  dritten  Tage  nach  der  überstandenen  Krankheit  stellten 
sich  wieder  Atembeschwerden  ein  ; der  Hammel  erhielt  Kreolin  inner- 
lich, verendete  aber  am  nächsten  Tage.  Bei  der  Sektion  zeigte  sich, 
daß  nirgends  Drüsen  angeschwollen  waren.  Die  Milz  war  stark 
verkleinert  und  ganz  trocken;  Lungen  waren  normal;  nur  die  Schleim- 
haut im  vierten  Magen  und  im  Dünndarme  zeigte  eine  geringe  entzünd- 
liche Injektion.  Mikroskopisch  ließen  sich  in  den  Lungen  und  in  der 
Milz  keine  Mikroorganismen  nachweisen,  in  dem  Darminhalte  Bak- 
terien, die  dem  Bacterium  coli  commune  glichen.  Es  wurden 
Agarplatten  von  der  Milz,  Lunge,  vom  Inhalt  des  vierten  Magens  und 
des  Dünndarmes  angelegt.  Auf  allen  Platten  wuchsen  kurze,  plumpe 
Bacillen,  die  sich  durch  eine  außerordentlich  starke  Molekularbe- 
wegung auszeichneten.  Von  diesen  Mikroorganismen  wurde  eine 
Bouillonkultur  angelegt  und  dann  davon  x/2  ccm  einer  weißen  Maus 
in  die  Bauchhöhle  injiziert,  welche  2 Tage  später  starb.  In  der 
Milz  fanden  sich  die  injizierten  Bakterien  wieder,  wie  das  Kultur- 
verfahren ergab,  aber  nicht  unser  Bacillus. 

Es  war  mir  nun  daran  gelegen,  noch  zu  erforschen,  wie  das  Schwein 
und  Rindvieh  eine  Infektion  per  os  vertragen  würden,  und  auch 
nochmals  einen  Hammel  zu  füttern.  Von  einer  Bouillon , deren 
Virulenz  zuerst  wiederum  durch  Fütterung  einer  Feldmaus  erprobt 
wurde,  erhielt  ein  ca.  3/4  Jahr  altes  Schwein  20  g,  auf  Brot  ge- 
gossen, welches  das  Tier  sofort  verzehrte.  Ebenso  fraß  eine  ca.  13 
Jahre  alte  Kuh  Brot,  das  mit  30  g Bouillon  getränkt  war,  sogleich 
auf.  Beide  Tiere  blieben  völlig  gesund,  die  Kuh  gab  sogar,  wohl 

infolge  des  guten  Futters,  mehr  Milch,  als  vorher,  die  Menge  stieg 

von  5 bis  auf  7 1 pro  Tag  — so  daß  diese  Tiere  nach  6 — 7-tägiger 
Beobachtung  aus  der  Tierklinik  entlassen  werden  konnten.  Ein 

Schaf  hingegen,  welches  10  g Bouillon  auf  Brot  erhielt,  wurde 

wieder  3 Tage  später  krank,  es  fraß  weniger,  hatte  Nasenausfluß 
und  Durchfall  und  käute  nicht  wieder.  Der  Durchfall  konnte  durch 
innerliche  Anwendung  von  Salicylsäure  und  Tannin  nicht  gehoben 
werden.  Am  4.  und  5.  Tage  erholte  es  sich  ein  wenig,  abortierte 
dann  am  Abend  des  5.  Tages,  war  darauf  am  6.  Tage  munterer, 
am  7.  jedoch  wieder  krank  und  starb  am  Mittag  des  7.  Tages.  Die 


Ueber  die  praktische  Verwertbarkeit  des  Bacillus  der  Mäuseseuche-Laser.  35 


Obduktion  ergab  Auflockerung  der  Schleimhaut  des  Labmagens  und 
Entzündung  der  Schleimhaut  des  Dünndarmes.  Die  Milz  war  normal, 
die  Leber  zeigte  eine  geringe  Schwellung,  außerdem  bestand  Bron- 
chitis. Wie  früher  wurden  auch  in  diesem  Falle  von  dem  Nasen- 
sekret und  den  Faeces,  die  mikroskopisch  nur  plumpe  Bacillen  ent- 
hielten, Agarkulturen  angelegt,  auf  denen  jedoch  unser  Bacillus 
wiederum  nicht  wuchs.  Nach  der  Sektion  wurden  Kulturen  vom 
Darminhalte,  vom  Inhalte  des  ersten  und  vierten  Magens,  von  der  Leber 
und  von  der  Milz  angelegt.  In  allen  Kulturen  wuchs  ein  ziemlich  plumper, 
unbeweglicher  Bacillus,  der  unserm  Bacillus  in  keiner  Be- 
ziehung glich,  jedoch  identisch  zu  sein  schien  mit  dem  beim  ersten 
Hammel  gefundenen  Bacillus.  Außerdem  wurde  je  eine  weiße  Maus 
mit  1/2  ccm  Bouillon,  in  welcher  Aufschwemmungen  oben  bezeichneter 
fünf  Untersuchungsobjekte  gemacht  waren,  intraperitoneal  geimpft 
und  eine  sechste  Maus  zur  Kontrolle  mit  ccm  Aufschwemmung 
unseres  Bacillus.  Letztere  wurde  bereits  am  nächsten  Tage  tot 
aufgefunden,  und  zeigten  Agarkulturen,  von  der  Milz  dieser  Maus 
angelegt,  unseren  Bacillus  wieder. 

Die  übrigen  Mäuse  starben  ebenso  wie  solche,  welche  von  aus 
den  Untersuchungsobjekten  angelegten  Agarkulturen  aus  mit  je 
J/s  ccm  Aufschwemmung  intraperitoneal  geimpft  waren,  in  der  Zeit 
von  3 — 10  Tagen ; einige  blieben  gesund ; aus  der  Milz  aller  ver- 
endeten Tiere  ließ  sich  derselbe  unbewegliche  Bacillus  reinzüchten, 
der  auch  auf  der  Gelatineplatte  ganz  anders  wächst  als  unser 
Bacillus.  Die  einzelnen  Berichte  über  die  10  geimpften  Mäuse 
hier  anzuführen,  würde  zu  weit  führen;  ich  behalte  mir  vor,  den 
so  gefundenen  Bacillus  weiterhin  nach  seinen  biologischen  und 
pathogenen  Eigenschaften  zu  untersuchen  und  die  Resultate  eventuell 
besonders  zu  publizieren. 

Woran  es  nun  lag,  daß  die  Hammel  eine  besondere  Empfäng- 
lichkeit für  unseren  Bacillus  zeigten,  der  weder  intra  vitam  noch 
post  mortem  vorgefunden  werden  konnte,  ist  noch  eine  offene  Frage. 
Möglich  ist  es,  daß  ein  sonst  harmloser  Bewohner  des  Verdauungs- 
kanals durch  Symbiose  mit  unserem  Bacillus  pathogene  Eigen- 
schaften angenommen  hat,  möglich  auch,  daß  schon  die  von  dem 
Bacillus  in  der  Bouillon  gebildeten  Stoffwechselprodukte  eine 
deletäre  Wirkung  hervorrufen. 

Wie  dem  auch  sei,  der  Umstand,  daß  unser  Bacillus  für  den 
Hammel  nicht  unbedenklich  ist,  könnte  im  ersten  Augenblicke  die 
praktische  Verwendbarkeit  desselben  in  Frage  stellen.  Allein  weitere 
Untersuchungen  beseitigten  jedes  Bedenken.  Es  handelte  sich  bei 
diesen  darum,  zu  entscheiden,  wie  lange  unser  Bacillus  auf  Brot  in 
der  Erde  am  Leben  bleibe.  Es  wurden  zu  diesem  Zwecke  8 würfel- 
förmige Stücke  Brot  mit  bacillenhaltender  Bouillon  durchtränkt  und 
in  einer  mit  Erde  gefüllten  Kiste  in  ausgegrabene  Gänge  gelegt 
Jeden  Tag  wurde  alsdann  ein  Stück  herausgenommen  und  zu  Platten 
verarbeitet.  Vom  4.  Tage  an  war  unser  Bacillus  nicht  mehr 
durch  das  Plattenkulturverfahren  nachzuweisen ; vom  5.  Tage  an  trat 
auf  und  in  dem  Brote  lebhafte  Schimmelpilzvegetation  ein. 

Bedenkt  man  nun,  daß  die  Brotstücke  bei  einem  praktischen 


36 


Hugo  Laser,  Ueber  die  praktische  Verwertbarkeit  etc. 


Mäusetilgungsversuche  tief  in  die  Mäuselöcher  hineingesteckt  werden 
und  daß  der  Hammel  zu  denjenigen  Tieren  gehört,  welche  nicht 
wühlen,  dann  ist  eine  Infektion  dieser  Tiere  wohl  als  sehr  ausge- 
schlossen zu  betrachten;  im  übrigen  wäre  es  ja  nur  nötig,  um  ganz 
sicher  zu  gehen,  zu  veranlassen,  daß  auf  das  betreffende  Feldstück 
innerhalb  von  4 — 5 Tagen  keine  Schafherde  getrieben  wird. 

Ich  habe  mich  daher  auch  entschlossen,  auf  zwei  Besitzungen 
praktische  Versuche  durchzuführen,  einmal  in  Mednicken  in  Ost- 
preußen und  dann  in  Bud wisch  in  Westpreußen.  Die  Resultate 
waren  zufriedenstellend,  und  zwar  gestalteten  sie  sich  folgender- 
maßen : 

Es  wurden  würfelförmige  Brotstücke,  die  mit  bacillenhaltender 
Bouillon  durchtränkt  waren,  tief  in  die  Mäuselöcher  hineingesteckt; 
aufgepflanzte  Zweige  bezeichneten  zum  leichteren  Wiederauffinden 
die  beschickten  Stellen.  Nach  6 Tagen  wurden  in  meiner  Gegenwart 
die  Löcher  aufgegraben  und  da  zeigte  sich,  daß  nur  vereinzelt  tote 
Mäuse  zu  finden  waren;  auffallend  war  es,  daß  weder  in  noch  vor 
den  beschickten  Löchern  frisches  Getreide  oder  sonstiges  Futter  vor- 
handen war.  In  anderen  Löchern  dagegen,  die  zur  Kontrolle  auf- 
gegraben wurden,  lebten  die  Mäuse  und  in  ihren  Bauen  war  frisches 
Futter  in  mehr  oder  minder  größerer  Menge  aufgespeichert.  Eine 
ähnliche  Beobachtung  hat  Loeffler  seiner  Zeit  auch  in  Thessalien 
gemacht.  Mit  seiner  Erklärung  dieses  Befundes  kann  ich  nur  ganz 
übereinstimmen.  Sobald  Mäuse  erkranken,  scheinen  sie  ein  großes 
Bedürfnis  nach  frischer  Luft  zu  haben ; sie  kommen  daher  aus  ihren 
Löchern  heraus  und  werden  dann  von  den  mäusevertilgenden  Vögeln 
aufgefressen.  Bei  uns  kommt  in  dieser  Beziehung  wohl  hauptsäch- 
lich die  Krähe  in  Betracht.  Und  in  der  That  ist,  wie  mir  berichtet 
wurde,  besonders  in  Budwisch  das  Erscheinen  von  unzähligen  Krähen 
auf  den  Feldern  3 Tage,  nachdem  ich  das  Brot  ausgelegt  hatte,  auf- 
gefallen. 

Nach  alledem  kann  ich  wohl  mit  Recht  behaupten,  daß  der 
praktischen  Anwendung  meines  Bacillus  nichts  im  Wege  steht 
und  hoffe  ich,  daß  die  Erfolge  überall  günstige  sein  werden,  wenn 
die  Arbeit  in  sachkundiger  Weise  angestellt  wird.  Darunter  ver- 
stehe ich,  daß  wirklich  nur  virulente  Bacillen  in  Anwendung  kommen 
und  dann,  daß  die  Brotstücke  sorgfältig  tief  in  die  Löcher  hineinge- 
schoben werden. 

Königsberg  i.  Pr.,  15.  Dezember  1893. 


H.  Kerez,  Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks  auf  den  Tuberkelbacillus.  37 


Ueber  den  Einfluss  des  Tabaks  auf  den  Tuberkelbacillus. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  Zürich.] 

Von 

Dr.  H.  Kerez 

in 

Rom. 

Untersuchungen  über  das  Verhalten  von  Mikroorganismen  unter 
dem  Einflüsse  des  Tabaks  liegen  nur  in  spärlicher  Zahl  vor  und  da- 
tieren aus  den  letzten  Jahren.  Wernicke  (Hygien.  Rundschau  vom 
1.  Nov.  1892)  hat  insbesondere  den  Einfluß  des  Tabaks  auf  die 
Cholerabacillen  während  der  Choleraepidemie  in  Hamburg  eingehend 
studiert  und  überzeugend  dargethan,  daß  an  letzterem  Orte  ver- 
fertigte und  lagernde  Cigarren  bei  ihrer  Versendung  keine  Gefahr 
der  Verschleppung  von  Cholerabacillen  in  sich  bergen,  indem  diese 
in  Berührung  mit  den  Tabakblättern  in  kürzester  Frist  zu  Grunde 
gehen.  Der  Cholerabacillus  ist  aber  wenig  resistent  und  es  ist 
daher  nicht  ausgeschlossen,  daß  ein  so  starker  Konsumartikel,  wie 
der  Tabak,  bei  Uebertragung  resistenterer  pathogener  Mikroorganis- 
men gelegentlich  eine  Rolle  als  Zwischenträger  spielen  könnte,  wozu 
die  Gelegenheit  um  so  eher  geboten  sein  dürfte,  als  die  Bearbeitung 
des  Tabaks  meistens  nicht  unter  den  besten  Verhältnissen  und  mit 
geringsten  hygienischen  Kautelen  geschieht. 

Untersuchungen  über  die  Wirkung  des  Tabakrauches  auf 
Mikroorganismen,  wie  sie  namentlich  von  T a s s i n a r i (Centralblatt 
f.  Bakteriol.  u.  Parasitenkunde.  1888  u.  1891)  vorgenommen  und  in 
Bezug  auf  den  Cholera  bacillus  von  Wernicke  (1.  c.)  wiederholt 
wurden,  berühren  diese  Frage  nicht  direkt.  Jetzt,  wo  der 
Kampf  gegen  die  Tuberkulose  von  allen  Seiten  mit  Eifer  aufge- 
nommen wird,  lag  es  daher  nahe,  nachzuforschen,  ob  der  Tabak  und 
seine  Produkte  bei  der  Verbreitung  der  Tuberkulose  vielleicht  eine 
Rolle  spielen  und  ob  daher  die  öffentliche  Gesundheitspflege  auch  in 
diesem  Gewerbe  den  Hebel  anzusetzen  habe,  um  prophylaktisch  zu 
wirken. 

Es  ist  ja  eine  bekannte  Thatsache,  daß  die  hygienischen  Ver- 
hältnisse in  den  Cigarrenfabriken  meistens  sehr  zu  wünschen  übrig 
lassen,  nicht  weniger  auch  der  Gesundheitszustand  der  in  solchen 
bethätigten  Arbeiter.  Der  geringen  Anforderung  an  ihre  Leistungsfähig- 
keit wegen  strömen  in  diesen  Etablissements  konstitutionell  bereits  ge- 
schädigte Leute  zusammen,  welche  dann  unter  den  ungünstigen  Ver- 
hältnissen relativ  bald  mannigfaltigen  Leiden  zum  Opfer  fallen. 
Unter  diesen  spielen  nach  Roehs  (Vierteljahresschr.  f.  gerichtl. 
Medizin.  1889)  Krankheiten  der  Respirationsorgane  eine  bedeutende 
Rolle  und  nicht  am  wenigsten  Lungentuberkulose,  wie  dies  auch  die 
deutschen  Fabrikinspektoren  in  ihrem  amtlichen  Berichte  pro  1885 
betonen.  Kaiser  (Ueber  den  Einfluß  des  Berufs  auf  Sterblichkeit  und 
Lebensdauer,  Eulenburg’s  Vierteljahresschrift  f.  gerichtl.  Medizin. 


38 


H.  Kerei 


Bd.  XXXIII)  hat  denn  auch  die  mittelbare  Lebensdauer  der  Tabak- 
arbeiter auf  nur  38  Jahre  berechnet. 

Wie  aus  Gesagtem  erhellt,  ist  somit  tuberkulöses  Material  un- 
zweifelhaft meistens  in  Cigarrenfabriken  vorhanden  und  sind  die 
Arbeiter  selbst  dessen  Träger.  Daß  solches  nur  allzu  leicht  von 
letzteren  direkt  auf  den  Tabak  und  mit  diesem  in  die  Cigarren 
übertragen  werden  kann,  geht  aus  der  üblichen  Darstellungsweise 
der  Cigarren  hervor. 

Es  werden  vorerst  die  kleineren  Tabakblätter,  welche  als  Füllung 
der  Cigarren  dienen,  in  Wasser  eingelegt  und  die  großen,  Material 
für  Umhüllungs-  und  Deckblätter  ergebenden  Tabakblätter  durch 
Wasser  gezogen.  Nachdem  erstere  von  den  Stielen  befreit,  werden 
sie  mit  den  Fingern  in  eine  längliche,  der  Cigarre  annähernd  ent- 
sprechende Form  zusammengedrückt  und  möglichst  glatt  gerollt. 
Schon  bei  dieser  Prozedur  bedient  sich  oft  der  Arbeiter  des  Be- 
leckens  seiner  Finger,  weil  der  zähe  Mundschleim  ein  besseres 
Bindemittel  abgiebt,  als  reines  Wasser.  Weit  häufiger  und  an  vielen 
Orten  wohl  regelmäßig  geschieht  dies  beim  folgenden  und  beim  letzten 
Akte  der  Darstellung  von  Cigarren,  beim  Einrollen  der  Füllungs- 
masse in  das  Umhüllungsblatt  und  beim  Umhüllen  des  Ganzen  mit 
dem  Deckblatt.  Ersteres  sollte  mit  Wasser,  letzteres  mit  einer  ganz 
dünnen  Schicht  von  Kleister  befeuchtet  werden.  Auch  hier  werden, 
wo  die  Befeuchtung  eine  geringe  ist  oder  Blattteile  sich  nicht  gut 
anlegen,  beleckte  Finger  zu  Hilfe  genommen  oder  gar  die  Cigarre 
behufs  Befeuchtung  an  Lippen  und  Zunge  gebracht;  hernach  kommen 
die  Cigarren  in  eine  Form  und  aus  dieser,  in  Kistchen  gepreßt,  in 
einen  Trocknungs-  und  Lagerungsraum,  wo  sie  bei  einer  Temperatur 
von  ca.  30°  C meistens  bis  zu  ihrer  Spedition  verbleiben. 

So  kann  tuberkulöses  Sputum  direkt  auf  die  Cigarren  gelangen, 
aber  auch  die  Möglichkeit  indirekter  Uebertragung  durch  die  mit 
Staub  vermengte  Luft  ist  dadurch  gegeben,  daß  tuberkulöse  Arbeiter 
ihr  Sputum  auf  den  Boden  entleeren,  wo  solches  eintrocknet.  Es 
hängt  von  der  Erhaltuug  der  Virulenz  der  Tuberkelbacillen  auf  Tabak 
ab,  ob  auf  solche  Weise  Raucher  durch  Cigarren  gefährdet  sind 
oder  nicht. 

Um  diese  praktisch  wichtige  Frage  zu  entscheiden,  habe  ich 
daher  der  sehr  dankenswerten  Anregung  des  Herrn  Dr.  0.  Roth, 
Vorstand  der  bakteriologischen  Abteilung  des  hygienischen  Institutes 
in  Zürich,  den  Einfluß  des  Tabaks  speziell  auf  tuber- 
kulöses Sputum  zu  erforschen,  gerne  Folge  geleistet. 

Der  Gang  der  Untersuchung  lehnte  sich  möglichst  an  die  Praxis 
an,  damit  das  Resultat  derselben  auch  ohne  weiteres  für  die  Praxis 
Geltung  haben  könnte,  denn  die  Erfahrungen  der  Desinfektionspraxis 
haben  ja  zur  Genüge  gezeigt,  daß  Reinkulturen  von  Tuberkelbacillen 
und  tuberkulöses  Material  sich  gegenüber  den  auf  sie  einwirkenden 
Agentien  verschieden  verhalten. 

Es  wurden  Cigarren  in  der  oben  geschilderten  Weise  hergestellt 
und,  wie  dies  in  der  deutschen  Schweiz  gewöhnlich  geschieht,  für  die 
Füllung  kleine  Brasilblätter,  für  das  Umhüllungs-  und  Deckblatt  große 
Javablätter  verwendet.  Um  die  Infizierung  des  Tabaks  seitens  tuber- 


Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks  auf  den  Tuberkelbacillus. 


39 


kulöser  Arbeiter  durch  Belecken  der  Finger  oder  Anfeuchten  der 
Cigarren  mit  Lippen  oder  Zunge  nachzuahmen,  wurde  vor  dem  Ein- 
hüllen in  das  Deckblatt  tuberkulöses  Sputum  an  die  Finger  gebracht 
oder  solches  in  geringer  Menge  mittels  Pincette  an  der  Spitze  der 
Cigarre  zwischen  Umhüllungs-  und  Deckblatt  aufgetragen. 

Gleiches  Sputum  wurde  jeweilen  auf  Papier  äufgestrichen,  in 
sterilen  Reagenzröhrchen  neben  den  mit  infizierten  Cigarren  be- 
schickten Kistchen  aufbewahrt,  um  festzustellen,  ob  die  Beein- 
flussung der  Virulenz  der  Tuberkelbacillen  einer  spezifischen  Wirkung 
des  Tabaks  oder  nur  dem  Eintrocknen  zuzuschreiben  sei.  Nach 
Angabe  de  Toma’s  (ref.  in  Baumgarten’s  Jahresbericht  über 
pathog.  Mikroorganismen.  Jahrg.  1888.  p.  173)  und  solcher  Szawitz- 
ky’s  (ref.  in  Baumgarten’s  Jahresbericht.  Jahrg.  1891.  p.  777) 
schwankt  die  Virulenzdauer  dem  Eintrocknen  unterworfenen  Sputums 
zwischen  14  Tagen  und  21/ 2 Monaten.  Offenbar  ist  solche  von 
Temperatur  und  Feuchtigkeitsgrad  und  hierdurch  bedingter  Schnellig- 
keit des  Eintrocknens  abhängig. 

Im  vorliegenden  Falle  war  das  Sputum  einer  Temperatur  von 
28—30°  C ausgesetzt  und  der  Zutritt  der  Luft  nur  durch  den  das 
Reagenzglas  lose  abschließenden  Wattepfropf  gehemmt. 

Es  wurde  nur  Sputum  von  reichlichem  Bacillengehalte  verwendet, 
nachdem  solcher  vorerst  durch  Deckglaspräparate  festgestellt  war, 
und  das  gleiche  Sputum  jeweilen  in  sterilem  Wasser  aufgeschwemmt 
Kontrolltieren  intraperitoneal  injiziert  behufs  Prüfung  der  Virulenz 
der  im  betreffenden  Sputum  enthaltenen  Tuberkelbacillen. 

Es  erschien  mir  wichtig,  im  ferneren  die  Reaktion  der  Meer- 
schweinchen auf  Tabakinfus  festzustellen,  weshalb  eine  Menge  von 
4 — 5 ccm  (das  Infus  von  i/4  eines  mittelgroßen  Javablattes)  solchen 
Tieren  in  die  Bauchhöhle  injiziert  wurde.  Das  Tabakinfus  wurde 
reaktionslos  ertragen,  insofern  ihm  nicht  Blätterteile  beigemischt 
waren,  in  welchem  Falle  unter  Kollapserscheinungen  rapid  Exitus 
eintrat,  ohne  daß  die  Sektion  greifbare  Veränderungen  ergab. 

Nachdem  die  in  obiger  Weise  infizierten  und  hernach  in  Kistchen 
gepreßten  Cigarren,  sowie  das  mit  Sputum  beschickte  Papier  ver- 
schieden lange  Zeit  über  dem  Brütschranke  bei  einer  Temperatur 
von  28 — 30°  C gelagert  hatten,  wie  dies  in  den  Fabriken  vor  der 
Abgabe  geschieht,  wurden  einerseits  die  Deckblätter  über  einer 
Petri’schen  Schale  abgerollt,  mit  sterilem  Wasser  abgespült  und 
mit  dem  Spatel  abgeschabt,  um  das  infektiöse  Material  von  den  Blättern 
ohne  deren  Bestandteile  zu  erhalten,  andererseits  wurde  das  in- 
fizierte Papier  in  gleicher  Weise  abgewaschen.  Sodann  wurde  das 
erhaltene  Tabakwaschwasser  je  zwei,  das  Waschwasser  vom  Papier 
jeweilen  einem  Meerschweinchen  intraperitoneal  injiziert.  Stets 
wurde  ein  Rest  der  beiden  Waschwasser  sedimentiert  und  durch 
Färbung  auf  den  Gehalt  an  Tuberkelbacillen  untersucht.  Die  Impfung 
der  Versuchstiere  erfolgte  nach  einer  Lagerung  der  infizierten 
Cigarren  und  des  infizierten  Papiers  von  10  Tagen,  2,  3,  4 und 
5 Wochen. 

Der  Gehalt  an  Tuberkelbacillen  des  zur  Injektion  verwendeten 
Tabakwaschwassers  war  nur  nach  10  Tagen  Einwirkung  reichlich, 


40 


H.  Ke  r e z, 


bei  längerer  Einwirkung  äußerst  gering,  bei  dem  vom  Papier 
stammenden  Waschwasser  dagegen  ein  mittlerer  bis  reichlicher.  Die 
vom  Papier  stammenden  Bacillen  zeigten  gut  erhaltene  und  gefärbte 
Formen,  die  von  den  Cigarren  stammenden  aber  meist  schlecht  ge- 
färbte Involutionsformen. 

Von  den  Konfrontieren  verendeten  zwei,  das  eine  nach  18  Tagen, 
das  andere  nach  23  Tagen  infolge  von  Tuberkulose. 

Von  den  Tabaktieren  machte  eines  5 Tage  nach  der  Injektion 
Exitus  an  Peritonitis,  ein  anderes,  nach  einer  Einwirkung  des  Tabaks 
auf  das  Sputum  von  4 Wochen  geimpft,  ging  nach  l2/s  Monaten  an 
Kachexie  zu  Grunde;  das  zweite,  unter  gleichen  Bedingungen  ge- 
impfte Tabaktier  verfiel  ebenfalls  fortschreitender  Kachexie  und  wurde 
zu  gleicher  Zeit  in  bereits  moribundem  Zustande  getötet,  ohne  daß 
die  Sektion  eine  andere  Todesursache  ergab. 

Alle  übrigen  nicht  spontan  verendeten  Tiere  wurden  nach 
2 Monaten  getötet.  In  allen  Fällen,  auch  denen,  wo  die  Sektion 
weder  positiv  noch  irgendwie  suspekt  ausfiel,  wurde  der  Befund  nicht 
nur  makroskopisch  festgestellt,  sondern  auch  mikroskopisch  in  Aus- 
strich- und  in  Schnittpräparaten  die  An-  oder  Abwesenheit  von 
Tuberkelbacillen  in  den  Organen  erforscht. 

Bei  der  Sektion  lagen  im  Uterus  eines  nach  10  Tagen  von  in- 
fizierten Cigarren,  sowie  eines  nach  2 Wochen  von  letzteren  geimpften 
Meerschweinchens  je  3 gut  entwickelte  Früchte  vor,  ebenso  2 solcher 
in  einem  von  Papier  nach  5 Wochen  geimpften  Tiere. 

Sämtliche  jeweilen  mit  dem  nämlichen  tuberkulösen  Sputum  ge- 
impften Kontrolltiere  erwiesen  sich  als  tuberkulös. 

Tuberkulose  wurde  ferner  nachgewiesen  bei  den  beiden  nach 
10 Tagen  von  infizierten  Cigarren  geimpften  Tieren,  wovon  das  eine, 
trächtige,  auf  der  Innenseite  der  Placenta  vereinzelte  miliare  Knötchen 
zeigte,  in  welchen  durch  Färbung  Tuberkelbacillen  nachweisbar  waren. 

Bei  den  nach  10  Tagen,  2 und  3 Wochen  von  infiziertem 
Papier  geimpften  Tieren  lag  ebenfalls  durch  Färbung  erhärtete 
Tuberkulose  vor,  bei  allen  übrigen  Versuchstieren  war  der  Befund 
negativ,  ebenso  bei  sämtlichen  Früchten,  auch  bei  denen,  welche  in 
jenem  Muttertiere  lagen,  dessen  Placenta  miliare  Tuberkulose  zeigte. 

Eine  Uebersicht  über  die  Resultate  der  im  Vorhergehenden  ge- 
schilderten Untersuchungen  giebt  folgende  Tabelle  (s.  p.  41): 

Aus  obiger  Zusammenstellung  geht  hervor,  daß  nur,  wenn  die 
mit  tuberkulösem  Sputum  infizierten  Cigarren  bloß 
10  Tage  gelagert  hatten,  deren  Waschwasser  Tuber- 
kulose bei  Meerschweinchen  zu  erzeugen  imstande 
war;  bei  längerer  Lagerung  infizierter  Cigarren  verloren  letztere  ihre 
virulenten  Eigenschaften. 

Dagegen  vermochte  die  bloße  Eintrocknung  des  gleichen  tuber- 
kulösen Sputums  auf  Papier  unter  ähnlichen  äußeren  Verhältnissen 
die  Virulenz  desselben  erst  in  der  4.  Woche  zu  zerstören. 

Mit  Waschwasser  von  mit  tuberkulösem  Sputum  infizierten  Cigarren 
angestellte  Kulturversuche  auf  Glycerinagar  und  Glyceriubouillon  zeigten 
baldige  und  üppige  Entwickelung  von  Bakteriengemischen,  worunter 
Hefearten  eine  hervorragende  Rolle  spielten,  so  daß  aus  diesen 


Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks  auf  den  Tuberkelbacillus 


41 


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42 


M.  Lunkewicz, 


Untersuchungen  wie  aus  denen  Wernicke’s  hervorgeht,  daß  die 
Konkurrenz  anderer  Bakterien  gegenüber  den  pathogenen  im  Tabak 
von  Bedeutung  ist. 

Die  Reaktion  der  großen  Javablätter  war  vor  der  Verwendung 
amphoter,  diejenige  der  kleinen  Brasilblätter  deutlich  sauer,  durch  die 
Lagerung  wurde  die  Reaktion  der  als  Deckblätter  verwendeten  Javablätter 
nach  und  nach  in  eine  deutlich  sauere  umgewandelt.  Es  dürfte  also 
auch  diese  Säurebildung  im  Tabak  eine  hemmende  Wirkung  gegen- 
über pathogenen  Bakterien  ausüben. 

Es  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  daß  noch  vielerorts  die 
hygienischen  Verhältnisse  der  Tabakfabriken  viel  zu  wünschen  übrig 
lassen  und  daß  namentlich  im  Interesse  der  Arbeiter  Wandel  dringend 
geboten  erscheint;  für  die  Konsumenten  liegt  immerhin  die  Gefahr, 
durch  Cigarren  als  Zwischenträger  mit  Tuberkulose  bedroht  zu  wer- 
den, nicht  vor,  nachdem  sich  durch  obige  Untersuchungen  herausge- 
stellt hat,  daß,  wenn  auch  der  resistentere  Tuberkelbacillus  in 
der  Hülle  des  Sputums  dem  Einflüsse  des  Tabaks  bedeutend  länger 
widersteht,  als  der  Cholerabacillus  in  Reinkultur,  die  Virulenz 
des  ersteren  doch  unzweifelhaft  vor  Ablauf  der  in  Fabriken  üblichen 
und  zum  Trocknen  der  Cigarren  unbedingt  notwendigen  Lagerungs- 
frist erlischt. 

Rom,  9.  Dezember  1893. 


Beitrag  zur  bakteriologischen  Technik. 

Von 

Dr.  M.  Lunkewicz, 

Chef  des  Militär-Medizinischen  Laboratoriums  zu  Tiflis. 

I.  Viereckige  Doppelkulturschalen. 

Die  jetzt  so  beliebten  Kulturschalen  von  Petri  haben  außer 
ihren  Vorzügen  auch  ihre  nicht  unwesentlichen  Nachteile.  Der  Boden 
der  unteren  Schale  ist  nie  ganz  eben  und  horizontal,  sondern  im 
centralen  Teile  etwas  erhaben,  wodurch  beim  Ausgießen  des  ver- 
flüssigten festen  Nährmediums  das  Abfließen  desselben  zur  Peripherie, 
und  beim  Erstarren  des  Nährsubstrats  eine  viel  dickere  Schicht  am 
Rande  der  Schale  bedingt  wird.  Solche  ungleiche  Dicke  des  Nähr- 
bodens ist,  wie  bekannt,  nicht  ohne  Einfluß  auf  das  Wachstum,  resp. 
auf  das  makro-  und  mikroskopische  Bild  der  Kolonieen,  da  letztere, 
wenn  sie  auch  von  einer  Species  der  Bakterien  stammen,  in  den 
tieferen  Schichten  der  Gelatine  sehr  oft  ein  ganz  anderes  Aussehen 
haben,  als  auf  der  Oberfläche.  Das  Zählen  der  Kolonieen  in  den 
kreisförmigen  Schalen  Petri’s  ist  auch  manchmal  ziemlich  schwer, 
da  die  W olff  hügel’sche  Zählplatte  in  qcm  eingeteilt  ist,  das  Ver- 
fertigen der  Zählplatten  nach  Brunner  und  Zawadski1)  ist  sehr 


1)  Centralblatt  für  Bakter.  und  Parasit.  Bd.  XIV.  1893.  No.  19. 


Beitrag  zur  bakteriologischen  Technik. 


43 


umständlich,  und  man  muß  eigentlich  für  jeden  bestimmten  Durch- 
messer der  Schale  eine  spezielle  Zählplatte  anfertigen.  Die  mikro- 
skopische Untersuchung  der  Kolonieen  in  den  geschlossenen  Pet  ri- 
schen Schalen  ist  fast  unmöglich,  da  der  Boden  der  unteren  Schale 
nie  ganz  parallel  ist  mit  dem  Boden  der  Deckelschale.  Um  diese 
Nachteile  zu  beseitigen,  beauftragte  ich  Herrn  Leyboldt  in 
Köln , viereckige  Doppelschalen  anzufertigen.  Das  Hauptprinzip 
dieser  Kulturschalen  ist,  daß  sie  bei  viereckiger  Form  einen 
glatten , streng  horizontalen  Boden  haben.  Diese  Kulturschalen 
sind  nicht  aus  einem  Stücke,  sondern  die  Seitenwände  werden 
an  die  Ränder  einer  Glasplatte  mit  einem  Kitt,  dessen  Zusammen- 
setzung ein  Geheimnis  des  Herrn  Leyboldt  ist,  angekittet.  Dieser 
Kitt  ist  sehr  feuerfest  — eine  Temperatur  von  200°  C im  Trocken- 
schranke beim  Sterilisieren  hielt  er  glänzend  aus.  Die  untere 
Schale  wird  mit  einer  zweiten  Deckelschale  bedeckt,  die  verhältnis- 
mäßig etwas  breiter  ist.  Solche  viereckige  Doppelschalen  haben 
folgende  Vorteile:  1)  Das  Zählen  der  Kolonieen,  da  der  Boden  der 
Schale  eigentlich  die  von  vielen  Bakteriologen  bevorzugte  Platte  ist, 
geschieht  viel  genauer  und  leichter  auf  der  in  qcm  eingeteilten 
Zählplatte  — man  kann  sogar  den  Boden  der  Schale  in  Quadrate 
einteilen  lassen;  2)  die  Verteilung  des  Nährsubstrats  resp.  der 
Kolonieen  im  Nährsubstrate,  da  der  Boden  streng  horizontal  ist,  ist 
eine  viel  regelmäßigere,  als  in  den  ziemlich  unebenen  Petri’schen 
Schalen ; 3)  da  der  untere  Boden  und  der  Boden  der  Deckelschale 
parallel  sind  und  die  Höhe  der  Seitenwände  verhältnismäßig  gering 
ist  — ein  ccm  — hat  man  die  volle  Möglichkeit,  mit  Zeiss, 
Objektiv  a3  und  A,  was  bei  üblichen  Unternehmungen  ganz  genügend 
ist,  die  Kulturen  in  geschlossener  Schale  zu  untersuchen,  ohne  die 
Kultur  einer  möglichen  Verunreinigung,  beim  öfteren  Oeffnen,  auszu- 
setzen. 

Solche  viereckige  Doppelkulturschalen  vereinigen  also  vollkommen 
die  Vorteile  der  Koch’schen  Glasplatte  mit  den  Vorzügen  der  ge- 
schlossenen Doppelschale. 

In  der  mir  zugänglichen  Litteratur  habe  ich  keine  Andeutung 
auf  solche  Schalen  gefunden.  Schimmel  busch  *)  schaltet  zwischen 
zwei  Glasplatten  einen  Papprahmen  ein.  Marpmann8)  schlägt 
vor,  statt  des  Papprahmens  Glasstreifen  von  0,4  mm  Dicke  an  eine 
Glasplatte  anzukitten  und  solche  Zellen  mit  einer  zweiten  Glasplatte 
zu  bedecken.  Die  Marpmann’schen  Kulturzellen  sind  aber  wegen 
geringer  Höhe  der  Seitenstreifen  und  leichter  Verschiebbarkeit  der 
Deckplatte  wenig  praktisch  und  eigentlich  keine  Doppelschalen.  Der 
einzige  Nachteil  der  viereckigen  Doppelschalen  ist  der  ziemlich  hohe 
Preis  = 2 M.  pro  Paar. 

Die  von  mir  bestellten  Schalen  sind  von  zwei  Größen : 12  : 12  cm 
und  6 : 12  cm  Breite.  Die  Seitenwände  haben  1 cm  Höhe. 


1)  Kortsch.  d.  Med.  Bd.  VI.  1888.  No.  16. 

2)  Centralblatt  für  Bakter.  und  Parasit.  Bd.  X.  1891.  No.  14. 


44 


Original-Referate  aus  hygienischen,  bakteriol.  und  parasitol.  Instit. 


II.  Ein  kühlbarer  Objekttisch. 

Wer  während  der  heißen  Sommerzeit  mit  Gelatineplattenkultureu 
gearbeitet,  der  kennt  die  Schwierigkeit  solcher  Untersuchungen.  Die 
Gelatinekulturen  in  Schalen  oder  auf  Platten,  nachdem  man  sie  aus 
dem  Eisschranke  hervorholt,  um  mikroskopisch  zu  untersuchen,  ver- 
flüssigen sich  von  der  hohen  Lufttemperatur  (hier  in  Tiflis  öfters 
bis  30° — 35°  R im  Schatten)  sehr  schnell;  die  Kolonieen  schwimmen 
und  verlieren  ihre  ursprüngliche  Form,  so  daß  man  keine  Möglich- 
keit hat,  die  Untersuchung  fortzusetzen  und  einzelne  Bakterien  zu 
isolieren,  besonders  am  zweiten  Tage  der  Untersuchung. 

Um  diesem  Uebelstande  abzuhelfen,  kam  ich  auf  den  Ge- 
danken, den  heizbaren  Objekttisch  aus  Glas,  mit  einigen  Variationen, 
als  Kühlapparat  beim  Untersuchen  der  Gelatineplattenkulturen  zu 
verwenden. 

Dieser  Tisch  ist  eine  dickwandige  Glasschachtel  mit  abge- 
schliffenen Oberflächen;  die  Seiten  wände  sind  angekittet;  durch  das 
Glasröhrchen  A fließt  Eiswasser  ein,  durch  das  Röhrchen  B fließt 
es  ab;  die  Cirkulation  des  Wassers  ist  beständig.  Solch  eine  Glas- 
schachtel wird  auf  den  Objekttisch  des  Mikroskops  gelegt  und  auf 
die  Schachtel  die  Kulturscbale  resp.  Platte.  Der  Boden  der  Kultur- 
schale oder  die  Kulturplatte  wird  ganz  genügend  abgekühlt,  so  daß 
man  ganz  ruhig  manipulieren  kann,  ohne  die  Verflüssigung  der  Ge- 
latine zu  befürchten  — die  Kolonieen  bleiben  ganz  heil.  Dieser 
Tisch  ist  etwas  größer  als  der  Heiztisch  (10  : 10  cm  und  12  : 12  cm) 
und  etwas  niedriger,  hat  aber  auf  der  oberen  Wand  keine  Ver- 
tiefungen für  feuchte  Kammern  und  kein  Thermometer,  was  auch 
den  Preis  bedeutend  billiger  stellt  (5  M.  bei  Leyboldt),  als  den  des 
heizbaren  Objekttisches.  Dieser  Kühltisch  hat  im  Laboratorium  sehr 
gute  Dienste  geleistet,  während  des  Sommers  d.  J.  besonders  bei 
den  Cholerauntersuchungen. 

Tiflis,  7.  Dezember  1893. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen 
Instituten,  Laboratorien  etc. 

Aus  dem  Hygienischen  Institut  in  Gießen. 
(Direktor  Prof.  Dr.  Gaffky.) 

Kutscher,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  den  Cholera- 
vibrionen ähnlichen  Wasserbakterien1). 

Im  Verlaufe  vergleichender  Untersuchungen,  welche  im  hygieni- 
schen Institute  zu  Gießen  über  die  im  Hamburger  hygienischen  Institute 
isolierten  Wasservibrionen  einerseits  (die  näheren  Angaben  über  diese 
Bakterien  finden  sich  in  der  Deutsch,  med.  Wochenschrift.  1893. 
No.  33)  und  Choleravibrionen  andererseits  angestellt  wurden,  gelang 


1)  Deutsche  medizin.  Wochenschrift.  1893.  No.  49. 


Original-Referate  aus  hygienischen,  bakteriol.  und  parasitol.  Instit. 


45 


es,  einen  bisher  unbekannten,  für  die  Unterscheidung  der  beiden 
einander  sehr  ähnlichen  Vibrionenarten  nicht  unwichtigen  Befund  zu 
erheben. 

Der  Gang  der  Untersuchung  brachte  es  mit  sich,  daß  Ref.  sich 
anfangs  Oktober  d.  J.  mit  Vibrionenkulturen  beschäftigte,  die  ganz 
neuerdings  dem  Institute  durch  Vermittelung  des  Kaiserlichen  Ge- 
sundheitsamtes zugegangen  und  zu  Hamburg  in  letzter  Zeit  aus 
den  Dejektionen  verschiedener  Personen  isoliert  worden  waren.  Bei 
der  Arbeit  mit  diesen  Kulturen  bemerkte  Ref.  an  zwei  derselben, 
welche  mit  den  Dunbar’schen  Wasservibrionen  völlig  identisch  zu 
sein  schienen,  sehr  starke  grünweiße  Phosphorescenz.  Das  Phänomen 
veranlaßte  die  sofortige  Untersuchung  von  33  in  Hamburg  isolierten 
Vibrionenkulturen,  die  dem  Institute  seit  Auffinden  des  choleraähn- 
lichen Wasservibrio  zugänglich  geworden  waren,  auf  die  Erscheinung 
des  Leuchtens. 

Dabei  ergab  sich,  daß  von  8 aus  dem  Elb-  resp.  Leitungs- 
wasser isolierten  Kulturen  7 phosphorescierten. 

Von  14  den  Dejektionen  teils  leicht  erkrankter,  teils  klinisch 
völlig  unverdächtiger  Personen  entstammenden  Kulturen  zeigten  4 
Phosphorescenz. 

Dagegen  phosphorescierte  keine  der  11  Kulturen,  die  von  an 
Cholera  schwer  erkrankten  Personen  herstammten.  Ein  gleich  nega- 
tives Resultat  lieferte  die  Untersuchung  von  23  der  vorjährigen 
Hamburger  Epidemie  entstammenden  Kulturen. 

Diese  Befunde,  durch  welche  sich  das  Vorkommen  des  leuchten- 
den Vibrio  nicht  nur  im  Wasser,  sondern  auch  in  den  Dejektionen 
verschiedener  Personen  nachweisen  ließ,  hätten  den  Gedanken  nahe 
legen  können,  daß  es  sich  hier  um  eine  bloße  Modifikation  des 
Choleravibrio  handele.  Eine  derartige  Annahme  erscheint  jedoch 
wenig  wahrscheinlich,  wenn  man  das  ausschließliche  Vorkommen  des 
leuchtenden  Vibrio  bei  leicht  resp.  gar  nicht  erkrankten  Personen  be- 
rücksichtigt; wenn  man  ferner  in  Betracht  zieht,  daß  keiner  der 
vielen  Forscher,  welche  den  Choleravibrio  unter  den  verschieden- 
artigsten Bedingungen  beobachtet  haben,  je  eine  derartige  Modifi- 
kation bemerkt  hat. 

Ausgedehnte  Untersuchungen  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte 
und  Institute  für  Infektionskrankheiten  stellten  bei  sehr  zahlreichen, 
an  verschiedenen  Orten  und  zu  verschiedenen  Zeiten  isolierten 
Cholerakulturen  ebenfalls  Fehlen  der  Phosphorescenz  fest.  Außerdem 
wurde  durch  sie  das  Verbreitungsgebiet  des  leuchtenden  Vibrio  auf 
die  stark  chlorhaltige  Elbe  und  ihre  Nebenflüsse  beschränkt  gefunden, 
eine  Thatsache,  welche  den  Ref.  die  Vermutung  aussprechen  ließ, 
daß  der  leuchtende  Vibrio  vom  Meere  aus  auf  irgend  eine  Weise  in 
die  betreffenden  Flußläufe  gelangt  sei,  oder  daß  ein  früher  nicht 
leuchtendes  Bakterium  in  den  stark  chlorhaltigen  Gewässern  all- 
mählich die  Eigenschaft  der  Phosphorescenz  angenommeu  habe. 

Die  Versuche,  welche  Ref.  mit  dem  leuchtenden  Vibrio  vornahm, 
bezogen  sich  zunächst  auf  die  Beziehungen  zwischen  Temperatur 
und  Phosphorescenz.  Im  Laufe  derselben  fand  sich  als  Optimum 
für  das  Auftreten  der  Phosphorescenz  eine  Temperatur  von  ca.  22 0 C. 


46 


Gärung. 


Die  untere  Wärmegrenze,  bei  der  noch  Leuchten  eintrat,  lag  bei  ca. 
10°  C,  die  obere  bei  ca.  40°  C. 

Versuche  über  Einwirkung  des  Lichtes  auf  die  Phosphorescenz 
ergaben,  daß  durch  diffuses  Tageslicht  weder  eine  Schädigung  noch 
eine  Beförderung  der  Phosphorescenz  in  merklichem  Grade  stattfindet. 

Nach  intraperitonealer  üeberimpfung  des  leuchtenden  Vibrio 
auf  Meerschweincheu  ließ  sich  derselbe  wieder  aus  dem  Tierkörper 
isolieren,  ohne  in  seiner  Phosphorescenz  geschädigt  zu  sein. 

Bei  anaerober  Züchtung  machte  sich  starke  Verminderung  des 
Wachstums  bemerkbar.  Phosphorescenz  trat  nicht  auf.  Phosphores- 
cenz und  normales  Wachstum  traten  dagegen  wieder  ein,  wenn  der 
Sauerstoffabschluß  aufgehoben  wurde.  (Autoreferat.) 


Referate. 

Greg , Percival  H. , Fermentation  in  rum  distilleries. 

(The  Sugar  Cane.  Vol.  XXV.  No.  292.  p.  588 — 597.  Manchester 

1893.  Noverab.  1.) 

Der  Rum  wurde  von  jeher  als  ein  Nebenprodukt  bei  der  Zucker- 
fabrikation betrachtet,  und  demselben  wurde  deshalb  von  seiten  der 
Männer  der  Wissenschaft  nicht  die  Aufmerksamkeit  gewidmet,  welche 
er  verdient.  Eine  genauere  Untersuchung  der  Gärungsphänomene  wird 
vielfach  dazu  beitragen  können,  sowohl  die  Rumquantität  zu  ver- 
mehren, als  auch  die  Qualität  zu  verbessern.  Verf.  giebt  erst  eine 
Uebersicht  von  den  Resultaten,  welche  europäische  Forscher  in  Bezug 
auf  die  Gärungsphysiologie  im  allgemeinen  erreicht  haben  und  er- 
wähnt besonders  die  grundlegenden  Untersuchungen  von  Hansen, 
dessen  Methoden  er  angewendet  hat.  Verf.  bespricht,  welche  große 
Bedeutung  die  reingezüchtete  Hefe  sowohl  für  die  Brauerei  als  für 
die  Brennerei  bekommen  hat.  Bei  der  Rumfabrikation  hat  man  bis 
jetzt  ganz  blindlings  nach  alten  Rezepten  gearbeitet.  Die  Zucker- 
rohrmelasse, mit  Wasser  verdünnt,  erleidet  eine  spontane  Gärung,  und 
die  vergorene  Maische  liefert  nach  erfolgter  Destillation  Rum.  In- 
folge der  in  den  Tropenländern  herrschenden  hohen  Temperatur  wird 
die  Maische  oft  sauer,  die  Rumausbeute  ist  dann  eine  geringe,  und 
der  Rum  hat  einen  unaugenehmen  Geschmack.  Die  Melasse  wird 
häufig  u.  a.  mit  „dunder“,  d.  h.  die  vergorene  und  entgeistete 
Maische,  gemischt.  Wenn  der  „dunder“  sauer  wird,  muß  man  ihn 
wegwerfen  und  bekommt  dann  eine  sehr  schwache  Gärung.  Der 
„dunder“  ist  nämlich  eine  Art  von  Hefendekokt  und  bildet  deshalb 
die  denkbar  beste  Nahrung  für  die  Erzeugung  neuer  Hefeuzellen. 
Leider  bildet  er  auch  für  Bakterien  einen  guten  Nährboden,  und  in- 
dem diese  sich  entwickeln,  entstehen  Säuren  oder  übelriechende  Pro- 
dukte, welche  den  Geschmack  beeinträchtigen.  Wie  ist  nun  diesen 
Uebeln  abzuhelfen?  Dadurch,  daß  die  spontane  Gärung  abgeschafft 
wird.  Wie  in  der  Brauerei  und  Brennerei,  ist  auch  hier  die  Aufgabe, 


Gärung.  — Bakterien  im  Wasser. 


47 


«ine  reingezüchtete,  ausgewählte  Hefenrasse  anzuwenden.  Um  Versuche 
hierüber  zu  machen,  hat  Verf.  längere  Zeit  in  Alfr.  Jörgensen’s 
gärungsphysiologischem  Laboratorium  zu  Kopenhagen  mit  größeren 
Quantitäten  Melasse  und  „dunder“  aus  Jamaica  gearbeitet.  Von  den 
in  „dunder“  sich  befindenden  Organismen  wurde  eine  sehr  bedeutende 
Anzahl  von  Heferassen  in  Reinkulturen  dargestellt.  Mit  diesen  wurden 
Gärungsversuche  in  sterilen  Flüssigkeiten  (Melasse  und  „dunder“) 
gemacht,  und  auf  diese  Weise  wurde  es  dargethan,  daß  verschiedene 
Arten  und  Rassen  gegenwärtig  waren.  Es  gelang,  aus  diesen  einige 
herauszufinden , die  gerade  solche  Charaktere  hatten , welche  man 
wünschte,  nämlich  eine  kurze  Gärdauer  (3  Tage)  nebst  einer  kräftigen 
Gärung  und  als  Resultat  ein  Produkt  mit  einem  sehr  feinen  Ge- 
schmack und  eigentümlichem  Aroma.  Andere  Arten  dagegen  gaben 
eine  geringe  Alkoholausbeute  und  verliehen  dem  mit  ihnen  darge- 
stellten Spiritus  einen  unangenehmen  Geschmack,  sowie  sie  auch  die 
Gärung  erst  in  12  Tagen  zu  Ende  brachten.  — Die  Vorteile,  die 
man  mit  einer  solchen  rein  gezüchteten  ausgewählten  Rasse  erreichen 
kann,  liegen  infolgedessen  klar  am  Tage  und  lassen  sich  in  Kürze 
folgendermaßen  augeben : 1)  Unter  gleichen  Bedingungen  Gleich- 

mäßigkeit der  Arbeit  im  Destillierhause;  der  Fabrikant  wird  im  vor- 
aus wissen,  wie  viel  Zeit  erforderlich  sein  wird,  um  eine  gewisse 
Quantität  Maische  von  bestimmter  Konzentration  und  Zusammen- 
setzung auf  einen  gewissen  Punkt  hinunter  zu  vergären.  2) 
wird  er  bis  zu  einem  gewissen  Grade  imstande  sein , die  Qualität 
seines  Rums  zu  verbessern,  und  3)  wird  er  befähigt  sein,  sich 
zu  sichern,  daß  der  charakteristische  Geschmack  und  das  Aroma 
seines  Rums  sich  konstant  erhalte,  soweit  es  auf  die  von  der  Hefe 
zu  erwartende  Wirkung  ankommt. 

Just.  Chr.  Holm  (Kopenhagen). 

Zimmermann,  0.  E.  K..,  Die  Bakterien  unserer  Trink-  und 
Nutzwässer,  insbesondere  der  Chemnitzer  W asser- 
leitu ng.  Zweite  Reihe.  (Separat-Abdruck  aus  dem  zwölften 
Bericht  der  naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  zu  Chemnitz.) 
Mit  30  Photogrammen.  92  p.  Chemnitz  (Karl  Brunner  [M.  Bülz]) 
1894.  Preis  4 M. 

Vor  kurzem  hat  Zimmermann  die  in  Aussicht  gestellte 
„Zweite  Reihe“  der  „Bakterien  unserer  Trink-  und  Nutzwässer“  der 
allen  Interessenten  wohlbekannten,  1890  im  gleichen  Verlage  er- 
schienenen ersten  Reihe  folgen  lassen.  Zu  den  Beschreibungen  der 
40  alten  Arten  sind  35  neue  hinzugekommen,  darunter  neu  aufge- 
stellte Arten  und  einige  bereits  von  anderen  Autoren  beschriebene, 
alle  nach  dem  gleichen,  von  den  Tabellen  der  ersten  Reihe  her  wohl- 
bekannten  Schema  ausgeführt.  Den  Beschreibungen  sind  zur  besseren 
Verdeutlichung  30  Photogramme  von  mikroskopischen  Präparaten 
der  betreffenden  Mikroorganismen  beigegeben  worden.  Einer  dritten 
angekündigten  Reihe  sollen  auch  möglichst  für  alle  übrigen  Formen 
Photogramme  beigegeben  werden.  Zur  leichteren  Diagnostizierung  hat 
der  Verf.  die  in  der  ersten  und  zweiten  Reihe  beschriebenen  Arten 
in  einem  Schlüssel  zusammengestellt.  Der  Verf.  hat  den  Wunsch, 


48 


Gärung.  — Bakterien  im  Wasser. 


aus  diesen  Tabellen  allmählich  eine  zusammenfassende  Diagnostik 
der  im  Wasser  auftretenden  Bakterienarten  hervorgehen  zu  lassen, 
und  richtet  deshalb  an  alle  Fachgenossen  die  Bitte,  ihm  durch  Ueber- 
sendung  von  neuen  oder  in  der  ersten  und  zweiten  Reihe  noch  nicht 
beschriebenen  Arten  von  Wasserbakterien  bei  seinem  Vorhaben  unter- 
stützen zu  wollen.  — Wenn  wir  auch  nicht  verkennen,  daß  auch  nach 
Erscheinen  dieser  zweiten  Reihe  die  Bestimmung  mancher  Arten 
noch  eine  recht  prekäre  bleiben  wird,  so  müssen  wir  doch  in  dieser 
Fortsetzung  der  ersten  Reihe  einen  weiteren  Fortschritt  begrüßen. 
Wer  selbst  diese  zeitraubenden  und  mühseligen  Untersuchungen  aus 
eigener  Erfahrung  kennt,  wird  es  dem  Verf.  Dank  wissen,  daß  er 
sich  dieser  großen  Arbeit  unterzogen  hat.  Erst  allmählich  und  nur 
durch  die  Einzelarbeit  Vieler  werden  wir  auf  diesem  Gebiete  ganz 
Vollkommenes  erreichen  können.  Die  Schwierigkeiten  dabei  liegen 
zum  großen  Teil  in  der  erstaunenswerten  uns  mitunter  irreführenden 
Variabilität,  die  sich  bei  einzelnen  Arten  dokumentiert.  Unterdessen 
muß  uns  jeder,  auch  der  kleinste  Beitrag,  welcher  unsere  Orientierung 
auf  diesem  so  schwierigen  Gebiete  fördert,  nur  höchst  willkommen 
sein1).  Cz aple ws ki  (Hamburg). 

Schardinger,  Ueber  das  Vorkommen  Gärung  erregender 
Spaltpilze  im  Trinkwasser  und  ihre  Bedeutung  für 
die  hygienische  Beurteilung  derselben.  (Wien.  klin. 
WocheDSchr.  V.  No.  28,  29.) 

Im  menschlichen  Dünndarme  sind,  wie  insbesondere  Macfadyen, 
Nencki  und  Sieber  nachgewiesen  haben,  zahlreiche  Arten  von 
Mikroorganismen  vorhanden,  die  die  Eigenschaft  besitzen,  Gärung 
hervorzurufen.  Soll  ihr  Nachweis  im  Trinkwasser  von  gewissem  Werte 
sein,  dürfen  sie  normalerweise  im  selben  nicht  Vorkommen,  was  auch 
der  Fall  zu  sein  scheint,  da  Gärungserreger  in  hygienisch  zulässigem 
Trinkwasser  nur  vereinzelt  nachgewiesen  wurden,  hingegen  viel  häufiger 
in  Fluß-  und  Kanalwasser  Vorkommen,  wohin  sie  wohl  zumeist  durch 
Faeces  gebracht  werden.  Es  ist  demnach  der  Nachweis  speziell  des 
B.  colicommuneim  Trinkwasser  während  einer  Typhusepidemie  von 
Wichtigkeit,  weil  durch  dessen  Nachweis  die  Diagnose  des  eventuell 
mitgefundenen  Typhusbacillus  gestützt  wird  und  sein  Vorkommen 
auf  von  Auswurfstoffen  herrührende  Zuflüsse  hiu weist.  Außerdem 
ist  der  sichere  Nachweis  dieses  Mikroorganismus  leichter  zu  führen, 
als  jener  des  Typhusbacillus.  Es  wird  also,  abgesehen  von  den 
Fäulniserregern,  das  Vorkommen  einzelner,  weit  verbreiteter  Gärungs- 
erreger ein  Wasser  nicht  verdächtig  machen,  wohl  aber  das  Vor- 

1)  Bei  der  dritten  Reihe  wäre  es  vielleicht  nicht  unangebracht,  wenn  der  Verf. 
eine  Aenderung  gewisser  Namen  bei  einzelnen  der  beschriebenen  Bakterienarten  vor- 
nehmen wollte.  Der  Name  B.  ruber  ist  bereits  lange  vergeben.  Der  in  der  ersten 
Reihe  als  Proteus  mirabilis  beschriebene  Bacillus  stimmte  mit  dem  Proteus 
mirabilis  Hauser  sowohl  was  die  Beschreibung,  als  auch  was  Originalkulturen 
anlangt,  nicht  überein.  Tataroff  führte  den  von  Zimmermann  als  „Proteus 
mirabilis“  beschriebenen  Bacillus  als  „B  a c i 1 1 u s m i r a b i 1 i s“  weiter.  Es 
wäre  wohl  zweckmäßig,  jetzt  an  Stelle  dieser  durch  ihren  auffallenden  Klang  immer 
wieder  zu  Verwechselungen  Veranlassung  gebenden  Bezeichnung  eine  weniger  zu. 
Täuschungen  verleitende  Benennung  einzurühren.  R e f . 


Bakterien  im  Wasser. 


49 


kommen  von  zahlreichen,  überdies  verschiedenen  Arten  zugehörigen 
Gärungspilzen. 

Unter  allen  vom  Verf.  untersuchten  Fällen,  in  denen  das  Wasser 
als  der  Typhusinfektion  verdächtigt  wurde,  konnte  zweimal  das  Vor- 
handensein von  Gärungserregern  festgestellt  werden.  Namentlich  in 
dem  einen  Falle,  bei  welchem  der  Lokalbefund  die  leicht  mögliche 
Verunreinigung  mit  Fäkalstoffen  sicherstellte,  fanden  sich  5 ver- 
schiedene Arten,  darunter  B.  coli  commune,  B.  lactis  aero- 
genes  und  B.  thoboeüdeum  Geßner  vor;  im  zweiten  ähn- 
lichen Falle  das  letztere  und  drei  von  jenen  des  ersten  Falles  ver- 
schiedene Gärungspilze.  Typhusbacillen  konnten  in  keinem  Falle 
nachgewiesen  werden.  Verf.  sammelte  15  verschiedene  Arten  von 
Gärungserregern,  die  die  Gelatine  nicht  verflüssigen.  Als  Gärungs- 
produkte in  rohrzuckerhaltigen  Nährlösungen  liefern  die  9 bisher 
geprüften  Arten  Milchsäure  als  Hauptprodukt,  darunter  7 aktive  und 
2 inaktive  Milchsäure.  Einige  von  ihnen  bilden  daneben  Bernstein- 
säure, Essigsäure,  Aetbylalkohol.  Kral  (Prag). 

Steueraagel,  Untersuchungen  über  die  Verunreinigung 
des  Rheins  durch  die  Kölner  Kanalwässer,  sowie  die 
Selbstreinigung  desselben.  Mit  2 Tafeln.  (Gesundheits- 
Ingenieur.  1893.  No.  15.  p.  474 — 486.) 

Unter  den  Maßnahmen  und  Einrichtungen,  die  zu  Zwecken  der 
sozialen  Hygiene,  zur  Verbesserung  der  Gesundheit  des  Einzelnen 
wie  der  Gesamtbevölkerung  allmählich  geschaffen  worden  sind,  nimmt 
eine  nach  einheitlichen  Prinzipien  eingerichtete  und  gründlich  durch- 
geführte Beseitigung  aller  Abfallstoffe  und  Schmutzwässer  eine  wich- 
tige Rolle  ein.  Insbesondere  führten  die  Anschauungen  hervor- 
ragender Hygieniker  über  einige  Infektionskrankheiten  darauf  hin,  in 
erster  Linie  bei  allen  hygienischen  Einrichtungen  für  den  Boden 
und  seine  Reinhaltung  zu  sorgen.  Zu  diesem  Zwecke  leitete  man  in 
einzelnen  Städten  alle  Schmutzstoffe  und  Abwässer  direkt  in  Fluß- 
läufe; erst  in  den  letzten  Jahrzehnten  hat  man  begonnen,  diesen 
Zuständen  größere  Aufmerksamkeit  zu  schenken.  Auch  vorliegende 
Arbeit  beschäftigt  sich  mit  der  Frage  der  Verunreinigung  und  Selbst- 
reinigung des  Rheins,  und  zwar  für  die  Strecke  von  Köln  bis 
abwärts  in  die  Gegend  von  Düsseldorf. 

Aus  der  zunächst  gebrachten  Beschreibung  der  lokalen  Verhält- 
nisse geht  hervor,  daß  die  Verunreinigungen  am  linken  Rheinufer 
längs  der  Stadt  Köln  einesteils  durch  die  dort  bestehenden  Auslaß- 
kanäle, andern  teils  durch  den  lebhaften  Schiffahrtsverkehr,  wobei 
erfahrungsgemäß  von  jeher  der  Schmutz  unbesorgt  dem  Strome 
anvertraut  wird,  bewirkt  werden.  Stromabwärts  von  Köln  finden 
weiter  auf  dem  linken  Rheinufer  nur  noch  geringgradige,  kaum 
bemerkenswerte  Verunreinigungen  statt.  Auf  der  rechten  Flußseite 
dagegen  führt  Deutz  und  Mülheim  seine  Abwässer  zum  Rhein, 
ebenso  ergießen  sich  der  Strunderbach  und  der  Faulbach, 
zwei  kleinere  Wasserläufe,  welche  aus  angebauter  Gegend  kommen 
und  ziemlich  schmutziges  Wasser  führen,  daselbst  in  den  Rhein. 
WTeiter  abwärts  mündet  die  wegen  ihres  schwarzen  Wassers  bekannte 

XV.  Bd.  4 


50 


Bakterien  im  Wasser. 


und  stark  verunreinigte  Wupper  noch  ein,  dann  werden  noch  die  Ab- 
wässer einiger  kleinerer  Orte  zugeführt.  Mit  Rücksicht  hierauf 
wurden  die  Entnahmestellen  für  die  bakteriologischen  Untersuchungen 
derart  gewählt,  daß  keine  in  Betracht  kommende  direkte  Beein- 
flussung der  Untersuchungsresultate  durch  lokale  Verunreinigungen 
eintreten  konnte. 

Der  Gehalt  an  Mikroorganismen  wurde  am  linken  und  rechten 
Rheinufer,  sowie  in  der  Mitte  des  Stromes  an  acht  49  km  auseinander 
liegenden  Stellen  in  etwa  600  Untersuchungen  festgestellt.  Zur 
Erzielung  gleichmäßiger  und  einwandsfreier  Resultate  wurde  die 
Wasserentnahme  an  der  Marien b u r g oberhalb  Köln  in  der  Regel 
morgens  8 Uhr  vorgenommen,  diejenige  an  den  übrigen  Entnahme- 
stellen, der  mittleren  Stromgeschwindigkeit  entsprechend,  zu  Tages- 
zeiten, an  welchen  das  Wasser  der  an  der  Marienburg  unter- 
suchten Flutwelle  etwa  dorthin  gelangt  sein  mochte.  Ferner  fanden 
die  Untersuchungen  stets  nach  Verlauf  von  6 Stunden  nach  der 
Entnahme  statt,  innerhalb  welcher  Zeit  sich  die  Bakterienzahl  an- 
nähernd verdoppelte.  Endlich  sind  bei  den  einzelnen  Untersuchungen 
noch  genau  die  Temperatur  der  Luft  bei  Tag  und  Nacht,  die  Wasser- 
wärme, die  Witterung,  die  Regenniederschläge  sowie  die  Geschwindig- 
keit und  der  Wasserstand  des  Rheines  bei  den  einzelnen  Wasser- 
ständen angegeben. 

Die  vorgenommenen  Untersuchungen  führten  im  wesentlichen  zu 
folgendem  Resultate: 

^1)  Durch  das  aus  der  Stadt  Köln  im  Jahre  1892  in  den  Rhein 
gelangte  Abwasser  fand  eine  starke  Verunreinigung  des  Rheines  statt. 
An  der  Beobachtungsstelle  unterhalb  Köln  an  der  Mülheim  er 
Schiffbrücke  betrug  der  Bakteriengehalt  in  der  Mitte  des  Stromes 
1/6  und  am  rechten  Ufer  x/7  desjenigen  am  linken  Ufer. 

2)  Stromabwärts  macht  sich  eine  ziemlich  schnelle  Selbstreinigung 
bemerkbar.  Am  linken  Ufer  war  schon  3 km  unterhalb  der  Mül- 
heim er  Probeentnahmestelle  die  Bakterienzahl  auf  die  Hälfte  und 
in  einer  Entfernung  von  9 km  auf  ein  Drittel  der  an  der  Mül- 
heimer  Brücke  nachgewiesenen  Bakterienzahl  gefallen. 

4)  Von  ganz  wesentlichem,  ungünstigem  Einflüsse  auf  die  schnelle 
Selbstreinigung  des  Rheinwassers  war  der  Einfluß  der  Wupper 
oberhalb  Rheindorf,  doch  findet  auch  hier  eine  rasche  Selbst- 
reinigung statt. 

4)  Trotz  der  durch  die  Wupper  veranlaßten  Verunreinigung 
hat  bei  Vollmers werth  (41  km  unterhalb  der  Mülheimer 
Schiffbrücke)  nahezu  eine  vollständige  Selbstreinigung  des  Wassers 
am  linken  Ufer  und  in  der  Strommitte  stattgefunden.  Der  geringe 
Mehrgehalt  am  rechten  Ufer  dürfte  teilweise  dem  Umstande  zuzu- 
schreiben sein,  daß  hier  oberhalb  der  Entnahmestelle  verschiedene 
Bäche  mit  schmutzigem  Wasser  in  den  Rhein  münden. 

Im  Folgenden  konnte  von  den  von  einzelnen  Forschern  angenom- 
menen Ursachen  der  Selbstreinigung  aus  den  diesbezüglichen 
Rheinuntersuchungen  der  Einfluß  der  Sedimentierung,  ferner  die 
schädigenden  Einflüsse  anderer  Bakterienarten  und  die  nachteilige 
Einwirkung  chemisch  wirkender  Stoffe  bestätigt  werden.  Den  im 


Bakterien  im  Wasser. 


51 


Rheine  vorkommenden  Algen  (Rhodophyceen , Chlorophyceen , Dia- 
tomeen und  Cyanophyceen)  wird  wegen  der  geringen  Menge  keine 
bedeutende  Rolle  für  die  Flußreinigung  des  Rheines  zugeschrieben, 
dagegen  um  so  mehr  den  Bakterien  und  Wasserpilzen  (Saprolegnien), 
vor  allem  der  Beggiatoa  alba,  welche  massenhaft  an  den  Ufern 
auftritt  und  die  zur  Ernährung  nötigen  Stoffe  aus  dem  verunreinigten 
Flußwasser  schöpft  und  somit  zahlreichen  anderen,  vielleicht  auch 
schädlichen  Bakterienarten  die  Existenzbedingungen  hinwegnimmt. 
Ein  ersichtlich  günstiger  Einfluß  der  Lichtwirkung  ließ  sich  bei  den 
Untersuchungen  nicht  feststellen;  jedenfalls  spielen  bei  der  Selbst- 
reinigung stärkere  Faktoren  mit,  welche  den  Einfluß  der  Lichtwirkung 
nicht  zum  Ausdrucke  kommen  lassen.  Was  endlich  den  Einfluß  der 
Geschwindigkeit  auf  die  Selbstreinigung  betrifft,  so  konnte  auch  in 
diesen  Rheinbeobachtungen  bei  vermehrter  Geschwindigkeit  Beschleu- 
nigung der  rasch  eintretenden  Verteilung  der  Schmutzwässer  sowie 
des  Oxydationsprozesses  der  aufgelösten  Schmutzteilchen  und  infolge- 
dessen rasche  Verminderung  des  Bakteriengehaltes  konstatiert  werden. 

Zum  Schlüsse  giebt  Verf.  noch  einen  Vergleich  über  das  Ver- 
hältnis der  im  Kölner  Kanalwasser  suspendierten  und  gelösten 
mineralischen  und  organischen  Substanzen  zu  den  oberhalb  Köln  im 
Rheinwasser  enthaltenen  gleichen  Bestandteilen,  welche  sich  ungefähr 
wie  x/ 980000  : V5000  verhalten.  Letzteres  Zahlenverhältnis  würde 
sich  nach  Einleitung  der  Kanalwässer  auf  V4975  erniedrigen,  woraus 
ersichtlich  ist,  daß  selbst  bei  dem  denkbar  niedrigsten  Rheinstande 
nur  eine  verhältnismäßig  außerordentlich  geringe  Erhöhung  der  in 
demselben  enthaltenen  Gesamtmengen  an  suspendierten  und  gelösten 
Bestandteilen  herbeigeführt  wird.  Es  ist  demnach  auch  aus  dieser 
Arbeit  zur  Genüge  hervorgegangen,  daß  eine  Selbstreinigung  der 
Flüsse  unbedingt  stattfindet  und  der  ursprüngliche  Reinheitsgrad  des 
Wassers  sehr  bald  wieder  hergestellt  ist.  Glas  (München). 

Klett,  Adolf,  DieFrage  derFlußwasserreinigung.  (Inaug.- 
Diss.)  8°.  27  p.  Berlin  1893. 

Das  Wasser  zur  Untersuchung  entnahm  Verf.  der  Pumpstation 
der  Reichenbergerstraße  in  Berlin  unmittelbar  vor  dem  Sandfange 
des  Stammkanales,  bevor  sich  die  körperlichen  Bestandteile  desselben 
abgesetzt  hatten.  Der  Gehalt  an  Keimen  betrug  20 — 40  Millionen 
für  den  ccm,  ist  aber  in  Wirklichkeit  wesentlich  höher  anzunehmen, 
da  die  angegebene  Summe  sich  nur  auf  die  aeroben  Keime  bezieht, 
welche  auf  den  Gelatineplatten  entwickelungsfähig  waren,  während 
die  Zahl  derer,  denen  dieser  Nährboden  nicht  zusagte,  unberück- 
sichtigt bleiben  mußte.  Auch  die  Filtration  des  Abwassers,  not- 
wendig wegen  der  größeren  Partikel,  verringerte  die  Summe  der 
Bakterien,  wie  Konvolute  von  Mikroorganismen,  welche  aus  Tausenden 
aneinander  klebender  Individuen  bestanden,  auf  der  Platte  aber  nur 
eine  Kolonie  geben  und  dadurch  nur  einen  Keim  vortäuschen.  Die 
gefärbten  Präparate  gaben  ein  sehr  vielseitiges  Bild:  Bakterien, 
Kurz-  und  Langstäbchen,  mit  und  ohne  Kapsel,  Kokken  aller  Art, 
Spirillen,  Kommabakterien,  namentlich  aber  Bacillus  fluore- 
scens,  B.  rarnosus,  Proteusarten,  Bacterium  Zopfii,  B. 

4* 


52 


Bakterien  im  Wasser. 


coli  commune,  Bacillus  arborescens,  B.  subtilis,  B. 
gracilis,  wie  neue  Formen:  daneben  Staphylokokken  und  Strepto- 
kokken, einige  Schimmelpilze  und  Sarcina  alba. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  dieses  Wasser  nach  dem  Einlaufe  in  die 
Spree  durch  die  stattfindende  Verdünnung  einen  Einfluß  auf  die 
Selbstreinigung  des  Flusses  ausübt,  insofern  dadurch  anspruchsvollere 
Bakterienarten  zu  Grunde  gehen,  bez.  ob  eine  Filtration  des  Ab- 
wassers von  Einfluß  auf  die  Entwickelung  der  Bakterien  ist. 

Durch  Versuche  wurde  nun  erwiesen  und  ist  wohl  dieser  Schluß 
auf  andere  Flußläufe  ebenfalls  giltig,  daß  der  Grad  der  Verdünnung 
der  Nährlösung  nächst  der  Sedimentierung  vielleicht  der  wichtigste 
Faktor  bei  der  Selbstreinigung  der  Flüsse  ist.  Nur  muß  man  die 
Minimalgrenze  erheblich  größer  nehmen,  als  1:15,  wenn  dieser 
Faktor  ausschließlich  wirksam  sein  würde.  Hauptsächlich  wird  aber 
doch  in  einzelnen  Fällen  notwendig  sein,  durch  stetig  zu  erneuernde 
Versuche  festzustellen,  welche  Reinigung  ein  Fluß  in  seinem  Laufe 
erreicht.  E.  Roth  (Halle  a.  S.), 

Seemann- Varel,  Ueber  den  Einfluß  des  Gewitterregens 
auf  die  Anzahl  der  Keime  in  abgeschlossenen  Ge- 
wässern. [Vorläufige  Mitteilung.]  (Bericht  der  Pharmaceutischen 
Gesellschaft.  1893.  p.  214.) 

Verf.  untersuchte  im  M ar p m a n n’schen  bakteriologischen  In- 
stitute das  Wasser  des  Schwanenteiches  zu  Leipzig  zu  wiederholten 
Malen.  Er  fand  im  oberflächlichen  Wasser  des  Teiches  bei  trockenem 
Wetter  4424,  in  einer  anderen  Untersuchung  2400  Keime,  in  dem 
aus  der  Mitte  des  Teiches  stammenden  Wasser  3000  bezw.  1920 
Keime  im  ccm.  Die  entsprechenden  Zahlen  betrugen  dagegen  in 
Proben,  welche  während  eines  Gewitterregens  gesammelt  wurden,  für 
die  Oberfläche  am  Rande  des  Teiches  12  500000  und  für  die  Mitte 
des  Teiches  132000.  Verf.  schrieb  diese  gewaltige  Zunahme  der 
Keime  zum  Teil  einer  Vermehrung  der  Mikroorganismen  im  Wasser 
unter  den  meteorologischen  Einflüssen  des  Gewitters  zu.  Diesem  Vor- 
gänge entspreche  das  Sauerwerden  der  Milch  unter  Zunahme  der 
Milchsäurebacillen,  welches  man  während  des  Gewitters  beobachtet, 
aber  noch  nicht  zu  erklären  vermag.  Daß  jedoch  auch  Mikroorganis- 
men, welche  der  Regen  aus  der  Luft  niedergerissen  hatte,  zu  der 
Vermehrung  der  Keimzahl  beitrugen,  bewies  das  Vorkommen  von 
Bakterienarten  in  den  Proben,  welche  vorher  in  dem  Teichwasser 
nicht  gefunden  worden  waren, 

Verf.  bestimmte  folgende  Bakterienarten  bei  seinen  verschiedenen 
Untersuchungen  des  Sch wanenteich wassers:  Micrococcus  aqua- 
tilis  und  M.  citreus,  Bacillus  mesentericus,  B.  aquatilis 
und  liq  uefaciens,  B.  albus,  B.  constrictus,  B.  fluore- 
scens  liquefaciens,  Proteus  mirabilis,  einen  kleinen  Vibrio, 
ein  größeres  Spirillum  und  einen  dem  Bacillus  sulcatus 
Weichselbaum  ähnlichen  Mikroorganismus,  welchen  er  wegen  der 
Bildung  gezackter  Kolonieen  in  Gelatine  Bacillus  crenatus  be- 
nennt und  ausführlicher  beschreibt.  Es  handelte  sich  um  2 mm  dicke, 
4—6  mm  lange,  an  den  Ecken  abgerundete,  einzeln  oder  in  Reihen 


Cholera. 


53 


auftretende,  manchmal  etwas  gekrümmte,  starke  Eigenbewegung 
zeigende  Stäbchen,  welche  vielfach  Involutionsformen  und  endständige 
Sporenbildung  erkennen  ließen.  Auf  Gelatine  bildeten  sie  weiße,  nicht 
verflüssigende  Kolonieen  mit  strahligen  Konturen  und  einer  heller 
gefärbten  umgebenden  Zone.  Im  Gelatinestiche  trat  ein  schwaches 
homogenes  Wachstum  ein  mit  flacher,  weißlicher  Ausbreitung  auf  der 
Oberfläche.  Pathogene  Eigenschaften  wurden  nicht  festgestellt.  Hin- 
sichtlich der  weiteren  Eigenschaften  des  Bacillus  muß  auf  die 
Originalarbeit  verwiesen  werden.  Kühler  (Berlin). 

Stutzer,  A.  und  Burri,  R.,  Untersuchungen  über  die  Bak- 
terien der  Cholera  asiatica.  (Zeitschr.  für  Hygiene  und 
Infektionskrankheiten.  Bd.  XIV.  1893.) 

Die  Verff.  nehmen  zunächst  Veranlassung,  die  vom  Ref.  z.  Z. 
gemachte  Angabe,  daß  die  Choleravibrionen  bei  einem  Gehalte  des 
Nährbodens  von  1-proz.  krystallisierter  Soda  am  üppigsten  vegetieren, 
nachzuprüfen,  und  kamen  zu  dem  Ergebnisse,  daß  das  Optimum  der 
Alkalescenz  um  so  weniger  Alkali  erfordert,  je  älter  die  Generation 
ist,  und  so  hatte  nach  wenigen  Monaten  dieselbe  Reinkultur,  mit 
welcher  Ref.  arbeitete,  sich  derart  verändert,  daß  sie  schon  besser 
wuchs  bei  0,6-  wie  bei  0,9-proz.  kryst.  Soda.  Bei  einem  weiteren 
Versuche  mit  direkt  von  Hamburg  bezogenen  frischen  Cholera- 
bacillen wurde  jedoch  in  vollkommener  Uebereinstimmung  mit  der 
Angabe  des  Ref.  festgestellt,  daß  dieselben  ihr  Optimum  haben 
zwischen  0,4-  und  1,2-proz.  kryst.  Soda,  während  bei  fast  neutraler 
(also  „schwach  alkalischer“)  Gelatine  (0,06-proz.  kryst.  Soda)  die  Kolo- 
nieen äußerst  kümmerlich  gewachsen  waren.  Verff.  stellten  Versuche 
an,  um  zu  eruieren,  ob  die  betreffenden  Vibrionen  die  ihnen  verloren 
gegangene  Unempfindlichkeit  gegen  große  Mengen  Alkali  durch  Anae- 
robenzüchtung  wiedererlangen,  jedoch  mit  negativem  Resultate. 

Es  wurde  nun  stets  eine  neutrale  Gelatine  verwandt,  welcher 
erst  kurz  vor  dem  Plattengießeu  die  betreffende  Quantität  einer 
sterilen  Sodalösung  zugesetzt  worden  war.  Hierdurch  kam  eine 
trübe  Gelatine  zur  Anwendung.  Die  Cholerakolonieen  zeigten  als- 
dann außerhalb  derselben  in  dem  trüben  Nährboden  einen  konzen- 
trischen, vollständig  klaren  Hof,  der  durch  Auflösen  des  ausgeschie- 
denen Eiweißes  [?  Pepton  und  Triphosphate.  Ref.]  entsteht.  Verff. 
fanden,  daß  in  Nährgelatine,  welche  mit  0,5-proz.  wasserfreier  Soda 
(=  1,5-proz.  kryst.  Soda)  versetzt  ist,  die  Cholerabacillen  die  ein- 
zigen sind,  welche  die  Gelatine  verflüssigen  und  außerdem  diesen 
Hof  zeigen.  Im  Flußwasser,  welches  mit  Choleravibrionen  geimpft 
war,  wuchs  bei  1,5-proz.  kryst.  Soda  meist  außer  diesen  nur  eine 
einzige  Bakterienart.  Verff.  schließen  hieraus  die  praktische  An- 
wendung, welche  sich  aus  den  von  ihnen  bestätigten  Angaben  des 
Ref.  ergiebt. 

Ref.  hatte  bei  der  Neutralisierung  der  Nährgelatine  ein  min- 
destens 15  Minuten  langes  Erhitzen  der  Gelatine  auf  100°  gefordert, 
da  bis  zu  dieser  Zeit  das  freie  Alkali  allmählich  abnimmt.  Verff. 
füllten  mehrere  Gläschen  mit  genau  1 Proz.  Soda  enthaltender  Gela- 
tine und  setzten  sie  verschieden  lange  Zeit  dem  strömenden  Dampfe 


54 


Cholera. 


von  100°  C aus.  Es  fand  sich  nach  15  Minuten  nur  noch  0,93  Proz., 
nach  45  Minuten  0,92  Proz.  freier  Soda  vor,  von  dieser  Zeit  an 
blieb  der  Alkalescenzgrad  konstant.  — Untersuchungen  über  die 
Wirkung  der  Schwefelsäure  und  Phosphorsäure  auf  Choleravibrionen 
zeigen,  daß  diese  durch  0,03-proz.  Schwefelsäure  und  0,05 — 0,08- 
proz.  Phosphorsäure  innerhalb  einer  Stunde  getötet  werden;  Verff. 
empfehlen,  die  Cholerafaeces  anstatt  mit  20-proz.  Kalkmilch  mit  einer 
solchen,  stark  verdünnten  Schwefelsäure  zu  desinfizieren,  da  es 
schwierig  sei,  die  Fäkalien  gleichmäßig  mit  der  breiigen  Kalkmilch 
zu  mischen  und  der  nach  und  nach  durch  die  Kohlensäure  der  Luft 
wie  anderweitig  durch  Bestandteile  der  Abgänge  chemisch  gebundene 
Kalk  sowie  auch  die  unveränderten  Fäkalien  ein  günstiger  Nähr- 
boden für  die  Cholerabakterien  sei.  Wenn  Ref.  z.  T.  derselben  An- 
sicht ist,  so  möchte  er  sich  hierzu  doch  folgendes  zu  bemerken  er- 
lauben: Kitasato  hat  bereits  in  den  Choleradejektionen  nach 

24  Stunden  keine  lebenden  Cholerabakterien  mehr  aulfinden  können, 
da  diese  durch  die  Faecesbakterien  überwuchert,  resp.  durch  deren 
Stoffwechselprodukte  getötet  werden.  In  allen  Fällen,  in  welchen 
die  Abgänge  in  verschlossene  Gruben  gelangen  und  eine  Zeit  lang 
liegen  bleiben,  also  nicht  durch  Kanäle  fortgeschwemmt  werden  und 
eventuell  in  den  Lauf  der  Flüsse  geraten,  erscheint  daher  die  Des- 
infektion unnötig,  wie  auch  durch  das  Uebermaß  der  Desinfektion 
der  Grubenfäkalien,  welche  gewöhnlich  zu  Düngezwecken  benutzt  wer- 
den, im  Laufe  der  Zeit  eine  teilweise  oder  vollkommene  Sterilisation 
des  betreffenden  Ackers  zu  befürchten  ist,  wodurch  nachgewiesener- 
maßen (B.  Frank)  der  Ertrag  zum  wenigsten  ganz  erheblich  herab- 
gemindert wird. 

Eine  0,5-proz.  Aetzammoniaklösung,  entsprechend  einer  Misch- 
ung von  5 g des  offizineilen  Liq.  ammon.  caustici  mit  Wasser  tötet 
die  in  Rede  stehenden  Mikroorganismen  erst  in  einer  Stunde.  Eine 
Lösung  von  3- und  4,5  proz.  Ammoniumkarbonat  tötet  die  Vibrionen 
erst  nach  fünfstündiger  Einwirkung.  Verff.  kommen  nach  alledem 
zu  dem  Schlüsse,  daß  in  allen  Fällen,  wo  Siedehitze  für  die  zu  des- 
infizierenden Gegenstände  nicht  angewandt  werden  kann,  eine  ein- 
prozentige Schwefelsäure  die  geeignetste  Flüssigkeit  zur  Desinfektion 
derselben  sei,  zumal  die  Säure  nach  der  Einwirkung  leicht  abge- 
waschen und  neutralisiert  werden  kann. 

Die  vielseitige  Arbeit  befaßt  sich  fernerhin  mit  den  eventuellen 
physikalischen  und  chemischen  Einwirkungen  auf  das  Zustandekom- 
men der  Indolreaktion.  Eine  Einwirkung  des  Lichtes  konnte  nicht 
festgestellt  werden.  Die  Temperatur  ist  insofern  von  Einfluß,  als 
bei  höherer  Temperatur  die  Vermehrung  der  Vibrionen  eine  schnellere 
und  somit  die  die  Reaktion  bedingenden  Stoftwechselprodukte  eher 
in  genügender  Quantität  auftreten.  Der  Gehalt  von  Natriumkarbonat, 
wie  es  dem  Wachstume  der  Vibrionen  günstig  ist,  wirkt  fördernd  auf 
die  Indolreaktion.  Bezüglich  der  Stärke  der  Peptonlösung  bestätigen 
Verff.  die  Angabe  von  Beyerinck,  daß  eine  halbprozentige  Lösung 
in  Leitungswasser  die  geeignetste  ist.  Die  beiden  Peptonsorten  von 
Merck  in  Darmstadt  und  Denaeyer  in  Brüssel  ließen  keine 


Cholera. 


55 


wesentlichen  Unterschiede  bezüglich  der  Einwirkung  auf  das  Gelingen 
der  Reaktion  erkennen.  D ahmen  (Crefeld). 

Thomas, Ueber  dieErzeugung  derCholera  von  derBlut- 
bahn  aus  und  die  prädisponierende  Rolle  des  Al- 
kohols. [Aus  dem  Laboratorium  der  medizinischen  Universitäts- 
klinik zu  Straßburg  i.  E.]  (Archiv  für  exper.  Pathologie  und  Phar- 
makologie. Bd.  XXII.  1893.  Heft  1 u.  2.) 

Mittelst  der  intravenösen  Injektion  der  Kommabacillen  gelang 
es  Verf.,  ohne  weitere  Vorbereitungen  beim  Kaninchen  die  klinischen 
Symptome  der  Cholera:  Durchfälle,  Krämpfe,  Algidität  hervorzurufen. 
Die  Sektion  ergab  stets  die  charakteristischen  pathologisch-ana- 
tomischen Läsionen:  die  schwappenden  Dünndärme  mit  Ekchymo- 
sierung  der  Schleimhaut  und  starker  Injektion  der  Serosa  und  „Mehl- 
suppen-“ oder  „Reiswasserinhalt“.  Endlich  wurden  in  jedem  Falle 
aus  den  Faeces  die  Kommabacillen  nahezu  in  Reinkultur,  in  verein- 
zelten Fällen  direkt  in  Reinkultur  gewonnen.  Diese  Versuche  wurden 
an  30  Kaninchen  ausgeführt  mit  2 verschiedenen  Kulturen,  die  eine 
frisch  aus  Tonking,  die  andere  von  Massauah  herrührend ; die  erstere 
war  viel  weniger  virulent,  als  die  zweite,  indem  von  jener  5 ccm, 
von  dieser  nur  0,36  ccm  einer  3-tägigen  Bouillonkultur  zur  Tötung 
der  Tiere  notwendig  waren.  Die  meisten  Kaninchen  starben  nach 
18 — 36  Stunden,  2 nach  3 und  2 nach  4 Tagen.  Bei  Tieren  von 
verschiedenem  Körpergewichte  brauchte  man  nicht  eine  verschieden 
starke  Dosis  zur  Tötung,  so  daß  man  also  nicht  bei  einem  Tiere  von 
geringerem  Körpergewichte  mit  einer  entsprechend  geringeren  Dosis 
auskam.  Bekamen  die  Tiere  2 Tage  hintereinander  absoluten  Alkohol 
(am  1.  Tage  6—8  ccm,  am  2.  10 — 12  ccm  auf  das  4— öfache  mit 
Wasser  verdünnt),  so  zeigte  sich,  daß  die  Prädisposition  für  die 
Cholerainfektion  bis  ungefähr  auf  das  6fache  gesteigert  war,  nicht 
nur  durch  die  Beeinträchtigung  des  Stoffwechsels  und  der  cellulären 
Funktionen  und  durch  die  Erschlaffung  der  Gefäße,  sondern  auch 
besonders  durch  die  Schwächung  der  baktericiden  Fähigkeit  des 
Blutserums.  Dieudonn6  (Berlin). 

Spronck,  C.  H.  H.,  Over  cholera-bacillen,  onlangs  in 
Nederland  uit  rivier-,  vaart-,  gracht-  en  slootwater 
gekweekt.  (Ned.  Tijdschrift  voor  Geneeskunde.  1893.  Deel  II. 
No.  20.) 

Verf.  hatte  Gelegenheit,  aus  verschiedenen  Wasserproben  Vibrio- 
nen zu  isolieren  und  verglich  sie  mit  in  Holland  aus  Dejektionen 
von  Cholerakranken  gezüchteten,  echten  Cholerabacillen  nach  15  ver- 
schiedenen Gesichtspunkten,  und  zwar  kam  in  Betracht: 

1)  Die  Gelatineplattenkultur  bei  21°  C;  2)  die  Gelatinestich- 
kultur bei  21°  C;  3)  die  Jodoformreaktion  von  Bujwid  bei  21°  C; 
4)  die  Agarplattenkultur  bei  37°  C;  5)  die  Kultur  in  Milch  bei 
37°  C;  6)  die  Kultur  in  Nährbouillon  bei  37°  C;  7)  die  Kultur  in 
Lackmusbouillon  bei  37°  C;  8)  die  Kultur  in  Pepton-Kochsalzlösung 
bei  21  und  37  0 C für  die  Nitroso-Indolreaktion ; 10)  die  Kultur  auf 
Kartoffelscheiben  bei  Zimmertemperatur  und  bei  37°  C;  11)  die 


56 


Cholera. 


Kultur  bei  Luftabschluß;  12)  die  Färbung  der  Mikroorganismen  — 
Deckglaspräparate  von  verschiedenen  Agarkulturen  (37°  C),  sowie 
verschiedenen  Bouillonkulturen  — mit  Ziehl’schem  Karbolfuchsin 
und  nach  Gram;  13)  Färbung  der  Geißeln  nach  Nico  Ile  und 
Morax1);  14)  die  intraperitoneale  Injektion  von  18 — 20  Stunden 
alten  Agarkulturen  bei  Meerschweinchen  mit  kleinen  abgewogenen 
Dosen;  15)  die  intramuskuläre  Injektion  von  abgewogenen  Dosen 
derselben  Kulturen  bei  Tauben. 

Es  gelang,  aus  5 von  11  Wasserproben  Vibrionen  zu  züchten,  die 
kulturell  von  dem  echten  Choleravibrio  nicht  zu  unterscheiden  waren, 
und  zwar  stammten  die  Wasserproben  No.  1 aus  der  Dedemsvaart 
bei  Avereest  (Oberyssel),  No.  2 aus  einer  Gracht  zu  Loevorden 
(Drenthe),  No.  3 aus  dem  Außenrhein  bei  Oudshoorn  (Südholland), 
No.  4 aus  einem  Binnengewässer  zu  Aarlanderveen  (Südholland)  und 
No.  5 aus  der  Dedemsvaart  bei  Dedemsvaart  (Oberyssel).  Die  Vibrio- 
nen No.  4 wuchsen  nicht  so  schnell,  als  die  aus  Choleradejektionen 
gezüchteten,  aber  immerhin  noch  schneller,  als  der  Typus  von  Koch. 
Nach  3 Tagen  fand  man  außerdem  in  den  bei  37 0 belassenen  Bouillon- 
kulturen eine  größere  Anzahl  von  Spiralen. 

Die  Tierversuche  fielen  sehr  verschieden  aus.  Vier  Meerschwein- 
chen, mit  No.  1 geimpft,  starben  in  9 1 /2 — 20  Stunden.  Von  3 Meer- 
schweinchen, mit  No.  2 geimpft,  zeigte  das  erste  keine  Krankheits- 
erscheinungen, das  zweite  wurde  am  fünften  Tage  tot  im  Käfig  ge- 
funden, nachdem  es  vorher  nur  vorübergehend  krank  gewesen  war 
das  dritte  starb  innerhalb  20  Stunden.  Bei  dem  Vibrio  No.  3 zeigten 
sich  ebenfalls  solche  Unterschiede,  und  zwar  starb  das  erste  Tier 
am  6.  Tage,  das  zweite  innerhalb  20  Stunden,  während  das  dritte 
gesund  blieb.  Durch  Impfung  No.  4 starb  ein  Meerschweinchen  in 
20  Stunden , während  2 gesund  blieben.  No.  5 konnte  bei  3 Tieren 
nur  vorübergehende  Temperaturerhöhung  hervorrufen. 

Verf.  knüpft  hieran,  gestützt  auf  seine  Erfahrungen,  sehr  zeit- 
gemäße Betrachtungen  und  wirft  die  Frage  auf,  inwiefern  man  be- 
rechtigt sei,  diese  Vibrionen  als  echte  Cholerabacillen  anzusehen. 
Verf.  sagt,  um  mit  Sicherheit  einen  irgendwo  in  der  freien  Natur 
gefundenen  pathogenen  Mikroorganismus  zu  identifizieren,  sei  das 
Tierexperiment  unentbehrlich.  Giebt  es  Mikroorganismen,  welche,  wie 
der  Bacillus  typhi,  ausschließlich  für  Menschen  [und  für  Affen. 
Ref.]  pathogen  sind,  so  ist  es  unmöglich,  die  Identität  mit  absoluter 
Sicherheit  festzustellen.  Wenn  nun  Koch  und  Andere  sagen,  sie 
hätten  Cholerabacillen  in  der  freien  Natur  gefunden,  so  ist  darunter 
zu  verstehen,  daß  die  gefundenen  Mikroben  mit  den  uns  zu  Gebote 
stehenden  Hilfsmitteln  nicht  von  echten  Cholerabacillen  unterschieden 
werden  können  und  folglich  höchst  wahrscheinlich  echte 
Cholerabacillen  sind  [vorausgesetzt  natürlich , daß  Tierexperimente 
nicht  gemacht  wurden,  resp.  negativ  ausgefallen  sind.  Ref.]  Dasselbe 
glaubt  Verf.  auch  von  seinen  Spirillen  sagen  zu  können,  weil  sie 
mittelst  unserer  Hilfsmittel  von  echten  Cholerabacillen  nicht  zu  unter- 
scheiden sind  und  die  Eigenschaften  mit  denjenigen  der  Vibrionen 


1)  Aunales  de  l’Iastitut  Pasteur.  VII.  p.  554. 


Cholera. 


57 


übereinstimmen,  welche  in  den  Niederlanden  in  den  Dejektionen  Cholera- 
kranker angetroffen  wurden.  Ferner  unterscheiden  sich  diese  Spirillen 
von  allen  anderen,  die  beschrieben  wurden  und  besonders  von  den- 
jenigen, welche  mit  dem  Cholera vibrio  sehr  viel  Aehnlichkeit  haben. 
Verf.  führt  dann  weiter  aus : Gleichwie  der  Vibrio  der  gegenwärtigen 
Epidemie  besitzen  unsere  Spirillen  eine  lebhafte  Eigenbewegung, 
tragen  an  einem  Ende  eine  Geißel,  gedeihen  in  Nährgelatine  während 
der  ersten  24  Stunden  schneller,  als  der  Typus,  den  Koch  zuerst 
beschrieben  und  weichen  hiervon  weiterhin  ab,  dadurch  daß  sie 
Milch  bei  37°  C in  48  Stunden  gerinnen  machen,  Bouillon  bei  der- 
selben Temperatur  innerhalb  weniger  Stunden  diffus  trüben  und  erst 
nach  2 Tagen  an  der  Oberfläche  ein  Häutchen  bilden. 

Unter  sich  verglichen,  lassen  sich  unter  den  einzelnen  Vibrionen 
kaum  durchgreifende  Unterschiede  herausfinden.  Bei  der  Injektion 
in  die  Bauchhöhle  von  Meerschweinchen  übertraf  namentlich  der  aus 
der  Dedemsvaart  bei  Avereest  gezüchtete  Vibrio  die  anderen  an  Viru- 
lenz, und  von  diesen  war  der  später  aus  der  Dedemsvaart  bei  Dedems- 
vaart gezüchtete  weniger  virulent,  wie  die  drei  übrigen.  Wenn  der 
Vibrio  von  dem  Gewässer  zu  Aarlanderveen  die  Gelatine  nicht  so 
schnell  verflüssigte,  wie  die  übrigen  Exemplare,  so  kann  dies  als  ein 
Unterschied  nicht  angesehen  werden,  weil  er,  wie  bereits  gesagt,  die 
Gelatine  immernoch  schneller  verflüssigte,  wie  der  Typus  von  Koch. 
Was  die  Virulenz  der  aus  Wasser  gezüchteten  Vibrionen  anbelangt, 
so  ist  darüber  so  gut  wie  nichts  bekannt,  und  auch  Koch  hat  hier- 
über bezüglich  der  während  der  Winterepidemie  1892 — 93  aus  ver- 
dächtigem Wasser  gezüchteten  Vibrionen  keine  Mitteilungen  gemacht. 
Pfuhl  berichtet  wie  Lubarsch  überden  im  Kielraume  gefundenen 
Vibrio,  daß  das  mit  demselben  gemachte  Tierexperiment  mit  den  von 
Pfeiffer  gemachten  Erfahrungen  übereinstimmte,  woraus  zu  schließen 
sei,  daß  die  Mikroorganismen  die  volle  Virulenz  wie  die  aus  der 
Dedemsvaart  gezüchteten  besessen  haben. 

Verf.  bespricht  alsdann  den  Ausfall  seiner  Tierexperimente.  Es 
konnten  graduell  4 Arten  des  Krankheitsverlaufs  unterschieden  werden, 
und  zwar  war  die  Wirkung  gleicher  gewogener  Dosen  derselben 
Agarkulturen  sehr  ungleich.  Zwei  Meerschweinchen  schienen  bald 
nach  der  Injektion  wieder  gesund,  starben  aber  am  5.  und  6.  Tage 
an  echter  Darmcholera,  wie  durch  intrastomachale  oder  intraduode- 
nale Infektion. 

Ueber  die  Differentialdiagnose  schreibt  Verf.  folgendes: 

Von  dem  Vibrio  Metschnikovii  unterscheiden  sich  unsere 
Spirillen  sofort;  während  der  Vibrio  Metschnikovii  für  Tauben 
sehr  virulent  ist,  war  bei  unserem  Versuche  keine  einzige  Taube  ge- 
storben, obgleich  die  in  den  M.  pectoralis  injizierten  Dosen  relativ 
groß  waren.  Es  ist  bekannt,  daß  der  C h o 1 e r a b a c i 1 1 u s für  Tauben 
in  der  Regel  sehr  wenig  virulent  ist.  Ab  und  zu  hat  man  bei  der 
jüngsten  Choleraepidemie  Cholerabacillen  gefunden,  die  für  Tauben 
sehr  virulent  waren  (Sawtchenko  in  Kiew  und  Weichselbaum 
in  Weenen). 

Von  dem  jüngst  durch  Neisser  in  Rubner’s  Laboratorium 
entdeckten  Vibrio  Berolinensis  unterscheiden  sich  die  gefun- 


58 


Cholera.. 


denen  Spirillen  nicht  allein  dadurch,  daß  dieselben  die  Gelatine  viel 
schneller  verflüssigen,  sondern  auch  durch  das  Aussehen  der  Kolo- 
nieen  in  Gelatineplattenkulturen.  Junge  Kolonieen  von  dem  Vibrio 
Berolinensis  sind  feinkörnig  und  fast  kreisrund;  diejenigen  dieser 
Spirillen  sind  grobkörnig  und  haben  sehr  unregelmäßige  Konturen. 
Dann  war  der  Vibrio  von  Neisser  für  Meerschweinchen  in  hohem 
Grade  virulent,  wie  es  scheint,  in  noch  höherem  Grade,  als  der 
Vibrio  cholerae.  Bezüglich  des  Vibrio  Danubicus,  der  von 
Hei  der  in  Weenen  aus  dem  Wasser  des  Donaukanals  gezüchtet 
wurde,  bemerkt  Verf.,  daß  es  noch  sehr  die  Frage  ist,  ob  jener  nicht 
der  echte  , Cholerabacillus  ist,  zumal  die  betreffende  Wasser- 
probe nahe  der  Ausmündungsstelle  der  Stadtkanäle  geschöpft  und 
bereits  am  folgenden  Tage  dort  ein  Cholerafall  festgestellt  wurde. 

Endlich  hat  D u n b a r kürzlich  in  einer  vorläufigen  Mitteilung 
berichtet,  daß  er  von  77  Wasserproben  zwanzigmal  einen  Vibrio  fand, 
der  sich  allein  dadurch  von  dem  Choleravibrio  unterschied,  daß  die 
Entwickelungsenergie  im  allgemeinen  größer  ist,  als  die  des  Cholera- 
vibrio. Diese  Eigenschaft  besitzen  die  in  Rede  stehenden  Spirillen 
nicht.  Daß  man  aber  auch  bei  Cholerakranken  Choleraspirillen  an- 
treffen kann,  die  sich  durch  dieselbe  Eigenschaft  wie  der  Vibrio  von 
Dun  bar  unterscheidet,  unterliegt  nach  Erfahrung  des  Verf.’s  keinem 
Zweifel.  Nämlich  unter  den  ersten  Fällen,  die  sich  wieder  im  Jahre 
1893  in  den  Niederlanden  zeigten,  waren  drei,  bei  denen  die  aus  den 
Dejektionen  gezüchteten  Cholerabacillen  viel  schneller  und  kräftiger 
wuchsen  und  dies  auch  noch  jetzt  thun. 

Ferner  teilt  Verf.  noch  mit,  daß  es  auch  ihm  gelang,  aus 
Wasser  ein  Spirillum  zu  züchten,  das  die  Nitroso-Indolreaktion  gab, 
jedoch  von  dem  Typus  des  Cholerabacillus  abwich.  In  solchen 
Fällen,  sagt  Verf.,  sollte  man  nicht  voreilig  von  einem  Cholera- 
bacillus, aber  auch  nicht  von  einem  neuen  Pseudocholera- 
bacillus sprechen  und  bei  Beurteilung  des  Wassers  eher  die  Maxime 
„in  dubiis  abstine“  als  „in  dubiis  libertas“  in  Anwendung  bringen. 

Nach  den  Angaben  dieser  sehr  exakten  Arbeit  des  Utrechter 
Professors  handelt  es  sich  bei  den  aus  verschiedenen  holländischen 
Gewässern  gezüchteten  Mikroorganismen  zweifelsohne  um  echte 
Choleravibrionen.  Die  Thatsache  ferner,  daß  aus  Dejektionen  von 
Cholerakranken  Cholerabacillen  gezüchtet  wurden,  die  nicht  genau 
nach  dem  von  Koch  beschriebenen  Typus  wachsen,  ist  von  großer 
Bedeutung  und  gleichzeitig  von  positivem  Erfolge  begleitet,  indem 
es  nunmehr  bewiesen  erscheint,  daß  die  von  Dunbar  so  häufig 
gefundenen  Vibrionen  thatsächlich  echte  Cholera- 
vibrionen sind,  denn  der  einzige  Grund,  sie  nicht  als  solche  an- 
zusehen, ist  gefallen.  Und  so  scheint  mit  dieser  Arbeit  der  Anfang 
gemacht  zu  sein,  das  Wirrsal  zu  lösen,  welches  durch  die  in  der 
letzten  Zeit  fortgesetzt  gefundenen  Arten  von  „Pseudocholerabacillen“ 
hervorgerufen  worden  ist,  die  nur  in  ganz  geringem  Maße  sich  von 
dem  von  Koch  beschriebenen  Typus  unterscheiden.  Es  würde  sich 
daher  durch  das  genauere  Studium  der  aus  Dejektionen  Cholera- 
kranker  gezüchteten  und  deshalb  zweifellos  als  echte  Choleravibrionen 
erkannten  Mikroorganismen  sehr  wahrscheinlich  feststellen  lassen,  daß 


Cholera. 


59 


geringe  Abweichungen  von  denn  Typus  nach  mancher  Richtung  hin 
Vorkommen  können  und  sich  somit  als  nebensächlich  erweisen. 

Dahmen  (Crefeld). 

Heerwagen,  Die  Cholera  in  Riga  1892.  (Zeitschrift  f.  Hyg. 

Bd.  XV.  Heft  1.  p.  11.) 

In  Riga  kamen  1892  unter  210000  Einwohnern  129  Erkrankungs- 
fälle an  asiatischer  Cholera  vor.  Außerordentlich  starkes  Sinken  des 
Grundwassers  nach  Ausbruch  der  Epidemie  hatte  keinen  Einfluß  auf 
die  Verbreitung  derselben,  ebensowenig  meteorologische  Verhältnisse. 
Dagegen  ließ  der  Verlauf  der  Seuche  mehrfache  Beziehungen  zur 
Wasserversorgung  erkennen.  Der  erste  Kranke  war  Matrose  auf 
einem  Schiffe,  welches  etwa  in  der  Mitte  der  beide  Dünaufer  ein- 
nehmenden Stadt  im  Hafen  lag.  Woher  derselbe  sich  infiziert  hatte, 
war  nicht  zu  eruieren.  Die  nächsten  zehn  Erkrankungen  betrafen 
ausschließlich  Matrosen  und  Arbeiter  auf  Schiffen,  welche  in  der  Nähe 
des  ersten  Fahrzeuges  lagen;  die  Leute  hatten  das  Hafenwasser  zum 
Trinken  benutzt.  Im  ganzen  erkrankten  durch  den  Genuß  von 
Wasser  aus  dem  Hafen  an  dieser  Stelle  27  Personen,  die  weitere  fünf 
in  der  Stadt  infizierten.  Nachdem  den  Schiffen  der  Gebrauch  des 
Hafenwassers  untersagt  und  für  Thee  und  abgekochtes  Wasser  ge- 
sorgt worden  war,  verschwanden  die  Erkrankungen  dort  bald. 

Der  Kapitän  eines  Schiffes,  welches  an  einer  Cementfabrik  lag, 
hatte  den  in  Rede  stehenden  Teil  des  stromaufwärts  gelegenen  Hafens 
besucht  und  erkrankte  auf  seinem  Schiffe.  Einige  Tage  darauf  er- 
schienen Cholerafälle  unter  den  Arbeitern  der  Fabrik,  welche  ihr 
Wasser  durch  eigene  Leitung  aus  der  Düna  bezog,  unabhängig  von 
ihrem  Domizil.  Gegebenem  Rate  zufolge  machte  die  Fabrikdirektion 
es  möglich,  nur  noch  vorher  gekochtes  und  abgekühltes  Wasser  durch 
ihre  Leitung  fließen  zu  lassen,  und  von  demselben  Augenblicke  an 
hörte  auf  ihrem  Grunde  wie  auch  unter  den  in  der  Umgegend  woh- 
nenden Arbeitern  die  Seuche  auf.  Ein  daneben  liegendes,  von  Ar- 
beitern derselben  Fabrik  bewohntes  Grundstück,  dessen  Bewohner 
sich  direkt  aus  der  dort  sehr  träge  fließenden  Düna  mit  Wasser  ver- 
sorgten, wurde  nach  wie  vor  stark  heimgesucht,  bis  ein  schnell  her- 
gestellter abyssinischer  Brunnen  auch  hier  das  allmähliche  Erlöschen 
der  Seuche  zur  Folge  hatte. 

Eine  dritte  Gruppe  bildeten  16  Erkrankungen  von  Personen,  die, 
sämtlich  in  zwei  Straßen  wohnhaft,  ihr  Wasser  gewohnheitsgemäß  dem 
anliegenden  Dünaarm  entnahmen,  trotzdem  ein  artesischer  Brunnen 
in  nächster  Nähe  stand. 

Abgesehen  von  weiteren  21  Fällen,  bei  denen  die  Infektion  direkt 
oder  indirekt  auf  das  Wasser  der  Düna  zurückgeleitet  werden  konnte, 
kamen  34  andere  vor,  deren  Entstehung  dunkel  blieb  oder  bei  denen 
Einschleppung  von  anderen  Orten  nachweisbar  war. 

Die  augenscheinlichen  Beziehungen  der  Krankheitsfälle  zum 
Dünawasser  ließen  in  diesem  die  Erreger  suchen,  doch  gelang  der 
Nachweis  der  Kommabacillen  in  demselben  nicht. 

Die  Infektion  der  Düna  reichte  nur  stromauf  bis  zur  Mitte  der 
Stadt.  Das  Wasserwerk,  welches  das  unfiltrierte  Dünawasser  der 


60 


Typhus. 


Stadt  zuführt,  liegt  mehrere  Kilometer  oberhalb.  Wäre  der  Fluß 
auch  hier  infiziert  worden,  so  hätte  man  ebenso  mörderische  Epide- 
mieen  erwarten  müssen,  wie  die  von  1831  und  1848  waren,  wo  4 und 
5 1/2°/0  der  Bevölkerung  von  Riga  an  Cholera  starben.  Damals  wurde 
das  Wasser  mitten  in  der  Stadt  aus  dem  Flusse  entnommen.  Seit 
der  Verlegung  der  Bezugsstelle  weiter  stromaufwärts  sind  zwar  vier- 
mal Einschleppungen  von  Cholera  vorgekommen,  aber  niemals  auch 
nur  entfernt  so  große  Epidemieen  aufgetreten. 

Am  Schlüsse  seiner  hochinteressanten  Mitteilungen  bemerkt  der 
Verf.,  daß  28  der  129  Fälle  durch  Infektion  von  Person  zu  Person 
übertragen  sind.  Auch  bei  bestdurchgeführter  Desinfektion  werden 
sich  diese  Ansteckungen  nie  ganz  vermeiden  lassen,  denn  manche 
leichten  Cholerafälle  werden  gar  nicht  zur  Kenntnis  des  Arztes  kommen. 
Die  Wichtigkeit  einer  gutorganisierten  Desinfektion  beweist  folgender 
Fall:  Auf  die  telephonische  Nachricht,  es  werde  eine  cholerakranke 
Jüdin,  die  vor  wenigen  Stunden  von  auswärts  zugereist,  ins  Kranken- 
haus befördert,  geht  die  Desinfektionskolonne  sofort  ab;  sie  findet, 
daß  andere  in  dem  Hause  wohnende  Glaubensgenossen  sich  über  die 
besudelten  Effekten  der  Erkrankten  bereits  hergemacht  und  einen 
Teil  beiseite  geschafft  haben , dessen  habhaft  zu  werden  nicht  ge- 
lingt. Das  betreffende  Haus  lieferte  im  Laufe  der  folgenden  Woche 
noch  fünf  Fälle,  die  unerklärlich  geblieben  wären,  wenn  die  Affaire 
mit  den  Effekten  der  Ersterkrankten  unbekannt  geblieben  wäre. 

Abel  (Greifswald). 

Germano  und  Maurea,  Vergleichende  Untersuchungen 
über  den  Typhusbacillus  und  ähnliche  Bakterien. 
[Aus  dem  bakteriol.  Laboratorium  der  Zool.  Station  zu  Neapel.] 
(Ziegler’s  Beitr.  z.  pathol.  Anat.  u.  allg.  Pathol.  Bd.  XII.  Heft  3. 
p.  494.) 

Nach  einer  sehr  eingehenden  Untersuchung  der  in  letzter  Zeit 
namentlich  durch  die  Arbeiten  von  Babes  und  Rona  in  den  Vorder- 
grund gerückten  Frage  nach  der  Konstanz  des  Typhusbacillus 
und  seiner  Verwandtschaft  bezw.  Identität  mit  anderen  Bakterien, 
kommen  die  Verfl.  zu  folgenden  Schlußfolgerungen : 

1)  Es  giebt  eine  solche  Menge  von  typhusähnlichen  Bacillen,  daß 
Namen,  wie  Faecesbacillus  (Bac.  neapolitanus)  und  Bacte- 
rium  coli  commune,  ungeeignet  sind,  weil  unter  diesen  Namen 
eine  ganze  Reihe  von  Bacillen  mit  verschiedenen  Charakteren  zu- 
sammengefasst werden.  Man  muß  daher  diese  Namen  fallen  lassen 
und  jeden  typhusähnlichen  Bacillus  nach  seinen  besonderen  Eigen- 
schaften beschreiben.  Das  gilt  ganz  besonders  für  diejenigen  typhus- 
ähnlichen Bakterien,  die  man  in  vielen  Fällen  neuerdings  als  pathogen 
auch  für  den  Menschen  erkannt  hat. 

2)  Wenn  die  Charaktere  in  Betracht  gezogen  werden,  welche  bei 
den  Versuchen,  verschiedene  Species  aufzustellen,  gefunden  wurden, 
so  ergiebt  sich  eine  Sammlung  von  ungefähr  30  Species.  Dabei 
wurden  besondere  Feinheiten  außer  acht  gelassen  und  Abweichungen 
untergeordneten  Grades  nicht  in  Rechnung  gezogen.  So  wurde  z.  B. 
ganz  unberücksichtigt  gelassen  der  Grad  des  Alkali,  welches  in  der 


Typhus. 


61 


Bouillon,  sowie  der  Säure,  welche  im  Milchserum  erzeugt  wurde, 
ferner  das  Verhalten  in  der  Jequiritylösung  etc.  Hätten  die  Verff. 
dies  alles  noch  berücksichtigt,  so  würden  sie  noch  eine  größere  An- 
zahl von  Species  haben  unterscheiden  müssen. 

3)  Aus  denselben  Faeces  oder  aus  derselben  Leiche  kann  man 
eine  ganze  Anzahl  verschiedener  typhusähnlicher  Bacillen  isolieren. 

4)  Die  geprüften  Charaktere  sind  nicht  alle  absolut  beständig. 
Das  gilt  in  erster  Linie  für  das  pathogene  Vermögen ; aber  auch  die 
anderen  Eigenschaften,  besonders  die  Fermentationswirkung  gegen- 
über der  Milch  und  den  verschiedenen  Zuckerarten,  das  Reduktions- 
vermögen und  die  Säureabscheidung,  sind  quantitativ  innerhalb  ge- 
wisser Grenzen  veränderlich.  Man  kann  wohl  annehmen,  dass  man 
bei  längerer  Fortsetzung  der  Kulturen  in  künstlichen  Nährböden  und 
bei  Abänderung  der  Kulturbedingungen  noch  mehr  Variationen  würde 
konstatieren  können. 

5)  Zwischen  den  typhusähnlichen  Bacillen  finden  sich  alle  Ueber- 
gänge  und  einige  wenige  nähern  sich  sehr  dem  Typhusbacillus. 
Von  der  Feststellung  dieser  Thatsache  indessen  bis 
zu  der  Annahme  von  Rodet  und  Roux,  dass  in  der  That 
ein  Uebergang  der  typhusähnlichen  Bacillen  in  den 
Typhusbacillus  stattfindet,  ist  noch  ein  weiter  Weg. 

6)  Von  den  verschiedenen  Species  sind  3 besonders  häufig.  Von 
diesen  wird  die  eine,  und  zwar  die  häufigste,  dargestellt  durch  einen 
beweglichen  Bacillus,  welcher  (für  Mäuse)  pathogen  ist,  Milch 
koaguliert,  die  Indolreaktion  giebt,  ein  großes  Reduktionsvermögen 
und  starke  Säureproduktion  aufweist,  unter  Entwickelung  von  Gas 
Trauben-,  Milch-  und  Rohrzucker  zersetzt  und  Jequiritylösung  ent- 
färbt. Eine  andere,  ebenfalls  sehr  häufige  Species  wird  gebildet  von 
einem  Bacillus,  welcher  sich  von  ersterem  allein  dadurch  unter- 
scheidet, daß  er  Rohrzucker  nicht  zur  Gärung  bringt  und  Jequirity- 
lösung nicht  entfärbt.  Ein  dritter  Bacillus,  der  ein  wenig  seltener 
ist  als  die  beiden  vorhergehenden,  unterscheidet  sich  vom  zweiten 
dadurch,  daß  er  die  Milch  nicht  koaguliert. 

7)  Die  Kulturen  von  Typhusbacillen  verschiedener  Herkunft 
weisen  nicht  derartige  Verschiedenheiten  auf,  daß  man  Varietäten 
zulassen  müßte,  wie  Babes  es  will.  Die  einzigen  Unterschiede, 
welche  bis  zu  einem  gewissen  Grade  beständig  zu  sein  scheinen,  be- 
stehen in  der  mehr  oder  weniger  üppigen  Wachstumsweise  und  der 
größeren  oder  geringeren  pathogenen  Wirkung.  Alle  übrigen  Unter- 
schiede hängen  weniger  von  einer  Verschiedenheit  der  Typhusbacillen 
verschiedenen  Ursprungs,  als  von  der  abweichenden  Beschaffenheit 
der  verschiedenen  Nährböden  ab.  Dies  wird  durch  die  Unbeständig- 
keit der  Unterschiede  bewiesen. 

8)  Das  von  Gaffky  als  typisch  beschriebene  Wachstum  auf 
Kartoffeln  ist  unglücklicherweise  nicht  immer  verwertbar,  da  es  an 
vielen  Orten  (z.  B.  in  Neapel)  niemals  zur  Beobachtung  kommt. 

9)  Wenn  man  Kulturversuche  auf  Kartoffeln  und  Gelatineplatten 
in  paralleler  Weise  mit  einer  sicheren  Reinkultur  des  Typhus- 
bacillus und  mit  verdächtigen  Bacillen  anstellt,  so  erhält  man  ein 
diagnostisches  Mittel  allerersten  Ranges. 


62 


Typhus. 


10)  Ein  absolut  sicheres  Mittel,  um  den  Typhus- 
bacillus  von  den  typhusähnlichen  zu  unterscheiden,  giebt  — nach 
Erfahrungen,  die  an  88  Kulturen  von  typhusähnlichen  Bacillen  und 
12  Kulturen  von  Typhusbacillen  verschiedener  Herkunft  gesammelt 
wurden  — das  Eintreten  oder  das  Ausbleiben  der  Gasent- 
wickelung in  Stichkulturen  in  Agar  mit  2 °/0  Trauben- 
zucker. Der  Typhusbacillus  ruft  hier  keine  Gasentwickelung 
hervor.  Dieses  Verfahren  ist  um  so  schätzenswerter,  als  es  in  24 
Stunden  zur  Diagnose  führt. 

11)  Alle  übrigen  Charaktere,  als  Mangel  der  Indolreaktion,  Aus- 
bleiben der  Milchkoagulation,  der  Gärung  des  Roh-  und  Milch- 
zuckers, pathogene  Wirkung,  Beweglichkeit  und  Cilien  etc.,  haben 
nur  einen  begrenzten  Wert,  da  sie  auch  bei  den  typhusähnlichen 
Bacillen  auftreten  können. 

12)  Zur  Isolierung  des  Typhusbacillus  giebt  es  Mittel,  welche 
bisweilen  den  Zweck  erreichen  lassen,  jedoch  nicht  die  Bedeutung 
haben,  welche  ihnen  von  den  einzelnen  Autoren  zugeschrieben  wird. 
Zur  Trennung  der  Typhusbacillen  von  den  typhusähnlichen  Bakterien 
sind  sie  nicht  geeignet.  Sie  gewinnen  an  Wert,  wenn  man  Kontroll- 
versuche  mit  Typhusbacillen  anstellt.  W.  Petersen  (Zürich). 

Cesaris-Demel  und  Orlandi,  Sulla  equivalenza  biologica 
dei  prodotti  del  „B.  coli“  e del  „B.  tiphi“.  (Archivio  per 
le  Sc.  med.  XVII.  No.  III.  p.  279.) 

Ueber  die  biologischen  Eigenschaften  und  die  gegenseitigen  Be- 
ziehungen des  Bac.  coli  und  des  Bac.  typhi  kommen  die  Verff. 
auf  Grund  umfassender  (in  Foä’s  Laboratorium  angestellter)  experi- 
menteller Untersuchungen  zu  folgenden  Schlußfolgerungen: 

1)  Das  Serum  der  mit  B.  coli  immunisierten  oder  vaccinierten 
Tiere  hat  präventive  und  therapeutische  Kraft  gegen  die  Infektion 
mit  B.  coli;  dasselbe  Verhältnis  besteht  beim  B.  typhi. 

2)  Sowohl  beim  B.  coli  als  beim  B.  typhi  ist  die  präventive 
Kraft  des  Serums  wesentlich  größer  als  die  therapeutische. 

3)  Es  besteht  bei  beiden  Bacillenarten  immer  eine  Beziehung 
zwischen  der  therapeutischen  Kraft  und  der  Quantität  der  zur  In- 
fektion benutzten  Kulturen. 

4)  Diese  Beziehung  tritt  weniger  deutlich  hervor  bei  der  immu- 
nisierenden Wirksamkeit. 

5)  Bei  beiden  Bacillen  wirkt  das  von  einer  bestimmten  Tierart 
entnommene  Serum  auch  bei  anderen  Tierarten. 

6)  Die  Wirksamkeit  des  Serums  ist  unabhängig  vom  Orte  der 
Einspritzung. 

7)  Die  präventive  und  therapeutische  Wirksamkeit  des  Serums 
steht  durchaus  in  keiner  Beziehung  zu  seiner  antiseptischen  Kraft 
im  Reagensglase. 

8)  Das  Serum  der  Tiere,  welche  für  B.  coli  immunisiert  sind, 
hat  auch  präventive  und  therapeutische  Kraft  gegen  die  Infektion 
mit  B.  typhi;  umgekehrt  besteht  dasselbe  Verhältnis. 

Nach  eingehender  Berücksichtigung  der  übrigen  Eigenschaften 


Typhus. 


63 


der  beiden  Bacillenarten  wird  als  Resume  aufgestellt:  Der  B.  coli 
und  der  B.  typhi  können  bei  dem  gegenwärtigen  Stande  unserer 
Kenntnisse  nach  ihrem  morphologischen  und  kulturellen  Verhalten 
nicht  völlig  identifiziert  werden;  sie  sind  jedoch  außerordentlich  nahe 
verwandt  und  ihre  Produkte  erweisen  sich  bezüglich  der 
Immunisierung  und  Serumtherapie  als  biologisch 
gleichwertig.  W.  Petersen  (Zürich). 

Schmidt,  Paul,  M i 1 c h , die  Quelle  einer  Typhusepidemie. 
[Inaug.  Diss.]  8°.  26  p.  Halle  a/S.  1893. 

Erst  1870  kamen  verschiedene  Beobachter  fast  zu  derselben 
Zeit  zu  der  Ueberzeugung,  daß  die  Milch  die  Trägerin  des  Giftes 
des  Abdominaltyphus  sein  könnte  und  durch  das  Spülen  der  Milch- 
gefäße der  Krankheitskeim  in  dieses  unentbehrliche  Nahrungsmittel 
gebracht  werde. 

So  beschrieb  Ballard  1870  eine  Typhusepidemie  in  Islington, 
wo  vom  3.  Juli  bis  10.  Sept.  in  67  Häusern  in  gesunder  Gegend 
und  mit  neuer  Bauart,  guter  Kanalisation  und  reichlichem  Wasser 
167  Typhuserkrankungen  stattfanden.  Bei  Besichtigung  des  Milch- 
hofes, von  wo  fast  alle  infizierten  Familien  ihren  Milchbedarf  gedeckt 
hatten,  ergab  sich,  daß  die  Abortgrube  mit  der  Pumpe,  an  welcher 
die  Milchgefäße  gespült  wurden,  durch  Rattengänge  in  Verbindung 
stand.  — Aehnliches  ereignete  sich  1873  in  Armley,  einer  Vorstadt 
von  Leeds,  dann  in  London  selbst,  Glasgow,  Göteborg  u.  s.  w. 

1884  schildert  Auerbach  die  erste  derartige  Epidemie  in 
Deutschland,  nämlich  in  Köln,  wo  auch  nur  die  Milch  die  Verbreiterin 
der  Seuche  sein  konnte.  1889  ereignete  sich  dasselbe  zu  Belgrad, 
dann  liegen  Beobachtungen  vor  über  Jolimant  bei  Melbourne, 
Edinburgh. 

Verf.  wendet  sich  dann  einer  Epidemie  zu,  welche  1890  in 
Straßburg  i.  E.  beobachtet  wurde.  In  den  zwei  dortigen  Gefängnissen 
trat  Typhus,  welcher  seit  1870  nicht  beobachtet  war,  nur  bei  einer 
Reihe  von  Gefangenen  auf,  welche  nachweislich  Milch  aus  dem 
benachbarten  Holzheim  genossen  hatten.  90  Inhaftierte  hatten  zum 
Teil  einmal,  zum  Teil  noch  öfter  Milch  aus  der  Kantine  bezogen, 
es  erkrankten  17  Proz.  von  ihnen,  300  andere  lieferten  keinen  Typhus- 
fall; die  Epidemie  erlosch,  als  die  Abgabe  dieser  Milch  unter- 
sagt war! 

Erschwerend  trat  hinzu,  daß  die  Milch  unabgekocht  zum  Kon- 
sum gelangt  war,  was  stets  zu  rügen  ist,  da  die  Milch  außer  den 
Typhuskeimen  leicht  als  Vehikel  für  andere  Infektionsbacillen  dienen 
kann,  wie  die  der  Cholera,  der  Tuberkulose  u.  s.  w. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Almquist,  E.,  Zur  Biologie  der  Typhusbakterie  und  der 
Escherich’ sehen  Bakterie.  (Zeitschrift  für  Hygiene  und 
Infektionskrankheiten.  Bd.  1893.  XV.  H.  2.  S.  283  ff.) 

Um  die  Einwirkung  der  Erde  von  verschiedener  chemischen  Zu- 
sammensetzung auf  die  genannten  Bakterien  zu  studieren,  wurde 


64 


Typhus. 


reiner  Sand,  benutzter  Filtersand  und  Sand  mit  Düngstoff  aus  verun- 
reinigtem Untergründe  des  Viehstalles  benutzt.  Nach  einem  Monate 
fanden  sich  bei  Escherich’s  Bacillus  in  dem  Boden  winzig 
kleine  Bildungen,  scharf  konturiert,  rundlich,  in  der  Form  von  kleinsten 
Stäbchen  mit  abgerundeten,  stumpfen  Enden,  0,5 — 1 y lang.  Sie 
ließen  sich  leicht  färben.  Diese  Gebilde  schwellen  an  und  wachsen 
zu  gewöhnlichen  Stäbchen  aus.  Abstoßung  einer  Sporenhaut  wurde 
nicht  beobachtet.  Nach  wenigen  Tagen  treten  an  die  Stelle  der 
Langstäbchen  Kurzstäbchen  oder  längliche  Bildungen,  oft  zu  Haufen 
zusammenliegend.  Diese  Bildungen  kommen  so  zustande,  daß  sich 
in  gewissen  Teilen  des  Langstäbchens  eine  stärker  färbbare  Substanz 
sammelt.  Diese  Masse  häuft  sich  an  den  Enden  an  und  manchmal 
noch  an  der  Seite,  so  daß  drei  Auswüchse  erscheinen,  welche  in  die 
Kurzstäbchen  zerfallen. 

Verf.  hält  die  letzteren  für  eine  Art  Sporen,  welche  Form  nicht 
deswegen  auszuschließen  sein  braucht,  weil  keine  Endosporen  beob- 
achtet sind. 

Die  Typhusbakterie  repräsentierte  sich  in  2 Formen,  eine  breitere, 
die  gewöhnliche  und  eine  schmälere;  diese  Formen  vermögen  in- 
einander überzugehen,  besitzen  aber  eine  gewisse  Konstanz.  Die 
Vermehrung  des  Bacillus  geschieht  nicht  nur  durch  Längenwachs- 
tum, sondern  auch  mittelst  seitlicher  Auswüchse.  In  reinem  Sande 
war  die  Entwickelung  des  Bakteriums  nicht  so  wie  in  gedüngter 
Erde  und  hielt  es  sich  oftmals  nicht  lange  lebensfähig.  Schmale 
Stäbchen  und  Degenerationsformen  treten  in  diesem  Medium  sehr 
häufig  hervor.  Im  Sande,  der  mit  gewissen  Düngstoffen  versetzt  war, 
hielt  sich  der  Bacillus  sehr  lange  am  Leben  und  entwickelt  zahl- 
reiche sporenähnliche  Bildungen,  die  zu  neuen  Stäbchen  auswachsen 
können.  Wie  die  Sporen  entstehen,  konnte  Verf.  nicht  mit  Sicherheit 
sagen.  Mehrmals  schienen  an  den  kurzen  Stäbchen  die  Enden  zu 
Sporen  transformiert  zu  sein.  Differentialdiagnostiscb  ergab  sich, 
daß  die  Escherich’sche  Bakterie  ihre  sporenähnlichen  Bildungen  in 
kürzester  Zeit  in  den  verschiedensten  Medien  (Bouillon,  Gelatine, 
Erde  u.  s.  w.)  gab,  der  Typhusbacillus  aber  nur  unter  gewissen 
äußeren  Verhältnissen  und  nach  viel  längerer  Zeit. 

0.  Voges  (Danzig). 

Vincent,  H.,  Resultats  expörimentaux  de  l’association 
du  streptocoque  et  du  bacille  typhique.  (Bulletin  m6d. 
1892.  No.  55.  p.  1046.) 

In  einer  früheren  Mitteilung1)  berichtete  Verf.  über  Misch- 
infektionen durch  den  Typhusbacillus  und  den  Streptococcus. 
Seither  suchte  Verf.  die  Beziehungen  der  beiden  Mikroorganismen 
zu  einander  auf  experimentellem  Wege  festzustellen. 

Der  Typhusbacillus  vermehrte  sich  nicht  nur  nicht,  sondern 
wurde  manchmal  sogar  sehr  rasch  abgetötet,  als  er  gleichzeitig  mit 
anderen  Mikroorganismen,  wie  B.  prodigiosus,  Bact.  coli 
commune,  Bact.  termo,  Proteus  vulg.  u.  a.  m.  in  Bouillon 


1)  cf.  dieses  Centralbl.  Bd.  XII.  p.  634. 


Tuberkulose. 


65 


ausgesät  wurde.  Dahingegen  wuchs  er  sehr  gut  neben  dem  Strep- 
tococcus und  entwickelte  sich  selbst  in  alten  oder  sterilisierten 
Kulturen  des  letzteren.  Erwachsene  Kaninchen  widerstehen  fast  immer 
größeren  Dosen  junger  Typhuskulturen  oder  weisen  nur  ein  vorüber- 
gehendes Fieber  auf.  Junge  Streptococcuskulturen  in  Dosen  von 
0,25  und  selbst  von  0,5  ccm  subkutan  oder  intravenös  appliziert, 
führen  in  der  Regel  [bloß  zu  lokalen  Erscheinungen  oder  zu  einer 
kurzdauernden  Erkrankung.  Injiziert  man  jedoch  Kaninchen  eine 
Mischung  von  beiden  Kulturen,  so  gehen  sie  fast  regelmäßig  unter 
Diarrhöe,  Stupor  und  Hyperthermie  zu  Grunde.  Der  Dünndarm  ist 
stark  hyperämisch  mit  einer  verschiedenen  Anzahl  hämorrhagischer 
Peyer’scher  Plaques;  Milz  und  Mesenterialdrüsen  vergrößert.  In 
einem  Falle  gelang  es  auch,  nach  der  Verimpfung  des  Typhus - 
bacillus,  durch  Einreiben  einer  Streptokokkenkultur  auf  die 
erodierte  Haut  eine  streptotyphische  Allgemeininfektion  und  den  Tod 
des  Kaninchens  herbeizuführen.  Zwei  weiße  Ratten,  welche  kleinen 
Dosen  der  Mischkultur  widerstanden  hatten , waren  gegen  den 
Typhusbacillus  und  gegen  den  Streptococcus  immun  ge- 
worden. 

Obzwar  der  Typhusbacillus  beim  Kaninchen  keine  ernsten 
Erscheinungen  auszulösen  scheint,  schwächt  er  dessen  Organismus 
nichtsdestoweniger  derart,  daß  er  den  schwachen,  für  unbehandelte 
Tiere  nicht  tötlichen  Dosen  des  Streptococcus  nicht  zu  wider- 
stehen vermag.  Aus  dieser  erhöhten  Empfänglichkeit  für  den  letzteren 
ließe  sich  die  Gefahr  gewisser  lokaler  Aifektionen  durch  den  Strepto- 
coccus — insbesondere  Erysipel  — im  Verlaufe  von  Typhus  beim 
Menschen  erklären.  Kral  (Prag). 

Babes,  V.  et  Kalindero,  N.,  Lesions  tuberculeuses  comme 
porte  d’entree  de  la  fievre  typhoide,  l’ent6ro-he- 
patite  suppur6e  et  l’infection  h6morrhagique. 

Babes  und  Kalindero  machen  von  neuem  auf  die  Schwie- 
rigkeiten, welchen  man  beim  Studium  bakterieller  Mischinfektionen  be- 
gegnet, aufmerksam.  Täuschungen  durch  Fäulnismikrobien  der  Leiche 
hat  man  nicht  zu  fürchten,  wenn  man  die  Sektion  schnell  genug  nach 
dem  Tode  ausführt.  Größer  sind  die  Schwierigkeiten  anderer  Art, 
welche  teils  in  der  großen  Mannigfaltigkeit  (?  Variötö)  und  Wandelbar- 
keit (?  variabilit6)  der  associierten  Mikrobien  bestehen,  teils  darauf 
zurückzuführen  sind,  daß  gewisse  Mikrobien  sich  anfangs  nur  auf 
einem  Boden  zu  entwickeln  vermögen , der  vorher  mit  dem  asso- 
ciierten Mikrobion  besiedelt  war1).  In  den  Hospitälern  Bukarests 
haben  die  Verff.  eine  systematische,  histologische  und  bakteriologische 
Untersuchung  der  möglichst  frischen  Leichen  durchgeführt.  Dadurch 
werden  fast  in  jedem  einzigen  Falle  natürlichen  Todes  bakterielle 
Associationen  aufgedeckt.  Babes  hatte  bereits  auf  früheren  Kon- 
gressen die  vorzüglichsten  Typen  solcher  Bakterienassociationen  ent- 
wickelt. In  der  vorliegenden  Mitteilung  berichten  die  beiden  Verff. 


1)  Eine  Behauptung  übrigens,  welche  noch  erst  durch  mehrfache  Beweise  in 
vollstem  Umfange  bestätigt  werden  muß.  Bef. 

XV.  Bd. 


5 


66 


Tuberkulose. 


über  mehrere  spezielle,  gemeinsam  beobachtete  Fälle  solcher 
bakterieller  Associationen,  bei  denen,  wie  sie  annehmen,  die  bestehende 
Tuberkulose  als  Eintrittspforte  für  gewisse  spezifische  Krankheits- 
erreger mit  oder  ohne  Beteiligung  der  primären  Tuberkulose  diente. 

Im  ersten  Falle,  der  mit  hohem  Fieber,  Delirien,  Roseola  ein- 
geliefert wurde,  bei  dem  sich  aber  die  klinische  Diagnose  infolge  des 
physikalischen  Lungenbefundes  und  Tuberkel bacillennach weises  im 
Sputum  mehr  zu  Gunsten  der  Annahme  einer  Lungentuberkulose  ent- 
schied, zeigte  bei  der  Sektion  frische,  typhöse  Veränderungen  in  der 
Bauchhöhle  neben  älteren  tuberkulösen,  z.  T.  verkäsenden,  z.  T. 
ulcerierenden  und  vernarbenden  Prozessen  auf  der  Oberfläche  der  ge- 
schwellten Peyer’schen  Plaques  im  Darme  und  in  den  Lungen.  Durch 
die  bakteriologische  Untersuchung  wurde  die  tuberkulöse  Natur  der 
älteren  Prozesse  bestätigt;  in  Milz  und  Leber  fand  sich  der  Typhus- 
bacillus  zusammen  mit  einem  Bacillus  aus  der  Gruppe  des 
B.  coli  commune.  Hier  hat  sich  also  nach  der  Ansicht  der  Verff. 
der  Typhus  auf  dem  Boden  einer  alten  Tuberkulose  entwickelt,  und 
zwar  soll  der  Typhusbacillus  durch  die  tuberkulösen  Ulceratio- 
nen  des  Darms  eingewandert  sein. 

In  einem  zweiten  Falle,  bei  welchem  die  klinische  Diagnose  auf 
chronische  Dysenterie  und  Lungentuberkulose  lautete,  ergab  sich  eine 
ältere  Lungentuberkulose,  chronische,  ulcerierende,  zur  Vernarbung 
neigende  Tuberkulose  des  Ileums,  daneben  eine  ulcerierende  Enteritis 
des  Dickdarms  bis  zum  Rektum  hinab ; ferner  Leberabscesse.  Bei 
der  mikroskopischen  Untersuchung  fanden  sich  in  den  großen  skle- 
rotischen Ulcerationen  (des  Ileums?)  an  der  Basis  tuberkulöse  Ver- 
änderungen mit  spärlichen  Tuberkelbacillen,  die  letzteren  ebenso  in 
dem  Eiter  der  Lungenkaverne.  Die  geschwürigen  Prozesse  (des 
Colons?)  waren  entweder  bakterienfrei  oder  zeigten  reichliche  lanzett- 
förmige Diplobakterien.  Züchtungsversuche  auf  Glycerinagar  ergaben 
Kolonieen  „des  prot6es  capsulöes“.  Kulturen  von  den  Leberabscessen, 
von  Milz  und  Niere  blieben  steril.  [Wenn  die  Verff.  es  nach  diesen 
Befunden  für  mehr  als  wahrscheinlich  halten,  daß  das  ursächliche 
Moment  für  die  Ulcerationen  (des  Dickdarms)  und  die  Leberabscesse 
durch  die  chronischen  tuberkulösen  Ulcerationen  (des  Ileums!)  ein- 
gedrungen  sei,  können  wir  ihnen  in  dieser  Annahme  wohl  nicht 
folgen.  Ref.]  — In  einem  dritten  Falle  (mit  Peribronchitis  tubercu- 
losa  subacuta,  kleinen  Kavernen,  Atelektase  der  unteren  Lungen- 
partieen,  Pneumonia  lobularis,  entzündlichem  Oedem  des  Mediastinums, 
ulcerierenden,  follikulären  Tuberkeln  des  Darms,  Gastroenteritis 
chronica  follicularis,  Nephritis  parenchymatosa  subacuta,  Pleuritis 
serofibrinosa,  Hämorrhagieen  in  der  Lunge,  generalisierter  Purpura 
und  den  Allgemeinerscheinungen  einer  schweren  hämorrhagischen 
Septikämie)  fanden  sich  in  den  Wandungen  der  kleinen  Kavernen 
typische  tuberkulöse  Veränderungen  mit  Tuberkelbacillen  neben 
einem  großen  Streptococcus,  welcher  sich  nur  schwierig  und 
nur  in  der  Tiefe  der  Gelatine  entwickelt.  Wir  stimmen  den  Verff. 
bei,  daß  dem  letzteren  wahrscheinlich  wohl  die  tötliche  hämorrhagische 
Sepsis  (septicömie)  zur  Last  zu  legen  ist,  da  es  sich  in  allen  Organen 
und  in  den  Bronchen  in  Reinkultur  befand  (Kulturen  erzeugten  beim 


Tuberkulose. 


67 


Kaninchen  tötliche  Sepsis).  Wir  vermissen  den  Nachweis  der  Strepto- 
kokken im  Blute.  Wenn  die  Verff.  aber  schreiben:  „11  est  ä remar- 
quer  que  ce  microbe  existe  ä l’6tat  pur  dans  les  bronches,  de  sorte 
que  c’  est  probablement  par  les  bronches  que  s’  est  effectuee  1’  infection 
septique  et  hömorrhagique“,  so  erscheint  uns  diese  Ansicht  noch 
nicht  genügend  gestützt.  Viel  näher  liegt  unseres  Erachtens  die 
Annahme,  daß  die  Sepsis  von  den  Ulcerationsprocessen,  den  kleinen, 
von  den  Verff.  erwähnten,  vereiternden,  konfluierten  Tuberkeln  und 
ausgebildeten  kleinen  Kavernen,  bei  denen  leicht  unter  Arrosion  der 
Gefäße  ein  Durchbruch  in  die  Blutbahn  stattfindet,  ihren  Ausgang 
genommen.  Ueber  einen  etwaigen  Zusammenhang  der  Bronchitis 
streptococcica  mit  den  Herden  der  Pneumonia  lobularis  läßt  sich  aus 
den  kurzen  Angaben  der  Verff.  leider  nichts  entnehmen.  — Der  vierte 
Fall  betrifft  einen  12-jährigen  Knaben  mit  ausgedehnter  Lymph- 
drüsentuberkulose,  verkäsender  und  hämorrhagischer  (?)  Tuberkulose 
der  centralen  Lungenpartieen.  Daneben  fand  sich  eine  gangränöse 
Lungenkaverne,  Gangrän  der  Bronchen,  der  Trachea,  des  Larynx  und 
Pharynx,  ulcerierende  Darmtuberkulose,  teils  hämorrhagisch,  teils 
gangränescierend  Darmperforation  und  Zeichen  alter  (Verwachsungen) 
und  frischer  Peritonitis,  Venentuberkel  und  mehrfache  Hämorrhagieen. 
Die  Verff.  nehmen  an,  daß  die  Mikrobien,  welche  diese  Gangrän 
hervorgerufen  haben  — namentlich  ein  Pseudodiphtherie- 
bacillus und  ein  typhusähnlicher  Bacillus  — im  Innern  einer 
Kaverne  gewuchert  sind  und  von  da  aus  die  Schleimhäute  des 
Respirationstrakts  und  die  schon  tuberkulösen  Lymphdrüsen  infi- 
ziert haben.  Babes  hebt  an  dieser  Stelle  hervor,  daß  der  Pseudo  - 
diphtheriebacillus  stets  die  Gangrän  der  Haut  und  Schleim- 
haut begleitet  und  oft  das  einzige  Mikrobion  ist,  welches  man  dabei 
antrifft.  Den  typhusähnlichen  Bacillus  hält  er  für  das  saprogene 
Element  der  Gangrän  und  für  die  Ursache  der  Hämorrhagieen. 
Tuberkelbacillen  wurden  daneben  in  den  tuberkulösen  Prozessen  der 
Organe  nachgewiesen.  Die  Verff.  schließen,  daß  diese  Fälle  ihre 
Studien  über  bakterielle  Associationen  insoweit  vervollständigen , als 
sie  zeigen,  daß  selbst  eine  latente  oder  chronische  Tuberkulose  ohne 
progressive  Tendenz  eine  gewisse  Gefahr  bietet,  da  sie  als  Ein- 
gangspforte für  andere  Infektionen  dienen  könne.  Diese  Fälle 
lieferten  eine  Illustration  dazu,  worin  die  durch  die  Tuberkulose  ge- 
schaffene Disposition  bestehe. 

Ref.  kann  sich  diesen  Ausführungen  der  Herren  Verff.  nicht  an- 
schließen. Er  hält  es  in  diesen  Fällen  durchaus  nicht  für  streng  be- 
wiesen, daß  die  tuberkulösen  Läsionen  wirklich  direkt  als  Eingangs- 
pforte für  die  oben  erwähnten  Infektionen  gedient  haben.  Er  sieht 
darin  nur  Fälle  von  sekundären  Infektionen  bei  bestehender  chronischer, 
zum  Teil  abheilender  Tuberkulose,  wie  sie  häufig  genug  Vorkommen,  also 
Mischinfektionen  mit  Tuberkulose,  ohne  daß  die  tuberkulöse  Läsion 
direkt  als  Ausgangspunkt  verantwortlich  gemacht  zu  werden  brauchte. 
Auf  die  Bedeutung  dieser  Mischinfektionen,  auf  den  schwerwiegenden 
Einfluß  der  Anwesenheit  fremder  Mikrobien  auf  die  Prognose  hat 
u.  a.  Ref.  schon  nachdrücklichst  gelegentlich  seiner  Ausführungen  über 

5* 


68 


Achorion. 


Sputumuntersuchungen1)  hingewiesen.  Daß  es  sich  bei  solchen  Misch- 
infektionen, welche  sich  bei  dem  größten  Teile  aller  Tuberkulosefälle, 
wenn  nicht  bei  allen,  finden  und  oft  tötlich  verlaufen,  durchaus  nicht 
immer  und  auch  nicht  einmal  vorzugsweise  um  Streptokokkeninvasionen 
zu  handeln  braucht,  dafür  bringen  drei  der  Fälle  der  Herren  Verff. 
neue  Belege  bei.  Czaplewski  (Hamburg). 

Neefoe,  C.  H.  und  Unna,  P.  Gr.,  Kritische  Bemerkungen  zum 
Pleochroismus  der  Achorionarten.  (Monatshefte  für 
prakt.  Dermatologie.  Bd.  XVII.  Heft  9.) 

Die  Arbeit  enthält  die  Widerlegung  eines  Vorwurfes,  den 
Sabrazes  den  Autoren  gemacht  hat:  daß  sie  auf  den  Pleomorphis- 
mus des  Pilzes,  der  den  Favus  beim  Menschen  erregt,  nicht  genügende 
Rücksichten  genommen  hätten.  Nebbe  und  Unna  bringen  nun  die 
Kautelen  zur  Sprache,  unter  denen  ihnen  die  Differenzierung  ihrer 
verschiedenen  Arten  des  Favuserregers  gelungen  sei,  und  die  sie  von 
allen  Forschern  beobachtet  wünschen;  ehe  zwei  Favuspilzarten  für 
identisch  gehalten  werden,  müssen  folgende  Bedingungen  erfüllt  sein: 
Es  dürfen  weder  im  Wachstum  auf  derselben  Agarplatte,  noch  auf 
Kartoffeln,  noch  in  dem  peptischen  Verhalten  gegen  Gelatine  und 
Blutserum  Differenzen  vorhanden  sein,  noch  darf  die  mikroskopische 
Beobachtung  des  aus  einer  Spore  gezüchteten  Pilzes  Differenzen  in 
der  Fruchtbildung  zeigen,  und  die  bei  einigen  Favusarten  vorkommen- 
den Kronleuchter-  und  Blasenbildungen  müssen  in  Qualität  und  Quanti- 
tät übereinstimmen. 

Die  nahe  Verwandtschaft  zwischen  dem  Achorion  eutythrix 
und  atacton  einerseits  und  dem  Achorion  acromegalicum, 
demergens  und  cysticum  andererseits  geben  die  Verff.  zu;  da- 
gegen führen  sie  die  Differenzen  zwischen  dem  Achorion  dikroon 
(Unna)  und  dem  Achorion  moniliforme  (Kral),  sowie  die 
zwischen  dem  Achorion  radians(Mibelli)  und  dem  Achorion 
moniliforme  (Kral)  an.  Das  Achorion  moniliforme  hat  kein 
Oberflächenwachstum  auf  Gelatine  und  verflüssigt  erst  in  lx/2  bis 
2 Monaten,  während  sowohl  das  Achorion  dikroon  wie  r a d i a n s 
Oberflächenwachstum  zeigen  und  binnen  3 Wochen  die  Gelatine  ver- 
flüssigen. Auf  Kartoffeln  wächst  das  Achorion  dikroon  erst  nach 
9 Tagen  mit  stecknadelkopfgroßen  Herden,  während  das  Achorion 
moniliforme  schon  nach  1 — 2 Tagen  Wachstum  zeigt  und  hohe 
Faltenbildungen,  welche  beim  Achorion  radians  nie  vorhanden 
sind.  Auf  Blutserum  zeigt  das  Achorion  dikroon  nur  kleinste 
Herde  aus  Rosenkränzen,  welche  das  Achorion  moniliforme 
niemals  hat.  Ebenso  differenziert  sich  das  letztere  durch  sein  Wachs- 
tum auf  Agar  mit  luftmycellosem  Oberflächenrasen  ohne  Zonenbildung 
gegen  das  Achorion  radians,  das  auf  Agar  ein  weißes  Luft- 
polster mit  Zonenbildung  zeigt. 

Um  alle  Zweifel  an  der  Identität  zweier  Pilze  zu  heben,  müssen 


1)  Mitt.  aus  Br.  Brehmer’s  Heilanstalt.  Neue  Folge.  Wiesbaden  (J.  F.  Berg- 
mann) 1890.  p.  160  u.  ff.  und  Czaplewski,  Die  Untersuchung  des  Auswurfs  auf 
Tuberkelbacillen.  Jena  (Gustav  Fischer)  1891.  p.  8,  57 — 58. 


Favus. 


69 


dieselben  auf  derselben  Platte  nebeneinander  gezüchtet  und  die  Agar- 
schnitte der  Kulturen  mikroskopisch  miteinander  verglichen  werden. 

Lasch  (Breslau). 

Biro,  Untersuchungen  über  den  Favuspilz.  (Archiv  für 
Dermat.  u.  Syphilis.  1893.  Heft  VI.) 

Nach  einer  ausführlichen  Einleitung  über  die  bisher  veröffent- 
lichten Mitteilungen  über  das  morphologische,  pathogene  und  Kultur- 
verhalten des  resp.  der  Favuspilze  kommt  der  Verf.  auf  seine  eigenen, 
in  Dr.  Elsenberg’s  Laboratorium  angestellten  Untersuchungen  zu 
sprechen. 

A.  Kulturen:  1)  Bouillonkulturen:  Wenn  B.  ein  Stückchen  Borke 
in  peptonisierte  Fleischbrühe  übertrug,  so  zeigten  sich  im  Brütofen 
bereits  nach  24  Stunden  kaum  wahrnehmbare  Gebilde,  bestehend  aus 
kugelartigem  Rasen  mit  feinen,  weißen  Fäden.  Diese  Gebilde  ver- 
größerten sich  unter  fortwährender  Verlängerung  der  Fäden  allmäh- 
lich, bis  sie  am  10.  Tage  einen  silberartigen  Rasen  mit  vielen  weißen, 
radialen  Emissionen  darstellten.  Außerdem  fand  sich  um  diese  Zeit 
auf  der  Oberfläche  ein  die  ganze  Röhrchenbreite  ausfüllendes,  schnee- 
weißes Häutchen,  dessen  Unterfläche  erst  silberglänzend,  später 
schwefelgelb  war.  Ueberimpfungen  des  Häutchens,  des  Rasens,  so- 
wie eines  anscheinend  von  jenen  Bildungen  freien  Tröpfleins  der 
Fleischbrühe  in  frische  Fleischbrühe  lieferten  dieselben  Gebilde. 

2)  Kartoffelscheibenkulturen:  Ara  3.  Tage  nach  der  Impfung 
entstanden  (bei  37°)  schneeweiße,  polymorphe  Rasen.  Am  6.  Tage 
doppelt  so  groß ; unregelmäßig  gefaltete  Oberfläche.  Die  Unterfläche 
nach  2 Wochen  gelb. 

3)  Fleiscbpeptongelatinekulturen  (Zimmertemperatur) : Es  wurden 
Stücken  einer  Favusborke,  ferner  eine  Bouillonkultur  und  eine  Kar- 
toffelkultur übertragen ; in  allen  Reagenzgläsern  — besonders  von  der 
Borke  aus  — gelbe,  teigartige  Bildungen.  Nach  3 — 4 Wochen  be- 
ginnende Verflüssigung,  in  die  der  Rasen  einsinkt.  Nach  einigen 
Wochen  ist  die  ganze  Gelatine  verflüssigt  und  der  Rasen  sinkt  zum 
Boden  des  Reagenzröhrchens. 

4)  Fleischpeptonagarkulturen  (35 — 37  °):  a)  2 °/0  Fleischpepton- 
agar, in  welches  Bouillon-Gelatine-Kartoflelkulturen  und  Borke  über- 
tragen wird.  Ueberall  dasselbe  Resultat.  Es  bildeten  sich  eine  Reihe 
von  konzentrischen  Kreisen , die  aufeinander  gelagerten  Kränzen 
gleichen,  b)  Mit  Dextrosezusatz:  Die  Kulturen,  sehr  ähnlich  denen 
von  a,  zeigen  einen  verhältnismäßig  spärlichen  Flaum  mit  dicken 
Lufthyphen,  c)  Mit  Nelkenöl:  Die  Kulturen  bestanden  aus  halb- 
kugeligen Erhebungen. 

Unter  den  Fleischpeptonagarkulturen  war  dem  Verf.  eine  mit 
kürzeren  Lufthyphen,  spärlichem,  später  ganz  verschwindendem 
Flaum  und  beständig  grauer  Farbe  aufgefallen.  Es  handelte  sich 
um  die  II.  Varietät  des  Else  n berg’schen  Pilzes;  als  von  dieser 
Kulturen  abgeimpft  wurde,  kamen  wieder  die  Kulturen  der  I.  Va- 
rietät zum  Vorscheine. 

B.  Mikroskopisch  gewähren  die  beiden  Varietäten  Elsenberg’s 
dasselbe  Bild.  Der  Pilz  stellt  ein  Mycel  aus  Fäden  mit  Ausläufern 


70 


Favus. 


vor,  welche  weniger  dick  sind  als  die  Haupthyphen.  Haupt-  und 
Seitenhyphen  bilden  miteinander  verschiedene  Winkel ; sie  haben 
einen  teils  geradlinigen,  teils  gewellten  Verlauf,  bestehen  aus  be- 
sonderen viereckigen  Gliedern,  in  denen  oft  Proteinkörnchen  und 
Fetttropfen  enthalten  sind.  Nächst  den  Hyphen  sind  Sporen  ver- 
streut. Die  Hypheu  teilen  sich  oft  gabelig,  die  Enden  sind  ein  wenig 
verjüngt,  zuweilen  mit  kolbigen  Endanschwellungen  mit  glänzender 
Wand  und  körnigem  Inhalte. 

C.  Färbung  des  Pilzes:  B.  hat  teils  in  situ,  teils  auf  dem  Ob- 
jektträger gefärbt;  die  besten  Resultate  hatte  er  mit  Eosin  und  Hä- 
matoxylin;  doch  empfiehlt  er,  da  jede  Färbung  eine  Schrumpfung 
verursacht,  die  Präparate  ungefärbt,  und  zwar  am  besten  auch  ohne 
die  stark  aufquellende  Kalilauge  in  einem  Tröpfchen  Bouillon  zu 
untersuchen. 

D.  Die  Entwickelung  des  Pilzes:  Der  Verf.  hat,  um  die  Ent- 
wickelung recht  genau  verfolgen  zu  können,  dieselbe  mittelst  der 
Pf  e if f er ’schen  Kammer  beobachtet.  Seine  ausführlichen  Mitteilun- 
gen verdienen  im  Originale  nachgelesen  zu  werden;  sie  würden  hier 
zu  weit  führen. 

E.  Impfversuche:  Der  erste  an  sich  selbst  vorgenommene  Ver- 
such befriedigte  den  Verf.,  obwohl  er  an  den  Haaren  Pilze  nach- 
weisen  konnte,  nicht,  da  das  Krankheitsbild  infolge  von  Maceration 
der  Haut  und  nachfolgendem  Ekzem  getrübt  war.  Dagegen  gaben 
die  folgenden  an  Patienten  vorgenommenen  Impfungen  schöne,  posi- 
tive Resultate. 

Der  Verf.  stellte  nun  Versuche  mit  den  ihm  von  Unna  zuge- 
schickten Pilzarten  an,  und  zwar  zuerst  auf  dem  von  Unna  ange- 
gebenen Nährboden.  Die  ursprünglich  deutlichen  Differenzen  an 
seinen  Pilzen  verringerten  sich  bei  jeder  neuen  Ueberimpfung  immer 
mehr  und  nach  langzeitigen  Ueberimpfungeu  auf  seine  eigenen  Nähr- 
böden konnte  Biro  konstatieren,  daß  kaum  noch  Unterschiede  be- 
standen. Die  mikroskopische  Untersuchung  lieferte  identische  Bilder 
aller  3 Arten,  d.  h.  des  Achorion  eutythrix,  des  Ach  orion 
atacton  und  des  Biro’schen  Pilzes. 

Bei  den  vergleichenden  Impfversuchen  erhielt  B.  einmal  von  allen 
3 Pilzen  nur  herpetische  Efflorescenzen,  das  zweite  Mal  an  der  Impf- 
stelle des  Ach.  eutythrix  und  seines  Pilzes  klassische  Borken  mit 
gleich  intensiven  umgebenden  Entzündungserscheinungen,  die  viel 
stärker  waren,  als  an  der  Impfstelle  des  Ach.  atacton,  an  der  es 
zur  Favuseruption  nicht  kam. 

Der  Entwickelungsprozeß  des  Favus  ist  nach  B.  folgender:  Die 
Parasiten  dringen  in  die  Haarschläuche  ein,  der  Pilz  bahnt  sich  den 
Weg  zwischen  dem  Haarschlauche  und  der  umgebenden  Hautpartie, 
hebt  die  Epidermis  empor  und  leuchtet  durch  die  emporgehobene 
Epidermisschicht  als  gelbes  Pünktchen  hervor.  Mit  dem  Wachstumc 
der  Kolonie  wird  die  Erhebung  größer,  nach  gewisser  Zeit  springt 
die  Epidermisschicht  und  es  kommt  zur  Bildung  einer  Borke. 

Zum  Schluß  wirft  der  Verf.  die  Frage  auf,  ob  nicht  die  sowohl 
bei  Impfuugen  wie  auch  sonst  im  Krankheitsbilde  häufig  beobach- 
teten herpesartigen  Efflorescenzen  als  eine  antagonistische  Erscheinung 


Favus. 


71 


aufzufassen  seien,  mit  der  der  Körper  den  schädlichen  Wirkungen 
des  Pilzes  einen  Widerstand  entgegenstellt. 

Als  Resultate  seiner  Untersuchungen  stellt  B.  folgendes  fest:  Der 
Favuspilz  zeichnet  sich  durch  verschiedenartiges  Verhalten  auf  ver- 
schiedenen Nährböden  aus. 

Die  anscheinend  verschiedenen  Favuskulturen  verlieren  gewisser- 
maßen ihre  Differentialzeichen  nach  langzeitiger  Ueberimpfung  auf 
demselben  Nährboden. 

Wir  haben  keinen  Grund,  zu  behaupten,  daß  es  mehrere  Favus- 
pilze giebt.  Lasch  (Breslau). 

Jefsner,  Favusstudien.  II.  (Berl.  klin.  W7ochenschr.  1893.) 

Jeßner  hat  im  ersten  Teile  seiner  Favusstudien  nachgewiesen, 
daß  morphologisch  zwar  das  Ach orion  atacton  (Unna  III)  und 
Achorion  eutythrix  (Unna  I)  identisch,  wohl  aber  vom 
Achorion  dikroon  (Unnall)  und  dem  Kräl’schen  Achorion 
Schoenleinii  verschieden  seien,  daß  es  somit  möglich  sei,  aus 
Favus  scutulis  differente  Pilze  zu  züchten;  er  will  nun  in  der  vor- 
liegenden Studie  besprechen,  ob  diese  morphologisch  verschiedenen 
Hyphomyceten  Favus  zu  erzeugen  vermögen,  ob  die  verschiedenen 
Pilze  verschiedene  oder  gleichartige  Erkrankungen  hervorrufen. 

Bekanntlich  hat  Unna  mit  allen  3 Pilzen  bei  Tieren  Favus- 
erkrankungen hervorrufen  können  (beim  Menschen  gelang  es  mit 
dem  A.  dikroon  nicht)  die  jedoch  von  einander  verschieden 
waren  und  von  ihm  als  Favus  griseus  (durch  das  A.  euty- 
thrix), Favus  sulfur,  celerior  (A.  atacton),  Favus  sulfur. 
tard.  (A.  dikroon)  benannt  wurden.  Mit  dem  Kral’ sehen 
Achorion  hatte  Pick  beim  Menschen  Scutula  mit  dem  von 
Köbner  beschriebenen  herpetischen  Vorstadium  erzeugt. 

Die  ersten  von  Jeßner  angestellten  Impfversuche  fielen  negativ 
aus,  weil  infolge  der  von  ihm  vorgenommenen  Desinfektion  (mit  Seifen- 
spiritus, Alkohol  und  Aether)  eine  starke  Schuppung  eingetreten  war. 
Er  beschränkte  sich  daher  später  darauf,  die  Haare  kurz  abzuschnei- 
den und  dann  ein  Stück  der  Agarkultur  fest  in  die  Haut  einzureiben, 
wobei  er  die  oberflächlichen  Hornschichten  mit  der  flachen  Seite  der 
Messerklinge  entfernte. 

Die  Resultate  der  Impfungen,  die  im  Nacken,  an  den  Ohren 
und  den  Seitenteilen  des  Abdomens  (U  nn  a)  ausgeführt  wurden,  waren 
folgende : 

I.  Achorion  eutythrix  (Unnal).  Nach  einer  Inkubation 
von  ca.  9 Tagen  entstanden  an  den  Impfstellen  kleine,  von  Haaren 
durchwachsene  Scheiben,  die  sich  allmählich  zu  kleinen  Hügeln  ver- 
dichten, sich  vergrößerten  und  konfluierten.  Die  gelben  Massen  be- 
standen mikroskopisch  aus  Pilzen.  Damit  scheint  dem  Verf.  der  Be- 
weis erbracht,  daß  das  A.  eutythrix  ein  echter  Favuspilz  ist. 

II.  Achorion  atakton  (Unna  III)  zeigte  sich  dem  Verf.  wie 
in  morphologischer  so  auch  in  pathogener  Hinsicht  mit  I identisch. 
Bei  den  durch  diese  beiden  Pilze  hervorgerufenen  Favuserkrankungen 
trat  stets  — meist  sehr  schnell  — spontane  Heilung  ein. 

III.  Achoriou  dikroon.  Mit  diesem  Pilze  gelangen  die 


72 


Lepra.  — Skorbut. 


Impfungen  nur  sehr  schwer;  erst  nach  sehr  vielen  negativen  Versuchen 
erhielt  Jeßner  bei  2 Meerschweinchen  nach  ca.  11-tägiger  Inkubation 
einen  schön  ausgebildeten  Favus,  der  an  Farbe,  Konsistenz,  Verlauf 
dem  durch  die  anderen  Pilze  erzeugten  Krankheitsbilde  vollkommen 
identisch  war.  Ein  gleiches  Resultat  erhielt  er  an  einem  Hahnen- 
kamme nach  einer  Einreibung  einer  Agarkultur  von  A.  dikroon  und 
A.  Schön  lein  ii  Kral. 

Damit  ist  für  Jeßner  die  Frage  beantwortet,  daß  es  morpho- 
logisch differente  Favuspilze  giebt. 

Zum  Schlüsse  macht  der  Verf.  darauf  aufmerksam,  daß  es  wohl 
denkbar  sei,  daß  die  verschiedenen  Pilze  dieselbe  Abstammung  haben 
und  Endprodukte  einer  Metamorphose  sind,  die  sie  unter  dem  Ein- 
flüsse geänderter  Lebensbedingungen  erlitten  haben.  Vielleicht  spielt 
der  Herkunftsort,  resp.  die  klimatischen  Verhältnisse  dabei  eine  Rolle 
und  es  wäre  dann  sehr  einleuchtend,  warum  Forscher,  die  nicht  wie 
aus  allen  Himmelsrichtungen  ihr  Material  bezogen  haben,  sondern 
nur  aus  einer  bestimmten  Gegend,  stets  nur  den  gleichen  Pilz 
züchteten.  Lasch  (Breslau). 

Pindikowski , Ueber  eine  in  Deutschland  bestehende 
Lepraendemie.  (Dtsch.  med.  Wochenschr.  1893.  No.  40.) 

Nach  Ermittelungen,  welche  mit  Hilfe  der  Verwaltungsbehörden 
angestellt  wurden,  leben  im  Kreise  Memel  unter  der  litauischen 
Landbevölkerung  zur  Zeit  9 Aussatzkranke,  denen  sich  4 in  den  letzten 
Jahren  Verstorbene  anreihen.  6 derselben  betreffen  je  1 Familien- 
mitglied, zweimal  handelt  es  sich  um  2,  einmal  um  3 Fälle  in  einer 
Familie.  Sämtliche  Kranke  haben  niemals  außerhalb  des  Kreises 
gewohnt  oder  vorübergehenden  Aufenthalt  in  Lepragegenden  gehabt. 
Die  ersten  Erkrankungen  wurden  im  Jahre  1878  beobachtet  und  be- 
treffen ein  seitdem  verstorbenes  Brüderpaar.  Alle  Fälle  gehören  der 
tuberösen  Form  an. 

Nach  ungefährer  Schätzung  beziffert  sich  die  Menge  der  Lepra- 
kranken in  Westeuropa,  Norwegen  eingerechnet,  auf  3000,  in  Frank- 
reich und  Süditalien  zusammen  auf  300.  K übler  (Berlin). 

Babes,  Ueber  einen  die  Gingivitis  und  Hämorrhagieen 
verursachenden  Bacillus  bei  Skorbut.  (Dtsch.  med. 
Wochenschr.  1893.  No.  43.) 

Eine  Skorbutepidemie  in  einem  rumänischen  Reiterregimente  ver- 
schaffte dem  Verf.  Gelegenheit  zu  bakteriologisch-histologischen  Unter- 
suchungen. Als  Ausgangsmaterial  für  dieselben  diente  vorzugsweise 
Blut  von  den  Kranken;  außerdem  wurden  bei  2 derselben  Gewebs- 
stückchen vom  Zahnfleischrande  excidiert. 

Ein  Gewebsstückchen  dieser  Art  wurde  gewaschen,  oberflächlich 
sterilisiert,  im  sterilen  Mörser  verrieben,  in  Bouillon  aufgsschwemmt 
und  2 Kaninchen  in  die  Blutbahn  injiziert.  Beide  Tiere  starben 
nach  6 bezw.  8 Tagen.  Bei  dem  einen  derselben  fanden  sich  zahl- 
reiche kleine  Blutungen  im  Unterhautgewebe  und  den  serösen 
Häuten,  bei  dem  anderen  Ekchymosen  in  der  Muskulatur  an  den 
serösen  Häuten,  in  der  Leber,  blutige  Durchsetzung  des  Zwölffinger- 


Lepra.  — Skorbut. 


73 


darmes  und  verschiedener  anderer  Darinteile,  ausgedehnte  Blutungen 
im  Unterhautgewebe  der  linken  Bauchseite,  bei  den  Föten  (das  Tier 
war  trächtig)  punktförmige  Blutaustritte  im  Unterhautgewebe  und 
den  serösen  Häuten. 

An  dem  gehärteten  und  mit  verschiedenen  Farben  behandelten 
Zahnfleischgewebe  derSkorbutkranken  waren  bei  mikro- 
skopischer Untersuchung  die  folgenden  Schichten  von  außen  nach 
innen  zu  unterscheiden : 1)  Größtenteils  vom  Epithel  entblößte,  mäßig 
dicke,  diphtheriemembranähnliche,  blasse  Schicht  mit  wenigen  Kern- 
fragmenten  und  verschiedenen  Bakterien,  namentlich  Streptokokken. 
2)  0,1  mm  dicke,  strukturlose  Schicht,  welche  bei  Färbung  mit 
Loefflerblau  sich  als  Filz  von  krummen,  oft  wellig  gebogenen,  langen, 
äußerst  feinen  Bacillen  erweist.  Dieselben  erstrecken  sich  in  Form 
von  Büscheln  oder  Bacillenzügen  auch  in  die  tieferen  Gewebsteile 
und  in  die  oberflächliche  Schicht,  lassen  in  der  letzteren  aber 
körnigen  Zerfall  erkennen.  3)  Ein-  und  mehrkernige  Rundzellen. 
4)  Durch  Oedem  und  körniges  Exsudat  aufgeschwelltes  Schleimhaut- 
gewebe mit  zahlreichen  Bacillen  der  unter  2)  beschriebenen  Art.  In 
den  Gefäßwandungen  und  ihrer  Umgebung  geschwellte  Spindelzellen 
mit  retikuliertem  und  durch  Methylenblau  gut  färbbarem  Proto- 
plasma. 5)  Stark  erweiterte  größere  Gefäße.  In  ihren  Wandungen  große 
Spindelzellen.  In  dem  die  Gefäße  strotzend  anfüllenden  Blute  ver- 
schiedene Zellenmassen,  reichliche  mehrkernige  Leukocyten,  Endo- 
thelien  und  Mastzellen.  Im  Gewebe  gleichfalls  Mastzellen,  aber  keine 
Bakterien. 

Die  subkutanen  Blutaustritte  bei  Kaninchen  fanden 
sich  vorzugsweise  in  der  Nähe  von  erweiterten  Gefäßen  mit  zellig 
veränderten,  d.  h.  aus  Spindelzellen  zusammengesetzten  Wandungen, 
und  zwar  vielfach  in  der  Umgebung  von  Schweißdrüsen.  Die  roten 
Blutkörperchen  waren  gequollen  oder  körnig  zerfallen,  die  Leuko- 
cyten besaßen  fragmentierte  Kerne.  Bakterien  fehlten  hier,  fanden 
sich  indessen  in  den  Lungenalveolen  und  innerhalb  großer,  gefärbter 
und  zuweilen  rote  Blutkörperchen  einschließender  Zellen  in  dem  Blute 
der  erweiterten  Lungenkapillaren,  ferner  innerhalb  der  Pulparäume, 
der  Milz  und  in  den  Blutaustritten  im  Gewebe  der  Leber.  Die  stark 
blutreiche  Milz  enthielt  viele  Spindelzellen,  in  den  Kapillaren  aber 
auch  Pfropfe  von  Bacillen  der  Kaninchenseptikämie.  Die  letzteren 
fanden  sich  auch  in  der  Leber. 

Die  Zahnfleischbacillen  werden  von  Babes  als  0,3  (x 
breite  und  3 /x  lange,  gekrümmte,  an  ihren  Ecken  zugespitzte  Stäb- 
chen beschrieben,  welche  als  junge  Individuen  die  Gestalt  von  Doppel- 
bakterien zeigen,  dann  aber  zu  welligen  Fäden  auswachsen  und  meta- 
chromatische Körperchen  bilden.  Dieselben  sind  rund  oder  kolben- 
förmig, übertreffen  die  Bakterien  an  Dicke  und  finden  sich  endständig 
oder  in  regelmäßigen  Abständen,  besonders  an  den  Teilungsstellen 
der  Bacillen.  Sie  färben  sich  mit  Methylenblau  dunkelviolett,  während 
die  Bacillen  selbst  sich  sehr  schwach  mit  Rubin  färben  lassen. 
Gramfärbung  gelingt  nicht. 

Die  Züchtung  der  Bacillen  machte  Schwierigkeiten.  Auf  Gelatine 
bei  Zimmertemperatur  blieb  jedes  Wachstum  aus.  Auf  Agarplatten 


74 


Ikterus. 


erschienen  vorwiegend  Kolonieen  eines  Streptococcus,  welcher 
von  der  Oberfläche  des  Zahnfleisches  stammte.  Dazwischen  konnten 
einige  größere,  mehr  gelbliche  Kolonieen  mit  der  Lupe  erkannt  werden, 
welche  dem  gesuchten  Bacillus  angehörten.  Die  Verwendung  der- 
selben zu  Reinkulturen  gelang  anfangs  nicht;  nach  Uebertragung 
derartiger  Kolonieen  wuchs  auf  der  neuen  Platte  entweder  gar  nichts 
oder  wieder  ein  Gemenge  von  Kolonieen,  welche  zum  größten  Teile 
dem  Streptococcus  und  nur  vereinzelt  dem  Zahnfleischba- 
cillus angehörten.  Dagegen  hatte  die  Verwendung  von  Glycerin- 
agar, welcher  dem  Streptococcus  als  Nährboden  gedient  hatte 
und  dann  sterilisiert  worden  war,  den  Erfolg,  daß  sich  langsam 
Kolonieen  des  Bacillus  darauf  entwickelten.  Sie  erreichten  in 
4 Tagen  die  Größe  eines  Hanfkorns  und  waren  gelblich  durch- 
scheinende, dickteigige,  scharf  umriebene,  steil  erhabene  Auf- 
lagerungen. Die  Züchtung  der  Bacillen  gelang  niemals  bei  22°,  sie 
konnte  andererseits  auch  in  Bouillon  und  auf  Zuckeragar  erzielt 
werden. 

Nach  Injektion  von  Bacillenkulturen  in  Dosen  von  5—10  g gingen 
Kaninchen  und  Meerschweinchen  zum  Teil  nach  6—10  Tagen  ein. 
Bei  diesen  wie  bei  anderen  in  gleicher  Weise  infizierten  Tieren,  welche 
5 — 7 Tage  nach  der  Injektion  getötet  wurden,  fanden  sich  punkt- 
förmige Hämorrhagieen  im  subkutanen  Gewebe  und  auf  den  serösen 
Häuten.  An  der  Injektionsstelle  entstand  in  der  Regel  ein  von 
hämorrhagischem  Gewebe  umgebener,  bakterienfreier  Absceß. 

Der  vorher  erwähnte  S t rep tococcus  schien  allein  nicht  viru- 
lent zu  sein,  verursachte  indessen  in  der  Regel  eine  tötliche  hämorrha- 
gische Infektion,  wenn  er  in  Mischung  mit  den  Zahnfleisch- 
bacillus injiziert  wurde. 

Babes  sieht  in  dem  Zahnfleischbacillus  den  Erreger  des 
Skorbuts.  Er  nimmt  an,  daß  der  Bacillus  eine  Nekrose  am  Zahn- 
fleischrande erzeugt  und  durch  Giftwirkung  eine  Proliferation  der 
fixen  Bindegewebszellen  und  der  Gefäßwände  anregt,  ohne  selbst 
mit  diesen  in  unmittelbare  Berührung  zu  kommen.  Er  vermutet 
ferner,  daß  der  Bacillus,  welcher  auch  von  Miller  nach  dessen 
Beschreibung  schon  gefunden  worden  zu  sein  scheint,  aber  bisher 
nicht  kultiviert  wurde,  ein  häufiger  Bewohner  der  Mundhöhle  ist,  zur 
Entfaltung  seiner  pathologischen  Wirkung  aber  nur  bei  Herabsetzung 
der  Widerstandskraft  des  Organismus,  bezw.  bei  Veränderung  der 
Organsäfte  günstige  Bedingungen  findet.  Auf  diese  Weise  würde  es 
sich  erklären,  daß  der  Skorbut  vorzugsweise  Personen  heimsucht, 
welche  durch  Strapazen  geschwächt  oder  längere  Zeit  hindurch  in 
einseitiger  Weise  ernährt  worden  sind.  Kübler  (Berlin). 

Jaeger,  H.,  Die  Aetiologie  des  infektiösen  fieberhaften 
Ikterus  (Weil’sche  Krankheit).  Ein  Beitrag  zur 
Kenntnis  septischer  Erkrankungen  und  der  Patho- 
genität der  Proteusarten.  (Zeitschr.  f.  Hygiene.  Bd.  XII. 
p.  525.) 

Jaeger  fand  Gelegenheit,  in  Ulm  eine  Reihe  von  Fällen  der 
Weil’schen  Krankheit  zu  beobachten,  jener  von  Weil  1886  beschrie- 


Ikterus. 


75 


benen  Infektionskrankheit,  die  mit  Beteiligung  der  Nieren,  der  Milz 
und  des  Centralnervensystems  unter  schwerem  Ikterus  und  hohem 
Fieber  verläuft.  Drei  Fälle,  die  zur  Sektion  kamen,  gaben  ein  gaDz 
ähnliches  Ergebnis,  wie  die  wenigen  anderen  bisher  beschriebenen, 
ein  Ergebnis,  wie  es  auch  bei  akuter  gelber  Leberatrophie  und  bei 
Gelbfieber  gefunden  wird.  Es  fand  sich  Ikterus,  blasse,  fettig 
infiltrierte  bezw.  degenerierte  Leber,  Verwischung  des  acinösen  Baues 
und  kleinzelliger  Infiltrationen  im  Gewebe.  Ferner  Verfettung  und 
trübe  Schwellung  der  Nierenepithelien,  sowie  auch  hier  kleinzellige 
Infiltrationen;  akute  parenchymatöse  Nephritis;  größere  und  kleinere 
Hämorrhagieen  in  den  verschiedenen  Organen  und  schließlich  mäßige 
Milzschwellung.  In  einem  Falle  zeigten  sich  im  Darme  starke 
Injektion  der  Gefäße,  zahlreiche  Hämorrhagieen  und  oberflächliche 
Erosionen  der  Schleimhaut. 

Zwei  von  diesen  3 Fällen  wurden  bakteriologisch  untersucht.  In 
den  Organen  fand  sich  eine  besondere  Art  von  Bacillen.  Dieselben 
Organismen  wurden  bei  4 von  6 Kranken  durch  die  Kultur  aus  dem 
Harne  gewonnen,  bei  dem  fünften  nur  mikroskopisch  im  Urine  nach- 
gewiesen, bei  dem  sechsten  waren  sie  wahrscheinlich  in  einer  Glycerin- 
agarkultur vorhanden,  aber  ihre  Isolierung  gelang  nicht. 

Leber,  Nieren  und  Milz  zeigten  sich,  besonders  bei  dem  einen 
Patienten,  ganz  massenhaft  mit  Bacillen  durchsetzt,  zumal  in  den 
Nieren  konnte  man  in  jedem  Schnitte  ganze  Blutgefäße  von  dicken 
Bacillen  vollgestopft  sehen,  daneben  lagen  die  Organismen  aber  auch, 
frei  im  Gewebe  in  unabsehbarer  Menge.  Am  besten  gelang  die  Dar- 
stellung derselben  bei  3 — 5 Minuten  langer  Färbung  mit  Karbol- 
fuchsin und  schneller  Weiterbehandlung  mit  Essigsäure  und  Alkohol, 
weil  die  Bacillen  den  Farbstoff  sehr  leicht  wieder  verlieren. 

Die  Bacillen  erschienen  im  Gewebe  als  Kurzstäbchen,  bekamen 
bei  der  genannten  Färbung  einen  gelblich-roten  Ton  und  zeichneten 
sich  aus  durch  etwas  intensiver  gefärbte,  abgerundete  Enden,  eine 
meist  leichte  Krümmung  und  endlich  durch  eine  eigentümliche  Trans- 
parenz, bedingt  durch  ihre  geringe  Tenacität  für  die  Anilinfarben.  In 
besonders  gut  gefärbten  Präparaten  trug  jeder  Bacillus  an  seinen 
beiden  Langseiten  borstenförmige  Ansätze;  später  fanden  sich  in 
Kulturen  zahlreiche  seitliche  Geißeln,  deren  Ansätze  genau  mit  diesen 
Borsten  übereinstimmten.  Neben  den  eigentlichen  Bacillen  wurden 
noch  da  und  dort  kürzere  Glieder  bis  zu  eigentlichen  Kokkenformen 
angetroffen,  ja  auch  die  Dicke  dieser  Glieder  wechselte  so  sehr,  daß 
man  glauben  konnte,  verschiedene  Bakterienarten  vor  sich  zu  haben, 
wenn  man  nicht  alle  Uebergangsformen  hätte  beobachten  können. 

Die  Bacillen  zeigten  auf  den  verschiedenen  Nährböden  eine  auf- 
fallende Mannigfaltigkeit  der  äußeren  Form,  einen  Wechsel  zwischen 
Kokkenformen  und  Kurzstäbchen  bis  zu  Scheinfäden.  Weitere  Unter- 
suchungen der  Kulturen  und  häufige  Kontrolle  durch  das  Platten- 
verfahren bewies,  daß  beide  Formen  einer  Mikroorganismenart  an- 
gehörten. Dieselbe  wies  ferner  die  Eigentümlichkeit  auf,  daß  regelmäßig 
ein  Teil  ihrer  Kolonieen  die  Gelatine  verflüssigte,  ein  anderer  nicht; 
beide  Sorten  von  Kolonieen  bestanden  aus  kokken-  und  Stäbchen- 


76 


Ikterus. 


förmigen  Individuen  neben  einander.  Die  Kolonieen  in  der  Tiefe  der 
Gelatine  waren  zuerst  rund,  hellgelb,  scharf  granuliert  und  konturiert; 
später  werden  sie  konzentrisch  geschichtet  wie  Cholerakolonieen,  aber 
ohne  den  ausgeschlagenen  Rand  dieser,  noch  später  erinnerten  sie  an 
Milzbrand.  Die  oberflächlichen  Kolonieen  wuchsen  zuerst  typhusartig, 
bildeten  aber  später  völlig  charakteristische  Proteusfiguren,  aben- 
teuerliche Schnörkel  und  abgeschnürte  selbständige  Inseln.  In  der 
Stichkultur  wruchs  der  Bacillus  cholera-  oder  auch  Fink ler -artig 
unter  grünlicher  Verfärbung  der  Gelatine.  Von  dem  Wachstume  auf 
anderen  Nährböden  ist  zu  erwähnen  der  dunkelbraune  Kulturrasen 
auf  der  Kartoffel,  die  selbst  in  ihrer  ganzen  Substanz  bleigrau  gefärbt 
erschien. 

Mäuse,  mit  dem  Bacillus  subkutan  oder  intraperitonel  infiziert, 
erlagen  nicht  regelmäßig.  Die  Virulenz  der  Bacillen  war  in  den 
einzelnen  Fällen  eine  ganz  verschiedene.  In  den  Organen  der  ge- 
storbenen Mäuse  fand  sich  reichliche  Fettinfiltration  der  Leber-  und 
der  Nierenepithelien  und  oft  Fetttröpfchen  frei  im  Herzblute  und  in 
roten  Blutkörperchen  eingeschlossen.  Es  zeigte  sich  regelmäßig  Milz- 
schwellung, öfters  Hämorrhagieen,  Nekrosenherde  und  Enteritis,  jedes- 
mal eine  eiterige  Conjunctivitis  und  eine  charakteristische  Haltung 
der  Leichen,  ähnlich  wie  bei  der  Mäuseseptikämie. 

Verf.  glaubt,  in  diesem  Organismus,  den  er  Bacillus  pro- 
teus  fluorescens  nennt,  den  Erreger  der  Weil’schen  Krankheit 
gefunden  zu  haben. 

Hueber,  der  schon  vor  Ja  eg  er  das  gleiche  Material  wie  dieser, 
d.  h.  die  Erkrankungen  an  Weil’scher  Krankheit  unter  der  Garnison 
Ulms  bearbeitet  hatte,  lenkte  in  seiner  Publikation  die  Aufmerksam- 
keit darauf  hin,  daß  die  Erkrankten  fast  durchgängig  behaupteten, 
ihre  Krankheit  durch  das  Baden  in  der  Donau  sich  zugezogen  zu 
haben  und  daß  die  Mehrzahl  der  Krankheitsfälle  unter  der  Truppe 
eintraten,  die  am  meisten  mit  dem  Wasser  zu  schaffen  hatte,  den 
Pionieren.  Eine  Epidemie  von  Typhus  mit  Gelbsucht  in  Altona,  die 
Pfuhl  auf  die  Infektion  durch  Elbwasser  zurückführte,  sah  Jaeger 
ebenfalls  für  Weil’sche  Krankheit  an  und  versuchte,  für  Ulm  die 
Möglichkeit  einer  Infektion  mit  den  von  ihm  gefundenen  Organismen 
durch  W7asser  nachzuweisen. 

Die  Untersuchung  des  Donauwassers  ergab,  wie  nicht  anders  zu 
erwarten,  daß,  je  weiter  stromabwärts  an  der  Stadt  entlang  die  Ent- 
nahme stattfand,  desto  größer  die  Keimzahl  war.  Das  Schmutz- 
wasser, welches  durch  die  Arme  der  die  Stadt  durchfließenden  Blau 
in  die  Donau  geführt  wurde,  mischte  sich  aber  nur  langsam  mit  dem 
Donauwasser  und  gerade  dort,  wo  ein  Hauptkanal  der  Blau  mündete, 
lag  die  Militärschwimmanstalt.  Auf  diese  Stelle  richtete  sich  natur- 
gemäß der  Hauptverdacht  bezüglich  der  Infektionsquelle.  Da  aber 
in  der  Civilbevölkerung Ulms  die  Weil’sche  Krankheit  nicht  vorkam,  so 
konnte  in  Ulm  selbst  die  Blau  nicht  das  infektiöse  Material  aufgenommen 
haben.  Bei  weiteren  Nachforschungen  eruierte  Jaeger  nun,  daß  in 
dem  großen  Dorfe  Söflingen,  das  oberhalb  von  Ulm  an  der  Blau  liegt, 
seit  mehreren  Jahren  eine  Geflügelseuche  auftrat,  welche  vorwiegend 


Ikterus. 


77 


im  Frühjahre,  wenn  das  Geflügel  die  Bäche  wieder  aufsuchte,  begann 
und  meist  den  Sommer  über  fortdauerte,  wogegen  sie  im  Winter 
erlosch.  Fünf  Hühner,  Gänse  und  Enten,  welche  dieser  Seuche  erlegen 
waren,  konnte  er  untersuchen.  Es  ergaben  sich  dieselben  patho- 
logisch-anatomischen Veränderungen  wie  beim  Weil’schen  Ikterus 
bei  diesen  Tieren:  Unterhautzellgewebe  und  Mesenterium  ikterisch. 
Leichte  Enteritis  mit  sehr  kleinen  Ekchymosen  auf  der  Schleimhaut, 
in  den  Nieren  kleine  Nekrosenherde  und  Stellen  mit  kleinzelliger 
Infiltration.  Aus  den  Organen  der  Tiere  wurden  Bakterien  kultiviert, 
die  in  allen  morphologischen  und  biologischen  Merkmalen  völlig 
mit  den  vorher  beschriebenen  Organismen  übereinstimmten.  Die 
Geflügelseuche  und  die  Weil’sche  Krankheit  erwiesen  sich  also  als 
anatomisch  und  ätiologisch  identische  Krankheitsprozesse. 

Es  stellte  sich  nun  ferner  aus  den  Notizen  des  Arztes  in  Söf- 
lingen heraus,  daß  auch  hier  einzelne  Fälle  von  W eil’scher  Krankheit 
vorkamen,  und  zwar  besonders  an  dem  Arme  der  Blau,  an  dem  auch 
die  Geflügelseuche  herrschte.  Jaeger  gelang  es  außerdem,  im  Wasser 
der  Blau  selbst  in  Söflingen  seine  Bacillen  nachzuweisen.  Von  einer 
Vorkultur  verdächtigen  Wassers,  die  im  Brütschranke  mit  Bouillon- 
zusatz 2 Tage  gestanden,  wurde  Mäusen  etwas  intraperitoneal  inji- 
ziert. Die  Tiere  starben  unter  den  typischen  Erscheinungen  und 
enthielten  die  Bacillen  in  den  Organen. 

Pathogene  Proteusarten  sind  von  italienischen  Forschern  bereits 
beschrieben  worden.  Jaeger  äußert  die  Vermutung,  daß  es  vielleicht 
ein  italienischer  Proteus  ist,  der  die  Weil’sche  Krankheit  in  Ulm 
bedingt.  Nach  Söflingen  wird  nämlich  viel  italienisches  Geflügel 
importiert  und  die  krepiert  ankommenden  Tiere  werden  mit  zum 
Gartendung  verarbeitet. 

Durch  alles  dies  ist  also  die  Möglichkeit  erwiesen,  daß  von 
Söflingen  aus  durch  die  Blau  die  infektiösen  Keime  nach  der  Militär- 
schwimmanstalt gebracht  werden  können.  Da  die  infektiösen  Stoffe  in 
größeren  zusammenhängenden  Massen  fortgeschwemmt  werden  (Stall- 
streu, Mist,  Tierkadaver),  so  ist  ein  Transport  derselben  in  die  Donau 
sehr  wohl  angängig. 

Jaeger  nimmt  nicht  eine  spezifische  Proteusart  als  Erreger 
der  Weil’schen  Krankheit  an,  vielmehr  können  nach  ihm  alle 
Proteusarten  in  einem  gewissen  Grade  als  pathogen  bezeichnet 
werden.  Die  Artmerkmale  sind  unter  den  speziellen  Lebensbedin- 
gungen dieser  Bakterien  noch  hinreichend  prägnant  zur  Unterschei- 
dung, aber  diese  Artmerkmale  verwischen  sich  bei  saprophytischen 
Existenzbedingungen  relativ  rasch. 

Gewinnen  die  Proteus  arten  durch  mehrmalige  Passage  durch 
den  Tierkörper,  hohe  Temperatur,  reichen  Gehalt  des  Mediums  an 
Stickstoffsubstanzen,  Anwesenheit  anderer  Bakterien  erhöhte  Virulenz, 
so  können  sie  nicht  nur  Intoxikationen,  sondern  auch  schwere  sep- 
tische Infektionen  erregen.  Es  sind  faulende  Substanzen,  die  ja 
immer  Proteus  enthalten,  von  den  öffentlichen  Flußläufen  fern- 
zuhalten, da  Infektionen  durch  das  Baden  in  derart  verunreinigten 
Flußläufen  oder  das  Trinken  daraus  entstehen  können. 

Abel  (Greifswald). 


78 


Osteomyelitis. 


Müller,  Kart,  Ueber  akute  Osteomyelitis.  [Aus  der  chirurgi- 
schen Klinik  zu  Halle  a.  S.]  (Münchener  med.  Wochenschr.  1893. 
No.  47  u.  48.) 

Verf.  bespricht  unter  Berücksichtigung  der  Litteratur  und  auf 
Grund  mehrerer  selbstbeobachteter  und  untersuchter  Fälle  die  Aetio- 
logie  der  akuten  Osteomyelitis.  Dieselbe  stellt  eine  akute  Entzün- 
dung im  Knochenmark  dar  und  kann  in  außerordentlich 
mannigfaltigen,  besonders  nicht  eiternden  Formen  auf- 
treteu.  Die  entzündlichen  Erkrankungen  des  Knochenmarks  lassen 
sich  zunächst  in  chronische  und  akute  scheiden,  die  chronischen 
gehören  fast  alle  in  das  Gebiet  der  Tuberkulose,  außerdem 
werden  sie  bei  Lues  und  bei  Knochenerkrankungen  von  Arbeitern  in 
Perlmutter-  und  Phosphorfabriken  beobachtet.  Die  akuten  Formen 
treten  in  den  verschiedensten  Abarten  auf,  welche  aber  alle  durch 
den  Nachweis  der  Staphylokokken  als  zusammengehöreud  betrachtet 
werden  müssen;  so  kommt  in  erster  Linie  die  subakute  Form  in 
Betracht,  welche  gleichzeitig  und  oft  bei  demselben  Individuum  neben 
der  akuten  beobachtet  wird,  sie  lokalisiert  sich  meist  in  der  Diaphyse 
in  der  Nähe  der  Epiphysen.  Eine  besondere  Form  ist  ferner  die 
recidive,  welche  sich  dadurch  auszeichnet,  daß  jahrelang  nach  der 
Erkrankung  eine  neue  auftritt;  es  handelt  sich  hierbei,  wie  bei  der 
Osteomyelitis  der  Erwachsenen,  um  eine  Wirkung  von  Kokken, 
welche  jahrelang  im  Gewebe  anscheinend  schadlos  schlummernd  zu 
neuer  Virulenz  erweckt  sind,  wofür  Verf.  einen  bakteriologisch  genau 
untersuchten  Fall  beibringt.  Bei  einem  4 Jahre  alten  Ivnochen- 
absceß,  welcher  niemals  Hitze,  Frost  oder  sonstige  Zeichen  eines 
akuten  Beginns  gezeigt  hatte,  konnte  Verf  den  Staphylococcus 
aureus  in  Reinkultur  züchten  und  seine  Virulenz  erweisen.  Weitere 
Abarten  der  Osteomyelitis  sind  die  Periostitis  albuminosa, 
die  trotz  Anwesenheit  von  Staphylokokken  von  einem  serösen  Exsudat 
begleitet  ist,  dann  die  sklerosierende  Osteomyelitis  und 
endlich  die  h ä m or r h a gi  sc h - sep  tisc  h e , bis  jetzt  in  3 Fälen 
beobachtet,  zu  denen  Verf.  einen  neuen  hinzufügt.  Bei  allen  dieen 
mannigfaltigen  Formen  wurden  stets  Staphylokokken  als  Erreger 
nachgewiesen  und  dadurch  ihre  Zusammengehörigkeit  festgestellt. 
Andere  Bakterien,  welche  Osteomyelitis  hervorrufeu  können,  sind  der 
Pneumococcus  (bis  jetzt  in  fünf  Fällen  beobachtet,  wozu  Verf. 
einen  weiteren  hinzufügt),  der  Typhusbacillus  (sechs  Fälle  ver- 
öffentlicht) und  der  Streptococcus  (ebenfalls  sechs  Fälle,  wozu 
Verf.  einen  weiteren  beschreibt).  Doch  sind  diese  drei  letztgenannten 
Bakterien  nach  der  Ansicht  des  Verf.  nicht  imstande,  eine  typische 
Osteomyelitis  hervorzurufen,  sondern  es  handelt  sich  dabei  um  einen 
Prozeß,  welcher  sich  auf  die  Corticalis  und  das  Periost  beschränkt, 
also  um  eine  Ostitis  und  Periostitis,  auch  ist  es  noch  zweifelhaft,  ob 
diese  drei  genannten  Erreger  bei  Tieren  Knocheneiterungen  hervor- 
rufen  können.  Deshalb  hält  Verf.  an  der  einheitlichen  Aetio- 
logie  der  akuten  Osteomyelitis  fest,  sie  ist  lediglich 
das  Werk  von  Staphylokokken.  Als  Eingangspforten  für 
dieselben  sind  kleine  W'unden  oder  Schrunden  an  der  Haut  anzusehen, 


Herpes  zoster. 


79 


von  dort  kommen  die  Kokken  in  die  Blut-  oder  Lymphströme,  werden 
aber  binnen  sehr  kurzer  Zeit  aus  dem  Kreislauf  entfernt  und  in  den 
Organen  mit  verlangsamter  Cirkulation,  der  Milz,  der  Leber  und  dem 
Knochenmark  abgelagert.  Während  die  Leber  und  die  Milz  beson- 
ders eine  außerordentliche  Widerstandskraft  gegen  Kraukheitskeime 
besitzt,  ist  das  Knochenmark,  besonders  bei  jüngern  Individuen,  ein 
sehr  wenig  zum  Kampfe  gegen  Entzündungserreger  disponiertes 
Gewebe,  sodaß  in  das  Blut  aufgenommene  Keime  hier  den  Ort  zur 
Wucherung  finden,  während  sie  an  anderen  Stellen  unschädlich  ge- 
macht werden.  Dieud  on  nd  (Berlin). 

von  Wasielewski,  Herpes  zoster  und  dessen  Einreihung 
unter  die  I n fe k tio  n s k r an kh  ei  te n.  (Correspondenz-Blätter 
des  Allg.  Aerztl.  Vereins  für  Thüringen.  Jahrg.  21.  No.  5.) 

Die  Arbeit  des  Verf.’s  bildet  die  Fortsetzung  und  Vervollständi- 
gung einer  Publikation  von  L.  Pfeiffer,  welche  dieser  auf  den 
Sammelforschungen  des  Thüringer  allg.  ärztl.  Vereins  aufgebaut  hatte 
und  in  der  er  den  Beweis  für  die  parasitäre  Natur  des  Zoster  zu 
erbringen  versucht  hatte.  Dem  Verf.  stand  ein  sehr  reiches  Material 
— 274  Fälle  — zur  Disposition. 

Der  Hauptteil  der  Abhandlung  beschäftigt  sich  damit,  das  Un- 
zulängliche der  allgemein  herrschenden  Ansicht  über  die  Ent- 
stehung des  Zoster  durch  Nerveneinfluß  darzuthun.  Der  Zoster  soll 
bald  durch  eine  Schädigung  der  trophischen  oder  vasomotorischen 
Nerven,  bald  durch  Nervenreizung  oder  durch  Abschwächung  des 
trophischen  Einflusses  zustande  kommen.  Bärensprung  stellte 
die  Theorie  auf,  daß  der  Zoster  auf  Erkrankungen  der  Spinalganglien 
zurückzuführen  ist  und  stets  im  Gebiete  eines  Hautnerven  erscheint. 
Die  klinische  Beobachtung  lehrte,  daß  bisweilen  nach  Verletzungen 
peripherer  Nerven  Zoster  in  dem  entsprechenden  Nervengebiete  auf- 
tritt.  Verf.  fand  in  der  Litteratur  nur  11  Fälle,  die  als  beweisend 
dienen  könnten.  Bedenkt  man  die  Unzahl  von  Nervenverletzungen, 
nach  denen  kein  Zoster  auftritt,  so  liegt  es  viel  näher,  in  jenen 
Fällen  an  das  Entstehen  des  Zoster  durch  eine  von  außen  eindringende 
Schädlichkeit  als  durch  Reizung  des  Nervensystems  zu  glauben.  In 
23  °/0  aller  Fälle  des  Verf.’s  trat  der  Zoster  nicht,  wie  die  allgemein 
angenommene  Bärensprung’sche  Theorie  es  will,  im  Gebiete  eines 
Hautnerven  auf.  In  den  anderen  Fällen  zeigten  oft  nur  geringe  Teile 
eines  Hautnervengebietes  einen  Bläschenausschlag,  die  anderen  Fälle, 
in  denen  der  Zoster  scheinbar  dem  Nervenverlaufe  folgt,  verlieren 
sehr  an  Wert  durch  den  Beweis,  den  Pfeiffer  geführt  hat,  daß 
mit  demselben  Rechte  wie  der  Nervenverlauf  der  Arterienverlauf  für 
die  Erklärung  dieser  eigenartigen  Lokalisationen  in  Anspruch  ge- 
nommen werden  kann.  Neuralgieen  im  Verlaufe  des  Zosters,  deren 
Auftreten  ebenfalls  als  beweiskräftig  für  die  nervöse  Natur  des  Zoster 
gelten  sollte,  ließen  sich  in  weniger  als  der  Hälfte  der  Fälle  nur 
beobachten;  noch  geringer  wird  ihre  Zahl,  wenn  man  die  Fälle  ab- 
rechnet, in  denen  die  durch  den  Hautausschlag  bedingten  Schmerzen 
mit  zu  den  Neuralgieen  gezählt  waren.  — Eben  so  wenig  wie  die  kli- 


80 


Herpes  zoster. 


nischen  Beobachtungen  beweisen  die  anatomischen  für  die  nervöse 
Entstehung,  da  Fälle  von  Zoster  zur  Sektion  gekommen  sind,  in 
denen  das  Nervensystem  ganz  intakt  war.  Werden,  wie  in  einzelnen 
Fällen,  Veränderungen  in  demselben  gefunden,  so  liegt  nach  Ansicht 
des  Verf.’s  eine  Infektion  der  Nervenorgane  allein  durch  den  Erreger 
des  Zoster  vor;  bei  Thymallus  vulgaris  gelang  es  Pfeiffer, 
Myxosporidien  nachzuweisen,  die  in  analoger  Weise  nur  das  Nerven- 
system infiziert  hatten,  ohne  daß  andere  Gewebe  des  Fisches  sich 
erkrankt  zeigten.  — Die  Versuche  der  Physiologen  haben  nichts  für 
die  Ansicht  von  der  Entstehung  des  Zosters  durch  Nerveneinfluß 
beibringen  können. 

Kürzer  behandelt  der  Verf.  die  Beweise  für  die  infektiöse  Natur 
des  Zoster.  Epidemieen  desselben  sind  in  letzter  Zeit  häufiger  beob- 
achtet worden,  so  einmal  in  Breslau  von  Breuer  eine  solche  von  34 
Fällen.  Die  einmal  Befallenen  werden  fast  konstant  später  von  Zoster 
nicht  wieder  heimgesucht.  Wie  bei  den  akuten  Exanthemen  treten 
häufig  Prodromalsymptome  in  Form  von  Unwohlsein,  Uebelkeit  u.  s.  w. 
auf,  ziemlich  häufig  ist  vor  und  auch  noch  nach  dem  Auftreten  des 
Ausschlages  Fieber  vorhanden.  Lokale  Erscheinungen  sind  in  Brennen 
der  Haut  und  in  mehr  oder  minder  starken  Neuralgieen  zu  beobachten. 
In  den  Bläschen  fand  der  Verf.  die  P f e i ff  e r ’schen  Zosterparasiten, 
über  die  er  folgendes  sagt:  „Wenn  man  von  den  klaren,  mit  einem 
serösen  Inhalte  gefüllten  Herpesbläschen  die  Epitheldecke  abhebt 
und  von  dem  Grunde  der  erkrankten  Haut  mit  einem  kleinen  Skal- 
pell Gewebselemente  entfernt  und  auf  einen  Objektträger  bringt,  so 
findet  mau  zwischea  den  normalen  Epithelzellen  stark  vergrößerte 
mit  einem  fremden  Inhalte.  Am  meisten  fallen  dem  Beschauer  die 
am  stärksten  vergrößerten  Epithelzellen  auf,  in  deren  Mitte,  meist 
von  einer  deutlich  sich  abhebenden  Cystenwand  umschlossen,  6 — 8 
diaphane  Körper  liegen.  Bei  genauerem  Zusehen  findet  man  auch 
in  den  wenig  oder  gar  nicht  vergrößerten  Epithelzellen  dieselben 
Körper,  bisweilen  neben  dem  Kern  der  Zelle,  und  man  kann  nun 
leicht  die  Uebergänge  zwischen  diesen  Formen,  die  junge  Zellinfek- 
tion und  die  erstgenannten  reifen  Cysten  nachweisen.  Genauere 
Einzelheiten  kann  ich  den  Angaben  Pfeiffer’s  nicht  zufügen.  Als 
Protozoen  charakterisieren  sie  sich  durch  ihre  in  den  verschiedenen 
Stadien  verfolgbare  Entwickelung  und  ihre  Eigenbewegung,  die  sie 
nach  Verlassen  der  Wirtszelle  auf  dem  erwärmten  Objektträger  aus- 
führen.“ — Sie  zu  erkennen,  soll  nach  dem  Verf.  für  jeden,  der 
Protozoeninfektionen  bei  Tieren  gesehen  hat,  leicht  sein,  doch  haben 
bisher  andere  Untersucher  als  Pfeiffer  und  Wasielewski  die 
Zosterprotozoen  nicht  gesehen  oder  nicht  als  solche  anerkannt.  Zu 
bedauern  ist,  daß  der  Verf.  keine  Uebertragungsversuche  mit  seinen 
Parasiten  vorgenommen  hat,  was  bei  der  Harmlosigkeit  des  Zoster 
ein  ungefährliches  Unternehmen  gewesen  wäre. 

Den  Schluß  der  Arbeit  bildet  die  Beschreibung  eines  Falles  von 
ausgedehntem  Zoster  auf  Rumpf,  Extremitäten  und  Gesicht.  Ein 
Verzeichnis  der  neueren  Zosterlitteratur  ist  angehängt. 

Abel  (Greifswald). 


Herpes  tonsurans.  — Malaria. 


81 


Althansen,  Matthias  Joseph,  Ueber  Verbreitung  und  Be- 
handlung des  Herpes  tonsurans.  [Inaug.-Diss.]  8°.  29  p. 
Bonn  1893. 

Gruby  entdeckte  1842  den  heute  unter  Trichophyton  ton- 
surans bekannten  Pilz  und  beschrieb  ihn  als  Menta  graphyta, 
dem  fast  zu  gleicher  Zeit  Malmsten  einen  angeblich  anderen  als 
den  Erreger  der  Krankheit  gegenüberstellte.  Nach  vielerlei  Zwischen- 
stufen wissen  wir  heute,  daß  sowohl  Herpes  tonsurans  als  auch 
Sycosis  parasitaria  eine  Hautkrankheit  ist,  die  durch  den  Pilz 
Trichophyton  tonsurans  veranlaßt  wird. 

Sechs  Arten  von  Trichophyton  sind  bekannt;  vier  kommen 
beim  Menschen  vor,  zwei  aber  nur  selten.  Am  häufigsten  findet  sich 
ein  Trichophyton  mit  kleinen  Sporen  als  der  gewöhnliche  Ur- 
heber des  Herpes  tonsurans,  wärend  die  Art  mit  großen  Sporen  die 
Trichophytien  des  Bartes  hervorruft;  bei  letzterem  sieht  man  im 
Gegensätze  zu  ersterem  niemals  Sporen  außerhalb  des  Haares. 

Man  unterscheidet  den  Herpes  tonsurans  der  nur  mit  Lanugo 
behaarten  Haut,  den  der  behaarten  Körperteile  und  den  der  Nägel. 

Für  die  erste  Form  ist  die  des  Kreises  charakteristisch ; der  H. 
tonsurans  an  behaarten  Stellen,  besonders  der  Kopf-  und  Brustgegend, 
zeigt  gewöhnlich  auch  kreisförmige  und  schuppende  Stellen,  an  denen 
die  Haare  entweder  durch  die  stark  lichtbrechende  Eigenschaft  der 
Sporen  und  Mycelien  grau  und  glanzlos  werden  oder  abgebrochen 
aus  den  Follikeln  emporragen.  Tiefergreifende  entzündliche  Erschei- 
nungen sind  charakteristisch  für  den  Herpes  tonsurans  des  Bartes, 
die  Sycosis  parasitaria. 

Der  Herpes  tonsurans  der  Nägel  (Onychomycosis  trichophytina) 
zeigt  sich  in  Abschuppung  der  verhornten  Epidermis;  die  Nägel 
werden  durch  Abblätterung  kürzer,  sehen  wie  abgenagt  aus,  weisen 
eine  erdfahle  Farbe  auf  und  werden  vollständig  zerstört. 

Der  Herpes  tonsurans  ist  sehr  leicht  übertragbar  und  in  feuchten 
Jahreszeiten  erheblich  leichter,  als  in  trockenen  Tagen ; feuchte  Woh- 
nungen begünstigen  das  Entstehen.  Von  Haustieren  geht  ungemein 
häufig  das  Kontagium  aus,  namentlich  von  Rind  oder  Pferd  , doch 
überwiegt  die  Uebertragung  von  Mensch  zu  Mensch  durch  Küssen, 
häufiges  Berühren  derselben  Körperstelle,  Rasieren  u.  s.  w. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Bahes,  V.  et  Gtheorghiu,  D.,  Etüde  sur  les  differentes 
formes  du  parasite  de  la  Malaria  en  rapport  avec 
les  differentes  manifestation  s cliniques  de  la  mala- 
die  et  sur  les  modifications  des  6 1 6 m e n t s figurös  du 
sangdans  cette  maladie.  [Travail  de  1’ Institut  de  Patho- 
logie et  de  Bactöriologie  de  Bucarest.  2 Planches.]  (Archives 
de  medecine  experimentale  et  d’  anatomie  pathologique.  1893.  No.  2. 
p.  186.) 

Verff.  kommen  nach  zahlreichen  Untersuchungen  zu  folgenden 
Schlüssen:  Die  Malaria  wird  durch  das  von  Laveran  entdeckte 
Plasmodium  hervorgerufen;  dasselbe  wurde  in  43  Fällen  von 

Bd.  XV.  6 


82 


Malaria. 


Coccidienkrankheit. 


charakteristisch  verlaufender  Malaria  ohne  Ausnahme  gefunden,  nur 
in  einzelnen  chronischen  und  fieberlos  verlaufenden  fehlte  es.  Nega- 
tive Resultate  glauben  Verff.  auf  ungenügende  Uebung  der  Unter- 
suchenden zurückführen  zu  müssen.  Das  Ansteigen  des  Fiebers  hängt 
mit  der  Vermehrung  des  Parasiten  im  Blute  zusammen,  die  Form 
der  Parasiten  ist  bei  den  verschiedenen  klinischen  Formen  der  Krank- 
heit verschieden,  so  bei  der  Quotidiana  im  Winter,  Frühjahr  oder 
Herbst,  Es  besteht  sicher  eine  Beziehung  zwischen  der  Form  des 
Parasiten  der  klinischen  Form  der  Krankheit  und  der  Jahreszeit, 
ferner  der  Zahl  der  Parasiten  und  der  Heftigkeit  des  Falles.  Doch 
möchten  Verff.  wegen  den  beobachteten  Differenzen  nicht,  wie  die 
italienischen  Autoren,  verschiedene  Arten  für  die  verschiedenen 
Krankheitsarten  aufstellen,  sondern  sie  halten  es  für  möglich,  daß 
ein  Teil  dieser  Verschiedenheiten  von  den  Lebenseigenschaften  des 
Parasiten  während  der  einzelnen  Jahreszeiten  einerseits  und  der 
Widerstandskraft  des  Organismus  andererseits  abhängig  ist.  So  ist 
z.  B.  zweifellos  die  einfache  Tertiana  und  die  Quartaua,  ferner  das 
peruiciöse  Sommer-  und  Herbstfieber  von  verschiedenen  Formen  der 
Parasiten  abhängig,  doch  zögern  Verff.  noch,  rückhaltlos  die  Ansicht 
der  italienischen  Autoren  aus  dem  Grunde  anzunehmen,  weil  mau 
oft  verschiedene  Varietäten  in  ein  und  demselben  Falle,  ebenso  ver- 
schiedene Stadien  der  Entwickelung  in  einer  einzigen  Krankheits- 
phase findet;  endlich  deswegen,  weil  es  Fälle  giebt,  wo  der  Typus 
des  Fiebers  beim  Recidiv  wechselt.  Die  spezifische  Behandlung  läßt 
die  Parasiten  aus  dem  Blute  verschwinden,  jedoch  nicht  sofort  im 
Anschluß  an  das  Aufhören  der  Krankheitserscheinungen,  sondern  erst 
nach  Verlauf  von  mehreren  (4 — 5)  Behandlungstagen.  Der  ein- 
gehenden Arbeit  sind  eine  große  Anzahl  farbiger  Zeichnungen  bei- 
gefügt, welche  nach  Photographieen  gemacht  wurden.  Ueber  einzelne 
Details  muß  das  Original  nachgelesen  werden. 

Dieudonn6  (Berlin). 

Felsenthal  und  Stamm,  Die  Veränderungen  in  Leber  und 

Darm  bei  der  Coccidienkrankheit  der  Kaninchen. 

(Virchow’s  Archiv.  Bd.  CXXXII.  p.  36.) 

Die  Verff.  geben  Beschreibungen  der  bekannten  Erscheinungen 
der  Coccidienkrankheit  beim  Kaninchpn,  die  durch  die  vorzügliche 
Darstellung  R.  Pfeiffer’s  erschöpfend  aufgeklärt  ist.  Bemerkens- 
wert ist  ihre  Hypothese  über  die  Entstehung  der  cystadenomartigen 
Höhlen  in  der  Leber.  Nach  den  Verff.  verläuft  der  Prozeß  derart, 
daß  in  irgend  einem  Teile  des  Ductus  hepaticus  eine  Verstopfung 
durch  Coccidien  entsteht,  die  wieder  eine  Dilatation  der  Verzwei- 
gungen des  Ductus  hepaticus  innerhalb  der  Leber  herbeiführt.  Die 
sich  erweiternden  Gallengänge  regen  in  der  Umgebung  zur  Bildung 
von  Granulationsgewebe  an.  Aus  diesem  entwickeln  sich,  wie  bei 
der  Cirrhose,  neue  Gallengänge,  die  mit  den  alten,  bereits  ektatischen 
in  Verbindung  treten  und  dann  selber  wieder  die  beschriebenen  Ver- 
änderungen eingehen.  Die  sich  ausdehuenden  Kanäle  komprimieren 
das  dazwischen  liegende  Gewebe,  schwindet  dasselbe  an  einer  Stelle 


Taubenepizootie. 


83 


gänzlich,  so  entsteht  eine  gemeinsame  Höhle,  in  die  der  Rest  der 
ursprünglich  trennenden  Mittelpartie  als  zottiger  Auswuchs  der  Wand 
hineinragt.  Abel  (Greifswald). 

Willach,  P.,  Eine  durchlnfusorien  verursachteTauben- 
epizootie.  [Aus  dem  pathologischen  Institute  der  tierärztlichen 
Hochschule  zu  Berlin.]  (Archiv  für  wissenschaftliche  und  prak- 
tische Tierheilkunde.  Bd.  XIX.  1893.  Heft  1 u.  2.) 

W.  fand  bei  der  Obduktion  zweier  Tauben,  welche  aus  einem 
Bestände  herrührten,  in  dem  in  letzter  Zeit  mehrere  Tauben  nach 
verhältnismäßig  kurzer  Krankheitsdauer  gestorben  waren,  in  den 
Lungen  je  einen  ca.  10-pfennigstückgroßen,  trüben,  grauroten  Hepati- 
sationsherd, in  dessen  Nähe  die  Bronchien  von  körnigem  Detritus 
erfüllt  waren.  In  der  Leber  machten  sich  zahlreiche  feine  gelbliche 
Pünktchen  bemerkbar;  die  Schleimhaut  des  Darmkanals  war  im 
ganzen  Verlaufe  fleckig  gerötet  und  leicht  geschwollen.  Bei  einer 
der  beiden  Tauben  fanden  sich  außerdem  noch  hirsekorngroße,  gelb- 
liche Knötchen  an  vielen  Stellen  der  Muskulatur  und  ein  Emphysem 
unter  der  Haut  des  ganzen  Halses,  der  Brust  und  des  Rückens, 
ebenso  auch  unter  der  die  Bauch-  und  Brusthöhle  auskleidenden 
Membran.  Die  mikroskopische  Untersuchung  des  Blutes  brachte 
keinen  positiven  Befund , namentlich  ließen  sich  Bakterien  der  Ge- 
flügelcholera nicht  nachweisen.  Auch  eine  mit  dem  Blute  geimpfte 
Taube  blieb  gesund.  Dagegen  wurden  in  dem  nekrotischen  Lungen- 
gewebe, in  den  gelblichen  Knötchen  der  Leber  und  der  Muskulatur 
eigenartige  Organismen  nachgewiesen. 

Die  Parasiten  waren  Infusorien.  Sie  stellten  ovale  Gebilde  dar 
von  Form  und  Aussehen  der  roten  Blutkörperchen  der  Vögel,  jedoch 
etwas  größer  und  von  ausgesprochen  grüner  Farbe  des  Protoplasmas. 
Der  Kern,  schwach  granuliert,  mit  deutlichen  glänzenden  Kern- 
körperchen war  an  der  grünen  Färbung  nicht  beteiligt.  Das  ganze 
Individuum  war  mit  sehr  kurzen,  dicht  gestellten  Wimpern  bekleidet, 
welche  auch  am  Munde  (Peristom)  deutlich  zu  erkennen  waren.  Der 
Mund  stellte  eine  an  einem  Pole  befindliche,  dreieckige  Einbuchtung 
dar.  Ein  After  ließ  sich  nicht  feststellen.  Einzelne  Individuen  ent- 
. behrten  eines  sichtbaren  Kernes,  namentlich  die  kleineren,  die  aller- 
kleinsten waren  kugelrund,  die  größten  längsoval;  alle  ließen  unter 
dem  Mikroskope  langsame,  aber  deutliche  Bewegungen  wahrnehmen. 
Selten  traf  man  zwei  Individuen  aneinanderliegend. 

W.  glaubt  die  beschriebenen  Organismen  der  Unterklasse  der 
Holotrichen  aus  der  Reihe  der  Infusorien  zurechnen  zu  müssen  und 
bezeichnet  sie  wegen  ihrer  grünen  Farbe  und  der  Aehnlichkeit  mit 
Balantidium  als„Balantidium(Paramaecium)  viride“. 
Außer  diesen  wurden  noch  größere  Individuen  von  bräunlich  grüner 
Farbe  gefunden.  Diese  waren  mit  Höckerchen  dicht  besetzt,  die 
Höckerchen  trugen  Wimpern,  an  einem  Pole  befand  sich  die  drei- 
eckige Mundöffnung.  Ob  auch  diese  Form  dem  Balantidium 
viride  zuzurechnen  sei,  läßt  W.  dahingestellt.  Da  sich  trotz  ge- 
nauester Untersuchung  eine  andere  Todesursache  nicht  auffinden  ließ, 

6* 


84 


Parasitische  Vortic  eilen 


und  weil  bei  beiden  Tauben  dieselben  Infusorien  nachgewiesen  wurden, 
so  glaubt  W.  die  letzteren  für  den  Tod  der  Tiere  verantwortlich 
machen  zu  müssen.  Der  Taubenschlag,  aus  welchem  die  erkrankten 
Tiere  stammten,  war  in  letzter  Zeit  mit  Balken  bedeckt  worden, 
welche  den  Winter  über  im  Wasser  gelegen  hatten.  Nachdem  diese 
Balken  wiederum  entfernt  worden  waren,  hörte  die  Epizootie  unter 
den  Tauben  auf.  Die  Infusorien  scheinen  hiernach  mit  den  feuchten 
Balken  in  den  Taubenschlag  verschleppt  worden  zu  sein.  W.  hat 
versucht,  durch  Einstreichen  der  mit  destilliertem  Wasser  verriebenen 
nekrotischen  Lungensubstanz  in  den  Mund  und  in  die  Suborbital- 
höhlen drei  Tauben  zu  infizieren.  Die  Tauben  äußerten  zwar  keine 
auffallenden  Krankheitserscheinungen,  als  jedoch  nach  4 Wochen  eine 
derselben  getötet  wurde,  ließen  sich  einzelne  der  grünen  Gebilde  in 
einem  einzigen  unter  der  Pleura  gelegenen,  hirsekorngroßen,  grauen 
Knötchen  der  Lunge  nachweisen.  Hiernach  scheint  eine  sehr  große 
Menge  Infusorien  erforderlich  zu  sein,  um  eine  tödtliche  Infektion 
hervorzubringen.  A.  Eber  (Dresden). 

Lindner , Beitrag  zur  Kenntnis  parasitischer  Vorti- 
cellen. (Deutsche  med.  Zeitung.  1893.  No.  82.) 

Der  Verf.  rekapituliert  zunächst  im  ersten  Teile  seiner  Arbeit 
die  früher  bereits  mitgeteilten  Resultate  seiner  Untersuchungen  über 
das  Wesen  und  Vorkommen  der  stiellosen  Vorticellen.  Eine  genaue 
Wiedergabe  der  ausführlichen  Beschreibung  würde  den  Rahmen  eines 
Referates  überschreiten,  so  daß  ich  nur  die  notwendigsten  Punkte 
anführen  will. 

1)  L.  fand  die  Kapseln  der  Vorticellen  zuerst  1884  in  sehr  un- 
reinem Brunnenwasser  nahe  bei  Kassel  und  in  den  Dejcktionen 
mehrerer  nach  dem  Genüsse  dieses  Wassers  an  Typhus  erkrankter 
Personen,  sowie  im  Coecalinhalte  anscheinend  gesunder  Schweine;  in 
der  freien  Natur:  in  Schmutz-  und  Abfallwässern  und  Mistjauche  etc. 

2)  Sie  haben  eine  beutel-  oder  schlauchförmige  Gestalt,  eine 
Länge  von  0,09  mm  und  eine  Breite  von  0,04  mm  und  tragen  eine 
vordere  Wimperspirale  und  einen  hinteren  Wimpernkranz. 

3)  Ihr  Nucleus  ist  selten  rund,  meist  länglich,  nierenförmig. 

4)  Ihre  Vermehrung  erfolgt  zum  Teil  durch  Kopulation  von  2 
gleich  großen  Individuen  mit  verschieden  geformten  Kernen  — viel- 
leicht männliche  und  weibliche  Keimzelle;  zum  Teil  erfolgt  die  Be- 
fruchtung des  Nucleus  durch  kleine,  sehr  flinke  Männchen,  welche  in 
jeder  neu  hergestellten  Kulturflüssigkeit  am  2.  oder  3.  Tage  er- 
scheinen, um  nach  3 — 4 Tagen  wieder  zu  verschwinden.  Einfache 
Teilung  hat  L.  selten  beobachtet. 

5)  Temperaturen  über  42 — 45  0 C vertragen  die  Vorticellen 
nicht,  dagegen  können  sie  bis  — 2°  C — und  eingekapselt  sogar 
strenge  Winterkälte  — gut  ertragen. 

6)  Verdünnter  Essig,  3-proz.  Jodtinktur,  stark  verdünnte  Anilin- 
farbenreagentien , die  den  sonst  unsichtbaren  Nucleus  deutlich  mar- 
kieren, tödten  die  Vorticellen  sofort. 

7)  Etwas  besser  vertragen  sie  — besonders  in  encystierter 


Parasitische  Vorticellen. 


85 


Form  — eine  dem  Magensafte  des  Menschen  nachgebildete  saure 
Flüssigkeit. 

8)  Ihre  Nahrung  besteht  aus  eiweißhaltigem  Detritus,  Blutserum, 
Milch,  Lymphe  und  selbst  virulenten  Arten  von  Spaltpilzen.  Die 
Tiere  können  in  Reinkulturen  von  Typhus-  und  Tuberkelbacillen,  ja 
selbst  Choleravibrionen  längere  Zeit  vegetieren. 

9)  Der  Vorgang  der  Einkapselung  erfolgt  unter  höchst  ener- 
gischen Kontraktionen  ihrer  Cuticula,  wobei  sie  in  der  Nähe  vor- 
handene Mikroorganismen  mit  in  sich  aufuehmen. 

10)  L.  fand  die  Vorticellen  sehr  häufig  im  Schleimhautsekret 
bei  Nasen-  und  Rachenkatarrhen  und  auf  der  behaarten  Kopfhaut 
des  Menschen,  wo  dieselben  schmarotzen  und  eine  ekzemartige  Haut- 
affektion hervorrufen.  Es  ist  dem  Verf.  gelungen,  durch  Ueber- 
tragung  vorticellenhaltiger  Flüssigkeit  auf  die  Kopfhaut  nicht  nur  ein 
ekzemartiges  Exanthem,  sondern  auch  bei  Excoriation  der  Epidermis 
entzündliche  Reizung  der  Lymphgefäße  mit  Schwellung  der  Drüsen 
hervorzurufen. 

11)  Gegen  Fäulnis  und  Austrocknen  sind  die  Tiere  enorm  wider- 
standsfähig. 

12)  Sie  kommen  in  Bächen,  Flüssen,  Schlammboden  etc.  vor, 
scheinen  einesteils  die  daselbst  wuchernden  Bakterien  vertilgen  zu 
helfen,  andererseits  übertragen  sie  dieselben  auf  Menschen  und  Tiere 
durch  ihre  damit  imprägnierten  Kapseln. 

Bei  seinen  in  neuerer  Zeit  vorgenommenen  Kulturversuchen  fand 
L.  zunächst  die  Entwickelung  eines  Kahmhäutchens  mit  schillerndem 
Glanze  auf  der  Oberfläche  des  Nährsubstrates;  in  demselben  sah  er 
kleine  runde  Körper  sich  sehr  lebhaft  hin  und  her  bewegen.  Die- 
selben waren  3— 6 mal  kleiner  als  die  Blutkörperchen  und  vermehrten 
sich  rasend  schnell;  dazwischen  fand  er  oft  Bacillen,  Spirillen  etc. 
Wenn  diese  letzteren  überwuchern,  so  findet  man  nur  die  niederen 
Entwickelungsstufen  der  Vorticellen,  nämlich  kokken-  und  cercomo- 
nadenartige  Formen,  die  sich  ebenso  wie  die  Bakterien  selbständig 
durch  Teilung  zu  vermehren  scheinen.  Wenn  aber  die  runden 
Mikrobien  die  Oberhand  behalten,  so  geht  die  Entwickelung  zu 
großen  Vorticellen  schnell  vor  sich. 

Die  enorme,  oben  erwähnte  Resistenzfähigkeit  der  Vorticellen 
gegen  Eintrocknung  gab  dem  Verf.  das  Mittel  an  die  Hand,  sich 
Reinkulturen  zu  verschaffen,  indem  er  Holzstäbchen  in  die  Kahmhaut 
eintauchte  und  dieselben  4,  resp.  8,  resp.  12  Wochen  eintrocknen 
ließ,  während  welcher  Zeit  die  Spaltpilze  abgestorben  waren,  während 
er  gut  entwickelte  Vorticellen  innerhalb  von  36,  resp.  15,  resp.  12 
Stunden  nach  der  Uebertragung  in  geeignete  Nährflüssigkeit  erhielt. 
Mittelst  dieser  Stäbchen  ist  es  L.  auch  gelungen,  vollständige  Rein- 
kulturen der  Vorticellen  in  ihren  niedersten  Entwickelungsstufen  her- 
zustellen. Dieselben  niedersten  Entwickelungsformen  der  Vorticellen 
fand  der  Verf.  im  Blutserum  eines  Schweines  und  er  war  imstande, 
aus  denselben  durch  Uebertragen  in  verdünnte  Fleischbrühe  in  7 — 8 
Tagen  gut  entwickelte,  sich  zahllos  vermehrende  Vorticellen  zu  er- 
halten. 


86 


Myxosporidien. 


Sehr  interessant  ist  Lindner’s  Wahrnehmung,  daß  die  leben- 
den stiellosen  Vorticellen  in  dem  Bindegewebe  der  tierischen  Muskel- 
bündel eine  Strecke  weit  fortwandern,  ehe  sie  sich  einkapseln. 

Zum  Schlüsse  macht  L.  noch  einmal  darauf  aufmerksam,  welche 
wichtige  hygienische  Rolle  die  Vorticellen  spielen  können,  wenn  sie 
zur  Zeit  einer  Epidemie  gelegentlich  der  Einkapselung  die  patho- 
genen Bakterien  in  sich  aufnehmen,  wobei  dieselben  längere  Zeit 
lebensfähig  bleiben  und  massenhaft  durch  die  Luft  verschleppt 
werden  können.  Lasch  (Breslau). 

Gurley,R.  R.,  On  the  Classification  of  the  Myxosporidia, 
a group  of  protozoan  parasites  infesting  fishes. 
(Bull,  of  the  U.  S.  Fish  Comm.  for  1891.  p.  407 — 420.  Washington 
1893.) 

Wenn  es  uns  auch  noch  verfrüht  erscheint,  eine  Klassifikation 
der  noch  so  wenig  bekannten  Myxosporidien  vorzunehmen,  so  sind 
unsere  Kenntnisse  doch  immerhin  vorgeschritten  genug,  daß  man 
einen  Versuch  wagen  kann ; bei  dieser  Gelegenheit  hat  der  Verf. 
einer  ganzen  Anzahl  namenlos  in  der  Litteratur  geführter  Formen 
zu  ihrer  Taufe  verholfen,  was  uns  an  und  für  sich  ein  großer  Gewinn 
zu  sein  scheint,  wenn  es  mit  einiger  Umsicht  und  Vorsicht  geschieht. 

Gegenüber  Thelohan  (1892),  der  4 Gruppen  unter  den  Myxo- 
sporidien bildet,  teilt  unser  Autor  dieselben  in  2 Ordnungen: 

I.  Ordo  Cry p tocystes  *). 

1.  Fam.  Glugeidae  n.  f. 

1.  Gen.  Glugea  Thel.  1891.  (Gl.  anomala  Moniez  1887 

= Gl.  microspora  Th61.  1891;  Gl.  destruens 
Thöl.  1892.) 

2.  Gen.  Pleistophora  n.  gen.  (PI.  typicalis  n.  sp. 

für  Parasiten  der  Muskeln  von  Cottus  scorpio 
Thelohan  1890.) 

3.  Gen.  Th61ohania  Henn.  1892.  (Th.  Contejeani 

Henn.  1892;  Th.  Octospora  Henn.  1892;  Th. 
G i a r d i Henn.  1892  und  Th.  m a c r o c y st i s n.  sp. 
— für  Garbini’s  Sarcosporidien  von  Palaemo- 
netes  varians  1891.) 

II.  Ordo  Pbaenocystes1 2). 

2.  Fam.  Cystodiscidae  n.  f. 

4.  Gen.  Cystodiscus  Lutz  1889  mit  C.  immersus  Lutz 

1889  und  C.?  diploxys  n.  sp.  für  Psorospermien 
von  Pyralis  viridana  Balbiani  1867. 

3.  Fam.  Myxobolidae  n.  fam. 

5.  Gen.  Myxobolus  Bütsch.  1882  mit  1)  M.  unicap- 

sulatus  n.  sp.  (für  Psorospermien  in  Labro  nilo- 
ticus  Müller  1841);  2)  M.  piriformis  Thel.  1892; 

1)  Myxosporidia,  in  which  the  pansporoblast  prodnces  many  (at  the  fewest  8) 
spores  ; the  last  minute,  witbout  distinct  symmetry,  with  a single  capsule  ; type : G 1 g e i d a e. 

2)  Myxosporidia,  in  which  the  pansporoblast  produces  few  (at  the  most  2) 
spores  ; the  last  relatively  large,  with  distinct  symmetry  and  2 or  more  capsules. 


Myxosporidien. 


87 


3)  M.  inaequalis  n.  sp.  (für  Psorospermien  von 
PimelodesBlochii  Müller  1841) ; 4)  M.  m u g i 1 i s 
Perugia  1891;  5)  M.  oviformis  Th61.  1892;  6)  M. 
Mülleri  Bütschli  1882;  7)  M.  oblongus  n.  sp. 
(für  Psorospermien  von  Catostomus  tuber- 
cu latus  Müller  1841);  8)  M.  ellipsoides  Th61. 
1892;  9)  M.  bicostatus  n.  sp.  (für  Myxosporiedien 
von  den  Kiemen  von  Tinxa  vulgaris  Bütschli 
2881);  10)  M.  Lintoni  n.  sp.  (Psorospermien  von 
Cypsinodon  variegatus  Linton  1891);  11)  M. 
ob  es  us  n.  sp.  (für  Psorospermien  von  Alburnus 
lucidus  Balbiani  1883);  12)  M.  c y cl oid es  n.  sp. 
(für  Psorospermien  von  Leuciscus  rutilus 
Müller  1841);  13)  M.  sphae ralis  n.  sp.  (für  Psoro- 
spermien auf  Coregonus  fera  Claparede  1874); 
14)  M.  g lob os us  n.  sp.  (auf  den  Kiemen  von 
Catostomus  tuberculatus);  15)  M.  trän  s- 
ovalis  n.  sp.  (auf  Phoxinus  funduloides); 
16)  M.  merlucii  Perugia  1891;  17)  M.  per- 
lat  us  n.  sp.  (für  Psorospermien  von  Acerina 
cernua  Balbiani  1883);  18)  M. ? Zschokkei 

n.  sp.  (für  Psorospermien  an  Coregonus  fera 
Zschokke  1884);  19)  M.  brevis  Th61.  1892; 
20)  M.  medius  Th61.  1892;  21)  M.  monurus 
n.  sp.  (für  Psorospermien  von  Aphrododerus 
sayanus  Ryder  1880);  22)  M.  macrurus  n.  sp. 
(in  Cysten  bei  Hypognathus  nuchalis  Ag.; 
23)  M.  strongylura  n.  sp.  (für  Psorospermien  von 
Synodontis  schal  Müller  1841);  24)  M.  Koles- 
nikovi  n.  sp.  (für  Psorospermien  von  Coregonus 
fera  Kolesnikoff  1886);  25)  M.  linearis  n.  sp. 
(für  Psorospermien  von  Pimelodes  sebae  und 
Platystoma  fasciatum  Müller  1841);  26)  M. 
schiozurus  n.  sp.  (für  Psorospermien  von  Esox- 
lucius  Müller  1841);  27)  M.  Creplini  n.  sp. 
(für  Psorospermien  von  Acerina  cernua  Creplin 
1842  etc.);  28)  M.  psorospermica  Th61.  1892) 
und  29)  M.  d i p 1 u r u s n.  sp.  (für  Psorospermien 
von  Lota  vulgaris  Bütschli  1882). 

Fam.  Chloromy xidae  n.  fam. 

6.  Gen.  Chlor omyx um  Mingazzini  1890. 

Subg.  Chloromyxum  s.  str.  mit  Ch.  fluviatile 
Th61. 1892;  Ch.  mucronatum  n.  sp.  (für  Psoro- 
spermien von  Lota  vulgaris  Lieberkühn 
1884);  Ch.  Leydigii  Ming.  1890;  Ch.  in- 
c i s u m n.  sp.  (für  Psorospermien  von  Raja 
batis  Leydig  1851);  Ch?  congri  Perug.  1891. 

Subg.  Sphaero spora  Th61.  1892  mit  Chi.  ele- 
gans  Th6I.  1892;  Ch.  Dujardini  Th61.  1892. 


88 


Pfianzenkrankheiten.  — Uotersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


7.  Gen.  C erat omyxa  Thölohan  1892  mit  C.  sphaeru- 

losa  Th61. 

5.  Fam.  Myxidiidae  n.  fam. 

8.  GeD.  Myxidium  Bütschli  1882  mit  M.  Lieberkühnii 

B.  1882. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Dietel,  P. , Descriptions  of  new  species  of  Uredineae  - 
and  Ustilagineae,  with  remarks  on  some  other  spe- 
cies. I.  (Botanic.  Gazette.  1893.  p.  253.) 

Verf.  beschreibt  mehrere  neue  Üstilagineen  und  Uredineen  von 
Kalifornien. 

Ustilago  Holwayi  Diet.  von  Ust.  Lorentziana  Thüm., 
durch  das  Epispor  verschieden.  Auf  Hordeum  pratense. 

Puccinia  rufescens  Diet.  et  Holw.  auf  P e d i c u 1 a r i s 
semi  barbat a. 

Puccinia  intermedia  Diet.  et  Holw.  auf  Epilobium 
spec.,  sowohl  der  P.  pulverulenta  Grev.,  wie  der  P.  Epilobii 
Diet.  in  mancher  Beziehung  gleichend. 

Puccinia  californica  Diet.  et  Holw.  auf  Cnicus  Breweri. 

Puccinia  Cymopteri  Diet.  et  Holw.  auf  Cymopterus 
tereb  in  thinus. 

Puccinia  Polemonii  Diet.  et  Holw.  auf  Polemonium 
coeruleum. 

üredo  Arbuti  Diet.  et  Holw.  auf  Arbutus  Menziesii. 

Von  Puccinia  ClarkiaePeck  werden  die  bisher  unbekannten 
Uredosporen  beschrieben.  Lindau  (Berlin). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Burri,  Bobert,  Ueber  einige  zumZwecke  der  Artcharak- 
terisierung anzuwendende  bakteriologische  Unter- 
suchungsmethoden nebst  Beschreibung  von  zwei 
neuen,  aus  Rheinwasser  isolierten  Bakterien.  (Diss.) 
Zürich  1893. 

Verf.  suchte  das  Optimum  der  Alkalescenz  für  die  Trinkwasser- 
bakterien des  Bonner  Leitungswassers  nach  dem  V organge  von  R e i n s c h 
und  dem  Ref.  zu  ermitteln  und  bestätigt  die  Angabe  des  letzteren, 
der  das  Optimum  der  Alkalescenz  der  Nährgelatine  bei  genau  0,15- 
proz.  kryst.  (=  0,05-proz.  wasserfreier)  Soda  fand. 

Zur  Anlage  von  Kartoffelkulturen  schlägt  Verf.  vor,  die  sauer 
reagierenden  Kartoffeln  10  Minuten  lang  in  Sodalösungen  (s/4  Ltr.) 
von  bekanntem  Gehalte  zu  kochen  und  in  einer  kalten  Lösung  von 
derselben  Konzentration  abzukühlen.  Durch  längeres  Kochen  zer- 
fallen die  Kartoffeln.  Bei  Anwendung  einer  Lösung  von  0,3-proz. 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


89 


wasserfreier  (=  0,8-proz.  kryst.)  Soda  zeigten  die  Choleravibrionen, 
bei  37°  gezüchtet,  einen  rein  weißen  Rasen,  während  andere  Autoren 
ihn  bei  nicht  vorbereiteten  Kartoffeln  als  bräunlichrot  bezeichnen. 
Am  7.  Tage  war  die  Kultur  rahmartig  von  Konsistenz  und  Farbe. 
Bei  Zimmertemperatur  trat  die  Verfärbung  einigemal  schon  vor 
dem  7.  Tage  auf.  Bei  einer  0,05-prozentigen  Sodakartoffel  war  das 
Wachstum  ein  kümmerliches.  Erst  die  das  Optimum  der  Alkalescenz 
enthaltende  Kartoffel  zeigte  bei  Zimmer-  und  Brüttemperatur  rötlich- 
braune, nach  14  Tagen  leuchtend  braunrote  Auflagerungen.  Verf. 
bestätigte  so  die  von  K rann  hals  gemachten  Beobachtungen.  Dann 
wurden  die  von  Voges  in  Bd.  XIII  dieses  Centralblattes  beschrie- 
benen Versuche  nachgeprüft,  jedoch  mit  wesentlich  anderem  Resultate, 
was  ja  auch  nach  der  Publikation  des  Ref.  in  Bd.  XII  dieses  Cen- 
tralblattes. p.  621  vorauszusehen  war.  Voges  hatte  1 — 6-prozentige 
Kochsalzkartoffeln  mit  Choleravibrionen  geimpft  und  fand  bereits  auf 
den  bei  Brüttemperatur  gehaltenen  am  zweiten  Tage  Wachstum  eines 
breiten,  dicken,  honigbraunen  Ueberzuges,  bei  den  bei  20°  gehaltenen 
Kulturen  trat  das  Wachstum  erst  am  3.  Tage  auf  als  eine  zarte, 
weiße  Linie  und  am  5.  Tage  zeigte  sich  bereits  ein  kräftiger  Belag, 
der  in  späteren  Tagen  honigbraun  wurde.  Voges  fand  ferner,  daß 
die  gewöhnlichen , geimpften  Kartoffeln  sowohl  bei  37  wie  20°  ohne 
erkennbares  Wachstum  blieben,  obgleich  die  Kochsalzkartoffeln  nach 
seiner  Angabe  sauerer  waren. 

Verf.  erhält  bei  denselben  Versuchen  folgende  Resultate:  Bei 
Brüttemperatur  war  am  zweiten  Tage  auf  der  Kochsalzkartoffel  ein 
äußerst  dünner,  gelbbrauner  Belag  entstanden,  der  am  7.  Tage  immer 
noch  hautartig  dünn  war  und  in  Bezug  auf  Masse  nicht  mit  den 
Kulturen  auf  0,3-proz.  (wasserfreien)  Sodakartoffeln  zu  vergleichen  war. 
Bei  20°  machte  sich  das  Wachstum  auf  der  Kochsalzkartoffel  erst 
am  5.  Tage  bemerkbar  als  ein  feuchter  Schimmer,  der  von  Vibrionen 
herrührte,  die  jedoch  nach  14  Tagen  die  Ränder  der  Impffläche  noch 
nicht  erreicht  hatten.  Verf.  erwähnt  ferner  die  von  Voges  gemachte 
Behauptung,  daß  das  günstigste  Wachstum  der  Cholerabacillen  auf 
Kartoffeln  mit  Zusatz  einer  2 — 3-proz.  Kochsalzlösung  stattfindet, 
ein  annähernd  günstiges  bei  x/4 — 1/2-proz.  Soda,  und  bemerkt  hierzu 
mit  Recht,  daß  das  Wachstumsoptimum  der  Cholerabacillen  bei 
1 Proz.  Soda  liegt  [für  die  x/4  Proz.  Soda  absorbierenden  Kartoffeln 
also  bei  1,25  Proz.  Ref.]. 

Es  wird  dann  weiter  noch  einmal  auf  die  Wichtigkeit  des  Alkali- 
gehaltes der  Nährböden  aufmerksam  gemacht  und  empfohlen,  dem 
Verhalten  der  Kulturen  auf  Kartoffeln  bei  dem  jedesmaligen,  für  die 
betreffende  Art  optimalen  Alkali-  bezügl.  Säuregehalt  Aufmerksam- 
keit zu  schenken.  In  einem  folgenden  Abschnitte  spricht  Verf.  über 
die  Bedeutung  und  Anlage  von  Oberflächenkulturen  und  beschreibt 
ein  neues,  dem  Dr  oß  bach’schen  ähnliches  Verfahren,  solche  Kul- 
turen anzulegen.  Es  wird  die  mit  den  betreffenden  Mikrobien  ge- 
impfte Flüssigkeit  mittelst  eines  Zerstäubers  auf  die  sterile  Gelatine- 
platte appliziert,  indem  letztere  dem  feinen  Staubregen  1 — 3 Sekun- 
den lang  ausgesetzt  wird.  Natürlich  ist  diese  Methode  nur  zur 


90 


Untersucbungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Erforschung  nicht  pathogener  Mikroorganismen  anwendbar,  bei  pa- 
thogenen müßte  eine  geeignete  Schutzvorrichtung  angebracht  werden. 
Bezüglich  Alkali-  und  Säurebildung  wünscht  Verf.  ebenfalls  bei  Be- 
schreibung eines  Organismus  unterrichtet  zu  werden  und  giebt  bekannt, 
daß  bei  einem  von  ihm  aufgefundenen  Coccus  während  43  Tagen 
keine  Reaktionsänderung  der  Lackmusmolke  eingetreten  sei,  während 
derselbe  Mikroorganismus  bei  Zugabe  von  Glycerin  reichlich  Säure 
gebildet  habe.  Zum  Schlüsse  der  Arbeit  werden  noch  zwei  aus 
Rheinwasser  gezüchtete  Bakterien  beschrieben,  einen,  gelben  Farb- 
stoff erzeugenden  Bacillus,  21/2 — /t  lang,  3/4  /i  dick  mit 
Eigenbewegung,  die  Gelatine  langsam  verflüssigend,  macht  die  Milch 
gerinnen,  ist  aerob,  zeigt  das  Wachstumsoptimum  bei  0,05-proz. 
wasserfreier  (=  0,15-proz.  kryst.)  Soda,  wirkt  stark  reduzierend, 
gedeiht  nicht  bei  Bluttemperatur  und  ist  leicht  färbbar.  Ferner 
wird  ein  Micrococcus  beschrieben  von  1 /2 — 5/4  /t  Durchmesser; 
er  verflüssigt  die  Gelatine  wenig,  klein  bleibende  Kolonieen  bildend. 
In  Milch  findet  keine  Gerinnung  statt,  jedoch  ist  die  Reaktion  nach 
14  Tagen  sauer.  Er  gedeiht  gut  bei  Brüttemperatur,  ist  jedoch  nicht 
pathogen,  gedeiht  am  besten  bei  neutraler  oder  schwach  sauerer 
Reaktion.  Einige  Tage  alte  Agarkulturen  geben  einen  säuerlichen 
Geruch  von  sich,  der  von  Milchsäure  herzurühren  scheint  [Milchsäure 
ist  geruchlos.  Ref.].  Der  Micrococcus  reduziert  Lakmus  sehr 
stark.  0,3-proz.  Soda  und  0,03-proz.  Schwefelsäure  (S03)  heben 
das  Wachstum  auf.  D a h m e n (Crefeld). 

Schmidt,  A.,  Ueber  die  Benutzung  verschiedener  Sputa 
als  Nährböden  und  das  Wachstum  der  Pneumo- 
kokken auf  denselben.  (Centralblatt  für  klinische  Medizin. 
Jahrgang  XIV.  No.  30.  p.  625  ff.) 

Der  Frage,  warum  Pneumokokken  in  einem  Falle  eine  Pneumonie 
erzeugen,  im  anderen  dagegen  als  harmlose  Parasiten  im  Bronchial- 
sekret sich  finden,  suchte  Verf.  näher  zu  treten.  Eine  Möglichkeit 
der  Erklärung  wäre,  daß  noch  eine  zeitliche  Disposition  zum  Zustande- 
kommen einer  Pneumonieinfektion  hinzutreten  müsse,  eine  andere  dem 
Verf.  wahrscheinlichere  Möglichkeit  wäre,  daß  die  Pneumokokken  erst 
in  den  tieferen  Lungenpartieen  die  Stoffe  zur  Ernährung  finden, 
welche  sie  befähigten,  ihre  pathogenen  Eigenschaften  zu  entfalten. 
Von  diesem  Gedanken  ausgehend,  verwandte  Verf.  neben  Agar  auch 
Sputum  als  Nährboden.  Das  pneumonische,  sehr  eiweißreiche  Sputum 
behandelte  er  wie  Serum,  nur  bestand  die  Schwierigkeit,  die  im 
Sputum  vorhandenen  Luftblasen  erst  auf  mechanischem  Wege  zu 
entfernen.  Besonders  geeignet  erwies  sich  das  Sputum,  welches  vor 
der  Krise  entleert  wurde. 

Das  Trachealsputum  enthält  sehr  viel  Mucin;  da  dieses  aber 
bei  60 0 dünnflüssig  wurde,  so  darf  mau  die  Erhitzung  nur  bis  55  0 
steigern.  5 maliges  einstündiges  Erhitzen  genügt  aber  zur  Sterilisation. 
Waren  die  Sputa  zu  wenig  konsistent,  so  mußte  eine  2-proz.  Agar- 
lösung zugesetzt  werden.  Das  Wachstum  der  Pneumokokken  auf 
diesen  drei  Nährböden  — Agar- Agarbouillon  — Tracheal-  und 
Bronchialsputum  war  ganz  das  gleiche,  doch  zeigten  sich  auf  den 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  91 


mikroskopischen  Färbepräparaten  bemerkenswerte  Unterschiede,  welche 
nach  48  Stunden  am  besten  ausgeprägt  waren.  Während  nämlich 
die  von  den  Agar-Agarkulturen  angelegten  Präparate  kleine,  undeut- 
liche Bacillenformen  ohne  Kapsel  darboten,  die  Neigung  zur  Ketten- 
bildung erkennen  ließen,  so  zeigten  die  auf  den  Sputis  — einerlei, 
welcher  Art  — gewachsenen  Kokken  durchaus  die  Formen,  welche 
man  im  Körper  und  im  Blute  der  infizierten  Tiere  antrifft.  Impfte 
man  von  den  Agarkulturen  auf  Sputumnährböden  ab,  so  ergaben 
sich  wiederum  die  schönen  Kapselbacillenformen.  Ueber  Lebens- 
fähigkeit und  Virulenzverhältnisse  der  Pneumokokken  auf  den  Sputum- 
nährböden hat  Verf.  keine  Versuche  angestellt. 

0.  Voges  (Danzig). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 


Buttersack,  Ueber  Vaccine.  [Aus  der  Gesellschaft  der  Charite- 
ärzte. Sitzung  vom  15.  Dezember  1893.]  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift. 1893.  No.  51.) 

In  der  Sitzung  der  Chariteeärzte  vom  15.  Dezember  1893  machte 
Buttersack  (als  königl.  württembergischer  Assistenzarzt  zum 
kaiserlichen  Gesundheitsamte  kommandiert)  Mitteilungen  über  die 
Resultate  seiner  Untersuchungen  über  den  Pocken  keim  und  das 
Wesen  des  Vaccineprozesses,  welche  er  im  Reichsgesund- 
heitsamte auszuführen  Gelegenheit  hatte.  Von  der  Annahme  aus- 
gehend, daß  der  Vaccinekeim  in  den  Pusteln,  und  zwar  in  reichlicher 
Menge  zu  suchen  sei,  daß  er  sich  aber  vielleicht  nur  aus  dem  Grunde 
dem  optischen  Nachweise  entzogen  habe,  weil  sein  Brechungsexponent 
mit  dem  hohen  Brechungsexponenten  der  Lymphe  (ca.  1,34)  überein- 
stimmte, beschloß  Buttersack,  die  Präparate  in  einem  anderen 
Medium  mit  erheblich  differentem  Brechungsexponenten  zu  betrachten 
und  wählte  dazu  die  Einbettung  in  Luft  (mit  Index  1),  also  Beobach- 
tung des  trockenen,  ungefärbten  Präparates,  das  mit  Wachs- 
füßchen gestützt  wurde,  während  Salze  und  eiweißartige  Stoffe  mit 
Wasser  leicht  entfernt  wurden.  [Bekanntlich  hat  sich  diese  Methode, 
obwohl  R.  Koch  mit  ihr  bereits  ungefärbte  Geißeln  gesehen,  bis  jetzt 
keine  weitere  Verbreitung  erwerben  können.  Ref.]  Buttersack 
untersuchte  mit  dieser  Methode  Deckgläschen  mit  Kalbslymphe  und 
noch  nicht  mit  Glycerin  verriebenes  Impfmaterial  aus  den  verschie- 
densten Impfanstalten  des  Reiches,  ferner  Vaccinepusteln  von 
100  Kindern,  sowie  eine  Anzahl  Pockenkranker  in  Gera,  Prag  und 
Hamburg,  und  zur  Kontrolle  Brandblasen  in  verschiedenen  Stadien, 
Aknepusteln,  Transsudate,  Exsudate  und  Lymphe  aus  der  normalen 
Haut,  ferner  Blut  und  verschiedene  Bakterienarten.  — „Als  zweite 
Eigenschaft“  setzte  Buttersack  „bei  dem  Vaccinekeime  eine  be- 


92  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


sondere  Kleinheit  und  geringe  Neigung,  in  Verbänden  zusammenzu- 
kleben, voraus,  da  die  Lymphe  auch  in  starker  Verdünnung  wirksam 
bleibt,  und  da  das  Pockengift  erfahrungsgemäß  durch  die  Luft  (?  Ref.) 
verschleppt  wird,  also  ein  sehr  geringes  Gewicht  besitzen  muß  “ Da 
ferner  die  Mißerfolge  aller  bisherigen  Färbeversuche  (?  Ref.)  auf  ein 
den  bekannten  Spaltpilzen  nicht  ähnliches  chemisches  Verhalten  des 
Keimes  deuteten,  vermutete  er  denselben  „in  summa  als  kleines, 
blasses,  unfärbbares  Körperchen“.  Er  fand  „massenhafte,  ganz 
kleine,  blasse,  immer  gleich  große,  teilweise  in  Ketten  angeordnete 
Körperchen.  Bei  fortschreitender  Uebung  bemerkte  er  indessen 
ein  ganz  feines  Netzwerk  aus  blassen  Fäden.  Die  Fäden  zeigten 
durchweg  die  gleiche  Breite,  ließen  sich  über  weite  Strecken  ver- 
folgen und  enthielten  in  manchen  Präparaten  sehr  zahlreich  die  er- 
wähnten kleinen  Körperchen“,  und  zwar  fanden  sich  die  Fäden  vor- 
wiegend in  der  wachsenden  und  entwickelten,  die  kleinen  Körperchen 
in  der  sich  rückbildenden  Pustel,  sehr  ausgesprochen  namentlich  bei 
den  rascher  verlaufenden  Impfpusteln  der  Revaccinierten,  bei  denen 
sich  am  7.-8.  Tage  fast  nur  die  kleinen  Körperchen  fanden,  während 
bei  Erstimpflingen  zu  der  entsprechenden  Zeit  die  Fäden  sehr  gut 
sichtbar  waren. 

In  dem  Gewebssafte  von  Infiltrationen,  welche  nach  einer  sub- 
kutanen Impfung  mit  käuflicher  Lymphe  beim  Kalbe  entstanden  und 
welcher  wieder  bei  Kalb  und  Wiederimpflingen  typische  Impfpusteln 
erzeugte,  ließen  sich  die  Fäden  ebenfalls  nachweisen.  Daß  es  sich 
dabei  nicht  etwa  bloß  um  fibrinähnliche  Niederschläge  handelt,  meint 
Buttersack  leicht  damit  widerlegen  zu  können,  daß  die  Fibrinfäden 
von  wechselnder  Stärke  seien  und  an  Berührungspunkten  knoten- 
förmig verschmelzen,  „während  die  Vaccinefäden  in  scharfen  Winkeln 
über  einander  hinziehen.“  Von  Natriumnitrat  und  Ammoniak  blieben 
Vaccinefäden  im  Gegensätze  zu  Fibrin  unbeeinflußt.  Dieselben  seien 
ferner  im  Gegensatz  zu  Fibrin  nicht  färbbar.  Außerdem  zeigten  die 
Vaccinegebilde  einen  bestimmten  „biologischenEntwickelungs- 
gang“.  Nach  Impfungen  (des  Autors  selbst  und  einiger  seiner 
Freunde)  mit  sporenhaltiger  Lymphe  (Buttersack  spricht  hier 
ganz  plötzlich  ohne  weitere  Motivierung  von  „sporenhaltiger“  (?) 
Lymphe)  zeigten  sich  in  der  Lymphe  nach  6 Stunden  vereinzelte, 
nach  12  Stunden  zahlreiche  kurze  Fäden;  nach  24  Stunden  war  das 
Netzwerk  ausgebildet,  „welches  am  dritten  Tage  darauf  wieder  den 
Sporen  (sic ! Ref.)  Platz  machte“. 

Da  „demnach  das  konstante  Vorkommen  der  Gebilde 
in  der  Vaccine,  ihr  Fehlen  bei  anderen  Affektionen, 
ihr  biologischer  Kreislauf  parallel  mit  dem  klinischen 
Verlaufe  der  Pustel  und  des  ganzen  Vaccin ati  ons- 
prozesses  und  schließlich  ihre  Ueberimpfbarkeit  für 
ihre  Bedeutung  für  die  Impfung“  sprächen,  wünschte  Buttersack 
festzustellen,  ob  sie  auch  bei  Variola  Vorkommen.  Iu  der  That  fand 
er  in  Pockenpusteln,  resp.  im  Gewebssafte  der  benachbarten  Haut  in 
frischen  Fällen  die  Fäden,  in  älteren  die  „Sporen“.  Desgleichen 
fanden  sich  die  Fäden  in  den  Infiltrationen,  welche  sich  bei  Kälbern 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  93 

nach  subkutaner  Impfung  mit  Variolamaterial  entwickelten,  ganz  wie 
bei  Impfung  mit  gewöhnlicher  Lymphe.  — Soweit  der  Bericht,  den 
Ref.  bemüht  war,  möglichst  wortgetreu  wiederzugeben.  Ueber  den 
Ausfall  von  Kontrollfärbe-  und  Züchtungsversuchen  ist  darin  nichts 
weiter  enthalten.  Es  bleibt  abzuwarten,  wie  weit  etwa  nur  in  der 
kurzen  Mitteilung  über  Buttersack’s  Vortrag  die  logische  Kette  der 
Beweisgründe  und  Schlußfolgerungen  zerrissen  und  verstümmelt  ist. 
Darüber  wird  uns  am  besten  jedenfalls  die  baldigst  in  Aussicht  ge- 
stellte, durch  Photogramme  erläuterte  ausführliche  Publikation  belehren. 
Die  Untersuchungsmethode  ist  eine  bei  bakteriologischen  Unter- 
suchungen sonst  so  wenig  geübte,  ungewohnte,  daß  es  gewiß  noch 
mancher  vergleichender  Untersuchungen  bedarf.  Weiteren  Forschungen 
muß  es  auch  Vorbehalten  bleiben,  in  der  Konkurrenz  zwischen  den 
neuen  „Vaccinegebilden“  Buttersack’s  oder  den  mehrfach 
beobachteten  protozoenartigen  Formen  oder  den  Vaccinekokken  (der 
älteren  Autoren  und  neuerdings  Ruete-Enoch’s)  u.  s.  w.  zu  ent- 
scheiden. Czaplewski  (Hamburg). 

Sobotka,  J.,  Zur  Kenntnis  des  Vaccineprozesses.  [Eine 
klinische  Studie  aus  Professor  Ganghofner’s  pädiatrischer  Klinik  in 
Prag.  Mit  38  Kurvenfiguren  und  23  Tabellen.]  (Zeitschrift  für 
Heilkunde.  Bd.  XIV.  Heft  5 und  6.) 

Verf.  machte  an  88  vaccinierten  Kindern  genaue,  in  den  meisten 
Fällen  2-stündliche  Temperaturmessungen  und  beobachtete  dabei  fol- 
genden Temperaturgang  des  vaccinalen  Fieber.  Die  1.  Phase  um- 
faßt die  ersten  2 — 3 Tage  und  verläuft  ohne  Temperatursteigerung. 
Die  2.  Phase  reicht  vom  3.  und  4.  Tage  bis  zum  Ende  des  7.  Tages ; 
dieselbe  wird  oft  eingeleitet  durch  ein  markiertes  Fieber  am  3.  und 
4.  Tage  und  ist  durch  den  remittierenden  Gang  der  Temperatur  aus- 
gezeichnet. Die  3.  Phase  ist  die  Hauptphase,  sie  umfaßt  den  8. — 
10.  Tag;  die  Temperaturen  zeigen  entweder  gar  keine  oder  meist 
nur  ganz  unerhebliche  Schwankungen  und  halten  sich  immer  auf  der 
febrilen  Höhe.  Die  4.  Phase  reicht  vom  Abfall  des  Fiebers  am 
10.  Tage  bis  zur  endgiltigen  Rückkehr  zu  den  normalen  Verhältnissen 
nach  2—3  Tagen.  Ihre  Abgrenzung  gegen  die  3.  Phase  ist  zwar 
nicht  immer  scharf,  aber  sie  zeigt  wieder  mehr  einen  remittierenden 
Charakter.  Dieser  Gang  der  Temperatur  war  in  allen  Fällen  unab- 
hängig von  der  Zahl  der  zur  Entwickelung  gelangten  Pusteln,  von 
der  Intensität  der  Lokalaffektion,  von  der  Wahl  der  Lymphe,  von  den 
vorgenommenen  Nachimpfungen,  von  der  Eröffnung  der  Pusteln  oder 
von  dem  Alter  der  Impflinge.  Bei  der  Entwickelung  der  Lokal- 
affektion hat  man  folgende  Stadien  zu  unterscheiden,  welche  genau 
den  oben  angegebenen  4 Phasen  des  Vaccinefiebers  entsprechen;  ein 
Inkubationsstadium  von  ca.  3 Tagen,  ein  Entwickelungsstadium  von 
ca.  4 Tagen,  das  Stadium  der  Blüte  von  3 Tagen  und  das  Stadium 
der  Abheilung  von  nicht  ganz  bestimmter  Dauer  (durchschnittlich 
7 — 10  Tage).  Es  besteht  also  sicher  ein  Zusammenhang  des 
Temperaturganges  mit  der  Entwickelung  der  Lokalaffektiou , doch 
kommt  dem  Fieber  der  3.  Phase  mit  seiner  plötzlichen  Temperatur- 


94  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Steigerung  noch  eine  andere  Bedeutung  zu  als  die  einer  einfachen 
Begleiterscheinung  der  Lokalaffektion.  Das  Fieber  der  3.  Phase  ist 
höchst  wahrscheinlich  ein  Symptom  der  allgemeinen  Durchseuchung 
des  Körpers  mit  dem  Vaccinegifte  und  zwar  mit  dem  in  den  Pusteln 
sich  neuentwickelnden  Virus , es  ist  also  der  Ausdruck  der  Total- 
wirkung des  Giftes  auf  den  Organismus.  Für  diese  Annahme  spricht 
auch  das  Verhalten  des  vaccinalen  Fiebers  bei  Kindern,  bei  welchen 
Nachimpfungen  vorgenommen  wurden.  In  den  Fällen,  bei  welchen 
eine  oder  mehrere  Pusteln  später  als  die  übrigen,  von  der  ersten 
Impfung  herrührenden  zur  Entwickelung  gelangten,  trat  nie  eine 
neuerliche  Fieberphase  auf;  ferner  hafteten  Nachimpfungen,  welche 
während  des  Vaccineverlaufes  vorgenommen  wurden,  noch  bis  zum 
6.-7.  Tage,  während  noch  später  vorgenommene  Nachimpfungen  zur 
Entwickelung  neuer  Pusteln  nicht  mehr  führten.  Die  3.  Phase  zeigte 
außer  der  Temperaturerhöhung  vermehrte  Puls-  und  Respirations- 
frequenz, Störungen  des  Allgemeinbefindens  und  eine  beträchtliche 
Vermehrung  der  Stickstoffausscheidung,  welcher  jedesmal  eine  Ver- 
mehrung der  Zahl  der  weißen  Blutkörperchen  vorausging. 

Dieudonne  (Berlin). 

Cramer  and  Boyce,  The  nature  of  vaccine  immunity. 
(Brit.  med.  Journ.  1893.  4.  Nov.  p.  983.) 

Die Verff.  konnten  die  Beobachtungen  von  Chauveau,  Straus, 
Chambon  und  Menord,  welche  vergeblich  versucht  hatten,  mit 
dem  Blute  vaccinierter  Tiere  andere  Tiere  zu  immunisieren,  im  allge- 
meinen bestätigen.  Die  Uebertragung  gelang  unter  6 Fällen  zwar 
einmal,  doch  war  hier  eine  vorher  bestehende  Immunität  nicht  sicher 
auszuschließen.  W.  Petersen  (Zürich). 

Iwanoff,  Versuche  über  die  Desinfektion  der  städti- 
schen Abwässer  mit  Schwefelsäure.  (Zeitschrift  für 
Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV.  1893.  Heft  2.) 

Verf.  infizierte  Kolben  mit  Berliner  Kanaljauche  mit  Cholera- 
bacillen, auf  50  ccm  eine  starke  Oese  18-stündiger  Agarkultur  oder 
1/2  ccm  Cholerastuhl.  Diesem  setzte  er  dann  0,02,  0,04  und  0,1 
Proz.  II2  S04  zu,  schüttelte  3 Minuten  lang  und  legte  von  0,2  bis 
0,3  ccm  Jaucheinhalt  Peptonröhrchen  an.  Nur  die  Röhrchen  ohne 
H2  S04  und  mit  nur  0,02  Proz.  H2  S04  ergaben  dann  noch  Cholera- 
bacillen, ein  Befund,  der  durch  die  Agarplatte  bestätigt  wurde.  Bei 
der  Potsdamer  Kanaljauche,  welche  dreimal  so  stark  verunreinigt 
war,  als  das  Berliner  Kanalwasser,  waren  erst  bei  0,08  Proz.  H2  S04 
Zusatz  die  Kommabacillen  abgetötet.  Verf.  empfiehlt  auf  Grund 
dieser  Versuche  die  Verwendung  der  Schwefelsäure  zur  Vernichtung 
der  Kommabacillen  im  Großen,  da  100  kg  der  sogenannten  60-grädigen 
Schwefelsäure  für  61/*  Mark  zu  haben  sind. 

Scheint  dieser  Vorschlag  auch  für  Desinfektion  von  Fäkalien, 
stehenden  Wässern  etc.  ganz  zweckmäßig,  obwohl  auch  in  der  Praxis 
die  Kalkdesinfektion  billiger  und  leichter  ausführbar  ist,  da  Kalk 
überall  zu  haben  ist,  so  dürften  sich  ihr  doch  für  fließende  Kanäle 


Schutzimpfung  etc.  — Neue  Litteratur. 


95 


etc.  einige  Schwierigkeiten  in  den  Weg  stellen,  da  es  nicht  leicht  ist, 
ein  fließendes  Wasser  in  seinem  ganzen  Laufe  gleichmäßig  mit  einer 
Substanz  zu  durchsetzen.  0.  Voges  (Danzig). 

Brouardel,  La  defense  contre  le  cholöra:  valeur  com- 
par6e  du  Systeme  quarantenaire  ancien  et  du  Systeme 
adopt6  ä la  conförence  de  Dresde  pour  la  defense 
des  divers  pays  contre  lechol^ra.  (Annales  d’Hygiene 
publ.  1893.  Nov.  p.  385.) 

Mit  großer  Wärme  tritt  Br.  für  die  bekannten  Beschlüsse  der 
Dresdener  Cholerakonferenz  ein  und  sucht  etwaige  Bedenken  allzu - 
ängstlicher  Gemüter  zu  zerstreuen.  Ein  näheres  Eingehen  auf  die 
Ausführungen  des  Autors,  die  sich  auf  die  gesamten  Schutzmaßregeln 
gegen  die  Cholera  erstrecken,  würde  den  Rahmen  eines  Referates 
überschreiten;  er  empfiehlt  im  wesentlichen  die  Maßregeln,  welche 
auch  Deutschland  bei  der  letzten  Epidemie  ergriffen  hatte.  Hervor- 
heben will  ich  nur  kurz  seine  dringende  Empfehlung  der  besonders 
in  England  eingeführten  „Cirkulationskarten“,  welche  eine  3 — 5- 
tägige  Kontrolle  aller  aus  einem  verseuchten  Lande  kommenden 
Reisenden  gestattet,  ohne  deren  Bewegungsfreiheit  einzuschränken. 

W.  Petersen  (Zürich). 


Neue  Litteratur 

znsammen^estellt  von 

Dr.  Arthur  Würzbürg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Bericht  Uber  die  wissenschaftlichen  Leistungen  in  der  Naturgeschichte  der  niederen 
Tiere.  Begründet  von  R.  Leuckart.  Neue  Folge.  Bd.  VI.  Von  A.  Co  11  in, 
C.  Matzdorff,  v.  Linstow,  M.  Meißner,  W.  Weltner.  gr.  8°.  IV,  256  p. 
Berlin  (Stricker)  1893.  16  M. 


Morphologie,  und  Biologie. 

Fremlin,  Vergleichende  Studien  an  Bact.  coli  commune  verschiedener  Provenienz.  (Arch. 

f.  Hygiene.  1893.  Bd.  XIX.  No.  3.  p.  295 — 316.) 

PatooiUard,  N.,  Poronia  Doümetii,  nouveau  pyrenomycfete  de  Tunisie.  (Rev.  mycol. 
1893.  p.  136.) 

Wehmer,  C.,  Zur  Morphologie  und  Entwickelungsgeschichte  des  Penicillium  luteum  Zuk., 
eines  überaus  häufigen  grünen  Schimmelpilzes.  (Ber.  d.  dtsch.  botan.  Gesellsch.  1893. 
p.  499.) 

Morphologie  und  Systematik. 

Detmers,  F.,  Additions  to  the  preliminary  list  of  the  Uredineae  of  Ohio.  (Bullet,  of 
the  Ohio  agricult.  exper.  stat.  1893.  p.  171.) 

Peirce,  0.  J.,  Structure  of  haustoria  of  phanerogamic  parasites.  (Annals  of  botany. 
1893.  Sept.) 


96 


Neue  Litteratur. 


Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Duclaux,  E.,  Sur  les  analogies  entre  les  proces  de  fermentation  et  de  combustion  solaire. 

(Annal.  de  l’Inst.  Pasteur.  1893.  No.  11.  p.  751 — 754.) 

Koch,  A.,  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von  den  Gärungsorganismen. 
3.  Jahrg.  1892.  gr.  8°.  VIII,  275  p.  Braunschweig  (Harald  Bruhn)  1893. 

8,60  M. 

Schickhardt,  H.,  Ueber  die  Einwirkung  des  Sonnenlichtes  auf  den  menschlichen  Orga- 
nismus und  auf  Mikroorganismen  und  die  hygienische  Bedeutung  desselben.  (Fried- 
reich’s  Blätter  f.  gerichtl.  Med.  1893.  No.  5,  6.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Fodor,  J.  v.,  Hygiene  des  Bodens  mit  besonderer  Rücksicht  auf  Epidemiologie  und 
Bauwesen,  p.  31 — 246  m.  23  Abbildgn.  u.  2 Kurventaf.  (Handbuch  der  Hygiene. 
Hrsg,  von  Th.  Weyl.  Lfg.  4.  Bd.  I.  Abtlg.  1.  Lfg.  2.)  Jena  (Fischer)  1893. 

4,50  M. 

Kutscher,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  den  Choleravibrionen  ähnlichen  Wasserbakterien. 
(Dtsche  med.  Wchschr.  1893.  No.  49.  p.  1301  — 1303.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

Lund,  Obligatorische  Fleischschau  mit  Berücksichtigung  der  Tuberkulose  und  Echino- 
kokkenkrankheit. (Arch.  f.  animal.  Nahrungsmittelk.  1893.  No.  10/11.  p.  125 — 131.) 
Xalvoz,  E.,  Etudes  bactöriologiques  sur  les  eaux  de  boisson.  (Presse  med.  beige.  1893. 
No.  46.  p.  361—364.) 

Schwarznecker,  Anleitung  zur  Begutachtung  der  Schlachttiere  und  des  Fleisches.  Zum 
Gebrauch  für  Militärverwaltungsbeamte  und  Fleischbeschauer  zusammengestellt.  8°. 
VII,  68  p.  m.  9 Abbildgn.  u.  6 Taf.  Berlin  (Mittler  & Sohn)  1893.  1,60  M. 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrankheiten. 

Du  Mesnil,  0.,  Les  Ipidemies  en  France  en  1892.  (Annal.  d’hyg.  publ.  1893.  Nov. 
p.  449—456.) 

Gram,  F.  C.,  Statistics  of  infectious  diseases.  (Buffalo  med.  and  surg.  Journ.  1893/94. 
No.  4.  p.  197—201.) 

Payne,  J.  F.,  Inaugural  address  on  the  history  of  epidemiology  in  England.  (Lancet. 
1893.  Vol.  II.  No.  22.  p.  1293—1296.) 

Reich,  E.,  Studien  über  die  epidemischen  Krankheiten  und  deren  Verhütung,  gr.  8°. 
397  p.  Leipzig  (Karl  Fr.  Pfau)  1893.  6 M. 

Malariakrankheiten. 

Kerensky,  Bemerkungen  über  Natur  und  Behandlung  des  afrikanischen  Malariafiebers, 
gr.  8°.  8 p.  Berlin  (Buchh.  d.  Berl.  evang.  Missionsgesellsch.)  1893.  0,20  M. 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Guibert,  Trois  epid^mies  scolaires  de  fievre  typhoide.  (Annal.  d’hygiene  publ.  1893. 
Nov.  p.  408—417.) 

Lesage,  A.,  Le  cholera.  Paris  (Gauthier-Villars  & fils)  1893.  18°.  2,50  fr 

Kc  Intire,  C.,  The  prevention  of  an  epidemic  of  cholera.  (Leligh  vallcy  med.  magaz., 
Easton  1892/93.  p.  148—170.) 

Piltz,  Schwere  Hausepidemie  von  Typhus  abdominalis.  (Dtsche  Medizinal-Ztg  1893. 
No.  99.  p.  1121.) 


Neue  Litteratur. 


97 


Preußen.  Ministerialerlaß,  betr.  Gesichtspunkte  behufs  Entscheidung  der  Frage,  inwie- 
weit die  Kosten  der  sanitätspolizeilichen  Maßnahmen  zur  Bekämpfung  der  Cholera- 
gefahr von  der  Staatskasse  oder  von  den  Trägern  der  Ortspolizeilast  zu  tragen  sind. 
Vom  29.  Juni  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  47.  p.  922 
—923.) 

Spronck,  C.  H.  H.  , Over  cholera-bacillen,  onlangs  in  Nederland  uit  rivier-,  vaart-, 
gracht-  en  slootwater  gekweekt.  (Nederl.  Tijdschr.  v.  Geneesk.  1893.  Vol.  II.  No.  20. 
p.  653—668.) 

Stein,  J.  A.,  Contribution  ä l’etude  de  l’dtiologie  du  cholera  asiatique.  (Tuzhno-russk. 
med.  Gaz.,  Odessa  1893.  Vol.  II.  p.  171,  188.) 

Wundinfektionskrankheiten. 

lEiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Haushälter,  P.  et  Etienne,  G.,  Transmission  du  streptocoque  pyogfene  de  la  mfere  au 
foetus  au  cours  d’une  variole.  (Rev.  med.  de  l’est.  1893.  p.  321 — 325.) 

Papiewski , W. , Ueher  den  Starrkrampf  der  Neugeborenen.  (Jahrb.  f.  Kinderheilk. 
1893.  Bd.  XXXVII.  No.  1.  p.  39—60.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Frankel,  A.  und  Troje,  G.,  Ueber  die  pneumonische  Form  der  akuten  Lungentuberku- 
lose. (Ztschr.  f.  klin.  Med.  1893.  Bd.  XXIV.  No.  1/2.  p.  30 — 107.) 

Snow,  H.,  The  so-called  „parasitic  protozoa“  of  mammary  carcinoma.  (Lancet.  1893. 
Vol.  H.  No.  20.  p.  1182—1183.) 

Török.  L.,  Einige  Fälle  von  extragenitaler  Syphilis-Infektion.  (Gyogyäszat.  1893.  No.  47.) 
[Ungarisch.] 

Valvassori-Peroni,  La  cura  dclla  tubercolosi  polmonare  colle  iniezioni  sotto-cutanee  di 
olio  e creosoto  ad  alte  dosi.  (Arch.  ital.  di  clin.  med.  1893.  No.  3.  p.  443 — 457.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Booker,  W D.,  As  to  the  aetiology  of  primary  pseudo-membranous  inflammation  of  tbe 
larynx  and  trachea  with  remarks  on  the  distribution  of  diphtheria  bacilli  in  Organs 
of  the  body  distant  from  the  seat  of  local  infection.  (Arch.  of  pediatr.  1893.  p.  642 
—652.) 

Deutsches  Reich.  Rundschreiben  des  Reichskanzlers , Sammlung  von  Beobachtungs- 
material über  die  gegenwärtige  Influenza-Epidemie  betr.  Vom  7.  Dezember  1893. 
(Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  51.  p.  991.) 

Franklin,  G.  H , Eine  vermutlich  durch  infizierte  Milch  verursachte  Diphtherie-Epidemie. 
(Krrspdzbl.  d.  ärztl.  Kreis-  u.  Bez.-Vereine  i.  Kgr.  Sachsen.  1893.  Bd.  LV.  No.  10. 
p.  175—177.) 

Müller,  K.,  Ueber  akute  Osteomyelitis.  (Münch,  med.  Wchschr.  1893.  No.  47,  48. 
p.  885—887,  910—912.) 


Gelenkrheumatismus. 

de  Saint-Germ&in,  L.,  Etüde  clinique  et  experimentale  sur  la  pathogenie  du  rhumatisme 
articulaire  aigu.  gr.  8°.  Paris  (Steinheil)  1893.  6 fr. 

B.  Infektion  Lokalkrankheiten. 

Haut,  Muskeln,  Knochen. 

Staub , A. , Ueber  Pemphigus  puerperalis  und  Pemphigus  neonatorum.  (Berl.  klin. 

Wchschr.  1893.  No.  49.  p.  1194—1196.) 

Walsh,  D.,  Ringworm  of  the  nails.  (Lancet.  1893.  Vol.  II.  No.  21.  p.  1247.) 


98 


Neue  Litteratur. 


Nervensystem. 

Macewen,  W.,  Pyogenic  infective  diseases  of  the  brain  and  spinal  cord.  8°.  Glasgow 
(Maclehose)  1893.  . 18  sh. 

Wibo,  Quelques  considdrations  sur  la  mdningite  tuberculeuse,  son  dtiologie,  son  traite- 
ment  prophylactique  et  curatif.  (Presse  mdd.  beige.  1893.  No.  46,  47.  p.  364 — 365, 
369—372.) 

Verdauungsorgane. 

Gärtner,  F.,  Identischer  Bakterienbefund  bei  zwei  Melaenafällen  Neugeborener.  (Arch. 
f.  Gynäkol.  1893.  Bd.  XLV.  No.  2.  p.  272—282.) 

Hanot,  V.,  Note  sur  les  nodules  du  foie  infectieux.  Nodules  infectieux  dans  la  fifevre 
typhoide  et  la  tuberculose  intestinale.  (Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  1893.  No.  30. 
p.  856—858.) 

Szana,  A.,  Ueber  eine  neue  Methode,  die  Mund-  und  Rachenhöhle  zu  desinfizieren. 
(Allg.  med.  Central-Ztg.  1893.  No.  99.  p.  1177 — 1179.) 

Tavel,  E.  und  Lanz,  0.,  Ueber  die  Aetiologie  der  Peritonitis.  Ein  Beitrag  zur  Lehre 
der  Kontinuitäts  - Infektionen  und  der  Kontiguitäts  - Entzündungen.  XII,  179  p.  m. 
8 Lichtdr.-Taf.  u.  8 Bl.  Erklärgn.  Basel  (Sallmann)  1893.  6 M. 

Ham*  und  Geschlechtsorgane. 

Bazy,  Des  cystites  par  infection  descendante.  (Anna),  d.  malad,  d.  Organes  genito-urin. 
1893.  No.  11.  p.  815—821.) 

Heyse,  Ueber  Pneumaturie,  hervorgerufen  durch  Bacterium  lactis  aerogenes  und  über 
pathologische  Gasbildung  im  tierischen  Organismus.  (Ztschr.  f.  klin.  Med.  1893. 
Bd.  XXIV.  No.  1/2.  p.  130—183.) 

Schmidt,  M.  B.  und  Aschoff,  L. , Die  Pyelonephritis  in  anatomischer  und  bakterio- 
logischer Beziehung  und  die  ursächliche  Bedeutung  des  Bacterium  coli  commune  für 
die  Erkrankungen  der  Harnwege.  gr.  8°.  V,  103  p.  m.  2 Taf.  Jena  (Fischer)  1893. 

4,50  M. 


Augen  und  Ohren. 

Goibert,  Conjonctivite  pseudo-membraneuse  chronique.  Examen  bactöriologique.  (Arcb. 
d’ophtalmol.  1893.  No.  10.  p.  627—630.) 

C.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Giarre,  C. , Grave  infezione  da  ascaridi  in  bambina  geofaga.  (Sperimentale.  1893 
No.  19.  p.  445—451.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Maul*  und  Klauenseuche. 

Johne,  Die  erstrebte  Entdeckung  des  Ansteckungsstoffes  der  Maul-  und  Klauenseuche 
und  deren  praktische  Bedeutung.  (Dtsche  landwirtschaftl.  Presse.  1893.  No.  90. 
p.  930—931.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Jahresbericht  über  die  Verbreitung  von  Tierseuchen  im  Deutschen  Reiche.  Bearb.  im 
kaiserl.  Gesundheitsamte  zu  Berlin.  7.  Jahrg.  Das  J.  1892.  Lex. -8°.  VI,  220  u. 
92  p.  m.  6 Uebersichtskarten.  12  M. 


Neue  Litteratur. 


99 


Stand  der  bösartigen  ansteckenden  Krankheiten  unter  den  Haustieren  in  Dänemark  im 
3.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  47.  p.  925.) 
Stand  der  Tierseuchen  in  Belgien  im  3.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1893.  No.  47.  p.  924.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Klebahn,  Ueber  die  im  Jahre  1892  in  Canada  beobachteten  Beschädigungen  der  Kultur- 
pflanzen. (Ztschr.  f.  Pflanzenkrankh.  1893.  Bd.  III  No.  6.  p.  342 — 346.) 

Nalepa,  A , Katalog  der  bisher  beschriebenen  Gallmilben , ihrer  Gallen  und  Nähr- 
pflanzen nebst  Angabe  der  einschlägigen  Litteratur  und  kritischen  Zusätzen.  (Zoolog. 
Jahrb.  1893.  Bd.  VII.  p.  274—327.) 

Sadebeck,  E. , Die  parasitischen  Exoasceen.  Eine  Monographie.  (Aus:  ,, Jahrb.  d. 
hamburg.  wissenschaftl.  Anstalten“.)  Lex.-8°.  110  p.  m.  3 Doppeltaf.  In  Komm. 

Hamburg  (Gräfe  & Sillem)  1893.  5 M. 

Willis,  J.  J.,  Potato  diseases.  (Gardener’s  chronicle.  1893.  Ser.  3.  Vol.  XIV.  p.  553.) 
— — , Experiments  in  cbecking  potato  disease.  (Gardener’s  chronicle.  1893.  p.  651.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lnngshemmnng  und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Buschke , Ueber  die  Immunisierung  eines  Menschen  gegen  Tetanus.  (Dtsche  med. 
Wchschr.  1893.  No.  50.  p.  1329  — 1332.) 

Calmette,  A , Recherches  experimentales  sur  le  cholera  asiatique  indo-chinois  et  sur 
l’immunisation  chimique  des  animaux  contre  cette  maladie.  (Arch.  de  med.  navale. 
1893.  p.  216,  257.) 

Diatroptoff,  Vaccinations  antirabiques  ä la  Station  bacteriologique  d’Odessa  en  1892. 

(Annal  de  l’Instit.  Pasteur.  1893.  No.  11.  p.  781 — 783.) 

Gley  et  Charrin,  Influences  h^r^ditaires  experimentales.  (Compt.  rend.  1893.  T.  CXVII. 
No  19.  p.  635—637.) 

Kaufmann  et  Charrin,  Hypoglycemie  experimentale  d’origine  infectieuse.  (Arch.  de 
physiol.  norm,  et  pathol.  1893.  No.  4.  p.  641 — 650.) 

Lazarus,  A.,  Ein  Fall  von  Cholera  asiatica  durch  Laboratoriums-Infektion.  (Berl.  klin. 
Wchschr.  1893.  No.  51.  p.  1241.) 

de  Rechter  et  Legros , Note  sur  la  desinfection  par  l’anhydride  sulfureux  et  par  le 
meiange  gazeux  Pictet.  (Presse  med.  beige.  1893.  No.  42,  43,  44,  48.  p.  330 — 332, 
337—338,  345—346,  377—380.) 

Tröthandl,  C.,  Ueber  Immunität.  (Ztschr.  f.  Nahrungsmittel-Untersuch.  1893.  No.  23. 
p.  421—423  ) 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Kerez,  H.,  Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks 
auf  den  Tuberkelbacillus.  (Orig.),  p.  37. 

Laser,  Hugo,  Ueber  die  praktische  Ver- 
wertbarkeit des  Bacillus  der  Mäuseseuche- 
Laser.  (Orig.),  p.  33. 

Lunkewicz,  M , Beitrag  zur  bakteriologi* 
sehen  Technik.  (Orig.),  p.  42. 

Original-Referate  aus  bakteriologischen 
Instituten  etc. 

Kntscher,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
den  Choleravibrionen  ähnlichen  Wasser- 
bakterien, p.  44. 


Referate. 

Almquist,  E.,  Zur  Biologie  der  Typhus- 
bakterie und  der  Escherich’schen  Bakterie, 
p 63. 

Althausen,  Matthias  Joseph,  Ueber  Ver- 
breitung und  Behandlung  des  Herpes 
tonsurans,  p.  81. 

Babes , Ueber  einen  die  Gingivitis  und 
Hämorrhagien  verursachenden  Bacillus 
bei  Skorbut,  p.  72. 

Babes,  V.  et  Gheorghiu,  D.,  Etüde  sur  les 
differentes  formes  du  parasite  de  la  Ma- 
laria en  rapport  avec  les  differentes  mani- 
festations  cliniques  de  la  maladie  et  sur 


100 


Inhalt. 


les  modifications  des  elements  figures  du 
sang  dans  cette  maladie,  p.  81. 

Babes,  V.  et  Kalindero,  N.,  Lesions  tuber- 
culeuses  comme  porte  d’entröe  de  la 
fifevre  typhoide,  l’ent6ro-hepatite  suppuree 
et  l'infection  hemorrhagique,  p.  65. 

Biro,  Untersuchungen  über  den  Favuspilz, 
p.  69. 

Cesaris-Demel  und  Orlandi,  Sulla  equiva- 
lenza  biologica  dei  prodotti  del  „B.  coli“  e 
del  „B.  tiphi“,  p.  62. 

Dietel,  P.,  Descriptions  of  new  species  of 
Uredineae  and  Ustilagineae , with  re- 
marks  on  some  other  species,  p.  88. 

Felsenthal  und  Stamm,  Die  Veränderungen 
in  Leber  und  Darm  bei  der  Coccidien- 
krankbeit  der  Kaninchen,  p.  82. 

Germano  und  Maurea,  Vergleichende  Unter- 
suchungen über  den  Typhusbacillus  und 
ähnliche  Bakterien,  p.  60. 

Greg,  Percival  H.,  Fermentation  in  rum 
distilleries,  p.  46. 

Gurley,  R.  R , On  the  Classification  of  the 
Myxosporidia , a group  of  protozoan 
parasites  infesting  fishes,  p.  86. 

Heerwagen,  Die  Cholera  in  Riga  1892, 
p.  59. 

Jaeger,  H , Die  Aetiologie  des  infektiösen 
fieberhaften  Ikterus  (Weil’sche  Krank- 
heit). Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  septi- 
scher Erkrankungen  und  der  Pathogeni- 
tät der  Proteusarten,  p.  74. 

Jessner,  Favusstudien.  II,  p.  71. 

Klett,  Adolf,  Die  Frage  der  Flußwasser- 
reinigung, p.  51. 

Lindner,  Beitrag  zur  Kenntnis  parasitischer 
Vorticellen,  p.  84. 

Müller,  Kurt,  Ueber  akute  Osteomyelitis, 
p.  78. 

Nebbe,  C.  H.  und  Unna,  P.  G.,  Kritische 
Bemerkungen  zum  Pleochronismus  der 
Achorionarten,  p.  68. 

Pindikowski,  Ueber  eine  in  Deutschland 
bestehende  Lepraendemie,  p.  72. 

Schardinger,  Ueber  das  Vorkommen  Gärung 
erregender  Spaltpilze  im  Trinkwasser 
und  ihre  Bedeutung  für  die  hygienische 
Beurteilung  derselben,  p.  48. 

Schmidt,  Paul , Milch , die  Quelle  einer 
Typhusepidemie,  p.  63. 

Seemann -Varel , Ueber  den  Einfluß  des 
Gewitterregens  auf  die  Anzahl  der  Keime 
in  abgeschlossenen  Gewässern,  p.  52. 


Spronck,  C.  H.  H.,  Over  Cholera-bacillen, 
onlangs  in  Nederland  uit  rivier-,  vaart-, 
gracht-  en  slootwater  gekweekt,  p.  55. 

Steuernagel , Untersuchungen  über  die 
Verunreinigung  des  Rheins  durch  die 
Kölner  Kanalwässer,  sowie  die  Selbst- 
reinigung desselben,  p.  49. 

Stutzer,  A.,  und  Burri,  R.,  Untersuchungen 
über  die  Bakterien  der  Cholera  asiatica, 
p.  53. 

Thomas,  Ueber  die  Erzeugung  der  Cholera 
von  der  Blutbabn  aus  und  die  prädis- 
ponierende Rolle  des  Alkohols,  p.  55. 

Vincent,  H , Resultats  experimentaux  de 
l’association  du  streptocoque  et  du  ba- 
cille  typhique,  p.  64. 

von  Wasielewski,  Herpes  zoster  und  dessen 
Einreihung  unter  die  Infektionskrank- 
heiten, p.  79. 

Willach,  P.,  Eine  durch  Infusorien  ver- 
ursachte Taubenepizootie,  p.  83. 

Zimmermann,  0.  E R , Die  Bakterien 
unserer  Trink-  und  Nutzwässer,  insbe- 
sondere der  Chemnitzer  Wasserleitung. 
II,  p.  47. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Burri,  Robert,  Ueber  einige  zum  Zwecke 
der  Artcharakterisierung  anzuwendende 
bakteriologische  Untersuchungsmethoden 
nebst  Beschreibung  von  zwei  neuen,  aus 
Rheinwasser  isolierten  Bakterien,  p.  88. 

Schmidt,  A.,  Ueber  die  Benutzung  ver- 
schiedener Sputa  als  Nährböden  und  das 
Wachstum  der  Pneumokokken  auf  den- 
selben, p.  90. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Brouardel,  La  defense  contre  le  choldra : 
valeur  comparee  du  systöme  quarante- 
naire  ancien  et  du  systöme  adopte  ä la 
Conference  de  Dresde  pour  la  defense 
des  divers  pays  contre  le  chol^ra,  p.  95. 

Buttersack,  Ueber  Vaccine,  p.  91. 

Cramer  and  Boyce,  The  nature  of  vaccine 
immunity,  p.  94. 

Iwanoff,  Versuche  über  die  Desinfektion 
der  städtischen  Abwässer  mit  Schwefel- 
säure, p.  94. 

Sobotka,  J. , Zur  Kenntnis  des  Vaccine- 
prozesses, p.  93. 

Neue  Litteratur,  p.  95. 


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Die  Redaktion  des  „ Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Bischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 


Die  Bakteriologie  in  einigen  ihrer  Beziehungen  zur 
chemischen  Wissenschaft. 

Von 

Prof.  Dr.  Percy  Frankland,  F.  R.  S., 

Direktor  des  chemischen  Institutes  des  Dniversity  College  zu  Dundee,  Schottland. 

(Abkürzung  eines  Vortrages,  gehalten  vor  der  Versammlung  der 
British  Association.) 

Die  Bakteriologie,  obgleich  ursprünglich  ein  Abkömmling  der 
Botanik,  von  welcher  sie  auch  in  ihrer  früheren  Kindheit  kräftige 
Unterstützung,  durch  die  denkwürdigen  Untersuchungen  von  Cohn, 
Nägeli  und  Brefeld  erhielt,  wird  ohne  Zweifel  immer  mit  der 
Chemie  in  der  Person  von  M.  Pasteur  in  Verbindung  bleiben, 

IV.  Bd,  7 


102 


Percy  Frankland, 


während  bei  weitem  der  größte  Teil  unserer  neueren  Kenntnisse  über 
Mikroorganismen  durch  die  unermüdlichen  Arbeiten  von  Medizinern 
erworben  worden  ist,  welche  durch  die  glänzenden  Entdeckungen  von 
Koch,  Metschnikoff  und  Behring  angefeuert  wurden. 

Bei  diesen  bakteriologischen  Untersuchungen  sind  jedoch ' die 
Mediziner  immer  mehr  in  den  Bereich  der  Chemie  hinübergedrängt 
worden,  so  daß  sie,  von  Erscheinungen  ausgehend,  welche  sie  zuerst 
vom  rein  biologischen,  d.  h.  mehr  oder  weniger  oberflächlichen  und 
empirischen  Gesichtspunkte  betrachteten , bei  tieferem  Studium  in 
manchen  Fällen  die  chemischen,  physikalischen  und  mechanischen 
Grundlagen  erreicht  haben,  auf  welchen  alle  biologischen  Erscheinungen 
notwendigerweise  ruhen  müssen. 

Was  man  die  moderne  Bakteriologie  nennen  kann,  beginnt  mit 
der  jetzt  etwa  zwölf  Jahre  alten  Einführung  der  systematischen  Me- 
thoden der  Reinkulturen  von  Mikroorganismen,  und  obgleich  die  Ent- 
deckung ihres  Daseins  notwendigerweise  mit  dem  Mikroskope  gemacht 
werden  mußte,  so  wies  doch  die  Anwendung  der  modernen  Methoden 
diesem  Instrumente  erst  die  zweite  Stelle  bei  ihrer  Differenzierung 
und  Bestimmung  an.  Aber  das  sorgfältigere,  länger  fortgesetzte 
Studium  individueller  Arten  von  Bakterien  hat  gezeigt,  daß  ihre 
Unterscheidung  von  einander  noch  viel  schwieriger  ist,  als  man  bis- 
her geglaubt  hatte,  indem  eine  immer  wachsende  Zahl  von  nahe  mit- 
einander verwandten  Formen  entdeckt  worden  war.  Man  mußte  zu 
immer  feineren  und  künstlicheren  Unterschieden  seine  Zuflucht 
nehmen  und  chemische  und  physikalische  Unterscheidungsmittel  an 
die  Stelle  der  morphologischen  setzen. 

Die  chemischen  Unterschiede,  welche  nahe  verwandte  Bakterien 
zeigen,  werden  künftig  ohne  Zweifel  noch  viel  genauer  und  systema- 
tischer untersucht  werden,  als  in  der  Vergangenheit,  weil  sie  weit- 
gehende Möglichkeiten  zum  Zwecke  der  Diagnose  darbieten.  So  sind 
außer  der  wohlbekannten  Indolreaktion,  der  Verflüssigung  der  Gela- 
tine, der  Gerinnung  der  Milch,  der  Gärung  der  Dextrose  und  des 
Fleischextraktes,  die  einzigen,  jetzt  im  allgemeinen  Gebrauch  befind- 
lichen chemischen  Prüfungsmittel  die  Reduktion  der  Nitrate  zu  Ni- 
triten und  die  ammoniakalische  Gärung  des  Harnstoffes. 

Bei  weitem  die  auffallendsten  chemischen  Veränderungen,  welche 
durch  Mikroorganismen  hervorgebracht  werden,  sind  diejenigen,  welche 
man  gewöhnlich  unter  dem  Namen  von  Gärungen  zusammenstellt. 
Von  diesen  ist  vom  praktischen  Gesichtspunkte  aus  die  wichtigste 
die  durch  Hefe  hervorgebrachte  Alkoholgärung,  welche  jetzt  durch 
die  klassischen  Untersuchungen  von  Hausen  und  seinen  Schülern 
auf  eine  gesuude  wissenschaftliche  Basis  gestellt  worden  ist. 

Von  größerem  Interesse  als  die  gewöhnliche  alkoholische  Gärung 
sind  für  den  Chemiker  die  zahlreichen  und  viel  verschiedenartigeren 
gärungsartigen  Zersetzungen,  welche  durch  Bakterien  hervorgebracht 
werden  und  deren  Entdeckung  wir  großenteils  Pasteur  und  Fitz 
verdanken.  Die  Substanzen,  von  welchen  man  bis  jetzt  nachgewiesen 
hat,  daß  sie  durch  Einwirkung  lebender  Bakterien  Gärungsvorgängen 
unterworfen  sind,  sind  zwar  zahlreich,  beschränken  sich  aber  prak- 
tisch auf  die  Kohlehydrate,  die  polyhydrischen  Alkohole  und  die 
Hydroxysäuren. 


Die  Bakteriologie  in  einigen  ihrer  Beziehungen  zur  chemischen  Wissenschaft.  103 


Außerdem  sind  die  bei  diesen  zahlreichen  Gärungen  erhaltenen 
Produkte,  wenn  wir  verhältnismäßig  geringe  Spuren  ausnehmen,  von 
noch  beschränkterer  Zahl.  Die  gewöhnlichsten  sind: 

Alkohole:  Aethyl,  Butyl,  Amyl. 

Poiyhydrische  Alkohole : Mannit. 

Fettsäuren:  Ameisen-,  Essig-,  Propion-,  Butter-,  Valeriansäuren. 

Hydroxysäuren : Milchsäure. 

Dibasische  Säuren : Bernsteinsäure. 

Gase:  Kohlensäure,  Wasserstoff,  Sumpfgas. 

In  fast  allen  Fällen  schließt  übrigens  die  Zersetzung  durch 
Gärung  einen  Oxydations-  und  Reduktionsprozeß  ein,  indem  ein  Teil 
der  ursprünglichen  Moleküle  auf  Kosten  der  anderen  oxydiert  wird. 
So  ist  eine  der  gewöhnlichsten  Formen  der  Gärung  diejenige,  wobei 
eine  Fettsäure  und  ein  Alkohol,  gewöhnlich  der  der  fraglichen  Säure 
entsprechende,  zugleich  entstehen. 

Zwei  Fragen  werfen  sich  bei  diesen  Zersetzungen  durch  Bakterien 
von  selbst  auf:  1)  Liefert  dieselbe  Substanz  verschiedene  Produkte, 

wenn  sie  durch  verschiedene  Mikroorganismen  in  Gärung  versetzt 
wird?  2)  Erzeugt  derselbe  Mikroorganismus  dieselben  Produkte, 
wenn  er  verschiedene  Substanzen  in  Gärung  versetzt? 

Die  erste  dieser  Fragen  ist  durch  die  Untersuchungen  von  Fitz 
beantwortet  worden,  welcher  fand,  daß  dieselbe  Substanz  fähig  ist, 
verschiedene  Gärungsprodukte  zu  liefern,  je  nach  dem  besonderen 
Fermente,  welches  angewendet  wurde.  Dieses  Resultat  wird  auch 
nicht  durch  die  Thatsache  abgeändert,  daß  wir  keinen  Beweis  be- 
sitzen, daß  die  von  Fitz  benützten  Fermente  Reinkulturen  waren; 
in  manchen  Fällen  waren  sie  sogar  anerkannterweise  Mischungen. 
Andererseits  kann  die  Antwort  auf  die  zweite  Frage  offenbar  nur 
durch  Experimente  beantwortet  werden,  welche  mit  Reinkulturen  von 
Gärungsorganismen  angestellt  werden. 

Ich  habe  seit  einiger  Zeit  Experimente  über  diesen  Gegenstand 
angestellt,  und  soweit  sie  bis  jetzt  vorgeschritten  sind  — denn  sie 
sind  notwendigerweise  von  höchst  mühsamer  Art  — , neigen  sie  sich 
ganz  entschieden  der  Ansicht  zu,  daß  die  von  demselben  Organismus 
aus  verschiedenen  gärungsfähigen  Substanzen  erzeugten  Produkte 
dieselben  sind.  So  habe  ich  bewiesen,  daß  ein  und  derselbe  Ba- 
cillus, wenn  er  auf  so  verschiedene  Substanzen  einwirkt,  wie  Dex= 
trose,  Galaktose,  Maltose,  Milchzucker,  Mannitol,  Arabinose,  Glycerin 
und  Glycerin  säure,  qualitativ  dieselben  Produkte  liefert,  nämlich 
Aethylalkohol,  Essig-  und  Ameisensäure  (Spuren  von  Bernsteinsäure), 
Kohlensäure  und  Wasserstoff. 

Aehnliche  Resultate  hat  in  neuester  Zeit  Grimbert  erhalten, 
welcher  die  durch  den  B.  orthobutylicus  in  Stärke,  Inulin,  Dex- 
trose, Maltose,  Rohrzucker,  Invertzucker,  Milchzucker,  Arabinose, 
Mannitose  und  Glycerin  eingeleitete  Gärung  studiert  hat.  Er  fand, 
daß  die  Produkte  in  allen  Fällen  qualitativ  dieselben  waren,  nämlich 
Essig-  und  Buttersäure,  normaler  Butylalkohol , Kohlensäure  und 
Wasserstoff.  Ich  halte  es  jedoch  durchaus  nicht  für  wahrscheinlich, 
daß  ein  und  derselbe  Organismus  alle  Substanzen  so  zersetzt,  daß 
er  dieselben  Produkte  bildet ; aber  es  ist  merkwürdig  genug,  daß  die- 

7* 


104 


Percy  Frankland, 


selben  Produkte  von  so  verhältnismäßig  verschiedenen,  verwandten 
Substanzen  erhalten  werden  sollen,  und  diese  Erscheinung  ist  sehr 
wahrscheinlich  durch  die  Annahme  erklärbar,  daß  diese  verschiedenen 
Substanzen  zunächst  in  eine  und  dieselbe  Zwischensubstanz  verwan- 
delt werden,  welche  dann  die  weitere  Umbildung  erfährt. 

So  hängt  wahrscheinlich  die  Gärungsfähigkeit  von  Körpern  da- 
von ab,  daß  sie  fähig  sind,  mit  Leichtigkeit  S9lche  Zwischensubstanzen 
zu  liefern.  Ein  Stoff,  welcher  ohne  Zweifel  bei  solchen  Gärungs- 
zersetzungen als  Zwischensubstanz  eine  wichtige  Rolle  spielt,  ist  die 
Milchsäure,  welche  bekanntlich  imstande  ist,  unter  Einwirkung  von 
Bakterien  eine  Anzahl  verschiedener  Produkte  zu  liefern,  z.  B.  Vale- 
rian-,  Butter-,  Propion-  und  Essigsäure,  nebst  Butyl-  und . Aethyl- 
alkohol.  In  dieser  Verbindung  ist  es  auch  bemerkenswert,  daß  nur 
solche  Zucker  durch  Hefe  in  Gärung  versetzt  werden,  welche  drei 
oder  ein  Mehrfaches  von  drei  Atomen  Kohlenstoff  in  dem:  Molekül 
enthalten ; überdies  scheinen  die  Kohlenverbindungen,  welche  einen 
solchen  dreiatomischen  Kohlenkern  enthalten,  selbst  für  die  Bakterien- 
fermente mit  ihren  umfangreicheren  Neigungen  besonders  leicht  an- 
greifbar zu  sein.  Daß  mehr  oder  weniger  komplizierte  Zwischen- 
reaktionen bei  diesen  Gärungszersetzungen  stattfinden,  wird  ferner 
durch  die  verschiedenen  Arten  von  Milchsäuregärung  bewiesen,  von 
welchen  ich  sogleich  sprechen  werde. 

Bei  diesen  Gärungserscheinungen  scheint  die  Ameisensäure  eine 
sehr  wichtige  Rolle  zu  spielen;  die  Gegenwart  dieses  Stoffes  unter 
den  Produkten  der  Gärung  ist  von  vielen  Beobachtern  angegeben 
worden.  Sie  wird  häufig  von  Fitz  und  ebenso  von  G r i m b e r t als  ge- 
wöhnlich in  geringer  Menge  in  den  Buttersäuregärungen  vorkommend 
angegeben,  wie  ich  bereits  erwähnt  habe.  Bei  meinen  Experimenten 
habe  ich  jedoch  gefunden,  daß  der  Betrag  an  Ameisensäure  durch 
besondere  Umstände  bedeutend  vermehrt  werden  kann.  So  war  bei 
Gärungen  in  Flaschen,  welche  nur  durch  Wattestopfen  ge- 
schlossen waren,  die  Menge  der  Ameisensäure  gewöhnlich  sehr  unbe- 
deutend, während  bei  Gärungen  in  verschlossenen  Flaschen,  welche 
mit  einem  zum  Auffangen  der  entwickelten  Gase  über  Quecksilber 
eingerichteten  Abzugsrohre  versehen  waren,  die  Menge  der  erzeugten 
Ameisensäure  jedesmal  sehr  bedeutend  war,  und  ferner  habe  ich  bei 
diesen  geschlossenen  Gärungen,  wobei  die  Gase  gesammelt  wurden, 
immer  gefunden,  daß  Kohlensäure  und  Wasserstoff  annähernd  in  dem- 
selben Verhältnis  auftraten,  in  welchem  sie  in  der  Ameisensäure  vor- 
handen sind,  nämlich  im  gleichen  Volum.  Nun  hat  Duclaux  ge- 
zeigt (Annales  de  l’Institut  Pasteur.  Bd.  VI.  1892.  p.  558),  daß  freie 
Ameisensäure  ein  kräftiges  Antisepticum  ist,  und  darum  ist  es  höchst 
wahrscheinlich,  daß  die  Entstehung  dieser  Ameisensäure  in  ge- 
schlossenen Gärungen  die  Ursache  ist,  daß  sie  durch  dieses  toxische 
Produkt  vorzeitig  angehalten  werden.  Ob  Ameisensäure  überhaupt 
nicht  gebildet  wird,  wenn  die  Gärung  in  der  offenen  Flasche  vor  sich 
geht,  oder  ob  der  Organismus  sie  in  diesem  Falle  bei  Gegenwart 
von  Luft  zu  zersetzen  vermag,  habe  ich  noch  nicht  untersucht. 
Duclaux  (1.  c.)  hat  gezeigt,  daß  Schimmelpilze  imstande  sind,  freie 
Ameisensäure  bei  Gegenwart  von  Luft  zu  zersetzen.  Aber  die  Wirkung 


Die  Bakteriologie  in  einigen  ihrer  Beziehungen  zur  chemischen  Wissenschaft.  105 


der  Schimmelpilze  ist,  soviel  wir  wissen,  wenn  sie  oberflächlich  auf 
organischen  Flüssigkeiten  wachsen,  ganz  verschieden  von  der  der  Bak- 
terien, insofern  als  die  Schimmel  die  organischen  Elemente  einfach  in 
ihre  letzten  Oxydationsprodukte  verwandeln  und  nicht  im  strengen 
Sinne  des  Wortes  Gärungen  erregen. 

Die  Milchsäuregärung,  welche  zu  den  am  frühesten  bekannten 
Gärungen  gehört  und  mit  deren  Erforschung  die  Namen  von  Pasteur 
und  Li ster  verknüpft  sind,  ist  neuerdings  der  Gegenstand  von  Unter- 
suchungen gewesen,  welche  vom  chemischen  Gesichtspunkte  aus  be- 
sonderes Interesse  darbieten.  Bei  der  gewöhnlichen  Milchsäuregäruug 
ist  bekanntlich  die  entstandene  Milchsäure  inaktiv,  ohne  Unterschied, 
ob  sie  von  Stärke,  Milchzucker,  Rohrzucker,  Dextrose  oder  Mannit 
herstammt.  Aber  durch  Anwendung  verschiedener  Milchsäuregärungs- 
bakterien  hat  man  durch  direkte  Gärung  die  beiden  aktiven  Milch- 
säuren hervorgebracht.  So  haben  Nencki  und  Sieber  ein  Milch- 
säureferment entdeckt,  welches  Acid.  sarcolacticum  (d.  h.  rechts 
drehende  Milchsäure)  bei  der  Gärung  von  Dextrose  hervorbringt, 
während  Schardinger  die  Entstehung  von  links  drehender  Milch- 
säure bei  der  Gärung  von  Rohrzucker  beschrieben  hat.  Wie  sind 
diese  verschiedenen  Milchsäuregärungen  im  Lichte  unserer  gegen- 
wärtigen Kenntnis  von  der  Konstitution  des  Zuckermoleküls  zu  er- 
klären, welche  auf  die  allgemein  bewunderten  Untersuchungen  von 
Emil  Fischer  begründet  ist? 

Betrachten  wir  die  jetzt  allgemein  angenommenen  Formeln  für 
die  Konstitution  von  Dextrose,  Lävulose  und  Mannit: 


CH2OH 

I 

+ CHOH 

I 

Dextrose  + CH2OH 

I 

+ CHOH 

I 

— CHOH 

I 

COH 


CH2OH 

I 

+ CHOH 

I 

Lävulose  + CHOH 
+ CHOH 

I 

CO 

I 

CH2OH 


ch2oh 

I 

+ CHOH 

I 

Mannit  + CHOH 

I 

+ CHOH 

+ CHOH 

I 

ch2oh 


worin  die  verschiedenen  asymmetrischen  Kohlenstotfatome  durch  die 
Zeichen  + oder  — angegeben  sind,  je  nach  der  bezüglichen  Anordnung 
der  Gruppen,  welche  ihnen  zugehören.  Es  ist  leicht  zu  sehen,  wie  das 
Kohlenskelett  der  Dextrose  durch  einfache  Zersetzungen,  wobei  die 
Endgruppen  — COOH  oder  CH2OH  — in  COOH  verwandelt  werden, 
entweder  die  rechts  oder  die  links  drehende  Milchsäure  liefern  kann, 
je  nach  dem  besonderen,  asymmetrischen  Kohlenatom  in  der  Dextrose, 
aus  welchem  das  asymmetrische  Kohlenatom  in  der  Milchsäure  her- 
vorgeht, also: 


ch3 


ch3 


- CHOH 

I 

COOH 

Links  drehende  Milchsäure. 


+ CHOH 

I 

COOH 

Rechts  drehende  Milchsäure. 


106 


Percy  Franklftnd, 


Ferner  sollte  bei  einer  so  einfachen  Zersetzung  das  Lävulose- 
molekül  nur  imstande  sein,  rechts  drehende  Milchsäuren  zu  liefern, 
und  ebenso  sollte  das  Mannitmolekül  nur  rechts  drehende  Milch- 
säuren liefern  können;  denn  es  ist  klar,  daß,  wenn  die  Endgruppen 
nur  in  COOH  verwandelt  worden  sind,  die  entstehende  Milchsäure  ihr 
asymmetrisches  Kohlen  st  off  atom  mit  dem  Zeichen  davor  haben  wird. 
Es  ist  unnötig,  zu  bemerken,  daß  alle  diese  Zeichen  auch  der  wirk- 
lich beobachteten  Drehung  direkt  entgegengesetzt  sein  können,  so 
daß  die  Spekulation  richtiger  und  kürzer  in  die  Worte  zusammen- 
gefaßt werden  kann,  daß,  während  beide  aktive  Milch- 
säuren theoretisch  durch  die  einfachste  Zersetzung 
der  Dextrose  erhalten  werden  können,  nur  eines  und 
dasselbe  von  den  beiden  aktiven  Isomeren  auf  ähn- 
liche Weise  entweder  aus  Lävulose  oder  aus  Mannitol 
sollte  entstehen  können. 

Andererseits  ist  es  ebenso  offenbar,  daß  es  zur  Entstehung  in- 
aktiver Milchsäure  aus  einem  der  genannten  Moleküle  nötig  ist,  daß 
entweder  ein  Zwischenprodukt  gebildet  wird,  in  welchem  das  asym- 
metrische Kohlenstoffatom  der  zuletzt  entstehenden  Milchsäure  seine 
Asymmetrie  verloren  hat,  oder  daß  die  beiden  activen  Milchsäuren 
in  genau  gleichen  Molekulärverhältnissen  gebildet  sein  müssen,  so 
daß  die  Drehung  aufgehoben  wird.  Unter  der  letzteren  Annahme 
sollte  inaktive  Milchsäure  nur  aus  Dextrose  leicht  entstehen  können, 
da  weder  das  Lävulose-  noch  das  Mannitmolekül  theoretisch  im- 
stande ist,  durch  einfache  Umwandlung  mehr  als  eine  der 
aktiven  Milchsäuren  zu  liefern,  aber  es  ist  experimentell  festgestellt, 
daß  man  durch  Gärung  von  reinem  Mannit  inaktive  Milchsäure  er- 
halten kann. 

Bei  diesen  durch  Mikroorganismen  bewirkten  Zersetzungen 
beobachtet  man  nicht  selten  eine  auffallende  Erscheinung,  welche  so- 
wohl vom  chemischen  als  vom  biologischen  Gesichtspunkte  aus  von 
großer  Bedeutung  sein  muß:  ich  meine  die  Erscheinung  der  elek- 
tiven  oder  Vorzugsgärung.  Dieses  Phänomen  wurde  zuerst 
von  Pasteur  im  Jahre  1860  an  der  Traubensäure  beobachtet.  Er 
fand , daß  sowohl  Bakterien  als  Schimmelpilze  vorzugsweise  die 
rechtsdrehende  Weinsäure  angreifen.  Ebenso  fand  Lewkowitsch 
im  Jahre  1883,  daß  bei  der  Mandelsäure  das  links  drehende  Isomer 
durch  das  Penicillium  glaucum  zuerst  zerstört  wird.  In  neuerer 
Zeit  habe  ich  gezeigt,  daß  bei  der  Gärwirkung  des  Bacillus 
aethaceticus  auf  Glycerinsäure  die  links  drehende  Säure  zuerst 
zersetzt  wird,  und  man  erhält  auf  diese  Weise  eine  rechts  drehende 
Glycerin  säure,  was  insofern  von  besonderem  Interesse  und  Wert  ist, 
als  es  die  einfachste  aktive  Säure  darstellt,  welche  man  in  einer 
praktisch  unbeschränkten  Menge  erhalten  kann  und  mittelst  deren 
die  Gesetze,  welche  die  Drehkraft  aktiver  Körper  im  allgemeinen  be- 
herrschen, in  ihrer  einfachsten  Form  untersucht  werden  können.  Von 
dieser  neuen  Substanz  sind  in  meinem  Laboratorium  schon  nicht  weniger 
als  zwanzig  aktive  Abkömmlinge  hergeleitet  worden ; sie  haben  dazu 
gedient,  auf  die  neueren  Theorieen  über  den  besonders  anziehenden 


Die  Bakteriologie  in  einigen  ihrer  Beziehungen  zur  chemischen  Wissenschaft.  107 


Gegenstand  des  asymmetrischen  Kohlenstoffatoms  Licht  zu  verbreiten. 
In  noch  neuerer  Zeit  habe  ich  durch  elektive  Gärung  die  rechts 
rotierende  Milchsäure  (Acid.  sarcolacticum)  erhalten,  welche,  obwohl 
bekannt,  bis  jetzt  nur  mit  großer  Schwierigkeit  zu  erlangen  gewesen 
ist;  aber  ich  hoffe  sie  auf  diese  Weise  ebenso  zugänglich  zu  machen, 
als  die  rechts  drehende  Glycerinsäure. 

Die  Ursache  dieser  merkwürdigen  Erscheinung  der  Elektivgärung 
ist  gegenwärtig  noch  ganz  in  Dunkel  gehüllt,  aber  ich  wage  die 
Vermutung  auszusprechen,  daß  man  sie  in  den  Unterschieden  suchen 
muß,  welche  solche  optische  Isomeren  nur  entfalten,  wenn  sie  mit 
anderen  aktiven  Körpern  verbunden  sind.  Wenn  z.  B.  die  optisch 
isomeren  Weinsäuren  mit  der  optisch  aktiven  Base  Cinchonin  ver- 
bunden sind,  so  zeigen  die  entstandenen  rechts  und  links  drehen- 
den weinsauren  Cinchoninsalze  einen  deutlichen  Unterschied  in 
ihrer  Löslichkeit.  Ist  es  nicht  höchst  wahrscheinlich,  daß  optisch 
aktive  Substanzen,  welche  immer  in  lebenden  Zellen  vorhanden  sind, 
mit  diesen  optisch  aktiven,  gärungsfähigen  Isomeren  in  Verbindung 
treten  können,  und  daß,  wenn  so  Unterschiede  — z.  B.  in  der  Lös- 
lichkeit — zwischen  ihnen  auftreten,  der  eine  von  ihnen  — wahr- 
scheinlich der  leichter  lösliche  — dem  spezifischen,  zersetzenden 
Einflüsse  des  Zellprotoplasmas  zugänglicher  wird? 

Ob  bei  solchen  Elektivgärungen  ausnahmslos  dasselbe  optische 
Isomer  unter  dem  Einflüsse  der  vitalen  Zersetzung  zuerst  verschwindet, 
ist  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt  worden.  Pasteur  fand  jedoch, 
daß  die  rechts  drehende  Weinsäure  zuerst  zerstört  wurde,  ohne 
Rücksicht  darauf,  ob  eine  Bakteriengärung  oder  eine  Schimmel- 
verbrennung angewendet  wurde.  Ebenso  war  es  bei  der  Milchsäure 
die  links  drehende  Säure,  welche  bei  meiner  Bakteriengärung  zuerst 
verschwand,  wovon  schon  die  Rede  war,  ebenso  wie  bei  der  Schimmel- 
verbrennung der  Milchsäure,  welche  Linossier  untersucht  hat. 
Auf  der  anderen  Seite  berichtet  Lewkowitsch  über  die  vorzugs- 
weise Zersetzung  einer  optisch  isomeren  Mandelsäure  durch  den 
Schimmel  Penicillium  glaucum  und  des  entgegengesetzten 
Isomers  durch  ein  Bakterienferment.  Da  dies,  soviel  ich  weiß,  das 
einzige  Beispiel  dieser  Art  ist,  so  ist  sehr  zu  wünschen,  daß  es  von 
neuem  untersucht  und  entweder  bestätigt  oder  widerlegt  werde. 

Man  darf  nicht  annehmen,  daß  bei  diesen  Elektivgärungen  das 
eine  der  Isomeren  überhaupt  nicht  in  Gärung  zu  versetzen  sei,  denn 
soweit  der  Gegenstand  sorgfältig  untersucht  worden  ist,  scheint  es, 
daß  das  eine  der  beiden  Isomeren  nur  verhältnismäßig  weniger  leicht 
in  Gärung  zu  versetzen  ist.  So  fand  ich  bei  der  Gärung  der  Milch- 
säure, welche  ich  neuerlich  studierte,  daß,  wenn  man  die  Gärung  zu 
Ende  kommen  ließ,  die  gesamte  Milchsäure  in  andere  Produkte 
zerfiel;  wenn  man  sie  aber  in  einem  mittleren  Stadium  unterbrach, 
die  unzersetzt  gebliebene  Milchsäure  immer  Acid.  sarcolacticum  ent- 
hielt, zum  Beweis,  daß  die  links  drehende  Milchsäure  vorzugsweise 
zersetzt  worden  war. 

Bei  der  Gärung  der  Glycerinsäure  sind  die  Elektiverscheinungen 
äußerst  bemerkenswert.  Als  ich  vor  einigen  Jahren  zuerst  den 
Bacillus  aethaceticus  isolierte,  fand  ich,  daß  sein  Vermögen, 


108 


Percy  Frankland, 


Glycerinsäure  in  der  Form  von  glycerinsaurem  Kalke  in  Gärung 
zu  versetzen,  sehr  gering  sei,  und  daß,  selbst  wenn  man  die  Gärung 
vollständig  werden  ließ,  so  gut  wie  das  ganze  der  rechts  drehenden 
Glycerinsäure  von  dem  Bacillus  unberührt  blieb.  Aber  als  ich 
diesen  Bacillus  in  Lösungen  von  glycerinsaurem  Kalke  weiter 
kultivierte,  fand  ich,  daß  sein  Vermögen,  diese  Substanz  zu  zersetzen, 
merklich  zunahm;  so  dauerte  nicht  nur  die  Gärung  länger,  sondern 
die  Menge  der  am  Ende  der  Gärung  unzersetzt  bleibenden,  rechts 
drehenden  Glycerinsäure  wurde  immer  geringer.  Um  daher  einen 
genügenden  Ertrag  an  übrig  bleibender,  aktiver  Glycerinsäure  zu 
erhalten,  wurde  es  jetzt  nötig,  die  Gärung  zu  unterbrechen  und  so 
die  rechts  drehende  Glycerinsäure  vor  der  Zerstörung  zu  bewahren. 
Man  kann  auch  einen  genügenden  Ertrag  von  aktiver  Glycerinsäure 
erhalten,  wenn  man  zu  der  Gärung  einen  Bac.  aethaceticus 
benutzt,  welcher  bis  jetzt  Lösungen  von  Glycerinsäure  fremd  geblieben 
ist.  Diese  Bacillen  zersetzen  dann  nur  die  links  drehende  Glycerin- 
säure, die  Moleküle  der  rechts  drehenden  Glycerinsäure  werden  von 
ihnen  nicht  angegriffen.  Auf  diese  Weise  kann  die  gärungserregende 
Thätigkeit  dieses  Bacillus  aethaceticus  auf  das  genaueste 
reguliert  werden,  und  dies  bietet  ein  gutes  Beispiel  für  die  tiefen 
Abänderungen,  welche  man  in  Mikroorganismen  durch  ein  Verfahren 
hervorbringen  kann,  welches  man  Erziehungskultur  nennen  kann. 

Eine  vorzügliche  Erläuterung  hierzu  bietet  die  künstliche  Pro- 
duktion von  asporogenem  Anthrax  durch  Chamberland  und  Roux, 
sowie  ähnliche  tiefe  und  dauernde,  morphologische  Veränderungen, 
welche  Hansen  an  Hefenarten  durch  lang  dauernde  Kultur  in 
durchlüfteter  Würze  bei  Maximaltemperatur  hervorgebracht  hat. 
Auf  die  künstliche,  dauernde  Verminderung  der  Virulenz  patho- 
gener Mikroorganismen  brauche  ich  nicht  weiter  einzugehen,  da  die 
Erzeugung  abgeschwächter  Virus  oder  Vaccine  zu  dem  Zwecke  der 
Schutzimpfungen  bereits  in  einem  Maßstabe  ausgeführt  wird,  den 
man  industriell  nennen  könnte. 

Wer  Bakterien  lange  Zeit  hindurch  kultiviert  hat,  wird  ferner 
wahrscheinlich  mehr  oder  weniger  auffallende  Veränderungen  in 
einigen  ihrer  funktionellen  Thätigkeiten  wahrgenommen  haben,  z.  B. 
daß  das  Vermögen,  Gelatine  zu  verflüssigen,  welches  einige  be- 
sitzen, vermindert  worden  ist,  oder  daß  die  Erzeugung  von  Pigment 
abgenommen  oder  ganz  aufgehört  hat,  während  in  anderen  Fällen  die 
Fähigkeit,  eine  gewisse  Substanx  in  Gärung  zu  versetzen,  durch 
lang  dauernde  Kultur  verloren  gegangen  ist.  So  besitze  ich  einen 
Bacillus,  welcher  imstande  ist,  citronensauren  Kalk  in  Gärung  zu 
versetzen,  und  er  fährt  seit  Jahren  fort,  diese  Funktion  auszuüben, 
wenn  er  auf  passenden  Nährböden  gezogen  wird.  Wenn  man  eine 
solche  gärende  Lösung  von  citroneu saurem  Kalke  der  Plattenkultur 
unterwirft,  so  erscheinen  Kolonieen,  wie  gewöhnlich;  aber  wenn  man 
eine  der  Kolonieen  in  eine  sterile  Lösung  von  Kalkcitrat  überträgt, 
so  erregt  sie  keine  Gärung  mehr,  indem  der  Bacillus  durch  seinen 
bloßen  Durchgang  durch  Gelatine  seine  Gärkraft  verloren  hat.  Wenn 
dagegen  eine  solche  Kolonie  in  Fleischbrühe  gebracht  wird,  welche 
citronensauren  Kalk  enthält,  so  wird  letzterer  leicht  in  Gärung  ver- 


Die  Bakteriologie  in  einigen  ihrer  Beziehungen  zur  chemischen  Wissenschaft.  |09 

setzt.  Wenn  man  jetzt  von  hier  etwas  in  schwächere,  ebenfalls 
Kalkcitrat  enthaltende  Brühe  einbringt,  so  gerät  auch  dieses  in 
Gärung;  und  wenn  man  auf  diese  Weise  nach  und  nach  zu  immer 
schwächerer  Brühe  übergeht,  so  wird  zuletzt  die  Gärung  einer  Kalk- 
citratlösung eingeleitet,  welche  den  von  der  Gelatineplatte  direkt 
entnommenen  Bacillen  durchaus  widerstand. 

In  enger  Verbindung  mit  diesen  Erscheinungen  steht  ohne 
Zweifel  auch  das  aerobe  und  anaerobe  Wachstum.  Bekanntlich 
lassen  sich  die  Bakterien  in  3 Klassen  einteilen:  1)  obligat  aerobe, 
2)  fakultativ  aerobe  und  anaerobe,  3)  obligat  anaerobe.  Die  Er- 
scheinungen des  aeroben  Wachstums  sind  natürlich  als  die  normalen 
anzunehmen , aber  bei  vielen , durch  Bakterien  hervorgebrachten 
Zersetzungen  werden  so  große  Mengen  von  Gasen  — besonders 
Kohlensäure  und  Wasserstoff  — • entwickelt,  daß  aller  freie  Sauerstoff 
schnell  aus  dem  Medium  entfernt  wird,  in  welchem  die  Bakterien 
ihre  Wirkung  ausüben.  Unter  solchen  Umständen  werden  alle  Bak- 
terien, welche  ganz  von  Sauerstoff  abhängen,  ihre  Lebenskraft  ent- 
weder ganz  verlieren  oder  doch  eine  Unterbrechung  derselben  erfahren, 
während  die,  welche  sich  entweder  zeitweise  oder  dauernd  ohne 
Oxygen  erhalten  können,  sich  in  großem  Vorteile  befinden  müssen, 
weil  sie  ihren  Lebensprozeß  in  dem  sauerstoffreien  Medium  fortsetzen 
können,  welches  sie  selbst  hervorgebracht  haben.  So  wird  es  ver- 
ständlich, daß  ursprünglich  aerobe  Organismen,  welche  gewisse  Sub- 
stanzen unter  Entwickelung  von  Gasen  (C02,  H u.  s.  w.)  zu  zersetzen 
vermögen,  so  modifiziert  werden,  daß  sie  für  immer  längere  Zeiträume 
den  Mangel  an  Öxvgen  ertragen,  und  zuletzt  sind  einige  Formen  so 
stark  abgeändert  worden,  daß  sie  bei  vollständiger  Abwesenheit  des 
Sauerstoffes  zu  leben  vermögen,  mit  anderen  Worten,  sie  sind  obligat 
anaerob  geworden. 

Während  Pasteur  die  Gärung  von  dem  Leben  von  Mikro- 
organismen bei  Abwesenheit  von  Sauerstoff  abhängen  läßt,  scheint  es 
mir,  daß  das  Leben  von  Mikroorganismen  in  Abwesenheit  von  Sauer- 
stoff notwendig  gemacht  wird  durch  ihr  Vermögen,  Gärungsvorgänge 
zustande  zu  bringen,  welche  den  Sauerstoff  aus  dem  Medium  aus- 
treiben.  Id  der  That  besteht  die  gärungserregende  Fähigkeit  wahr- 
scheinlich früher,  als  die  anaerobe  Fähigkeit. 

Obgleich  ich  den  wichtigen  Gegenstand  der  Desinfektion  über- 
gehen muß,  so  giebt  es  doch  einen  Abschnitt  dieses  Gegenstandes, 
über  welchen  ich  zum  Schlüsse  einige  Worte  sagen  möchte,  nämlich 
die  desinfizierende  oder  bakterientötende  Wirkung  des  Lichtes. 

Bald  nachdem  Bakterien  allgemein  bekannt  geworden  waren, 
also  etwa  seit  einem  Vierteljahrhundert,  wurde  von  Down  es  und 
Blunt  die  wichtige  Entdeckung  gemacht,  daß  diese  kleinen  Organis- 
men gegen  direktes  Sonnenlicht  merkwürdig  empfindlich  seien.  Nach 
diesen  Beobachtungen  sind  in  dieser  Richtung  in  Frankreich,  Deutsch- 
land, Italien,  Rußland  und  England  zahlreiche  Untersuchungen  aus- 
geführt worden,  aber  von  besonderem  Interesse  sind  in  dieser  Be- 
ziehung einige  ganz  kürzlich  von  Richardson  gemachte  Experi- 
mente. Dieser  Forscher  hat  gezeigt,  daß,  wenn  Urin  dem  direkten 


110 


Percy  Frankland, 


Sonnenlichte  ausgesetzt  wird,  Wasserstoffsuperoxyd  entsteht,  dessen 
Gegenwart  die  Entwickelung  von  Wachstum  verhindert. 

Die  Bildung  von  Wasserstoffsuperoxyd  bei  der  Besonnung  führt 
natürlicherweise  zu  der  Frage,  ob  die  ganze  bakterientötende 
Wirkung  des  Lichtes  von  diesem  Stoffe  herrührt  oder  ob  er  nur 
teilweise  zu  der  Erscheinung  beiträgt.  Richardson  hat  gezeigt, 
daß  die  Bildung  von  Wasserstoffsuperoxyd  von  der  Gegenwart  eines 
oder  mehrerer  besonderen  Bestandteile  im  Uriue  abhängt,  und  daß  es 
durch  die  Bestrahlung  von  Wasser  oder  selbst  von  einer  Harnstoff- 
lösung nicht  erzeugt  wird.  Wenn  also  während  der  Insolation  die 
Bakterien  in  Wasser  suspendiert  sind,  so  kann  in  der  Flüssigkeit 
kein  Wasserstoffsuperoxyd  entstehen.  Wie  ich  schon  in  Verbindung 
mit  meinen  eigenen  Experimenten  angegeben  habe  (Proceedings  Royal 
Society.  1893),  so  stimmen  eine  Anzahl  von  Forschern  darin  überein, 
daß  Bakterien  der  Besonnung  viel  besser  widerstehen,  wenn  sie  in 
Wasser,  als  wenn  sie  in  Kulturmaterial  suspendiert  sind.  Es  ist 
jedoch  ebenso  gewiß,  daß  sie  wirklich  und  oft  sehr  schnell  zerstört 
werden,  wenn  sie  in  Wasser  suspendiert  sind.  Dies  kann  beim 
ersten  Anblicke  zu  beweisen  scheinen,  daß  die  bakterientötende 
Wirkung  des  Lichtes  durch  die  Bildung  von  Wasserstoffsuperoxyd 
beschleunigt  werden,  aber  auch  ohne  sie  stattfinden  kann.  Aber  da 
bei  den  bis  jetzt  über  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  Mikroorganismen 
angestellten  Experimenten  diejenigen  Bedingungen  nicht  eingehalten 
worden  sind,  welche  die  Entstehung  von  Wasserstoffsuperoxyd  inner- 
halb der  Zellen  von  unvollkommen  getrockneten  Bakterien  und  deren 
Sporen  gänzlich  ausschließen,  so  ist  es  höchst  wahrscheinlich,  daß 
diese  Entstehung  wirklich  stattfindet,  und  es  ist  sicher  noch  leichter, 
an  die  Entstehung  dieses  Stoffes  in  Zellen  zu  glauben,  wenn  zu  dem 
Wasser,  in  welchem  sie  suspendiert  sind,  die  Luft  Zutritt  hat. 

Diese  Frage  regt  offenbar  eine  andere  und  viel  allgemeinere  an, 
welche  der  chemischen  Welt  lange  Vorgelegen  hat,  nämlich  ob  bei 
vollständiger  Abwesenheit  von  W7asserdampf  überhaupt  eine  Oxyda- 
tion stattfiuden  kann,  und  die  Wahrscheinlichkeit  spricht  bei 
dieser  allgemeineren  Frage  ganz  dafür,  daß  direkte  Oxydationen  bei 
niedriger  Temperatur  die  Gegenwart  von  Wasserdampf  erfordern. 
Insofern  nun  die  bakterientötende  Wirkung  des  Lichtes  ohne  Zweifel 
einen  Fall  von  Oxydation  bei  niederer  Temperatur  darstellt,  so 
sprechen  starke  Gründe,  sowie  gewichtige  experimentelle  Befunde  für 
die  Annahme,  daß  Wasserdampf  (was  praktisch  die  Möglichkeit  der 
Gegenwart  von  Wasserstoffsuperoxyd  oder  eines  ähnlichen  Stoffes 
bedeutet)  zu  ihrem  Auftreten  wesentlich  ist. 

Einer  der  wichtigsten  Umstände  in  Beziehung  auf  diese  Wirkung 
des  Lichtes  auf  Bakterien  ist  vom  praktischen  Gesichtspunkte  aus 
ein  schon  erwähnter  Punkt,  nämlich  der  stark  vermehrte  Widerstand, 
welchen  die  Bakterien  zeigen,  wenn  sie  in  Wasser  suspendiert  sind. 
Zunächst  jedoch  möchte  ich  darauf  aufmerksam  machen,  wie  trüge- 
risch jede  Vergleichung  zwischen  der  Dauer  der  Besonnung  selbst 
desselben  Mikroorganismus  in  den  Händen  verschiedener  Beobachter 
ausfallen  muß,  da  von  der  vorhergehenden  Geschichte  und  Behand- 
lung so  viel  abhängen  muß.  So  habe  ich  gefunden,  daß  bei  18 — 20°  G 


Die  Bakteriologie  in  einigen  ihrer  Begehungen  zur  ehemischen  Wissenschaft.  Hl 


gebildete  Milzbrandsporen  viel  widerstandsfähiger  sind,  als  solche, 
die  bei  35 — 38°  C entstanden  sind.  Bei  allen  vergleichenden  Ex- 
perimenten müssen  also  die  Organismen  derselben  Kultur  entnom- 
men sein. 

Um  den  Grund  der  größeren  Empfindlichkeit  von  Bakterien  gegen 
das  Licht,  wenn  sie  in  Kulturmitteln  statt  in  Wasser  der  Sonne  aus- 
gesetzt werden,  zu  ermitteln,  verfahre  ich  auf  synthetischem  Wege, 
indem  ich  verschiedene  Zusätze  zu  dem  destillierten  Wasser  mache 
und  dann  bestimme,  wie  ein  solcher  Zusatz  die  Wirkung  des  Lichtes 
beeinflußt.  Auf  diese  Weise  habe  ich  schon  einige  vorläufige  Versuche 
mit  Kochsalz  und  schwefelsaurem  Natron  gemacht.  Einige  von  den 
bis  jetzt  erhaltenen  Resultaten  finden  sich  in  der  folgenden  Tabelle. 


Wirkung  des  Sonnenlichtes  auf  in  Wasser  suspendierte 
Mi  lzbrandsporen. 

Bei  18 — 20°  C gezüchtete  Sporen. 


Dreistündige  Besonnung  Dunkelheit 

240  per  ccm  490  per  ccm 


NaCl 

Na  „ SO. 

NaCl 

Na2S0 

1 °/0  117 

239 

450 

474 

3 °/0  81 

218 

384 

426 

10  °/0  46 

187 

150 

622 

Bei  38°  C gezüchtete  Sporen 

Dreistündige  Besonnung 

Dunkelheit 

4 

per  ccm 

476 

per  ccm 

NaCl 

Na2S04 

NaCl 

Na2SO. 

1 °/o  0 

0 

314 

390 

3 o/0  1,5 

1 

132 

343 

10  o/o  0 

0 

115 

220 

So  ist  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  Bakterien  bedeutend  größer 
im  kochsalzhaltigem  als  in  destilliertem  Wasser,  dagegen  hat  die  Zu- 
gabe von  schwefelsaurem  Natron  in  demselben  Verhältnisse  wenig 
oder  keinen  Einfluß  in  dieser  Beziehung.  Ein  Zusatz  von  10  Proz. 
Salz  scheint  sogar  im  Dunkeln  einige  Wirkung  auf  die  Bakterien  aus- 
zuüben. Der  Einfluß  dieser  Stoffe  auf  die  Erhöhung  der  bakterien- 
tötenden Wirkung  des  Lichts  wird  durch  folgende  Experimente  noch 
deutlicher  gemacht. 


Wirkung  des  Sonnenlichtes  auf  in  Wasser  suspendierte 
Milzbrandsporen. 

Bei  18 — 20°  C gezüchtete  Sporen 

Sonnenlicht,  Zahl  per  ccm  Dunkelheit,  Zahl  per  ccm 

Ohne  Zugabe  1 °/0  3 °/0  10  °/0  Keine  Zugabe  1 °"/0  3 °/0  10  °/ö' 
NaCl  NaCl  NaCl  NaCl  NaCl  NaCl 

4Stdn.  16000  14000  8000  5000  13000  13000  9000  12000 

11  „ 12000  8 000  3000  485  15000  13000  16000  14000 

21  „ 378  39  49  0 18000  15000  14000  9 000 


112 


J.  Marek, 


Bei  dieser  kurzen  Uebersicht  habe  ich  viele  andere  Abteilungen 
der  Bakteriologie  aus  Mangel  an  Zeit  übergehen  müssen,  obgleich 
sie  für  die  Chemie  von  großem  Interesse  sind,  darunter  ist  die  Bak- 
teriologie der  Agrikultur  zu  erwähnen,  mit  Einschluß  so  wichtiger 
chemischer  Veränderungen,  wie  die  Salpeterbildung  und  die  Fixierung 
des  freien  Stickstoffes  durch  Leguminosen,  die  Entstehung  von 
Ptomai'nen  und  giftigen  Albuminoiden,  die  Erscheinungen  der  natür- 
lichen und  künstlichen  Immunität  mit  Einschluß  des  Problems  der 
Phagocytose  und  der  bakterientötenden  Eigenschaften  des  Blutserums 
und  anderer  tierischer  Flüssigkeiten. 

In  allen  diesen  Abteilungen  ist  nicht  nur  vieles  für  den  Chemiker 
von  Interesse,  sondern  es  ist  zum  besten  der  Wissenschaft  dringend 
nötig,  daß  diese  Dinge  die  Aufmerksamkeit  der  Chemiker  fesseln; 
denn  fast  in  jeder  Richtung,  nach  welcher  die  Bakteriologie  vorwärts 
schreitet,  stößt  sie  auf  Probleme,  die  zu  ihrer  Aufklärung  die  tiefste 
Kenntnis  der  Chemie  erfordern.  Der  Schritt  von  dem  Unbelebten 
zu  dem  Belebten  ist  für  den  Chemiker  nicht  schwieriger,  als  für  den 
Pflanzen-  oder  Tiermorphologen,  ja  er  ist  vielleicht  weniger  schwierig, 
denn  während  der  Morpholog  sich  nur  mit  statischen  Betrachtungen 
beschäftigt,  wendet  sich  in  der  modernen  Chemie  unsere  Aufmerk- 
samkeit mehr  und  mehr  dynamischen  Problemen  zu. 

Dundee,  15.  Dezember  1893. 


Kleine  Mitteilungen  zur  bakteriologischen  Technik. 

Von 

Professor  J.  Marek 

in 

Semlin. 

1)  Vereinfachte  Untersuchung  der  Bakterien  im 
hängenden  Tropfen.  — Anstatt  das  Deckgläschen  durch  Vaseline, 
Paraffin  u.  s.  w.  zu  umranden,  ist  es  einfacher  und  bequemer,  wenn  man 
an  einen  hohlgeschliffenen  (event.  gewöhnlichen)  Objektträger  eine 
passende  durchlöcherte  (Durchmesser  des  Loches  8 — 10  mm)  Platte 
(ca.  1 mm  dick)  aus  schwarzem  Patentgummi  mit  z.  B.  Cedernöl  auklebt 
und  in  die  Vertiefung  des  Objektträgers  einen  Tropfen  Wasser  giebt. 
Auf  den  Ausschnitt  dieser  Gummiplatte  wird  dann  das  Deckgläschen 
(das  größer  sein  muß,  als  der  Ausschnitt)  mit  dem  Tropfen  nach 
unten  gesetzt.  Das  Deckgläschen  wird  dann  so  mit  einem  durch- 
löcherten Objektträger  (Durchmesser  des  Loches  ca.  16 — 20  mm) 
bedeckt,  daß  die  zwei  Ausschnitte  konzentrisch  zu  stehen  kommen. 
Das  Ganze  wird  mit  Gummischnüren  oder  dergleichen  zusammen- 
gehalten oder  man  legt  es  direkt  auf  den  Tisch  des  Mikroskopes, 
wo  dann  die  zwei  Klemmen  die  obere  Platte  auf  das  Deckgläschen 
und  dieses  wieder  auf  den  Gummi  drücken,  wodurch  der  hängende 
Tropfen  gegen  die  Verdunstung  geschützt  wird.  Ist  man  dann  mit 


Kleine  Mitteilungen  zur  bakteriologischen  Technik. 


113 


der  Untersuchung  des  hängenden  Tropfens  im  Reinen,  so  kann  man 
behufs  event.  Tinktion  der  betreffenden  Bakterien  ohne  weiteres  das- 
selbe Deckglaspräparat  verwenden. 

2)  Eine  kleine  Modifikation  des  von  Tröster  (Cen- 
tralbl.  f.  Bakt.  u.  Parasitenk.  Bd.  XII.  p.  627)  und  Kutner  (1.  c. 
Bd.  XIII.  p.  411.  Ref.)  vorgeschlagenen  Verfahrens,  um 
gleichzeitig  viele  Bakterieupräparate  zu  färben.  — 
Man  nimmt  eine  Spiegelglasplatte  von  der  Größe  6 X 12  cm 
(und  ca.  1 mm  dick),  auf  die  man  nach  Tröster’s  Angabe 
vertikale  und  horizontale  Linien  in  ca.  6 mm  Abstand  einritzt 
und  beliebig  bezeichnet.  Dann  schneidet  man  von  derselben  Glas- 
sorte je  4 Streifen  (6  resp.  10,8  cm  lange  und  etwa  6 mm 
breite).  Je  zwei  dieser  Glasstreifen  werden  mit  Wasserglas  gut 
bestrichen,  dann  an  die  Glasplatte  knapp  bis  zu  den  Rändern  der- 
selben gelegt  und  mäßig  aufgedrückt.  Nach  einigen  Stunden  wird 
diese  Glasplatte  in  den  Trockenschrank  gestellt  und  darin  durch 
etwa  1 / a Stunde  auf  ca.  120 — 150°  erhitzt.  Nach  dem  Erkalten 
werden  die  inneren  Ränder  der  angeklebten  Glasstreifen  mit  Glaskitt 
glatt  verkittet  (etwa  so  wie  die  Glasscheiben  der  Fenster).  Die  so 
vorbereitete  Platte  wird  wieder  im  Trockenschranke  durch  etwa 
1 Stunde  auf  120 — 150°  erhitzt  und  dient  nach  dem  Erkalten  als 
Objektträger.  Die  durch  5 — 10  Minuten  langes  Erhitzen  (im  Trocken- 
schranke) auf  120  — 130°  C fixierten  Bakterien  werden  mit  der 
Lösung  des  betr.  Farbstoffes  bedeckt,  diese  wird  nach  bestimmter 
Zeit  abgegossen,  der  Objektträger  mit  destilliertem  Wasser  abgespült, 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  getrocknet  und  in  Cedernöl  ohne  Deck- 
glas untersucht.  — Von  solchem  Objektträger  kann  das  Immersionsöl 
bei  geneigtem  Oberkörper  des  Mikroskopes  nicht  auf  den  Objekttisch 
desselben  fließen,  wie  dies  manchmal  bei  dem  einfachen  Objektträger 
nach  Tröster  der  Fall  ist.  — Objektträger  dieser  oder  ähnlicher 
Art  sind  überhaupt  von  Vorteil  beim  Studium  des  Färbevermögens 
verschiedener  Bakterienarten  (event.  deren  Sporen)  oder  ein  und  der- 
selben Art,  aber  verschiedenen  Ursprunges,  verschiedener  Kultur  oder 
Alters  u.  s.  w.,  da  die  betr.  Bakterien  alle  genau  derselben  Prozedur 
unterliegen. 

3)  Glasplatten  nach  Art  der  Doppelschalen.  Die  Dop- 
pelschalen nach  Petri,  Krönig  und  Schreiber  sind  bei  aufge- 
setzter Deckschale  (um  die  Luftinfektion  zu  verhüten)  für  die  mikro- 
skopische Untersuchung  der  Kolonieen  mit  Z e i ß - Apochromat  größter 
Brennweite  (16  mm)  zu  hoch;  die  Doppelschalen  nach  Soyka  sind 
zwar  niedriger,  aber  nicht  besonders  handlich ; außerdem  ist  das  Zählen 
der  Kolonieen  und  die  photographische  Aufnahme  derselben  bei  den 
runden  Doppelschalen  viel  umständlicher,  als  bei  den  Platten.  Um 
aber  die  Vorteile  der  Platten  und  der  Doppelschalen  zu  verbinden, 
versieht  man  zwei  Spiegelglasplatten  von  den  Dimensionen  12  : 16  cm 
(1 — 1,5  mm  dick)  auf  gleiche  Weise,  wie  die  sub  2 beschriebenen 
Objektträger  mit  Glasstreifenrahmen  (auf  jede  Platte  kommen  8 Streifen, 
die  6 mm  breit,  8 resp.  13,2  cm  lang  und  1 — 1,5  mm  dick  sind), 
und  zwar  so,  daß  auf  der  einen  Platte  eine  für  die  Gelatine  oder 
Agar-Agar  verwendbare  symmetrische  Fläche  von  8 X 12  cm  = 


114 


J.  Marek,  Kleine  Mitteilungen  zur  bakteriologischen  Technik. 


96  ccm  entsteht.  Auf  der  Deckplatte  wird  der  Rahmen  knapp  an 
den  Rändern  derselben  gebildet.  — Diese  Plattendoppelschalen  lassen 
sich  nur  bei  Mikroskopen  mit  größerem  Objekttische  (dessen  Mitte 
mindestens  6 cm  vom  Stativ  entfernt  ist)  verwenden.  — Wenn  man 
beim  Ausgießen  des  Nährmediums  das  eine  Ende  der  Deckplatte  nur 
so  viel  hebt,  als  es  nötig  ist,  um  bequem  das  Röhrchen  auszuleeren, 
dann  ist  auch  eine  Luftinfektion  kaum  zu  befurchten.  Solche  Doppel- 
schalen sind,  bei  einiger  Vorsicht  und  wenn  sie  gut  verfertigt  sind, 
sehr  dauerhaft  und  man  kann  sie  ebenso  reinigen,  wie  die  gewöhn- 
lichen Doppelschalen,  nur  darf  man  dazu  keine  Säure  verwenden. 

4)  Bei  der  Untersuchung  vieler  Kulturen,  wie  dies  z.  B.  bei  der 
bakteriologischen  Wasseruntersuchung  der  Fall  ist,  ist  man  oft  im 
Zweifel,  ob  man  von  dieser  oder  jener  Kolonie  schon  Notiz  genommen 
und  sie  auch  überimpft  hat  oder  nicht.  In  solchen  Fällen  bediene 
man  sich  der  gewöhnlichen  schwarzen  Schreibtafeln  aus  Pappe  (oder 
dergleichen),  die  mit  mehreren  horizontalen  und  vertikalen  Linien 
versehen  sind,  die  man  noch  zur  leichteren  Orientierung  irgendwie 
bezeichnet.  Auf  diese  Tafel  legt  man  die  Kulturplatte  und  markiert 
ihren  Platz  und  ihre  Lage  auf  der  Tafel.  Die  relative  Lage  der 
einzelnen  untersuchten  Kolonieen  können,  wie  leicht  einzusehen  ist, 
auch  auf  der  Tafel  markiert  und  event.  mit  entsprechenden  Zeichen 
versehen  werden.  Bei  erneuerter  Untersuchung  derselben  Kulturplatte 
muß  selbstverständlich  die  Kulturplatte  wieder  dieselbe  Lage  und 
denselben  Platz  auf  der  Tafel  einnehmen. 

5)  Feuchte  Kammer  für  viele  Platten  oder  Doppel- 
schalen. Man  nimmt  dazu  eine  große,  rechteckige,  pneumatische 
Wanne  aus  Glas  und  befestigt  auf  irgendwelche  Art  an  den  Rändern 
der  Oefinung  derselben  Watte  und  legt  auf  diese  als  Deckel  eine  Glas- 
scheibe, die  größer  ist,  als  die  Oefinung  der  Wanne.  Dieser  Glasdeckel 
wird  auf  irgendwelche  einfache  Weise  so  angebracht,  daß  man  die 
Wanne  bequem  öffnen  kann,  ohne  die  eine  Hand  zum  Halten  der  Deck- 
scheibe zu  verwenden.  Der  Boden  der  Wanne  wird  mit  einer  ca.  2 cm 
hohen  Schicht  von  Sublimatlösung  (1  : 1000)  bedeckt;  in  jede  Ecke 
der  Wanne  wird  ein  Würfel  (ca.  4 cm  Seitenlänge)  aus  irgendwelchem 
vom  Wasser  und  Sublimat  nicht  angreifbaren  Material  gesetzt.  Auf 
diese  4 gleichhohe  Würfel  kommt  eine  nicht  knapp  passende 
Glasscheibe  zu  liegen.  Auf  diese  legt  man  dann  nebeneinander  und 
aufeinander  die  Kulturplatten  oder  Doppelschalen,  zwischen  die  man 
— um  sie  leichter  auseinander  nehmen  zu  können  — dicke  Glas- 
streifen (oder  dergleichen)  legt.  — Sorgt  man  dafür,  daß  die  Doppel- 
schalen in  der  Wanne  ziemlich  horizontal  stehen,  so  kann  man  auch, 
wenn  dies  die  Größe  der  Wanne  zuläßt,  das  Nährmedium  auf  diese 
sich  in  der  Wanne  befindlichen  Schalen  ausgießen. 

Sera  1 in,  den  15.  Dezember  1893. 


Tb.  Remesoff  und  S.  Fedoroff,  Zwei  Fälle  von  Tetanus  traumaticus  etc.  ^15 


Zwei  Fälle  von  Tetanus  traumaticus  behandelt  und 
der  eine  von  ihnen  geheilt  durch  das  Blutserum 
immun  gemachter  Tiere  (Hunde). 

Von 

Th.  Remesoff  und  S.  Fedoroff 

in 

Moskau. 

Schon  im  Anfänge  des  Jahres  1892  war  der  eine1)  von  uns  mit 
der  Immunitätsfrage  beim  Tetanus  traumaticus  beschäftigt  und  im 
folgenden  Jahre  waren  wir  im  Besitze  von  einer  Anzahl  von  Hunden 
und  Kaninchen,  deren  Blutserum,  an  anderen  Tieren  erprobt,  eine 
außerordentliche  Immunisierungskraft  zeigte.  Aber  nur  im  Oktober 
und  November  dieses  (1893)  Jahres  hatten  wir  Gelegenheit,  das 
Tetanusheilserum  an  Menschen  zu  erproben. 

Hier  möchten  wir  zwei  Krankengeschichten,  die  wir  der  Liebens- 
würdigkeit des  Herrn  Dr.  Bete  her  verdanken,  ausführlich  mit- 
teilen. 

I.  Michael  K.,  12  Jahre  alt  und  29,6  Kilo  schwer,  kam  den 
9.  Oktober  1893  ins  Krankenhaus,  über  Anfälle  von  Krämpfen,  starke 
Schmerzen  im  Rücken  und  Lendengegend  und  Unmöglichkeit,  den 
Mund  zu  öffnen,  klagend.  Vor  zwei  Wochen  etwa  verwundete  sich 
der  Kranke  mit  einem  im  Boden  steckenden  Nagel  die  rechte  Fuß- 
sohle. Die  Wunde  war  sehr  klein  und  heilte  bald  ohne  jede  medi- 
zinische Behandlung.  Vor  einer  Woche  verwundete  sich  der  Kranke 
zum  zweiten  Male  denselben  Fuß  mit  einem  am  Boden  liegenden 
Stück  Glas.  Auch  dieses  Mal  war  die  Wunde  sehr  klein  und  heilte 
sehr  bald,  so  daß  bei  der  Aufnahme  ins  Krankenhaus  keine  Spur 
von  einer  Wunde  am  Fuße  des  Kranken  zu  bemerken  war.  Am 
4.  Oktober  bemerkte  die  Mutter  des  Kranken,  daß  bei  ihm  die  Augen- 
spalten etwas  enger  waren  und  daß  es  dem  Kinde  schwer  war,  die 
Augen  zu  öffnen. 

So  ging  es  bis  zum  7.  Oktober,  wo  der  Kranke  schon  selbst  be- 
merken konnte,  daß  ihm  das  Kauen  schwer  wurde.  Der  Mund  öffnete 
sich  nur  wenig.  Zuweilen  traten  auch  krampfhafte  Zusammenziehungen 
der  Maxillen  auf. 

Am  8.  Oktober  bekam  der  Kranke  Schmerzen  im  Rücken, 
Schwierigkeit  bei  Bewegungen  des  Kopfes  und  der  Extremitäten  und 
Anfälle  von  Krämpfen.  Zu  alledem  gesellte  sich  ein  leichtes  Fieber. 

Am  9.  Oktober  (Tag  der  Aufnahme  ins  Krankenhaus)  konnten  wir  fol- 
gende Erscheinungen  beim  Kranken  beobachten : Rigidität  aller  Gesichts- 
muskeln. Die  Stirn  ist  gerunzelt;  die  Augenspalten  sind  verengt. 
Die  Mundwinkel  leicht  nach  außen  und  oben  gerichtet.  Sardonisches 
Lachen.  Die  Masseteren  sind  stark  gespannt.  Das  Oeffnen  des 
Mundes  ist  unmöglich.  Die  Bewegungen  der  Zunge  erschwert.  Das 


1)  S.  Fedoroff,  Chirurgische  Annalen.  Bd.  III.  1893.  p.  726, 


116 


Th.  Remesoff  und  S.  Fedoroff, 


Kauen  ist  auch  unmöglich,  ebenso  wie  das  Verschlucken  harter 
Speisen.  Foetor  ex  ore. 

Der  kleine  Kranke  sagt  selbst,  daß  es  ihm  scheint,  als  ob  sein 
ganzes  Gesicht  kleiner  geworden  ist. 

Der  Kopf  ist  stark  nach  hinten  gezogen.  Die  Muskulatur  des 
Rückens  und  Nackens  stark  gespannt  (Opistothonus).  Der  Kranke 
klagt  über  Schmerzen  im  Rücken.  Die  Bauchmuskulatur  weniger  ge- 
spannt. Rigidität  der  ganzen  Muskulatur  des  Körpers  und  der  Ex- 
tremitäten. Am  wenigsten  stark  ist  die  Rigidität  der  oberen  Extremi- 
täten. Leichte  Reize,  wie  Geräusch,  leichtes  Berühren  des  Kranken 
rufen  starke  tetanische  Anfälle  hervor.  Es  kommt  vor,  daß  solche 
tetanische  Anfälle  auch  ohne  jeden  scheinbaren  Grund  auftreten. 

Das  Bewußtsein  klar.  Urin  normal.  Temperatur  38,4°.  Puls 
bis  112.  Atmung  24.  Der  Kranke  bekommt  zwei  Eßlöffel  3-proz. 
Chloralhydratlösung  und  jede  zwei  Stunden  einen  Eßlöffel  4-proz. 
Natriumbromatlösung. 

Am  10.  Oktober  keine  Besserung.  Der  Kranke  schlief  die 
ganze  Nacht  nicht.  Die  Krämpfeanfälle  sind  sehr  häufig  und  folgen 
einer  nach  dem  anderen.  Starker  Schmerz  im  Rücken.  Großer 
Durst.  Der  Kranke  hat  guten  Appetit,  kann  aber  nur  Flüssigkeit 
schlucken. 

Um  2 Uhr  45  Minuten  nachmittags  bekam  der  Kranke  50  ccm 
defibrinierten  Blutes  vom  Hunde  mit  einem  Heilwerte  von  1:300000 
unter  die  Haut  der  Bauchgegend  eingespritzt.  Nach  der  In- 
jektion wurden  die  Krämpfeanfälle  viel  seltener.  Der 
Kranke  schlief  den  ganzen  Tag  und  die  darauf  folgen  de 
Nacht  sehr  viel. 

Die  Rigidität  der  ganzen  Muskulatur  blieb  dieselbe. 

Temperatur  37,3 — 37,5  °. 

Remedia  interna  dieselben. 

Am  11.  Oktober  fühlt  sich  der  Kranke  besser.  Die 
Krämpfeanfälle  sind  seltener.  Rückenschmerzen  kleiner.  Der  Kranke 
kann  den  Mund  etwas  mehr  öffnen.  Um  1 Uhr  nachmittags  werden 
dem  Kranken  50  ccm  Hundeblutserum  desselben  Heilwertes  subkutan 
eingespritzt. 

Temperatur  37,6 — 37,8°. 

Dieselben  Remedia  interna. 

12.  Oktober.  Der  Kranke  schlief  die  Nacht  ruhig.  Die  Krämpfe- 
anfälle sind  noch  seltener  und  schwächer.  Die  Bewegungen  des 
Kopfes  freier.  Die  Rigidität  der  Körpermuskulatur  dieselbe. 

Dritte  Injektion  von  50  ccm  Hundeblutserum  desselben  Heil- 
wertes. 

Temperatur  37,5—37,6  °.  Puls  132.  Atmung  32. 

Dieselben  Remedia  interna. 

13.  Oktober.  Der  Kranke  schlief  die  Nacht  schlecht.  Die 
Krämpfe  sind  jedoch  noch  schwächer.  Rigidität  der  Körpermuskulatur 
immer  dieselbe. 

Vierte  und  letzte  Injektion  von  50  ccm  Hundeblutserum. 

Temperatur  37,3—36,9°.  Puls  128.  Atmung  28. 

Keine  Remedia  interna. 


Zwei  Fälle  von  Tetanus  traumaticus  etc. 


117 


14.  Oktober.  Der  Kranke  fühlt  sich  ganz  gut ; schlief  die  Nacht 
ruhig.  Die  Krämpfe  noch  schwächer  und  seltener.  Die  Rigidität 
der  Masseteren  hat  abgenommen.  Die  Bewegungen  des 
Unterkiefers  viel  freier.  Der  Kranke  kann  den  Mund  weiter  öffnen, 
kann  kauen.  Die  Bewegungen  des  Kopfes  ganz  frei. 

Temperatur  36,9 — 37,6°.  Puls  128.  Atmung  24. 

15.  Oktober.  Krämpfeanfälle  noch  seltener.  Kann  harte  Speisen 
kauen. 

Temperatur  37 — 37,7°. 

16.  Oktober.  In  der  Nacht  gut  geschlafen.  Krämpfeanfälle  ganz 
selten  und  schwach.  Kann  den  Mund  ganz  leicht  öffnen. 

Temperatur  37,2 — 37,5°. 

17.  Oktober.  Krämpfeanfälle  sehr  selten  (nur  vier  während  der 
Nacht).  Die  Rigidität  der  unteren  Extremitäten  hat  abgenommen. 

Temperatur  37,2—37,6°. 

18.  Oktober.  Der  Kranke  fühlt  sich  sehr  gut.  Rigidität  der 
Extremitäten  ganz  verschwunden.  Rigidität  der  Bauchmuskulatur 
noch  vorhanden. 

Temperatur  36,8 — 37,6  °. 

19.  Oktober.  Idem. 

20.  Oktober.  Der  Kranke  kann  sitzen. 

21.  Oktober.  Idem. 

22.  Oktober.  Noch  kleine  Rigidität  der  Rückenmuskulatur. 

23.  Oktober.  Der  Kranke  kann  gehen. 

24.  Oktober.  Der  Kranke  verläßt  völlig  gesund  das  Krankenhaus. 

II.  Die  Kranke  A.  S.,  6 Jahre  8 Monate  alt,  kommt  den  1.  Nov. 

1893  ins  Krankenhaus,  über  die  Schwierigkeit,  den  Mund  zu  öffnen, 
klagend.  Vor  vier  Tagen  hat  die  kleine  Kranke  leichten  Husten  be- 
kommen, der  ihr  keine  Beschwerden  zufügte.  Den  30.  Oktober  klagte 
die  Kranke  ihrer  Mutter  über  Schmerzen  in  der  Zunge,  wobei  man 
bemerken  konnte,  daß  das  Mädchen  nicht  gut  genug  den  Mund  öffnen 
konnte.  Beim  Husten  fühlte  die  Kranke  heftige  Schmerzen  im  Munde. 
Am  folgenden  Tage  wurden  alle  Krankheitserscheinungen  stärker.  Es 
trat  Trismus  ein.  Während  der  Krämpfeanfälle  biß  sich  die  Kranke 
einigemal  in  die  Zunge. 

1.  November.  (Tag  der  Aufnahme  ins  Krankenhaus).  Die  Augen- 
spalten sind  verengt.  Etwas  weiter  die  Augen  zu  öffnen,  ist  der 
Kranken  unmöglich.  Die  Masseteren  sind  stark  gespannt.  Ebenso 
gespannt  ist  auch  die  Muskulatur  des  Mundbodens.  Die  Kranke  kann 
fast  gar  nicht  den  Mund  öffnen.  Der  Trismus  erlaubt  kaum  das 
Einführen  eines  Fingers  in  den  Mund.  Beim  Husten  treten  starke 
Anfälle  von  Trismus  auf.  Das  Kauen  ist  durch  die  beständige  Zu- 
sammenziebung  der  Masseteren  unmöglich  gemacht.  Das  Schlucken 
ist  frei.  Rigidität  der  beiden  M.  sternocleidomastoidei.  Die  Mus- 
kulatur des  Körpers  und  der  Extremitäten  ist  normal.  Die  inneren 
Organe  der  Brust  und  Bauchhöhle  völlig  gesund.  Urin  normal. 
Temperatur  37,2 — 37,5°.  Während  der  Nacht  hatte  die  Kranke 
16  Krämpfeanfälle  (Trismus),  die  alle  durch  Husten  hervorgerufen 
wurden. 

2.  November.  Die  Kranke  fühlt  sich  viel  schlechter.  Am 

8 


XV.  Bd. 


118 


Th.  Remesoff  und  S.  Fedoroff, 


Morgen  Krämpfe  der  Masseteren  und  der  Muskulatur  des  Nackens 
und  Rückens.  Rigidität  der  Bauchmuskeln.  Die  Krämpfeanfälle 
werden  stärker  und  öfter. 

Erste  Injektion  von  Kaninchenblutserum  von  einem  Heilwerte 
1 : 200000  (?),  20  ccm. 

Nach  der  Injektion  werden  die  Krämpfe  etwas  stärker  und  öfter. 

Remedia  interna:  3 Löffel  3-proz.  Chloralbydratlösung  und  jede 
zwei  Stunden  ein  Löffel  4-proz.  Natribromatlösung  pro  die. 

Temperatur  36,4—37,6°. 

3.  November.  Keine  Besserung.  Die  Krämpfe  sind  noch  stärker 
und  öfter.  Doch  ist  kein  anderer  Muskel,  als  die,  welche  früher  an 
Tetanus  gelitten  hatten,  von  der  Krankheit  ergriffen. 

Zwei  Injektionen  von  25  und  30  ccm  Hundeblutserum  mit  einem 
Heil  werte  1 : 300000. 

Temperatur  37,4—37,5  °. 

Dieselben  Remedia  interna. 

4.  November.  Wegen  öfterer  Krämpfeanfälle  schlief  die  Kranke 
sehr  wenig  während  der  Nacht.  Die  Anfälle  folgen  fast  ununter- 
brochen, einer  nach  dem  anderen  (fast  200).  Leichtes  Geräusch  und 
Berühreu  des  Kranken  rufen  diese  Krämpfeanfälle  hervor. 

Injektion  von  50  ccm  Hundeblutserum  desselben  Heilwertes. 

Temperatur  37,1 — 37,4.  Puls  152.  Atmung  24. 

Dieselben  Remedia  interna. 

5.  November.  Die  Kranke  schlief  die  Nacht  etwas  besser.  Die 
Krämpfe  schwächer  und  nicht  so  oft  (nur  51). 

Vierte  und  letzte  Injektion  von  25  ccm  Hundeblutserum. 

Temperatur  38,3—39,8  °.  Puls  144. 

Dieselben  Remedia  interna. 

6.  November.  Rigidität  des  Rückens  und  der  Bauch- 
muskulatur hat  abgenommen.  Geringere  Starre  der 
Muskulatur  des  Nackens.  Die  Kranke  kann  den  Mund 
öffnen.  Die  Krämpfe  sind  noch  schwächer  und  seltener,  dauern 
aber  etwas  länger  und  sind  von  Cyanose  des  Gesichtes  und  der  Ex- 
tremitäten begleitet. 

Die  Kranke  verlangt  öfter  zu  trinken. 

Dieselben  Remedia  interna. 

Temperatur  39,2 — 38,5°.  Puls  bis  176. 

7.  November.  Die  Krämpfe  werden  wieder  häufiger.  Cyanose 
des  Gesichts  und  der  Extremitäten. 

Temperatur  38,5 — 39,0°.  Puls  168.  Atmung  56. 

Dieselben  Remedia  interna. 

8.  November.  In  der  Nacht  sind  die  Krämpfe  sehr  stark.  Starke 
Cyanose  des  Gesichts  und  der  Extremitäten. 

Dyspnoe.  Temperatur  38,4 — 39,4°. 

Tod  um  11  Uhr  morgens. 

Autopsie.  Diagnosis  anatomica.  Hyperaemia  venosa  piae 
cerebralis  et  spinalis.  Pleuritis  fibrinosa  dextra.  Pneumonia  fibrinosa 
dextra:  Hepatisatio  grisea  et  rubra.  Pleuritis  incipiens  sinistra. 
Pneumonia  incipiens  sinistra. 

Es  waren  also  mehr  als  genug  Ursachen  vorhanden,  die  den  Tod 


Zwei  Fälle  vou  Tetanus  traumaticus  etc, 


119 


bei  einem  sehsjährigen  Kinde  herbeiführen  konnten,  so  daß  man  den 
Tetanus  nicht  unbedingt  als  Todesursache  anzunehmen  braucht. 

Darum  glauben  wir  am  besten  zu  thun,  wenn  wir  sagen,  daß 
dieser  zweite  Fall  ebensoviel  für  als  gegen  die  Tetanusserumtherapie 
spricht. 

Was  die  Aetiologie  in  diesem  Falle  betrifft,  so  konnten  wir  von 
der  Mutter  der  Kranken  erfahren,  daß  das  Mädchen  sehr  oft  mit 
Katzen  spielte  und  kurz  vor  der  Erkrankung  von  diesen  einigemale 
gekratzt  worden  war. 

Wenn  wir  das  über  den  ersten  Fall  Gesagte  zusammenfassen,  so 
sehen  wir,  daß  schon  nach  der  ersten  Injektion  des  Blutserums  die 
Krankheitssymptome  schwächer  wurden.  Nach  dem  Anfänge  der  Be- 
handlung wurde  kein  neuer  Muskel,  als  die,  welche  bereits  früher  von 
Tetanus  ergriffen  waren,  von  der  Krankheit  befallen.  Allmählich  ver- 
kleinerten sich  dann  alle  Krankheitssymptome,  bis  sie  nach  12  Tagen 
ganz  verschwunden  waren. 

Auch  im  zweiten  Falle  konnte  man  am  dritten  Tage  nach  dem 
Anfänge  der  Behandlung  deutliche  Besserung  wahrnehmen. 

Wenn  wir  jetzt  die  aus  der  Litteratur  bekannten  Fälle  J)  von 
Tetanus  mit  den  unsrigen  vergleichend  betrachten  wollen,  so  können 
wir  einige  analoge  klinische  Erscheinungen  bei  der  Tetanusserum- 
therapie beim  Menschen  hervorheben. 

Erstens  können  wir  alle  diese  in  der  Litteratur  bekannten  Fälle 
von  Tetanus  in  folgende  vier  Gruppen  einteilen: 

a)  Fälle,  wo  die  Tetanussymptome  sofort  nach  der  Injektion 
schwächer  werden  und  dann  allmählich,  aber  konstant  an 
Stärke  abnehmen. 

b)  Fälle,  wo  nach  der  Behandlung  die  Krankheit  einige  Zeit  in 
statu  quo  bleibt,  bevor  die  Besserung  eintritt. 

c)  Fälle,  wo  nach  der  Behandlung  kein  anderer  Muskel  als  die, 
welche  früher  vom  Tetanus  ergriffen  waren,  von  der  Krank- 
heit befallen  wird,  während  einige  von  den  späteren  Be- 
schwerden (Trismus,  Schlingbeschwerden  u.  s.  w.)  etwas  zu- 
nehmen können. 

d)  Fälle,  die  auch  bei  der  Blutserumtherapie  letal  endigen. 

Zweitens  kann  man  noch  eine  ganze  Reihe  von  Symptomen  bei 

der  Tetanusserumtherapie  beim  Menschen  beobachten : 

1)  Sehr  bemerkenswert  ist  die  entschieden  kürzere  Dauer  der 
Krankheit; 

2)  sehen  wir  fast  überall  Besserung  des  Selbstbefindens; 


1)  Gagliardi,  Primo  caso  di  tetano  curato  . . . (Riforma  medica.  II.  1892.) 
Schwaz,  Riforma  medica.  1891.  15.  Oktober.  Pacini,  Riforma  medica.  1892. 
No.  4.  Finotti,  Wiener  klinische  Wochenschr.  I.  1892.  Tizzoni,  Gazetta  degli 
Ospitali.  1892.  No.  88.  Taruffi,  Centralblatt  f.  Bakteriol.  Bd.  XI.  1892.  p.  625. 
Casali,  Centralbl.  f.  Bakteriol.  1892/93.  p.  56.  Finotti,  Riforma  medica.  II 
1892.  p.  866.  Rotter,  Behring  und  die  Blutserumtherapie.  II.  1892.  p.  84.  Rdnon, 
Annal.  de  l’Inst.  Pasteur.  1892.  p.  233.  Roux  et  Vaillard,  Annal.  de  l’Inst. 
Pasteur.  1893.  p.  123  (7  cas.).  Magagni,  La  Riforma  med.  1893.  No.  28.  Finotti, 
Rif.  med.  1892.  No.  284.  R.  Gattai,  Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  XIV.  1893.  No.  4 — 5. 
Lesi,  Centralbl.  f.  Bakt.  1893.  p.  393,  S.  Fedoroff  und  Remesoff,  1893. 
(zwei  Fälle). 


8* 


120 


Milch.  — Diphtheri«. 


3)  sinkt  die  Temperatur  nach  den  Injektionen; 

4)  tritt  tiefer  ruhiger  Schlaf  ein; 

5)  die  Krampfanfälle  werden  schwächer  und  seltener; 

6)  die  Frequenz  des  Pulses  wird  geringer. 

Wenn  wir  jetzt  zum  Schlüsse  unseren  ersten  Fall  auch  nicht  zu 
den  schwersten  rechnen  können,  müssen  wir  ihn  doch  wegen  der 
kurzen  (4  [10  ?]  Tage)  Inkubationsperiode,  dem  schnellen  Anwachsen 
aller  Tetanussymptome  und  dem  Ergriffensein  fast  der  ganzen 
Körpermuskulatur  zu  den  mäßig  schweren,  die  noch  eine  ungünstige 
Prognose  geben,  zählen  und  die  schnelle  Genesung,  nach  unserer 
Meinung,  der  Behandlung  mit  Heilserum  verdanken. 

Moskau,  den  5./17.  Dezember  1893. 


Referate. 

Palleske,  A.,  Ueber  den  Keimgehalt  derMilch  gesunder 
Wöchnerinnen.  (Virchow’s  Archiv.  Bd.  130.  p.  185) 

Verf.  hat  eine  Nachprüfung  der  Cohn-Neumann’ sehen  Unter- 
suchungen über  den  Keimgehalt  der  Muttermilch  an  22  gesunden 
Wöchnerinnen  vorgenommen  und  dabei  10  positive  und  12  negative 
Resultate  der  bakteriologischen  Prüfungen  erhalten.  Er  impfte  5 
Tropfen  der  durch  sanftes  Streichen  entleerten  Milch  zu  verschiedener 
Zeit  nach  dem  letzten  Anlegen  in  lauwarme  flüssige  Gelatine.  Sein 
Ergebnis  ist  in  folgenden  Worten  zusammengefaßt.  „In  der  Milch 
auch  völlig  gesunder  Frauen  finden  sich  häufig,  vielleicht  in  der 
Hälfte  aller  Fälle,  Mikroorganismen  vor;  dieselben  gehören  zu  den 
Kokken,  und  zwar,  soweit  ich  meine  Untersuchungen  zu  Grunde 
legen  darf,  lediglich  zu  der  Unterart  des  Staphylococcus  pyoge- 
nes albus.  Ob  dieselben  durch  den  Blutstrom  nach  der  Drüse 
hingetragen  werden  oder  von  außen  in  dieselbe  einwandern,  ist  zweifel- 
haft. Die  Entscheidung  muß  weiteren  Versuchen  anheimgestellt 
werden.  Sicher  aber  können  ziemlich  zahlreiche  Staphylokokken  in 
der  Milch  der  Brustdrüse  Vorkommen,  ohne  daß  Erscheinungen  von 
Mastitis  oder  Allgemeinerkrankungen  hervortreten.“ 

Spener  (Berlin). 

Barbier,  Sur  une  forme  de  septic^mie  dans  la  diph- 
th6rie  et  en  particulier  dans  le  croup.  (Gaz.  m^dicale 
de  Paris.  1893.  30.  Sept.) 

B.  glaubt,  daß  bei  der  Diphtherie  die  Bedeutung  der  broncho- 
pneumonischen  Prozesse  zu  hoch  angeschlagen,  dagegen  die  Wichtig- 
keit der  Streptokokken-Mischinfektion  unterschätzt  werde.  Besondere 
Wichtigkeit  legt  er  der  lokalen  Infektion  der  Tracheotomiewunde  bei, 
für  deren  größtmöglichen  Schutz  er  eine  Reibe  von  Vorschriften  giebt. 

In  verschiedenen  Fällen  konnte  B.  die  Streptokokken  in  den 
Cervikal-  und  Peribronchialdrüsen  nachweisen. 


Cystitis. 


121 


Er  glaubt,  daß  der  Diphtheriebacillus  und  der  Strepto- 
coccus bei  ihrer  Symbiose  gegenseitig  ihre  Virulenz  steigern. 

W.  Petersen  (Zürich). 

ßeymond,  Cystites  chez  les  malades  non  sond6s.  (An- 
nales  des  malad,  des  Organes  g6nito-urin.  1893.  October.) 

Reymond  hat  innerhalb  von  4 Monaten  10  Cystitiskranke 
beobachtet,  welche  nie  sondiert  worden  waren  und  nie  eine  Gonorrhöe 
durchgemacht  hatten.  Ferner  berichtet  R.  aus  einer  größeren  Zahl 
von  Fällen  über  7 Cystitiskranke,  die  nie  sondiert  worden  waren, 
aber  ein  oder  mehrmals  Gonorrhöe  gehabt  hatten.  Nach  sorgfältiger 
Desinfektion  der  äußeren  Genitalien  und  Ausspülung  der  Harnröhre 
mit  3-proz.  Borsäure  wurde  mittelst  eines  sterilen  Katheters  der 
Urin  entleert.  Zur  Untersuchung  wurde  nie  die  Anfangsportion  ver- 
wendet. Der  Urin  wurde  dann  auf  Bouillon,  Gelatine  u.  s.  w. 
kultiviert  und  es  ergab  sich,  daß  in  7 Fällen  das  Bact.  coli  com- 
mune als  der  Erreger  der  Cystitis  zu  betrachten  war,  während  sich 
in  den  10  übrigen  Fällen  andere  Mikroben,  teils  Kokken  teils 
Bacillen,  vorfanden.  Die  Mehrzahl  der  von  den  verschiedenen  Unter- 
suchern gefundenen  Mikroorganismen  in  der  gesunden  Urethra  ist 
eine  außerordentlich  große,  könnte  jedoch,  wie  der  Verf.  meint,  bei 
einer  Zusammenfassung  und  passenden  Einteilung  in  Spezies  und 
Arten  bedeutend  verringert  werden.  Um  die  von  ihm  aufgefundenen 
Mikroorganismen  mit  den  in  der  gesunden  Harnröhre  gefundenen 
vergleichen  zu  können,  hat  sich  R.  an  die  Einteilung  von  Petit 
und  Wassermann  gehalten,  und  er  konnte  zwischen  seinen  Mikroben 
und  einzelnen  jener  Autoren  eine  vollkommene  Identität  bis  auf  einen 
Punkt  konstatieren.  Merkwürdigerweise  waren  alle  Bakterien  Rey- 
mond’s  für  Tiere  pyogen,  während  die  identischen  von  Petit  und 
Wassermann  keinerlei  pathogene  Eigenschaften  besitzen.  Der 
Verf.  sucht  sich  diese  Differenz  aus  der  Verschiedenartigkeit  des 
Nährbodens  zu  erklären,  da  die  Cystitis-Bakterien  in  dem  Residual- 
harn eine  besonders  günstige  Nährflüssigkeit  besäßen. 

Klinisch  interessant  ist  die  Feststellung  Reymond’s,  daß  in 
den  Fällen  von  Cystitis  mit  Gonorrhöe  in  der  Anamnese  sich  viel 
häufiger  die  auch  in  der  gesunden  Harnröhre  vorkommenden  Bak- 
terien fanden,  während  in  den  Fällen,  in  denen  weder  von  Sondierung 
noch  von  Gonorrhöe  die  Rede  war,  das  Bacterium  coli  com- 
mune als  krankheitserregendes  Agens  aufzufassen  ist,  und  daß  die 
Fälle,  welche  diesem  Bakterium  ihre  Entstehung  verdanken,  unter 
heftigen  Beschwerden  meist  akut  eintreten,  während  die  anderen  sich 
schleichend,  oft  ohne  jede  Beschwerde  entwickeln  und  erst  die  Trü- 
bung des  Urins  die  Aufmerksamkeit  wachruft. 

Die  Frage,  auf  welchem  Wege  die  Bakterien  in  die  Blase 
gelangen,  um  dort  ihre  Wirksamkeit  ausüben  zu  können,  beantwortet 
sich  für  die  auch  in  der  gesunden  Urethra  vorkommenden  Bakterien 
von  selbst.  Wie  weit  die  frühere  Gonorrhöe  zur  Beförderung  der- 
selben aus  der  Pars  anterior  in  die  Pars  posterior  und  die  Blase 
beiträgt,  wie  weit  andere  Einflüsse  dabei  im  Spiele  sind,  das  scheint 
dem  Verf.  noch  nicht  vollkommen  festgestellt.  Daß  die  in  die  Blase 


122 


Gangränöse  Stomatitis. 


gelangten  Bakterien  in  dem  Residualharne  einen  guten  Nährboden 
und  bei  der  verringerten  Vitalität  der  Schleimhaut  eines  Prostati- 
kers — und  um  solche  handelt  es  sich  ja  fast  ausschließlich  — nur 
geringe  Resistenzfähigkeit  finden,  ist  einleuchtend.  Was  nun  den 
Weg,  den  das  Bact.  coli  commune  nimmt,  um  in  die  Blase  zu 
gelangen,  betrifft,  so  scheint  hier  die  Urethra  ausgeschlossen,  da  in 
dieser  das  Bakterium  nicht  zu  existieren  vermag.  Daß  die  Ein- 
wanderung durch  den  Ureter  von  den  Nieren  aus  geschieht,  ist  nicht 
ausgeschlossen,  aber,  da  bei  keinem  der  Kranken  eine  Nieren- 
erkrankung vorhanden  war,  unwahrscheinlich.  Es  bleibt  also  der 
Weg  vom  Rectum  aus  mittelst  der  Prostata  durch  das  Gewebe  übrig, 
und  dieser  ist  nach  dem  Verf.  auch  derjenige,  den  das  Bact.  coli 
commune  gewöhnlich  nehmen  dürfte.  Lasch  (Breslau). 

Foote,  Charles  J.,  Report  of  a case  of  gangrenous  Stoma- 
titis, with  a bacteriological  examination.  (The  American 
journal  of  the  med.  scienc.  XVI.  1893.  No.  2,  256.) 

Ein  7-jähriges  Kind  gesunder  Eltern,  in  keiner  Weise  hereditär 
belastet,  erkrankte  Mitte  Oktober  1892  an  einem  eigentümlichen  nekroti- 
sierenden Prozesse  der  linken  Wange.  Vor  5 Jahren  hatte  es  einmal  an  der- 
selben Stelle  infolge  eines  eingetriebenen  Splitters  eine  2 Monate  lang 
eiternde  Wunde  gehabt.  Im  Monat  vor  der  letzten  Krankheit  machte 
es  Typhus  durch.  Die  jetzige  Erkrankung  begann  mit  Ulceration  des 
Zahnfleisches,  angeblich  ausgehend  von  einem  hohlen  Zahne  des  linken 
Kiefers.  Der  Prozeß  wuchs  rapide  und  verbreitete  sich  über  die 
Backe.  Bei  der  Aufnahme  fand  sich  auf  ihr  eine  runde,  nekrotische 
Zone  von  der  Größe  eines  Silberdollar,  umgeben  von  einem  Hofe  ge- 
röteten und  geschwollenen  Gewebes.  Die  Affektion  soll  schmerzlos 
gewesen  sein  und  sich  dadurch  verbreitet  haben,  daß  das  Kind  mit 
den  Fingern  in  dem  hohlen  Zahne  kratzte  und  dann  die  Wange  be- 
rührte; wenigstens  soll  danach  besonders  rasches  Wachstum  erfolgt 
sein.  Die  Nekrose  legte  schließlich  den  Ober-  und  Unterkieferknochen 
frei;  es  fielen  gleichzeitig  die  Zähne  aus  und  verbreitete  sich  foetider 
Geruch.  Der  Urin  ist  eiweißfrei.  Temperatur  130°  F.  Puls  130. 

Die  Nekrose  verbreitete  sich  bis  zu  dem  am  1.  November  er- 
folgenden Tode  bis  zu  dem  unteren  Rande  des  Unterkiefers  und 
dem  Augenhöhlenrande. 

Die  Kenntnisse  über  den  bakteriologischen  Befund  bei  solchen 
Nekrosen  beziehen  sich  auf  6 Fälle:  1 von  Schiramelbusch,  5 
von  Lingard.  Schimmelbusch  fand  kleine  Bacillen,  oft  paar- 
weise und  zu  langen  Fäden  vereint;  sie  wachsen,  Gelatine  nicht  ver- 
flüssigend, bei  Zimmertemperatur  und  färben  sich  nicht  nach  Gram. 
Bei  Injektion  auf  Kaninchen  erzeugten  sie  einen  lokalen  Absceß. 
Lingard’s  Bacillen,  4—8  /.i  lang,  sind  wohl  mit  diesen  identisch. 
L.  konnte  bei  Kaninchen  Schwellung,  Rötung  und  Tod  nach  10  Tagen 
bewirken.  Bei  der  Sektion  fand  sich  das  Perikard  bedeckt  mit  einem 
Ueberzuge,  in  dem  sich  die  Bacillen  fanden;  desgleichen  waren 
nekrotische  Partieen  in  der  Magenwand,  welche  die  Bacillen  enthielten. 
Bei  dem  hier  beobachteten  Falle  zeigten  Deckglasausstrich- 
präparate: Staphylokokken,  Streptokokken,  Diplokokken  und  sehr 


Psorospermose.  — Maul-  und  Klauenseuche. 


123 


wenige  lange  Bacillen,  oft  gruppenweise,  die  sich  am  besten  mit  ge- 
wissen Anilinfarben,  aber  auch  nach  Gram  färbten.  Im  Blute 
fanden  sich  keine  Bacillen.  In  Kulturen  wuchs  der  Staphylo- 
coccus  aureus,  der  Streptococcus  pyogenes  und  der 
Micrococcus  cereus  albus.  Daß  die  beschriebenen  Bacillen 
nicht  gefunden  wurden,  mag  an  einem  Kulturfehler  liegen.  Tier- 
experimente ergaben  gleichfalls  nichts  spezifisches.  Schnitte 
durch  die  Nekrose  derart,  daß  der  Rand  derselben  getroffen  wurde, 
zeigten  an  diesem  sehr  reichliche  Bacillen,  deren  Länge  2 ljs — 3 1/2  fx 
betrug  und  die  sich  oft  in  Reihen  aneinander  gelagert  hatten.  An 
diesen  Stellen  waren  sie  vielfach  die  einzige  sichtbare  Art;  in  der 
Nekrose  dagegen  fanden  sich  meist  nur  Kokken  und  Streptokokken. 
Die  beschriebenen  Bacillen  erstrecken  sich  von  dem  Rande  der  Ne- 
krose bis  ins  gesunde  Gewebe ; sie  färbten  sich  auch  in  den  Schnitten 
nach  Gram,  doch  war  Vorsicht  in  der  Entfärbung  nötig. 

Diese  Bakterien  unterscheiden  sich  demgemäß  von  denen  von 
Schimmelbusch  dadurch,  daß  sie  sich  durch  die  Gr  am’ sehe 
Methode  färben  , von  denen  von  L i n g a r d durch  ihre  geringere 
Größe.  Vielleicht  ist  beides  nur  durch  die  Technik  bedingt. 

Zwar  kann  man  diesen  Bakterien  nach  der  vorliegenden  Unter- 
suchung nicht  eine  aetiologiscbe  Rolle  sicher  zusprechen,  aber  zu- 
sammen mit  den  Befunden  von  Schimmelbusch  und  Lingard 
gewinnt  die  Beobachtung  an  Wert.  Kurt  Müller  (Halle). 

DfHßpine  and  Cooper,  A few  facts  concerning  psorosper- 
mosis  or  gregarinosis.  (Brit.  med.  Journ.  1893.  14.  Oct. 
p.  834  ) 

Die  Verff.  haben  an  einem  größeren  Materiale  die  Psorospermose 
der  Kaninchen  eingehend  studiert.  Kulturen  gelangen  am  besten 
aus  coccidienhaltigem  Kote  in  Wasser.  Die  Verff.  fanden  hierbei,  daß  die 
Teilung  nicht  immer  so  regelmäßig  erfolgt,  wie  gewöhnlich  beschrieben, 
daß  vielmehr  neben  der  gewöhnlichen  Vierzahl  sich  nicht  ganz  selten 
3,  5 und  mehr  Teilstücke  finden.  Bei  87  Kaninchen  fanden  sie  die 
Leber  67mal  infiziert;  bei  43  Kaninchen  fanden  sich  im  Darminhalte 
regelmäßig  die  Psorospermien.  Diese  außerordentliche  Häufigkeit  bei 
durchaus  gesunden  Kaninchen  macht  die  Verff.  gegen  die  bisherigen 
Fütterungsresultate  sowie  die  Annahme  einer  größeren  pathologischen 
Bedeutung  des  Coccidium  oviforme  sehr  skeptisch. 

W.  Petersen  (Zürich). 

Kurth,  H.,  Bakteriologische  Untersuchungen  beiMaul- 
und  Klauenseuche.  Mit  4 Tafeln.  (Arbeiten  aus  dem  Reichs- 
gesundheitsamt. Bd.  VIII.  1893.  Heft  3.  S.  439—464.) 

Nach  einer  Zusammenstellung  der  bisherigen  Erklärungen  der 
Maul-  und  Klauenseuche  teilt  Verf.  mit,  daß  er  1)  sechs  verschiedene 
Seuchenherde  untersuchte  im  Kreise  Niederbarnim  und  hauptsächlich 
seine  Aufmerksamkeit  auf  die  Euterblasen  richtete;  als  Grund  giebt 
er  an,  daß  hier  die  Reinigung  der  Umgebung  sich  besser  als  am 
Maul  bewerkstelligen  ließ  und  dieser  örtliche  Krankheitsherd  wohl 
nur  ausnahmsweise  zugleich  den  Ort  der  ersten  Ansteckung  darstellt, 


124 


Maul-  und  Klauenseuche. 


vielmehr  ebenso  wie  die  Klauenerkrankung  als  eine  reine  Aus- 
scheidung des  Krankheitsstoffes  betrachtet  werden  darf. 

Sieben  Arten  wurden  durch  Piattenaussaat  des  Inhaltes  der 
Euterblasen  reingezüchtet;  6 derselben  zeigten  keine  Gesetzmäßigkeit 
im  Auftreten,  sie  gehörten  fast  ausschließlich  zu  Streptococcus 
und  Micrococcus  tetragenus.  Dagegen  fand  sich  der  siebente 
mit  einer  Ausnahme  stets,  und  zwar  in  überwiegender  Menge  im  In- 
halte der  Euterblasen  und  konnte  in  allen  Fällen  im  Speichel  bez.  im 
abgeriebenen  Geschwürssaft  der  maulkranken  Tiere  nachgewiesen 
werden. 

Dieser  Streptococcus  unterscheidet  sich  auf  den  gebräuch- 
lich festen  Nährböden  durchaus  nicht  von  den  häufig  im  gesunden 
Körper  und  in  der  Leiche  anzutreffeuden  Streptokokken.  Dagegen 
finden  sich  bei  dem  Wachstum  in  Bouillon  unter  sehr  regelmäßig 
gewachsenen  Ketten  mit  durchaus  gleichmäßig  runder  Form  der  ein- 
zelnen Zellen  in  jedem  Röhrchen  eine  Zahl,  deren  Zellen  auffällig 
langgestreckt  bis  blasig-spindelförmig  sind.  Bei 
erhöhtem  Vorhandensein  in  dürftig  wachsenden  Kulturen  hat  man  sie 
wohl  als  Verkümmerungserscheinung  anzusprechen. 

Die  Form  hielt  etwa  die  Mitte  zwischen  den  kurzen  Strepto- 
kokken Behrings  und  den  starren  Kurth’s.  — Bei  weißen  Mäusen 
nicht  pathogen!  — 

Augenfällige  Veränderung  tritt  ein,  sobald  man  den  Nährböden 
flüssiges  Blutserum  zusetzt  und  bei  mindestens  30°  züchtet. 

Nach  24  Stunden  bildet  sich  ein  im  Vergleich  mit  anderen 
Streptokokken  sehr  reichlicher,  locker  zusammenhängender  Bodensatz, 
welcher  vereinzelt  großschollige  Gebilde,  daneben  aber  hauptsächlich 
solche  enthält,  welche  den  merkwürdigen,  im  frischen  Inhalt  der 
Bläschen  vorkommendeD  Gebilden  gleichen.  Es  ist  kein  Zweifel,  daß 
es  sich  um  Streptokokken  handelt,  welche  in  einer  stark  lichtbrechen- 
den Hülle  sitzen.  — Die  Kettennatur  geht  auch  aus  den  Färbepräparaten 
deutlich  hervor,  welche  gleichzeitig  die  unzweifelhafte  Andeutung 
einer  Teilung  auch  in  der  Querrichtung  der  Ketten  erkennen  läßt. 
Kurth  nennt  diesen  Mikroorganismus  Streptococcus  involutus. 

Ein  weiteres  Merkmal  ergiebt  sich  aus  der  Form  der  Kolonieen 
in  Agarplatten,  welche  nach  Zusatz  von  flüssigem  Blutserum  gegossen 
sind;  nach  24 stündigem  Wachstum  bei  37°  sind  die  Kolonieeu  erheb- 
lich größer  als  in  gewöhnlichen  Agarplatten  und  jede  ist  mit  einem 
je  nach  der  Menge  des  zugesetzten  Serums  mehr  oder  minder  dichten 
Hofe  stark  lichtbrechender  Körner  umgeben. 

Versuche  mit  zahlreichen  anderen  Streptokokken  ergaben  weder 
die  Andeutung  einer  Hülle,  noch  die  Bildung  eines  Körnerhofes,  so 
daß  Kurth  berechtigt  ist,  zu  behaupten:  Streptococcus  invo- 
lutus ist  ein  regelmäßiger  Befund  auf  dem  Grunde  der  Bläschen 
bei  der  Maul-  und  Klauenseuche  des  Rindviehes  und,  da  er  ander- 
weitig sich  nicht  findet,  zugleich  ein  Erkennungszeichen  der  Krank- 
heit. 

Die  Ursache,  daß  nach  2— 3-stündiger  Einwirkung  1-proz.  Osmium- 
säure stark  dunkelbraune  Färbung  der  Hülle  eintritt,  legte  die  Ver- 
mutung nahe,  daß  es  sich  um  einen  Fettkörper  handele. 


Maul-  und  Klauenseuche.  — Nematoden. 


125 


Versuche,  an  jungen  Hammeln  und  Kälbern  Krankheitserschei- 
nungen durch  Einreibung  von  Reinkulturen  in  das  Maul  hervorzurufen, 
blieben  erfolglos;  Verfütterung  oder  Einspritzung  der  Reinkulturen 
bei  weißen  Mäusen  und  Meerschweinchen  führten  zu  keinem  Resultat. 
Bei  Kaninchen  rief  die  Einspritzung  von  1 ccm  der  24  Stunden 
alten  Reinkultur  nur  eine  vorrübergehende  Temperatursteigerung 
hervor. 

2)  Bakteriologische  Untersuchungen  bei  der  bösartigen  Seuche 
in  Oberbayern. 

Merkwürdigerweise  handelte  es  sich  hier  verschiedene  Male  nicht 
um  Streptococcus  involutus,  sondern  tetragenus,  wie 
auch  der  Körnerhof  bei  den  Auftreten  von  Streptococcus  in- 
volutus stets  kaum  halb  so  dicht  war  wie  bei  den  norddeutschen 
Kulturen. 

Gelang  es  auch  bisher  nicht,  mit  Reinkulturen  des  Strepto- 
coccus involutus  bei  Versuchstieren  die  Krankheit  zu  erzeugen, 
so  kann  man  daraus  noch  nicht  den  Schluß  ziehen,  daß  der  Strep- 
tococcus nicht  der  Erreger  der  Seuche  ist.  Bekanntlich  büßt  eine 
Reihe  sehr  giftiger  und  zum  Teil  auch  als  Erreger  von  Seuchen 
anerkannter  Bakterien  in  Reinkulturen  ihre  krankheitserregende  Wirk- 
samkeit fast  sogleich  oder  nach  einigen  Weiterzüchtungen  ein. 

Es  ist  denkbar,  daß  die  eigentliche  Krankheitsursache  so  klein 
ist,  daß  wir  sie  mit  unsern  Hilfsmitteln  nicht  zu  erkennen  vermögen 
und  der  der  Krankheit  eigentümliche  Streptococcus  involutus 
gerade  in  dem  erkrankten  Körper  einen  besonders  günstigen  Nähr- 
boden antrifft. 

Andererseits  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  gewisse,  ständig  im 
gesunden  Körper  vorkommende  Arten  zum  Teil  durch  die  Einflüsse 
des  erkrankten  Körpers  Veränderungen  annehmen  und  dauernd 
behalten,  welche  sie  uns  als  neue  Arten  erscheinen  lassen. 

Der  Streptococcus  involutus  bleibt  in  Bouillon  und  Blut- 
serum monatelang  lebend.  Gegen  höhere  Temperaturen  ist  er  eben- 
so wenig  widerstandsfähig  wie  die  übrigen  Streptokokken. 

E.  Roth  (Halle  a/S.). 

Jägerskiöld,  L.  A. , Bidrag  tili  kännedomen  om  Nema- 
toderna.  (Akademisk  afhandling.  p.  1 — 86.  M.  5 Taf.)  8°. 
Stockholm  1893. 

Verf.  teilt  seine  speziellen  anatomischen  Untersuchungen  mit, 
betreffend  Nematoden,  welche  im  Darmkanale  von  Fischen  und  fisch- 
fressenden Säugetieren  und  Vögeln  leben:  Ascaris  osculata, 
spiculigera,  lobulata,  decipiens,  simplex,  rotundata 
und  clavata,  nebst  zwei  neuen  Arten,  Ichthyonema  pelluci- 
dum  (aus  Tetrodon  stellatus)  und  Oxyuris  flagelloides 
(aus  Atherura  armata).  Demnächst  giebt  er  eine  eingehende 
Uebersicht  über  den  Bau  der  Ernährungsorgane  dieser  Schmarotzer 

— besonders  der  zur  Speiseröhre  gehörenden  drüsenartigen  Organe 

— sowie  auch  der  Exkretionsorgane  derselben.  Die  von  Diesing 
und  v.  Dräsche  gemachte  Aussonderung  einiger  Arten  von  Ascaris 


126 


Lemu.  — Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten  etc. 


als  ein  eigenes  Genus,  Peritrachelius,  findet  er  zur  Zeit  nicht 
hinlänglich  anatomisch  begründet.  H.  Krabbe  (Kopenhagen). 

Sajö,  K.,  Das  Getreidehähnchen  (Lema  melanopus  L.) 

(Zeitschrift  für  Pflanzenkrankheiten.  III.  1893  H.  3.  S.  129 — 137.) 

Im  Aufträge  des  Ungarischen  Ackerbauministeriums  hat  Verf. 
im  Comitate  Temes  ausgedehnte  Versuche  zur  Bekämpfung  des  oben 
genannten  Käfers  ausgeführt,  welcher  während  der  letzten  Jahre, 
vorzüglich  1891,  in  den  fruchtbarsten  Gegenden  Ungarns  unermeß- 
lichen Schaden  in  der  Frühlingssaat  angerichtet  hat.  Anfänglich 
wurden  nur  Gerste  und  Hafer  angegriffen,  im  Jahre  1891  außerdem 
der  Weizen;  auch  Maispflanzen  werden  bisweilen  befallen. 

Gegen  Anfang  April  beginnen  die  Weibchen  der  vergesellschaftet 
lebenden  Käfer  die  Eier  abzulegen,  nachdem  sie  vorher  lineare  Gänge 
durch  die  Getreideblätter  genagt  haben.  Die  Eier  werden  perl- 
schnurartig, eines  nach  dem  andern,  auf  die  obere  Seite  der  Blätter 
längs  des  Mittelnervs  abgelegt.  Von  Anfang  Mai  an  erscheinen  die 
Larven,  welche  sich  meist  auf  der  Unterseite  der  Blätter  aufhalten 
und  diese  längs  der  Gefäßbündel  abfressen,  wobei  jedoch  die  obere 
Epidermis  unversehrt  bleibt.  Auf  diese  Weise  bleiben  die  Umrisse 
der  Blätter  in  Form  dünner  Membranen  erhalten,  welche  durch  ihre 
weiße  Farbe  die  Infektionsherde  schnell  weithin  kenntlich  machen. 
Die  Ausdehnung  der  letzteren  nimmt  rapide  zu. 

Gegen  Ende  Mai  oder  Anfang  Juni  beginnt  die  Verpuppung  der 
vollwüchsigen  Larven  in  der  Erde.  Wo  das  Uebel  in  Form  kleinerer 
Herde  sporadisch  auftritt,  kann  durch  Abmähen  und  augenblickliches 
behutsames  Fortfahren  der  Halme  der  weiteren  Ausbreitung  ein  Ziel 
gesetzt  werden.  Größere  infizierte  Parzellen  bespritzte  Verf.  der 
Länge  und  der  Breite  nach  mit  einer  Lösung  von  Tabaklaugen- 
extrakt (2  kg  in  100  L.  Wasser;  nicht  schwächer!)  und  erzielte 
damit  ausgezeichnete  Resultate.  Das  Mittel  soll  erst  dann  ange- 
wendet werden,  wenn  bereits  alle  Larven  aus  den  Eiern  gekrochen 
sind  und  wenn  zwei  bis  drei  trockene  Tage  in  Aussicht  stehen. 

Als  erfolglos  erwiesen  sich  Kupferkalkmischung,  in  Wasser  ver- 
teiltes Schweinfurter  Grün  und  Aufstreuen  von  Gyps.  „Entomoktin“ 
(alkohol.  Extrakt  von  Pyrethrum  cinerariaefol.)  ist  seines  hohen 
Preises  und  der  unsicheren  Resultate  wegen  nicht  zu  empfehlen. 

Das  Stroh  der  mit  Tabaklaugenextrakt  behandelten  Gerste 
wurde  vom  Vieh  gefressen,  ohne  irgend  welche  schädlichen  Wirkungen 
hervorzurufen.  Busse  (Berlin). 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  127 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Heerwagen,  Die  Cholera  in  Riga  1892.  (Zeitschrift  für 
Hygiene  u.  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV.  Heft  1.) 

Verf.  giebt  eine  Uebersicht  über  die  Entstehung  und  Verbreitung 
der  129  Erkrankungsfälle  an  Cholera.  Was  die  lokalen  örtlichen  und 
zeitlichen  Verhältnisse  betrifft,  so  wird  hervorgehoben,  daß  die  Regen- 
menge keinen  Einfluß  auf  die  Erkrankungszahl  hatte,  ebensowenig 
die  Temperatur;  nur  das  Erlöschen  der  Epidemie  fiel  mit  starkem 
Sinken  der  letzteren  zusammen.  Steigen  und  Sinken  des  Niveaus 
des  Grundwassers  war  auf  die  Epidemie  belanglos.  Bei  ungeheuer 
stark  sinkendem  Grundwasser  bleiben  die  Fälle  spärlich,  bei  steigen- 
dem erreicht  die  Epidemie  ihre  Höhe,  bei  sinkendem  kommen  noch 
einzelne  Nachzügler  und  bei  geringer  Niveauerhebung  erreicht  sie 
ihr  Ende. 

Der  erste  Fall  muß  in  Bezug  auf  seine  Entstehung  unaufgeklärt 
bleiben.  Drei  Gruppen  von  Erkrankungen  ließen  sich  aufstellen, 
welche  alle  ihren  Ursprung  der  Infektion  dem  Dünawasser  verdanken, 
dazu  kamen  noch  28  einzelne  Fälle  ohne  Zusammenhang  unter- 
einander, aber  jeder  auch  durch  den  Genuß  des  Dünawassers  ent- 
standen. Der  Rest,  34  Fälle,  sind  von  auswärts  eingeschleppt  oder 
dunkel  in  Bezug  auf  ihre  Entstehung.  Die  Stadt  bezieht  unfiltriertes 
Dünawasser;  da  die  Entnahmestelle  aber  oberhalb  der  Stadt  — wo 
keine  Verseuchung  des  Dünaflusses  stattgefunden  hatte  — lag,  so 
kam  es  nicht  zu  einer  ausgebreiteten  Epidemie  im  Gegensätze  zu 
1831  und  1848,  wo  die  Wasserversorgung  in  der  Stadt  selbst  lag. 
Mittelst  des  Gelatineplattenverfahrens  gelang  es  nicht,  im  Wasser 
Cholerakeime  aufzufinden. 

Eine  Uebertragung  auf  5 Personen  fand  dadurch  statt,  daß  die 
Hausinwohner  sich  über  die  Effekten  einer  erkrankten  Mitinwohnerin 
hermachten  und  beiseite  schafften,  bevor  es  gelang,  ihrer  habhaft 
zu  werden.  O.  Voges  (Danzig). 

Marthen,  Experimentelle  Untersuchungen  über  Anti- 
sepsis bei  Augenoperationen  und  die  Bakteriologie 
des  Konjunktivalsackes.  (Deutschmann,  Beiträge  zur 
Augenheilkunde.  1893.  Heft  XII.) 

M.  weist  zunächst  die  Ueberlegenheit  der  antiseptischen  Methode 
gegenüber  der  rein  aseptischen  bei  Augenoperationen  nach ; wenn  auch 
durch  energische  Sublimateinwirkung  eine  völlige  Keimfreiheit  der 
Conjunctiva  für  24  Stunden  (unter  dem  Occlusivverbande)  nur  selten 
und  eine  solche  des  Lidrandes  nie  erzielt  werden  konnte,  so  fehlte 
doch  die  bei  den  Kontrollversuchen  mit  physiologischer  Kochsalz- 
lösung unter  dem  Verbände  eintretende  starke  Keimvermehrung.  In 
exakten  Versuchen  wird  weiterhin  die  keimtötende  Kraft  der  Thränen- 
flüssigkeit  nachgewiesen,  welche  nach  Aufhebung  des  Lidschlages  nur 
in  sehr  geringem  Maße  zur  Geltung  kommen  kann;  leider  verbieten 


128  Schutzimpfung,  kiiDstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


es  jedoch  andere  Verhältnisse,  den  Occlusivverband  nach  Operationen 
fortzulassen.  Eine  keimtötende  Kraft  des  tierischen  Humor  aqueus 
fand  M.  im  Gegensätze  zu  Büchner  nicht.  Unter  den  23  im  Kon- 
junktivalsacke  nachgewiesenen  Bakterienarten  fand  sich  der  Staphy- 
lococcus  pyogenes  aureus  und  albus,  der  Bacillus  nodo- 
sus  parvus,  die  Sarcina  lutea,  Sarcina  aurantiaca  und 
der  Micrococcus  candicans.  Die  übrigen  Formen  ließen  sich 
nicht  identifizieren.  W.  Petersen  (Zürich). 

Franke,  E.,  Untersuchungen  über  die  Desinfektion  des 
Bindehautsackes  nebst  Bemerkungen  zur  Bakterio- 
logie desselben.  (Archiv  für  Ophthalmologie.  Bd.  XXXIX. 
Heft  3.) 

Die  umfangreichen  und  sorgfältigen  Untersuchungen  von  Franke 
ergaben,  daß,  wie  auch  bereits  von  anderer  Seite  hervorgehoben  ist, 
auch  eine  völlig  normal  aussehende  Conjunctiva  Mikroorganismen, 
sogar  pathogener  Natur,  beherbergen  kann;  in  dieser  Hinsicht  ist 
besonders  den  Verhältnissen  des  Lidrandes  Beachtung  zu  schenken. 
Vor  eingreifenden  Operationen  ist  daher  eine  Desinfektion  des  Kon- 
junktivalsackes  vorzunehmen.  Welches  von  den  drei  üblichen  Mitteln, 
die  Verf.  untersuchte,  Sublimat,  Aqua  Chlori  und  Jodtrichlorid  man 
dabei  wählt,  dürfte  ziemlich  gleichgültig  sein,  denn  mit  Sicherheit 
läßt  sich  eine  Keimfreiheit  des  Bindehautsackes  durch  keines  der- 
selben erreichen.  Dagegen  gelingt  es  in  ca.  24  Proz.  der  Fälle  eine 
Verringerung  des  Keimgehaltes  anscheinend  zu  erreichen.  Versuche 
im  Reagenzglase  erwiesen,  daß  pathogene  Keime,  welche  durch  die 
Wirkung  des  antiseptischen  Mittels  nicht  getötet  sind,  eine  Einbuße 
an  Infektionskraft  nicht  erleiden,  also  gerade  so  deletär  wie  vor  der 
Einwirkung  des  Antiseptikums  zu  wirken  vermögen. 

Mit  den  Tageszeiten  wechselte  der  Keimgehalt  des  Auges  nicht; 
derselbe  wuchs  nicht,  sondern  nahm  bisweilen  beträchtlich  ab,  wenn 
das  Auge  durch  Verband  geschlossen  war,  — ein  Beweis  dafür,  daß 
die  Thränenflüssigkeit  die  Keime  mit  sich  fort  führt,  während  das 
Zusammenkleben  der  Lider  das  Eindringen  von  außen  hindert. 

Unter  den  Mikroorganismen  des  Konjunktivalsackes  überwiegt 
die  Kokkenform.  Franke  schildert  acht  Kokkenarten,  die  anscheinend 
noch  nicht  beschrieben  sind,  darunter  vier,  die  auf  der  eingeritzten 
Kaninchenhornhaut  pathologische  Prozesse  erregen  und  drei  neue 
Stäbchenarten. 

Zum  Schlüsse  der  Arbeit  betont  Franke  gegenüber  Schreiber, 
der  den  Xerosebacillus  auf  ganz  normaler  Conjunctiva  gefunden 
haben  will,  daß  er  noch  in  keinem  Falle  die  Xerosebacillen  ohne  die 
schon  früher  von  ihm  beschriebene  Bildung  weißlichen  Schlammes 
zwischen  den  Lidern,  auf  die  jener  scheinbar  gar  nicht  seine  Auf- 
merksamkeit gerichtet  hat,  gesehen  habe. 

Abel  (Greifswald). 


Neu«  Litteratur. 


129 


Neue  Litteratur 

zu8ammenge9tellt  von 

De.  Arthur  Würzburg, 

Bibllothekir  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 


Morphologie  und  Biologie. 

v L instow,  Zur  Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte  der  Tänien.  (Arch.  f.  mikroskop. 
Anat.  1893.  Bd.  XLII.  No.  3.  p.  442—459.) 

Morphologie  und  Systematik. 

Esamon , W.,  Zur  Ustilagineenflora  des  Slonim’schen  Kreises  des  Gouvern.  Grodno. 
(Scripta  botan.  horti  universit.  imperial,  petropolit.  1893.  T.  IV.  fase.  1.  p.  17 — 24.) 
[Russisch  m.  dtschem  Resume.] 


Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  u.  s.  w.) 

Blum,  F.,  Ueber  chemisch  nachweisbare  Lebensprozesse  an  Mikroorganismen.  (Ber. 
üb.  d.  Senckenbergische  naturforsch.  Ges.  in  Frankfurt  a.  M.  1893.  p.  235.) 

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lactique.  (Compt.  rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  20.  p.  673—675.) 

Mühsam,  R.  u.  Schimmelbusch,  C.,  Ueber  die  Farbproduktion  des  Bacillus  pyocyaneus 
bei  der  Symbiose  mit  anderen  Mikroorganismen.  (Arch.  f.  klin.  Chir.  1893.  Bd.  XLVI, 
No.  4.  p.  677—683.) 

Perü,  A.,  Sur  la  formation  des  acides  lactiques  isomeriques  par  l’action  des  microbes 
sur  les  substances  hydrocarbonees.  (Annal.  de  l’Inst.  Pasteur.  1893.  No.  11.  p.  737 
—750.) 

Pirotta,  R.,  Sullo  sviluppo  del  Cladosporium  herbarum.  (Annuar.  d.  r.  istit.  botan.  di 
Roma  1893.  Vol.  V.  fase.  3.  p.  122.) 

Beziehungen  der  Bakterien  and  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Imft,  Wasser,  Boden. 

Gorini,  C.,  Sulla  possibilitä  di  una  purificazione  rapida  dell’  acqua  per  rispetto  al 
colera,  mediante  i piü  comuni  correttivi.  (Giorn.  d.  r.  soc.  ital.  d’igiene.  1893.  No.  10. 
p.  389—397.) 

Russell,  H.  L.,  The  bacterial  flora  of  the  Atlantic  ocean  in  the  vicinity  of  Woods 
Holl.  Mass.  (Botan.  Gaz.  1893.  p.  383.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Clark,  E.,  Causes  and  modes  of  communication  of  contagious  and  infectious  diseases. 
(Buffalo  med.  and  surg.  Journ.  1893/94.  No.  4.  p.  201 — 212.) 

Conte,  A.,  Sur  l’absorption  des  virus  par  les  muqueuses.  (Compt.  rend.  de  la  soc.  de 
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Pernice,  B.  e Pollaci,  G.,  Intorno  alla  influenza  della  secrezione  urinaria  sulla  evoluzione 
delle  malattie  infettive.  (Riforma  med.  1893.  pt.  2.  p.  566,  578,  590.) 

Malariakrankheiten. 

Coronado,  T.  V.,  Laveranea  limnhdmica;  contribuciön  al  estudio  de  la  etiologia  del 
paludismo.  (Cr6n.  m^d.-quir.  de  la  Habana.  1893.  p.  374 — 380.) 

Labbd,  A.,  Sur  la  signification  des  formes  ä flagella  de  la  malaria  de  l’homme  et  des 
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130 


Nene  Litteratur. 


Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötheln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Buttersack,  Ueber  Vaccine.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1893.  No.  51.  p.  1362.) 

Deffernez,  E.,  L’epidemie  de  rougeole  et  de  scarlatine  dans  le  bassin  de  Charleroi 
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Griffiths,  S.  A.  E.,  Scarlet  fever  and  enteric  fever.  (Lancet.  1893.  Vol.  II.  No.  22. 
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Porter,  C.,  Notes  and  queries  on  small-pox.  (Lancet.  1893.  Vol.  II.  No.  20.  p.  1179 
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Stephenson,  W.  H.,  Scarlet  fever  during  pregnancy  and  the  puerperium.  (Lancet.  1893. 
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Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Brouardel.  P.,  La  defense  contre  le  cholera.  (Annal.  d’hygifene  publ.  1893.  Nov.  p.  385 
—408.) 

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Götel,  Vorsichtsmaßregeln  gegen  die  Cholera  an  der  französischen  Grenze.  (Arch.  f.  ö. 

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(Centralbl.  f.  allg.  Pathol.  1893.  No.  21.  p.  870—889.) 

Stolpinski,  V.  A.,  Choleraepidemie  in  der  Stadt  Kasan  im  Jahre  1892  nach  Angaben 
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Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Ahlfeld,  F.,  Beiträge  zur  Lehre  vom  Resorptionsfieber  in  der  Geburt  und  im  Wochen- 
bette und  von  der  Selbstinfektion.  (Ztschr.  f.  Geburtsh.  1893.  Bd.  XXVH.  No.  2. 
p.  466—518.) 

Burckhardt,  L.,  Ueber  den  Einfluß  der  Scheidenbakterien  auf  den  Verlauf  des  Wochen- 
bettes. (Arch.  f.  Gynäkol.  1893.  Bd.  XLV.  No.  1.  p.  71—93.) 

Goldscheider.  A.,  Klinische  und  bakteriologische  Mitteilungen  über  Sepsis  puerperalis. 

(Charitd-Annalen.  1893.  Bd.  XVIII.  p.  165 — 242.) 

Vaillard,  L.  et  Rouget,  J.,  Note  au  sujet  de  l’etiologie  du  tetauos.  (Annal.  de  l’Inst. 
Pasteur.  1893.  No.  11.  p.  755 — 775.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrophulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Babes,  V.,  Sur  les  associations  bacteriennes  des  bacilles  de  la  tuberculose  avec  des 
microbes  h^morrhagiques.  (Roumanie  mdd.  1893.  No.  7.  p.  193 — 205.) 


Nene  Litteratur. 


131 


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Meyer,  W.,  The  results  obtained  from  the  use  of  aniline  products  in  the  treatment  of 

I carcinoma.  (Annals  of  surg.  Nov.  1893.  p.  522 — 545.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre 
Mumps,  RückfallsfieDer,  Osteomyelitis. 

Bunzl-Federn,  E.,  Ueber  einen  neuen,  für  Tiere  pathogenen  Mikroorganismus  aus  dem 
Sputum  eines  Pneumoniekranken.  (Arch.  f.  Hygiene.  1893.  Bd.  XIX.  No.  3.  p.  326 
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Influenza-epidemie,  de,  in  Nederland  in  1890.  (Nederl.  Tijdschr.  v.  geneesk.  1893. 
Vol.  II.  No.  21.  p.  685—779.) 

Kelsch,  De  la  pneumonie  au  point  de  vue  epidemiologique.  (Rev.  d’hygiene.  1893. 
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Eossei.  H , Einige  neuere  Arbeiten  über  Diphtherie.  (Dtsche  med.  Wochenschr.  1893. 
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Kühner,  A.,  Die  Beziehungen  der  Krankheiten,  insbesondere  der  croupösen  Pneumonie, 
zu  den  meteorologischen  Vorgängen.  (Internat,  klin.  Rundschau.  1893.  No.  46. 
p.  1729—1732.) 

Pause,  Die  Diphtherieepidemie  in  Oberbobritzsch  von  1889 — 1891.  (Korrespdzbl.  d. 
ärztl  Kreis- u.  Bez.-Vereine  i.  Kgr.  Sachsen.  Bd.  LV.  No.  10.  p.  171  — 175.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Milzbrand. 

Wyman,  S.  E.  , Anthrax  faciei , report  of  a case.  (Boston  med.  and  surg.  Journ. 
1893.  Vol.  II.  No.  17.  p.  413—416.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thieren. 

Säugethiere. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrankheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Großbritannien  während  der  13  Wochen  vom  2.  Juli  bis 
30.  September  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  47.  p.  925  ) 
Stand  der  Tierseuchen  in  der  Schweiz  im  3.  Vierteljahre  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1893.  No.  48.  p.  941 — 942.) 

Fische. 

Sticker,  A , Ueber  Infektionskrankheiten  bei  Fischen.  (Arch.  f.  animal.  Nahrungsmittelk. 
1893.  No.  10,  11.  p.  121—124.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Mer,  E.,  Recherche  sur  la  maladie  des  branches  de  Sapin  causee  par  le  phoma  abietina 
R.  Hartig  (Fusicoccum  abietinum  Prill.  et  Delacroix).  (Journ.  de  botan.  1893  p.  364.) 
Prunet,  A , Propagation  du  pourridie  de  la  vigne  par  les  boutures.  (Journ.  de  l’agricult. 
1893.  18.  nov.) 

Thomas,  F.,  Cecidiologische  Notizen  I.  (Entomol.  Nachrichten.  1893.  p.  289 — 304.) 
Went,  F.  A.  F.  C.,  Het  rood  snot.  (Sep.-Abdr.  a.  Arch.  v.  de  Java-suikerind.)  8 °. 
18  p.  2 Taf.  Soerabaja  1893. 


132 


Neue  Litteratur. 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Behring,  Die  Gewinnung  der  Blutantitoxine  und  die  Klassifizierung  der  Heilbestrebungen 
bei  ansteckenden  Krankheiten.  (Dtsche  med.  Wochenschr.  1893.  No.  48.  p.  1253  — 
1256.) 

Centanni,  E.,  L’immunizzazione  specifica  degli  elementi  dei  tessuti ; contributo  alla  cono- 
scenza  dell’  immunitä  e della  siero-terapia  nella  rabbia.  (Riforma  med.  1893.  pt.  3. 
p.  85,  97.) 

Costantin,  J.,  Experiences  sur  la  desint'ection  des  carri&res  ä Champignon.  (Compt. 
rend.  1893.  T.  117.  No.  22.  p.  754—756.) 

de  Freudenreich,  E.,  Des  essais  de  desinfection  par  les  vapeurs  ammoniacales.  (Annal. 
de  microgr.  1893.  No.  11.  p.  493 — 502.) 

Högyes,  A , Eingabe  des  Sanitätsrates  bezüglich  der  Schutzimpfungen  gegen  Hundswut. 
(Közegeszsegügy  es  törvenyszeki  orvostan.  1893.  No.  6.)  [Ungarisch.] 

Fawlowski,  A.  und  Buchstab,  L.,  Ueber  Immunität  und  Blutserumtherapie  bei  Cholera- 
infektion. (Russk.  med.  1893.  p.  115,  131.)  [Russisch.] 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Frankland,  Percy,  Die  Bakteriologie  in 
einigen  ihrer  Beziehungen  zur  chemischen 
Wissenschaft,  p.  101. 

Marek,  J.,  Kleine  Mitteilungen  zur  bak- 
teriologischen Technik,  p.  112. 

Remesoff,  Th.  und  Fedoroff,  S.,  Zwei  Fälle 
von  Tetanus  traumaticus  behandelt  und 
der  eine  von  ihnen  geheilt  durch  das 
Blutserum  immun  gemachter  Tiere 
(Hunde),  p.  115. 

Referate. 

Barbier,  Sur  une  forme  de  septicemie  dans 
la  diphtherie  et  en  particulier  dans  le 
croup,  p.  129. 

Delepine  and  Cooper,  A few  facts  concer- 
ning  psorospermosis  or  gregarinosis, 
p.  123 

Foote,  Charles  J.,  Report  of  a case  of 
gangrenous  Stomatitis,  with  a bacterio- 
logical  examination,  p.  122. 

Jägerskiöld,  L.  A.,  Bidrag  tili  kännedomen 
om  Nematoderna,  p.  125. 


Kurth,  H.,  Bakteriologische  Untersuchungen 
bei  Maul-  und  Klauenseuche,  p.  123. 

Palleske,  A.,  Ueber  den  Keimgebalt  der 
Milch  gesunder  Wöchnerinnen,  p.  120. 

Reymond,  Cystites  chez  les  malades  non 
sondös,  p.  121. 

Sajö,  K,  Das  Getreidehähnchen  (Lema 
melanopus  L.),  p.  126. 

Schutzimpfung , künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Franke,  E.,  Untersuchungen  über  die  Des- 
infektion des  Bindehautsackes  nebst  Be- 
merkungen zur  Bakteriologie  desselben, 
p.  128. 

Heerwagen,  Die  Cholera  in  Riga  1892, 
p.  127. 

Marthen,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  Antisepsis  bei  Augenoperationen 
und  die  Bakteriologie  des  Konjunktival- 
sackes,  p.  127. 

Neue  Litteratur,  p.  129. 


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matischen Affectionen  aller  Art,  theils  in  Folge  seiner  durch  ex- 
perimentelle und  klinische  Beobachtungen  erwiesenen  reducirendcn, 
sedativen  und  antiparasitären  Eigenschaften,  anderntheils  durch  seine 
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Die  Redaktion  des  „ Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original  > Mittheilungen. 

Versuche  über  die  Widerstandsfähigkeit  der  Typhus- 
bacillen gegen  Trocknung  und  über  die  Möglichkeit 
ihrer  Verschleppung  durch  die  Luft. 

Von 

Prof.  Dr.  I.  Uffelmann. 

Untersuchungen  über  die  Widerstandsfähigkeit  der 
Typhusbacillen  gegen  Trocknung,  sowie  experimentelle 
Studien  über  die  Möglichkeit  ihrer  Verschleppung  und 
Uebertragung  durch  die  Luft,  insbesondere  durch  den 
Staub  des  Bodens,  des  Haus-  und  Straßenkehrichts 
oder  der  Kleidung  sind  bislang  in  nur  sparsamer  Zahl  angestellt 
worden.  Es  muß  dies  Jedem  auffällig  erscheinen,  da  die  Beobachtung 

XV.  Bd.  9 


134 


I.  Uffelma  n n , 


der  Typhusepidemieen  auf  die  Möglichkeit,  selbst  auf  die  Wahrschein- 
lichkeit hinweist,  daß  wenigstens  in  einer  Reihe  von  Krankheitsfällen 
die  Uebertragung  des  Erregers  nicht  durch  Wasser,  oder  irgend 
welche  Nahrungsmittel,  oder  durch  direkte  Berührung  mit  den 
Fingern,  sondern  durch  die  Lu  ft  stattfand.  Ich  erinnere  nur  an  den 
Bericht  Yersi ns  *)  über  die  Epidemie  von  M e ir  i n gen,  welche 
er  auf  die  in  diesem  Orte  vorgenommenen  Ausgrabungen  zurück- 
führte, an  die  Mitteilung  von  Froidbise1 2),  welcher  die  Epidemie 
in  der  Kaserne  zu  Antwerpen  daraus  erklärte,  daß  Typhuserreger 
von  einem  frisch  aufgeschütteten  Scheldedamm  durch  den  Wind 
transportiert  seien,  und  an  den  kürzlich  publizierten  Aufsatz  Pfuhls3) 
über  die  Typhusepidemie  zu  Landsberg  a.  W.,  deren  erste  Fälle 
nach  seiner  Ansicht  durch  den  Staub  der  infizierten  oberen  Boden- 
schicht entstanden  waren.  Auch  die  sehr  zahlreichen  Fälle  von 
Typhus,  welche  man  mit  der  Einatmung  fauliger  Gase  in  ursäch- 
lichen Zusammenhang  brachte , mußten  zu  einer  experimentellen 
Untersuchung  darüber  auffordern,  ob  die  Luft  lebensfähige  Typhus- 
bacilleu  in  sich  führen  kann.  Dies  ist,  wie  schon  vorhin  gesagt 
wurde,  bislang  nur  von  wenigen  Forschern  geschehen.  Chantemesse 
und  Widal4)  vermochten  in  der  Luft  keine  Typhusbacillen  nachzu- 
weisen, dagegen  kam  Lassime5)  zu  dem  Ergebnis,  daß  diese 
Mikroben  von  trockenen,  verstäubenden  Medien  lebensfähig  sich  in 
die  Luft  erheben  können,  und  Sicard6)  behauptete  sogar,  sie  in 
der  Ausatmungsluft  von  Typhuskranken  fast  konstant  ge- 
funden zu  haben.  Da  zumal  die  Sicard  sehen  Untersuchungen 
durchaus  nicht  einwandfrei  erscheinen,  so  habe  ich  eine  größere 
Reihe  von  Versuchen  angestellt,  die  den  Zweck  verfolgten,  zu  er- 
mitteln, wie  lange  Zeit  die  Typhusbacillen  der  Trock- 
nung widerstehen,  und  ob  sie  in  lebensfähigem  Zu- 
stande durch  Staub  und  mit  demselben  verschleppt 
werden  können. 

Zu  diesen  Versuchen  benutzte  ich  zweifellos  ächte  Typhusbacillen. 
Sie  waren  in  Gelatine  von  einer  Kultur  fortgezüchtet,  welche  aus 
der  Milz  eines  an  Unterleibstyphus  gestorbenen  Individuums  ge- 
wonnen war.  Mit  ihnen  stellte  ich  eine  Aufschwemmung  in  sterili- 
siertem Wasser,  sowie  eine  Bouillonkultur  her  und  verwandte  die- 
selben, aber  auch  dünne  typhöse,  sterilisierte  und  nicht  sterilisierte 
Fäces,  welche  mit  jener  Aufschwemmung  vermischt  worden  waren, 
zur  Infektion  1)  von  Gartenerde,  2)  von  weißem  Sand  der 
Ostseeküste,  welcher  hier  als  Filtersand  benutzt  wird,  3)  von 
Haus-  und  von  Straßenkehricht,  4)  von  Kleidungs- 
stoffen, nämlich  von  Leinen  und  Buckskin,  endlich  5)  von 
Holz.  Die  Gartenerde,  der  weiße  Sand,  der  Kehricht,  die  Klei- 


1)  Yersin:  L’epidemie  de  fifevre  typhoide  ä Meiringen.  Geneve.  1888. 

2)  Froidbise:  Semaiue  m6dicale.  1893.  Nr.  29. 

3)  Pfuhl:  Zeitschr.  für  Hygiene.  XIV.  1. 

4)  Chantemesse  und  Widal  nach  Brouardels  Vortrag  auf  dem  Wiener 
Kongreß  für  Hygiene  1889. 

5)  Lassime:  Propagation  de  la  fievre  typhoide  par  l’air.  Thfese.  Paris  1890. 

6)  Sicard:  Sernaine  medicale  1892.  Nr.  4. 


Versuche  über  die  Widerstandsfähigkeit  der  Typhusbacillen  etc. 


135 


dungsstoffe  waren  vorher  sterilisiert,  das  Holz  jedoch  nicht.  Alle 
diese  Materialien  blieben  nach  der  Infektion  in  offenen  Behältern, 
welche  in  einem  Zimmerschrank  bei  14 — 16°  R aufgestellt  und  da- 
mit gegen  Sonnenlicht  geschützt  waren. 

Der  Nachweis  der  Typhusbacillen  hatte  nach  dieser 
Versuchsanordnung  nur  da  Schwierigkeit,  wo  nichtsterilisierte  Fäces 
verwandt  wurden.  Er  geschah 

1)  durch  die  Feststellung  des  Aussehens  der  Kolonieen  bei  etwa 
100-facher  Vergrößerung; 

2)  durch  diejenige  der  Gestalt  und  der  Beweglichkeit  der  Bacillen ; 

3)  durch  die  Art  des  Wachstums  in  Methylviolettgelatine; 

4)  durch  das  Verhalten  in  2-proz.  Milchzucker-Gelatine  (Nicht- 
Auftreten  von  Gährung); 

5)  durch  das  Verhalten  einer  mit  den  betr.  Bazillen  geimpften 
Milch  (Nichtgerinnung). 

Wenn  man  in  Fällen,  wo  verdächtige  Kolonieen  gefunden  wer- 
den, diese  fünf  Proben  unter  Vergleich  mit  notorisch  echten  Typhus- 
bacillen und  Typhusbacillen-Kolonieen  anwendet,  darf  man  wohl 
einen  Irrtum  als  ausgeschlossen  betrachten,  wenigstens  nach  dem 
derzeitigen  Stande  unseres  Wissens. 

An  der  Benutzung  der  Methylviole^tt-Gelatine  zum 
Nachweis  von  Typhusbacillen  in  Gemischen  von  Bakterien  halte  ich 
noch  immer  fest.  Nur  setze  ich  statt  der  Citronensäure  jetzt  Kar- 
bolsäure zu.  Der  genau  neutralisierten  gewöhnlichen  Nährgelatine 
wird  zunächst  auf  100  Cbcm  0,1  Cbcm  reine  Karbolsäure  und  da- 
rauf 0,002  gr  Methylviolett  beigemischt,  nachdem  letzteres  in  1 Cbcm 
Alkohol  und  2 Cbcm  Aqua  destillata  gelöst  worden  war.  Das 
Wachstum  der  Typhusbacillen  in  dieser  bläulichen  Gelatine  vollzieht 
sich  in  derselben  charakteristischen  Weise,  wie  in  der  citronensauren 
Methylviolettgelatine.  (Siehe  darüber  meinen  Aufsatz  in  der  Berl. 
Klin.  Wochenschrift.  1891.  Nr.  35).  Zwar  wachsen  darin  auch  andere 
Bakterien,  insbesondere  das  B.  coli,  in  ganz  ähnlicher  Weise.  Aber 
die  Zahl  der  ähnlich  wachsenden  ist,  wenn  mau  nur  scharf  beobachtet 
und  sie  stets  mit  Kolonieen  von  echten  Typhusbacillen  vergleicht,  die 
am  nämlichen  Tage  in  blaue  Gelatine  verimpft  und  bei  derselben 
Temperatur  gehalten  wurden,  nicht  groß.  Deshalb  erleichtert  die 
Verwendung  der  Methylviolettgelatine  den  Nachweis  unter  allen  Um- 
ständen. Es  versteht  sich  ganz  von  selbst  und  ist  auch  bereits  vor- 
hin, sowie  an  der  eben  zitierten  Stelle  hervorgehoben  worden,  daß 
man  sich  niemals  mit  dieser  einen  Probe  begnügen  darf,  daß  man 
in  jedem  Falle  zugleich  die  anderen  oben  genannten  vier  Proben  an- 
zuwenden hat.  Für  die  Unterscheidung  der  Typhusbacillus-Kolo- 
nieen  von  denen  des  B.  coli  wird  insbesondere  die  Verimpfung  in 
Milchzuckergelatine  und  in  sterile  Milch  unerläßlich  sein. 

Wie  man  eingestehen  kann,  daß  diese  Methode  der  Anwendung 
von  Methylviolettgelatine  — auch  der  früher  von  mir  benutzten 
citronensauren  — eine  Reihe  von  Bakterien  aus  den  Bakterien- 
gemischen ausschaltet,  und  zugleich  behaupten  kann,  daß  sie  den 
Nachweis  der  Typhusbacillen  erschwert,  ist  zu  verwundern.  Aber 
ich  vermag  schlechterdings  nicht  einzusehen,  weshalb  von  einzelnen 

9* 


136 


I.  Uffelmanu, 


Autoren  ganz  ignoriert  wird,  daß  diese  Methode  unter  allen  Um- 
ständen durch  ihr  negatives  Ergebnis  sehr  wertvoll  wird.  Hat  man 
eine  Methylviolettgelatine  bereitet,  auch  festgestellt,  daß  in  und  auf  ihr 
Typhusbacillen  gut  wachsen,  und  findet  mau,  daß  beispielsweise  nach 
Impfung  dieser  Gelatine  mit  einer  Probe  verdächtigen  Wassers  gar 
keine  oder  doch  keine  den  Typhuskolonieen  in  Methylviolettgelatine 
ähnliche  Kolonieen  wachsen,  so  ist  man  imstande,  mit  voller  Sicher- 
heit das  Vorhandensein  von  Typhusbacillen  auszuschließen.  Nach 
allem  diesem  halte  ich,  wie  gesagt,  an  der  Verwendung  der  Probe 
mit  Methylviolettgelatine  fest,  wenn  es  sich  um  den  Nachweis  von 
Typbusbacillen  in  Bakteriengemischen  handelte. 

1)  Versuche  mit  Gartenerde. 

Die  Erde  wurde  der  obersten  Bodenschicht  des  Gartens  beim 
hygienischen  Institute  zu  Rostock  entnommen,  in  einer  Porzellan- 
schale durch  Hitze  von  140°  sterilisiert,  fein  pulverisiert,  darauf  in 
etwa  4 mm  hoher  Schicht  mit  der  wässerigen  Aufschwemmung  der 
Typhusbacillen  gleichmäßig  angefeuchtet  und  nunmehr  in  den  Zimmer- 
schrank gestellt.  Nach  24  Stunden  war  die  Erdmasse  völlig  luft- 
trocken. Sie  wurde  jetzt  mit  sterilem  Pistill  noch  einmal  fein  ver- 
rieben. Aus  dieser,  also  1 Tag  nach  der  Infektion  entnommenen 

Probe  (3  Platinlöffelchen,  ä 0,001  g,  voll)  entwickelten  sich  in  Nähr- 
gelatine sehr  zahlreiche  Kolonieen  echter  Typhusbacillen,  ebenso  aus 
einer  3 Tage  und  6 Tage  nach  der  Infektion  entnommenen  gleich- 
großen Probe.  Aus  einer  am  10.  Tage  entnommenen  Probe  von 
3 Löffelchen  voll  entwickelten  sich  Typhuskolonieen  in  mäßiger 
Menge,  aus  einer  am  16.  uud  21.  Tage  entnommenen  nur  wenige. 
Später  konnten  sie  nicht  mehr  nachgewiesen  werden. 

Am  6.  Tage  nach  der  Infektion  blies  ich  in  einem  separaten 
Zimmer  mittelst  eines  Kautschukballons  Staub  aus  der  Schale  mit 
pulverisierter,  trockener  Gartenerde  über  vier  hintereinander  auf 
Papier  aufgestellte,  mit  noch  nicht  ganz  erstarrter  Nährgelatine 
erfüllte  Glasschälchen  und  stellte  letztere  nach  Bedeckung  bei  23  0 
hin.  In  ihnen  allen  entwickelten  sich  Kolonieen  von  Typhusbacillen 
in  nicht  unbedeutender  Menge. 

An  demselben  Tage  blies  ich  Staub  aus  der  mit  pulverisierter 
Gartenerde  erfüllten  Schale  über  eine  andere,  in  etwa  20  cm  Entfernung 
stehende,  mit  sterilisierter  Milch  erfüllte  Schale  und  stellte  sie  bei 
23°  C hin,  nachdem  letztere  mit  einem  Deckel  geschlossen  war. 
Nach  Ablauf  von  2 Tagen  entnahm  ich  3 Proben,  brachte  sie  in  Nähr- 
gelatine, rollte  diese  aus  und  sah  aus  allen  Proben  sich  Kolonieen 
echter  Typhusbacillen  in  erheblicher  Zahl  entwickeln.  Die  Milch  war 
nicht  geronnen. 

2.  Versuche  mit  weißem  Sande. 

Der  Sand,  welcher  dem  für  das  Rost ocker  Wasserwerk  be- 
nutzten eigentlichen  Filtersande  (der  obersten  Schicht)  völlig  gleich- 
kam, wurde,  wie  die  Gartenerde,  bei  140°  sterilisiert,  mit  einem 
sterilen  Pistill  verrieben,  dann  mit  der  wässerigen  Aufschwemmung 
von  Typhusbacillen  (in  einer  ebenfalls  etwa  4 mm  hohen  Schicht)  an- 


Versuche  über  die  Widerstandsfähigkeit  der  Typhusbacillen  etc. 


137 


gefeuchtet  und  darauf  in  den  Zimmerschrank  gestellt.  Nach 
36  Stunden  war  die  Sandmasse  völlig  lufttrocken  und  wurde  jetzt 
noch  einmal  verrieben.  Es  entwickelten  sich  aus  der  Probe  von 
3 Löffelchen  voll, 

1 */,  Tag  nach  der  Infektion  entnommen,  sehr  zahlreiche  Typhuskolonieen, 


8 Tage 

55 

55  59 

99 

sehr  zahlreiche 

55 

15  „ 

55 

59  95 

59 

sehr  zahlreiche 

99 

25  „ 

55 

99  95 

ziemlich  zahlr. 

)) 

31  „ 

55 

55  55 

99 

ziemlich  zahlr. 

55 

45  „ 

59 

55  55 

99 

ziemlich  zahlr. 

59 

60  „ 

55 

59  59 

>9 

wenige 

55 

70  „ 

99 

59  >9 

99 

wenige 

99 

82  „ 

» 

59  59 

55 

ganz  vereinzelte 

59 

später 

keine 

59 

3.  Versuche  mit  Haus-  und  Straßenkehricht. 

Es  wurde  Kehricht  aus  meinem  Schlafzimmer  innerhalb 
einer  Porzellanschale  in  heißem  Wasserdampf  sterilisiert,  getrocknet, 
mit  sterilem  Pistill  möglichst  zerkleinert,  darauf  mit  wässeriger  Auf- 
schwemmung von  Typhusbacillen  angefeuchtet  und  in  den  Zimmer- 
schrank gestellt.  Die  etwa  2 mm  hohe  Schicht  war  nach  16  Stunden 
lufttrocken.  Ich  verrieb  noch  einmal  mit  dem  sterilen  Pistill  und 
stellte  die  Schale  wieder  in  den  Schrank.  Es  entwickelten  sich  aus 
der  Probe  von  3 Löffelchen  voll, 

1 Tag  nach  der  Infektion  entnommen,  zahlreiche  Typhuskolonieen, 


7 

Tage 

55 

95 

59 

59 

zahlreiche 

59 

10 

95 

55 

55 

55 

55 

zahlreiche 

59 

16 

55 

59 

95 

55 

9* 

zahlreiche 

55 

22 

55 

99 

59 

55 

55 

mäßig  zahlreiche 

95 

30 

99 

55 

55 

59 

95 

mäßig  zahlreiche 

55 

36 

55 

55 

55 

55 

55 

vereinzelte 

55 

Ebenso  wurde  Straßenkehricht  behandelt.  Es  gelang,  in 
ihm  mit  Bestimmtheit  noch  am  32.  Tage  nach  der  Infektion  Typhus- 
bacillen nachzuweisen,  wenn  schon  in  nur  sparsamer  Anzahl.  Spätere 
Versuche  sind  nicht  angestellt  worden. 

4 Versuche  mit  Kleidungsstoffen. 

Versuche  mit  Kleidungsstoffen  anzustellen,  schien  mir  mit  Rück- 
sicht auf  die  Praxis  sehr  wichtig.  Es  kommt  ja  ungemein  häufig  vor, 
daß  die  Leibwäsche  der  Typhuskranken  mit  den  Entleerungen  der- 
selben besudelt  wird;  und  vielfach  legt  man  solche  Wäsche  ohne  vor- 
herige Desinfektion  weg.  Es  besteht  dann  die  Möglichkeit,  daß  nach 
Trocknung  der  Verunreinigungen  durch  Hantierung  mit  der  Wäsche 
Staub  aufwirbelt  und  Typhusbacillen  in  die  Luft  gelangen,  von  dem- 
jenigen aber,  welcher  mit  der  Wäsche  zu  thun  hat,  direkt  eingeatmet 
werden.  Auch  kommt  es  vor,  daß  andere  Kleidungsstücke,  insbesondere 
Beinkleider,  in  den  ersten  Tagen  der  Krankheit,  wenn  der  Patient 
noch  nicht  bettlägerig  ist,  oder  von  Individuen  mit  ambulantem 
Typhus  durch  eben  entleerte  Faecalmassen  besudelt  werden.  Die 
in  diesen  befindlichen  Krankheitserreger  können,  wenn  sie  nach  der 
Trocknung  am  Leben  bleiben,  beim  Reinigen  der  Stoffe,  insbe- 
sondere beim  Ausklopfen  und  Bürsten,  in  die  Luft  ge- 


138 


I.  Uffelmann 


langen.  Vielleicht  sind  viele  der  Krankheitsfälle  in  der  von  Gel  au 
beschriebenen  Typhusepidemie,  welche  das  2.  hannoversche  Artillerie- 
Regiment  befallen  hatte  und  welche  erst  nach  gründlicher  Des- 
infektion der  Uniformstücke  aufhörte,  durch  Einatmen  des  Staubes 
beim  Reinigen  derselben  entstanden.  (Deutsche  militärärztliche  Zeit- 
schrift. Jahrgang  1887.  Heft  6.) 

Meine  Versuche  stellte  ich  in  folgender  Weise  an : 

Es  wurden  mehrere  Stücke  Leinwand  und  Buckskin  von  je 
etwa  16  qcm  Fläche  in  heißem  Dampfe  sterilisiert,  darauf  getrocknet, 
nunmehr  mit  sterilisierten,  typhösen  Faeces,  denen  die  Typhusbacillen- 
Aufschwemmung  im  Verhältnis  von  1 : 3 Faeces  zugesetzt  worden 
war,  auf  beiden  Flächen  bestrichen  und  dann  in  den  Zimmerschrank 
gelegt.  Als  nach  einigen  Stunden  die  Flächen  völlig  trocken  er- 
schienen, bestrich  ich  sie  noch  einmal  mit  derselben  Masse  und  legte 
sie  dann  wieder  in  den  Schrank.  Aus  der  Leinwand  und  dem  Bucks- 
kin wurden  nun  an  den  nachfolgend  bezeichneten  Tagen  mit  einem 
sterilisierten  Locheisen  Stückchen  von  3 mm  Durchmesser  heraus- 
geschnitten, auf  steriler  Glimmerplatte  fein  zerfasert,  in  Nähr- 
gelatine gebracht,  in  dieser  möglichst  gut  verteilt  und  die  Gelatine 
ausgerollt.  Es  entwickelten  sich  aus  der 


1 Tag  nach  der  Infektion  entnommenen  Leinwandprobe  zahlreiche  Typhuskolonieen, 
4 Tage  „ „ „ „ „ zahlreiche  „ 

8 „ „ „ „ „ „ zahlreiche  „ 

20  „ ,,  ,,  ,,  „ „ ziemlich  zahlreiche  „ 

30  ,,  „ ,,  ,,  ,,  „ ziemlich  zahlreiche  ,, 

60  „ „ „ „ „ „ vereinzelte  „ 

90  „ „ „ „ „ „ keine 


1 Tag  nach  der  Infektion  entnommenen  Buckskinprobe  sehr  zahlreiche  Typhuskolonieen, 


10  Tage 

5» 

zahlreiche 

20 

15 

r> 

zahlreiche 

30 

>1 

» 

zahlreiche 

>> 

60 

wenige 

70 

>> 

wenige 

>> 

80 

>> 

>> 

wenige 

100 

V 

>> 

>> 

» 

keine 

» 

Es  wurden  ferner  ebenso  große  Stücke  Leinwand  und  Buckskin 
mit  nicht  sterilisierten  typhösen  Faeces,  denen  eine 
wässerige  Typhusbacillenaufschwemmung  im  Verhältnis  von  1 : 3 
Faeces  zugesetzt  worden  war,  auf  beiden  Flächen  zweimal  hinter- 
einander bestrichen,  in  den  Schrank  gelegt  und  nach  erfolgter  Trock- 
nung mit  dem  Locheisen  3 mm  im  Durchmesser  große  runde  Stück- 
chen herausgeschnitten,  diese  zerfasert,  in  Methylviolettgelatine 
gebracht,  in  ihr  möglichst  gut  verteilt  und  die  Gelatine  ausgerollt. 
Kolonieen  von  Typhusbacillen  vermochte  ich  in  den  Leinwandproben 
bis  zum  72.  Tage,  in  den  Buckskinproben  bis  zum  85.  Tage  nach- 
zuweisen. 

Ich  habe  auch  ein  Stück  sterilisierten  Buckskins  auf  beiden 
Flächen  mit  dünnen,  typhösen,  sterilisierten  Faeces  bestrichen,  denen 
eine  Bouillonkultur  von  Typhusbacillen  zugesetzt  wurde,  dann  trocknen 
lassen  und  nunmehr  an  einer  Reihe  von  Tagen  mit  sterilen  Fingern 
so  gerieben,  daß  der  niederfallende  Staub  in  ein  mit  nicht  erstarrter 


Versuche  über  die  Widerstandsfähigkeit  der  Typhusbacillen  etc. 


139 


Gelatine  gefülltes  Schälchen  fiel.  Letzteres  wurde  bedeckt  und  bei 
23°  C hingestellt.  Noch  am  16.,  19.  und  40.  Tage  nach  der  In- 
fektion des  Zeuges  enthielt  dasselbe  lebensfähige  Typhusbacillen. 
Denn  es  entwickelten  sich  aus  dem  Staube  in  den  Schalenkulturen 
ziemlich  zahlreiche  Kolonieen,  von  denen  die  meisten  sich  durch  die 
oben  bezeichneten  Proben  als  solche  von  echten  Typhusbacillen  er- 
wiesen. 

Ebenso  wurde  ein  Stück  Leinen  auf  beiden  Flächen  mit  sterili- 
sierten typhösen  Faeces,  denen  eine  Bouillonkultur  von  Typhusbacillen 
zugesetzt  war,  bestrichen,  im  Schranke  getrocknet  und  an  einer  Reihe 
von  Tagen  mit  sterilen  Fingern  über  einem  Schälchen  gerieben, 
welches  nicht  erstarrte  Gelatine  erhielt.  Auch  hier  vermochte  ich 
mit  Bestimmtheit  .festzustellen,  daß  in  dem  durch  Reibung  des  Stoffes 
entstandenen  Staube  noch  am  16.,  19.  und  40.  Tage  nach  der  In- 
fektion lebensfähige  Typhusbacillen  vorhanden  waren.  Spätere  Ver- 
suche sind  nicht  angestellt  worden. 

Endlich  habe  ich  ein  100  qcm  großes  Stück  gröberen  Buckskins 
an  beiden  Flächen  mit  sterilen  typhösen  Faeces  bestrichen,  denen  die 
wässerige  Aufschwemmung  von  Typhusbacillen  zugesetzt  war,  und 
dann  im  Schranke  getrocknet.  Ara  16.  Tage  nach  der  Infektion 
brachte  ich  das  Stück  Buckskin  in  einem  separierten  Zimmer  auf 
einen  Bogen  weißen  Papieres,  fixierte  es  mit  einer  Pincette  und 
und  klopfte  es  stark  mit  einem  eisernen  sterilisierten  Stabe.  Der 
auf  dem  Papiere  sichtbar  werdende  Staub  wurde  mit  angefeuchteter 
Platinöse  möglichst  vollständig  aufgenommen  und  in  Nährgelatine 
verteilt,  diese  aber  ausgerollt.  Es  entwickelten  sich  zahlreiche 
Kolonieen,  welche  zu  etwa  zwei  Dritteilen  als  solche  von  Typhus- 
bacillen sich  erwiesen. 

5.  Versuche  mit  Holz. 

Nach  Abschluß  der  Versuche  mit  den  bisher  genannten  Ma- 
terialien habe  ich  noch  solche  mit  Holz  angestellt.  Es  erschien 
nicht  ohne  Interesse,  zu  ermitteln,  wie  lange  die  in  Faekalmasse  ver- 
teilten Typhusbacillen  sich  lebend  erhalten,  wenn  jene  in  dünner 
Schiebt,  etwa  wie  nach  Besudelung  mit  dünnen  Typhusfaeces,  auf  der 
Oberfläche  von  Holz  antrocknet.  Durch  Abreiben  solcher  trocknen 
Massen  mit  dem  Schuhwerk,  mit  dem  Kehrbesen  u.  s.  w.  können  ja 
die  Erreger  in  die  Luft  gelangen. 

Ich  bestrich  ein  gehobeltes  Tannenholzbrett  an  einer  seiner 
Flächen  mit  sterilisierten  typhösen  Faeces,  denen  auf  3 Teile  1 Teil 
der  wässerigen  Aufschwemmung  von  Typhusbacillen  zugesetzt  worden 
war,  und  legte  es  zum  Trocknen  in  den  Schrank.  Der  Aufstrich  war 
nach  noch  nicht  einer  halben  Stunde  völlig  lufttrocken.  Einen  Tag 
darauf  kratzte  ich  mit  der  Spitze  eines  sterilisierten  Messers  etwas 
von  dem  Aufstrich  ab,  brachte  ihn  in  Nährgelatine,  verteilte  ihn  und 
rollte  aus.  Es  entwickelten  sich  recht  zahlreiche  Kolonieen  von 
Typhusbacillen.  Auch  noch  am  10.,  am  15.,  am  21.,  am  32.  Tage 
nach  der  Infektion  entwickelten  sich  aus  dem  Abgekratzten  Typhus- 
kolonieen,  wenn  schon  in  allmählich  abnehmender  Zahl. 


140  1-  Uffelmann,  Versuche  über  die  Widerstandsfähigkeit  der  Typhusbacillen  etc. 


Also  hielten  sich  die  Typhusbacillen  trotz  Trocknung  lebensfähig 

1)  in  Gartenerde  mit  Bestimmtheit  21  Tage, 

2)  in  weißem  Filtersand  mit  Bestimmtheit  82  Tage, 

3)  in  Kehricht  mehr  als  30  Tage, 

4)  auf  Leinewand  mit  Bestimmtheit  60,  resp.  72  Tage, 

5)  auf  Buckskin  „ „ 80,  „ 85  „ 

6)  auf  Holz  „ „ 32  Tage. 

Dabei  muß  bemerkt  werden,  daß  die  Unter- 
suchungen des  Kehrichts  und  des  Holzes  nicht  bis 
zum  völligen  Verschwinden  der  Typhusbacillen  fort- 
gesetzt sind. 

Selbstverständlich  schließen  die  obigen  Ergebnisse  es  keineswegs 
aus,  daß  diese  Bacillen  unter  anderen  Verhältnissen,  z.  B.  in  dickerer 
Schicht  oder  in  etwas  feuchterer  Luft  der  Trocknung  ausgesetzt, 
noch  länger  am  Leben  bleiben,  als  von  mir  gefunden  wurde. 

Worauf  es  beruht,  daß  in  der  fein  pulverisierten  Gartenerde  die 
Typhusbacillen  um  so  viel  rascher  zu  Grunde  gingen,  als  in  dem 
Filtersande,  kann  ich  nicht  sagen  und  verzichte  auch  darauf,  einen 
Versuch  der  Erklärung  zu  machen.  Ebenso  weiß  ich  nicht,  ob  die 
etwas  längere  Persistenz  auf  Buckskin  gegenüber  der  Leinwand  mehr 
als  zufällig  ist. 

Unter  allen  Umständen  lehren  die  eben  beschriebenen  Experi- 
mente, daß  die  Typhusbacillen  einer  stetigen,  nicht 
durch  Anfeuchtungen  unterbrochenen  Trockn  ung.bei 
Abschluß  des  Sonnenlichts  verhältnismäßig  lange, 
insbesondere  um  Vieles  länger  widerstehen,  als  die 
Cholerabacillen. 

Sie  lehren  aber  auch,  daß  lebensfähige  Typhus;bac5illen 
mit  dem  Staube  des  Bodens,  des  Haus-  und  Straßen- 
kehrichts, der  Kleidungsstoffe,  der  Verunreinigungen 
des  Fußbodens  in  die  Luft  sich  erheben  und  dabei 
Lebensmittel,  wie  Milch,  infizieren  können.  Deshalb 
muß  die  Möglichkeit  einer  Verschleppung  und  Ueber- 
tragung  der  bezeichneten  Krankheitserreger  idurch 
die  Luft  bedingungslos  zugegeben  werden.  Fraglich 
bleibt  nur,  ob  sie,  wenn  eingeatraet,  von  den  Respirationsorganen 
aus,  was  nicht  sehr  wahrscheinlich,  oder  durch  Verschlucken  des 
Mund-  und  Rachenschleimes,  in  welchen  sie  beim  Atmen  gelangten, 
krankmachend  wirken. 

Rostock,  5.  Januar  1894. 


Jakob  Bernheim,  Ueber  Invasion  von  Hautkokken  bei  Ekzem.  141 


Ueber  Invasion  von  Hautkokken  bei  Ekzem. 

[Aus  dem  Züricher  Kinderspital.] 

Von 

Dr.  Jakob  Bernheim. 

(Hierzu  1 Tafel) 

Das  Ekzem  wird  in  den  Lehrbüchern  allgemein  als  eine  unge- 
fährliche Erkrankung  beschrieben.  Kaposi1)  hebt  geradezu  hervor, 
daß  die  Prognose  dieser  Krankheit  insofern  günstig  sei,  als  durch 
sie  niemals  Gefahr  für  das  Leben  drohe.  Im  Widerspruche  zu 
dieser  Lehre  stehen  eine  Anzahl  Beobachtungen,  welche  Professor 
Oscar  Wyß  seit  einer  langen  Reihe  von  Jahren  bei  an  Ekzem  leiden- 
den Kindern  gemacht  hat.  Es  handelte  sich  in  den  betreffenden 
Fällen  immer  um  Säuglinge,  bei  welchen  im  Verlauf  eines  aus- 
gebreiteten Ekzems  entweder  plötzlich  der  Tod  eintrat , ohne  daß 
irgend  ein  schweres  Symptom  einen  so  unglücklichen  Ausgang  vor- 
hersehen ließ , oder  aber  nachdem  kurze  Zeit  schwere  centrale 
Symptome  vorausgegangen  waren.  Ebenso  auffallend  wie  der  plötz- 
liche Exitus  waren  die  stets  geringfügigen  pathologischen  Befunde 
bei  der  Sektion.  Da  während  meiner  Assistentenzeit  wiederum  ein 
solcher  „Ekzemtod“  bei  einem  Säugling  eintrat,  machte  ich  mich 
auf  Veranlassung  des  Herrn  Prof.  Dr.  Wyß  an  die  mikroskopische 
und  bakteriologische  Untersuchung  der  Organe.  Ueber  die  übrigen 
Fälle  soll  in  einer  Dissertation  von  anderer  Seite  berichtet  werden. 
Ara  24.  Februar  1893  wurde  in  das  Züricher  Kinderspital  der  vier 
Monate  alte  Knabe  Ernst  Derrer  wegen  ausgedehnten  Ekzemes 
aufgenommen.  Der  sofort  festgestellte  Status  praesens  konstatiert 
ein  hochgradiges,  nässendes  und  crustöses  Ekzem  der  behaarten 
Kopfhaut,  des  Gesichtes  und  der  Brust,  in  geringerem  Grade  auch 
an  den  obern  Extremitäten.  An  beiden  Händen  finden  sich  große 
Pusteln.  Die  Nackendrüsen  sind  beiderseits  hart  und  geschwollen. 
Im  Harn  schwache,  aber  deutliche  Eiweißreaktion ; außer  Vergrößerung 
der  Milz  ist  an  den  innern  Organen  nichts  Abnormes  zu  finden.  — 
Therapeutisch  wurde  vor  der  Hand  nicht  eingeschritten.  Anam- 
nestisch ist  bemerkenswert,  daß  das  Kind  seit  Dezember  1891 
an  Ekzem  leidet,  welches  sich  trotz  Behandlung  mit  Krüschbädern,  Zink- 
salbe und  Carboiglycerinseife  nicht  besserte.  Seit  der  Geburt  huste 
Patient  etwas;  abends  soll  er  öfters  leicht  fiebern.  Im  übrigen  sei 
das  Kind  immer  munter  gewesen  und  habe  stets  guten  Appetit  ge- 
habt. Auch  im  Spital  trank  der  Knabe  die  ihm  gebotene  Milch 
gerne,  zeigte  in  seinem  Verhalten  überhaupt  nichts  Auffälliges.  Die 
Temperaturmessung  ergab  nur  36,8°  (?).  — Um  so  größer  war  der 
Schrecken  der  Wärterin,  wie  sie  in  der  Nacht  nach  der  Aufnahme 
das  Kind  tot  im  Bette  findet.  — Eine  Erklärung  für  den  plötzlichen 
Todesfall  ließ  sich  nicht  geben;  auch  die  Sektion,  welche  etwa  6 


1)  Kaposi,  Pathologie  und  Therapie  der  Hautkrankheiten.  Wien  und  Leipzig  1887. 


142 


Jakob  Bernheim, 


Stunden  post  mortem  von  Herrn  Prof.  W y ß ausgeführt  wurde , er- 
gab zunächst  keinen  hinreichenden  Aufschluß. 

Sektionsprotokoll. 

Starke  und  sehr  hochgradige  Totenflecke  auf  dem  Rücken  und  den 
abhängenden  Teilen  der  Gliedmaßen;  hochgradige  Blässe  der  übrigen 
Teile,  fehlende  Starre.  Die  ekzematösen  Stellen  erscheinen  blaß,  nur 
am  behaarten  Kopf,  da,  wo  die  Krusten  fehlen,  starke  Füllung  der  Ge- 
fäße. Am  Halse  zeigt  die  Haut  flache,  von  rechts  nach  links  verlaufende, 
streifenförmige  Epidermislücken. 

Die  Gehirnoberfläche  ist  ziemlich  blutreich.  Die  Substanz  der 
Centralorgane  an  der  Basis  ist  derb  und  fest,  im  übrigen  ist  das  Gehirn 
blutreich,  aber  ohne  sonstige,  makroskopische  Veränderung.  An  den 
Hirnhäuten  ebenfalls  nichts  Besonderes.  Muskulatur  an  Brust  und 
Bauch  sehr  schlaff,  mit  einem  Stich  ins  Gelbliche.  Lymphdrüsen  am 
Halse  rechts  geschwellt,  namentlich  in  der  Unterkiefergegend  und  über 
dem  Schlüsselbein.  Unter  der  Pleura  beider  Lungen  zahlreiche,  punkt- 
förmige Ekchymosen.  Die  Pleurahöhlen  leer.  Im  Herzbeutel  2 — 3 
ccm  Serum;  auch  unter  dem  Epikard  finden  sich  einzelne,  kleine  Ekchy- 
mosen. Im  rechten  Herzen  ziemlich  reichliche  Gasblasen.  Das  rechte 
Herz  nicht  ausgedehnt,  schlaff,  enthält  wenig  schaumiges,  flüssiges  Blut; 
auch  der  linke  Ventrikel  ist  schlaff.  Im  rechten  Vorhof  ein  kleines 
Blutgerinnsel.  Das  linke  Herz  ist  leer,  nur  wenig  dunkles  Blut  und  gar 
keine  Gerinnsel  enthaltend,  im  linken  Vorhof  ein  kleines  Gerinnsel.  Die 
Muskulatur  des  linken  Herzens  ist  blaß  mit  deutlichem  Stich  ins  Gelb- 
liche und  trüber,  mattglänzender  Schnittfläche ; noch  blasser  und  mehr 
ins  Gelbliche  spielend  ist  die  Muskulatur  des  rechten  Herzens. 

Die  Mandeln  sind  unverändert,  die  linke  enthält  mehrere  weiße 
punktförmige  Pfropfe.  Speiseröhre  im  oberen  Teile  bläulich,  sonst  un- 
verändert. Untere  Kehldeckelfläche  und  Schleimhaut  über  den  Stimm- 
bändern blutreich,  kleine,  weiße,  punktförmige  Prominenzen  zeigend. 
Namentlich  der  unterste  Teil  der  Luftröhre  und  die  Anfänge  der 
großen  Verzweigungen  sehr  blutreich,  mit  reichlichem,  ziemlich  dünn- 
flüssigem Schleim  belegt ; in  sämtlichen  Bronchien  reichlich  solcher 
Schleim.  Beide  Lungen  blutreich,  überall  lufthaltig,  überall  ausge- 
breitetes,  sehr  starkes  Oedem.  Die  Drüsen  an  der  Teilungsstelle  der 
Luftröhre  sind  etwas  geschwellt,  zeigen  an  der  Oberfläche  weiße,  durch- 
schimmernde Follikel.  Leber  außerordentlich  blaß,  der  linke  Lappen 
vollständig  anämisch,  der  rechte  zeigt  nach  außen  und  hinten  in  geringer 
Zahl  kleine,  punktförmige  Ekchymosen  unter  der  Gl is  so  n’ sehen  Kapsel. 
Auch  die  Schnittfläche  der  Leber  zeigt  sehr  bedeutende  Blässe,  sehr 
stark  verwischte  Läppchenzeichnung,  an  zahlreichen  Stellen  gelbe,  über 
1 qcm  große  Verfärbungen. 

Galle  flüssig,  sparsam.  Die  Thymus  ist  noch  sehr  groß  und  dick, 
auf  der  Schnittfläche  von  normaler  Beschaffenheit.  Milz  ist  sehr  um- 
fangreich; Länge:  8 cm;  Breite:  4 cm;  Dicke:  1 1/2  cm.  Oberfläche 
glatt,  gespannt.  Gewebe  der  Milz  blaß,  sehr  weich,  zeigt  zahlreiche, 
ungleich  große  Follikel,  welche  auf  Druck  eine  weiße,  eiterähnliche 
Flüssigkeit  entleeren.  Magen  von  normaler  Größe,  enthält  reichlichen, 
mindestens  50  ccm,  sauer  reagierenden  Inhalt.  Schleimhaut  blaß,  schlaff, 


Ueber  Invasion  von  Hautkokken  bei  Ekzem. 


143 


makroskopisch  ohne  jede  Veränderung.  Die  M e s e n t er i a 1 d r ü s e n 
auffallend  stark  weiß,  nicht  geschwellt,  schlaff,  enthalten  anscheinend 
viel  Chylus.  Zwölffingerdarm  normal,  blaß;  aus  der  Papille  entleert  sich 
gallig  gefärbter  Schleim.  Schleimhaut  des  Jejunum  und  des  Ile  um 
sehr  blaß,  sonst  nicht  verändert,  nur  selten  gallige  Beimengung.  Nach 
oben,  weniger  nach  unten  Schwellung  der  Pey  er 'sehen  Platten,  sowie 
der  solitären  Follikel.  In  den  untersten  zwei  Dezimetern  des  Dünndarms 
sehr  starke  Schwellung  der  solitären  und  zusammengruppierten  Follikel; 
noch  viel  stärker  ist  die  Schwellung  der  isolierten  Follikel  im  Dick- 
darm,  sowohl  im  Blinddarm,  als  auch  weiter  nach  unten,  namentlich 
im  Colon  transversum  und  desceudens.  Wurmfortsatz  8 cm  lang,  auch 
hier  sehr  starke  Schwellung  der  Follikel  vorhanden.  Würmer  fehlen. 
Bechte  Niere  6,8  cm  lang,  2,5  cm  breit,  1,4  cm  dick.  Keine  Lappung 
an  der  Oberfläche.  Nach  unten  ist  eine  Partie  an  der  Oberfläche  stark 
mit  Blut  überfüllt  und  zeigt  auf  der  Schnittfläche  sehr  starke  Füllung 
der  Gefäße  zwischen  den  Markstrahlen.  Linke  Niere  6,5  cm  lang, 
2,5  cm  breit,  1,7  cm  dick.  Nierenbecken  beiderseits  normal.  Rinden- 
substanz ziemlich  blaß.  Die  Blase  ist  leer,  nur  2 — 3 ccm  trüben, 
blassen  Urins  enthaltend. 

Diagnose:  Akute  Enteritis  im  Dünndarm  und  Dickdarm. 
Milzschwellung.  Parenchymatöse  Leberveränderung. 
Lungenödem. 

Bakteriologische  Untersuchung1). 

1)  Der  Perikardialflüssigkeit. 

Nach  Eröffnung  der  Brusthöhle  wird  mit  einer  Pincette  das 
Perikard  gefaßt,  in  die  Höhe  gezogen  und  hierauf  mit  ausgeglühter 
Schere  ein  Einschnitt  in  die  erhobene  Falte  gemacht.  Mit  der  Pla- 
tinöse wird  sodann  mit  sorgfältiger  Vermeidung  der  Schnittränder 
aus  dem  am  Grunde  des  Herzbeutels  befindlichen  Serum  ein  Tropfen 
auf  einer  schiefen  Agarfläche  verstrichen. 

2)  Der  Hirnventrikelflüssigkeit. 

Nachdem  das  Hirn  aus  der  Schädelhöhle  genommen,  wird  mit 
einem  ausgeglühten  Messer  die  Hirnsubstanz  bis  zur  oberen  Wand 
des  einen  Seitenventrikels  durchgeschnitten  und  hierauf  aus  dem  am 
Bodeu  des  Ventrikels  angesammelten  Liquor  cerebro-spinalis  eine 
Oese  voll  auf  Agar  verstrichen.  Auf  dieselbe  Weise  wird  auch  aus 
dem  N.  Ventrikel  eine  Oese  voll  Liquor  entnommen  und  auf  Agar 
verimpft. 

3)  Des  Blutes. 

Nachdem  die  Herzspitze  mit  einem  glühenden  Platindraht  ver- 
schorft,  wird  mit  ausgeglühtem  Messer  das  Herz  an  dieser  Stelle  er- 
öffnet. Sodann  wird  ein  Tropfen  Blut  mit  der  Platinöse  aus  dem 
Herzen  entnommen  und  auf  Agar  gestrichen. 

4)  Des  Leber  - und  Milzsaftes. 

Verschorfung  der  Oberfläche  und  Einschnitt  mit  ausgeglühtem 
Messer.  Verimpfung  auf  schiefen  Agar. 

Es  werden  mit  jeder  der  untersuchten  Flüssigkeiten  jeweilen 


1)  Dieselbe  wurde  im  Hygienischen  Institute  der  Universität  Zürich  ausgeführt. 


144 


Jakob  Bernheim, 


zwei  Agarröhren  beschickt.  Sämtliche  Röhrchen  bleiben  24  Stunden 
im  Brütschrank  bei  37  0 C.  In  den  mit  Liquor  cerebro-spinalis  und 
Perikardialflüssigkeit  geimpften  Agarröhrchen  schießen  sehr  zahlreiche 
Kolonieen  auf.  Die  mit  Leberblut  geimpften  zeigen  mäßiges  Wachs- 
tum, diejenigen  mit  Herzblut  je  nur  eine  Kolonie,  die  mit  Milzsaft 
bestrichenen  Röhrchen  bleiben  steril. 

Aus  den  gezüchteten  Kulturen  ließen  sich  drei  Bakterienarten 
isolieren:  ein  weißerund  ein  citronengelber  Staphylococcus  und 
ein  Diplococcus.  Sämtliche  drei  Arten  fanden  sich  in  der  Peri- 
kardial- und  Hirnventrikelflüssigkeit;  im  Herzblut  der  weiße,  in  der 
Leber  der  weiße  und  der  gelbe  Staphylococcus. 

A.  Der  weiße  Coccus  kennzeichnete  sich  durch  sein  Wachs- 
tum auf  Gelatine,  Agar,  Bouillon  und  Kartoffel,  sowie  durch  seine 
morphologischen  Eigenschaften  und  sein  Verhalten  zu  Anilinfarben  als 
Staphylococcus  pyogenes  albus.  Seine  Pathogenität  wurde 
an  Mäusen  und  Kaninchenhornhäuten  geprüft.  Zwei  mit  je  1/2  ccbm 
trüber  Bouillonaufschwemmung  einer  4 Tage  und  einer  8 Tage  alten 
Agarstrichkultur  geimpfte  weiße  Mäuse  blieben  am  Leben  und  zeigten 
keine  krankhaften  Erscheinungen.  Dagegen  entstand  an  zwei  Kanin- 
chenhornhäuten, in  welche  je  eine  kleine  Menge  einer  7 Tage  alten 
Agarstrichkultur  gebracht  wurde,  eine  schwere  Keratitis  mit  Ausgang 
in  Ulcus  corneae  und  Hypopyon. 

B.  Der  citronengelbe  Coccus. 

Wachstum  im  Gelatinestich. 

Nach  24  Stunden  finden  sich  feine  grauweiße  Punkte  längs 
des  ganzen  Impfstiches.  Vom  zweiten  Tage  an  beginnt  sich  die 
Gelatine  von  der  Oberfläche  her  trichterförmig  zu  verflüssigen.  Die 
Verflüssigung  schreitet  rascher  in  die  Tiefe,  als  in  die  Breite 
fort.  Die  verflüssigte  Gelatine  ist  dicht  wolkig  getrübt,  am  Boden 
des  Trichters  gelbweißer  Satz.  Nach  5 — 6 Tagen  nimmt  der  Ver- 
flüssigungstrichter die  ganze  Länge  des  Impfstiches  ein.  Nach 
10  Tagen  ist  die  Gelatine  in  4/5  ihrer  Länge  durch  die  ganze  Breite 
des  Reagenzglases  verflüssigt.  Auf  der  Oberfläche  schwimmt  eine 
dünne,  gelbe  Haut. 

Wachstum  auf  der  Gelatineplatte. 

Nach  24  Stunden  zeigen  sich  feine  weiße  Pünktchen,  die  unter 
dem  Mikroskope  sich  darstellen  als  gelbe,  granulierte,  scharf  kreis- 
förmig begrenzte  Scheiben  mit  etwas  dunklerem  Centrum.  In  den 
nächsten  Tagen  wird  die  Gelatine  flach  trichterförmig  verflüssigt,  am 
Boden  des  Trichters  liegt  als  gelber  Punkt  die  Kolonie. 

Wachstum  auf  Agar  (Strichkultur). 

Am  zweiten  Tage  findet  sich  längs  des  Impfstriches  ein  opak- 
graues, feucht  glänzendes  Band,  welches  den  Impfstrich  1 — 2 mm 
überschreitet.  Nach  einigen  Tagen  sind  die  medianen  Partieeu  gelb 
gefärbt,  die  periphere  Zone  bleibt  grau. 

Die  Bouillon  ist  nach  24  Stunden  dicht  grauweiß  getrübt. 
Am  Boden  des  Reagenzglases  weißer  Satz,  der  später  gelbliche  Farbe 
annimmt. 

Auf  der  Kartoffel  entsteht  eine  schmutziggelbe,  dünne,  glän- 


Ueber  Invasion  von  Hautkokken  bei  Ekzem. 


145 


zende  Auflagerung,  die  nach  und  nach  saftiger  und  citronengelb 
wird. 

Pathogenität.  Der  Coccus  ist  für  Mäuse  nicht  pathogen. 
Auf  2 Kaninchenhornhäuten  verursacht  eine  5 Tage  alte  Agarstrich- 
kultur eine  Pustel  ohne  Hypopyon. 

Größe:  0,7— 0,9  /x. 

Die  meist  in  Haufen  gelagerten  Kokken  färben  sich  nach  Gram 
und  mit  Fuchsin. 

Diagnose:  Sta  phylococcus  pyogenes  citreus  (?). 

C.  Der  Diplococcus  entspricht  dem  von  Unna  und  Tom- 
masoli1)  beschriebenen  Diplococcus  albicans  tardus. 

Wachstum  im  Gelatinestich. 

Nach  2 Tagen  zeigen  sich  längs  des  ganzen  Impfstiches  feine 
grauweiße  Punkte.  Vom  5. — 6.  Tage  an  bemerkt  man  an  der  Ober- 
fläche eine  punktförmige  Auflagerung,  die  nach  weiteren  2 — 3 Tagen 
etwa  2 mm  im  Durchmesser  mißt,  sehr  dünn  ist  und  leicht  gezackten 
Rand  und  glänzende  Oberfläche  zeigt.  Der  Rasen  vergrößert  sich 
in  der  Folge  nur  noch  wenig,  die  Gelatine  wird  nicht  verflüssigt. 

Wachstum  auf  der  Gelatineplatte. 

Nach  2 — 3 Tagen  bemerkt  man  feinste  graue  Pünktchen  in  der 
Gelatine,  welche  in  den  nächsten  Tagen  etwas  größer  werden,  wobei 
diejenigen  an  der  Oberfläche  graue,  glänzende  Tröpfchen  darstellen; 
diejenigen  in  der  Tiefe  erscheinen  als  graugelbe  Punkte.  Unter  dem 
Mikroskope  bilden  die  kleinsten  Kolonieen  grünliche,  runde  Scheiben ; 
die  größeren  sind  granuliert,  scharfrandig,  dunkelgelb,  in  der  Peri- 
pherie etwas  heller,  als  im  Centrum.  Die  Kolonieen  an  der  Ober- 
fläche sind  grau  und  zeigen  erhabenes  Centrum. 

Wachstum  auf  Agar  (Strichkultur). 

Nach  24  Stunden  findet  man  längs  des  Impfstriches  eine  durch- 
scheinende, grauweiße,  glänzende  Auflagerung,  welche  den  Impfstrich 
nur  um  1/2  mm  überschreitet.  Nach  einigen  Tagen  sind  die  medianen 
Partieen  weißgrau  gefärbt  und  etwas  prominenter,  als  die  peripheren, 
welche  durchscheinend , opakgrau  bleiben.  Die  Ränder  der  Auf- 
lagerung sind  gekerbt. 

Die  Bouillon  ist  nach  24  Stunden  stark  getrübt  und  zeigt  am 
Boden  des  Reagenzglases  grauweißen  Satz. 

Auf  der  Kartoffel  entsteht  eine  dünne  graue,  feuchtglänzende 
Auflagerung. 

Pathogenität.  Eine  mit  x/2  ccm  Bouillonaufschwemmung 
einer  9 Tage  alten  Agarstrichkultur  infizierte  Maus  stirbt  1 J/2  Tage 
nach  der  Infektion.  Eine  zweite  Maus,  mit  derselben  Menge  einer 
10  Tage  alten  Kultur  geimpft,  stirbt  nach  2 Tagen.  Beide  Tiere 
zeigen  im  Leber-  und  Herzblute  nicht  zahlreiche  (5 — 7 auf  1 Oese) 
Kolonieen  des  Diplococcus. 

Die  Größe  der  Kokken  schwankt  von  0,7 — 0,9  /x.  Sie  sind 
meist  als  Diplokokken,  häufig  in  kurzen  Ketten  gelagert  und  färben 
sich  mit  Fuchsin  und  nach  der  Gram’schen  Methode. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  der  Organe  erfolgte 


1)  Eisenberg,  Bakteriologische  Diagnostik.  Hamburg  n.  Leipzig  (Voß)  1891. 


146 


Jakob  Bernheim, 


nach  Fixierung  in  4-proz.  Sublimatlösung,  Härtung  in  absolutem 
Alkohol,  Einbettung  in  Celloidin.  Die  Schnitte  wurden  teils  mit 
Hämatoxylin  und  Eosin,  teils  mit  Eosin  und  Loef  fler’schem 
Methylenblau  gefärbt.  Bei  letzterer  Methode  wurde  mit  Essigsäure- 
wasser (1 — 2 Tropfen  Essigsäure  auf  etwa  10  ccm  destilliertes  Wasser) 
entfärbt. 

In  einer  Anzahl  von  Schnitten  der  Lunge  fällt  die  starke 
Füllung  der  Kapillaren  auf.  In  denselben  findet  man  verhältnismäßig 
häufig  eosinophile  Leukocyten.  Um  einzelne  der  kleineren  Arterien 
sind  Anhäufungen  von  Rundzellen  zu  treffen.  Trotzdem  bei  der 
Sektion  die  Lungen  überall  lufthaltig  erschienen,  zeigen  sich  in 
den  erwähnten  Präparaten  deutliche  pneumonische  Herde.  Die 
Alveolen  sind  mit  zelligem  und  fibrinösem  Inhalte  zum  größten  Teile 
erfüllt.  Die  Zellen  sind  meist  abgestoßene  Alveolarepithelien,  teils 
mit  homogenem,  teils  mit  körnigem  Plasma.  Die  Kerne  lassen  sich 
nicht  in  allen  diesen  Zellen  mehr  färben.  Rundzellen  sind  nur 
wenige  in  den  Alveolen  vorhanden,  noch  seltener  trifft  man  rote 
Blutkörperchen  an.  Durch  die  Färbung  mit  Eosin  und  Methylenblau 
lassen  sich  sowohl  in  den  Alveolen,  wie  auch  im  interstitiellen  Binde- 
gewebe Diplokokken  nach  weisen,  die  bald  in  kurzen  Ketten,  bald 
in  Haufen  angeordnet  sind.  Daneben  finden  sich  noch  größere, 
schwächer  färbbare  Diplokokken,  die  häufig  Degenerationsformen 
zeigen.  Beide  Arten  von  Diplokokken  besitzen  keine  sichtbare 
Kapsel.  In  den  Blutgefäßen  sind  nirgends  Bakterien  zu  finden. 

In  der  Milz  sind  nirgends  Kokken  zu  finden,  entsprechend  dem 
bakteriologischen  Befunde. 

Die  Leberzellen  zeigen  stellenweise  trübe  Schwellung  und 
fettige  Degeneration.  Mikroorganismen  ließen  sich  auf  einer  größeren 
Anzahl  von  Schnitten  nicht  finden. 

In  der  Niere  fällt  an  einzelnen  Stellen  starke  Hyperämie  der 
Gefäße  zwischen  Mark  und  Rinde  auf,  sowie  der  von  ihnen  ab- 
zweigenden Arteriae  und  Venae  interlobulares  mit  dem  um  die 
gewundenen  Harnkanälchen  gelegenen  Kapillarnetze.  Die  Gefäße  der 
entsprechenden  Glomeruli  sind  im  Gegensätze  hierzu  nur  selten  stark 
mit  Blut  gefüllt.  Die  Harnkanälchenepithelien  der  hyperämischen 
Partieen  sind  zum  Teil  trüb  geschwellt  mit  nur  schwach  sich  färben- 
dem Kerne,  teils  nekrotisch.  In  einzelnen  der  Glomeruli  liegen 
zwischen  Gefäßschlingen  und  Kapselwand  geringe  Mengen  eines 
körnigen,  mit  Eosin  sich  färbenden  Exsudates.  Endlich  fallen  nament- 
lich in  den  mit  Hämatoxylin,  weniger  in  den  mit  Methylenblau 
gefärbten  Schnitten  sich  teils  sehr  intensiv,  teils  weniger  stark 
färbende,  runde  und  ovale  Körner  auf,  welche  verschiedene  Größe 
zeigen  (etwa  0,5 — 1,0  /<)  und  welche  sicher  keine  Kokken  sind.  Sie 
liegen  am  häufigsten  in  den  Kapillaren  der  gewundenen  Harnkanäl- 
chen, seltener  in  den  Glomerulusschlingen,  ganz  vereinzelt  in  den 
Harnkanälchen.  Manchmal  scheinen  sie  den  Nierenepithelien  auf- 
zuliegen, nie  sind  sie  jedoch  im  Innern  derselben. 

In  den  Dünndarmschnitten  ist  bemerkenswert  die  Größe 
und  der  außerordentliche  Zellreichtum  der  Follikel.  Ferner  finden 
sich  an  einzelnen  Stellen  Rundzellenanhäufuugeu  im  submucösen  Ge- 


Ueber  Invasion  von  Hautkokken  bei  Ekzem. 


147 


webe  und  circumscripte  Nekrosen  der  Mucosa,  an  welchen  sowohl 
die  Lieberkühn’schen  Drüsen  als  auch  dasinterglanduläre  Gewebe 
beteiligt  sind.  In  den  nekrotischen  Partieen  finden  sich  feine,  oft 
als  Diplobakterien  gelagerte  Stäbchen,  seltener  Diplokokken  und  dicke 
Stäbchen  angesiedelt.  Auch  imDickdarm  zeigen  sich  die  Follikel 
vergrößert  und  sehr  zellreich.  Desgleichen  findet  man  umschriebene 
Nekrosen  der  Mucosa,  in  welchen  ebenfalls  Bacillen,  jedoch  plumpere 
Stäbchen  als  im  Dünndarm  liegen.  — 

Daß  bei  Ekzem,  wo  an  vielen  Stellen  die  Haut  der  schützenden 
Epitheldecke  beraubt  ist,  Mikroorganismen  in  den  Körper  eindringen 
können,  ist  leicht  verständlich  und  gewiß  auch  nicht  zu  selten  der 
Fall.  Allerdings  ist  darüber  noch  sehr  wenig  bekannt  geworden. 
Ich  habe  in  der  Litteratur  nur  einen  Fall  ausfindig  machen  können, 
— der  von  Elsenberg1)  beschrieben  worden  ist,  — wo  das  Ein- 
dringen von  Staphylokokken  bei  Ekzem  wahrscheinlich  gemacht  wird. 
Es  handelte  sich  um  einen  30-jährigen  Mann,  der  infolge  einer 
Schmierkur  einen  nässenden  und  pustulösen  Ausschlag  am  Bauch 
bekam,  welcher  sich  auch  auf  Oberschenkel,  Penis,  Scrotum,  Glu- 
täen  und  Lendengegeud  erstreckte.  Die  Inguinaldrüsen  sind  stark 
vergrößert.  Temperaturen  bis  40,5°.  Kein  Husten.  Milz  vergrößert. 
Bevor  Heilung  eingetreten,  Kollaps  und  Exitus.  Die  Sektion  er- 
giebt  in  der  rechten  Pleurahöhle  100  g eitriges  Exsudat.  Pleura 
costalis  et  pulmonalis  verdickt , stark  hyperämisch , mit  viel  kleinen 
Hämorrhagieen.  Der  rechte  Lappen  oben  emphysematos,  unten  zu- 
sammeugedrückt,  mit  Knötchen.  Trachea  und  Bronchien  hyperä- 
misch. Linke  Lunge  emphysematos,  hinten  ödematös.  Im  Perikard 
20  g Serum.  Herz  schlaff,  leicht  zerreißbar.  Milz  groß,  weich. 
Leber-  und  Nierenschnitte  zeigen  trübe  Schwellung.  In  den  Organen 
keine  Parasiten,  dagegen  in  den  Knötchen  und  im  Pleuraexsudat 
viele  Kokken,  welche  sich  alsStaphylococcus  albus  charakteri- 
sieren. Ob  diese  von  der  Haut  stammen,  und  die  Luugenveränderungen 
uüd  das  Pleuraexsudat  somit  eine  Folge  des  Ekzems  sind,  hat  Elsen- 
berg  jedoch  nicht  bewiesen. 

Daß  in  unserem  Falle  die  Mikroorganismen  von  der  Haut  her- 
stammen, dafür  spricht  der  Umstand,  daß  die  eine  der  drei  Bakterien- 
arten bis  jetzt  nur  als  Bewohner  der  menschlichen  Haut  gefunden 
wurde.  Daß  sie  aber  auch  wirklich  von  der  Haut  aus  einge- 
drungen sind,  ist  damit  noch  nicht  bewiesen.  Es  könnte  immer- 
hin der  Einwurf  gemacht  werden,  daß  eine  Verunreinigung  beim  Ab- 
impfen nicht  ausgeschlossen  ist.  Einen  schwerwiegenden  Beleg  für 
die  Kokkeninvasion  von  der  Haut  her  liefern  nun  aber  Schnitte  der 
ekzematös  erkrankten  Hautpartieen , von  denen  ich  drei  Stellen 
abgebildet  habe  (Fig.  1,  2 und  3).  Fig.  1 stellt  ein  durch  das 
Ekzem  hochgradig  verändertes  Stück  der  Epidermis  dar.  Das 

Epithel  fehlt  bei  c völlig,  so  daß  das  Corium  frei  zu  Tage  liegt. 
Die  Ränder  der  noch  erhaltenen  Epithelpartieen  sind  unregelmäßig 


1)  Elsenberg,  Ueber  einen  Fall  von  Ekzema  madidans  compliciert  mit  sep- 
tischer Infektion.  (Vierteljahrsschr.  f.  Derm.  u.  Syph.  S.  383.  1888.  Citiert  nach  den 
Jahresberichten  von  Virchow  und  Hirsch.) 


148 


Jakob  Bernbeim, 


gebuchtet,  wie  ausgefressen;  einzelne  Epithelien  und  kleine  Epithel- 
zellengruppen sind  vollständig  vom  Mutterboden  getrennt,  andere 
hängen  nur  noch  durch  eine  dünne  Brücke  mit  ihm  zusammen. 
Durch  diese  Lücke  im  Epithel  dringen  Züge  von  Kokken  und  Diplo- 
kokken weit  in  das  Stratum  papillare  des  Corium  ein.  — In  Fig.  2 
wandern  die  Mikroorganismen  durch  eine  schmale,  spaltenförmige  Oeff- 
nung  des  Epithels  in  eine  der  Epidermisdecke  beraubte  Papille  ein. 
Das  Epithellager  selbst  vermochten  die  Kokken  nicht  zu  durch- 
wachsen. Wo  sie  im  Corium  zu  finden  sind,  läßt  sich  immer  ihr 
Eindringen  durch  eine  Epithellücke  konstatieren.  Ist  die  Epidermis 
unversehrt,  so  beobachtet  man  Mikroorganismen  nur  auf  der  Ober- 
fläche und  in  den  obersten  Lagen  der  Epithelzellen  (Fig.  1 f). 

Ob  die  erwähnten  Spaltpilze,  namentlich  der  Diplococcus 
albicans  tardus  die  Zerstörung  des  Epithels,  ob  sie  den  ekze- 
matösen Prozeß  verursachen,  kann  diese  vereinzelte  Untersuchung 
nicht  entscheiden.  Für  mich  ist  es  vorläufig  wahrscheinlicher,  daß 
die  betreffenden  Organismen  erst  dann  in  die  Tiefe  einzudringen  und 
sich  zu  entwickeln  vermögen,  wenn  durch  den  spezifischen,  ekzema- 
tösen Prozeß  das  Epithel  mehr  oder  weniger  verändert  worden  ist. 
Beide  Faktoren  zusammen  führen  dann  vielleicht  erst  zu  den  hoch- 
gradigen Erkrankungen  der  Haut,  wie  sie  in  Fig.  1 abgebildet,  und 
wie  sie  namentlich  beim  Ekzema  pustulosum  und  madidans  zu  be- 
obachten sind. 

Vom  Papillarkörper  aus  dringen  die  Kokken  weiter  in  die  Tiefe. 
So  findet  man  in  dem  Zellgewebe,  welches  zwischen  und  unterhalb 
den  Fettträubchen  des  Stratum  subcutaneum  der  Cutis  liegt,  die 
Mikroorganismen  wieder;  hier  überwiegen  die  Diplokokken.  Endlich 
sieht  man  einzelne  Lymphgefäße  ( b ) dicht  mit  Kokkenhaufeu  erfüllt 
(Fig.  3),  so  daß  sich  nun  der  Weg  überblicken  läßt,  auf  welchem  die 
Mikroben  in  den  Körper  eingedrungen  sind.  — Von  den  Lymph- 
gefäßen der  Haut  wurden  sie  sodann,  ohne  von  den  Lymphdrüsen 
aufgehalten  zu  werden,  in  den  Lymphkreislauf  geschwemmt,  in  wel- 
chem sie  durch  die  bakteriologische  Untersuchung  konstatiert  worden 
sind.  In  das  Blut  können  die  Spaltpilze  entweder  von  diesem  aus 
gelangen  oder  sie  dringen  direkt  in  die  Blutgefäße  der  Haut,  welche 
beim  Ekzem  ja  häufig  genug  lädiert  werden.  Intra  vitam  habe  ich 
leider  das  Blut  nicht  mehr  bakteriologisch  untersuchen  können,  da 
der  betreffende  Patient  eben  zu  bald  nach  seiner  Aufnahme  schon 
verstarb.  Dagegen  gelang  es  mir  bei  einem  1 1 /2  Jahre  alten  Knaben, 
welcher  an  ausgedehntem,  nässendem  und  krustösem  Ekzem  mit  Al- 
buminurie litt,  während  einer  Fieberattaque  im  Blute  den  Staphylo- 
coccus  pyogenes  aureus  nacbzuweisen.  Die  betreffenden  Sta- 
phylokokken waren  sehr  virulent;  eine  kleine  Menge,  in  die  Kanin- 
chenhornhaut gebracht,  führte  zu  einer  großen  Hornhautpustel  mit 
starkem  Oedem  der  Lider  und  der  Konjunktiven.  Der  Knabe  erholte 
sich  wieder.  Nach  Ablauf  des  Fiebers  wurden  bei  einer  zweiten  Ab- 
impfung keine  Mikroorganismen  mehr  gefunden.  Dieser  Nachweis  ge- 
lingt jedoch  nicht  immer.  Bei  zwei  anderen  Fällen  von  Ekzem,  welche 
allerdings  nicht  so  hochgradig  waren  und  beide  ebenfalls  zur  Heilung 


Ueber  Invasion  von  Hautkokken  bei  Ekzem. 


149 


gelangten,  konnte  ich  während  solcher  Fieberanfälle  keine  Mikroben 
im  Blute  finden. 

Eine  weitere  Aufklärung  haben  subkutane  Impfungen  mit  den 
drei  beschriebenen  Bakterienarten  an  weißen  Mäusen  ergeben.  Der 
Staphylococcus  albus  und  citreus  riefen,  in  Bouillonauf- 
schwemmung unter  die  Rückenhaut  eingeimpft,  keine  sichtbare  Re- 
aktion hervor.  Die  mit  dem  Diplococcus  albicans  tardus 
infizierten  Mäuse  starben  nach  VU  und  2 Tagen,  wobei  in  der  Leber 
und  im  Herzblut  die  Diplokokkeu  in  geringer  Anzahl  durch  die  bak- 
teriologische Untersuchung  nachweisbar  waren.  Mikroskopisch  konnten 
sie  in  den  Organeu,  außer  in  der  Leber,  nicht  konstatiert  werden. 
Histologisch  waren  bemerkenswert  die  starke  Hyperämie  der  Leber 
und  vereinzelte  Harucylinder  und  Nekrosen  der  Harnepithelien  in  den 
Nieren.  — Wurden  nun  mit  Aufschwemmungen  sämtlicher  drei  Arten 
Mäuse  infiziert  — der  Versuch  wurde  zweimal  wiederholt  — so 
starben  die  Tiere  schon  nach  10  und  16  Stunden.  Dabei  konnte  im 
Herz-  und  im  Leberblut  bakteriologisch  neben  dem  Diplococcus 
nun  auch  der  Staph.  pyog.  alb.  in  größerer  Menge  nachgewiesen 
werden.  Mikroskopisch  fanden  sich  in  den  Capillaren  der  Leber  und 
Milz  vereinzelte  Kokken  und  Diplokokken.  Histologisch  konnte,  außer 
starker  Hyperämie  in  der  Leber,  nichts  Besonderes  konstatiert  werden. 
Durch  diese  Versuche  wird  es  also  sehr  wahrscheinlich,  daß  bei  un- 
serem Patienten  wohl  auch  die  gemeinsame,  vielleicht  gleichzeitige 
Infektion  mit  den  drei  Kokkenarten  von  besonderer  Bedeutung  für 
den  bösartigen  Verlauf  war.  Es  erinnert  derselbe  an  gewisse  Fälle 
von  foudroyanter  septischer  Intoxikation,  bei  welchen  es  ebenfalls 
nicht  zu  sehr  auffallenden  anatomischen  Veränderungen  der  Organe 
kommt.  Auch  in  unserem  Falle  wird  wohl  die  Intoxikation  mit  den 
Stoffwechselprodukten  der  in  den  Körper  eingedrungenen  Mikroben 
eine  Rolle  gespielt  haben.  Dafür  sprechen  namentlich  die  Befunde 
an  Leber  und  Milz.  Trotzdem  die  Leber  (vgl.  Sektion)  ziemlich  aus- 
gedehnte, wenn  auch  nicht  hochgradige  Verfettung  zeigte,  fanden 
sich  nur  wenige  Spaltpilze.  Auch  der  Milztumor,  in  welchem  weder 
bakteriologisch  noch  mikroskopisch  Kokken  gefunden  werden  konnten, 
ist  wohl  eine  Folge  der  Intoxikation,  ebenso  wie  die  Veränderungen 
des  Herzmuskels  — leider  wurde  derselbe  mikroskopisch  nicht  unter- 
sucht — welche  letztere  wohl  als  die  unmittelbare  Ursache  des  plötz- 
lichen Kollapses  angesehen  werden  müssen.  Ob  die  im  interstitiellen 
Gewebe  und  in  den  Alveolen  der  Lunge  mikroskopisch  nachgewiesenen 
kleineren  Diplokokken  mit  dem  Diplococcus  albicans  identisch 
sind,  bleibt  dahingestellt,  da  versäumt  wurde,  die  Lunge  bakterio- 
logisch zu  untersuchen. 

Therapeutisch  ist  in  Anbetracht  solcher  Kokkeninvasionen 
anzuraten,  namentlich  bei  nässenden  Ekzemen  vor  der  Salbenbehand- 
lung leichte  Antiseptica  (z.  B.  2 °/0  Borsäureumschläge)  zu  verordnen. 

Zürich,  4.  XII.  1893. 


Bd.  XV. 


10 


150 


D.  S&bolotny, 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Fig.  1.  a Epithel,  b Corium , c Lücke  in  der  Epidermis,  d Mastzellen,  e vom. 
Mutterboden  abgelöste  Epithelien , / in  das  Epithel  eingedrungeue  Kokken,  g Binde- 
gewebs- nnd  Rundzellen. 

Fig.  2 stellt  ein  Stadium  dar,  wo  die  durch  das  Ekzem  zerstörte  Epidermis  sich 
zum  größten  Teil  wieder  regeneriert  hat.  Es  führt  nur  noch  eine  schmale  Spalte  (e) 
in  das  Corium. 

Fig.  3.  Aus  dem  Unterhautzellgewebe.  e mit  Kokken  dicht  erfülltes  Lymph- 
gefäß, h Kokken  in  den  Bindegewebsmaschen. 


Infektions-  und  Immunisierungsversuche  am  Ziesel 
(Spermophilus  guttatus)  gegen  den  Choleravibrio. 

[Aus  der  bakteriologischen  Station  in  Odessa.] 
Vorläufige  Mitteilung. 

Von 

D.  Sabolotny. 

Wenn  es  den  Erreger  von  irgend  einer  Krankheit  zu  finden  und 
in  reiner  Kultur  zu  erhalten  gelingt,  versucht  man  gewöhnlich,  ihn 
auf  Tiere  zu  übertragen,  um  ein  ähnliches  Bild  der  Erkrankung  zu 
erhalten.  Dasselbe  ist  auch  mit  dem  Choleravibrio  geschehen. 
Nachdem  Robert  Koch  ihn  in  Reinkultur  erhalten  hatte,  versuchte 
er,  denselben  Tieren  einzuimpfen  behufs  Erzielung  einer  cholera- 
ähnlichen Erkrankung.  Nachdem  R.  Koch  an  vielen  verschiedenen 
Tieren  Versuche  gemacht  hatte,  kam  er  zu  dem  Schlüsse,  daß,  obwohl 
der  Choleravibrio  bei  unmittelbarer  Impfung  für  Tiere  sehr  giftig 
sei,  eine  Ansteckung  per  os,  wie  beim  Menschen,  nur  nach  einer 
vorhergehenden  Soda-Opiumbehandlung  gelinge. 

Später  beschäftigten  sich  viele  Forscher  mit  der  Frage  über  die 
Ansteckung  von  Tieren  mit  dem  Choleravibrio  (Nicati  und 
Rietsch,  van  Ermenghem),  indem  sie  allein  die  Impfungs- 
methoden sehr  verschiedenartig  gestalteten.  Nicati  und  Rietsch 
eröflneten  die  Bauchhöhle  und  spritzten  eine  kleine  Menge  der  Kultur 
ins  Duodenum.  Andere  versuchten  die  Tiere  unter  die  Haut,  ins 
Peritoneum,  ins  Blut  zu  impfen. 

Am  prägnantesten  erwies  sich  das  klinische  Bild  bei  dem  Hunde 
(Gamal eia)  Bei  anderen  Tieren  tritt  gewöhnlich  irgend  eins  von 
den  folgenden  Symptomen  auf:  Beim  Kaninchen  beobachtet  man 
eine  charakteristische  Diarrhöe;  beim  Meerschweinchen  Krämpfe 
und  ein  charakteristisches  Sinken  der  Temperatur;  bei  Hunden 
erschienen  Erbrechen,  Diarrhöe,  Krämpfe,  Temperatursinken,  Erkalten 
der  Extremitäten,  Cyanose. 

Bei  Infektion  per  os  muß  man  eine  beträchtliche  Menge  der 
Kultur  einführen,  um  dieses  Bild  zu  erhalten;  für  Meerschweinchen 
z.  B.  3 — 5 ccm  der  eintägigen  Bouillonkultur  (Pfeiffer,  Wasser- 
mann, Klemperer,  Sobernheim  u.  a.).  So  stand  die  Frage, 
als  ich  meine  Untersuchungen  anstellte,  welche  in  dem  bakterio- 
logischen Institut  zu  Odessa  ausgeführt  wurden.  Dem 
Direktor  des  Institutes,  Herrn  Dr.  P.  N.  Diatroptoff,  sowie  dem 


wm,  v 

f 

/ ' * ’T'.  '*  9 


*'•  /* 


Centmlbl  f.  Baktenol  u Parasiterik  Bd  X\ T. 
Figl. 

•C 


Tafl. 


Fig.2. 

o< 


• 'S 


Fig.3. 


•M 


Bemheim  del 


Verl. v Gustav  Fischer,  Jena. 


Lith  Anst.v.A.Giltsch,  Jena 


Infektions-  und  Immunisierungsversuche  am  Ziesel  gegen  Choleravibrio.  J51 


Vorstände  des  Institutes  für  allgemeine  Pathologie  zu  Kiew,  Herrn 
Prof.  W.  W.  Podwyssozky,  sage  ich  meinen  verbindlichsten  Dank 
für  die  Anregung  zur  Arbeit,  sowie  für  gütige  Anweisung  und  Beihilfe. 

I.  Infektionsversuche. 

In  Südrußland  kommt  in  großer  Menge  ein  Tier  vor  aus  der 
Ordnung  der  Nagetiere,  Spermophilus  guttatus  (Zieselmaus, 
Süslik).  Dieses  Tier  ist  sehr  empfindlich  gegen  viele  Infektions- 
krankheiten, wie  Hühnercholera  (Metschnikoff,  Gamalei'a), 
Rotz  (Metschnikoff,  Kranzfeld),  Vibrio  Metschnikowi 
(Palmirsky),  Tuberkulose  (Metschnikoff).  Auch  wurde  die 
Infektion  mit  Hühnercholera  und  Vibrio  Metschnikowi  zur 
Vernichtung  — nach  Pasteur’s  Methode  — dieser  für  Getreide- 
felder so  schädlichen  Tierspecies  vorgeschlagen;  zu  dem  Bacillus 
typhi  murium  sind  Spermophilen  wenig  empfindlich  (Diatrop- 
toff).  Deshalb  war  die  Uebertragung  des  Choleravibrio  auf 
dieses  Tier  sehr  interessant. 

Die  Resultate  meiner  mehr  als  80  Versuche  an  diesem  Tiere 
sind  folgende:  Bei  den  Versuchen  benutzte  ich  hauptsächlich  dieselbe 
Kultur,  mit  welcher  ich  zusammen  mit  Herrn  Dr.  J.  Sawtschenko 
im  Institute  von  Prof.  Podwyssozky  gearbeitet  hatte  und  welche 
von  ihm  ausführlicher  beschrieben  worden  ist1). 

Um  die  minimale  tötliche  Dose  festzustellen,  wurden  einigen  Paaren 
Spermophilen  ins  Peritoneum  verschiedene  Mengen  einer  eintägigen 
Peptonbouillonkultur  von  V2  bis  1/20  ccm  geimpft.  Alle  Tiere,  welchen 
0,5  — 0,2 — 0,1  ccm  geimpft  wurde,  starben  im  Laufe  eines  Tages 
(12 — 18  Stunden);  diejenigen  aber,  welche  3/20  ccm  erhalten  hatten, 
blieben  lebendig.  Auf  diese  Weise  erwies  sich  als  die  kleinste 
absolut  tötliche  Dose  für  Spermophilen  bei  der  intraperitonealen 
Impfung  0,1— 0,2  ccm  einer  eintägigen,  bei  37°  C erwachsenen  Kultur. 
Zur  Erläuterung  bringe  ich  einen  Auszug  aus  dem  Protokolle  bei : 


Tabelle  I. 


Dosis 

Infektion 

Erfolg 

Bemerkungen 

24.  VI. 
1 

2 

3 

4 

5 

6 

*/2  ccm  eintäg, 
Bouillonkultur 

» 

0,2 

7,o 

n 

intraperiton.  i 

1 

i» 

*> 

subkutan 

} f nach  10  — 12 
[ Stunden 

1 t nach  12 — 18 
j Stunden 

\ blieben  leben- 

J dig 

Vibrionen  im  Blute 

»> 

j» 

27.  VII. 

7 

8 

0,2 

0,1 

intraperiton. 

” 

1 innerhalb  24 
J Stunden 

Vibrionen  im  Blute 

” 

1)  J.  Sawtschenko  und  D.  Sabolotny,  Versuch  einer  Immunisation  des 
Menschen  gegen  Cholera.  (Wratsch.  1893.  No.  20,  21.  — Centralbl.  f.  allg.  Path.  und 
path.  Anatomie.  Bd.  IV.) 


10* 


152 


D.  Sabolotny, 


Dosis 

Infektion 

Erfolg 

Bemerkungen 

25.  VIII. 
1 

0,5  ccm  Bouil- 

intraperiton. 

f nachts 

26- VIII.  Sektion:  Vibrio- 

2 

lonkultur  vom 
21.  VIII.  (1  Tag 
im  Brütofen) 
0,2 

»7 

nen  im  Blute  und  im 
Peritoneum 

3 

0,2 

subkutan 

4 

0,1 

5 

0.1 

fl 

” 

Nachdem  ich  also  die  Infektion  subkutan  und  intraperitoneal  ver- 
sucht und  mich  von  der  großen  Empfindlichkeit  der  Spermuphilen 
gegenüber  dem  Choleravibrio  überzeugt  hatte,  ging  ich  zur 
Infektion  per  os  über.  Die  Resultate  übertrafen  die  Erwartungen. 
Zur  Infektion  per  os  wurden  die  Spermophilen  mit  einigen  Tropfen 
einer  eintägigen  Kultur  getränkt  oder  durch  mit  Kulturen  begossenes 
Futter  genährt.  Bei  dieser  Art  der  Fütterung  stirbt  gewöhnlich  die 
Hälfte  der  Spermophilen;  von  der  übrigen  Hälfte  zeigt  ein  Teil 
keine  merkbare  Erkrankung,  ein  Teil  aber  wird  immun,  nachdem  er 
eine  schwere  Erkrankung  überstanden  hat.  Hier  legen  wir  die 
Tabelle  II  bei: 


Tabelle  H. 

Infektion  per  os  mit  Futter  (ohne  Soda). 


No. 

Data 

Infektion 

Erfolg 

Bemerkungen 

11 

28.  VI. 

per  os , mit  in- 
fiziertem Hafer 

t 1.  VII. 

12 

blieb  lebendig 

15 

1.  VII. 

per  os,  mit  Agar- 
aufschwemmung 
infizierter  Hafer 

t 3.  VII 

16 

t 3.  VII. 

Vibrionen  im  Blute 

17 

»» 

+ 4.  VII. 

19 

14.  VII. 

per  os,  mit  2-täg. 
Kulturen  benetzter 
Hafer 

f 16.  VII.  abends 

20 

14.  VII. 

J» 

blieb  lebendig 

16.  VII.  sehr  krank.  Nach  eine 
Woche  ganz  munter.  Die  nach 
folgenden  Fütterungen  mit  Kn! 
turen  in  sehr  großen  Dosen  m 
einer  SodaneutralisieruDg  d« 
Magens  hatten  keine  Wirkunf 
Der  Spermophilus  blieb  fa 
einen  Monat  lebendig,  wurde  zwi 
sehr  mager,  blieb  aber  imm< 
munter.  Er  starb  am  10.  VII 
aus  einer  unbekannten  Ursacb 

21 

„ 

»» 

+ 17.  VII.  morgens 

Infektions*  und  Immunisierungsversuche  am  Ziesel  gegen  Choleravibrio.  J53 


No. 

Data 

Infektion 

Erfolg 

Bemerkungen 

7 . Reihe 

1 

14.  VIII. 

per  os,  mit  einer 

15.  VIII.  sehr  krank, 

16.  VIII.  Sektion  : Blut-,  Leber-, 

6 Uhr 

1-täg.  Kultur  be- 

t 16.  VIII.  morgeDS 

Peritoneumvibrionen 

netzter  Hafer 

2 

>> 

t» 

blieb  lebendig 

3 

„ 

15.  VIII.  sehr  krank 

16.  VIII.  Sektion  : Blut-,  Leber- 

f 16.  VIII.  morgens 

Vibrionen 

4 

, 

15.  VIII.  krank,  blieb 

lebendig 

Um  die  Infektion  sicher  zu  machen,,  fügte  ich  den  jKulturen 
oder  dem  infizierten  Futter  nach  dem  Rate  Herrn  Prof.  Pod- 
wyssozky’s  eine  kleine  Menge  Sodalösung  hinzu. 


Tabelle  III. 

Infektion  per  os  mit  infiziertem  Futter  unjd 
Sodalösung  (29.  VIII.). 


No.  und 
Gewicht 

Gang  der  Erkrankung 

Erfolg 

Bemerkungen 

No.  1 

160  g 

2.  VIII.  neue  Fütterung  mit 
Soda 

4.  VIII.  Erkrankung 
6.  VIII.  Fütterung 

12.  VIII.  „ 

13.  VIII.  erhielt  0,2  ccm 
24-stündig.  bei  37°  er- 
wachsener Bouillonkultur 
intraperitoneal 

blieb  lebendig 
blieb  lebendig 

Das  Kon- 
trolltier 
No.  2 
175  g 

3.  VIII.  sehr  krank,  T.  36°, 
Krämpfe,  flüssige  Stühle 

4.  VIII.  ganz  munter 

13.  VIII.  erhielt  0,2  ccm 
24-stündig.  bei  37°  er- 
wachsener Bouillonkultur 
intraperitoneal 

f nach  12  — 15 
Stunden 

blieb  lebendig 

Das  Kon- 
trollier 

+ nach  15 — 18 
Stunden 

No.  3 

100  g 

31.  VIII.  sehr  krank 

+ nach  48 
Stunden 

Blut  1 . , 

• , t eine  andere 

Leber  ( Bakterie 

Peritonealexsudat  j K er  e' 

No.  4 
185  g 

30.  VIII.  „ „ 

f nach  36 
Stunden 

Blut  1 
Perito- 
neum J 

keine  Darm-  | 

Vibrio-  — inhalt,  ! 
nen  Magen  J 

eine  große 
Menge  von 
Vibrionen. 

No.  5 

120  g 

30.  VIII.  „ 

f nach  24 
Stunden 

Leber  j yibrioneu. 

Peritoneum  J 

Blut  — keine  Vibrionen. 

Darminhalt  — eine  Menge  von  Vibrionen. 

No.  6 

100  g 

30.  VIII.  „ 

t nach  36 
Stunden 

Blut  j 
Perito- 
neum J 

keine  Darm-  1 

Vibrio-  — inhalt,  [ 
nen  Magen  j 

Vibrionen. 

154 


D.  Sftbolotny, 


ÜJ  Was  das  Erkrankungsbild  betrifft,  so  ist  es  fast  stets  folgendes  : 

Erstes  Stadium.  Das  Tier  wird  schläferig,  sitzt  zusaramen- 
geknickt,  sträubt  sich  und  bemüht  sich  immer,  die  frühere  Stellung 
anzunehmen,  wenn  man  es  auf  den  Rücken  legt.  Die  Temperatur 
bleibt  immer  subnormal  (normal  = 38  0 C).  Das  Tier  frißt  weder, 
noch  trinkt  es. 

Das  zweite  Stadium  wird  dadurch  charakterisiert,  daß  die 
Kräfte  viel  mehr  gesunken  sind.  Auf  den  Rücken  geworfen,  ist  das 
Tier  nicht  imstande,  die  frühere  Lagerung  anzunehrnen,  und  sträubt 
sich  nicht.  Die  Ausleerungen  sind  oft  flüssig.  Die  Temperatur  sinkt 
sehr  (bis  35 — 32  0 C),  was  man  schon  durch  Betasten  bemerkt.  Nicht 
selten  werden  klonische  Krämpfe  in  den  Extremitäten  und  Cyanose 
der  Nase  und  der  Zunge  beobachtet.  Bei  solchen  Symptomen  stirbt 
das  Tier. 

Nach  dem  Tode  tritt  zuerst  eine  starke  Injektion  des  Darm- 
tractus  auf.  Manchmal  auch  eine  hämorrhagische  Peritonitis.  Die 
erstere  ist  besonders  scharf  ausgeprägt  bei  der  Infektion  per  os, 
die  letztere  bei  der  Impfung  ins  Peritoneum.  Der  Darmkanal  ist 
meistenteils  ausgedehnt.  Der  Darminhalt  ist  stets  flüssig,  mit  einem 
Zusatze  von  weißlichen  Flocken  und  manchmal  von  Blut. 

Bei  der  intraperitonealen  oder  subkutanen  Impfung 
findet  man  Vibrionen  in  allen  Fällen,  ohne  Ausnahme,  indem 
Blute,  in  den  Bauchorganen  (Leber,  Milz),  sowie  auch  i n d e r 
Peritonealflüssigkeit. 

Bei  der  Infektion  per  os  finden  sich  die  Vibrionen 
stets  in  großer  Menge  in  dem  Magen  und  im  Darm- 
inhalte (sogar  bei  mikroskopischer  Untersuchung),  oft  in  den 
Bauchorganen,  im  Peritoneum  und  nicht  selten  im 
Blute. 


II.  Im  munisie  rungs  versu  che. 

Die  Frage  hinsichtlich  der  Immunität  gegen  Cholera  war  in 
der  letzten  Zeit  Objekt  vieler  Forschungen.  Die  wichtigste  Unvoll- 
kommenheit vieler  von  diesen  Arbeiten  liegt  darin,  daß  Immunität 
gegen  eine  solche  Infektion,  die  beim  Menschen  nicht  vorkommt,  erzielt 
wurde.  Als  Ausnahme  sind  die  Arbeiten  von  Ferran,  Vincenci, 
Klemperer  und  Metschnikoff  zu  nennen.  Die  letztbenannten 
Autoren  ziehen  die  Infektion  und  Immunisierung  per  os  besonders  in 
Betracht. 

Klemperer  meint,  daß  die  Immunisierung  per  os  vollständig 
erreichbar  ist.  Metschnikoff  kommt  zu  dem  Schlüsse,  daß  die 
Immunisierung  per  os  am  meisten  wirksam  ist.  Klemperer’ s 
Untersuchungen  sind  an  Meerschweinchen,  Metsch  nikoff’s  Ver- 
suche an  — Menschen  ausgeführt  worden.  Da  das  Meerschweinchen 
gegen  Cholerainfektion  nicht  besonders  empfindlich  ist,  die  Versuche 
am  Menschen  andere  Unbequemlichkeiten  darbieten,  so  benutzten  wir 
für  unsere  Versuche  das  neue  Tier,  welches  sich  sehr  empfindlich 
gegen  die  Cholerainfektion  erwies. 

Die  Resultate  sind  folgende: 

l)Die  Spermophilen  wurden  per  os  mit  bei  60 — 


Infektions-  und  Immunisierungsversuche  am  Ziesel  gegen  Choleravibrio.  )55 


70 0 C innerhalb  2Stunden  getötetenKulturen  immuni- 
siert Die  mit  solchen  Vaccinen  vorbehandelten  Tiere  wurden  gegen 
die  intraperitoneale  oder  intrastomachale  Infektion  geschützt.  Z u 
diesemZwecke  braucht  man  5 — 7 Vaccineeinführungen 
per  os  zu  machen.  Hier  legen  wir  die  Tabelle  (IV)  bei: 


Tabelle  IV. 

Vorbehandlung  per  os  mit  bei  60 — 70°  C innerhalb 
2 Stunden  abgetöteten  Kulturen. 


No.  und  Gewicht 

Vorbehandlung 

Infektion 

Erfolg 

No.  1 250  g 

1.  VIII.,  2.  VIII., 
3.  VIII , 3 Tage 
nach  einander, 
10  VIII. 

14.  VIII.  0,2  ccm  24- 
stiindiger  bei  37  0 C 
gewachsener  Bouillon- 
kultur intraperitoneal. 

blieb  lebendig 

No.  2 170  g 

7, 

11 

„ 

No.  3 130  g 

13  VIII.  0,2  ccm  24- 
stündiger  bei  37  0 C 
gewachsener  virulenter 
Bouillonkultur  intra- 
peritoneal 

No.  4 170  g 

(Kontrolltier  zu  No  1,  2) 

nicht 

vorbehandelt 

wie  bei  No.  1,  2 

f nach  15 — 18  St. 
(Vibrionen  i.  Blute) 

No.  5 150  g 

(Kontrolltier  zu  No.  3) 

nicht 

vorbebaudelt 

wie  bei  No.  3 

•j-  innerhalb  24  St. 
(Vibrionen  i Blute) 

No.  1,  2,  3 (nach  der  Impfung  von  0,2  ccm)  überlebten  auch 
die  tötliche  Dosis  per  os  und  erkrankten  nicht. 


2)  Eine  sichere  Immunität  kann  man  durch  die 
Vorbehandlung  per  os  mit  abgeschwächten  Kulturen 
erzielen.  Auf  solche  Weise  vorbehandelte  Spermophilen  überstehen 
die  tötliche  Dosis,  sei  sie  intraperitoneal  oder  per  os  eingeführt  (auch 
mit  Soda). 

Tabelle  V. 

Vorbehandlung  per  os  mit  abgeschwächten  und  alten 

Kulturen. 


No. 

Vorbehandlung 

Infektion  per  os 

1 

3.  VIII,.  5.  VIII., 
10.  VIII 

13.  VIII.  mit  Agarauf- 
sebwemmung  einer 
24-stündigen  viru- 
lenten Kultur  (mit 
Soda) 

* 

11 

11 

3 

M 

11 

4 

»♦ 

Kontroll- 

nicht  vorbe- 

keine 

tier 

handelt 

Intraperitoneale 

Infektion 


Erfolg 


3.  IX.  0,2  ccm  24- 
stündiger  bei  37°  C 
gewachsener  viru- 
lenter Bouillonkul- 
tur  intraperitoneal. 


blieb 


lebendig 


n 

f innerhalb 
24  Standen 
(Vibrionen  im 
Blate) 


156 


D.  Sabolotny, 


3)  Die  subkutane  und  intraperitoneale  Vorbehand- 
lung mit  abgetöteten  Kulturen  schützt  nicht  vor 
der  tötlichen  intrastomachalen  Dosis: 


Tabelle  VI. 

Vorbehandlung  mit  den  bei  60 — 70°  abgetöteten 
Kulturen  (intraperitoneal). 


No.  und  Gewicht 

Vorbehandlung 

Infektion 

Erfolg 

No.  1 150  g 

10.  VIII.  3 ccm  der 
bei  60—70°  ste- 
rilisierten Agar- 
aufschwemmung 
intraperitoneal 

13.  VIII.  0,2  ccm  der 
24-stiindigen  bei  37  0 C 
gewachsenen  virulenten 
Bouillonkultur 

blieb  lebendig 

No.  2 140  g 

7» 

11 

No.  3 180  g 

»» 

13.  VIII.  tötliche  Dosis 
der  24-stündigen  bei 
37  0 C gewachs.  virul. 
Kultur  per  os 

t 14  VIII. 

No.  4 130  g 

>1 

»7 

t nach  12  Stdn. 

No.  5 170  g 

Kontrolltier 

nicht  vorbe- 
handelt 

13.  VIII.  0,2  ccm  der 
24-stündigen  bei  37  0 C 
gewachsenen  virulenten 
Bouillonkultur. 

f innerhalb  24  St. 

No.  6 160  g 

Kontrolltier 

V 

7» 

7» 

Zu  ähnlichen  Ergebnissen  kam  Prof.  Metschnikoff  in  seinen 
..Recherches  sur  le  Cholera“. 

4)  Die  vorhergehende  Impfung  frischer  Spermo- 
philen  mit  0,1 — 0,2ccm  verschiedener  Kulturen  der  Cho- 
lera, uuter  anderem  von  aus  frischen  Fällen  gezüch- 
teter Kulturen,  schützt  nicht  vollständig  vor  der 
nachfolgenden  Einführung  von  0,1 — 0,2  ccm  des  Virus 
(Kultur  aus  Kiew)  unter  die  Haut  oder  ins  Peritoneum. 

Diese  Beobachtung  kann  durch  den  großen  Unterschied  der 
Giftigkeit  von  verschiedenen  Kulturen  erklärt  werden  (worauf  schon 
verschiedene  Forscher  ihre  Aufmerksamkeit  gerichtet  hatten). 

Tabelle  VII. 


Vorbehandlung  mit  verschiedenen  lebenden  Kulturen. 


No. 

Vorbehandlung 
25.  VIII. 

Infektion 
31.  VIII. 

Erfolg 

Bemerkungen 

a)  mit  Berliner  Kultur 

mit  virulenter  Kultur 

Vibrionen  im- 

(Kiew) 

mer  gezüchtet 

1 

0,2  ccm  intraperit. 

0,2  ccm  intraperit. 

blieb  lebendig 

aus  dem  Blute, 

2 

0,2  .,  subkutan 

0,2  „ subkutan 

t 3.  IX. 

Leber,  Perito- 

3 

0,1  „ 

0,1  ,,  ,» 

blieb  lebendig 

ueum 

In i ek tions-  und  Immunisierungsversuche  am  Ziesel  gegen  Choleravibrio.  157 


No. 

Vorbehandlung 
25.  VIII. 

Infektion 
31.  VIII. 

Erfolg 

Bemerkungen 

b)  mit  Odessaer  Kultur  mit  virulenter  Kultur  aus 

des  vorigen  Jahres 

Kiew 

4 

0,2  ccm  intraperit. 

0,2  ccm  intraperit. 

f 2.  IX. 

a 

5 

0,2  ,,  subkutan 

0,2  ,,  subkutan 

a 

6 

0,1  „ 

0,1  „ 

© S 3 
— . © 

c)  mit  frisch.  Kultur  dieses 

(idem) 

ca  j cl 

Jahres  aus  Tiraspol 



7 

0,2  ccm  intraperit. 

0,2  ccm  intraperit. 

?f 

S 

8 

0,2  „ subkutan 

0,2  „ subkutan 

blieb  lebendig 

© 

9 

0,1  „ 

t 3.  IX. 

<n 

3 

d)  mit  frisch  gezüchteter 

(idem) 

cg 

Kultur  (Odessa) 

10 

0,2  ccm  intraperit. 

0,2  ccm  intraperit. 

t 2.  IX. 

© 

11 

0,2  „ subkutan 

0,2  ,,  subkutan 

t 3.  IX. 

© 

12 

0,1  „ 

0,1  „ 

f 29.  VIII. 

tJJD 

e)  nicht  vorbehandelt 

mit  virulenter  eintägiger 

© 

E 

(Konfrontiere) 

Bouillonkultur  infiziert. 

g 

13 

— 

0,2  ccm  intraperit. 

t 26.  VIII. 

3 

14 

— 

0,2  ,,  subkutan 

© 

15 

— 

0,2  „ 

,, 

O 

16 

0.1  „ 

£ 

17 

>f 

„ 

> 

Die  beschriebenen  Versuche  gestatten  uns  folgende  Schlüsse: 

1)  Der  Spermophilus  guttatus  stellt  die  empfind- 
lichste Tierart  gegen  die  Cholerainfektion  vor. 

2)  Bei  der  subkutanen  und  intraperitonealen 
Impfung,  wie  bei  Infektion  per  os  durch  das 
Futter  oder  Getränk  genügt  eine  sehr  kleine 
Quantität  auch  ohne  S oda- 0 piu m b ehan  dlun g. 

3)  Die  an  Spermophilus  ausgeführten  Infektions- 
versuche liefern  noch  einen  weiteren  Beweis  für 
die  ätiologische  Bedeutung  des  Choleravibrio. 

4)  Bei  der  Impfung  gelingt  es,  die  Vibrionen  im 
Blute,  inden  inneren  Organen  und  im  Peritoneum 
zu  finden. 

5)  Die  Immunisierung  durch  den  Magen  schützt 
mehrvorder  gewöh  nlichen  Infektion  als  andere 
Methoden. 

Kiew,  den  22.  Dezember  1893. 


158 


N.  Sacharoff, 


Ueber  den  Einfluss  der  Kälte  auf  die  Lebensfähigkeit 
der  Malariaparasiten. 

Von 

N.  Sacharoff 

aas 

Tiflis. 

In  einem  in  Virchow’s  Archiv (Bd.  129)  publizierten  Artikel  be- 
richtet Dr.  Plehn,  daß  er  meine  Beobachtungen  nicht  bestätigen 
könne,  denen  zufolge  es  möglich  ist,  die  Malariaplasmodien  in  einge- 
frorenen Blutegeln  während  einer  Woche  lebend  zu  erhalten1),  und 
nimmt  an,  daß  ich  mich  habe  täuschen  lassen  durch  die  postmortalen 
Pigmentbewegungen  in  den  Plasmodien , welche  Bewegungen  ich  als 
vitale  Erscheinung  angesehen  habe. 

Die  nämliche  Erklärung  läßt  er  noch  für  die  Beobachtungen 
von  Rosenbach  gelten,  der  gefunden  hat,  daß  die  Plasmodien 
sich  in  Blutegeln  im  Laufe  von  48  Stunden  lebend  erhalten 
können  2). 

Dr.  Plehn  meint,  daß  es  zur  Lösung  der  Streitfrage  nötig  ist, 
die  Präparate  mit  dem  Gemisch  von  Methylenblau  und  Eosin  nach 
dem  Verfahren  von  Dr.  Romanow  ski  zu  färben,  wobei  sich  be- 
kanntlich die  Kerne  der  Plasmodien  gut  tingieren  lassen.  Nur  im 
Falle  des  nach  diesem  Verfahren  bewiesenen  Vorhandenseins  eines 
Kernes  dürfe  man  die  Plasmodien  als  lebend  betrachten. 

Wenn  auch  die  Richtigkeit  der  von  mir  auf  Grund  meiner  Be- 
obachtungen gezogenen  Schlußfolgerungen  keinem  Zweifel  unterliegt, 
indem  ich  bei  Beurteilung  der  Vitalität  der  Plasmodien  nicht  von 
den  Bewegungen  der  Pigmentkörnchen  ausgegangen  war,  sondern 
von  den  amöboiden  Bewegungen  der  Parasiten  selbst,  was  als  nicht 
minder  sicheres  Zeichen  der  Vitalität  des  Parasiten  gelten  kann, 
wie  das  Vorhandensein  eines  Kernes,  hielt  ich  es  doch  für  nütz- 
lich, eine  neue  Versuchsreihe  in  dieser  Richtung  anzustellen.  Ich 
wollte  einerseits  die  Ursache  der  verschiedenen  von  mir,  Rosen- 
bach  und  Plehn  aufgefundenen  Resultate  ergründen  und  anderer- 
seits den  Einfluß  der  Kälte  auf  die  verschiedenen  Plasmodienarten 
näher  studieren.  Die  überall  erzielten  negativen  Ergebnisse  bei  den 
Züchtungsversuchen  der  Plasmodien,  denen  ich  meine  nach  der  Methode 
von  Coronado3)  auch  mit  negativem  Ergebnis  angestellten  Ver- 
suche anschließen  kann,  scheinen  auf  die  Notwendigkeit  neuer  Ver- 
suche gerade  in  dieser  Richtung  hinzuweisen. 

Ich  habe  zum  Teil  an  den  Malariaparasiten  der  Vögel,  zum 
Teil  an  den  verschiedenen  Arten  der  Malariaparasiten  des  Menschen 
experimentiert.  Bei  ersteren  amputierte  ich  die  rohen  unterbundenen 
Gliedmaßen,  welche  ich  dann  sofort  gefrieren  ließ,  bei  den  malaria- 


1)  Wratsch,  1890.  Nr.  29 

2)  Deutsche  med.  Wochenschrift.  1892. 

3)  Coronado,  Centralbl.  f.  Bakt  u.  Parasitenk.  Bd.  XIII.  1893.  (Referat). 


Uober  den  EinSaS  der  Kälte  auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malariaparasiten.  J59 


kranken  Menschen  wurde  das  Blut  mit  Hilfe  von  Blutegeln  ge- 
wonnen, welche  danach  in  Gefäße  mit  Eis  übertragen  und  im  Eis- 
keller aufbe wahrt  wurden. 

Ich  werde  hier  einige  Versuche  an  den  Malariaparasiten  des  Menschen 
beschreiben.  Am  30.  September,  als  ich  im  Blute  des  Arbeiters  S. 
mit  Febris  perniciosa  comatosa  eine  enorme  Anzahl  von  pigmentlosen 
Plasmodien  antraf,  ließ  ich  dem  Kranken  drei  Blutegel  setzen,  wo- 
rauf letztere,  wie  oben  angegeben,  auf  Eis  aufbewahrt  wurden  und 
dann  täglich  im  Laufe  einer  Woche  zur  Untersuchung  kamen.  Zu 
diesem  Zwecke  wurde  aus  dem  Blutegel  ein  Tropfen  Blut  ausgepreßt 
und  der  Blutegel  wiederum  in  das  Gefäß  mit  Eis  zurückgebracht. 
Das  Ergebnis  war  immer  das  gleiche:  Nicht  nur  hatten  die  pigment- 
losen Plasmodien  ihre  amöboiden  Bewegungen  konserviert,  sondern  es 
waren  diese  Bewegungen  noch  lebhafter  geworden.  Ich  habe  in  Ge- 
meinschaft mit  Dr.  Rechtsamer  zehn  Abbildungen  eines  solchen 
Plasmodiums  — in  4 Tage  auf  Eis  aufbewahrtem  Blute  — gezeichnet : 

Die  Abbildungen  wurden  in  Zwischenräumen  von  ungefähr  je 
3 Min.  gezeichnet. 

Ein  Zweifel  an  der  Richtigkeit  dieser  Beobachtung  ist  unmög- 
lich. Das  Blutkörperchen  mit  dem  Plasmodium  befand  sich  während 
der  ganzen  Beobachtungszeit  unbeweglich  abseits  von  anderen  Blut- 
körperchen und  war  von  seiten  letzterer  einem  Druck  nicht  ausge- 
setzt, womit  man  auch  die  Veränderungen  in  der  Konfiguration  des 
Plasmodiums  erklären  möchte.  Die  Verwechselung  mit  einer  Vakuole 
kann  ich  nicht  zugeben , da  ich  doch  hinreichend  vertraut  bin  mit  den 
Plasmodien  der  Malaria. 

Als  ich  die  getrockneten  Präparate  eines  solchen  Blutes  nach 
dem  Verfahren  von  Romanowski  tingierte,  erhielt  ich  stets  eine 
deutliche  Färbung  des  Parasitenkernes.  Das  Protoplasma  des  Para- 
siten färbte  sich  aber  sehr  schlecht  in  einem  schwachblauen  Farben- 
tone. Meistenteils  blieb  dasselbe  sogar  ganz  ungefärbt  und  der 
Parasit  erschien  in  Form  eines  Ringes  resp.  eines  Körpers  mit  un- 
regelmäßigen Fortsätzen  von  weißer  Farbe,  welche  sich  deutlich  auf  dem 
rosigen  Grunde  des  Blutkörperchens  abhoben.  Bloß  durch  das  Vor- 
handensein eines  intensiv  violett  gefärbten  Kernes  von  runder  resp. 
länglicher  Gestalt  kounte  man  beweisen,  daß  wir  es  mit  einem  Plas- 
modium zu  thun  haben. 

Das  Blut  aus  einem  der  drei  erwähnten  Blutegel  habe  ich  zu 
Impfungen  benutzt. 

Am  4.  Oktober  spritzte  ich  mir  l/i  ccm  Blut  unter  die  Haut, 
welches  aus  diesem  Blutegel  ausgepreßt  wurde,  also  am  vierten  Tage 
der  Konservierung  des  letzteren  auf  Eis. 

Etwa  einen  Monat  vor  dem  Versuche  und  im  Verlaufe  desselben 
befand  ich  mich  dauernd  in  Tiflis  unter  den  besten  hygienischen  Ver- 
hältnissen. An  Malaria  hatte  ich  während  der  letzten  sieben  Jahre 
gar  nicht  gelitten. 

Am  16.  Oktober  bekam  ich  Frost  und  darauf  Fieber  bis  38,7°, 
welches  gegen  Morgen  mit  Schweiß  und  Abfall  der  Temperatur  auf 
37°  sein  Ende  nahm. 


160 


N.  Sacharoff, 


Am  17.  Oktober  wiederum  Frost  und  Fieber  mit  einer  Tempe- 
ratur von  39,8°. 

Im  Blute  ist  es  nach  längerem  Suchen  gelungen,  eiue  sehr  ge- 
ringe Anzahl  von  unzweifelhaften  Malariaplasmodien  aufzufinden  — 
ohne  Pigment,  von  ringförmiger  Gestalt,  mit  einem  Kern,  ähnlich 
jenen  Formen,  die  im  Blute  von  S.  augetroffeu  waren.  Ich  will  bei 
dieser  Gelegenheit  erwähnen,  daß  das  Aufsuchen  von  Plasmodien, 
falls  dieselben  in  geringer  Anzahl  vorhanden  sind,  erleichtert  wird  durch 
Anwendung  einer  Färbung  der  Präparate  mit  wässeriger  Lösung  von 
Gentianaviolett,  welche  bloß  die  Konturen  der  roten  Blutkörperchen 
tingiert  und  daher  das  in  letzteren  enthaltene  Plasmodium  sehr  deut- 
lich hervortreten  läßt1). 

Ich  betrachtete  also,  auf  Grund  der  Identität  der  bei  mir  und 
bei  S.  gefundenen  Parasiten  und  auf  Grund  der  Inkubationsperiode 
von  12  Tagen,  den  Ausgang  der  Malariainokulation  als  gelungen  und 
begann  vom  18.  Oktober  an  je  15  Gran  Chinin  einzunehmen,  worauf 
bei  mir  im  Laufe  einiger  Tage  Genesung  eintrat. 

Einen  weiteren  Impfversuch  habe  ich  mit  7 Tage  in  Eis  auf- 
bewahrtem Blute  gemacht.  Obwohl  in  demselben  die  Plasmodien 
noch  lebend  erschienen,  hat  der  Versuch  zu  einer  Infektion  nicht 
geführt.  Es  ist  zu  bemerken,  daß  in  letzterem  Falle  das  Blut  be- 
reits stark  verändert  war.  Die  roten  Blutkörperchen  hatten  ihr 
Hämoglobin  größtenteils  eingebüßt  und  dieses  war  ins  Plasma  über- 
getreten. 

Ich  glaube,  daß  die  beigebrachten  Thatsachen  unzweifelhaft  be- 
weisen, daß  die  Plasmodien  im  Darmkanal  des  Blutegels  bei  0°  bis 
zu  einer  Woche  lebend  sich  erhalten  können.  Es  ist  aber  zu  be- 
merken, daß  ich  es  mit  denjenigen  Parasiten  zu  thun  hatte,  welche 
die  sogenannten  unregelmäßigen  Malariafieber  hervorrufen  (ae- 
stivo-autumnale  nach  Mar ch iafava),  die  im  gemäßigten  Klima 
nicht  vorzukommen  scheinen.  Diese  Parasiten  zeichnen  sich  durch 
ihre  größere  Resistenz  gegen  Chinin  aus  im  Vergleich  zu  den  Para- 
siten der  regelmäßigen  Malariafieber.  Indem  ich  daher  auf  die  Ver- 
mutung kam,  daß  ein  Mangel  an  Uebereinstimmung  zwischen  meinen 
Beobachtungen  und  denjenigen  von  Dr.  Plehn  dadurch  zu  erklären 
wäre,  daß  vielleicht  Letzterer  seine  Beobachtungen  an  Parasiten  der 
regelmäßigen  Malariafieber  angestellt  hätte,  machte  ich  den  Versuch 
mit  Konservierung  von  Parasiten  der  Febris  tertiana. 

Ich  konservierte  in  Blutegeln,  nach  der  nämlichen  Methode,  das 
Blut  eines  Kranken  mit  Tertiana  duplex,  in  welchem  alle  mög- 
lichen Entwickelungsstadien  der  Parasiten,  von  den  amöboiden  pig- 
mentlosen Formen  an  bis  zu  den  großen  pigmentierten  Körpern 
hinauf,  aufgefunden  wurden.  Das  Ergebnis  dieses  Versuches  ge- 
staltete sich  etwas  anders,  als  das  vorhin  beschriebene.  Es  erwies 
sich,  daß  die  jungen  amöboiden,  pigmentlosen  Plasmodien  nach  Ver- 
lauf von  48  Stunden  ihre  Bewegungen  beibehalten  hatten,  daß  aber 
die  großen  Formen  abgestorben  waren,  indem  hier  weder 

1)  Siehe  meine  Artikel  „Recherches  sur  le  parasite  des  fievres  paludeennes  irre- 
gulieres“.  (Annales  de  l’Institut  Pasteur.  1891.) 


Ueber  den  Einfluß  der  Kälte  auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malariaparasiten.  161 


Bewegungen  sich  beobachten  ließen,  noch  eine  Kernfärbung  nach 
Romano wski  zu  erzielen  war,  während  doch  die  Kerne  der  jungen 
Formen  eine  deutliche  Färbung  annahmen. 

Leider  konnte  ich  das  Aufbewahren  dieses  Blutes  nicht  über 
2 Tage  fortsetzen:  es  kam  zu  einer  Auflösung  des  Hämoglobins  im 
Plasma  des  Blutes  und  Zerstörung  der  roten  Blutkörperchen. 

Die  angeführten  Versuche  beweisen,  daß  die  Frage  nach  dem 
Einfluß  der  Kälte  auf  die  Malariaparasiten  eine  ziemlich  komplizierte 
sein  muß  und  mit  Bezug  auf  verschiedene  Parasiteuarten,  sogar  auf 
verschiedene  Entwickelungsstadien  derselben  Art,  verschieden  zu  lösen 
ist.  Jedoch  darf  man  wohl  im  allgemeinen  annehmen,  daß  die  Pa- 
rasiten, je  jünger  sie  sind,  sich  um  so  resistenter  gegen- 
über der  Kälte  verhalten.  Diese  Schlußfolgerung  wird  durch 
die  Beobachtung  bei  dem  in  Blutegeln  durchgeführten  Aufbewahren 
der  halbmondförmigen  Körper,  welche  ein  späteres  Ent- 
wicklungsstadium darstellen,  erhärtet. 

Die  mehrfach  von  verschiedenen  Beobachtern  angestellten  Ver- 
suche haben  ergeben,  daß  unter  dem  Einfluß  einer  kurzdauernden 
Abkühlung  die  halbmondförmigen  Körper  in  runde  und  darauf  in 
geißeltragende  sich  umzuwandeln  befähigt  sind. 

Indem  ich  letztere  nach  der  Methode  von  Romanowski  färbte, 
habe  ich  mich  nuu  überzeugt,  daß  der  Bildungsprozeß  der 
geißeltragenden  Körper  in  einer  Störung  der  karyo- 
kinetischen  Kernteilung  besteht,  in  einem  Zerfall  des 
Kernes  in  Chromatinfäden  und  einem  Heraustreten 
derselben  aus  den  Parasiten,  wobei  eben  diese  Fäden, 
die  in  einer  lebhaften  Bewegung  sich  befinden , die  Geißeln 
vorstellen1).  Weil  dieser  Prozeß  zweifellos  den  Tod  des  Parasiten 
herbeiführt,  so  ist  es  klar,  daß  die  halbmondförmigen  Körper,  welche 
zu  geißeltragenden  sich  umwandeln,  eine  längere  Abkühlung  nicht 
vertragen  können,  ohne  zu  Grunde  zu  gehen. 

Die  gleichen  Schlußfolgerungen  gelten  auch  für  die  auf  karyo- 
kinetischem  Wege  sich  teilenden  Parasiten  der  chronischen  Malaria 
bei  den  Vögeln  sowie  für  die  älteren  Entwickelungsstadien  der  Para- 
siten der  Febris  tertiana,  bei  welchen  Romanowski  während  der 
Teilung  karyokinetische  Figuren  beobachtet  hatte.  Die  ersteren  so- 
wohl als  die  letzteren  verwandeln  sich  unter  dem  Einfluß  der  Ab- 
kühlung in  geißeltragende  Körper,  gehen  also  zu  Grunde. 

Gestützt  auf  die  angeführten  Erwägungen  und  auf  die  oben  kurz 
beschriebenen  Versuche,  darf  ich  wohl  als  allgemeine  Regel  aufstellen, 
daß  gegen  Abkühlung  der  Kern  des  Plasmodiums  sich  am  empfind- 
lichsten erweist,  wobei  der  Grad  dieser  Empfindlichkeit 
von  der  Kompliziertheit  der  Kernstruktur,  und  zwar 
der  Chromatinsubstanz  des  Kernes,  abhängig  ist. 
Weil  letztere  mit  der  Entwickelung  der  Plasmodien  einen  immer 
komplizierteren  Bau  darbietet,  indem  bei  juugen  Formen  das  Chro- 
matin zu  einem  kompakten  Körperchen  zusammengedrängt  ist,  wäh- 


1)  Protokolle  der  Kaukas.  raed.  Gesellschaft,  1833,  16.  XI:  „Ueber  die  Identität 
der  sog.  Geißeln  und  Chromatinfäden  bei  Malaria-Parasiten“. 


162 


K.  Ilkewitseh, 


rend  bei  erwachsenen  die  karyokinetischen  Figuren  hervortreten,  so 
muß  auch  die  Resistenz  der  verschiedenen  Entwickelungsstadien  gegen 
Kälte  eine  verschiedene  sein  und  in  den  oben  angegebenen  Grenzen 
sich  bewegen  (eine  Woche  für  die  jungen  amöboiden  Formen  und 
1li  Stunde  für  die  halbmondförmigen  Körper). 

Dem  Mitgeteilten  möchte  ich  einige  Worte  über  eine  andere  Art 
von  Bewegung  hinzufügen,  welche  ich  bei  Beobachtung  der  auf  Eis 
konservierten  Plasmodien  gesehen  habe  und  welche  darin  bestand, 
daß  die  Konturen  des  Plasmodiums  unverändert  blieben,  der  Parasit 
aber  sich  hin  und  her  drehend  bewegte  oder  auch  mit  seiner  Längs- 
achse wandernd  (gegen  das  Gesichtsfeld  des  Mikroskops)  aus  der 
horizontalen  in  die  vertikale  Lage  überging.  Besonders  häufig  habe 
ich  diese  Bewegung  bei  Plasmodien  mit  biskuitförmiger  Gestalt 
beobachtet.  Bewegungen  solcher  Art  erkläre  ich  dadurch,  daß  diese 
Plasmodien  außerhalb  des  Blutkörperchens  sich  befanden  und  mit  dem- 
selben bloß  durch  einen  Stiel  verbunden  waren.  Es  läßt  sich  hier 
die  von  Laveran  für  alle  Malariaplasmodien  gebrauchte  Bezeich- 
nung „accolös“  anwenden.  Daß  solche  Plasmodien  Vorkommen,  beweist 
die  Beobachtung  am  Malariablut  der  Vögel,  in  welchem  zu  sehen  ist, 
wie  zwischen  den  Blutkörperchen  sich  bewegende  Parasiten  von 
flaschenförmiger  Gestalt  (die  sog.  D a n il  e w s k i’ sehen  Würmchen), 
indem  sie  an  einem  Blutkörperchen  vorbeikommen,  welches  ein  mit 
allen  Charakteren  des  endoglobulären  erscheinendes  Plasmodium  auf- 
weist, an  letzteres  nicht  selten  anstoßen,  es  mit  sich  reißen  und  so 
das  Blutkörperchen  vom  Parasiten  befreien.  Diese  Erscheinung  läßt 
sich  nur  durch  die  Annahme  erklären,  daß  das  Plasmodium  bloß  am 
Blutkörperchen  fixiert  und  nicht  in  demselben  enthalten  gewesen  ist. 

Tiflis,  im  Dezember  1893. 


Eine  neue  Methode  zur  Entdeckung  von  Tuberkel- 
bacillen im  Sputum  Schwindsüchtiger. 

[Aus  dem  Hygienischen  Institute  der  Kaiserl.  Universität  zu  Moskau.] 

Von 

K.  Ilkewitseh 

in 

Moskau. 

(Mit  3 Figuren.) 

Mit  Recht  betrachtet  man  gegenwärtig  die  mikroskopische  Unter- 
suchung des  Sputums  auf  Tuberkelbacillen  als  ein  wichtiges  Hilfs- 
mittel bei  der  klinischen  Untersuchung  von  Kranken,  bei  welchen 
mau  Tuberkulose  vermutet. 

Alles,  was  uns  bis  vor  kurzer  Zeit  in  dieser  Richtung  die  bak- 
teriologische Technik  bot,  bezieht  sich  auf  die  verschiedenen  Bereitungs- 
arten mikroskopischer  Präparate  auf  Objektgläsern  und  auf  die 


Eine  neue  Methode  zur  Entdeckung  von  Tuberkelbacillen  etc. 


i6a 


Untersuchung  derselben  ohne  Deckglas  mit  Hilfe  homogener  Immer- 
sionssysteme. Der  Vorzug  einer  derartigen  Zubereitung  und  Unter- 
suchung mikroskopischer  Präparate  besteht  erstens  darin,  daß  man 
hierbei  größere  Mengen  des  zu  untersuchenden  Materials  zu  dem 
Präparate  verwenden  kann,  als  bei  der  Zubereitung  der  Präparate 
auf  Deckgläsern,  und  zweitens  darin,  daß  die  Herstellung  der  Prä- 
parate selbst  bedeutend  einfacher  ist  und  schneller  vor  sich  geht. 

Die  erfolgreiche  Anwendung  der  Centrifugalkraft  zur  Sedimen- 
tierung  und  leichteren  Aulfindung  der  tuberkulösen  Mikroben  in|der 
Milch,  wie  sie  von  mir  vor  beinahe  zwei  Jahren  in  der  Münchener 
medizinischen  Wochenschrift  (1892.  No.  5)  beschrieben  wurde,  veran- 
laßte  mich,  den  Versuch  zu  machen,  die  Centrifugalkraft  auch  zur 
Auffindung  tuberkulöser  Mikroben  im  Sputum  zu  utilisieren.  Die 
von  mir  in  dieser  Richtung  angestellten  Untersuchungen  gaben  in 
der  That  derartig  befriedigende  Resultate,  daß  ich  es  für  möglich 
halte,  die  Centrifugalkraft  als  Mittel  zu  empfehlen,  Tuberkelbacillen 
aus  dem  Sputum  abzusondern  und  somit  deren  Auffindung  sogar  in 
dem  Falle  möglich  zu  machen,  wo  die  Zahl  derselben  eine  sehr 
geringe  ist. 

Aber  die  Centrifugalkraft  selbst  genügt  noch  nicht  zur  sicheren 
Ausscheidung  der  tuberkulösen  Mikroben  aus  dem  Sputum;  es  ge- 
hört hierzu  erstens  noch  eine  besondere  vorläufige  Bearbeitung  des 
Sputums  und  zweitens  eine  besondere  Einrichtung  der  Centrifuge  resp. 
der  Cylinder,  in  welchen  das  bearbeitete  und  zu  erforschende  Sputum 
centrifugiert  werden  soll. 

Zu  der  Untersuchung  versetze  ich  ca.  J/2  ccm  Sputum  in  einem 
Porzellannäpfchen  mit  20  ccm  destillierten  Wassers  und  einigen 
Tropfen  (8 — 12)  einer  30-proz.  Lösung  von  KHO;  unter  fortwähren- 
dem Umrühren  mit  einem  Glasstabe  erwärme  ich  die  Lösung  bis  zur 
Dampfbildung.  Nachdem  sich  das  Sputum  unter  dem  Einflüsse  des 
KHO,  des  Erwärmens  und  des  Umrübrens  gänzlich  aufgelöst  hat 
(d.  h.  wenn  die  Sputumflöckchen  vollständig  verschwunden  sind),  füge 
ich  zu  der  erhaltenen  durchsichtigen  Flüssigkeit  etwas  Kasein  liinzu, 
welches  sich  unter  der  Wirkung  des  Erwärmens,  Umrührens  und  bei 
Zusatz  von  1 — 2 Tropfen  KHO  ebenfalls  auflöst  und  die  vorher 
durchsichtige  Flüssigkeit  in  eine  milchfarbene  verwandelt. 

Alsdann  gieße  ich  die  Mischung  aus  dem  Porzellannäpfchen  iu 
ein  Probierglas  und  füge  einige  Tropfen  Essigsäure  — bis  zu  den 
ersten  Anzeichen  der  Gerinnung  des  Eiweißstoffes  — hinzu.  Das 
auf  diese  Weise  bearbeitete  Sputum  gieße  ich  in  einen  kleinen,  im 
Innern  gut  polierten  Messingcylinder  von  20  ccm  Rauminhalt  mit 
düunen  Wänden  (Fig.  I a),  dessen  unteres  Ende  aus  einem  gut  an- 
geschliffenen, konischen  Messingnäpfchen  (Fig.  I b)  besteht,  welches 
dazu  bestimmt  ist,  den  niedersinkenden  Bodensatz  nebst  den  von 
demselben  mitgerissenen  Mikroben  aufzunehmen.  Dann  stelle  ich  den 
Cylinder  mit  der  in  demselben  befindlichen  zu  untersuchenden  Flüssig- 
keit in  eine  messingene  Hülse  (Fig.  II);  diese  wird  vermittelst  der 
Stange  E (Fig.  III)  an  einem  messingenen  Diskus  (Fig.  III  d)  be- 
festigt, welcher  an  der  drehbaren  vertikalen  Walze  der  Centrifuge 
anzubringen  ist. 


164  K.  Ilkewitsch,  Eine  neue  Methode  »ur  Entdeckung  von  Tuberkelbacillen  etc. 


Wenn  nach  einer  5 — 10  Minuten  langen  Aktion  der  Centrifuge 
sich  der  Bodensatz  in  dem  Näpfchen  (Fig.  I b)  angesammelt  hat,  be- 
decke ich  denselben  mit  einem  messingenen,  nicht  bis  auf  den  Boden 
des  Näpfchens  reichenden  Kügelchen  (Fig.  Ic,  Abstand  ca.  3 mm), 
welches  ich  an  einem  Faden  in  den  Cylinder  herablasse,  trenne  das 
Näpfchen  (Fig.  I b)  von  dem  Cylinder  (Fig.  Ia)  und  gieße  endlich 
alle  über  dem  Kügelchen  befindliche  Flüssigkeit  ab.  Bei  den  er- 
wähnten Vorsichtsmaßregeln  bleibt  der  unter  dem  Kügelchen  befind- 
liche Bodensatz  gänzlich  unverletzt. 


a 


b 


Fig.  2.  Fig.  3. 

Darauf  entferne  ich  diesen  Bodensatz  aus  dem  Näpfchen,  lege 
ihn  sofort  auf  ein  Objektivglas,  bedecke  dasselbe  mit  einem  anderen 
Objektivglase  und  verteile  ihn  durch  reibende  Bewegungen  auf  beiden 
Objektivgläsern.  Sobald  die  derartig  bestrichenen  Objektivgläser 
trocken  sind,  fixiere  ich  die  Präparate  vorsichtig  über  der  Flamme, 
färbe  sie  nach  der  Z i eh  1’ sehen  Methode  und  untersuche  sie  mit 
homogener  Immersion  ohne  Deckglas. 

Auf  diese  Weise  geraten  alle  in  dem  zu  untersuchenden  Sputum 
vorhandenen  Mikroben  — mitgerissen  von  dem  geronnenen  Kasein 
und  mit  ihm  zusammen  unter  dem  Einflüsse  der  Centrifugalkraft  auf 
den  Boden  des  Näpfchens  niedersinkend  — schließlich  auf  zwei 
mikroskopische  Präparate. 

Was  die  vorläufige  Bearbeitung  des  Sputums  anbetrifft,  so  gründe 
ich  die  Versetzung  desselben  mit  Kasein  auf  folgende  Betrachtung: 
Es  ist  bekannt,  daß  von  allen  Eiweißstoffen  des  Tierorganismus  das 
in  der  Milch  befindliche  Kasein  (Laktoglobin)  sich  durch  die  größte 
Empfänglichkeit  für  die  Wirkung  der  Essigsäure  auszeichnet.  Hieraus 
folgt,  daß,  wenn  wir  eine  Mischung  von  aufgelöstem  Kasein  und 
Sputum  mit  Essigsäure  bis  zum  Erscheinen  der  ersten  Zeichen  von 


Fig.  1. 


Max  Gruber,  Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin  Kirchner  etc. 


165 


Gerinnung  versetzen,  das  Kasein  (Laktoglobin)  zuerst  gerinnt  und 
wir  nach  der  Centrifugierung  ebensoviel  Bodensatz  erhalten,  als  wir 
Kasein  dem  zu  untersuchenden  Sputum  hinzugefügt  haben. 

Diese  einfache  Bearbeitung  des  Sputums  und  Anwendung  schwacher 
Centrifugalkraft  gestatten  mir,  Tuberkelbacillen  im  Sputum  sogar 
solcher  Kranken  zu  entdecken,  bei  welchen  der  tuberkulöse  Prozeß 
sich  erst  im  Beginne  befinde  und  klinisch  nicht  mit  Bestimmtheit 
diagnostiziert  werden  kann. 

Als  Beispiel  führe  ich  die  Untersuchung  des  Sputums  einer 
Kranken  an,  welche  nach  der  Diagnose  eines  der  hervorragendsten 
Moskauer  Klinikers  nur  die  ersten  Anzeichen  der  beginnenden  Lungen- 
tuberkulose darbot.  Ein  Mädchen  von  kräftigem  Körperbau,  23  Jahre 
alt,  aus  dem  Tambow’schen  Gouvernement  gebürtig,  wandte  sich  an 
ärztliche  Hilfe  unter  Klagen  über  Kopfschmerzen , Ohrensausen, 
Schmerzen  in  der  linken  Brusthälfte  (vorn,  hinten  und  an  der  Seite), 
Schwäche  und  etwas  Husten.  Die  Untersuchung  ergab:  t.  = 37,2°; 
Atem  = 18  in  der  Minute;  Puls  = 85,  mittlerer  Spannung ; Sputum 
in  sehr  geringer  Quantität  und  nicht  charakteristisch.  Der  Vater 
der  Patientin  ist  schwindsüchtig.  Die  Perkussion  ergiebt  nichts 
Anormales.  An  der  oberen  Ecke  des  linken  Schulterblattes  läßt  sich 
an  einer  begrenzten  Stelle  unregelmäßiges,  kaum  zu  vernehmendes, 
feuchtes  Rasseln  konstatieren,  welches  denn  auch  Veranlassung  zur 
Diagnose  auf  beginnende  Tuberkulose  gab.  Doch  ergab  die  auf  ge- 
wöhnliche Weise  in  der  Klinik  vorgenommene,  wiederholte  mikrosko- 
pische Untersuchung  des  Sputums  immer  negative  Resultate.  Mich 
für  die  Kranke  interessierend,  sammelte  ich  das  von  ihr  im  Verlaufe 
von  24  Stunden  abgesonderte  Sputum  (welches  mit  dem  Speichel  zu- 
sammen nur  1 ccm  betrug),  bearbeitete  dasselbe  nach  der  oben  er- 
wähnten Methode,  centrifugierte  und  erhielt  zwei  mikroskopische 
Präparate  (auf  Objektgläsern),  in  welchen  sich  in  der  That  einige 
Tuberkelbacillen  vorfanden.  Wiederholte  Untersuchungen  des  Spu- 
tum ähnlicher  Kranken  gaben  dasselbe  Resultat. 

Moskau,  7.  Dezember  1893. 


Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin  Kirchner  in  Sachen 
der  Prüfung  von  Wasserfiltern. 

Von 

Prof.  Max  Gruber 

in 

Wien. 

Die  inzwischen  in  diesem  Blatte  erfolgte  Veröffentlichung  von 
Reg.-Arzt  Dr.  H.  Schöfer  *),  in  welcher  experimentell  bewiesen  wird, 
daß  Typhusbakterien  auch  unter  den  günstigsten  Bedingungen  durch 
ein  von  Anfang  an  keimdichtes  Kieselgurfilter  nicht  durchwachsen 


1)  Dieses  Centralblatt.  Bd.  XIV.  No.  21. 
XV.  Bd. 


11 


166 


Max  Grober,  Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin  Kirchner  etc. 


können,  wenn  ihnen  nicht  gute  Nährstoffe  in  ausreichender  Menge 
dargeboten  werden,  enthebt  mich  der  Notwendigkeit,  auf  die  sachlichen 
Einwendungen  in  der  Entgegnung  Herrn  M.  Kirchner’ s1)  zu  er- 
widern. 

Dagegen  muß  ich  wohl  die  Motive,  die  mich  zur  Abwehr  ver- 
anlaßt haben,  mit  einigen  Worten  klarlegen,  da  Herr  Kirchner 
angiebt,  gar  nicht  zu  begreifen,  warum  ich  denn  so  „gereizt“  gegen 
ihn  sei. 

Herr  Kirchner  stellt  neuerdings  in  Abrede,  daß  er  je  im  Sinne 
gehabt  habe,  Herrn  Prochnik’s  Vertrauenswürdigkeit  zu  bezweifeln, 
ihn  oder  mich  zu  kränken.  Ich  darf  und  will  an  seiner  Versicherung 
nicht  zweifeln.  Dann  kann  ich  aber  nicht  umhin,  ihm  den  Vorwurf 
zu  machen,  daß  er  seine  Worte  nicht  genügend  abwägt.  Herr  Kirchner 
hat  bei  seiner  Kritik  der  bisherigen  Arbeiten  über  die  Kieselgurfilter 
die  Untersuchungen  Prochnik’s  mit  wenigen  Worten  abgethan  2). 
Wenn  man  über  eine  experimentelle  Arbeit,  die  zahlreiche  Versuche 
umfaßt,  ohne  sie  zu  diskutieren,  hinweggeht,  muß  man  einen  triftigen 
Grund  dafür  haben.  Diesen  Grund  gab  denn  Herr  Kirchner  auch 
an:  „Die  Arbeit  Prochnik’s  könne  nicht  als  maßgebend  anerkannt 
werden,  da  er  die  Möglichkeit  des  Durchwachsens  der 
Bakterien  durch  die  Filter  in  Abrede  stellt,  die  doch  von  allen 
anderen  Beobachtern,  zuerst  von  Nordtmeyer,  ausdrücklich  zuge- 
geben wird.“  Ich  kann  nicht  umhin,  anzuerkennen,  daß  dieser  Grund 
sehr  triftig  wäre,  wenn  P roc  h n ik  die  ihm  zugeschriebene  Aeußerung 
gethan  hätte.  Wenigstens  würde  ich,  wenn  ich  von  jemandem  eine 
solche,  längst  feststehenden  Thatsachen  ins  Gesicht  schlagende  Be- 
hauptung in  einer  solchen  Angelegenheit  der  Industrie  lesen  würde, 
seine  Abhandlung  sicher  ohne  weiteres  zuklappen,  da  sie  mir  nicht 
„maßgebend“  sein  könnte.  Etwas  ganz  Anderes  wäre  es  aber,  wenn 
ich  lesen  würde,  daß  der  Betreffende  bei  seinen  Versuchen  zu 
einem  den  bisherigen  widersprechenden  Ergebnisse  gekommen  sei. 
In  diesem  Falle  würde  ich  näher  zusehen,  um  die  Fehlerquelle  oder 
die  abweichende  Versuchsbedingung  herauszufinden,  auf  welche  dieses 
Ergebnis  zurückzuführen  sei.  Also,  ob  Jemand  sagt:  „Ein  Durch- 
wachsen der  Bakterien  durch  dieses  oder  jenes  Filter  ist  nicht  mög- 
lich“; oder : „In  meinen  Versuchen  hat  das  Durchwachsen  nicht 
stattgefunden“,  hat  einen  gänzlich  verschiedenen  Sinn.  Im  ersteren 
Falle  wird  mir  die  Vertrauenswürdigkeit  des  Autors  in  höchstem 
Maße  verdächtig  sein ; im  zweiten  Falle  werde  ich  nur  allenfalls 
zweifeln  können,  ob  er  nicht  irrt. 

Die  unrichtige  Wiedergabe  der  Aeußerungen  Prochnik’s  durch 
Kirchner  war  also  durchaus  geeignet,  jenen  und  damit  auch  mich 
und  mein  Institut  zu  diskreditieren  und  deshalb  mußte  ich  das 
Wort  ergreifen.  Daß  Kirchner  dies  nicht  einsieht,  ist  einer  der 
Gründe  für  meinen  oben  ausgesprochenen  Vorwurf. 

In  meinem  Briefe  an  Herrn  Kirchner,  für  dessen  nunmehrige 
Veröffentlichung  ich  ihm  sehr  dankbar  bin,  habe  ich  ihn  in  einer, 


1)  Dieses  Centralblatt.  Bd.  XIV.  No.  16. 

2)  Zeitschr.  f.  Hygiene  u.  Infektionskrankb.  Bd.  XIV.  S.  310. 


G Wolffhügel,  Zur  Frag#  der  Gelatinebereitung. 


167 


wie  ich  glaube,  nicht  mißzuverstehenden  Weise,  auf  den  einzigen 
Punkt  hingewiesen,  dessen  Berichtigung  ich  von  ihm  verlangt  habe, 
nämlich  die  Berichtigung  seines  unrichtigen  Citates.  Nur  nebenbei 
habe  ich  ihn  auch  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  seine  und 
Prochnik’s  Versuchsbedingungen  verschieden  waren  und  daher 
auch  verschiedene  Resultate  liefern  konnten.  Ich  dachte  mir:  viel- 
leicht sieht  es  K.  selber  ein  und  korrigiert  seine  Ansichten  selbst.  Man 
vergleiche  nun  mit  diesem  Briefe  die  Darstellung  in  Herrn  Kirchner’s 
Nachtrag1),  den  Anfang:  „Ich  hätte  ihn  ersucht,  seine  Aeußerungen 
über  diese  Arbeit  nochmals  zu  prüfen  und  eventuell  zu  berichtigen“, 
und  den  Schluß:  „Amicus  Plato,  amicus  Socrates,  sed  magis  amica 
veritas“.  Damit  lehnte  Herr  Kirchner  mein  angebliches  Er- 
suchen ab. 

Spricht  man  so,  wenn  man  thatsächlich,  wenn  auch  unabsichtlich, 
etwas  Unrichtiges  behauptet  hat  und  aufgefordert  worden  ist,  das 
Richtige  an  dessen  Stelle  zu  setzen?  Das  war  allerdings  eine  sehr 
großartige  Redewendung.  Aber  in  dem  Leser  mußte  sie  die  falsche 
Vorstellung  erwecken,  als  hätte  ich  Herrn  Kirchner  gebeten,  Gnade 
statt  Recht  ergeben  zu  lassen  und  Prochnik’s  Arbeit  günstiger  zu 
beurteilen,  als  sie  vielleicht  verdient.  Da  er  mich  nicht  verletzen 
wollte,  hat  er  also  abermals  den  Sinn  seiner  Aeußerung  nicht  genügend 
bedacht  gehabt. 

Noch  eine  Bemerkung.  Herr  Kirchner  wundert  sich,  daß  ich 
mich  für  Herrn  Prochnik  ereifere.  Es  könne  ja  mir  als  Instituts- 
vorstand gleicbgiltig  sein,  wenn  Prochnik’s  Arbeit  nicht  richtig  sei. 

Dem  gegenüber  folgendes:  1)  Herr  Prochnik  weilt  längst 
wieder  im  fernen  Indien  und  konnte  sich  daher  nicht  selbst  recht- 
zeitig verteidigen.  2)  Jeder  Institutsvorstand  mag  es  halten,  wie  er 
will.  Ich  aber  lasse  aus  meinem  Institute  nichts  hinausgehen,  von 
dessen  Richtigkeit  ich  mich  nicht  persönlich  so  sicher  als  möglich 
überzeugt  habe.  Ich  bin  also  durchaus  für  solche  Arbeiten  ver- 
antwortlich, und  Angriffe  auf  dieselben  treffen  auch  mich;  falls  es 
sich  nicht  etwa  um  einen  Autor  handelt,  der  bereits  seinen  selb- 
ständigen wissenschaftlichen  Ruf  besitzt. 


Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 

Von 

Prof.  Dr.  GL  Wolffhügel. 

Im  Centralblatte  für  Bakteriologie  und  Parasitenkunde  (Bd.  XIV. 
1893.  No.  25.  p.  845)  hat  Herr  Dr.  Hermann  Timpe  eine  Ab- 
handlung „Ueber  den  Einfluß  der  Eiweißkörper  auf  die  Reaktion  der 
Nährböden“  veröffentlicht.  Da  diese  Arbeit,  aus  Essen  a.  d.  R. 
vom  29.  November  1893  datiert,  ohne  jede  Angabe  des  Entstehungs- 


1)  Zeitscbr.  f.  Hygiene.  Bd.  XV.  Heft  1.  S.  179. 


11* 


168 


G.  Wolffhügel,  Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 


ortes  mitgeteilt  ist,  sehe  ich  mich,  zur  Wahrung  der  Rechte 
unserer  Arbeitsstätte,  veranlaßt,  bekannt  zu  geben,  daß  die  experi- 
mentellen Unterlagen,  soweit  dieselben  sich  auf  das  Verfahren  der 
Gelatinebereitung  beziehen,  zu  gutem  Teil  im  Institute  für 
medizinische  Chemie  und  Hygiene  der  Universität 
Göttingen  entstanden  und  in  meinem  Aufträge  sowie  untermeiner 
Leitung  erarbeitet  sind. 

Herr  Timpe  war  in  derZeit  vom  Mai  1891  bis  Juli  1893  (mit 
wiederholten,  zum  Teil  längeren  Unterbrechungen)  im  Institute  auf 
meine  Kosten  als  Privatassistent  angenommen,  um  mit  uns  die  Frage 
der  Verbesserung  der  Zubereitungsvorschriften  für  bakteriologische 
Nährböden  (durch  chemische  Analyse  der  Bestandteile,  Versuche  über 
die  Beseitigung  der  Schwierigkeit  des  Neutralisierens  bezw.  des  Her- 
stellens einer  Nährgelatine  von  bestimmter  Reaktion  und  bestimmtem 
chemischen  Bestände,  Feststellung  der  von  den  verschiedenen  patho- 
genen Bakterien  an  die  Beschaffenheit  des  Nährbodens  gestellten  An- 
sprüche u.  dgl.  mehr)  zu  bearbeiten.  Aus  diesen  Ermittelungen  ist 
u.  a.  auch  ein  Verfahren  der  Gelatinebereitung  unter 
Neutralisierung  mit  Phenolphtalein  und  nachträg- 
lichem Zusatz  einer  abgewogenen  Menge  von  Mono- 
phosphat hervorgegangen,  das  wir  im  Institute,  wie  Herr  Timpe 
weiß,  schon  seit  lange  gebrauchen. 

Zu  der  eigenmächtig  und  unter  Verschweigung  der  Herkunft  be- 
wirkten Veröffentlichung  ist  Herr  Timpe  um  so  weniger  berechtigt 
gewesen,  als  laut  brieflicher  Vereinbarung  bei  seiner  Indienstnahme 
für  die  unter  Mitwirkung  des  Privatassistenten  entstehenden  Arbeiten 
mir  das  alleinige  Veröffentlichungsrecht  Vorbehalten  war.  Wenn  nun 
der  Verf.  im  Gegensätze  zu  der  Entstehungsgeschichte  unseres  Ver- 
fahrens der  Gelatinebereitung  die  Reaktion  der  Eiweißkörper  zum 
Ausgangspunkte  seiner  Abhandlung  nimmt,  wenn  derselbe  die  im  In- 
stitute erarbeiteten  zahlreichen  ziffernmäßigen  Beweise  für  den  Wert 
der  neuen  Nährgelatine  unbenutzt  läßt,  bezw.  an  deren  Stelle  einige 
andere  Zahlen  setzt  oder  das  Rezept  für  die  Zubereitung  der  Gela- 
tine etwas  modifiziert1),  so  ändert  dieses  nichts  an  der  Thatsache, 
daß  Dr.  phil.  Hermann  Timpe  sich  zum  wenigsten  eines  unver- 
zeihlichen Vertrauensmißbrauches  schuldig  gemacht  hat. 

Es  ist  nicht  das  erste  Mal,  daß  Herr  Timpe  die  Beziehungen 
seiner  Arbeit  zu  unserem  Institute  absichtlich  verschweigt.  Auch  die 
wiederholt  erwähnte  Inauguraldissertation  (Leipzig  1892  und  Archiv 
für  Hygiene.  Bd.  XVIII.  1893.  p.  1)  ist  sowohl  in  ihrem  bakterio- 
logischen Inhalte  als  auch  in  der  Redaktion  zu  gutem  Teil  unter 
unserer  wirksamen  Beihilfe  entstanden,  ohne  daß  der  Verf.  es  mit  seinen 
Interessen  vereinbar  gefunden  hätte,  diese  Thatsache  zu  erwähnen. 

Ich  behalte  mir  vor,  demnächst  über  unsere  Vorschriften  zur 
Herstellung  von  Nährböden  zu  berichten. 

Göttingen,  den  31.  Dezember  1893. 


1)  Zufolge  einer  von  uns  vorgenommenen  Nachprüfung  ist  übrigens  die  gedachte 
Abänderung  nichts  weniger  als  eine  Verbesserung  des  Verfahrens. 


Bakterien  und  Pflanzen. 


169 


Referate. 


Russell,  H.  L.,  Bacteria  in  their  relation  to  vegetable 
tissue.  (A  dissertation  presented  to  the  Board  of  University 
Studies  of  the  Johns  Hopkins  University  for  the  Degree  of  Doctor 
of  Philosophy.  41  p.  Baltimore  1892.) 

Während  in  der  älteren  Litteratur  (einschließlich  der  Arbeiten 
von  De  Bary)  wenige  oder  gar  keine  Bakterienkraokheiten  leben- 
der Planzen  erwähnt  werden  und  man  die  Meinung  hegte,  daß  die 
lebende  Pflanze  durch  die  sauere  Reaktion  ihrer  Zellsäfte  u.  s.  w.  ein 
ungenügendes  Nährsubstrat  für  die  Bakterien  bildete,  fördert  bekannt- 
lich die  neuere  Bakteriologie  fortgesetzt  neue  Bakterienkrankheiten 
der  höheren  Pflanzen  zu  Tage  (vgl.  auch  Ludwig,  Lehrbuch  der 
nied.  Kryptog.  Stuttgart  1892).  Verf.  führt  in  einem  Anhänge  zur 
vorliegenden  Arbeit,  unter  näherer  Angabe  der  Wirtspflanzen,  Impf- 
versuche, Litteratur  u.  s.  w.,  bereits  22  durch  Bakterien  verursachte 
Planzenkrankheiten  auf,  welche  inzwischen  durch  die  Entdeckungen 
von  Krüger,  Went,  Noack  u.  a.  um  eine  Anzahl  neuer  Arten 
vermehrt  worden  sind.  Aber  auch  nach  einer  anderen  Richtung 
hin  hat  sich  die  Meinung  jener  älteren  Mykologen  als  nicht  stich- 
haltig erwiesen.  Lominsky  hat  zunächst  1890  (gl.  Ref.  im  Central- 
blatt für  Bakt.  u.  Parasitenkunde.  Bd.  VIII.  p.  325 — 329)  für  eine 
Reihe  von  besonders  bei  Tieren  pathogenen  Bakterienarten  (Milz- 
brand, Typhus,  Staphylococcus  pyogenes  aureus  u.  s.  w.) 
durch  ca.  800  Versuche  nachgewiesen,  daß  sie  unter  Um- 
ständen in  den  Geweben  höherer  Pflanzen  die  Bedingungen  zu  ihrer 
Weiterentwickelung  finden,  daß  die  betreffenden  Blattpartieen  oft 
schon  makroskopisch  durch  hellere  Flecke  (vgl.  auch  Savastano, 
Ann.  R.  Scuola  sup.  d.  Agr.  in  Portici.  Vol.  V.  1887)  erkennbar  sind. 
Verf.  hat  weiter  in  der  vorliegenden  Arbeit  das  Verhalten  der  ver- 
schiedensten — nicht  nur  der  zoopathogenen  — Bakterienarten  in 
den  Pflanzengeweben  untersucht  und  ist  zu  folgenden  Hauptresultaten 
gekommen: 

Die  künstliche  Ueberimpfung  von  Bakterien,  die  bisher  als  nicht 
pathogen  für  Pflanzen  galten,  auf  lebende  Pflanzen  ergab,  daß  eine 
ganze  Anzahl  unterschiedener  Bakterienspecies  befähigt  ist,  lange  Zeit 
im  pflanzlichen  Organismus  zu  leben  und  sich  zu  vermehren. 

Unter  ihnen  überwiegen  besonders  die  bisher  als  Saprophyten 
bekannten  Arten  (B.  fluorescens,  B.  acid.  lact. , B.  butyri- 
cus  u.  s.  w.),  doch  vermögen  wohl  alle  Saprophyten  in  den  pflanz- 
lichen Geweben  zu  gedeihen. 

Unter  den  als  fakultative  Tierparasiten  bekannten  Arten 
sind  nur  wenige,  wie  der  Bacillus  pyocyaneus  und  der 
Schweine  seuchebacillus,  imstande,  länger  in  pflanzlichen  Ge- 
weben fortzukommen.  Die  meisten  vermindern  sich  bald  an  Zahl  und 
sterben  schließlich  ab. 

Bei  Impfung  von  Pflanzen,  welche  den  natürlichen  Wirtspflanzen 
pflanzenschmarotzender  Bakterien  systematisch  fernstehen, 


170 


Bakterien  und  Pflanzen. 


vermögen  sich  die  letzteren  zwar  nicht  weiter  aaszubreiten,  aber  sie 
vermögen  an  der  Impfstelle  in  reichlicher  Menge  weiter  zu  leben. 

Viele  Bakterienspecies  lebten  in  den  pflauzlichen  Geweben  noch 
nach  40 — 80  und  mehr  Tagen,  manche  (besonders  Saprophyten) 
verbreiteten  sich  auch  von  der  Impfstelle  20 — 50  mm  und  weiter  in 
dem  Gewebe. 

Die  örtliche  Ausbreitung  geschah  immer  nach  oben  zu,  und  die 
Bakterien  fanden  sich  allgemein  intracellulär  (nicht  intercellulär). 

Die  vorstehend  genannten  Ergebnisse  bezüglich  der  Fähigkeit, 
besonders  der  saprophytischen  Bakterien,  in  Pflanzengeweben  zu  ge- 
deihen, werfen  einiges  Licht  auf  die  Frage  nach  dem  normalen  Vor- 
kommen von  Bakterien  in  gesunden  Pflanzen.  (Ueber  das  normale  Vor- 
kommen von  Bakterien  in  lebenden  Geweben  schrieben : B e r n h e i m und 
Büchner  [Münch,  med.  Wochenschr.  1888],  Lehmann  [1.  c.  1889. 
No.  7],  deVestea,  Fernbach  [Ann.  de  l’Inst.  Pasteur.  1888], 
Fazio  [vgl.  Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  VII.  p.  798],  Groucher  und 
Deschamps  [Arch.  Med.  Exp.  1893.  p.  53],  Galippe  [C.  R.  Soc. 
Biol.  1887],  Laurent  [Bull,  de  l’Ac.  roy.  de  Belg.  T.  X.  p.  38, 
T.  XIX.  1890.  p.  468],  Ralph  [Trans.  Roy.  Soc.  Victoria.  Vol.  XX. 
1884],  van  Tieghem  [Bull.  Soc.  Bot.  de  France.  Vol.  XXXI.  1884. 
p.  283.])  Eine  Anzahl  von  Kulturen,  die  von  inneren  Geweben  ge- 
sunder Pflanzenstengel  gemacht  wurden,  enthielten  keine  Bak- 
terien, nur  wenn  die  Stengel  vorher  verwundet  waren, 
wenn  auch  noch  so  wenig,  konnten  Bakterien  ins  Innere  gelangen, 
und  da  sie  daselbst  mehrere  Monate  lang  leben  können,  ist  es  mög- 
lich, daß  auch  nach  Vernarbung  der  Wunden  im  Innern  lebende 
Bakterien  gefunden  werden.  Bakterien,  die  nicht  dem  Parasitismus 
in  der  Pflanze  angepaßt  sind,  können,  wie  es  nach  den  Versuchen 
des  Verf.  scheint,  durch  die  unverletzte  Epidermis  nicht  ins  Innere 
der  Gewebe  gelangen,  während  dies  bei  parasitären  Arten  möglich  ist. 

Einige  der  besonderen  Ergebnisse  des  Verf.’s  zeigen  die  folgenden 
Tabellen. 


Saprophytische  Arten. 

Datum  der  Schluß-  Inkuba- 
Name  d.  Bakterienspecies  Impfung  termin  tionstage 

Wirtspflanze 

Ergebnis  l) 

Bacillus  prodigiosus 

20.  X. 

17. 

XI. 

27 

Tradescantia 

*» 

99 

20.  X. 

1. 

II. 

103 

i» 

— 

99 

26.  XI. 

ö. 

XII. 

10 

Geranium 

* 

99 

20.  XII. 

2. 

II. 

42 

i> 

*# 

B.  butyricus 

20.  XII. 

2. 

II. 

42 

i) 

** 

9» 

28.  XI. 

10. 

XII. 

13 

Limabohne 

# 

B.  luteus 

20.  XII. 

28. 

I. 

40 

Geranium 

## 

B.  Megaterium 

19.  XI. 

30. 

XI. 

11 

Limahohne 

* 

99 

19.  XI. 

30. 

XI. 

11 

ti 

— 

ft 

12.  I. 

25. 

II. 

44 

Geranium 

* 

B.  coli  commune 

1.  XII. 

20. 

XII. 

19 

i» 

*# 

» 

1.  XII. 

30. 

XII. 

29 

9» 

** 

B.  ac.  lactici 

12.  I. 

16. 

II. 

35 

99 

#* 

B.  fluorescens 

12.  I. 

24. 

II. 

43 

»9 

** 

B.  lactis  aerogenes 

4.  I. 

14. 

II. 

10 

99 

« 

1)  * wenige,  **  zahlreiche  Bakterien  vorhanden,  — keine  Bakterien  vorhanden. 
Zahlen  bedeuten  die  Zahlen  der  Kolonieen,  die  in  der  Kultur  aus  dem  infizierten  Ge- 
webe erwuchsen. 


Gärung. 


171 


Zoopathogene  Arten. 


Datum  der 

Schluß- 

Inkuba- 

Name d.  Bakterienspecies 

Impfung 

termin 

tionstage 

Wirtspflanze 

Ergebnis 

B.  pyocyaneus 

27.  XI. 

4.  II. 

69 

Begonia 

** 

7t 

28.  XI. 

30.  XII. 

32 

Geranium 

#* 

ft 

27.  XI. 

2.  I. 

36 

Penthorum 

** 

B.  anthracis 

20.  XI. 

26.  I. 

38 

Geranium 

— 

ff 

19.  XI. 

30.  XI. 

11 

Limabohne 

(0 

f) 

20.  XI. 

25.  XI. 

5 

Echmocactus 

(2) 

Staph.  epid.  alb. 

20.  XI. 

28.  I. 

40 

Geranium 

Staph.  pyog.  aur. 

12.  I. 

23.  II. 

42 

if 

— 

ff  ff  ff 

10.  XII. 

23.  XII. 

13 

Limabohne 

(3) 

Mic.  cer.  flav. 

12.  I. 

19.  II. 

38 

Geranium 

(4) 

Cholera  gallinarum 

20.  II. 

10.  III. 

18 

it 

* 

Schweineseuche 

8.  III. 

25.  III. 

17 

9t 

** 

Mic.  tetragenus 

• 22.  'UI. 

15.  IV. 

25 

99 

— 

Bac.  diphtheriae 

8.  III. 

18.  III. 

10 

ff 

“ 

Phytopathogene  Arten. 


B.  amylovorus  in  Begonia  (30  Tage),  Phaseolus  vulgaris  (30  Tage),  Ph. 

lunatus  (16  Tage) 

Tradescantia  alba  (60  Tage) 

B.  avenae  in  Begonia,  Allium,  Weizen  u.  s.  w.  (30  Tage) 


Kultur 

vom  Impfstich  Kultur  vom  Nachbargewebe 


Bacillus  luteus 

in 

Geranium 

40  Tage 

1850 

Kolonieen 

10 

mm 

oben 

1764 

Kolonieen 

B.  fluorescens 

fi 

ff 

43  „ 

4200 

ff 

5 

ft 

tt 

3850 

ff 

19 

ff 

ff 

43  ,, 

4200 

tf 

3 

ft 

unten 

350 

ft 

B.  butyricus 

ft 

ff 

48  „ 

104 

ff 

5 

tt 

oben 

45 

ff 

ff 

ff 

ff 

48  „ 

104 

ff 

10 

tf 

tf 

20 

tf 

B.  acidi  lacti 

ff 

ff 

35  „ 

6500 

ff 

5 

tf 

tt 

4200 

tt 

» V 

ff 

ff 

35  „ 

6500 

ff 

25 

ft 

tt 

2250 

f? 

ff  tf 

ff 

ff 

35  „ 

6500 

ft 

3 

tt 

unten 

2000 

ff 

Die  Abhandlung  enthält  noch  eine  Reihe  wichtiger  Untersuchungen 
und  Erörterungen  über  die  Art  der  Verbreitung  der  Bakterien  in  den 
pflanzlichen  Geweben,  über  deren  Beeinflussung  dieser  durch  erstere, 
über  den  Widerstand  („Resistance“)  und  die  Immunität  („immunity“) 
der  Pflanzen  gegen  die  Bakterien  (die  vegetabilischen  Zellsäfte  be- 
sitzen an  sich  keine  keimtötenden  Eigenschaften  wie  im  Tierkörper 
z.  B.  das  Blutserum  u.  s.  w.),  welche  allgemeines  Interesse  bean- 
spruchen, bezüglich  deren  wir  jedoch  wie  in  Bezug  auf  die  Unter- 
suchungsmethode selbst  hier  auf  das  Original  verweisen  wollen. 

Ludwig  (Greiz). 

Beijerinck,  M.  W.,  Ueber  die  Butylalkoholgärung  und 
das  Butylferment.  (Verhandl.  der  Koninklijke  Akademie  vau 
Wetenschappen  te  Amsterdam.  Sect.  II.  Deel  I.  No.  10.)  51  p. 
Amsterdam  (Johannes  Müller)  1893. 

Die  behandelte  Gärung  hat  als  Produkt  den  normalen  Butyl- 
alkohol,  der  bei  117°  C siedet  und  in  12  Teilen  Wasser  löslich  ist, 
woraus  er  durch  Chlorcalcium  abgeschieden  werden  kann.  Durch 
Oxydation  wird  er  in  normale  Buttersäure  übergeführt.  Der  Alkohol 
ist  nicht  nur  das  Produkt  des  vom  Verf.  alsGranulobacter  buty- 
licum  bezeichneten  Fermentes,  sondern  tritt  auch  in  kleinen  Quanti- 


172 


Gärung. 


täten  bei  der  Buttersäuregärung  von  Glukose,  Rohrzucker,  Glycerin, 
Mannit  durch  Granulobactersaccharobutyricum,in  Maltose- 
würzen durch  einen  im  Gartenboden  verbreiteten  Streptococcus 
und  durch  ein  mit  Erde  vom  Senegal  eingeführtes  Clostridium 
auf,  vermutlich  ein  ziemlich  verbreitetes  Produkt  des  Bakterienlebens. 
Verf.  hat  zuerst  1886  beobachtet,  daß  bei  der  Einmaischung  ver- 
schiedener Getreidemehl-  und  Gerstenmalzvarietäten  und  nachfolgen- 
der 24-stündiger  Aufbewahrung  der  Maische  bei  Brüttemperatur  eine 
Butylalkoholgärung  unter  reichlicher  Wasserstoff-  und  Kohlensäure- 
produktion zustande  kommt,  während  aus  anderen  Mehlmusteru  bei 
gleicher  Behandlung  neben  den  genannten  Gasen  und  sehr  wenig 
Butylalkohol  der  Hauptsache  nach  Buttersäure  entstand.  Die  hierbei 
und  in  der  Folge  vom  Verf.  beobachteten  Bakterien,  die  bisher  mit 
den  Namen  Bacillus  Amylobacter  und  Clostridium  buty- 
ricum  bezeichnet,  aber  nicht  geuügend  unterschieden  worden  sind, 
ferner  das  Buttersäureferment  des  Calciumlactates  und  den  bisher 
als  Bacillus  Polymyxa  bezeichneten  Spaltpilz  stellt  Verf.  zu 
der  neuen  Gattung  Granulobacter , für  die  er  folgende  Diagnose 
giebt:  „Obligat  oder  temporär  anaerobe  Gärungsbakterien,  welche 
bei  vollständiger  Anaerobiose  sich  teilweise  oder  ganz  mit  Granulöse 
anfüllen  und  dann  Clostridiumform  annehmen.  Bei  Gegenwart 
von  Sauerstoffspuren  entstehen  schnell  bewegliche  Stäbchen,  welche 
mit  Jod  gelb  werden. 

Sporen  entstehen  in  den  Clostridien  und  können  einige  Sekunden 
oder  Minuten  auf  95 — 100 0 C in  den  Nährflüssigkeiten  erhitzt  werden, 
wodurch  die  Entfernung  von  verunreinigenden  Bakterien  möglich  ist. 
Unter  den  Gärungsprodukten  finden  sich  immer  Kohlensäure  und 
gewöhnlich  auch  Wasserstoff,  während  Methan  vollständig  fehlt.“ 

Granulobacter  butylicum  (?  Gruber’s  Bacillus 
Amylobacter  I)  ist  das  Butylferment  vieler  Getreidemehlvarietäten, 
besonders  häufig  auf  Hordeum  distichura  nudum,  H.  vul- 
gare himalayense.  Es  ist  anaerobisch,  erzeugt  aus  Maltose 
normalen  Butylalkohol,  Wasserstoff  und  Kohlensäure,  aber  keine 
Buttersäure.  Während  der  Gäruug  entsteht  viel  Diastase,  die  ein- 
heitlich ist  und  auch  keine  Glukase  enthält.  (Verf.  gebraucht  das 
Wort  „Amylase“  als  Gattungsnamen  für  die  amylolytisch  wirkenden 
Enzyme:  1.  Maltase,  II.  Dextrinase,  die  beide  die  „Malzdiastase“  dar- 
stellen, III.  Ptyalin  und  Pankreasdiastase,  IV.  Diastase  sensu  strict., 
umfassend  Maismalzdiastase,  Butyldiastase,  Buchweizendiastase,  Nycta- 
gineendiastase,  V.  Glukase.)  Sporen  groß,  Clostridien  dick  und  kurz. 
Die  Kolonieen  in  Malzwürzgelatine  sind  milchweiß,  zähschleimig, 
verflüssigen  nicht. 

Granulobacter  saccharobuty  ricu  m (=  Bacillus  bu- 
tylicus  Fitz,  De  Bary’s  Abbild,  von  Bacillus  Amylobacter) 
ist  das  echte  Buttersäureferment  des  Zuckers.  Kommt  stets  vor  auf 
Getreidemehl  und  in  Erde  von  Gartenboden  und  ist  auch  in  Graben- 
schlamm sehr  verbreitet;  das  anaerobe  Ferment  der  gewöhnlichen 
Buttersäuregärung  aus  Glukose  und  (schwieriger)  aus  Maltose.  Es 
erzeugt  neben  Gärungsbuttersäure  in  wechselnder  Menge  normalen 
Butylalkohol,  Kohlensäure  und  Wasserstoff.  Während  der  Gärung 


Gärung. 


173 


entsteht  Diastase.  Die  Clostridien  sind  schmaler,  Sporen  und  Gra- 
nuloseorgan  kleiner,  als  bei  voriger  Spezies.  Die  Kolonieen  wachsen 
in  Malzwürzegelatine  langsamer,  bleiben  kleiner  und  werden  nicht  so 
zähe,  wie  bei  Gr.  butylicum.  Verflüssigt  die  Gelatine  nicht. 

Granulobacter  lactobutyricum  (cf.  Pasteur,  fitudes 
sur  la  biere.  1876.  p.  282),  das  Buttersäureferment  des  Calcium- 
lactates, aus  dem  es  als  anaerobe  Clostridiumform  Calcium- 
butyrat,  Wasserstoff  und  Kohlensäure  mit  unbekannten  Neben- 
produkten, aber  kein  Methan  erzeugt.  Es  verliert  sehr  leicht  die 
Gärkraft  und  wird  dann  zu  einer  Stäbchenbakterie,  die  Bacillus 
subtilis  ähnelt,  jedoch  anfangs  Calciumlactat  energisch  zersetzt 
unter  Bildung  von  Calciumkarbonat  ohne  Buttersäurebildung.  Diese 
aerobe  Form  verflüssigt  die  Gelatine  schwach,  verwandelt  sich  nicht 
in  die  vorigen  Arten  und  wächst  nicht  in  deren  Nährlösungen.  Die 
Clostridien  sind  gewöhnlich  sehr  kurz  und  dick,  nur  langsam  beweg- 
lich, die  Endosporen  klein,  mehr  rund,  als  beim  Butylferment.  Die 
Granulöse  färbt  sich  mit  Jod  nicht  rein  blau,  sondern  violettblau. 
Die  aerobe  Form  enthält  in  den  in  Reihen  angeordneten  Sporen 
keine  Granulöse  und  wird  mit  Jod  gelblich.  Das  dadurch  aus  dem 
Lactat  erzeugte  Calciumkarbonat  besteht  aus  großen  Spbäriten. 
Nach  einigen  Ueberimpfungen  hört  das  Wachstum  bei  Luftzutritt 
gänzlich  auf.  Auch  die  anaerobe  Form  veranlaßt  nur  einzelne 
Gärungen,  um  dann  bei  fortgesetzter  Ueberimpfung  einzugehen.  In 
den  spontanen  Buttersäuregärungen  des  Calciumlactates. 

Granulobacter  Polymyxa  (Praimowski  1880).  Tem- 
porär anaerobe  Gärungsbakterie  der  Malzwürze,  am  besten  wachsend 
bei  völligem  Luftzutritt,  aber  nur  bei  beschränkter  Lüftung  gärend. 
Die  Luftform  besteht  nur  aus  beweglichen  Stäbchen,  die  Gär- 
form aus  Clostridien  mit  wenig  Granulöse  und  meist  mit  Sporen. 
Sie  erzeugt  einen  weichen,  massigen  Schleim.  Bei  der  Gärung  ent- 
steht nur  Kohlensäure  und  spurenweise  Butylalkohol,  kein  Wasserstoff 
und  keine  Buttersäure.  Die  Nährgelatine  wird  langsam,  aber  völlig 
vergoren.  Der  Spaltpilz,  der  etwas  Diastase  erzeugt,  ist  ein  kon- 
stanter Bewohner  der  Butylansätze  und  sicherlich  auf  Getreidekörnern 
heimisch.  Uebergangsform  von  Granulobacter  zu  den  „Heu- 
bacillen“. 

Zwei  weitere  Granulobakterien  aus  Grabenmoder  und  von  Getreide- 
körnern ließen  sich  nicht  kultivieren.  Wahrscheinlich  gehört  auch 
Leptothrix  buccalis  aus  dem  Zahnschleime  zu  den  Granulo- 
bakterien. Im  Staube  orientalischen  Getreides  fand  Verf.  noch  Neben- 
arten zu  Gr.  Polymyxa,  deren  eine  aerobe  Art  sehr  zähe  Zooglöen 
bildet  und  Glykogen  anstatt  Granulöse  enthält. 

Systematisch  stehen  die  Granulobakterien  neben  den  Heu-  und 
Kartoflelbacillen,  andererseits  dürften  systematisch  Bienstock’s 
Bacillus  putrefaciens  coli  und  die  übrigen  sporenbildenden 
Fäulnisbakterien  der  Eiweißkörper  damit  Zusammenhängen. 

Granulobacter  butylicum,  wie  Gr.  saccharobutyri- 
cum  besitzen  noch  mehrere  Formvarietäten  (z.  T.  von  Zwischen- 
stellung). Die  vorliegende  Abhandlung  beschäftigt  sich  aber  nur  mit 
dem  scharf  charakterisierten  Butylferment,  obwohl  Gr.  saccharo- 
butyricum  allgemeiner  verbreitet  ist  Letzteres  verdrängt  Gr. 


174 


Gärung. 


butylicum  leicht  in  den  Getreidemaischen,  indem  es  aus  Glukose 
die  für  das  Butylferment  verderbliche  Buttersäure  erzeugt.  Die 
glukosehaltigen  Maischen  von  Mais,  Sorgho,  Reis  und  Buchweizen, 
auch  das  Johannisbrot,  sind  dadurch  sehr  gut  für  G.  saccharo- 
butyricum,  aber  nicht  für  G.  butylicum  geeignet. 

Verf.  behandelt  in  besonderen  Kapiteln,  bezüglich  deren  wir  auf 
die  wichtige  Abhandlung  selbst  verweisen: 

Den  Butylansatz.  — Die  Gärungsflüssigkeit.  — Reinkultur  des 
Butylfermentes  in  Nährgelatine.  Methodisches.  — Den  Butylgärungs- 
kolben  und  die  Hauptgärung.  — Den  Verlauf  einer  Butylgärung.  — 
Form  Verhältnisse  und  Beweglichkeit  des  Butylfermentes.  — Das  Vor- 
kommen von  gebundenem  Sauerstoff  in  den  Gärungswürzen.  Aus- 
gang und  Ende  der  Butylgärung.  — Die  Butylgärungsgase  und  den 
Butylalkohol.  — Die  Gewinnung  der  Butylbakterien  und  deren  Stick- 
stoffgehalt. — Die  Granulobactergranulose  und  die  Granulobacter- 
diastase.  — Die  biologische  Bedeutung  der  Gärungen.  — Reduk- 
tionsfunktion des  Butylfermentes.  — Allgemeines  über  Anaerobiose, 
Reduktionsfunktion  und  Gärung. 

Von  besonderer  Bedeutung  sind  die  Ergebnisse,  zu  denen  der 
Verf.  über  Gärung,  Anaerobiose  und  Reduktionsfunktion  gelangt,  und 
die  er  in  den  folgenden  Thesen  ausspricht: 

1)  Es  giebt  drei  verschiedene  Formen  der  Anaerobiose,  nämlich: 
die  wahre  fakultative,  die  scheinbar  fakultative  oder 
temporäre  und  die  obligate. 

2)  Die  fakultative  Anaerobiose,  wie  z.  B.  bei  den  in- 
dustriellen Milchsäurefermenten,  ist  charakterisiert  durch  Unabhängig- 
keit vom  freien  Sauerstoff,  wenn  reduktionsfähiges  Nährmaterial  ge- 
boten ist. 

Die  temporäre  Anaerobiose,  wie  z.  B.  bei  Mucor  race- 
mosus,  den  Alkoholhefen  und  einigen  Gärungsbakterien,  wie  Photo- 
bacterium  phosphorescens,  beruht  auf  der  Gegenwart  einer 
gebundenen  Sauerstoffreserve  in  den  Zellen,  welche  bei  den  aktiven 
Alkoholhefen  einzelne  (20 — 30)  Zellteilungen  erlaubt,  ehe  aufs  neue 
Sauerstoffzutritt  nötig  wird.  Findet  letzterer  dann  nicht  statt,  so 
sterben  die  Zellen  allmählich  ab,  auch  bei  der  Gegenwart  günstiger, 
reduktionsfähiger,  lose  gebundenen  Sauerstoff  enthaltender  Nahrung. 

Die  obligate  Anaerobiose,  wie  bei  dem  Butylfermente,  er- 
heischt vollständige  Abwesenheit  von  freiem  Sauerstoff  und  Gegen- 
wart von  reduktionsfähigem  Nährmaterial. 

3)  Gärungs-  und  Reduktionsfuuktion  sind  von  einander  unabhängig. 
Dies  erhellt  daraus,  daß  die  temporär  anaerobe  Alkoholhefe  gärt,  ohne 
zu  reduzieren,  während  die  temporär  anaerobe  Leuchtbakterie  Photo  - 
bacterium  phosphorescens  gärt  und  zu  gleicher  Zeit  reduziert. 

4)  Gärung  kann  mit  allen  drei  Formen  der  Anaerobiose  kombiniert 
Vorkommen  und  fehlt  nur  bei  den  vollständig  aeroben  Organismen. 

5)  Wahre  fakultative  und  obligate  Auaerobiose  sind  unzertrenn- 
lich an  reduktionsfähiges  Nährmaterial  gebunden. 

6)  Die  Reduktionsfunktion  kann  mit  allen  Formen  der  Anaerobiose, 
sowie  mit  der  vollständigen  Aerobiose  kombiniert  Vorkommen. 

7)  Die  Fakultativanaerobien  sowie  die  Obligatanaerobien  können 


Harntoxine. 


175 


bei  Abwesenheit  von  Substanzen,  welche  zugleich  assimilations-  und 
reduktionsfähig  sind,  oder  auch  bei  Gegenwart  wohl  reduktions-,  allein 
nicht  assimilationsfähiger  Stoffe  und  bei  sonst  geeigneten  Ernährungs- 
bedingungen scheinbar  als  Aerobien  leben  und  wachsen,  d.  h.  die- 
selben erheischen  dann  freien  Sauerstoff,  wenn  auch  von  niedrigerer 
Spannung.  Die  letzte  These  ist  für  die  Erklärung  der  biologischen 
Bedeutung  der  Gärungen  besonders  wichtig. 

8)  Die  Gärfunktion  ist  notwendigerweise  von  Gas- 
bildung begleitet  (nur  dann  ist  das  Wort  Gärung  zulässig). 
Die  Gärung  bezweckt  durch  die  Gasbildung,  die  zu  einer  der  drei 
Klassen  der  Anaerobien  gehörigen  Urheber  durch  das  Gas  dem  freien 
Sauerstoff  entgegeuzuführen.  Das  Funktionsoptimum  des  dafür  er- 
wünschten Sauerstoffdruckes  liegt  bei  den  Obligatanaerobien,  bei  Gegen- 
wart reduktionsfähiger  Nahrung,  bei  0,  bei  Abwesenheit  reduktions- 
fähiger Nahrung  oberhalb  0,  allein  niedriger,  als  es  der  Löslichkeit 
dieses  Gases  unter  dem  gewöhnlichen  Luftdrucke  entspricht. 

Ludwig  (Greiz). 

Jawein,  Zur  Frage  von  den  Toxinen  des  tierischen 

Harns  bei  akuten  Infektionskrankheiten.  (Wratsch. 

1893.  No.  7 — 8.)  [Russisch.] 

Verf.  machte  eine  ganze  Reihe  von  Versuchen  an  Kaninchen  und 
Meerschweinchen,  um  auf  experimentellem  Wege  die  Anwesenheit  und 
die  pathogenen  Eigenschaften  der  Toxine,  welche  in  den  Harn  infi- 
zierter Tiere  übergehen  können,  zu  prüfen.  Er  arbeitete  mit  Tieren, 
welche  einer  Infektion  mit  dem  F raenkel’schen  Diplococcus, 
Bac.  pyocyaneus,  Streptococcus  erysipelatosus,  Bac. 
anthracis,  Vibrio  cholerae  asiaticae,  Bac.  Hogcholerae 
unterworfen  waren ; ihren  Harn  führte  er  in  die  Bauchhöhle  anderer 
Tiere  ein,  um  die  Wirkung  desselben  zu  prüfen. 

Verf.  kam  sehr  bald  zur  Ueberzeugung,  daß  alle  diese  pathogenen 
Bakterien  recht  schnell  in  den  Harn  übergehen  — er  erhielt  immer 
Reinkulturen  derselben  aus  dem  Harne  — und  da  ihre  pathogenen 
Eigenschaften  in  keiner  Weise  geschmälert  werden,  so  ergaben 
die  erhaltenen  Reinkulturen,  auf  Tiere  verimpft,  das  gewöhnliche  Bild 
der  entsprechenden  Infektion.  Daß  jedoch  gewisse  Toxine  im  Harne 
infizierter  Tiere  anwesend  sind,  bewiesen  die  Versuche  mit  Fraenkel’s 
Diplokokken,  Strept.  erysip. , Bac.  anthrac.  und  Bac.  pyo- 
cyaneus, bei  welchen  die  Bakterien  des  Harns  vorläufig  mittels 
Chloroform  resp.  1-stündiger  Erwärmung  bis  auf  + 58°  C getötet 
waren.  Die  Tiere,  welchen  der  auf  diese  Weise  sterilisierte  Harn  in 
die  Bauchhöhle  eingeführt  war,  gingen  in  kurzer  Zeit  wegen  Kachexie 
zu  Grunde. 

Bei  den  Versuchen  mit  Choleravibrionen  au  Meerschweinchen 
kam  es  wohl  vor,  daß  der  Harn  keine  Vibrionen  enthielt,  besonders 
wenn  die  Infektion  durch  die  Bauchhöhle  geschah,  doch  gelang  es  in 
diesen  Fällen  nicht,  eine  genügende  Quantität  Harn  zu  sammeln,  um 
ihn  auf  den  Gehalt  von  Toxinen  prüfen  zu  können.  Bei  subkutaner 
Impfung  von  Choleravibrionen  (an  Kaninchen)  gehen  die  Bakterien 
sehr  bald  zu  Grunde,  gelangen  daher  auch  nicht  in  den  Harn.  Verf. 


176 


Infektion  der  Schußwunden. 


wandte  diesen  bakterienlosen  Harn  zur  Einführung  in  die  Bauchhöhle 
von  Meerschweinchen  an  und  überzeugte  sich,  daß  er  auch  toxin- 
frei ist. 

Bei  der  Infektion  mit  Hogcholera  gehen  die  Bakterien  zu- 
meist auch  in  den  Harn  über.  Dem  Verf.  gelang  es  jedoch,  aus 
einer  großen  Versuchsreihe  ein  gewisses  Quantum  Harn  zu  erlangen, 
welcher  bakterienfrei  war,  und  ihn  3 Kaninchen  in  die  Ohrvene,  resp. 
in  die  Bauchhöhle  einzuführen.  Die  Kaninchen  fieberten  den  ganzen 
Tag,  genasen  jedoch  vollständig  und  dienten  dann,  gleichzeitig  mit 
einem  Kontrolliere,  zum  Versuche  mit  der  Hogcholerabakterien- 
infektion.  Das  Kontrollier  ging  nach  3 Tagen  zu  Grunde,  das  eine 
der  Versuchstiere  nach  7 Tagen,  die  übrigen  zwei  Versuchstiere 
blieben  anscheinend  gesund  am  Leben. 

Der  Harn  von  mit  Hogcholerabakterien  infizierten  Kaninchen  ent- 
hält also  Substanzen,  welche,  anderen  Kaninchen  eingeführt,  dieselben 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  gegen  eine  tötliche  Infektion  mit  den- 
selben Bakterien  immunisieren.  Daß  diese  Substanzen  nicht  Hog- 
choleratoxine  waren,  sondern  ausschließlich  immunisierende  Körper, 
beweist  die  Abwesenheit  der  typischen  Vergiftungserscheinungen, 
welche  für  die  Hogcholeratoxinvergiftung  charakteristisch  sind. 

Aus  allen  diesen  Versuchen  schließt  der  Verf.,  daß  man  heutzu- 
tage noch  nicht  über  spezifische,  durch  die  Nieren  secernierte  Toxine 
sprechen  darf,  da  nur  in  den  Fällen  Toxine  im  Harne  nachgewiesen 
werden  können,  wenn  der  Harn  die  betreffenden  Bakterien  enthält. 
Die  Frage,  ob  die  Toxine  im  Harne  durch  Lebensthätigkeit  der 
Bakterien  erzeugt  oder  von  den  Nieren  secerniert  werden,  bleibt 
noch  offen.  Sind  im  Harne  keine  Bakterien  nachzuweisen,  so  fehlen 
darin  auch  Toxine,  dagegen  können  (wie  bei  Hogcholerainfektion) 
immunisierende  Substanzen  vorhanden  sein. 

Steinhaus  (Warschau). 

Pfuhl,  Ueber  die  Infektion  der  Schußwunden  durch  mit- 
gerissene Kleiderfetzen.  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infektions- 
krankh.  XIII.  Heft  3.) 

Dem  Vorschläge  Langenbeck’s,  bei  Schuß  Verletzungen  sofort 
durch  Naht  oder  Heftpflaster  die  Wunde  zu  schließen  und  dann  den 
Verwundeten  dem  nächsten  Lazarett  zuzuführen,  haben  in  der  Dis- 
kussion Bruns  und  König  widersprochen  mit  der  Motivierung, 
daß  die  mitgerissenen  und  in  den  Wundkanal  eindringenden  Fremd- 
körper, namentlich  Kleiderfetzen,  eine  Infektion  der  Wunde  bewirken 
würden.  Pf.  hat  nun  einige  Versuche  angestellt,  um  zu  prüfen,  ob 
die  in  die  WundeD  mitgerissenen  Kleiderfetzen  thatsächlich  für  die 
Wundinfektion  die  Bedeutung  haben,  die  man  ihnen  bisher  allgemein 
zuschrieb.  Als  Erreger  der  Infektion  kommen  besonders  die  Strepto- 
kokken und  die  weniger  gefährlichen  Staphylokokken  in  Betracht. 

Die  Versuche  wurden  an  weißen  Mäusen  und  Kaninchen  in  der 
Weise  vorgenommen,  daß  kleine  Zeugstückchen  von  3 — 4 mm  Durch- 
messer in  die  Haut,  in  die  Muskulatur,  in  Pleura-  oder  Peritoneal- 
höhle gebracht  wurden.  Die  Zeugstücken  waren  den  verschiedensten 
Teilen  der  Bekleidung  von  5 Soldaten,  1 Dienstmann,  1 Arbeiter 


Pneumonie. 


177 


und  6 anderen  Personen  entnommen , wobei  besonders  die  am 
stärksten  bestaubten  und  beschmutzten  Stellen  ausgesucht  wurden. 
Es  wurden  26  Mäuse  geimpft  — erfolglos,  keine  Wundreaktion  er- 
folgte, während  bei  Kontrollieren  die  Impfung  mit  staphylokokken- 
haltigen Zeugstücken  Hautnekrose  an  der  Impfstelle  hervorrief. 
Weiterhin  wurden  10  Kaninchen  in  derselben  Weise  an  den  Ohren 
mit  26  Zeugstücken  geimpft.  Hier  zeigten  sich  stets  Stauungs- 
erscheinungeu,  während  die  Stücke  einheilten,  aber  es  trat  das  gleiche 
auch  bei  der  Impfung  mit  sterilen  Tuchstücken  ein.  Nur  an  drei 
Impfstellen  bildeten  sich  kleine  „grützbeutelartige  Cysten“,  deren 
Inhalt  aber  bakterienfrei  erschien.  Nie  entstand  eine  Entzündung, 
auch  nicht  in  den  4 Fällen,  wo  ein  Heftpflasterstreifen  um  die  Basis 
des  Ohres  zur  Erzielung  von  venöser  Stase  gelegt  war.  Bei  2 Ka- 
ninchen wurden  2 — 3 cm  lange,  1/3 — 1/2  cm  breite  Tuchstreifen  in 
die  Pleura-  resp.  in  die  Peritonealhöhle  gebracht,  auch  hier  trat 
glatte  Heilung  ein.  Ein  mit  monatealtem  Staub  bedeckter  Tuch- 
streifen bewirkte  ferner,  in  die  Pleura  eines  Kaninchens  gebracht, 
nur  eine  leichte  Störung  des  Allgemeinbefindens,  während  zwei 
weitere  mit  Staphylokokken,  bezw.  Streptokokken  geimpfte  Tuch- 
streifen dem  Versuchstiere  schwere  Krankheit,  resp.  Tod  brachte. 

Demnach  waren  in  51  Zeugproben  keine  virulenten  Wundinfektions- 
erreger enthalten ; wenn  dieselben  überhaupt  vorhanden  waren,  so  war 
ihre  Virulenz  stark  vermindert,  wie  sich  ja  auch  aus  den  ungünstigen 
Lebensbedingungen,  denen  die  Kokken  au  den  Kleidern  unterworfen 
sind,  zur  Genüge  erklärt. 

Pf.  schließt  aus  diesen  Versuchen,  daß  die  Gefahr  der  Wund- 
infektion durch  mitgerissene  Kleiderfetzen  bisher  überschätzt  sei. 

Spener  (Berlin). 

Wassermann,  Ueber  differentielle  Diagnostik  von  ent- 
zündlichen Lungenaffektionen.  [Aus  dem  Institut  f.  In- 
fektionskrankh.  in  Berlin.]  (Deutsche  medizin.  Wochenschr.  1893. 
No.  47.) 

Wenn  bisher  die  akute  krupöse  Lungenentzündung  allgemein  als 
eine  bestimmte  Infektionskrankheit  betrachtet  wird,  so  wird  ebenso 
übereinstimmend  zugegeben,  daß  es  sich  bei  den  lobulären  und 
Bronchopneumonieen  nicht  um  einheitliche  Vorgänge  handelt.  Man 
hat  versucht,  Krankheitsprozesse  dieser  Art  nach  klinischen,  oder 
pathologisch- anatomischen  Gesichtspunkten  zu  beurteilen  und  von 
einander  zu  trennen;  das  einzig  sichere  Unterscheidungsmittel  gewährt 
indessen  die  Aetiologie.  Es  darf  als  sicher  gelten,  daß  Tuberkel- 
bacillen, Fraenkel’sche  Diplobacillen,  Pfeiffer’ sehe  Influenza- 
bacillen, Fri edländer’sche  Bacillen,  Staphylokokken  und  Strepto- 
kokken entzündliche  Vorgänge  in  den  Lungen  hervorrufen  können, 
und  je  nach  Art  des  Krankheitserregers  pflegen  die  einzelnen  Krank- 
heitsbilder von  einander  abzuweichen.  Verf.  hat  im  besonderen  die 
durch  Streptokokken  und  Influenzabacillen  erzeugten  Lungenent- 
zündungen zum  Gegenstand  eingehender  Beobachtungen  gemacht. 

Streptokokkenpneumonieen  sind  bisher  von  Weichselbaum 
(diese  Zeitschr.  Bd.  I.  p.  589),  Naumann  (ebenda  p.  591)  und 


178 


Pneumonie. 


Finkler  (ebenda  Bd.  XI.  p.  208  ff.)  beschrieben  und  von  den  letzt- 
bezeichneten  Forschern  mit  den  von  französischen  Autoren  als  pneu- 
monie  infectieuse  bezeichneten  schweren  Aflfektionen  identifiziert 
worden.  In  den  von  Wassermann  beobachteten  Fällen  fehlten 
die  schweren  Allgemeinerscheinungen.  Jene  Erkrankungen,  von  denen 
zwei  als  Beispiele  von  dem  Verf.  ausführlich  mitgeteilt  werden,  er- 
innerten in  ihren  äußeren  Erscheinungen  sehr  an  Tuberkulose.  All- 
mähliche Entstehung  des  Leidens,  Abmagerung  der  Patienten, 
Schweiße,  Lokalisation  und  physikalische  Symptome  der  Krankheits- 
vorgänge sprachen  durchaus  für  deren  Vorhandensein.  Während 
einige  Male  die  Abwesenheit  der  Koch’ sehen  Bacillen  in  dem  reich- 
lichen eiterigen  Sputum  zu  Zweifeln  an  jener  Diagnose  berechtigte, 
war  in  anderen  Fällen  die  Erfolglosigkeit  einer  bezüglichen  Unter- 
suchung durch  die  Spärlichkeit  des  Auswurfes  genügend  erklärt. 
Sichere  Merkmale  für  die  Unterscheidung  gewährten  indessen  das 
Ausbleiben  der  Reaktion  nach  Tuberkulininjektionen  und  der  Nach- 
weis von  Streptokokken  im  Auswurf  in  Reinkultur  oder  doch  in  großen 
Massen.  Fälle  dieser  Art  zeichneten  sich  auch  durch  einen  eigentüm- 
lichen Fieberverlauf  aus.  Die  charakteristische  „Streptokokkenkurve“ 
war  entsprechend  den  zahlreichen  Intermissionen  und  Remissionen 
des  Fiebers  reich  an  spitzen  Zacken.  Die  Temperaturerhöhungen  traten 
immer  ganz  plötzlich  ein  und  waren  zuweilen,  aber  keineswegs  regel- 
mäßig von  Frost  begleitet.  Die  Krankheit  nahm  in  den  vom  Verf. 
beobachteten  Fällen  einen  langsamen  Verlauf,  endete  jedoch  stets  in 
Genesung.  Therapeutisch  wurden  nach  R.  Koch’s  Rat  Inhalationen 
von  ätherischen  Oelen  oder  konzentierter  Aetherkampherlösung  ange- 
wendet, da  diese  Mittel  die  Streptokokken  zu  schädigen  geeignet  sind. 

In  allen  Fällen  handelte  es  sich  um  einen  Streptococcus 
longus;  derselbe  bildet  auf  Agar  feingranulierte,  bräunliche  Ko- 
lonien, an  deren  Rande  bei  stärkerer  Vergrößerung  ranken-  und 
schlingenförmige  Ketten  zu  bemerken  sind.  In  Bouillon,  noch  besser 
in  1-proz.  Traubenzuckerbouillon,  bildet  sich  nach  24  Stunden  ein 
feinflockiger  Niederschlag  in  der  Kuppe  des  Reagenzglases,  während  die 
übrige  Flüssigkeit  klar  bleibt.  Die  Virulenz  für  Tiere  war  verschieden, 
doch  waren  die  Streptokokken  stets  pathogen  für  Kaninchen.  Meistens 
genügte  0,2  ccm  einer  24-stündigen  Bouillonkultur  in  die  Ohrvenen 
injiziert,  um  ein  solches  Tier  innerhalb  3 — 4 Tagen  zu  töten.  Die 
Streptokokken  waren  alsdann  im  Blute  und  allen  Organen  nach- 
zuweisen. Ein  entsprechender  Zusammenhang  zwischen  der  Schwere 
des  Erkrankungsfalles  und  der  Virulenz  der  von  demselben  ge- 
wonnenen Streptokokken  für  Tiere  ließ  sich  nicht  konstant  auffinden.“ 

Der  Mitteilung  seiner  Beobachtungen  über  Influenzapneu- 
monie schickt  Verf.  einige  Bemerkungen  über  die  Bedeutung  der 
Pf e i ff e r’ sehen  Influenzabacillen  voraus.  Diese  Mikroorganismen 
sind  im  Institut  für  Infektionskrankheiten  gelegentlich  der  Unter- 
suchungen, welche  sich  auf  viele  Hunderte  Sputa  erstreckten,  zur 
Zeit  der  Epidemie  massenhaft,  beim  Ablauf  derselben  seltener  ge- 
funden worden.  In  der  epidemiefreien  Zeit  wurden  sie  hin  und 
wieder  in  den  Sekreten  einzelner  Patienten  massenweise  nachgewiesen; 


Pneumonie. 


179 


stets  konnten  dann  die  betreffenden  Erkrankungen  bis  in  die  Influenza- 
epidemie zurückverfolgt  werden. 

Die  klinisch- bakteriologischen  Untersuchungen  des  Verf.  hin- 
sichtlich der  Influenzapneumonie  erstrecken  sich  auf  40  Fälle.  Die 
betreffenden  Lungenentzündungen  unterschieden  sich  regelmäßig  durch 
ihren  Verlauf  von  den  gewöhnlichen  krupösen  Pneumonieen  ent- 
sprechend der  bereits  von  Beck  in  den  Charit6-Annalen  1892  ge- 
gebenen Schilderung.  Der  Auswurf  war  nie  rubiginös,  sondern  stets 
schaumig  eitrig,  das  Fieber  zeigte  unregelmäßigen  Verlauf  und  endete 
immer  durch  Lyse,  die  Resolution  vollzog  sich  weit  langsamer  als 
bei  krupöser  Pneumonie.  So  bildete  die  Lungenentzündung  der  In- 
fluenza, welche  als  solche  durch  den  Nachweis  der  Mikroorganismen 
festgestellt  wurde,  eine  von  der  Diplokokken-Pneumonie  wesentlich 
verschiedene  Krankheit.  Eine  Kombination  beider  Prozesse  wurde 
nur  in  einem  Falle  beobachtet.  Derselbe  betraf  ein  junges  Mädchen, 
bei  welchem  sich  im  Laufe  einer  typischen  Influenzaepidemie  unter 
Schüttelfrost  und  erhöhtem  Fieber  ein  ganz  anderes  Krankheitsbild 
entwickelte.  In  dem  nun  rubiginös  gewordenen  Sputum  erschienen 
die  vorher  nicht  gefundenen  Fränkel’ sehen  Diplokokken;  eine  nur 
wenig  protrahirte  Krise  und  die  rasche  Vollendung  der  Resolution 
bestätigten  die  Annahme,  daß  es  sich  um  eine  Sekundärinfektion  ge- 
handelt hatte.  Da  indessen  dieser  Fall  der  einzige  seiner  Art  unter 
40  bezüglichen  Krankenbeobachtungen  blieb,  so  hält  sich  der  Verf. 
zu  dem  Schluß  berechtigt,  daß  die  reine  Influenzapneumonie  zur  Zeit 
einer  wirklichen  Influenzaepidemie  bei  weitem  die  Mehrzahl  aller  vor- 
kommenden Lungenentzündungen  bildet.  K übler  (Berlin). 

Capobianco,  F.,  La  pneumonite  da  tir oidectom i a e quella 
da  recisione  del  vago  nei  conigli.  (La  Rif.  med.  1893. 
No.  166.) 

Kaninchen  überdauern  nur  ausnahmsweise  die  Thyroidektomie 
und  gehen  zumeist  an  einer  Lungenaffektion  zu  Grunde,  welche  so 
ziemlich  die  Mitte  hält  zwischen  der  lobulären  und  lobären  Pneu- 
monie des  Menschen.  Bei  10  von  27  so  eingegangenen  Tieren  konnte 
C.  bakteriologische  Untersuchungen  anstellen,  welche  in  allen  diesen 
Fällen  zur  Isolierung  eines  in  die  Gruppe  der  typhusähnlichen 
gehörigen,  den  Traubenzucker  vergärenden  Bakteriums  führten.  Die 
Injektion  von  2 ccm  einer  Bouillonkultur  dieses  Bakteriums  tötete 
Kaninchen  in  24 — 30  Stunden  mit  dem  Befunde  einer  hämorrhagi- 
schen Pleuritis.  In  die  Bauchhöhle  injiziert,  rief  es  eine  diffuse 
fibrinöse  Peritonitis  hervor. 

Denselben  Befund  konnte  der  Verf.  auch  bei  Pneumonieen  nach 
Durchschneidung  der  Vagus  machen. 

Wenn  nun  berücksichtigt  wird,  daß  die  Operationen  vollkommen 
aseptisch  verliefen,  bleibt  zur  Erklärung  des  Entstehens  dieser  Pneu- 
monieen nur  die  Annahme  übrig,  daß  durch  die  nach  Thyroidektomie 
und  Vagusdurchschneidung  auftretende  Veränderung  des  Central- 
nervensystems eine  lokale  Disposition  zu  einer  bakteriellen  Erkrankung 
gesetzt  werde,  was  den  längst  vermuteten  Einfluß  des  Nerven- 


180 


Tetanus. 


Systems  auf  die  Acquirierung  von  Infektionskrankheiten  zu  bestätigen 
scheint.  Kamen  (Czernowitz). 

Yulpius,  Ueber  einen  Fall  von  Wundstarrkrampf  mit 
Tierversuchen.  [Aus  der  chirurgischen  Universitätsklinik  des 
Prof.  Lorenz  in  Heidelberg.]  (Deutsche  med.  Wochenschr.  1893. 
No.  41.) 

Ein  Knabe,  welcher  sich  durch  Sturz  von  einem  Baume  eine 
komplizierte  Fraktur  des  rechten  Oberarmes  zugezogen  hatte,  er- 
krankte 41/2  Tage  nach  der  Verletzung  an  Tetanus.  Nach  18-stündiger 
Krankheit  trat  der  Tod  ein.  Eiter  aus  der  Stelle  der  Verletzung, 
Bestandteile  eines  in  der  Wunde  gefundenen  Tuchfetzens  und  Proben 
des  mißfarbigen  Knochenmarkes  von  der  Frakturstelle  erwiesen  sich 
für  Mäuse  virulent.  Die  Tiere  erkrankten  24  bis  40  Stunden  nach 
der  Impfung  und  starben  nach  12-  bis  60-stündiger  Krankheit.  In 
dem  Wundsekrete  der  Impfstelle  wurden  die  Tetanusbacillen  stets 
nachgewiesen. 

Der  Urin  des  Kranken,  welcher  9 Stunden  nach  dem  Einsetzen 
der  ersten  Tetanussymptome  gelassen  war,  wurde  2 Kaninchen  in 
Gaben  von  5 bezw.  28  ccm  subkutan  injiziert,  ohne  daß  hierauf  bei 
den  Tieren  tetanische  Erscheinungen  hervortraten.  Undeutliche 
Symptome  dieser  Art  bildeten  sich  bei  einem  anderen  Kaninchen  nach 
Injektion  von  20  ccm  des  13  Stunden  nach  Beginn  der  Erkrankung 
gelasseneu  Urins  aus.  Dagegen  reichten  schon  2 ccm  des  nach  dem 
Tode  der  Blase  des  Kranken  entnommenen  Harns  hin,  um  bereits 
nach  8 Stunden  bei  einem  Meerschweinchen  einen  innerhalb  5 Stunden 
tötlich  verlaufenen  Wundstarrkrampf  hervorzurufen.  Die  Toxine  des 
Tetanus  scheinen  demnach  allmählich  in  den  Urin  überzugehen,  so 
daß  dessen  Giftigkeit  mit  der  Dauer  der  Krankheit  zunimmt. 

Das  Serum  des  aus  den  Venen  der  Leiche  des  Knaben  unter 
den  erforderlichen  Vorsichtsmaßregeln  entnommenen  Blutes  war 
giftig  für  Mäuse  (0,5  bezw.  2 ccm),  Meerschweinchen  (2  bezw.  4 ccm) 
uud  Kaninchen  (10  bezw.  20  ccm).  An  der  Impfstelle  der  Versuchs- 
tiere wurden  Bacillen  ebenso  wenig  wie  nach  der  Infektion  mit  Urin 
gefunden.  Es  handelte  sich  demnach  augenscheinlich  um  eine  Toxin- 
wirkung, welche  bei  Mäusen  frühestens  12,  bei  Meerschweinchen  6 
bis  16  Stunden,  bei  Kaninchen  20  Stunden  nach  der  Injektion  in  die 
Erscheinung  trat. 

Die  Versuche  des  Verf.  bestätigen  demnach  die  Ergebnisse  früherer 
Beobachtungen,  indem  sie  zeigen,  daß  die  Inkubationszeit  eine 
kürzere  Zeitdauer  beansprucht,  wenn  die  Toxine  dem  Organismus 
unmittelbar  zugeführt  werden,  als  nach  Verimpfung  bacilleuhaltigen 
Materials.  Kübler  (Berlin). 

Kartulis,  Stamatios,  Untersuchungen  über  das  Verhalten 
des  Tetanusgiftes  im  Körper.  [Inaug.- Diss.]  8°.  30  p. 
Berlin  1893. 

Die  im  Institute  für  Infektionskrankheiten  ausgeführte  Arbeit 
beschäftigt  sich  hauptsächlich  mit  dem  Nachweise  des  Tetanusgiftes 
im  Blute  und  mit  der  Frage,  ob  das  Tetanusgift  durch  die  Harn- 


Tetanus;  — Leukämie. 


181 


Sekretion  ausgeschieden  wird.  Kaninchen,  Meerschweinchen,  Mäuse 
bildeten  die  üblichen  Versuchstiere. 

Es  wurde  nachgewiesen,  daß  das  Blut  von  künstlich  tetanisierten 
Tieren,  wie  auch  das  Blut  von  an  Tetanus  erkrankten  Menschen  in 
jedem  untersuchten  Falle  das  Tetanusgift  enthielten  und  daß  dieses 
bereits  im  Blute  mit  den  ersten  tetanischen  Symptomen  auftritt. 
Das  Tetanusgift  geht  nur  unter  gewissen  Bedingungen  in  den  Harn 
über,  d.  h.  wenn  man  das  Tier  mit  großen  Mengen  von  Tetanus- 
kulturen vergiftet.  Im  Harne  der  Tiere,  die  in  einer  den  natürlichen 
Verhältnissen  entsprechenden  Weise  infiziert  wurden,  war  experimen- 
tell das  Gift  nicht  nachweisbar.  Ebenso  ließ  sich  im  Harne  von 
Menschen,  welche  an  Tetanus  erkrankt  waren,  das  Tetanusgift  nicht 
nachweisen.  Der  Harn  an  Tetanus  erkrankter  oder  verstorbener 
Menschen  kann  also  für  die  Diagnose  und  für  die  Prognose  der 
Erkrankung  nicht  benutzt  werden.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Hibler,  E.  yoü,  Mitteilung  über  zwei  Tetanusfälle  nebst 
Demonstrationen.  (Sonderabdruck  des  Berichtes  über  die 
WanderversammluBg  des  Vereines  der  Aerzte  Deutsch-Tirols  in 
Imst  am  22.  Juli  1893.) 

Bericht  über  2 Fälle  von  Tetanus,  der  eine  nach  einer  Schuß- 
verletzung; bei  dem  anderen  waren  die  Eingangspforte  für  die  In- 
fektion syphilitische  Geschwüre  des  Unterschenkels.  Die  Patientin 
hatte  ihren  Zimmerboden  gereinigt  und  darauf  sehr  ermüdet  sich  ins 
Gras  gelegt.  In  der  darauffolgenden  Nacht  Schlaflosigkeit  und  Fieber, 
am  anderen  Tage  Schlingbeschwerden,  am  5.  Tage  Nackenstarre  und  am 
7.  Opisthotonus,  am  10.  Tage  Exitus.  In  beiden  Fällen  konnte  durch 
Impfung  Tetanus  erzeugt  werden,  im  2.  Falle  nur  durch  das  aus 
den  Unterschenkelgeschwüren  gewonnene  Material 

Dieudonne  (Berlin). 

Koväcs,  Zur  Frage  der  Beeinflussung  des  leukämischen 
Krankheitsbildes  durch  komplizierende  Infektions- 
krankheiten. (Wiener  klinische  Wochenschrift.  1893.  No.  40.) 

Verf.  bereichert  die  Kasuistik  der  Beobachtungen,  wo  in  Fällen 
von  Leukämie,  lienal-medullärer  Form  sowohl,  als  lymphatischer,  in- 
folge infektiöser  Erkrankungen  eigentümliche  Veränderungen  so- 
wohl an  den  hyperplastischen,  blutbereitenden  Organen,  als  auch  im 
Blutbefunde  beobachtet  wurden,  um  einen  neuen  Fall. 

Ein  Influenzakranker  zeigte  bei  der  Aufnahme  durch  einen  großen 
Milztumor  und  die  charakteristische  Blut  Veränderung  (be- 
trächtliche Vermehrung  der  Leukocyten,  Polymorphie  und  Mitosen, 
Anwesenheit  sehr  zahlreicher  Markzellen,  weniger  Lymphocyten,  zahl- 
reicher kernhaltiger,  roter  Blutkörperchen)  das  Bild  der  lienal- 
medullären  Leukämie.  Während  der  Erkrankung  an  Influenza 
nun  und  auch  noch  in  der  ersten  Zeit  der  Rekonvalesceuz  besserten 
sich  alle  diese  Erscheinungen;  der  Milztumor  verkleinerte  sich  be- 
trächtlich, die  Polymorphie  der  Leukocyten  nahm  durch  das  Schwinden 
der  großen,  mononukleären  Zellen  beträchtlich  ab,  die  Mitosen  und 
kernhaltigen  roten  Blutkörperchen  verloren  sich.  Gleichzeitig  wuchs 

XV.  Bd.  12 


182 


Leukämie. 


die  Zahl  der  polynukleären  Leukocyten,  die  schon  im  Beginn  der  Er- 
krankung leichte  Vermehrung  gezeigt  hatten.  Mit  Eintritt  völliger 
Genesung  trat  der  Milztumor  und  die  Blutveränderung  wieder  wie 
vorher  auf.  Die  roten  Blutkörperchen  zeigten  nie  große  Schwankungen. 

Alle  bisher  bekannten  Fälle  — Verf.  referiert  solche  von  Eisen- 
lohr, Heuck,  Quincke,  Stintzing,  Müller,  Fröhlich  — 
haben  das  Gemeinsame,  daß  sich  während  verschiedener  Infektions- 
krankheiten (typhusähnliche  Erkrankungen,  eitrige  Pleuritis,  Miliar- 
tuberkulose, chronische  Lungenphthise,  Sepsis)  zunächst  Aenderungen 
des  leukämischen  Krankheitsbildes  durch  rasche  Größenabnahme  des 
Milztumors  und  der  Drüsenschwellungen  zeigten.  Auch  die  leukämi- 
schen Neubildungen  in  anderen  Organen  folgen  dieser  Regel  (Leber, 
Quincke).  Nach  Eintritt  der  Genesung  schwellen  die  Organe  wieder 
zum  früheren  Umfang  an. 

Nicht  so  übereinstimmend  sind  die  Angaben  über  den  Blutbefund. 
Meist  nehmen  die  Leukocyten  ab;  in  einem  Falle  von  Müller  ver- 
mehrten sie  sich.  Auch  die  roten  Blutkörperchen  sollen  sich  im  all- 
gemeinen vermindern.  Augenscheinlich  ist  die  Verkleinerung  der 
leukämischen  Milz  und  der  Drüsenschwelluugen  und  die  Veränderung 
des  Blutbefundes  Folge  einer  direkten  besonderen  Beeinflussung  des 
leukämischen  Prozesses  durch  das  infizierende  Agens.  Wahrschein- 
lich wirkt,  wie  auch  Müller  annimmt,  das  Virus  als  „Reiz“  um- 
stimmend auf  die  pathologisch  affizierten  Bildungsstätten  und  dadurch 
auch  auf  die  Produktion  der  roten  und  weißen  Blutkörperchen.  Die 
von  Müller  und  Verf.  beobachtete  mit  dem  Zurückgehen  der  Leuko- 
cytenzahl  auftretende  Vermehrung  der  polynukleären  weißen  Blutzellen 
hat  man  als  Ausdruck  einer  infektiösen  Leukocytose  aufzufassen. 
(Der  beobachtete  Grippefall  war  mit  Pneumonie  kompliziert.) 

Kurt  Müller  (Halle). 

Traversa,  F.,  Un  caso  acutissimo  di  pseudoleucemia 
linfatica.  (La  Rif.  med.  1893.  p.  153.) 

Aus  dem  Blute  und  einer  in  vivo  excidierten  Lymphdrüse  wurde 
ein  Streptococcus  in  Reinkultur  gezüchtet.  Kaninchen  reagierten 
auf  subkutane  Injektionen,  je  nach  der  Injektionsstelle,  teils  mit 
Erysipel  (am  Ohre),  teils  mit  Absceßbildung  (am  Rücken).  Die  nach 
4 Monaten  getödteten  Tiere  zeigten  keine  Spur  einer  an  Pseudo- 
leukämie erinnernden  Affektion.  Der  Zusammenhang  zwischem  dem 
bakteriologischen  Befunde  und  Krankheit  bleibt  also  trotzdem  dunkel, 
daß  der  Verf.  bei  dem  Umstande,  daß  die  bakteriologische  Unter- 
suchung zu  einer  Zeit  gemacht  wurde,  wo  sich  der  Patient  in  einem 
noch  ziemlich  guten  Zustaude  befand,  eine  (in  diesem  Falle  dennoch 
höchst  wahrscheinliche  — Ref.)  Sekuudäraffektion  zur  Erklärung  des 
gemachten  Befundes  nicht  heranziehen  möchte. 

Kamen  (Czernowitz). 

Gfrossi,  C.,  Su  di  un  caso  raro  di  pseudoleucemia  acuta. 
(La  Rif.  med.  1893.  p.  156,  157.) 

Verf.  untersuchte  einen  Fall  dieser  seltenen  Krankheit,  bei 
welchem  die  Diagnose  durch  die  Sektion  und  histologische  Unter- 


Gonorrhöe. 


183 


suchung  bestätigt  wurde,  bakteriologisch  mit  gänzlich  negativem  Re- 
sultate. Weder  mikroskopisch  konnte  im  Blute,  im  Drüsensafte  und 
in  Organschnitten  irgendwelche  Mikroorganismen  nachgewiesen  wer- 
den, noch  zeigten  die  mit  Blut,  Drüsensaft  und  Oedemtiüssigkeit 
beschickten  Nährböden  irgend  eine  Spur  von  Pilzvegetation. 

Kamen  (Czernowitz). 

Kollniann.  ZurDiagnostik  und  Therapie  der  männlichen 
Gonorrhöe.  (Dtsch.  med.  Wochenschr.  1893.  No.  47.) 

Unter  voller  Anerkennung  des  Werts  der  bakteriologisch  - mikro- 
skopischen Methode  für  die  Diagnostik  der  gonorrhoischen  Erkrankungen 
hebt  der  Yerf.  gleichwohl  hervor,  daß  ein  sicheres  Urteil  in  vielen 
Fällen  nur  durch  Zuhilfenahme  anderer  ergänzender  Untersuchungs- 
mittel, vor  Allem  der  Endoskopie  möglich  ist.  Wenn  letzteres  Ver- 
fahren einer  größeren  Verbreitung  sich  immer  noch  nicht  erfreut,  so 
liegt  dies  zum  Teil  an  den  Mängeln  der  bisherigen  Apparate.  Da- 
gegen ist  die  Untersuchung  neuerdings  durch  die  Ni tze- Ober- 
land er’ sehe  Methode  wesentlich  erleichtert  und  zuverlässiger  ge- 
staltet worden. 

Die  Endoskopie  ermöglicht  die  Diagnose  in  Fällen , wo  die 
bakteriologische  Untersuchung  im  Stich  läßt,  weil  die  Gonokokken  nur 
in  der  Tiefe  der  Schleimhaut  wuchern  und  mit  den  Oberflächen- 
Sekreten  daher  nicht  herausgespült  werden.  Denn  nach  den  Aus- 
führungen des  Verf.,  welche  sich  vornehmlich  gegen  die  vonNeißer 
vertretenen  Anschauungen  richten,  erfährt  die  Schleimhaut  bei  Gonor- 
rhöe bestimmte  Veränderungen,  und  diese  können  mittels  des  Endo- 
skops ohne  Schwierigkeit  festgestellt  werden.  Es  sind  dies  Infiltrate 
der  Mucosa,  Sichtbarwerden  massenhafter  Drüsenmündungen  und 
Drüsenabscesse.  Die  Fälle,  in  denen  nach  Neiße r die  Diagnose 
chronischer  Falle,  deren  endoskopische  Veränderungen  nur  minimal 
sind,  allein  durch  den  Nachweis  der  Gonokokken  zu  stellen  ist, 
kommen  nur  ausnahmsweise  vor.  Andererseits  bilden  Drüsenkatarrhe 
mit  spärlichem  Sekret,  welche  durch  die  endoskopische  Methode  leicht, 
durch  die  bakteriologische  Untersuchung  nur  mit  Schwierigkeiten  und 
hinsichtlich  ihrer  Lokalisation  überhaupt  nicht  nachgewiesen  werden 
können,  nicht  selten  die  anatomische  Grundlage  der  chronischen,  den 
gewöhnlichen  Behandlungsarten  trotzenden  Fälle.  Die  Heilung,  jener 
in  der  Tiefe  der  Schleimhaut  sich  abspielender  krankhaften  Vor- 
gänge gelingt  begreiflicherweise  mit  Ausspritzungen,  Ausspülungen 
und  Aetzungen  nicht;  sie  kann  aber  auf  endoskopischem  Wege  durch 
Behandlung  der  einzelnen  Drüse  mittels  intraglandulärer  Ein- 
spritzungen, Incisionen,  Galvanokaustik  oder  Elektrolyse  erreicht 
werden. 

Uebrigens  wendet  Verf.  die  Endoskopie  nur  in  subchronischen 
oder  chronischen  Fällen,  also  etwa  8 Wochen  nach  Beginn  der  Er- 
krankung an ; im  akuten  Stadium  verzichtet  er  auf  dieselbe.  Auch 
wird  anfangs  nur  die  Pars  cavernosa  einschließlich  des  Bulbus  endo- 
skopiert. 

Finden  sich  bei  der  Untersuchung  Infiltrate,  so  werden  dieselben 
durch  Dilatationen  nach  Oberländer  mit  Irrigationen  (3  Proz. 

12* 


184 


Gonorrhöe. 


Borsäurelösung,  0,03 — 0,2  Proz.  Höllensteinlösung)  der  Resorption 
eutgegengeführt.  Man  verhindert  auf  diese  Weise  nach  Ueberzeugung 
des  Verf.  ,,die  Entstehung  gröberer  chronischer  Infiltrate  und  somit 
auch  die  Striktur  in  fast  allen  Fällen.“  Kübler  (Berlin). 

Koplik,  Urogenital  Blennorrhoea  in  children.  (Journal 
of  cutaneous  and  genito-urinary  diseases.  1893.  Juni,  Juli.) 

Der  Verf.  hält  die  Urogenitalblennorrhöe  bei  Kindern  — Knaben 
wie  Mädchen  — für  häufig  genug,  um  sie  unter  die  gewöhnlichen 
Kinderkrankheiten  einzureihen.  Er  selbst  hat  innerhalb  der  letzten 
6 Jahre  mehr  als  200  Fälle  gesehen. 

Die  Urogenitalblennorrhöe  der  Mädchen: 

Der  Verf.  wirft  den  anderen  Autoren,  außer  Epstein,  vor,  daß 
sie  sich  zu  wenig  mit  den  normalen  anatomischen  und  physiologischen 
Verhältnissen  des  kindlichen  Urogenitaltractus  beschäftigt  hätten.  So 
hat  erst  dieser  auf  den  desquamativen  Katarrh  der  Neugeborenen  als 
einen  physiologischen  Prozeß  hingewiesen.  Es  handelt  sich  hierbei 
um  einen  Ausfluß,  in  dem  sich  Epithelien  und  allerhand  Mikro- 
organismen, aber  keine  Leukocyten  finden , und  der  nach  2 Wochen 
von  selbst  cessiert. 

K.  unterscheidet  bei  den  kleinen  Mädchen  3 Arten  von  Uro- 
genitalkatarrh : 

1)  (Katarrh)  Ausfluß;  heftige  Schmerzen  beim  Wasser  lassen. 
Der  Introitus  vagin.  ist  gerötet,  geschwollen  und  um  das  Hymen 
und  Oritic.  urethrae  herum  kleine  Erosionen.  Ursache:  Unsauberkeit. 

2)  Einfacher  Katarrh:  einhergehend  mit  profusem  gelben  Aus- 
fluß aus  Urethra  und  Vagina,  klinisch  mit  allen  Symptomen  der 
Gonorrhöe;  infektiös. 

3)  Die  echte  Gonorrhöe : profuser  gelber  oder  gelbgrüner  Ausfluß 
mehr  oder  weniger  dick  aus  Urethra  und  Vagina  mit  Schwellung  der 
Schleimhäute.  Nur  die  mikroskopische  resp.  bakteriologische  Unter- 
suchung ermöglicht  zwischen  2 und  3 die  Differentialdiagnose.  Der 
Ausfluß  beim  einfachen  Katarrh  zeigt  desquamierte  Epithelien,  Eiter- 
körperchen und  allerhand  Bakterien  in  Form  von  Stäbchen,  Kokken, 
Diplokokken.  Dieselben  können  in  Leukocyten  Vorkommen  oder  auf 
den  Epithelzellen  und  mau  kann  in  demselben  Eiterkörperchen. 
Stäbchen,  Kokken  und  Diplokokken  zugleich  finden.  Im  Ausflusse 
bei  der  echten  Gonorrhöe  finden  sich  in  dem  profusen  gelben 
Sekrete  in  den  Eiterkörperchen  Diplokokken,  die  an  Form,  Größe 
u.  s.  w.  vollkommen  den  Gonokokken  beim  Tripper  des  erwachsenen 
Mannes  gleichen. 

Bei  der  Besprechung  der  Aetiologie  erörtert  der  Verf.  ziemlich 
ausführlich  die  Polemik  zwischen  Neißer,  Steinschneider  einer- 
seits und  Lustgarten  und  Mannaberg  und  Bokhard  anderer- 
seits, wobei  er  sich  vollkommen  auf  den  von  Neißer  vertretenen 
Standpunkt  stellt.  Er  meint,  daß  die  von  Steinschneider  in 
4,6  Proz.  der  Fälle  gefundenen  Diplokokken,  welche  sich  nach 
Gram  entfärben  — die  sogenannten  Pseudogouokokken  — , wohl 
von  jedem  Geübteren  leicht  von  den  Gonokokken  unterschieden 
würden. 


Gonorrhöe. 


185 


K.  hat  nun  versucht,  aus  dem  Sekrete  kleiner,  an  gonorrhoischer 
Vulvovaginitis  leidender  Mädchen  die  Gonokokken  zu  isolieren.  Er 
fand  dabei  in  der  normalen  Vagina  kleiner  Mädchen 

1)  einen  Diplococcus,  der  gefärbt  dem  Lustgarten’schen  voll- 
kommen gleicht  und  der  auf  Blutserum  in  kleinen,  weißen, 
kugeligen  Kolonieen  wächst.  Die  Stichkultur  im  Gelatineröhr- 
chen ergiebt  ein  nicht  charakteristisches  weißes  Wachstum;  auf 
Gelatineplatten  erhält  man  kleine,  runde,  gekörnte,  bei  durch- 
fallendem Lichte  olivenfarbene,  bei  reflektiertem  gelbe  Kolonieen. 
Die  mehr  oberflächlich  gelegenen  Kolonieen  sehen  bei  durch - 
fallendem  Lichte  goldgelb,  bei  reflektiertem  weiß  aus.  K.  be- 
zeichnet diesen  Diplococcus,  welcher  die  Gram ’sche  Reaktion 
giebt,  als  Diplococcus  albus; 

2)  macht  der  Verf.  auf  einen  Diplococcus  aufmerksam,  den  er  in 
2 Fällen  von  nicht  gonorrhoischer,  aber  nach  seiner  Ueberzeugung 
infektiöser  Vulvovaginitis  fast  wie  in  einer  Reinkultur  isoliert 
gefunden  hat.  Derselbe  entfärbt  sich  nicht  nach  Gram,  ist  im 
allgemeinen  ebenso  groß,  als  der  Gonococcus,  ist  jedoch  sowohl 
etwas  kleiner,  als  auch  etwas  größer  bisweilen  zu  beobachten. 
In  Agarplatten  sind  die  Kolonieen  nicht  charakteristisch;  auf 
Gelatineplatten  wächst  er  in  Kolonieen,  die  bei  durchfallendem 
Lichte  strohgelb,  bei  reflektiertem  weiß  sind.  Im  Stiche  im 
Gelatineröhrchen  wächst  er  weiß  und  verflüssigt  nach  48  Stunden 
u.  m.  die  Gelatine  in  geringem  Maße.  In  Bouillon  ruft  er  nach 
24  Stunden  Trübung  hervor  und  nach  einigen  Tagen  bildet  sich 
eine  Membran;  auf  der  Kartoffel  hat  er  ein  ziemlich  üppiges 
Wachstum  von  weißlicher  Farbe  ohne  die  Neigung,  sich  sehr  nach 
den  Seiten  hin  auszudehnen; 

3)  fand  K.  einen  gelben  Diplococcus,  von  dem  er  annimmt,  daß  er 
ganz  besonders  oft  für  den  Gonococcus  Neißer  gehalten 
worden  ist.  Er  traf  diesen  Diplococcus  ganz  besonders  häufig 
bei  der  Vulvovaginitis  jeder  Art  der  kleinen  Mädchen  und  dessen 
üppigem  Wachstume  schiebt  er  das  Mißlingen  seiner  Versuche, 
den  Gonococcus  zu  isolieren,  zu.  Im  übrigen  ist  das  Wachstum 
auf  Agar  nicht  sehr  charakteristisch,  erst  mit  weißer,  allmählich 
ins  Gelbe  übergehender  Färbung. 

Der  Verf.  macht  seine  Kulturversuche  seit  1889,  aber  nie  mit 
Menschenblutserum,  sondern  stets  mit  Rinderblutserum,  er  glaubt, 
wiederholt  Gonokokkenwachstum  erreicht  zu  haben,  aber  es  war  nie 
möglich,  dieselben  zu  isolieren  und  sie  vor  dem  Ueberwuchertwerden 
durch  die  anderen  Mikroben  der  kindlichen  Vagina  zu  schützen. 

K.  rekapituliert  seine  Befunde  bei  kleinen  Mädchen  folgender- 
maßen : 

1)  Es  giebt  in  der  normalen  weiblicheu  Urethra  einen  weißen 
Diplococcus,  der  nicht  nach  Gram  entfärbt  wird. 

2)  Beim  einfachen  Katarrh  findet  sich  ein  weißer  Diplococcus, 
der  nicht  nach  Gram  entfärbt  wird. 

3)  Bei  der  gonorrhoischen  Vulvovaginitis  begegnet  man 

a)  einem  weißen  Diplococcus,  der  sich  Dach  Gram  entfärbt, 

b)  einem  gelben  Diplococcus  (Diplococcus  flavus  Bumm). 


186 


Gonorrhöe. 


Peinlich  genau  ausgeführte  Messungen  haben  ergeben,  daß  durch- 
schnittlich der  Gonococcus  im  Längen-,  wie  im  Breitendurchmesser 
kleiner  ist,  als  die  sogenannten  Pseudogonokokken,  allerdings  ist  die 
Differenz  besonders  mit  dem  in  der  normalen  Urethra  vorkommenden 
weißen  Diplococcus  eine  sehr  geringe,  und  es  kommt  sehr  wohl 
vor,  daß  ein  einzelnes  Exemplar  kleiner  ist,  als  die  Gonokokken. 

Die  Urogenitalblennorrhöe  der  kleinen  Knaben  : 

1)  Eine  nicht  spezifische  Entzündung  der  Harnröhre,  die  sich 
in  Rötung  und  Schwellung  der  Schleimhaut,  kleinen  Erosionen  am 
Orificium  und  düuueitrigem  Sekrete  manifestiert,  in  dem  sich  Eiter- 
körperchen finden,  welche  den  Gonokokken  nicht  sehr  ähnliche  Diplo- 
kokken enthalten.  Die  Aetiologie  ist  unklar. 

2)  Die  echte  Gonorrhöe  der  Knaben,  die  sich  von  der  der 
Erwachsenen  in  nichts  fast  unterscheidet,  als  in  den  geringeren 
Störungen  des  Allgemeinbefindens.  Die  mikroskopische  Untersuchung 
des  Sekretes  zeigt  in  den  Eiterkörperchen  Gonokokken,  die  den  bei 
erwachsenen  Männern  vorkommenden  in  Lage,  Form,  Verhalten  u.  s.  w. 
vollkommen  gleichen.  Was  die  Uebertragung  anlangt,  so  kommt  sie 
bei  Knaben  wie  Mädchen  zu  stände 

a)  indirekt:  durch  gemeinsam  gebrauchte  Gegenstände  (Schwamm, 

Wäsche  u.  s.  w.), 

b)  direkt:  durch  unmittelbare  Berührung  der  Geschlechtsteile  der 

Kinder  mit  infizierten  Erwachsenen  oder  Kindern  (Benutzung 

gemeinsamer  Lagerstätten  — Stuprum). 

Ref.  muß  es  sich  au  dieser  Stelle  versagen,  auf  die  interessanten 
Ausführungen  des  Verf.’s  in  der  recht  ausführlichen  Arbeit  in  kli- 
nischer und  pathologisch  - anatomischer  und  therapeutischer  Hinsicht 
einzugehen  und  möchte  nur  noch  zum  Schlüsse  einige  Worte  über 
die  Zeitdauer  des  Aufenthaltes  der  Gonokokken  im  kindlichen 
Organismus  referieren. 

K.  spricht  von  einer  Zeit  von  8 — 10  Wochen  bis  6 Monate;  es 
ist  aber  natürlich,  daß  bei  der  eiuer  Behandlung  überaus  schwer 
zugänglichen  kindlichen  Vagina  und  Cervix  uteri  sich  die  Krankheit 
viel  länger  hinzieht.  Oft  auch  kommt  es  vor,  daß  die  Gonokokken 
anscheinend  verschwunden  sind , um  erst  später  wieder  aus  ihren 
Schlupfwinkeln,  den  Falten  und  Fältchen  von  Urethra  und  Vagina, 
zur  Ueberraschung  von  Arzt  und  Patienten  zum  Vorschein  kommen. 

Lasch  (Breslau). 

Councilmau,  W.  T.,  Gonorrhoeal  myocarditis.  (The  American 
Journal  of  the  medical  Sciences.  Vol.  CVI.  1898.  No.  3.  p.  277.) 

Seit  der  Beschreibung  der  Gonokokken  durch  Neißer  1881 
wurde  dieser  Organismus  bei  allen  Fällen  akuter  Gonorrhöe  in  dem 
Ausfluß  gefunden. 

B u m m kultivierte  den  Pilz  als  Erster  und  studierte  seine  Patho- 
genese auf  der  Conjunctiva.  Die  Versuche,  welche  Bokhard  am 
lebenden  Menschen  anstellte,  sind  nicht  beweisend,  da  es  sich  jeden- 
falls um  gewöhnliche  Eiterpilze  handelte.  Außer  dieser  nicht  stich- 


Gonorrhöe. 


187 


haltigen  Veröffentlichung  giebt  es  keine,  in  welcher  genauer  die  Lä- 
sionen bei  der  akuten  Gonorrhöe  studiert  sind,  speziell  welche  Rolle 
die  Gonokokken  bei  ihrer  Erzeugung  spielen.  Ebenso  spärlich  sind 
Berichte  über  die  sekundären  Affektionen  beim  Tripper.  Sie  bestehen 
in  purulenter  Entzündung  der  mit  der  Urethra  oder  der  Vagina  in 
Beziehung  stehenden  Hohlräume,  akuter  Schwellung  der  Lymphdrüsen, 
akuter  Entzündung  der  Gelenke  und  synovialen  Ueberzüge  und  in 
Pericarditis. 

Man  erklärt  diese  Komplikationen  auf  zwei  Arten ; die  Einen  sehen 
sie  als  eine  entfernte  Gonokokkeninfektion  au,  die  Anderen  als  Folge 
einer  Mischinfektion  mit  anderen,  besonders  den  eitererregenden 
Mikroorganismen.  Die  gewöhnlichste  Komplikation  ist  der  Tripper- 
rheumatismus. Fournier  rechnet  auf  64  Fälle,  Besnier  auf  50, 
Grisolle  auf  35  Fälle  von  Gonorrhöe  einen  mit  Gelenkaffektionen 
komplizierten;  Loeb  hält  sie  für  viel  häufiger.  Rheumatismus  wird 
nach  Ansicht  der  meisten  Autoren  nur  beobachtet,  wenn  der  gonor- 
rhoische Prozeß  den  hinteren  Teil  der  Harnröhre  einnimmt;  er  ist 
viel  häufiger  bei  Männern,  als  bei  Frauen  und  kann  ganz  ohne  Fieber 
verlaufen;  wenn  es  vorhanden  ist,  so  ist  es  meist  kurz  und  ver- 
schwindet trotz  Weiterbestehens  der  Affektion;  doch  kommen  auch 
Fälle  mit  hoher  Temperatur  vor.  Meist  ist  das  Kniegelenk  affiziert; 
wogegen  die  Gelenke  der  oberen  Extremitäten  frei  zu  sein  scheinen. 
In  118  Fällen  von  Nolen  war  das  Handgelenk  26mal,  in  119  Fällen 
von  Fournier  nur  14mal  befallen.  Die  Gelenkaflektion  unterscheidet 
sich  von  der  gewöhnlichen  rheumatischen  dadurch,  daß  sie  auf  Sali- 
cylate  nicht  reagiert  und  selten  zu  Zerstörung  der  Gelenke  führt. 
Affektionen  des  Peri-  und  Eudocardiums  sind  als  Komplikationen 
der  Gonorrhöe  seltener.  Man  sieht  sie  für  gewöhnlich  zusammen 
mit  dem  Rheumatismus.  Nolan  faud  in  116  Fällen  von  Tripper- 
rheumatismus lömal  das  Herz  affiziert. 

Währeud  man  diese  sekundären  Erscheinungen  meist  als  Misch- 
infektionen auffäßte,  wurden  in  einer  Anzahl  von  Fällen  Organismen 
gefunden,  welche  man  als  Gonokokken  ansprach. 

Petrona  hat  ähnliche  Organismen  wie  in  der  Urethra  in  den 
Gelenken  und  gleichzeitig  im  Blut  gefunden;  Kramer  in  den  Ge- 
lenken in  einem  Fall,  in  einem  anderen  keine,  Hahn  fand  Kokken 
in  Gelenkaffektionen,  sieht  diese  aber  als  Eiterorganismen  an.  Sie 
finden  sich  aber  nur  in  frischen  und  stürmischen  Prozessen  und  fehlen 
in  chronischeren.  Haslund  hält  den  Tripperrheumatismus  für  eine 
spezifische  Infektion,  fand  aber  keine  Gonokokken.  Leistikow  fand 
weder  in  Gelenken  noch  im  Blut  Gonokken. 

Hartley  hält  die  Gelenkaffektionen  für  Komplikation  durch  andere 
Keime.  Die  Herzaffektionen  scheinen  sich  gewöhnlich  als  Peri - 
oder  Endocarditis  zu  zeigen.  Glusincki  beschreibt  31  Fälle,  bei 
denen  Komplikationen  im  Gefäßsystem  eintraten,  und  fand  einmal  in 
Vegetationen  der  Aortenklappen  bei  einer  Affektion,  die  mehrere 
Wochen  nach  einer  Gonorrhöe  eintrat,  Organismen,  welche  wahr- 
scheinlich Gonokokken  waren. 

Mehrere  Autoren  fanden  Gonokokken  in  peri-  und  parurethralen 


188 


Gonorrhöe«' 


Abscessen,  Buboneu  und  verschiedenen  anderen  lokalen  Pro- 
zessen, welche  der  Gonorrhöe  folgten. 

Es  folgt  nun  die  Mitteilung  eines  komplizierten,  selbstbeobach- 
teten Falles  von  Gonorrhöe,  bei  dem  sich  augenscheinlich  in  den  se- 
kundären Herden  Gonokokken  fanden. 

Bei  diesem  Fall  trat  10  Tage  nach  Erscheinen  von  gonorrhoischem 
Ausfluß  Schwellung  des  linken  Ivniees,  später  der  Fingergelenke,  der 
Schultern  und  der  Knöchel  ohne  Temperatursteigerung  und  eine  Woche 
später  plötzlicher  Tod  ein,  ohne  daß  sich  vorher  hätten  größere  Ver- 
änderungen am  Herzen  nachweisen  lassen.  Die  nach  28  Stunden  ge- 
machte Sektion  ergab  außer  Lungenhypostase  eine  exsudative  Peri- 
carditis  und  eine  eigentümliche,  bei  gewöhnlichen  Eiterpilzen  nicht 
beobachtete  Form  von  Endocarditis.  Das  Herzfleisch  war  blaß,  wachs- 
artig. Im  Myokard  sowohl  als  im  Endocard  fanden  sich  weiterhin 
eigentümlich  gelatinös  erweichte  Partieen.  Auch  in  den  Kniegelenken 
besonders  rechts  ergab  sich  ein  merkwürdiger  Befund.  Auf  der  ge- 
schwollenen Synovialmembran  fanden  sich  von  Eiter  bedeckt  granula- 
tionsartige Massen,  ähnlich  tuberkulösen  Granulationen,  deren  Durch- 
schnitt opak  aussah  und  die  einem  ödematös  gelatinösen  Gewebe  auf- 
sitzen.  In  allen  diesen  Läsionen,  die  sich  besonders  durch  das  Fehlen 
jeder  fibrinösen  Art  von  Exsudation  und  in  der  Produktion  mannig- 
faltiger Art  von  Degeneration  des  Gewebes,  in  Nekrose  mit  purulenter 
Infiltration  und  Bildung  einer  Art  von  Granulationsgewebe  mit  schlei- 
miger Degeneration  der  Zellen  kundgeben  und  dadurch  sich  von  den, 
durch  die  gewöhnlichen  Eiterpilze  erzeugten  Veränderungen  unter- 
scheiden, fanden  sich  in  den  Schnittpräparaten  Diplokokken,  welche 
morphologisch  und  durch  Färbungsversuche  sich  als  Gonokokken 
erwiesen.  Kulturen  aber  wurden  nicht  angelegt.  Trotz- 
dem aber  glaubt  Verf.  sowohl  in  Rücksicht  auf  den  Krankheitsverlauf, 
als  auf  den  pathologischen  Befund  zur  Annahme  berechtigt  zu  sein, 
daß  es  sich  hier  nicht  um  eine  sekundäre  Infektion,  sondern  um 
Wirkung  der  Gonokokken  handelt.  [Bei  dem  Fehlen  von  Kulturen 
wird  Verf.  schwerlich  überall  Uebereiustimmung  mit  seiner  Ansicht 
finden.  Anm.  des  Ref.]  Kurt  Müller  (Halle). 

Hasse,  Carl,  Der  Gonococcus  Neißer,  sein  Vorkommen 

bei  Urethritis  und  Bartholinitis.  [Inaug.-Diss.]  8°.  45p. 

Straßburg  i.  E.  1893. 

Verf.  machte  mit  vielen  Farbstoffen  Versuche  und  kommt  zur 
Empfehlung  folgenden  Verfahrens,  um  die  Kokken  sichtbar  zu 
machen : 

1)  Das  Deckglaspräparat  wird  leicht  einmal  durch  die  Flamme 
gezogen ; 

2)  Färben  1 /2  Minute  lang  in  gesättigter  5-proz.  Kalium  hyper- 
manganicum-  Methylenblaulösung ; 

3)  Abwaschen  in  Wasser  und  Entfärben  in  beliebig  hergestellter 
dünner  Essigsäure,  bis  die  blaue  Farbe  verschwindet  und  ein 
Violett  erscheint; 

4)  Entsäuren  in  Wasser; 


Gonorrhöe. 


189 


5)  Färben  in  vorzüglichster  Pikrokarminlösung , bis  auf  weißem 
Grunde  rosarote  Färbung  eintritt,  was  nach  5—8  Minuten  der 
Fall  ist,  ev.  auch  leichtes  Erwärmen; 

6)  Abwaschen  in  Wasser  nur  ganz  knapp; 

7)  Trocknen,  Untersuchen  in  Glycerin  oder  Kanadabalsam,  wobei 
die  Kokken  leicht  blau  erscheinen,  Zellkerne  rot  sind,  das 
Plasma  ganz  schwach  lachsfarben  ist,  und  das  der  Epithelien 
deutlicher  und  mit  einem  leichten  Stiche  ins  Gelbe  gesehen 
wird. 

In  den  untersuchten  625  Präparaten  des  Sekretes  der  Urethra 
und  der  Bartholin’schen  Drüse  fand  Hasse  19mal  Bacillen  allein, 
27mal  Kokken  allein  und  147mal  beide  nebeneinander.  Im  Sekrete 
der  Bartholin’schen  Drüse  fanden  sich  Kokken  und  Bacillen  stets 
vereint,  und  zwar  bei  142  Präparaten  17mal,  davon  14mal  bei 
negativem  Gonokokkenbefunde.  Im  allgemeinen  war  die  deutliche 
Beobachtung  zu  machen,  daß  bei  akuter  Gonorrhöe  keine  anderen 
Bakterien  zu  sehen  waren,  daß  aber  mit  dem  Verschwinden  der 
Gonokokken  und  der  Zunahme  des  Epithels  Bacillen  und  Kokken 
oft  in  überraschender  Anzahl  erschienen,  worauf  sehr  bald  die  Gono- 
kokken gauz  zu  verschwinden  pflegteu.  Hin  und  wieder  fand  Hasse 
auch  Saprophyten  in  laugen  Ketten  bis  zu  20  und  25  Gliedern. 

Mit  der  Zunahme  der  Dauer  des  bestehenden  Krankheitsprozesses 
geht  also  eine  Abnahme  der  Gonokokken  Hand  in  Hand. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Löwenhardt,  Wann  dürfen  Gonorrhöiker  heiraten.  (Sep.- 

Abdr.  aus  der  „Zeitschrift  für  ärztliche  Landpraxis“  1893.  No.  5.) 
Der  Verf.  giebt  in  knapper,  gedrängter  Form  sehr  anschaulich 
und  treffend  die  Verhaltungsmaßregeln  an,  welche  die  Aerzte 
beobachten  sollen,  wenn  ein  ehemals  gonorrhoisches  Individuum  sich 
den  medizinischen  Eheconsens  holt.  Da  die  Virulenz  des  Urethral- 
sekretes nur  allein  durch  die  Anwesenheit  des  Gonococcus  bedingt 
wird,  so  ist  der  Heiratskandidat  wiederholt  daraufhin  zu  untersuchen, 
und  zwar  ist  das  Sekret  der  pars  anterior  und  pars  posterior  — ge- 
trennt — nach  der  Jadassohn’schen  Methode  — genauer  mikro- 
skopischer Untersuchung  zu  unterwerfen.  Man  darf  sich  jedoch  mit 
dem  gewöhnlich  meist  sehr  spärlich  vorhandenen  Sekret  nicht  be- 
gnügen , sondern  suche  durch  Reizung  der  Urethralschleimhaut  die 
Sekretion  zu  vermehren  und  auf  diese  Weise  dieselben  Verhältnisse 
sich  zu  verschaffen,  wie  sie  später  bei  einer  Exacerbation  des  schon 
torpiden  Prozesses  (durch  Excesse  in  Baccho  oder  in  venere)  zu- 
stande kommen  können.  Mau  erreicht  das  am  besten  durch  Injektion 
einiger  Tropfen  einer  1 — 5-proz.  Arg.  nitr.  Lösung.  Wenn  auch  nun 
das  Sekret  gonokokkenfrei  ist,  so  ist  besonders  bei  schleimig-epithelialer 
Beschaffenheit  desselben  die  Ehe  zu  erlauben,  während  das  Vor- 
handensein zahlreicher  Eiterkörperchen  zu  immer  erneuter  Unter- 
suchung und  therapeutischer  Beeinflussung  dieser  Pseudogonorrhöe 
ermahnt. 

Löwenhardt  hebt  auch  zum  Schlüsse  noch  einmal  hervor,  daß 
für  die  Virulenz  des  Sekretes  und  jenen  ganzen  schweren  Komplex 


190 


Gonorrhöe.  — Syphilis. 


der  Erkrankungen  des  weiblichen  Genitaltraktus  nur  der  Gono- 
coccus  verantwortlich  zu  machen  ist.  Lasch  (Breslau). 

Dock,  Gonorrhea  of  the  rectum.  (The  Medical  News.  1893. 

March  25.) 

Der  Verf.  berichtet  einen  Fall  von  Rektalgonorrhöe,  dessen  Diagnose 
über  jeden  Zweifel  erhaben  ist.  Der  betr.  Patient  wurde  wegen  einer 
angeblichen  Spermatorrhoe  mit  Rektalsuppositorien  behandelt.  Wäh- 
rend dieser  Behandlungsweise  kam  eine  Urethralgouorrhöe  mit  reich- 
lichen Gonokokken  zum  Ausbruch.  Der  Pat.  bemerkte  eines  Tages 
vor  dem  Stuhlgange  den  Ausfluß  einiger  Tropfen  einer  wässerigen  Flüssig- 
keit aus  dem  Rectum,  die  er  dem  Verf.  zur  Untersuchung  brachte.  Da 
Dock  in  diesem  Sekrete  zahlreiche  Gonokokken  fand,  untersuchte  er  das 
Rectum  mittelst  eines  Speculums  und  fand  eine  intensive  Rötung  und 
Schwellung  der  Schleimhaut  ohne  Ulcerationen  oder  Erosionen.  Im 
Sekrete  zeigten  sich  viele  polynucleäre  mit  sehr  wenigen  eosinophilen 
Leukocyten  und  eine  große  Zahl  von  Diplokokken,  die  in  Form  und 
Größe  den  Urethralgonokokken  vollkommen  glichen. 

Dock  erklärt  sich  das  Zustaudekommen  der  Rectalgonorrhöe 
in  diesem  Falle  durch  die  Uebertragung  der  Gonokokken  mittelst  der 
Suppositorien  und  schließt  eine  direkte  Iufektion  aus.  Er  glaubt, 
daß  auch  bei  den  Frauen  die  Rectalgonorrhöe  zumeist  auf  indirektem 
Wege  zustande  komme. 

Der  Therapie  war  der  Fall  wenig  zugänglich.  Jodoformsuppo- 
sitorien,  1-proz.  Kreolininjektion  verminderten  zwar  die  Rötung  und 
Schwellung,  aber  es  war  doch  noch  nach  einigen  Wochen  gelbes, 
eitriges,  gonokokkenhaltiges  Sekret  vorhandeu.  Wenn  auch  die  Be- 
schwerden des  Patienten  äußerst  geringe  waren,  so  hält  der  Verf. 
diese  chronisch  verlaufenden  Fälle  für  ungünstig,  weil  die  Gefahr 
einer  Strictur  ihm  keineswegs  ausgeschlossen  erscheine. 

Lasch  (Breslau). 

Binz,  Die  Einschleppung  der  Syphilis  in  Europa.  (Dtsch. 

med.  Wochenschr.  1893.  No.  44.) 

Während  es  von  allen  Forschern  als  feststehend  betrachtet  wird, 
daß  die  Lues  venerea  zum  erstenmal  auf  europäischem  Gebiete  in 
Neapel  und  Umgebung  1495  als  Aufsehen  erregende  Epidemie  erschien, 
sind  die  Meinungen  noch  darüber  geteilt,  ob  die  Seuche  schon 
vorher  in  Europa  und  den  auderen  Ländern  der  alten  Welt  bestanden 
hat,  ohne  in  ihrem  Charakter  erkannt  zu  werden,  oder  ob  sie  erst 
aus  Amerika  eingeschleppt  worden  ist.  Auf  Grund  eingehender  ge- 
schichtlicher Untersuchungen  neigt  Verf.  der  letzteren  Annahme 
zu.  Man  hat  Stellen  aus  der  Bibel  (3.  Moses  15,  2 und  3,  sowie 
22,  4 und  Buch  Hiob  30,  17)  und  aus  dem  Papyrus  Ebers  als 
Beweis  dafür  angesehen,  daß  die  Syphilis  schon  bei  den  Israeliten 
uud  Aegyptern  vorgekommen  sei,  doch  ist  die  Krankheitsbeschreibung 
jener  Mitteilungen  viel  zu  unbestimmt,  als  daß  sie  zu  irgend 
welchen  Folgerungen  berechtigte.  Eine  indische  Schrift  aus  den 
ersten  Jahrhunderten  v.  Chr.,  Kämacästra  genannt,  schildert  aus- 
führlich alle  möglichen  Folgen  übermäßigen  Geschlechtsgenusses,  ohne 
eine  der  Syphilis  ähnliche  Krankheit  dabei  zu  erwähnen.  In  den 


Syphilis. 


191 


griechischen  und  römischen  ärztlichen  Schriften  findet  sich  ebenso- 
wenig wie  in  den  satirischen  Geißelungen  des  lüderlichen  Lebens  der 
römischen  Kaiserzeit,  welche  Martial,  Properz  undJuvenal 
hinterlassen  haben,  eine  Krankheitsbeschreibuug,  welche  auf  Syphilis  ge- 
deutet werden  könnte,  während  die  Gonorrhöe  und  das  Ulcus  molle 
von  den  letztgenannten  drei  Dichtern  genau  geschildert  wird.  Ebenso- 
wenig ist  aus  den  Ueberlieferungen  der  Araber  und  aus  den  mittel- 
alterlichen Schriften  zu  entnehmen,  daß  die  Lues  vor  der  oben  er- 
wähnten Neapeler  Epidemie  in  der  alten  Welt  vorgekommen  ist.  Die 
Erkrankungen  des  Bischofs  Johann  von  Speyer  und  des  Königs 
Wenzel  von  Böhmen,  welche  nach  den  Berichten  geschlechtlicher 
Natur  waren  und  letal  verliefen,  können  der  Beschreibung  zufolge 
sehr  wohl  in  phagedänischen  Schankergeschwüren  bestanden  haben. 

Für  die  Einsclileppung  der  Lues  aus  Amerika  sprechen  mehrere 
Berichte  von  Aerzten  und  anderen  Schriftstellern  aus  dem  Ende  des 
15.  und  Anfang  des  16.  Jahrhunderts.  RodrigoRuiz  Diaz  de 
Isla,  welcher  zur  Zeit  der  Rückkehr  des  Columbus  aus  Amerika 
in  Barcelona  Arzt  war,  erzählt  ausführlich,  wie  die  Krankheit  in 
jener  Stadt  durch  die  Mannschaften  des  Entdeckers  von  Amerika 
verbreitet  wurde.  Gonzalo  Hernandez  aus  Oviedo  hatte  1513 
Gelegenheit,  die  Seuche  in  Haiti  zu  studieren.  Er  beobachtete,  daß 
die  Krankheit  unter  den  Eingeborenen,  welchen  sie  von  alters  her 
schon  bekannt  war,  in  weit  milderer  Form  auftrat,  als  unter  den 
Spaniern,  die  sie  hier  zuerst  erwarben,  und  ist  der  festen  Ueber- 
zeugung,  daß  das  Leiden  aus  der  neuen  Welt  in  die  alte  gelangt 
sei.  Ebenso  spricht  sich  der  Priester  Las  Casas  aus,  welcher 
gleichfalls  jene  Zeit  erlebte  und  vom  Jahre  1502  ab  in  Amerika  als 
Missionar  thätig  war.  Daß  die  Krankheit  gelegentlich  der  zwischen 
Karl  VIII.  von  Frankreich  und  spanischen  Truppen  1495  in 
Süditalien  geführten  Kämpfe  dort  eingeschleppt  wurde  und  jene  Epi- 
demie in  Neapel  erzeugte,  welche  den  Ausgangspunkt  einer  nach  und 
nach  sich  vollziehenden  Verseuchung  ganz  Europas  bildete,  wird  von 
allen  Zeitgenossen  anerkannt,  so  weit  die  Ansichten  auch  über  die 
Natur  und  teilweise  sogar  über  die  Verb reitungs weise  der  Seuche 
noch  auseinandergingen.  Kübler  (Berlin). 

Gold,  L.,  Sechs  Fälle  von  extragenitaler  Sypbilisin- 
fektion.  (Archiv  für  Dermatol,  u.  Syphilis.  25.  Jahrg.  1893. 
Heft  5.  S.  791.) 

Nach  russischen  Autoren  kommt  eine  extragenitale  Infektion  mit 
Syphilis  namentlich  bei  der  Landbevölkerung  nicht  selten  und  zwar 
in  3—4 °/0  aller  Infektionsfälle  vor.  Gold  beobachtete  in  Odessa 
bei  4 Personen  einer  Familie  nacheinander  extragenitale  Ansteckung. 
Ein  l1/2-jähriges  Kind  bekam  einen  weißen  Belag  an  den  Lippen  und 
bald  darauf  Hautausschlag;  es  hatte  mit  einem  Jungen  gespielt,  der 
an  den  Lippen  eine  wunde  Stelle  besaß,  hatte  also  wohl  durch  Küssen  den 
Infektionsstoff  erhalten.  Die  Mutter,  welche  das  Kind  noch  stillte,  be- 
kam einen  Primäraffect  an  der  Brustwarze.  Von  ihr  infizierte  sich 
der  Mann,  der  einen  harten  Schanker  an  der  Lippe  bekam,  und 


192 


Beri-Beri. 


schließlich  erkrankte  eine  ältere  Tochter,  bei  der  Plaques  mu- 
queuses  an  den  Lippen  und  im  Munde  gefunden  wurden. 

Fall  5 und  6 betreffen  einen  Mann,  der  gleichzeitig  an  Sulcus 
retro-glandularis,  Mons  veneris  und  Lippe  sklerotische  Geschwüre  be- 
kam und  seinen  Sohn  infizierte,  bei  welchem  ein  Ulcus  auf  der  Ton- 
sille entstand.  Abel  (Greifswald). 

Glogner,  M.,  Die  Stellung  der  Beri-Beri  unter  den  In- 
fektionskrankheiten. (Yirchow’s  Archiv.  Bd.  CXXXII. 
p.  50.) 

Zu  den  hervorstechendsten  Symptomen  der  Beri-Beri  gehört  im 
Anfänge  außer  einer  gewissen  Müdigkeit  und  Schmerzhaftigkeit  der 
Unterextremitäten  der  abnormale  Zustand  der  Herzthätigkeit  und  der 
Atmung.  Heute  hat  der  Kranke  100  Pulsschläge  in  der  Minute  und 
32  Atemzüge,  morgen  und  übermorgen  ist  der  Puls  und  die  Respira- 
tion normal,  um  dann  wieder  zuzunehmen.  Die  Pulskurve  zeigt 
gewöhnlich  in  Zwischräumen  von  2 — 3 Tagen  Elevationen,  mit  denen 
Hand  in  Hand  eine  Verschlimmerung  aller  Krankheitssymptome  — 
Unruhe,  Appetitlosigkeit,  Schmerzen  besonders  in  den  Unterschenkeln 

— geht.  In  der  Zwischenzeit  sinkt  die  Pulszahl  entweder  zur  Norm 

— intermittierender  Typus  — oder  bleibt  etwas  über  derselben. 
Diese  periodischen  Ausbrüche  stärkerer  Krankheitserscheinungen  er- 
innern lebhaft  an  die  Malariaanfälle.  Eine  zweite  Uebereinstimmung 
besteht  in  dem  schädlichen  Einfluß,  welchen  die  Malaria  und  die 
Beri-Beri  auf  das  Blut  ausüben.  Nach  Glogner’s  Untersuchungen 
sinkt  bei  der  letzteren  der  Gehalt  des  Blutes  an  roten  Körperchen 
und  an  Hämoglobin  beträchtlich  unter  die  Norm  herab.  Eine 
weitere  Analogie  zwischen  beiden  Krankheiten  wird  durch  die  Be- 
obachtung geschaffen,  daß  die  Beri-Beri  an  bestimmte  Orte  gebunden 
ist,  z.  B.  im  Wirkungskreise  des  Verf.’s  an  Atjeh  auf  Sumatra,  wo 
die  Kraukheit  seit  der  Zeit  erschienen  ist,  als  riesige  Erdbauten 
unternommen  wurden.  Auch  eine  zeitliche  Disposition  zeigt  sich 
hier,  indem  die  Erkraukungsziffer  in  der  Regenzeit  von  Oktober  bis 
April  steigt,  dann  in  der  regenarmen  Zeit  fällt.  Wie  bei  der  Malaria 
wird  auch  bei  der  Beri-Beri  oft  ein  überraschender  Erfolg  bemerkt, 
wenn  die  Kranken  in  gesunde  Gegenden  verbracht  werden. 

Die  Versuche,  Aufklärung  über  die  Aetiologie  der  Beri-Beri  zu 
schaffen,  haben  bisher  entweder  zur  Annahme  von  Bakterien,  von  denen 
verschiedene  Arten  beschrieben  sind,  als  Krankheitserreger  geführt 
oder  man  hat  die  Krankheit  als  Intoxikation  aufgefaßt,  deren  Ent- 
wickelung und  Zunahme  im  menschlichen  Körper  abhängig  ist  von 
dem  Entwickelungsgange  eines  außerhalb  des  menschlichen  Organis- 
mus lebenden  Parasiten.  Beide  Hypothesen  sind  nicht  imstande,  die 
periodischen  Schwankungen  im  Krankheitsverlaufe  zu  erklären,  wenn 
man  nicht  eine  wiederholte  Neuinfektion  oder  Intoxikation  voraus- 
setzt; wird  aber  diese  auch  angenommen,  so  ist  nicht  ersichtlich,  warum 
dann  Kranke  eines  Saales  zu  ganz  verschiedenen  Zeiten , aber  in 
gleichmäßigen  Zwischenräumen  einen  neuen  Angriff  von  außen  erfahren 
sollten. 

Von  den  Analogieen  zwischen  Malaria  und  Beri-Beri  geleitet, 


Lepra.  — Hydrops. 


193 


untersuchte  Verf.  bei  dieser  das  Blut  der  Patienten.  Es  gelang  ihm, 
in  den  allermeisten  Fällen  in  den  roten  Blutkörperchen  Plasmodien 
zu  finden,  deren  nähere  Beschreibung  er  sich  noch  vorbehält.  Mit 
demselben  Mittel,  das  besonders  Laveran  als  kräftiges  Gift  für  die 
Malariaplasmodien  erwiesen  hat,  dem  Chinin,  gelang  es  ihm,  gute 
Erfolge  in  der  Behandlung  der  Beri-Beri  zu  erzielen.  Die  Anfälle, 
an  der  Pulskurve  verfolgt,  wurden  geringer,  verschwanden  ganz  und 
die  Mortalität  sank  von  46,8  Proz.  auf  13,1  Proz.  — Die  Beri-Beri 
sieht  der  Verf.  nach  allem  diesem  für  eine  Protozoenkrankheit  an. 

Abel  (Greifswald). 

Joelsohn,  B.,  Ueber  die  Erkrankung  des  Gefäßsystems 
bei  der  Lepra.  [Inaug.-Diss.]  8°.  68  p.  1 Taf.  Dorpat  (Jurjew) 
1893. 

Das  gesamte  Gefäßsystem  erleidet  bei  der  Lepra  keine  typischen 
Veränderungen,  wohl  aber  giebt  es  eine  spezifisch-lepröse  Erkrankung 
derjenigen  Gefäßabschnitte,  welche  in  räumlicher  Beziehung  zur 
Lokalisation  der  leprösen  Neubildung  stehen. 

Die  Periphlebitis  leprosa  ist  bei  leprös  erkrankter  Cutis  und 
Unterhautzellgewebe  eine  konstante  Erscheinung  an  den  subkutanen 
Venen.  Die  Media  erkrankt  sekundär  durch  Einwanderung  des 
leprösen  Gewebes  aus  der  Adventitia.  Ihre  Erkrankung  äußert  sich 
in  lepröser  Infiltration  der  Zwischenräume  und  Atrophie  mit  körnigem 
Zerfall  der  Muskelelemente  im  späteren  Stadium. 

Die  Periphlebitis  leprosa  ist  regelmäßig  begleitet  von  einer 
Intimawucherung  nicht  bacillärer  Natur. 

Die  Endophlebitis  leprosa  setzt  sich  aus  zwei  Prozessen  zu- 
sammen: einer  anfänglichen  Wucherung  der  Intima  und  einer  Ein- 
wanderung von  leprösem  Gewebe  aus  der  Adventitia. 

In  selteneren  Fällen  tritt  Verschluß  der  erkrankten  Venen  durch 
Thrombose  ein. 

Die  Periarteritis  leprosa  ist  wegen  des  anatomischen  Baues  der 
arteriellen  Adventitia  selten. 

Die  Endarteritis  leprosa  hat  dieselbe  Entstehungsweise  wie  die 
Endophlebitis  leprosa. 

Eine  Ablagerung  von  Bacillen  im  Endothel  der  Gefäße  findet 
häufig  statt,  es  kann  sich  aber  von  hier  aus  kein  Leprom  in  der 
Intima  entwickeln.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Hamburger,  Hydrops  von  bakteriellem  Ursprung.  (Dtsche 
med.  Wochenschr.  1893.  No.  42.) 

Der  Verf.  nimmt  auf  Grund  früherer  Untersuchungen,  welche 
sowohl  von  ihm  selbst1),  als  auch  von  Heide nhain2)  ausgeführt 
worden  sind,  an,  „daß  die  Capillaren  im  allgemeinen  nicht  als  Filter 
betrachtet  werden  können,  sondern  daß  denselben  sekretorische  Eigen- 
schaften beigelegt  werden  müssen“.  Hierdurch  zu  der  Vermutung 


1)  Zeitschr.  f.  Biologie.  Bd.  XXVII.  1890.  p.  259  und  Verhandelingen  der  Koninkl. 
Akad.  v.  Wetenschappan.  Dl.  III.  1893.  No.  3.) 

2)  Pflüger ’s  Archiv.  Bd.  XLIX.  1891.  p.  209. 


194 


Hydrops 


geführt,  daß  der  pathologische  Hydrops  unter  Umständen  durch 
Stoffe  verursacht  wird,  welche  in  der  Blutbahn  kreisen  und  das 
Capillarendothel  zur  erhöhten  Lymphproduktion  anregen,  beschloß 
er,  „zu  untersuchen,  ob  sich  in  Transsudaten  sogenannte  Lymphagoga 
befanden,  Stoffe,  welche  imstande  waren,  den  Lymphstrom  zu  be- 
schleunigen“. Er  bediente  sich  eines  gelbgrünlichen,  etwas  trüben 
Transsudates,  welches  sich  in  der  Haut  und  der  Bauchhöhle  eines 
Knaben  angesammelt  hatte.  Von  der  Flüssigkeit  wurden  30  ccm 
nach  Reinigung  mittelst  eines  Chamberlandfilters  einem  Kälb- 
chen in  die  Jugularvene  gespritzt.  Es  trat  hierauf  eine  Beschleu- 
nigung des  Lymphstromes  ein,  deren  Nachweis  durch  Messung  der 
Lymphmenge  gesucht  wurde,  welche  aus  dem  biosgelegten  Ductus 
thoracicus  in  Zeiträumen  von  je  5 Minuten  ausfloß.  Vor  der  Injek- 
tion betrugen  die  aufgefangenen  Lymphmeugen  4 1/2,  5,  41/2,  5,  4, 
41/*,  uach  der  Einspritzung  6 l/a,  7,  7 1 /2,  6,  5 Viertel-Cubikcenti- 
meter.  Die  Beschleunigung  des  Lymphstromes  trat  nicht  ein,  wenn 
die  Injektionsflüssigkeit  vorher  2 Stunden  auf  56°  erhitzt  war. 

Da  die  trübe  Beschaffenheit  des  unfiltrierten  Transsudates  durch 
darin  befindliche  Mikrokokken  verursacht  war,  nahm  der  Verf.  an, 
daß  die  vermeintliche  lymphtreibende  Substanz  möglicherweise  durch 
die  Bakterien  erzeugt  worden  sei.  Er  stellte  daher  zu  weiteren  Ver- 
suchen eine  Kultur  der  Kokken  her,  indem  er  die  filtrierte  und  durch 
Erhitzen  ihrer  lymphtreibenden  Eigenschaften  beraubte  Flüssigkeit 
mit  denselben  impfte  und  2 Tage  im  Brutofen  beließ.  Nach  Ein- 
verleibung von  15  ccm  dieser  Kultur  in  die  Vena  saphena  trat  dann 
auch  eine  Beschleunigung  des  Lymphstromes  ein,  welche  diesmal 
von  längerer  Dauer  war,  als  nach  Injektion  des  filtrierten  Trans- 
sudates. Die  aus  dem  Ductus  thoracicus  aufgefangenen  Lymph- 
mengen  betrugen  vor  der  Injektion  3,  3,  3^,  4,  31/,,  3,  3 1/8,  nach- 
her 5V2,  5,  6,  5,  4 V2,  6,  6 1 /2,  4,  4V2,  6,  7,  7,  8,  7l/2,  8,  8,  8V2, 
8,  9 Viertel-Cubikcentimeter.  Zugleich  wurde  Nasenausfluß  und  Ab- 
scheidung mikrokokkenhaltiger  Flüssigkeit  in  die  Bauchhöhle,  nach 
dem  Versuche  Hydrops  des  interstitiellen  Bindegewebes  der  Lunge, 
bei  dem  Versuchstiere  beobachtet. 

Verf.  glaubt  daher,  in  den  Mikrokokken  ein  „Bacterium 
lymphagogum“  gefunden  zu  haben. 

Die  Kokken  besitzen  nach  der  Beschreibung  des  Verf.’s  mäßige 
Beweglichkeit,  färben  sich  in  Anilinfarben  und  nach  Gram,  sind 
streng  aerob,  sterben  ab  in  Rinder-,  Kalbs-,  Pferdebouillon  und  Serum, 
wachsen  dagegen  reichlich  im  flüssigen  Serum  des  Menschen  und  in  der 
fraktioniert-sterilisierten  Ascitesflüssigkeit.  Da  die  den  Kokken  feind- 
liche Substanz  des  Rinder-,  Kalbs-  uud  Pterdeserums  durch  große 
Quantitäten  Sauerstoff  unwirksam  gemacht  werden  kann,  gelingt  die 
Kultur  auf  der  Oberfläche  erstarrten  Serums  dieser  Art  (bezw.  im 
lebenden,  Sauerstoff  führenden  Blute,  sonst  hätte  der  vorher  ge- 
schilderte Versuch  mit  dem  Kalbe  mißlingen  müssen.  Ref.).  Auch 
auf  Agar  und  Gelatine  läßt  sich  der  Coccus  züchten,  nicht  aber 
aut  Kartoffeln.  Form  der  Kolonieen  und  Verflüssigungsvermögen  für 
Gelatine  wird  durch  die  Konsistenz  des  Nährbodens  bedingt.  Feste 
Gelatine  wird  nicht  verflüssigt.  Kühler  (Berlin). 


Pflanzenkrankheiten. 


195 


Tubeuf,  C.  t.,  Mitteilungen  über  einige  Pflanzenkrank- 
heiten. (Ztschr.  f.  Pflanzenkrankheiten.  III.  1893.  H.  3.  p.  140 — 
143;  H.  4.  p.  201-205.) 

Die  in  vorliegender  Mitteilung  behandelten  phytopathologischen 
Studien  wurden  vom  Verf.  im  August  1892  hauptsächlich  bei  St. 
Anton  am  Arlberge  gemacht. 

I.  Cryptorh y n ch  us  lapathi  Tr.  und  Valsa  oxystoma 
Rehm,  zwei  Feinde  der  Alpenerl e. 

Die  Larven  des  Rüsselkäfers  Cr.  lap.  bohren  Gänge  in  Holz 
und  Rinde  der  von  ihnen  befallenen  Erlenzweige  und  bringen  auf 
diese  Weise  die  Zweige  und  Aeste  zum  Absterben.  Das  braune  Laub 
der  vertrockneten  Aeste  und  das  an  den  Eingangsstellen  der  Gänge 
sichtbare,  rotbraune  Bohrmehl  lassen  die  Anwesenheit  der  Parasiten 
erkennen.  Viel  weniger  schädlich  als  die  Larven  ist  der  Käfer  selbst, 
welcher  Blätter  und  Zweige  benagt.  Cr.  lap.  befällt  auch  Weißerlen, 
Schwarzerlen,  Birken  und  Weiden  und  soll  besonders  am  Arlberg 
sehr  verbreitet  sein. 

Der  Pilz  Valsa  oxystoma  galt  bisher  als  harmlos,  da  sich 
seine  Peritbecien  erst  auf  vollkommen  abgestorbenen  Zweigen  ent- 
wickeln. Das  Mycel  wuchert  in  der  Rinde  der  befallenen  Zweige  und 
dringt  auch  in  die  Gefäße  ein;  die  hier  verursachte  Störung  der 
Wasserleitung  läßt  schließlich  den  ganzen  Zweig  vertrocknen.  Später 
treten  durch  die  Epidermis  schwarze,  linsenförmige  Stromata  hervor, 
welche  ziemlich  gleichmäßig  über  die  Zweige  verteilt  sind  und  schließ- 
lich von  den  in  der  Rinde  gebildeten  Perithecien  durchbrochen 
werden. 

II.  Erkrankung  der  Weißerlen  durch  Polyporus 
igniarius  in  Tirol. 

Verf.  fand  in  den  Weißerlenbeständen  zwischen  St.  Anton  und 
P i a n s zahlreiche  Bäume , deren  obere  Partie  abgestorben  war. 
Polyporus  igniarius  hatte  die  bekannte  Zersetzung  des  Holz- 
körpers verursacht,  infolge  deren  den  oberen  Partieen  nicht  mehr 
genügende  Wassermengen  zugeführt  werden  konnten. 

III.  Erkrankung  der  Preißelbeeren  durch  Gibbera 

vaccinii. 

Häufig  an  feuchten  Stellen  im  Fichtenwalde  bei  St.  Anton. 
Schon  an  lebenden  grünen  Trieben  der  Preißelbeeren  zeigen  sich 
kohlig  schwarze  Polster  und  zahlreiche  Perithecien ; die  darüber  liegen- 
den Partieen  der  Zweige  sterben  alsbald  ab. 

Verf.  versuchte  im  Herbste  Sporen  von  G.  vacc.  zum  Keimen 
zu  bringen,  doch  ohne  Erfolg. 

IV.  Krankheiten  der  Alpenrosen. 

In  der  Nähe  von  St.  Anton  konnte  Verf.  davon  eine  ganze 
Reihe  beobachten.  Sehr  gemein  Exobasi di  um  rhodode  n dri  und 
die  Milbenkrankheit,  welche  ein  festes  Einrollen  der  Blatt- 
ränder nach  innen  hervorruft.  Die  Gallen  von  Exobas.  und  die 
Milbenkran keit  kommen  auch  gemeinschaftlich  auf  den  Blättern  vor. 
Ferner  Sclerotinia  Rhod.,  Chrysomyxa  Rhod.  und  an  den 


196 


Pflanzenkrankheilen 


Kapseln  Cenangell  a Rh  od.  Chrysomyxa  trat  in  allen  Höhen- 
lagen bis  herab  zur  Fichtenregion  massenhaft  in  der  Uredoform 
auf,  so  daß  zur  Zeit  des  Stäubens  der  Fichtenäcidien  die  Alpenrosen 
einer  doppelten  Infektion  ausgesetzt  waren.  Teleutosporen  konnte 
Verf.  nicht  finden. 

V.  Die  nadelbewohnende  Form  von  Gymnosporangium 

j uniperin  um. 

Ueber  diese  selten  beobachtete  Form  hat  Verf.  schon  früher  an 
dieser  Stelle  berichtet1 2);  neuerdings  (1892)  fand  Verf.  sie  zahlreich 
auf  Junip.  comm.  am  Tegernsee  und  auf  Junip.  nana  bei 
St.  Anton  neben  hochgradig  infizierten  Exemplaren  von  Sorbus 
aucuparia.  Infektionsversuche  mit  dieser  Form  gelangen  Verf. 
nur  auf  Sorbus  aucup.*),  mit  der  stammbewohnenden  Form  nur 
auf  Amelanchier  vulgaris. 

Ferner  wird  über  einen  erfolgreichen  Infektionsversuch  mit 
Gymnosp.  clavariaeforme  auf  Crataegus  oxyacantha 
berichtet;  es  gelang  mit  den  Aecidiosporen  von  Crataegus  wiederum 
Junip.  comm.  zu  infizieren,  an  welchem  sich  dann  im  folgenden 
Mai  die  Gy  m nosporangi  u m - Zäpfchen  zeigten. 

VI.  Außer  den  genannten  fand  Verf.  noch  sehr  häufig  die  folgenden 

Parasiten : 

Herpotrichia  nigra,  in  der  Umgebung  des  Arlberg  auf 
Fichten,  Latschen,  Junip.  communis  und  nana;  Exo- 
basidium  Vaccinii  auf  Vacc.  vitis  idaea  und  massenhaft 
auf  Vacc.  uliginosum,  auch  auf  Vacc.  Myrtillus;  Uro- 
myces  Primulae  auf  Prim,  villosa;  Puccinia  Solda- 
nellae;  Rhytismasalicinum  auf  Salix  reticulata;  eine 
nicht  näher  bekannte  Erkrankung  von  Empetrum  nigrum; 
Cronartium  asclepiadeum  auf  Cynanchum  vincetoxi- 
cum;  Ustilago  Jensenii  auf  Gerste;  Ustilago  Maidis, 
verbreitet  in  den  Maisfeldern  bei  Pi  ans;  anknüpfend  an  die  letzte 
Beobachtung,  giebt  Verf.  eine  Reihe  von  Vorschlägen  für  die  Be- 
kämpfung des  Maisbrandes,  auf  welche  hier  nur  hingewiesen  werden 
kann. 

VII.  Notizen  über  Pilze  aus  dem  Bayrischen  Walde. 

Bei  Bise h of  f s r e ut  fand  sich  auf  Acer  pseudoplatanus 
neben  Rhytisma  acerinum  auch  Rhyt.  punctatum  Pers. 

Daselbst  konnte  Verf.  auch  eine  neue  Krankheit  der  Rot- 
buche beobachten,  welche  in  feuchtem  Mischwalde  an  jungen  Buchen- 
stauden häufig  auftritt.  Große  Astpartieeu  erkrankter  Stauden  zeigen 
graue,  weiche,  abgestorbene  Blätter  oder  grüne  Blätter  mit  grauen 
Flecken.  Besonders  die  Nervatur  der  Unterseite  und  vor  allem  die 
Blattstiele  sind  von  einem  zarten,  weißen,  flockigen  Mycel  bekleidet, 
welches  auch  häufig  Zweigpartieen  und  Knospen  überzieht.  Zwischen 
den  einzelnen  Knospenschuppen  bildet  das  Mycel  dickere  Polster  und 
dringt  dann  in  das  Gewebe  der  Blätter  ein. 


1)  cf.  dieses  Centralblatt.  Bd.  IX.  p.  89 — 98,  167—171. 

2)  1.  c. 


Untersuchnngsmethoden,  Instrumente  etc. 


197 


Verf.  beschließt  seine  Mitteilungen  mit  einigen  Angaben  über 
das  Vorkommen  des  Polyporus  fomentarius  in  den  alten  Be- 
ständen des  Bayrischen  Waldes.  Busse  (Berlin). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Schrank,  Anleitung  zur  Ausführung  bakteriologischer 
Untersuchungen.  Zum  Gebrauch  für  Aerzte,  Tierärzte,  Nah- 
rungsmittel-, Agrikultur-  und  Gärungschemiker,  Apotheker  und 
Bautechniker.  Mit  137  Abbildungen.  8°.  253  p.  Leipzig  und 
Wien  (F.  Deuticke)  1893. 

In  der  That  ein  weiter  Interessentenkreis,  auf  welchen  Verf.  rechnet. 
Nach  Ansicht  des  Verf.’s  „fehlt  bis  jetzt  in  der  Litteratur  ein  Werk, 
das  in  gedrängter,  leicht  faßlicher  und  übersichtlicher  Weise  den  in 
bakteriologischen  Arbeiten  minder  Geübten  eine  Anleitung  zur  Aus- 
führung bakteriologischer  Untersuchungen  giebt“.  Für  Aerzte  ist 
sicher  an  Anleitungen  zur  Ausführung  bakteriologischer  Unter- 
suchungen kein  Mangel,  für  die  anderen  obengenannten  Interessenten 
aber  darf  ein  auf  ihre  Bedürfnisse  Rücksicht  nehmender  Leitfaden 
willkommen  geheißen  werden. 

Das  Buch  unterscheidet  sich  von  anderen  Anleitungen  zu  bak- 
teriologischen Untersuchungen  wesentlich  durch  zwei  Dinge,  durch 
die  vollständige  Aufzählung  aller  Bakteriennährböden  und  durch  die 
ausführliche  Schilderung  der  bakteriologischen  Untersuchung  von 
Nahrungsmitteln  und  Gebrauchsgegenständen,  Medikamenten  und 
Arzneistoffen,  Verbandstoffen,  Desinfektionsmitteln,  Wasserfiltern  sowie 
der  bakteriologischen  Untersuchungen  für  Zwecke  der  Brauerei,  Land- 
wirtschaft, Zuckerfabrikation,  Gerberei  und  Bauhygiene. 

Das  Werk  ist  mit  Rücksicht  auf  die  Bedürfnisse  der  oben- 
genannten Interessenten  zweckentsprechend  abgefaßt  und  wird  seinen 
Zweck  sehr  wohl  erfüllen.  Für  eine  Neuauflage  möchten  wir  dem 
Verf.  Rücksicht  auf  korrekte  Diktion  (Beisp.:  „Zusatz  . . . wird  zu- 
gegeben“, „Gärber  statt  Gerber“,  „entnimmt  die  Durchschnittszahl“ 
statt  „aus  der  Durchschnittszahl“),  besonders  aber  die  Richtigstellung 
einiger  kleiner  Irrtümer  empfehlen.  So  beginnt  (p.  98)  die  Ver- 
flüssigung des  Agars  nicht  schon  bei  50°,  sondern  erst  nahe  dem 
Siedepunkte;  der  Erfinder  des  Alkali- Albuminats  heißt  nicht  (p.  94 
u.  105)  Taschanoff,  sondern  Tarchanoff;  auch  dürfte  durch  Einlegen 
der  Eier  (p.  94)  in  Kalihydrat  kaum  Natronalbuminat  entstehen; 
warum  diese  Eier  nach  dem  Herausnehmeu  aus  dem  Alkali  noch 
einmal  mit  Sublimatlösung,  statt  sofort  mit  sterilisiertem  Wasser, 
gewaschen  werden  sollen,  ist  schwer  verständlich;  unter  den  flüssigen 
Nährböden  ist  (p.  94)  aufgeführt  Glycerinbouillon  mit  Zusatz  von 
3 Proz.  Gelatine;  Kochen  des  Agars  ira  Dampfapparate  (p.  101)  unter 
fleißigem  Umrühren  wird  sich  kaum  bewerkstelligen  lassen,  ebenso 
dürfte  das  Melken  in  Gefäße,  die  mit  sterilisierten  Wattepfropfen 
verschließbar  sind,  also  enge  Oeffnungen  haben,  sich  schwierig  ge- 

XV.  Bd.  13 


198 


Dntersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


stalteu ; zu  Liebig’s  Fleischextrakt  (p.  98)  ist  nicht  die  für  das  Bakterien- 
wachstum nützliche  Menge  Kochsalz  bereits  bei  der  Bereitung  des 
Extrakts  zugesetzt;  Hueppe’s  Fleischextraktgelatine  muß  nicht  deshalb 
lange  sterilisiert  werden  (p.  98),  weil  das  Fleischextrakt  viele,  son- 
dern (gleich  dem  Milchzucker)  schwer  zu  vernichtende  Keime  ent- 
hält; daß  man  eine  Pipette  dadurch  sterilisiren  kann,  daß  man  sie 
(p.  107)  3 — 4 Tage  im  Thermostaten  der  Brüttemperatur  aussetzt, 
ist  dem  Ref.  neu;  p.  121  muß  es  Babes  statt  Baber  heißen  u.  a.  m. 
Doch  das  sind  nur  kleine  Versehen,  welche  den  Wert  des  Buches 
nicht  wesentlich  beeinträchtigen.  Schill  (Dresden). 

Weinricli,  Max,  Die  bakteriologischen  Untersuchungs- 
methoden bei  chronischer  Gonorrhöe  des  Mannes. 
8°.  31  p.  Inaug.-Diss.  Berlin  1893. 

25  Patienten  bildeten  das  der  Arbeit  zu  Grunde  liegende 
Material.  Von  diesen  litten  an  chronischer  Gonorrhöe  diejenigen,  bei 
denen  im  Sekrete  die  Gonokokken  nachzuweisen  waren.  Auch  bei 
denen,  bei  welchen  trotz  wiederholter,  durchschnittlich  4 Wochen  lang 
fortgesetzter  mikroskopischer  Untersuchung  Gonokokken  nicht  gefunden 
wurden,  schließt  W.  aus  den  Symptomen  und  dem  ganzen  klinischen 
Verlaufe  der  Krankheit  auf  chronische  Gonorrhöe.  Zwar  fanden  sich 
hin  und  wieder  den  Gonokokken  sehr  formäbnliche  Diplokokken,  aber 
mit  Sicherheit  war  nicht  zu  entscheiden,  waren  es  Gonokokken, 
Diplococcus  Bumm’s  oder  Pseudogonokokken  Mann  ab  er  g’s 
oder  Lustgarten ’s. 

Leider  liefert  auch  die  Ro  ux-Gram’sche  Methode  keine  Sicher- 
heit, da  sich  zwar  der  Gonococcus  Neißer  stets  entfärbt,  aber 
auch  andere  Diplokokken  sich  ebenso  verhalten. 

Auch  die  haufenweise  Lagerung  im  Inneren  der  Zellen  um  den 
Kern  herum  soll  dem  Diplococcus  Neißer  wohl  allein  zukommen, 
aber  absolut  sicher  ist  es  auch  noch  nicht  nachgewiesen. 

Das  Reinkulturverfahren  führt  ebenfalls  nicht  zum  sicheren  Ziele, 
da  nach  Verf.  über  keine  der  die  Gonorrhöe  betreffenden  Unter- 
suchungsmethoden so  viel  Unklarheiten  herrschen  und  sich  so  viel 
einander  direkt  widersprechende  Angaben  der  namhaftesten  Autoren 
gegenüberstehen,  wie  gerade  in  Bezug  auf  die  Reinkulturen. 

Kurz,  die  bakteriologischen  Untersuchungsmethoden  sind  noch 
nicht  zu  solch  einem  Grade  der  Vollendung  gebracht,  daß  sie  in 
allen  Fällen  zu  praktischen  Zwecken  verwertbar  sind  und  vor  allem 
in  den  zweifelhaften  Fällen  keine  sichere  Klarheit  ergeben.  Diese 
ist  bei  dem  heutigen  Stande  der  Wissenschaft  nur  aus  dem  klinischen 
Verlaufe,  der  Endoskopie  und  der  bakteriologischen  Untersuchung 
im  Vereine  zu  finden,  wenn  auch  feststeht,  daß  der  Gonococcus 
Neißer  ganz  unzweifelhaft  der  pathogene  Mikroorganismus  des 
Trippers  ist,  der  demnach  durch  Excesse  in  venere  oder  baccho, 
durch  körperliche  Ueberanstrengung,  durch  Berührung  des  Penis  mit 
Menstrualblut,  durch  einfachen  Fluor  albus  ebenso  wenig  entstehen 
kann,  wie  durch  Gegendenwindpissen.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  199 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Kruse,  W.,  Bemerkungen  über  Infektion,  Immunität 
und  Heilung.  [Aus  dem  bakteriolog.  Laboratorium  der  Zoolo- 
gischen Station  zu  Neapel.]  (Beitr.  z.  pathol.  Anat.  u.  allg.  Pathol., 
Bd.  XII.  No.  3.) 

Verf.  giebt  uns  eine  sehr  anregend  geschriebene  kritische  Zu- 
sammenfassung unserer  derzeitigen  Anschauungen  über  Infektion, 
Immunität  und  Heilung.  Folgendes  sind  seine  eingehend  begründeten 
Hauptsätze: 

Wir  haben  allen  Organismen  Substanzen  zuschreiben  müssen,  die 
bakterienfeindlich  wirken:  Abwehrstoffe  oder  Al  ex  ine.  Die- 
selben werden  durch  die  Zellen  regelmäßig  produziert  und  sind  viel- 
fach auch  in  den  Säften  nachzuweisen.  Die  Bakterien  sind  nicht 
imstande,  in  tierischem  Gewebe  zu  wachsen,  wenn  nicht  diese  Alexine 
neutralisiert  werden;  das  geschieht  durch  lytische  Stoffe,  zu  denen 
die  den  infektiösen  Bakterien  spezifischen  Angriffsstoffe  oder 
Lysine  gehören.  Die  Wirkung  der  letzteren  kann  wieder  durch 
andere  antilytische  Substanzen  aufgehoben  werden;  die  virulenten 
Mikroorganismen  erzeugen  dieselben  indirekt  selbst  als  spezifische 
Körper:  Impfstoffe  oder  Antilysine. 

Neben  den  Lysinen  sind  direkte  Bakterienprodukte  solche,  die 
örtliche  Wirkung  hervorbringen  (z.  B.  chemotaktische  Substanzen) 
und  solche,  die  allgemeine  Symptome  erzeugen:  Gifte  oder  Toxine. 
Einige,  nicht  alle  infektiösen  Bakterien  können  indirekt  giftzerstörende 
Substanzen  bilden:  Gegengifte  oder  Antitoxine. 

Die  natürliche  Heilung  der  Infektion  beruht  wesentlich 
auf  dem  Vorhandensein  von  Alexinen  im  Körper,  die  den  Lysinen 
der  angreifenden  Bakterien  zu  trotzen  vermögen.  Unterstützt  kann 
sie  werden  durch  die  im  Laufe  der  Krankheit  erfolgende  natürliche 
Bildung  von  Antilysinen,  in  geringerem  Grade  durch  lokale  Reaktionen 
oder  die  gewöhnlichen  Sekretionsmechanismen,  die  zur  Elimination 
von  Krankheitserregern  führen  können. 

Der  künstliche  Schutz  gegen  Infektion  und  die 
künstliche  Heilung  derselben  erfolgt  durch: 

1)  verstärkte  Produktion  von  Abwehrstoffen; 

2)  Einführung  von  Antiseptica  zur  Unterstützung  der  Alexine; 

3)  Einführung  antilytisch  wirkender  Substanzen ; 

4)  Einverleibung  von  Stoffen,  die  zugleich  antitoxisch  und  anti- 
lytisch wirken. 

Kr.  verhehlt  sich  nicht,  daß  seine  Aufstellungen  in  manchen  Be- 
ziehungen noch  rein  hypothetischer  Natur  sind.  So  giebt  er 
als  möglich  oder  sogar  wahrscheinlich  zu,  daß  sich  lokale  und  All- 
gemeinwirkungen der  Bakterien  zum  Teil  auf  identische  Produkte 
derselben  werden  zurückführen  lassen.  Besonderen  Wert  legt  er  auf 
die  Trennung  der  Angriffs-  und  Giftstoffe,  die  vielfach  auch  dort  noch 
zusammengeworfen  würden,  wo  ihre  Verschiedenheit  schlagend  er- 
wiesen sei.  Gerade  der  unterschiedslose  Gebrauch  des  Wortes  „Gift“ 

13* 


200  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


für  alle  Bakterienprodukte  habe  bisher  ein  klares  Verständnis  dieser 
Verhältnisse  gehindert.  Kr.  kann  sich,  wie  bereits  aus  obigem  her- 
vorgeht, der  Ansicht  von  Brieger,  Kitasato  und  Wasser- 
mann, daß  der  Impfschutz  allein  auf  einer  Festigung  des  Organis- 
mus gegen  die  von  den  Bakterien  gebildeten  Gifte  beruhe,  nicht  an- 
schließeu;  er  glaubt  vielmehr,  daß  derselbe  zugleich  auf  einer  Wachs- 
tumsbehinderung der  Bakterien  beruhe,  daß  mit  der  Giftfestigung  in 
diesen  Fällen  auch  eine  wirkliche  Immunität  einhergehe,  daß  neben 
den  Antitoxinen  in  den  geimpften  Tieren  auch  Antilysine  gebildet 
seien;  denn  nirgends  sei  von  obigen  Autoren  der  Nachweis  erbracht, 
daß  die  Entwickelung  der  betreffenden  Bakterien  in  den  geimpften 
Tieren  ebenso  reichlich  erfolgt  sei  als  in  den  nicht  geimpften. 

W.  Petersen  (Zürich). 

Janet,  Traitement  abortifdela  blennorrhagie  parle 
permanganate  de  potasse,  mode  d’action  de  ce  pro- 
duit.  (Annales  de  Dermatologie  et  de  Syphiligraphie.  1893. 
No.  10.) 

Bevor  der  Verf.  seine  abortive  Behandlungsmethode  der  Gonor- 
rhöe und  die  damit  erzielten  Erfolge  mitteilt,  giebt  er  einen  historischen 
Ueberblick  über  die  bisher  übliche  Art  und  Weise  der  Abortiv- 
methodeu  und  setzt  in  scharf  kritischer  Weise  deren  Fehler  aus- 
einander. 

Zuerst  wendet  er  sich  scharf  gegen  Di  d a g g und  diejenigen  Aerzte, 
welche,  ohne  die  Untersuchung  auf  Gonokokken  zu  machen,  sofort 
ihre  abortive  Behandlung  anfangen,  sowie  sich  ein  Tropfen  Eiter  in 
der  Urethra  zeigt.  Dadurch  wird  eine  Anzahl  nicht  gonorrhoischer 
Urethritiden  mit  in  die  Statistik  hineingezogen,  deren  Heilung  für 
den  Wert  der  Methode  ohne  Bedeutung  ist.  Nur  die  Fälle,  bei  denen 
mittelst  des  Mikroskops  Gonokokken  gefunden  werden,  sind  als  echte 
Gonorrhöen  zu  zählen  und  für  eine  Statistik,  die  die  Vorteile  einer 
Behandlungsmethode  beweisen  soll,  zu  verwerten. 

Dann  spricht  Janet  über  die  Schnelligkeit,  mit  der  die  Gono- 
kokken sich  in  den  meisten  Fällen  über  die  Schleimhaut  der  ganzen 
Urethra  verbreiten  und  in  die  tieferen  Schichten  des  Gewebes  ein- 
dringen.  Nach  seiner  Statistik  war  in  40  Proz.  der  Fälle  bereits 
4 Tage  und  in  26  Proz.  bereits  24  Stunden  nach  dem  Auftreten  des 
ersten  Eitertropfes  eine  Gonorrhoea  posterior  vorhanden  — er  führt 
zum  Vergleiche  die  Ro  na’ sehe  Statistik  an,  der  in  82,9  Proz.  der 
Fälle  in  der  ersten  Woche  das  Vorhandensein  einer  Infektion  der 
Urethra  posterior  angiebt.  Ebenso  dringen  nach  J.  die  Gonokokken 
mit  großer  Schnelligkeit  in  die  tieferen  Epithelschichten,  erfüllen  die 
Krypten  der  Harnröhre  und  dringen  in  die  Lakunen  und  die  Aus- 
führgänge der  Drüsen  und  in  diese  selbst  ein.  Demgemäß  muß  jede 
Abortivbehandlung  erfolglos  bleiben,  welche,  mit  geringen  Flüssigkeits- 
mengen von  großer  Konzentration  ausgeführt,  nur  die  Urethra  anterior 
berücksichtigt  und  nur  die  oberflächlichen  Epithellagen  zerstört  und 
zur  Desquamation  bringt.  Dagegen  ist  kräftigen  Auspritzungen  und 
noch  besser  Ausspülungen  der  Urethra  mit  größeren  Mengen  von 
Flüssigkeiten  in  schwächerer  — aber  noch  bakterientötender  Kon- 
zentration ein  gewisser  Wert  nicht  abzusprechen,  und  wenn  diese 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  201 


Methode  keine  besseren  Erfolge  aufzuweisen  hat,  so  liegt  es  nach 
Ja  net  nur  daran,  daß  sie  nicht  richtig  und  exakt  ausgeführt  worden 
ist.  Jan  et  giebt  dann  eine  sehr  ausführliche  Beschreibung  seiner 
abortiven  Behandlungsweise,  die  sich  naturgemäß  nur  auf  die  ganz 
frischen  Fälle  — aber  nur  auf  solche  ohne  allzu  stürmische 
Begleiterscheinungen  (stärkeres  Oedem,  sehr  lebhafte  Schmerzen 
beim  Urinieren  und  den  Erektionen  und  beträchtliche  Schwellung 
des  meatus  u.  s.  w.)  anwenden  läßt.  Es  handelt  sich  um  Aus- 
spülungen mit  Kal.  permang.  l/s oo — 1Uoooi  je  nach  dem  vor- 
liegenden Falle.  Die  genauere  Mitteilung  dieses  Teiles  der  Arbeit 
gehört  nicht  hierher;  nur  so  viel  will  ich  hervorheben,  daß  der  Verf. 
angiebt,  schon  nach  der  ersten  Ausspülung  mit  Kal.  permang.  in 
keinem  Falle  mehr  Gonokokken  gefunden  zu  haben. 

Es  folgen  dann  die  Krankengeschichten  von  15  von  ihm  auf 
diese  Weise  behandelten  Gonorrhöen  mit  ausgezeichnetem  Resultate. 
Im  Anschluß  hieran  erörtert  er  die  Frage,  wodurch  das  Kal.  permang. 
trotz  einer  viel  geringeren  desinfizierenden  Kraft  als  Argent.  nitr. 
und  Sublimat  so  viel  besser  wirkt;  er  kommt  zu  dem  Schlüsse,  daß 
nach  dem  Kal.  bei  richtiger  Anwendung  (d.  h.  nicht  zu  lange  hinter- 
einander, noch  zu  schnell  hintereinander,  noch  in  zu  großer  Konzen- 
tration, dürfen  die  Eingießungen  vorgenommen  werden)  nicht  wie  nach 
den  erwähnten  Desinficientien  eine  reichliche  Eiterung  einige  Stunden 
nach  der  Spülung  eintritt,  sondern  daß  das  Kalium  eine  sehr  geringe 
Menge  seröse  Sekretion  hervorbringe,  die  lange  anhalte  und  während 
deren  Dauer  keine  Gonokokken  zu  findea  wären,  weil  sie  in  diesem 
Nährsubstrate  nicht  gediehen.  Ebenso  verändere  das  durch  das 
Kalium  hervorgerufene  leichte  Oedem  der  Urethra  den  Nährboden 
für  die  tiefer  eingedrungenen  Gonokokken  so,  daß  sie  nicht  zu 
existieren  vermöchten.  Ein  weiterer  Vorzug  der  Methode  ist  ihre 
Schmerzlosigkeit.  Lasch  (Breslau). 

Mauriac,  Ce  que  devraient  etre  le  traitement  sp6ci- 
fique  et  la  prophylaxie  de  la  Syphilis.  (LaSemaine 
ra6d.  1893.  No.  72.) 

Als  die  idealste  Behandlungsmethode  der  Syphilis  denkt  sich 
Mauriac  diejenige,  die  das  Virus  im  Augenblicke  nach  der  In- 
vasion an  der  Infektionsstelle  zu  vernichten  vermöchte,  bevor  es  im- 
stande ist,  sich  auch  nur  im  Geringsten  weiter  zu  verbreiten.  Wollte 
man  erst  in  späterer  Zeit  — wenn  das  Gift  den  Organismus  bereits 
durchseucht  hat  — eingreifen,  so  müßte  man  versuchen,  das  einge- 
wanderte Virus  vernichtende  und  seine  Toxine  neutralisierende  Sub- 
stanzen dem  Organismus  einzuverleiben  resp.  in  ihm  zu  erzeugen, 
die  aber  demselben  sonst  in  keiner  Beziehung  schädlich  sein  können. 
Stets  wird  uns  der  Erfolg  in  diesen  Fällen  ein  ungewisser  bleiben, 
da  uns  der  Maßstab  dafür  fehlt,  ob  wir  bei  den  für  uns  unsichtbar 
sich  abspielenden  Vorgängen  wirklich  eine  radikale  Heilung  der  Krank- 
heit oder  nur  die  Beseitigung  der  momentanen  Manifestationen  er- 
zielt haben,  wie  wir  es  bei  den  „äußeren  Dermatomykosen  sehr  wohl 
zu  beurteilen  imstande  sind.  Bisher  sind  wir  nach  M a u ri a c’ s An- 
sicht noch  nicht  im  Besitze  von  Mitteln,  die  das  Krankheitsagens 
wirklich  zu  beseitigen  vermögen ; Quecksilber  und  Jod  sind  nach  ihm 


202  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


nur  eigentlich  palliative  Mittel ; sonst  müßte  heute  die  Syphilis  zu 
den  allerseltensten  Erkrankungen  gehören,  nachdem  sie  seit  Jahr- 
hunderten mit  dem  Quecksilber  bekämpft  wird. 

Der  Verf.  hofft  einen  größeren  Erfolg  von  der  künstlichen 
Syphilisation.  Freilich  bleibt,  so  lauge  das  Virus  der  Syphilis  uns 
unbekannt  und  die  Uebertragung  auf  Tiere  unausführbar  ist,  diese 
Hoffnung  eiu  Traumbild  für  die  Zukunft,  das  dem  Verf.  selbst  des- 
wegen leichter  zu  verwirklichen  erscheint,  weil  wir  in  der  natürlichen 
Immuuisation  der  Mutter  durch  vom  Vater  her  syphilitische  Kinder 
bereits  eine  Art  Analogon  zur  Immunisierung  durch  Vaccination  be- 
sitzen. Es  ist  ferner  anzunehmen,  daßdie  Impfung  mit  dem  abgeschwächten 
Virus  nichts  ganz  gleichgültiges  ist  und  es  bleibt  immerhin  fraglich, 
wie  viele  bereit  sein  würden,  sich  derselben  zu  unterziehen,  als 
Prophylaxe  gegen  eine  Krankheit,  gegen  welche  sie  sich  selbst 
schützen  zu  können  glauben. 

Zum  Schlüsse  streift  M.  das  Kapitel  der  Prophylaxe  der  Aus- 
breitung der  venerischen  Krankheiten  und  betont  die  große  Unge- 
rechtigkeit und  den  schweren  Fehler,  der  dadurch  geschieht,  daß  nur 
die  Frauen,  nicht  auch  die  Männer  ärztlich  untersucht  werden.  Durch 
Unterlassung  der  Untersuchung  der  Männer  bleibt  die  Maßregel  nur 
eine  halbe,  da  es  am  wichtigsten  wäre,  die  prostituierten  Puellae  vor 
der  Infektion  zu  schützen.  Lasch  (Breslau). 

Centanni,  Die  spezifische  Immunisation  der  Elemente 
der  Gewebe.  [Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Immunität  und  der 
Serumtherapie  bei  Rabies.]  (Deutsche  medizinische  Wochenschrift. 
1893.  No.  44.  p.  1061  ff.,  No.  45.  p.  1115  ff.). 

Mit  dem  vom  Verf.  entdeckten  Bacillus  aerogenes  me- 
ningitidis  vermochte  derselbe  Kaninchen  zu  immunisieren,  so  daß 
sie  einer  nachfolgenden  subduralen  Inokulation  virulenter  Kulturen 
erfolgreich  widerstanden.  Das  Blut  der  immunisierten  Tiere  hatte 
in  vitro  nicht  nur  keine  baktericide  Eigenschaften,  sondern  es  war 
der  Bacillus  sogar  noch  virulenter  geworden,  wenn  er  auf  Blut- 
fleischbrühe gewachsen  war.  Auch  für  die  immunisierten  Kaninchen 
war  dieselbe  Dose,  in  den  Kreislauf  injiziert,  ebenso  tödlich  wie  für 
die  nicht  immunisierten.  Auch  wurde  keine  immunisierende  Wirkung 
beobachtet  bei  Uebertragung  des  immunisierten  Blutes  eines  Tieres 
auf  ein  anderes  Tier.  Das  Blut  hatte  also  an  der  Immunisierung 
keinen  Anteil  und  wurden  Versuche  angestellt,  ob  irgend  welche  Ge- 
webselemente  das  immunisierende  Prinzip  enthielten. 

I.  Experimente  über  das  vergleichende  Immuuisationsvermögen 
der  Gewebe. 

Von  den  nach  der  italienischen  Methode  vaccinierten  Kaninchen 
wurden  Serum  wie  auch  Nervensystem  anderen  Tieren  injiziert,  und 
zwar  im  Verhältnis  von  1 Nerveusubstanz  auf  300  Teile  Tier  und 
1 Serum  auf  150  Tier. 

Die  Infektion  wurde  auf  subduralem  Wege  bewirkt,  und  zwar 
3 Arten  von  Immunisation  aufgestellt:  erstens  eine  schützende 
Immunität,  5 Tage  vor  der  Infektion,  dann  eine  gleichzeitige, 
gleichzeitig  mit  derselben,  drittens  eine  heilende,  5 Tage  nach  der 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  203 


Infektion.  Außer  dem  Nervensystem  wurde  7raal  ein  anderes  Gewebe 
untersucht,  doch  mit  stets  negativem  Erfolg. 

II.  Die  Stadien  des  Vaccinationsprozesses. 

Bei  der  Infektion  mit  Nervensubstanz  handelt  es  sich  um 
passive  Immunität,  wobei  dem  zu  immunisierenden  Organismus  die 
Immunisierungsstoffe  fertig  in  bestimmter  Menge  zugeführt  werden, 
ohne  daß  der  Organismus  an  dem  Mengenverhältnis  etwas  ändern 
kann.  Gegenüber  dieser  passiven  Immunisierung,  die  für  das  Tier 
reaktionslos  verläuft,  sprechen  wir  von  aktiver,  wenn  der  Organismus 
auf  die  Einführung  virulenter  oder  toxischer  Stoffe  durch  Selbst- 
produktion immunisierender  Substanz  antwortet. 

Die  Injektion  im  Nervensystem  bewirkt  eine  passive  Immuni- 
sierung. Es  ergab  sich,  daß  eine  allmählich  ansteigende  Immuni- 
sierungskraft im  Blut  vorhanden  ist,  welche  proportional  der  Re- 
sorption des  Nervensystems  wuchs,  am  25. — 30.  Tage  ein  Maximum 
mit  einer  Immunitätskraft  von  1 : 500  erreichte,  nach  l1/2  Monaten 
auf  1 : 150  herabsank,  um  schließlich  ganz  zu  erlöschen.  Nach  Ein- 
führung neuen  Nervenmarkes  unter  die  Haut  wurde  derselbe  Vorgang 
noch  einmal  wiederholt.  Auf  anderem  Wege  ließ  sich  auch  durch 
chemische  Reaktion  die  immunisierende  Substanz  aus  dem  Nerven- 
system darstellen  und  diese  dem  Tier  injizieren.  Das  immunisierende 
Prinzip  kann  dann  so  wirken,  daß  es  entweder  im  ganzen  Organismus 
kreisend  das  später  eindringende  Gift  aufsucht  und  vernichtet,  oder 
daß  es  sich  an  bestimmten  Stellen  ablagert,  welche  für  das  später 
eindringende  Gift  den  Angriffspunkt  bilden.  Die  Beobachtung  hat 
ergeben,  daß  ein  gewisser  Zeitpunkt  eintreten  kann,  wo  das  Tier  im 
Kreislauf  eine  mehr  als  hinreichende  Menge  immunisierender  Substanz 
besitzt,  welche  jedoch  das  Tier  selbst  nicht  vor  der  Erkrankung  zu 
schützen  vermag.  Zudem  ergaben  weitere  Versuche  und  Ueberlegungen, 
daß  die  erste  Hypothese  unhaltbar  wurde.  Es  erwies  sich  nun,  daß 
im  gleichen  Verhältnis,  wie  die  Imraunisierungskraft  des  Blutes  ab- 
nahm, die  des  Nervensystems  zunimmt,  woraus  das  Gesetz  abgeleitet 
wird,  daß  dieselben  Elemente,  welche  vorzugsweise  die  spezifische 
Wirkung  des  Virus  erfahren,  auch  vorzugsweise  die  betreffende  immuni- 
sierende Substanz  in  sich  aufnehraen.  Oder  anders  ausgedrückt : die 
Assimilation  des  immunisierenden  Prinzips  durch  die  dasselbe  auf- 
nehmenden Elemente  sättigt  die  Anziehungskraft  des  nervösen  Mole- 
küls zu  dem  Rabiesvirus,  so  daß  die  spätere  Berührung  mit  diesem 
Virus  unwirksam  bleibt. 

IH.  Allgemeiner  Begriff  der  Serumtherapie. 

Bei  der  Immunisation  kommt  es  zunächst  darauf  an,  das  Tier, 
welches  das  immunisierende  Serum  liefern  soll,  für  sich  selbst  immun 
zu  machen.  Dann  muß  dem  Serum  eine  möglichst  hohe  Immuni- 
sierungskraft verschafft  werden,  was  am  besten  durch  die  italienische 
Methode  erreicht  wird.  Der  Einfluß  des  so  erhaltenen  Serums  ist 
ein  indirekter  durch  Vermittelung  der  Zellen  und  können  bei  be- 
gonnener Krankheit  nur  die  Zellenkomplexe  mit  den  immunisierenden 
Stoffen  gesättigt  werden,  welche  noch  nicht  von  dem  Gifte  ergriffen 
sind.  0.  Voges  (Danzig). 


204  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Lazarus,  A.  und  Weyl,  Th.,  Weitere  Beiträge  zur  Theorie 
der  I mm u n ität  g e gen  Milzbrand.  [Aus  dem  Laboratorium 
des  städtischen  Krankenhauses  Moabit.]  (Berl.  klin.  Wochenschr. 
1892.  No.  45.) 

Nachdem  Weyl  früher  nachgewiesen  hatte,  daß  die  unter  die 
Brusthaut  des  Huhns  gebrachten  Sporen  des  virulenten  Milzbrandes 
schon  nach  2 — 4 Tagen  ihre  Virulenz  vollkommen  verloren  hatten, 
suchten  nun  die  Verff.  festzustellen,  ob  diese  sporentötende  Kraft  des 
lebenden  Huhnes  sich  erst  im  Laufe  des  extraovulären  Lebens  ent- 
wickele oder  bereits  kurz  nach  dem  Auskriechen  aus  dem  Ei  vor- 
handen sei.  Sie  impften  zu  dem  Zwecke  Hühnchen  der  gleichen 
Race,  welche  von  derselben  Henne  zu  gleicher  Zeit  angebrütet  waren 
und  alle  im  Verlaufe  vou  12  Stunden  das  Ei  verlassen  hatten,  also 
gleichalterig  waren,  verschiedene  Zeit  nach  der  Geburt  mit  virulenten 
Milzbrandsporen,  und  zwar  2 am  1.  Tage,  2 am  2.,  2 am  5.  und  2 
am  12.  Tage  nach  der  Geburt.  Von  diesen  8 Tieren  starb  nur  ein 
einziges  am  Tage  nach  der  Impfung  an  einem  kleinen,  dem 
Loeffl er’ sehen  B.  typhi  murium  sehr  ähnlichen  Bacillus, 
also  nicht  am  Milzbrand.  Hiermit  ist  bewiesen,  daß  die  Immuni- 
tät gegen  Milzbrand  den  Hühnern  angeboren  ist,  oder 
wenigstens  sich  im  Verlaufe  der  24  Stunden  entwickelt  haben  muß, 
welche  vou  dem  Auskriechen  bis  zur  Impfung  verstrichen  waren.  Um 
zu  prüfen  ob  das  Serum  des  jungen  Huhns  als  Heilmittel  gegen  Milz- 
brand dienen  könne,  wurde  weißen  Mäusen  eine  Milzbrandsporen- 
emulsion und  Serum  sowohl  von  den  bei  dem  früheren  Versuche  be- 
nützten als  noch  nicht  mit  Milzbrand  geimpften  Hühnchen  injiziert. 
Die  so  behandelten  Mäuse  sind  niemals  am  Leben  geblieben,  vielmehr 
wenig  später  als  die  Kontrollmäuse  eingegangen.  Da  vielleicht  das 
Serum  des  Hühnchens  so  schwache  sporentötende  Kraft  besaß,  daß 
dieselbe  sich  erst  nach  längerer  Einwirkung  auf  die  Sporen  äußern 
konnte,  wurde  das  Gemisch  von  Sporenemulsion  uud  Serum  24 — 
48  Stunden  im  Eisschranke  stehen  gelassen  und  dann  injiziert;  doch 
starben  die  Tiere  ebenso  schnell  als  die  Mäuse,  welchen  die  frische 
Mischung  von  Serum  und  Sporen  injiziert  worden  war.  Auch  das 
Serum  des  ausgewachsenen  Huhnes  war  kein  Heilmittel 
gegen  Milzbrand,  wie  durch  eine  Reihe  von  Versuchen  nachge- 
wiesen werden  konnte.  Demnach  vermag  das  Blutserum  eines 
Tieres,  welches  eine  angeborene  Immunität  gegen 
Milzbrand  besitzt,  ein  zweites,  gegen  Milzbrand  nicht 
immunes  Tier  vor  Milzbrand  nicht  zu  schützen. 

Dieudonn6  (Berlin). 

Pansini,  Sergio,  Weitere  Untersuchungen  über  das  Ver- 
halten des  Serums  gegenüber  den  Mikroorganismen, 
insbesondere  über  seine  Heilkraft  bei  der  Pneu- 
moniekokken-Infektion.  (Beitr.  z.  pathol.  Anat.  u.  allg. 
Pathol.  Bd.  XII.  H.  3.  S.  372.) 

Die  Untersuchungen  P.’s  erstreckten  sich  auf  3 Punkte.  Es 
wurde  zunächst  an  einer  großen  Anzahl  verschiedener  Bakterienarten 
die  keimtötende  Kraft  des  menschlichen  Serums  geprüft.  Das  Blut- 
serum zeigte  eine  enorme  keimtötende  Kraft  gegenüber  allen  Sapro- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten.  Entwickelungshemmung  etc.  205 


phyten;  recht  bedeutend  war  dieselbe  auch  gegen  solche  pathogenen 
Bakterien,  welche  keine  Septikämie  erzeugen  (Rotz,  Diphtherie,  Cho- 
lera). Die  Sterblichkeitsziffer  der  Bakterien  war  in  den  ersten  Mo- 
menten nach  der  Einführung  in  das  Serum  besonders  groß;  es  schienen 
alle  schwächeren  Individuen  sofort  abzusterben.  Von  einem  gewissen 
Zeitpunkt  an  jedoch  (kritischer  Zeitpunkt  des  Wachstums)  begann 
wieder  eine  Vermehrung  der  Bakterien  (also  ein  Auslöschen  oder 
eine  Neutralisation  der  keimtötenden  Kraft).  Es  ist  diese  Erschei- 
nung entweder  als  eine  Wirkung  der  toten  Bazillen  aufzufassen  (Bo- 
naduce)  oder  auf  ein  lytisches  Vermögen  der  weiterwachsenden  zu 
beziehen. 

Auffallend  war  die  Thatsache,  daß  in  verschiedenen  Fällen  viru- 
lente Varietäten  eines  Mikroorganismus  abgetötet  wurden,  während 
weniger  virulente  Formen  desselben  Mikroorganismus  in  demselben 
Serum  weiterwuchsen.  Die  keimtötende  Kraft  der  verschiedenen  Sera 
gegen  dasselbe  Bakterium  war  sehr  verschieden  groß;  die  Bakterien 
erwiesen  sich  also  als  lebendige  Reagentien  zum  Nachweis  qualitativer 
Unterschiede  in  der  Zusammensetzung  unserer  Körpersäfte.  Es  ließ 
sich  ferner  bei  den  meisten  Bakterien  eine  gewisse  Beziehung  zwi- 
schen der  Immunität  einer  Tierart  und  der  keimtötenden  Kraft  seines 
Blutserums  nachweisen;  diese  Beziehung  war  jedoch  nicht  konstant 
genug,  um  zur  Erklärung  der  Immunität  zu  genügen. 

In  einer  zweiten  Versuchsreihe  wies  P.  für  den  Diplococcus 
der  Pneumonie  und  den  Streptococcus  pyogenes  die  Mög- 
lichkeit nach,  in  menschlichem  Blutserum  abgeschwächte  Formen 
wieder  in  vollvirulente  umzuzüchten.  Keines  der  Sera,  welches  dem 
abgeschwächten  Diplococcus  seine  Virulenz  wieder  verliehen  hatte, 
erwies  sich  bei  Impfversuchen  mit  dem  virulenten  Diplococcus 
für  Kaninchen  heilkräftig. 

Bei  dem  3.  Thema,  der  Heilung  der  Pneumokokkeninfektion 
durch  das  Blutserum  immuner  Tiere  kommt  P.  zu  folgenden  Ergeb- 
nissen: Bei  der  Pneuraokokkeninfektion  kann  in  vielen  Fällen  Heilung 
durch  Einimpfung  von  Blutserum  natürlich  immuner  Tiere  (Hund)  er- 
reicht werden;  in  manchen  Fällen  bleibt  jedoch  die  Heilwirkung  aus 
und  in  einzelnen  tritt  sogar  eine  Verstärkung  der  Infektion  ein.  Da 
das  menschliche  Serum  dem  Hundeserum  in  seiner  Heilwirkung  fast 
gleicbsteht,  so  ist  der  Mensch  als  natürlich  immun  gegen  Pneumonie 
anzusehen;  die  Immunität  wird  nur  bei  einzelnen  Individuen  und 
zeitweise  aufgehoben.  Das  Blutserum  bewahrte  (in  Tuben  einge- 
schlossen) seine  Heilkraft  bis  zu  45  Tagen,  einmal  sogar  4 Monate 
lang.  Bei  vielen  Kaninchen  war  mit  der  Heilung  zugleich  Immunität 
eingetreten.  Beziehungen  zwischen  therapeutischer  und  immunisirender 
Kraft  waren  beim  Menschenserum  nur  in  gewissen  Grenzen,  beim 
Hundeserum  überhaupt  nicht  nachweisbar. 

Was  die  Heilung  der  menschlichen  Pneumonie  betrifft,  so  hält 
P.  die  Heilversuche  mit  dem  Serum  von  Menschen  oder  Tieren, 
welche  Immunität  erworben  haben,  für  durchaus  berechtigt;  das 
Serum  natürlich  immuner  Menschen  oder  Tiere  kann  er  dagegen 
nicht  empfehlen,  da  von  diesem  zu  große  Mengen  erforderlich  sein 
würden.  W.  Petersen  (Zürich). 


206  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Foä,  P.,  Sur  l’iufection  par  le  Diplococcus  lanceolatus. 

(Archives  Ital.  de  Biologie.  Vol.  XX.  Fsc.  I.  p.  14.) 

Die  Ergebnisse  der  eingehenden  Untersuchungen  Foä’s  weichen 
von  den  durch  Klemperer,  Emmerich  u.  A.  gefundenen  sehr 
wesentlich  ab  und  stehen  zum  Teil  in  direktem  Gegensätze  zu  diesen. 
Zur  Immunisierung  von  Kaninchen  gegen  den  Diplococcus  lan- 
c e o 1 a t u s (s.  pneumoniae)  erwies  sich  F.  weitaus  am  geeignetsten 
ein  wässeriger  Glycerinextrakt  der  Diplokokkenkulturen;  derselbe 
wirkte  bedeutend  zuverlässiger  und  sicherer  als  der  durch  Alkohol 
und  Schwefelammonium  ausgefällte  Stoff  oder  als  sterilisierte  Kulturen. 
Die  bisher  vielfach  angegebene  Beobachtung,  daß  die  einmal  erzielte 
Immunität  durch  wiederholte  nachtolgeude  Infektionen  gesteigert 
werde,  fand  F.  nicht  bestätigt.  Das  bemerkenswerteste  Resultat  der 
ersten  Versuchsreihen  F.’s  ist  die  Thatsache,  daß  das  Blutserum 
der  immunisierten  Kaninchen  gegen  die  Diplokokken- 
infektion anderer  Kaninchen  nicht  die  geringste 
therapeutische  oder  präventive  Wirkung  zeigte.  Den 
schroffen  Gegensatz,  welchen  dieser  Befund  zu  früheren  Beobachtungen 
(Klemperer,  Emmerich  und  Fowitzki)  bildet,  glaubt  F.  nur 
dadurch  erklären  zu  können,  daß  bei  den  verschiedenen  Unter- 
suchungen ganz  verschiedene  Diplokokkenarten  Vorgelegen  haben. 

Um  nun  für  spätere  Untersuchungen  ein  gleichartiges  Material 
zu  schaffen,  stellt  er'  zunächst  einen  „konstanten  Laboratorientypus“ 
auf.  Zu  dessen  Gewinnung  empfiehlt  er,  die  aus  pneumonischem 
Sputum  stammenden  Diplokokken  zunächst  durch  2 Ratten,  alsdann 
durch  mehrere  Kaninchen  hindurchzuschicken,  da  nur  so  eine  voll- 
virulente Form  erhalten  werden  könne.  Die  Virulenz  erhielt  sich  am 
längsten  (ca.  60  Tage),  wenn  die  Kokken  nicht  in  künstlichem  Nähr- 
materiale, sondern  im  Tierblute  selbst  in  sterilisierten  Gläsern,  vor 
Licht  geschützt,  aufbewahrt  wurden.  Aber  auch  dieser  „konstante 
Typus“  zeigte  bei  genauerer  Untersuchung  verschiedene  Varietäten 
mit  erheblichen  Unterschieden.  Besonders  scharf  ließen  sich  zwei 
Formen  trennen,  welche F.  nach  ihrem  häufigsten  Fundorte  „Pneumo- 
coccus“  und  „Men in  go co c cu  s“  benennt.  Der  erstere  rief  beim 
Kaninchen  starke  lokale,  seröse  Entzündung,  mäßige  Septikämie  mit 
geringer  weicher  Milzschwellung  hervor;  der  letztere  dagegen  keine 
lokale  Reaktion,  eine  starke  Septikämie  und  hochgradige  harte  Milz- 
schwellung. Zwischen  diesen  beiden  extremen  Formen  fand  sich  eine 
Reihe  von  Uebergängen ; alle  Varietäten  aber  ließen  wieder  stark- 
virulente  und  schwachvirulente  Unterarten  erkennen.  Die  oben  er- 
wähnten Immunisierungsversuche  wurden  mit  dem  „Pneumococcus“ 
angestellt.  Die  mit  dem  „Meningococcus“  durchgeführten  Unter- 
suchungen gaben  wesentlich  andere  Resultate.  Zunächst  gelang  es 
nicht,  aus  diesem  einen  immunisierenden  Stoff  von  ebenso  zuver- 
lässiger Wirkung  zu  isolieren,  wie  beim  „Pneumococcus“.  Das 
Serum  immunisierter  Kaninchen  konnte,  wenn  es  gleichzeitig  mit 
dem  infizierenden  Material  in  ein  anderes  Kaninchen  eiugeführt 
wurde,  dasselbe  niemals  retten.  Wurde  das  Serum  vor  der  Iufektion 
angewandt,  so  starben  die  Kaninchen  zwar  auch,  jedoch  erst  nach 
8 Tagen  statt  nach  24  Stunden,  wie  die  Kontrolltiere.  Eine  noch 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  207 


frühere  Anwendung  des  Serums  oder  eine  Steigerung  seines  Quantums 
konnte  dies  Resultat  nicht  verbessern. 

Ganz  auffallenderweise  war  der  Unterschied  zwischen  dem 
Pneumococcus  und  Meningococcus  so  groß,  daß  Kaninchen, 
welche  gegen  einen  derselben  immunisiert  waren,  der  Infektion  durch 
den  anderen  unterlagen  ! 

' ’ Bei  manchen  Kaninchen  trat  während  ihrer  Immunisierung  mit 
dem  Glycerinextrakt  ein  akuter  Marasmus  auf;  allgemeine  Atrophie 
und  starke  Blutzersetzung,  welche  zum  Tode  führten.  Mit  dem 
Serum  eines  .solchen  Kaninchens  konnte  der  gleiche  tötliche  Maras- 
mus auf  ein  zweites  Tier  übertragen  werden,  während  dessen  Serum 
bei  einem  dritten  Tiere  zwar  noch  starke  Atrophie,  aber  nicht  den 
Tod  verursachte. 

Die  Versuche,  Kaninchen  durch  das  Serum  von  Tieren,  welche 
eine  natürliche  Immunität  gegen  den  Diplococcus  besitzen  (z.  B. 
Hund)  oder  durch  das  Serum,  welches  pneumoniekranken  Menschen 
in  den  verschiedensten  Stadien  der  Erkrankung  entnommen  war, 
schlugen  gleichfalls  fehl.  Ferner  zeigte  die  Injektion  von  dem  Glycerin- 
extrakt, welcher  Kaninchen  sicher  immunisierte,  weder  auf  den  Ver- 
lauf von  menschlichen  Pneumonieen  noch  von  Kaninchenpneumonieen 
(trotzdem  mildere  Formen  ausgesucht  wurden)  die  allergeringste  Ein- 
wirkung. 

F.  glaubt,  aus  diesen  Versuchen  einen  scharfen  Gegensatz  zwischen 
septischen  Infektionen  (wie  Pneumonie)  und  rein  toxischen  (z.  B. 
Diphtherie,  Tetanus)  konstruieren  zu  können  und  warnt  dringend  da- 
vor, die  bei  den  einen  gefundenen  Resultate  ohne  weiteres  auf  die 
anderen  zu  übertragen.  W.  Petersen  (Zürich). 

Rosin , Einfluß  von  Chinin  und  Methylenblau  auf 
lebende  Malariaplasmodien.  (Deutsche  medizin.  Wochen- 
schrift. No.  44.  1893.) 

Verf.  untersuchte  auf  dem  Objektträger  unter  dem  Mikroskop 
den  Einfluß  des  Chinins  und  des  Methylenblau  auf  lebende  Malaria- 
parasiten. Um  die  Vorgänge  im  Körper  nachzuahmen,  verwandte  er 
eine  Chininlösung  von  1 : 5000,  da  das  Chinin  in  nicht  stärkerer  Kon- 
zentration im  Blut  vorkommt.  Unter  Einwirkung  einer  solchen  Lösung 
von  Chinin  blieb  die  Bewegung  der  Plasmodien  noch  10  Stunden  er- 
halten, zu  einer  Zeit,  wo  die  roten  Blutkörperchen  schon  erhebliche 
Veränderungen  erlitten  hatten.  Methylenblaulösung  wurde  verwandt 
im  Verhältnis  von  1 : 20000  physiol.  Kochsalzlösung.  Diese  Lösung 
war  in  dünner  Schicht  noch  schwach  blau,  dagegen  unter  dem  Mikro- 
skop farblos.  Sofort  nach  Zusatz  dieser  dünnen  Methylenblaulösung 
hörte  die  Bewegung  der  Körnchen  in  den  Plasmodien  auf.  Nach 
einer  halben  Stunde  waren  die  meisten  Plasmodien  intensiv  blau,  die 
Kerne  der  weißen  Blutkörperchen  nur  blaßblau,  während  die  roten 
Blutkörperchen  ihre  Farbe,  Gestalt  und  Form  behalten  hatten.  R.  em- 
pfiehlt daher  diese  Färbung  der  lebenden,  frischen  Plasmodien,  da 
sie  eine  viel  größere  Verwandtschaft  zur  Farbe  haben  wie  die  durch 
Erhitzen  auf  120°  durch  Härten  in  Alkohol  abgetöteten. 

Verf.  schließt  von  diesen  Experimenten  nicht  auf  den  Menschen, 
zumal  das  Methylenblau  im  Blutstrom  als  farbloses  Leukoprodukt 


208  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


kreist,  zu  welchem  es  durch  die  alkalische  Reaktion  und  stark  redu- 
zierende Kraft  wird.  0.  V o g e s (Danzig). 

Kollmann,  Ueber  Lammbluttransfusion  bei  Syphilis. 
(Sekt.  f.  Dermatol,  der  65.  Naturforschervers.  1893.  — Monatsh. 
f.  prakt.  Dermatol.  Bd.  XVII.  p.  382.) 

K.  konnte  günstige  Erfolge  von  Larambluttransfusion  bei  Syphilis 
im  Gegensätze  zu  Tommasoli  nicht  beobachten.  Von  8 bereits 
früher  mit  Quecksilber  behandelten  Luetischen  mußten  4 wegen 
schwerer  Erscheinungen  bald  wieder  vom  Lammblute  zum  Queck- 
silber zurückkehren;  bei  den  übrigen  4 traten  nach  kurzer  Zeit 
wieder  neue  Erscheinungen  auf.  Von  vorher  unbehandelten  Syphi- 
litikern zeigte  nur  einer  nach  Lammbluttransfusionen  deutliche 
Besserung,  bei  den  andern  erfolgte  dieselbe  erst  bei  nachträglicher 
Quecksilberkur.  W.  Petersen  (Zürich). 

Richards,  Presidential  address  on  infectious  diseases 
with  especial  reference.to  th  eir  tre  atment  by  vac- 
cine.  (Brit.  med.  Journ.  1893.  4.  Nov.  p.  985.) 

Eine  kurze  historische  Uebersicht  unserer  derzeitigen  Kenntnisse 
über  die  Heilung  und  Verhütung  von  Infektionskrankheiten  (speziell 
Pocken,  Cholera,  Lepra,  Tetanus,  Diphtherie,  Tuberkulose)  durch 
Impfung.  Hervorzuheben  ist,  daß  R.  auf  Grund  seiner  Erfahrungen 
die  Kuhpocken  für  übertragene  Menschenpocken  hält.  Den  in  neuerer 
Zeit  so  außerordentlich  starken  Rückgang  der  Kuhpocken  erklärt  er 
vor  allem  dadurch,  daß  heutzutage  das  Vieh  nicht  mehr  so  leicht 
von  frisch  geimpften  Menschen  besorgt  wird,  als  dies  früher  der 
Fall  war.  W.  Petersen  (Zürich). 

Verpflichtung  zur  Anzeige  von  ansteckenden  Krankheiten 
in  Frankreich. 

In  ihrer  Sitzung  vom  17.  Oktober  hat  die  academie  de  m^decine 
beschlossen,  dem  Minister  des  Innern  eine  Liste  epidemischer  Krank- 
heiten zu  überreichen,  an  deren  Anzeige  die  Aerzte  nicht  durch  das 
Berufsgeheimnis  gehindert  werden  sollten.  Die  in  diese  Liste  auf- 
genommenen Krankheiten  sind  Cholera  und  choleraähnliche  Affektionen. 
Gelbfieber,  Pest,  Variola  und  Variolois,  Scharlach,  Schweißfrieseln 
(Suette  miliaire),  Diphtherie,  Typhus,  Fleckfieber,  Ruhr,  Puerperal- 
fieber und  Augenentzündung  der  Neugeborenen.  (Semaine  medicale. 
p.  467  u.  468.)  K übler  (Berlin). 

Pfuhl,!.,  Zur  Wirkung  des  Saprols.  (Zeitschrift  für  Hygiene 
u.  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV.  H.  2.  p.  142  ff.) 

Es  wird  über  Untersuchungen  über  die  Desinfektionswirkung  des 
Saprol  A und  des  Saprol  B berichtet,  und  zwar  wurden  die  Unter- 
suchungen angestellt  auf  Urin,  Fäkalien,  Schmutzwässern,  tuberkulösem 
Sputum  und  Reinkulturen  von  Milzbrandsporen  und  frisch  gezüchtetem 
Staphylococcus  aureus.  Die  Versuche  ergaben,  daß  Saprol  A 
wie  B ein  starkes  Antiseptikum  waren,  welches  in  1-proz.  Lösung 
zersetzungsfähige  Flüssigkeiten  keimfreizu  machen  vermögen.  Bei 
festen  und  fest-weichen  Fäulnisstoffen  reicht  es  auch  bei  weit  höherem 
prozentuarischen  Zusatz  nicht  aus.  Milzbrandsporen  werden  nur  in 
Substanz  getötet,  nicht  aber  von  der  Oberfläche  von  Flüssigkeiten 


Neue  Litteratur. 


209 


aus.  Bei  letzter  Art  der  Anwendung  wurden  nur  die  Vegetations- 
formen pathogener  Bakterien  innerhalb  weniger  Stunden  bis  Tage 
vernichtet.  Saprol  besitzt  eine  ausgesprochene  desodorierende  Wirkung, 
und  zwar  Saprol  B noch  weit  mehr  wie  A.  Doch  hält  die  Wirkung 
nur  8 — 14  Tage  an  und  bedarf  dann  der  Erneuerung.  Zur  völligen 
Desinfektion  von  Senkgruben,  Tonnen  u.  s.  w.  ist  Saprol  ungeeignet 
und  besitzt  keinen  größeren  Wert  wie  alle  anderen  zu  diesem  Zwecke 
benutzten  Antiseptica.  Ungünstige  Nebenwirkungen,  besondere  Gift- 
wirkung, Aetzwirkung  und  dergl.  wurden  nicht  beobachtet.  Besondere 
Feuergefährlichkeit  wurde  nicht  gefunden,  doch  ist  die  Gefahr  ent- 
schieden größer  als  bei  anderen  brennbaren  Desinfizientien,  die  wegen 
ihres  höheren  spezifischen  Gewichtes  in  die  Tiefe  sinken. 

Bei  Versuchen  im  großen  — Tonnenabfuhr  — entfaltete  das 
Saprol  nur  dann  seine  wichtigste  Fäulnisgerücbe  beseitigende  Eigen- 
schaft, wenn  es  die  seiner  Wirkung  unterworfenen  Massen  in  einer 
gleichmäßigen  Schicht  bedeckt.  Voges  (Danzig). 


Neue  Litteratur 

znsammengestellt  von 

De.  Arthur  Würzburg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesnndheitsamte  in  Berlin. 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Griffiths,  A.  B.  et  Ladell,  B.  S , Sur  une  ptomai'ne  extraite  de  l’urine  dans  la  grippe. 
(Compt.  rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  22.  p.  744.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Bonhoff,  Ueber  zwei  neue  in  Wasser  gefundene  Kommabacillenarten.  (Arch.  f.  Hygiene. 
1893.  Bd.  XIX.  No.  3.  p.  248—281.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gehrauchsgegenstände. 

Bailand  et  Masson,  Sur  la  Sterilisation  du  pain  et  du  biseuit  sortant  du  four.  (Compt. 
rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  23.  p.  797—799.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Bertin,  G.,  Etüde  sur  la  situatiou  sanitaire  de  Nantes  pendant  le  2.  semestre  de  l’annde 
1892.  — Variole  Diphtherie.  Fibvre  typhoide.  Maladies  parasitaires  du  cuir  chevelu. 
Cholera.  C.  34.  5 p.  8°.  Nantes  (Mellinet  & Co.)  1893. 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Böteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken  ) 
Chantemesse,  A.,  Note  sur  l’etiologie  du  typhus  exanthömatique.  (Bullet,  et  memoir. 

de  la  soc.  med.  d.  höpit.  de  Paris.  1893.  p 546 — 554.) 

Sobotka,  J.,  Zur  Kenntnis  des  Vaccineprozesses.  (Ztschr.  f.  Heilkunde.  1893  No.  5/6. 
p.  349—439.) 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Brunner,  C.  H Cholera-Aphorismen.  (Prag.  med.  Wchschr.  1893.  No  49.  p.  594 — 596.) 
Gasquet,  F.  A,  The  great  pestilence  A.  D.  1348 — 49.  8°.  London  (Simpkin,  Marskall 
& Co.)  1893.  7 sh.  6 d. 

Gläser,  J A.,  Kritische  Bemerkungen  zu  Hrn.  Robert  Koch’s  Aufsatz  : Die  Cholera  in 
Deutschland  während  des  Winters  1892 — 93  in  der  Zeitschrift  f.  Hygiene.  Bd.  XV. 
Heft  1.  gr.  8°  46  p.  Hamburg  (W.  Mauke  Söhne)  1893.  1 M. 


210 


Neue  Litteratur. 


Hart,  E.,  Cholera;  where  it  comes  from  and  how  it  is  propagated.  (Chicago  clin.  rev. 
1893.  Vol.  II.  p.  211—277.) 

Zabolotny,  D.,  Zur  Frage  der  raschen  Bakteriendiagnose  der  Cholera.  n (Dtsche  med 
Wchschr.  1893.  No.  51.  p.  1353.) 

Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Poncet,  A.,  Septicemie  suraigue  par  infection  digitale  d’origine  puerperale.  (Gaz.  d. 
höpit.  1893.  p.  651.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Fowler,  G.  R.,  Origin  of  carcinoma  through  the  medium  of  a specific  micro-organism. 

(Transact.  of  the  med.  soc.  of  New  York,  Philad.  1893.  p.  219 — 228.) 

Jelks,  J.  T.,  Annual  address  of  the  President  on  the  prevention  of  venereal  diseases. 

(Journ.  of  the  med.  soc.  of  Arkansas.  1892/93.  p.  529 — 539.) 

Marestang,  Lfcpre  et  maladie  de  Morvan.  (Arch.  de  med.  navale.  1893.  Vol.  II. 
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Mondinari,  E.,  II  bacillo  della  tnbercolosi.  Metodo  facile  e breve  di  ricerca  mediaute 
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Nanavatty,  B.  H.,  On  the  nature  of  leprosy.  (Indian  med.-chir.  review.  1893.  p.  329 
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Neve,  E.  F..  Leprosy  in  Kashmir.  (Indian  med.  Recorder  1893.  p.  175,  380.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Macfarlane,  R F.,  The  infectious  character  Of  croupous  pneumonia  or  pneumonic  fever. 

(Brooklyn  med.  Journ.  1893.  p.  503 — 511.) 

Metchnikoff,  Fievre  recurrente.  (Arch.  de  med.  navale.  1893.  p.  282 — 290.) 

B.  Infektiöse  I.okalkrankheiten. 

Haut,  Muskeln,  Knochen. 

Dor,  L.,  Nature  infectieuse  de  ccrtaines  arthrites  detormantes  (lipome  arborescent  des 
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Augen  und  Ohren. 

Trnc,  H , Contagion  du  tracbome  (ophtalmie  granuleuse).  (Semaine  med.  1893.  No.  70. 
p.  553—555.) 

C.  EiUozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Allessandrini,  G.,  Quäle  sia  la  specie  di  taenia  predominante  in  Roma  e sua  provincia. 

(Bollett.  d.  soc.  rom.  per  gli  studi  zoolog.  1893  Vol.  II.  p.  83 — 86.) 

Claus,  C.,  Eingeweidewürmer  des  Menschen.  (Aus:  „Bibliothek  der  gesammten  medizin. 

Wiss.“)  32  p.  m.  52  Holzschn.  Wien  (Merlin)  1893.  1,20  M. 

Lenckart.  R.,  Die  Parasiten  des  Menschen  und  die  von  ihnen  herrührenden  Krankheiten. 
Ein  Hand*  u.  Lehrbuch  f.  Naturforscher  u.  Aerzte.  Bd.  I.  Lfg.  5.  2.  Aul  gr.  8°. 

VIII  u.  p,  441  — 736  m.  118  Holzschn.  Leipzig  (C.  F.  Winter)  1893.  9 M. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Milzbrand. 

Lange,  Sibirische  Pest  (Uchen.  zapiski  Kazan.  veter.  inst.  1893.  p.  117  — 125.) 
[Russisch] 

Tollwut 

Wysokowicz,  Statistique  de  l’Institut  Pasteur  de  la  societe  medicale  de  Charkow  en 
1891  et  1892.  (Annal.  de  l’Instit.  Pasteur.  1893.  No.  11.  p.  784—785.) 

Maul-  und  Klauenseuche. 

Preußen.  Rundschreiben  des  Ministeriums  für  Landwirtschaft  u.  s.  w.,  betr.  Maßregeln 
gegen  die  Maul  und  Klauenseuche.  Vom  16.  November  1893  (VeröSentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1893.  No.  49.  p.  953.) 


Neue  Litteratur. 


211 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrankheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Italien  während  der  13  Wochen  vom  2.  Juli  bis  30.  Sept. 

1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  49.  p.  958.) 

Tierseuchen  in  Serbien  vom  4.  Juli  bis  3.  Oktober  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1893.  No.  50.  p.  979.) 

Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

vRinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälber,  Rauschbrand,  entozootisches  Verkalben.) 

Bissauge,  Six  cas  d’empoisonneroent  chez  la  vache  par  des  feuilles  de  vigne  couvertes 
de  mildiou  (Peronospora  viticola  de  Bary).  (Recueil  de  med.  vöterin.  1893.  No.  23. 
p.  726-731.) 

Rinderpest,  die,  in  der  Türkei  im  2.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesund- 
heits-A.  1893.  No.  51.  p.  994.) 


Nagetiere. 

Moore,  V.  A.  and  Kilborne,  F.  L , An  outbreak  of  rabbit  septicaemia  with  observations 
on  the  nature  of  the  disease  and  its  specific  organism.  (Annals  of  veter.  rev.,  N.  Y. 
1893/94.  p.  285—300  ) 

Wirbellose  Tiere. 

Janet,  Ch  , Sur  les  nematodes  des  glandes  pharyngiennes  des  fourmis  (Pelodera  sp  ). 
(Compt.  rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  21.  p.  700 — 703.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Barber,  C.  A.,  Sugar-cane  pests;  a cane  killer  in  Dominica.  (Suppl.  to  the  Leeward 
Islands  Gaz.  1892.  19.  May.) 

Hitchcock,  A S.,  Preliminary  report  on  rusts  of  grain.  (Exper.  Station  of  the  Kansas 
State  Agricult.  College,  Manhattan.  Bullet.  No.  38.  1893.  March.) 

Miquel,  P. , Recherches  experimentales  sur  la  physiologie,  la  morphologie  et  la  patho- 
logie  des  diatomees.  (Annal.  de  microgr.  1893.  No.  12.  p.  521  — 547.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Benario,  lieber  den  Einfluß  der  Milz  auf  die  Immunität.  (Dtsche  med.  Wehsehr.  1893. 
No.  1.  p.  8—9.) 

Brieger,  L.  u.  Cohn,  G. , Beiträge  zur  Konzentrierung  der  gegen  Wundstarrkrampf 
schützenden  Substanz  aus  der  Milch.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1893.  Bd.  XV.  No.  3. 
p.  439—453.) 

Lenti,  P.,  De  l’influence  de  l’alcool,  de  la  glycdrine  et  de  l’huile  sur  l’action  des  des- 
infectants.  (Rev.  d’hygiene.  1893.  No.  12.  p.  1025 — 1032.) 

Liebreich,  O.,  Die  Darstellung  der  Kresole  (Trikresol)  als  Desinfektionsmittel  für 
chirurgische  und  hygienische  Zwecke.  (Therapeut.  Mtsh.  1893.  No.  1.  p.  25  — 27.) 
Lindenborn,  Impfung  mit  sterilen  Instrumenten.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1893.  No.  1. 
p.  23—24.) 

Pannwitz.  Der  Desinfektionsapparat  als  Haushaltungsgegenstand.  (Dtsche  med.  Wchschr. 
1893  No.  51.  p.  1364.) 

Perroncito,  E , Le  vaccinazioui  carbonchiose  in  Italia.  (Giorn.  di  med.  veter.,  Torino 
1893.  p.  55—62.) 

Scheurlen,  Weitere  Untersuchungen  über  ,,Saprol“.  (Arch.  f.  Hygiene.  1893.  Bd.  XIX. 
No.  4.  p.  347—362.) 

Tizzoni,  G.  e Cattani,  G , Esperienze  sulla  vaccinazione  del  cavallo  contro  il  tetano. 
(Riforma  med.  1893.  Vol.  II.  p.  661 — 665.) 

Tizzoni,  G.  e Cattani,  J , Weitere  experimentelle  Untersuchungen  über  die  Immunität 
gegen  Tetanus.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1893.  No.  49 — 52.  p.  1185 — 1189,  1215  — 1219, 
1245—1247,  1265  — 1268  ) 


212 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Beinheim,  Jakob,  Ueber  Invasion  von 
Hautkokken  bei  Ekzem.  (Orig  ),  p.  141. 

Gruber,  Max,  Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin 
Kirchner  in  Sachen  der  Prüfung  von 
Wasserfiltern.  (Orig.),  p.  165. 

Ilkewitsch.  K , Eine  neue  Methode  zur 
Entdeckung  von  Tuberkelbacilleu  im  Spu- 
tum Schwindsüchtiger.  (Orig.),  p.  162. 

Sabolotny,  D.,  Iufektions-  und  Immunisie- 
rungsversuche am  Ziesel  (Spermophilus 
guttatus)  gegen  den  Choleravibrio.  (Orig.), 
p.  150. 

Sacharoff,  N , Ueber  den  Einfluß  der  Kälte 
auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malaria- 
parasiten.  (Orig.),  p.  158. 

Uffelmann,  I.,  Versuche  über  die  Wider- 
standsfähigkeit der  Typhusbacillen  gegen 
Trocknung  und  über  die  Möglichkeit 
ihrer  Verschleppung  durch  die  Luft. 
(Orig.),  p.  133. 

Wolffhügel,  G.,  Zur  Frage  der  Gelatine- 
bereitung. fOrig.),  p.  167. 

Referate. 

Beijerinck,  M.  W.,  Ueber  die  Butylalkohol- 
gärung  und  das  Butylferment,  p.  171. 

Binz.  Die  Einschleppung  der  Syphilis  in 
Europa,  p.  190. 

Capobianco,  F.,  La  pneumonite  da  tiroi- 
dectomia  e quella  da  recisione  del  vago 
nei  conigli,  p.  179. 

Councilman.  W.  X.,  Gonorrhoeal  myocar- 
ditis,  p.  186. 

Dock,  Gonorrhea  of  the  rectum,  p.  190. 

Glogner,  M.,  Die  Stellung  der  Beri-Beri 
unter  den  Infektionskrankheiten,  p.  192. 

Gold,  L.,  Sechs  Fälle  von  extragenitaler 
Syphilisinfektion,  p.  191. 

Grossi,  C.,  Su  di  un  caso  raro  di  pseudo- 
leucemia  acuta,  p 182. 

Hamburger,  Hydrops  von  bakteriellem  Ur- 
sprung, p.  193. 

Hasse,  Carl.  Der  Gonococcus  Neißer,  sein 
Vorkommen  bei  Urethritis  und  Bartho-  I 
linitis,  p.  188. 

Hibler,  E.  von,  Mitteilung  über  zwei  Te- 
tanusfälle nebst  Demonstrationen,  p.  181. 

Jawein,  Zur  Frage  von  den  Toxinen  des  I 
tierischen  Harns  bei  akuten  Infektions- 
krankheiten, p.  175. 

Joelsohn,  B , Ueber  die  Erkrankung  des 
Gefäßsystems  bei  der  Lepra,  p.  193. 

Kartulis,  Stamatios.  Untersuchungen  über 
das  Verhalten  des  Tetanusgiftes  im  Kör- 
per, p.  180. 

Kollmann,  Zur  Diagnostik  und  Therapie 
der  männlichen  Gonorrhöe,  p.  183. 

Koplik,  Urogenital  Blennorrhoea  in  ehild- 
ren,  p.  184 

Koväcs,  Zur  Frage  der  Beeinflussung  des 
leukämischen  Krankheitsbildes  durch  kom- 
plizierende Infektionskrankheiten,  p.  181. 


Löwenhardt,  Wann  dürfen  Gonorrhöiker 
heiraten,  p.  189. 

Pfuhl,  Ueber  die  Infektion  der  Schußwun- 
den durch  mitgerissene  Kleiderfetzen, 
p.  176. 

Russell,  H.  L , Bacteria  in  their  relation 
to  vegetable  tissue,  p.  169. 

Traversa,  F.,  Un  caso  acutissimo  di  pseudo- 
leucemia  linfatica,  p.  182. 

Tubeuf,  C v , Mitteilungen  über  einige 
Ptiauzeukraukheiten,  p.  195. 

Vulpius,  Ueber  einen  Fall  von  Wundstarr- 
krampf mit  Tierversuchen,  p.  180. 

Wassermann,  Ueber  differentielle  Diagno- 
stik von  entzündlichen  Lungenaffektionen, 
p.  177. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Schrank,  Anleitung  zur  Ausführung  bak- 
teriologischer Untersuchungen,  p 197. 

Weinrich,  Max,  Die  bakteriologischen 
Untersuchungsmethoden  bei  chronischer 
Gonorrhöe  des  Mannes,  p.  198. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Centanni,  Die  spezifische  Immunisation  der 
Elemente  der  Gewebe,  p.  202. 

Foa,  P.,  Sur  l’infection  par  le  Diplococcus 
lanceolatus,  p.  206. 

Janet,  Traitement  abortif  de  la  blennor- 
rhagie  par  le  permangauate  de  potasse, 
mode  d’aetion  de  ce  produit,  p.  200. 

Kollmann,  Ueber  Lammbluttransfusion  bei 
Syphilis,  p.  208 

Kruse,  W.,  Bemerkungen  über  Infektion, 
Immunität  und  Heilung,  p.  199. 

Lazarus,  A.  und  Weyl,  Th..  Weitere  Bei- 
träge zur  Theorie  der  Immunität  gegen 
Milzbrand,  p.  204. 

Mauriac,  Ce  que  devraient  etre  le  traite- 
ment specifique  et  la  prophylaxie  de  la 
Syphilis,  p.  201. 

Pansini.  Sergio,  Weitere  Untersuchungen 
über  das  Verhalten  des  Serums  gegen- 
über den  Mikroorganismen,  insbesondere 
über  seine  Heilkraft  bei  der  Pneumo- 
kokkeninfektion, p.  204. 

Pfuhl,  A , Zur  Wirkung  des  Saprols,  p.  208. 

Rickard6,  Presidential  address  on  infectious 
diseases  witli  especial  reference  to  their 
treatment  by  vaccine,  p.  208. 

Rosin,  Einfluß  von  Chinin  und  Methylen- 
blau auf  lebende  Malariaplasmodien, 
p.  207. 

Verpflichtung  zur  Anzeige  von  anstecken- 
den Krankheiten  in  Frankreich,  p.  208. 

Neue  Litteratur,  p.  209. 


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und Circulations-Organe,  bei  Hals- und  Nasen- 
Leiden,  sowie  bei  entzündlichen  und  rheu- 
matischen Affcctionen  aller  Art,  theils  in  Folge  seiner  durch  ex- 
perimentelle und  klinische  Beobachtungen  erwiesenen  reducirenden, 
sedativen  und  antiparasitären  Eigenschaften,  anderntheils  durch  seine 
die  Resorption  befördernden  und  den  Stoffwechsel  steigernden  Wir- 
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industrie (Beiträge  zur  Lebensgeschichte  der  Mikroorganismen)“, 
Heft  I— II,  1890 — 92  (R.  Oldenbourg.  München). 

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herausgegeben  von 

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Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original  • Mittheiiungen. 

Ueber  das  Vorkommen  feiner  Spirillen  in  Dejektionen 

Cholerakranker. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  Greifswald.] 

Von 

Dr.  Rudolf  Abel, 

Privatdozenten  und  Assistenten  des  Instituts. 

In  No.  49  der  Wiener  klinischen  Wochenschrift  vom  7.  Dezember 
1893  findet  sich  ein  Referat  über  einen  Vortrag,  welchen  Kowalski 
in  der  Gesellschaft  der  Aerzte  in  Wien  gehalten  hat.  Kowalski 
beschreibt  in  seinem  Vortrage  eine  Art  von  feinen  Spirillen,  welche 
er  elfmal  im  Stahle  Cholerakranker  nachgewiesen  hat.  Dieselben 
ähneln  nach  der  Darstellung  Ko walski’s  den  Zahnspirochäten  oder 

XV.  Bd.  14 


214 


R u d o 1 ( O W i f 


Recurrensspirillen,  besitzen  eine  bis  drei,  seltener  mehr  Windungen, 
sind  lebhatt  beweglich  und  wachsen  auf  keinem  der  üblichen  Nähr- 
böden. Mit  Anilinfarben  färben  sich  die  Spirillen  nur  schwach,  beim 
Abspülen  der  Präparate  verlieren  sie  ihre  Farbe  leicht  wieder.  Im 
Darminhalte,  wie  in  Entleerungen,  gehen  die  Organismen  schon  nach 
drei  bis  vier  Tagen  zu  Grunde,  im  Wasser,  welches  mit  Dejekten 
geimpft  ist,  bleiben  sie  noch  einen  Tag  länger  nachweisbar. 

Kowalski  erscheint  es  auffällig,  daß  bei  den  zahllosen  Unter- 
suchungen von  Cholerafaeces  in  den  beiden  letzten  Jahren  von  keiner 
Seite  über  ähnliche  Befunde  berichtet  worden  ist;  er  fordert  auf, 
entsprechende  Beobachtungen  zu  veröffentlichen. 

Bei  einer  Reihe  von  Cholerafällen,  deren  Faeces  im  hygienischen 
Institute  zu  Greifswald  untersucht  wurden,  sind  nun  Befunde  ganz 
entsprechend  denjenigen  von  Kowalski  erhoben  worden.  Es 
handelt  sich  um  fünf  Patienten  aus  Swinemünde  und  Wollin,  von 
denen  Entleerungen  zwischen  dem  27.  Oktober  und  6.  November  1893 
dem  Institute  eingesaudt  worden  waren;  bei  allen  wurde  durch  das 
Kulturverfahren  asiatische  Cholera  festgesteilt. 

Im  Stuhle  des  ersten  Patienten  fielen  neben  den  sehr 

zahlreichen  Kommabacillen  große  Mengen  ganz  feiner  Spirillen 
ins  Auge.  Dieselben  erinnerten  beim  ersten  Anblicke  lebhaft 

au  losgerissene  Bakteriengeißeln , wie  man  sie  in  den  nach 
Loeffler’s  Methode  gefärbten  Präparaten  mancher  Organismen- 
arten häufig  sieht.  Sie  besaßen  meistenteils  zwei  bis  drei,  seltener 
vier  gleichmäßige  Windungen,  bisweilen  wiesen  die  Krümmungen 

aber  eine  verschiedene  Gestalt  und  Größe  auf.  Beide  Enden  waren 

scharf  zugespitzt.  Die  Spirillen  lagen  unregelmäßig  im  Gesichtsfelde 
verteilt,  bald  einzeln,  bald  in  kleineren  oder  größeren  Haufen  durch- 
einander gewirrt.  Eine  Eigenbewegung  kam  den  Gebilden  zu,  docü 
sind  leider  genaue  Untersuchungen  über  diesen  Punkt  nicht  vorge- 
nommen worden.  Mit  Methylenblau  und  Fuchsin  war  eine  Färbung 
der  Spirillen  leicht  zu  erreichen,  dieselbe  blieb  an  Intensität  aber 
weit  hinter  der  Tinktion  der  Cboleravibrioneu  zurück.  Das  braucht 
nicht  auf  irgend  einer  geringeren  Färbbarkeit  der  Spirillen  zu  be- 
ruhen, sondern  erklärt  sich  daraus,  daß  die  Spirillen  im  Verhältnis 
zu  den  Cholerabacillen  nur  eine  sehr  geringe  Dicke  besitzen,  also  auch 
bei  Aufnahme  großer  Farbstoffmengen  heller  als  jene  erscheinen 
müssen.  Die  besten  Resultate  gab  die  Färbung  mit  Aniliuwa^ser- 
fuchsin. 

Bei  der  weiteren  Verarbeitung  der  Faeces  zur  Stellung  der  > 
Choleradiagnose  wurden  Kulturen  in  Peptonwasser,  Bouillon,  Gelatine  i 
und  Agar  hergestellt.  In  keinem  dieser  Nährböden  war  bei  der  ) 
fortgesetzten  Untersuchung  eine  Spur  von  den  Spirillen  aufzufinden, 
dagegen  waren  sie  in  dem  Stuhle  noch  mehrere  Tage  nachweisbar. 

In  ganz  analoger  Weise,  nur  in  geringeren  Mengen,  fanden  sich 
die  Spirillen  in  den  anderen  vier  Fällen. 

\\  as  die  Deutung  und  die  Bedeutung  dieses  Befundes  anbetrifft, ' 
so  ist  zunächst  die  Annahme  von  der  Hand  zu  weisen,  daß  wir  etwa 
Geißeln  der  Choleraspirillen  vor  uns  gehabt  haben,  welche  durch  eine  i 
eigentümliche  Zusammensetzung  des  Darminhaltes  eine  Art  Beizung  di 


vofcre* 

Ueber  das  Vorkommen  feinei  ° illen  in  Oejektionen  Cholerakranker.  215 

erfahren  hatten.  Dagegen  spricht  der  Umstand,  daß  die  feinen 
Spirillen  fast  stets  isoliert,  entfernt  von  den  Bacillen  lagen.  Nur  in 
vereinzelten  Fällen  haben  wir  bei  sorgfältigem  Suchen  ein  Aueinander- 
liegen  der  Kommabacillen  und  Spirillen  nachweisen  können.  Auch 
dabei  war  nur  die  Möglichkeit,  durchaus  nicht  die  Sicherheit 
eines  wirklichen  Zusammenhanges  gegeben.  Außerdem  entsprach  die 
Form  der  Spirillen  nicht  derjenigen  der  Cholerageißeln,  auch  waren 
die  Spirillen  im  hängenden  Tropfen  sichtbar,  was  bei  Geißelfäden 
sicherlich  nicht  der  Fall  gewesen  wäre. 

Man  mußte  danach  annehmen,  daß  man  es  mit  einer  Mikro- 
organismenart zu  thun  hatte.  Nach  dem  ersten  Auffinden  der  Spirillen 
wurde  natürlich  sorgfältig  in  allen  Fällen  von  Cholera  auf  das  Vor- 
handensein derselben  in  den  Faeces  geachtet.  In  den  Stühlen  von 
drei  Fällen  aus  Wohin,  welche  am  2.  und  7.  November  zur  Unter- 
suchung gelangten,  also  zu  derselben  Zeit,  wie  die  fünf  ein  positives 
Ergebnis  liefernden  Fälle,  waren  keine  Spirillen  zu  sehen.  Ebenso- 
wenig waren  sie  ir  Cholerafaeces  zweier  Kranken  aus  Stettin  vom 
23.  Oktober  enthalten,  welche  nachträglich  noch  auf  Spirillen  unter- 
sucht wurden. 

Auch  die  mikroskopischen  Präparate  von  Cholerafäkalien  mehrerer 
Patienten  aus  dem  Jahre  1892,  welche  teils  gefärbt,  teils  ungefärbt 
aufbewahrt  worden  waren,  wurden  vergeblich  nach  den  Spirillen 
durchforscht. 

Die  Spirillen  bilden  mithin  keinen  regelmäßigen  Befund  in  den 
Choleradejektionen  und  haben  also  mit  der  Aetiologie  der  Cholera 
nichts  zu  thun.  Im  Stuhlgange  gesunder  oder  an  Cholera  nostras 
erkrankter  Leute  sind  sie  hier  nie  bemerkt  worden,  womit  nicht  ge- 
sagt sein  soll,  daß  sie  sich  nicht  doch  in  gewöhnlichen  Fäkalien 
finden  könnten.  In  der  Diskussion  über  den  Vortrag  Kowalski ’s 
bemerkt  Paltauf,  daß  Escherich  und  er  selbst  wiederholt  in 
normalen  Faeces  ganz  ähnliche  Gebilde  gesehen  hätten.  Kowalski 
erwähnt  in  seinem  Vortrage  zwei  Fälle  mit  choleraähnlichen  Er- 
scheinungen, bei  welchen  keine  Choleraspirillen,  wohl  aber  die  in  Rede 
stehenden  Organismen  gefunden  wurden. 

Daß  die  Spirillen  vielleicht  in  geringer  Zahl  gewöhnliche  Be- 
wohner des  menschlichen  Darmes  sind  und  daß  sie  an  dem  chemisch 
veränderten  Darminhalte  bei  der  Cholerainfektiou  ein  besonders  gutes 
Subitrat  finden,  in  dem  sie  sich  stark  vermehren,  ist  möglich,  ent- 
behrt aber  des  Beweises.  Auffallend  ist  immerhin,  daß  bisher  in  der 
Litteratur  sich  keine  Notiz  über  das  Auftreten  der  kleinen  Spirillen 
bei  der  Cholera  findet.  Kowalski  hat  elf  Fälle  in  Hamburg  und 
in  Ungarn,  wir  fünf  in  Pommern  beobachtet,  so  daß  anzunehmen  ist, 
die  Gebilde  müßten,  wenn  sie  schon  in  so  verschiedenen  Gegenden 
Vorkommen,  überall  sich  finden  lassen,  falls  erst  einmal  die  Aufmerk- 
samkeit auf  ihr  Vorhandensein  gerichtet  ist. 

Nicht  unwahrscheinlich  ist  es,  daß  auch  Klein  (Zur  Kenntnis 
der  Geißelfärbung  der  Choleravibrionen,  dieses  Centralblatt.  Bd.  XIV. 
No.  19.  p.  618)  in  England  bereits  die  Spirillen  gesehen  hat.  Er 
hat  dieselben  aber  als  Geißeln  der  Cholerabacillen  gedeutet,  welche 
durch  den  Darminhalt  gebeizt  worden  seien.  Diese  seine  Anschauung 


216 


Z.  Dmochowski  und  W.  Janowski, 


wird  zweifelhaft  dadurch,  daß  nach  seiner  Beobachtung  die  Mehr- 
zahl der  Geißeln  abgerissen,  also  frei  ist,  was  bei  Geißelfärbungen 
der  Choleraspirillen  doch  nicht  das  Gewöhnliche  darstellt.  Ferner 
sollen  die  Bacillen  mehr  als  eine  Geißel  tragen  können,  zwei  an 
einem  Pole,  was  nach  Beobachtungen  von  Loeffler  und  Anderen 
bei  den  aus  Kulturen  entnommenen  Vibrionen  niemals  der  Fall  ist, 
oder  an  jedem  Pole  eine,  was  nach  anderen  Untersuchern  als  Keim 
nur  ausnahmsweise  vorkommt.  Außerdem  ist  es  uns  nicht  gelungen, 
nach  der  K 1 e in ’schen  Vorschrift  (Färbung  mit  Anilin  wassergentiana- 
violett  und  absolutem  Alkohol  ää,  Auswaschen  in  Wasser)  Geißeln  an 
den  Kommabacillen  in  Fäkalien  darzustellen. 

Greifswald,  den  15.  Januar  1894. 


Beitrag  zur  Lehre  von  den  pyogenen  Eigenschaften 
des  Typhusbacilius. 

[Aus  dem  pathologisch-anatomischen  Institut  des  Prof.  W.  Brodowski 

in  Warschau.] 

Von 

Dr.  Z.  Dmochowski,  und  Dr.  W.  Janowski, 

Geh.  des  Pros,  für  path.  Anat.  Assist,  in  der  Abteil,  f.  inn.  Krankl). 

und  städtisch.  Bakteriologen  in  Warschau. 

Vorliegender  Artikel  bildet  nur  einen  kleinen  Auszug  aus  unserer 
gemeinschaftlichen  Arbeit  über  die  pyogene  Wirkung  des  Typhus- 
bacillus. Die  ganze  Arbeit  wird  hoffentlich  im  Laufe  des  nächsten 
Jahres  zur  Veröffentlichung  kommen.  Wir  behalten  es  uns  deshalb 
vor,  erst  dann  den  historischen  Grundriß  der  uns  hier  beschäftigenden 
Frage,  eine  detaillierte  Beschreibung  der  Technik  der  verschiedenen 
Serien  von  Experimenten,  die  Beschreibung  unserer  Kontrollmethoden 
und  die  endgiltigen  Resultate  unserer  Forschungen  anzuführen,  wie 
auch  unsere  Ansicht  über  das  Verhältnis  des  Typhusbacillus  zu 
eiterigen  Prozessen  im  allgemeinen. 

Vorliegende  Arbeit  soll  nur  zeigen,  ob  der  Typhusbacillus 
die  Eigenschaft  besitzt,  im  Subkutangewebe  eiterige  Vorgänge  hervor- 
zurufen. 

Behufs  Aufklärung  dieser  Frage  teilen  wir  hier  die  Resultate 
unserer  an  Hunden  und  Kaninchen  angeführten  Experimente  mit. 

Bei  allen  unseren  Experimenten  wurde  auf  die  Weise  zu  Werke 
gegangen,  daß  wir  den  Tieren  mittelst  Glasröhrchen,  deren  scharfes 
Ende  erst  nach  Einführung  unter  die  Haut  subkutan  abgebrochen 
wurde,  wässerige  Aufschwemmungen  der  Typhusbacillen  einverleibten. 
Zu  diesem  Zwecke  wurde  einer  Gelatinestrichkultur  1 ccm  steri- 
lisiertes destilliertes  Wasser  beigemischt  und  von  der  auf  diese  Weise 
entstandenen  Aufschwemmung  zu  einem  Experiment  die  Hälfte  ge- 
nommen. Anfänglich  berücksichtigten  wir  das  Alter  der  Kulturen 
nur  wenig.  Als  aber  eine  ganze  Reihe  solcher  an  Hunden  und  an 


Beitrag  znr  Lehre  von  den  pyogenen  Eigenschaften  des  Typhusbacillus.  217 


Kaninchen  gemachter  Experimente  nur  negative  Resultate  ergab, 
führten  wir  eine  Aenderung  ein,  indem  wir  Hunden  eine  Reinkultur 
des  Typhusbacillus  subkutan  oder  in  die  Muskeln  injizierten, 
die  Tiere  nach  24 — 48  Stunden  töteten,  aus  der  Injektionsstelle  (ohne 
Rücksicht  auf  den  Zustand  derselben)  wieder  Typhusbacillen  züchteten 
und  erst  die  auf  diese  Weise  erhaltene  erste  oder  zweite  Generation 
dieses  Parasiten  auf  oben  angegebene  Weise  Tieren  unter  die  Haut 
eiuführten.  Wir  fanden  hierbei,  was  uns  übrigens  hinsichtlich  anderer 
Mikroorganismen  aus  unseren  Nachforschungen  in  der  einschlägigen 
Litteratur  bekannt  war,  daß  solche  frisch  aus  dem  Tierkörper  kulti- 
vierten Parasiten  weit  virulenter  sind  als  schon  oft  verimpfte  Kulturen. 

Dieser  Unterschied  hinsichtlich  der  Wirkung  von  Parasiten  ver- 
schiedenen Alters  trat  am  deutlichsten  in  den  an  Kaninchen  ausge- 
führten Experimenten  zu  Tage.  Es  erwies  sich  nämlich,  daß  schon 
öfter  von  Tier  zu  Tier  verimpfte  Typhusbacillen  bei  ihnen  nur  in 
Ausnahmefällen  Eiterung  verursachen , während  dieselben  Mikro- 
organismen, wenn  sie  aus  dem  Subkutangewebe  des  damit  geimpften 
Hundes  kultiviert  werden,  bei  Kaninchen  fast  immer  Eiterung  hervor- 
rufen. 

Wir  kommen  nun  zu  der  Beschreibung  unserer  Experimente  und 
zur  kurzgefaßten  Angabe  der  dabei  erhaltenen  Resultate.  Wir  be- 
ginnen mit  den  Experimenten  an  Hunden. 

Experiment  1.  23.  Juli  1892  wurde  einem  Hunde  die  Hälfte 
einer  Typhusbacillenkultur  auf  Gelatineplatten  injiziert. 

24.  Juli.  An  der  Injektionsstelle  ist  eine  etwa  4 ccm  große, 
nicht  fluktuierende,  wenig  schmerzhafte  Geschwulst. 

26.  Juli  ist  die  Geschwulst  kleiner. 

1.  Aug.  hatte  sich  die  Geschwulst  ganz  verloren. 

Nach  20-tägiger  Observation  blieb  der  Hund  vollständig  gesund. 

Experiment  2.  23.  Aug.  Genau  wie  bei  No.  1. 

Nach  48  Stunden  starb  der  Hund.  An  der  Injektionsstelle  waren 
keine  Veränderungen  zu  entdecken.  Nach  der  Incision  fand  man  un- 
bedeutende Hyperämie  des  Subkutangewebes  und  der  anliegenden 
Muskeln  vor.  Mikroskopische  Untersuchungen  wurden  nicht  ange- 
stellt. 

Experiment  3.  25.  Juli.  Wie  No.  1. 

Der  Hund  wurde  20  Tage  lang  beobachtet;  es  wurden  jedoch 
au  der  Injektionsstelle  keine  Veränderungen  wahrgenommen. 

Experiment  4.  24.  Juli.  Ausgeführt  wie  No.  1. 

Der  Hund  war  14  Tage  lang  unter  Beobachtung;  an  der  In- 
jektionsstelle waren  keinerlei  Veränderungen  wahrzunehmen. 

Experiment  5.  28.  Aug.  Ausgeführt  wie  No.  1. 

1.  Sept.  An  der  Injektionsstelle  ist  ein  kleines,  wenig  schmerz- 
haftes Infiltrat. 

3.  Sept.  Das  Infiltrat  ist  resorbiert.  Der  Hund  wurde  noch 
14  Tage  lang  beobachtet  und  blieb  ganz  gesund. 

Experiment  6.  28.  Aug.  Ausgeführt  wie  No.  1. 

Der  Hund  wurde  14  Tage  lang  beobachtet;  an  der  Injektions- 
stelle traten  keine  Veränderungen  auf. 


21. S 


Z D in  o c h'o  w s k i und  W.  J » n o w s k i , 


Experiment  7.  28.  Aug.  Ausgeführt  wie  No.  1. 

Der  Hund  starb  in  der  Nacht;  starke  Hyperämie  an  der  In- 
jektionsstelle. Nähere  Untersuchungen  wurden  nicht  angestellt. 

Experiment  8.  14.  Sept.  Ausgeführt  wie  No.  1. 

Der  Hund  blieb  26  Tage  unter  Beobachtung;  es  wurden  dabei 
keine  Veränderungen  gefunden. 

Experiment  9.  13.  Sept.  Ausgeführt  wie  No.  1. 

15.  Sept.  An  der  Injektionsstelle  wurde  intensive  Schwellung 
und  Infiltration  konstatiert.  Diese  Infiltration  nahm  6 Tage  lang 
immer  zu.  Endlich  bildete  sich  eine  Geschwulst,  die  ungefähr  von 
der  Größe  eines  kleinen  Hühnereies  war.  Sehr  undeutliche  Fluktuation. 
Da  am  7.  Tage  die  Hautspannung  und  die  Elasticität  der  Geschwulst 
im  Abnehmeu  begriffen  war,  wurde 

am  21.  Sept.  der  Hund  getötet.  Nach  der  Incision  erwies  sich  das 
Subkutangewebe  stark  infiltriert,  verdickt,  etwas  durchscheinend,  hart 
und  gleichsam  geschwollen.  Aus  der  Schnittfläche  fließt  etwas  durch- 
sichtige, leicht  blutig  gefärbte,  dicke  Flüssigkeit  heraus,  die  ziemlich 
lange  Faden  zieht.  Diese  Flüssigkeit  wurde  von  der  Schnittfläche 
abgekratzt  und  auf  Gelatineplatten  gegossen,  nach  3 Tagen  erwiesen 
sich  die  Gelatineplatten  noch  immer  steril.  Die  sich  entleerende 
Flüssigkeit  wurde  auf  Deckgläschen  gestrichen  und  unter  dem  Mikro- 
skop untersucht.  Es  wurden  nur  wenig  Blut-  und  sehr  wenig  Eiter- 
körperchen gefunden.  Typhusbacillen  wurden  nicht  entdeckt.  In 
gleicher  Weise  wurden  auch  excidierte  Gewebsstückchen  mikroskopisch 
untersucht. 

Es  ließ  sich  dabei  weder  intensive  Infiltration,  uoch  Nekrotisierung, 
noch  die  Anwesenheit  von  Mikroorganismen  in  den  Lymphzwischen- 
räumen  nachweisen;  letztere  waren  nur  an  vielen  Stellen  ziemlich 
stark  erweitert.  Ihren  Inhalt  bildete  eine  strukturlose,  einige  Körn- 
chen und  hier  und  da  ein  farbloses  Blutkörperchen  enthaltende 
Masse. 

In  obigen  Experimenten  kamen  ausschließlich  schon  oft  verimpfte 
Kulturen  des  Typhusbacillus  zur  Anwendung.  Es  wurde  nur 
darauf  geachtet,  daß  die  Kulturen  nicht  über  6—8  Tage  alt  waren. 
Die  negativen  Resultate  dieser  Experimente  veranlaßten  uns,  an  Hunden 
Experimente  mit  auf  obige  Weise  durch  den  Hundeorganismus  ge- 
führten Kulturen  anzustellen.  Die  Resultate  dieser  Fixperimeute  waren 
folgende : 

Experiment  10.  Am  18.  Dez.  wurde  einem  Hunde  die 
wässerige  Aufschwemmung  der  Hälfte  einer  Gelatineplattenkultur  von 
Typhusbacillen  subkutan  injiziert.  Die  Parasiten  stammten  aus  zweiter 
Generation. 

Der  Hund  wurde  4 Tage  lang  beobachtet ; hierbei  traten  an  der 
Injektionsstelle  keine  Veränderungen  auf.  Am  5.  Tage  wurde  der 
Hund  durch  Chloroform  getötet.  An  der  Injektionsstelle  war  un- 
bedeutende Hyperämie  zu  bemerken.  Die  Achseldrüsen  war  auf 
dieser  Seite  intensiv  geschwollen ; von  der  Schnittfläche  wurde  mit 
einem  Scbäufelchen  ein  kleiner  Teil  dieser  Flüssigkeit  entnommen 
und  Gelatiueplatten  damit  beschickt.  Dieselben  blieben  steril. 


Beitrag  zur  Lehre  von  den  pyogenen  Eigenschaften  des  Typhusbacillus.  219 


Experiment  11.  15.  Dez.  Wie  No.  10. 

Der  Hund  wurde  nach  10  Tagen  durch  Chloroform  getötet.  Vorher 
waren  keine  Veränderungen  zu  Tage  getreten.  Der  Befund  ist  mit 
dem  bei  No.  10  erhaltenen  identisch. 

Experiment  12.  18.  Dez.  Wie  Nq.  10. 

Nach  12  Tagen  wurde  der  Hund  durch  Chloroform  getötet.  An 
der  Injektionsstelle  ließen  sich  Veränderungen  nicht  nachweisen.  Der 
Befund  war  dem  in  No.  10  gleich. 

Experiment  13.  18.  Dez.  Wie  No.  10. 

Auch  die  Resultate  waren  identisch. 

Es  sind  also  im  ganzen  13mal  subkutane  Injektionen  mit  Typhus- 
bacillen an  Hunden  gemacht  worden.  Eiterung  wurde  dabei  kein 
einziges  Mal  erzielt. 

Im  ganzen  sind  von  den  13  geimpften  Hunden  6 genesen,  2 ge- 
storben, 5 getötet  worden. 

Unter  den  6 gesund  gebliebenen  Hunden  wurden  bei  2 am 
2.  oder  3.  Tage  unbedeutende  Schwellungen  beobachtet,  die  sich  bald 
wieder  zerteilten.  Bei  4 Hunden  traten  gar  keine  Veränderungen  auf. 

Von  den  2 zu  Grunde  gegangenen  Hunden  starb  der  erste  am 
3.,  der  zweite  am  2.  Tage.  An  der  Injektionsstelle  war  nur  Hyperämie 
zu  konstatieren.  Weitere  Untersuchungen  wurden  nicht  ancestellt. 

Die  5 übrigen  Hunde  wurden  am  5.,  6.,  10.,  12.  und  20.  Tage 
getötet. 

Nur  in  einem  Falle,  und  zwar  bei  dem  am  6.  Tage  getöteten 
Tiere,  fand  man  intensive  serös-exsudative  Entzündung  des  Unterhaut- 
zellgewebes. Bei  den  übrigen  4 zeigte  sich  an  der  Injektionsstelle 
nur  Hyperämie.  In  allen  5 Fällen  wurden  bakteriologische  Unter- 
suchungen angestellt. 

Allein  es  gelang  uns  nicht,  aus  der  mit  einem  sterilisierten  Platin- 
schäufelchen  von  der  Schnittfläche  des  Subkutangewebes  abgekratzten 
Flüssigkeit  Parasiten  zu  züchten.  Ebensowenig  fanden  wir  dieselben 
bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  des  die  bei  Lebzeiten  des 
Tieres  auftretende  Geschwulst  bildenden  Gewebes.  Allem  Anscheine 
nach  werden  also  bei  Hunden  die  Typhusbacillen  aus  dem  Gewebe, 
in  welches  sie  injiziert  worden  sind,  ziemlich  rasch  resorbiert,  denn 
bereits  nach  5 Tagen  ist  es  mit  Anwendung  aller  uns  zu  Gebote 
stehenden  Mittel  nicht  möglich,  auch  nur  noch  eine  Spur  derselben 
zu  entdecken.  Dies  ist  eine  der  Ursachen,  weshalb  die  Typhusbacillen 
im  Subkutangewebe  bei  Hunden  keine  Eiterung  hervorrufen.  Damit 
nämlich  Parasiten  ihre  Wirkung  auf  irgend  ein  Gewebe  geltend  machen 
können,  ist  es  erforderlich,  daß  sie  längere  Zeit  darauf  einwirken 
können.  Die  übrigen  Ursachen,  weshalb  die  Typhusbacillen  in  unseren 
Fällen  ihre  pyogene  Eigenschaft  nicht  geltend  gemacht  haben,  sollen 
hier  nicht  erörtert  werden,  wir  behalten  uns  dies  bis  zur  Veröffent- 
lichung unserer  ganzen  Arbeit  vor.  Nur  auf  einen  Punkt  muß  hier 
noch  hingewiesen  werden.  Die  Hunde  scheinen  zu  den  Tiergattungen 
zu  gehören,  deren  Gewebe  unter  Einwirkung  der  Typhusbacillen 
nicht  so  leicht  zur  Eiterung  kommt,  wie  das  anderer  Tiere.  Aus 
diesem  Grunde  darf  man  keinesfalls,  von  [den  negativen  Resultaten 
der  an  ihnen  angestellten  Experimente  ausgehend,  behaupten,  der 


220 


Z Dmochonski  und  W.  Janowski, 


Typhusbacillus  könne  im  allgemeinen  im  Subkutaugewebe  nicht 
Eiterung  erzeugen.  Dies  wird  u.  a.  auch  durch  die  Resultate  unserer 
mit  Typhusbacillen  derselben  Abstammung  an  Kaninchen  augestellten 
Versuche  bewiesen. 

Anfangs  injizierten  wir  den  Kaninchen  auch  Kulturen  schon  viel- 
fach verimpft  gewesener  Typhusbacillen  unter  die  Haut,  indem  wir 
unser  Augenmerk  nur  auf  das  Alter  der  verwandten  Kultur  richteten, 
das  zwischen  5—9  Tagen  schwankte. 

Die  Resultate  der  10  von  uns  in  dieser  Weise  gemachten  Experi- 
mente waren  folgende:  2 Kaninchen  starben  am  Tage  nach  der  Impfung, 
7 Kaninchen  blieben  vollständig  gesund,  obgleich  sie  20—32  Tage 
unter  strikter  Aufsicht  waren.  Nach  dieser  Zeit  wurden  sie  chloro- 
formiert, und  die  alsdann  erfolgte  Sektion  zeigte  nirgends  weder  eine 
Ansammlung  von  Eiter,  noch  überhaupt  irgend  einen  anderen  ent- 
zündlichen Prozeß.  Folglich  war  der  Befund  in  9 Fällen  ein  ganz 
negativer.  Erst  das  10.  Experiment  ergab  folgendes  Resultat. 

Experiment  10.  25.  Nov.  1892  wurde  das  Experiment  ange- 
stellt. 

26.  Nov.  | 

27.  Nov.  An  der  Iujektionsstelle  keine  Veränderungen. 

28.  Nov.  J 

29.  Nov.  Mau  fühlt  an  der  Injektionsstelle  eine  kleine  Verdickung 
des  Subkutangewebes. 

30.  Nov.  Unverändert. 

31.  Nov.  Die  Verdickung  (ist  etwas  größer, ^'weniger  elastisch, 
gleichsam  teigartig. 

1.  Dez.  Unverändert.  Das  Kaninchen  wurde  getötet.  DerSektious- 
befund  war  folgender:  In  einer  Ausdehnung  von  circa  12  qcm  um  das 
abgebrochene  Röhrchen  herum  befindet  sich  im  Subkutangewebe  Eiter. 
Er  ist  dickflüssig,  fast  quarkartig,  sehr  schwach  gelb  gefärbt.  Das 
Subkutangewebe  um  den  Absceß  herum  und  die  Muskeln,  auf  denen 
der  Absceß  lag,  waren  hyperämisch,  aber  nur  sehr  wenig  infiltriert. 
Im  allgemeinen  war  der  Absceß  genau  umschrieben. 

Der  Eiter  wurde  auf  Gläschen  gestrichen  und  mit  Loeffler- 
scher  Flüssigkeit  gefärbt,  wobei  darin  keine  Parasiten  gefunden  wurden. 
Gelatineplatten  wurden  ebenfalls  mit  dem  Eiter  beschickt;  nach  5 Tagen 
waren  sie  noch  steril.  Ein  Teil  der  Absceßwand  wurde  in  Paraffin 
eingeschlossen  und  mikroskopisch  untersucht.  Es  zeigte  sich  hierbei, 
daß  das  den  Absceß  umgebende  Gewebe  sehr  stark  mit  Eiterkörper- 
chen infiltriert  ist,  die  Saftkanälchen  sind  bedeutend  erweitert.  In 
ihnen  befinden  sich  eben  die  das  Gewebe  infiltrierenden  Leukocyten. 
Neben  ihnen  sieht  man  an  einigen  Stellen  rothe  Blutkörperchen  in 
geringer  Anzahl.  Parasiten  konnten  wir  im  Gewebe  nirgends  ent- 
decken. 

Nachdem  wir  bei  subkutaner  Injektion  bereits  mehrfach  verimpfter 
Kulturen  des  Typhusbacillus  an  Kaninchen  obiges  Resultat  er- 
halten hatten,  beschlossen  wir  die  Wirkung  des  Typhusbacillus 
derselben  Abstammung  nach  vorhergehendem  Durchführen  durch  den 
Tierkörper  zu  prüfen.  Zu  diesem  Behufe  wurde  einem  Hunde  subkutan 
Vu  ccm  der  wässerigen  Aufschwemmung  einer  Agar-  oder  Gelatine- 


Beitrag  zur  Lehre  von  den  pyogenen  Eigenschaften  des  Typhusbacillus.  221 


kultur  des  Typhusbacillus  injiziert,  das  Tier  nach  24 — 48  Stunden 
getötet  und  die  alsdann  aus  dem  injizierten  Gewebe  erhaltenen  Kulturen 
nach  nur  einmaliger  Verimpfung  Kaninchen  auf  dieselbe  Art  und 
Weise  unter  die  Haut  eingeführt,  wie  wir  dies  in  allen  übrigen  Experi- 
menten gethan.  Die  Resultate  dieser  Experimente  waren  folgende: 

Experiment  11.  21.  Nov.  Ausführung  des  Experimentes.  Es 
wurde  subkutan  l/2  ccm  einer  wässerigen  Aufschwemmung  einer  leben- 
den Agarkultur  2.  Generation  injiziert. 

22.  Nov.  An  der  Injektionsstelle  ist  eine  kleine  elastische,  nicht 
fluktuierende  Geschwulst. 

24.  Nov.  Die  verdickte  Stelle  ist  weniger  elastisch ; sie  ist  etwas 
teigartig. 

25.  Nov.  Unverändert.  Das  Kaninchen  wurde  getötet. 

Nach  Eröffnung  der  Geschwulst  sieht  man,  daß  das  ganze  Sub- 
kutangewebe um  das  Glasröhrchen  herum  geschwollen,  intensiv  hyper- 
ämisch  ist;  an  vielen  Stellen  nimmt  man  kleine  Blutergüsse  wahr. 
Das  abgebrochene  Ende  des  Röhrchens  ist  von  kleinen,  blaßgelben, 
körnigen  Massen  von  käsiger  Konsistenz  umgeben.  Im  anliegenden 
Gewebe  sieht  man  einige  kleine,  hellgelbe  Herde,  aus  denen  sich  aber 
nichts  ausdrücken  läßt. 

Die  um  das  Röhrchen  herum  gefundenen  körnigen  Massen  wurden 
auf  Gläschen  verrieben  und  mikroskopisch  untersucht.  Es  erwies  sich, 
daß  es  typischer  Eiter  war;  allein  Mikroorganismen  wurden  nicht  darin 
gefunden.  Dieselben  körnigen  Massen  wurden  mit  Gelatine  vermischt 
und  auf  Platten  gegossen.  Nach  3 Tagen  entwickelten  sich  mehrere 
Kolonieen  von  Typhusbacillen.  Andere  Mikroorganismen  fehlten  ganz. 
Das  Gewebe  wurde  mikroskopisch  untersucht.  Es  wurde  dabei  reich- 
liche kleinzellige  Infiltration,  bedeutende  Erweiterung  der  Saftkanäl- 
chen und  einige  nekrotische  Herde  gefunden.  An  solchen  Stellen  und 
um  dieselben  herum  war  die  Infiltration  am  intensivsten.  Trotz  sorg- 
fältigster Nachforschungen  konnten  wir  in  der  Absceßwand  nirgends 
Bacillen  entdecken. 

Experiment  12.  21.  Nov.  Injektion,  wie  bei  No.  11. 

22.  Nov.  An  der  Injektionsstelle  ist  in  einem  Umkreise  von  etwa 
16  qcm  eine  Erhöhung  zu  fühlen. 

23.  Nov.  Die  Erhöhung  ist  geringer  geworden. 

24.  Nov.  An  der  Injektionsstelle  fühlte  man  eine  haselnußgroße, 
elastische  Geschwulst  heraus. 

26.  Nov.  Die  Erhöhung  ist  härter,  weniger  elastisch,  etwas 
teigartig. 

27.  Nov.  Unverändert.  Das  Kaninchen  wurde  getötet.  Nach 
Eröffnung  der  Geschwulst  erwies  es  sich,  daß  sie  mit  blaßgelbem, 
sehr  dickflüssigem  Eiter  in  geringer  Quantität  angefüllt  war.  Es 
waren  etwa  3 ccm  Eiter  darin  enthalten.  Das  umgebende  Gewebe 
war  wenig  geschwollen,  intensiv  infiltriert.  Im  Eiter  fand  man  bei 
der  Untersuchung  auf  Gläschen  Typhusstäbchen  in  großer  Anzahl. 
Er  wurde  in  Gelatine  auf  Platten  gegossen.  Nach  3 Tagen  ent- 
wickelten sich  zahlreiche  Kolonieen  von  Typhusbacillen.  Das  den 
Absceß  umgebende  Gewebe  wurde  in  Paraffin  gebettet  und  mikro- 
skopisch untersucht.  In  dem  nekrotisch  gewordenen  Gewebe  nahm 


222 


Z.  Dmochowski  und  W.  Jauowski, 


man  intensive  Infiltration  mit  Eiterkörperchen  wahr.  An  vielen 
Stellen  sah  mau  Typhusbacillen  in  den  Saftkanälchen  liegen.  Es 
muh  hierbei  betont  werden,  daß  an  den  Stellen,  wo  die  Eiterung 
vollständig  entwickelt  war,  d.  h.  wo  das  Gewebe  ganz  aufgelöst  war, 
keine  oder  doch  nur  sehr  wenige  Parasiten  gefunden  wurden.  Die 
Hauptmasse  derselben  befand  sich  in  dem  noch  schwach  infiltrierten 
Gewebe. 

Experiment  13.  21.  Nov.  Injektion,  wie  bei  No.  11. 

22.  Nov.  An  der  Injektionsstelle  ist  eine  geringe  Schwellung 
bemerkbar. 

25.  Nov.  An  der  Iujektionsstelle  ist  eine  walnußgroße,  harte 
Geschwulst. 

27.  Nov.  Die  Geschwulst  ist  noch  härter. 

28.  Nov.  Derselbe  Zustand. 

29.  Nov.  Das  Kaninchen  starb.  Nachdem  die  Haut  aufge- 
schnitten worden  war,  fand  man  einen  etwa  3 ccm  dickflüssigen, 
blaßgelbeu  Eiter  enthaltenden  Absceß.  Durch  die  mikroskopische 
Untersuchung  wurden  ziemlich  viel  Stäbchen  darin  nachgewieseu. 
Es  wurden  Gelatineplatten  gegossen.  Nach  3 Tagen  hatten  sich 
ausschließlich  Kolonieen  des  T y p h u s b a c i 1 1 u s entwickelt.  Das  Ge- 
webe wurde  ebenfalls  mikroskopisch  untersucht.  Die  darin  Vorge- 
fundenen Veränderungen  waren  den  in  No.  12  beschriebenen  identisch. 

Ex p e r l m en  t 14.  21.  Nov.  Injektion  wie  bei  No.  11.  Am 
darauf  folgenden  Tage  bildete  sich  au  der  Iojektionsstelle  eine  Ge- 
schwulst; nach  3 Tagen  war  sie  schon  recht  groß,  die  Haut  aber 
noch  sehr  gespannt.  In  den  darauf  folgenden  Tagen  wurde  die  Ge- 
schwulst weicher,  und  nach  einer  Woche  war  sie  teigartig. 

Am  10.  Tage,  d.  h.  d.  2.  Dez.,  wurde  das  Kauinchen  getötet. 
Au  der  Iujektionsstelle  war  eine  etwa  thalergroße,  etwa  l1/2  cm 
hohe  Geschwulst  zu  fühlen.  Nach  der  Eröffnung  fand  mau  inmitten 
des  intensiv  hyperamischeu,  aber  nicht  geschwollenen  Gewebes  einen 
haselnußgroßen,  hellgrauen  Erweichungsherd.  Eiter  floß  jedoch  nicht 
heraus.  Mit  einem  Platinschaufelcheu  wurde  ein  kleiner  Teil  der 
trüben,  dicken  Flüssigkeit  aufgeuommen.  Dieselbe  wurde  mikro- 
skopisch untersucht  und  in  Gelatineplatten  gegossen.  Es  stellte  sich 
heraus,  daß  diese  Flüssigkeit  Eiter  war,  in  dem  jedoch  unter  dem 
Mikroskop  keine  Typhusbacillen  gefunden  wurden.  Auf  den  Gelatine- 
platten aber  entwickelten  sich  Kolonieen  des  Typhusbacillus. 
Das  Gewebe  wurde  ebenfalls  zur  mikroskopischen  Untersuchung 
herangezogen.  In  dem  nekrotisierteu,  sehr  stark  infiltrierten  Ge- 
webe wurde  eine  große  Anzahl  Typhusbacillen  gefunden. 

Experiment  15.  21.  Nov.  Injektion,  wie  bei  No.  11. 

In  den  ersten  Tagen  waren  die  auftreteudeu  Veränderungen  den 
bei  den  vorhergehenden  Experimenten  gefundenen  identisch.  Am 
11.  Tage  wurde  die  Geschwulst,  die  bis  dahin  teigartig  gewesen 
war,  etwas  größer.  Am  13.  Tage  war  deutliche  Fluktuation  zu 
fühlen.  Am  14.  Tage,  d.  h.  am  6.  Dez.  wurde  das  Kaninchen  ge- 
tötet. Nachdem  der  Hauteinschnitt  ausgeführt  war,  fanden  wir  einen 
7 cm  langen,  5 cm  breiten  Absceß,  aus  dem  (gegen  15  ccm)  blaß- 
gelber, sehr  heller,  dickflüssiger  Eiter  herausfloß.  Die  Untersuchuugs- 


Beitrag  zur  Lehre  von  den  pyogenen  Eigenschaften  des  Typhusbacillus.  223 


metbode  war  dieselbe,  wie  in  *den  früheren  Experimenten.  Unter 
dem  Mikroskop  wurden  im  Eiter  keine  Mikroorganismen  gefunden. 
Aut  den  Gelatineplatten  entwickelten  sich  nach  3 Tagen  sehr  zahl- 
reiche Typhuskolonieen. 

Im  Gewebe  wurden  dieselben  Veränderungen  konstatiert,  wie  in 
den  vorhergehenden  Fällen.  Es  wurden  Bacillen  in  großer  Anzahl 
gefunden. 

Experiment  16.  21.  Nov.  Injektion,  wie  bei  No.  11. 

Dieselben  Veränderungen,  wie  in  den  früheren  Experimenten. 
Am  9.  Tage  wurde  die  walnußgroße  Geschwulst  teigartig  und  wuchs 
bis  zum  20.  Tage  nicht  mehr.  Alsdann,  d.  h.  den  11.  Dez.  wurde 
das  Kaninchen  getötet.  Man  fand  ganz  dickflüssigen,  blassen  Eiter, 
der  aber  keine  Mikroorganismen  enthielt.  Auf  den  Gelatineplatten 
keimte  nichts.  Im  Gewebe  waren  dieselben  Veränderungen  wahrzu- 
nehmen, wie  in  den  vorhergehenden  Fällen.  Mikroorganismen  waren 
darin  spärlich  vertreten. 

Experiment  17.  21.  Nov.  Injektion,  wie  in  No.  11. 

Dieselben  Veränderungen,  wie  in  den  vorhergehenden  Fällen; 
nach  5 Tagen  hatte  sich  eine  kleine  Erhöhung  gebildet,  die  sich  am 
7.  Tage  teigig  anfühlte.  Das  Kaninchen  wurde  am  Leben  gelassen. 
Die  Geschwulst  nahm  allmählich  ab,  uud  am  25.  Tage  waren  keine 
Veränderungen  mehr  zu  bemerken. 

Experiment  18.  21.  Nov.  Injektion,  wie  in  No.^11. 

22.  Nov.  Sehr  starke  Schwellung  in  einem  Umkreise  von  20  cm. 

23.  Nov.  Das  Kaninchen  starb  in  der  Nacht.  An  der  Injektions- 
stelle war  sehr  starke  Hyperämie  und  unbedeutende  Schwellung  des 
Subcutis  wahrzunehmen.  Die  sich  entlehrende  Flüssigkeit  wurde 
auf  Gelatineplatten  gegossen,  um  frische  Kulturen  zum  Experimen- 
tieren zu  erhalten.  Es  entwickelten  sich  auch  auf  den  Platten  sehr 
zahlreiche  Typhusbacillenkolonieen. 

Experiment  19.  21.  Nov.  Injektion,  wie  in  No.  11. 

Dieselben  Veränderungen,  wie  in  den  vorhergehenden  Experi- 
menten. Schon  am  5.  Tage  wurde  die  Geschwulst  teigartig.  Am 
6.  Tage,  d.  h.  den  27.  Nov.  starb  das  Kaninchen.  An  der  Injektions- 
stelle  war  ein  flacher,  haselnußgroßer  Absceß.  Nach  der  Incision 
floß  der  Eiter  nicht  heraus  und  ließ  sich  nicht  herausbefördern,  da 
er  nicht  frei  war,  sondern  nur  das  Subkutangewebe  infiltrierte.  Das 
umgebende  Gewebe  war  leicht  hyperämisch,  nicht  geschwollen.  Aus 
dem  infiltrierten  Gewebe  wurde  ein  wenig  eiterige  Flüssigkeit  abge- 
kratzt, dieselbe  auf  Gläschen  gestrichen  und  mikroskopisch  unter- 
sucht. Unter  den  sehr  zahlreichen  Eiterkörperchen  wurden  keine 
Mikroorganismen  gefunden.  Dieselbe  Masse  wurde  in  Gelatine  auf 
Platten  gegossen.  Die  Platten  waren  nach  4 Tagen  noch  steril. 
Das  Gewebe  wurde  in  Paraffin  eingebettet.  Bei  der  Untersuchung 
wurden  ebensolche  Veränderungen  entdeckt,  wie  in  den  früheren 
hallen.  Typhusbacillen  waren  im  Gewebe  in  beträchtlicher  Anzahl 
vorhanden. 

Experiment  20.  21.  Nov.  Injektion,  wie  in  No.  11. 

Dieselben  Veränderungen,  wie  in  den  vorhergehenden  Experi- 
menten. Nach  4 Tagen  bildete  sich  eine  Geschwulst,  die  am  8.  Tage 


224  Dmochowski  u.  Jmowsk!,  Beitrag  zur  Lehre  über  den  Typhusbacillus. 


teigartig  wurde.  Das  Kaninchen  wurde  am  Leben  gelassen,  um  zu 
sehen,  ob  diese  Geschwulst  von  selbst  wieder  zurückgehen  werde;  in 
der  That  wurde  sie  nach  und  nach  immer  geringer,  und  nach  30 
Tagen  war  keine  Spur  davon  mehr  zu  fühlen. 

Aus  obigen  Beschreibungen  geht  hervor,  daß  auf  20  subkutane 
an  Kaninchen  vorgenommenen  Injektionen  von  Typhusbacillen  im 
ganzen  bei  10  Eiterung  entstand ; bei  9 davon  waren  Tvphusbacillen- 
kulturen  verwandt  worden,  die  durch  den  Hundeorganismus  geführt 
worden  waren , bei  einem  nur  eine  alte  Kultur  desselben  Mikro- 
organismus. In  einem  Falle  ging  das  mit  einer  aufs  neue  aus  dem 
Tierorganismus  erhaltenen  Kultur  des  Typhusbacillus  injizierte 
Kaninchen  zu  Grunde,  ehe  es  zu  einem  lokalen  eiterigen  Prozeß  ge- 
kommen war. 

Abscesse  wurden  bei  Tieren  konstatiert,  die  am  4.,  6.,  9.,  10., 
14.  uud  20.  Tage  nach  der  Injektion  getötet  worden  waren.  In  allen 
diesen  Fällen  war  der  Eiter  hellgelb,  dickflüssig,  fast  käsig.  In  der 
Mehrzahl  der  Fälle  konnten,  wie  ersichtlich,  durch  die  mikroskopische 
Untersuchung  keine  Bacillen  im  Eiter  nachgewiesen  werden.  Die 
bakteriologische  Untersuchung  dagegen  zeigte  sie  stets,  wenn  auch 
in  ganz  verschiedener  Anzahl.  Die  mikroskopische  Untersuchung  des 
den  Absceß  umgebenden  Gewebes  wies  in  allen  Fällen,  mit  Ausnahme 
eines  einzigen  (No.  11),  das  Vorhandensein  von  Typhusbacillen  in 
verschiedener  Anzahl  nach.  Nie  wurden  durch  die  bakteriologische 
Untersuchung  des  Eiters  andere  Parasiten  außer  den  Typhusbacilien 
entdeckt.  Auch  war  das  Verhalten  der  im  Gewebe  Vorgefundenen 
Bacillen  gegen  die  Gram’sche  Flüssigkeit  und  bei  der  Weigert- 
schen  Färbungsmethode  ein  für  die  Typhusbacillen  charakteristisches. 

In  Anbetracht  dessen  müssen  wir  zugeben,  daß  diese  Mikro- 
organismen imstande  sind,  ganz  selbständig  bei  Kaninchen  im  Sub- 
kutangewebe Eiterung  hervorzurufen.  Die  Abscesse  entstehen,  wie 
wir  gesehen,  nicht  immer  zu  gleicher  Zeit  nach  der  Injektion,  und 
zwar  vom  4. — 8. — 10.  Tage.  Wenn  die  Abscesse  bei  den  Kaninchen 
einen  gewissen  Höhepunkt  ihres  Wachstums  erreicht  haben,  können 
sie  resorbiert  werden.  Hiervon  überzeugten  uns  die  zu  diesem  Be- 
hufe  aDgestellten  Experimente  No.  17  und  20,  in  denen  am  26.  (im 
ersten  Falle)  und  am  30.  Tage  (im  2.  Falle)  nach  der  Injektion  au 
der  Injektionsstelle  keine  Spur  einer  Geschwulst  mehr  zu  finden  war, 
während  hier  vorher  im  Laufe  von  4 Tagen  deutlich  ein  Absceß 
herauszufühlen  gewesen  war.  Dies  stimmt  mit  den  Beobachtungen 
überein,  die  man  auch  bei  Abscessen  anderen  Ursprungs  an  Kanin- 
chen anstellen  kann.  Einer  von  uns  überzeugte  sich  schon  vor  5 
Jahren  durch  den  Augenschein  davon , daß  bei  Kaninchen  durch 
Terpentinöl  hervorgerufene  Abscesse  einen  ebenso  milden,  unbemerk- 
baren Verlauf  nehmen.  Die  Abscesse  zeichnen  sich  nämlich  bei 
Kaninchen  durch  eine  sehr  schwache  Reaktion  des  umgebenden  Ge- 
webes aus,  so  daß  sie  bei  der  gewöhnlichen  Palpation  der  Tiere  durch 
die  Haut  leicht  übersehen  werden  können,  wenn  nicht  ganz  besondere 
Aufmerksamkeit  darauf  verwandt  wird ; außerdem  können  sei  zweifel- 
los langsam  resorbiert  werden. 

Damit  der  Typhusbacillus  im  Subkutangewebe  bei  Kaninchen 


M Askanazy,  Zur  Lehre  von  der  Trichinosis. 


225 


Eiterung  hervorrufen  könne,  ist  ein  gewisser  Grad  von  Virulenz  er- 
forderlich; ist  derselbe  nicht  vorhanden,  so  kann  die  Injektion  ganz 
erfolglos  bleiben  oder  nur  seröse  Entzündung  bewirken,  wie  dies  aus 
den  früher  angeführten  9 Experimenten  zu  ersehen  ist,  die  mit  alten, 
abgeschwächten  Bacillenkulturen  an  Kaninchen  gemacht  worden 
waren.  Ist  jedoch  die  Virulenz  stärker,  als  dies  zur  Hervorrufung 
einer  örtlichen  pyogenen  Wirkung  notwendig  ist,  so  tritt,  abgesehen 
von  den  örtlichen  Abscessen,  allgemeine  Infektion  des  Tieres  mit  töt- 
lichem  Ausgange  ein  (Exper.  13  und  10).  Wenn  die  Allgemein- 
wirkung überwiegt,  kann  der  Tod  eintreten,  ehe  es  zur  örtlichen 
Eiterung  kommt  (Exper.  18). 

Ziehen  wir  nun  die  Resultate  der  hier  angeführten  Experimente 
zusammen,  so  kommen  wir  zu  folgenden  Schlüssen: 

1)  Die  Typhusbacillen  können  zweifellos  allein  bei  Kaninchen 
Eiterung  hervorrufen. 

2)  Diese  Eiterung  entsteht  nur  selten  unter  Einwirkung  oft  ver- 
impft  gewesener  Mikroorganismen,  aber  fast  konstant  unter  Ein- 
wirkung frisch  durch  den  Tierkörper  geführter  Bacillen. 

3)  Der  durch  den  Typhusbacillus  bei  Kaninchen  hervor- 
gerufene Eiter  ist  dem  unter  Einwirkung  anderer  pyogener  Momente 
bei  ihnen  entstehenden  gleich. 

4)  Bei  Hunden  bewirkt  der  Typhusbacillus  an  und  für 
sich  sogar  nach  Durchführung  durch  den  Tierkörper  keine  Eiterung. 

Hieraus  läßt  sich  aber  noch  nicht  folgern,  daß  dieser  Mikro- 
organismus im  allgemeinen  bei  diesen  Tieren  keine  pyogenen  Eigen- 
schaften haben  könne.  Vielleicht  kann  unter  gewissen,  seine  Wirkung 
erleichternden  Umständen  der  Typhusbacillus  auch  bei  Hunden 
Eiterung  herbeiführen.  Dies  soll  die  Aufgabe  unserer  weiteren 
Forschungen  bilden.  Es  war  hier  nur  unsere  Absicht,  auf  die 
unserer  Ansicht  nach  vom  theoretischen  Standpunkte  wichtige  That- 
sache  hinzuweisen,  daß  der  Typhusbacillus  im  allgemeinen 
imstande  ist  für  sich  allein,  ohne  irgend  welche  örtliche  Reizung 
anderen  Ursprungs,  bei  einigen  Tieren  Eiterung  hervorzurufen,  daß 
also  einzelne  Autoren  dies  mit  Unrecht  schon  im  Prinzip  in  Abrede 
stellen. 

Warschau,  2.  Januar  1894. 


Zur  Lehre  von  der  Trichinosis. 

[Referat  eines  in  der  biologischen  Gesellschaft  zu  Königsberg  i.  Pr. 
gehaltenen  Vortrages  mit  Demonstration  als  vorläufige  Mitteilung.] 

Von 

Dr.  M.  Askanazy, 

Assistenten  am  patholog.  Institute. 

In  dem  trichinösen  Infektionsprozesse  harrten  bisher  besonders 
zwei  Fragen  ihrer  Lösung:  1)  Wie  passieren  die  nach  der  allgemeinen 


226 


M.  Askanazy.  Zur  Lehre  von  der  Trichinosis. 


Ansicht  nur  im  Darmlumen  geborenen  Embryonen  die  Darmwand? 
und  2)  Auf  welchen  Wegen  bewegen  die  Embryonen  sich  weiter,  bis 
sie  ihr  Endziel,  die  quergestreifte  Muskelfaser,  erreichen?  — Die 
Fortschritte  der  histologischen  Technik  lassen  heute  von  entsprechen- 
den Studien  sicherere  Resultate  erwarten,  als  sie  vor  30  Jahren  von 
Leuckart,  Yirchow  und  Zenker,  den  Meistern  der  Trichinen- 
lehre, gewonnen  werden  konnten.  Untersuchungen  der  Darmwände 
konnten  neben  der  ersten  Frage  auch  für  die  Entscheidung  der 
zweiten  von  Wichtigkeit  sein.  Mußte  die  Lage  der  Parasiten  in  der 
Darmwand  doch  zugleich  den  Weg  verraten,  den  sie  in  erster  Linie 
bei  ihrer  Propagation  innehielten.  Sehr  stark  infizierte  Kaninchen 
wurden  nach  7,  8 und  10  Tagen  in  der  Weise  verwandt,  daß  ganze, 
unaufgeschnittene  Darmstückchen  in  Flem mi n g’sche  Lösung  hinein- 
fallen gelassen,  nach  bekannter  Weiterbehandlung  in  Celloidin  ein- 
gebettet, geschnitten  und  mit  Saffranin  gefärbt  wurden.  Es  ergab  sich: 

1)  Die  weiblichen  Darmtrichinen  bohren  sich  selbst  in  die  Zotten 
und  Schleimhaut  des  Darmes  ein.  Sie  liegen  dann  im  Gewebe  der 
Mucosa  oder  im  Lumen  der  oft  beträchtlich  erweiterten  Chylusgefäße. 
Man  findet  sie  in  den  oberflächlichsten  Schichten  bis  zur  Muscularis 
mucosae  herab,  nie  unterhalb  derselben. 

2)  Freie,  in  dem  Gewebe  der  Darmwand  oder  in  den  Blutgefäßen 
derselben  liegende  Embryonen  wurden  nicht  gesehen. 

3)  Dagegen  fanden  sich  in  zwei  Schnitten  einer  Serie  zwei  freie 
Embryonen  im  Lumen  des  Chylusgefäßes  einer  Zotte.  Seitlich  stülpte 
sich  eine  mit  Embryonen  erfüllte  Darmtrichine  in  die  Zotte  ein.  Es 
muß  als  sehr  wahrscheinlich  gelten,  daß  diese  Darmtrichine  ihre 
Embryonen  in  das  Chylusgefäß  deponiert  hat,  zumal  die  schräge 
Lage  des  einen  Embryo  nach  der  Richtung  der  Darmtrichine  hinwies. 

Die  Darmtrichinen  bergen  ihre  Jungen  also  in  der  Darmschleim- 
haut, indem  sie  sich  selbst  in  dieselbe  einbohren.  Der  Lymphstrom 
ist  es,  welcher  die  Embryonen  aus  dem  Darme  fortführt,  denn  die 
Darmtrichinen  gebären  die  junge  Brut  in  den,  bezw.  in  die  Chylus- 
gefäße. In  Uebereinstimmung  damit  konstatierten  Virchow  und 
Ger  lach  Embryonen  in  den  Mesenterialdrüsen. 

Daß  die  alte  Anschauung,  wonach  die  im  Darmlumen  geborenen 
Embryonen  die  Darmwand  aktiv  durchbohren,  nebenbei  zu  Recht 
besteht,  ist  bisher  nicht  mit  Sicherheit  bewiesen.  Gegen  die  Geburt 
in  der  Darmhöhle  als  regelmäßigen  Vorgang  lassen  sich  folgende 
Bedenken  erheben: 

1)  Die  Litteratur  zeigt,  wie  unsicher  die  Befunde  von  Embryonen 
im  Darmlumen  sind. 

2)  In  zahlreichen  eigenen,  frischen  Präparaten  gelang  es  nie, 
wenn  man  die  Darmtrichinen  im  Darmschleime  untersuchte,  ohne  sie 
zu  quetschen,  einen  einzigen  freien  Embryo  zu  sehen,  selbst  wenn  die 
Muttertiere  zum  Bersten  mit  Jungen  gefüllt  waren. 

3)  Unter  unzähligen  Schnitten  wurden  nur  2mal  Embryonen 
neben  Darmtrichinen  im  Darmkanale  beobachtet.  Auch  hierbei  spielten 
vielleicht  noch  artefizielle  Momente  mit.  Darunter  befanden  sich 
Präparate,  deren  jedes  1 — 3 Durchschnitte  einer  Darmtrichine  aufwies. 

4)  Wenn  man  durch  starkes  Erwärmen  des  Objektträgers  die 


Nicolaier.  Bemerkung  zu  der  Arbeit  von  Prof.  G.  P.  Novv  etc.  227 


auf  demselben  im  Darmschleime  gelegene  Darmtrichine  bisweilen  zur 
künstlichen  Geburt  veranlassen  kann,  so  folgt  daraus  noch  nicht,  daß 
die  Embryonen  gewöhnlich  im  Darmschleime  geboren  werden. 

5)  Wie  zahlreich  müßten  die  Embryonen  im  Darminhalte  sein, 
wenn  wirklich  jede  weibliche  Darmtrichine  ihre  1V2  Tausend  Jungen 
im  Darmlumen  absetzte ! 

Die  gleiche  Erwägung  spricht  dagegen,  daß  die  aktive  Wanderung 
der  Embryonen  durch  die  Darmwand  ein  gewöhnliches  Ereignis  ist. 
Bisher  hat  noch  niemand  einen  Embryo  frei  in  der  Darmwand 
angetroffen.  Daß  ich  sie  auch  in  den  Lymphgefäßen  nicht  reichlich 
antraf,  erklärt  sich  leicht.  Der  Lymphstrom  in  den  erweiterten 
Gefäßen  treibt  die  Embryonen  — unter  Beihilfe  ihrer  aktiven  Be- 
weglichkeit und  der  Darmkontraktionen  — rasch  aus  der  dünnen 
Darmwand  fort.  (Ausführlichere  Darstellung  erfolgt  in  nächster  Zeit.) 

Königsberg  i.  Pr.,  13.  Januar  1894. 


Bemerkung  zu  der  Arbeit  von  Prof.  F.  G.  Novy 
„Die  Kultur  anaerober  Bakterien“. 

(Centralbl.  f.  Bakteriologie  u.  Parasitenkunde.  Bd.  XIV.  1893.  No.  18.) 

Von 

Privatdocent  Dr.  Nicolaier 

in 

Göttingen. 

Novy  beschreibt  in  seiner  Arbeit  einen  Apparat,  der  es  ermög- 
licht, die  Züchtung  einer  größeren  Anzahl  von  Reagenzglaskulturen 
anaerober  Mikroorganismen  in  einer  Gasatmosphäre  zu  bewerkstelligen. 
Er  benutzt  dazu  eine  weithalsige,  starke  Flasche,  die  mit  einem  Glas- 
bezw.  doppelt  durchbohrten  Gummistopfen  verschlossen  ist,  und  bei 
der  die  Durchleitung  des  Gases  durch  zwei  an  den  Hals  der  Flasche 
und  den  Glasstopfen  angeschmolzene,  bezw.  durch  die  Bohrungen  des 
Gummistopfens  gesteckte,  durch  Glashähne  verschließbare  Glasröhren 
bewirkt  wird.  Es  ist  Novy  entgangen,  daß  ich  denselben  Apparat, 
nur  mit  der  kleinen  Abweichung,  daß  der  Verschluß  der  durch  den 
Gummistopfen  gesteckten  Glasröhren  durch  kurze  Enden  von  dick- 
wandigem Gummischlauche  geschieht,  der  durch  Schraubenquetsch- 
hähne zusammengepreßt  wird,  schon  im  Jahre  1892  in  meiner 
Arbeit  „Zur  Aetiologie  des  Kopftetanus  (Rose)“  (Virchow’s 
Archiv.  Bd.  CXXVIII.  p.  10)  zur  Züchtung  von  Kulturen  anaerober 
Mikroorganismen  (Tetanusbacillen)  empfohlen  habe.  Ich  benutze  diesen 
Apparat,  wie  aus  dieser  Arbeit  hervorgeht,  schon  seit  einer  Reihe 
von  Jahren  mit  gutem  Erfolge  und  nicht  bloß,  wie  Novy,  zur 
Züchtung  von  Reagenzglaskulturen,  sondern  auch  für  Plattenkulturen 
anaerober  Bakterien. 


228  Original-Referate  ans  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen 
Instituten,  Laboratorien  etc. 

Aus  dem  Hygienischen  Institute  der  kgl.  Universität  zu  Rom. 

(Direktor  Prof.  Dr.  Celli.) 

Ueber  Fänloisgase  als  prädisponierende  Ursache  zur 

Typhusinfektion. 

Von 

Dr.  Giuseppe  Alessi. 

Die  Experimente  wurden  gemacht  mit  Ratten,  Meerschweinchen, 
Kaninchen.  Die  Ratten  wurden  in  einen  Kasten  eingeschlossen,  dessen 
Boden  aus  einem  Metallnetze  bestand,  welches  die  Oeffnung  eines 
Abtrittes  verschloß.  Die  Meerschweinchen  und  die  Kaninchen  wurden 
in  einem  Kasten  gehalten,  dessen  Boden  gleichfalls  von  einem  Metall- 
netze gebildet  wurde  und  einen  Recipienten  verschloß,  welcher  die 
Auswurfstoffe  der  betr.  Tiere  enthielt.  Die  Tiere,  welche  die  Fäulnis- 
ausdünstung einatmeten,  verloren  nach  einer  gewissen  Zeit  ihre 
gewöhnliche  Lebhaftigkeit  und  siechten  dahin,  trotzdem  sie  gierig 
fraßen.  Injiziert  mit  einer  relativ  kleinen  Quantität  des  Typhus- 
bacillus (0,25—  0,50),  unterlagen  sie  nach  12 — 36  Stunden.  Von 
den  Kontrollieren,  die  mit  derselben  Quantität  von  Kultur  injiziert 
wurden,  fühlte  keines  schädliche  Wirkungen;  wenige  bewiesen  sich 
etwas  deprimiert,  nur  eines  starb.  Aus  diesen  Experimenten  schloß 
man,  daß  die  Tiere,  welche  Fäulnisausdünstungen  einatmen,  sehr 
empfänglich  werden  auch  für  den  abgeschwächten  Typhusbacillus. 

Die  makroskopische  Untersuchung  ergab  Anzeichen  von  einer 
hämorrhagischen  Enteritis,  Zunahme  des  Volumens  der  P eye r 'sehen 
Drüsen  und  der  Milz.  Die  Bacillen  fanden  sich  im  Blute,  in  der 
Leber  und  in  der  Milz. 

Bei  den  Meerschweinchen  und  Kaninchen  bewies  sich  uns  die 
Veränderung  der  typhösen  Infektion  viel  hervortretender  und  charakte- 
ristischer, als  bei  den  Ratten. 

Als  man  die  Experimente  mit  dem  Bacterium  coli  wieder- 
holte, erlangte  man  den  Tod  des  Tieres  circa  in  demselben  Zeiträume. 

Der  mikroskopische  Befund  war  jener  einer  akuten  Entzündung, 
die  sich  über  alle  Unterleibsorgane  verbreitete  und  einigemal  auch 
auf  die  Lunge.  Das  Bacterium  coli  wurde  in  allen  Organen 
immer  im  Zustande  der  Reinheit  angetroffen.  Die  dazu  notwendige 
Zeit,  daß  die  Tiere  die  Prädisposition  für  die  typhöse  Infektion 
erwarben,  variierte  von  5 — 72  Tagen  bei  den  Ratten,  von  7 — 58  bei 
den  Meerschweinchen,  von  3—18  bei  den  Kaninchen.  Es  ist  be- 
merkenswert, daß  die  Tiere  die  Prädisposition  für  die  Infektion  viel 
leichter  erwarben  in  den  zwei  ersten  Wochen,  als  nach  dieser  Zeit, 
eine  Tbatsache,  die  in  gewisser  Weise  uns  erklären  könnte,  wie  einige 
Individuen,  welche  gewohnheitsmäßig  Kloakenluft  einatmen,  sich 
schließlich  daran  gewöhnen  und  nicht  von  Eingeweideinfektionen 
betroffen  werden. 

Man  suchte  die  Einzelwirkung  der  verschiedenen  Gase,  welche 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  229 


sich  bei  den  Fäulnisprozessen  erzeugen,  zu  studieren,  um  zu  sehen, 
ob  eines  von  ihnen  für  sich  allein  fähig  wäre,  einen  prädisponierenden 
Einfluß  auf  den  Organismus  auszuüben.  Die  gebrauchten  Substanzen 
waren  Skatol,  Ammoniak,  Schwefelwasserstoff,  Kohlenwasserstoffsäure, 
Kohlenoxyd,  Schwefelammonium. 

Man  ließ  die  Tiere  die  Gase  einatmen  innerhalb  einer  großen 
Glasglocke,  welche  derart  geschlossen  war,  daß  auch  der  Luftwechsel 
möglich  war,  und  man  injizierte  ihnen  die  Typhusbacillen  in  der- 
selben Art,  wie  bei  den  anderen  Experimenten.  — Das  Resultat  war 
beständig  negativ.  Die  genannten  Gase  und  Dämpfe  also,  isoliert 
eingenommen,  prädisponieren  die  Tiere  nicht  für  die  typhöse  Infek- 
tion. Dasselbe  gilt  für  einige  Mischungen  derselben  Substanzen. 
Würde  die  Prädisposition  für  die  typhöse  Infektion  von  den  Tieren 
nach  der  Einatmung  der  Fäulnisausdünstungen  erworben,  so  ist  sie 
anderen  Substanzen  zuzuschreiben,  welche  sich  unseren  gegenwärtigen 
Isolierungsmethoden  entziehen.  Autoreferat. 


Aus  dem  Hygienischen  Institute  der  kgl.  Universität  zu  Rom. 

(Direktor  Prof.  Dr.  Celli.) 

Ueber  die  Enzyme. 

Vergleichende  Studien 

von 

Claudio  Fermi  und  Leone  Pernossi. 

Einleitung. 

Obwohl  man  die  Enzyme  vielfach  studierte,  blieb  dessenungeachtet 
noch  sehr  viel  bezüglich  der  Eigentümlichkeiten  derselben  zu  thun,  und 
sodann  geradezu  alles,  um  über  ihre  chemische  Natur  ins  Klare  zu  kommen. 

Da  wir  jedoch  glaubten,  diesem  letzteren  Probleme  besser,  als 
auf  direktem  chemischen  Wege,  durch  das  Studium  der  Eigentümlich- 
keiten der  Enzyme  begegnen  zu  können,  so  wird  sich  die  vorliegende 
Arbeit  eigens  mit  diesem  Studium  befassen. 

Die  vollständige  Arbeit  wird  in  Bälde  erscheinen.  Wir  geben 
hier  daher  nur  die 

Zusammenfassung  der  erlangten  Resultate. 

I.  Wirkung  der  Temperatur. 

1)  Das  Trypsin,  x/2  Stunde  lang  bei  130°  C erwärmt,  verliert 
ca.  1/3  seiner  Wirksamkeit.  Erwärmt  bei  140°  C,  verliert  es  ca.  die 
Hälfte,  bei  155°  C 5/6  derselben  und  wird  bei  160°  C völlig  zerstört. 

2)  Pepsin  und  Trypsin  unter  den  oben  dargelegten  Bedingungen 
widerstanden  bei  80°  C für  1 Stunde  in  Chloroform,  in  Amylalkohol 
und  in  Benzol  und  wurden  beide  zerstört  in  Aether.  Nur  in  Amyl- 
alkohol widerstanden  die  beiden  für  dieselbe  Zeit  auch  bei  100°  C. 

II.  A.  Wirkung  des  Sonnenlichtes  auf  Trypsin  und 
Pepsin  in  Gegenwart  verschiedener  Säuren 
und  einiger  Salze. 

1)  Sowohl  das  Trypsin  wie  das  Pepsin,  sei  es  in  Gegenwart  von 

Bd.  XV.  lg 


230  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologiscben  Instituten  etc. 


Säuren  oder  Salzen,  wie  von  einfachem  Wasser,  werden  viel  mehr 
abgeschwächt,  wenn  sie  dem  Sonnenlichte  ausgesetzt,  als  wenn  sie 
im  Dunkeln  gehalten  werden. 

Die  Abschwächung  ist  größer  bei  der  Sounenlichttemperatur  von 
44 — 56°  C,  als  bei  der  von  37 — 47°  C.  Auch  bei  den  im  Dunkeln 
gehaltenen  Proben  ist  die  Abschwächung  bei  der  Temperatur  von 
40 — 42°  C größer,  als  bei  der  von  25 — 28°  C. 

2)  Die  Abschwächung  des  Trypsins  ist  größer  in  Gegenwart  von 
Säuren,  als  in  der  von  kohlensaurem  Natron  und  Chlornatrium. 

3)  Unter  den  Säuren  üben  Chlorwasserstoff-,  Phosphor-,  Milch-, 
Oxal-  und  Weinsäure  eine  viel  abschwächendere  Wirkung  auf  das 
Trypsin  aus,  als  es  Propion-,  Essig-,  Butter-  und  besonders  Baldrian- 
säure thun. 

4)  Von  den  Salzen  bewahrt  Chlornatrium  besser  die  Wirksamkeit 
des  Trypsins,  als  kohleusaures  Natron. 

5)  In  Wasser  schwächt  sich  das  Trypsin  viel  mehr  ab,  als  in 
Gegenwart  der  beiden  obengenannten  Salze  und  sogar  auch  der 
Butter-  und  Baldriausäure. 

6)  Das  Pepsin  verliert  viel  schneller  seine  proteolytische  Kraft 
über  die  Gelatine  und  über  das  Fibrin,  wenn  es  der  Chlorwasserstoff- 
säure und  vielleicht  auch  der  Baldriansäure  ausgesetzt,  als  wenn  es 
der  Phosphor-,  Wein-,  Milch-  und  Essigsäure  ausgesetzt  ist. 

7)  Das  Pepsin,  der  Oxalsäure  ausgesetzt  und  in  Gegenwart  der- 
selben, entwickelte  eine  größere  verflüssigende  Energie  auf  die  Gela- 
tine, als  wenn  es  anderen  Säuren  ausgesetzt  wurde  oder  sich  in 
Gegenwart  derselben  befand.  Das  Gegenteil  geschah  bei  seiner 
Wirkung  auf  Fibrin,  wo  es  dasselbe  in  Gegenwart  jener  Säure  fast 
gar  nicht  löste. 

8)  Während  das  Pepsin,  wenn  es  der  Chlorwasserstoff-,  der 
Propion-,  der  Butter-  und  Baldriausäure  ausgesetzt  wird,  sich  un- 
wirksam auf  die  Gelatine  erweist,  bewahrt  es  statt  dessen  noch  seine 
Wirksamkeit  auf  das  Fibrin , auch  wenn  es  direktem  Sonnenlichte 
ausgesetzt  wird. 

ß.  Wirkung  des  Sonnenlichtes  auf  die  Enzyme 
im  Zustande  völliger  Trockenheit. 

1)  Das  Pepsin,  Ptyalin,  die  Diastase  und  das  Emulsin,  im  Zu- 
stande völliger  Trockenheit  dem  Sonnenlichte  ausgesetzt,  erhalten 
ihre  Wirksamkeit  unverändert  auch  für  3 Monate.  Das  Trypsin  hin- 
gegen bewies  sich  etwas  geschwächt. 

2)  Die  obengenannten  Enzyme,  im  Zustande  völliger  Trocken- 
heit direktem  Sonnenlichte  ausgesetzt,  bewahren  in  Chloroform,  in 
Aether,  Amylalkohol  und  in  Benzol  ihre  Wirksamkeit  auch  über 
200  Stunden. 

3)  Die  proteolytischen  Euzyme  der  Bakterien  in  Lösung,  aus- 
gesetzt für  200  Stunden  direktem  Sonnenlichte,  werden  zerstört  oder 
um  vieles  geschwächt. 

Das  Ferment  des  Bac.  prodigiosus  und  jenes  des  Bac. 
Kiel  sind  die  empfindlichsten,  jenes  des  Bac.  indicus  und  der 
Staphylokokken  sind  die  resistentesten. 


Original-ßeferate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  231 


III.  Wirkung  der  Gase. 

1)  Das  Pepsin,  Ptyalin,  die  Diastase  und  das  Emulsin  in  Lösung, 
ausgesetzt  für  15  Stunden  der  Wirkung  eines  Schwefelwasserstoff- 
stromes, bewahren  beinahe  unverändert  ihre  Wirksamkeit.  Etwas 
abgeschwächt  hingegen  beweist  sich  das  Trypsin. 

2)  Von  den  bakterischen  Enzymen  bewiesen  sich  am  empfind- 
lichsten jene  des  Bac.  prodigiosus,  des  Proteus  vulgaris 
und  des  Bac.  indicus,  welche  völlig  ihre  Wirksamkeit  verloren. 

Dagegen  sind  resistenter:  Das  Enzym  des  Bac.  pyocyaneus, 
des  Tetanusbacillus,  des  Milzbrandbacillus,  des  Vibrio 
Metschnikowi  und  des  Vibrio  Miller. 

Die  Enzyme  des  Vibrio  Metschnikowi  und  des  Vibrio 
Miller  sind  resistenter,  als  jene  des  Vibrio  Finkler-Prior 
und  jene  des  Choleravibrio. 

3)  Das  proteolytische  Enzym  des  Vibrio  der  Cholera  Massaua, 
des  Bac.  Miller  und  jenes  des  Vibrio  Deneke  ertrugen,  fast 
ohne  sich  zu  verändern,  einen  auf  15  Stunden  verlängerten  Strom 
von  kohlensaurem  Gase. 

IV.  Wirkung  verschiedener  chemischer  Substanzen 
auf  Pepsin  und  Trypsin. 

1)  Es  zerstörten  das  Trypsin  völlig  in  48  Stunden  die  folgenden 
Substanzen : 

{Phosphorsäure  5 Proz., 

Chromsäure  5 Proz., 

Pikrinsäure, 

Phosphorwolframsäure, 

Salicylsäure. 


Salze 


Sublimat  2,5  Proz., 

Zinkchlorür  5 Proz., 
Kadmiumchlorür  5 Proz., 
Kupfersulfat  5 Proz., 

Zinksulfat  10  Proz., 
Aluminiumsulfat  10  Proz., 
Silbernitrat, 

Wismutnitrat, 

Hypermangansaures  Kali  5 Proz. 


f Jod  (alkohol.  Lös.)  5 Proz., 

{ Barythydrat. 

(Aseptol  10  Proz., 

Kresilol  5 Proz., 

* Lysol  5 Proz., 
j Kresol  5 Proz., 

I Karbolsäure  (alkohol.  Lös.)  5 Proz. 

2)  Alkohol  und  Calciumchlorür  würden  eine  erhaltende  Wirkung 
auf  das  Trypsin  ausüben. 

3)  Das  Trypsin  schlugen  nieder  die  folgenden  Substanzen: 
Alkohol, 

Chromsäure, 

Pikrinsäure, 

15* 


232  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Phosphormolybdänsäure, 

Phosphorwolframsäure  (stark), 

Tanninsäure, 

Sublimat  (stark), 

Kobaltchlorür, 

Kadmiumchlorür  (schwach), 

Eisenchlorür  (schwach), 

Bleiacetat  (stark), 

Kupfersulfat, 

Kupferacetat  (stark), 

Silbernitrat, 

Wismutnitrat  (schwach), 

Eisencyansaures  Kali, 

Jod, 

Jodkali  (schwach). 

4)  Es  machten  die  Gelatine  unflüssigbar  durch  die  Enzyme  die 
folgenden  Substanzen: 

Phosphorwolframsäure, 

Tanniusäure, 

Sublimat, 

Zinkchlorür, 

Kadmiumchlorür, 

Eisenchlorür, 

Bleiacetat, 

Kupferacetat, 

Kupfersulfat, 

Zinksulfat, 

Aluminiumsulfat, 

Wismutnitrat, 

Hypermangansaures  Kali, 

Barythydrat,  Kalkwasser  und^ besonders  Kalichromat  und 
Aetzkali  würden  die  Gelatine  leichter  flüssig  machen. 

5)  Es  zerstörten  das  Pepsin  völlig  in  48  Stuudeu  die  folgenden 
Substanzen : 

Chromsäure, 

Pikrinsäure, 

Kalichromat,  » 

Eisencyansaures  Kali, 

Barythydrat. 

Es  schwächten  das  Pepsin: 

Kobaltchlorür, 

Kadmiumchlorür, 

Phosphorwolframsäure, 

Bleiacetat, 

Kupferacetat, 

Wismutnitrat, 

Jod  (alkohol.  Lös.) 

Aseptol, 

Kresylol, 

Kreolin. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  233 


Es  verminderten  die  Lösbarkeit  des  Fibrins  die  folgenden  Sub- 
stanzen : 

Chromsäure  (1  : 4000), 

Pikrinsäure  (1  : 100), 

Phosphorwolframsäure  (2  : 100), 

Kobaltchlorür  (2  : 100), 

Kadmiumchlorür  (2  : 100), 

Bleiacetat  (2  : 100), 

Kupferacetat  (1  : 100), 

Wismutnitrat, 

Eisen  cyansau  res  Kali  (1  : 400), 

Aseptol  (1  : 200), 

Kresylol  (1  : 200), 

Kreolin  (1  : 100). 

Keine  der  verschiedenen  geprüften  Substanzen,  mit  Ausnahme 
vielleicht  der  alkoholischen  Jodlösung,  schlug  das  Pepsin  nieder. 

Die  Zerstörung  des  Pepsins  von  seiten  der  verschiedenen 
chemischen  Agentien  geschah  ohne  Niederschlagung  derselben.  Das 
Pepton  konnte  man  nur  nachweisen  in  jenen  Fällen,  in  welchen  man 
das  Fibrin  gelöst  hatte. 

6)  Sowohl  das  Pepsin,  wie  auch  das  Trypsin  ertragen  die  Wirkung 
des  kohlensauren  Natrons  zu  30  Proz.  auch  über  5 Tage  hinaus,  ohne 
ihre  Wirksamkeit  zu  verlieren. 

Das  Trypsin,  für  24  Stunden  in  einer  gesättigten  Lösung  von 
kohlensaurem  Natron  gehalten,  würde  circa  4/5  seiner  Wirksamkeit 
verlieren. 

Die  beiden  obengenannten  Enzyme  werden  zerstört  von  Kali  und 
Aetzkali  schon  in  der  Konzentration  von  1 Proz.  in  24  Stunden  und 
widerstehen  hingegen  für  verschiedene  Tage  jener  von  0,25  Proz. 

Das  Pepsin  ist  daher  gegen  die  Alkalien  nicht  viel  empfindlicher, 
als  das  Trypsin. 

V.  Verhalten  der  Enzyme  gegen  das  Porzellan- 
filter. 

1)  Das  Trypsin  wird  von  dem  Porzellanfilter  aufgehalten. 

Eine  Trypsinlösung  von  1 : 200  verliert  circa  die  Hälfte  ihrer 
Wirksamkeit.  Das  Trypsin  wird  auch  aufgehalten,  wenn  die  Lösung 
vollkommen  ist  und  keine  ungelösten  Teilchen  des  genannten  Enzyms 
mehr  enthält. 

Nach  wiederholter  Filtrierung  derselben  Lösungen  gelangte  man 
nach  5 oder  6 Malen  an  einen  Punkt,  wo  das  ganze  Trypsin  von 
dem  Filter  aufgehalten  wurde. 

2)  Das  Pepsin  passiert  viel  leichter  als  die  andern  Enzyme  das 
Porzellanfilter. 

VI.  Verhalten  der  Enzyme  gegen  die  Tiermem- 
branen. 

1)  Das  Pepsin,  sei  es  in  einfacher  wässeriger  Lösung,  wie  in 
Gegenwart  von  Säuren,  Chlornatrium  und  Glycerin  — Substanzen, 
von  denen  die  beiden  letzten  die  Dialyse  erleichtern  — passiert  nicht 
durch  gutes  und  dickes  Pergament,  während  es  in  allen  Fällen  durch 
Papier  de  la  Rue  passiert. 


234  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Die  mit  Bleiacetat  und  mit  Tanninacetat  behandelte  Lösung  hält 
auch  vor  dieser  letzten  Membran  an. 

2)  Das  Trypsin  verhielt  sich  ungefähr  wie  das  Pepsiu;  auch  es 
passiert  nur  das  Papier  de  la  Rue. 

Chlornatrium  und  Glycerin  erleichtern  die  Dialyse  desselben. 

3)  Die  beiden  obengenannten  Enzyme  verhalten  sich  zur  Dialyse 
wie  die  anderen  Albuminoidsubstanzen  und  das  Peptou. 

VII.  Wechselwirkung  der  proteolitischen  Enzyme 
auf  einander. 

1)  Das  Pepsin  löst  und  peptonisiert  das  Fibrin  in  Gegenwart 
von  Ameisen-,  Apfel-,  Milch-,  Oxal-,  Wein-,  Essigsäure  und  auch,  ob- 
wohl mit  geringerer  Leichtigkeit,  in  Gegenwart  von  Propionsäure. 
Mit  Butter-,  Baldrian-,  Bernstein-  und  Borsäure  hingegen  bleibt  es 
fast  völlig  unwirksam. 

2)  Das  Pepsin  übt  keine  nachweisbare  Wirkung  auf  das  Tryp- 
sin aus. 

VIII.  Schicksal  der  Enzyme  im  Organismus. 

1)  Das  Trypsin  findet  sich  nicht  weder  in  dem  Urin  des  Menschen, 
noch  der  Pflanzenfresser,  weder  bei  gesunden,  noch  bei  kranken 
Nieren. 

2)  Der  Urin  zerstört  nicht  das  Trypsin. 

3)  Das  Trypsin,  subkutan  injiziert,  ist  nach  15  Minuten  noch  in 
den  Luugen,  im  Herzen,  in  der  Leber,  in  der  Milz,  in  den  Nieren 
und  in  den  Muskeln  nachweisbar,  nach  einer  Stunde  aber  und  sogar 
früher  nicht  mehr. 

4)  Das  Trypsin  mit  der  Milz,  mit  der  Leber,  mit  den  Nieren, 
mit  den  Muskeln,  fein  gehackt,  vermischt,  ist  nach  einiger  Zeit  nicht 
mehr  nachweisbar.  Dies  ist  nicht  der  Fall,  wenn  diese  Präparate 
vorher  gekocht  worden  sind. 

5)  Der  Versuch,  das  Trypsin  von  den  genannten  Organen  zu 
isolieren,  gab  ein  negatives  Resultat. 

6)  Das  Trypsin  und  das  Pepsin,  injiziert  in  starker  Dosis  (2 — 5 g), 
gehen,  wenn  auch  in  Spuren,  sicher  in  den  Urin  über.  Dasselbe  ge- 
schieht bei  der  Diastase,  bei  Ptyalin  und  Emulsin. 

IX.  Giftigkeit  der  Enzyme. 

1)  Die  Enzyme,  gegen  die  Meinung  von  Bechamp,  Baltus, 
Nencki,  Sahli,  Bergmann,  Angerer,  Hildebrand  u.  s.  w., 
sind  ungiftig,  auch  wenn  sie  in  großer  Quantität  zu  2 g täglich  für 
eine  Woche  subkutan  injiziert  worden. 

2)  Die  von  den  genannten  Autoren  behauptete  Giftigkeit  der 

Enzyme  ist  den  Mikroben,  die  in  den  Fermentpräparaten  reichlich 
enthalten  waren,  zuzuschreiben.  Autoreferat. 


Bakterien  in  Milch  und  Wasser. 


235 


Referate. 

Montefusco,  II  latte  in  Napoli.  (Anoali  dell’  Istituto  d’Igiene 
della  R.  Universitä  di  Roma.  Yol.  III.) 

Bericht  über  die  Beschaffenheit  der  Milch  in  Neapel,  aus  dem 
die  Beschreibung  der  Art  und  Weise,  wie  die  Milch  in  die  Häuser 
geliefert  wird,  interessant  ist.  Die  Kühe  und  Ziegen^werden  morgens 
und  abends  durch  die  Straßen  getrieben  und  direkt  in  die.Gefäße  der 
Abnehmer  gemolken.  Auf  diese  Weise  werden  Milchpanschereien  aus- 
geschlossen und  die  Bakterienzahl  der  so  bezogenen  Milch;,  war  natür- 
lich geringer,  als  die  Zahl  der  aus  einer  Molkerei  entnommenen. 
Doch  stieg  die  Bakterienzahl  bei  der  im  Hause  aufbewahrten,  dort 
gemolkenen  Milch  in  wenigen  Stunden  ebenso  hoch,  wie  die  der 
Molkereimilch  war.  Abel  (Greifswald). 

Blachstein,  Contribution  ä l’ötude  microbique  de  l’eau. 
(Annales  de  l’Institut  Pasteur.  1893.  Oct.  p.  689.) 

Bl.  ersetzte  bei  seinen  Wasseruntersuchungen  die  gewöhnliche 
quantitative  und  qualitative  Bacillenuntersuchung  durch  eine  mehr 
biologische,  indem  er  die  Wirkung  des  betreffenden  Wassers  auf  Tiere 
studierte.  Er  fand  dabei,  daß  im  allgemeinen  hygienisch  gutes 
Wasser  unschädlich  für  Tiere  war,  schlechtes  dagegen  pathogen. 
Wasser,  welches  8 Tage  dem  Lichte  ausgesetzt  wurde,  ging  fast 
immer  seiner  pathogenen  Eigenschaften  verlustig,  trotzdem  sich  noch 
eine  große  Menge  Bacillen  darin  nachweisen  ließ;  bemerkenswert  war 
jedoch,  daß  unter  diesen  sich  kommaförmige  Arten,  die  in  pathogenem 
Wasser  sehr  zahlreich  waren,  nur  selten  fanden.  Es  gelang  Bl., 
einen  Kommabacillus  zu  isolieren,  der  dem  Cholerabacillus 
in  manchen  Beziehungen  ähnlich  war,  sich  aber  durch  die  feinere 
Granulierung  und  das  opakere  Aussehen  seiner  Kulturen  scharf  von 
jenem  trennen  ließ,  — dagegen  zeigte  er  die  größte  Uebereinstimmung 
mit  dem  Cholera vi  brio  von  Netter.  — Das  Seinewasser,  welches 
direkt  unterhalb  von  Paris  stark  pathogene  Eigenschaften  zeigte,  ver- 
lor dieselben  nach  Bl.’s  Untersuchungen  zwischen  Billancourt  und 
St.  Cloud,  wohin  Bl.  daher  den  Punkt  der  vollendeten  Seinereinigung 
legt.  W.  P et  er  sen  (Zürich). 

Edel,  Untersuchungen  über  den  Bakteriengehalt  des 
Badewassers.  (Archiv  f.  Hygiene.  Bd.  XXIX.  1893.  No.  3.) 

Edel  stellte  Untersuchungen  darüber  an,  den  Grad  der  Verun- 
reinigung des  Badewassers  durch  das  Baden  in  bakteriologischer 
Hinsicht  festzustellen.  Es  geht  daraus  hervor,  daß  durch  das  Baden 
in  größeren  Schwimmbassins  eine  recht  erhebliche  Keimvermeh- 
rung  erfolgen  kann.  Dieselbe  rührt  nicht  allein  von  den  dem  Körper 
anhaftenden  Keimen  her;  vielmehr  ist  der  in  das  Bassin  fallende 
Staub,  die  Bakterien  der  Badekleidung,  der  Staub  an  den  Füßen  und 
der  beim  Auskleiden  sich  entwickelnde  Staub  zu  berücksichtigen; 
ferner  werden  durch  das  Schwimmen  am  Boden  und  den  Wänden 


236 


Typhus. 


haftende  Bakterien  freigemacht,  welche  zur  Verunreinigung  beitragen. 
Nach  dem  Baden  in  gut  gereinigten  Wannen  ist  aus  den  letzteren 
Gründen  deshalb  der  Keimgehalt  ein  geringerer. 

Was  die  Badeschwämme  anbetrifft,  so  enthalten  dieselben 
Substanzen,  welche  imstande  sind,  einer  stärkeren  Vermehrung  der 
Keime  Vorschub  zu  leisten.  Wahrscheinlich  sind  dies  geringe  Mengen 
organischer  Substanz.  Die  Zahl  der  Bakterien  im  Wasser  steigt  ja 
stets  mit  der  Zunahme  der  organischen  Substanz.  Gebrauchte 
Schwämme  soll  man  deshalb  stets  ausdrücken,  damit  die  desinfizie- 
rende Wirkung  der  Austrocknung  in  Kraft  tritt. 

Kurt  Müller  (Halle). 

Loewy,  Die  Typhusepidemie  in  Fünfkirchen,  verursacht 
durch  Infektion  der  Wasserleitung.  (Klin.  Zeit-  und 
Streitfragen.  Bd.  VII.  Heft  9.)  Wien  (A.  Holder)  1893. 

In  Fünfkirchen  herrschte  vom  1.  November  1890  bis  31.  März 
1891  eine  hochgradige  Typhusepidemie;  es  erkrankten  1220  Personen, 
davon  ziemlich  die  Hälfte  Männer  und  Frauen  bei  einer  Einwohner- 
zahl von  35000;  es  erkrankten  somit  3,5  Proz  der  Einwohner.  Die 
Epidemie  bot  zwei  heftige  Ausbrüche,  von  denen  der  eine  in  den 
Anfang  November,  der  andere  Ende  Februar  fällt.  Sehr  interessant 
ist  die  Darstellung  des  Verf.’s  über  die  Entstehung  dieser  beiden 
umfänglichen  Massenerkrankungen  bez.  der  ganzen  Epidemie.  Die 
Stadt  Fünfkirchen  wird  zum  größten  Teile  durch  eine  Leitung  aus 
mehreren  Quellen  versorgt.  Im  Sommer  1890  herrschte  anhaltende 
hohe  Hitze  und  Trockenheit;  am  18.  Oktober  war  starker  Gewitter- 
regen, gegen  Ende  des  Monats  4 Tage  und  Nächte  andauerndes 
Regenwetter.  Nach  jedem  Regenwetter  nahmen  die  Wassermengen 
der  Quellen  in  enormer  Menge  zu,  von  2000  bis  15000,  ja  20000  cbm. 
Diese  Wassermassen  überschwemmten  ein  kleines  Thal  und  in  dem- 
selben Senkgruben  und  Aborte,  u.  a.  auch  solche,  in  welche  Dejekte 
von  Typhuskranken,  die  im  Laufe  des  Sommers  vereinzelt  in  Be- 
handlung kamen,  gelangt  waren,  und  ergossen  sich  zum  Teil  durch 
durchlässiges  Erdreich  in  die  Bischofsquelle.  In  dieser  gelang  es 
dem  Verf.,  Typhusbacillen  durch  Kultur  nachzuweisen,  deren  Echtheit 
durch  Prof.  Loeffler  anerkannt  wurde.  Die  ersten  Fälle  in  größerer 
Zahl  traten  in  der  Nähe  dieser  Quelle  und  am  Endpunkte  der 
Wasserleitung  auf.  Unter  den  Erkrankten  herrschten  anfangs  vor 
Kinder  und  Frauen,  weil  diese  nach  Ansicht  L.’s  mehr  Wasser  trinken, 
als  die  Männer.  Der  behördlichen  Warnung,  das  Wasser  ungekocht 
zu  genießen  und  zu  gebrauchen,  war  ein  rasches  Nachlassen  der 
Epidemie  Ende  November  zu  danken.  Die  Bevölkerung  ließ  jedoch, 
trotzdem  im  Januar  täglich  noch  2 — 3 Erkrankungen  vorkamen,  die 
Vorsichtsmaßregeln  bald  außer  acht.  Da  mit  einemmal  erfolgte  am 
17.  Februar  ein  neuer  heftiger  Ausbruch  der  Epidemie,  welche,  wie 
Verf.  später  ermittelte,  dadurch  veranlaßt  wurde,  daß,  als  infolge 
des  lange  anhaltenden  harten  Winters  großer  Wassermangel  in  der 
Wasserleitung  eintrat,  der  Brunnenmeister,  um  dem  erwähnten  Uebel- 
stande  abzuhelfen,  das  Wasser  der  bisher  ausgeschalteten  Bischofs- 
quelle, in  welcher  im  November  die  Typhusbacillen  nachgewiesen 


Typhus. 


237 


worden  waren,  der  Wasserleitung  wieder  zufließen  ließ.  Dies  geschah 
gegen  Mitte  Februar.  Mit  erneutem  Schließen  der  Bischofsquelle 
hörte  die  Epidemie  im  wesentlichen  auf;  vom  27.  März  an  kamen 
nur  noch  vereinzelte  Typhuserkrankungen  vor.  Nach  Ausbruch  der 
zweiten  Epidemie  konnten  in  der  Bischofsquelle  Typhusbacillen 
nicht  nachgewiesen  werden.  Erklären  die  plötzliche  Ausbreitung 
im  Beginne  der  Epidemie,  vornehmlich  in  der  Nähe  der  genannten 
Wasserleitung,  das  Freibleiben  von  Bewohnern  anderer  Stadtteile, 
welche  ihr  Wasser  aus  Pumpbrunnen  bezogen,  ebenso  das  Freibleiben 
der  2000  Mann  starken  Garnison,  des  bischöflichen  Seminars  und 
Gefangenenhauses  von  je  200  Einwohnern  die  Epidemie  nur  dann  un- 
gezwungen, wenn  man  eine  Wasserleitungsepidemie  annimmt,  so  wird 
durch  die  Auffindung  des  Typhusbacillus  in  der  Bischofsquelle, 
durch  das  nachgewiesene  Hineingelangen  von  Inhalt  von  Aborten,  in 
welchen  Typhusstühle  deponiert  worden  waren,  in  die  genannte 
Quelle  und  durch  den  unverkennbaren  Zusammenhang  zwischen  Oeff- 
nung  und  Schließung  der  Bischofsquelle  mit  dem  An-  und  Abschwellen 
der  Epidemie  der  sichere  Beweis  erbracht,  daß  die  Typhusepidemie 
in  Fünfkirchen  durch  Infektion  der  Wasserleitung  bedingt  war. 

(Eine  ganz  ähnliche  Entstehung  hatte  eine  von  Ramdohr 
beschriebene  Typhusepidemie  im  1.  Kgl.  Sächs.  Ulanenregiment  No.  17 
zu  Oschatz  im  Herbste  1882  (Ramdohr,  Die  Typhusepidemie  im 
1.  Kgl.  Sächs.  Ulanenregiment  No.  17.  Leipzig  1884).  Die  infolge 
großer  Trockenheit  auftretende  Unergiebigkeit  des  Kasernenbrunnens 
veranlaßte  einen  untergeordneten  Beamten,  dadurch  Abhilfe  zu  schaffen, 
daß  er  aus  dem  nahe  an  der  Kaserne  vorbeifließenden  Bache  durch 
ein  Rohr  Wasser  in  den  Brunnenschacht  leitete.  Dies  Rohr  mündete 
unter  der  Bachsohle  und  war  nur  mit  einer  Schicht  groben  Kieses 
überschichtet,  welche  filtrierend  wirken  sollte.  In  dem  nächsten, 
oberhalb  der  Kaserne  am  Bache  gelegenen  Hause  kamen  einige 
Typhuserkrankungen  vor.  Die  Stühle  der  Typhuskranken  wurden  in 
den  Bach  gegossen  und  gelangten  so  in  den  Kasernenbrunnen,  dessen 
Benutzung  alsbald  eine  heftige  Epidemie  der  Kaserneneinwohner 
hervorrief.  Ein  Nachweis  des  Typhusbacillus  wurde  im  Herbste 
1882  nicht  versucht;  unter  Berücksichtigung  aller  Verhältnisse  aber 
erschien  die  oben  angegebene  Aetiologie  der  Epidemie  die  einzig 
mögliche.)  Schill  (Dresden). 

Klemm,  Die  Knochenerkrankungen  im  Typhus.  (Archiv 
für  klinische  Chirurgie.  Bd.  XLVI.  1893.  No.  4.) 

Knochenerkrankungen  im  Gefolge  von  Typhus  sind  nicht 
so  seltene  Komplikationen  dieser  Krankheit.  Bei  einem  bereits  in 
der  Rekonvalescenz  befindlichen  Kranken  pflegt  unter  Temperatur- 
steigerung und  heftigen  Schmerzen  eine  Schwellung  an 
einem  Knochen  aufzutreten.  Besonders  gern  werden  Extremitäten- 
knochen und  die  Uebergangsstellen  der  knöchernen  in  die  knorpeligen 
Rippen  befallen,  doch  sind  auch  andere  Skeletteile  nicht  immun.  Die 
Schwellung  ist  meist  nicht  sehr  bedeutend  und  geht  später  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  unter  Zurücklassung  einer  harten  Knochenauf- 
treibung zurück.  Diese  Knochenprozesse  können  solitär  und  multipel 


238 


Typhus. 


auftreten.  Statt  dieser  periostischen  Auflagerung,  welche  in  den 
meisten  Fällen  zurückbleibt,  kann  auch  eine  Verkäsung  oder  eine 
Verflüssigung  der  primären  Schwellung  eintreten.  Man  findet 
dann  das  Periost  oft  in  weiter  Ausdehnung  durch  ein  mehr  oder 
weniger  ausgedehntes  Exsudat  von  eigentümlicher  Beschaffenheit  ab- 
gehoben und  den  Knochen  meist  nur  cirkumskript  angegriffen. 

Verf.  spricht  sich  im  folgenden  dann  weiter  über  die  Qualität 
dieser  Exsudatbildungen  aus  und  versucht  die  Frage  zu  beantworten, 
ob  diese  Exsudate  als  Produkte  seröser  oder  eiteriger  Entzün- 
dung, oder  als  solche  der  regressiven  Metamorphose  aufzu- 
fassen sind.  Er  kommt  zu  dem  Schlüsse,  daß  in  den  Fällen  korti- 
kaler Osteomyelitis,  in  denen  nicht  Resorption  eintritt,  sondern 
Fistelbildung  und  Exsudation  beobachtet  wurden,  wir  es  mit  den 
Folgen  regressiver  Metamorphose  zu  thun  haben,  der  die  in  der 
Corticalis  des  Knochens  abgesetzten  und  gewucherten  Massen  ver- 
fallen. Die  Typhuspilze  sind  Organismen,  denen  hauptsächlich  eine 
nekrotisierende  Wirkung  zukommt. 

Die  nicht  zu  leugnende  Beobachtung,  daß  bei  Typhuskranken 
oftmals  Eiterungen  auftreten,  glaubt  Verf.  dahin  deuten  zu  dürfen, 
daß  es  sich  in  diesen  Fällen  um  Mischinfektionen  mit  Eiter- 
erregern handelt,  wie  es  auch  bakteriologisch  schon  nachgewiesen  ist, 
indem  Anton  und  Fütterer  in  einem  Parotisabsceß  bei  Typhus 
neben  den  Typhusbacillen  Staphylokokken  fanden.  Für  die  Typhus- 
osteomyelitis fehlte  bisher  der  Nachweis  beider  Keiraarten.  Verf. 
füllt  diese  Lücke  durch  Beobachtung  eines  diesbezüglichen  Falles  bei 
einem  39-jährigen  Manne  aus.  In  dem  subperiostalen  Abscesse  so- 
wohl, als  im  Mark  fanden  sich  nebenein  mder  der  St  aphylococcus 
pyogenes  aureus  und  der  Typhusbacillus. 

Verf.  sucht  dann  weiterhin  die  Frage  nach  der  Mischinfektion 
experimentell  zu  erklären,  indem  er  versucht,  durch  vorhergehende 
Durchseuchung  des  Tierkörpers  mit  Typhusbacillen  den  Boden  für  die 
\nsiedelung  der  Eiterpilze  günstig  zu  gestalten. 

Zur  Kontrolle  injizierte  er  zunächst  Tieren  (Kaninchen)  Typhus- 
kulturaufschwemmung in  die  Blutbahn  und  konstatiert,  daß 

1)  bei  Injektion  einer  solchen  Aufschwemmung  in  die  Blutbahn 
eine  Alteration  des  Befindens  des  Tieres  eintritt,  die  sich  bis  zum 
Tode  steigern  kann ; 

2)  daß  eine  Vermehrung  der  eingeführten  Keime  im  Knochen- 
marke stattfinden  kann; 

3)  daß  in  anderen  Fällen  die  Mikroben  dagegen  absterben ; 

4)  daß  nie  Eiterbildung  eintritt  und 

5)  daß  das  Mark  oft  gewisse  Veränderungen  zeigt,  die  sich  in 
Erweichung  und  bräunlich-roter  Verfärbung  äußern. 

Nachdem  so  die  Vorfrage  entschieden  war,  wurden  nach’vorher- 
gegangener  Typhusdurchseuchung  des  Körpers  virulente  Staphylo- 
kokkenkulturen (aureus)  injiziert.  Es  bekamen  jetzt  von  1 1 Versuchs- 
tieren 4 eine  eiterige  Osteomyelitis,  eins  davon  mit  Epiphysenlösung. 
In  den  Exsudaten  konnte  kulturell  stets  nur  der  Staphylococcus 
pyogenes  aureus  nachgewiesen  werden.  Aus  seinen  Versuchen 


Typhus. 


239 


glaubt  Kl.  auf  eine  Prädisponierung  der  Versuchstiere  für  die  Eiterung 
durch  die  Typhusinjektion  schließen  zu  dürfen. 

Zum  Schlüsse  stellt  er  folgende  Typen  der  Knochenerkrankung 
im  Typhus  auf: 

I.  Spezifisch  typhöse  Knochenerkrankung: 

1)  Kortikale  Osteomyelitis  mit  Neigung  zu  spontaner  Re- 
sorption. 

2)  Kortikale  Osteomyelitis  mit  Neigung  zu  Verkäsung. 

3)  Kortikale  Osteomyelitis  mit  Neigung  zu  Verflüssigung,  die 
jedoch  in  keiner  Weise  mit  Eiterung  konfundiert  werden  darf. 

4)  Centrale  Osteomyelitis  mit  Ausgang  in  Sequesterbildung. 

II  Eiterung  des  Knochenmarkes  im  Sinne  der  gewöhnlichen  in- 
fektiösen Osteomyelitis,  als  Ausdruck  einer  Mischinfektion  durch 

Ansiedelung  zweier  Mikrobenspecies  im  Knochenmarke. 

iVerf.  stellt  damit  in  seiner  Arbeit,  wie  es  auch  des  Referenten 
Ansicht  ist,  die  typischen,  osteomyelitischen  Erkrankungen,  welche  bei 
Typhus  Vorkommen,  als  eine  Sekundärinfektion,  d.  h.  eine  spezifische 
Infektion  mit  den  Osteomyelitiserregern,  den  Staphylokokken,  hin. 
Er  ist  jedoch  nicht  abgeneigt,  dem  Typhusbacillus  selbst  die 
Fähigkeit,  typische  Osteomyelitis  zu  erzeugen,  zuzusprechen.  Die 
letzte  Ansicht  steht  in  lebhaftem  Widerspruche  mit  seiner  eigenen, 
kurz  hinterher  verfochtenen  Anschauung,  wonach  dem  Typhus- 
bacillus eitererregende  Eigenschaften  nicht  zukommen.  Da  wir 
aber  unter  der  Osteomyelitis  acuta  einen  eiterigen  oder  in  selteneren 
Fällen  schweren  serös-entzündlichen  Vorgang  im  Knochenmarke  ver- 
stehen, so  würde  dem  Typhusbacillus,  der  phlogogene  oder 
pyogene  Fähigkeiten  nach  Ansicht  des  Verf.  nicht  besitzt,  die  Er- 
zeugung einer  typischen  Knochenmarkeiterung  gar  nicht  möglich 
sein.  Dieser  Widerspruch  ist  jedoch  leicht  zu  überbrücken.  Der  Fall, 
den  Verf.  p.  873  als  „echte  Osteomyelitis“,  erzeugt  einzig  durch 
Typhusbacillen,  ansieht,  kann  kaum  als  eine  solche  aufgefaßt  werden. 
Es  fehlte  jeder  Eiter,  vor  allem  aber  entzündliche  Erscheinungen,  welche 
man  bei  keiner  nekrotisierenden  Form  der  akuten  Osteomyelitis  ver- 
mißt; es  fehlte  jede  Temperaturdifferenz  zwischen  gesundem  und 
krankem  Gliede  und  jedeSpur  einer  Schmerzhaftigkeit;  auch  schei  it 
der  Patient  kein  Fieber  gehabt  zu  haben ; wenigstens  ist  nichts  da- 
von bemerkt.  Dies  alles  sind  Punkte  genug,  um  eine  typische,  in- 
fektiöse Osteomyelitis  auszuschließen.  Es  liegt  bei  diesem  Falle 
in  der  That  eine  bisher  in  dieser  Mächtigkeit  durch  die 
Typhusbacillen  noch  nicht  beobachtete  Nekrotisierung  des  Knochens 
vor.  Daß  aber  solche  Nekrosen  auf  Grund  mannigfaltiger  Ver- 
anlassungen Vorkommen,  das  zeigen  uns  die  Tuberkulose,  die  Lues 
und  die  Phosphornekrosen.  Wir  dürfen  deshalb  nicht  ohne  weiteres 
solche  Prozesse  unter  die  spezifisch  osteomyelitischen  rechnen.  Ref. 
möchte  also  auch  dieser  Beobachtung  gegenüber,  wie  er  es  schon 
mehrfach  gethan  hat,  betonen,  daß  kein  Grund  vorliegt,  von  der 
ätiologischen  Einheit  der  akuten  infektiösen  Osteomyelitis  abzuweichen, 
sie  ist  ein  spezifisches  Werk  der  Staphylokokken.] 

Kurt  Müller  (Halle). 


240 


Cholera. 


Sanarelli,  Les  vibrions  des  eaux  et  1’ Ätiologie  du  Cho- 
lera. (Annales  de  l’Institut  Pasteur.  1893.  Oct.  p.  693.) 

Die  Schlußfolgerungen  der  ausgedehnten  Untersuchungen  S.’s, 
betr.  deren  Einzelheiten  auf  das  Original  verwiesen  werden  muß, 
weichen  von  den  herrschenden  Anschauungen  in  manchen  Punkten 
stark  ah. 

1)  Die  einheitliche  morphologische  Auffassung  der  Cholera- 
vibrionon  muß  verlassen  werden ; es  giebt  verschiedene  morphologisch 
scharf  bestimmte  Varietäten  der  Vibrionen,  welche  alle  beim  Menschen 
und  beim  Tiere  das  gleiche  Krankheitsbild  hervorrufen  können.  Die 
bakteriologische  Diagnose  der  Cholera,  wie  sie  kürzlich  von  Robert 
Koch  festgestellt  wurde,  entspricht  weder  der  Idee  eines  bestimmten 
Monomorphismus,  noch  der  Annahme  eines  Polymorphismus. 

2)  Man  kann  in  durchseuchtem  Wasser,  woher  es  auch  immer 
stammt,  pathogene  Vibrionen  nachweisen,  welche  alle  Eigenschaften 
besitzen,  die  man  als  charakteristisch  für  die  Cholerabacillen  ansieht. 

3)  Außer  diesen  pathogenen  Vibrionen , die  den  Vibrionen  in- 
testinaler Herkunft  durchaus  analog  sind,  giebt  es  im  Wasser  eine 
ziemlich  große  Anzahl  von  Vibrionenarten,  welche  mit  jenen  so  viele 
Berührungspunkte  haben,  daß  man  sie  als  Varietäten  der  pathogenen 
Art  ansehen  muß  und  daher  als  fähig,  unter  bestimmten  Umständen 
ihre  verlorenen  Eigenschaften  wieder  zu  gewinnen. 

4)  Die  konstante  Gegenwart  der  pathogenen  Vibrionen  in  allen 
verseuchten  Gewässern  zeigt  die  große  Wichtigkeit,  welche  dem 
Wasser  für  den  Ursprung  und  die  Verbreitung  der  Cholera  zu- 
kommt. 

5)  Zwischen  den  aus  Dejektionen  Cholerakranker  stammenden 
Vibrionen  und  den  im  Wasser  gefundenen  besteht  in  jeder  Beziehung 
eine  so  enge  Verwandtschaft,  daß  ihr  gemeinsamer  Ursprung  sicher 
oder  doch  höchstwahrscheinlich  ist. 

6)  Die  virulenten  Vibrionen  behalten  im  Wasser  ihre  Virulenz 
nicht  lange,  nach  und  nach  verschwindet  dieselbe  ebenso  wie  andere 
Eigentümlichkeiten,  z.  B.  ihre  Fähigkeit,  Nitrate  zu  reduzieren  oder 
die  Indolreaktion  zu  geben.  Die  Vibrionen  passen  sich  allmählich 
an  das  Wasser  an,  in  welchem  sie  als  Saprophyten  weiter  leben. 

7)  Der  Ursprung  der  Vibrionen,  welche  man  im  Wasser  findet, 

ist  nicht  mit  Sicherheit  nachweisbar.  Die  Gegenwart  von  Vibrionen 
im  Wasser,  welches  mit  Ueberresten  tierischen  Lebens  verunreinigt 
wurde,  sowie  in  dem  Darminhalte  gesunder  Menschen  zeigt  uns  zwei 
Möglichkeiten  ihrer  Herkunft.  W.  Petersen  (Zürich). 

Gamaleia,  Ueber  das  Leben  der  Cholerabacillen  im 
Wasser,  unter  dem  Einflüsse  des  Ei  ntrocknens  und 
der  Feuchtigkeit.  [Aus  dem  Laboratorium  für  chirurgische 
Pathologie  des  Herrn  Prof.  Dr.  A.  D.  Pawlowsky  zu  Kiew.] 
(Dtsche  med.  Wochenschr.  1893.  No.  51.) 

Nach  den  bisher  veröffentlichten  Versuchen  Anderer  sieht  es 
Verf.  als  erwiesen  an,  daß  die  Cholerabacillen  im  Wasser  gut  gedeihen 
können.  Er  prüfte  nun,  in  welcher  Weise  diese  Lebensfähigkeit  der 


Cholera. 


241 


Bakterien  durch  Zusatz  einer  bestimmten  Menge  teils  bakterieu- 
feindlicher,  teils  mehr  indifferenter  Chemikalien,  teils  gewisser  Pro- 
dukte des  tierischen  Daseins  beeinträchtigt  werden  könnte.  Die  mit 
Wasser  unter  Zusatz  der  betreffenden  Stoffe  beschickten  Reagenz- 
gläschen wurden  mit  Cholerabakterien  geimpft.  Ob  ein  Wachstum 
erfolgt  oder  ausgeblieben  war,  ergab  sich  danu  später  aus  einer  etwa 
eingetretenen  Trübung  der  Flüssigkeit  und  aus  der  Untersuchung 
des  hängenden  Tropfens  oder  gefärbter  Präparate,  in  zweifelhaften 
Fällen  auch  durch  das  Plattenverfahren.  Die  nach  3 — 6 Tagen  vor- 
genommene Untersuchung  zeigte,  daß  kein  Wachstum  eingetreten 
war,  bei  Zusatz  von  Salol,  Naphthalin,  Ammonium  salicylicum,  Men- 
thol, Thymol,  Acidum  muriaticum,  Acidum  nitricum,  Acidum  phos- 
phoricum,  Aqua  calcis,  Kalium  causticum,  Natrium  phosphoricum, 
Natrium  nitricum,  Natrium  nitrosum,  Saccharum  amyli,  Ammonium 
tartaricum  (jedesmal  1 : 100  H.,0)  und  Lackmustinktur  (2  Tropfen). 
Bei  Zusatz  von  Phosphormolybdän  (1  : 100)  erfolgte  in  den  ersten 
Tagen  schwaches  Wachstum;  nach  5 Tagen  fanden  sich  auf  den 
Platten  dagegen  keine  Kolonieen.  Kein  Wachstum  erfolgte  bei  Zusatz 
von  0,02:10,0  Allantoin,  Harnstoff,  Kreatin,  Glycocholl,  Taurin, 
Taurocholsäure,  Leucin  und  Asparagin.  Bei  entsprechendem  Zusatze 
von  Tyrosin  entwickelten  sich  dagegen  uach  4 Tagen  auf  den  Platten 
große  Kolonieen , und  der  Zusatz  von  Pankreatin  hatte  starkes 
Wachstum  zur  Folge.  Es  weist  das  auf  die  Möglichkeit  der  Ver- 
mehrung der  Kommabacillen  im  Wasser  in  Gegenwart  von  pankrea- 
tischem  Saft  (Fäkalmassen)  hin. 

In  anderen  Versuchen  impfte  der  Verf.  je  10  ccm  Wasser  mit 
je  1 Oese  von  Agarkulturen  des  B.  prodigiosus,  butyricus, 
pyocyaneus,  capsularis,  anthracis,  tussis  convulsivae, 
Diplococcus  Friedlaenderi,  Proteus  vulgaris.  Die  hier- 
auf sterilisierten  Gläschen  wurden  mit  Cholerabacillen  infiziert.  In 
gefärbten  Präparaten  des  Wassers  aus  den  Gläschen  mit  Zusatz  von 
prodigiosus,  proteus,  anthracis,  capsularis  und  buty- 
ricus wurden  dann  später  Kommabacillen  überhaupt  nicht,  in  den 
übrigen  drei  Proben  zu  je  2 — 4 Exemplaren  gefunden. 

In  dem  filtrierten  und  hierauf  sterilisierten  Wasser  aus  einem 
Brunnen,  welcher  der  Verunreinigung  mit  Küchen-  und  Stallabgängen 
ausgesetzt  ist  und  daher  Nitrate  enthielt,  wurde  in  den  ersten  3 Tagen 
reichliches  Wachstum  der  Cholerabacillen  beobachtet.  Dagegen  gingen 
die  Bakterien  innerhalb  von  5 Tagen  zu  Grunde  in  dem  gleich 
behandelten  Wasser  aus  zwei  Teicheu,  einem  Brunnen,  zwei  Quellen 
und  zwei  Flüssen,  in  einer  mit  Pferdemist  verunreinigten  Wasserprobe 
und  in  einem  Heuaufgusse.  Bis  zum  siebenten  Tage  blieben  sie  in 
Dnjeprwasser  lebensfähig. 

Auf  Leinwandstückchen,  welche  mit  Cholerakulturen  durchtränkt 
waren,  fanden  sich  nach  40  Stunden  lebende  Bakterien  nicht  mehr, 
wenn  jene  unter  einer  Glasglocke,  nach  17  Stunden,  wenn  sie  unter 
dem  Exsiccator  getrocknet  wurden.  Auf  feuchtgehaltenen  Leinwand- 
stückchen blieben  die  Cholerabacillen  dagegen  länger  als  33  Tage 
lebensfähig.  K ü b 1 e r (Berlin). 


242 


Cholera.  — Rotz. 


Cacace,  E. , Dell’  azione  dei  prodotti  di  ricambio  del 
bacterium  coli  commune  sullo  sviluppo  del  bacillo 
del  colera  e di  quello  del  bacillo  del  colera  sullo 
sviluppo  del  bacterium  coli.  (La  Ref.  med.  1893.  p.  196.) 
Die  im  Glase  in  der  Art  angelegten  Versuche,  daß  frische 
Bouillonkulturen  von  Bacterium  coli  in  durch  einstündige  Er- 
warmung auf  55°  C durch  5 Tage  sterilisierten  Bouillonkulturen  des 
Cholerabacillus  und  umgekehrt  gezüchtet  und  aus  diesem  Nähr- 
medium  sodann  weiter  auf  die  üblichen  Nährböden  übertragen  wurden, 
hatten  den  Zweck,  zu  ermittelu,  ob  die  Stoffwechselprodukte  des 
einen  Bakteriums  nicht  das  Wachstum  des  anderen  beeinträchtigen 
und  ob  die  biologischen  Eigenschaften  der  zu  diesen  Versuchen 
verwendeten  Arten  bei  diesem  Züchtungsmodus  keine  Veränderung 
erfahren. 

Es  ergab  sich  hierbei,  daß 

1)  sowohl  das  Bacterium  coli,  als  auch  die  Choleravibrionen 
in  sterilen  Bouillonkulturen  der  anderen  Bakterienart  gut  ge- 
deihen; 

2)  daß  nur  die  Choleravibriouen  insofern  eine  Aenderung  ihrer 
biologischen  Eigenschaften  erfahren,  als  sie  nach  Züchtung  in 
sterilen  Bouillonkulturen  des  Bacterium  cohi  eine  kaum 
wahrnehmbare  Indolreaktion  geben.  Kamen  (Czernowitz). 

Tedeschi,  A. , Untersuchungen  über  die  Wirkung  der 
Einimpfung  des  Rotzes  auf  die  Nervencentra.  (Zieg- 
ler’s  Beiträge  z.  patholog.  Anat.  Bd.  XIII.  1893.  Heft  2.) 

Die  Arbeit  bringt  eine  ausführliche  Darstellung  der  zahlreichen 
Experimente  und  Untersuchungen,  welche  T.  über  die  Wirkung  des 
Rotzes  auf  das  Ceutralnervensystem  und  die  dabei  auftretenden 
Veränderungen  im  tierischen  Organismus  angestellt  hat.  Die  haupt- 
sächlichsten Ergebnisse  dieser  Untersuchungen  hat  der  Verf.  bereits 
in  einer  vorläufigen  Veröffentlichung  in  Bd.  XII.  1892.  No.  4/5  dieses 
Blattes  mitgeteilt,  in  betreff  der  reichen  Fälle  von  Einzelbeobach- 
tungen muß  auf  das  Original  verwieseu  werden.  Das  Resultat  seiner 
Experimente  faßt  der  Autor  am  Schlüsse  der  Arbeit  im  wesentlichen 
dahin  zusammen,  daß 

1)  die  Inoculatiou  des  Rotzes  in  die  Nervencentra  empfängliche 
Tiere  schneller  tötet,  als  andere  gebräuchliche  Inokulations- 
methoden; 

2)  für  unempfänglich  geltende  Tiere  (Hunde,  Ratten)  mehr  oder 
weniger  schnell  sterben,  wenn  sie  in  das  Nervensystem  inokuliert 
werden ; 

3)  alle  so  geimpften  Tiere  Zeichen  schwerer  Allgemeininfektion 
zeigen ; 

4)  das  Rotzvirus  durch  den  Durchgang  durch  das  Centralnerven- 
system empfänglicher  und  unempfänglicher  Tiere  virulenter  wird 
und  die  damit  angelegten  Kulturen  ihre  Virulenz  lange  Zeit 
behalten ; 

5)  iu  dem  inokulierten  Nervensystem  sich  Substanzen  bilden,  welche 
für  gesunde  sowie  für  rotzkranke  Tiere  pyrogen  sind  und  eine 


Maligne  Tumoren. 


243 


Substanz,  welche  bei  infizierten  [Tieren  eine  örtliche  und  all- 
gemeine Reaktion  hervorruft,  ähnlich  dem  Tuberkulin  bei  Tu- 
berkulose ; 

6)  die  Rotzinoculation  in  die  Nervencentra  starke,  kleinzellige  In- 
filtration, Bildung  von  Rotzknötchen  und  schwere  Degeneration 
der  Nervenzellen  hervorruft.  K.  Hintze  (Rostock). 

Reinbach,  Gr.,  Ueber  das  Yerhalteu  der  Leukocyten  bei 
malignen  Tumoren.  [Aus  der  Königl.  chirurgischen  Klinik 
des  Prof.  Mikulicz  zu  Breslau.]  (Archiv  f.  klinische  Chirurgie. 
Bd.  XLVI.  1893.  No.  3.) 

Um  den  Einfluß  von  malignen  Tumoren  auf  die  Blutbeschaffen- 
heit festzustellen,  untersuchte  Verf.  das  Blut  von  Sarkom-  und  Car- 
cinomkranken  (40  Fälle).  Es  wurden  nur  solche  Kranke  herange- 
zogen, bei  denen  Zweifel  in  der  Diagnose  nicht  bestanden. 

Gezählt  wurden  die  Blutkörperchen  mittelst  der  Thoma-Zeiß- 
schen  Zählkammer ; der  Hämoglobingehalt  wurde  mittelst  des  F 1 e i s c h 1 - 
sehen  Apparates  bestimmt,  die  Deckglastrockenpräparate  nach  der 
Ehr lich’schen  Methode  angefertigt  (penible  Reinigung  der  Deck- 
plättchen, Anfertigung  ganz  dünner  Präparate,  Erhitzung  auf  120°, 
Färbung  nach  Chenzinski  oder  Ehrlich’sche  Triacidfärbung). 

Nach  dieser  Methodik  zeigte  sich,  daß  der  Hämoglobin- 
gehalt des  Blutes  stets,  zum  Teil  sehr  erheblich  herabgesetzt  ist; 
die  roten  Blutkörperchen  verhalten  sich  meist  normal,  so  daß  nur 
5mal  Poikilocy  tose  sich  fand. 

Was  die  Leukocyten  anbetrifft,  so  ergab  sich,  daß  in  einer 
Zahl  von  Fällen  das  quantitative  Verhältnis  der  einzelnen  Arten  von 
Leukocyten  ganz  oder  fast  ganz  ungestört  ist  (11  Fälle),  daß  in  der 
größeren  Mehrzahl  aber  erhebliche  Verschiebungen  eintraten,  derart, 
daß  in  der  größeren  Zahl  der  Fälle  die  polynucleären  Zellen  vermehrt 
und  die  Lymphocyten  vermindert  sind,  wahrend  in  anderen  allerdings 
das  Gegenteil  eintritt. 

Ganz  unzweifelhaft  geht  ferner  aus  den  Tabellen  hervor,  daß 
diese  Aenderungen  im  Blutbefunde  mit  viel  größerer  Regelmäßigkeit 
bei  Sarkom-  als  bei  Carcinomkranken  eintreten.  Während  bei  Car- 
cinomen  im  allgemeinen  die  Blutveränderung  mit  der  Schwere  der 
Fälle  zu  wachsen  scheint,  geht  bei  der  Sarkomatose  die  Blutbeschaffen- 
heit nicht  parallel  mit  derselben,  sondern  auch  bei  relativ  leichten 
Fällen  lassen  sich  schwere  Blutveränderungea  konstatieren ; jedenfalls 
alterieren  also  die  Sarkome  spezifisch  die  BlutbeschaÖenheit.  Ge- 
schwulstelemente ließen  sich  im  Blute  niemals  nachweisen. 

Kurt  Müller  (Halle). 

Snow,  The  so-called  „parasitic  protozoa“  of  mammary 
Carcinoma.  (The  Lancet.  1893.  11.  Nov.  p.  1182.) 

S.  wendet  sich  in  seinen  Ausführungen  hauptsächlich  gegen  die 
Arbeiten  Ruffer’s,  welcher  die  Carciuomparasiten  als  sicher  nach- 
gewiesen ansieht.  S.  hebt  hervor,  daß  Ruff  er  ebensowenig  wie 
einer  seiner  Vorgänger  an  den  fraglichen  Zelleinschlüssen  eine  Eigen- 
schaft nachgewiesen  habe,  welche  nicht  durch  Degenerationsvorgänge 


244 


Carcinom. 


am  Zellprotoplasma  oder  Kern  völlig  erklärt  werden  könne.  Die 
mehrfach  beobachtete  Spalte  zwischen  „Parasit“  und  Zellprotoplasma, 
sowie  die  radiäre  Streifung  des  „Parasiten“  seien  durch  das  Härtungs- 
verfahren bedingt;  die  Färbungsdifferenzen  seien  zum  Teil  sehr  gering, 
zum  Teil  durch  die  von  Ruffer  angewandte  Ueberfärbung  verursacht. 

Weiterhin  begründet  S.  seineu  prinzipiell  ablehnenden  Stand- 
punkt gegenüber  der  parasitären  Carciuomtheorie.  Er  betont  sehr 
entschieden  die  großen  Unterschiede  zwischen  dem  Verlaufe  des  Car- 
cinoms  und  der  bisher  bekannten  Infektionskrankheiten.  Das  Carcinom 
sei  weder  kontagiös,  noch  epidemisch ; noch  nie  sei  bei  einem  bis 
dahin  carcinomfreien  Volke  ein  epidemischer  Ausbruch  beobachtet 
worden ; Lebensweise  und  Klima  seien  fast  ganz  ohne  Einfluß.  Be- 
sonderen Nachdruck  legt  S.  auf  den  Umstand,  daß  sich  in  den 
Carcinonunetastasen  stets  die  Zellform  des  primären  Herdes  wieder- 
findet, während  alle  bisher  bekannten  Parasiten  auch  in  den  Metastasen 
eine  Wucherung  des  betreffenden  Gewebes  hervorrufen,  in  welches  sie 
eindringen.  W.  Petersen  (Zürich). 

Nöggerath,  Beiträge  zur  Struktur  und  Entwickelung 
des  Carcinoms.  Wiesbaden  (J.  F.  Bergmann)  1892. 

Ein  großer  Teil  der  N ögg er ath’schen  Arbeit  beschäftigt  sich 
mit  der  Frage  der  Carcinomparasiten  und  ist  daher  auch  für  die 
Leser  dieser  Zeitschrift  von  Interesse.  N.  beschreibt  zunächst  die- 
jenigen Zelleinschlüsse,  welche  von  verschiedenen  Autoren  als  „Karyo- 
phagus  carcinomatosus“  gedeutet  wurden.  Dieselben  traten 
am  deutlichsten  hervor  bei  der  Färbung  mit  Alaunkarmin  und  Pikrin- 
säure. Es  ließen  sich  dann  leicht  drei  Stadien  der  Entwickelung  des 
„Protozoon“  beobachten.  In  dem  Anfangsstadium  fand  sich  der 
Zellkern  geschrumpft,  plattgedrückt  und  es  lag  ihm  ein  runder 
Körper,  der  „Karyophagus“,  an,  welcher  allmählich  weiter  in  den 
Kern  vordraug.  Diesem  Eindringen  folgte  eine  Aufnahme  von  chemisch 
veränderter  Kernmasse  in  das  „Protozoon“;  dieses  verdrängte  schließ- 
lich den  Kern  vollständig,  indem  dessen  Substanz  teilweise  in  den 
„Karyophagus“,  teilweise  in  den  Zellleib  überging.  Das  zweite  Stadium 
war  gekennzeichnet  durch  bedeutendes  Anwachsen  des  „Karyophagus“ 
zu  einer  großen  hyalinen  Blase,  so  daß  die  so  verwandelte  Kernmasse 
den  ganzen,  jetzt  auch  vergrößerten  Zellleib  anfüllte  und  nuu  beide 
zusammen  eine  hyaline  Metamorphose  eingingen.  Im  dritten  Stadium 
fand  sich  eine  Einkapseluug  mit  Bildung  von  kleinsten  Sporeu.  Diese 
anscheinend  so  eindeutigen  Bilder  erhielten  jedoch  ein  ganz  anderes 
Ansehen  bei  der  Anwendung  von  Anilinfarben;  hierbei  zeigte  sich, 
daß  der  „Karyophagus“  nichts  anderes  war,  als  ein  veränderter  Teil 
des  Kernes  selbst;  während  die  Alaunkarmin-Pikrinsäurefärbung  den 
modifizierten  Keruanteil  derartig  darstellte,  daß  derselbe  als  hetero- 
gene Masse,  dem  ursprünglichen  Kerne  gegenüber,  in  Erscheinung 
trat,  ließ  die  Anwendung  von  Anilinfarben  diesen  Gegensatz  nicht  so 
scharf  hervortreten  und  infolgedessen  kein  selbständiges  „Protozoon“ 
mehr  unterscheiden. 

Der  Kernzerfall  konnte  auf  doppelte  Weise  vor  sich  gehen. 
Entweder  wurde  der  Kern  in  unzählige  kleinere  oder  größere  Frag- 


Carciuom. 


245 


mente  zersprengt,  welche  mobil  zu  werden  schienen  und  sich  nicht 
nur  in  die  Zelle  verteilten,  sondern  sich  auch  im  Gewebe  außerhalb 
derselben  auffinden  ließen.  Oder  aber  das  Fortschaffen  der  zer- 
pulverten  Kernsubstanz  erfolgte  auf  verwickeltere  Weise;  „es  erscheinen 
Zellformen,  welche  unter  anderen  Verhältnissen  nicht  zu  Tage  treten. 
Dieselben  zeichnen  sich  dadurch  aus,  daß  sie  in  schmale,  röhren- 
artige, kurze,  oder  wenn  der  Schnitt  günstig  ausgefallen,  längere 
pseudopodienartige  Ausläufer  münden,  in  welche  der  Kernbrei  sich 
ergießt.  Ich  habe  diese  mit  feinstem  Kerndetritus  gefüllten  Schläuche 
nur  bei  Behandlung  mit  Anilinfarben  zur  Anschauung  bringen  können.“ 
Dicht  bei  solchen  Zellhaufen  fanden  sich  häufig  im  Gewebe  lang- 
gestreckte, intensiv  gefärbte  Röhren,  deren  Natur  auf  andere  Weise 
nicht  zu  erklären  war.  [Vielleicht  ist  auch  Korotneff’s  „Rho- 
palocephalus“  ähnlich  zu  deuten.  Ref.] 

Auch  die  eigenartigen,  von  Sjöbring  als  Sporencysten 
beschriebenen  Gebilde  des  Carcinoms  führt  N.  auf  Zelldegeneration 
zurück.  Er  fand  alle  erdenklichen  Uebergänge  zwischen  diesen 
„Sporencysten“  und  zwischen  Zellanhäufungen,  welche  sich  anschickten, 
zu  einer  gemeinsamen  Masse  zu  verschmelzen. 

Schließlich  zeigten  sich  auch  die  von  Russell  beschriebenen 
„Fuchsin-Corpuscles“  einer  ähnlichen  Erklärungsweise  zugänglich; 
dieselben  wurden  von  Russell  als  Sproßpilze  angesehen ; von 
Sjöbring  wurden  ähnliche  Körper,  die  zum  Teil  eine  langgestreckte 
und  gewundene  Form  annahmen,  als  „Sarkoden“  bezeichnet.  N. 

weist  nun  aus  der  Form,  der  Lagerung  und  dem  Färbbarkeits- 
vermögen dieser  Gebilde  nach,  daß  es  sich  um  Kernsubstanzderivate 
handelt;  er  zeigt,  daß  in  einem  gewissen  Stadium  der  Entwickelung 
des  Carcinoms  die  chromophile  Substanz  des  Kernes  sich  in  eine 
chlorophile  und  fuchsinophile  oder  auch  eosinophile  und  hämatoxino- 
phile  Substanz  spaltet,  und  zwar  in  einer  so  prägnanten  Weise,  wie 
man  es  bei  keiner  anderen  Geschwulstform  findet.  „Indessen  be- 
schränkt sich  dieser  Prozeß  nicht  immer  auf  den  Kern,  sondern  greift 
auch  auf  die  Zelle  über,  es  tritt  eosinophile  Körnchenbildung  in  der 
Kernsubstanz  selbst  auf.  Wahrscheinlich  geschieht  es  auch  hier,  daß 
Kernsubstanz  in  das  Zellprotoplasma  einwandert.“  Diese  fuchsino- 
philen  Kernbestandteile,  die  auch  in  die  Umgebung  der  Zelle  aus- 
wandern können,  geben  bei  ihren  verschiedenen  Umwandlungen  Rus- 
sell’s  Fuchsinkörper  und  Sjöbring’s  Sarkoden.  „In  manchen 
Fällen  sind  die  Fuchsinkörperchen  evident  nichts  Anderes,  als  zwar 
chemisch,  nicht  aber  der  Form  nach  veränderte  Nucleoli.“ 

Nachdem  N.  dann  noch  auf  die  großen  Unterschiede  zwischen 
den  verschiedenen  Formen  der  „Krebsparasiten“  und  den  Entwicke- 
lungsstadien eines  wirklichen  Protozoons,  des  „Coccidium  ovi- 
forme“,  hingewiesen  hat,  kommt  er  zu  der  Schlußfolgerung,  daß  es 
gelingt,  all  die  mysteriösen  Krebsbefunde  einfach  auf  pathologische 
Veränderungen  der  Krebszellen,  vor  allem  ihrer  Kerne,  zurückzuführen, 
und  daß  es  dringend  nötig  sei,  um  weiteren  Irrungen  vorzubeugen, 
„den  in  Frage  stehenden  Parasiten  so  tot  wie  möglich  zu  machen“. 

Der  Arbeit  sind  auf  3 Tafeln  108  in  Farbendruck  vorzüglich 
ausgeführte  Abbildungen  beigegeben,  W.  Petersen  (Zürich). 

XV.  Bd.  16 


246 


Carcinom.  — Brustseuche. 


Unna,  Zur  Kenntnis  der  hyalinen  Degeneration  der 

Carcinomepithelien.  (Dermatolog.  Zeitschrift.  Bd.  I.  1894. 

Heft  1.) 

In  der  vorliegenden  Arbeit  bringt  Unna  einen  Beitrag  zum 
Studium  des  Epithelhyalins  bei  Hautcarcinomen  ; nach  seiner  Ansicht 
hat  die  ungenügende  Kenntnis  der  Formen  des  hyalin  entarteten 
Epithels  dazu  geführt,  irrtümlich  die  zooparasitäre  Natur  für  eine 
Anzahl  von  Krankheiten  zu  behaupten.  Für  die  Untersuchung  sehr 
erleichternd  ist  die  Eigenschaft  des  hyalin  entarteten  Epithels,  saure 
Farbstoffe  intensiv  in  sich  aufzunehmen  und  bei  der  Entfärbung  des 
Epithelprotoplasmas  festzuhalten. 

Unter  den  verschiedenen  Formen  des  Hyalins  sind  zwei  von 
prinzipieller  Verschiedenheit.  In  dem  einen  Falle  handelt  es  sich 
um  frei  in  den  interepithelialen  Saftspalten  vorkommende  Kugeln  — 
wie  sie  sich  bei  vielen  infektiösen  Prozessen  finden  und  weder  von 
Leukocyten  noch  von  Epithelien  herstammen;  im  anderen  Falle 
sind  diese  hyalinen  Gebilde  epitheliale  Abkömmlinge,  wie  entweder 
ihre  Lagerung  im  Innern  der  Epithelien  oder  ihr  kontinuierlicher 
Zusammenhang  mit  denselben  beweist.  Diese  letzteren  Gebilde  zerfallen 
wiederum  in  zwei  Gruppen  — in  diffuse,  hyaline  Infiltration  der  Epi- 
thelien und  in  geformte,  scharf  umschriebene  hyaline  Gebilde.  Auf 
die  8 verschiedenen  Formen  der  letzteren  und  die  Deutung,  die 
Unna  ihnen  giebt  und  durch  Abbildungen  erläutert,  kann  hier  im 
Referate  nicht  näher  eingegangen  werden.  Einzelne  Gebilde  sind  — 
wie  Unna  selbst  angiebt  — gewissen  tierischen  Schmarotzern  im 
eingekapselten  Zustande  nicht  unähnlich.  Lasch  (Breslau). 

Beck,  M.,  Der  Bacillus  der  Brustseuch  e beim  Kaninchen. 

(Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV.  1893. 

H.  2.  p.  363  ff.) 

Die  Kaninchen  im  Institute  für  Infektionskrankheiten  waren  an 
einer  influenzaähnlichen  Infektionskrankheit  im  Winter  1891 — 1892 
erkrankt.  Der  Obduktionsbefund  der  eingegangenen  Tiere  zeigte  grau- 
weißliche, fibrinöse  Auflagerungen  auf  den  Lungen,  die  letzteren  waren 
hyperämisch,  besonders  in  den  unteren  Partieen  stark  infiltriert  und 
atelektatisch.  Die  Milz  war  mäßig  gerötet,  ohne  erhebliche  Schwellung. 
Die  Leber  war  hyperämisch  und  dunkelbraunrot  verfärbt.  An  den 
übrigen  Organen  nichts  Besonderes.  In  Lungen  und  Pleura  fanden 
sich  kleine,  feine,  unbewegliche  Stäbchen,  etwa  doppelt  so  lang  und 
dick  wie  die  Bacillen  der  Influenza.  Auf  allen  gebräuchlichen  Nähr- 
böden mit  Ausnahme  der  Kartoffel  fand  Wachstum  statt.  Gelatine- 
platten zeigten  nach  48  Stunden  kleine,  glasartige,  feingekörnte,  cirkum- 
skripte  Kolonieen,  ältere  Kolonieen  waren  hellbraun.  Verflüssigung 
tritt  nicht  ein.  Der  Gelatineimfstich  zeigt  fein  gekörntes  Wachstum 
von  weißer  Farbe.  Bouillon  zeigt  anfangs  leichte  Trübung,  später 
weißlichen  Bodensatz,  aus  Fäden  und  Flocken  bestehend.  Anaerob 
fand  kein  Wachstum  statt.  Auf  der  Agarplatte  ist  die  Kolonie  grau- 
gelb, der  Rand  fein  gekörnt  und  scharf  umschrieben.  Beim  Abheben 
mit  der  Platinnadel  waren  die  Kolonieen  zäh  schleimig  und  faden- 
ziehend. Eine  Schleimhülle  um  die  Bacillen  wurde  nicht  beobachtet. 


Tierische  Parasiten. 


247 


Nach  Gram  trat  Entfärbung  auf.  Sporenbildung  wurde  nicht 
beobachtet,  doch  war  die  Lebensdauer  ziemlich  bedeutend.  Kaninchen 
und  Meerschweinchen  erkrankten  nach  Infektion  der  Kulturen,  welches 
am  besten  intraperitoneal  geschah.  5 — 6 Stunden  nach  der  Impfung 
stieg  die  Temperatur,  blieb  dann  einige  Tage  auf  der  Höhe,  um  dann 
rapid  zu  fallen,  bis  zum  Tode,  der  nach  3 — 5 Tagen  eintrat.  Die  Tiere 
zeigten  Husten,  feuchte  Nase,  frequenten  Atem,  der  Tod  trat  durch 
Dyspnoe  ein.  Gleiche  Erscheinungen  traten  auf,  wenn  die  Kulturen 
durch  die  Nase  eingespritzt  oder  in  einem  Kasten  einem  Spray  von 
Bouillonkulturen  längere  Zeit  ausgesetzt  waren.  Bei  der  Obduktion  fanden 
sich  die  Bacillen  im  Pleuraexsudate  und  im  Blute.  Weiße  wie  graue 
Mäuse  erlagen  der  Infektion  in  die  Bauchhöhle  innerhalb  2 — 3 Tagen. 
Ratten,  Hühner  und  Tauben  waren  gegen  subkutane  und  intra- 
peritoneale Impfung  refraktär.  Weitere  Untersuchungen  über  diese 
Mikrobie  werden  in  Aussicht  gestellt.  0.  Voges  (Danzig). 

Leuckart,  Rudolf,  Die  Parasiten  des  Menschen  und  die 
von  ihnen  herrührenden  Krankheiten.  Ein  Hand-  und 
Lehrbuch  für  Naturforscher  und  Aerzte.  Zweite  völlig  umgearbeitete 
Auflage.  Bd.  I.  Lieferg.  5.  Mit  118  Holzschnitten.  Leipzig 
(C.  F.  Winter)  1894. 

Wiederum  sind  20  Bogen  des  klassischen  Werkes  unseres  Alt- 
meisters fertiggestellt.  Mancher  der  Subskribenten  wird  ungeduldig 
und  unwillig  die  jahrelangen  Pausen  über  sich  ergehen  lassen.  Wer 
aber  dann  eine  solche  Lieferung  sorgfältig  durchsieht,  muß  notwendig 
versöhnt  sein.  Denn  es  springt  in  die  Augen,  daß  sich  der  Autor 
niemals  begnügt,  die  Untersuchungen  über  das  gerade  vorliegende 
Material  sorgfältig  zusammenzutragen  und  kritisch  zu  verarbeiten, 
sondern  er  liefert  fast  in  allen  Punkten  neue  Originalarbeiten. 
So  haben  wir  auch  in  der  vorliegenden  Lieferung  eigentlich  wieder 
zwei  Monosraphieen,  Bilharzia  und  die  H i r u d in  e e n , die  eine 
Fülle  des  Neuen  bringen.  Leuckart  hat  neue  Untersuchungen  an 
Bilharzia  haematobia  und  crassa  gemacht  und  kann  die 
früheren  Darstellungen  in  vielen  Punkten  berichtigen,  so  z.  B.  gestaltet 
sich  der  Bau  des  männlichen  Genitalapparates  einfacher,  das  von 
Fritsch  als  Schalendrüse  gedeutete  Gebilde  ist  eine  kolbige  Ver- 
dickung des  Uterus  (Ootyp),  während  die  Schalendrüsen  diffus  sind 
und  unterhalb  dieser  Verdickung  liegen.  Vor  allem  interessiert  uns 
hier  aber  der  Abschnitt:  „Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Bil- 
harzia“. Erst  jüngst  berichtete  Prof.  Braun  in  dieser  Zeitschrift 
(Bd.  XIV.  No.  14.  p.  466)  über  eine  vorläufige  Mitteilung  Sonsino’s, 
nach  der  die  Entwickelung  der  Bilharzia  ohne  Generationswechsel 
geschehen  solle,  indem  sich  der  Embryo  in  einem  kleinen  Krebse  zu 
einem  jungen  Distomum  metamorphosiere.  Leuckart  äußert 
hiergegen  mehrere  Bedenken  und  giebt  in  einer  vorläufigen  Mit- 
teilung seines  Assistenten,  Herrn  Dr.  Looss,  der  sich  zw  Zeit 
gerade  in  Alexandrien  zum  Studium  der  Entwickelungsgeschichte  von 
Bilharzia  aufhält,  eine  sehr  exakte  Beschreibung  des  Embryos, 
dessen  Bau  die  von  Sonsino  behauptete  einfache  Entwickelung 
durch  Metamorphose  sehr  zweifelhaft  erscheinen  läßt.  Nach  Looss 

16* 


248 


Empusa  Aulicae. 


enthält  der  Embryo  nämlich  eine  große  Menge  von  Keimballen,  die 
doch  darauf  hinweisen,  daß  ein  Sporocystenzustand  zu  erwarten  ist. 
Leuckart  giebt  der  Vermutung  Raum,  der  im  Wasser  sehr  bald 
freiwerdende  Embryo  selbst  bilde  vielleicht  für  Menschen  und  Tiere 
die  Infektionsquelle  und  mache  seinen  Sporocystenzustand  dann  in 
demselben  Körper  durch,  ähnlich  wie  es  nach  den  Untersuchungen 
von  Grassi  bei  Taenia  murina  der  Fall  ist.  Hierdurch  würde 
das  massenhafte  Vorkommen  in  einem  Körper  seine  Erklärung 
finden. 

Auf  die  Monographie  der  Hirudineen  einzugehen,  ist  hier 
nicht  der  Ort,  ich  will  aber  nicht  zu  erwähnen  unterlassen,  daß 
besonders  das  Studium  der  Speicheldrüsen  und  der  Exkretionsorgane 
außerordentlich  interessante  Resultate  ergeben  hat.  Die  Behandlung 
der  Geschlechtsorgane  und  der  Entwickelungsgeschichte  ist  für  die 
nächste  Lieferung  Vorbehalten.  Außer  diesen  großen  Originalarbeiten 
finden  sich  am  Anfänge  der  Lieferung  die  kritischen  Schilderungen 
der  zum  Teil  dubiösen,  zum  Teil  nur  unvollkommen  beschriebenen 
Arten : Distomum  ophtalmobium,  Monostomum  lentis 
und  Amphistomum  hominis.  Brandes  (Halle). 

Tubeuf,  C.  v.,  Empusa  Aulicae  Reich,  und  die  durch 
diesen  Pilz  verursachte  Krankheit  der  Kiefer n - 
eulenraupe.  Mit  7 Abbildgn.  (Forstl.-naturwissensch.  Zeitschr. 
1893.  Heft  1.  p.  31—47.) 

Verf.  giebt  zunächst  einen  ausführlichen  geschichtlichen 
Ueberblick  über  die  größeren  durch  Empusa  Aulicae  Reich, 
veranlaßten  Epidemieen  der  Kieferneule  (T rach e a piniperda), 
wie  sie  seit  dem  Beginne  des  18.  Jahrhunderts  beobachtet  wurden; 
die  Einzelheiten  desselben  sind  auf  p.  31 — 40  des  Originales  nach- 
zusehen. Es  ergiebt  sich  aus  demselben,  daß  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  jene  plötzliche  und  allgemeine,  mit  dem  Tode  endende 
Erkrankung  der  Tiere  stets  durch  die  Empusa  herbeigeführt  wurde, 
wobei  jedoch  zu  beachten,  daß  solches  immer  erst,  nachdem  die 
Raupen  bereits  ganz  erheblichen  Schaden  angerichtet 
hatten,  geschah.  Die  künstliche  Einführung  des  Pilzes  in  Bestände, 
welche  für  das  nächste  Jahr  von  einem  starken  Fräße  bedroht 
werden,  dürfte  im  ganzen  wenig  Erfolg  haben.  Für  die  Ueber- 
winterung  kommen  Dauersporen  in  Betracht,  während  die  rapide 
Ausbreitung  durch  massenhaft  gebildete  Conidien  geschieht,  diese 
besitzen  jedoch  eine  relativ  kurze  Keimfähigkeit. 

In  dem  zweiten,  der  Biologie  und  Entwickelung  des 
Parasiten  gewidmeten  Abschnitte  teilt  Verf.  eine  Reihe  bezüglicher 
Beobachtungen  mit,  deren  Einzelheiten  mehrfach  an  die  von  E. 
muscae  bekannten  Thatsachen  erinnern.  Die  fortgeschleuderten 
Conidien  können  ihrerseits  — wie  auch  schon  von  R.  Hartig 
beobachtet  — wieder  Sekundärconidien  bilden,  und  diese 
weiterhin  Tertiärconidien  fortspritzen;  der  Vorgang  kann  selbst  bis 
zur  Formierung  solcher  vierten  und  vielleicht  auch  fünften  Grades 
sich  wiederholen,  wobei  naturgemäß  eine  successive  Größenabnahme 
stattfindet.  Runde,  derbwandige,  als  Dauersporen  gedeutete 


Untersuchungsmetlioden,  Instrumente  etc. 


249 


Gebilde  kommen  gegen  Ende  des  Sommers  zur  Ausbildung,  eine 
Keimung  derselben  hat  Verf.  nicht  gesehen.  Im  übrigen  hält  der- 
selbe diese  Species  für  nicht  identisch  mit  Entomophthora 
Goylli,  wie  solches  von  Thaxter  auf  Grund  der  ersten  Angaben 
Bail’s  angenommen  wurde,  ßail  selbst,  wie  auch  Schröter  in 
der  Cohn’schen  Kryptogamenflora,  sprach  sich  späterhin  jedoch  für 
eine  Trennung  der  zwei  Species  aus.  Unstreitig  sind  aber  Aehnlich- 
keiten  vorhanden. 

Ein  Versuch  der  Infektion  von  Heuschrecken  durch  den  Raupen- 
pilz mißlang,  ebenso  waren  Raupen  des  B ucep  h al  us  immun  gegen 
denselben,  während  Gemüseeulen  und  andere  mit  Erfolg  infiziert 
wurden.  W e hmer  (Hannover). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Terni,  Camillo,  La  diagnosi  diff erenziale  del  bacillo  del 
tifo.  (Annali  dell’  Istituto  d’Igiene  sperimentale  della  R.  Universitä 
di  Roma.  Vol.  III.  N.  S.  Fase.  3.) 

Terni  kommt  bei  seinen  sorgfältigen  Studien  über  die  Typhus- 
bacillengruppe zu  dem  Resultate,  daß  er  meint,  es  gäbe  jetzt  genügend 
charakteristische  Merkmale,  um  in  jedem  Falle  eine  Differentialdiagnose 
stellen  zu  können;  der  Ansicht,  daßBacterium  coli  uud  Typhus- 
bacillen Modifikationen  einer  Urform  sind  und  daß  die  Typhusähnlichen 
den  Uebergang  zwischen  beiden  vermitteln,  will  er  nicht  direkt  wider- 
sprechen, ohne  sich  für  sie  zu  entscheiden.  Er  hält  es  für  nötig, 
zur  Sicherung  der  Diagnose  auf  Typhusbacillen  stets  eine  Reinkultur 
dieses  Organismus  zur  Kontrolle  herbeizuziehen. 

Die  Untersuchungen  Terni’s  beschäftigen  sich  hauptsächlich 
mit  der  Gärungsfähigkeit  und  der  Beweglichkeit  der  Bakterien  aus 
der  Typhusgruppe.  Das  verschiedene  Gärungsvermögen  des  Typhus- 
bacillus  und  desBacterium  coli  bildet  ein  wesentliches  Unter- 
scheidungsmerkmal beider.  Es  ändert  sich  nicht  bemerkbar  unter 
dem  Einflüsse  des  diffusen  Lichtes  und  des  Sauerstoffes,  ebensowenig 
in  reinem  oder  verunreinigtem  Boden  und  Wasser  und  in  Faeces, 
also  unter  Bedingungen,  wie  sie  die  Organismen  in  der  Natur  finden. 
Das  Gärungsvermögeu  vermag  aber  im  allgemeinen  nicht  zur  Trennung 
der  Typhusähnlichen  vom  Typhusbacillus  auszureichen. 

Weiter  kommt  man  hier  bei  Beachtung  der  Besonderheiten, 
welche  der  Typhusbacillus  in  seiner  Beweglichkeit  zeigt.  Das 
Optimum  für  diese  liefert  ein  Nährboden,  welcher  aus  peptonfreier 
Bouillon  mit  3 Proz.  Glycerin  besteht  und  entsprechend  0,01  Proz. 
HCl  natursauer  ist.  In  diesem  Substrate  erhält  der  Typhus- 
bacillus  seine  Motilität  acht  Tage  und  länger.  In  1-proz.  Pepton- 
bouillon hört  er  nach  72  Stunden  auf,  sich  zu  bewegen , während 
dieser  Zeit  aber  ist  er  sehr  lebhaft  beweglich,  wenn  der  Nährboden 
neutral  oder  leicht  sauer  ist.  Die  Bacillen  ziehen  schnell  in  langen 


250 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Reihen  parallel  dem  Rande  des  Tropfens  hin  und  erinnern  in  ihrer 
Bewegung  lebhalt  an  die  Züge  der  Ameisen ; die  Temperatur  darf 
nicht  unter  12°  sinken,  wenn  Bewegung  beobachtet  werden  soll. 
Kein  anderer  Organismus  zeigt  solch  eine  charakteristische  Bewegung. 

Einflüsse,  welche  die  Motilität  des  Typhusbacillus  bis  zur 
Vernichtung  herabsetzen  können,  sind,  was  das  Substrat  angeht:  Zu 
langes  Kochen  der  Bouillon,  wodurch  die  gelösten  albuminoiden  Sub- 
stanzen verändert  werden;  Gehalt  an  Pepton  über  3 Proz.,  an  Gly- 
kose,  Laktose,  Liebig’s  und  Kemmerich’s  Fleischextrakt;  Ver- 
wandlung der  Zuckersubstanzen  der  Bouillon  in  Karamel;  höhere 
Grade  natürlicher  Säure  als  1 Proz.,  auf  Milchsäure  bezogen;  von 
Mineralsäuren  HCl  mehr  als  0,1,  H2S04  mehr  als  0,03,  HN03  mehr 
als  0,07  Proz.;  stärkere  Alkalescenz  als  KHO  0,01,  Ca(OHa)  0,1, 
Na2C03  0,09  Proz.  in  KHO;  Ammoniaksalze  in  Mengen  von  10  Proz. 
für  NH4C1,  0,8  Proz.  für  (NH4)2C03  und  4,5  Proz.  für  NH4N03; 
Kloakenjauche,  wenn  sie  dem  Medium  eine  Alkalescenz  über  0,6  Proz. 
KHO  hinaus  verleiht. 

In  klarem  Quell-,  Fluß-  und  Meerwasser  ist  der  Typhus- 
bacillus unbeweglich;  er  wird  beweglich,  wenn  die  Menge  der  or- 
ganischen Substanz  mindestens  einer  Oxydierbarkeit  des  Wassers  von 
0,01  Proz.  0 entspricht.  Wenn  er  seine  Beweglichkeit  verloren  hat, 
erlangt  er  sie  in  charakteristischer  Weise  unter  günstigen  Bedingungen 
sofort  wieder.  Das  Bacteri u m coli  und  die  vonTerni  studierten 
typhusähnlichen  Organismen  sind  in  sauren  Nährböden  unbeweglich 
und  besitzen  überhaupt  einen  anderen  Bewegungsmodus,  als  der 
Typhusbacillus.  Abel  (Greifswald). 

Zabolotny,  Zur  Frage  der  raschen  Bakteriendiagnose  der 
Cholera.  (Dtsch.  med.  Wochenschr.  1833.  No.  51.) 

Auf  der  bakteriologischen  Station  zu  Odessa  wurden  während  der 
verflossenen  beiden  Cholerajahre  verschiedene  Verfahren  der  Bakterien- 
diagnose zur  Anwendung  gezogen.  Soweit  nicht  typische  Reiswasser- 
stühle zur  Untersuchung  gelangten,  bewährte  sich  die  Kultur  auf 
Eiweißplatten  am  besten,  da  sie  schon  nach  5—6  Stunden  im  Brüt- 
ofeu  charakteristische  Kolouieen  lieferte.  Das  Hühnereiweiß  wurde 
nach  Rosenthal  oder  nach  Tarchanoff  und  Kolesnikoff  be- 
handelt, mit  oder  ohne  Gelatine  und  Bouillonzusatz,  demnächst  in 
Petrischalen  ausgegossen  und  im  Dampf  koch  topfe  oder  in  gleicher 
Weise  wie  Blutserum  zur  Gerinnung  gebracht.  Die  vollkommen 
durchsichtigen  Platten  hatten  vor  der  Gelatine  den  Vorzug,  im  Brüt- 
schranke aufbewahrt  werden  zu  können  und  vor  dem  Agar  den  Vor- 
teil, daß  die  auf  ihm  entstehenden  Cholerakolonieen  ein  sehr  charak- 
teristisches Aussehen  zeigten.  Sie  wurden  mit  Aufschwemmungen 
der  Dejektionen,  bezw.  der  von  solchen  Aufschwemmungen  angelegteu 
Verdünnungen  benetzt  und  im  Brütschranke  schräg  gestellt;  die  im 
tieferen  Teile  sich  ansammelnde  Flüssigkeit  verhinderte  dann  das 
Austrockuen  der  Oberfläche.  Kübler  (Berlin). 

Freymutli  und  Lickfett,  Nochmals  zur  Diagnose  der 
Cholera  mittelst  Agarplatten.  (Dtsch.  med.  Wochenschr. 
1893.  No.  52.) 


Untersttchuagsmethoden,  Instrumente  etc. 


251 


Die  Verff.  verteidigen  das  von  ihnen  angegebene  Verfahren  zur 
Schnelldiaguose  der  Choierabakterien  (vgl.  Bd.  XIV.  p.  80)  gegen 
die  Ein  wände  Sc  hi  11er ’s  (vgl.  ßd.  XIV.  p.  292).  Wenn  sich  bei 
Anwendung  des  Verfahrens  auf  der  Oberfläche  des  Nährbodens  ein 
der  Trennung  der  einzelnen  Kolonieen  unzuträglicher  ßakterienschleier 
bildet,  so  kann  das  au  einer  zu  reichlichen  Aussaat  liegen.  Der  Be- 
netzung  der  Plattenfläche  mit  Kondenswasser  ist  ein  derartiger 
Uebelstand  zuzuschreibeu,  wenn  der  Nährboden  in  Petrischalen 
ausgegossen  war,  innerhalb  deren  das  Kondenswasser  nicht  abfließen 
kann.  Trägt  mau  ihn  dagegen  nach  dem  Vorgänge  der  Vertf.  auf 
Objektträger  auf,  und  setzt  mau  diese  demnächst  innerhalb  einer 
Doppelschale,  deren  Deckel  an  seiner  Innenfläche  mit  Fließpapier  be- 
kleidet ist,  der  Brutwärme  aus,  so  fließt  das  Kondenswasser  nach  unten 
ab  und  das  Fließpapier  hindert  das  Herabtropfen  auf  die  Oberfläche 
des  Nährbodens.  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  der  ge- 
wachsenen Kolonie  ist  die  Anwendung  eines  Deckglases  nicht  ratsam, 
da  dessen  leichter  Druck  genügt,  um  die  Flüssigkeit  aus  dem  Nähr- 
boden hervortreten  zu  lassen  und  die  Oberflächenkolonie  zu  zer- 
drücken. Das  Fischen  mit  der  Bakterienharpune  ist  weniger  zeit- 
raubend, als  das  von  Schiller  empfohlene  zweizeitige  Verfahren 
und  führt  sicher  und  bequem  zum  Ziele.  Kübler  (Berlin). 

Maalsen,  A.,  Zur  bakteriologischen  Diagnose  der  asia- 
tischen Cholera.  Ein  neues  Anr ei cheruugsver fahren 
für  Spirillen  und  Vibrionen.  (Arbeiten  a.  d.  Kaiserl.  Ge- 
suudheitsamte.  1894.  p.  122 — 126.) 

Während  man  sich  bei  den  bisher  gebräuchlichen  Anreicherungs- 
Verfahren  ausschließlich  flüssiger  Nährmedien  bedient,  grüudet 
sich  die  neue  Methode  des  Verf.’s  auf  die  Eigentümlichkeit  der 
Choleravibrionen,  auf  festem  Blutserum  üppig  zu  gedeihen, 
in  die  Tiefe  zu  wuchern  und  diesen  Nährboden  durch 
Peptonisieren  kräftig  zu  verflüssigen,  eine  Eigenschaft, 
welche  die  Cholerabakterien  vor  vielen  in  Choleraobjekten  — Darm- 
iuhalt,  Faeces  — vorkommenden  Bakterien  auszeichuet. 

Die  Ausführung  des  neuen  Verfahrens,  welches  sich  in  erster 
Linie  für  den  schnellen  Nachweis  der  Choleravibrioneu  in  Darm- 
entleerucgen  und  im  Darminhalte  von  Leichen  vorteilhaft  verwerten 
läßt,  ist  sehr  einfach.  „Breiige  oder  salbenweiche  Massen  werden 
mit  einem  dicken  Platiudrahte  oder  kleinen  Platinspatel  auf  die 
Serumtiäche  ausgestrichen;  mau  beschickt  einige  Röhrchen  mit  mehr, 
andere  mit  weniger  Material.  Dünnflüssige  Massen  bringt  man  ent- 
weder in  Form  von  Tupfen  mit  der  Oese  oder  mit  einem  sterilen 
Glasröhrchen  auf  das  Serum  oder  man  verreibt  sie  gleichmäßig. 
Sind  Flocken  vorhanden,  so  fischt  mau  eine  Anzahl  heraus  und 
breitet  sie  auf  dem  Serum  aus.  Geformte  oder  breiige  Stühle  rührt 
mau  zweckmäßig  zur  Auffindung  der  Schleimfiockeu  mit  Pepton- 
wasser an.“ 

Bei  Anwesenheit  von  Choleravibrionen  erscheinen  die  besäeten 
Stellen  nach  6 — 12,  spätestens  nach  20  Stunden  wie  angefressen;  es 
bilden  sich  Löcher  und  Rinnen,  aus  deren  Tiefe  man  die  Vibrionen 


252  Schutzimpfung,  kÜDstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 

meist  fast  in  Reinkultur  herausholen  kann.  Oft  ist  die  Anreicherung 
der  Vibrionen  schon  vor  sichtlicher  Erweichung  und  Verflüssigung 
des  Serums  (nach  3 — 4 Stunden)  nachzuweisen.  In  manchen  Fällen 
läßt  mau  zweckmäßig  auf  die  erste  Blutserumanreicherung  eine  zweite 
auf  Serum  oder  in  Pepton-Kochsalzlösung  folgen. 

„Für  den  Nachweis  der  Cholera  im  Wasser  kann  man  das 
Blutserum  als  zweite  Vorkultur  aus  der  ersten  Pepton-Kochsalz- 
anreicherung verwerten.  Bei  solchen  Versuchen  hat  es  sich  gezeigt, 
daß  das  Blutserum  in  gewisser  Beziehung  als  eine  Spirillen-  oder 
Vibrionenfalle  wirkt.  Formen,  die  mau  auf  anderen  Nährsubstraten 
nicht  zum  Wachsen  bringt,  gedeihen  auf  dem  festen  Serum  und 
können  durch  zweckentsprechendes  Verfahren  auf  diesem  Nährboden 
in  Reinkultur  gezüchtet  werden.“ 

Die  Vorteile  des  schräg  erstarrten  Blutserums  als  Anreicherungs- 
kultur, welches  neben  dem  Peptonwasser  bei  zahlreichen,  während 
des  letzten  Jahres  im  Kaiserl.  Gesundheitsamte  ausgeführten  Unter- 
suchungen von  Choleraobjekten  vorzügliche  Resultate  geliefert  hat, 
werden  vom  Verf.  in  folgenden  Sätzen  präzisiert: 

„1)  Man  kann,  insbesondere  von  nicht  diarrhöischen  Stühlen,  die 
voraussichtlich  nur  wenige  Kommabacillen  enthalten,  mehr  Material 
zur  Aussaat  bringen,  als  in  Peptonröbrchen. 

2)  Die  Verflüssigung  des  Serums  innerhalb  24  Stuudeu  ist  ein 
makroskopisches  Zeichen  für  die  Wahrscheinlichkeit  der  Anwesenheit 
von  Choleravibrionen. 

3)  Fehlt  dieses  Zeichen  nach  Ablauf  von  24  Stunden,  so  sind 
Choleravibrionen  nicht  vorhanden. 

4)  Ein  Ueberwuchern  der  Choleravibrionen  durch  andere  Bak- 
terien findet  auf  dem  Serum  innerhalb  24  Stunden  nicht  so  leicht 
statt,  wie  in  flüssigen  Nährsubstraten.  Mithin  kann  man  sich  die 
ängstliche  Ueberwachung  der  Anreicherungskultur  ersparen.“ 

Busse  (Berlin). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

ßomträger,  Desinfektion  oder  Verhütung  und  Vertrei- 
bung ansteckender  Krankheiten.  Für  Aerzte,  Verwal- 
tungsbeamte und  Gebildete  jedes  Berufes.  Leipzig  (H.  Hartung 
& Sohn)  1893.  Preis  2,40  M. 

Verf.  hat  sich,  wie  er  im  Vorworte  seines  Buches  ausführt,  die 
Aufgabe  gestellt,  den  durch  die  Choleragefahr  und  ihre  Bekämpfung 
angeregten  Wissensdurst  der  Bevölkerung  in  hygienisch -epidemio- 
logischen Fragen  zu  befriedigen.  Er  beginnt  mit  einer  gemein- 
verständlichen Schilderung  der  Bakterien,  ihrer  Bedeutung  und  ihrer 
Bekämpfung  und  bespricht  im  einzelnen  die  Maßregeln  zur  Verhütung 
der  Einschleppung,  der  Verbreitung  und  der  Ansiedelung  pathogener 


Schutsimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  253 


Bakterien.  Hierbei  werden  Sperren  und  Quarantänen,  Kranken- 
absonderung, Beaufsichtigung  verdächtiger  Personen,  Verkehrskontrolle 
und  Beschränkungen,  öffentliche  Belehrungen,  Maßnahmen  auf  dem 
Gebiete  des  Leichenwesens,  der  Wasserversorgung,  Wohnungshygiene 
und  anderes  erörtert  und  gewürdigt.  Der  letzte  Abschnitt  enthält 
unter  dem  zusammenfassenden  Titel  Desinfektion  einerseits  that- 
sächlich  Erklärungen  über  den  Wert  und  die  Anwendungsweise  der 
Desinfektion  im  allgemeinen,  wie  ihrer  einzelnen  Verfahren ; anderer- 
seits eine  Kritik  des  gegenwärtigen  Standes  der  öffentlichen  Gesund- 
heitspflege, der  Stellung  der  Medizinalbeamten,  der  Aerzte,  der 
höheren  Gesundheitsbehörden  u.  s.  w. 

Es  kann  nur  anerkanut  werden , daß  der  Verf.  den  Versuch 
gemacht  hat,  das  Dunkel,  in  welchem  sich  der  weitaus  größte  Teil 
der  „gebildeten“  Bevölkerung  unseres  Vaterlandes  hinsichtlich  aller 
die  menschliche  Gesundheit  und  ihre  Gefahren  betreffenden  Fragen 
befindet,  etwas  zu  erhellen  und  gegenüber  den  wunderlichen  An- 
schauungen und  Entstellungen,  welche  ungenannte  Verfasser  in  den 
politischen  Zeitungen,  Naturheilkundige  und  mehr  oder  weniger 
angesehene  wirkliche  Aerzte  in  Volksversammlungen,  Belehrungs- 
schriften, Pamphleten  während  der  letzten  beiden  Jahre  verbreitet 
haben,  aufklärend  zu  wirken.  Die  besondere  Bestimmung  dieser 
Zeitschrift  verbietet  es  jedoch,  im  einzelnen  zu  erläutern,  in  welcher 
Weise  der  Verf.  seine  Aufgabe  gelöst  hat.  Ref.  möchte  nur  folgende 
Punkte  hervorheben: 

Obwohl  es  unbestreitbar  als  ein  Vorzug  des  Buches  bezeichnet 
werden  kann,  daß  die  Darstellung  klar  ist  und  dem  Standpunkte 
eines  nichtwisseuden  Lesers  in  zweckmäßiger  Weise  sich  anpaßt,  so 
dürfte  der  beabsichtigte  nützliche  Zweck  noch  besser  erreicht  worden 
sein,  wenn  der  Stoff  strenger  gesichtet  und  demgemäß  der  Umfang 
des  Buches  beschränkt  worden  wäre.  Auch  unter  den  wirklich  nach 
Belehrung  verlangenden  Laien  wird  die  Mehrzahl  sich,  wie  Ref. 
fürchtet,  begnügen,  die  ersten  Seiten  zu  lesen,  dann  aber  das  Buch, 
durch  seinen  Umfang  (164  Seiten)  abgeschreckt,  aus  der  Hand  legen. 
Dasselbe  wird  dann  auch  den  Zweck  eines  Nachschlagebuches  nicht 
leicht  erfüllen,  weil  ein  alphabetisches  Register  fehlt.  Zum  Nachteile 
kann  es  dem  Buche  ferner  gereichen,  daß  der  Verf.  in  den  Fragen 
der  Quarantäne  und  Absperrungsmaßregeln  sowie  andererer  Verkehrs- 
beschränkungen einen  Standpunkt  einnimmt,  welcher  von  den  gegen- 
wärtig an  leitender  Stelle  befindlichen  Hygienikern  der  verschiedenen 
Schulen  nicht  geteilt  wird.  So  weitgehende  Maßregeln,  wie  der  Verf. 
für  nützlich  hält,  werden  zur  Durchführung  in  Deutschland  jedenfalls 
in  sachverständigen  Kreisen  nur  wenige  befürwortende  Stimmen 
finden.  Immerhin  aber  handelt  es  sich  bei  dem  besprochenen  Buche 
im  ganzen  doch  um  ein  nützliches  Unternehmen,  dessen  Förderung 
empfohlen  werden  muß,  und  im  besonderen  gewährt  es  eine  Genug- 
tuung, daß  nach  den  vielfachen  Entstellungen  und  gehässigen  An- 
feindungen nun  doch  auch  einmal  eine  wohlwollende  Erklärung  und 
Begründung  der  zur  Seuchenbekämpfung  bei  uns  zur  Anwendung 
gelangten  Maßnahmen  in  die  Bevölkerung  getragen  wird. 

K übler  (Berlin). 


254  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Kubier,  Die  Gesetzgebung  zur  Bekämpfung  gemein- 
gefährlicher Krankheiten  in  einigen  Staaten  des 
Auslandes.  (Deutsche  med.  Wochenschr.  1893.  No.  14.) 

Eine  kurze,  übersichtliche  Zusammenstellung  der  in  verschiedenen 
europäischen  Staaten  bereits  herrschenden  Gesetze  zur  Bekämpfung 
infektiöser  Krankheiten,  welche  beweist,  daß  Deutschland  mit  der  Vor- 
lage eines  Seuchengesetzes  keineswegs  den  Anfang  gemacht  hat  und 
daß  viele  Bestimmungen  des  deutschen  Entwurfes,  welche  bei  uns  als 
zu  weitgehend  verurteilt  werden,  in  anderen  Ländern  seit  Jahren  zu 
Recht  bestehen,  ohne  Klagen  der  Bevölkerung  hervorzurufen. 

Abel  (Greifswald). 

Montefusco,  Azione  delle  basse  temperature  sullaviru- 
lenza  degli  spirilli  del  colera.  (Annali  dell’  Istituto 
d’Igiene  sperimentale  della  R.  Universitä  di  Roma.  Vol.  III.  N.  S. 
Fase.  1.  p.  31.) 

Die  Versuche  des  Verf.’s  sollen  zeigen,  daß  Cholerabouillonkulturen 
bei  Temperaturen  von  0 bis  — 5°  während  einer  halben  Stunde  eine 
Herabsetzung  ihrer  Virulenz  erfahren,  bei  — 10  bis  — 15°  ihre  Virulenz 
in  derselben  Zeit  ganz  verlieren.  M.  hat  diese  Thatsache  allerdings 
nur  für  die  stomachale  Infektion  von  Meerschweinchen  bewiesen;  in 
dem  einzigen  Versuche,  in  welchem  er  Meerschweinchen  intraperitoneal 
infiziert,  bringt  er  fünf  Tieren  eine  Dosis,  welche  bei  nicht  abgekühlten 
Kulturen  sicher  tätlich  wirkt,  von  einer  Bouillon  bei,  die  2 Stunden 
lang  — 15°  ausgesetzt  gewesen  ist;  alle  fünf  Tiere  sterben,  so  daß 
die  Virulenz  der  Choleraspirillen  doch  nicht  ganz  verschwunden  ge- 
wesen zu  sein  scheint.  Bekanntlich  wirkt  die  intraperitoneale  In- 
jektion von  Choleravibrionen  sicherer  letal,  als  die  stomachale,  auch 
von  M.’s  Konfrontieren  überlebten  bei  dem  letzteren  Infektionsmodus 
mehrere. 

Die  Cholerakulturen,  welche  unter  der  Einwirkung  der  Kälte  ihre 
Virulenz  verloren  haben,  erlangen  dieselbe  bei  Umzüchtung  und  Kul- 
tivierung bei  37°  wüeder.  Werden  bei  50°  abgetötete  Kulturen 
niedrigen  Temperaturen  ausgesetzt,  so  macht  sich  keine  Abnahme  der 
darin  enthaltenen  Giftstoffe  bemerkbar. 

Das  Ueberstehen  einer  Impfung  mit  abgekühlten  Kulturen  schützt 
Meerschweinchen  gegen  eine  nachfolgende  Infektion  mit  Cholera- 
spirillen oder  Intoxikation  mit  Choleragiften.  Abel  (Greifswald). 

Witkowski,  Stanislaus  von,  Ueber  Cholerabehandlung. 
(Wiener  medizinische  Presse.  1893.  No.  41.) 

Bei  der  asiatischen  Cholera  handelt  es  sich  um  eine  Vergiftung, 
die  vorzugsweise  das  Herz  und  die  Cirkulationsbahnen  lähmt;  der 
Wasserverlust  des  Körpers  ist  nur  von  untergeordneter  Bedeutung;  die 
subkutanen  Salzwasserinfusionen  haben  demgemäß  nur  einen  geringen 
Wert.  Bei  der  Cholerabehandlung  sind  vielmehr  3 Indikationen  zu 
erfüllen  und  danach  die  Mittel  zu  wählen.  Die  erste  bezweckt  d i e 
Ausscheidung  der  Giftstoffe  (Erbrechen  und  Durchfälle  sind 
durch  lindernde  Mittel  zu  beeinflussen);  die  zweite  die  Herzthätig- 
keit  zu  heben  (subkutane  Kampferinjektionen),  die  dritte  hat  zur 


Schutzimpfung,  künatl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  255 


Aufgabe,  den  Darm  zu  desinfizieren.  Die  letzte  Indikation 
wird  im  Stadium  alleiniger  Durchfälle  durch  Salol  mit  Bismuthum 
salicylicum  erfüllt;  sind  Brechdurchfälle  oder  Erbrechen  vorhanden,  so 
ist  Cocain  am  Platze,  dem  man  zweckmäßig  Kreosot  zusetzt. 
Auch  Ichthyol  wirkt  besonders  im  Stadium  typhoideum  günstig. 
Nachdem  das  Erbrechen  nachgelassen  hat,  hat  man  stets  dafür 
Sorge  zn  tragen,  daß  der  Magen  nicht  ganz  leer  ist.  In  der 
Rekonvalescenz  sind  schwer  verdauliche  Speisen  zu  vermeiden. 

Kurt  Müller  (Halle). 

Busclike,  Ueber  die  Immunisierung  eines  Menschen 
gegen  Tetanus.  (Dtsch.  med.  Wochenschr.  1893.  No.  50.) 

In  der  chirurgischen  Universitätsklinik  zu  Greifswald  war  ein 
Kranker  an  Tetanus  verstorben.  Das  Blutserum  desselben  besaß,  wie 
Tierversuche  zeigten,  eine  toxische  Wirkung  nicht.  Um  zu  prüfen, 
ob  es  immunisierende  oder  heilende  Kraft  gegenüber  der  experimentell 
bei  Tieren  erzeugten  Krankheit  besaß,  unternahm  der  Verf.  damit 
Impfversuche  bei  Mäuseu.  Bei  einem  derartigen  Versuche  verletzte 
er  sich  die  Volarfläche  des  kleinen  Fingers  mit  der  Kanülenspitze  der 
Spritze,  welche  vorher  behufs  Einverleibung  des  Serums  einer  Maus 
in  der  Gegend  der  mit  Tetanusbouillon  geimpften  Stelle  unter  die 
Rückenhaut  eingeführt  worden  worden  war.  5 Tage  darauf  ließ 
sich  der  Verf.  5 ccm  Behrin  g’sches  Heilserum,  d.  h.  das  30- 
fache  derjenigen  Menge,  welche  nach  Behring  zur  Immunisierung 
vor  der  Impfung  hingereicht  haben  würde  (das  Serum  hatte 
einen  Immunisierungswert  von  1 : 100000),  in  das  Unterhaut- 
gewebe der  Streckseite  des  linken  Oberschenkels  injizieren.  Etwa 
am  vierten  Tage  nach  dieser  Injektion  begannen  sich  leise  rheuma- 
tische Schmerzen  in  der  Körpermuskulatur  zu  zeigen,  gleichzeitig 
bildete  sich  eine  schmerzhafte  Anschwellung  einer  linksseitigen 
Leistendrüse.  Zwei  Tage  später  entstand  ein  urticariaähnliches 
Exanthem  in  der  Gegend  der  Injektionsstelle,  welches  sich  fernerhin 
noch  weiter  am  Oberschenkel  ausbreitete.  Zugleich  nahm  die 

Schwellung  und  Schmerzhaftigkeit  der  Leistendrüse  zu.  Fieber  stellte 
sich  ein,  ein  großes  Hinfälligkeitsgefühl  bemächtigte  sich  des  Kranken. 
Die  Muskelschmerzen  steigerten  sich  mehr  und  mehr  und  gewannen 
in  den  folgenden  Tagen  einen  eigentümlichen  Charakter.  Sie  durch- 
zuckten blitzartig  die  Gliedmaßen  und  die  Rumpfmuskulatur  ein- 
schließlich der  Atemmuskeln  und  wurden  durch  ganz  leichte  Be- 
wegungen plötzlich  ausgelöst.  Zu  Krämpfen  kam  es  dagegen  nicht. 
Dieser  Zustand  währte  etwa  2 Tage.  Dann  gingen  alle  Erscheinungen 
allmählich  zurück,  bis  der  Kranke  wenige  Tage  darauf  sich  als  ge- 
nesen betrachten  konnte. 

Die  Epikrise  der  vorstehenden  Krankengeschichte  läßt  sich  nicht 
in  Form  eines  kurzen  Referates  wiedergeben  und  muß  daher  im 
Originale  nachgelesen  werden.  Sie  führt  den  Verf.  zu  der  Folgerung, 
daß  es  sich  wahrscheinlich  um  einen  durch  das  Behring’sche  Mittel 
abgeschwächten  Tetanus  gehandelt  hat.  Um  diese  Annahme  voll- 
giltig  zu  beweisen,  sei  es  indessen  notwendig,  auszuschließen,  daß 
alle  Symptome  entweder  als  Nebenwirkungen  des  sterilen  Pferde- 


256  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


serums  oder  als  Immunisierungserscheinungen  unmittelbare  Folgen  der 
Einverleibung  des  ß ehr ing’ sehen  Mittels  gewesen  seien.  Der  letzt- 
bezeichnete  Beweis  würde  sich  jedoch  nur  durch  neue,  am  Menschen 
anzustellende  Versuche  erbringen  lassen.  K üb ler  (Berlin). 

Maiselis,  Issai,  Ueber  die  erworbene  Immunität  nach 
menschlichen  Infektionskrankheiten.  [Inaug.  - Diss.] 
8°.  29  p.  Berlin  1893. 

Während  die  Immunität  auf  der  Fähigkeit  der  zellenfreien  Blut- 
flüssigkeit beruht,  die  toxischen  Substanzen,  welche  die  Bakterien 
produzieren,  unschädlich  zu  machen,  ist  es  noch  nicht  als  feststehend 
zu  erachten,  wie  es  sich  mit  der  durch  das  Ueberstehen  einer  Infek- 
tionskrankheit erworbenen  Immunität  des  Menschen  verhält.  Verf. 
stellte  deshalb  die  in  der  Litteratur  ihm  zugänglichen  Fälle  wieder- 
holter Erkrankungen  an  Infektionskrankheiten  zusammen,  d.  h.  nur 
solche,  bei  welchen  die  Intervalle  zwischen  den  Erkrankungen  von 
größerer  Zeit  waren  und  unzweifelhaft  wiederholte  Erkrankungen 
darstellen.  Es  bestätigt  sich,  daß  auch  für  den  Immunisierungs-  bez. 
Heilungsvorgang  der  Natur  quantitative  Verhältnisse  maßgebend  sind; 
je  intensiver  die  Produktion  der  Immunisierungsstoffe,  desto  dauern- 
der die  Immunität. 

Bei  den  Pocken  sind  zweimalige  Erkrankungen  oftmals  beob- 
achtet, dreimalige  sind  neunmal  angegeben,  Centanni  berichtet  von 
einer  siebenmaligen. 

Zweimalige  Scharlacherkrankungen  sind  im  allgemeinen  selten, 
doch  giebt  Maiselis  deren  29  an;  dreimalige  4,  achtmalige  1 
(Scarlatina  habitualis). 

Dasselbe  gilt  von  den  Masern,  deren  zweimaliges  Auftreten  bei 
demselben  Individuum  sogar  von  Aerzten  geleugnet  wird.  36  Fälle 
zweimaliger,  1 Fall  dreimaliger  Erkrankung. 

Typhus  abdominalis  pflegt  nach  klinischer  Erfahrung  nur  einmal 
den  Menschen  zu  befallen,  doch  beweiseu  zahlreiche  Angaben,  daß 
Fälle  zwei-,  drei-  und  selbst  viermaliger  Erkrankung  bei  ein  und 
demselben  Individuum  Vorkommen. 


Auch  die  Cholera  asiatica  gewährt  durch  das  einmalige  Ueber- 
stehen eine  Immunität,  ohne  sicher  zu  schützen. 

Im  ganzen  vermochte  Verf.  folgende  Zusammenstellung  zu  liefern : 


Erkrankung  zwei- 

drei- 

viermalig 

Summe 

Pocken 

505 

9 

— 

514 

Scharlach 

29 

4 

— 

33 

Masern 

36 

1 

— 

37 

Typhus  abdominalis 

202 

5 

i 

208 

Cholera  asiatica 

29 

3 

2 

34 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


Bark,  J.,  Aural  Catheter  Steam  Sterilizer.  (Journ.  of 
Laryng.,  Rhinol,  and  Otol.  Vol.  VI.  No.  7.) 

Eine  Hohlkugel  aus  Metall  von  etwa  2 cm  Durchmesser,  die  am 
oberen  Pole  mittelst  Schraube  und  Mutter  mit  einer  zur  Horizontalen 
abgebogenen  Metallröhre  verbunden  ist.  Letztere  ist  an  ihrem  freien 


Neue  Litteratur. 


257 


Ende  mit  einem  konischen  Gummiring  versehen.  Außerdem  trägt 
die  Kugel  eine  kleine  Drahtöse  in  der  Nähe  der  Schraubenmutter. 
Die  Kugel  wird  zur  Hälfte  mit  Wasser  gefüllt,  die  Röhre  dicht  auf- 
geschraubt, das  breite  Ende  des  Katheters  auf  den  Gummikonus 
aufgeschoben  und  die  Kugel  nun  mittelst  Zange  oder  eines  durch 
die  Oese  gesteckten  Stäbchens  (Zündhölzchen)  über  eine  Weingeist- 
oder andere  Flamme  gehalten.  Nach  kurzer  Zeit  wird  ein  kräftiger 
Dampfstrahl  durch  den  Katheter  getrieben,  der  das  Instrument 
gründlich  reinigt,  worauf  es  bis  zum  Gebrauche  in  einer  antiseptischen 
Flüssigkeit  aufbewahrt  wird.  Krdl  (Prag). 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Abthub  Wübzbueg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 

Morphologie  und  Systematik. 

Johne,  Notwendige  Ergänzung  zu  meinem  Artikel  „Zur  Kenntnis  der  Morphologie  der 
Milzbrandbacillen“.  (Dtscbe  Ztschr.  f.  Tiermed.  1894.  Bd.  XX.  No.  1.  p.  73  — 74.) 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwccbselprodukte  u.  s.  w.) 

Gamaleia,  P.  N..  Ueber  das  Leben  der  Cholerabacillen  im  Wasser  unter  dem  Einflüsse 
des  Eintrocknens  und  der  Feuchtigkeit.  (Dtsche  med.  Wchscbr.  1893.  No.  51.  p.  1350 
— 1353.) 

Kuprianow,  J.,  Beiträge  zur  Biologie  der  Vibrionen.  (Arch.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XIX. 
No.  3.  p.  282—294.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gehrauchsgegenstände. 

Edel,  M , Untersuchungen  über  den  Bakteriengehalt  des  Badewassers.  (Arch.  f.  Hygiene. 
1894.  Bd.  XIX.  No.  3.  p.  225—247.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrankheiten. 

Mecklenburg-Schwerin.  Verordnung,  betr.  die  Anzeige  epidemischer  Krankheiten.  Vom 
30.  Oktober  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  51.  p.  994.) 

Exan  thematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötbein,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Barrault,  Le  typhus  exanthömatique  ä la  prison  de  la  sante.  (Gaz.  d.  höpit.  1893. 
p.  755—757.) 

Catrin,  Le  typhus  exanthematique.  (Gaz.  d.  höpit.  1893-  p.  735,  741.) 

Hope,  E.  W.,  Recent  outbreaks  of  small-pox  in  Liverpool  and  the  action  in  connectiou 
tberewith.  (Liverpool  med.-chir.  Journ.  1893  p.  311 — 318.) 

Netter,  Etiologie  et  prophylaxie  du  typhus  exanthematique.  (Bullet,  et  memoir.  de  la 
soc.  mdd.  d.  höpit.  de  Paris.  1893  p 555 — 561.) 

Oesterreich.  Erlaß  des  Ministeriums  des  Innern , betr.  die  Instruktion  hinsichtlich 
Errichtungen  u.  s.  w.  von  Impfstoff-Gewinnungsanstalten.  Vom  3.  Juni  1893.  (Ver- 
öffentl. d.  kaiserl.  Gesundbeits-A.  1893.  No.  49.  p.  956 — 957.) 


258 


Neue  Litteratur. 


Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Conference  de  medecins  et  des  reprösentants  du  gouvern.  Cherson  ä propos  de  l’öpi- 
demie  du  cholera  asiatique.  (Zemsk.  Wratsch.  Poltawa  1893.  p.  229,  249,  269,  290.) 
Earthman,  V.  K.,  Typhoid  fever.  (Nashville  Journ.  of  med.  and  surg.  1893.  p.  49 — 55.) 
Klipstein,  E.,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera-  und  Typhusbakterieu  im  Torfmull  mit 
Säurezusätzen.  (Hygien.  Rundschau.  1893-  No.  24.  p.  1093  — 1107.) 

Primet,  Rapport  sur  l’epidemie  de  fievre  jaune  au  Soudan.  (Arcli.  de  med.  navale. 
1893.  p.  241,  357,  443.  Vol.  II.  p.  26.) 

Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbraud,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Baldridge,  M.  C.,  Puerperal  septicaemia.  (Virginia  med.  monthly,  Ricbmoud  1893/94. 
p.  417—428  ) 

Range,  Quelques  considerations  sur  le  tetanos.  (Arch.  de  med.  navale.  1893.  p.  377 
—387.) 


Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrophulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Couteaud,  La  lfepre  ä Bergen  (Norvege).  (Arch.  de  med.  navale.  1893.  p.  440 — 443.) 
Fischöder,  Ueber  die  Verbreitung  und  sanitätspolizeiliche  Beurteilung  der  Tuberkulose 
nach  dem  Ministerialerlaß  vom  26.  März  1892.  (Ztschr.  f.  Fleisch-  u Milchhygieue. 
1893/94.  No.  1—3.  p.  8—9,  24  — 28,  45—47.) 

Hutchinson,  J , Long  immunity  at'ter  excision  of  the  breast  in  a late  stage.  (Arch.  of 
surg.  1893/94.  p.  47.) 

Münch,  G.  N.,  La  lepre  avait-elle  existe  en  Egypte  du  temps  de  Moise?  (Vuzhno 
russk.  med.  Gaz.  1893.  Vol.  II.  p.  111,  123,  136.) 

Nepveu,  G.,  Parasites  dans  le  cancer.  (Compt.  rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  23.  p.  808 
—810.) 

Park,  R , The  parasitic  theory  of  the  etiology  of  carcinoma.  (Transact.  of  the  med. 
soc.  of  New  York.  1893.  p.  185 — 196.) 

Pusey,  W.  A.,  The  leprosy  problem.  (Chicago  med.  Recorder.  1893.  p.  97 — 102.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre. 
Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Richter,  Epidemiologische  Erfahrungen  über  Diphtherie.  (Ztschr.  f.  Medizinalbeamte. 
1893.  No.  23.  p.  577—584.) 

Sperling,  P.,  Zur  Iuüuenzaepidemie.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1893.  No.  51.  p.  1365 
—1366.) 

Andere  infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Graham,  J.  C.,  Steward,  S.  H.  and  Baldwin,  J.  F.,  The  bacillus  aerogenes  capsulatus; 
case ; diagnosis;  autopsy;  bacteriological  study.  (Columbus  med.  Journ.  1893/94. 
p.  55—61.) 

Nocard,  La  botryomycose,  nouveau  cas  de  guörison  par  l’iodure  de  potassium.  Un  cas 
de  göneralisation  au  poumon.  (Recueil  de  med.  veterin.  1893.  No.  22.  p.  513 — 515.) 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Atmungsorgane. 

Kohn,  H.,  Ein  Fall  von  Pneumonomycosis  aspergillina.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1893 
No.  50.  p.  1332—1333.) 

Verdauungsorgane. 

Babes , V.  et  Manicatide , M.,  Kyste  hydatique  du  foie  combinö  avec  Cysticercose. 

(Roumanie  med.  1893.  No.  7.  p.  220 — 224.) 

Levin,  A.  M , Zur  Aetiologie  der  Cholera  nostras.  (Bolnitscb.  Gaz.  Botkiuu  1893. 
p.  473,  510.)  [Russisch.] 


Neue  Litteratur« 


259 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Eotz. 

Semmer,  E , Ueber  gutartige  heilbare  Formen  des  Rotzes.  (Dtsche  Ztschr.  f.  Tiermed. 
1894.  Bd.  XX.  No.  1.  p.  59—66.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thieren. 

Säugethiere. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Tierseuchen  in  Bulgarien,  3.  Vierteljahr  1893.  (Verödend,  d.  kaiserl.  Gesundheits-A . 
1893.  No.  50.  p.  979.) 

Krankheiten  der  Einhufer. 

(Typhus,  Influenza,  Beschälkrankheit,  Septikümie,  Druse.) 

Jensen,  C.  0.,  Eine  bisher  nur  wenig  beachtete  Infektionsweise  der  Pferdestaupe. 
(Dtsche  Ztschr.  f.  Tiermed.  1894.  Bd.  XX.  No.  1.  p.  47 — 58). 

Krankheiten  der  Vielhufer. 

(Rotlauf,  Schweineseuche,  Wildseuche.) 

Joger,  Ueber  eine  eigentümliche  Infektionskrankheit  bei  Schweinen.  (Ztschr.  f.  Fleisch- 
u.  Milchhygiene.  1893/94.  No.  3.  p.  47 — 48.) 

Krankheiten  der  Hunde. 

Cadiot,  P.  J.,  Die  Tuberkulose  des  Hundes.  Uebers.  von  Froh  ne  r.  (Mtsli.  f.  prakt. 

Tierheilk.  1894.  Bd.  V.  No.  3.  p.  97—135.) 

Eber,  W.,  Tussis  convulsiva  infectiosa  der  Hunde.  (Dtsche  Ztschr.  f.  Tiermed.  1894. 
Bd.  XX.  No.  1.  p.  67—72.) 

C.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Mahon,  F.  C.,  Otacariasis  in  the  dog  and  cat.  (Veterin.  Journ.  1893.  Oct.  p.  233 
—236.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Kocli’sehe 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Amd,  Ueber  Kresolsaponate.  (Krrspdzbl.  f.  Schweiz.  Aerzte.  1894.  No.  1.  p.  9 — 12.) 
Böhm,  Ueber  Rauschbrand  und  Rauschbrandschutzimpfungeu.  (Wchschr.  f.  Tierheilk. 

1893.  No.  51,  52.  p.  504—507,  513—520.) 

Fedoroff,  S.,  Zur  Blutserumtherapie  der  Cholera  asiatica.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894. 
Bd.  XV.  No.  3.  p.  423—433.) 

Högyes,  A.,  Die  Statistik  des  Budapester  Pasteur-Instituts  im  3.  Jahre  seines  Bestandes. 

(Termeszettudoinänyi  közlöny.  1893.  Dez.)  [Ungarisch] 

Jolles,  M.,  Ueber  die  Desinfektionsfähigkeit  von  Seifenlösungen  gegen  Cholerakeime. 

(Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XV.  No.  3.  p.  460 — 473.) 

Lorenz,  Schutzimpfungsversuche  gegen  Schweinerotlauf  mit  Anwendung  eines  aus  Blut- 
serum immunisierter  Tiere  hergestellten  Impfpräparates.  (Dtsche  Ztschr.  f.  Tiermed. 

1894.  Bd.  XX.  No.  1.  p.  1—46.) 

Palmirski,  W.,  Dzialanie  wibryona-Miecznikowa  na  susly.  (Medycyna.  1893.  p.  599 
—601.) 

Sacharoff,  P.  A.,  Maliern  und  seine  Anwendung  in  der  Praxis  bei  der  Diagnose  des 
Pferderotzes.  (Arch.  veter.  nauk.  1893.  Vol.  IH.  p.  110 — 135.)  [Russisch  ] 

Spina,  A.,  Einige  Versuche  über  die  Wirkung  von  intraparenchymatösen  Injektionen 
von  Giften  in  die  verkästen  Knoten  bei  der  Impftuberkulose  der  Meerschweinchen. 
(Allg.  Wien.  med.  Ztg.  1893.  p.  289,  300.) 

Wladimiroff , A. , Ueber  die  antitoxinerzeugende  und  immunisierende  Wirkung  des 
Tetanusgiftes  bei  Tieren.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XV.  No.  3.  p.  405 — 422.) 


260 


Inhalt. 


Inhalt. 


Ori  ginalmitteilungen . 

Abel,  Rudolf,  lieber  das  Vorkommen  feiner 
Spirillen  in  Dejektiouen.  (Orig.),  p.  213. 

Askanazy,  M.,  Zur  Lehre  von  der  Trichi- 
nosis.  (Orig.),  p.  225. 

Dmochowski,  Z.  u.  Janowski,  W.,  Beitrag 
zur  Lehre  von  den  pyogenen  Eigen- 
schaften des  Typhusbacillus.  (Orig.), 
p.  216. 

Nicolaier,  Bemerkung  zu  der  Arbeit  von 
Prof.  F.  G.  Novy  ,,Die  Kultur  anaerober 
Bakterien“.  (Orig.),  p.  227. 

Original-Referate  aus  bakteriologischen 
Instituten  etc. 

Alessi,  Giuseppe,  Ueber  Fäulnisgase  als 
prädisponierende  Ursache  zur  Typhus- 
infektion. (Orig.),  p.  228. 

Fermi,  Claudio  u.  Pernossi,  Leone,  Ueber 
die  Enzyme.  Vergleichende  Studien. 
(Orig.),  p.  229. 

Referate. 

Beck,  M. , Der  Bacillus  der  Brustseuche 
beim  Kaninchen,  p.  246. 

Blachstein,  Contribution  ä l’etude  microbi- 
que  de  l’eau,  p.  235. 

Cacace,  E. , Dell’  azione  dei  prodotti  di 
ricambio  del  bacterium  coli  commune 
sullo  sviluppo  del  bacillo  del  colera  e 
di  quello  del  bacillo  del  colera  sullo 
sviluppo  del  bacterium  coli,  p.  242. 

Edel,  Untersuchungen  über  den  Bakterien- 
gehalt des  Badewassers,  p.  235. 

Gamaleia,  Ueber  das  Leben  der  Cholera- 
bacillen im  Wasser,  unter  dem  Einflüsse 
des  Eintrocknens  und  der  Feuchtigkeit, 
p.  240. 

Klemm , Die  Knochenerkrankungen  im 
Typbus,  p.  237. 

Leuckart,  Rudolf,  Die  Parasiten  des  Men- 
schen und  die  von  ihnen  herrührenden 
Krankheiten,  p.  247. 

Loewy,  Die  Typhusepidemie  in  Fünfkirchen, 
verursacht  durch  Infektion  der  Wasser- 
leitung, p.  236. 

Montefusco,  11  latte  in  Napoli,  p.  235. 

Nöggerath,  Beiträge  zur  Struktur  und  Ent- 
wickelung des  Carcinoms,  p.  244. 

Reinbach,  G. , Ueber  das  Verhalten  der 
Leukocyten  bei  malignen  Tumoren,  p.  243. 


Sanarelli,  Les  vibrions  des  eaux  et  l'ätio- 
logie  du  choldra,  p.  240. 

Snow,  The  so-called  ,,parasitic  protozoa“ 
of  mammary  carcinoma,  p.  243. 

Tedeschi,  A. , Untersuchungen  über  die 
Wirkung  der  Einimpfung  des  Rotzes  auf 
die  Nervencentra,  p.  242. 

Tubeuf,  C.  v.,  Empusa  Aulicne  Reich,  und 
die  durch  diesen  Pilz  verursachte  Krank- 
heit der  Kieferneulenraupe,  p.  248. 

Unna,  Zur  Kenntnis  der  hyalinen  Degene- 
ration der  Carcinomepithelien,  p.  246. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Freymuth  u.  Lickfett,  Nochmals  zur  Dia- 
gnose der  Cholera  mittelst  Agarplatten, 
p.  250. 

Maafsen,  A.,  Zur  bakteriologischen  Dia- 
nose  der  asiatischen  Cholera.  Ein  neues 
Aureicherungsverfahron  für  Spirillen  und 
Vibrionen,  p.  251. 

Terni,  Camillo,  La  diagnosi  differenziale 
del  bacillo  del  tifo,  p.  249. 

Zabolotny,  Zur  Frage  der  raschen  Bak- 
teriendiaguose  der  Cholera,  p.  250. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Bark,  J.,  Aural  Catheter  Steam  Sterilizer, 
p.  256. 

Bornträger,  Desinfektion  oder  Verhütung 
und  Vertreibung  ansteckender  Krank- 
heiten, p.  252. 

Buschke,  Ueber  die  Immunisierung  eines 
Menschen  gegen  Tetanus,  p.  255. 

Kubier,  Die  Gesetzgebung  zur  Bekämpfung 
gemeingefährlicher  Krankbeiten  in  eini- 
gen Staaten  des  Auslandes,  p.  254. 

Maiselis,  Issai,  Ueber  die  erworbene  Im- 
munität nach  menschlichen  Infektions- 
krankheiten, p.  256. 

Montefusco,  Azione  delle  hasse  tempera- 
ture  sulla  virulenza  degli  spirilli  del 
colera,  p.  254. 

Witkowski,  Stanislaus  von,  Ueber  Cholera- 
behandlung, p.  254. 

Neue  Litteratur,  p.  257. 


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Mit  22  Abbildungen  Preis  im  Abonnement  Mk.  1.50  — apart  Mk  2 — . 


Soeben  erschien : 

Dr.  Th.  Weyl, 

Schriftführer  der  deutschen  Gesellschaft  für  Öffentliche  Gesundheitspflege, 

Die  Einwirkung  hygienischer  Werke  auf 
die  Gesundheit  der  Städte 

mit  besonderer  Rücksicht  auf  Berlin. 

Preis  2 Mark. 


Dr.  Martin  B.  Schmidt,  Privatdocent,  und  Dr.  Ludwig  AschoflT, 

Assistenten  am  pathologischen  Institut  zu  Strassburg, 

Die  Pyelonephritis 

ln  anatomischer  und  bakteriologischer  Beziehung 

und 

die  ursächliche  Bedeutung  des  Iiacterium  coli  commune 
für  die  Erkrankung  der  Harnwege. 

Mit  1 lithographischen  Tafel  und  1 Tafel  in  Lichtdruck.  — 1893.  — Preis:  4 M.  50  Pf. 


Professor  Dr.  Julius  Grlax, 

k.  k.  Regierungsrath  und  dirigirender  Arzt  in  Abbazia. 

lieber  die  Wasserretention  im  Fieber. 

Ein  Beitrag  zur  Frage  über  die  Bedeutung  der  Wasserzufuhr 
und  der  Auswaschung  des  menschlichen  Organismus  in 
Infectionskrankheiten. 

Mit  53  Abbildungen  im  Text.  Preis:  4 Mark. 


FromiDauuKobe  buchdruckerei  (Hermann  Fohle)  in  Jena. 


Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Gel  Hott.  Prof.  Dr.  Leitet  m Professor  Dr.  Loefler 

ln  Leipzig  In  Greifiwald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  DlxlTsrorm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XY.  Band.  -O-  Jena,  den  2.  März  1894.  No.  8/9. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten.  %*— 


Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original- Mittheilungen. 


Ueber  die  Kerne  der  Milzbrandsporen. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  kaiserl.  Universität  in  Moskau.] 

Von 

TV.  Ukewicz. 

Mit  1 Figur. 

Obgleich  gegenwärtig  schon  viele  Arbeiten  über  den  Bau  der 
Mikroorganismen  im  allgemeinen  und  einzelner  Mikroben  im  be- 
sonderen existieren,  so  ist  doch  die  Frage  über  die  Sporen- 
kerne noch  so  wenig  bearbeitet,  daß  man  sie  als  gänzlich  offen 
betrachten  kann.  Die  Unzulänglichkeit  der  uns  zur  Verfügung 
stehenden  optischen  Hilfsmittel  bei  dem  Betrachten  so  kleiner  Ob- 
jekte, wie  die  Sporenkerne  der  Bakterien,  und  der  Mangel  an  Färbe- 

XV.  Bd.  17 


262 


W.  Ilkewicz, 


methoden,  welche  uns  gestatten  würden,  diese  kleinen  Objekte  sicht- 
bar zu  machen,  haben  bis  auf  die  jüngste  Zeit  die  Forscher  bewogen, 
die  Entscheidung  dieser  Fragen  der  Zukunft  zu  überlassen.  Am 
frühesten  ist  denselben  nahe  getreten  Herr  Nil  Sjöbring,  dessen 
Arbeiten  ich,  wenn  auch  nur  in  kurzen  Worten,  am  Ende  meiner 
Mitteilung  Erwähnung  thun  werde.  Mit  Hilfe  einer  von  mir 
für  mikrophotographische  Zwecke  empfohlenen  Färbemethode,  welche 
ich  in  einem  der  Redaktion  des  „Wratsch“  (russisch)  bereits  einge- 
sandten Artikel:  „Methode  zum  Färben  der  Bakterien  vermittelst 
Ueberosmiumsäure  zu  Zwecken  der  Mikrophotographie,  und  einige 
Worte  über  das  Färben  der  WTimperhaare  (Geißeln)  bei  den  Bakterien 
nach  der  Lo  effle  r’ sehen  Methode“  beschrieben  habe,  gelang  es 
mir,  bei  den  Milzbrandsporen  u.  a.  solche  Gebilde  zu  entdecken,  welche 
man  meiner  Meinung  nach  für  Kerne  ansehen  muß. 

Mit  Rücksicht  auf  das  Interesse,  welches  die  beim  Färben  der 
Milzbrandbacillen  nach  der  erwähnten  Methode  erhaltenen  Gebilde 
darbieten,  erlaube  ich  mir  vorläufig  kurz  zu  beschreiben,  was  mir  in 
den  Milzbrandsporen  zu  sehen  gelang  und  auf  welche  Weise  es  mir 
glückte,  diese  Gebilde  zu  färben.  Ich  gebe  keine  Beschreibung  der 
chemischen  Seite  meiner  Färbemethode,  da  eine  solche  ziemlich 
detailliert  in  dem  oben  erwähnten  Artikel  enthalten  ist,  und  wende 
mich  direkt  zur  Beschreibung  der  Methode,  mit  deren  Hilfe  ich  bei 
verschiedenen  Mikroorganismen  höchst  interessante  Bilder  erhielt  und 
die  es  mir  ermöglichte,  unter  anderem  in  den  Milzbrandsporen  die 
Gegenwart  von  Kernen  zu  konstatieren  und  den  Teilungsprozeß  der 
Spore  selbst  zu  beobachten. 

Das  Prinzip  der  Methode,  welche  ich  zur  Färbung  der  Einzel- 
heiten des  Bakterienbaues  empfehle,  ist  von  mir  einer  histologischen 
Arbeit  des  Herrn  Dr.  K o 1 o s s o w entnommen,  welcher  zur  Aufklärung 
der  Struktur  des  Pleuroperitoneal-  und  Gefäßepithels  (Endothels)  die 
Fähigkeit  der  Ueberosmiumsäurelösung  benutzt,  sich  bei  der  Be- 
rührung mit  Tanninlösung  oder  Pyrogallussäure  zu  desoxydieren  und 
sich  im  ersten  Falle  schwarz,  im  zweiten  aber  bläulich  - schwarz  zu 
färben  x).  Diese  äußerst  empfindliche  Reaktion  bildet  auch  die  Grund- 
lage der  vonKolossow  gefundenen  und  ausgearbeiteten  neuen  Me- 
thode der  Bearbeitung  der  Gewebe,  vermittelst  welcher  er  im  Bau 
nicht  nur  des  archiblastischen  Pleuroperitonealendothels,  sondern 
auch  des  paroblastischen  Gefäßendothels  Einzelheiten  entdeckte, 
welche  bis  jetzt  unbekannt  geblieben  waren  *).  Die  Färbungsmethode, 
mit  deren  Hilfe  er  diese  Resultate  erzielte,  besteht  in  folgendem: 
Die  zum  Färben  bestimmten  Präparate  werden  vorerst  in  einer 
Mischung  von  Ueberosmiumsäure,  Spiritus,  Wasser  und  Salpetersäure 
fixiert  und  sodann  in  eine  Flüssigkeit  getaucht,  welche  von  Kolossow 
„Reduktionsflüssigkeit“  benannt  worden  ist  und  auf  folgende  Weise 
präpariert  wird:  30  g Tannin  werden  in  100  ccm  destillierten 
W'assers  aufgelöst  und  auf  24  Stunden  in  einem  offenen  Gefäße 
stehen  gelassen;  der  sich  am  Boden  bildende  Niederschlag  wird  ab- 


1)  Zeitschrift  für  wiss.  Mikroskopie  u.  f.  mikr.  Technik.  Bd.  IX.  H.  1.  p.  38 — 43. 

2)  A.  Kolossow,  Archiv  für  mikroskop.  Anatomie.  Bd.  XLII.  p.  318 — 383. 


Ueber  die  Kerne  der  Milzbrandsporen. 


263 


filtriert,  das  Filtrat  aber  wird  mit  einer  Lösung  von  30  g Pyrogallus- 
säure  in  100  ccm  destillierten  Wassers  gemischt.  Zu  dieser  Mischung 
werden  dann  noch  250  ccm  destilliertes  Wasser,  100  ccm  85-proz. 
Spiritus  und  50  g Glycerin  hinzugefügt. 

Beim  Studium  der  Arbeit  Kolossow’s  fiel  mir  ein,  seine  Me- 
thode zum  Färben  der  Bakterien  behufs  Photographierens  derselben 
anzuwenden.  Zu  gleicher  Zeit  hegte  ich  die  Erwartung,  diese  Methode 
könnte  zur  Aufkläruug  des  Baues  der  Bewegungsorgane  (Wimperhaare) 
der  Bacillen  und  der  Struktur  der  Bakterien  selbst  beitragen.  Der 
Versuch  ergab  insofern  negative  Resultate,  als  sich  die  Bakterien 
entweder  gar  nicht  oder  doch  nur  so  schwach  färbten,  daß  man  unter 
dem  Mikroskope  kaum  ihre  Umrisse  unterscheiden  konnte.  Es  war 
also  nötig,  die  Intensität  des  Färbens  zu  erhöhen,  und  da  ich  den 
Mißerfolg  zu  erklären  wünschte,  bemühte  ich  mich,  soweit  es  mir 
möglich  erschien,  einerseits  die  Eigenschaften  der  Ueberosmiumsäure 
an  und  für  sich  (behufs  Begünstigung  ihres  Einsaugens  in  den  Mi- 
krobenleib), und  andererseits  die  Eigenschaften  der  Bestandteile  der 
Kolossow’schen  Reduktionsflüssigkeit  (behufs  Erhöhung  der  desoxy- 
dierenden  Fähigkeit  dieses  Reagens)  zu  studieren.  Die  Aufklärung 
der  bei  dieser  Färbemethode  vor  sich  gehenden  chemischen  Prozesse, 
sowie  auch  experimentelle  Untersuchungen  ermöglichten  es  mir,  den 
Grund  des  Mißerfolges  zu  finden.  Es  zeigte  sich  nämlich,  daß  die 
negativen  Resultate  beim  Färben  der  Bakterien  nach  der  Methode 
Kolos  so  w nicht  davon  abhängen,  daß  der  „Entwickler“  die  0s04 
in  dem  von  ihr  durchtränkten  Gewebe  ungenügend  reduziert,  sondern 
davon,  daß  die  0s04  nicht  in  das  Innere  der  Gewebe  eindringt,  da 
sie  schon  auf  der  Oberfläche  der  Bacillen  zur  Entstehung  einer  dichten, 
undurchdringlichen  Hülle  von  Albuminaten  der  0s04  Veranlassung 
giebt.  Um  die  Bildung  dieser  Hülle  zu  verhindern,  versuchte  ich  0s04- 
Lösungen  verschiedener  Konzentration  verschiedene  Quantitäten  von 
Oxalsäure,  Propionsäure,  Milchsäure,  Essigsäure,  Salpetersäure  u.  dgl. 
hinzuzufügen;  doch  blieben  die  Resultate  ebenso  negativ  wie  früher. 
Positive  Resultate  erhielt  ich  erst  dann,  als  ich  der  1/2- proz.  0s04- 
Lösung  Ameisensäure  hinzufügte  und  das  Präparat  in  dieser  Lösung 
erwärmte;  jetzt  konnte  ich  die  Mikroorganismen  sogar  in  ein  ge- 
sättigtes Schwarz  färben.  Das  Studium  der  einzelnen  Bestandteile 
der  Kolossow’schen  Reduktionsflüssigkeit  sowie  auch  der  Mischung 
selbst  veranlaßte  mich,  dieser  Flüssigkeit  schwefligsaures  Natron  (in 
weiter  unten  angegebener  Quantität)  hinzuzufügen,  wodurch  die  Energie 
der  bei  dieser  Färbungsmethode  entstehenden  chemischen  Prozesse  be- 
deutend erhöht  wird. 

Ich  muß  bemerken,  daß  ich  die  Kolo  ssow’sche  Flüssigkeit  nie 
in  großen  Quantitäten  bereitet  habe,  weil  dieselbe  durch  Sauerstoff- 
aufnahme ihre  ursprüngliche  Fähigkeit,  die  0s04  schnell  zu  reduzieren, 
in  hohem  Maße  einbüßt.  Es  ist  deshalb  weit  besser,  diese  Mischung 
in  kleineren  Quantitäten,  aber  öfter  zuzubereiten.  — Bei  meinen  Unter- 
suchungen bediente  ich  mich  Kulturen  von  Bac.  anthracis,  die 
bei  einer  Temperatur  von  37°  in  Glycerin  - Agar  - Agar  gewachsen 
waren,  nach  3— 4maliger  (je  einmal  im  Tage)  Umimpfung.  Nach 
vielen  Versuchen,  ein  für  die  Mikrophotographie  geeignetes,  gefärbtes 

17* 


264 


W.  II k e w ic  z , 


Präparat  zu  erhalten,  blieb  ich  bei  folgender  Färbungsmethode 
stehen : 

Die  beste  fixierende  Flüssigkeit  erhält  man,  wenn  man  zu  7 ccm 
einer  :/ s-proz.  wässerigen  Lösung  von  Ueberosmiumsäure  3 ccm  Ameisen- 
säure hinzufügt.  Als  Reduktionsflüssigkeit  benutzte  ich  sowohl  Dr. 
Kolossow’s  Mischung  (nur  nahm  ich  nicht  85-proz.,  sondern 
95-proz.  Spiritus,  jedoch  in  derselben  Quantität),  als  auch  folgende 
zwei  Reduktionsflüssigkeiten,  von  denen  die  eine  aus  gleichen  Teilen 
der  Kolossow’schen  Flüssigkeit  (mit  Spiritus  von  95  Proz.)  und 
einer  Mischung  von  8,0  Pyrogallussäure,  3,0  Citronensäure,  17,0  Natri 
sulfurosi  und  aus  150,0  destillierten  Wassers  bestand,  während  die 
andere  aus  10  ccm  der  genannten  Mischung,  3 ccm  Spiritus,  2 ccm 
Tannin  (20  Theile  Tannin  auf  80  Theile  Wasser)  und  1 ccm  Glycerin 
zusammengesetzt  war.  Wenn  die  eine  dieser  Reduktionsflüssigkeiten 
kein  positives  Resultat  gab,  so  erhielt  ich  dasselbe  mit  Hilfe  der 
anderen.  Das  Färben  bewerkstelligte  ich  auf  folgende  Weise : Indem 
ich  vorsichtig  mit  einer  Platinöse  etwas  von  der  zu  untersuchenden 
Kultur  wegnahm  — mich  bemühend,  dabei  keinen  Nährboden  mit- 
zufassen (da  der  letztere  ebenfalls  durch  0s04  gefärbt  wird,  giebt 
er  auf  dem  Präparate  schwarze  Niederschläge)  — schwemmte  ich 
dieselbe  in  einem  Tropfen  destillierten  Wassers  auf;  wenn  es  aber 
aus  irgend  einem  Grunde  nicht  möglich  war,  das  Mitreißen  eines 
Teiles  des  Nährbodens  zu  vermeiden  (z.  B.  bei  Gelatinekulturen  mit 
Verflüssigung  der  Gelatine),  so  wusch  ich  die  Kultur  mit  einigen 
Tropfen  Wasser  und  bestrich  die  Deckgläser  erst  mit  dem  letzten 
Tropfen. 

Die  über  der  Flamme  fixierten  Deckglaspräparate  (ich  hielt  das 
Glas  zwischen  den  Fingern  und  führte  es  einmal  durch  die  Flamme) 
legte  ich  mit  der  bestrichenen  Seite  nach  oben  in  ein  Uhrglas,  begoß 
sie  mit  der  oben  beschriebenen  Mischung  von  1/2- proz.  wässeriger 
Lösung  der  0s04  mit  Ameisensäure  und  erwärmte  1 — 2 Minuten 
bis  zu  schwacher  Dampfbildung.  Ich  fixierte  die  Kultur  auf  den 
Deckgläsern  vermittelst  Durchführen  durch  die  Flamme  deshalb,  weil 
vergleichende  Untersuchungen  über  das  Fixieren  der  Kulturen  1)  auf 
Deckgläsern,  welche  an  der  Luft  getrocknet  und  dann  in  die  Ueber- 
osmiumlösung  eingelegt  wurden,  2)  auf  Deckgläsern,  welche  sofort 
nach  ihrem  Bestreichen  in  die  Lösung  von  0s04  eingelegt  wurden 
und  3)  auf  Deckgläsern,  die  vor  dem  Einlegen  in  Ueberosmiumsäure 
durch  die  Flamme  gezogen  wurden,  mich  davon  überzeugten,  daß  bei 
allen  diesen  Manipulationen  sowohl  die  Gestalt  der  Bacillen,  als  auch 
ihre  Färbung  überall  gleich  blieben  und  daß  Deckglaspräparate,  welche 
nicht  über  der  Flamme  fixiert,  sondern  direkt  in  die  0s04  gelegt 
werden,  ebenso  gut  gelingen,  wie  die  durch  die  Flamme  fixierten,  nur 
mit  dem  Unterschiede,  daß  die  ersteren  einer  wenigstens  4-stündigen 
Fixation  in  0s04  bedürfen.  Um  also  die  Arbeit  zu  beschleunigen, 
fixierte  ich  die  Kultur  immer  vorerst  dadurch,  daß  ich  die  Deck- 
gläser vor  dem  Eintauchen  in  die  0s04  einmal  durch  die  Flamme 
führte.  Darauf  wurden  die  Präparate  entweder  in  Kolossow’s 
Mischung  oder  in  eine  der  von  mir  modifizierten  Reduktionsflüssig- 
keitne  gelegt  und  ebenfalls  1 — 2 Minuten  bis  zur  Dampfbildung  er- 
wärmt. Sodann  wurde  das  Präparat  in  destilliertem  Wasser  abge- 


Ueber  die  Kerne  der  Milzbrandsporen. 


265 


waschen,  noch  einmal  in  das  Uhrglas  mit  der  0s04  eingelegt  und 
erwärmt,  dann  wiederum  in  der  Reduktionsflüssigkeit  erwärmt  u.  s.  f. 
Diese  Prozedur  wiederholte  ich  meist  zweimal,  spülte  zum  Schluß 
das  Präparat  im  Wasser  ab,  trocknete  und  betrachtete  es  entweder 
in  Glycerin  oder  in  Kanadabalsam.  Zweimaliges  Uebertragen  des 
Präparates  aus  einer  Flüssigkeit  in  die  andere  gab  immer  eine  ziem- 
lich intensive  Färbung ; ein  dreimaliges  Uebertragen  und  dreimaliger 
Wechsel  der  Reagentien  giebt  oft  eine  zu  große  Intensität  der  Farbe. 


Bei  dieser  Methode  färben  sich  die  verschiedenen  Teile  des  B a c. 
anthracis  verschiedenartig.  Das  Protoplasma  färbt  sich  in  ein 
dunkles  Grau  und  hat,  wie  es  scheint,  eine  körnige  Struktur.  Die 
Sporen  färben  sich  entweder  gar  nicht  oder  nehmen  eine  mehr  blaß- 
graue Farbe  an,  wobei  man  in  solchen  Präparaten  Sporen  von  drei 
verschiedenen  Größen  bemerken  kann  — große,  mittlere  und  kleine. 
Auf  der  beiliegenden  Zeichnung  befinden  sich  keine  kleinen  Sporen, 
sondern  nur  große  und  mittelgroße.  Einige  Sporen  mittlerer  Größe 
erscheinen  als  vollständig  gleichartige,  stark  lichtbrechende  Maße  (wie 


266 


W.  1 1 k e w i c z , 


das  auf  der  Zeichnung  bei  a,  a,  a zu  sehen  ist)  oder  sie  stellen  sich 
dem  Auge  als  leicht  gekörnt  dar,  oder  aber  sie  besitzen  ein  im 
Centrum  liegendes,  schwarz  gefärbtes  Körnchen  ( b , ö,  b).  In  den 
Sporen  vom  kleinsten  Kaliber  habe  ich  niemals  derartige  Gebilde 
bemerken  können;  in  den  großen,  meist  ovalen  Sporen  jedoch  traf 
ich  sowohl  ein  einzelnes , als  auch  zwei  solche  schwarzgefärbte 
Körnchen  an.  Diese  letzteren  liegen  zuweilen  quer  zur  Längsachse 
des  Stäbchens  (c,  c,  c),  meist  aber  parallel  derselben  ( d , d,  d).  Im 
letzteren  Falle  kann  man  hin  und  wieder  in  einigen  Sporen  einen 
äußerst  feinen  Strich  bemerken,  der  von  einem  Rande  der  Hülle  zum 
gegenüberliegenden  reicht  und  die  Spore  in  zwei  gleiche  Teile  teilt, 
von  denen  jeder  ein  schwarzes  Pünktchen  im  Centrum  besitzt.  Ge- 
bilde solcher  Art  lassen  die  Vermutung  zu,  daß  es  sich  hier  nicht 
um  zufällige  Körnchen  handelt,  sondern  um  Sporenkerne.  Und 
ich  denke,  daß  diejenigen  Sporen,  welche  einen  Kern  haben,  voll- 
ständig ausgewachsene  reife  und  sich  im  Dauerzustände  befindende 
sind ; diejenigen  Sporen  aber,  welche  keinen  Kern  besitzen  und  körnig 
erscheinen,  stellen  das  Stadium  der  beginnenden  Teilung  dar,  wo  der 
Kern  aufhört,  als  ein  Punkt  zu  erscheinen,  die  dritten,  seltener  vor- 
kommenden Sporen  (die  großen)  mit  zwei  Kernen  und  einer  Scheide- 
wand zwischen  ihnen,  stellen  geradezu  den  Moment  dar,  wo  sich  die 
Teilung  des  Kernes  in  der  Mutterspore  eben  erst  vollzogen  hat,  das 
Protoplasma  aber  sich  im  Stadium  der  Teilung  der  Mutterspore  in 
zwei  gleiche  Tochtersporen,  mit  Kernen  in  den  Centren,  befindet. 

Was  nun  die  in  unserer  Zeichnung  ebenfalls  sichtbaren  schwarzen 
Punkte  anbetrifft,  welche  auf  der  inneren  Seite  der  das  Zellenproto- 
plasma des  Milzbrandfadens  umgebenden  Hülle  liegen  und  schon  von 
Herrn  N.  Sjöbring  beschrieben  wurden1),  so  habe  auch  ich  die- 
selben in  meinen  Präparaten  erhalten;  doch  kann  man  ihnen  kaum 
eine  besondere  Bedeutung  beilegen,  wenn  man  erwägt,  daß  der  Faden 
des  Bac.  anthracis  selbst,  wie  meine  Beobachtungen  an  verhält- 
nismäßig alten  Kulturen  bewiesen  haben,  oft  die  Gestalt  einer  leeren, 
zerrissenen,  an  vielen  Stellen  durchlöcherten,  grauschwarzen  Haut 
annimmt. 

Was  nun  die  Frage  anbetriflt,  ob  die  Kerne  auch  in  den  Dauer- 
sporen zu  sehen  sind,  bei  Abwesenheit  von  vegetativen  Formen,  wie 
sie  sich  iu  2 — 3 Monate  alten  Kulturen  finden,  so  ist  zu  bemerken, 
daß  bei  den  geringen  Dimensionen  dieser  Sporen  die  zur  Verfügung 
stehenden  optischen  Mittel  mir  nicht  die  Möglichkeit  boten,  etwas 
anderes  zu  sehen  als  die  Spore  selbst  in  Gestalt  grauer  Punkte. 
Präparate  jedoch  aus  verhältnismäßig  jüngeren  Kulturen  (einmonat- 
lichen),  in  welchen  neben  den  freien  Sporen  auch  noch  Fäden  vor- 
handen waren,  ermöglichten  es  mir,  außer  den  kleinsten  Sporen  in 
den  Fäden  noch  eine  geringe  Zahl  kleiner  und  mittlerer  Sporen  zu 
erblicken ; hierbei  gelang  es,  iu  einigen  Sporen  mittlerer  Größe  einen 
central  liegenden  Kern  oder  sogar  zwei  Kerne  mit  einer  Scheidewand 
zwischen  ihnen  zu  erkennen.  In  keinem  Falle  aber  gelang  es  mir, 


1)  Siehe  seine  Arbeit:  „Ueber  Kerne  und  Teilungen  bei  den  Bakterien.“  (Centr. 
f.  Bakteriol.  u.  Parasitenk.  Bd.  XI.  No.  3/4.  p.  68.  Fig.  10.) 


Ueber  die  Kerne  der  Milzbrandsporen. 


267 


in  Anthraxsporen  solche  Gebilde  zu  sehen,  wie  sie  Herr  N.  S j ö b r i n g 
in  seiner  vorläufigen  Mitteilung1)  beschrieb,  obgleich  ich  mehrere 
Male  versuchte  die  Präparate  sowohl  nach  meiner  Methode,  als  auch 
nach  der  Methode  des  genannten  Forschers  zu  färben.  Es  scheint 
mir,  daß  seine  gedrängte,  zuweilen  sogar  unverständliche  und  ver- 
wickelte Beschreibung  der  von  ihm  erwähnten  Thatsachen,  welche 
offenbar  der  Arbeit  des  Prof.  Bütschli  „Ueber  den  Bau  der  Bak- 
terien und  verwandter  Organismen“  entnommen  sind2),  wenig  zur 
wahren  Sachlage  paßt.  Die  Kürze  der  Schilderung,  die  Abwesenheit 
genauer  Angaben  über  die  Methode  des  Färbens,  mit  deren  Hilfe  er 
seine  seltsamen  Gebilde  erhielt,  machen  seine  Folgerungen  noch 
zweifelhafter.  Ja,  noch  mehr,  es  ist  mir  unbegreiflich,  wie  Herr 
Sjöbring  dazu  kommt,  das  Wort  „Spore“  durch  die  Benennung 
„Kern“  zu  ersetzen  und  die  Existenz  von  Kernen  sogar  bei  denjeni- 
gen Bakterien  anzunehmen,  bei  welchen  noch  nicht  einmal  die  Sporen 
entdeckt  sind,  indem  er  — es  fragt  sich  warum?  — die  Zelle  der 
Bakterien  mit  den  Zellen  höherer  Tiere  identifiziert. 

Meine  Untersuchungen  sind  mit  den  Oelapochromaten  von  Zeiss 
(von  2 und  1,5  mm  Brennweite)  und  mit  Kompensationsokularen 
6 und  8 ausgeführt.  Die  beiliegende  Zeichnung  stellt  eine  etwa 
zweifach  vergrößerte,  bei  öOOfacher  Vergrößerung  erhaltene  photo- 
graphische Aufnahme  dar. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  erwähnen,  daß  bei  der  hier  beschriebenen 
Färbungsmethode  viele  Bacillen  aus  einzelnen,  schwach  gefärbten, 
stark  lichtbrechenden  Kokken  zu  bestehen  scheinen,  welche  von  eini- 
gen Verfassern  für  Sporen  angesehen  werden,  und  zwischen  welchen 
sich  größere  oder  kleinere,  dunkelgefärbte  Zwischenräume  befinden. 
Bac.  tuberculosis,  Bac.  diphtheriae,  Bac.  pyocyaneus, 
Koch’s  Commabacillus,  Bac.  typhi  abdo  minalis , Bac. 
coli  communis,  Bac.  mallei  u.  a.  — sie  alle  erscheinen  bei 
dieser  Art  der  Färbung  entweder  paternosterförmig  oder  aber  sie 
ähneln  den  kurzen  Fäden  des  Bac.  anthracis. 

13 

Moskau,  den  ~ Dezember  1893. 

2o. 

Erklärung  der  Zeichnung. 

Milzbrandfäden  1000  mal  vergrößert. 

a,  a,  a — Sporen  mittlerer  Größe,  welche  keinen  Kern  besitzen. 

b,  b,  b — Sporen  ebensolcher  Größe,  welche  einen  central  liegenden  Kern  besitzen. 

c,  c,  c — Sporen  großen  Umfangs,  welche  zwei  senkrecht  auf  der  Längsachse  des 
Fädchens  liegende  Kerne  besitzen. 

d,  d,  d — Sporen  größeren  Umfangs , welche  zwei  parallel  der  Längsachse  des 
Fadens  liegende  Kerne,  mit  einer  Scheidewand  zwischen  ihnen,  besitzen. 

e,  e,  e — An  der  Wand  liegende  schwarze  Körnchen,  welche  sich  in  der  Hülle 
jedes  Fadens  zerstreut  vorfinden. 


1)  Loco  cit. 

2)  Vortrag,  gehalten  am  6.  Dezember  1889  im  Naturhist.-med.  Verein  zu  Heidel- 
berg. Leipzig  1890. 


268 


J.  de  Haan  und  A.  C.  Huysse, 


Die  Koagulation  der  Milch  durch  Cholerabakterien. 

von 

J.  de  Haan, 

Stabsarzt 

und 

A.  C.  Huysse, 

Militärapotheker  der  2.  Klasse  der  Königl.  Niederl.  Armee 
in 

Utrecht. 

Koch1)  fand  bei  seinen  Untersuchungen  über  die  Cholera  in 
Aegypten  1883,  daß  die  Cholerabakterien  auch  in  der  Milch  sich  sehr 
schnell  und  reichlich  vermehren,  ohne  dabei  Gerinnung  oder  sonstige 
makroskopisch  sichtbare  Veränderung  hervorzubringen.  Auch  noch 
1887  wurde  von  Hu  epp  e2)  dieses  Factum  bestätigt.  Als  nun  im 
Jahre  1892  während  des  Herrschens  der  Choleraepidemie  in  Ham- 
burg auch  bei  uns  zu  Lande  sporadische  Fälle  dieser  Krankheit  vor- 
kamen und  eine  Anzahl  Dejektionen  auf  die  Anwesenheit  des 
Koch’schen  Vibrio  im  bakteriologischen  Laboratorium  des  Militär- 
spitals in  Utrecht  untersucht  wurden,  fiel  uns  die  Erscheinung  auf, 
daß  in  allen  Fällen,  in  welchen  der  Choleravibrio  gefunden 
wurde,  dieser  stets  in  2 X 24  Stunden  sterilisierte  Milch  zur  Gerinnung 
brachte  und  sehr  stark  sauer  machte.  Dies  wurde  zuerst  von 
Netter3)  bei  den  Fällen,  welche  in  der  Banlieue  Ouest  de  Paris 
vorkamen,  beschrieben  und  nachher  von  mehreren  Beobachtern  be- 
stätigt. 

In  der  Absicht,  diese  Wirkung  des  Choleravibrio  auf  die 
Milch  zu  studieren,  wurden  eine  Anzahl  Kölbchen  mit  Milch  gefüllt, 
intermittierend  bei  100°  im  strömenden  Wasserdampftopfe  und  bei 
115°  in  dem  Autoklaven  sterilisiert.  Die  Milch  reagierte  nach  der 
Sterilisation  ganz  schwach  sauer  oder  amphoter.  In  einem  Teile  der 
Kölbchen  wurde  die  Milch  durch  Zufügung  von  sterilisiertem  Na2C03 
stark  alkalisch  gemacht,  andere  wurden  mit  pulverisierter  steriler 
Kreide  beteilt. 

Nach  der  Infektion  mit  frisch  gezüchteten  Cholerabacillen  wurden 
die  Kölbchen  bei  37  0 im  Brütschranke  gehalten.  In  allen  Fällen 
war  die  Milch  nach  2 X 24  Stunden  koaguliert,  während  die  leicht 
gelbe  Flüssigkeit,  welche  über  dem  voluminösen  Kaseinpräcipitate 
stand,  sehr  kräftig  sauer  reagierte.  Das  präcipitierte  Kasein  war 
löslich  in  Alkalien  und  konnte  nach  der  Filtration  durch  Asbest 
wieder  durch  Säuren  als  eine  flockige  Masse  niedergeschlagen  werden. 


1)  Koch,  Bericht  über  die  Thätigkeit  der  zur  Erforschung  der  Cholera  im  Jahre 
1883  nach  Aegypten  und  Indien  entsandten  Kommission,  p.  163. 

2)  H u e p p e , Ueber  Fortschritte  in  der  Kenntnis  der  Ursachen  der  Cholera  asiatica. 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  1887.  No.  9.) 

3)  Netter,  Recherches  bactSriologiques  sur  les  cas  de  cholera  ou  de  diarrh^e 
choleriforme  observes  dans  la  banlieue  Ouest  de  Paris.  (La  Semaine  mldicale.  1892. 
No.  37.) 


Die  Koagulation  der  Milch  durch  Cholerabakterien. 


269 


Die  Löslichkeit  in  Alkalien  macht  es  schon  nicht  wahrscheinlich,  daß 
die  Gerinnung  des  Kaseins  die  Folge  der  Anwesenheit  eines  durch  die 
Cholerabacillen  geformten  Labfermentes  sei,  indem  das  iu  dieser  Weise 
gebildete  Kasein  (Hammarsten’s  Käse)1)  nicht  in  Alkalien, 
sondern  in  Säuren  löslich  ist. 

Milchzucker bouillon,  mit  sterilisiertem  NaC203  stark  alkalisch  ge- 
macht und  mit  dem  Koch’schen  Vibrio  infiziert,  reagierte  eben- 
falls nach  2X24  Stunden  kräftig  sauer. 

Sowohl  aus  der  sauren  Molke  als  aus  der  sauren  Milchzucker- 
bouillon konnten  die  Cholerabakterien  in  Reinkultur  gezüchtet  werden 
und  lebten  noch  während  langer  Zeit  darin  fort. 

Nach  diesen  Untersuchungen  schien  es  uns  am  wahrscheinlichsten, 
daß  durch  den  Choleravibrio  Milchzucker  in  Milchsäure  umge- 
setzt und  durch  diese  Säure  das  Kasein  präcipitiert  sei. 

Im  November  des  abgelaufenen  Jahres  wurde  mit  von  frischen 
Krankheitsfällen  gezüchteten  Choleravibrionen  diese  Untersuchung  neu 
aufgenommen  und  konnten  wir  die  oben  mitgeteilten  Thatsachen  in 
jedem  neuen  Falle  durchaus  bestätigen. 

Zur  Entscheidung  der  Frage,  ob  hier  eine  Enzymwirkung  oder 
Säurebildung  vorlag,  wurde  eine  große  Quantität  sterilisierter  Milch 
mit  dem  Koch’schen  Vibrio  infiziert  und  im  Brütschranke  bei  37° 
gehalten.  Nachdem  die  Milch  koaguliert  war,  wurde  sie  mittelst 
einer  Wasserluftpumpe  durch  ein  Chamberlandfilter  filtriert.  Die 
filtrierte  Flüssigkeit  hatte  eine  braungelbe  Farbe  und  reagierte  stark 
sauer.  Aus  drei  Säurebestimmungen  ging  als  Mittelzahl  hervor,  daß 
4,3  ccm  normal  Na2C03  genügten  zur  Neutralisierung  von  10  ccm 
der  Flüssigkeit.  Als  Indikator  wurde  Phenolphtalein  angewendet. 

Ein  Teil  der  Flüssigkeit  wurde  mit  Kalkmilch  erwärmt,  filtriert, 
bis  zur  Syrupdicke  eingedampft  und  einigemal  mit  heißem , sehr 
starkem  Spiritus  ausgeschüttet.  In  dieser  Weise  wurde  bei  Abkühlung 
des  heißen  Alkohols  ein  gelblich  gefärbtes,  schön  krystallisiertes  Salz 
dargestellt.  Ebenso  durch  Zufügung  von  Aether  zu  der  abgekühlten 
spirituösen  Flüssigkeit.  Die  Krystalle  wurden  vom  Alkohol  befreit 
durch  Lösung  in  Wasser,  völlige  Abdampfung  auf  dem  Wasserbade 
und  Trocknung  im  Exsiccator  während  2 — 3 Tagen.  Im  Schälchen 
waren  hiernach  einige  kleine  Kügelchen  mit  strahligem  Bau  zurück- 
geblieben, höchst  wahrscheinlich  bestehend  aus  Ca-Laktat.  Das  Salz 
war  leicht  löslich  in  Wasser  und  war  selbst  hygroskopisch.  Als  Me- 
talle wurden  Ca  und  Na  darin  aufgefundeu.  Es  hatte  den  Geruch 
nach  flüchtigen  Fettsäuren.  Auf  mikroskopischem  Wege  konnte  keine 
Milchsäure  angezeigt  werden.  Die  diversen  Reaktionen  auf  Fett-  und 
Oxysäuren  waren  kombiniert  vorhanden.  Durch  Destillation  nach 
Oxydation  mit  K2Cr2C7  und  H2S04  gelang  es  jedoch,  mit  entfärbter 
Fuchsinlösung  die  Gegenwart  von  Aldehyd  darzuthun.  Auch  hatte 
das  Destillat  Aldehydgeruch.  Das  Aldehyd  konnte  schwerlich  von  etwas 
anderem  als  von  Milchsäure  herrühren. 

Mit  einem  anderen  Teile  der  Flüssigkeit  wurde  versucht,  ein 
möglicherweise  darin  anwesendes  Enzym  aufzufinden.  Mit  absolutem 


1)  Hammarsten,  Jahresbesicht  der  Tierchemie.  1874.  p.  145  u.  1877.  p.  150. 


270 


Julius  Schnitzler, 


Alkohol,  welcher  langsam  zugefügt  wurde,  entstand  ein  flockiger 
Niederschlag.  Dieser  Niederschlag  wurde  gesammelt  und  hatte  sauere 
Reaktion.  Zur  Neutralisierung  wurde  das  im  Exsiccator  getrocknete 
und  in  Wasser  wieder  gelöste  Präcipitat  mit  sterilisierter  Kreide  ge- 
schüttelt. Nach  Filtration  wurde  aufs  neue  mit  Alkohol  präcipitiert, 
filtriert  und  getrocknet.  Alles  geschah  mit  vorher  sterilisierten 
Utensilien. 

Die  in  dieser  Weise  dargestellte  leicht  gelbe  Masse  war  ein 
Eiweißkörper.  Sie  zeigte  die  Biuret-  und  die  Tyrosinreaktion.  Ein 
Teil  der  in  einem  sterilen  Mörser  fein  pulverisierten  Masse  wurde  in 
Wasser  gelöst  und  einem  Kölbchen  steriler  Milch  zugesetzt,  mit  Zu- 
fügung einiger  Tropfen  Chloralchloroform.  Diese  Milch  blieb  wochen- 
lang unverändert.  Doch  war  in  dieser  Weise  ein  Enzym  dargestellt, 
nur  nicht  ein  Enzym,  das  die  Milch  zur  Gerinnung  bringen  konnte, 
sondern  ein  die  Gelatine  verflüssigendes.  Wenn  dieses  Enzym  auf 
eine  Gelatineplatte  ausgestreut  wurde,  bildete  sich  schon  innerhalb 
zwei  Stunden  ein  Hof  verflüssigter  Gelatine  um  die  mikroskopisch 
kleinen  Kügelchen  herum,  ohne  daß  nur  eine  einzige  Bakterienkolonie 
sich  entwickelt  hätte.  Dieser  ganze  Versuch  wurde  zweimal  mit 
durchaus  gleichem  Resultate  von  uns  wiederholt. 

In  der  Deutschen  medizinischen  Wochenschrift.  1893.  No.  7 ist 
durch  Fokker1)  mitgeteilt,  daß  er  in  einer  verflüssigten  Cholera- 
gelatinekultur ein  Enzym  aufgefunden  habe,  welches  imstande  sei, 
Milch  zur  Gerinnung  zu  bringen.  Damit  ist  aber  offenbar  die  Ursache 
der  Milchgerinnung  nicht  gegeben.  Möge  auch  ein  die  Milch  ge- 
rinnendes Enzym  in  der  Gelatine  entstehen,  in  der  Milch  ward  es 
nicht  gebildet.  Unserem  Versuche  zufolge  meinen  wir  den  Satz  auf- 
stellen zu  können,  daß  die  durch  Cholerabakterien  verursachte  Ge- 
rinnung der  Milch  nicht  die  Folge  der  Wirkung  eines  durch  die 
Choleravibrionen  gebildeten  Labfermentes  ist,  sondern  einer  Zerlegung 
des  Milchzuckers,  wobei  Milchsäure  frei  wird. 

Utrecht,  den  24.  Januar  1894. 


Ueber  den  Befund  virulenter  Staphylokokken  in  einem 
seit  35  Jahren  geschlossenen  osteomyelitischen  Herde. 

[Aus  Hofrat  Alber  t’s  chirurgischer  Klinik.] 

Von 

Dr.  Julius  Schnitzler, 

Assistenten  der  Klinik. 

Im  Nachfolgenden  will  ich  zunächst  einen  Fall  von  nach  35  Jahren 
recidivierender  Osteomyelitis  referieren  und  dann  einige  Bemerkungen 
über  das  Ergebnis  der  bakteriologischen  Untersuchung  anfügen. 


1)  Fokker,  Ueber  einen  dem  Cholerabacillus  ähnlichen  Pilz.  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  1893.  No.  7.) 


lieber  den  Befund  virulenter  Staphylokokken  etc. 


271 


F.  Z.,  42  Jahre  alter  Wirt,  aufgenommen  am  6.  XII.  1893.  Keine 
hereditäre  Belastung.  Im  7.  Lebensjahre  erlitt  Pat.  eine  schwere  Con- 
tusion  durch  Auffallen  einer  Stange  auf  die  rechte  untere  Extremität. 
Zwei  Tage  später  traten  heftige  Schmerzen  im  rechten  Schienbein, 
Schüttelfröste  und  starke  Schwellung  der  schmerzhaften  Gegend  auf. 
Nach  ca.  5 Wochen,  welche  Pat.  bettlägerig  verbrachte,  erfolgte  Auf- 
bruch der  Schwellung,  Entleerung  von  Eiter,  später  von  mehreren 
Knochenstückchen.  Die  Eitersekretion  nahm  bald  ab  und  ca.  ein  halbes 
Jahr  nach  Beginn  der  Erkrankung  war  Heilung,  d.  h.  Abschlufs  der 
Fisteln  und  völliges  Verschwinden  aller  Beschwerden  eingetreten.  Pat. 
fühlte  sich  nun  vollkommen  gesund  bis  zum  August  1892,  zu  welcher 
Zeit  plötzlich  wieder  heftige  Schmerzen  im  rechten  Schienbeine  und 
Fieberbewegungen  sich  einstellten.  Seitdem  bestehen  diese  Schmerzen, 
häufige  Fieberanfälle  und  eine  an  Intensität  schwankende  Anschwellung 
in  der  Gegend  des  rechten  Sohienbeines.  Doch  bestehen  diese  Be- 
schwerden nicht  fortwährend,  sondern  cessieren  oft  für  mehrere  Wochen 
fast  vollständig.  In  den  letzten  Wochen  haben  jedoch  die  Schmerzen 
ununterbrochen  angehalten  und  liefs  Pat.  sich  deshalb  in  die  Klinik 
aufnehmen. 

Die  Untersuchung  des  sehr  kräftigen  Pat.  ergab  eine  Verlänge- 
rung der  rechten  Tibia  von  2 cm  mit  konsecutiver  Valgusstellung  des 
r.  Fufses,  Verdickung  der  unteren  Tibiahälfte.  Dieser  entsprechend 
mäfsig  starkes  Oedem,  geringe  Rötung  der  Haut.  Starke  Druckempfindlichkeit 
des  unteren  Tibiadritteiles ; eine  ca.  4 cm  lange,  an  der  inneren  Tibiafläche 
fixierte  Narbe.  Temperatur  normal.  6 Tage  hindurch  vor  der  Operation 
gemessen,  stieg  die  Temperatur  nur  einmal  auf  37,8,  blieb  sonst  immer 
unter  37,5. 

Operation  am  12.  XII.  Schnitt  durch  die  alte  Narbe.  Abheben  des 
verdickten  Periostes  mit  dem  Raspatorium.  Knochen  verdickt,  die  um- 
gebenden Weichteile  ödematös.  Nirgend  Andeutung  einer  Fistelöffnung. 
Der  sklerosierte  Knochen  wird  eingemeifselt  und  nach  Ueberwindung 
einer  mindestens  2l/2  cm  dicken  Knochenschicht  gelangt  man  in  einen 
wallnufsgrofsen,  von  sklerosiertem  Knochen  allenthalben  umgebenen,  mit 
Granulationen,  sehr  wenig  Knochensand  und  einer  geringen  Menge  Eiter 
erfüllten  Hohlraum.  Breite  Eröffnung  mit  dem  Meifsel.  Ausräumung  mit 
dem  scharfen  Löffel.  Jodoformgazeverband.  Aus  dem  weiteren  Verlaufe 
sei  erwähnt,  dafs  die  Sekretion  sehr  rasch  abnahm  und  Pat.  schon  am 
8.  Januar  mit  fast  vollkommen  geschlossener  Wunde  entlassen  werden 
konnte. 

Die  mit  dem  ausgekochten  scharfen  Löffel  entnommenen  Granu- 
lationen mit  dem  anhaftenden  Eiter  wurden  in  sterilisierten  Eprouvetten 
aufgefangen  und  bakteriologisch  untersucht.  Es  ergab  sich  als  einzig 
vorhandener  Mikroorganismus  der  Staphylococcus  aureus  und 
zwar  wie  Versuche  am  Kaninchen  ergaben,  in  virulentem  Zustande. 
(Subkutane  Injektion  von  0,3  ccm  einer  BRC.  erzeugte  einen  hasel- 
nußgroßen  Absceß.  Intrapleurale  Injektion  von  0,5  ccm  einer  BRC. 
tötete  Kaninchen  innerhalb  36  Stunden  unter  Erregung  einer 
fibrinös-eiterigen  Pleuritis  und  Perikarditis.  Aus  den  Exsudaten  der 
inneren  Organe  und  dem  Herzblute  ließ  sich  derStaph.  aureus  wieder 
in  Reinkultur  gewinnen.)  In  dem  kurz  skizzierten  Falle  hatte  also 


272 


Julius  Schnitzler, 


vor  35  Jahren  eine  zur  Nekrose  und  Sequesterbildung  führende 
Osteomyelitis  bestanden.  Rasch  war  damals  eine  scheinbare  Aus- 
heilung eingetreten.  Nach  einem  sehr  langen  Intervall,  innerhalb 
dessen  nichts  mehr  auf  das  Vorhandensein  infektionsfähiger  Keime 
hingewiesen  hatte,  trat  ohne  ersichtlichen  Aulaß  ein  nicht  akut 
verlaufendes  Recidiv  ein. 

Einen  ähnlichen  Fall  hat  Krause  beobachtet. 

Krause1)  teilt  einen  Fall  mit,  in  dem  fast  30  Jahre  nach  der 
scheinbaren  Heilung  — Vernarbung  — einer  zur  Sequesterbildung 
führenden  Osteomyelitis  ein  Knochenabsceß  sich  an  derselben  Stelle 
der  Tibia  entwickelte,  an  der  die  erste  osteomyelitische  Attaque  ab- 
gelaufen war.  Aus  dem  Eiter  züchtete  Krause  den  Staphylo- 
coccus  pyogenes  aureus.  Tierversuche  bewiesen,  daß  die  Kul- 
turen der  Osteomyelitiskokken  aus  allen  Fällen  — den  frischesten 
und  dem  eben  citierten  ältesten  — gleich  virulent  waren. 

Ressemann2)  berichtet  über  einen  ganz  analogen  Fall  — 
Entwickelung  eines  Knochenabscesses  in  der  Tibia  an  derselben  Stelle, 
an  der  30  Jahre  früher  eine  mit  Sequesterbildung  einhergehende 
Osteomyelitis  abgelaufen  war.  Doch  wird  in  diesem  Falle  über 
keine  bakteriologische  Untersuchung  berichtet. 

In  allerjüngster  Zeit  teilt  Müller3)  mit,  daß  er  aus  einem 
vier  Jahre  lang  bestehenden  Knochenabsceß  bei  einem  11-jährigen 
Knaben  den  St  aphyl.  aureus  in  virulentem  Zustande  züchten  konnte. 
Es  hatten  niemals  akute  Erscheinungen  bestanden.  Müller  meint, 
„man  habe  nach  dieser  Beobachtung  das  Recht,  die  recidivierenden 
Formen  und  die  Osteomyelitis  der  Erwachsenen  als  das  Werk  latent 
gebliebener  Kokken  aufzufassen,  welche  den  Knochen  der  Erwachse- 
nen, der  eigentlich  an  und  für  sich  gegen  Osteomyelitis  immun  erscheint, 
durch  jahrelange  unbemerkte  Arbeit  in  eine  solche  Konstitution  über- 
führten, daß  er  nun  empfänglich  werde.  Dann  genügt  eine  oft  nur 
geringfügige  Ursache,  sie  zu  erwecken“. 

Es  nehmen  jedoch  nicht  alle  Autoren  für  die  Entstehung  der 
recidivierenden  Osteomyelitis  ein  Liegenbleiben  der  Kokken  in  den 
erkrankten  Knochen  an,  sondern  manche  halten  eine  erneute  Infektion 
der  früher  einmal  erkrankt  gewesenen  Knochenpartie  für  wahrschein- 
licher. Eine  vermittelnde  Stellung  nimmt  Kraske4)  ein.  Er 
glaubt  allerdings,  daß  für  die  Mehrzahl  der  Fälle  von  recidivierender 
Osteomyelitis  die  Auffassung  die  richtige  sei,  daß  die  bei  der  Aus- 
heilung der  ersten  Erkrankung  eingeschlossenen  Keime  später  durch 
irgend  eine  Gelegenheitsursacbe  „zu  neuem  Leben  und  neuer  Thätig- 
keit“  angeregt  werden.  Insbesondere  acceptiert  Kraske  diese 
Auffassung  für  die  wenig  stürmisch,  meist  als  cirkumskripte  Ent- 
zündungen mit  Bildung  kleiner  Sequester  verlaufenden  oder  zu 
typischen  Knochenabscessen  führenden  sog.  recidivierenden  Osteomye- 
litiden. Für  die  unter  foudroyanten  Symptomen  verlaufenden  Atta- 
quen hingegen  nimmt  er  eine  neue  Infektion  als  wahrscheinlicher 

1)  Fortschr.  d Med.  Bd.  II  Nr.  7 u.  8 

2)  Ein  Fall  von  recidiv.  Osteomyelitis.  [Inaug.-Diss.]  Greifswald  1885. 

3)  Münchener  med.  Wochenschr.  1893.  No.  47. 

4)  Langenbeck’s  Archiv.  Bd.  XXXIV. 


Ueber  den  Befund  virulenter  Staphylokokken  etc. 


273 


an.  In  diesen  Fällen  sei  nur  der  früher  schon  einmal  erkrankt  ge- 
wesene Knochen  prädisponiert  für  die  Ansiedelung  der  Kokken. 

Haben  wir  nun  den  oben  geschilderten  Fall  als  Reinfektion 
oder  als  Recidive  der  vor  35  Jahren  erfolgten  Infektion  aufzufassen  ? 

In  letzterem  Falle  sind  wir  gezwungen,  eine  fast  35-jährige 
Latenz  des  Staphyl.  aureus  in  jener  Knochenhöhle  anzunehmen, 
und  es  fragt  sich,  ob  eine  solche  Annahme  mit  unseren  Kenntnissen 
über  die  Biologie  der  Eiterkokken  vereinbar  ist.  Aber  diese 
Frage  löst  sich  in  zwei  verschiedene  auf,  von  denen  die  eine  sich 
daraufhin  richtet,  ob  diese  Mikroorganismen  so  lange  Zeit  im  mensch- 
lichen Körper  fortpfianzungsfähig  (und  geeignet,  unter  Umständen 
wieder  pathogene  Wirkung  zu  entfalten)  sich  erhalten  können,  wäh- 
rend die  zweite  dahin  lautet,  ob  die  Eiterkokken  im  Innern  eines 
menschlichen  Gewebes  leben  können,  ohne  eine  sichtliche,  d.  h. 
klinisch  nachweisbare  Reaktion  hervorzurufen.  Was  zunächst  die 
letztere  Frage  betrifft,  so  ist  sie  wohl  sicher  in  bejahendem  Sinne 
entschieden.  Wissen  wir  doch  gerade  von  den  Eiterkokken,  daß 
sie  in  per  primam  heilenden  Wunden  ziemlich  häufig  finden  und 
daß  trotz  der  Anwesenheit  der  virulenten  Eiterkokken  die  Wund- 
heilung oft  absolut  ungestört  verläuft.  Nicht  im  gleichen  Sinne  zu 
verwerten  sind  die  Befunde  virulenter  Pneumokokken  im  Speichel 
und  im  Bronchialsekrte  gesunder  Menschen  oder  der  einmal  erhobene 
Befund  von  Tuberkelbacillen  im  Bronchialsekrete  eines  nicht  tuber- 
kulösen Menschen  *)  oder  die  mehrmals  gemachte  Beobachtung  vom 
Vorhandensein  virulenter  Diphtheriebacillen  auf  nicht  diphtheritisch 
erkrankten  Schleimhäuten.  Hier  handelte  es  sich  immer  um  das 
Vegetieren  der  betreffenden  Bakterien  an  der  Oberfläche  und  nicht 
im  Innern  eines  Gewebes. 

Wir  wissen  aber  auch,  daß  im  Innern  eines  Gewebes  die  Existenz 
von  Bakterien  in  der  Regel  nicht  lange  geduldet  wird.  Es  gehen 
entweder  die  Bakterien,  ohne  eine  Reaktion  veranlaßt  zu  haben,  zu 
Grundeoder  es  kommt  zu  einer  mehr  oder  weniger  heftigen  Reaktion 
des  Gewebes,  und  dann  kann  sich  das  weitere  Schicksal  der  betreffen- 
den Bakterien  sehr  verschieden  gestalten. 

Es  ist  auch  das  Leben  der  Eiterkokken  in  den  heilenden  Wunden 
kein  lange  dauerndes.  Ist  die  Heilung  vollendet,  so  fehlen  auch  die 
Bakterien  (im  Innern  des  Gewebes),  und  die  Narbe  ist  ebenso 
bakterienfrei  wie  ein  normales  Gewebe.  Ganz  anders  aber  liegen, 
wie  vielfache  Erfahrungen  gezeigt  haben,  die  Verhältnisse,  wenn 
keine  primäre  Verklebung  der  Wunde  oder  kein  narbiger  Ersatz  des 
Substanzverlustes  erfolgt,  sondern  irgendwo  eine  Höhle,  ein  „toter 
Raum“  zurückbleibt.  Da  ist  es  nicht  mehr  lebendes  Gewebe,  mit 
dem  die  Bakterien  um  ihre  Existenz  kämpfen  müssen,  sondern  da 
herrschen  Verhältnisse,  die  mehr  den  auf  toten  Nährböden  vor- 
liegenden gleichen.  Gerade  im  Knochen  kann  es  durch  ungünstige 
Formverhältnisse  relativ  leicht  zur  Bildung  derartiger  toter  Räume 
kommen.  Ist  ein  osteomyelitischer  Sequester  ausgestoßen  oder  hat 
sich  ein  Knochenabsceß  nach  außen  geöffnet,  so  kann  auf  zweierlei 


1)  Langerhans,  Berliner  klin.  Wochenschr.  1891.  No.  41. 


274 


Julius  Schnitzler 


Weise  die  Ausheilung  erfolgen.  Entweder  (und  dies  wird  insbesondere 
dann  der  Fall  sein,  wenn  die  Oeffnung  der  Knochenhöhle  eine  sehr 
breite  ist)  zieht  sich  von  den  Wundrändern  aus  Epidermis  in  die 
Knochenhöhle  hinein,  die  Wand  der  Knochenhöhle  wird  dann  in  die 
Körperoberfläche  einbezogen  und  es  besteht  keine  Höhle  mehr  oder 
aber  es  tritt  Ausheilung  durch  Neubildung  von  Knochen  ein,  und 
auch  in  diesem  Falle  kann  natürlich  eine  Höhle  nicht  mehr  vorliegen. 
In  manchen  Fällen  jedoch,  und  der  oben  beschriebene  ist  wohl  ein 
solcher,  kann  eine  solche  wirkliche  Ausheilung  ausbleiben.  Es  kommt 
wohl  zu  einem  Verschluß  der  Knochenfistel  (wahrscheinlich  vom  um- 
gebenden Periost  her),  in  der  Tiefe  bleibt  jedoch  eine  von  Granu- 
lationen, Eiter  und  Knochensand  erfüllte  Höhle  zurück,  ein  Schlupf- 
winkel für  die  Eiterkokken,  die  hier  wohl  unter  viel  günstigeren 
Existenzbedingungen  stehen,  als  in  einer  per  primam  heilenden  Wunde. 

Wie  lange  können  sich  nun  Eiterkokken  in  einer  solchen  Höhle 
fortpflanzungsfähig  erhalten?  Der  von  mir  geschilderte  Fall  soll 
eben  beweisen,  daß  dies  durch  mehr  als  drei  Jahrzehnte  möglich 
ist,  und  ich  muß  daher  die  Gründe  anführen,  die  es  mir  wahrschein- 
lich machen,  daß  es  sich  in  diesem  Falle  nicht  um  eine  Reinfektion, 
sondern  um  ein  Recidiv  gehandelt  hat. 

Ziemlich  genaue  Kenntnis  haben  wir  zunächst  von  der  Lebens- 
dauer der  pathogenen  Mikroorganismen  auf  unseren  künstlichen  Nähr- 
böden. Wir  wissen  aber  auch,  daß  die  Existenzbedingungen  auf 
diesen  durchaus  nicht  die  günstigsten  für  die  pathogenen  Bakterien 
sind.  Wissen  wir  doch,  daß  der  Weichselba um’sche  Pneumo- 
coccus,  der  in  unseren  künstlichen  Nährmedien  oft  nach  Tagen 
schon  seine  Virulenz  und  Lebensfähigkeit  verliert,  im  Eiter  meta- 
pneumonischer Empyeme  oft  durch  Wochen  und  Monate  in  virulentem 
Zustande  anzutreffen  ist.  Und  doch  haben  wir  allen  Grund  zu  der 
Annahme,  daß  der  von  einer  Mikroorganismenart  gebildete  Eiter 
durchaus  keinen  günstigen  Nährboden  für  diese  Art  repräsentiert. 
Es  kann  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  eine  im  Körper 
gelegene,  nicht  ganz  mit  Eiter  erfüllte  Höhle  bessere  Existenz- 
bedingungen für  die  Eiterkokken  darbietet.  Ein  großenteils  mit 

Granulationsgewebe  erfüllter,  nur  wenig  Eiter  enthaltender  Hohlraum, 
wie  er  sich  in  meinem  Falle  fand  und  wie  er  sich  in  den  meisten  Fällen 
von  Knochenabsceß  vorfand,  dürfte  wohl  für  eine  lange  dauernde 
Existenz  von  Mikroorganismen  besonders  gute  Chancen  darbieten.  Was 
nun  den  uns  zunächst  interessierenden  Mikroorganismus,  den  gelben 
Eitercoccus,  betrifft,  so  wissen  wir,  daß  er  sich  auf  künstlichen 
Nährböden  sehr  lange  — bis  zu  1 Jahre  — fortpflanzungsfähig  und 
virulent  erhalten  kann.  Levy1)  berichtet  über  einen  Fall,  in 
welchem  ein  in  das  Ellenbogengelenk  einer  55-jährigen  Frau  ein- 
gedrungener Heckendorn  eine  chronische  Entzündung  erzeugt  hatte. 
2 Jahre  später  wurde  das  Gelenk  eröffnet,  der  Fremdkörper  extrahiert. 
Es  fand  sich  Granulationsgewebe  und  ein  im  ganzen  dem  tuberku- 
lösen Fungus  ähnelndes  Bild.  Die  weitere  Untersuchung  ergab 
jedoch,  daß  es  sich  nicht  um  Tuberkulose  handelte,  sondern  daß  als 


1)  Archiv  f.  exper.  Pathologie.  Bd.  XXIX. 


Ueber  den  Befund  virulenter  Staphylokokken  etc. 


275 


einziger  Mikroorganismus  der  Staphylococcus  pyog.  albus 
nachweisbar  war,  der  offenbar  (2  Jahre  früher)  mit  dem  Fremdkörper 
in  das  Gelenk  eingedrungen  war.  Eine  vierjährige  Lebensdauer  von 
Eiterkokken  in  einem  Knochenabsceß  beweist  der  oben  citierte  Fall 
Müller’s. 

Ist  es  nun  wahrscheinlicher,  daß  in  dem  erwähnten  Falle  Krause’s 
die  Kokken  30,  in  meinem  Falle  35  Jahre  lang  in  der  Knochenhöhle 
fortpflanzungsfähig  blieben  oder  daß  eine  neue  Aufnahme  von  Eiter- 
kokken in  die  Blutbahn  mit  Lokalisation  an  der  schon  einmal 
erkrankten  Stelle,  also  eine  Reinfektion  im  Sinne  der  oben  erwähnten 
Ausführungen  K ras ke’s  stattfand?  Gegen  eine  30  Jahre  und  länger 
erhaltene  Fortpflanzungsfähigkeit  der  Eiterkokken  unter  den  ge- 
schilderten Existenzbedingungen  scheint  mir  gar  nichts  zu  sprechen. 
Auf  den  künstlichen  Nährböden  gehen  die  Mikroorganismen  teils 
durch  Erschöpfung  des  Nährbodens,  teils  infolge  von  Ansammlung 
ihrer  Stoffwechselprodukte  zu  Grunde,  im  Eiter  wahrscheinlich  durch 
letzteren  Umstand  in  erster  Linie. 

In  einer  von  Granulationen  ausgekleideten  Höhle  liegen  die  Ver- 
hältnisse wohl  anders.  Hier  werden  immer  neue  Nährstoffe  zu- 
geführt, andererseits  können  die  entwickelten  Stoffwechselprodukte 
resorbiert  oder  in  irgend  einer  Weise  durch  die  aktive  Rolle  des 
Granulationsgewebes  unschädlich  gemacht  werden.  Es  erscheint  mir 
gezwungen,  hier  der  möglichen  Existenzdauer  der  Kokken  irgend 
eine  willkürliche  Grenze  zu  setzen.  Noch  viel  unnatürlicher  erscheint 
mir  jedoch  die  Annahme,  daß  eine  Knochenhöhle  von  der  geschil- 
derten Beschaffenheit  „prädisponiert“  für  eine  Reinfektion  sei  im 
Sinne  K ras  ke’s.  Zunächst  erscheint  mir  ein  allseits  von  sklero- 
siertem  Knochen  umgebener  Hohlraum  durchaus  nicht  so  geeignet 
für  die  Ablagerung  irgendwelcher  corpusculärer  Elemente  aus  der 
Blutbahn,  wie  etwa  das  normale  Knochenmark.  Und  dann  ist  es 
wohl  noch  sehr  fraglich,  ob  an  jener  Stelle,  die  schon  einmal  der 
Sitz  einer  akuten  Eiterung  gewesen  ist,  die  Eiterkokken  ein  zweites 
Mal  leichter  haften  und  sich  vermehren  oder  weniger  leicht.  Daß 
ein  Hämatom,  eine  frische  Fraktur  für  in  der  Blutbahn  kreisende 
Mikroorganismen  einen  willkommenen  Aufenthaltsort  bietet,  daß  hier 
wirkliche  Prädilektionsstellen  für  hämatogene  Eiterungen  bestehen, 
das  steht  wohl  — trotz  mancher  gegensätzlicher  experimenteller 
Beweisversuche  — auf  Grund  zahlreicher  klinischer  Erfahrungen 
zweifellos  fest.  Daß  aber  an  Orten,  die  einmal  der  Sitz  von  Eite- 
rungen waren,  später  eine  neue  Infektion  leichter  haftet,  daß  etwa 
ausgeheilte  Abscesse,  obliterierte  Sequesterladen  für  eine  Reinfektion 
„prädisponiert“  seien,  wie  manche  Autoren  noch  immer  anzunehmen 
scheinen,  ist  eine  völlig  unbewiesene  und  durchaus  unwahrscheinliche 
Vermutung. 

Wenn  wir  aber  die  Annahme  einer  Reinfektion  als  durchaus 
unglaubwürdig  verwerfen,  so  müssen  wir  eine  Erklärung  für  das 
durch  seine  Häufigkeit  nicht  weniger  interessante  Phänomen  suchen, 
daß  in  einem  solchen  ruhenden  alten  Eiterherde  plötzlich  akute  Er- 
scheinungen auftreten,  daß  das  Gleichgewichtsverhältnis,  das  zwischen 
Kokken  und  Gewebe  lange  Zeit  bestanden  hat,  plötzlich  gestört  wird. 


276 


E.  Klein, 


Seit  langer  Zeit  weiß  man,  daß  Traumen  hier  eine  große  Rolle 
spielen,  und  es  liegt  hier  die  Erklärung  in  dem  Sinne  sehr  nahe, 
daß  kleine  Blutungen,  mechanische  Läsionen  des  Gewebes  die 
Gleichgewichtsstörungen  zur  Folge  gehabt  haben.  Ich  kann  es  aber 
nicht  unterlassen,  hier  auf  eine  schon  von  Büchner  erwähnte,  von 
Klein1)  in  einer  experimentellen  Arbeit  erwiesene  Thatsache  hin- 
zuweisen, die  für  das  Verständnis  des  Recidivirens  eiteriger  Prozesse 
von  großer  Bedeutung  zu  sein  scheint.  Es  gelingt  nämlich  durch 
Injektion  von  Bakterienprotei'nen  (Tuberkulin),  sowohl  beim  Menschen, 
als  beim  Versuchstiere,  im  Erlöschen  begriffene  und  selbst  — klinisch  — 
abgelaufene  akute  Entzündungsprozesse  (z.  B.  Erysipel)  neuerdings 
zum  Vorschein  zu  bringen.  Die  lokalen  und  die  allgemeinen  Er- 
scheinungen (Fieber)  des  scheinbar  erloschenen  Prozesses  treten 
wieder  mit  der  Intensität  des  ersten  Prozesses  auf  und  klingen  nach 
und  nach  wieder  ab.  Wenn  wir  nun  wissen,  daß  experimentell  durch 
die  Aufnahme  bestimmter  chemischer  Substanzen  in  die  Blutbahn 
eine  Reacerbation  akut  entzündlicher  Prozesse  erfolgen  kann,  liegt  es 
da  nicht  nahe,  an  die  Möglichkeit  zu  denken,  daß  Stoffwechsel- 
alterationen einen  latenten  Eiterherd  wieder  in  Erscheinung  treten 
lassen,  indem  sie  den  Kokken  vermehrte  Virulenz  verleihen? 

So  sehen  wir,  daß  auf  Grund  unserer  derzeitigen  Kenntnisse  von 
der  Biologie  der  Eiterkokken  manche  Möglichkeit  besteht,  eine  lange 
Latenz  im  menschlichen  Körper  und  eine  plötzlich  eintretende  Virulenz- 
zunahme dieser  Mikroorganismen  anzuerkennen  und  daß  wir  uns 
wohl  mit  der  Annahme  abfinden  müssen,  daß  unter  Umständen  die 
in  den  menschlichen  Körper  eingebrochenen  Eiterkokken  sich  in 
diesem  länger  als  ein  Menschenalter  hindurch  fortpflanzungsfähig  und 
stets  gefahrdrohend  erhalten  können. 

Wien,  15.  Januar  1894. 


Ueber  den  von  Gärtner  beschriebenen  neuen  gas- 
bildenden Bacillus. 

Von 

E.  Klein 

in 

London. 

In  Bd.  XV.  No.  1 dieser  Zeitschrift  beschreibt  Gärtner  einen 
gasbildenden  pathogenen  Bacillus,  den  er  zufällig  nach  intraperi- 
tonealer Injektion  von  Kokkenkultur  in  dem  peritonealen  Exsudate, 
im  Blute  und  in  den  Organen  der  verstorbenen  Meerschweinchen 
aufgefunden  hat.  Ich  erlaube  mir  über  eine  ähnliche  Erfahrung  zu 
berichten,  mit  dem  Zusatze  jedoch,  daß  es  sich  meiner  Ansicht  nach 


1)  Ursachen  der  Tuberkulinwirkung.  Wien  u.  Leipzig  1893. 


üeber  den  von  Gärtner  beschriebenen  neuen  gasbildenden  Bacillus.  277 


höchst  wahrscheinlich  um  einen  virulenten  Bacillus  coli  handelt. 
Während  der  Experimente  über  intraperitoneale  Injektion  von  Agar- 
kulturen verschiedener  Bakterienspecies  (diese  Zeitschrift.  Bd.  XIII. 
No.  13,  siehe  auch  die  Bestätigung  dieser  Beobachtungen  durch 
Sobernheim  in  der  Hygienischen  Rundschau.  III.)  ereignete  es 
sich  einmal,  daß  ein  nach  intraperitonealer  Injektion  mit  Bacillus 
prodigiosus  eiugegangenes  Meerschweinchen  von  seinem  peri- 
tonealen Exsudate  Kulturen  lieferte,  in  denen  neben  dem  Bacillus 
prodigiosus  ein  farbloser,  aus  beweglichen  Kurzstäbchen  be- 
stehender Mikrobe  auftrat,  aus  dem  Herzblute  jedoch  nur  der  letztere 
gezüchtet  wurde.  Bei  weiterer  Uebertragung  des  peritonealen  Ex- 
sudates oder  der  Mischkultur  in  die  Peritonealhöhle  neuer  Meer- 
schweinchen wurden  aus  dem  Herzblute  und  aus  der  peritonealen 
Flüssigkeit  (Tod  biunen  24  Stunden)  schließlich  nur  die  beweg- 
lichen Kurzstäbchen  gezüchtet.  Subkutane  und  intraperitoneale 
Impfungen  an  Meerschweinchen  bewiesen,  daß  diese  Bacillen  einen 
hohen  Grad  von  Virulenz  besitzen,  und  waren  die  Symptome  den 
von  Gärtner  beobachteten  analog.  Nur  sei  noch  hinzugefügt, 
daß  nach  subkutaner  Injektion  des  peritonealen  Exsudates  ein  aus- 
gebreitetes subkutanes,  übelriechendes,  blutiges  Oedem  sich  ent- 
wickelte; die  Oedemflüssigkeit,  das  blutige,  peritoneale  Exsudat  sowie 
das  Herzblut  waren  mit  den  beweglichen  Kurzstäbchen  erfüllt.  Die 
Details  dieser  Beobachtungen  habe  ich  in  dem  in  Kürze  zu  erschei- 
nenden Report  of  the  Med.  Off.  of  the  Local  Gov.  Board  1892 — 1893 
beschrieben,  und  erlaube  ich  mir  hier  noch  auf  das  Faktum  auf- 
merksam zu  machen,  daß  in  dem  peritonealen  Exsudate  wiederholt 
große  angeschwollene  Leukocyten  mit  den  Kurzstäbchen  ganz  erfüllt 
angetroffen  wurden.  Was  die  Morphologie  und  das  kulturelle  Ver- 
halten der  Stäbchen  anlangt,  so  finde  ich  zwischen  ihnen  und  denen 
des  Bacillus  coli  keinen  wesentlichen  Unterschied,  es  sei  denn, 
daß  die  ersteren  etwas  mehr  gleichförmig  cylindrisch  sind,  als  die 
des  letzteren.  In  Bezug  auf  Beweglichkeit,  das  Aussehen  und  Wachs- 
tum der  Kolonieen  auf  der  Platte,  in  der  Gelatinestich-  und  Strich- 
kultur, in  der  Schüttelkultur  (reichliche  Gasbildung  in  den  tieferen 
Schichten),  in  der  Milch  (rasche  Koagulation),  in  der  Bouillonpepton- 
kultur (Indolreaktion),  auf  dem  Agar  und  der  Kartoffel  scheint  eine 
so  große  Aehnlichkeit  mit  Bacillus  coli  zu  bestehen,  daß  die 
beiden  Mikroben,  wenn  nicht  identisch,  doch  gewiß  sehr  nahe  ver- 
wandt sind.  Wie  oben  erwähnt,  sind  die  Stäbchen  nur  in  einem 
Falle  im  peritonealen  Exsudate  eines  iutraperitoneal  mit  Bacillus 
prodigiosus  infizierten  Meerschweinchens  angetroffen  worden,  und 
obgleich  ich  eine  Reihe  von  weiteren  Experimenten  absichtlich  in 
dieser  Richtung  mit  lebenden  und  auch  sterilen  Kulturen  von  Ba- 
cillus prodigiosus  vorgenommen,  habe  ich  vergeblich  nach  den 
obigen  beweglichen  Stäbchen  im  peritonealen  Exsudate  und  dem 
Herzblute  der  verstorbenen  Tiere  gesucht.  Die  Erklärung  des  in 
dem  einen  Falle  nachgewiesenen  Vorhandenseins  der  beweglichen 
Stäbchen  schien  mir  damals  sowie  auch  heute  noch  nach  Gärtner ’s 
Erfahrungen  die  zu  sein,  daß  bei  der  intraperitonealen  Injektion 
zufällig  eine  Läsion  des  Darmes  stattfand,  die,  obgleich  nicht  zur 

XV.  Bd.  18 


278 


Lorenz, 


Perforation  führend,  dennoch  dem  Bacillus  coli  das  Durchwachsen 
in  die  Peritonealhöhle  gestattete;  einmal  hatte  sich  dieser  durch 
rasches  Wachstum  des  Terrains  ganz  bemächtigt.  Sowohl  im  Gärt- 
ner’schen  Falle,  als  auch  in  dem  meinigen  kann  es  sich  doch  nur 
um  einen  aus  dem  Körper  des  Meerscheincbens  selbst  und  nicht  aus 
der  primär  angewendeten  Kultur  — Kokkenkultur  (Gärtner),  Ba- 
cillus prodigiosus  (selbst)  — stammenden  Bacillus  handeln, 
und  ist  wegen  der  Nähe  des  Darmes  und  wegen  der  im  Peritoneum 
etablierten  Krankheit  (intensive  Peritonitis  erzeugt  durch  Injektion 
der  Primärkultur)  ein  Verdacht  auf  Bacillus  coli  gerechtfertigt. 
Dazu  kommt  noch,  daß  die  beiden  Mikroben  in  den  meisten  Cha- 
rakteren eine  auffallende  Aehnlichkeit  darbieten.  Doch  muß  hinzu- 
gefügt werden,  daß  bei  der  intraperitonealen  Injektion  von  Meer- 
schweinchen mit  Agarkulturen  des  Bacillus  coli  die  aus  dem 
peritonealen  Exsudate  sowie  aus  dem  Blute  der  verstorbenen  Meer- 
schweinchen gezüchteten  Kulturen  des  Bacillus  coli  eine  geringere 
Virulenz,  namentlich  bei  der  subkutanen  Injektion,  aufweisen,  als  die 
obigen  Kulturen  der  fraglichen  Kurzstäbchen. 

London,  18.  Januar  1894. 


Schutzimpfungs versuche  gegen  Schweinerotlauf 
mit  Anwendung  eines  aus  Blutserum  immunisierter 
Tiere  hergestellten  Impfpräparats. 

Von 

Obermedizinalrat  Dr.  Lorenz 

in 

Darmstadt. 

Das  I.  Heft  des  XX.  Bandes  der  Deutschen  Zeitschrift  für  Tier- 
medizin und  vergleichende  Pathologie  enthält  eine  Beschreibung  der 
Schutzimpfungsversuche  gegen  Schweinerotlauf,  welche  nach  dem  von 
mir  empfohlenen  Verfahren  und  mit  Anwendung  der  von  mir  herge- 
stellten Impfpräparate  bis  jetzt  angestellt  worden  sind.  Um  den 
Verlauf  und  den  Ausgang  der  Versuche  in  möglichster  Ausführlichkeit 
zu  behandeln,  habe  ich  in  der  erwähnten  Arbeit,  soweit  erforderlich, 
die  Korrespondenz  derjenigen  Herren  zum  Abdruck  bringen  lassen, 
welche  die  Versuche  ausgeführt  und  beobachtet  haben. 

Die  Versuche  fielen  in  die  Zeit  von  Dezember  1891  bis  Herbst 
1893  und  sind  in  18  einzelnen  Abschnitten  beschrieben.  Der  erste 
an  Schweinen  angestellte  Versuch  fand  Anfang  Dezember  1891  an 
zwei  4 Wochen  alten  Ferkeln  statt.  Ein  Kontrollferkel,  das  ohne 
Heilserumbehandlung  dieselben  Kulturinjektionen  wie  die  beiden 
Versuchsferkel  erhalten  hatte,  zeigte  hierauf  anfangs  keine  Reaktion, 
erkrankte  aber  später  an  Rotlaufendocarditis  und  ging  Anfangs  März 
1892  daran  ein.  Die  mit  Heilserum  behandelten  Ferkel  entwickelten 


Schutzimpflingsversuche  gegen  Schweinerotlauf  etc. 


279 


sich  gut  und  wurden  im  Herbst  1892  geschlachtet.  Von  dem  einen 
derselben  wurden  300  g Blut  zur  Bereitung  von  Heilserumpräparat 
verwendet.  Diesem  Schwein  waren  8 und  4 Tage  vor  der  Schlach- 
tung jedesmal  10  ccm  Rotlaufkultur,  in  Fleischwasserpepton  gezüchtet, 
zur  Hälfte  intravenös,  zur  Hälfte  subkutan  injiziert  worden.  Von 
den  gewonnenen  30  ccm  Präparat  waren  0,025  ccm  nötig,  um  eine 
graue  Hausmaus  eine  gleichzeitig  vorgenommene  Rotlaufinfektion 
überstehen  zu  lassen. 

Die  zweite  Schutzimpfung  wurde  von  Bezirkstierarzt  Welz 
in  dem  Orte  D.  im  Bezirke  Buchen  in  Baden  an  19  Schweinen  im 
Juni  1892  vorgenommen.  Abgesehen  von  Knotenbildungen  an  den 
Impfstellen  bei  einzelnen  der  geimpften  Schweine  ist  die  Impfung 
nach  der  von  Welz  erhaltenen  Mitteilung  ohne  jede  Reaktion  ver- 
laufen. Auch  ist  nachträglich  keines  der  geimpften  Schweine  an 
Rotlauf  erkrankt. 

Welz  hatte  mit  übriggebliebenem  Impfpräparate  den  Versuch 
gemacht,  rotlaufkranke  Schweine  zu  heilen  und  hatte  damit  in  vier 
Fällen  einen  günstigen  Erfolg  beobachtet.  Hierauf  wurde  das  Mittel 
zunächst  zu  weiteren  Versuchen  als  Heilmittel  gegen  Schweinerotlauf 
im  Großherzogtum  Baden  verwandt.  Die  aus  Kaninchenblut  herge- 
stellten Präparatmengen  wurden  für  diese  Versuche  in  Anspruch  ge- 
nommen, so  daß  vorerst  weitere  Schutzimpfungsversuche  unterblieben. 
Im  ganzen  wurde  an  sieben  badische  Bezirkstierärzte  253  g Heil- 
serumpräparat abgegeben.  Vier  dieser  Bezirkstierärzte  haben  im 
Herbste  1892  mitgeteilt,  daß  sie  keine  Gelegenheit  gefunden  hätten, 
das  Präparat  anzuwenden.  Nur  drei,  die  Bezirkstierärzte  in  Tauber- 
bischofsheim, Wolfach  und  Buchen,  haben  zusammen  über  12  be- 
handelte rotlaufkranke  Schweine  Mitteilung  gemacht.  Von  diesen 
12  Schweinen  sind  2 notgeschlachtet  worden,  2 sind  krepiert,  2 sind 
an  chronischem  Rotlaufe  erkrankt  und  6 sind  genesen.  Dieses  zweifel- 
hafte Ergebnis,  namentlich  aber  ein  später  beobachteter  Fall,  haben 
mich  zu  der  Ueberzeugung  geführt,  daß  die  Heilung  rotlaufkranker 
Schweine  überhaupt  mit  Sicherheit  nicht  erzielt  werden  kann,  da, 
wenn  auch  durch  Anwendung  des  fragl.  Serumpräparates  Giftfestigkeit, 
d.  h.  Widerstandsfähigkeit  des  Tieres  gegen  die  durch  die  Krankheits- 
keime im  Tierkörper  erzeugten  schädlichen  Stoffe  erreicht  wird,  ein 
Absterben  der  in  bestimmten  Krankheitsherden,  namentlich  in  endokar- 
ditischen  Auflagerungen  enthaltenen  Krankheitskeirae  nicht  herbei- 
geführt und  diese  Auflagerungen  selbst  nicht  entfernt  werden  können. 
Ein  erst  vor  kurzem  beobachtetes  Sektionsergebnis  hat  in  mir 
wieder  die  Ueberzeugung  bestärkt,  daß  eine  Heilung  des  Rotlaufs  bei 
Schweinen  nicht  in  allen  Fällen  möglich  ist.  Ein  an  akutem  Rotlaufe 
krepiertes  Schwein  von  etwa  75  kg  Körpergewicht  zeigte  am  ganzen 
Körper,  namentlich  am  Bauche,  an  der  Brust  und  am  Halse,  die  be- 
kannten Rötungen  sehr  intensiv;  in  der  Bauchhöhle  zeigten  sich  die 
Erscheinungen  des  Darmrotlaufs  und  Milzvergrößerung;  im  Herzen 
fanden  sich  in  beiden  Herzkammern  die  V.  mitrales  und  semi- 
lunares  mit  nicht  leicht  ablösbaren  Gerinnseln  von  faseriger  Be- 
schaffenheit bedeckt.  Es  war  mithin  schon  im  akuten  Stadium  des  Rot- 
laufs eine  Endocarditis  eingetreten,  die,  wenn  sie  auch  nicht  momentan 

18* 


280 


Lorenz, 


den  Tod  des  Tieres  verursacht  hatte,  da  dieser  wohl  in  Folge  der 
Giftwirkung  eingetreten  sein  mag,  eine  vollständige  Heilung  des 
Tieres  mindestens  als  unwahrscheinlich,  wenn  nicht  als  unmöglich 
erscheinen  ließ. 

Um  die  Verwendung  des  aus  dem  Blute  für  Rotlauf  immunisierter 
Tiere  zu  gewinnenden,  immerhin  eine  bedeutende  immunisierende 
Wirkung  zeigenden  Präparates  zu  Schutzimpfungszwecken  anzubahnen, 
veröffentlichte  ich  in  No.  8 der  „Deutschen  tierärztlichen  Wochen- 
schrift. 1893“  und  in  No.  11  und  12  des  „Centralblattes  für  Bakterio- 
logie und  Parasitenkunde.  1893“  einen  Artikel,  überschrieben:  „Ein 
Schutzimpfungsverfahren  gegeu  Schweinerotlauf“.  Im  Januar  1893 
hat  Regierungsrat  Beißwänger  auf  meinen  Wunsch  einen  Schutz- 
impfungsversuch an  4 Schweinen  im  Gewichte  von  44 — 56  kg  ange- 
stellt und  mir  das  günstige  Resultat  dieses  Versuches  mitgeteilt, 
wonach  bei  einem  an  zwei  der  geimpften  Schweine  angestellten 
Kontrollversuche  diese  auf  je  3 ccm  intravenös  injizierter  Rotlaufkultur 
gar  nicht  reagierten,  während  ein  nicht  schutzgeimpftes  Schwein  bei 
derselben  Behandlung  an  Rotlauf  zu  Grunde  ging.  Dieser  Versuch 
ist  als  dritter  Schutzimpfungsversuch  in  dem  eingangs  erwähnten 
Aufsatze  in  der  „Deutschen  Zeitschrift  für  Tiermedizin“  angeführt. 
Der  vierte  Schutzimpfungsversuch  wurde  ebenfalls  von  Regierungs- 
rat Beißwänger  ausgeführt.  Derselbe  impfte  nach  meinem  Verfahren 
im  April  1893  fünf  Schweine  im  Gewichte  von  32—42  kg  mit 
günstigem  Erfolge. 

Der  fünfte  Schutzimpfungsversuch  wurde  von  dem  Großherzgl. 
badischen  Bezirkstierarzte  Schuemacher  von  Wertheim  in  dem 
Orte  H.  an  10  Schweinen  von  verschiedenem  Alter  und  Gewichte  aus- 
geführt. Die  Schweine  hatten  ein  Gewicht  von  10 — 150  kg. 
Reaktionen  wurden  an  zwei  Tieren  wahrgenommen.  Eines  derselben 
bekam  einen  Absceß  an  der  Injektionsstelle,  das  andere,  ein  60  kg 
schwerer  Zuchteber,  zeigte  kurz  nach  der  Seruminjektion  (vor  der 
Kulturinjektion)  einen  urticariaähnlichen  Hautausschlag  mit  ganz 
leichtem  Verlaufe. 

Die  als  sechster  bis  neunter  beschriebenen  Schutzimpfungs- 
versuche waren  diejenigen,  welche  ich  an  Mastschweinen  anstellte, 
um  aus  deren  Blute  nach  der  Schlachtung  frische  Mengen  Heilserum- 
präparat zu  gewinnen.  Bis  dahin  sind  die  Versuche  mit  aus  Kaninchen- 
blut im  Sommer  1892  hergestelltem  Präparate  ausgeführt  worden. 
Auf  die  Veröffentlichung  des  Aufsatzes  in  No.  8 der  „Deutschen 
tierärztlicheu  Wochenschrift“  und  in  No.  11  und  12  des  „Central- 
blattes für  Bakteriologie  und  Parasitenkunde“  mußte  ich  erwarten, 
daß,  wenn  auch  nicht  in  großer  Zahl,  so  doch  immerhin  einige  Auf- 
forderungen wegen  Abgabe  von  Impfstoff  an  mich  ergehen 
würden.  Ich  mußte  daher,  wenn  ich  mich  nicht  ablehnend  denselben 
gegenüber  zeigen  wollte,  für  Impfstoff  sorgen.  Da  Kaninchen  zu 
wenig  Blut  liefern , schritt  ich  zur  Impfung  von  Schweinen.  Die 
Großherzoglich  hessische  Regierung  stellte  mir  bereitwillig  die  nötigen 
Mittel  zur  Verfügung.  Die  Aufgabe,  der  ich  mich  unterzogen,  war 
keine  leichte ; denn  es  war  schwer,  Schweine  zum  Impfen  zu  be- 
kommen. Da  ich  nun  zunächst  dazu  auch  schon  nahezu  schiacht- 


Schutzimpfungsversuche  gegen  Schweinerotlauf  etc. 


281 


reife  Schweine  suchte,  welche  demnächst  zur  Schlachtung  gelangten, 
um  aus  dem  Blute  Impfstoff  zu  bereiten,  hielt  es  doppelt  schwer, 
einen  Anfang  zu  machen.  Ich  kaufte  deshalb  zunächst  zwei  Schlacht- 
schweine und  gab  sie  einem  hiesigen  Bäckermeister  in  Fütterung. 
Mühlenbesitzer  Hilde  brand  hier  stellte  mir  ferner  zwei  Schweine  in 
der  Wiesenmühle  bei  Eberstedt,  Pachter  Simon  in  Neuhof  bei  Neu- 
Isenburg  eins  und  die  Molkerei  Nierstein  sechs  Schweine  zur  Ver- 
fügung. Diese  vierzehn  Schweine  impfte  ich  sämtlich  mit  altem, 
aus  Kaninchenblut  hergestelltem  Impfstoffe  in  den  letzten  Tagen  des 
Monats  März  und  Anfangs  April.  Dreizehn  Tiere  ertrugen  die  Impfung 
ohne  sichtbare  Reaktion.  Eines  von  den  Niersteiner  Schweinen, 
welches  zu  wenig  Serumpräparat  erhalten  hatte,  erkrankte  leicht  an 
den  sogenannten  Backsteinblattern.  Dreizehn  von  den  Schweinen 
wurden  Ende  April  bis  Ende  Mai  im  hiesigen  Schlachthause  ge- 
schlachtet. Ein  Schwein  von  den  vieren  des  Pachters  Simon  war  auf 
dem  Transporte  verunglückt. 

Daß  die  Impfung  und  weitere  Vorbereitung  der  Schweine  zur 
Gewinnung  eines  wirksamen  Giftstoffes  für  die  Tiere  nicht  nachteilig 
ist,  dafür  spricht  die  beträchtliche  Gewichtszunahme  der  Impflinge 
nach  der  Impfung.  Die  beiden  Schweine,  welche  ich  zum  Zwecke 
des  Impfens  gekauft,  wogen  am  Tage  der  Uebernahme  (24.  März) 
106  und  95  kg,  zusammen  also  201  kg.  Am  30.  März  erhielten  sie 
die  nötige  Menge  Serumpräparat,  dann  wurden  ihnen  am  1.  April 
je  1,0  ccm,  am  13.  April  je  3,5  ccm,  am  23.  April  je  20  ccm  und 
am  28.  April  je  40  ccm  Kultur  injiziert.  Am  2.  Mai  sind  die  Schweine 
vor  der  Schlachtung  lebend  gewogen  worden,  wobei  sich  ergab,  daß 
das  eine  111,5,  das  andere  124,5,  beide  zusammen  also  236  kg  wogen. 
Sie  hatten  demnach  in  38  Tagen  zusammen  35  kg  zugenommen, 
so  daß  auf  das  Schwein  eine  tägliche  Gewichtszunahme  von  0,5  kg 
kommt.  Beide  Schweine  hatten  ein  Schlachtgewicht  von  89  und 
102  kg,  = 191  kg.  Es  kamen  also  nicht  ganz  20  Proz.  Schlacht- 
abgang in  Abzug,  was  ebenfalls  für  ein  gutes  Mastergebnis  spricht. 
Bei  den  anderen  zur  Gewinnung  des  Impfstoffes  vorbereiteten 
Schweinen  wurde  die  Gewichtszunahme  nicht  kontrolliert,  doch  haben 
die  Eigentümer  zugegeben,  daß  die  Schweine  nach  der  Impfung  noch 
gut  zugenommen  hätten. 

Der  zehnte  Versuch  wurde  von  Kreisveterinärarzt  Schmidt 
von  Nidda  in  dem  Orte  Wolf,  im  Kreise  Büdingen,  am  18.  Mai  1893 
an  17  Schweinen  vorgenommen.  Dieselben  gehörten  sieben  verschie- 
denen Besitzern  und  hatten  ein  Gewicht  von  10—100  kg.  Ein 
80  kg  schwerer  Zuchteber  reagierte  auf  die  Heilseruminjektion  nach 
24  Stunden  durch  vorübergehende  Flockenbildung  auf  die  Haut 
(vergl.  Verf.’s  V).  Ein  Schwein  war  am  Tage  der  Seruminjektion  mit 
Rotlauf  behaftet  und  zwei  Tage  danach  vollständig  gesund. 

Der  elfte  Schutzimpfungsversuch  wurde  an  33  Schweinen  der 
Arbeiterkolonie  Neu-Ulrichstein,  im  Kreise  Alsfeld,  am  3.  Juni  1893 
von  Kreisveterinärarzt  Kolb  vorgenommen,  nachdem  kurz  vorher  auf 
diesem  Gute  26  Schweine  an  der  Rotlaufseuche  eingegangen  waren. 
Die  geimpften  Schweine  hatten  ein  Gewicht  von  6 — 250  kg.  Einem 
13  kg  schweren  Ferkel  wurde  bei  der  Seruminjektion  eine  Arterie 


282 


Lorenz 


verletzt,  so  daß  es  noch  längere  Zeit  blutete  und  wahrscheinlich  das 
dicht  neben  der  verletzten  Arterie  injizierte  Präparat  größtenteils 
ausgeflossen  ist.  Es  erkrankte  zwei  Tage  nach  der  ersten  Kultur- 
injektion an  Rotlauf  und  ging  zwei  Tage  später  daran  ein.  Ein 
anderes  Ferkel  von  demselben  Gewichte  hatte  zur  Zeit  der  Serum- 
injektion Backsteinblattern.  Es  genas  anscheinend,  wurde  aber  später 
siech,  so  daß  es  die  Verwaltung  schlachten  ließ. 

Der  zwölfte  Schutzimpfungsversuch  wurde  auf  dem  Rbeinfelder 
Hof,  im  Kreise  Groß-Gerau,  an  10  Ferkeln  und  4 jungen  Mutter- 
schweinen am  8.  Juli  1893  vorgenommen.  Erstere  hatten  ein 
Gewicht  von  je  10,  letztere  von  je  30  kg.  Eine  Reaktion  ist  nicht 
eingetreten. 

Den  dreizehnten  Schutzimpfungsversuch  nahm  Kreisveterinär- 
arzt Kolb  von  Alsfeld  auf  dem  Hofgute  Dotzelrod,  im  Kreise  Als- 
feld, an  38  Schweinen  im  Gewichte  von  10 — 180  kg  am  21.  Juli 
1893  vor.  Vom  17.  bis  21.  Juli  waren  auf  dem  Gute  6 Schweine  an 
Rotlauf  krepiert  und  eines  wegen  Erkrankung  daran  notgeschlachtet 
worden.  Ein  10  kg  schweres  Ferkel  war  zur  Zeit  der  Seruminjektion 
hochgradig  rotlaufkrank.  Es  verendete  2 Tage  später  an  Rotlanf. 
Etwa  8 Läuferschweine  bekamen  an  den  Injektionsstellen  Eiterknoten. 

Der  vierzehnte  Schutzimpfungsversuch  wurde  in  dem  nahe 
bei  Dotzelrod  gelegenen  Eudorf,  im  Kreise  Alsfeld,  an  25  Schweinen 
am  3.  August  1893  vnn  Kreisveterinärarzt  Kolb  vorgenommen.  Die 
25  Schweine  gehörten  11  Besitzern  und  hatten  ein  Gewicht  von  30 
bis  100  kg.  4 bekamen  Anschwellungen  an  den  Impfstellen. 

Der  fünfzehnte  Versuch  fand  in  Bindsachsen,  im  Kreise  Bü- 
dingen, statt.  Kreisveterinärarzt  Schmidt  impfte  daselbst  am 
1.  September  1893  in  meinem  Beisein  27  Schweine  im  Gewichte  von 
20 — 100  kg.  Die  Schweine  gehörten  15  Besitzern  an.  In  Bind- 
sachsen herrschte  damals  die  Rotlaufseuche.  In  einem  Gehöfte,  in 
dem  die  Schweine  geimpft  wurden,  war  kurz  zuvor  ein  Schwein  an 
Rotlauf  eingegangen  und  ein  rotlaufkrankes  notgeschlachtet  worden. 
Einer  der  Impflinge  zeigte  zur  Zeit  der  Seruminjektion  Fleckenbildung 
auf  der  Haut  und  fraß  nicht.  Am  Tage  der  Kulturinjektion  war  der- 
selbe wieder  gesund.  Zwei  andere  Schweine  sollen  kurz  nach  der 
Seruminjektion  vorübergehende  Fleckenbildung  gezeigt  haben. 

Als  sechzehnter  Versuch  sind  eine  Reihe  von  Impfungen  auf- 
geführt, welche  Tierarzt  Graffunder  in  Landsberg  a.  W.  in  Branden- 
burg in  der  Zeit  von  Ende  Mai  bis  September  1893  vorgenommen 
hat.  Graffunder  hat  im  ganzen  38  Schweine  geimpft,  darunter 
2 an  Rotlauf  erkrankte  Mutterschweine  von  je  200  kg.  Gewicht  zum 
Zwecke  der  Heilung.  Eines  derselben  ist  genesen,  das  andere  krepiert, 
Die  36  schutzgeimpften  Schweine  hatten  ein  Gewicht  von  15 — 150  kg. 
8 davon  waren  zur  Zeit  der  Seruminjektion  rotlaufkrank.  Davon  ist 
1 krepiert,  3 sind  notgeschlachtet  worden  und  4 genasen.  In  ver- 
schiedenen der  geimpften  Bestände  war  die  Rotlaufseuche  vor  der 
Impfung  aufgetreten. 

Siebzehnter  Schutzimpfungsversuch.  Marinestabsarzt  Dr. 
Sander,  Assistent  am  hygienischen  Institute  der  Universität  Berlin, 
hat  7 Schweine  auf  dem  Gute  seines  Vaters  bei  Lissa  in  Posen  in  den 


Schutzimpfungsversuche  gegen  Schweinerotlauf  etc. 


283 


Monaten  Juli  und  August  1893  nach  meinem  Verfahren  geimpft.  Die 
Schweine  hatten  ein  Gewicht  von  45 — 90  kg.  2 haben  geringe 
lokale  Reaktion  nach  der  Kulturinjektion  gezeigt. 

Als  achtzehnten  Schutzimpfungsversuch  habe  ich  die  an 
43  Einlegeschweinen  in  der  Molkerei  Guntersblum  a.  Rh.  zum  Zwecke 
der  Heilserumgewinnung  vorgenommenen  Impfungen  aufgeführt.  Die 
Impfungen  wurden  zuerst  am  18.  August  1893  von  Tierarzt  Men  ge  r 
in  Guntersblum  an  15  Schweinen  in  meinem  Beisein  begonnen.  Am 
19.  September  wurden  28  Schweine  geimpft.  In  der  Molkerei  Gunters- 
blum werden  jährlich  400 — 500  Schweine  gemästet  und  da  dort 
ein  Tierarzt  wohnt,  der  die  Injektionen  besorgen  konnte,  erschien  mir 
der  Schweinebestand  gerade  dieser  Molkerei  geeignet  für  die  Gewinnung 
von  Heilserum.  Ich  kann  hier  anführen,  daß  der  Molkereivorstand 
schon  wiederholt  die  Ueberzeugung  ausgesprochen  hat,  daß  die 
Impfung  und  weitere  Vorbereitung  der  Schweine  für  die  Heilserum- 
gewinnung ohne  allen  Nachteil  für  die  Schweine  verlaufen  sei. 

Was  den  Verlauf  der  angeführten  Impfversuche  anlangt,  so  bin 
ich  in  der  Lage,  zu  erklären,  daß  sie  alle  nach  den  erhaltenen  Mit- 
teilungen zur  Befriedigung  der  Besitzer  ausgefallen  sind.  Mit  Aus- 
nahme des  einen  in  Neu-Ulrichstein  infolge  eines  bei  der  Injektion 
begangenen  Fehlers  eingegangenen  Ferkels  ist  nur  ein  Schwein  nach 
der  Impfung  an  Backsteinblattern  leicht  und  ohne  Nachteil  erkrankt. 
Von  den  12  bei  der  Schutzimpfung  bereits  rotlaufkranken  Schweinen 
sind  6 genesen,  3 notgeschlachtet  worden,  1 ist  siech  geworden  und 
3 sind  krepiert.  Im  ganzen  ist  die  Schutzimpfung  nach  meinem  Ver- 
fahren bis  jetzt  an  294  Schweinen  ausgeführt  worden.  Von  denselben 
hatten  37  ein  Gewicht  von  bis  10  kg,  63  von  11 — 20  kg,  39  von 
21—40  kg,  94  von  41 — 60  kg,  37  von  67 — 80  kg,  12  von  81 — 100  kg, 
6 von  101 — 150  kg,  3 von  151 — 200  kg  und  2 von  201 — 250  kg. 
Spätere  Erkrankungen  in  den  schutzgeimpften  Beständen  sind  nach 
den  erhaltenen  Mitteilungen  nicht  beobachtet  worden,  auch  in  denen 
nicht,  in  welchen  kurz  vor  der  Impfung  die  Rotlaufseuche  aufge- 
treten war. 

Durch  vorstehende  Versuche  dürfte  der  Nachweis 
geliefert  sein,  daß  das  von  mir  empfohlene  Verfahren 
ohne  Gefahr  für  die  Impflinge  angewandt  werden 
kann  und  einen  genügenden  Impfschutz  gewährt. 

Was  die  Ausführung  der  Impfung  anlangt,  so  mag  dieselbe 
manchem  vielleicht  etwas  umständlich  erscheinen,  namentlich  wenn 
drei  Einspritzungen  gemacht  werden  sollen.  Es  mag  deshalb  gleich 
hier  angeführt  werden,  daß  die  späteren,  zur  Erreichung  eines  Impf- 
schutzes an  221  Schweinen  verschiedenen  Alters  ausgeführten 
Impfungen  (Versuch  13,  14,  15  und  größtenteils  16)  nur  in  2 In- 
jektionen, einer  von  Heilserumpräparat  und  einer  5 — 7 Tage  später 
erfolgten  Kulturinjektion  bestanden  haben,  ohne  daß  sich  ein  Nachteil 
oder  ein  Mangel  an  Impfschutz  gezeigt  hätte.  Was  die  Schwierig- 
keit der  Technik  betrifft,  so  bin  ich  bei  den  von  mir  selbst  ausge- 
führten Impfungen  auf  einige  Erleichterungen  gekommen  Zunächst 
habe  ich  mir  eine  leichter  zu  gebrauchende  Spritze  konstruiert.  Die- 
selbe besteht  in  einer  gewöhnlichen  Infektionsspritze  von  5—10  ccm 


284 


Lorenz, 


Inhalt  mit  graduierter  Kolbenstange.  Anstatt  die  Impfnadel  nun  direkt 
auf  die  Spritze  zu  stecken,  schiebe  ich  an  dieselbe  einen  dickwandigen, 
mit  feiner  Oeffnung  versehenen  Gummischlauch  von  10  cm  Länge 
auf.  Am  anderen  Ende  des  Schlauches  wird  ein  kleiner,  mit  feiner 
Oeffnung  durchbohrter  Metallzapfen  angefügt,  auf  welchen  sich  die 
Impfnadel  luftdicht  aufstecken  läßt.  Diese  Vorrichtung  gewährt  eine 
wesentliche  Erleichterung  bei  der  Injektion,  indem  die  einmal  einge- 
stochene Nadel  nicht  festgehalten  zu  werden  braucht  und  die  Ein- 
spritzung auch  bei  einiger  Unruhe  des  Impflings  ausgeführt  werden 
kann,  ohne  daß  die  Nadel  wieder  herausgezogen  und  frisch  einge- 
stochen werden  muß  oder  gar  abbricht.  Die  Nadel  wählt  man  für 
die  Seruminjektion  stärker,  für  die  KulturiDjektion  feiner.  Als  Impf- 
stelle eignet  sich  am  besten  die  Haut  zwischen  den  Schenkeln  oder 
hinter  den  Ohren.  Letztere  zu  wählen  empfiehlt  sich  namentlich  bei 
Schweinen,  die  ein  schmutziges  Lager  haben,  da  von  demselben  aus 
leicht  die  Impfstiche  eiterig  infiziert  werden.  Als  Aseptik  beim 
Impfen  empfiehlt  sich  außer  einer  guten  Reinigung  der  Impfspritze 
mit  gekochtem  und  wieder  abgekühltem  Wasser  ein  Abwaschen  der 
Impfstelle  mit  4-proz.  Karbollösung  direkt  vor  der  Einspritzung.  Bei 
der  Kulturinjektion  muß  jedoch  die  desinfizierte  Stelle  wieder  mit 
reiner,  trockener  Watte  abgetupft  werden,  damit  keine  Karbollösung 
mit  der  Kultur  injiziert  wird  oder  in  die  Impfnadel  gelangt.  Ein 
Fesseln  der  Impflinge  ist  kaum  nötig.  Kleine  Schweine  läßt  man  von 
zwei  Leuten  an  den  Beinen  halten,  größere  injiziert  man,  indem  man 
sie  am  Schwänze  durch  einen  Gehilfen  läßt,  während  ein  anderer  sie 
am  Ohre  hält.  Sehr  unruhige  Schweine  läßt  man  durch  eine  kleine 
Bordwand,  eine  ausgehobene  Schweinestalltüre  oder  dergleichen  gegen 
die  Wand  drücken.  Für  meine  Impfungen  in  der  Molkerei  Gunters- 
blum habe  ich  mir  einen  besonderen  Verschlag,  einem  Transportkasten 
für  Schweine  ähnlich,  machen  lassen,  der  hinten  und  vorn  eine  Fall- 
thür und  seitlich  nur  Latten  hat,  durch  deren  Zwischenräume  man 
mit  der  Spritze  hineinreichen  kann.  Die  Schweine  werden  zu  der 
einen  Kastenthüre  hineingeschoben  und  nach  erfolgter  Einspritzung 
durch  die  andere  hinausgelassen.  Mit  dieser  Einrichtung  kann  bei 
einiger  Uebung  der  Impfende  unter  Hilfe  zweier  Leute,  welche  die 
Schweine  in  den  Kasten  schieben,  in  einer  Stunde  30—40  größere 
Schweine  injizieren. 

Es  soll  hier  auch  erwähnt  werden,  daß  die  Impfstoffbereitung 
selbst  keine  besonderen  Schwierigkeiten  veranlaßt.  Eine  komplete 
Einrichtung  für  die  Herstellung  größerer  Mengen  wird  sich  allerdings 
nahezu  auf  500  M.  stellen.  Die  Herstellung  des  Impfstoffes  selbst 
kostet  verhältnismäßig  nur  wenig;  dagegen  fand  ich  bis  jetzt  noch 
einige  Schwierigkeiten  in  der  Gewinnung  von  wirksamem  Blutserum. 
Sobald  nämlich  die  Metzger  merken,  daß  für  gedachten  Zweck  be- 
stimmte Schweine  in  einem  Orte  geschlachtet  werden  sollen,  machen 
sie  Schwierigkeiten  beim  Ankäufe,  während  die  Besitzer  der  Schweine, 
bei  denen  die  Impfungen  mit  größeren  Kulturmengen  behufs  Vor- 
bereitung zur  Serumgewinnung  vorgenommen  wurden,  die  aller- 
höchsten Preise  forderten.  Mit  solchen  Umständen  ist  natürlich  vor- 
erst zu  rechnen,  namentlich  so  lange,  bis  die  Sache  mittelst  Hilfe  der 


Schutzimpfungsversuche  gegen  Schweinerotlauf  etc. 


285 


Verwaltungsbehörden  und  der  landwirtschaftlichen  Vertretungen  all- 
gemeiner zur  Einführung  gebracht  werden  kann.  Die  Umstände  aber 
kosten  verhältnismäßig  viel,  vielleicht  das  Sechsfache  der  eigentlichen 
Impfstoffbereitung.  Um  diese  Kosten  einigermaßen  zu  decken,  müßte 
zunächst  für  den  ccm  Serumpräparat  5 Pfg.  erhoben  werden.  Ich 
habe  aber,  wenigstens  für  das  Großherzogtum  Hessen,  einen  anderen 
Modus  in  Vorschlag  gebracht.  Die  Besitzer  der  zu  impfenden 
Schweine  sollen  dafür  einen  Ersatz  in  Form  einer  Impfgebühr  leisten. 
Für  Schweine  unter  25  kg  Körpergewicht  sollen  50  Pfg.,  für  solche 
über  25  kg  1 M.  pro  Stück  entrichtet  werden.  Der  höhere  Betrag 
für  die  Impfung  größerer  Schweine  ist  gerechtfertigt  durch  den 
größeren  Verbrauch  an  Impfpräparat  und  die  schwierigere  Ausführung 
der  Impfung.  Es  würde  durch  diese  Verschiedenheit  in  der  Höhe 
der  Impfgebühr  den  Schweinebesitzern  Veranlassung  gegeben,  ihre 
Schweine  schon  früher  impfen  zu  lassen,  bevor  sie  ein  größeres 
Körpergewicht  erreichen,  wodurch  eine  allgemeine  Durchführung  der 
Impfung  in  den  verseuchten  Bezirken  wesentlich  erleichtert  werden 
könnte.  Damit  aber  die  Schweinebesitzer  auch  einen  greifbaren 
Vorteil  von  der  Impfung  vor  Augen  sähen,  wäre  denselben  eine  nach 
dem  Körpergewichte  zu  bemessende  Entschädigung  für  die  nach  der 
Impfung  etwa  an  Rotlauf  eingehenden  Schweine  zuzusichern.  Zu 
diesem  Zwecke  müßten  die  geimpften  Schweine  ein  dauerndes  Impf- 
zeichen erhalten,  das  mittelst  einer  Tätowierzange  bei  der  Impfung 
am  Ohre  anzubringen  wäre.  Selbstverständlich  könnte  von  einer 
Entschädigung  der  Schweine,  die  schon  bei  der  Impfung  seuchenkrank 
sind,  nicht  die  Rede  sein,  und  in  bereits  verseuchten  Beständen 
müßte  eine  gewisse  Zeit  abgewartet  werden , nach  der  die  Ent- 
schädigungspflicht erst  einzutreten  hätte. 

Etwaige  Wünsche  wegen  Abgabe  von  Impfstoff  bitte  ich  mög- 
lichst frühzeitig  an  mich  gelangen  zu  lassen,  da  ich  die  Menge,  die 
von  mir  gefordert  werden  wird,  keineswegs  ermessen  kann  und  des- 
halb auch  nicht  in  der  Lage  bin,  dafür  zeitig  zu  sorgen.  In  den 
mir  zugehenden  Gesuchen  um  Abgabe  von  Impfstoff  bitte  ich  gleich 
die  Anzahl  der  zu  impfenden  Schweine  und  deren  Gesamtkörper- 
gewicht (für  die  Zeit  der  geplanten  Impfung  taxiert)  anzugeben. 
Das  Serumpräparat  nebst  Impfkultur  kostet  pro  10  kg  Körpergewicht 
der  zu  impfenden  Schweine  5 Pfg.  Die  Verschickung  erfolgt  durch 
die  Firma  Ehrhardt  & Metzger  zu  Darmstadt,  welche  außerdem 
für  Glas  und  Verpackung  einen  billigen  Satz  in  Rechnung  bringt. 
Geeignete  Impfspritzen  sind  ebenfalls  bei  genannter  Firma  zum  Preise 
von  5,25  M.  zu  erhalten. 

Darmstadt.  29.  Dezember  1893. 


286 


H.  W e i g m a n n und  G g.  Z i r n 


Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch 
und  Molkereiprodukten. 

Von 

Dr.  H.  Weigmann  (Ref.)  und  Gg.  Zirn. 

I.  Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  im  Käse. 

Die  nachfolgenden,  noch  nicht  abgeschlossenen  Versuche  sind  ver- 
anlaßt worden  durch  die  während  der  Choleraepidemie  in  Hamburg 
im  Jahre  1892  seitens  des  Reichsgesundheitsamtes  ausgegebenen  Ver- 
haltungsmaßregeln in  Bezug  auf  den  Genuß  verschiedener  Nahrungs- 
mittel, wobei  Butter  und  Käse,  namentlich  Weichkäse,  als  infektions- 
gefährlich aufgeführt  wurden,  sie  wurden  aber  weiter  veranlaßt  durch 
die  Stellungnahme  des  (deutschen)  milchwirthschaftlichen  Vereins 
gegenüber  diesen  Verdachtsaussprüchen,  welche  eine  ungemein  schwere 
Schädigung  sowohl  des  Butter-  wie  des  Käsehandels  und  damit  des 
ganzen  Molkereigewerbes  zur  Folge  hatten.  Mau  sagte  sich  von 
Seite  dieses  Vereins,  daß  eine  Verbannung  von  Butter  und  Käse  vom 
Markte,  wenn  auch  nur  auf  wenige  Monate,  eine  wohlbegründete  sein 
müsse,  daß  man  nicht  ohne  Vorbedacht  einen  bedeutenden  Handel  und 
eine  dahinterstehende,  sehr  bedeutende  und  sehr  ausgedehnte  Fabri- 
kation der  Schädigung  aussetzen  würde.  Es  mußten  doch  wohl  Er- 
fahrungen gemacht  worden  sein,  welche  die  Molkereiprodukte  zu 
epidemischen  Zeiten  als  besonders  zu  fürchtende  Krankheitsträger 
verdächtig  machen  oder  es  mußten  wissenschaftliche  Versuche  zu 
diesem  Verdachte  berechtigen.  Was  die  Erfahrungen  bezüglich  der 
Gefährlichkeit  von  Butter  und  Käse  zu  Cholerazeiten  anlangen,  so 
scheinen  diese,  soweit  dem  Ref.  die  Litteratur  zur  Verfügung  steht, 
in  nicht  allzu  reichlichem  Maße  vorzuliegen.  Dagegen  sind  bereits 
mehrere  Versuche  über  das  Verhalten  von  Cholerabakterien  nament- 
lich in  Milch,  weniger  in  Butter  und  Käse,  ausgeführt  und  mitgeteilt 
worden.  Diese  Versuche  müssen  also  den  Grund  für  die  vom  Reichs- 
gesundheitsamte ausgehenden  Warnungen  vor  dem  Genüsse  von  Butter 
und  Käse  abgegeben  haben  und  gerade  diese  Versuche  sind  es,  welche 
der  Ref.  bereits  in  einem  im  (deutschen)  milchwirthschaftlichen  Vereine 
gehaltenen  Vortrage  einer  Kritik  zu  unterziehen  sich  erlaubte  und 
welche  dem  Ref.  keineswegs  geeignet  erscheinen,  daß  sie  zu  den  ge- 
machten Schlußfolgerungen  und  den  für  das  Molkereigewerbe  so  ver- 
hängnisvollsn  Warnungen  vor  dem  Genüsse  der  Moikereiprodukte  be- 
rechtigen konnten. 

Um  diese  Behauptung  zu  rechtfertigen,  möge  auch  hier  nochmals 
auf  eine  Betrachtung  dieser  Versuche  eingegangen  werden. 

Die  hauptsächlichsten  Versuche  sind  beinahe  gleichzeitig  von 
Kitasato,  Hesse  und  Heim  angestellt  worden. 

Kitasato  fügte  einer  Menge  von  10 — 15  ccm  frischgemolkener, 
nicht  sterilisirter  Milch  eine  Platinöse  einer  Agarkultur  von  Cholera- 
bakterien hinzu  und  fand,  daß  die  Cholerabakterien  erst  dann  zu 
Grunde  gingen,  wenn  die  Milch  sauer  geworden  war.  Wenn  man  be- 


Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch  und  Molkereiprodukten.  287 


denkt,  daß  frisch  gemolkene  Milch,  wenn  die  betreflende  Kuh  rein 
war,  recht  wenig  Bakterien  enthalten  kann  und  daß  dem  gegenüber 
eine  Platinöse  von  einer  Agarkultur  ganz  ungeheure  Mengen  Cholera- 
bakterien enthält,  so  muß  man  wohl  annehmen,  daß  in  dem  Versuche 
das  Verhältnis  der  Cholerabakterien  zu  den  Milchbakterien  sehr  zu 
Gunsten  der  ersteren  ausfallen  mußte.  Es  giebt  sich  dies  auch  in  dem 
Verhalten  der  Milch  kund,  die  bei  22 — 25°  C erst  nach  28  Stunden 
und  bei  15 — 18°  C erst  nach  45  Stunden  gut  sauer  wurde.  Ein  Ver- 
such mit  10  ccm  Milch,  die  durch  1 ccm  einer  10-proz.  Sodalösung 
alkalisch  gemacht  worden  war,  ergab  begreiflicherweise  eine  längere 
Lebensdauer  der  Cholerabakterien. 

Hesse  prüft  nur  sterilisirte  Milch,  die  ja  selbstverständlich  ein 
sehr  guter  Nährboden  für  Cholera-  wie  für  alle  Bakterien  ist.  Ferner 
impfte  Hesse  sterilisierte  Kuhkäse  und  fand  nach  1 Monate  keine 
Cholerabakterien  mehr. 

Eingehendere  Versuche  stellte  Heim  an.  Heim  gab  zu 
100  ccm  Milch  „die  ganze  in  4 Röhren  auf  der  Oberfläche  von  schräg 
erstarrtem  Agar  nach  eintägigem  Stehen  im  Brütschranke  zur  Ent- 
wickelung gekommene  Bakterienmenge“  und  fand,  daß  diese  trotz 
Gerinnung  noch  nach  6 Tagen  Cholerabakterien  enthielt.  In  einem 
anderen  Versuche,  zu  dem  „ganz  frisch  gemolkene  Milch“  verwendet 
und  zu  der  „keine  so  grossen  Mengen  Cholerabakterien  zugesetzt 
wurden“,  findet  Heim  die  Cholerabakterien  bei  der  im  Zimmer  ge- 
haltenen Milch  noch  nach  1 Tage,  wenn  er  zu  50  ccm  Milch  1 ccm 
einer  Verreibung  von  2 vier  Tage  alten  Agarkulturen  in  10  ccm  Milch 
hinzugefügt,  noch  nach  2 Tagen,  wenn  er  zu  50  ccm  Milch  2 ccm 
einer  Kultur  in  steriler  Milch  setzt,  dann  wieder  schon  nach  1 Tage 
nicht  mehr,  wenn  er  zu  50  ccm  Milch  3 ccm  einer  3 Tage  alten 
Kultur  in  steriler  Milch  zusetzte  (wobei  die  Milch  noch  nicht  sauer !) 
und  ferner  noch  wieder  nach  2 Tagen,  wenn  er  zu  50  ccm  Milch 
1 ccm  einer  Verreibung  von  2 Agarkulturen,  3 Tage  bei  37,5°  C 
gestanden,  mit  5 ccm  Milch  hinzugefügt.  Diese  Versuche  geben,  wie 
ersichtlich,  recht  verschiedene  Resultate  aus  dem  leicht  begreiflichen 
Grunde,  weil  entweder  die  Zahl  der  Milchbakterien  oder  auch  der 
Cholerabakterien  eine  sehr  verschiedene  war  oder  beides  zugleich.  Es 
ist  bedauerlich,  daß  auf  diese  Verhältnisse  nicht  näher  eingegangen  ist. 
Doch  wichtiger  für  unseren  Zweck  sind  die  Versuche  Heim’s  mit 
Käse,  die  Versuche  mit  Butter  mögen  später  zum  Vergleiche  mit  den 
von  uns  anzustellenden  herangezogen  werden. 

Der  erste  Versuch  Heim’s  mit  Käse  war  derart,  daß  dem 
Käse  zuerst  Cholerabakterien  einverleibt  wurden.  Es  wurde  zu  je  50 
Gramm  Quark  die  Aufschwemmung  von  einer  3 Tage  und  einer  12 
Tage  alten  Agarkultur  in  Wasser  zusammengemengt.  — Die  Cholera- 
bakterien konnten  am  Tage  darauf  schon  nicht  mehr  gefunden  werden. 

Dann  wurden  90  ccm  Milch  mit  den  Cholerabakterien,  die  auf 
5 Agarröhrchen  nach  2-tägigem  Stehen  im  Brütschranke  gewachsen 
waren,  infiziert.  Die  Milch  war  während  und  nach  dem  Laben  schwach 
alkalisch  und  die  Molke  war  noch  am  nächsten  Tage  schwach  alkalisch 
und  enthielt  Cholerabakterien.  Der  Käse  selbst  war  schwach  sauer  und 
enthielt  am  nächsten  Tage  noch  Cholerabakterien,  am  übernächsten 


288 


H.  Weigmann  und  G g.  Zirn, 


Tage  aber  nicht  mehr.  Bei  einem  zweiten  Versuche  wurden  120  ccm 
Milch  mit  10  einen  Tag  alten  Choleraagarkulturen  geimpft,  — die 
Cholerabakterien  fanden  sich  nur  noch  am  ersten  Tage. 

Während  also  der  Quark  die  Cholerabakterien  gar  nicht  aufkommen 
ließ,  wurden  in  selbstverfertigten,  aus  Cholerabakterien  haltender  Milch 
hergestellten  Käsen  die  Cholerabakterien  noch  nach  1 und  2 Tagen  ge- 
funden. Man  wird  sich  darüber  kaum  wundern,  wenn  man  die  Mengen 
Milch  und  die  Mengen  Cholerabakterien  in  Betracht  zieht,  die  dieser 
einverleibt  wurden.  Heim  sagt  selbst  in  der  Einleitung  seiner  Abhand- 
lung, daß  er  darauf  Bedacht  genommen  habe,  eine  große  Zahl  Krank- 
heitskeime in  die  zu  untersuchenden  Nahrungsmittel  einzuführen,  um 
möglichst  sicher  zu  sein,  daß  die  verhältnismäßig  kleinen  Proben, 
welche  behufs  der  in  kürzeren  oder  längeren  Zeiträumen  angestellten 
Untersuchung  entnommen  wurden,  die  Keime,  sei  es  im  lebendem 
oder  abgestorbenem  Zustande,  enthalten  mußten.  Freilich  meint 
Heim,  daß  man  nicht  einwenden  könne,  daß  ein  Einbringen  so  vieler 
Keime  den  thatsächlichen  Verhältnissen  nicht  entspreche,  da  unzweifel- 
haft unter  Umständen  große  Mengen  von  Krankheitskeimen  in  die 
Milch  u.  s.  w.  gelangen  können.  Ref.  der  folgenden  Versuche  möchte 
dem  gegenüber  doch  die  Behauptung  aussprechen,  daß  die  von  Heim 
angestellten  Versuche  mit  Käse  an  und  für  sich  und  mit  Bezug  auf 
die  angewendeten  Mengen  Bakterien  nicht  den  thatsächlichen  Ver- 
hältnissen entsprechen.  Abgesehen  von  der  direkten  Einverleibung 
von  Cholerabakterien  in  Käse,  die  in  praxi  nur  die  äußersten  Partieen 
der  Käse  betreffen  kann,  weil  dem  Käse,  auch  dem  Quark,  kein  mög- 
licherweise Cholerabakterien  haltendes  Wasser  einverleibt  wird,  ist 
eine  Infektion  von  Milch,  die  zum  Käsen  verwendet  wird,  im  allge- 
meinen nur  möglich  entweder  beim  Melken,  wenn  die  melkende  Person 
cholerakranke  Personen  behandelt  oder  bei  der  weiteren  Verarbeitung 
der  Milch  durch  ebenfalls  infizierte  Hände  oder  durch  infiziertes  Wasser, 
eventuell  auch  Luft.  Bei  solchen  Gelegenheiten  werden,  selbst  wenn 
die  Milch  nur  weniger  Kühe  zur  Verarbeitung  kommt,  doch  wohl 
niemals  so  große  Mengen  Cholerabakterien,  wie  sie  zu  so  winzig 
kleinen  Mengen  Milch  hinzugefügt  wurden,  in  diese  gelangen.  Es 
müssen  schon  ganz  außergewöhnliche  Fälle  herangezogen  werden  — 
und  ich  wüßte  nicht  welche  — , wenn  solche  Verhältnisse,  wie  sie 
Heim  zu  seinen  Versuchen  benutzt  hat,  der  Wirklichkeit  entsprechen 
sollen.  In  cholerainfiziertem  Wasser  hat  man  mittelst  des  gewöhn- 
lichen Gelatineverfahrens  die  Cholerabakterien  nur  in  besonderen  Fällen, 
dann  nur  in  geringer  Zahl  nachweisen  können  — ein  Beweis,  daß 
ihre  Zahl  in  W asser  meist  gering  und  daß  auch  mit  cholerainfiziertem 
Wasser,  wenn  solches  zum  Reinigen  der  Gefäße  oder  auch  zum  Ab- 
spülen der  Butter  verwendet  wird,  nicht  sehr  viele  Cholerabakterien 
in  Milch  und  Butter  gelangen.  Und  selbst  wenn  man  außergewöhn- 
liche Fälle  annehmen  wollte,  würden  sie,  eben  weil  sie  außergewöhn- 
lich und  deshalb  sehr  selten  sind,  nie  die  Berechtigung  geben,  sie  zur 
Begründung  eines  quasi  Verbotes  eines  Nahrungsmittels  heranzuziehen, 
eines  Verbotes  resp.  einer  Warnung,  die  so  schwerwiegende  Kon- 
sequenzen nach  sich  zieht.  Man  darf  solche  außergewöhnliche  Fälle 
nicht  zu  den  allgemeinen  oder  auch  nur  häufigen  stempeln,  wie  dies 


Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch  und  Molkereiprodukten.  289 


leider  oft  und  nach  vielen  Richtungen  hin,  in  denen  die  Hygiene  eine 
Rolle  mitspielt,  geschieht. 

Aber  selbst  wenn  man  die  von  Heim  eingehaltenen  Verhältnisse 
als  geltende  ansehen  wollte,  kann  man  mit  Bezug  auf  Käse  die  Be- 
rechtigung einer  solchen  Warnung  nicht  einsehen,  weil  diese  erwiesen 
haben,  daß  mindestens  nach  2 Tagen  der  Käse  keine  Cholerabakterien 
enthält  und  der  Käse,  — wenn  man  nicht  gerade  Quark  essen  will, 
der  aber  auch  nur  in  den  seltensten  Fällen  vor  24  Stunden  nach 
seiner  Herstellung  in  der  Käsewanne  zum  Genüsse  kommt  — jedoch 
eine  viel  längere  Reifezeit  durchmacht,  auch  Weichkäse,  der  für 
besonders  verdächtig  erklärt  wurde. 

Weitere  Versuche  sind  von  Uffelmann  und  Friedrich  an- 
gestellt worden  — die  von  Hugo  Laser  wollen  wir  vorläufig 
übergehen,  weil  sie  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Butter 
betreffen. 

Uffelmann  machte  Versuche  mit  Milch  und  fand,  daß  die 
Cholerabacillen  in  derselben  anfänglich  zu-,  dann  aber  mit  der 
wachsenden  Säuremenge  und  der  wachsenden  Anzahl  der  übrigen 
Bakterien  abnahmen,  so  daß  solche  nach  30 1 /2  Stunden  noch  vor- 
handen waren,  nicht  mehr  aber  nach  40  Stunden.  Das  Original  der 
Arbeit  steht  mir  nicht  zur  Verfügung,  doch  möchte  man  annehmen 
dürfen,  daß  der  Zusatz  von  Cholerabakterien  sehr  reichlich  war  und 
zwar  auf  Grund  des  weiteren  von  Uffelmann  angestellten  Versuches. 
Er  infizierte  Flußwasser  künstlich  mit  Cholerabakterien,  spülte  eine 
Porzellanschale  mit  dem  Wasser  aus  und  gab  in  diese  Schale  25  ccm 
Milch  — in  dieser  Milch  waren  bereits  nach  6 Stunden  keine  Cholera- 
bakterien mehr  zu  finden.  Derselbe  Versuch,  mit  sterilisierter  Milch 
wiederholt,  ergab  fast  dasselbe  Resultat,  von  Cholerabacillen  waren 
nach  6V2  Stunden  nur  wenige  vorhanden.  Dieser  Versuch  ist  einer 
der  wenigen,  der  thatsächlichen  Verhältnissen  entspricht. 

Friedrich  nahm  Berliner  Marktmilch  und  Rahm,  versetzte  sie 
mit  einer  frischen  Choleraagarkultur  und  fand  nach  24  Stunden  keine 
Cholerabakterien  mehr  (mit  Ausnahme  zweier  Röhrchen  Magermilch, 
die  im  Eisschranke  gestanden  hatten). 

Bei  den  angezogenen  Versuchen  sind  also  meistens  unverhältnis- 
mäßig viel  Cholerabakterien  zur  Anwendung  gekommen,  Mengen,  wie 
sie  bei  einer  wirklichen  Infektion  nicht  Vorkommen  werden,  auch  sind 
die  Verhältnisse  bei  Herstellung  von  Käse  und  noch  mehr  bei  Butter, 
wie  wir  ein  andermal  sehen  werden,  so  gewählt,  daß  sie  zum  Ver- 
gleiche mit  den  thatsächlich  statthabenden  Fabrikationsweisen  und 
den  dabei  obwaltenden  Verhältnissen  nicht  dienen  können.  Es  war  also 
wünschenswert,  zunächst  einmal  wirklichen  Käse,  und  zwar  den  be- 
sonders gefährlich  gehaltenen  Weichkäse  aus  cholerainfizierter  Milch 
unter  möglichst  genauer  Einhaltung  der  Fabrikationsweise  herzustellen 
und  dabei  die  wahrscheinlicheren  Mengen  von  Cholerakeimen  anzu- 
wenden. 

Wenn  Ref.  sich  nicht  früher  schon  zu  solchen  Versuchen,  die  ja 
für  das  Molkereigewerbe  von  weitgehendster  Bedeutung  sind,  entschloß, 
so  lag  der  Grund  dafür  zunächst  darin,  daß  niemand  vermuten  konnte, 
daß  man  solche  Produkte  wie  speziell  Käse  für  cholerainfektions- 


290 


H.  Weigmann  und  G g.  Zirn 


verdächtig  erklären  werde  uDd  weiter  lag  der  Grund  in  der  Gefahr, 
solche  Versuche  in  einem  Institute  anzustellen,  mit  dem  eine  Meierei 
verbunden  ist.  Erst  nach  Beseitigung  der  möglichen  Infektionswege 
konnte  an  die  Vornahme  der  Versuche  gedacht  werden. 

Versuch  I.  Die  von  uns  zu  den  nachfolgenden  Versuchen  be- 
nutzte Cholerakultur  war  frisch  und  stammte  von  einer  in  Hamburg 
an  Cholera  gestorbenen  Person.  Die  Prüfung  der  Kultur  ergab  eine 
völlige  morphologische  Uebereinstimmung  mit  Cholera  asiatica  und 
da  sie  ganz  frisch  war,  konnte  an  ihrer  Virulenz  nicht  gezweifelt 
werden. 

Der  erste  von  uns  am  25.  September  1893  angestellte  Versuch 
sollte  mehr  ein  Vorversuch  sein.  3 Röhrchen  mit  steriler  Milch 
wurden  mit  Cholerabakterien  geimpft,  2 Tage  im  Brütschranke  ge- 
lassen und  sodann  in  1 Liter  sterilisierter  Milch  gegeben.  Diese 
Kultur  blieb  zuerst  2 Tage  im  Brütschranke  und  dann  noch  1 Tag 
bei  Zimmertemperatur  stehen  und  zeigte  bei  einer  Prüfung  mittelst 
Färbepräparat  sowie  beim  Gießen  von  Platten  eine  ungeheuere  Zahl 
Cholerabakterien. 

Von  dieser  Kultur  wurde  je  1/2  Liter  zu  je  10  Liter  Milch  ge- 
geben, um  damit  je  1 Käse  herzustellen. 

Der  dazu  gebrauchte  Apparat  sowie  die  angewendete  Methode 
sind  ganz  und  gar  den  Verhältnissen  in  der  Praxis  nach  geahmt. 

Der  Apparat  besteht  aus  2 gleich  großen  Kupferkesseln,  die 
nebeneinander  in  ein  Wasserbad  eingesetzt  werden,  so  daß  auf  die  Milch 
sowie  den  Käsebruch  ganz  gleiche  Temperaturen  einwirken  und  die 
Käse  somit  unter  möglichst  gleichen  Verhältnissen  hergestellt  werden 
können,  was  speziell  bei  vergleichenden  Versuchen,  für  welche  der 
Apparat  bestimmt  ist,  von  Wichtigkeit  ist. 

Die  Herstellung  der  Käse  geschah  auf  folgende  Weise.  Die  Milch, 
je  10  Liter,  wurde  erst  auf  30°  C erwärmt,  dann  je  1/2  Liter  der 
Cholerakultur  zugesetzt  und  unter  fortwährendem  Umrühren  noch 
1I2  Stunde  auf  der  Temperatur  von  30°  C gehalten.  Sodann  wurde 
die  Milch  mit  Lab  versetzt,  umgerührt,  die  Milch  zum  Stillstand  ge- 
bracht, die  Kessel  bedeckt  und  der  Labprozeß  abgewartet.  Derselbe 
trat  bereits  nach  20  Minuten  ein,  während  er  zwischen  30 — 40  Minuten 
eintreten  soll,  doch  trat  das  eigentliche  Festwerden  des  Bruches  erst 
nach  30  Minuten  ein.  Nachdem  der  Bruch  den  Grad  der  Festigkeit 
erreicht  hatte,  daß  er  sich  über  dem  Finger  scharf  brach,  wurden 
die  oberen  Partieen  desselben  mit  der  Käsekelle  abgehoben  und  an 
die  Seite  gelegt  und  darauf  der  Bruch  mittelst  eines  selbstgefertigten 
Käsesäbels  in  viereckige  Stücke  geschnitten.  Nachdem  wurde  der 
Bruch  2 — 3mal  „verzogen“,  d.  h.  die  unteren  Partieen  des  Bruches 
nach  oben  gebracht  und  umgekehrt  und  bei  dieser  Gelegenheit  auch 
gleichzeitig  bis  zu  Wallnußgröße  zerkleinert.  Nach  dem  Absetzen 
des  Bruches  wurde  derselbe  mit  der  Kelle  herausgeholt  und  in  die 
Form  eingebracht.  Diese  besteht  aus  einem  länglichen  Holzkasten, 
der  mehrfach  durchlöchert  ist,  um  der  Molke  das  Ablaufen  zu  ge- 
statten, die  Käsemasse  wird  durch  Bleche  geschnitten  und  abgeteilt. 

In  der  Praxis  kommt  der  Käse  sodann  in  den  sogenannten 
Spanntisch,  unsere  Cholerabakterien  enthaltenden  Käse  konnten  nicht 


Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch  und  Molkereiprodukten.  291 


so  behandelt  werden,  weil  wir  die  Gefahr  der  Infektion  nicht  außer 
Augen  lassen  durften. 

Auch  die  bei  diesem  Versuche  benutzte  Käseform  wurde  später 
durch  eine  andere  ersetzt,  weil  die  erstere  sich  für  solche  nicht  ganz 
ungefährliche  Versuche  als  zu  unhandlich  erwies  und  Teile  der  Molke 
nicht  in  den  Käsekessel  zurückliefen,  sondern  auf  den  Fußboden  des 
Laboratoriums  gelangten,  was  uns  zwang,  mit  großen  Mengen  Sublimat 
der  Möglichkeit  einer  Infektion  entgegenzuarbeiten. 

Aus  der  Form,  in  der  die  Käse  länger  als  gewöhnlich  belassen 
wurden,  kamen  sie  in  eine  weite  Glasschale,  die  in  einem  nicht  be- 
schickten Eisschranke  aufbewahrt  wurde.  Die  sich  in  der  Glasschale 
noch  fortwährend  ansammelnde  Molke  wurde  von  Zeit  zu  Zeit  abge- 
gossen. 

Die  Proben  für  die  Untersuchung  auf  Cholerabacillen  wurden 
zuerst  in  der  Weise  genommen,  daß  man  nach  dem  Beispiele 
Duclaux’s  mittelst  eines  mehrfach  eingefeilten  und  auf  diese  Weise 
rauh  gemachten  Platinstabes  an  den  verschiedensten  Stellen  des  Käses 
kleine  Partieen  herausholte  und  in  dem  Gelatineröhrchen  durch 
Reiben  vermischte. 

Da  die  Cholerabakterien  bekanntlich  eine  gut  alkalische  Nähr- 
gelatine lieben  und  auf  dieser,  wenn  sie  nicht  gut  alkalisch  ist,  bei 
Gegenwart  anderer  Bakterien  im  Wachstume  leicht  behindert  werden, 
so  benutzten  wir  zu  unseren  Versuchen  immer  eine  besonders  gut 
alkalisch  gemachte  Nährgelatine. 

Mit  dem  Probenehmen  wurde  bei  dem  ersten  Versuche  9 Stunden 
nach  dem  Zusatze  des  Labes  zur  Milch  begonnen,  es  wurden  je  4 Stiche 
an  4 verschiedenen  Stellen  entnommen,  in  der  Gelatine  verteilt  und 
diese  nach  vorgenommenen  Verdünnungen  auf  Platten  ausgegossen. 
Nach  3 Tagen  wurden  sämtliche  choleraähnliche  Kolonieen  mittelst 
Färbepräparat  untersucht  — es  erwies  sich  keine  derselben  als 
Cholerakolonie.  Dasselbe  Resultat  wurde  erhalten  mit  der  24  Stunden 
nach  dem  Labzusatze  genommenen  Probe. 

Dieses  gegenüber  den  Resultaten  anderer  Forscher  als  abnorm 
zu  bezeichnende  Resultat  veranlaßte  uns,  sowohl  die  Art  der  Probe- 
nahme wie  der  Untersuchungsmethode  zu  ändern.  Die  erstere  sollte 
von  nun  an  in  der  Weise  geschehen,  daß  ein  etwa  wallnußgroßes 
Stück  des  Käses  in  einer  Reibschale  mit  sterilisiertem  Wasser  ganz 
zu  einem  sehr  feinen,  dünnflüssigem  Brei  verrieben  wurde,  der  dann 
zur  Entnahme  von  Proben  diente.  Die  Methode  der  Aufsuchung 
sollte  namentlich  in  den  späteren  Stunden  nach  der  Fabrikation,  resp. 
nach  dem  Labzusatze  nach  der  zuerst  von  Schottelius  angegebenen 
und  auch  von  Heim  bei  seinen  Versuchen  über  das  Verhalten  der 
Cholerabakterien  in  Milch,  Butter  und  Käse  eingehaltenen  Methode 
ausgeführt  werden.  Die  Peptonbouillon  wurde  nach  dem  von  Arens 
(Centralbl.  f.  Bakteriol.  u.  Parasitenkunde.  Bd.  XIV.  p.  256)  ange- 
gebenen Verfahren  hergestellt.  Von  der  Brauchbarkeit  dieser  Methode 
überzeugten  wir  uns  durch  mehrfache  Versuche  mit  durch  Cholera- 
bakterien infizierter  Milch,  wobei  sich  erwies,  daß  die  Methode  die 
Auffindung  sehr  weniger,  selbst  einzelner  Cholerabakterien  gestattet 


292 


H.  Weigmann  und  G g.  Zirn, 


Der  Lickfett’sche  Nährboden  erwies  sich  für  unseren  Zweck  nicht 
als  geeignet. 

Versuch  II.  91  Magermilch  wurden  auf  30°  C erwärmt  und 
dazu  1^2  1 einer  Choleramilchkultur  gegeben,  die  aus  4 1 Mager- 
milch bestehend , mit  3 Choleramilchröhrchen  geimpft  und  sodann 
ca.  14  Tage  bei  gewöhnlicher  Temperatur  gestanden  hatte.  Diese 
Choleramilchkultur  war  infolge  der  nicht  beabsichtigten  längeren 
Dauer  der  Aufbewahrung  bereits  sehr  stark  fortgeschritten,  es  konnte 
daher  fraglich  erscheinen,  ob  die  in  ihr  enthaltenen  Cholerabakterien 
noch  kräftig  genug  waren.  Es  wurde  daher  ein  mit  gewöhnlicher, 
nicht  sterilisierter  Magermilch  gefülltes  Röhrchen  mit  etwa  J/3  ihres 
Volumens  von  dieser  Kultur  versetzt  und  mit  dem  Gemische  einige 
Röhrchen  mit  Peptonlösung  geimpft  und  bei  35—37 0 C im  Brüt- 
schranke 6 Stunden  lang  aufbewahrt.  Nach  dieser  Zeit  wurden 
einige  Oesen  von  der  oberen  Schicht  der  Peptonlösung  abgenommen 
und  in  Gelatine  übergeimpft,  die  dann  zu  Platten  ausgegossen  wurden. 
Die  Kulturen  erwiesen  sich  beinahe  als  Reinkulturen  von  Cholera- 
bakterien. Daraus  muß  geschlossen  werden,  daß  die  Cholerabakterien 
der  14  Tage  alten  Milchkultur  ebenso  lebenskräftig  waren,  als  die 
Bakterien  der  Magermilch,  sowie  daß  die  Kultur  für  den  vorliegenden 
Zweck  brauchbar  war.  Nach  dieser  Prüfung  der  Kultur  wurden  9 1 
Magermilch  von  30°  C mit  1 x/2  1 dieser  Kultur  versetzt,  gut  ge- 
mischt und  gelabt.  Der  Käse  wurde  diesmal  und  bei  den  folgenden  Ver- 
suchen nicht  wie  bei  Versuch  I in  die  gebräuchliche  Käseform  gebracht, 
sondern  wir  ließen  den  für  die  Sterilisierung  von  Röhrchen  üblichen 
Drahtkorb  innen  mit  Holz  auskleiden,  also  in  den  Drahtkorb  einen 
Kasten  hineinstellen,  der  wie  eine  Form  stark  mit  Löchern  durch- 
setzt worden  war,  damit  die  Molke  leicht  abfließen  konnte.  Dieser 
Korb  war  viel  handlicher  und  konnte,  da  jetzt  nur  je  1 Käse  her- 
gestellt wurde,  immer  in  den  zweiten  Käsekessel  gestellt  werden,  so 
daß  ein  Abtropfen  der  Molke  in  das  Zimmer  unmöglich  und  damit 
die  Infektionsgefahr  beseitigt  war.  Von  dem  Käse,  der,  wie  oben 
beschrieben,  gewonnen  wurde,  wurde  bei  jedesmaliger  Probenahme  ein 
größeres  Eckstück  abgeschnitten  und  von  der  inneren  Masse  des 
Käses  selbst  mittelst  eines  sterilen  Spatels  ein  etwa  wallnußgroßes 
Stück  herausgenommen.  Nachdem  dieses  in  der  Reibschale  mittelst 
Pistill  und  mit  nur  ganz  wenig  sterilem  Wasser  zu  feinem  Brei  zer- 
rieben und  dann  weiter  mit  etwas  Wasser  verdünnt  und  zu  einer 
milchigen,  schwach  breiigen  Flüssigkeit  verarbeitet  war,  in  der  sich 
keine  größeren  Stücke  der  Käsemasse  befanden,  wurden  davon  die 
Proben  zur  Auffindung  der  Cholerabakterien  entnommen.  Auf  ein 
Peptonröhrchen  wurden  3 Tropfen,  auf  ein  zweites  2 Tropfen  der 
milchigen  Flüssigkeit  gegeben  und  dann  dem  ersten  Peptonröhrchen 
nach  gehörigem  Mischen  x/2  ccm  zur  Impfung  für  ein  drittes  Pepton- 
röhrchen entnommen.  Die  Röhrchen  wurden  sodann  frühestens  nach 
6 Stunden,  meist  nach  6 — 9 Stunden  zur  Impfung  von  Nährgelatine- 
röhrchen und  zum  Plattengießen  verwendet. 

Die  erste  dieser  Probenahmen  geschah  2 Stunden  nach  erfolgtem 
Labprozeß,  zu  einer  Zeit,  wo  der  Käse  noch  recht  viel  Molke  enthielt. 


Ueber  das  Verhalten  der  Cbolerabakterien  in  Milch  und  Molkereiprodukten.  293 


Die  Plattenkulturen  von  dieser  Probe  enthielten  neben  vielen 
anderen  Bakterien  mehrere  Cholerakolonieen,  deren  Identität  mittelst 
Färbepräparaten  und  Stichkulturen  nachgewiesen  wurde.  Ferner 
fand  sich  in  etwas  größerer  Zahl  eine  Kolonie  vor,  welche  Aehn- 
lichkeit  mit  den  Cholerakolonieen  hatte,  die  sich  aber  als  aus  einem 
Streptococcus  gebildet  erwies. 

Ferner  wurden  nach  24  Stunden  Proben  und  zwar  aus  der  Mitte 
des  Käses  genommen  — die  Platten  enthielten  aber  keine  einzige 
Cholerakolonie,  sondern  nur  Milchbakterien,  und  zwar  war  der  ver- 
flüssigende Coccus  sehr  stark  vertreten. 

Dasselbe  Resultat  wurde  erhalten  bei  den  Probenahmen  nach 
56,  72  und  96  Stunden.  Sämtliche  Platten  wurden  einer  genauen 
mikroskopischen  Prüfung  unterworfen  und  in  zweifelhaften  Fällen  die 
choleraverdächtigen  Kolonieen  abgestochen  und  Färbepräparate  an- 
gefertigt, doch  war  Cholera  in  keinem  Falle  mehr  nachweisbar. 

Bei  dieser  Gelegenheit  konnte  auch  eine  sehr  bemerkenswerte 
Veränderung  in  der  bakteriologischen  Zusammensetzung  des  Käses 
beobachtet  werden.  Während  nämlich  nach  24  Stunden  der  oben 
erwähnte  verflüssigende  Coccus  recht  zahlreich  vertreten  war,  kam 
er  nach  56  Stunden  weniger  vor  und  hatte  sich  bei  den  Proben  nach 
72  und  96  Stunden  ganz  und  gar  verloren.  In  diesen  letzten  Proben 
entwickelten  sich  auf  den  Platten  hauptsächlich  ganz  kleine,  weiße 
Kolonieen,  die  wir  als  Säuerungsbakterien  sehr  wohl  kennen.  Die 
Erklärung  für  diese  Erscheinung  dürfte  wohl  die  folgende  sein:  Es 
ist  eine  uns  Bakteriologen,  die  wir  im  Dienste  der  Milchwirtschaft 
und  des  Molkereiwesens  stehen,  wohlbekannte  Thatsache,  daß  der 
erste,  im  reifenden  Käse  vor  sich  gehende  Prozeß  eine  Säuerung  ist, 
sowie  daß  beim  Eintreten  dieser  Säuerung  — sowohl  beim  Käse  wie 
beim  Rahm  — eine  ganze  Reihe  verschiedener  Bakterienarten  ver- 
schwinden. So  auch  hier,  der  verflüssigende  Coccus  ist  offenbar 
eine  Bakterie,  die  alkalische  oder  wenigstens  neutrale  Reaktion  liebt, 
da  sie  bei  den  Kulturen  in  der  alkalischen  Peptonbouillon  sehr  gut 
wächst  und  mit  den  Cholerabakterien  zusammen  die  Oberfläche  der 
Bouillon  bewohnt.  Sobald  die  Säuerung  beginnt,  die  in  dem  Käse 
durch  die  Zugabe  von  lJ/2  1 alkalischer  Choleramilchkultur  etwas 
verzögert  worden  ist,  verschwindet  der  Coccus  und  macht  den 
Säuerungsbakterien,  die  sich  nunmehr  mit  voller  Energie  entwickeln, 
Platz. 

Versuch  III.  Die  aus  dem  vorhergehenden  Versuche  sich 
ergebende  Thatsache,  daß  selbst  bei  Zugabe  von  1 x/2  1 einer  un- 
geheuer viel  Cholerabakterien  enthaltenden  Milchkultur  zu  9 1 einer 
bereits  etwas  älteren  Magermilch  schon  nach  24  Stunden  in  dem 
daraus  hergestellten  Käse  keine  Cholerabakterien  mehr  enthalten 
waren,  konnte  trotz  der  oben  angeführten  Prüfung  auf  die  Virulenz 
der  Cholerabakterien  die  Vermutung  aufkommen  lassen,  daß  die- 
selben, weil  einer  14  Tage  alten  Kultur  entstammend,  zu  schwach 
gewesen  waren,  um  den  Kampf  mit  den  Milchbakterien  zu  bestehen. 
Der  Versuch  wurde  deshalb  wiederholt,  und  es  sollte,  weil  sich  an- 
nehmen ließ,  als  ob  Vollmilchkäse  die  Cholerabakterien  länger  zurück- 
halte, als  Magermilchkäse,  jetzt  Vollmilch  verwendet. 

XV.  Bd. 


19 


294 


H.  Weigmann  und  G g.  Zirn, 


Es  wurden  zu  8 1 Vollmilch  1 1 einer  31/2  Tage  alten  Cholera- 
railchkultur  zugesetzt,  10  Minuten  lang  umgerührt  und  darauf  gelabt. 
Von  der  Choleramilchkultur  wurde  1 Oese  in  ein  Gelatineröhrchen 
gegeben  und  davon  eine  Platte  gegossen,  die  Platte  enthielt  außer- 
ordentlich zahlreiche  Cholerakeime,  so  daß  die  Zahl  der  zur  Milch 
zugesetzten  Cholerabakterien  ebenfalls  eine  ganz  außerordentlich  große 
sein  mußte.  Die  Molke  lief,  weil  der  Käse  Vollmilchkäse  war,  nicht 
so  rasch  ab,  wie  sonst,  so  daß  der  Käse  sich  nur  langsam  setzte  und 
noch  nach  6 Stunden  recht  viel  Molke  enthielt,  ein  Umstand,  der 
vermuten  ließ,  daß  diesmal  die  Cholerabakterien  längere  Zeit  aus- 
dauern  würden  resp.  noch  längere  Zeit  nach  dem  Labprozeß  zu  finden 
sein  möchten. 

Es  wurden  wie  in  der  früheren  Weise  Proben  genommen  9,  15 
und  22  Stunden  nach  dem  eingeleiteten  Labprozesse  resp.  des  Zu- 
satzes der  Cholerakultur,  die  Käseprobe  wurde  wieder  möglichst  fein 
verrieben,  was  hier  etwas  schwieriger  war,  als  bei  den  Magerkäsen, 
und  3 und  1 Tropfen  der  Aufschwemmung  in  je  1 Peptonröhrchen 
gegeben  und  von  dem  ersteren  1/2  ccm  in  ein  drittes  Peptonröhrchen 
übergeführt.  Die  Peptonröhrchen  standen  6 — 9 Stunden  im  Brüt- 
schranke und  darauf  wurden  von  der  Oberfläche  einige  Oesen  ab- 
genommen und  in  Gelatine  übergepflanzt,  darauf  Platten  gegossen. 

Auf  den  Gelatineplattenkulturen,  welche  die  nach  9 Stunden 
nach  der  Zugabe  genommene  Probe  enthielten,  waren  mehrfach 
choleraähnliche  Kolonieen  gewachsen , aber  alle  die  von  diesen 
choleraähnlichen  Kolonieen  abgestochenen  und  eingehender  unter- 
suchten enthielten  entweder  den  obenerwähnten  Co ccus  oder  gerade 
Stäbchen.  Selbst  diejenigen  Kolonieen,  die  wir  bei  der  mikro- 
skopischen Durchsuchung  zweifellos  für  Cholerabakterien  hielten,  und 
auch  die  davon  angelegten  Stichkulturen  ergaben  ein  negatives 
Resultat. 

Die  Kulturen  von  der  15  Stunden  nach  der  Zufügung  der 
Cholerakultur  entnommenen  Käseprobe  enthielten  ebenfalls  cholera- 
ähnliche Kolonieen,  die  sich  bei  näherer  Untersuchung  wieder  nicht 
als  solche  erwiesen.  Ebenso  verhielten  sich  die  Kulturen  mit  der 
Probe  nach  22  Stunden. 

Es  ist  also  nach  diesem  Versuche  mindestens  zweifelhaft,  ob 
unter  den  Mischungsverhältnissen  1 1 Choleramilchkultur  zu  8 1 
Vollmilch  die  Cholerabakterien  den  Milchbakterien  im  Kampfe  ums 
Dasein  länger  als  9 Stunden  widerstehen  können.  Daß  die  Cholera- 
milchkultur  ganz  ungemein  viel  Cholerakeime  enthielt,  ist  durch  den 
oben  angeführten  Versuch  ja  nachgewiesen.  — Man  muß  also,  da 
eine  starke  Säuerung  im  Käse  nicht  nachzuweisen  war  und  die 
Cholerabakterien  durch  die  Säuerung  allein  somit  nicht  abgetötet 
sein  konnten,  annehmen,  daß  die  Milch  so  sehr  viel  Bakterien  ent- 
hielt, daß  diese  die  Cholerabakterien  leicht  überwucherten.  Wir 
nahmen  uns  daher  vor,  bei  einem  nächsten  Versuche  das  gegenseitige 
Verhältnis  der  Cholerabakterien  zu  den  Milchbakterien  festzustellen. 
Bevor  wir  aber  zu  der  Beschreibung  des  nächsten  Versuches  über- 
gehen, möge  noch  einer  Erscheinung  Erwähnung  gethan  werden, 
deren  Beobachtung  uns  wichtiger  wurde  infolge  der  zu  derselben 


Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch  und  Molkereiprodukten.  295 


Zeit  mitgeteilten  Beobachtungen  Dahmen’s  über  die  verschiedenen 
Formen  der  Cholerakolonieen. 

D ahmen  unterscheidet  nämlich  zwischen  a-  und  ß- Cholera- 
vibrionen, die  sich  sowohl  in  der  Form  der  einzelnen  Bakterien,  als 
auch  in  der  Form  der  Gelatineplattenkolonieen  und  Gelatinestich- 
kulturen unterscheiden.  Auch  wir  konnten  bei  dem  vorbeschriebenen 
Versuche  III  auf  der  aus  der  angewendeten  Choleramilchkultur  her- 
gestellten Gelatineplatte  stark  in  die  Augen  springende  Differenzie- 
rungen entdecken  und  fanden  ebenfalls,  daß  vielfach  zwei  verschieden 
gestaltete  Kolonieen  einander  entgegen-  und  auch  ineinander  wuchsen, 
so  daß  die  Form  von  Hutpilzen  nicht  selten  gesehen  wurde.  Der 
eine  Teil  der  Kolonieen  zeigte  eine  scharf  berandete,  flache  Ver- 
flüssigungsschale, in  der  eine  unscharf  berandete  bis  gelappte  Kolonie 
von  grobkörnigem,  „glasbröckchenartigem“  Inhalte,  wie  Friedrich 
sich  ausdrückt,  sich  befand,  die  andere,  an  der  Oberfläche  wachsende 
resp.  von  der  Oberfläche  der  Gelatine  aus  wachsende  Form  hatte  einen 
sehr  steilen  und  tiefen  Verflüssigungstrichter,  auf  dessen  Grunde  die 
Kolonie  lag.  Wir  glaubten  anfangs  noch  eine  dritte  und  zwar  am 
häufigsten  auftretende  Form  unterscheiden  zu  müssen  — es  waren 
dies  in  der  Gelatine  oder  dicht  unter  der  Oberfläche  derselben 
liegende  Kolonieen,  die  scharfrandig,  sehr  hell  und  feinkörnig  und 
mit  einem  oder  mehreren  konzentrischen  Kreisen  versehen  waren. 
Diese  konzentrischen  Kreise  wuchsen  häufig,  wenn  die  Kolonieen 
einander  nahe  lagen,  einander  entgegen  und  nahmen  dann  Eiform 
an.  Die  zwischen  den  Kreisen  liegenden  Ringe  zeigten  deutlich  eine 
Differenzierung  der  Beschaffenheit  des  Inhaltes.  Später  überzeugten 
wir  uns,  daß  diese  anfänglich  für  eine  dritte  Modifikation  gehaltene 
Cholerakolonie  mit  der  erst  beschriebenen,  von  D ahmen  mit  a 
bezeichneten  identisch  war.  Es  blieb  leider  nicht  die  Zeit,  diese 
Erscheinungen  genauer  zu  verfolgen  und  auf  den  Grund  derselben 
näher  einzugehen.  Als  merkwürdig  darf  hervorgehoben  werden,  daß 
wir  diese  Differenzierung  bei  den  früheren  und  auch  den  nachherigen 
Versuchen,  wenigstens  bei  Versuch  V,  nicht  mehr  beobachteten, 
während  bei  Versuch  IV  auf  der  Platte  mit  der  Choleramilchkultur 
noch  vereinzelte  Differenzierungen  gefunden  wurden. 

Versuch  IV.  Bei  diesem  und  dem  folgenden  Versuche  sollte 
zunächst  auf  das  gegenseitige  Verhältnis  der  Milchbakterien  zu  den 
Cholerabakterien  besondere  Aufmerksamkeit  verwendet  werden.  Dann 
aber  sollte  auch  eine  andere  Möglichkeit  der  Infektion,  wie  sie  in 
der  Praxis  Vorkommen  kann,  ins  Auge  gefaßt  werden.  Während 
nämlich  bei  den  ersten  Versuchen  die  Möglichkeit  ins  Auge  gefaßt 
war,  daß  zu  gewöhnlicher  Milch  solche  hinzugefügt  wird,  die  unter 
ausnahmsweise  ganz  ungemein  günstigen  Bedingungen  mit  Cholera- 
bakterien infiziert  ist  und  daher  sehr  viel  Cholerabakterien  enthält, 
sollte  hier  die  Infektion  der  Milch  gleich  beim  Melken  gewissermaßen 
nachgeahmt  werden.  Zu  dem  Zwecke  wurde  die  frisch  gemolkene  Milch 
von  1 — 2 Kühen  direkt  nach  dem  Melken  in  das  Laboratorium  gebracht 
und  davon  eine  bestimmte  Menge  mit  dem  Inhalte  dreier  Milchröhrchen 
(je  etwa  15  ccm)  versehen,  die  nach  der  Impfung  mit  Cholerabakterien 
aus  einer  frischen  Gelatinekultur  Tage  im  gut  geheizten  Zimmer 

19* 


296 


H.  Weigmann  und  Gg.  Zirn, 


gestanden  hatten.  Die  Menge  der  der  Milch  zugefügten  Cholera- 
bakterien darf  als  eine  sehr  große  angesehen  werden  und  man  darf 
wohl  annehmen,  daß  solche  Mengen  Cholerabakterien  in  der  Wirk- 
lichkeit, also  wenn  das  Melken  von  einer  Person  ausgeübt  wird, 
die  einen  Cholerakranken  behandelt  oder  dessen  Wäsche  u.  s.  w. 
gereinigt  hat,  niemals  in  die  Milch  gelangen  werden.  Um  die  Ver- 
hältnisse, wie  sie  in  der  Praxis  des  Gewerbes  liegen,  möglichst  getreu 
nachzuahmen,  wurde  die  infizierte  Milch  gekühlt,  allerdings  nicht  in 
vorschriftsmäßiger  Weise,  mittelst  Kühler,  sondern  indem  die  Milch 
in  dem  für  die  Käserei  bestimmten  Kessel,  also  im  Käsekessel,  in 
kaltes  Wasser  gestellt  wurde. 

Von  einem  der  zu  gleicher  Zeit  und  in  gleicher  Weise  geimpften 
sowie  unter  denselben  Verhältnissen  gehaltenen  Milchröhrchen  wurde 
wieder  eine  Plattenkuitur  angelegt,  um  zu  prüfen,  ob  die  Cholera- 
milchkultur auch  genügend  Bakterien  enthalte.  Eine  Oese  dieser 
Milchkultur  gab,  mit  Nährgelatine  gemischt  und  ausgegossen,  eine 
ungemein  große  Zahl  von  Cholerakolonieen,  die  nicht  gezählt  werden 
konnten,  auch  nicht  in  der  Weise,  daß  man  die  Zahl  der  auf  ein 
Gesichtsfeld  fallenden  Kolonieen  feststellte  und  die  Größe  des  Ge- 
sichtsfeldes ausmaß.  Natürlich  war  die  Platte  nur  so  lange  einer  Be- 
sichtigung unterziehbar,  als  die  Kolonieen  noch  ganz  jung  waren, 
später  verflüssigte  sie  vollständig.  Die  Zahl  der  in  1 Oese  Milch 
enthaltenen  Keime  betrug  464.  Die  Zahl  der  verschiedenen  Arten 
konnte  bei  der  allerdings  nicht  eingehenden  Prüfung  auf  8 festgestellt 
werden. 

Es  wäre  wohl  richtiger  gewesen  und  man  hätte  einen  besseren 
Vergleich  mit  der  Bakterienzahl  in  anderen  Milchproben  gehabt, 
wenn  wir  die  Anzahl  der  Milchbakterien  in  der  Weise  festgestellt 
hätten,  daß  wir  etwa  1 ccm  Milch  auf  500  oder  1000  ccm  Wasser 
verdünnt  und  dann  mit  1,  */ 2 u.  s.  w.  ccm  dieser  Verdünnung 
Platten  gegossen  hätten,  aber  dieses  Verfahren  hätte  uns  zu  sehr  in 
der  Ausführung  der  anderen  Probenahmen  gehindert  und  zudem 
kam  es  ja  nicht  auf  die  genaue  Feststellung  der  Bakterienzahl  in 
der  Milch  an  — um  so  weniger,  als  die  Zahl  der  in  1 Oese  enthaltenen 
Cholerabakterien  eine  unzählbare  war  — sondern  es  handelte  sich 
um  die  Feststellung  des  Verhältnisses  der  Milchbakterien  zu  den 
Cholerabacillen.  Die  Zahl  der  in  1 Oese  enthaltenen  Milchbakterien 
gewährt  namentlich  im  Vergleiche  mit  dem  Versuche  V einen  An- 
haltspunkt und  eine  Kontrolle  für  dieses  Verhältnis. 

Sofort  nach  dem  Zusatze  der  drei  Choleraknlturen  zur  Milch  (6  kg 
Vollmilch)  und  nach  gründlichem  Durchmischen  der  beiden  (morgens 
6 Uhr)  wurde  ein  Gelatineröhrchen  mit  einer  Oese  des  Gemisches 
geimpft  und  eine  Platte  gegossen.  Nach  3-tägigem  Stehen  im  warmen 
Zimmer  wurde  die  Platte  untersucht  und  das  Verhältnis  der  Cholera- 
bakterien, die  sich  sehr  deutlich  unterscheiden  ließen,  zu  den  Milch- 
bakterien in  der  Weise  festgestellt,  daß  man  in  etwa  30  Gesichts- 
feldern an  den  verschiedensten  Stellen  der  Platte  die  Zahl  der  Cholera- 
bakterien und  der  Milchbakterien  auszählte.  Das  Mittel  aus  diesen 
Auszählungen  ergab  das  Verhältnis  von  5 Milchbakterien  zu  2 Cholera- 
bakterien. Von  mehreren  der  für  Cholerakolonieen  gehaltenen 


Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch  und  Molkereiprodukten.  297 


Kolonieen  wurden  Ausstrichfärbpräparate  gemacht  und  festgestellt, 
daß  es  sich  um  Cholerabakterien  handelte,  auch  wurde  ein  Pepton- 
röhrchen mit  5 Oesen  von  der  infizierten  Milch  angesetzt  und  6 Stunden 
bei  36  0 C gehalten  und  dann  Platte  gegossen,  — die  Plattenkultur 
war  fast  eine  Reinkultur  von  Cholerabakterien.  4 Stunden  nach  der 
Infektion  der  Milch  wurde  der  Labprozeß  vorgenommen.  Unmittelbar 
nach  dem  Zusatze  des  Labes  und  Umrühren  der  Milch  wurde  wieder 
eine  Probe,  1 Oese,  von  der  Milch  entnommen,  in  Nährgelatine  ge- 
geben und  Platte  gegossen,  zugleich  wurden  auch  5 Oesen  von  der 
mit  Lab  versetzten  Milch  in  ein  Peptonröhrchen  gegeben  und  wie 
sonst  verfahren. 

Während  nun  die  Gelatineplatte,  welche  mit  1 Oese  der  Milch 
direkt  geimpft  worden  war,  keine  Cholerabakterien  erkennen  ließ, 
fanden  sich  auf  der  Gelatineplatte,  welche  aus  dem  Peptonröhrchen 
geimpft  worden  war,  zahlreiche  Cholerakolonieen,  ein  Beweis  für  die 
Vorzüglichkeit  des  Peptonverfahrens,  welche  sich  noch  besser  durch 
die  folgenden  Resultate  kundgiebt: 

11  Uhr  vormittags,  also  5 Stunden  nach  der  Infektion  der  Milch, 
wurden  von  der  Molke,  die  von  dem  inzwischen,  wie  üblich,  herge- 
stellten Käse  abtropfte,  Proben  genommen,  und  zwar  2 Tropfen  in 
Gelatineröhrchen,  davon  5 Oesen  zur  Verdünnung  abgeimpft  und 
beide  Röhrchen  ausgegossen  — auf  keiner  der  beiden  Platten  konnten 
Cholerakolonieen  gefunden  werden,  alle  einigermaßen  ähnlich  ver- 
flüssigende Kolonieen  wurden  geprüft  und  ihre  Verschiedenheit  von 
Cholerabakterien  festgestellt.  Gleichzeitig  wurden  auch  2 Tropfen 
von  der  abtropfenden  Molke  in  ein  Peptonröhrchen  gegeben  und  wie 
sonst  verfahren  — diese  Platte  zeigte  sehr  viele  Cholerakolonieen. 

Bei  der  Herstellung  des  Käses  in  diesem  und  im  folgenden  Ver- 
suche wurde  der  Ablauf  der  Molke  etwas  rascher  ermöglicht,  in  dem 
wir  den  Käsebruch  nicht  direkt  in  die  Form  gaben,  sondern  diese  erst 
mit  einem  Käsetuche  auskleideten,  wodurch  verhindert  wurde,  daß 
sich  die  Abtropflöcher  teilweise  verstopften  und  so  den  Abfluß  der 
Molke  etwas  hinderten.  Auch  wurde  die  Labtemperatnr  etwas  höher 
genommen,  damit  der  Bruch  fester  werde. 

Um  4 Uhr  nachmittags,  6 Stunden  nach  dem  Zusatze  des  Labes 
und  10  Stunden  nach  der  Infektion  der  Milch,  wurde  wieder  eine 
Probe  des  Käses  genommen  und  wie  früher  verarbeitet,  sowie  Pepton- 
röhrchen in  der  angegebenen  Weise  geimpft.  Die  Platten  aus  den 
Peptonröhrchen  wurden  nachts  12  Uhr  gegossen  — sie  zeigten  nach 
3 Tagen  und  später  keine  Cholerakolonieen.  Um  1 Uhr  nachts,  also 
15  Stunden  nach  dem  Labzusatze  und  19  Stunden  nach  der  Infektion 
der  Milch  wurde  wieder  Probe  vom  Käse  genommen  und  Pepton- 
röhrchen geimpft  — auch  die  Platten  von  diesen  Röhrchen  zeigten 
keine  Cholerakolonieen.  Ferner  waren  noch  Proben  genommen  worden 
um  10  Uhr  vormittags,  4 Uhr  nachmittags,  1 Uhr  nachts  des  nächsten 
Tages  und  um  1 Uhr  mittags  am  übernächsten  Tage,  also  28,  34,  40 
und  55  Stunden  nach  der  Infektion  der  Milch. 

Alle  Proben  wurden  wieder  in  Peptonröhrchen  gegeben  und  dann 
nach  6 — 9 Stunden  Gelatineplatten  gegossen  — alle  Platten  waren 
frei  von  Cholerakolonieen. 


298 


H.  Weigmann  und  G g.  Z i r n , 


Versuch  V.  Dieser  Versuch  ist  eine  Wiederholung  des  Ver- 
suches IV  nur  sollten  die  Proben  in  den  ersten  Stunden  nach  der 
Herstellung  des  Käses,  die  also  für  das  Verschwinden  der  Cholera- 
bakterien die  kritischen  waren,  öfter  genommen  werden.  Wie  unten 
ersichtlich,  hat  sich  diese  kritische  Zeit  ziemlich  hinausgeschoben, 
weil  das  Verhältnis  der  Milchbakterien  zu  den  Cholerabakterien  für 
die  letzteren  ein  günstigeres  geworden  war,  in  Folge  des  geringen 
Bakteriengehaltes  der  frisch  gemolkenen  Milch.  Diese  enthielt  in 
1 Oese  (die  gleiche  wie  in  Versuch  IV)  nur  280  Keime.  Die  3 Cholera- 
milchröhrchen hatten  wieder  l1/*  Tage  im  Zimmer  gestanden  und 
die  davon  angesetzte  Gelatineplatte  hatte  wieder  unzähliche  Cholera- 
kolonieen  entstehen  lassen.  Die  Vermischung  der  3 Choleramilch- 
röhrchen mit  6 kg  Vollmilch  erfolgte  um  6 Uhr  30  Minuten  morgens, 
sogleich  nach  der  Probenahme  aus  Milch  nnd  Choleramilchkultur. 

Das  Verhältnis  der  Milchbakterien  zu  den  Cholerabakterien 
erwies  sich  gleich  5:3  — die  Zahl  der  Cholerabakterien  betrug  also 
mehr  als  die  Hälfte  der  Zahl  der  Milchbakterien. 

Um  10  Uhr,  vor  dem  Labzusatze,  wurde  Probe  in  ein  Gelatine- 
röhrchen und  5 Oesen  in  ein  Peptonröhrchen  gegeben,  die  Gelatine- 
plattenkultur der  ersteren  Probe  ließ  Cholera'kolonieen  mit  Sicherheit 
nicht  erkennen,  während  die  aus  dem  Peptonröhrchen  viele  Cholera- 
kolonieen  aufwies. 

Um  11  Uhr  wurde  wieder  Probe  genommen  und  zwar  von  dem 
Käsebruch  und  der  Molke  zusammen,  a)  in  Gelatine,  b)  in  Pepton- 
röhrchen, a ließ  wieder  keine,  b dagegen  ziemlich  viele  Cholera- 
kolonieen  zum  Wachstum  gelangen. 

Um  12  Uhr,  also  5V2  Stunden  nach  der  Infektion  der  Milch, 
wurde  Probe  vom  Käse  genommen  und  wieder  in  Gelatine  und  in 
3 Peptonröhrchen  gegeben  — die  direkt  angesetzte  Gelatineplatten- 
kultur ließ  wieder  keine  Cholerabakterien,  die  aus  dem  Peptonröhrchen 
angesetzte  dagegen  viele  erkennen.  Ebenso  verhielt  es  sich  mit 
einer  um  1 Uhr  genommenen  Käseprobe.  Eine  um  3 l/8  Uhr  nach- 
mittags angesetzte  Probe  der  abtropfenden  Molke,  bestehend  aus 
7 Tropfen,  in  ein  Peptonröhrchen  geimpft,  ließ  noch  Cholera  er- 
kennen, während  eine  vorher,  um  1 Uhr,  genommene  Probe  mit 
1 Tropfen  direkt  in  Gelatine  angesetzt  keine  Cholerakolonieen  mehr 
erkennen  ließ. 

Ferner  wurden  Käseproben  genommen  um  5 Uhr  nachmittags, 
um  2 Uhr  morgens  und  um  10  Uhr  vormittags  des  anderen  Tages, 
also  nach  10  A/2 , nahezu  20  und  nahezu  28  Stunden  seit  der  Ver- 
mischung der  Cholerakultur  mit  der  frischen  Milch  und  nach  circa  6, 
16  und  24  Stunden  nach  Ausscheidnng  des  Käsebruches. 

Die  Proben  wurden  jedesmal  in  Peptonröhrchen  gegeben  und 
zwar  5 Tropfen  und  1 Tropfen,  sowie  aus  dem  mit  5 Tropfen  be- 
schickten Röhrchen  1/s  ccm  in  ein  drittes  Röhrchen. 

Während  es  nun  gelang,  in  den  Gelatineplattenkulturen  von  den 
um  5 Uhr  nachmittags  und  um  2 Uhr  morgens  genommenen  Proben 
noch  Cholerakolonieen  aufzufinden,  in  letzterer  Probe  allerdings  nur 
ganz  vereinzelte,  fanden  sich  in  den  Proben,  die  um  10  Uhr  vor- 


Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch  und  Molkereiprodukten.  299 


mittags,  also  24  Stunden  nach  Herstellung  des  Käses  genommen 
worden  waren,  Cholerabakterien  nicht  mehr  vor. 

Aus  diesem  Versuche  ist  wieder  die  Exactheit  der  Peptonmethode 
so  recht  ersichtlich. 

Wenn  wir  nun  die  Resultate  der  5 Versuche  mit  Käse  in’s  Auge 
fassen,  so  sehen  wir,  daß  die  Cholerabakterien  sehr  rasch  zu  Grunde 
gegangen  sind.  In  2 Fällen  waren  sie  schon  nach  9 Stunden  nicht 
mehr  zu  finden,  in  1 Falle  (wenn  die  Milch  mehrere  Stunden  vorher 
infiziert  worden  war)  schon  sogar  6 Stunden  nach  Herstellung  des 
Käses  nicht  mehr,  in  keinem  Falle  aber,  selbst  nicht  in  dem  letzten 
Versuche,  wo  das  Verhältnis  der  Cholerabakterien  gegenüber  den 
Milchbakterien  ein  sehr  günstiges  war,  konnte  eine  Lebensdauer  der 
Cholerabakterien  über  24  Stunden  in  Käse  konstatiert  werden.  Das 
Ergebnis  unserer  Versuche  stimmt  also  vollständig  mit  dem  Ver- 
suche Hei m’s  überein,  soweit  Heim  nicht  allzuviel  Cholerabakterien 
zu  seinen  Versuchen  anwandte.  Da,  wo  dies  der  Fall,  findet  Heim 
auch  eine  längere  Lebensdauer  der  Cholerabakterien  — aber  solche 
Mengen  Cholerabakterien  werden  im  praktischen  Leben  wohl  niemals 
in  den  Käse  gelangen,  es  müßte  denn  sein,  daß  Choleradejektionen 
direkt  in  die  Milch  gelangten. 

Daß  die  Ausdauer  der  Cholerabakterien  gegenüber  den  Milch- 
bakterien sehr  von  ihrer  Zahl  resp.  dem  Verhältnisse  ihrer  Menge 
gegenüber  der  der  Milchbakterien  abhängig  ist,  geht  zur  Evidenz 
auch  aus  dem  Versuch  V hervor.  Ref.  möchte  glauben,  daß  dieses 
Verhältnis  ausschlaggebender  ist,  als  die  Säuerung  der  Milch,  jeden- 
falls ist  es  ausschlaggebend  bevor  eine  Säuerung  in  der  Milch  statthat. 

Um  uns  über  die  Berechtigung  dieser  Ansicht  Aufklärung  zu 
verschaffen,  sollten  noch  Versuche  über  das  Verhalten  der  Cholera- 
bakterien in  nicht  sterilisierter  süßer  Milch  gemacht  werden  und 
zwar  wieder  unter  genauer  Berücksichtigung  des  gegenseitigen  Ver- 
hältnisses der  Menge  der  Cholerabakterien  zu  den  anderen. 

Der  erste  dieser  Versuche  ist  leider  mißglückt,  weil  wir  an  der 
Aussaat  der  Choleramilchkultur  erkennen  mußten,  daß  dieselbe  nicht 
rein  war.  Die  Gelatineplatte  dieser  Milchkultur  zeigte  neben  Cholera- 
bakterien eine  sehr  große  Zahl  kleiner  Kolonieen.  Diese  stammten 
offenbar  von  einer  Milchbakterie  her,  für  die  die  Nährgelatine  ein 
sehr  schlechter  Nährboden  ist,  wie  dies  überhaupt  bei  vielen  spezi- 
fischen Milchbakterien,  z.  B.  schon  den  Milchsäurebakterien,  der 
Fall  ist. 

Dieser,  sowie  der  nächstfolgende  Versuch,  wurden  in  der  Weise 
ausgeführt,  daß  wir  je  50  ccm  einer  gut  gemischten  und  oft  ge- 
schüttelten Vollmilch  in  Arzneigläser  von  150  ccm  Inhalt  gaben  und 
zu  diesen  verschiedene  Mengen  einer  Choleramilchkultur  hinzu- 
fügten. Von  diesen  Gemischen  wurden  möglichst  von  Stunde  zu 
Stunde  nach  starkem  Umschütteln  von  der  Menge  1 Oese  genommen 
und  in  den  ersten  Stunden  direkt  in  Gelatine  übertragen  und  sogleich 
zu  Plattenkulturen  ausgegossen,  in  den  späteren  Stunden  wurden, 
um  das  Vorhandensein  von  Cholerabakterien  überhaupt  noch  festzu- 
stellen, wieder  Peptonkulturen,  3 Tropfen  des  Gemisches  in  je 
1 Röhrchen,  angelegt.  Das  Verhältnis  der  Mengen  wurde  so  ge- 


300 


H.  Weigmann  und  G g.  Zirn 


wählt,  daß  Gemisch  I 0,2  ccm,  Gemisch  II  1 ccm  und  Gemisch  III 
5 ccm  der  Cholerakultur  erhielt.  War  die  Wiederstandsfähigkeit 
der  Cholerabakterien  gegenüber  den  Milchbakterien,  abgesehen  von 
der  Säuerung,  von  der  numerischen  Ueberlegenheit  der  ersteren  ab- 
hängig, so  mußte  bereits  in  den  ersten  Stunden  nach  der  Hinzu- 
fügung der  Cholerabakterien  die  Zahl  der  letzteren  allmählich,  aber 
in  deutlich  hervortretender  Weise  abnehmen. 

Bei  dem  ersten  Versuche,  zu  dem  eine  5 Stunden  alte  Vollmilch 
verwendet  wurde,  war,  wie  gesagt,  eine  Verunreinigung  der  Cholera- 
kultur eingetreten,  es  wurde  dadurch  das  Verhältnis  für  die  Cholera- 
bakterien ein  sehr  ungünstiges.  Die  Unterschiede  in  den  der  Milch 
zugefügten  Mengen  Cholerabakterien  waren  somit  gering,  es  waren 
deshalb  auch  keine  deutlich  sichtbaren  Abnahmen  in  dem  Verhältnis 
der  Cholerabakterien  zu  den  Milchbakterien  zu  erwarten. 


Zeit 

Nach  1 Stunde 
„ 2 Stunden 

>>  37j  » 

4 „ 


Gemisch  I Gemisch  II 

? Cholera 

Cholera  vereinzelt  Cholera  weniger  häufig 
als  nach  1 Stunde 

1 choleraähnliche  keine  Cholera 

Kolonie,  zweifelhaft 
ob  Cholera 


Gemisch  III 
viel  Cholerakolonieen 
keine  Cholera 
(Platten  zu  dicht) 
keine  Cholera 


keine  Cholerakolonieen  mehr. 


Dies  Bild  ist  offenbar  kein  deutliches,  zumal  bei  Gemisch  III 
nach  2 Stunden  schon  keine  Cholerabakterien  mehr  zu  erkennen 
waren,  obwohl  1 Stunde  vorher  noch  sehr  viele  davon  gefunden 
wurden.  Es  steht  dies  wohl  im  Zusammenhänge  mit  der  von  Re  fa- 
st ein  er  gemachten  Beobachtung,  daß  bei  der  Kultur  auf  Nähr- 
gelatine das  Wachstum  der  Cholerabakterien  unterdrückt  wird,  wenn 
zugleich  viele  andere  Bakterien  eingesät  sind. 

Zum  zweiten  Versuche  wurde  eine  4 Stunden  alte  Milch  ver- 
wendet und  wieder  in  der  beschriebenen  Weise  verfahren. 

Von  der  Choleramilchkultur  wurde  1 ccm  auf  1000  ccm  ver- 
dünnt und  von  dieser  Verdünnung  1 ccm  zur  Gelatineplattenkultur 
verwendet.  Die  Platte  enthielt  100  Cholerakolonieen.  Milch  in  der- 
selben Weise  auf  ihren  Bakteriengehalt  geprüft,  enthielt  makro- 
skopisch 42  Kolonieen,  bei  Anwendung  einer  schwachen  Vergrößerung 
zeigten  sich  jedoch  in  der  Gelatine  wieder  eine  ganze  Anzahl  sehr 
kleiner  Körper,  die  sich  bei  näherer  Untersuchung  zweifellos  als 
Bakterienkolonieen  erwiesen.  Die  Zahl  dieser  Kolonieen  wurde  bei 
der  mikroskopischen  Auszählung  in  Rücksicht  gezogen. 

Sogleich  nachdem  die  Gemische  I,  II  und  III  hergestellt  worden 
waren,  sowie  nach  verschiedenen  Zeiten  wurden  wieder  direkt  Platten- 
kulturen aus  Nährgelatine  mit  je  1 Oese  des  Gemisches  gegossen 
und  nach  Verlauf  von  ca.  3 Tagen  das  Verhältnis  der  Milchbakterien 
zu  den  Cholerabakterien  sowohl  makroskopisch  wie  mikroskopisch  auf 
das  Sorgfältigste  festgestellt,  in  den  späteren  Stunden  wurden  Pepton- 
kulturen angelegt. 

Um  das  Bild  nicht  zu  trüben,  möge  von  der  Mitteilung  der 


Ueber  das  Verhalten  der  Cbolerabakterien  in  Milch  und  Molkereiproduktcn.  301 


Einzelzählungen  abgesehen  werden  und  das  Resultat  in  folgender 
Tabelle  zusammengestellt  sein: 


Nach  der  makroskopischen  Auszählung: 


Zeit 

Art  der  Kultur 

Gemisch  I 

Gemisch  11 

Gemisch  III 

Milch- 

Cholera- 

Milch-  Cholera- 

Milch-  Cholera- 

bakt. 

bakt. 

bakt.  bakt. 

bakt.  bakt. 

direkte  Gelatine- 

sogleich 

plattenkultur 

1 

: 8 

1 : 38 

1 : sehr  viel 

nach  l1/,  Std. 

11 

1 

: 5 

1 : 30 

1 : 150 

i>  21/* 

»» 

11 

3 

: 1 

1 : 2,5 

1 : 12 

>.  *7, 

>» 

11 

32 

: 1 

10  : 1 

1 : 2 

„ 77z 

ff 

11 

300 

s 1 

— 

— 

» 7 V2 

11 

Peptonkultur 

— 

15  : 1 

2,5  : 1 

Nach  der  mikroskopischen  Auszählung : 

Zeit 

Art  der  Kultur 

Gemisch  I 

Gemisch  II 

Gemisch  III 

Milch- 

Cholera- 

Milch-  Cholera- 

Milch-  Cholera- 

bakt. 

bakt. 

bakt.  bakt. 

bakt.  bakt. 

direkte  Gelatine- 

sogleich 

plattenkultur 

54 

: l 

9 : 1 

— 

nach  1 1L  Std. 

11 

100 

: 1 

50  : 1 

20  : 1 

,,  21/, 

11 

2000 

: 1 

1000  : 1 

27  : 1 

„ H 

,, 

11 

20000 

: 1 

2240  : 1 

320  : 1 

„ 77z 

11 

120000 

: 1 

— 

— 

, 7 72 

Peptonkultur 

3200  : 1 

450  : 1 

„ 137, 

,, 

11 

Cholera  noch  nachweisbar 

,1  22 

Cholera  nicht  mehr  zu 

finden 

„ 25 

7» 

,, 

»» 

,,  30 

11 

,,  37 

,, 

11 

11 

„ 48 

11 

11 

11 

Diese  Verhältniszahlen  sind  natürlich  etwas  abgerundet  und  sollen 
nur  das  ungefähre  Verhältnis  angeben,  obwohl  auf  die  Zählungen  die 
größte  Sorgfalt  verwendet  wurde. 

Ein  besseres  Bild  von  dem  gegenseitigen  Verhalten  der  Milch- 
und  Cholerabakterien  erhält  man,  wenn  man  die  Zahl  der  ersteren 
gleich  1 setzt  und  das  Verhältnis  der  Zahl  der  Cholerabakterien 
dazu  berechnet,  aus  diesen  Zahlen  dann  die  Abnahme  der  Zahl  der 
Cholerabakterien  festsetzt  und  diese  Abnahme  in  Prozenten  der  je- 
weilig vorhandenen  Menge  Cholerabakterien  ausdrückt  und  schließlich 
diese  Zahlen  auf  1 Stunde  als  Zeiteinheit  umrechnet.  Aus  den  bei 
der  mikroskopischen  Zählung  erhaltenen  Angaben  berechnen  sich 
dann  folgende  Zahlen: 

Verhältnis  der  Milch-  Verlust  der  Cholera-  Verlust  der  Cholera- 
Zeit  bakterien  zu  den  bakterien  in  Proz.  der  bakterien  in  Proz.  und 

Cholerabakterien  jeweilig  vorhand.  Menge  auf  1 St.  Zeit  berechnet 

Gemisch  I 


sogleich 

1 : 

: 0,0185 

45,9 

nach  17 3 Std. 

1 : 

: 0,01 

11  27,  11 

1 : 

: 0,0005 

95,0 

» 47*  11 

1 : 

: 0,00005 

90,0 

83,4 

■>*  77»  » 

1 ; 

: 0,0000083 

33.0 

95.0 

45.0 
27,8 


302  H*  W ei  g mann  und  Gg.  Zirn,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  etc. 


Zeit 


Verhältnis  der  Milch-  Verlust  der  Cholera-  Verlust  der  Cholera- 
bakterien zu  den  bakterien  in  Proz.  der  bakterien  in  Proz.  nnd 

Cholerabakterien  jeweilig  vorhand.  Menge  auf  1 St.  Zeit  berechnet 


Gemisch  II 


sogleich  1 : 0,111 

nach  l‘/j  Std.  1 : 0,02 

„ 21/,  „ 1 : 0,001 

„ 47,  „ 1 : 0,00044 


82,0 

95.0 

56.0 
29,5 


54,7 

95.0 

28.0 
9,8 


„ 77,  „ 1 : 0,00031 


Gemisch  III 


sogleich 


18,0 

92,4 

29,0 


18,0 

46,2 

9,7 


Aus  diesen  Zahlen  geht  ohne  Frage  folgendes  hervor: 

1)  Die  größten  Verluste  fallen  in  die  ersten  4 Stunden  und  von 
da  ab,  teilweise  auch  schon  früher,  nehmen  die  Verlustzahlen  ab. 

2)  Die  Verlustzahlen  sind  bei  Gemisch  II  und  III  und  nament- 
lich in  den  letzten  Stunden  nicht  so  groß  wie  bei  Gemisch  I,  d.  h. 
die  Cholerabakterien  sind  um  so  widerstandsfähiger,  je  zahlreicher 
sie  sind. 

Aus  diesen  Folgerungen  muß  weiter  geschlossen  werden,  daß  die 
Abnahme  der  Cholerabakterien  in  der  Milch  nicht  allein  der  fort- 
schreitenden Säuerung  zugeschrieben  werden  darf,  sondern  auch  und 
in  viel  höherem  Maße  von  der  Konkurrenz  der  Milchbakterien  ab- 
hängig ist;  ferner,  daß  die  Cholerabakterien  um  so  länger  in  der 
Milch  sich  aufhalten  werden,  je  zahlreicher  sie  sind.  Diese  letztere 
Schlußfolgerung  ist  gewissermaßen  selbstverständlich,  sie  ist  jedoch 
von  Wichtigkeit  mit  Bezug  auf  unsere  Behauptung,  daß  die  Versuche 
Heim’s  u.  s.  w.  nur  deshalb  eine  so  bedeutende  Langlebigkeit  der 
Cholerabakterien  in  Milch,  Butter  und  Käse  ergeben  haben,  weil  bei 
denselben  diesen  Objekten  unverhältnismäßig  große  Mengen  Cholera- 
bakterien einverleibt  worden  sind. 

Unsere  Versuche  über  das  Verhalten  der  Cholerabakterien  in 
Milch  halten  wir  damit  noch  nicht  für  abgeschlossen,  auch  werden 
wir  noch  weitere  Studien  über  das  Verhalten  der  Cholerabakterien 
in  Sauer-  und  Süßrahmbutter  anstellen. 

Bakteriologische  Abteilung 
der  landwirtschaftlichen  Versuchsstation 
Kiel,  6.  Februar  1894. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  303 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen 
Instituten,  Laboratorien  etc. 

[Istituto  d’Igiene  sperimentale  della  ft.  Universitä  dl  Roma.] 

Ueber  das  Tetanusgift. 

Vergleichende  Studien  mit  Berücksichtigung  anderer  Gifte 
und  der  Enzyme. 

Von 

Dr.  Claudio  Fermi,  Assistent,  und  Dr.  Leone  Pernossi. 

Zusammenfassung  der  erlangten  Resultate. 

I.  1)  Die  Agarkulturen  des  Te tan  u sba eil  lus  sind  die  giftig- 
sten; nach  diesen  kommen  jene  in  Gelatine  und  alsdann  jene  in 
Bouillon. 

II.  2)  Immun  gegen  das  Tetanusgift  sind  das  Huhn,  die  Kröten, 
die  Tritonen,  die  Schlangen  und  die  Schildkröten. 

3)  Das  Tetanusgift  bleibt  nachweisbar  wirksam  in  den  oben 
genannten  Tieren  bis  zum  dritten  oder  bis  zum  siebenten  Tage  nach 
der  Injektion. 

III.  4)  Das  Tetanusfiltrat  von  Kulturen  in  Agar  und  in  Gelatine 
ist  etwas  resistenter  gegen  die  Wärme,  als  das  in  Bouillonkulturen 
erlangte.  Wie  bei  den  Enzymen,  so  ist  es  auch  bei  dem  Tetanus- 
gift: daß,  je  reiner  es  ist,  und  wenn  es  sich  in  Gegenwart  von  Wasser 
befindet,  desto  geringer  seine  Stabilität  ist. 

5)  Das  Tetanusgift,  wenn  es  in  Gegenwart  der  dissociierenden 
Wirkung  des  Wassers  schon  nach  einer  Stunde  bei  55  0 C zerstört 
wird,  widersteht  hingegen  für  dieselbe  Zeit  auch  der  Temperatur  von 
120 0 im  Zustande  vollkommener  Trockenheit.  Bei  150  0 C wird  es 
übrigens  völlig  zerstört. 

6)  Das  Tetanusgift,  getrocknet  und  eine  Stunde  hindurch  bei 
80°  C erwärmt,  wird  zerstört,  wenn  es  mit  Aether  oder  mit  Chloro- 
form gemischt  ist,  und  widersteht  dagegen  in  Gegenwart  von  Amyl- 
alkohol und  Benzol.  Bei  der  Temperatur  von  100  0 C und  in  Gegen- 
wart einer  der  obengenannten  Flüssigkeiten  verliert  es  völlig  seine 
Wirksamkeit.  Die  zerstörende  Wirkung  dieser  Flüssigkeit  auf 
das  in  Rede  stehende  Gift  nimmt  also  zu  mit  dem  Steigen  der 
Temperatur. 

IV.  7)  Das  Tetanusgift  wird  in  Gegenwart  von  Wasser  zerstört 
nach  circa  8 — 10  Stunden  nach  der  direkten  Sonnenwirkung  (höchste 
Temperatur  am  schwarzen  Thermometer  56 0 C) , und  in  15  Stunden, 
wenn  für  die  in  Wasser  eingetauchten  Röhrchen  die  Temperatur 
37  0 C nicht  überschreitet;  bei  der  Wirkung  der  Sonnenwärme 
(Temperatur  zwischen  38  bis  41 0 C)  bleibt  es  wirksam  auch  nach 
mehreren  Tagen. 

8)  Das  Tetanusgift  im  Zustande  völliger  Trockenheit  widersteht 
der  direkten  Wirkung  der  Sonne  durch  gute  100  Stunden  hindurch. 

9)  Dasselbe  geschieht  auch,  wenn  sich  das  getrocknete  Tetanus- 
gift in  Amylalkohol,  in  Chloroform  und  in  Benzol  befindet. 


304  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


V.  10)  Das  Tetanusgift,  durch  2 Stunden  einem  elektrischen 
Strome  von  0,5  Ampere  ausgesetzt,  verliert  völlig  seine  Giftigkeit. 

VI.  11)  Das  Tetanusgift  wird  von  den  folgenden  Substanzen 
zerstört:  Hypermangansaures  Kali  (5  Proz. l)  48  Stunden),  Phosphor- 
Wolframsäure  (gesättigt  24  Stunden),  Kalkwasser  (gesättigt  24  Stunden), 
Aether  mit  Wasser  (4  Tage),  Aseptol  (konz.  24  Stunden),  Kresylol 
(konz.  24  Stunden),  Lysol  (konz.  24  Stunden),  Chlorwasserstoffsäure 
(0,25  Proz.  24  Stunden),  Buttersäure  (25  Proz.  24  Stunden),  Phosphor- 
säure (25  Proz.  24  Stunden),  Oxalsäure  (4  Proz.  24  Stunden),  Propion- 
säure (4  Proz.  24  Stunden),  Weinsäure  (1  Proz.  24  Stunden)  und  ge- 
winnt seine  Giftigkeit  nicht  wieder  nach  der  Neutralisierung  der  Säure. 

Es  widersteht  der  Wirkung  folgender  anderen  Substanzen:  Tartarus 
stybiat.  (5  Proz.  24  Stunden),  Bleiacetat  (gesättigt  4 Tage),  Magnesia- 
oxyd (48  Stunden),  Chloroform  (4  Tage),  Essigsäure  (25  Proz. 
24  Stunden). 

Nach  Kitasato  würden  das  Tetanusgift  nach  24  Stunden  zer- 
stören : Tannin  (1,5  Proz.  der  Lösung),  Paraphenolschwefelsäure  (2,5), 
Aetzkalk  (0,08),  Ammoniak  (6,9),  Soda  (8,2),  Bariumhydrat  (1,0), 
Platinchlorür  (0,4).  Nach  einer  Stunde:  Goldchlorür  (0,5),  Aethyl- 
alkohol  (60,0),  Methylalkohol  (50,0),  Amylalkohol  (77,0),  Karbol- 
säure (1,5),  Natronlauge  (0,4),  Jodtrichlorür  (0,5),  Kresol  (1,0). 

Wirkungslos  hingegen  wären:  Bleiacetat,  Kupferacetat,  Kalomelan, 
Jodoform,  Cyansilber,  Isobutyrat,  Propionat  und  Aethylformiat. 

VII.  12)  Die  Schwefelwasserstoffsäure,  das  Oxygen,  Kohlensäure- 
anhydrid, Kohlenoxyd,  Kohlenwasserstoff  und  Wasserstoff  üben  auch 
nach  10 — 15  Stunden  keine  nachweisbar  schädliche  Wirkung  auf  das 
Tetanusgift  aus. 

13)  Das  sauerstoffhaltige  Wasser  übt  auch  nach  2 Stunden  nur 
eine  abschwächende  Wirkung  auf  das  Tetanusgift  aus. 

VIII.  14)  Der  Magensaft  zerstört  das  Tetanusgift  allein  kraft 
der  Wirkung  der  Chlorwasserstoffsäure  und  nicht  durch  das  Pepsin. 

15)  Ptyalin,  die  Diastase  und  das  Emulsin  üben  keine  Wirkung 
auf  das  Tetanusgift  aus.  Für  das  Trypsinpräparat,  wie  auch  für  den 
Pankreasinfus  ist  die  Wirkung  noch  zweifelhaft. 

IX.  16)  Das  Tetanusgift  widersteht  der  zersetzenden  Wirkung 
der  Mikroben  (Bac.  prodigiosus,  Bac.  indicus,  Bac.  sub- 
tilis,  Bac.  pyocyaneus,  Bac.  Megaterium,  Bac.  ramosus, 
Bac.  Fitzii,  Proteus  vulgaris,  Aspergillus  niger,  Peni- 
cillium  glaucum  u.s.  w.).  Das  würde  auf  die  Vermutung  bringen, 
daß  das  genannte  Gift  nicht  zu  den  Reihen  jener  Substanzen  gehört, 
welche  von  den  Mikroorganismen  zersetzt  werden. 

X.  17)  Der  Meerschweinchendarm,  wie  jener  der  lebenden  Katze, 
besitzt  eine  starke  zerstörende  Kraft  auf  das  Tetanin.  Diese  Kraft 
fehlt  wahrscheinlich  dem  toten  Darme  völlig. 

18)  Der  Hundedarm,  auch  lebend,  zum  Unterschiede  der  oben- 
genannten Tiere,  ist  dieser  Fähigkeit  bar.  Der  Darm  der  verschie- 
denen Tiere  verhält  sich  also  nicht  gleichartig  gegen  gegebene  Sub- 
stanzen, mit  denen  er  in  Kontakt  gebracht  wird. 

19)  Diese  zerstörende  Macht  über  das  Tetanusgift,  welche  dem 


1)  Prozente  der  Lösung. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  305 


lebenden  Darme  eigentümlich  und  fast  Null  ist  im  Darme  post 
mortem,  ist  zuzuschreiben  weder  den  Mikroben,  noch  den  Fermenten, 
noch  der  Galle,  noch  dem  Darminhalte,  noch  den  Drüsen  Brunner’s 
oder  jenen  Lieberkühn’s,  sondern  dem  Epithel,  welches  den 
wirksamen  Teil  des  Absorbierungsapparates  ausmacht. 

20)  Das  Tetanusgift  wird  wahrscheinlich  vom  Huhndarme,  von 
dem  es  übrigens,  wie  wir  wissen,  nicht  zerstört  wird,  nicht  absorbiert. 

XI.  21)  Das  Passieren  des  Tetanusgiftes  durch  die  Nieren  ist 
keine  Thatsache,  welche  uns  ohne  weiteres  berechtigt,  die  Meinung 
von  der  colloiden  Natur  des  genannten  Körpers  zurückzuweisen. 
Diese  Thatsache  würde  höchstens  dann  Wert  gewinnen,  wenn  ein 
tetaninhaltiger  Urin  absolut  frei  wäre  von  Albumin  und  von  anderen 
colloiden  Substanzen,  oder  wenn  nach  völliger  Entfernung  jeder 
colloiden  Substanz  der  Urin  selbst  noch  unverändert  seine  tetanigene 
Kraft  bewahrte. 

22)  Der  Urin  übt  keine  besonders  zerstörende  Gewalt  auf  das 
Tetanusgift  aus. 

XII.  23)  Das  Tetanusgift  ist  kein  Ferment  und  hat  nichts  mit 
den  Enzymen  zu  thun. 

Das  Gift  des  Tetanusbacillus  und  das  entsprechende  pro- 
teolytische Enzym  sind  zwei  verschiedene  Substanzen. 

24)  Die  Enzyme  sind  nicht  giftig. 

XIII.  25)  Das  Tetanusgift  passiert  leicht  das  Porzellanfilter. 
Die  colloiden  Substanzen,  die  morphologischen  Elemente  und  im 
allgemeinen  suspendierten  Substanzen,  sei  es,  daß  sie  an  sich  das 
Gift  aktivieren,  sei  es,  daß  sie  die  Poren  des  Filters  schließen, 
hindern  die  völlige  Filtrierung  desselben. 

XIV.  26)  Das  Tetanusgift  löst  sich,  weder  im  Zustande  der 
Trockenheit,  noch  in  sauerer,  noch  in  neutraler,  noch  in  alkalischer 
Lösung,  in  keiner  der  gewöhnlichen  Solvenzen  der  Alkaloide,  welche 
sind:  Chloroform,  Aether,  Amylalkohol,  Benzol  und  absoluter  Alkohol, 
sei  es,  daß  man  sie  vorher  mit  Filtrat  von  Agentien  behandle,  welche 
die  colloiden  Substanzen  (Tannin,  Bleiacetat,  Phosphor- Wolframsäure) 
niederschlagen,  sei  es,  daß  man  sie  mit  jenen  behandle,  welche  die 
Alkaloide  niederschlagen. 

Das  einzige  Lösungsmittel  des  Tetanus  ist  bis  jetzt  das  Wasser, 
sei  es  gesäuert  oder  alkalisiert. 

XV.  27)  Der  Versuch,  das  Tetanusgift  auf  eiweißfreien  Substraten 
oder  auf  anderen  Colloiden  zu  erzeugen,  mißglückte  völlig. 

Der  Tetanusbacillus  entwickelt  sich  in  keinem  der  geprüften 
zahlreichen  und  sehr  verschiedenen  Substrate. 

XVI.  28)  Das  Tetanusgift  dialysiert,  sei  es  in  sauerer,  in  alka- 
lischer oder  in  neutraler  Lösung,  auch  nach  5 Tagen  nicht,  wenn  der 
Dialysator  gut  gemacht  und  von  echtem  und  dickem  Pergament  ist, 
und  passiert  nur  äußerst  langsam  durch  Papier  de  la  Rue. 

In  Gegenwart  von  Chloroform,  Aether,  absolutem  Alkokol,  Amyl- 
alkohol oder  Benzol  dialysiert  es  keineswegs. 

Das  Tetanusgift  verhält  sich  also  zur  Dialyse  wie  die  Albumine 
und  das  Pepton. 

29)  Die  Alkaloide  im  natürlichen  Zustande  passieren  leicht  die 
Tiermembranen. 


306  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Hygienisches 

Gegenüberstellung  der  Eigentümlichkeiten  des  Tetanus- 

Dr.  Claudio  Fermi 


Eigenschaften 

Tetanusgift 

Diphtheritis- 

gift 

Gift  der  Naja 
tripudians 

Gift  der 
Lachesis 
rhombeata 

Gift  der 
Krotalen 

Wärme 

In  Lösung:  Zer- 

In  Lösung : Zerst. 

In  Lösung : Zerst. 

In  Lösung ; 

Crotalus  ada- 

stört  bei  60  0 C 

b.  100°  C in  30 

zw.  97— 98«;  b. 

Widersteht 

manteus.  In 

in  30  Min.  (Tiz- 

Min.  Nach  2 St. 

90°  C verliert  es 

es  der  Er- 

Lös. : Zer- 

zoni).  Im  trockn. 

bei  58°  C nicht 

nur  seine  irri- 

hitzune  (!) 

störtb.76° 

Zustande  wider- 

mehr  paralys. 

tierende  Wirk. 

(Lacerda). 

C.  Trocken 

steht  es  für  1 St. 

Im  trockn.  Zust. 

auf  die  Schleim- 

widerst,  es 

bei  120°  u.  wird 

widerst  es  bei 

haut  (Calmette). 

b.  115*  C 

zerstört  b.  150° 

100°  auch  über 

(Mitchell). 

C.  (Fermi  und 

20  Min.  (Roux- 

Pernossi). 

Yersin). 

Sonnen- 

Direktes  Sonnen- 

Direktes  Sonnen- 

Direktes  Sonnen- 

Schädlich. 

Schädlich. 

licht 

licht : Höchste 

licht : Nach  5 St. 

licht:  Nach  2 

Temperatur  des 

verliert  es  seine 

Wochen  ist  es 

schwarzen  Ther- 

paralys.  Wirk., 

zerstört  (Cal- 

mometers  54 — 

aber  produziert 

mette). 

56  0 C.  Zerstört 

noch  Oedemas 

in  8 — 10  Stdn 

(Roux-Yersin). 

Chemische 

Zerstört  v.  hyper- 

Empfindlich  gegen 

Zerst. : Von  hyper- 

Zerst.:  Von 

Zerstört  von 

A ge  n t i e n 

mangans.  Kali, 

Säuren  (Roux- 

mangans.  Kali, 

hyperman- 

hyperman- 

von  Sublimat, 

Yersin). 

von  Sublimat,  v. 

gaus.  Kali 

gansaurem 

von  Silbernitrat, 

Goldchlorür,  v. 

5 Proz.,  v. 

Kali,  von 

von  Jod  u.  von 

den  Säuren  und 

Kalcium- 

Sublimat, 

Brom,  von  den 

von  d.  Alkalien 

chlorür 

Silbernitr., 

Säuren  und  von 

(Norris  Wolffen- 

2 Prozent 

Jod,  Brom, 

den  Alkalien ; 

den,  Calmette). 

(Aron) 

v.  Säuren 

von  Aseptol  und 

u Alkalien 

Kresitol  u.  s.  w., 

(Mitchell- 

von  Gold-  und 
Platinchlorür, 
von  Phosphor- 
wolframsäure. 
Widersteht  dem 
Blei-  u.  Kupfer- 
acetat, d.  Kalo- 
melan  u.  s.  w. 

Reichert). 

(Kitasato,  Fermi 
und  Pernossi). 

Nieder- 

Schlägt  nieder  mit 

Schlägt  nieder  mit 

Schlägt  nicht  nied. 

Werden  sich 

Werden  sich 

schlag 

Ammonium- 

Kalciumphosphat 

m.  Kalciumphos- 

sehr  wahr- 

sehr  wahr- 

Sulfat,  Kalcium- 

u.  nicht  mit  Alu- 

phat  (!).  Schlägt 

scbeinlich 

scheinlich 

sulfat  u.  unvoll- 

miniumchlorür 

nied.  m.  Alkoh., 

verh.wie  d. 

verh.wie  d. 

kommen  mit 

und  Ammoniak 

Aeth., Tann.,  Jod 

Gift  d.  Naja 

Gift  d.Naja 

Aluminiumbydr. 

(Roux-Yersin). 

etc.  (Calmette). 

tripudians 

tripudians. 

Lösbarkeit 

Lösbar  in  Wasser 

Lösbar  in  Wasser, 

Lösb.  in  Wasser  u 

Lösbar  in 

Lösbar  in 

Unlösbar  in  Al- 

unlösbar  in  AI- 

in  Glycerin.  Un- 

Wass.,  un- 

Wass.,  un- 

kohol,  in  Aether, 

kobol. 

lösbar  in  Alko- 

lösbar  in 

lösbar  in 

Chloroform, 

bol,  Aether  und 

Alkohol, 

Alkohol, 

Amylalkohol  n. 

Chloroform 

Aether  u. 

Aether  u. 

Benzol. 

(Calmette). 

Chlorofrm. 

Chlorofrm. 

Filtrierung 

Filtr.  leicht  schon 

Filtriert. 

Filtriert  mäßig  bei 

Wird  s.wahr- 

— 

durch  das 

bei  einer  Atmo- 

4 Athmospbären. 

scheinlich 

Porzellan- 

Sphäre. 

verh.  w.  d. 

f i lt  er 

Gift  d.  Crota- 
lusu.d.Cobra 

Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  307 


Institut  zu  Rom. 

und  des  Diphtheritisgiftes  und  jener  anderer  Gifte  von 
(Assistent). 


Ichthyotoxi- 
cum  Mossos 

Gift  des  Treto- 
don  rubripes 
u.  d.  T.  inermis 
(Fugü) 

Gift  d.  Mytilus 
edulis 

Vegetabilische 
sehr  stabile 

Alkaloide 
wenig  stabile 

Enzyme 

In  Lös. : Zer- 

In  Lösung  : 

In  Lösung : 

In  Lösung  er- 

Das  Aconitin 

In  Lösung:  Werden 

stört  b.  70°  C 

Widerst,  der 

Widerst,  bei 

tragen  Tem- 

ändert  sich 

zerst.zw.  55 — 70°C 

(U.  Mosso). 

verlängerten 

Erhitzung 

(Takahaski). 

110  0 durch 
7 Min.  (Sal- 
kowski). 

peraturen 
über  150°  C. 

schon  bei 
einer  Tem- 
peratur unt. 
100°  C. 

in  1 St.  Trocken 
widerstehen  sie  bei 
130—150®  C. 

— 

— 

— 

Widerstehen. 

Nikotin,  Conin, 
Spartein, 
Muskarin, 
Colin  u.  Er- 
gotin  s.  ver- 
änderlich 
(Flückiger). 

In  Lös.  nach  100  St. 
werd.  viele  geschw., 
andere  zerstört.  Im 
trockenen  Zustande 
bewahren  sie  ihre 
Giftigk.  auch  üb.  5 
Monate  (Fermi). 

Zerstört  von  d. 

Widersteht  der 

Sensibel  eeeen 

Widerstehend. 

Das  Aconitin 

Das  Trypsin  wird  zer- 

Säuren  und 

Wirkung  der 

kohlens.  Na- 

Wirkung  d. 

ist  sensibel 

stört  von  hyper- 

Alkal.  (Soda, 

Säuren  (Ta- 

tron  b. Hitze. 

konzentrier- 

geg.  d.Wirk. 

mangansaurem  K ali, 

Kalilauge, 

kahaski).  Be- 

Widerst,  d. 

ten  Säuren 

der  Säuren 

Sublimat , Silber- 

Ammoniak). 

wahrt  seine 

verdünnten 

a.  b.  Hitze. 

und  der  ver- 

nitrat  etc.,  dann  von 

Widersteht 

Giftigkeit  i. 

Säuren  (Sal- 

Bilden  Kom- 

dünnten  Al- 

den  Säuren  u.  ver- 

C04  und  den 
neutr.  Salz. 
(U.  Mosso). 

Alkoh.  auch 
durch  6 Mon. 
(Knoch). 

kowski). 

posita  mit 
versch.  Me- 
tallen. 

kalien  auch 
bei  Kälte. 

dünnten  Alkalien, 
von  Jod,  Aseptol, 
Lysol.  Das  Pepsin 
wird  zerstört  von 
hypermangans.Kali, 
Chromsäure,  Pikrin- 
säure, chromsaurem 
Kali,  eisencyansaur. 
Kali,  Barythydrat. 

Schlägt  nieder 
mit  Ammo- 
niaksulfat 
(U.  Mosso). 

Schlägt  nicht 
nieder  mit 
Blei-  u.  mit 
Kupferacetat 
(Takahashi). 

— 

— 

— 

Schlagen  nied.  mit  all. 
Subst.,  welche  die 
Albuminoide  nieder- 
schlag.  E.  Ausnahm, 
würde  i.  einig.  Fäll, 
das  Pepsin  machen. 

Lösb.  L Wass., 

Lösb.  i.  Wass., 

Lösb.  in  Alko- 

Oie  Alkaloide  in  freiem  Zust. 

Löslich  in  Wasser  u. 

unlösbar  in 

unlösbar  in 

hol  (!)  (Sal- 

sind  unlösl. 

in  Wasser  u. 

in  Glycerin  (!).  Un- 

Alkohol  (U. 
Mosso). 

Alkohol, 
Aeth.,  Chlo- 
roform etc. 

kowski). 

lösl.  in  Aether,  Chloroform, 
Amylalkohol,  Substanzen, 
i.  denen  d.  neutr.  Salze  u.  d. 
Alkalien  ders.  unlösl.  sind. 

löslich  in  Alkohol, 
Aether  u.  s.  w. 

Filtrieren  leicht. 

Filtrieren  alle  m.  Aus- 
nahme einiger  in- 
versiven  Enzyme 
(Aspergillus). 

308  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Hygienisches 

Gegenüberstellung  der  Eigentümlichkeiten  des  Tetanus- 

Dr.  Claudio  Fermi 


Eigenschaften 

Tetanusgift 

Diphtheritis- 

gift 

Gift  der  Naja 
tripudians 

Gift  d. Lachesis 
rhombeata 

Gift  der 
Krotalen 

Dialyse. 

Verhält  sich  zur 

Dialysiert  nach 

Dialysiert  langsam 

Wird  s.  wahr- 

Dialys.  (Hei- 

Dialyse  wie  die 
Albuminoidsub- 
stanzen  und  das 
Pepton  (Fermi 
u.  Pernossi). 

Wassermann 
und  Roux- 
Yersin;  nach 
Brieger  und 
Fraenkel 
nicht. 

(Calmette). 

scheinl.  ver- 
halten wie 
das  Gift  der 
Krotalen  u. 
der  Cobra. 

denschild). 

Wirkung  d. 
Enzyme. 

Widersteht  d.  pro- 
teolitischen En- 
zymen ; w.  zerst. 
v.  Chlorwasser- 
stoffsäure,  nicht 
v.  Pepsin  (Fermi 
u.  Pernossi). 

Wird  zerstört 
vom  Magen- 
saft. 

N.  Gautier  wider- 
steht es  48  St. 
dem  Magensaft ; 
nach  Calmette, 
entgeg.  Fayrer, 
wäre  es,  in  den 
Mund  genomm., 
unwirksam. 

desgl. 

Wirkung  d. 
Darmes. 

Zerstört  von  den 
Darmwänden. 

— 

Unwirks.  i.  Darme 
(Calmette). 

desgl. 

— 

A b s o r- 

Es  wirkt  nicht 

Langsame 

Schnelle  Wirkng  : 

Tötet  in  einigen  Stunden, 

bierungs- 

Schnellig- 

keit. 

sichtb.  vor  8 — 
10  Stunden. 

Wirkung. 

Kann  in  15  Min. 
einen  Menschen 
töten  u.  i.  1 Min. 
einen  Vogel. 

aber  auch  nach  mehreren 
Tagen. 

Klein  st e 

Die  kleinste  Dosis 

Kleinste  Dosis 

Dosis  impondera- 

- 

Dosis. 

ist  impondera- 
bei. 

imponderab. 

bei. 

Empfang- 

Maus  und  Meer- 

Taube  u.  Ka- 

Affen  und  Hunde  Alle  Tiere  sind  mehr  oder 

1 i c h k e i t 

schweinch.  sind 

nincben  sind 

sind  viel  em- 

weniger  empfindlich  mit 

der  ver- 
schiedenen 
Tiere. 

am  empfindlich- 
sten ; Kröten , 
Tritone,  Schild- 
kröten und 
Schlangen  sind 
widerstandsfähig 
(Fermi  u.  Per- 
nossi), wie  auch 
das  Huhn. 

empfänglich 
wie  auch  das 
Meerschw. 
Maus  und 
Ratte  sind 
fast  immun. 

pfindlicher  als 
Frösche. 

Ausnahme  der  Schlangen. 

Wirkung 

Tetanus,  Paralyse, 

Oedema,  respi- 

Wirkt  a.d.  Rücken- 

Wirken  ungefähr  wie  das  Gift 

auf  den 
Organis- 
mus. 

Asphyxie. 

rator.  Para- 
lyse. 

mark , erzeugt 
tetanische  Kon- 
traktionen und 
Paralyse  ; irri- 
tiert d.  Schleim- 
häute. 

der  Naja  tripudians. 

Chemische 

Toxalbum.  (Brie- 

Serumalbumin 

Ist  keine  Base 

Wird  s.  wahr- 

Ist  keine  Base 

Natur  nach 

ger  u.  Fraenkel). 

(Brieger  und 

(Gautier  - Cal- 

scheinl.  von 

(Mitchell, 

v e r s c h. 

— Nucleoalbu- 

Fraenkel). 

mette).  Ist  ein 

ders.  Natur 

Armstrong, 

Autoren. 

min  (Gamaleia). 

— Es  ist  kein 
Albuminoid 

(Brieger-Cohn). 

— Ist  ein  Albu- 
minoid (Uscbins- 
ky). 

Acidalbumin  od. 
ein  Pepton. 

sein  wie  das 
Gift  d.  Naja 
u.  der  Kro- 
talen. 

Brunton).Ist 
e.  Globul.  Ist 
ein  Pepton 
oder  ein  Se- 
rumalbum. 
(Mitcbell- 
Reichert). 

Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  309 


Institut  zu  Rom. 


und  des  Diphtheritisgiftes 
(Assistent). 

undjener 

anderer  Gifte  vo 

n 

Ichthyotoxi- 
cum  Mosso’s 

Gift  des  Tetro- 
don  rubripes 
u.  d.  T.  inermis 
(Fugü) 

Gift  d.  Mytilus 
edulis. 

Vegetabilische 
Alkaloide 
sehr  wenig 

stabile  stabile 

Enzyme 

Dialysiert  nicht  (U. 
Mosso). 

Dialysiert  (Ta- 
kahaski). 

Dialysieren  auch  in 
natürlich.  Zustande 
(Fermi  u.  Pernossi). 

Dialysieren  nicht. 

Wird  zerstört  vom 
Magensafte  und  von 
der  Verwesung. 

Widerst,  sehr 
gut  dem  Ma- 
gensafte. 

Widersteht  d. 
Magensafte. 

Widerstehen  sehr  gut. 

Mit  Ausnahme  des 
Pepsins  werden  sie 
v.  Magensafte  zer- 
stört (von  Chlor- 
wasserstofifsäure) 
(Fermi). 

Injiziert  in  die  Jugul.v 
tötet  in  1 — 5 Min. 

Nicht  zerstört 

Nicht  zerstört 
Tötet  in  1 — 5 

Nicht  zerst.  vielleicht 
m Ausnah.  v.  einig. 
Schnelle  Absorbie- 
rung; schnelle  Wir- 

Nicht  zerstört. 

Subkutan  injiziert  sinr 
einige  nachweisbad 

Wirkt  gleichartig 
subkutan  injiziert 
(A.  Mosso). 

Tötet  in  8 — 10 
Min.  od.  in 
2 St.  (Sawt- 

Min.;  1 — 2 
ccm  alkohol. 
Extr.  töt.  ein 

kung 

i.  den  Organen  nach 
einigen  Stunden. 

Die  tödliche  Dosis  be- 
trägt 0,5  ccm  Serum 
(A.  Mosso). 

schenko). 

Kaninch.(E 

Salkowski). 

Die  tötlichen  Dosis 
sind  immer  wägbar. 

Die  Absorb.  d.  Pepsins 
scheint  schnell,  zu 
gesch.  a.  j.  d.  Tryps. 

Hund  und  Kaninchen 
sind  unempfindl.  als 
das  Meerschwein- 
chen, die  Taube  u. 
Frösche  (A.  Mosso). 

Der  Mensch  u. 
d.  Hund  sind 
empfindlich. 

Der  Mensch,  d. 
Hund,  d.  Ka- 
ninchen und 
die  Frösche 
s.  empfindl 

Mensch  u.  Hund  sind 
am  empfindlichsten. 
Die  Vögel  sind  ge- 
gen das  Morphium 
widerstandsfäh.;  die 
Tauben  u Schneck, 
gegen  das  Atropin  ; 
der  Esel  gegen  die 
Datura  stramonium. 

Konvulsion.,  Paralyse, 
Asphyxie.  Irrit.  die 
Schleimh.  u.  nimmt 
d.  Blute  d.  koagul. 
Eigensch.  Wirkt  w. 
d.  Gift  d.  Schlangen 
(A.  Mosso). 

Wirkt  wie 
Opium  und 
wie  Chloral- 
hydrat. 

Verschieden  nach  dem 
Alkaloid. 

Giftig(Baltus,Wencki, 
Bergmann , Hilde- 
brand u.  s.  w.  Nicht 
giftig  (Fermi). 

Ist  weder  ein  Salz 
noch  ein  Pepton, 
denn  es  dialysiert 
nicht  (!).  Es  ist  ein 
Serumalbum.  (D. 
Mosso). 

XV.  Bd. 

Ist  keine 
Base  (!). 

Sind  Basen.  Viele  sind 
krystallisierb.  We- 
nige sind  amorph, 
flüssig  od  gasartig. 

Kolloide  Substanzen, 
welche  sich  den  Al- 
buminoiden  nähern. 

20 

310 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Infektionskrankheiten. 


Aus  der  gegebenen  Tabelle  ist  ersichtlich,  wie  das  Tetanusgift, 
wie  jenes  der  Diphtheritis,  nach  der  Art  des  Verhaltens  gegen  die 
Wärme,  gegen  das  Licht,  gegen  die  chemischen  Agentien  und  die 
Dialyse,  wie  auch  mit  Rücksicht  auf  das  geeignete  Lösungsmittel,  auf  die 
Agentien,  die  es  niederschlagen,  sowie  in  Beziehung  auf  seine  Wirkung 
auf  den  Organismus,  sich  überaus  nähert  den  Giften  der  Schlangen 
(Naja  tripudians,  der  Krotalen  u.  s.  w.),  demjenigen  der  Aale, 
der  Muränen  und  der  Gonger,  wie  auch  der  Schar  der  Enzyme1). 
Ueber  die  chemische  Natur  dieser  Gruppe  von  Substanzen  kann  man 
für  jetzt  nichts  Anderes  sagen,  als  daß  sie  mehr  die  Kennzeichen  der 
colloiden  Substanzen  haben,  als  jene  der  nicht  colloiden,  daß  sie  sich 
vielmehr  den  Albuminoidsubstanzen  als  den  Basen  annähern.  Hiermit 
wird  nicht  im  geringsten  beabsichtigt,  die  immer  wahrscheinliche 
Hypothese  zu  verwerfen,  daß  diese  Gifte  Säuren  seien,  Basen  oder 
andere  sehr  instabile  besondere  Substanzen,  die  mit  Colloidsubstanzen 
innig  vereint  sind,  wie  es  z.  B.  der  Fall  ist  für  die  Alkalien  und 
Acidalbumine  und  so  viele  andere  Albuminate. 

Rom,  18.  Januar  1894. 


Referate. 

Weyl,  Handbuch  der  Hygiene.  Jena  (Gustav  Fischer)  1893. 

Aus  der  Ankündigung  des  in  der  Entstehung  begriffenen  Sammel- 
werkes, welche  die  Verlagsbuchhandlung  den  Lesern  des  Central- 
blattes mit  einer  der  letzten  Nummern  dieser  Zeitschrift  hat  zugehen 
lassen,  geht  hervor,  daß  sich  der  Herr  Herausgeber  mit  einer  größeren 
Zahl  hervorragender  Fachleute  zusammengethan  hat,  um  den  gegen- 
wärtigen Standpunkt  der  hygienischen  Wissenschaft  in  einem  nach 
einheitlichen  Gesichtspunkten  durchgearbeiteten  Handbuche  zusammen- 
zufassen. Es  sollte  dabei  ein  möglichst  unparteiischer  Standpunkt 
erstrebt  werden,  indem  die  Vertreter  der  verschiedensten  Schulen  zur 
Mitarbeit  herangezogen  wurden.  In  der  That  sind  unter  den  Mit- 
arbeitern Forscher  wie  Fodor,  Loeffler,  Weichselbaum  und 
Emmerich  neben  einander  verzeichnet,  von  denen  es  bekannt  ist, 
daß  jeder  das  gemeinsame  hohe  Ziel  der  Erkenntnis  anf  seinem  eigenen, 
besonderen  Wege  sucht. 

Das  Unternehmen  Weyl’s  darf  wohl  der  allgemeinen  Sympathie 
gewiß  sein  und  verdient  eine  rege  Förderung.  Die  großen  Fortschritte 
der  hygienischen  Wissenschaft  haben  in  den  verschiedenen  Hand- 
büchern und  Lehrbüchern  der  jüngsten  Zeit  nicht  allenthalben  aus- 
führliche Berücksichtigung  finden  können.  Es  verbot  sich  das  in  der 
Regel  schon  deshalb,  weil  die  Verfif.  das  große  Material  in  einen 
verhältnismäßig  engen  Raum  zusammendrängen  mußten.  In  Weyl’s 
Buch  ist  nun  jedes  Kapitel  einem  bestimmten  Fachmann  übertragen, 


1)  Ohne  daraus  je  den  Schluß  zu  ziehen,  daß  das  Tetanusgift,  das  Gift  der  Diph- 
theritis, der  Schlangen  und  das  Ichthyotoxicum  Diastasen  seien. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Infektionskrankheiten. 


311 


in  dessen  Hand  es  liegt,  das  gesamte  Gebiet  des  ihm  zugewiesenen 
Stoffes  für  die  Bearbeitung  zu  verwerten  und  in  Gestalt  einer  in 
sich  abgeschlossenen  Monographie  in  übersichtlicher  Form  allen 
Hygienikern  zugänglich  zu  machen. 

Von  dem  Werke  liegen  bereits  4 Sonderabhandlungen  vor,  welche 
verschiedenen  Kapiteln  des  Handbuches  angehören.  Alle  zeichnen 
sich  durch  anziehende  Darstellung  aus,  deren  Vorzüge  vor  allen  in 
der  klaren  Ausdrucksweise  und  in  der  knappen  Form  liegen ; zugleich 
bietet  ihr  reicher  Inhalt  eine  Fülle  von  Anregung  und  Belehrung. 

Die  erste  Lieferung  handelt  von  der  geschichtlichen  Ent- 
wickelung und  Organisation  der  öffentlichen  Gesund- 
heitspflege in  den  Kulturstaaten  und  stammt  aus  der  be- 
währten Feder  Finkelnburg’s.  Wie  der  Verf.  einst  durch  seine 
kritischen  Studien  der  Gesundheitsverwaltung  Englands  Aufsehen 
erregt  hat,  so  hat  er  bei  der  Abfassung  des  vorliegenden  Abrisses 
die  sanitäre  Organisation  jenes  Landes  mit  besonderer  Liebe  be- 
handelt und  in  fesselnder  Beschreibung  veranschaulicht.  Die  jüngsten 
Gesetze,  infectious  diseases  notification  und  prevention  acts,  public 
healtli  London  act,  sind  nicht  berücksichtigt,  vermutlich,  weil  sie 
ihrem  Inhalte  nach  bei  dem  Kapitel  Infektionskrankheiten  besprochen 
werden  sollen.  Neben  Englands  Gesundheitswesen  sind  auch  die 
bezüglichen  Verhältnisse  in  den  Staaten  des  Altertums  und  Mittel- 
alters, und  in  einigen  europäischen  Ländern  der  Gegenwart,  Deutsch- 
land, Oesterreich,  Frankreich,  Italien  berücksichtigt,  und  besonders 
dankenswert  ist  die  Schilderung  der  internationalen,  auf  Abwehr  der 
Seuchen  gerichteten  Maßnahmen,  in  welcher  der  Inhalt  der  Verein- 
barungen zu  Venedig  (1892)  und  Dresden  (1893)  ausführlich  er- 
örtert wird. 

Der  den  sogenannten  „kontagionistischen“  Anschauungen  abholde 
Standpunkt  des  Verf.’s  ist  aus  seinen  in  der  letzten  Zeit  erschienenen 
und  auch  in  den  politischen  Blättern  vielfach  besprochenen  Veröffent- 
lichungen allgemein  bekannt.  Es  war  daher  nicht  anders  zu  erwarten, 
als  daß  diese  Auffassungen  auch  in  der  vorliegenden  Monographie  ver- 
treten sein  würden,  und  in  der  That  wird  nicht  jeder  Hygieniker  mit 
Finkelnburg  übereinstimmen,  wenn  er  z.  B.  die  Benachteiligungen, 
welche  der  deutsche  Handel  durch  oft  geradezu  drakonische  Maßregeln 
gegen  unsere  Herkünfte  im  Auslande  während  des  Jahres  1892  erlitten 
hat,  als  folgerechte  Repressalien  gegen  die  1883  zwischen  den  deutschen 
Bundesseestaaten  vereinbarten  „Vorschriften  über  die  gesundheits- 
polizeiliche Ueberwachung  der  Seeschiffe“  hinstellt.  Indessen  werden 
sich  auch  die  „Kontagionisten“  gern  aus  der  vom  Verf.  gegebenen 
Uebersicht  über  viele  einschlägige  Thatsachen  und  Verhältnisse  orien- 
tieren und  vor  Allem  mit  ihm  übereinstimmen  in  der  günstigen  Be- 
urteilung der  Ergebnisse  der  Dresdener  Konferenz,  welche  nicht  zum 
geringsten  Teile  R.  Koch  zu  danken  sind. 

Die  zweite  Lieferung  besteht  in  einer  Abhandlung  von  Munk 
über  Einzelernährung  und  Massenernährung.  Was  im 
Eingänge  dieses  Referates  über  Inhalt  und  Form  der  bisher  er- 
schienenen Teile  des  Wey  Eschen  Handbuchs  gesagt  war,  trifft  in 
Bezug  auf  diesen  Abschnitt  in  vollem  Masse  zu.  Die  Monographie 

20* 


312 


Allgemeines  Uber  Bakterien  und  Infektionskrankheiten. 


ist  in  4 Hauptteile  gesondert,  welche  dem  Stoffverbrauch  des  Menschen, 
der  Bedeutung  der  Nahrungsstoffe,  der  Nahrung  des  Menschen  und 
der  Massenernährung  gewidmet  sind.  Eine  ausführlichere  Bespre- 
chung erscheint  an  dieser  Stelle  nicht  angezeigt,  da  bakteriologische 
Gebiete  in  den  bezüglichen  Abschnitten  nicht  berührt  werden. 

In  der  dritten  Lieferung  haben  Wernich  das  Leichenwesen 
einschließlich  der  Feuerbestattung  und  Wehmer  das 
Abdeckereiwesen  bearbeitet.  In  dem  Wernich’schen  Teile 
wird  nach  einem  geschichtlichen  Ueberblick  über  die  verschiedenen 
Verfahren  der  Bestattung  zunächst  die  Totenschau  besprochen.  Der 
Verf.  hebt  im  Besonderen  die  Wichtigkeit  derselben  für  die  Medizinal- 
statistik hervor,  trägt  aber  in  unparteiischer  Weise  auch  den  großen 
Schwierigkeiten  Rechnung,  welche  einer  allgemeinen  Einführung  der 
allein  in  dieser  Beziehung  w irklich  wertvollen  ärztlichen  Leichen  - 
besichtigung  entgegenstehen.  Es  folgt  dann  eine  Schilderung  der 
verschiedenen  Verfahren  mit  Leichen  in  der  Zeit  von  der  Todesfest- 
stellung bis  zur  endgiltigen  Bestattung.  Wernich  tritt  hier  mit 
Lebhaftigkeit  für  die  allgemeiue  Einführung  der  Leichenhallen  ein  ; 
die  bezüglichen  bisher  in  dieser  Beziehung  gütigen  Bestimmungen 
werden  eingehend  verwertet,  wie  dies  auch  betreffs  der  Abschnitte 
über  Totenschau  und  Leichentransport  besonders  anzuerkennen  ist. 
Ein  Bericht  über  Forschungen  und  Feststellungen  an  Leichen  bringt 
u.  A.  Mitteilungen  der  bekannten  Untersuchungen  Petri’s  über 
die  Lebensdauer  pathogener  Keime  in  Tierleichen  und  die  Forschun- 
gen Brieger’s  u.  a.  über  Leichenalkaloide.  Hinsichtlich  der  end- 
giltigen Bestattung  der  Leichen  ist  der  Verf.  den  auf  Einführung 
der  Feuerbestattung  gerichteten  Bestrebungen  freundlich  gesinnt,  er 
verurteilt  jedoch  alle  agitatorischen  Uebertreibungen , welche  in 
dieser  Bewegung  hervorgetreten  sind,  mit  Nachdruck.  Die  einzelnen 
Arten  der  Bestattung  werden  ausführlich  besprochen,  ihre  Bedeutung 
in  hygienischer  Beziehung  gebührend  hervorgehoben.  Besonders 
gefällig  liest  sich  u.  a.  die  Schilderung  der  Vorgänge  der  Fäulnis  und 
Verwesung. 

In  dem  von  Wehmer  bearbeiteten  Teil  wird  zunächst  die  Zu- 
sammenstellung der  einschlägigen  deutschen  und  österreichischen 
Gesetzgebung  allgemein  willkommen  sein.  Die  weiteren  Abschnitte, 
welche  von  der  Ausübung  des  Abdeckereigewerbes,  den  an  dieses 
Gewerbe  zu  stellenden  Anforderungen  und  dem  durch  Abdeckerei  zu 
beseitigenden  Material  handeln,  verdienen  in  jeder  Weise  volle  An- 
erkennung. Einige  wohlgelungene  Abbildungen,  in  denen  u.  a.  der 
H enneberg’sche  Kafill-Desiufektor,  eine  Anlage  zur  Verarbeitung 
von  Tierleichen  nach  Podewils  und  ein  Kos i ’scher  Verbrennungs- 
ofen für  Tierleichen  dargestellt  sind,  tragen  wesentlich  zur  Veran- 
schaulichung des  Inhalts  bei. 

Eine  Besprechung  der  4.  Lieferung,  welche  die  Hygiene  des 
Bodens  behandelt  und  von  Fodor  verfaßt  ist,  behält  sich  Ref.  für 
eine  spätere  Nummer  dieser  Zeitschrift  vor. 

Der  Verlagsbuchhandlung  gebührt  für  die  angemessene  Aus- 
stattung der  bisher  erschienenen  Teile  des  Werkes  besonderer  Dank. 

K übler  (Berlin). 


Bakterien  in  Milch. 


313 


Knochenstierna,  Hugo,  Ueber  den  Keimgehalt  der  Dor- 
pater  Marktmilch  nebst  einigen  bakteriologischen 
Untersuchungen  von  Frauenmilch.  [Inaug.-Diss.]  8°. 
51  p.  Dorpat  1893. 

Die  Arbeit  bringt  im  ersten  Teile  nicht  viel  Anderes,  wie  die  von 
Gernhardt;  erwähnt  möge  sein,  daß  Verf.  eine  deutliche  Beziehung 
zwischen  Keimgehalt  und  Rahmgehalt  nicht  zu  entdecken  vermochte, 
auch  einen  merklichen  Einfluß  der  kälteren  Jahreszeit  auf  die  Höhe 
der  Keime  nicht  fand. 

Der  zweite  Abschnitt  beschäftigt  sich  mit  der  Frauenmilch.  — 
Während  man  früher  die  Muttermilch  gesunder  Frauen  für  voll- 
ständig keimfrei  erachtete,  haben  neuere  Untersuchungen  ergeben, 
daß  stets  Keime  vorhanden  sind,  deren  Zahl  sich  einesteils  nach  der 
Zeitdauer  richtet,  welche  seit  dem  letzten  Saugakte  verflossen  ist,  und 
zweitens  von  der  Größe  des  Milchquantums  abhängt,  welches  unmittel- 
bar vor  der  zur  Untersuchung  benutzten  Milchprobe  entleert  wurde. 

Von  Keimarten  fanden  sich  in  4/5  der  Fälle  der  Staphylo- 
coccus  pyogenes  albus,  seltener  der  pyogenes  aureus  und 
der  Streptococcus  pyogenes.  Unter  44  Proben  wiesen  31 
Eiterkokken  ausschließlich  auf,  9 dieselben  mit  anderen  Bakterien 
vermischt,  aber  selbst  überwiegend,  und  nur  4 zeigten  andere  Bak- 
terien ohne  Eiterkokken. 

Ob  diese  Keime  nun  durch  den  Blutstrom  nach  der  Drüse  hin- 
getragen sind  oder  von  außen  einwandern,  ist  selbst  nach  den 
neuesten  Untersuchungen  von  A.  Palleske  unentschieden  geblieben. 

Knochenstierna  untersuchte  die  Milch  von  8 vollständig  ge- 
sunden Frauen,  7 Wöchnerinnen  und  1 Amme,  welche  vor  4 Wochen 
geboren  hatte,  und  stellte  48  Untersuchungen  an.  Eine  Konstanz 
des  Keimgehaltes  vermochte  Verf.  nicht  festzustellen  und  faßt  seine 
Behauptungen  folgendermaßen  zusammen:  Die  nach  Reinigung  der 
Warze  mit  Sublimat  und  Alkohol  bez.  Alkohol  allein  aus  der  ge- 
sunden Brust  einer  gesunden  Frau  entleerte  Milch  enthält  oft  Keime, 
unter  denen  der  Staphylococcus  pyogenes  albus  am  häufig- 
sten vorkommt.  Er  scheint  von  außen  in  die  Milchsinus  eingewandert 
zu  sein,  entfaltet  aber  dort  keine  pathogenen  Eigenschaften.  Außer- 
dem kommen  noch  mehrere  Arten  von  anderen  Kokken  und  einige 
Arten  Bakterien  vor;  jede  einzelne  Art  ist  aber  im  Vergleiche  mit 
dem  gesamten  Mikroorganismus  viel  seltener.  Einmal  wurde  weiße 
Hefe  gefunden.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Gernhardt, Eugen,  QuantitativeSpaltpilzuntersuchungen 
der  Milch.  [Inaug.-Diss.]  8°.  78  p.  Dorpat  (Jurjew)  1893. 

Bereits  1840  erkannte  Fuchs  in  der  Milch  Vibrionen,  ihm  folgte 
dann  Pasteur,  welcher  fand,  daß  sie  weit  schwerer  als  irgend  eine 
andere  Flüssigkeit  von  ihren  Keimen  zu  befreien  sei. 

Verf.  nahm  das  Zählen  der  Kolonieen  am  dritten  Tage  nach  der 
Impfung  vor  und  erhielt  folgende  Tabelle  für  die  Dorpater  Ver- 
hältnisse: 


314 


Bakterien  in  Milch.  — Fleischvergiftung. 


Niedrigster 


Höchster 
7 535  150 
15  139  338 
20  303  000 
26  056  500 


Mittlerer  Keimgehalt 


Gutsmeiereien  402  046 
Städtische  1 294  649 

Dorfmilch  I 1 749  930 


2 322  103 
5 506  601 
9 670  873 
11  274  703 
39  990  850 


„ II  2 120  968 

Marktmilch  2 093  181 


116  817  200 


Als  Gegensatz  seien  andere  Städte  angeführt:  nach  Renk  in 
Halle  6 — 30,7  Mille  in  1 ccm,  nach  Lehmann  in  Würzburg  1,9  bis 
7,2  Mille,  in  Müncheu  nach  Es  eher  ich  1 — 4 Mille,  in  Gießen  nach 
Uhl  83100—169  632000. 

Gernhardt  wandte  dann  seine  Aufmerksamkeit  den  Keimen 
zu,  die  nicht  als  Milchbakterien  bezeichnet  sind.  Am  häufigsten  fand 
er  den  Radiciformis,  welcher  ja  auch  ein  fast  regelmäßiger  Be- 
fund des  Fluß-  und  Brunnenwassers  ist  und  durch  die  Wasserspülung 
der  Gefäße  an  die  Wandungen  derselben  gelangen  dürfte. 

Sonst  Vorgefundene  Schimmelarten  stammen  wahrscheinlich  so- 
wohl aus  dem  Staube  der  Luft,  als  auch  aus  den  oft  schimmelhaltigen 
Kellerräumen. 

Proteusarten  dürften  ebenfalls  durch  Wasser  in  die  Milch 
gelangt  sein. 

Es  wurde  darauf  versucht,  nach  Möglichkeit  keimfreie  Milch  auf 
den  Gütern  der  UmgegeDd  selbst  zu  gewinnen,  wobei  Verf.  zu  dem 
Resultate  kommt,  es  sei  dieses  ein  Ding  der  Unmöglichkeit.  Die 
Hauptschuld  ist  den  Ausführungsgängen  der  Drüse  selbst  beizumessen, 
da  die  Keimzahl  in  dieser  von  vornherein  in  einem  sich  fast  stets 
gleichbleibenden  «Durchschnitte  15000  pro  1 ccm  ausmacht. 

Die  Milch  gelangt  ferner  erst  etwa  6,  12  oder  18  Stunden  nach 
dem  Melken  zum  Verkauf,  was  der  Entwickelung  der  Keime  ungemein 
förderlich  ist.  Die  Ueberzahl  der  Keime  stammt  aber  aus  der  Außen- 
welt und  wird  durch  den  Melkakt  wie  die  Gefäße  und  Art  der  Be- 
handlung der  Ware  in  dieselbe  hineingebracht;  namentlich  in  den 
Wirtschaften  mit  täglicher  Stallreinigung  will  Gern hardt,  wahr- 
scheinlich durch  das  Bewegen  des  Mistes,  eine  erheblich  größere 
Anzahl  von  Keimen  angetrofi'en  haben.  — Centrifugierte  Milch  weist 
die  niedrigste  Zahl  von  Bakterien  auf  und  ist  hygienisch  am  meisten 
zu  empfehlen.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Schroeder,  Die  Fleisch-  und  Wurstvergiftung  inU.  und 
Umgegend  des  Kreises  Weißenfels  im  Jahre  189  2. 
(Vierteljahrsschrift  für  gerichtliche  Medizin  und  öffentliches  Sani- 
tätswesen. 1893.) 

29  Familien  mit  insgesamt  über  100  Personen  erkrankten  nach 
dem  Genüsse  von  Kuhfleisch  von  einem  Tiere,  welches  infolge  von 
Maul-  und  Klauenseuche  ein  Panaritium  bekommen  hatte.  Der  Tier- 
arzt hatte  das  Fleisch  für  gesund  und  als  Nahrungsmittel  verwendbar 
erklärt.  Die  Krankheitssymptome  trafen  vorwiegend  den  Magendarm- 
kanal und  bestanden  in  Leibschmerz,  Durchfall,  Kollern,  Erbrechen, 
daneben  war  Kopfschmerz  und  Schwindel  beobachtet.  Ein  Fall  endete 
letal  und  wird  das  bezügliche  gerichtliche  Obduktiousprotokoll  mit- 
geteilt. In  den  Wurstteilen,  die  zur  bakteriologischen  Untersuchung 
kamen,  fanden  sich  der  Proteus,  prodigiosus  und  subtilis. 


Septikopyämie.  — Grüner  Eiter. 


315 


Wurstgifte  uud  Fäulnisgifte  waren  in  den  Leichenteilen,  Würsten  und 
Schinken  nicht  nachweisbar. 

Im  Anschlüsse  an  diesen  Fall  giebt  Verf.  eine  Uebersicht  aller 
bis  dato  bekannt  gewordenen  Fleischvergiftungen  und  teilt  die  Fälle 
eiu  1)  in  solche,  in  denen  unzweifelhafte  Ptomainsymptome  vorhanden 
waren,  2)  in  solche,  in  denen  mehr  die  Symptome  der  Intestinal- 
mykose vorherrschen. 

In  der  Uebersicht  werden  in  toto  48  Fälle  besprochen,  und  zwar 
geben  die  Tabellen  an:  Litterarische  Notizen,  Bezeichnung  der 
Epidemie  nach  Art,  Ort  und  Zeit  des  Auftretens,  die  Ursache  des- 
selben, das  Inkubationsstadium,  die  Zahl  der  Erkrankungen,  Zahl  der 
Todesfälle,  die  Krankheitserscheinungen,  Obduktionsbefunde,  Gifte 
und  Gifte  produzierende  Organismen  sowie  sonstige  Bemerkungen. 
Mit  Recht  beklagt  sich  der  Verf.  über  den  schleppenden  Geschäfts- 
gang, der  verhinderte,  daß  das  verdächtige  Material  sofort  an  einer 
geeigneten  Stelle  bakteriologisch  verarbeitet  würde,  weil  die  fraglichen 
Objekte  erst  durch  der  Hände  lange  Kette  der  Justizbeamten  wandern 
muß.  Er  verlangt,  daß  der  Staat  obligatorisch  chemisch-bakteriolo- 
gische Institute  mit  der  Untersuchung  beauftrage  und  daß  das  erste 
Amtsgericht,  dem  Anzeige  von  dem  Falle  gemacht  werden,  sogleich 
die  Senduugen  an  diese  Institute  verabfolge,  ähnlich  wie  es  jetzt  ja 
auch  mit  dem  choleraverdächtigen  Materiale  geschieht. 

Prophylaktisch  fordert  er  ein  staatliches  Verbot  des  Verkaufes 
von  Fleisch  kranker  Tiere,  dann  eine  durchgreifende  tierärztliche 
Kontrolle,  und  um  den  Besitzer  vor  Schaden  zu  schützen,  eine  von 
Zeit  zu  Zeit  wiederholte  öffentliche  Mahnung  zur  Viehversicherung 
und  eventuelle  staatliche  Unterstützung  im  Falle  des  Betroffenwerdens 
eines  Viehzüchters.  — Gewiß  läßt  sich  manches  Unglück  durch  diese 
Maßregeln  vermeiden.  0.  Voges  (Danzig). 

Arloing  et  Cliantrc,  fitude  sur  l’origine  microbienne  de 
l’infection  purulente  chirurgicale.  (Arch.  genör.  de 
med.  1893.  Oct.  p.  497.) 

Die  Verff.  kommen  zu  folgenden  Resultaten: 

1)  Die  „Infection  purulente  chirurgicale“  (die  deutsche  Septiko- 
Pyämie)  wird  verursacht  durch  die  gewöhnlichen  Eiterstreptokokken. 

2)  Eine  Mischinfektion  ist  häufig,  aber  nicht  notwendig. 

3)  Der  Streptococcus  hat  dabei  die  gleiche  Virulenz  wie  bei 
der  schweren  Form  des  Puerperalfiebers. 

4)  Die  Ursache  der  Umwandlung  seiner  pathogenen  Eigenschaften 

ist  noch  unklar.  W.  Petersen  (Zürich). 

Schimmelbusch,  Ueber  grünen  Eiter  und  die  pathogene 
Bedeutung  des  Bacillus  pyocyaneus.  (Sammlung  kli- 
nischer Vorträge  von  Volkmann.  Serie  3.  Heft  II.  No.  62. 
p.  303  ff.) 

Im  Anschluß  an  eine  Krankenvorstellung  berichtet  Verf.  über 
die  durch  den  Bacillus  pyocyaneus  hervorgerufenen  Erschei- 
nungen. Er  schildert  die  Grünfärbung  der  Verbände,  das  Aussehen 
der  Wunde,  beschreibt  die  Theorieen,  welche  vor  der  Entdeckung  des 


316 


Grüner  Eiter.  — Septikopyämie. 


Bakteriums  in  betreff  der  Grün-  und  Blaufärbung  der  Verbandstoffe 
herrschten,  wobei  besonders  die  Ansicht  von  Longuet  auffällt,  welcher 
diese  Erscheinung  meist  nach  Gewittern  beobachtet  haben  will,  wo 
dann  unter  dem  Einflüsse  der  ozonreicheren  Luft  das  Jod  der  in 
Hospitälern  stets  in  der  Luit  vorhandenen  Tinct.  Jodi  die  Stärke- 
verbände bläue.  Jetzt  weiß  man,  daß  das  Pyocyanin,  welches  durch 
Ausschütteln  der  Verbandstoffe  mit  Chloroform  gewonnen  wird,  die 
Ursache  der  Verfärbung  ist.  Ebenso  wie  der  Farbstoff  wird  aber 
auch  ein  charakteristischer  Geruch  durch  den  Pyocyaneus  hervor- 
gerufen. Aber  nicht  nur  grünen  Farbstoff  sehen  wir,  sondern  bisweilen 
auf  anderen  Nährböden  auch  blauen,  ja  sogar  braunen  und  vermag 
man  eine  ganze  Farbenskala  zwischen  Grün  und  Braun  herzustellen. 
Die  Produktion  der  chromogenen  Substanz  erweist  sich  dabei  abhängig 
von  genügender  Luftzufuhr,  vom  passenden  Nährsubstrate  und  von  der 
Beschaffenheit  der  Bacillen  selbst. 

Was  die  Frage  anbelangt,  wie  der  Bacillus  pyocyaneus 
auf  und  in  die  Wunden  gelangt,  so  waren  frühere  Autoren  der  An- 
sicht, daß  es  sich  um  eine  Infektion  aus  der  Luft  handelt.  Doch 
ergaben  neuere  Untersuchungen,  daß  der  Organismus  ein  Parasit  an 
unserem  gesunden  Leibe  ist.  Mühsam  fand,  daß  er  beim  Gesunden 
in  der  Achselhöhle,  der  Anal-  und  Inguinalfalte  in  50  Proz.  der  unter- 
suchten Fälle  vorkam.  Dieser  Bacillus  bewirkt  nun  weder 
Eiterung  noch  Sepsis,  doch  produziert  er  ein  Protein,  welches,  sub- 
kutan oder  intravenös  injiziert,  heftige  Wirkungen  hat.  Ein  Arzt 
injizierte  sich  0,5  ccm  bei  100°  im  Dampfe  sterilisierter  Bouillon- 
kultur in  den  Vorderarm.  Nach  wenigen  Stunden  stieg  unter  leichtem 
Frösteln  die  Temperatur  an,  in  circa  12  Stunden  erreichte  sie  38,8  °, 
um  dann  langsam  abzufallen.  Von  der  Injektionsstelle  aus  verbreitete 
sich  eine  erysipelasähnliche  Anschwellung  über  den  Unterarm  ohne 
Eiterung,  die  Drüsen  der  Achsel  waren  geschwollen  und  sehr  schmerz- 
haft. Büchner  berichtet  von  einem  ähnlichen  Falle.  In  der  Praxis 
wurden  derartige  Einwirkungen  nie  beobachtet.  Dennoch  aber  ist  die 
Infektion  nicht  so  harmlos.  Der  Geruch  ist  lästig  und  widerwärtig, 
die  Sekretion  der  Wunde  ist  enorm  und  oft  mit  den  gewaltigsten 
Verbandmassen  nicht  zu  bewältigen.  Die  Granulationen  werden  in  ihrer 
Konsolidation  gestört.  Transplantationen  werden  oft  gänzlich  ver- 
hindert. Auf  den  Wunden  liegen  Aetzschorfe,  wie  diphtherische  Beläge, 
welche  sich  ohne  Blutung  kaum  entfernen  lassen;  sie  bestehen  aus 
Massen  von  Pyocyaneusbacillen.  Ist  die  Intoxikation  auch 
keine  plötzliche,  wie  bei  der  Subkutaninjektion  der  Kulturmassen,  se 
handelt  es  sich  um  langsam  schleichende  Vergiftung.  Kaninchen 
siechten  hin,  zeigten  parenchymatöse  Degenerationen  der  inneren  Organe, 
chronische  Nephritis  und  Amyloid.  — Aus  allen  Beobachtungen  geht 
bis  jetzt  hervor,  daß  der  Bacillus  pyocyaneus  zwar  giftige 
locale  und  allgemeine  Wirkungen  zu  Stande  bringt,  daß  ihm  aber 
die  Eigenschaften  eines  invasiven  pathogenen  Organismus  abgehen. 
— Ueber  eine  wirksame  Bekämpfung  und  einzuschlagende  Therapie 
schweigt  leider  der  Artikel.  O.  Voges  (Danzig). 

Siebourg,  Leonhard,  ZurCasuistikderkryptogene tischen 
Septicopyämie.  [Inaug.-Diss.]  8°.  32  p.  Bonn  1893. 


Meningitis.  — Streptococcus. 


317 


Wohl  keine  Krankheit  weist  so  mannigfaltige  und  dem  An- 
scheine nach  so  weit  auseinanderliegende  Formen  auf,  wie  die  septische 
Infektion. 

Zahlreiche  Untersuchungen  der  Neuzeit  haben  ergeben , daß  die 
Septikopyämie  durch  die  verschiedenen  Arten  der  die  gewöhnliche 
Wundeiterung  bedingenden  Mikroben  hervorgerufen  wird.  Diese 
bilden,  wenn  sie  im  Körper  günstige  Lebensbedingungen  antreffen, 
Kolonieen,  welche  ihrerseits  wieder  zum  Ausgangspunkte  spezifischer 
Embolien  in  entfernten  Organen  werden  können.  Diese  Mikroorganis- 
men sind  vorzugsweise  Streptococcus  pyogenes,  ferner  pyo- 
gene Staphylokokken  und  zuweilen  kommen  auch  wohl  noch  andere 
Bakterienarten  in  Betracht. 

Als  Eingangspforte  für  die  Mikroorganismen  ist  in  den  meisten 
Fällen  die  traumatische  Läsion  zu  bezeichnen,  vielfach  auch  die 
Schleimhäute  des  Digestions-  und  Respirationstraktus  oder  des 
Urogenitalapparates,  wie  denn  ferner  alte,  irgendwie  früher  ent- 
stehende Eiterherde  in  Betracht  kommen. 

Temperatur  ist  meist  hoch,  zeigt  sprungweisen  Verlauf  und  ist 
meist  von  Frost  begleitet.  Atmungshäufigkeit  in  der  Regel  bedeutend 
gesteigert  und  andere  Begleiterscheinungen,  welche  deu  Kliniker  an- 
gehen. 

Alle  untersuchten  pathogenen  Bakterien  sind  hier  gewöhnlich 
auf  Zufuhr  von  Sauerstoff  angewiesen , weshalb  sie  sich  im  linken 
Herzen  vorzugsweise  entwickeln. 

Verwechselungen  können  zunächst  eintreten  mit  Malaria,  durch 
Anwendung  von  Chinin  leicht  zu  bemerken,  Variola,  Scharlach,  Milz- 
brand, Rotz,  Pemphigus  u.  s.  w.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Beck,  M.,  Ueber  eine  durch  Streptokokken  hervor- 
gerufene Meningitis.  (Zeitschr.  für  Hygiene  und  Infektions- 
krankheiten. Bd.  XV.  1893.  H.  2.  p.  359  ff.) 

Im  Anschlüsse  an  eine  Angina  und  einen  Tonsillarabsceß  war 
eine  eiterige  Meningitis  entstanden,  die  in  kurzer  Zeit  zum  Tode 
führte.  Der  Krankheitsvorgang  war  durch  Streptokokken,  welche 
sich  durch  große  Virulenz  gegenüber  Kaninchen  und  Mäusen  aus- 
zeichneten, ausgelöst. 

Zwei  Wege,  auf  denen  von  der  Tonsille  aus  die  Kokken  in  die 
Schädelhöhle,  gelangen  konnten,  stehen  offen,  entweder  direkt  oder 
auf  dem  Wege  der  Allgemeininfektion.  Im  Blute  und  anderen  Or- 
ganen (mit  Ausnahme  der  Leber)  ließen  sich  keine  Bakterien  nach- 
weisen,  so  daß  wohl  eine  direkte  Infektion  stattgefunden  haben  mag, 
wobei  die  Kokken  durch  die  Siebbeinzellen  nach  der  Gehirnoberfläche 
vorgedrungen  sind  und  hier  zu  einer  Eiteransammlung  Veranlassung 
gegeben  haben.  0.  Voges  (Danzig). 

Marot,  Felix,  Sur  un  Streptocoque.  [These.]  (Soci6t6  d’edi- 
tions  scientifiques.  Paris  1893.) 

In  einer  längeren,  sehr  lesenswerten  Arbeit  berichtet  Marot 
über  die  Resultate  seiner  Streptokokkenstudien.  Da  er  eine  Diffe- 
renzierung der  Streptokokken  nach  dem  Grade  ihrer  Virulenz  als  zu 
trügerisch  aufgab,  sah  er  sich  nach  neuen  Differenzierungsmitteln  um 


318 


Streptococcus. 


und  glaubt  ein  solches  in  dem  Ausfälle  der  Kartoffelkultur  gefunden 
zu  haben.  Er  teilt  danach  die  Streptokokken  in  2 große  Gruppen, 
1)  in  solche,  welche  kein  sichtbares  Wachstum  auf  Kartoffeln  zeigen 
und  2)  in  solche,  welche  ein  sichtbares  Wachstum  auf  Kartoffeln 
deutlich  erkennen  lassen.  Bei  der  ersten  Gruppe  sagt  er  mit  Absicht 
nur,  „welche  kein  sichtbares  Wachstum  auf  Kartoffeln  zeigen“, 
um  mit  diesem  nichts  weiter  präjudizierenden  Ausdrucke  sich  weiter 
in  gar  keine  Diskussion  darüber  einzulasseu,  ob  sie  sich  nicht  viel- 
leicht doch  auf  der  Kartoffel  trotzdem  vermehren.  Zu  dieser  ersten 
Gruppe  rechnet  er  den  Erysipelcoccus  und  verwandte  Arten, 
Streptokokken  bei  puerperalen  Affektionen,  Streptococcus  pyo- 
genes, Str.  murisepticus,  die  Streptokokken  a und  ß und  den 
Diplostreptococcus  von  Barbier,  den  Str.  scarlatinosus 
von  d’Espine  und  Marignac,  die  Streptokokken  bei  Angina 
phlegmonosa  und  crouposa.  Wahrscheinlich  gehören  nach  ihm  dazu 
auch  die  Streptokokken  bei  Bronchopneumonieen,  welche  nach  Mosny 
mit  dem  Erysipelstreptococcus  identisch  sind;  ferner  der  von 
Beck  bei  einem  choleraähnlichen  Falle  beobachtete  Streptococcus; 
desgleichen  die  Streptokokken  bei  Pleuritiden  (Vignaion)  und  Peri- 
tonitiden, welche  dem  Str.  pyogenes  gleichen  u.  s.  w.  und  schließ- 
lich der  Pneumococcus.  Zu  der  zweiten  Gruppe  mit  sichtbarem 
Wachstume  auf  Kartoffeln  zählt  er  einige  von  v.  Lingelsheim 
beschriebene  Streptokokken,  ferner  drei  von  d’Espine  und  Ma- 
rignac und  dann  die  von  ihm  selbst  aus  Fällen  von  Angina,  ferner 
bei  gesunden  Individuen , aus  Phlegmoneneiter,  Bronchopneumonie, 
Stomatitis  „ulcero-membraneuse“  gezüchtete  Streptokokken,  deren 
kulturelles  Verhalten  er  genauer  augiebt.  Darauf  giebtMarot  sehr 
genaue  Beschreibungen  des  Erysipelstreptococcus  und  eines 
durch  seine  Kartoffelkultur  ausgezeichneten  Streptococcus1), 
welchen  er  aus  dem  Munde  von  Gesunden  und  — sehr  reichlich  — bei 
gewissen  „angines  pultac6es“  fand.  Im  folgenden  schließt  er  daran 
Protokolle  von  18  mehr  oder  weniger  genau  analysierten  Strepto- 
kokkenfällen an.  Seine  Resultate  faßt  er  in  folgenden  Schlüssen 
zusammen:  I.  Bei  der  wichtigen  Rolle,  welche  den  Streptokokken  in 
der  menschlichen  Pathologie  zukommt,  schien  es  von  Interesse,  die- 
selben in  gewisse  Kategorieen  zu  gruppieren.  II.  Bei  der  Gruppie- 
rung schien  nach  den  angestellteu  Versuchen  ein  Merkmal  speziell 
als  Basis  zu  Grunde  gelegt  werden  zu  können:  die  Art  des  Wachs- 
tums auf  Kartoffeln.  III.  Abgesehen  von  dem  theoretischen  Interesse 
und  ohne  daraus  etwas  für  seme  Spezificität  präjudizieren  zu  wollen, 
erschien  ihm  dies  Merkmal  für  die  bakteriologische  Differential- 
diaguose  verwertbar,  und  zwar  überlegen  in  letzterer  Hinsicht 

IV.  sowohl  der  Prüfung  auf  die  so  schwankende  Virulenz,  als  auch 
gegenüber  den  von  v.  Lingelsheim  empfohlenen  morphologischen 
Charakteren,  da  die  Kettenlänge  wegen  ihrer  großen  Variabilität  für 
die  Differentialdiagnose  nicht  verwertbar  erschiene.  Danach  teile  er 

V.  die  Streptokokken  in  2 große  Klassen,  in  die,  welche  kein  sicht- 
bares Wachstum  auf  Kartoffelu  zeigen,  und  in  solche,  welche  deutlich 


1)  Note  sur  un  caractere  differeutiel  d'uue  streptocoque  de  la  bou.'he.  (Societe  de 
biologie.  1892.  5.  novembre  ) 


Streptococcus. 


319 


sichtbares  Wachstum  darauf  erkennen  lassen.  Zu  der  ersten  Klasse 
gehörten  VI.  der  Erysipelstreptoceccus  mit  seinen  Verwandten 
und  der  Pneumococcus,  während  sich  VII.  die  Streptokokken 
der  zweiten  Klasse  den  von  v.  Lingelsheim  als  Streptococcus 
brevis  beschriebenen  Streptokokken  zu  nähern  schienen.  VIII. — X.  Der 
eine  vom  Verf.  genauer  studierte,  hierher  gehörige  Streptococcus, 
welcher  im  Munde  ziemlich  häufig  zu  sein  schien,  wurde  in  beson- 
derer Reichlichkeit  in  gewissen  Fällen  von  Angine  pultacöe  beobachtet, 
so  daß  es  nahe  lag,  ihn  — bis  zu  einem  gewissen  Grade  — in  diesen 
Fällen  verantwortlich  zu  machen. 

Ref.  möchte  hieran  einige  Bemerkungen  knüpfen.  Ob  der 
Erysipelstreptococcus  auf  Kartoffeln  kein  Wachstum  zeigt, 
ist  ein  strittiger  Punkt.  Bekanntlich  hatte  sein  Entdecker,  Fehl- 
eisen  selbst,  angegeben,  daß  derselbe  auf  Kartoffeln,  und  zwar  schon 
bei  Zimmertemperatur  wächst.  Demnach  ist  also  Mar ot’s  Annahme 
(p.  16),  daß  v.  Lingelsheim  wohl  der  erste  gewesen  sei,  welcher 
Streptokokken  mit  sichtbarem  Wachstume  auf  Kartoffeln  beschrieben, 
hinfällig.  Was  des  weiteren  den  Wert  des  von  Marot  vorgeschla- 
genen Kartoffelwachstums  der  Streptokokken  für  die  Differential- 
diagnose anlangt,  so  werden  darüber  weitere  Erfahrungen  entscheiden 
müssen.  Ref.  steht  diesem  Beginnen  nach  seinen  eigenen  früheren 
Versuchen  ziemlich  skeptisch  gegenüber.  Zunächst  ist  die  Kartoffel, 
wie  das  neuerdings  wieder  die  Krannhals’schen  Versuche  für 
Choleravibrionen  erwiesen,  doch  ein  recht  difficiler,  mit  Vorsicht  zu 
beurteilender  Nährboden.  Man  kann  sich  ja  nun  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  durch  Alkalisieren  der  Kartoffeln,  wie  das  Krann- 
hals  für  Choleravibrionen  durchführte,  zu  helfen  suchen.  Bei  gleichen 
unveröffentlichten  Versuchen,  die  Ref.  im  Frühjahre  1891  in  Görbers- 
dorf  anstellte,  zeigte  sich  nun,  daß  auf  alkalisierten  Kartoffeln  jetzt 
auch  das  Wachstum  von  Streptokokken  deutlich  sichtbar  wurde,  die 
auf  den  unbehandelten  Kartoffeln  kein  sichtbares  Wachstum  gezeigt 
hatten.  Daß  auf  diesen  das  Wachstum  aber  durchaus  nicht  ganz 
ausgeblieben,  sondern  nur  ähnlich  wie  bei  Typhuskartoffelkulturen 
unsichtbar  geblieben  war,  konnte  Ref.  auf  folgende  Weise  de- 
monstrieren: Die  nicht  alkalisierten,  in  Glo big- Ro u x’schen 
Röhren  sterilisierten  Kartoffeln  wurden  strichförmig  mit  einer  ganz 
frischen  Streptokokkenkultur  (am  besten  Bouillonkultur)  geimpft 
und  bei  37 0 2 Tage  gehalten.  Diese  Röhrchen  wurden  dann  mit 
einem  verdünuteu  Loef fler’schen  Methylenblau  (so  daß  die  Flüssig- 
keit im  Reagenzglase  eben  ziemlich  dunkelblau  durchsichtig  war) 
gefüllt  und  1/2  — 1 — 2 Tage  stehen  gelassen.  Durch  spezifische 
Elektion  zeigte  sich  dann  die  Streptokokkenkultur  nach  Abgießen  der 
Methylenblaulösung  und  vorsichtigem  Spülen  mit  Aqua  destillata 
stärker  gefärbt,  als  die  Kartoffel,  in  zierlichen  charakteristischen, 
dunkelblauen  Figuren  auf  lichter  blauem  Grunde.  Bei  Impfung  mit 
älteren  Kulturen  blieb  das  Wachstum  oft  ganz  aus.  Diese  Figuren 
entsprechen  dem  Bilde  von  Strichkulturen  auf  anderen  Nährböden, 
nur  waren  sie  weniger  üppig.  Bei  der  Untersuchung  zeigten  sie  sich 
aus  mehr  oder  weniger  intensiv  gefärbten  Streptokokken  zusammen- 
gesetzt. Ref.  ist  nach  seinen  eigenen  Versuchen  der  Ansicht,  daß  es 
auch  hier  keine  strengen  Gegensätze  zwischen  sichtbarem  und  nicht 


320 


EiteruDg. 


sichtbarem  Wachstume  giebt,  sondern  vielfache  allmähliche  Ueber- 
gänge,  welche  zum  Teil  von  der  Kartoffelsorte  und  ihrer  Reaktion, 
zum  Teil  aber  wohl  auch  von  der  größeren  oder  geringeren  Wachs- 
tumsenergie der  Streptokokken  selbst  abhängeu  dürften. 

Czaplewski  (Königsberg  i.  Pr.). 

Singer,  Karl,  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Streptokokken - 
Infektion.  [Inaug-Diss.]  8°.  34  p.  Würzburg  1893. 

Ueber  den  W eg,  welchen  die  Streptokokken  machen,  ist  folgen- 
des sicher.  An  der  Injektionsstelle  sind  im  Unterhautzellgewebe 
massenhaft  Bakterien  vorhanden.  Die  Muskulatur  scheint  nur  insofern 
betroffen  zu  werden , als  sie  mechanisch  bei  der  Impfung  irritiert 
wurde,  tiefer  in  sie  hinein  wandern  die  Bakterien  nicht.  Die  Ver- 
mehrung der  eingeimpften  Keime  findet  sehr  rasch  statt,  denn  bereits 
binnen  wenigen  Stunden  hat  sich  unter  der  Haut  ein  Eiterherd  ge- 
bildet, der  nach  Zurückpräparieren  der  Haut  in  seinem  Aussehen  au 
ein  diphtherisches  Geschwür  erinnert  und  dessen  mechanische  Be- 
seitigung (Abwaschen  und  Abreiben  mit  einem  Desinfektionsmittel 
und  W7atte)  die  Streptokokkeninfektion  des  Körpers  nicht  mehr  auf- 
halten kann. 

Vom  primären  Eiterherde  aus  geht  die  Infektion  durch  Weiter- 
wuchern  der  Bakterien  ins  Gewebe  auf  die  Nachbarschaft  und  iu 
entferntere  Bezirke  über.  Die  Hauptverbreitungswege  bilden  die 
Lymphgänge.  In  den  nächstgelegenen  größeren  Lymphknoten  ist 
das  erste  größte  Depot  der  Streptokokken,  welche  die  Drüse  in 
Entzündung  und  Schwellung  versetzen  und  schießlich  der  Koagu- 
lationsnekrose zuführen. 

Die  Entzündung  setzt  sich  in  das  lockere  Bindegewebe,  welches 
den  Anus  und  die  Harn-  und  Geschlechtsorgane  umgiebt,  leichter 
fort,  als  in  das  derbe,  weniger  saftreiche  Gewebe  im  Rücken.  Man 
sieht  längs  der  Wirbelsäule  aufwärts  die  Eiterung  bald  sich  begren- 
zen , während  sie  nach  den  Harn-  und  Geschlechtsorganen  zu  mit- 
unter in  florider  Weise  fortschreitet. 

Die  Leukocyten  haben  an  der  Verschleppung  des  infektiösen 
Materials  einen  großen  Anteil.  Dafür  sprechen  Bakterienplaques, 
wie  sie  in  den  Lymphspalten  des  Gewebes  so  häufig  gefunden  werden, 
und  die  ihren  Ausgang  von  Zellen  nehmen,  welche  an  solchen  Orteu 
liegen  geblieben  sind.  Auch  in  den  Blutgefäßen  begegnet  man  im 
Körper  wandständig  liegenden  Leukocyten,  welche  Träger  von  Strepto- 
kokken sind.  Ara  meisten  aber  sind  die  Bakterienplaques  in  der 
Milz  vorhanden,  wo  ja  eine  Hauptstelle  für  Leukocytenansammlung 
ist.  Abgesehen  von  einer  beträchtlichen  Schwellung  ist  die  Milz  bald 
weniger,  bald  mehr  von  kleineren  und  größeren,  dem  Kernschwunde 
anheim  gefallenen  Bezirken  durchsetzt,  die  als  gelbe  Stellen  sich 
präsentieren  und  von  der  ursprünglichen  braunroten  Farbe  der  Milz 
fast  nichts  mehr  erkennen  lassen. 

Bei  der  Frage,  ob  die  Bakterien  von  den  Zellen  aufgenommen 
und  gefressen  werden  oder  ob  diese  Erscheinung  sich  anders  er- 
klären lasse,  glaubt  Verf.  behaupten  zu  können,  daß  die  Leukocyten 
an  der  ersten  Infektionsstelle  von  den  wachsenden  Streptokokken 
befallen,  wieder  iu  den  Kreislauf,  und  zwar  zunächst  in  die  Lymphwege  ge- 


Paralysis  ascendens  acuta. 


321 


langen,  von  hier  aus  nach  den  verschiedenen  Organen,  am  meisten  in  die 
benachbarten  verschleppt  werden,  wo  sie  an  irgend  einer  Stelle  liegen 
bleiben,  den  an  ihnen  haftenden  Bakterien  als  Nährsubstrat  dienen 
und  so  zu  einer  weiteren  Infektion  des  Gewebes  Veranlassung  geben. 
Die  weiter  in  den  Körper  hineingeführten  bakterienhaltigen  Leuko- 
cyten  gelangen  in  der  Folge  in  das  Blut  und  sind  dann  im  ganzen 
Gefäßsysteme  meist  wandständig  gelagert.  Im  allgemeinen  nimmt 
mit  der  Entfernung  von  der  Impfstelle  die  Massenhaftigkeit  der 
Bakterien  ab,  so  daß  man  von  keinem  Organe  sprechen  kann,  in  wel- 
chem sich  die  Bakterien  mit  Vorliebe  ansiedelten.  Auch  das  starke 
Befallensein  der  Milz  rührt  nicht  primär  von  den  Bakterien  her, 
sondern  von  der  Eigenschaft  der  Milz  als  Blut  bildendes  Organ,  in 
welchem  die  bakterienhaltigen  Leukocyten  in  größter  Menge  deponiert 
werden. 

Ob  und  wie  sich  die  Ausscheidung  der  Streptokokken  aus  dem 
Mäusekörper  vollzieht,  darüber  vermochte  Singer  keine  positiven 
Anhaltspunkte  zu  gewinnen,  wenn  sich  auch  der  Harn  als  strepto- 
kokkenhaltig erwies.  Verf.  nimmt  einen  Durchtritt  der  Bakterien 
nach  Zerreißung  der  Blutgefäße  und  Verletzung  der  normalen  Scheide- 
wände nach  den  Nieren  an  und  hält  eine  Ausscheidung  der  Bakte- 
rien durch  die  Blutgefäße  nur  auf  indirektem  Wege  für  möglich, 
wenn  nämlich  die  Gefäßwand  selbst  erkrankt  und  ihre  Widerstands- 
fähigkeit hinfällig  geworden  ist.  Durch  die  Magen-  und  Darmdrüsen 
wurde  kein  Uebertritt  der  Bakterien  in  das  Lumen  dieser  Orgaue 
beobachtet,  ebensowenig  war  in  der  Lunge  eine  Auswanderung  von 
Bakterien  oder  eine  Ausschwitzung  von  Zellen  in  die  Alveolen  wahr- 
zunehmen. E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Albu,  A.,  Zur  Aetiologie  der  Paralysis  ascendens  acuta, 
nebst  Bemerkungen  zur  Theorie  der  infektiösen  Er- 
krankungen des  Centralnervensystems.  (Zeitschrift  f. 
klin.  Medizin.  Bd.  XXIII.  1893.  Heft  5 u 6.  p.  385  ff.) 

A.  hatte  Gelegenheit,  einen  Fall  von  Landry’scher  Paralyse, 
sowie  auch  dessen  Obduktion  zu  beobachten.  Blut,  Milz,  Rücken- 
mark wurden  postmortal  auf  Bakterien  untersucht  durch  Aussaaten 
auf  Glycerinagar.  Außerdem  wurden  frische  Zupf-  und  Quetsch- 
präparate des  Rückenmarks  mit  Fuchsin  und  Loeffler’s  Kali- 
methylenblau gefärbt.  Das  Resultat  war  absolut  negativ,  ebensowenig 
erfolgreich  waren  nach  Gram  und  nach  Sahli  gefärbte  Schnitte. 

Verf.  neigt  nun  der  Ansicht  zu,  daß  es  sich  bei  besagter  Krank- 
heit um  eine  Intoxikation  durch  Bakteriengifte  handelt,  ähnlich,  wie 
diese  Thatsache  bereits  für  Tetanus  feststeht.  Es  wird  daher  in 
Vorschlag  gebracht,  bei  künftigen  Fällen  Blut,  Harn,  Schweiß  sowie 
frisch  entnommenes  Rückenmark  auf  seine  event.  toxischen  Eigen- 
schaften hin  am  Tiere  zu  prüfen.  Diese  Toxine  werden  gedacht  als 
chemisch  wirkend,  und  zwar  entweder  reizend  oder  lähmend  auf  das 
vasomotorische  Centrum.  Hierdurch  werden  dann  die  Symptome  aus- 
gelöst, welche  wir  intra  vitam  zu  sehen  gewohnt  sind.  Würde  es 
sich  um  eine  Infektion  handeln,  so  müßten  doch,  wie  bei  jeder 
anderen  infektiösen  Erkrankung,  anatomische  Veränderungen  in  den 


322 


Pneumaturie. 


erkrankten  Organen  nachweisbar  sein.  Ob  sich  diese  Anschauungen 
des  Verf.’s  bewahrheiten  werden,  bleibt  abzuwarten,  jedenfalls  müssen 
aber  Versuche  in  besagter  Richtung  angestellt  werden,  um  auf  diesem 
Wege  der  Aetiologie  dieser  und  ähnlicher,  noch  völlig  dunkler  Nerven- 
krankheiten auf  die  Spur  zu  kommen.  0.  Voges  (Danzig). 

Heyse,  Ueber  Pneumaturie,  hervorgerufen  durch  Bacte- 
rium  lactis  aerogenes,  und  über  pathologische  Gas- 
bildung im  tierischen  Organismus.  (Zeitschrift  f.  klin. 
Medizin.  Bd.  XXIV.  Heft  1 u.  2.  p.  130  ff.) 

In  einer  breit  angelegten  Arbeit  bespricht  Verf.  zunächst  die 
Geschichte  der  Pneumaturie  und  die  Befunde  gasbildender  Bakterien 
im  Harne  und  den  Harnorganen.  Veranlassung  zu  diesen  Unter- 
suchungen bot  sich  durch  einen  Fall  von  Pneumaturie  dar,  welche 
auf  der  I.  med.  Klinik  in  Berlin  als  Komplikation  einer  Rücken- 
markserkrankung beobachtet  wurde.  Die  Krankengeschichte  wird, 
soweit  sie  sich  auf  das  Blasenleiden  bezieht,  ausführlich  mitgeteilt. 
Es  konnte  als  die  Ursache  der  Gasansammlung  in  der  Blase  ein 
Bacillus  isoliert  werden,  dessen  morphologische  und  biologische 
Eigenschaften  mitgeteilt  sind,  der  sich  alsBacterium  aerogenes 
lactis  Escherich  präsentierte.  Es  ließ  sich  feststellen,  daß  derselbe 
infolge  des  reichlichen  Milchgenusses  in  den  Darm  und  von  hier  aus 
in  die  Vagina  und  von  letzterer  durch  Katheterismus  in  die  Harn- 
wege gelangt  war.  Das  von  diesem  Bakterium  produzierte  Gas  wurde 
einer  genauen  Analyse  (z.  T.  von  Zuntz  ausgeführt)  unterworfen,  es 
bestand  aus  50,8  Proz.  C02  und  49,2  Proz.  H in  Bouillonröhrchen. 
Um  zu  erforschen,  woher  das  Gas  stamme,  ob  aus  Zucker  oder  aus 
Eiweiß  oder  einem  Abkömmling  des  letzteren,  wurden  zahlreiche 
Versuche  angestellt.  Dabei  mußte  jedoch  die  Frage,  wie  in  dem 
zuckerfreien  Urin  der  Patientin  das  Gas  entstanden  sei,  ungelöst 
bleiben,  denn  in  zuckerfreiem  Urin  bildete  sich  kein  Gas.  H.  ist 
geneigt,  anzunehmen,  daß  der  dem  Urin  beigemengte  Blutgehalt  viel- 
leicht die  Gasbildung  habe  eintreten  lassen.  Es  wurde  dann  unter- 
sucht, ob  der  Bacillus  in  tierischen  Gewebsflüssigkeiten  Gas  bilden 
könne. 

Es  stellte  sich  heraus , daß  in  nach  H u e p p e angelegten 
Eikulturen  Gasbildung  statthatte,  ebenso  entwickelte  sich  bei  Fröschen, 
welche  bei  35°  gehalten  wurden,  so  ungeheuer  viel  Gas,  daß  sie 
erstickten,  dick  aufgeblasen  waren  und  tot  auf  dem  Wasser  schwammen. 

Auch  bei  Warmblütern  kam  es  zur  Gasentwickelung,  unter 
anderen  konnte  durch  Injektion  der  Bacillenemulsion  in  die  Knie- 
gelenkshöhle eine  Gasbildung  beobachtet  werden.  Injektion  in  die 
Blase  war  erfolglos,  trotzdem  der  Inhalt  alkalisiert  war.  Impfung  in 
die  Bauchhöhle  bewirkte  eiterige  Peritonitis,  die  in  die  Pleura 
erzeugte  einen  Pyopneumothorax.  Von  zwei  Fütterungsversuchen  war 
der  eine  erfolgreich,  da  das  Kaninchen  einging,  ohne  jedoch  irgendwo 
Gasbildung  zu  zeigen,  während  der  Bacillus  wieder  gezüchtet 
werden  konnte. 

Im  Anschlüsse  an  diesen  Fall  werden  noch  die  bisherigen  Be- 
obachtungen über  pathologische  Gasbildung  im  Körper  besprochen. 


Skorbut. 


323 


Den  hier  gesammelten  Beobachtungen  kann  Ref.  noch  einige  in 
der  Werth’schen  Klinik  in  Kiel  gemachte  und  von  Härting  in 
seiner  Dissertation  beschriebene  „Beiträge  zur  Kasuistik  und  Aetiologie 
des  Auftretens  von  Gasgehalt  in  cystischen  Geschwülsten  der  Unter- 
bauchgegend“ anreihen.  Meist  ließ  sich  eine  Kommunikation  der  Cyste 
mit  der  Darmwand  nachweisen.  ln  einem  dieser  Fälle  konnte  Ref. 
in  einer  parametranen  Cyste  eine  Reinkultur  von  Bacterium  coli 
commune  Escherich  nachweisen  und  wurde  angenommen,  daß  dieses, 
welches  wahrscheinlich  im  Anschlüsse  an  ein  Puerperium  die  Er- 
scheinungen gemacht,  auch  die  Gasbildung  verursacht  haben  mußte. 

0.  Voges  (Danzig). 

Bornträger,  J.,  Skorbut  auf  Schiffen.  (Vierteljahrsschrift  für 
gerichtliche  Medizin  und  öffentliches  Sanitätswesen.  Bd.  VI.  H.  4 
und  Supplement.) 

Verf.,  dessen  Schriften  durch  eine  glänzende  Darstellungsgabe 
schon  an  sich  sehr  lesenswert  sind,  bespricht  in  diesem  Aufsatze  den 
Skorbut.  Es  hat  mit  großem  Fleiße  und  vieler  Mühe  aus  allen  Ecken 
und  Winkeln  Beiträge  zu  den  vorliegenden  Fragen  herbeigetragen, 
erörtert  das  Für  und  Wider  der  einzelnen  Arbeiten  und  kommt  am 
Schlüsse  zu  folgenden  Ergebnissen: 

1)  Wenn  auch  1795,  wo  Großbritannien  sich  zum  erstenmal  der 
Gesundheit  seiner  Kriegsmarine  annahm,  die  Grenze  zwischen  skor- 
butischer  und  antiskorbutischer  Zeit  bezeichnet,  so  kommt  doch  auch 
in  der  Gegenwart  Skorbut  in  beachtenswerter  Weise  noch  auf 
Schiffen  vor. 

2)  Man  muß  den  Skorbut  nicht  als  eine  Konstitutionsanomalie 
auffassen,  sondern  als  eine  bakterielle  Erkrankung,  wobei  die  Keime 
stets  oder  meist  durch  den  Darm  in  den  menschlichen  Körper  ge- 
langen. [Babes  fand  allerdings  kürzlich,  daß  ein  Skorbut- 
bacillus vom  Zahnfleische  aus  wirksam  ist.  Ref.] 

3)  Lange  Verpflegung  mit  der  gleichförmigen,  schwer  verdaulichen, 
aus  konservierten  Nahrungsmitteln  bestehenden  Seemannskost,  sowie 
Genuß  verdorbener  Nahrung  und  verdorbenen  Trinkwassers  begünstigen 
oder  bewirken  ganz  besonders  die  Entstehung  des  Skorbuts,  sei  es, 
daß  durch  sie  spezifische  Skorbutkeime  eingeführt  werden  — so 
beobachtete  Verf.  bei  einem  Falle  von  Skorbut  Kokken,  ohne  aber 
diese  nun  schlechthin  als  Krankheitserreger  dieser  Krankheit  hin- 
stellen zu  wollen  — sei  es,  daß  durch  die  Atonie  oder  sonstige  Ver- 
änderung des  Darmes  die  Aufnahme  von  Fäulniskeimen  ins  Blut  ge- 
stattet wird,  welche  in  der  Norm  mit  dem  Unrate  abgehen,  oder  daß 
sonst  abnorme  Fäulnis  im  Darme  stattfindet  (Darmfäulnis)  — einer 
Meinung,  der  sich  auch  Brieger  anschließt. 

4)  Wie  weit  hygienische  Mißstände  anderer  Art  begünstigend 
auf  die  Entstehung  des  Skorbutes  einwirken,  ist  nicht  klar  festge- 
stellt. 

5)  In  Bezug  auf  die  Prophylaxe  des  Scorbutes  auf  Schiffen 
sind  zwei  Punkte  besonders  wichtig:  einmal  Verbesserung  der  Ver- 
pflegung, welche  noch  in  mancher  Weise  erreichbar  ist,  und  giebt 
gerade  hierfür  Verf.  eine  ganze  Reihe  praktischer  und  brauchbarer 


324 


Kahlköpfigkeit.  — Dermatitis. 


Vorschläge  an,  dann  Berücksichtigung  der  bakteriellen  Natur  der 
Krankheit  durch  richtiges  Verhalten  in  skorbutverseuchten  Häfen 
bezüglich  des  Wassers  und  der  Nahrungsmittel,  durch  Desinfektion 
der  Bilge  und  Aborte  und  durch  allgemeine,  auf  die  Verhütung  der 
Bakterieninvasion  gerichtete  Maßnahmen.  — Letztere  Bemühungen 
würden  wohl  weniger  aussichtsvoll  sein , wenn  es  sich  bewahrheiten 
sollte,  daß  der  B ab  es’ sehe  Organismus  der  Erreger  des  Skorbutes 
sei  und  dieser  schon  in  der  Mundhöhle  Gesunder  sich  findet,  wobei 
ihm  nur  erst  durch  die  ungünstigen  hygienischen  Verhältnisse  Ge- 
legenheit gegeben  würde,  seine  ganze  verderbliche  Thätigkeit  zu  ent- 
falten. 0.  Voges  (Danzig). 

Glaenz,  Emil,  Ueber  die  Kahlköpfigkeit  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  frühzeitigen,  idiopathischen 
Form.  [Inaug-Diss.]  8°.  36  p.  Freiburg  i.  B.  1893. 

Verf.  führt  zunächst  die  verschiedenen  Theorieen  für  die  Ent- 
stehung der  Kahlköpfigkeit  an  und  stellt  als  neue  auf,  daß  selbst 
Störungen,  welche  auf  den  Gesamtorgauismus  nicht  einmal  zum  Aus- 
druck kommen,  eine  schädliche  Beeinträchtigung  der  Haarpapillen 
hervorrufen  können;  namentlich  psychische  Alterationen  wie  geistige 
Ueberanstrengung  sollen  diese  Wirkung  hervorbringen.  Die 
dann  vielfach  augewaudten  Maßregeln  haben  dann  jedenfalls  den 
Erfolg,  statt  haarerzeugend  enthaarend  zu  wirken  und  bereiten  das 
Feld  für  allerhand  noch  nicht  klassifizierte  und  anonyme  Bakterien, 
welche  das  begonnene  Werk  dann  fortsetzen  mögen,  unterstützt  durch 
vielfach  verorduete  Waschungen  mit  kaltem  Wasser,  die  den  Kopf- 
haarpapillen nur  äußerst  nachteilig  sein  können. 

Daß  Männer,  die  über  einigermaßen  stärkere  Körper-  und  be- 
sonders aber  Bartbehaarung  verfügen,  das  weitaus  größte  Kontingent 
zu  den  Kahlköpfigen  stellen,  ist  allgemein  bekannt  und  hat  mit  des 
Verf.’s  „neuer“  Theorie  gar  nichts  zu  thun.  Wenn  auch  örtlich  ge- 
steigerte Ernährung  übermäßiges  Sprießen  von  Haaren  veranlassen 
kann,  so  fehlt  doch  der  logische  Zusammenhang,  warum  das  Barthaar 
bei  diesen  Männern  stärker  ernährt  wird,  wie  das  Kopfhaar,  da  das 
letztere  doch  das  früher  bestehende  ist.  Anders  klingt  das  Heran- 
ziehen der  Neger  mit  dichterem  und  standhaftigerem  Haupthaar- 
wuchse  und  geringerer  sonstiger  Körperbehaarung. 

Der  namentlich  von  Lassar  verfochtenen  Meinung,  die  Kahl- 
köpfigkeit beruhe  auf  einem  lokalinfektiösen  und  übertragbaren  Leiden, 
will  Pionski  nicht  beistimmen,  obwohl  es  z.  B.  gelungen  ist,  durch 
Uebertragung  der  Haarabfälle  von  Kahlköpfigen  bei  zahlreichen 
Tieren  und  bei  einem  jungen  Manne  ausgebreitete  Kahlheit  innerhalb 
weniger  Wochen  zu  erzeugen.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Russell,  The  bacteriology  of  epidemic  exfoliative  der- 
ma titis.  (British  Journal  of  Dermatology.  1892.  No.  42  und 
Hersley-Boyce,  The  report  of  the  department  of  Pathology  of 
University  College  London.) 

R.  konnte  in  einer  Reihe  von  Fällen  von  epidemischer  exfoliativer 


Dermatitis.  — Prostatitis. 


325 


Dermatitis  sowohl  mikroskopisch  als  durch  Kultur  einen  Mikro- 
organismus nachweisen,  den  er  wegen  der  Konstanz  seines  Vorkom- 
mens für  den  wahrscheinlichen  Erreger  der  Krankheit  hält.  Es 
handelte  sich  um  einen  Diplococcus  von  runder  oder  elliptischer 
Gestalt,  ohne  Kapsel,  der  in  seinen  Größenverhältnissen  ungefähr 
dem  Friedländer’schen  entsprach,  sich  jedoch  nach  Gram  nicht 
färbte.  Derselbe  fand  sich  in  allen  Schnitten  der  erkrankten  Haut 
sowie  in  den  Kulturen,  die  durch  Abimpfung  von  der  Unterfläche  der 
abgehobenen  Epidermisteile  gewonnen  wurden.  In  einem  tötlich  ver- 
laufenen Falle  konnte  er  aus  dem  Herzblute  gezüchtet  werden.  Der- 
selbe wuchs  auf  den  verschiedensten  Nährböden;  am  besten  bei  20 — 
25°  C und  bei  reichlichem  Sauerstoffzutritte.  Gelatine  wurde  nicht 
verflüssigt.  In  der  Gelatinestichkultur  wuchs  er  entlang  dem  Stiche 
in  kleinen,  weißen  Kolonieen,  ähnlich  wie  der  Erysipelcoccus; 
auf  der  Oberfläche  bildet  sich  schnell  ein  weißbläuliches  Häutchen. 
Auf  der  Kartoffel  entfaltete  er  ein  sehr  üppiges  Wachstum  und  bil- 
dete einen  gelben,  dicken  Ueberzug.  Bei  der  Ueberimpfung  auf  Tiere 
erwies  er  sich  in  zahlreichen  Experimenten  als  völlig  unschädlich, 
außer  in  einem  Falle,  wo  er  bei  einem  Kaninchen  eine  Septikämie 
erzeugte  und  sich  aus  dem  Blute  wieder  züchten  ließ. 

W.  Petersen  (Zürich). 

t.  Sehlen,  Zur  Diagnostik  und  Therapie  der  Prostatitis 
chronica.  (Internat.  Centralbl.  f.  Physiol.  u.  Pathol.  der  Harn- 
und  Sexualorgane.  1893.  Heft  6 — 8.) 

Eiterige  Prostatitiden  gehen  in  der  großen  Mehrzahl  der  Fälle 
in  direkter  Fortleitung  aus  gonorrhoischen  Entzündungen  bezw.  aus 
Mischinfektionen  der  hinteren  Harnröhre  hervor.  Obwohl  Zahlen, 
welche  über  die  Häufigkeit  einer  gonorrhoischen  Prostataerkrankung 
Aufschluß  geben,  bisher  nicht  existieren,  so  ist  doch  kein  Zweifel 
darüber,  daß  die  Prostata  bei  chronischer  Gonorrhöe  ein  beliebter 
Schlupfwinkel  für  die  Gonokokken  ist  und  daher  bei  der  Behandlung 
der  Erkrankung  berücksichtigt  werden  muß.  Als  diagnostisches 
Hilfsmittel  für  die  Mitbeteiligung  der  Prostata  an  der  Gonorrhöe  und 
überhaupt  für  die  Erkrankung  derselben  empfiehlt  v.  Sehlen  nuu 
die  von  ihm  angewendete  Methode  der  3-Gläserprobe. 

Der  Patient  muß  zunächst  einen  Teil  seines  Blaseninhaltes  in 
2 Gläser  entleeren,  dann  wird  die  Prostata  vom  Rectum  aus  massiert, 
und  dann  uriniert  der  Kranke  in  ein  drittes  Glas.  Die  dritte  Urinportion 
enthält  dann  das  Prostatasekret,  aus  dessen  makroskopischem  und 
mikroskopischem  Aussehen  die  Diagnose  der  vorliegenden  Prostata- 
erkrankung gestellt  werden  kann.  Bei  gleichzeitig  bestehender 
Blasenerkrankung  muß  vor  der  Massage  der  Prostata  eine  Ausspülung 
der  Pars  anterior  und  posterior  und  der  Blase  erfolgen  — ein  Ver- 
fahren, welches  in  der  Breslauer  dermatologischen  Klinik  in  den 
meisten  Fällen  von  Prostatauntersuchung  geübt  wird. 

Ist  man  verhindert,  die  mikroskopische  Untersuchung  sofort  vor- 
zunehmen, so  empfiehlt  der  Verf.  den  Zusatz  einer  Bor-Boraxlösung, 
die  10  Proz.  Borsäure  enthält,  zu  dem  Urin  zu  gleichen  Teilen ; der- 

XV.  Bd.  2 1 


326 


Tierische  Parasiten. 


selbe  genügt,  um  die  Urinproben  auf  Wochen  und  Monate  vor  jeder 
Zersetzung  zu  schützen. 

Der  übrige  Teil  der  Arbeit  beschäftigt  sich  mit  der  Therapie. 
Bei  dieser  Gelegenheit  betont  der  Verf.  die  unbedingte  Notwendigkeit 
der  Asepsis  der  in  die  Blase  einzuführenden  Instrumente  und  der  Anti- 
sepsis bei  ihrer  Einführung  und  empfiehlt  die  Verabreichung  von 
Salol  per  os,  um  einen  antiseptischen,  salicylhaltigen  Urin  zu  erzielen, 
in  dem  ev.  mitgeschleppte  Keime  nicht  aufkommen  und  sich  nicht 
vermehren  können.  Lasch  (Breslau). 

Heisig,  Oswald,  Beitrag  zur  Statistik  menschlicher 
Entozoen.  [Inaug.-Diss.]  8°.  26  p.  Greifswald  1893. 

Heisig’s  Untersuchungen  erstrecken  sich  auf  230  lebende 
Personen  aus  Greifswald  und  Umgegend  ohne  Unterschied  des  Alters, 
meist  aber  den  niederen  Ständen  angehörend ; die  Dejektionen  wurden 
auf  die  Eier  der  Parasiten  mittelst  des  Mikroskopes  untersucht  und 
von  dem  Vorkommen  solcher  auf  die  Anwesenheit  der  zugehörigen 
Tiere  im  Darme  der  betreffenden  Individuen  geschlossen.  Von  jedem 
Falle  wurden  3 — 4 Präparate  angefertigt,  welche  in  der  Mehrzahl 
dasselbe  Resultat  ergaben. 

Von  Wurmeiern  wurden  die  des  Trichocephalus  dispar, 
des  Ascaris  lumbricoides  und  je  einmal  die  von  Taenia 
solium  und  T.  saginata  angetroffen. 

Oxyuriseier  wurden  gar  nicht  beobachtet. 

Der  weitaus  häufigste  der  hier  in  Betracht  kommenden  Rund- 
würmer ist  der  Trichocephalus  dispar,  104mal  gefunden. 

Bei  Kindern  treten  die  Helminthen  häufiger  auf,  als  bei  Er- 
wachsenen, am  häufigsten  bei  Kindern  von  5—10—15  Jahren. 

Während  der  Trichocephalus  sich  bei  allen  Altersstufen 
vorfand,  wurde  der  Ascaris  lumbricoides  ausschließlich  bei 
jugendlichen  Individuen  konstatiert,  nämlich  34mal. 

Kinder  unter  1 Jahre  waren  sämtlich  helminthenfrei. 

Meist  waren  alle  Kinder  einer  Familie  mit  Ausnahme  der  bis  zu 
1 Jahre  alten  im  Besitze  von  Helminthen. 

Beide  Bandwurmarten  bewohnen  nicht  selten  gleichzeitig  den- 
selben Darm:  26  Fälle  = 22,8  Proz.  der  Untersuchten. 

Dem  weiblichen  Geschlechte  ist  von  seiten  der  Schmarotzer  dem 
männlichen  gegenüber  kein  besonderer  Vorzug  gegeben. 

Unter  den  230  Individuen  waren  119  oder  49,5  Proz.  Parasiten- 
wirte, 129  männlichen  Geschlechts  60  = 46,0  Proz.,  von  101  weib- 
lichen Individuen  54  = 53,4  Proz. 

Die  Häufigkeit  der  Helminthen  verteilt  sich  folgendermaßen: 


Untersucht 

Parasitenwirte 

— 1 Jahr 

6 

0 = 0 Proz. 

1—  5 „ 

53 

14  = 28,3  „ 

5—10  „ 

59 

47  = 79,6  „ 

10—16 

44 

34  = 77,2  „ 

15  — 30  ,. 

17 

7 = 41,5  ,, 

30—50  ,. 

28 

9 = 32,1  „ 

50—80  ., 

23 

3 = 13,0  ,. 

Tierische  Parasiten. 


327 


Trichocephalus  dispar  fand  sich: 

Ascaris 


— 1 Jahr 
1—  5 „ 

5-10  „ 

10—15  „ 

15—30  „ 

30—50  „ 

50—80  „ 


Untersucht 

6 

53 

59 

44 

17 

28 

23 


Parasitenwirte 
0 = 0 Proz. 
14  = 28,3  „ 
41  = 69,4  „ 
34  = 77,2  „ 

4 = 23,5  „ 

8 = 28,5  „ 

3 = 14,0  „ 


lumbricoides 
Parasit 
0 = 0 Proz 
4 = 7,5  „ 
10  = 32,2  „ 

9 = 20,4  „ 

2 = 11,7  „ 
0=0  „ 
0=0  „ 


Daß  die  Untersuchung  der  Faeces  kein  Oxyurisei  kenntlich 
werden  ließ,  steht  in  Uebereinstimmung  mit  den  Beobachtungen  von 
Leichten stern,  der  als  Autorität  den  Satz  aufstellt:  Die  mikro- 
skopische Untersuchung  der  Faeces  hat  für  die  Diagnose  der  Oxyu- 
riasis so  gut  wie  keine  Bedeutung,  da  sie,  solange  sie  im  Darm- 
kanale  verweilen  und  leben,  dort  keine  Eier  legen,  wohin  bereits 
Wunderlich  vor  40  Jahren  gelangt  war. 

Als  Ursache  der  häufigeren  Erkrankung  der  Kinder  will  Heisig 
allein  die  Unreinlichkeit  angesehen  wissen. 

Für  T richoceph alus  dispar  wie  Ascaris  lumbricoides 
lauten  die  statistischen  Ergebnisse  anderer  Beobachter  für  Ascaris 
ungefähr  gleich , während  für  den  ersteren  Parasiten  erheblich 
niedriger.  Als  Grund  macht  Heisig  in  dieser  Hinsicht  darauf 
aufmerksam,  daß  ein  Spulwurm  wegen  seiner  Größe  nicht  so  leicht 
übersehen  wird,  während  die  Kleinheit  des  Peitschenwurmes  ein  Ent- 
gehen unschwer  gestattet.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


Chiari,  H.,  Ueber  einen  in  Prag  sezierten  Fall  von  An- 
cylostomiasis  bei  einem  Kruneger.  (Prag.  med.  Wochen- 
schrift. 1893.  No.  44.) 

Ein  15  Jahre  alter  Kruneger,  der  im  März  1892  nach  Hamburg 
gekommen  war  und  schließlich  in  Prag  eine  Stellung  als  Diener  ge- 
funden hatte,  erkrankte  im  März  1893  an  Lungentuberkulose  und 
Pericarditis;  bei  der  Untersuchung  der  Faeces  wurden  Eier  von 
Ancylostoma  duodenale  gefunden.  Der  Patient  starb  am 
5.  April  d.  J.  und  die  am  6.  vorgenommene  Sektion,  über  welche  ein 
sehr  ausführliches  Protokoll  veröffentlicht  wird,  bestätigte  die  klinische 
Diagnose  in  allen  Stücken.  Im  Jejunum  fanden  sich  18  vollkommen 
ausgebildete  Exemplare  von  Ancylostoma  duodenale,  teils 
Weibchen,  teils  Männchen;  ihr  Darm  war  mit  Blut  erfüllt,  wodurch 
die  Würmer  rot  erschienen ; in  erwärmter  Kochsalzlösung  zeigten  die 
Parasiten  lebhafte  Eigenbewegung.  Die  Mucosa  des  Jejunum  war 
hier  und  da  mit  einzelnen,  halbkugelig  vorspringenden,  wie  miliare 
Blutaustritte  sich  darstellenden  Knötchen  versehen,  in  deren  Mitte 
des  öfteren  eine  punktförmige  Vertiefung  wahrzunehmen  ist.  Die 
Zahl  der  Knötchen  übertrifft  die  Zahl  der  gefundenen  Ankylostomen 
um  das  Mehrfache;  im  Darmschleime  Eier  von  Ancylostoma. 

Aus  den  im  Originale  mitgeteilten  Umständen  dürfte  es  keinem 
Zweifel  unterliegen,  daß  die  Infektion  nicht  in  Europa,  sondern  in 

21* 


328 


Tierische  Parasiten. 


der  Heimat  des  Negers  (Republik  Liberia)  stattgefunden  hat,  von 
wo  Ancylostoma  bisher  noch  nicht  konstatiert  ist. 

Die  oben  erwähnten  Knötchen  des  Jejunums  zeigten  auf  Schnitten 
eine  die  Mucosa  perforierende  Oeffnung,  die  sich  nach  innen  in  einen 
unregelmäßig  begrenzten  Kanal  fortsetzte.  Das  diesen  Kanal  be- 
grenzende Gewebe  der  Mucosa  zeigte  nur  geringe  leukocytäre  In- 
filtration, dagegen  fand  sich  im  Bereiche  der  Submucosa  neben  sehr 
starker  Füllung  der  Blutgefäße  hochgradige  Infiltration  mit  Leuko- 
cyten  und  Infiltration  mit  roten  Blutkörperchen  um  den  Wundkanal. 
In  der  unmittelbaren  Umgebung  des  letzteren  überwog  die  leuko- 
cytäre Infiltration,  nach  außen  die  mit  roten  Blutkörperchen.  Als 
Folge  der  Infiltration  ist  das  Prominieren  der  Bißstellen  zu  be- 
trachten. M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Schmidt,  Ferdinand,  Ueber  Echinococcus  im  weiblichen 
Becken.  Im  Anschlüsse  an  einen  in  der  hiesigen 
gynäkologischen  Klinik  beobachteten  Fall.  [Inaug.- 
Diss.]  8°.  33  p.  Halle  a.  S.  1893. 

Selbst  einem  Neißer  sind  Irrtümer  bei  den  Aufzählungen  von 
Echinococcus erkrankungen  passiert,  so  daß  die  Meier-Sontag- 
sche  Liste  nunmehr  nur  sicher  nachgewiesene  Fälle  enthält,  welche 
sich  folgendermaßen  gruppieren: 

1)  Echinococcus  des  Beckenbindegewebes  47  Fälle 

2)  „ des  Uterus,  der  Blase,  der  Becken- 

knochen 6 „ 

3)  „ der  Bauchdecke,  des  Netzes,  der 

Leber,  Nieren,  Milz  14  „ 

4)  Echinococcus  als  Geburtshindernis  13  „ 

Diese  Statistik  wird  nun  durch  Schmidt  um  einen  Fall  be- 
reichert, dessen  ausführliche  Krankengeschichte  angegeben  ist  und 
Verf.  Gelegenheit  giebt,  das  Bekannte  zusammenzustellen.  Danach 
scheint  der  Schafereichtum  eines  Landes  bestimmend  zu  sein,  inso- 
fern den  Hunden  auf  den  Weideplätzen  eine  immerwährende  Gelegen- 
heit gegeben  ist,  sich  mit  Echinococcus  blasen  dieser  Tiere  zu 
infizieren,  während  wiederum  die  Schafe  Gelegenheit  haben,  die  im 
Hundekote  entleerten  Tänien  sich  einzuverleiben.  Daher  die  große 
Häufigkeit  der  Echinokokkenkrankheiten  in  Island,  Australien,  Mecklen- 
burg, Pommern  und  Schlesien.  Dabei  scheint  das  weibliche  Ge- 
schlecht von  den  Schmarotzern  bevorzugt  zu  werden,  wie  denn  die 
Fälle  multipler  Echinokokken  fast  ausnahmslos  dieses  betreffen.  Ob 
nun  der  Embryo  mittelst  seines  Haarkranzes  sich  aktiv  durch  die 
Darmwandung  hindurchbohrt,  in  die  Blut-  und  Lymphgefäße  so  ge- 
langt und  von  da  aus  in  die  Organe  passiv  weggeschwemmt  wird 
oder  durch  kleine  Lumina  des  Darmes  passiv  hindurchgelange,  steht 
noch  nicht  fest.  Sicher  ist  wiederum,  daß  das  Ovarium  das  einzige 
Beckenorgan  ist,  in  dem  eine  primäre  Echinokokkenentwickelung 
bisher  noch  nicht  erwiesen  ist.  Leicht  ergeben  sich  Verwechselungen 
zwischen  einem  Ovarialtumor,  Echinococcus  und  anderen  Krank- 
heiten oder  Extrauterinschwangerschaft,  was  Verf.  veranlaßte,  folgende 
Sätze  aufzustellen: 


Tierische  Parasiten.  — Pflanzenkrankheiten. 


329 


1)  Man  darf  in  der  Beckenhöhle  einen  Echinococcus  ver- 
muten, wenn  man  in  derselben  einen  oder  mehrere  glatte,  prall 
elastische,  wenig  verschiebbare,  auf  Druck  nicht  schmerzhafte  Tumoren 
findet,  neben  denen  man  die  Ovarien  gesondert  nachzuweisen  vermag, 
und  wenn  sich  diese  Tumoren  langsam  und  allmählich  ohne  Fieber 
und  charakteristische  Schmerzen  entwickeln  und  trotz  ihrer  relativen 
Größe  nicht  zur  Kachexie  geführt  haben. 

2)  Wahrscheinlieh  ist  dieser  Tumor  ein  Echinococcus,  wenn 
er  zwischen  Uterus  und  Rectum  liegt,  wenn  dabei  die  geschlecht- 
lichen Funktionen  wenig  oder  gar  nicht  gestört  sind,  wenn  in  anderen 
Organen,  wo  erfahrungsmäßig  Echinokokken  häufig  sind,  sich  gleiche 
Tumoren  finden,  wenn  die  Patientin  bereits  früher  an  Echino- 
coccus gelitten  hat  und  wenn  ein  intimer  Umgang  mit  Hunden 
zugestanden  wird. 

3)  Zur  Gewißheit  wird  die  Vermutung,  wenn  es  gelingt,  deut- 
liches Hydatidenzittern  zu  finden. 

4)  Eine  definitive  Entscheidung  kann  nur  eine  durch  Spontan- 
durchbruch nach  außen  oder  durch  die  Punktion  gewonnene  Flüssig- 
keit, weiche  die  charakteristischen  Bestandteile  aufweist,  herbeiführen. 

jE.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Cattle  und  Miliar,  On  certain  gregarinidae  and  the 
possible  connexion  of  allied  forms  with  tissue- 
changes  (cancer)  in  man.  (The  Lancet.  1893.  18. Nov.  p.  1236.) 

Die  Verff.  beobachteten  bei  verschiedenen  Sporozoen  die  Ver- 
mehrungsvorgänge in  Schnitten,  welche  in  Wasser  eingelegt  waren. 
In  Schnitten,  welche  aus  Krebsgewebe  entnommen  waren,  gelang  ein 
solcher  Nachweis  nicht.  Trotzdem  glauben  die  Verff.  die  meisten  der 
Zelleinschlüsse  des  Carcinoms  als  Sporozoen  ansehen  zu  müssen.  Im 
Gegensätze  zu  anderen  Beobachtern  fanden  sie  dieselben  besonders 
reichlich  an  den  Stellen  des  stärksten  Wachstums;  es  zeigten  die 
„Sporozoen“  nach  ihren  Untersuchungen  einen  unverkennbaren  Ein- 
fluß auf  die  Zellvermehrung.  Ferner  fanden  sie  verschiedentlich  Ein- 
schlüsse, deren  Kern  sich  von  außen  nach  innen  teilte  und  sich  in 
eine  Gruppe  stark  lichtbrechender  Körner  umwandelte;  noch  ehe 
dieser  Teilungsvorgang  ganz  zum  Abschlüsse  gelangt  war,  wanderten 
einzelne  Körner  (Sporen?)  durch  das  Protoplasma  und  durch  die 
Kapsel  in  die  Umgebung  der  Zelle  aus,  wo  ein  weiteres  Wachstum 
und  Eindringen  in  andere  Epithelzellen  zu  beobachten  war.  In 
anderen  Fällen  teilte  sich  der  Kern  nur  in  wenige  größere  Stücke. 

W.  Petersen  (Zürich). 

Cavara,  F.,  Ueber  einige  parasitische  Pilze  auf  dem 
Getreide.  Mit  1 Tafel.  (Zeitschrift  für  Pflanzenkrankheiten. 
Bd.  III.  1893.  Heft  1.  p.  16—26.) 

1)  Gib  eil  in  a cerealis  Pass,  bewirkte  im  Jahre  1891  bei 
Florenz  ernste  Erkrankung  der  Felder  und  ist  nach  der  Art  des  Auf- 
tretens wirklicher  Parasit,  obschon  künstliche  Impfversuche  noch  nicht 
vorliegen.  Die  Schimmelform  auf  den  Blattscheiden  hat  nur  begrenzte 
Dauer.  Die  Perithecien  entstehen  im  Gewebe  der  Scheide  und  er- 


330 


Pflaozenkrankheiten. 


scheinen  dem  Auge  als  schwarze  Pünktchen;  ihr  Inneres  ist  von 
Schläuchen  und  Paraphysen  ganz  angefüllt.  Erstere  gelatinieren 
zeitig,  so  daß  reife  Früchte  nur  noch  freie  Sporen  enthalten;  letztere 
sind  anfangs  einzellig,  bei  der  Reife  jedoch  zweifächerig  und  messen 
22-32  X 7,5—9  /li. 

Keimungsversuche  mit  denselben  verliefen  resultatlos;  die  Weiter- 
verbreitung der  Erkrankung  erfolgt  nach  Ansicht  des  Verf.’s  durch 
die  rosenkranzförmig  gestellten  Conidien,  welche  den  zuerst  auf- 
tretenden grauweißen  Schimmelanflug  bilden. 

Im  Jahre  1892  war  die  Krankheit  an  den  1891  infiziert  gewesenen 
Oertlichkeiten  nicht  wieder  aufgetreten,  was  nach  Verf.  auf  die  an- 
gewendeten Vorbeugungsmaßregeln  — möglichst  frühe  Fortnahme 
und  Vernichtung  der  kranken  Halme  — zurückzuführen  ist. 

2)  Septoria  graminum  Desm.  ist  gleichfalls  ein  parasitischer 
Pilz,  dessen  Ausbreitung  in  Italien  in  steter  Zunahme  begriffen  ist. 
Auf  kranken  Pflanzen  fand  Verf.  neben  dieser  Species  auch  die  S. 
tritici  Desm.,  ausgezeichnet  durch  die  größeren  Perithecien,  und 
auf  Grund  einer  Revision  der  authentischen  Exemplare  von  Des- 
mazieres  sowie  einer  Prüfung  der  Exsiccaten  von  Rabenhorst, 
T hü  men  u.  A.  gelangt  Verf.  zu  der  Wahrscheinlichkeit,  daß  S. 
graminum  und  S.  tritici  samt  den  hierher  gezogenen  Varietäten 
nur  Formen  einer  einzigen  mykologischen  Art  sind. 

3)  Phoma  lophiostomoides  Sacc.  Perithecien  dieser  fanden 
sich  mit  der  vorhergehenden  auf  Blatt,  Scheide  und  Stengel  verge- 
sellschaftet, ohne  nach  Ansicht  des  Verf.’s  die  Rolle  eines  Parasiten 
zu  spielen,  doch  unstreitig  zum  Verderben  des  Getreides  beitragend. 
Die  Perithecien  messen  nur  60 — 80  ,«  im  Durchmesser  und  sind  ganz 
im  Gewebe  verborgen.  Die  fadenförmigen,  bis  10  /i  langen,  gebogenen 
Sporen  sind  sehr  beweglich.  Eine  sehr  ähnliche  Form  wurde  von 
Morin i beobachtet  und  als  Septoria  Briosiana  beschrieben. 

4)  A c rem o nie  11a  occulta  n.  sp.  auf  den  gleichen  Getreide- 
feldern vom  Verf.  gefunden  und  sich  in  der  Markhöhle  der  Halme 
ansiedelnd,  doch  als  Parasit  noch  zweifelhaft.  Die  Diagnose  ist  im 
Originale  (p.  24)  nachzusehen;  Gleiches  gilt  für  die  der  folgenden 
Species. 

5) Ophiocladium  Hordei  nov.  gen.  et  spec.  wurde  vor 

2 Jahren  vom  Verf.  auf  Gerstenblättern  beobachtet  und  ist  dem 
Oidium  an  gu  i n eu  m Fresen.,  welches  von  Bonorden  im  übrigen 
mit  Unrecht  als  besondere  Art  nicht  angesehen  wurde,  sehr  ähnlich, 
vielleicht  mit  ihm  identisch.  Er  bildet  schmale  graue  Flecke  in  den 
Blättern,  auf  denen  kleine,  weiße  Büschel  von  geschlängelten  Hyphen 
erscheinen,  welche  endständig  je  eine  einzellige,  farblose  Conidie 
tragen.  Auch  hier  läßt  Verf.,  da  er  die  Art  neben  der  Puccinia 
graminis  fand,  die  Frage  nach  dem  etwaigen  Parasitismus  noch 
offen.  W ehm er  (Hannover). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  ete. 


331 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Lafar,  Franz,  Eine  neue  Zählvorr ichtnng  -für  Platten- 
kulturen in  Petrischalen.  (Zeitschrift  für  Nahrungsmittel- 
untersuchung  u.  s.  w.  Wien  1893.  No.  24.  p.  429.) 

Keine  andere  Arbeit  hat  der  praktisch  thätige  Bakteriologe  öfter 
auszuführen,  als  die  Ermittelung  des  Keimgehaltes  einer  Probe.  Die 
Zählvorrichtung,  deren  man  sich  hierbei  bedient,  ist  meist  die  von 
Wolffhügel  angegebene.  Sie  ist  zu  einer  Zeit  konstruiert  worden, 
in  der  man  als  Unterlage  für  die  Gelatineschicht  ausnahmslos  ebene 
Glasplatten  verwendete.  Nun  benutzen  aber  heutzutage  viele,  wenn 
nicht  die  meisten  der  bakteriologischen  Laboratorien  nicht  mehr  ebene 
Glasplatten,  sondern  die  allgemein  als  Petrischalen  bezeichneten 
niedrigen  Glasschalen. 

Wer  sich  die  Mühe  nimmt,  eine  Anzahl  solcher  Schalen  genauer 
zu  untersuchen,  wird  bald  finden,  daß  die  innere  Seite  des  Boden- 
teiles derselben  schwach  gewellt  ist.  Wellenberge  und  Wellenthäler 
sind  abwechelnd  in  ziemlich  konzentrischen  Kreisen  um  den  Mittel- 
punkt angeordnet.  Die  Glasfabrikanten  versichern,  daß  diese  uner- 
wünschten Unebenheiten  in  der  Art  der  Herstellung  begründet  sind 
und  sich  daher  nicht  völlig  vermeiden  lassen.  Man  kann  sie  durch 
Schleifen  beseitigen,  jedoch  erhöht  diese  Verfeinerung  den  Verkaufs- 
preis ganz  beträchtlich.  Man  kommt  daher  gar  bald  von  der  Ver- 
wendung dieser  kostspieligen  Schalen  ab  und  greift  zu  den  billigeren 
ungeschliffenen. 

Die  in  eine  derartige  Schale  eingegossene  Gelatine  wird,  der 
Gestalt  der  Bodenoberfläche  folgend,  in  wulstförmigen,  konzentrischen 
Ringen  von  abwechselnd  größerer  und  geringerer  Dicke  erstarren. 
Setzt  man  nun  gleichmäßige  Verteilung  der  Keime  in  der  verflüssigten 
Gelatine  voraus,  so  werden  die  in  den  Wellenthälern  liegenden 
Schichten  der  zählreifen  Platte  pro  qcm  mehr  Kolonieen  aufweisen, 
als  die  den  Wellenbergen  auflagernden.  Es  ist  klar,  daß  für  eine  so 
geartete  Platte  die  W ol  f f h üg  e 1’  sehe  Zählvorrichtung  nicht  ver- 
wendbar ist.  Man  darf  nicht  nach  Qnadratcentimetern,  sondern  muß 
innerhalb  von  Sektoren  auszählen.  Nur  letztere  geben  ein 
verkleinertes  Bild  des  Zustandes  der  ganzen  Platte. 

Es  sind  bisher  zwei  Zählvorrichtungen  bekannt  geworden,  die 
Sektorenteilung  aufweisen,  nämlich  die  von  Petri  und  die  von 
Heyroth,  doch  keine  derselben  hat  eine  weitere  Verbreitung  ge- 
funden ; die  erstere  insbesondere  wegen  ihres  ziemlich  hohen  Preises, 
die  letztere  hauptsächlich  deshalb,  weil  ihre  Sektorenplatte  keine 
Unterabteilungen  enthält  und  nur  dann  zu  verwenden  ist,  wenn  man 
alle  Kolonieen  einer  dünn  besäten  Platte  zählen  will. 

Aus  diesem  Grunde  hat  der  Verf.  eine  neue  Vorrichtung  ange- 
geben, deren  Gebrauch,  wie  er  hoflt,  bequemer  und  deren  Anschaffungs- 
preis niedriger  ist,  als  der  der  beiden  zuvor  genannten  Hilfsapparate. 
Die  verbessernde  Abänderung  der  Einteilung  dieser  neuen  Zählplatte 
besteht  darin,  die  Sektoren  in  Felder  von  je  1 qcm  Inhalt 
zu  zerlegen.  Dies  wird  manchem  willkommen  sein,  der  an  den 


332 


L'ntersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Gebrauch  der  Wolf f hü gel’ sehen  Platte  gewöhnt  ist.  Es  empfiehlt 
sich,  mindestens  einen  Sektor  von  60°  auszuzählen.  Der  dabei  be- 
gangene Fehler  wird  dann  beim  Umrechnen  versechsfacht.  Eine  Aus- 
rechnung der  Oberfläche  der  Gelatineschicht  vorzunehmen,  wie  dies 
bei  Verwendung  der  Wolff h ügel’schen  Platte  stets  geschehen  muß, 
ist  hier  selbstredend  nicht  nötig. 

Es  wird  manchmal  Vorkommen,  daß  die  Platte  so  dicht  besät 
ist,  daß  es  Tätlich  scheinen  mag,  bei  der  Auszählung  innerhalb  einer 
engeren  Grenze  (als  60°)  zu  verbleiben.  Um  auch  für  diesen  Fall 


vorzusorgen,  wurden  neben  den  sechs  radiären  Hauptstrahlen  noch 
weitere  zwölf  Nebenstrahlen  aufgenommen,  durch  welche  die  60-grädigen 
Hauptsektoren  in  je  drei  Ausschnitte  von  20°,  also  in  je  den  acht- 
zehnten Teil  der  Gesamtfläche  der  Gelatineschicht,  zerlegt  werden, 
wie  die  Fig.  1 zeigt 1). 

Für  die  Radien  der  eingeschriebenen  Kreise  wurden  folgende 
Zahlen  berechnet: 


1)  Für  die  liebenswürdige  leihweise  Ueberlassung  des  Cliche  sei  dem  Herausgeber 
der  „Z.  f.  N.-U.“,  Herrn  Dr.  Hans  Heger,  auch  an  dieser  Stelle  verbindlichst 
gedankt. 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  333 


r:  = 13,8  mm  r3  — 36,6  mm 

r2  — 27,6  mm  r4  = 43,7  mm. 

Von  den  ausnahmslos  je  1 qcm  Inhalt  besitzenden  Feldern,  welche 
durch  diese  beiden  Liniensysteme  gebildet  werden,  sind  die  sechs 
mittleren  Kreissektoren,  alle  übrigen  jedoch  Vierecke.  Drei  von 
einander  um  je  120°  abstehende,  radiäre  Reihen  derselben  sind  noch 
überdies  durch  geradlinige,  dünner  gehaltene  Diagonalen  in  kleinere 
Feldchen  geteilt,  wie  die  Figur  erkennen  läßt.  Diese  drei  Sektoren 
(von  je  20°)  sind,  wie  oben  erwähnt,  für  das  Auszählen  sehr  dicht 
besäter  Platten  bestimmt.  In  diesem  Falle  hat  man,  um  auch  die 
Spitze  des  Sektors  auszählen  zu  können,  die  denselben  einschließen- 
den Radienstücke  mittelst  Feder  und  Tinte  bis  zum  Mittelpunkte  zu 
verlängern. 

Das  beschriebene  Liuiendoppelsystem  wird  mittelst  Aetzung  auf 
eine  blasenfreie,  geschliffene  Glasplatte  von  10  cm  Durchmesser  auf- 
getragen. Man  läßt  diese  dann  in  einen  ca.  8 mm  hohen  Reifen  aus 
gedrechseltem  Holze  oder  Messingguß  fassen.  Sein  Durchmesser  im 
Lichten  betrage  ca.  9,5  cm.  Die  mit  der  Teilung  versehene  Fläche 
wird  nach  innen  zu  gerichtet.  Schalen,  deren  äußerer  Durchmesser 
erheblich  geringer  ist,  als  9,5  cm,  überzieht  man,  bevor  man  die 
Zählvorrichtung  aufsetzt,  am  Rande  mit  einem  hinreichend  dicken, 
ringförmigen  Gummibande.  Der  Deckel  einer  auszuzählenden  Platte 
wird  stets  abgenommen.  Darf  dieselbe  wegen  ihres  Gehaltes  an 
verflüssigenden  Kolonieen  nicht  umgewendet  werden,  so  setzt  man  sie 
in  die  Zählvorrichtung  hinein ; deren  geätzte  Seite  ist  in  diesem  Falle 
nach  oben  gerichtet.  Hingegen  wird  eine  Kultur,  die  ohne  Gefahr 
gewendet  werden  darf,  so  ausgezählt,  daß  man  die  Zählvorrichtung 
auf  den  nach  oben  gerichteten  Boden  der  Petrischale  hutartig 
darauf  stülpt.  Im  einen  wie  auch  im  anderen  Falle  liegt  die  die 
Einteilung  tragende  Seite  der  Zählplatte  unmittelbar  der  Bodenfläche 
der  Schale  an,  wodurch  die  Parallaxe  auf  ein  Minimum  reduziert  und 
infolge  hiervon  nicht  nur  die  Genauigkeit,  sondern  auch  die  Bequem- 
lichkeit des  Auszählens  erhöht  wird. 

Die  Ausführung  der  Zählplatte  ist  dem  technischen  Institute  von 
F.  Mollenkopf,  10,  Thorstr.,  Stuttgart,  übertragen  worden,  wohin 
auch  Bestellungen  zu  richten  sind.  Preis  8 — 9,50  M. 

Lafar  (Hohenheim  b.  Stuttgart). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Boretius,  Die  Beseitigung  der  Ansteckungsstoffe,  ins- 
besondere der  flüssigen,  bei  Infektionskrankheiten. 
(Dtsche  militärärztl.  Ztschr.  1893.  p.  425.) 

Boretius  befürwortet  warm  die  Anwendung  des  Torfmulls  zur 
Beseitigung  der  Ansteckungsstoffe,  insbesondere  der  flüssigen,  bei 


334  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Infektionskrankheiten.  Nicht  die  antiseptischen  Eigenschaften  des 
Torfes  sind  es,  welche  Verf.  zu  der  Empfehlung  veranlassen,  sondern 
die  Fähigkeit  des  Torfmulls,  Flüssigkeiten  zu  verdichten,  d.  h.  in 
sich  aufzunehmen  und  so  gleichsam  in  den  festen  Zustand  über- 
zuführen, und  die  leichte  Verbrennbarkeit  des  verdichteten  Materials. 
Torfmull  würde  sich  vorzüglich  eignen  zum  Bestreuen  des  Er- 
brochenen und  der  Stühle  von  Cholera-,  Typhus-  und  Dysenterie- 
kranken, welche  auf  dem  Fußboden  verschüttet  worden  sind  (Verf. 
macht  darauf  aufmerksam,  daß  durch  Zugießen  flüssiger  Desinfektions- 
mittel das  Entleerte  über  einen  größeren  Teil  der  Dielen  und  in  diese 
verbreitet  wird),  zum  Einfüllen  in  die  Nachtstühle  bez.  Unterschieber 
bei  den  vorgenannten  Krankheiten  und  zum  gefahrlosen  Entfernen 
des  Inhaltes  der  Unterschieber,  zum  Einfüllen  in  die  Spuckgläser 
von  Phthisikern  und  Pneumoniekranken,  zur  Aufnahme  der  bei 
Diphtherie  und  Scharlachepidemie  beim  Pinseln  und  Gurgeln  aus  der 
Mundhöhle  herausbeförderten  Krankheitskeime,  zum  Aufstreuen  auf 
den  Fußboden  um  das  Bett  von  Scharlach-  und  anderen  akuten 
Hautausschlagskranken  zum  Aufnehmen  der  Hautschuppen,  zum  Auf- 
saugen des  Urins  Tetanuskranker,  der  Stühle  bei  Abtreibung  von 
Darmparasiten,  des  Verbandmaterials  und  Spülwassers  bei  Wund- 
eiterung, der  Leichenflüssigkeiten  bei  Sektionen,  endlich  zum  Auf- 
saugen der  Sputa  in  Spuckschalen.  Die  „so  mit  Torfmull  versetzten 
und  verbrennbar  gemachten  Flüssigkeiten“  oder  vielmehr  der  mit 
letzteren  imprägnierte  Torfmull  kann  in  jeder  Feuerstelle  verbrannt 
werden,  doch  hält  es  Verf.  für  praktischer,  dies  in  besonderen,  ganz 
einfachen,  nur  aus  Ziegelsteinen  erbauten  Oefen  mit  Schlot,  welche 
auf  dem  Hofe  von  Krankenhäusern  errichtet  werden,  zu  thun.  Diese 
Oefen,  für  welche  Verf.  eine  kleine  Skizze  giebt , haben  die  Eigen- 
tümlichkeit, daß  der  Mull  von  oben  her  auf  ein  kräftiges  Steinkohlen- 
feuer bez.  auf  eine  darüber  rostartig  gelegte  Holzschicht  geschüttet 
wird.  3 — 4 mit  Kalkmich  versetzte  Stuhlentleerungen  sind  in 
18  Minuten  so  weit  verkohlt,  daß  neue  Aufschüttung  erfolgen  kann. 

Die  Reinigung  der  Spuckgläser  soll  sich  folgendermaßen  ge- 
stalten: In  jedes  Glas  wird  etwas  recht  warme  Kaliseifenlösung 
(20  g : 10  1)  gegossen,  mit  einem  Holzstabe  umgerührt  (die  zähen 
Sputa  lösen  sich  so  leicht  von  der  Wand),  der  Inhalt  des  Glases 
nun  in  einen  Eimer  mit  Mull  entleert,  hier  verrührt  und  nebst  dem 
Holzstabe  später  verbrannt.  Die  entleerten  Gläser  kommen  einige 
Minuten  in  heiße  Kaliseifenlösung  und  werden  dann  erst  abgetrocknet. 
So  vorteilhaft  die  Verbrennung  der  Sputa  mit  dem  Torfmull  erscheint, 
müßte  der  Nachweis  der  Abtötung  aller  Tuberkelbacillen  an  den 
Gläsern,  welche  „einige  Minuten“  in  der  „recht  warmen  Kaliseifen- 
lösung“ gelegen  haben,  erst  erbracht  werden.  — Die  zum  gleichen 
Zwecke  empfohlenen  Sägespähne  sind  nach  Verf.  teuerer  als  Torfmull 
und  saugen  schlechter  auf.  Schill  (Dresden). 

Zappert,  J.,  Ueber  das  Vorkommen  der  eosinophilen 
Zellen  im  menschlichen  Blute.  [Aus  der  II.  medizinischen 
Klinik  in  Wien.]  (Zeitschrift  für  klinische  Medizin.  Bd.  XXIII. 
Heft  3 u.  4.) 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  335 


Verf.  machte  eine  große  Anzahl  Blutuntersuchungen  in  Bezug 
auf  das  Vorkommen  der  eosinophilen  Zellen  im  menschlichen  Blute 
bei  gesunden  Menschen  und  bei  einer  großen  Anzahl  von  Krankheiten. 
So  fand  er  u.  a.  bei  afebriler  Lungentuberkulose  häufig  Verminderung 
der  eosinophilen  Zellen,  dagegen  bei  einem  großen  Teile  der  Haut- 
krankheiten oft  hochgradige  Vermehrung  derselben,  bei  den  meisten 
fieberhaften  Krankheiten  wurde  während  der  febrilen  Intoxikation 
eine  Verminderung  der  eosinophilen  Zellen  beobachtet,  doch  kehrten 
dieselben  nach  Ablauf  des  Fiebers  rasch  wieder  zurück.  Bei 
Tuberkulininjektionen  war  nur  bei  starker  Reaktion  mit  höherer 
Temperatursteigerung  eine  Verminderung  und  hierauf  eine  postfebrile 
Vermehrung  nachzuweisen.  Dieudonn6  (Berlin). 

Stern,  Ueber  einige  Beziehungen  zwischen  mensch- 
lichem Blutserum  und  pathogenen  Bakterien.  (Sep.- 
Abdruck  aus  den  Verhandlungen  des  XII.  Kongresses  für  innere 
Medizin.) 

Das  menschliche  Blutserum  läßt  bei  Infektionskrankheiten  einer- 
seits toxische  Wirkungen  erkennen,  andererseits  gewinnt  es  im 
Verlaufe  derselben  schützende,  immunisierende  und  hei- 
lende Wirkung.  So  konnte  Verf.  in  einigen  Fällen  von  Erysipel 
auf  der  Höhe  der  Krankheit  durch  Blutserum  in  der  Menge  von 
0,5 — 1 ccm  weiße  Mäuse  töten,  während  normales  Blutserum  erst  in 
weit  größeren  Mengen  (3  ccm  und  mehr)  für  diese  Tiere  tötlich  ist. 
Die  bakteriologische  Untersuchung  des  Blutes  selbst  und  der  veren- 
deten Mäuse  ergab  keinerlei  Mikroorganismen,  so  daß  es  sich  also 
sicher  um  Giftwirkung  gehandelt  hat.  Der  Inhalt  einer  Blase  bei 
Erysipelas  bullosum  wirkte  schon  in  der  Menge  von  x/2  ccm  auf 
Mäuse  tötlich,  wobei  die  bakteriologische  Untersuchung  sowohl  der 
Flüssigkeit  als  der  verendeten  Mäuse  ebenfalls  negatives  Resultat  er- 
gab. Die  imm  unisieren  d e Wirkung  des  Blutserums  zeigte  sich 
bei  Untersuchungen  über  den  Abdominaltyphus.  Es  wurde  das  Blut- 
serum von  14  Personen,  welche  Abdominaltyphus  überstanden  hatten, 
untersucht;  in  7 Fällen  erfolgte  die  Untersuchung  zwischen  dem  2. 
und  8.  Tage  nach  der  Entfieberung;  das  Serum  zeigte  bei  5 dieser 
Fälle  im  Tierexperimente  deutliche  schützende  Wirkung,  während  in 
2 Fällen  das  Resultat  negativ  blieb.  Bei  7 anderen  Personen  lag 
die  Krankheit  zwischen  1 und  17 1/2  Jahren  zurück,  in  dieser  Gruppe 
zeigten  nur  3 ein  positives,  4 ein  negatives  Resultat.  Endlich  wurde 
das  Blutserum  von  14  Personen  untersucht,  welche  nie  an  Typhus 
gelitten  hatten ; von  diesen  zeigten  2 eine  schützende  Wirkung,  ein 
Befund,  welchen  Verf.  nicht  zu  deuten  vermag.  Verf.  glaubt,  daß  es 
sich  bei  der  schützenden  Wirkung  des  Serums,  wenigstens  bei  Typhus, 
nicht  um  einen  außerhalb  des  Organismus  nachweisbaren,  gift- 
zerstörenden Einfluß  desselben  handeln  kann,  sondern  daß  das  Serum 
auf  den  infizierten  Organismus  selbst  wirken,  in  diesem  Veränderungen 
hervorrufen  muß,  durch  welche  die  eingeführten  Bacillen  am  Wachs- 
tum gehindert  werden.  Dieudonnö  (Berlin). 


236  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Bighi,  J.,  L’immunitä  nei  suoi  rapporti  con  la  funzione 
della  milza.  (La  Rif.  med.  1893.  p.  170,  171.) 

Yerf.  verfolgte  bei  seinen  Versuchen  einen  doppelten  Zweck; 
erstens,  um  zu  eruieren,  ob  entmilzte  Tiere  immunisiert  werden  können, 
und  zweitens,  ob  immunisierte  Tiere  nach  Abtragung  der  Milz  diese 
Eigenschaft  verlieren  oder  nicht. 

Experimentiert  wurde  mit  Cholera,  Typhus  und  Tetanus  an 
Meerschweinchen,  Mäusen  und  Kaninchen.  Bei  Cholera  und  Typhus 
zeigte  sich,  daß  die  Entfernung  der  Milz  einen  Einfluß  ausübt  weder 
auf  die  Erlangung  der  Immunität,  noch  daß  die  vorher  immuni- 
sierten Tiere  ihre  Immunität  einbüßen,  wenn  sie  nachträglich  entmilzt 
werden. 

Bei  den  Versuchen  mit  Tetanus  zeigte  sich  hingegen,  daß 
entmilzte  Kaninchen  einen  höheren  Grad  von  Immunität  erlangen 
können,  als  normale  und  daß  man  die  Immunität  normaler  Tiere  ertöten 
könne,  wenn  man  sie  nachträglich  entmilzt.  Mit  Rücksicht  auf  die 
wenigen  in  dieser  Richtung  durchgeführten  Versuche  möchte  jedoch 
der  Verf.  dieses  Ergebnis  nur  im  Sinne  einer  vorläufigen  Mitteilung 
bekannt  gegeben  haben.  Derselbe  bemerkt  ganz  richtig  zum  Schlüsse, 
daß  auch  seine  Versuche  keinen  Aufschluß  über  die  Funktion  der  Milz 
bei  der  Immunisierung  geben  und  daß  wir  noch  immer  sehr  weit 
entfernt  sind  von  der  Lösung  mehrere  Punkte  der  Immunitätsfrage. 

Kamen  (Czernowitz). 

Tizzoni,  GL  e Cattani,  Gl.,  Sulla  importanza  della  milza 
neli’  immunizzazione  sperimentale  del  coniglio 
contro  il  tetano.  (La  Rif.  med.  1893.  p.  189.) 

In  Fortsetzung  ihrer  im  Jahre  1892  publizierten  einschlägigen 
Versuche  kommen  die  Verff.  zu  dem  Ergebnise,  daß  „die  Milz  als 
solche  keinen  direkten  Anteil  am  Immunisierungsprozesse  selbst 
nimmt  und  daß,  wenn  die  immunisierende  Substanz  ein  Produkt  des 
Tierkörpers  ist  (was  übrigens  wenig  Wahrscheinlichkeit  für  sich 
hat),  deren  Bildung  nicht  in  der  Milz  oder  wenigstens  nicht  allein 
in  der  Milz  stattfindet“.  Kamen  (Czernowitz). 


Corrigendum. 

In  dem  Artikel  „Ueber  den  Einfluß  der  Kälte  auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malaria- 
parasiten“ von  N.  Sacharoff  in  No.  5/6  dieses  Centralbl.  p.  158  Z.  11  von  oben 
ist  statt  „daß  ich  mich  habe  täuschen  lassen“  zu  lesen  „daß  ich  mich  vielleicht  habe 
täuschen  lassen“;  Z.  14  von  oben  derselben  Seite  ist  „auch“  statt  „noch“,  Z.  5 von 
unten  „vorher“  statt  „rohen“  und  p.  160  Z.  18  von  oben  „zweiten“  statt  „weiteren“ 
zu  setzen. 


Neue  Litteratur. 


237 


Neue  Litteratur 

znsammengestellt  von 

De.  Arthub  Würzburg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 


Geilsler,  T.  K.,  Grundriß  der  klinischen  Bakteriologie  für  Aerzte  und  Studierende.  8°. 

127  p.  St.  Petersburg  (Ricker)  1893.  [Russisch.] 

Jahresbericht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von  den  pathogenen  Mikroorganismen, 
umfassend  Bakterien.  Pilze  und  Protozoen.  Bearb.  u.  hrsg.  v.  P.  Baumgarten. 
8.  Jahrg.  1892.  Abt.  1.  gr.  8°.  320  p.  Braunschweig  (Harald  Bruhn)  1893. 

8 M. 


Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Albu,  A.,  Ueber  die  Darstellung  von  Toxinen  aus  dem  Harn  bei  akuten  Infektions- 
krankheiten. (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  1.  p.  8 — 11.) 

Oechsner  de  Coninck , Contribution  ä l’etude  des  ptomäines.  (Compt.  rend.  1893. 
T.  CXVII.  No.  26.  p.  1097—1098.) 


Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Duclaux,  La  distribution  de  la  matiere  organique  et  des  microbes  dans  le  sol.  Rev. 
critique.  (Annal.  de  l’Instit.  Pasteur.  1893.  No.  12.  p.  823 — 833.) 


Nahrungs - und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

Preußen.  Reg.-Bez.  Oppeln.  Bekanntmachung,  betr.  die  Benutzung  finniger  Schweine 
und  Rinder.  Vom  3.  März  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  2. 

p.  28.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Aügemeinkrankheiten. 

Foä,  P.,  Ueber  die  Infektion  durch  den  Diplococcus  lanceolatus.  (Ztschr  f.  Hygiene. 
1894.  Bd.  XV.  No.  3.  p.  369—404.) 

Gottstein,  A.,  Der  gegenwärtige  Stand  der  Frage  von  der  spezifischen  Behandlung  der 
Infektionskrankheiten  durch  Bakterienprodukte.  (Therapeut.  Mtsh.  1894.  No.  1. 

p.  6—10.) 

Jacobson,  Noch  einmal  das  Seuchengesetz.  (Ztschr.  f.  Medizinalbeamte.  1894.  No.  1. 

p.  6-11.) 

Maffucci,  A.,  Ueber  das  Verhalten  des  Embryo  gegen  Infektionen.  (Centralbl.  f.  allg. 

Pathol.  u.  pathol.  Anat.  1894.  No.  1.  p.  1 — 11.) 

Mya,  G.,  Localizzazioni  iniziali  dell'  agente  patogeno  in  alcune  forme  morbose  di  origine 
infettiva.  (Sperimentale.  1893.  No.  20/21.  p.  469 — 485.) 

Oesterreich.  Tirol  und  Vorarlberg.  Erlaß , betr.  Maßnahmen  gegen  die  Infektions- 
krankheiten. Vom  21.  Mai  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  1. 
p.  7-9.) 

Repetitorium,  kurzes,  der  epidemischen  Krankheiten  als  Vademecum.  III.  Typhus 
(abdominalis,  petechialis,  recurrens)  und  Dysenterie.  Gearb.  nach  Baas,  Dippe, 
Eichhorst,  L i e b e r m e i s t er , Nothnagel,  Seitz,  Strümpell,  Ziems- 
sen  u.  a.  8°.  41  p.  Wien  (Breitenstein)  1894.  0,75  M. 

Zahn,  Ueber  die  neueren  prophylaktischen  Bestrebungen  auf  dem  Gebiete  der  akuten 
Infektionskrankheiten.  (Vereinsbl.  d.  pfälz.  Aerzte.  1893.  No.  4,  5,  10,  12.  p.  74 
—81,  110  — 116,  229  — 236,  266—274.) 

Malariakrankheiten. 

Marshall,  D.  G.  and  Gee,  F.  W.,  On  the  use  of  methylene  blue  in  malarial  fevers. 
(Indian  med.  Gaz.  1893.  No.  12.  p.  409 — 410.) 


238 


Neue  Litteratur. 


Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Köteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Behrendt,  M.  K.  J.,  Incubation  period  of  measles.  (Brit.  med.  Journ.  1894.  No.  1721. 
p.  1374.) 

Bnttersack,  Ueber  ein  Gebilde,  welches  sich  in  Trockenpräparaten  von  Vaccine-  und 
Variolalymphe  sichtbar  machen  läßt.  (Arb.  a.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  IX. 
No.  1.  p.  96—110.) 

Doty,  A.  H.,  On  vaccination.  (Med.  Record.  1893.  Vol.  II.  No.  24.  p.  743 — 745.) 
Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest 

v.  Esmarch,  E. , Die  Cholera  in  Ostpreußen  im  Jahre  1893.  (Dtsche  med.  Wchschr. 
1894.  No.  1.  p.  20—21.) 

Freymuth  u.  Lickfett,  Nochmals  zur  Diagnose  der  Cholera  mittels  Agarplatten.  (Dtsche 
med.  Wchschr.  1893.  No.  52.  p.  1389.) 

Fürbringer,  P.,  Die  diesjährigen  Cholerafälle  im  städtischen  Krankenhause  am  Friedrichs« 
hain.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  2.  p.  28 — 29.) 

Ilinski,  P.,  Ueber  Cholera.  Wie  wir  die  Cholera  im  vergangenen  Jahre  bekämpften 
und  was  wir  gelernt  haben.  8°.  32  p.  St.  Petersburg  (PetrofF)  1893.  [Russisch.] 

Rremianski,  J.  S.,  Wissenschaftliche  und  praktische  Forderungen  bezüglich  der  Cholera- 
bekämpfung. 8°.  16  p.  Charkow  1893.  [Russisch.] 

Lachmann,  Was  haben  wir  aus  dem  Verlauf  der  letzten  Choleraepidemieen  gelernt? 

(Dtsche  Medizinal-Ztg.  1894.  No.  2.  p.  13 — 15.) 

Rozanoff,  P.  G.,  Der  Anteil  des  Windes  an  der  Verbreitung  der  pandemiscben  Cholera. 

(Russk.  med.  1893.  p.  149,  165,  179.)  [Russisch.] 

Sokoloff,  W.,  Cholera  asiatique  dans  le  distr.  Sarapul  (Gouv.  Viatka).  (Zemsk.  Wratsch. 
Poltava  1893.  p.  120 — 122.) 

Wolkoff,  M.  M.,  Vorlesungen  über  Cholera.  8°.  89  p.  St.  Petersburg  (Suborin)  1893. 
[Russisch.] 

Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Krönig,  Scheidensekretuntersuchungen  bei  100  Schwangeren.  Aseptik  in  der  Geburts- 
hilfe. (Centralbl.  f.  Gynäkol.  1894.  No.  1.  p.  3 — 9.) 

Malvoz,  E.,  Recherches  bacteriologiques  sur  la  putrefaction  des  nouveau-nes  et  applica- 
tions  medico-legales.  (Bullet,  de  l’acad.  r.  de  med.  de  Belgique.  1893.  No.  10. 
p.  894—909.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Lang,  E. , Ueber  Vorbauung  der  venerischen  Krankheiten.  (Wiener  Klinik.  1894. 

Heft  1.)  gr.  8°.  14  p.  Wien  (Urban  & Schwarzenberg)  1894.  0,75  M. 

Nicolle,  C.,  Methode  pratique  pour  faire  bacteriologiquement  le  diagnostic  du  chancre 
mou.  (Gaz.  mdd.  de  Paris.  1893.  No.  51.  p.  611.) 

Petri,  Versuche  über  die  Verbreitung  ansteckender  Krankheiten,  insbesondere  der 
Tuberkulose  durch  den  Eisenbahnverkehr,  und  über  die  dagegen  zu  ergreifenden 
Maßnahmen.  (Arb.  a.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  IX.  No.  1.  p.  111 — 120.) 
Pfeiffer,  L.,  Ist  Carcinom  endemisch  beeinflußt?  (Krrspdzbl.  d.  allg.  ärztl.  Ver.  von 
Thüringen.  1893.  No.  12.  p.  447 — 453.) 

Schlenker,  E , Untersuchungen  über  die  Entstehung  der  Tuberkulose  der  Halsdrüsen, 
besonders  über  ihre  Beziehungen  zur  Tuberkulose  der  Tonsillen.  (Wien.  med.  Blätter. 
1893.  No.  50—52.  p.  630—633,  643—644,  653—655.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Borchardt,  M.,  Beobachtungen  über  das  Vorkommen  des  Pfeiffer’schen  Influenzabacillus. 

(Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  2.  p.  33—35.) 

Huber,  Ueber  den  Influenzabacillus.  (Ztscbr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XV.  No.  3.  p.  454 
—459.) 

Kusnezow,  A.  Ch.  u.  Herrmann,  F.  L.,  Influenza.  Eine  geschichtliche  und  klinische 
Studie.  Nach  dem  Russ.  bearb.  v.  J.  V.  D r o z d a.  Neue,  bill.  (Titel-)Ausg.  gr.  8°. 
V,  105  p.  Wien  (Josef  Safär)  1894.  2 M. 


Neue  Litteratur. 


239 


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Pekelharing,  C.  A.  and  Winkler,  C.,  Beri-beri;  researches  concerning  its  nature  and 
cause , and  the  means  of  arrest  made  by  Order  of  the  Netherlands  Government. 
Transl.  by  J.  Cantlie.  8°.  170  p.  London  (Pentland)  1894.  10  sh.  6 d. 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Kreislaufsorgane. 

Hamburger,  H.  J.,  Hydrops  van  bacterieelen  oorsprong,  benevens  een  bijdrage  tot  de 
leer  der  hydrops  in  het  allgemeen.  (Nederl.  Tijdschr.  v.  Geneesk.  1893.  Vol.  II. 
No.  24.  p.  854-891.) 

Ham-  und  Geschlechtsorgane. 

Villard,  E.,  La  tuberculose  genitale  chez  l’homme.  gr.  8°.  Paris  (Baillifere  & fils)  1894. 

3,50  fr. 

0.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Lewin,  G.,  Ueber  Cysticercus  cellulosae  in  der  Haut  des  Menschen.  (Arch.  f.  Dermat. 
u.  Syphilis.  1894.  No.  1.  p.  71  — 86.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

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Gramatchikoff,  A.,  Recherches  sur  l’influence  des  extraits  de  tbymus  et  des  testicules 
sur  l’infection  charbonneuse.  (Annal.  de  l’Instit.  Pasteur.  1893.  No.  12.  p.  812 
—819.) 

Rotz. 

Arloing,  De  la  pneumobacilline  comme  rSactif  rdvelateur  de  la  morve.  (Rec.  de  mdd. 
vet<§rin.  1893.  No.  24.  p.  550—552.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Baccarini,  P.,  Sopra  un  curioso  cecidio  della  Capparis  spinosa  L.  Nota  critica.  (Mal- 
pighia.  1893.  p.  405.) 

Brunchorst,  J.,  Nogle  norske  skovsygdomme.  (Sep.-Abdr.  a.  Bergens  Museums  Aarbog 
1892.)  8°.  11  p.  Bergen  1893. 

Lopriore,  G.,  Studi  circa  le  malattie  delle  patate  e nero  dei  cereali.  (Bollett.  e notiz. 
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Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Abbott,  A.  C.,  The  results  of  inoculations  of  milch  cows  with  cultures  of  the  bacillus 
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340 


Inhalt. 


Inhalt. 


Origin  almitteilungen . 

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Lorenz , Schutzimpfungsversuche  gegen 
Schweinerotlauf  mit  Anwendung  eines 
aus  Blutserum  immunisierter  Tiere  her- 
gestellten Impfpräparates.  (Orig.),  p.  278. 

Schnitzler,  Julias,  Ueber  den  Befund  viru- 
lenter Staphylokokken  in  einem  seit  35 
Jahren  geschlossenen  osteomyelitischen 
Herde.  (Orig.),  p.  270. 

Weigmann,  H.  und  Zira,  Gg.,  Ueber  das 
Verhalten  der  Cholerabakterien  in  Milch 
und  Molkereiprodukten.  (Orig.),  p.  286. 

Original-Beferate  aus  bakteriologischen 
Instituten  etc. 

Fermi,  Claudio  und  Pernossi,  Leone,  Ueber 
das  Tetanusgift.  (Orig.),  p.  303. 

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asceodens  acuta,  nebst  Bemerkungen  zur 
Theorie  der  infektiösen  Erkrankungen 
des  Ceutralnervensystems,  p.  321. 

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microbienne  de  l’infection  purulente  chi- 
rurgicale,  p.  315. 

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hervorgerufene  Meningitis,  p.  317. 

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Cattle  und  Miliar,  On  certain  gregarinidae 
and  the  possible  connexion  of  allied 
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man,  p.  329. 

Cavara,  F.,  Ueber  einige  parasitische  Pilze 
auf  dem  Getreide,  p.  329. 

Chiari,  H.,  Ueber  einen  in  Prag  sezierten 
Fall  von  Ankylostomiasis  bei  einem  Kru- 
neger,  p.  327. 

Gernhardt,  Eugen,  Quantitative  Spaltpilz- 
untersuchungen der  Milch,  p 313. 

Glaenz,  Emil , Ueber  die  Kahlköpfigkeit 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  früh- 
zeitigen, idiopathischen  Form,  p.  324. 

Heisig , Oswald , Beitrag  zur  Statistik 
menschlicher  Entozoen,  p.  326. 

Heyse,  Ueber  Pneumaturie,  hervorgerufen 
durch  Bacterium  lactis  aerogenes,  und 
über  pathologische  Gasbildung  im  tie- 
rischen Organismus,  p.  322. 


Knochenstierna,  Hugo,  Ueber  den  Keim- 
gehalt der  Dorpater  Marktmilcb  nebst 
einigen  bakteriologischen  Untersuchun- 
gen von  Frauenmilch,  p.  313. 

Marot,  Felix,  Sur  un  Streptocoque,  p.  317. 

Russell,  The  bacteriology  of  epidemic  ex- 
foliativa dermatitis,  p.  324. 

Schimmelbusch,  Ueber  grünen  Eiter  und 
die  pathogene  Bedeutung  des  Bacillus 
pyocyaneus,  p.  315. 

Schmidt,  Ferdinand,  Ueber  Echinococcus 
im  weiblichen  Becken.  Im  Anschlüsse 
an  einen  in  der  hiesigen  gynäkologischen 
Klinik  beobachteten  Fall,  p.  328. 

Schroeder,  Die  Fleisch-  und  Wurstvergif- 
tung in  U.  und  Umgegend  des  Kreises 
Weißenfels  im  Jahre  1892,  p.  314. 

V.  Sehlen,  Zur  Diagnostik  und  Therapie 
der  Prostatitis  chronica,  p.  325. 

Siebourg,  Leonh.,  Zur  Casuistik  der  krypto- 
genetischen Septicopyämie,  p.  316. 

Singer,  Karl,  Beitrag  zur  Lehre  von  der 
Streptokokken-Infektion,  p.  320. 

Weyl,  Handbuch  der  Hygiene,  p.  310. 
Finkelnburg,  Geschichtliche  Entwicke- 
lung und  Organisation  der  öffentlichen 
Gesundheitspflege  in  den  Kulturstaaten, 
p.  311. 

Munk , Einzelernährung  und  Massen- 
ernährung, p.  311. 

Wernich,  Leichen  wesen  einschließlich  der 
Feuerbestattung,  p.  312. 

Wehmer,  Abdeckereiwesen,  p.  312. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Lafar,  Franz,  Eine  neue  Zählvorrichtung  für 
Plattenkulturen  in  Petrischalen,  p.  331. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung  etc. 

Boretius,  Die  Beseitigung  der  Ansteckungs- 
stoffe , insbesondere  der  flüssigen , bei 
Infektionskrankheiten,  p.  333. 

Righi,  J.,  L’immunitä  nei  suoi  rapporti 
con  la  funzione  della  milza,  p.  336. 

Stern,  Ueber  einige  Beziehungen  zwischen 
menschlichem  Blutserum  und  pathogenen 
Bakterien,  p.  335. 

Tizzoni,  G.  e Cattani,  G.,  Sulla  importanza 
della  milza  nell’  immunizzazione  speri- 
mentale  del  coniglio  contro  il  tetano, 
p.  236. 

Zappert,  J. , Ueber  das  Vorkommen  der 
eosinophilen  Zellen  im  m .nschlichen  Blute, 
p.  334. 

Corrigendum,  p.  336. 

Neue  Litteratur,  p.  337. 


fc'rommannsche  Buchdruckerei  CH  ermann  Pohle)  in  Jena. 


^ A LB£^  ^ 

Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Gell.  Hofr.  Prof.  Dr.  Lenckart  nna  Professor  Dr.  Loeffler 

in  Leipzig  In  (ireiftwald 

heransgegeben  von 

Dr.  O.  TJlilworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Band.  -o-  Jena,  den  16.  März  1894.  -o-  No.  10/11. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— . t%  Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten. 

Die  Redaktion  des  „ Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original  - Mittheilungen. 

Zur  Lehre  von  den  Carcinomparasiten. 

Von 

M.  Kurloff, 

Prof,  der  spec.  Pathol.  u.  Therapie  an  der  Kaiserl.  Universität  zu  Tomsk. 

•<ji  Mit  1 Tafel. 

Die  Aetiologie  des  Carcinoms  gehört  zu  einer  der  interessantesten 
Fragen,  welche  gegenwärtig  die  Beachtung  vieler  Aerzte  und  Natur- 
forscher auf  sich  lenkt.  Diesem  allgemeinen  Streben  folgend,  habe 
auch  ich  einen  Teil  meiner  Muße  dieser  Frage  gewidmet,  wobei  ich 
mich  indessen  einstweilen  nur  auf  mikroskopische  Beobachtungen  be- 
schränkt habe,  d.  h.  diejenige  Untersuchungsmethode,  mittelst  welcher 
die  Mehrzahl  der  zeitgenössischen  Forscher,  wie  Kossinsky, 
Sawtschenko,  Podwyssozky,  Sudake witsch,  Ruffer, 
XV.  Bd.  22 


342 


M.  Kurloff , 


Walker,  Rüssel,  Pfeiffer,  Korotneff  und  viele  andere  diese 
Frage  zu  lösen  versucht  haben. 

Unerachtet  der  großen  Anzahl  (21)  Carcinome,  welche  von  mir 
mikroskopisch  untersucht  wurden,  bin  ich  dennoch  nicht  zu  irgend 
welchem  positivem  Resultate  gelangt,  d.  h.  ich  will  damit  sagen,  daß 
die  sich  clarbietenten  Bilder  so  sehr  undeutlich  und  unklar  waren,  daß 
ich  diese  Untersuchungen  nach  keiner  Richtung  hin  für  abgeschlossen 
erachten  kann,  ja  ich  war  sogar  geneigt,  diese  verdrießliche  Arbeit 
ganz  aufzugeben,  als  plötzlich  die  Mitteilungen  des  Prof.  Korotneff1) 
erschienen,  iu  welchen  ein  besonderer,  sehr  großer  Parasit  beschrie- 
ben uud  abgebildet  war,  der  in  Carcinomeu  der  Lippe  und  einiger 
anderer  Organe  bei  Kranken  gefunden  worden,  die  in  der  Klinik  des 
Prof.  R i n n e k operiert  waren.  Dieser  Parasit  war  der  Beschreibung 
nach  so  eigenartig,  und  die  Mitteilung  über  ihn  rührte  von  einem  so 
erfahrenen  Manne  her,  daß  an  der  Bedeutung  der  vorgestellten  Ab- 
bildungen zu  zweifeln  nicht  wohl  möglich  war.  Man  kaun  nur  seine 
Vei wunderung  darüber  ausdrücken,  daß  so  große  und  eigenartige 
Parasiten  in  den  Carcinomeu  Vorkommen,  ohne  daß  es  bis  jetzt 
jemandem  gelungen,  dieselben  zu  beobachten,  und  man  kaun  vielleicht 
bedauern , daß  bei  der  Beschreibung  dieses  neuen  Parasiten  — 
Rhopalocephalus  canceromatosus  — nicht  auch  die  Kranken- 
geschichten der  Patienten  angeführt  wurden,  von  welchen  die  zur  Unter- 
suchung dargeboteuen  Carcinome  herstammten.  Darin  besteht  ebeu  das 
Wunderbare,  wie  es  möglich  war,  daß  ein  so  eigenartiger,  großer 
Parasit  der  Beobachtung  so  zahlreicher  Forscher,  welche  sich  mit 
dieser  Frage  beschäftigt  haben,  entgehen  konnte.  Es  scheint  demnach 
klar  zu  sein,  daß  wohl  ganz  besondere  Fälle  sich  dargeboten  haben 
müssen,  welche  ganz  aus  der  Reihe  der  gewöhnlichen  Carcinomformen 
heraustraten.  Diese  Voraussetzung  ist  schon  deshalb  wahrscheinlich, 
weil  uns  bekannt  ist,  daß  Carcinome  überhaupt  Kraukheitserscheinungen 
sind,  welche  sich  nach  ihren  anatomischen  uud  klinischen  Krankheits- 
bildern  scharf  voneinander  unterscheiden.  Wenn  mau  z.  B.  die  Car- 
cinome der  Extremitäten  in  Betracht  zieht,  so  kann  man  sie  in 
klinischer  Hinsicht  in  2 oder  3 Gruppen  einteilen,  von  denen  die- 
jenigen Carciuome,  welche  sich  aus  Geburtsfiecken  oder  angeborenen 
Warzen  entwickeln,  sich  durch  einen  hohen  Grad  von  Bösartigkeit 
und  schnellen  Verlauf  auszeichnen,  während  Carciuome  derselben  Ex- 
tremitäten, welche  aus  vielfach  wieder  aufgebrochenen  oder  wund- 
geriebeuen  Narben  und  Schwielen,  Geschwüren  und  Fisteln,  oder  ein- 
fach auf  der  scheinbar  normalen  Haut  entstanden  sind,  gewöhnlich 
langsam  verlaufen,  selten  und  spät  auf  die  benachbarten  Lymphdrüseu 
übergehen  und  oft  sogar  nach  einfachem  Ausschneiden  der  vom 
Krebs  ergriffenen  Gewebsteile  völlig  heilen.  Bezüglich  der  Gesichts- 
carciuome  kann  man  ebenfalls  behaupten,  daß  sie  weniger  bösartig 
sind  und  nicht  so  rasch  die  anliegenden  Lymphdrüsen  anstecken,  wie 
z.  B.  die  Lippencarcinome.  Ein  so  verschiedener  Verlauf  der  Car- 
cinome kaun  nicht  durch  einen  verschiedenartigen  Boden,  durch  ver- 

1)  Wratscb.  1893.  p.  33.  Centralbl.  für  Bakteriol.  und  Parasitenkunde  Bd.  Xlll. 
1893. 


Zur  Lehre  von  den  Carcinomparasiten. 


343 


schiedene  anatomische  Bedingungen,  unter  denen  Neubildungen  ent- 
stehen, erklärt  werden,  sondern  mit  größerer  Wahrscheinlichkeit  durch 
die  Aetiologie,  z.  B.  die  verschiedenen  Formen  von  Krebserregern. 
Einstweilen  können  wir  dieses  noch  nicht  beweisen,  aber  man  hat 
auch  keine  genügenden  Gründe,  eine  solche  Erklärung  zu  widerlegen. 
Beim  Lesen  der  Mitteilung  des  Prof.  Korotneff  drängt  sich  daher 
unwillkürlich  jedem,  welcher  sich  mit  der  Aetiologie  der  Carcinome 
beschäftigt  hat,  die  Frage  auf,  welche  Carcinomformen  wohl  zur 
Untersuchung  gelangt  sein  mögen  und  ob  dieselben  nicht  irgendwelche 
klinische4Eigentümlichkeiten  aufwiesen  oder  sich  irgend  wodurch  von 
den  gewöhnlichen  Carciuomformen,  bei  welchen  bisher  noch  niemand 
den  Rhopaiocephalus  canceromatosus  beobachtet  hatte, 
scharf  unterschieden.  Das  sind  namentlich  die  Fragen,  welche  ich  mir 
vorlegte,  weil  ich  5 Fälle  von  Carcinom  der  Lippe  untersucht  hatte 
und  in  keinem  einen  derartigen  Parasiten  gefunden,  wie  ihn  Prof. 
Korotneff  beschrieben.  Ich  bin  der  Ansicht,  daß  gegenwärtig 
jeder,  welcher  einen  Carcinomparasiten  untersucht,  notwendigerweise 
eine,  wenn  auch  nur  kurze,  Krankengeschichte  der  untersuchten  Fälle 
beifügen  muß,  damit  man  die  Möglichkeit  hat,  die  von  den  verschie- 
denen Forschern  erlangten  Resultate  in  irgend  ein  bestimmtes  System 
zu  bringen.  Wie  sehr  solche  Krankheitsgeschichten,  begleitet  von 
pathologisch-anatomischen  Daten,  notwendig  sind,  erhellt  daraus,  daß 
die  vorhandenen  Facta  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  die  Parasiten- 
natur der  Carcinome  vermuten  lassen,  daß  aber  das,  was  als  Car- 
cinomparasit  beschrieben  wird,  sich  in  den  Beschreibungen  der 
einzelnen  f orscher  scharf  voneinander  unterscheidet.  Andererseits 
wissen  wir,  daß  auch  die  pathologisch-anatomischen  und  klinischen 
Carcinombilder  in  einzelnen  Fällen  bedeutend  voneinander  abweichen 
und  infolgedessen  auch  die  besonderen  anatomischen  und  klinischen 
Carcinome  unterschieden  sind.  Schon  aus  diesem  Grunde  erscheint 
es  kaum  gerechtfertigt,  eine  und  dieselbe  Art  Carcinomparasiten  in 
allen  verschiedenen  Carcinomformen  zu  suchen,  oder,  wenn  man  einen 
solchen  Parasiten  in  2 — 3 Fällen  gefunden  hat,  denselben  auf  alle 
Fälle  zu  übertragen  oder  vielmehr  sich  zu  bemühen,  seine  Formen, 
welche  aus  einzelnen  anatomisch  und  klinisch  verschiedenen  Carcinomen 
herstammen,  zu  einem  allgemeinen  Bilde  allmählicher  Entwickelung 
zu  verbinden.  In  gegenwärtiger  Zeit,  wo  die  Carcinomuntersuchungen 
erst  beginnen,  wo  unsere  Kenntnisse  in  dieser  Hinsicht  noch  sehr  un- 
zureichend sind,  scheint  es  mir,  daß  wir  notwendigerweise  zuvor  nur 
das  Material  sammeln,  d.  h.  die  Parasiten  in  den  einzelnen  Fällen 
oder  in  den  anatomisch  und  klinisch  übereinstimmenden  Formen  be- 
schreiben müssen.  Nur  wenn  man  solche  genaue  Beschreibungen  be- 
sitzt, wird  es  möglich  sein,  die  Daten  in  irgend  ein  allgemeines  System 
zusammenzustellen.  Wie  sehr  solche  Krankheitsgeschichten  notwendig 
sind,  wird  mau,  glaube  ich,  aus  der  Beschreibung  eines  Falles  ersehen, 
der  den  Gegenstand  gegenwärtiger  Mitteilung  bilden  soll  und  in 
welchem  ein  anscheinend  gleicher  Parasit  gefunden  wurde,  wie  ihn 
Prof.  Korotneff  beschreibt.  Dieser  Fall  muß  seinen  klinischen 
Eigentümlichkeiten  nach  zu  der  Carcinomgruppe  gehören,  von  der 
jener  Autor  voraussetzt,  daß  in  ihr  keine  Parasiten  vorhanden  sind. 

22* 


344 


M.  Kurloff, 


Der  Kranke,  K — eff,  ein  Greis  von  80  Jahren,  aus  dem  örtlichen 
Armenhause,  lebt  in  letzterem  bereits  7 Jahre  und  hatte  niemals  an 
seinen  Händen  irgend  einen  Krankheitsprozeß  durchzumachen,  d.  h. 
er  erinnert  sich,  niemals  an  ihnen  Warzen,  Geschwüre,  Schrammen, 
Wunden  u.  s.  w.  bemerkt  zu  haben.  Seine  Hände  sind  nur  rauh  und 
schwielig  von  seiner  früheren  schweren  Arbeit.  Der  Kranke  beschäf- 
tigte sich  im  Armenhause  mit  dem  Flechten  von  Körben.  Im  Sommer 
vor  4 Jahren  hatte  er  sich  beim  Schneiden  der  Ruten  zu  dieser  Korb- 
arbeit die  Rückenseite  der  linken  Hand  durchstochen,  wobei  sich  eine 
Hautabschürfung  bildete,  welche  lange  Zeit  nicht  zuheilte  und  all- 
mählich in  eine  Wunde  überging.  Letztere  vergrößerte  sich  im  Ver- 
laufe von  4 Jahren  derart,  daß  sie  fast  die  ganze  Rückenseite  der 
linken  Hand  einnahm,  indem  sie  sich  bis  zu  den  Fingern  und  zum 
Radiocarpalgelenk,  auf  der  inneren  Gelenkseite  bis  zum  Rande  der 
Hand  und  auf  der  äußeren  bis  zum  zweiten  Os  metacarpi  aus- 
dehnte. 

Die  ganze  W'unde  ist  mit  einem  schmutzigen  Zerfall  bedeckt, 
ihre  Ränder  aufgerissen,  hügelig,  erhärtet  und  stellenweise  unter- 
graben, stellenweise  aber  mit  einer  darübergeschobenen  Schicht  junger 
Epidermis  bedeckt,  welche  ihrerseits  wiederum  hier  und  da  Verwun- 
dungen aufweist.  Der  Boden  der  Wunde  ist  nicht  eben,  bedeckt  mit 
wuchernden  Hügeln  von  der  allerunregelmäßigsten  Form,  welche  die 
erhöhten  Wundränder  oft  überragen , sich  aber  größtenteils  im  Zu- 
stande des  Zerfalls  befinden,  mit  mehr  oder  weniger  tiefen  Schwären 
bedeckt,  welche  bis  zu  den  Sehnen  der  Fingerstrecker  reichen.  Die 
Finger  der  vom  Geschwür  infizierten  Hand,  vermutlich  der  2.,  3.,  4. 
und  5.  sind  ein  wenig  gekrümmt  und  stark  angeschwollen.  Der 
Kranke  klagt  über  bedeutende  Schmerzen  in  der  Haud,  welche  ihn 
verhindern  mit  derselben  irgend  welche  Arbeit  zu  verrichten.  Die 
Ellenbogen-  und  die  Achseldrüse  sind  nicht  vergrößert  und  nicht 
durchzufühlen.  Der  Kranke  zehrt  sehr  ab  und  fällt  durch  sein  ent- 
kräftetes Aussehen  auf.  Alle  diese  Daten  ließen  auf  ein  primäres 
Hautcarcinom  der  Hand  schließen,  das  sich  aus  einer  Abschürfung 
der  ursprünglich  dem  Anscheine  nach  normalen  Haut  entwickelt  hatte, 
ohne  auf  die  benachbarten  Lymphdrüsen  überzngehen,  aus  welchem 
Grunde  dem  Kranken  eine  Amputation  des  unteren  Dritteils  des 
Unterarmes  in  Vorschlag  gebracht  wurde,  worauf  er  gern  einging. 
Die  Operation  wurde  im  Juni  d.  J.  in  dem  Krankenhause  des 
Kollegiums  Allgemeiner  Fürsorge  vom  Dr.  J.  J.  Step  an  off  voll- 
zogen und  der  abgeschnittene  Teil  des  Armes  nach  der  Operation  mir 
zur  mikroskopischen  Untersuchung  übergeben. 

Kleine  Stückchen  des  Geschwürs  wurden  von  mir  in  Flem- 
ming’sche  Flüssigkeit  gethan  und  sodann  auf  dem  gewöhnlichen 
Wege  in  Paraffin  eingeschlossen,  aus  welchem  Schnitte  mit  dem 
Mikrotom  hergestellt  wurden.  Die  Schnitte  wurden  darauf  mit  ver- 
schiedenen Färbmitteln  tingiert : mit  Borax-,  Ammoniak-,  Alaun-  uud 
Pikrinkarmin,  mit  Hämatoxylin,  Safranin,  Methylviolett  u.  a.  Am 
gelungensten  erwiesen  sich  die  durch  Safranin  gefärbten  Präparate, 
unter  nachträglicher  Behandlung  mit  einer  verdünnten  Lösung  von 
Alkohol  mit  Pikrinsäure. 


Zur  Lehre  von  den  Carcinomparasiten. 


345 


An  solchen  Präparaten  konnte  man  sogar  mit  bloßem  Auge  eine 
große  Anzahl  roter  Punkte  verschiedener  Größe  und  Gestalt  wahr- 
nehmen , welche  sich  auf  dem  allgemeinen  gelblichen  Fonds  ab- 
zeichneten. Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  erwiesen  sich  die 
gefärbten  Stellen  als  Carcinomperle,  deren  Anzahl  so  zahlreich  war, 
daß  man  an  jedem  Schnitte  ihren  Wuchs  und  ihre  Entwickelung  leicht 
beobachten  konnte. 

Wir  wollen  unsere  Beschreibung  mit  den  jüngeren  und  dem  An- 
scheine nach  erst  in  der  Bildung  begriffenen  Perlgeschwülsten  be- 
ginnen. Im  Centrum  derselben  befindet  sich  gewöhnlich  eine  ver- 
größerte, hypertrophische  Epithelialzelle.  Sie  liegt  den  benachbarten 
Zellen  dicht  an,  welche  sie  unter  dem  Einflüsse  ihres  eigenen  Wachs- 
tums und  ihrer  Vergrößerung  plattdrückt  und  welche  sie  wie  kleine 
Schalen,  die  auf  den  Schnitten  wie  kleine  Halbmonde  von  verschiedener 
Dicke  und  Größe  aussehen,  von  zwei  und  mehr  Seiten  umgeben.  Das 
Plattgedrücktwerden  der  Zellen  erstreckt  sich  auch  auf  die  weiter 
nach  außen  liegenden,  so  daß  auf  die  erste  Reihe  plattgedrückter 
Zellen  eine  zweite  u.  s.  w.  folgt,  bis  die  Zellen  der  letzten  Reihe  all- 
mählich in  gewöhnliche,  ihrer  Form  nach  unveränderte  Zellen  über- 
gehen. Gleichzeitig  mit  der  Vermehrung  der  Anzahl  der  abgeplatteten 
Zellenschichten  erfolgt  ihre  Verhornung,  welche  vom  Centrum  aus 
beginnt. 

Die  Ursache  der  Hypertrophie  der  Centralzellen  untersuchend, 
kaun  man  wahrnehmen,  wie  im  Protoplasma  vieler  dieser  Zellen  ein 
Körperchen  von  gewöhnlich  runder,  länglicher,  häufig  aber  unregel- 
mäßiger Form  sich  befindet.  Diese  Körperchen  sind  sogar  an  un- 
gefärbten Präparaten  deutlich  wahrnehmbar  wegen  ihrer  dunkel- 
braunen, von  der  Osmiumsäure  herrührenden  Schattierung,  was  auf 
ihren  Reichtum  an  Protoplasma  hindeutet.  Das  Körperchen,  allmäh- 
lich größer  werdend,  drängt  den  Kern  der  Epithelialzelle  nach  dieser 
oder  jener  Seite  der  Peripherie  hin,  so  daß  bei  der  beträchtlichen 
Größe  des  Körperchens  von  der  vergrößerten  Epithelialzelle  kaum 
nur  ein  schmaler  Reif  übrig  bleibt,  an  dessen  Rande  der  leicht  ab- 
geplattete Kern  sich  befindet.  Zwischen  dem  Körperchen  und  dem 
Protoplasma  der  Zelle  kann  man  stets  eine  helle  Zone  beobachten, 
woraus  sich  schließen  läßt,  daß  das  Körperchen  in  einer  Vakuole 
liegt.  Die  Größe  der  beschriebenen  Gebilde  in  den  Zellen  ist  eine 
sehr  verschiedene;  man  trifft  deren  sehr  kleine,  aber  auch  so  große, 
daß  sie  den  Umfang  der  größten  Carcinomzellen  übersteigen.  Sie 
werden  durch  verschiedene  alkalische  Anilinfarben  grell  gefärbt  und 
behalten  diese  Färbung  sogar  bei  anhaltender  Entfärbung  der  Prä- 
parate durch  Alkohol,  wenn  alle  übrigen  Elemente  bereits  gänzlich 
oder  beinahe  ihre  Farbe  verloren  haben,  bei.  Dieses  Verhalten  der 
Körperchen  zu  den  Farben  und  ihre  bedeutende  Größe  erleichtert 
das  Auffinden  und  die  Untersuchung  derselben  sogar  bei  geringer 
mikroskopischer  Vergrößerung.  Wenn  man  ihren  inneren  Bau  durch- 
mustert, findet  man,  wenigstens  in  den  größeren,  erwachseneren 
Formen  derselben  1,  2 oder  3 Kerne,  welche  ein  wenig  gekörnt  sind 
und  sich  stärker  färben,  als  das  ganze  übrige  Protoplasma.  Chro- 
matinfasern , wie  auch  kleine  Kerne  sind  in  ihnen  nicht  wahr- 


346 


M.  Kurloft, 


zunehmen;  ihre  Umrisse  sind  nicht  scharf  begrenzt,  das  Protoplasma 
der  Körperchen  selbst  ist  gleichmäßig  kleinkörnig.  In  einigen  Ele- 
menten kann  man  noch  kleine  Teile  eines  dunkelbraunen  Pigmentes 
in  verschiedener  Menge  erkennen.  Der  Umriß  der  beschriebenen 
Körperchen  ist,  wie  schon  erwähnt,  nur  zum  Teil  ein  rundlicher, 
gewöhnlich  sind  die  Ränder  der  Körperchen  ungleich  und  lassen  hier 
und  da  Erhöhungen  erkennen.  Diese  letzteren  sind  in  einigen 
Exemplaren  so  bedeutend,  daß  sie  aus  der  Zelle  in  Art  von  Aus- 
läufern von  verschiedener  Länge  heraustreten.  Wenn  diese  Aus- 
läufer klein  sind,  so  befinden  sie  sich  in  der  hypertrophischen  Zelle, 
wenn  sie  aber  lang  sind,  so  durchbohren  sie  ihre  Zelle  und  dringen 
in  die  Nachbarzelle  ein  oder  sie  drängen  die  beiden  Zellen  aus- 
einander und  lagern  sich  frei  zwischen  ihnen.  Die  Größe  und  die 
Form  dieser  Ausläufer  — Pseudopodien  — ist  eine  sehr  verschiedene. 
In  einigen  Fällen  sind  sie  kurz,  in  anderen  aber  überragt  ihre  Länge 
den  Durchmesser  des  Körperchens,  aus  dem  sie  herausgetreten,  um 
lOmal  und  mehr.  Sie  sind  bald  fein  wie  Fäden,  bald  zeichnen  sie 
sich  durch  ihre  Dicke  aus,  wobei  sie  mit  der  Entfernung  von  der 
Zelle  allmählich  dünner  werden,  zuweilen  aber  stellenweise  Erweite- 
rungen von  unregelmäßiger  Form  aufweisen.  Wenn  dieser  Ausläufer 
ein  einziger  ist,  so  verläuft  er  gewöhnlich  in  gerader  Richtung  in 
Art  eines  Schwänzchens,  das  aus  einem  rundlichen  Köpfchen  hervor- 
geht, wobei  der  Kern  stets  im  Köpfchen  zurückbleibt,  wenigstens 
habe  ich  in  den  Pseudopodien  niemals  einen  Kern  beobachten  können. 
Zuweilen  dreht  sich  der  Ausläufer  an  seinem  Ende  spiralförmig,  und 
zuweilen  entsendet  er  nach  einer  oder  beiden  Seiten  Nebenzweige. 
Oft  kann  man  von  sehr  großen  Körperchen  zwei  oder  mehr  Ausläufer 
ausgehend  beobachten,  von  den  kleineren  öfter  nur  einen  langen.  So 
viel  ich  aus  meinen  Präparaten  schließen  konnte,  scheint  es  mir,  daß 
das  Körperchen  mittelst  dieser  Ausläufer  seine  Stelle  verändern  und 
aus  einer  Zelle  in  die  andere  übergehen  kann.  Ich  konnte  beobachten, 
wie  ein  solches  Pseudopodium,  fein  wie  ein  Faden,  in  eine  benach- 
barte, mehr  oder  weniger  entfernte  Zelle  tief  eindrang  und  an  seinem 
Ende  eine  knopfförmige  Verdickung  bildete.  In  anderen  Fällen  war 
das  in  die  Nachbarzelle  eindringende  Pseudopodium  ein  dickeres,  und 
seine  Vergrößerung  in  der  Zelle  nahm  so  zu,  daß  es  den  Umfang 
der  Ursprungszelle  übertraf.  Es  scheint,  daß  das  Protoplasma  des 
Körperchens  vermöge  dieses^verdickten  Füßchens  in  die  Nachbarzelle 
überfließt. 

Aus  dem  Dargelegten  kann  man,  glaube  ich,  den  Schluß  ziehen, 
daß  die  von  uns  beschriebenen  Gebilde  lebende  Parasiten  sind:  indem 
sie  sich  in  der  Epithelzelle  festsetzen,  rufen  sie  eine  Hypertrophie 
derselben  hervor  und  tragen  demnach  zur  Bildung  von  Epithelial- 
Perlgeschwülsten  bei.  Sie  sind  imstande,  ihre  Form  zu  verändern, 
indem  sie  Ausläufer  von  verschiedener  Größe  von  sich  entsenden,  die 
zuweilen  sehr  lang  sind  und  zuweilen  sich  verzweigen.  Vermittelst 
dieser  Pseudopodien  können  sie  sich,  dem  Anscheine  nach,  von  einem 
Orte  zum  anderen  fortbewegen  und  gehen  aus  einer  Zelle  in  die 
andere  über.  Unzweifelhaft  zeichnen  sie  sich  demnach  durch  lebende 
Eigenschaften  aus  und  bedingen  den  Anfang  der  für  Carcinome  so 


Zur  Lehre  von  den  Carcinomparasiten. 


347 


charakteristischen  anatomischen  Veränderungen,  aus  welchem  Grunde 
man  sie,  meiner  Ansicht  nach,  im  gegebenen  Falle  für  Erreger  des 
pathologischen  Prozesses  — des  Carcinoms  durch  Parasiten  — 
halten  muß. 

Jetzt  fragt  es  sich:  in  welcher  Beziehung  steht  der  von  mir 
gefundene  Carcinomparasit  zu  dem  von  Prof.  Korotneff  beschrie- 
benen ? Wenn  wir  aus  der  ganzen  Gruppe  der  von  mir  beschriebenen 
Parasitenbilder  nur  bei  denjenigen  stehen  bleiben,  bei  welchen  der 
Parasit  nur  ein  langes  Pseudopodium  hervorstreckt,  und  bei  den 
jungen  Formen  desselben,  die  sich  bereits  in  der  Zelle  entwickeln, 
so  werden  die  beschriebenen  Formen  ganz  dem  Rhopal ocephalus 
canceromatosus  entsprechen,  der  im  erwachsenen  Zustande  als 
schmales,  langes  Band  mit  einer  keulenförmigen  Erweiterung  am 
vorderen  Ende  erscheint,  in  welchem  ein  grobkörniger  Kern  ein- 
gelagert ist,  der  keine  scharfen  Umrisse  hat  und  weder  Chromatin- 
fäden noch  kleine  Kerne  enthält.  Dieser  Parasit  entwickelt  sich  im 
Innern  der  Epithelialzellen,  welche  hypertrophisch  vergrößert  werden 
und  aus  welchen  er  heraustritt,  sobald  er  eine  beträchtliche  Größe 
erlangt  hat.  Die  jungen  Exemplare  stellen  sich  als  kleine  eierartige 
Körperchen  dar,  mit  einem  schwach  ausgeprägten  Kerne,  und  sind 
ebenfalls  im  Protoplasma  der  Epithelialzellen  abgelagert.  Bei  reich- 
licher Nahrungszuführung  erwächst  der  junge  Parasit  zur  typischen 
langgeschwänzten  Form ; wenn  aber  das  Nahrungsmaterial  gering  ist, 
dann  nimmt  der  Parasit  nur  die  rundliche  Form  an  und  umgiebt 
sich  mit  einer  doppeltkonturierten  Kapsel;  der  Kern  zeichnet  sich 
scharf  ab,  und  in  demselben  erscheinen  Chromatinfasern  und  kleine 
Kerne,  in  welchem  Zustande  der  Parasit  stark  an  eine  Coccidie 
erinnert,  und  in  letzterer  erblickt  Prof.  Korotneff  die  Ausgangs- 
form aller  verschiedenen  Veränderungen  des  von  ihm  entdeckten 
Parasiten,  und  zwar:  im  Innern  dieser  inkapsulierten  Zelle  bildet 
sich  ein  besonderes  Körperchen  von  länglicher,  ovaler  Form  mit 
einem  zugespitzten  Ende;  dieses  Körperchen  — Zooid  — tritt  aus  der 
Kapsel  hervor,  dringt  in  eine  der  Epithelialzellen  ein  und,  je  nach 
dem  Nahrungsmaterial,  verkapelt  es  sich  entweder  oder  es  erwächst 
zu  der  spitz  zulaufenden  großen  Form.  Außer  den  eben  beschriebenen 
Zooiden  entwickeln  sich  in  solchen  inkapsulierten  Zellen  noch  andere 
Gebilde  — Sporozoiden  — in  Art  von  sichelförmigen,  ein  wenig  ge- 
krümmten Körperchen,  welche  von  einer  hyalinen  Cyste  umgeben  sind, 
in  deren  Innerem  an  der  Achse  des  Körperchens  ein  Plasma  sich 
ausbreitet,  welches  keine  Spuren  eines  Kernes  enthält.  Man  kann  an- 
nehmen, daß  das  Sporozoid  das  oben  erwähnte  Zooid  ist,  aber  von 
einer  hyalinen  Cyste  umgeben.  Nachdem  das  Sporozoid  aus  der 
Kapsel  herausgetreten,  wirft  es  die  hyaline  Cyste  ab  und  erwächst, 
ohne  in  die  Epithelialzelle  einzudringen,  zur  Amöbe,  welche  sich 
zwischen  den  Zellen  einlagert  und  in  das  Bindegewebe  eindringt,  in 
welchem  diese  Amöbe  längs  den  Lymphgängen  mit  fortwandert.  Bei 
der  weiteren  Vergrößerung  des  intercellularen  Raumes,  den  die 
Carcinomamöben  eingenommen  haben,  bildet  sich  um  diesen  Raum 
aus  den  umgebenden  Geweben  eine  Cyste  von  unregelmäßiger  Form. 
In  diesen  Cysten  schließen  sich  die  Amöben  nun  ein,  indem  sie  sich 


348 


M.  Kurloff, 


an  den  Wänden  nur  mit  ihren  Pseudopodien  befestigen,  und  ohne  die 
Cyste  ganz  auszufüllen.  Im  Inneren  einer  solchen  eingeschlosseuen 
Amöbe  bilden  sich  die  Zooiden  und  Sporozoiden,  welche  sich  nun 
nach  allem  Dargelegten  entwickeln:  die  Zooiden  zu  geschwänzten 
Formen  oder  zu  Coccidien,  die  Sporozoiden  aber  aufs  neue  zu 
Amöben  *). 

Den  von  Prof.  Korotneff  beschriebenen  Cyklus  der  Entwickelung 
des  Parasiten  an  meinen  Präparaten  zu  beobachten,  ist  mir  nicht  ge- 
lungen. Ich  kann  nur  sagen,  daß  auch  ich  oft  Zellen  angetroflen 
habe,  welche  von  doppeltkonturierten  Kapseln  umgeben  waren.  Diese 
Zellen  entsprachen  allen  ihren  Eigenschaften  nach  den  Epithelial- 
zellen, in  deren  Mitte  sie  belegen  waren,  aber  sie  hatten  keine  Spur 
von  dornartigen  Auswüchsen,  und,  wie  bereits  erwähnt,  sie  waren 
von  einer  hellen  Cyste  umgeben,  was  bei  Epithelialzellen  nicht  vor- 
kommt. Es  ist  mir  indes  nicht  gelungen,  bei  ihnen  die  Entwickelung 
eines  Zooids  oder  Sporozoids  zu  beobachten,  weshalb  ich  mir  auch 
erlaube,  die  Art  der  Entwickelung  der  von  mir  untersuchten  Parasiten 
nicht  weiter  zu  berühren.  Es  ist  leicht  möglich,  daß  derselbe  nicht 
gleicher  Art  war,  wie  der  von  Prof.  Korotneff  beschriebene  Parasit. 
Seinen  Eigenschaften  nach  erinnerte  er  an  eine  große  Amöbe,  welche 
nach  allen  Seiten  Ausläufer  entsendet,  die  sich  zuweilen  verzweigen; 
außerdem  waren  viele  Exemplare  der  von  mir  beobachteten  Parasiten 
mit  einem  Pigment  versehen,  von  dem  Prof.  Korotneff  in  seiner 
Mitteilung  nichts  erwähnt.  Solche  mit  Pigment  versehene  Formen 
trifft  man  in  großer  Anzahl  sich  frei  bewegend  zwischen  den  Epithelial- 
zellen, zuweilen  auch  im  Bindegewebe,  aber  die  größeren  Exemplare 
befinden  sich  zwischen  den  konzentrierten  Schichten  der  Epithelial- 
carcinomperlgesch wülste.  Und  diese  Zellen  färben  sich  grell  durch 
Safranin;  ihre  Form  ist  eine  rundliche,  ohne  Ausläufer,  und  man 
findet  in  ihnen  stets  eine  größere  oder  kleinere  Anzahl  von  Körnchen 
dunkelbraunen  Pigments  verschiedener  Größe.  In  der  Mehrzahl  der- 
selben kann  man  keinen  Kern  wahrnehmen.  Die  Anzahl  solcher  Ge- 
bilde innerhalb  der  Wände  der  Carcinomperle  ist  eine  verschiedene: 
gewöhnlich  trifft  man  1—2,  es  giebt  deren  aber  auch  zu  10  und 
in  letzterem  Falle  findet  man  sie  auch  im  Centrum  der  Kapsel.  Ob 
diese  rundlichen  Klümpchen  des  Pigmentprotoplasmas  irgend  welche 
spezielle  Veränderungen  der  konzentrisch  angeordneten , abgeplat- 
teten Perlgeschwulstzellen  bilden,  oder  ob  dieselben  ebenfalls  Para- 
siten sind,  wage  ich  nicht  zu  behaupten.  Ich  kann  nur  bemerken, 
daß  diese  Körperchen  in  vielen  Krebsperlen  gleichsam  wie  neue 
Centren  auftreten,  um  welche  sich  die  benachbarten  Epithelialzellen 
konzentrisch  gruppieren,  wodurch  aus  den  anfangs  ganz  regelmäßig 
kugelförmigen  Perlen  sich  unregelmäßig  gestaltete  Anhäufungen 
kleinerer  Perlen  bilden,  welche  in  ausgedehnten  Reihen  von  unregel- 
mäßiger Form  um  die  Mutterperle  umherliegen.  Auf  solche  Weise 
erscheinen  diese  Pigmentkörperchen  als  neue  Centren  der  Entwickelung 
neuer  Töchterperlgeschwülste,  und  wenn  man  demzufolge  anerkennt, 
daß  die  Mutterperlgeschwülste  sich  unter  dem  Einflüsse  des  Wachs- 


1)  Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  XIII.  No.  11  u.  12.  p.  373. 


Centralbl  f Baklenol.  u.  Parasiten k . Bd.  XV. 


Taril. 


l\(j  4r 


Fig.  8. 


Fig  6 


Kurl  off  nel. 


Ver]  v Gustav  Fischer  Jena 


Lith  Ansi  v A Glitsch , Jr  na 


Zur  Lehre  von  den  Carcinomparasiten. 


349 


tums  des  Krebsparasiten  entwickeln,  so  kann  man  nach  Analogie  an- 
nehmen, daß  diese  Pigmentkörperchen  ebenfalls  als  Parasiten  auf- 
treten,  aber  in  welcher  Beziehung  sie  zu  den  beschriebenen  Amöben- 
formen ohne  Pigment  stehen,  darüber  kann  ich  noch  nichts  Bestimmtes 
äußern,  da  es  mir  nicht  gelungen  ist,  irgend  welche  Uebergangsformen 
bei  ihnen  zu  beobachten. 

Indem  ich  meine  Mitteilungen  hiermit  schließe,  füge  ich  noch 
hinzu,  daß  meiner  Ansicht  nach  kaum  irgend  ein  Zweifel  an  der 
Parasitennatur  des  beschriebenen  Organismus  entstehen  kann.  Letzterer 
erscheint  von  solcher  Größe,  daß  man  ihn  selbst  bei  geringer  Ver- 
größerung — 300— 400  mal  — ohne  Mühe  beobachten  kann,  was  die 
Untersuchung  natürlich  sehr  erleichtert.  Es  wäre  daher  zu  wünschen, 
daß  die  Herren  Aerzte  und  namentlich  die  Chirurgen,  in  deren 
Händen  sich  ein  umfangreiches  Material  ansammelt,  diese  Bemerkungen 
nicht  unbeachtet  lassen  und  es  nicht  verabsäumen,  Fälle  von  primären 
Hautcarcinomgeschwülsten  von  sozusagen  nicht  typisch  lokalisierter 
Form  genau  zu  untersuchen.  Ich  habe  Grund,  anzunehmen,  daß  die 
primären  Hautcarcinome,  welche  an  Krebsperlen  reich  sind,  durch  den 
obenbeschriebenen  Parasiten  und  vielleicht  durch  verschiedenartige 
Formen  desselben  bedingt  werden,  und  ich  hoffe,  daß  diese  meine  Ver- 
mutung bald  ihre  Bestätigung  findet1). 

Zum  Schlüsse  muß  ich  meine  herzliche  Anerkennung  Herrn  Prof. 
A.  Dogiel  aussprechen,  welcher  alle  zur  Veröffentlichung  bestimmten 
Zeichnungen  von  den  mikroskopischen  Präparaten  gefertigt  hat.  Alle 
Zeichnungen  wurden  mittelst  der  Camera  lucida  von  Oberhäuser 
bei  einer  Vergrößerung  durch  Reichert’ s Obj.  8a  hergestellt. 

Tomsk,  den  4.  Dezember  1893. 

Beschreibung  der  Abbildungen. 

Abb.  1.  Ein  junger  Parasit  in  der  Epithelialzelle. 

Abb.  2.  Dieselbe  Form  eines  Parasiten  mit  kurzem  Ausläufer. 

Abb.  3.  Eine  große  Zelle  mit  doppeltkonturierter  Cyste  im  Inneren  der  ent- 
wickelten Perlgescbwulst.  (Vielleicht  ist  diese  Zelle  eine  von  den  Formen,  welche  von 
Prof.  Korotneff  als  coccidienförmige  Stufe  der  Entwickelung  des  R h o p a 1 o- 
cephalus  canceroma tosus  beschrieben  worden  ist.)  Nebenan  befindet  sich  ein 
Parasit  mit  einem  langen,  unregelmäßig  geformten  Ausläufer,  welcher  die  Kapsel  durch- 
dringt. 

Abb.  4.  Ein  großer  amöbenartiger  Parasit  mit  einem  Ausläufer,  der  die  Kapsel 
durcbdringt. 

Abb.  5 und  6.  Dergleichen  Parasiten  mit  einem  langen  Ausläufer.  Diese  Formen 
entsprechen  am  meisten  dem  Rhopalocephalus  canceromatosus. 

Abb.  7.  Ein  Parasit  mit  sich  abzweigenden  Pseudopodien. 

Abb.  8.  Eine  Parasitenform,  an  welcher  ersichtlich  ist,  daß  die  Pseudopodien  des 
Parasiten  stellenweise  Erweiterungen  und  Aestchen  bilden. 

Abb.  9.  Ein  Parasit,  welcher  mittelst  der  Pseudopodien  aus  der  Kapsel  in  die 
benachbarte  hypertrophische  Epithelialzelle  Übertritt. 


1)  Prof.  N.  A.  Rogowitsch,  welcher  sich  für  meine  Präparate  interessierte, 
untersuchte  einen  Fall  von  Unterschenkelcarcinom  und  fand  eine  beträchtliche  Anzahl 
von  Parasiten,  die  dem  beschriebenen  sehr  ähnlich  waren. 


350 


K.  B.  Lehmann, 


Ueber  die  Sauerteiggärung  und  die  Beziehungen  des 
Bacillus  levans  zum  Bacillus  coli  communis. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  in  Wiirzburg.] 

Von 

Prof.  Dr.  K.  B.  Lehmann  I). 

Zur  Brotbereitung  sind  gegenwärtig  2 Methoden  in  Gebrauch, 
die  eine  stellt  aus  Weizenmehl,  Hefe  und  Wasser  säurearme  Ge- 
bäcke  (Weißbrot)  her,  die  andere  erzeugt  mit  Hilfe  von  Sauerteig 
vorwiegend  aus  Roggenmehl  oder  Gemischen  von  Weizen-  und 
Roggenmehl  mehr  oder  weniger  dunkelfarbiges,  säurereiches  Brot 
(Graubrot,  Schwarzbrot). 

Die  Theorie  der  Weißbrotdarstellung  mit  Hilfe  von  Hefe  scheint 
längst  vollkommen  aufgeklärt.  Durch  Fermente  von  diastatischer 
Wirkung,  welche  im  Mehle,  namentlich  in  der  sogenannten  Kleber- 
schicht enthalten  sind,  wird  Stärke  in  Zucker  verwandelt  und  dieser 
durch  die  Hefe  zu  Alkohol  und  Kohlensäure  vergoren. 

Viel  weniger  klar  sind  zur  Zeit  trotz  vieler  und  mühsamer  Ar- 
beiten unsere  Kenntnisse  über  den  Vorgang  bei  der  Sauerteiggärung. 
Bekannt  und  von  keiner  Seite  bestritten  ist,  daß  der  Sauerteig,  d.  h. 
eine  vom  Tage  vorher  übrig  gebliebene  Teigprobe,  sowohl  Hefe  als 
Spaltpilze  in  reichlicher  Menge  enthalten,  aber  es  ist  streitig,  ob  die 
Bakterien  oder  die  Hefe  oder  beides  bei  der  Sauerteiggärung  das 
Maßgebende  sind. 

Bei  der  Wichtigkeit  der  Frage  habe  ich  Herrn  Alexander 
W olffin  aus  Warschau  veranlaßt,  in  meinem  Institute  nach  gründ- 
lichem Studium  der  Litteratur  die  ganze  Frage  nochmals  einer  ein- 
gehenden experimentellen  Prüfung  zu  unterziehen.  Derselbe  hat  in 
diesen  Tagen  eine  eingehende  Bearbeitung  der  Frage  für  einmal  ab- 
geschlossen und  wird  selbst  an  anderem  Orte  eingehend  seine  Ergeb- 
nisse referieren. 

Da  mir  die  erhaltenen  Resultate  nach  verschiedener  Richtung 
hin  sehr  interessant  zu  sein  scheinen  und  die  Publikation  der  aus- 
führlichen Arbeit  immer  noch  einige  Zeit  auf  sich  warten  lassen  kann, 
so  möchte  ich  mir  heute  erlauben,  die  bisherigen  Hauptresultate  dieser 
Arbeit  unter  Weglassung  aller  Litteraturangabe  und  Litteraturkritik 
kurz  vorzuführen. 

Gießt  man  direkt  Gelatineplatten  mit  einer  Aufschwemmung  von 
Sauerteig,  so  erhält  man  reichliche  Hefekolonieen,  die  im  wesent- 
lichen dem  Saccharomyces  minor  Engel  entsprechen.  Es  ist 
übrigens  auf  die  Identifizierung  dieser  Hefeart  bisher  wenig  Mühe 
verwendet  worden,  es  sind  Untersuchungen  hierüber  zur  Zeit  in 
unserem  Institute  noch  im  Gange,  Saccharomyces  minor  ist  über- 
haupt zur  Zeit  eine  nur  ungenügend  beschriebene  Art. 

Neben  den  Hefekolonieen  sieht  man,  man  mag  den  Nährboden 
wählen,  wie  man  will,  vereinzelte,  niemals  sehr  reichliche  Bakterien- 


1)  Nach  einem  Vortrage,  gehalten  am  3.  Februar  1894  in  der  physikalisch -medi- 
zinischen Gesellschaft  zu  Würzburg. 


Ueber  die  Sauerteiggärung  etc. 


351 


kolonieen.  Es  muß  dies  verwundern,  da  bei  direkter  mikroskopischer 
Betrachtung  von  gefärbten  Präparaten  aus  Sauerteig  die  Spaltpilze 
sehr  zahlreich  vorhanden  sind.  Läßt  man  aber  Agarplatten  aus 
Sauerteig  bei  Brüttemperatur  stehen,  so  bleiben  die  Hefepilze  unent- 
wickelt und  es  treten  nun  Spaltpilzkolonieen  in  großer  Zahl  und 
üppiger  Entwickelung  auf  der  Platte  auf.  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung der  Platten  ergiebt,  daß  eine  Spaltpilzart  wesentlich 
dominiert  und  daß  andere  Spaltpilze  nur  vereinzelt  und  unregelmäßig 
Vorkommen. 

Ich  lasse  die  letzteren,  obwohl  sie  von  Wolffin  auch  näher 
untersucht  worden  sind,  bei  meiner  heutigen  Mitteilung  ganz  außer 
acht. 

Das  in  Menge  vorkommende  Bakterium,  das  wir  aus  gleich  zu 
beschreibenden  Gründen  Bacillus  levans  (levare  heben)  ge- 
nannt1) haben,  zeigt  folgende  Haupteigenschaften.  Es  wächst  auf 
Gelatineplatten  als  weißliche,  saftige  Auflagerung,  verflüssigt  die 
Gelatine  niemals,  zeigt  bei  schwacher  Vergrößerung  scharfrandige,  fein 
granulierte  Kolonieen  mit  etwas  hellerer  Randzone,  etwas  dunklerem 
Centrum,  ab  und  zu  ist  eine  maulbeerartige  Struktur  der  Kolonie 
angedeutet  oder  ausgebildet.  Der  Organismus  ist  fakultativ  anaerob, 
wächst  auch  in  Kohlensäureatmosphäre.  Ab  und  zu  treten  schon  in 
zuckerfreier  Fleischwasserpeptongelatine  einzelne  Gasblasen  auf.  Ge- 
waltig ist  die  Gasbildung  in  zuckerhaltiger  Gelatine  oder  zucker- 
haltigem Agar,  sowohl  bei  Platten-  als  bei  Stich-  und  Schüttelkultur» 
Die  Agar-  und  Gelatinestichkultur  zeigt  übrigens  keine  hervorragen- 
den Merkmale:  Ziemlich  großes  Oberflächenwachstum  als  üppiger 
Rasen  fehlt  nie,  aber  ebensowenig  gutes  Wachstum  im  Stich. 

In  Bouillon  erzeugt  der  Pilz  alsbald  Trübung,  in  Zuckerbouillon 
heftige  Gasbildung  (Gärung).  Auf  Kartoffeln  wächst  er  als  gelblich- 
weißer, schleimiger,  scharf  begrenzter  Rasen.  Die  mikroskopische 
Betrachtung  zeigt  kürzere  oder  längere  Stäbchen. 

Eigenbewegung  fehlt  nie,  sie  ist  meist  sehr  lebhaft. 

Geißelfärbung  ist  nicht  versucht,  Sporen  fehlen. 

Die  Gase,  die  in  Zuckerbouillon  erhalten  werden,  bestehen,  ab- 
gesehen von  etwas  Stickstoff,  nach  zahlreichen  Untersuchungen  etwa 
zu  1I3  aus  Wasserstoff,  zu  a/3  aus  Kohlensäure.  Kohlenwasserstoffe 
waren  keine  zu  finden.  In  zuckerfreier  Fleischinfuspeptonbouillon 
wird  nur  ein  bescheidenes  Quantum  Wasserstoff  gebildet,  keine 
Kohlensäure. 

In  zuckerhaltigem  Nährboden  wird  eine  beträchtliche  Menge  von 
Säure  gebildet,  Essigsäure,  Milchsäure  und  Spuren  von  Ameisensäure 
wurden  nachgewiesen,  auf  Buttersäure  wird  noch  weiter  untersucht. 

Wir  haben  also  einen  Organismus  isoliert,  der  sowohl  imstande 
ist,  die  Säurebildung,  wie  die  Lockerung  des  Teiges  durch  Gasbildung 
bei  der  Sauerteiggärung  zu  erklären,  und  es  fragt  sich  nun,  ob  der 
Organismus  allein  vermag,  steriles  Mehl  in  Gärung  zu  versetzen. 


1)  Der  ausführlichen  Arbeit  bleibt  Vorbehalten,  zu  untersuchen,  inwieweit  unser 
Bacillus  levans  mit  dem  Bacillus  c von  Peters,  dem  Bacillus  panifi- 
cans  von  Laurent  und  dem  anaeroben  Bacillus  von  Popo  ff  stimmt. 


352 


K.  B.  Lehmann, 


Ein  Sterilisieren  von  Mehl  geschieht,  wie  wir  uns  überzeugten,  weit- 
aus am  leichtesten  dadurch,  daß  man  die  Mehlprobe  nach  dem  Vor- 
gänge von  Wollny  einige  Tage  bis  Wochen  unter  Aether  hält.  Nach 
Abdestillierung  des  Aethers  und  Versetzen  mit  sterilisiertem  Wasser 
ist  ein  sicher  steriler  Nährboden  vorhanden.  Impft  man  den  Inhalt 
eines  solchen  Kolbens  mit  unserem  Bacillus,  so  entsteht  bei  Brüt- 
temperatur eine  intensive  Gärung,  ein  starkes  Aufgehen  des  Teiges, 
sowie  kräftige  Säurebildung.  Die  gebildeten  Gase  und  Säuren  sind 
die  gleichen,  wie  die  aus  Zuckerbouillon  erhaltenen  und  der  Geruch 
des  gärenden  Teiges  ist  durchaus  identisch  mit  dem  einer  Mehlportion, 
die  mit  Sauerteig  angesetzt  worden  ist. 

Es  hat  sich  übrigens  gezeigt,  daß  auch  eine  unsterilisierte,  mit 
Wasser  versetzte  Mehlprobe  gauz  genau  in  die  gleiche  Gärung  gerät 
und  daß  aus  ihr  der  Bacillus  levans  fast  in  Reinkultur  jeden- 
falls ohne  Hefe  zu  gewinnen  ist. 

Nur  ein  interessanter  Unterschied  ist  bei  der  näheren  Unter- 
suchung zwischen  einer  mit  Bacillus  levans  und  einer  mit  Sauer- 
teig angesetzten  Mehlportion  hervorgetreten.  Es  fehlte  nämlich  in 
den  Gasen,  die  die  mit  Sauerteig  versetzte  Portion  bildete,  regel- 
mäßig der  Wasserstoff,  währenddem  er  ebenso  regelmäßig  in  Proben 
auftritt,  bei  denen  Mehl  ohne  Zusatz  oder  sterilisiertes  Mehl  mit 
Bacillus  levans  gärte.  Da  die  mikroskopische  Untersuchung 
in  beiden  letzteren  Fällen  stets  ein  Fehlen  von  Hefe  nachweist,  ein 
Resultat,  was  auch  durch  die  Kultur  bestätigt  wird,  während  im  mit 
Sauerteig  beschickten  Kolben  regelmäßig  neben  Bacillus  levans 
Hefe  in  reichlicher  Menge  vorhanden  ist,  so  ist  zu  vermuten,  daß 
die  Hefe  an  dieser  verschiedenen  Beschaffenheit  der  Gärungsgase 
schuld  ist. 

Eigens  zur  Kontrolle  dieser  Vermutung  angestellte  Versuche 
bestätigten,  daß  die  Wasserstoff bildung  ausblieb,  sowie  man  sterili- 
siertes Mehl  gleichzeitig  mit  Bacillus  levans  und  mit  Hefe  in- 
fizierte. Eine  befriedigende  Erklärung  dieser  Wirkung  der  Hefe  ver- 
mögen wir  zur  Zeit  nicht  zu  geben.  Ob  die  Hefe  auf  die  Menge  der 
durch  den  Bacillus  levans  gebildeten  Säure  auch  vermindernd 
einwirkt,  ist  bisher  noch  nicht  untersucht,  dagegen  steht  fest,  daß 
mit  Sauerteig,  d.  h.  mit  Hefe  und  Bacillus  levans  rascher,  also 
auch  bei  geringerem  Säuregehalt  eine  maximale  Gärung  eintritt,  als 
wenn  der  Bacillus  levans  das  Gärungsgeschäft  allein  besorgt. 
Immerhin  ist  sicher,  daß  Bacillus  levans  allein  ausreicht,  um 
eine  intensive  Teiggärung  zu  erzeugen  und  wie  Backversuche  nach- 
wiesen, ist  das  mit  Bacillus  levans  allein  bereitete  Brot  nicht 
nur  genießbar,  sondern  auch  wohlschmeckend. 

Abgesehen  von  diesen  mehr  praktischen  Ergebnissen  hat  aber 
die  Arbeit  des  Herrn  Wo  1 ff  in  noch  ein  allgemeines,  großes  bakterio- 
logisches Interesse.  Es  war  ihm  aufgefallen,  daß  der  Bacillus 
levans  in  einer  Reihe  seiner  wesentlichen  Merkmale  mit  dem  als 
Darmbewohner  bekannten  Bacillus  coli  communis  überein- 
stimmt. Eingehende  Vergleichungen  haben  nun  gezeigt,  daß  morpho- 
logische Abweichungen  nicht  zu  entdecken  sind.  Die  Gasbildung  ist 
bei  coli  communis  ebenso  intensiv  wie  bei  levans.  Man  kann 


Ueber  die  Sauerteiggärung  etc. 


353 


sogar  mit  coli  sterilisiertes  Mehl  wunderschön  zu  Aufgehen  und 
Gären  bringen.  Einer  unserer  Bac.  coli  war  1890  von  Kral 
bezogen,  der  andere  ist  selbst  aus  Darminhalt  gezüchtet. 

Nur  in  2 Punkten  ist  in  biologischer  Hinsicht  ein  leichter  Unter- 
schied von  coli,  wie  er  gewöhnlich  beschrieben  wird,  zu 
konstatieren. 

Erstens  ist  uns  noch  kein  Bacillus  levans  vorgekommen, 
der  die  Milch  koaguliert,  und  zweitens  enthalten  die  Gase,  die  c o 1 i 
aus  Zuckerbouillon  und  Mehl  produziert,  nicht  J/ 3 Wasserstoff  und 
2/3  Kohlensäure,  sondern  ungefähr  2/3  Wasserstoff  und  V s Kohlen- 
säure. 

Will  man  auf  diese  Merkmale  hin  einen  Unterschied  zwischen 
dem  Bacillus  levans  und  demBacillus  coli  communis  be- 
gründen? Ich  möchte  diese  Frage  vorläufig  unentschieden  lassen, 
wir  haben  auch,  um  den  vorsichtigsten  Standpunkt  einzunehmen, 
unserem  Organismus  einstweilen  einen  neuen  Namen  beigelegt.  Ich 
muß  aber  bekennen,  daß  bei  der  bekannten  Variabilität  des  Ba- 
cillus coli  communis  dieser  Unterschied  mir  sehr  wenig  schwer- 
wiegend erschien. 

Es  sind  in  neuerer  Zeit  mehrfach  Rassen,  Varietäten  beschrieben 
worden,  denen  die  Fähigkeit  der  Milchgerinnung  abgeht.  Es  ist 
selbst  in  meinem  Laboratorium  eine  solche  Form  aus  dem  Darme 
gezüchtet,  und  Herr  Studiosus  Unkelhäuser  hat  durch  fortgesetzte 
Kultur  von  ursprünglich  sehr  stark  Zucker  vergärendem  coli  auf 
gewissen  Nährböden  eine  Rasse  gezüchtet,  welche  diese  ehemalige 
Fähigkeit  verloren  haben. 

Es  hat  dies  nach  den  Erfahrungen,  die  an  Bacillus  acidi 
lactici  in  vielen  und  so  auch  in  unserem  Laboratorium  gemacht 
worden  sind,  durchaus  nichts  Auffallendes. 

Ich  möchte  aber  auch  die  verschiedenen  prozentischen  Zusammen- 
setzungen der  Gärungsgase  nicht  für  einen  durchgreifenden  Unter- 
schied halten,  ehe  nachgewiesen  ist,  daß  die  vielen  Varietäten  des 
coli  immer  ein  Gas  von  der  oben  als  normal  angenommenen  Zu- 
sammensetzung liefern. 

Namentlich  die  Arbeit  von  Germano  und  Maure a enthält  so 
viele  Angaben  über  biologische  Rassen  des  Coli  — Indolbildung1), 
Vergärung  verschiedener  Zuckerarten,  Milchkoagulierung  sind  bei 
einzelnen  Formen  bald  vorhanden,  bald  fehlen  sie  — daß  unser  Ba- 
cillus levans  noch  sehr  wohl  in  den  Rahmen  des  Bacillus 
coli  im  weiteren  Sinne  hineiDgefügt  werden  kann. 

Wenn  es  auch  nicht  ausgeschlossen  scheint,  daß  weitere  Studien 
über  die  Coli  gruppe  gestatten  werden,  einzelne  relativ  gut  umschrie- 
bene Species  abzutrennen,  so  muß  ich  doch  offen  bekennen,  daß  ich 
nach  dem,  was  ich  bisher  aus  den  Studien  verschiedener  Schüler  über 
diese  Frage  abzuleiten  vermag,  es  für  viel  wahrscheinlicher  halte,  daß 
hier  in  der  That  eine  Gruppe  von  Organismen  vorliegt,  deren  Klassi- 

1)  Levans  bildet  kein  Indol,  vergärt  Dextrose  gut,  Maltose  schlecht,  Laktose 

nicht.  Ueber  diese  Punkte  enthält  die  ausführliche  Mitteilung  nähere  Angaben.  Auch 
wird  meine  Ansicht  über  das  Verhalten  von  levans  und  coli  von  Herrn  Wo  lffin 
noch  ausführlicher  und  mit  Berücksichtigung  der  Litteratur  dargelegt  werden. 


354 


Valerian  v.  Klecki, 


fikation  wegen  der  Variabilität  der  Merkmale  den  Bakteriologen  ebenso 
große  praktische  und  theoretische  Schwierigkeit  machen  wird,  wie  die 
Gattungen  Rosa  Kubus  und  Hieracium  den  Botanikern.  Es  sind  hier 
eingehende  Studien  über  die  Konstanz  der  an  zufällig  gefundenen 
Species  beobachteten  Merkmale  unter  verschiedenen  Kulturbedingungen 
dringend  notwendig  und  in  meinem  Institute  bereits  nach  verschie- 
denen Richtungen  begonnen. 

Zum  Schlüsse  wird  man  noch  fragen,  wie  es  mit  der  Pathogenität 
unseres  Pilzes  stehe.  Es  siud  bisher  nur  wenige  Versuche  in  dieser 
Richtung  gemacht,  die  am  Kaninchen  eine  langsam  zum  Tode  führende 
Erkrankung  ergaben,  ähnlich  wie  sie  namentlich  französische  Autoren 
auch  mit  wenig  virulenten  Rassen  des  Bacillus  coli  erhielten. 
Es  sollen  noch  Versuche  darüber  gemacht  werden,  ob  bei  längerer 
Kultur  auf  geeigneten  Nährböden  Bacillus  levans  eine  erhöhte 
Virulenz  erlangt. 

Jedenfalls  werden  diese  Ergebnisse  zur  Vorsicht  mahnen,  nicht 
aus  jedem  im  Wasser  gefundenen  c o 1 i artigen  Organismus  eine  Ver- 
unreinigung des  betreffenden  Wassers  durch  Fäkalien  abzuleiten. 
Ja  es  erscheint  möglich,  daß  dieser  Nachweis  seinen  Wert  vollkommen 
einbüßt,  wenn  genauere  Untersuchungen  Arten  der  Coli  gruppe  noch 
weiter  in  der  Umgebung  des  Menschen  nachweisen. 

Ueber  die  Herkunft  des  Bacillus  levans  sind  viele  Unter- 
suchungen vorgenommen  worden;  denn  obwohl  es  ja  feststand,  daß 
der  Organismus  im  Mehle  vorhanden  sein  muß,  wollte  er  sich  längere 
Zeit  auf  Platten,  die  mit  Mehlaufschwemmungen  angesetzt  waren, 
nicht  nachweisen  lassen.  Erst  allmählich  gelang  es,  den  Bacillus 
levans,  allerdings  stets  nur  spärlich,  auf  solchen  Platten  aufzu- 
finden. Im  Mehle  dominieren,  wie  die  Untersuchungen  meiner  Schüler 
Wolff  und  Steinitz  gezeigt  haben,  andere  Arten,  namentlich  ein 
langsam  verflüssigendes  gelbes  Kurzstäbchen  außerordentlich  gegen- 
über dem  Bacillus  levans.  Ueber  diese  letzteren  Untersuchungen 
soll  demnächst  im  Auszug  berichtet  werden. 

Würzburg,  den  10.  Februar  1894. 


Ueber  einige  aus  ranziger  Butter  kultivierte  Mikro- 
organismen. 

[Mitteilungen  aus  dem  bakteriologischen  Laboratorium  von  G.  Marp- 

mann  in  Leipzig.] 

Von 

Dr.  Valerian  v.  Klecki. 

Während  die  Milch  vielfach  Gegenstand  bakteriologischer  Unter- 
suchungen gewesen  ist,  hat  man  sich  mit  dem  Studium  der  Butter 
in  bakteriologischer  Beziehung  nur  wenig  beschäftigt. 

Im  Jahre  1890  untersuchte  R,  Krueger1)  eine  käsige  Butter, 


1)  Centralblatt  f.  Bakteriologie.  Bd.  VII.  1890.  No.  14 — 16.  p.  425. 


Ueber  einige  aus  ranziger  Butter  kultivierte  Mikroorganismen. 


355 


aus  welcher  er  6 Species  isolierte  und  beschrieb.  Diese  6 Species 
sind  die  folgenden: 

1)  Micrococcus  acidi  lactis, 

2)  Bacillus  fluorescens  non  liquefaciens, 

3)  Bacillus  acidi  la. ctici  (wahrscheinlich  identisch  mit  dem 

Hueppe’schen  Bacillus), 

4)  Saccharomyces  flava  lactis, 

5)  Saccharomyces  acidi  lactis, 

6)  Oidium  lactis. 

Heim1)  und  Gasperini2)  untersuchten  das  Verhalten  von 
einigen  pathogenen  Bacillen  in  der  Butter.  Aus  ihren  Beobachtungen 
geht  hervor,  daß  Cholerabacillen,  Typhusbacillen  und  Tuberkelbacillen 
in  Butter,  sogar  in  ranziger,  sich  lebensfähig  erhalten  können.  Diese 
Angaben  wurden  von  Hugo  Laser3)  nicht  bestätigt. 

Im  Jahre  1891  untersuchte  Lafar4)  unter  verschiedenen  Be- 
dingungen aufbewahrte  Butter  in  Beziehung  auf  ihren  Bakteriengehalt 
und  beschrieb  zwei  neue  Mikroorganismenformen:  Bacterium  butyri 
colloideum  und  Bacillus  butyri  fluorescens.  Von  diesen 
beiden  Species  verträgt  die  erste  einen  bis  zu  10  Proz.  steigenden 
Kochsalzzusatz,  sowie  längere  Einwirkung  von  Kälte,  während  die 
zweite  gegen  Kochsalzzusatz  und  Kälte  sehr  empfindlich  ist.  Außer- 
dem fand  Lafar  in  der  von  ihm  untersuchten  Butter  einigemal  das 
Bacterium  aerogenes  Escherich,  häufig  Sproßpilze  und  den 
Bacillus  acidi  lactici  Hueppe. 

Während  Lafar  den  von  ihm  beschriebenen  Bakterien  keinen 
Einfluß  auf  das  Ranzig  werden  der  Butter  zuschreibt,  soll  nach 
Storch5)  eine  die  Milch  säuernde  und  koagulierende  und  die 
Form  gewöhnlicher  Milchsäurebakterien  habende  Form  den  widerlich 
talgigen  Geschmack  der  Butter  hervorrufen.  Ferner  hat  Weig- 
mann6)  beobachtet,  daß  Butter,  welche  aus  einem  mit  einem  von 
ihm  beschriebenen  Bakterium,  welches  der  Milch  einen  bitteren  Ge- 
schmack verleiht,  infiziertem  Rahme  hergestellt  war,  schmierig  und 
schwach  ranzig  wurde.  Bacterium  mycoides  verändert,  nach 
Weigmann,  die  Butter  in  dieser  Weise  nicht. 

Adametz7)  beobachtete  sehr  rasche  Zersetzung  von  Butter, 
welche  aus  einem  Rahme  hergestellt  wurde,  der  aus  mit  dem 
Bacillus  lactis  visco sus  Adametz  infizierter  Milch  gewonnen 
wurde.  Da  nach  den  Untersuchungen  von  Adametz  der  Bacillus 
lactis  viscosus  an  und  für  sich  nicht  imstande  ist,  weder  das 
Butterfett  zu  zerlegen,  noch  den  Milchzucker  zu  Buttersäure  zu  ver- 
gären, so  schließt  Adametz,  daß  gewisse,  von  dem  Bacillus 
lactis  viscosus  gebildeten  Produkte  für  die  Entwickelung  solcher 


X)  Arbeiten  aus  dem  kaiserl.  Gesundheitsamte  Berlin.  V.  p.  294. 

2)  Giornale  della  R.  Soc.  d’Igiene.  Milano  1890.  (Ref.  Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  VII. 
1890.  p.  641.) 

3)  Ref.  Biedermann ’s  Agrikultur-Chem.  Centralbl.  1892.  p.  787. 

4)  Bakteriologische  Studien  über  Butter.  Inaug.-Diss.  Leipzig-München  1891. 

5)  A.  Eoch's  Jahresb.  üb.  Gärungsorganismen.  I.  1890.  p.  85. 

6)  Ueber  bittere  Milch.  (Milchzeitung.  XIX.  1890.  p.  881.) 

7)  Landw.  Jahrbücher.  Bd.  XX.  1891.  p.  195. 


356 


Valerian  v.  Elecki, 


Organismen  besonders  günstig  sind,  welche  dann  diese  Veränderungen 
hervorrufen. 

Conn1)  beobachtete  in  einer  Butter,  welche  aus  1/2  Stunde  auf 
70°  erhitztem  Rahme  hergestellt  war,  der  mit  einem  von  Conn 
gezüchteten  Micrococcus  infiziert  war,  ranzigen  Geschmack  und 
schlechtes  Aroma.  Der  Conn’sche  Micrococcus  erzeugt  in  Milch 
Buttersäure. 

Nach  C.  O.  Jens  en 2)  beruhen  einige  Butterfehler  auf  Zersetzungen, 
welche  von  verschiedenen  Mikroorganismen  eingeleitet  werden.  Einige 
dieser  Mikroorganismen  wurden  von  Jensen  isoliert.  In  dem  Bacil- 
lus foetidus  lactis  fand  Jensen  den  Erreger  eines  Butterfehlers, 
der  sich  in  einem  süßlich-faulen  Gerüche  und  Geschmacke  der  Butter 
äußert;  die  Butter  wird  dann  „rübig“,  „turnipsartig“  bezeichnet. 
Eine  andere  Form  (Bb  A I),  eine  kleine,  ovale  Bakterie,  ist  eine  der 
Ursachen  des  als  „Oeligkeit“  bezeichneten  Butterfehlers.  Micro- 
coccus V und  eine  kleine,  ovale  Bakterie  KA4  bewirken  den  dumpf- 
bratigen  Geruch  und  Geschmack  der  Butter. 

Die  Mikroorganismen  veranlassen  aber  in  der  Butter  nicht  bloß 
unerwünschte  Zersetzungen  („Butterfehler“).  Nach  den  Untersuchungen 
von  Storch3)  und  von  Weigmann4)  verdanken  wir  das  an- 
genehme Aroma  der  Butter  bestimmten,  im  Rahme  vorkommenden 
Milchsäurebakterien. 


Aus  einer  chemischen  Untersuchung  über  das  Ranzigwerden  der 
Butter,  die  ich  letzthin  ausgeführt  habe  und  die  bereits  erschienen 
ist 5),  entnehme  ich  die  Beschreibung  von  5 aeroben  Species,  die  es 
mir  gelungen  ist,  aus  der  ranzigen  Butter,  welche  ich  zu  meinen 
chemischen  Untersuchungen  benutzt  hatte,  rein  zu  kultivieren. 

Trotzdem  die  Quellen,  aus  denen  Bakterienkeime  in  die  Butter 
gelangen  können,  gar  mannigfache  sind,  indem  in  der  Milch,  im 
Rahme,  im  Wasser,  welches  beim  Auswaschen  der  Butter  benutzt 
wird,  und  in  der  Luft  eine  große  Anzahl  von  verschiedenen  Bakterien- 
formen stets  vorhanden  ist,  so  ist  es  jedenfalls  doch  nicht  zu  be- 
streiten, daß  nicht  alle  Bakterienspecies  in  einem  so  fettreichen  und 
eigentümlich  beschaffenen  Substrat,  wie  es  die  Butter  darstellt,  zur 
Entwickelung  gelangen  können.  Es  treten  daher  bei  der  bakterio- 
logischen Untersuchung  von  Butter  (namentlich  ranziger)  manche 
Erscheinungen  auf,  die  allgemeineres  Interesse  bieten:  so  habe  ich 
z.  B.  in  allen  meinen  Versuchen  stets  ein  sehr  langsames  Wachstum 
aller  Bakterienspecies  auf  den  Gelatineplatten  konstatieren  können, 
und  erst  durch  mehrfaches  Ueberimpfen  wurden  die  Bakterien  zu 
einer  rascheren  Entwickelung  angeregt.  Dies  läßt  sich  dadurch 
erklären,  daß  in  der  stark  ranzigen  Butter  die  größtenteils  von  den 
Bakterien  selbst  gebildete  Säure  denselben  eine  nur  kümmerliche 
Entwickelung  gestattet  und  erst  durch  das  Ueberimpfen  auf  zucker- 

1)  Centralblatt  f.  Bakteriologie.  Bd.  IX.  1891.  p.  653. 

2)  A.  Koch’s  Jahresb.  üb.  Gärungsorganismen.  II.  1892.  p.  181. 

3)  Milcbzeitung.  1890.  p.  304. 

4)  Landw.  Wochenbl.  f.  Schlesw. -Holst.  1890.  No.  29  u.  48. 

5)  Untersuchungen  über  das  Ranzigwerden  und  die  Säurezahl  der  Butter  von 
Dr.  Valerian  v.  Klecki.  Leipzig  (Verlag  von  Th.  Stauffer)  1894. 


Ueber  einige  aus  ranziger  Butter  kultivierte  Mikroorganismen. 


357 


haltigen  und  säurefreien  Nährböden  die  Bakterienkulturen  gleichsam 
aufgefrischt  werden. 

Was  die  Methode  der  Untersuchung  anbelangt,  so  habe  ich  nur 
weniges  darüber  anzugeben.  Ich  benutzte  das  übliche  Koch’sche 
Plattenkulturverfahren,  um  die  einzelnen  Species  zu  isolieren,  und 
verfolgte  das  Wachstum  derselben  auf  verschiedenen  Nährböden,  stets 
die  durch  Umimpfung  hervorgerufenen  Veränderungen  mikroskopisch 
verfolgend.  Daß  bei  allen  Untersuchungen  die  notwendige  Vorsicht 
(Sterilisation  etc.)  beobachtet  und  Kontrollierung  der  einzelnen  Be- 
funde öfters  vorgenommen  wurde,  braucht  wohl  nicht  besonders 
hervorgehoben  zu  werden.  Es  wurden  zunächst  aus  mit  der  Butter 
geimpfter  Nährgelatine  Platten  (2 — 3 Verdünnungen)  angelegt.  Die 
Aussaat  erfolgte  mehrere  Male  und  jedesmal  wurden  die  ausgewach- 
senen Kolonieen  sofort  in  Nährgelatineröhrchen  geimpft.  Dadurch 
wurde  ich  in  den  Besitz  einer  größeren  Anzahl  von  Kulturen  gesetzt, 
die  sich  bei  späterer  mikroskopischer  Untersuchung  zum  Teil  als 
Gemische  verschiedener  Formen,  zum  Teil  auch  als  identische  Formen 
erwiesen.  Nachdem  die  Kulturen  in  Milchpeptongelatine  gut  aus- 
gewachsen waren,  impfte  ich  mit  denselben  mit  Lackmoid  blau  gefärbte 
sterilisierte  Milch.  Diejenigen  Kulturen,  die  eine  Säuerung  der  Milch 
bewirkt  hatten  (von  22  Kulturen  bewirkten  11  Säuerung  der  Milch), 
wurden  alsdann  durch  mehrmalige  Aussaat  in  Petri’sche  Schalen 
oder  Anlegen  von  Platten  gereinigt.  Die  schließlich  erzielten  Rein- 
kulturen wurden  durch  Aussaat  in  Schalen  auf  ihre  Reinheit  geprüft 
und  zur  Untersuchung  des  Wachstums  auf  verschiedenen  Nährböden 
benutzt.  Als  Nährböden  benutzte  ich:  neutrale  Milchserumgelatine, 
sauere  und  alkalische  Fleischextraktgelatine,  Bierwürzegelatine,  Agar- 
Agar,  Fleischbouillon  mit  Traubenzuckerzusatz,  Kartoffeln  und  Milch. 
Die  Beweglichkeit  wurde  im  hängenden  Tropfen  in  Bouillon  beob- 
achtet. 

Diesen  allgemeinen  Angaben  lasse  ich  die  Beschreibung  der 
isolierten  5 Bakterienspecies  folgen: 

1)  Bacillen,  0,4  f.i  dick,  bis  2 /.i  lang  mit  abgerundeten  Enden, 
meist  zu  zweien  zusammenhängend  und  einen  Winkel  bildend.  Nach 
2 — 3 Tagen  erscheinen  auf  der  Gelatineplatte  porzellanweiße,  punkt- 
förmige Kolonieen.  Sie  wachsen  langsam  und  verflüssigen  die  um- 
liegende Gelatine  nicht.  Bei  mikroskopischer  Untersuchung  erscheinen 
die  Kolonieen  als  runde,  scharf  umgrenzte  Scheiben,  deren  Inhalt 
gleichmäßig  und  stets  am  Rande  hell,  im  Centrum  bräunlich  ist. 

In  Milchserumgelatine  (Stichkultur)  wächst  der  Bacillus 
dem  Impfstiche  nach  mit  weißer  Farbe  und  ziemlich  breit,  so  daß  der 
Impfstich  voluminös  erscheint;  oben  auf  der  Gelatineoberfläche  ent- 
steht eine  strahlenförmige  weiße  Auflagerung. 

In  alkalischer  Fleischextraktgelatine  bildet  sich  ein 
grauer  oberflächlicher  Belag  und  spärliches  Wachstum  dem  Impfstiche 
entlang. 

In  Bouillon  entsteht  nach  4 Tagen  bei  35°  C eine  starke 
Trübung  und  weißer  Bodensatz.  Nach  5 Tagen  konnte  in  der 
Bouillon  ein  Auswachsen  der  ursprünglich  ganz  kurzen  Bacillen  zu 
der  2 /.i  langen  Form,  wie  sie  in  den  sonstigen  Nährböden  überall 

XV.  Bd.  23 


358 


Valerian  v.  Klecki, 


gleichartig  zu  finden  war,  mikroskopisch  verfolgt  werden.  Auch  in 
der  Bouillonkultur  hingen  die  Stäbchen  meist  zu  zweien  zusammen. 
Die  Untersuchung  im  hängenden  Tropfen  zeigte  eine  deutliche  Eigen- 
bewegung dieser  Species. 

Auf  Agar-Agar  (Strichkultur)  entstand  eine  weiße,  bläulich 
opalisierende,  perlmutterartige  Auflagerung.  In  gefärbten  Präparaten 
war  die  winkelförmige  Anlagerung  der  Bacillen  zu  zweien  so  aus- 
geprägt, daß  dadurch  scheinbar  gekrümmte  Stäbchen  entstanden. 

Auf  Kar t offein  wuchsen  die  Bacillen  als  ein  bräunlich-weißer, 
unangenehm  riechender,  glänzender  und  gefurchter  Belag.  Das  Bild 
der  Bacillen  war  mit  demjenigen  der  auf  den  anderen  Nährböden 
gewachsenen  identisch. 

In  sterilisierte  Milch  eingeimpft,  bewirkt  der  Bacillus  eine 
Säuerung,  die  nach  4 Tagen  nach  der  Impfung  beginnt  und  am 
sechsten  Tage  sehr  deutlich  an  der  roten  Farbe  des  Lackmus- 
farbstoffes zu  erkennen  ist.  Die  Milch  wird  dabei  nicht  koaguliert. 

Um  durch  die  Bezeichnung  von  Mikroorganismen  mit  Zahlen 
u.  dgl.  entstehende  Konfusion  zu  vermeiden,  will  ich  diese  Species 
nach  dem  Fundorte  Bacillus  butyri  I bezeichnen. 

2)  Diplokokken  häufig  in  Ketten,  bis  zu  12  einzelnen  Kokken 
bestehend,  gelagert.  Durchmesser  ca.  1 fi.  In  allen  Nährböden  war 
diese  Form  unverändert  zu  beobachten. 

Auf  der  Gelatineplatte  wuchsen  diese  Diplokokken  sehr  langsam, 
so  daß  erst  nach  6 Tagen  ganz  kleine,  punktförmige  Kolonieen  zu 
bemerken  waren.  Bei  mikroskopischer  Untersuchung  erschienen  sie 
als  kleine,  runde,  weißgelbliche  Scheiben,  deren  Inhalt  gleichmäßig 
war.  Allmählich  trat  eine  langsame  Verflüssigung  der  umliegenden 
Gelatine  ein. 

In  Milchserumgelatine  wachsen  diese  Diplokokken  dem 
Impfstiche  langsam  entlang  und  bilden  nach  ca.  10  Tagen  einen 
weißen  Kanal  und  einen  großen  Verfiüssigungstrichter.  Auf  der 
Gelatiueoberfläche  bildet  sich  eine  charakteristische  kreideähnliche 
Auflagerung,  die  auf  der  verflüssigten  Gelatine  schwimmt. 

In  alkalischer  Fleischextraktgelatine  trat  nur  sehr 
spärliches  Wachstum  ein;  es  entstand  ein  kleiner,  trockener,  gelblich- 
weißer, oberflächlicher  Belag.  Verflüssigung  war  nicht  zu  beobachten. 

Die  Bouillon  trübte  sich  durch  Impfung  mit  den  Diplokokken 
schon  am  nachfolgenden  Tage.  Nach  5 Tagen  war  in  der  Bouillon- 
kultur eine  wolkenartige  Trübung  wahrnehmbar,  worauf  Abscheidung 
von  trockenen  Häuten  erfolgte,  welche  an  der  Gläschenoberfläche 
fettig  hafteten.  Bei  der  Untersuchung  im  hängenden  Tropfen  erwiesen 
sich  die  Diplokokken  als  unbeweglich. 

Auf  Agar-Agar  wuchsen  die  Diplokokken  als  weiße  Auf- 
lagerung, die  in  dickeren  Schichten  gelblich  erschien. 

Auf  Kartoffeln  bildeten  die  Diplokokken  eine  matte,  weiße, 
kreideähnliche  Auflagerung. 

In  sterilisierte  Milch  eingeimpft,  bewirken  die  Diplokokken  keine 
Veränderung  derselben. 

Die  beschriebene  Form  könnte  Diplococcus  butyri  genannt 
werden. 


Ueber  einige  aus  ranziger  Butter  kultivierte  Mikroorganismen. 


359 


3)  Bacillen  0,8  /x  bis  1,0  fx  dick,  2 fx  lang,  zu  Fäden  bis  10  /x 
lang  auswachsend. 

Diese  Bacillen  zeigten,  auf  verschiedenen  Nährböden  kultiviert, 
eigentümliche  Veränderungen  : 

Auf  der  Gelatineplatte  erscheint  nach  4—6  Tagen  die  Kolonie 
als  ein  weißer,  schwach  gelblicher,  schleimartiger  Punkt,  der  langsam 
an  Größe  zunimmt  und  den  Nährboden  nicht  verflüssigt.  Unter  dem 
Mikroskope  betrachtet,  zeigt  die  Kolonie  das  Aussehen  einer  ver- 
filzten, scharf  umgrenzten,  runden  Scheibe,  die  beim  weiteren  Wachs- 
tume  meist  linsenförmige  Gestalt  annimmt.  Die  oberflächlichen  Kolo- 
nieen  zeigen  eine  graue,  die  tiefer  liegenden  eine  gelbe  Färbung. 

In  Milchserumgelatine  macht  sich  schon  nach  24  Stunden 
ein  schwaches  Wachstum  längs  des  Impfstiches  bemerkbar.  Der 
Stichkanal  erscheint  zunächst  aus  einzelnen  weißen  jKörnchen  zu- 
sammengesetzt; später  bildet  sich  eine  gelblichweiße  Auflagerung  auf 
der  Oberfläche  der  Gelatine.  Die  Bacillen  erscheinen  in  Ketten,  die 
mit  einer  gemeinschaftlichen  Scheide  versehen  sind,  so  daß  man, 
namentlich  bei  stark  gefärbten  Präparaten,  den  Eindruck  von  dicken 
und  sehr  langen  Bacillen  gewinnt. 

In  Bierwürzegelatine  und  in  sauerer  Fleischextrakt- 
gelatine ist  das  Wachstum  und  die  Formverhältnisse  gleich  den 
in  der  Milchserumgelatine. 

In  alkalischer  Fleischextraktgelatine  bot  das  Wachs- 
tum nichts  Auffallendes;  in  mikroskopischen  Präparaten,  die  der 
alkalischen  Kultur  entnommen  wurden,  konnte  Sporenbildung  nach- 
gewiesen werden.  Die  Bacillen  waren  an  den  Enden  angeschwollen 
(bis  zu  1,5  /x  Dicke),  wodurch  sehr  deutliche  Sanduhrform  entstand. 
Die  endständigen  Sporen  konnten  nach  der  üblichen  Methode  der 
Sporenfärbung  (Karbolfuchsin,  Entfärben  und  Nachfärben  mit  Methylen- 
blau) gefärbt  werden. 

In  Bouillon  tritt  nach  dem  Einimpfen  dieser  Species  eine 
starke  Trübung  ein,  wobei  sich  aber  keine  Haut  bildet.  In  Bouillon- 
kulturen machte  der  Bacillus  noch  mehr  als  in  Milchserumgelatine- 
kulturen den  Eindruck  eines  sehr  großen  Stäbchens,  indem  die  Scheide 
und  die  Zusammensetzung  aus  einzelnen  Stäbchen  nur  bei  schärferer 
Beobachtung  sichtbar  waren.  Im  hängenden  Bouillontropfen  konnte 
deutliche  Eigenbewegung  dieser  Bacillen  beobachtet  werden;  die  ein- 
zelnen Teile  der  mit  der  Scheide  umgebenen  Form  zeigten  starke 
Lichtbrechung. 

Auf  Kartoffel  n bilden  diese  Bacillen  einen  dicken,  schmutzig- 
weißen, bläulich  schillernden,  feucht  glänzenden,  übelriechenden 
Belag.  In  Präparaten,  die  aus  Kartoffelkulturen  gemacht  wurden, 
war  die  äußere  Hülle  (Scheide)  der  Stäbchen  nur  sehr  schwer 
erkennbar,  so  daß  ein  Bild  von  scheinbaren  Streptokokken  erschien. 
Die  einzelnen  Stäbchen  zerfielen  somit  auf  den  Kartoffeln  in  einzelne 
kokkenähnliche  Gebilde.  Aus  Kartoffeln  in  Bouillon  zurückgeimpft, 
zeigten  die  Bacillen  wieder  dieselbe  große  Form,  an  der  sich  die 
Scheide  deutlich  erkennen  ließ.  Die  Form  dieser  Bacillen  erinnert  an 
diejenige  des  von  Miller1)  beschriebenen  Jodococcus  vaginatus. 


1)  Die  Mikroorganismen  der  Mundhöhle.  1892.  p.  63. 


23* 


360 


Valerian  v.  Klecki, 


Auf  Agar-Agar  bilden  sich  zuerst  sehr  kleine  weiße  Körn- 
chen, die  dann  zu  einer  weißen  Auflagerung  zusammenfließen.  In 
aus  Agarkulturen  angefertigten  mikroskopischen  Präparaten  war  der 
Zerfall  der  mit  Scheide  umgebenen  Bacillen  in  einzelne  Stäbchen 
nicht  so  deutlich  zu  sehen,  wie  in  den  aus  Kartoffel kulturen  an- 
gefertigten. Das  Bild  war  demjenigen,  welches  in  den  aus  Bouillon- 
kulturen gemachten  Präparaten  zu  Tage  trat,  genau  gleich.  Im 
gefärbten  (Methylviolett)  Zustande  waren  nur  die  kleinen  Stäbchen 
gefärbt,  während  die  Hüllen  sich  nicht  färbten,  jedoch  konnte  man 
an  nur  mit  Jod  gefärbten  Präparaten  die  Scheide  deutlich  erkennen 
und  gewann  das  Bild  der  Bacillen,  wie  es  in  Präparaten  aus  Milch- 
serumgelatinekulturen auftrat.  Eine  Blaufärbung  des  Zelleninhaltes 
mit  Jod  trat  nicht  auf. 

In  sterilisierte  Milch  eingeimpft,  bewirkten  die  Bacillen  keine 
Säuerung  derselben. 

Die  beschriebene  Form  will  ich , anschließend  an  das  von 
G.  Marpmann1)  gefundene  und  beschriebene  Bacterium  lim- 
batum  acidi  lactis  mit  dem  Namen  Bacillus  limbatus 
b utyri  belegen. 

4)  Tetrakokken  oder  aus  zwei  Doppelzellen  bestehende  Diplo- 
kokken; die  Länge  einer  Doppelzelle  beträgt  1,5  /<,  die  Dicke  1 /x . 
Die  Diplokokken  sind  entweder  zu  zweien  oder  zu  Ketten  und  Haufen 
vereinigt. 

Auf  der  Gelatineplatte  bilden  sich  nach  4 — 5 Tagen  weiße, 
schleimige  Pünktchen;  dieselben  erscheinen  unter  dem  Mikroskope 
als  etwas  gelbliche  und  leicht  granulierte,  scharf  umgrenzte  Scheiben, 
deren  Durchmesser  nach  10  Tagen  etwa  */ 5 mm  beträgt.  Ver- 
flüssigung der  Gelatine  wird  durch  diese  Tetrakokken  nicht  eiDgeleitet. 

In  Milchserumgelatine  wächst  dieser  Tetracoccus  lang- 
sam dem  Stiche  entlang  als  weißer  Streifen ; oberflächlich  bildet  sich 
ein  weißer  Belag  und  Einbuchtung  in  die  Gelatiuemasse. 

In  Bierwürzegelatine  und  in  alkalischer  Fleisch- 
extraktgelatine ist  das  Wachstum  minder  üppig,  bietet  aber 
sonst  nichts  Auffallendes. 

In  Bouillon  zeigt  sich  nach  einigen  Tagen  eine  geringe  Trü- 
bung. Im  hängenden  Tropfen  erweist  sich  diese  Species  als  un- 
beweglich. 

Auf  Agar-Agar  bildet  sich  ein  weißer  Belag  dem  Impfstiche 
nach,  die  Form  wächst  aber  auch  in  den  Nährboden  hinein. 

Auf  Kartoffeln  bilden  sich  ganz  kleine  ockergelbe  Pünktchen. 

In  sterilisierte  Milch  eingeimpft,  bewirken  die  Tetrakokken  eine 
Säuerung  derselben,  die  etwas  schwächer  ist  (sie  tritt  erst  nach 
5 — 6 Tagen  auf),  als  die  durch  den  Bacillus  b utyri  I veranlaßte. 
Die  Milch  wird  nicht  koaguliert. 

Diese  Species  kann  Tetracoccus  butyri  genannt  werden. 

5)  Bacillen  1,2  /.i  dick,  3 — 6 /x  lang,  mit  abgerundeten  Enden 
zu  längeren  Fäden  auswachsend. 


1)  Ueber  die  Erreger  der  Milchsäuregärung.  (Ergänzungshefte  zutn  Centralblatt  für 
allgemeine  Gesundheitspflege.  II.  1886.  2.) 


üeber  einige  aus  ranziger  Butter  kultivierte  Mikroorganismen. 


361 


Auf  der  Gelatineplatte  erscheinen  nach  einigen  Tagen  runde, 
weißliche  Kolonieen  mit  scharfem  Rande;  die  tiefer  liegenden  erscheinen 
gelb.  Im  Centrum  sind  die  Kolonieen  dunkler  gefärbt  und  besitzen 
eine  radial  gestreifte  Randzone.  Der  Inhalt  der  Kolonie  läßt  die 
Zusammensetzung  aus  einzelnen  Stäbchen  erkennen.  Nach  7 Tagen 
ist  der  Durchmesser  der  Kolonieen  im  Mittel  x/7  mm  groß.  Die 
Bacillen  verflüssigen  die  Gelatine  nicht. 

In  Milchserumgelatine  bildet  sich  dem  Impfstiche  entlang 
eine  aus  einzelnen  weißen  Körnchen  bestehende  weiße  Wolke;  ober- 
flächlich entsteht  eine  weiße  Auflagerung,  die  in  dickeren  Schichten 
grünlich  erscheint  und  zähe,  schleimige  Konsistenz  besitzt.  Das 
Wachstum  im  Stiche  erfolgt  langsam  und  ist  nur  ein  spärliches. 

In  Bouillon  entsteht  nach  einigen  Tagen  eine  schwache  Trü- 
bung und  es  bilden  sich  Fäden  von  20 — 30  (x  Länge,  aus  einzelnen 
Gliedern  bestehend;  im  hängenden  Bouillontropfen  erweist  sich  diese 
Species  als  beweglich. 

In  Bierwürzegelatine  wächst  diese  Form  ebenso  gut  und 
in  gleicher  Weise  wie  in  Milchserumgelatine. 

In  alkalischer  Fleischextraktgelatine  ist  das  Wachs- 
tum bedeutend  weniger  üppig. 

Auf  Kartoffeln  bildet  sich  eine  Auflagerung,  die  Farbe  und 
Konsistenz  geschmolzener  Butter  zeigend.  Es  bilden  sich  bald  auf  den 
Kartoffelkulturen  Involutionsformen.  Die  Kartoffelkultur  ist  geruchlos. 

Auf  Agar-Agar  entsteht  ein  weißer,  perlmutterartiger,  bei  auf- 
fallendem Lichte  glänzender  Belag. 

In  sterilisierter  Milch  verhalten  sich  die  Bacillen  indifferent. 

Diese  Form  möchte  ich  mit  dem  Namen  Bacillus  butyri  II 
bezeichnet  wissen. 

Alle  die  von  mir  beschriebenen  Formen  gedeihen  ebenso  gut  bei 
35 0 C,  als  auch  bei  Zimmertemperatur.  Sie  lassen  sich  mit  Methyl- 
violett, Fuchsin  u.  s.  w.  gut  färben,  sind  aber  nach  der  Gram’schen 
Methode  nicht  färbbar.  Impfung  von  Mäusen  mit  allen  5 Mikro- 
organismenformen blieb  erfolglos. 


Diese  spärlichen  Angaben  über  einige  in  der  Butter  gefundene 
Mikroorganismen  können  selbstverständlich  weder  die  Frage  über  die  in 
der  Butter  vorkommenden  Bakterienspecies  noch  über  deren  physio- 
logische Wirkung  erschöpfen.  Sie  können  nur  als  erster  Anhalt  bei 
späteren  umfassenden  bakteriologischen  Untersuchungen  dienen.  Daß 
bei  der  Säuerung  der  Butter  den  Bakterien  die  Hauptrolle  zukommt, 
unterliegt  nach  meinen  chemischen  Untersuchungen  keinem  Zweifel;  daß 
die  Mikroorganismen  reines  Fett  zu  zersetzen  nicht  vermögen,  haben 
Duclaux  und  Ritsert  festgestellt;  daß  ferner  in  der  Butter  Bak- 
terienformen Vorkommen,  die  eine  Säuerung  durch  Umwandlung  des 
Milchzuckers  in  Milchsäure  verursachen,  hat  Krueger  nachgewiesen '). 
Es  wäre  noch  zu  untersuchen,  ob  die  in  der  Butter  vorkommenden 
Mikroorganismenformen  in  der  Butter  (nicht  im  reinen  Butterfett) 


1)  Auch  die  von  mir  aus  der  Butter  kultivierten  Formen : Bacillus  butyri  I 
und  Tetracoccus  butyri  bewirken  eine  Säuerung  der  Milch. 


362 


Henry  B.  Ward, 


aus  dem  Fett  Säure  zu  entwickeln  imstande  sind  und  wie  dieselben 
im  speciellen  unter  verschieden  modifizierten  Umständen  sich  in  der 
Butter  entwickeln. 

In  der  angedeuteten  Richtung  eröffnet  sich  für  die  bakteriologische 
Forschung  ein  weiter  Kreis  von  Fragen,  deren  Lösung  der  Zukunft 
Vorbehalten  bleibt. 

Es  sei  mir  gestattet,  Herrn  G.  Marpmann,  in  dessen  hygie- 
nischem Laboratorium  in  Leipzig  diese  Arbeit  ausgeführt  wurde,  für 
seine  freundliche  Unterstützung  mit  Rat  und  That  an  dieser  Stelle 
meinen  tiefempfundenen  Dank  auszusprechen. 

Leipzig,  22.  Januar  1894 


TJeber  das  Vorkommen  von  Distoma  Westermanni 
in  den  Vereinigten  Staaten. 

Von 

Henry  B.  Ward,  Dr.  ph. 

Im  verflossenen  Juni  wurde  mir  ein  Stück  von  der  Lunge  einer 
Katze  gebracht,  weil  sie  einige  dem  Besitzer  unbekannte  Fremd- 
körper enthielt.  Eine  oberflächliche  Untersuchung  ließ  dieselben  als 
Distomiden  erkennen  und  ein  sorgfältigeres  Studium  schien  den  ersten 
Eindruck  zu  bestätigen,  daß  sie,  trotz  einigen  leichten  Unterschieden, 
Exemplare  des  asiatischen  Distoma  Westermanni  seien.  Da 
ich  etwas  zweifelhaft  war  und  die  Litteratur  nicht  zur  Hand  hatte, 
sandte  ich  einige  an  Dr.  C.  W.  Stiles,  den  Helminthologen  des 
Bureau  of  Animal  Industry  zu  Washington,  D. C.,  welcher  mir 
schrieb,  daß  er  an  der  Identität  der  beiden  keinen  Zweifel  hege. 
Für  seine  Güte  bei  dieser  Gelegenheit  und  für  seine  Uebersendung 
der  Synonymie  der  Species  sage  ich  ihm  meinen  aufrichtigen  Dank. 
Ebenso  bin  ich  Herrn  W.  A.  Kickland,  Assistenten  am  zoologischen 
Laboratorium  der  Universität  von  Michigan,  sehr  verbunden,  weil  er 
die  Güte  hatte,  mir  das  von  ihm  gefundene  Exemplar  zu  über- 
senden. 

Die  Katze,  welcher  die  Würmer  entnommen  worden  waren, 
stammte  aus  Ann  Arbor,  Mich.,  und  hatte  einige  Zeit  in  fünfzig- 
prozentigem Alkohol  gelegen,  während  sie  seziert  wurde.  Infolge  da- 
von waren  die  Würmer  stark  maceriert,  aber  nach  Härtung  in  Al- 
kohol sie  geeignet,  fast  jedes  Organ  erkennen  zu  lassen.  Einige 
wurden  präpariert  und  ein  zerschnittener  wurde  graphisch  wieder 
zusammengesetzt,  so  daß  die  grobe  Anatomie  der  Form  sehr  deut- 
lich war. 

In  dem  kleinen  Stücke  von  der  Lunge,  welches  erhalten  worden 
war,  fanden  sich  gegen  zwölf  Exemplare.  Sie  schienen  in  das  Ge- 
webe eingebettet  zu  sein,  welches  teilweise  weggeschnitten  war.  In- 
folge des  schlechten  Zustandes  des  Organes  war  es  unmöglich,  die 
Lage  der  Parasiten  genau  zu  bestimmen,  aber  man  kann  mit  Ent- 
schiedenheit behaupten,  daß  sie  sich  nicht  an  der  Oberfläche  be- 


Ueber  das  Vorkommen  von  Distoma  Westermanni  in  den  Vereinigten  Staaten.  363 


fanden.  Das  alkoholische  Exemplar  des  Wurmes  war  dunkel  stahl- 
grau an  den  Rändern  mit  einem  helleren  Streifen  längs  der  Mitte; 
die  schwarzen,  dendritischen  Fortsätze  der  Vitellaria  (bei  durch- 
fallendem Lichte  braun)  sah  man  mit  der  Lupe  deutlich  am  Rande 
der  dunkleren  Fläche.  Der  Form  nach  waren  die  Würmer  natürlich 
sehr  unregelmäßig,  aber  deutlich  abgeflacht,  nicht  oval;  der  Quer- 
schnitt zeigte  eine  verlängerte  Ellipse.  Die  Größe  der  sieben  ge- 
messenen Exemplare  schwankte  zwischen  11,2  X 4,8  und  15,7  X 7,7  mm, 
im  Durchschnitt  13,6  X 8 mm.  Ich  glaube,  daß  die  fünf  an  Dr.  Stiles 
gesendeten  etwas  kleiner  waren1).  Die  Durchschnittsgröße  über- 
schreitet jedoch  bedeutend  die  äußerste  von  Leuckart2)  für  Dist. 
West,  angegebene.  Der  Mundsaugnapf  war  so  entstellt,  daß  die 
Messung  nur  annähernd  war;  sie  schwankte  zwischen  1 und  1,4  mm 
Durchmesser.  Der  Bauchsaugnapf  variierte  von  0,75  bis  zu  1 mm 
Durchmesser,  im  Durchschnitt  0,84  mm.  Man  wird  nicht  nur  be- 
merken, daß  hier  die  Durchschnittsgröße  die  äußerste  von  Leuckart 
(p.  405,  „höchstens  0,75  mm“)  angegebene  übertritft,  was  sich  durch 
die  bedeutendere  Größe  des  Wurmes  erklären  läßt,  sondern  auch,  daß 
der  Mundsaugnapf  merklich  größer  ist,  als  der  am  Bauche,  was  sich 
bei  Dist.  West,  gerade  umgekehrt  verhält  (Leuckart,  p.  409). 
Bei  dem  Zustande  des  Materials  und  noch  mehr  bei  der  genauen 
Uebereinstimmung  der  zu  beschreibenden  inneren  Anatomie  sollte 
man  diesen  Punkten  aber  nicht  allzuviel  Gewicht  beilegen. 

Die  Stacheln  fanden  sich  an  der  Cuticula,  was  bei  der  langen 
Maceration  nicht  auffallen  kann.  Der  Pharynx,  der  sehr  kurze  Oeso- 
phagus und  der  gegabelte  Darm  stimmen  genau  mit  der  Beschreibung 
dieser  Organe  bei  Dist.  West,  überein.  Auch  der  vorstehende 
Sekretionsporus  und  der  große  Sinus  sind  von  überraschender  Aehn- 
lichkeit.  Der  Sinus  ist  die  Ursache  des  hellen  Streifens  längs  der 
Mitte  des  Alkoholexemplars,  wie  schon  erwähnt  wurde.  Auch  an  den 
Reproduktionsorganen  ist  die  Uebereinstimmung  auffallend.  Die  beiden 
gelappten  Hoden  in  dem  hinteren  Drittel  des  Körpers,  die  geraden 
Vasa  deferentia,  die  Abwesenheit  eines  Cirrhus,  die  Lage  des 
Geschlechtsporus  an  der  Ventralseite,  ein  wenig  hinter  dem  Acetabulum, 
die  enorm  großen  Vitellaria,  welche  gerade  unter  der  Oberfläche  fast 
über  den  ganzen  Körper  hin  liegen,  die  vorstehenden  Ductus  vitellini 
und  das  Ovarium,  der  dichte  Knäuel  des  Uterus  und  der  gut  ent- 
wickelte Laurer’ sehe  Kanal,  welcher  schief  zur  Rückenfläche  auf- 
steigt — dies  alles  sind  Punkte,  welche  im  einzelnen  mit  dem  Bau 
des  Dist.  West,  übereinstimmen.  Die  Eier  variieren  von  96X98  /.i 
zu  118X53  /.i,  mit  einer  Mittelgröße  von  102X53  /.i.  Dies  zeigt 
wieder  eine  leichte  Abweichung  von  den  für  die  Eier  von  Dist. 
West.,  d.  h.  80X56  l u,  von  Leuckart  gegebenen  Figuren,  (p.  436.) 
Die  Eier  von  beiden  stimmen  jedoch  darin  überein,  daß  beide  eine 
Hülle  besitzen. 

Trotz  den  angegebenen  beträchtlichen  Größenunterschieden  zwingt 
uns  die  genaue  Uebereinstimmung  der  inneren  Anatomie,  die  Gleich- 
heit dieser  Form  mit  dem  asiatischen  Distoma  anzuerkennen,  für 


1)  Sie  befinden  sich  jetzt  in  der  Sammlung  des  Bureaus  in  Washington. 

2)  R.  Leuckart,  Die  Parasiten  des  Menschen.  2.  Aufl.  Bd.  I.  p.  404 — 408. 


364 


H.  T i m p e , 


welches  der  Name  Distoma  Westermanni  Kerbert  (1878)  offen- 
bar das  Prioritätsrecht  besitzt. 

Verschiedene  wichtige  Fragen  drängen  sich  hierbei  auf,  und  zu- 
erst von  allen  die  nach  der  Quelle  der  Infektion.  Die  Katze  war 
ein  herumschweifendes  Tier,  über  ihr  Vorleben  war  nichts  zu  erfahren, 
von  ihrem  Verhalten  vor  dem  Tode  war  nichts  bekannt.  Daß  sie 
von  einem  Chinesen  nach  Amerika  gebracht  worden  sei,  ist  natürlich 
möglich,  weil  Katzen  von  dieser  Menschenrasse  als  Lieblinge  hoch- 
geschätzt  werden,  und  die  große  Zahl  der  Chinesen  in  den  Vereinigten 
Staaten  macht  dies  zu  einer  nicht  so  fern  liegenden  Möglichkeit,  als 
es  auf  den  ersten  Blick  scheinen  möchte.  In  diesem  Falle  fand  die 
Infektion  ohne  Zweifel  statt,  ehe  das  Tier  Ostasien  verließ.  Selbst 
wenn  dies  der  Fall  wäre,  so  wäre  die  Entdeckung  von  Wichtigkeit, 
denn  es  ist  offenbar,  daß,  wenn  sich  in  diesem  Lande  ein  sekundärer 
Wirt  findet,  sich  infolge  von  solchen  Einführungen  ein  gefährlicher 
Parasit  bei  uns  ansiedeln  kann.  Wenn  dagegen  die  Infektion  nicht 
in  Ostasien  zustande  gekommen  ist,  so  muß  sich  ein  sekundärer  Wirt 
hier  schon  vorgefunden  und  der  Parasit  in  unserem  Lande  schon  Fuß 
gefaßt  haben.  Die  Art  seiner  Einführung  läßt  sich  nur  vermuten. 
Unter  den  zahlreichen  Chinesen  an  unseren  Küsten  hat  es  ohne 
Zweifel  einige  gegeben,  welche  bei  der  Häufigkeit  dieser  Krankheit 
im  Osten,  den  Parasiten  mitgebracht  haben.  Die  von  ihnen  auf  ihren 
Reisen  ausgestreuten  Eier  haben  Embryonen  hervorgebracht,  welche 
hier  und  da  günstige  Bedingungen  zu  ihrer  Entwickelung  gefunden 
haben.  Es  ist  nicht  nötig,  darauf  hinzuweisen,  wie  wichtig  es  wäre, 
genaue  Kenntnis  über  die  Verbreitung  der  Infektion  unter  Tieren  und 
selbst  unter  den  Menschen  zu  erlangen,  indem  die  Diagnose  wahr- 
scheinlich unsicher  bleiben  wird,  solange  die  Sputa  nicht  mikroskopisch 
untersucht  werden.  Es  ist  zu  hoffen,  daß  sich  die  Aufmerksamkeit 
Gelehrter  auf  diese  Auffindung  richtet  und  weitere  Thatsachen  über 
diesen  Gegenstand  aufgefunden  werden,  denn  es  ist  klar,  daß  dieser 
einzelne  Fall  nicht  als  Beweis  für  die  Ansiedelung  des  Parasiten  in 
diesem  Lande  gelten  kann. 

Universität  von  Nebraska  in  Lincoln,  Nebraska,  U.  S.  A. 


Erklärung  zur  Frage  der  Gelatinebereitung1). 

Von 

Dr.  H.  Timpe. 

Auf  die  Frage  (in  Nr.  5/6  dieses  Blattes)  des  Herrn  Prof. 
Wolffhügel  sehe  ich  mich  zu  meinem  Bedauern  veranlaßt,  das 
Folgende  zu  erklären:  Die  Behauptung  des  Genannten,  das  von 

mir  im  Centralblatt  f.  Bakt.  u.  Parasitenk.  Bd.  XIV.  No.  25  veröffentlichte 
Verfahren  zur  Neutralisation  der  Nährgelatine  sei  im  hygienischen 

X)  Das  Erscheinen  der  Entgegnung  des  Herrn  Dr.  Timpe  in  No.  S/9  ist  leider 
in  Folge  des  Umstandes,  dass  der  Unterzeichnete  von  Kassel  während  einiger  Tage  ab- 
wesend war,  unmöglich  geworden. 


Erklärung  zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 


365 


Institute  zu  Göttingen  entstanden,  muß  ich  entschieden  zurückweisen. 
Dasselbe  ist  vielmehr  zu  einer  Zeit  von  mir  erdacht  worden,  wo  ich 
zu  Herrn  Wolffhügel  in  gar  keiner  Beziehung  stand. 

Allerdings  habe  ich  dem  genannten  Herrn  das  Verfahren  mit- 
geteilt, ohne  dasselbe  vorher  veröffentlicht  zu  haben,  und  hat  Herr 
Prof.  Wolffhügel  dann  freilich  nicht  gezögert,  mein  Verfahren  in 
dem  seiner  Leitung  unterstellten  Institute  zur  Anwendung  zu  bringen. 
Hieraus  aber  irgend  welche  Ansprüche  herleiten  zu  wollen,  setzt 
mindestens  recht  eigenartige  Rechtsbegriffe  voraus. 

Ich  bemerke  diese  Thatsache  indessen  nur,  weil  Herr  Prof. 
Wolffhügel  in  seiner  Anfrage,  über  deren  Ton  und  Darstellungs- 
weise ich  keine  Worte  verlieren  möchte,  sich  Beleidigungen  erlaubt, 
die  insbesondere  wegen  ihrer  Aufnahme  in  einem  wissenschaftlichen 
Blatte  eine  Antwort  erfordern.  Andernfalls  würde  ich  wenig  Wert 
auf  diesen  Gegenstand  legen,  denn  ich  müßte  mir  selbst  ein  bedenk- 
liches Armutszeugnis  ausstellen,  wenn  ich  diese  einfache  und  für 
einen  Chemiker  von  Fach  selbstverständliche  Nutzanwendung  längst 
bekannter  Thatsachen  als  eine  geistige  Errungenschaft  auffassen 
wollte,  und  wenn  Herr  Prof.  Wolffhügel  keinen  besonderen  Miß- 
griff darin  erblickt  haben  sollte,  mir  zuvorzukommen  und  das  Ver- 
fahren als  sein  Eigentum  zu  veröffentlichen,  so  würde  ich  es  ver- 
mutlich kaum  der  Mühe  wert  erachtet  haben,  eine  solche  Angabe 
zu  korrigieren. 

Den  Hauptinhalt  der  in  Rede  stehenden  Arbeit  bilden  indessen 
Betrachtungen  über  die  Bedeutung,  welche  den  Eiweißkörperu  auf 
die  Reaktion  des  Substrates  und  das  Wachstum  der  Bakterien  zukommt, 
und  hierauf  lege  ich  sehr  wohl  WTert,  denn  es  sind  neue  Beobachtungen, 
welche  ich  während  einer  4-jährigen  Thätigkeit  als  Assistent  an 
landwirtschaftlichen  Instituten  gesammelt  habe  und  von  denen  auch 
Herr  Prof.  Wolffhügel  durch  die  bezeichnete  Arbeit  wohl  zum 
ersten  Male  Kenntnis  erhalten  haben  dürfte.  Um  seine  Ansprüche 
zu  begründen,  bemerkt  dann  Herr  W olffhügel  sehr  richtig  weiter, 
daß  laut  Vereinbarung  die  Veröffentlichung  der  unter  meiner  Mit- 
wirkung als  Assistent  entstandenen  Arbeiten  demselben  allein  Vorbe- 
halten war,  allein  es  konnte  sich  eine  derartige  Abmachung  doch 
wohl  selbstredend  nur  auf  solche  Arbeiten  beziehen,  die  nach  seinen 
Angaben  ausgeführt  wurden  und  sich  somit  als  sein  geistiges  Eigen- 
tum charakterisierten,  nicht  aber  auf  meine  Gedanken,  und  wenn 
Herr  Wolffhügel  durch  die  erwähnte  Bedingung  trotzdem  etwas 
Aehnliches  bezweckt  haben  sollte,  so  hätte  er  dieses  deutlich  aus- 
sprechen müssen,  denn  ich  würde  mich  auf  ein  derartiges  Verlangen 
nie  eingelassen  haben. 

Daß  die  in  Rede  stehende  Arbeit  aber  ausschließlich  mein 
geistiges  Eigentum  ist,  wird  ein  Jeder  ohne  große  Mühe  erkennen 
können,  der  meine  frühere,  unter  dem  Titel  „Ueber  die  Beziehungen 
der  Phosphate  und  des  Kaseins  zur  Milchsäuregärung“  im  Archiv  f. 
Hygiene.  Bd.  XVIII.  No.  1 veröffentlichte  Arbeit,  die  aber,  wie  Herr 
Wolffhügel  sehr  treffend  bemerkt,  bereits  im  März  1892  als 
Dissertation  eingereicht  wurde  (und  deren  Referat  in  dieser  Nummer 
des  Centralblattes  enthalten  ist),  gelesen  hat.  Es  wird  ein  Jeder 
finden,  daß  die  letzte  Arbeit  nur  eine  logische  und  notwendige 


366 


H.  Timpe,  Erklärung  zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 


Schlußfolgerung  der  ersteren  ist,  denn  wenn  erst  einmal  für  das 
Kasein  und  das  Pepton  wie  für  den  Leim  erwiesen  war,  daß  die- 
selben vermöge  ihres  saueren  Charakters,  resp.  ihres  Säurebindungs- 
vermögens einen  Einfluß  auf  das  Wachstum  der  Milchsäurebakterien 
auszuüben  imstande  sind,  so  gehört  gerade  kein  großer  Gedanken- 
sprung dazu,  anzunehmen,  daß  ähnliche  Verhältnisse  auch  für  andere 
Bakterien  maßgebend  sein  werden. 

Ob  aber  das  Recht,  diese  Schlußfolgerung  zu  ziehen,  dem  Verf. 
der  ersten  Arbeit  aus  dem  Grunde  abgesprochen  werden  kann,  weil 
er  einmal  bei  Herrn  Prof.  Wolffhügel  Assistent  war,  muß  aller- 
dings dem  Urteil  der  geehrten  Leser  überlassen  bleiben. 

Das  Alles  scheint  Herr  Wolffhügel  selbst  sehr  wohl  bedacht 
zu  haben,  deshalb  versucht  er  in  einem  Nachsatze  auch  einen  Anteil 
an  meiner  Arbeit  über  die  Milchsäuregärung  für  sich  in  Anspruch 
zu  nehmen,  um  so  seine  Angaben  glaubwürdiger  zu  gestalten. 
Merkwürdigerweise  hat  aber  Herr  Wolffhügel  gänzlich  vergessen, 
bezüglich  dieses  Punktes  nähere  Angaben  hinzuzufiigen,  so  daß  ich 
mich  gezwungen  sehe,  seine  Angaben  zu  vervollständigen. 

Die  von  Herrn  Wolffhügel  erwähnte  Arbeit  über  die  Milch- 
säuregärung, zu  deren  Veröffentlichung  im  Archiv  für  Hygiene  der- 
selbe mich  mit  besonderem,  nach  der  jüngsten  Erfahrung  aber 
erklärlichem  Eifer  zu  bewegen  suchte,  entstand,  wie  ich  auch  im 
Texte  der  Arbeit  erwähnte,  im  landwirtschaftlichen  Institute  der 
Universität  Leipzig  und  war  zum  größeren  Teil  beendet, 
als  ich  im  Sommer  1891  auf  volle  6 Wochen  als  Assi- 
stent zu  Herrn  Wolffhügel  kam. 

Nachdem  ich  im  darauf  folgenden  Winter  die  Arbeit 
beendet  hatte,  ohne  daß  Herr  Wolffhügel  von  dem 
Inhalte  derselben  eine  Ahnung  gehabt  hätte,  übte  ich 
die  Höflichkeit,  ihm  die  Abhandlung  zur  Ansicht  zuzu- 
senden, da  ich  alsbald  zu  ihm  als  Assistent  zurück- 
zukehren gedachte.  Das  letztere  geschah  am  1.  Mai, 
während  die  Arbeit  bereits  am  1.  März  der  philos. 
Fakultät  in  Leipzig  eingereicht  wurde. 

Diese  Thatsachen  dürften  zur  Beurteilung  der  Frage  wohl  ge- 
nügen; doch  muß  ich  noch  hinzufügen,  daß  mich  das  Verfahren  des 
Herrn  Prof.  Wolffhügel  wenig  in  Erstaunen  versetzt,  denn  es  ist 
allerdings  nicht  das  erste  Mal , daß  er  sein  Institut  mit  meinen 
Arbeiten  in  Verbindung  zu  bringen  und  damit  den  Schein  der  geistigen 
Urheberschaft  für  sich  zu  erwecken  versucht.  Dasselbe  war  der  Fall 
mit  einer  rein  chemischen  Arbeit  über  die  Fettbestimmung  in  der  Milch, 
welche  ich  ebenfalls  im  landwirtschaftlichen  Institute  zu  Leipzig  ge- 
macht und  die  ich  Herrn  Wolffhügel  gegenüber  zufällig  erwähnt 
hatte.  Auch  in  betreff  dieser  Arbeit  äußerte  derselbe  den  Wunsch, 
dieselbe  doch  als  aus  dem  hygienischen  Institute  zu  Göttingen  hervor- 
gegangen zu  veröffentlichen,  worauf  ich  dankend  verzichtete.  Wie 
Herr  Prof.  Wo lffh  ügel  aber  bereits  früher  anderen  Herren  gegen- 
über in  ähnlicher  Weise  verfahren  ist,  wird  an  geeigneterer  Stelle 
demnächst  erörtert  werden. 

Göttingen,  den  5.  Februar  1894. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  367 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen 
Instituten,  Laboratorien  etc. 

Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  pathologischen  Anatomie 
und  Bakteriologie  aus  dem  pathologisch-anatomischen 
Institute  zu  Tübingen. 

(Herausgegeben  von  Dr.  P.  Baum  garten,  o.  ö.  Professor  der  Patho- 
logie an  der  Universität  Tübingen.  Bd.  II.  Heft  1.  Braunschweig 
[Harald  Bruhn]  1894.) 

Besprochen  von 

Professor  Dr.  P.  Baumgarten 

in 

Tübingen. 

Das  Heft  wird  eröffnet  mit  einer  Arbeit  der  Herren  Dr.  E.  Cza- 
plewski  und  Dr.  F.  Boloff,  Assistenzärzten  des  Institutes,  betitelt: 
Ueber  den  Heilwert  des  Tuberkulins  nach  Experimen- 
ten an  tuberkulös  infizierten  Meerschweinchen. 

In  seinem  berühmten  Vortrage  auf  dem  X.  internationalen  Kon- 
gresse zu  Berlin  hatte  R.  Koch  bezüglich  der  Erfolge,  welche  er  mit 
seinem,  später  als  „Tuberkulin“  bezeichneten  „Heilmittel  gegen 
Tuberkulose“  an  Tieren  erhalten,  kurz  nur  folgendes  mitgeteilt, 
„daß  Meerschweinchen,  welche  bekanntlich  für  Tuberkulose  außer- 
ordentlich empfänglich  sind,  wenn  man  sie  der  Wirkung  einer  solchen 
Substanz  aussetzt,  auf  eine  Impfung  mit  tuberkulösem  Virus  nicht 
mehr  reagieren  und  daß  bei  Meerschweinchen,  welche  schon  in  hohem 
Grade  an  allgemeiner  Tuberkulose  erkrankt  sind,  der  Krankheits- 
prozeß vollkommen  zum  Stillstände  gebracht  werden  kann,  ohne  daß 
der  Körper  von  dem  Mittel  etwa  anderweitig  nachteilig  beeinflußt 
wird“.  Hiermit  war  scharf  und  klar  ausgesprochen,  daß  durch  das 
gefundene  Mittel  erstens  eine  Immunisierung  gegen  Tuberkulose, 
zweitens  eine  Heilung  von  dieser  Krankheit  selbst  in  weit  vor- 
gerückten Stadien  derselben  bei  einem  für  Tuberkulose  hochempfäng- 
lichen Versuchstiere  zu  erreichen  sei.  In  seinen  späteren  Publi- 
kationen war  Koch  auf  die  therapeutischen  Wirkungen  seines  Mittels 
gegenüber  der  experimentellen  Tuberkulose  nicht  mehr  zurück- 
gekommen, hatte  sich  vielmehr  sogleich  der  Schilderung  seiner  Er- 
fahrungen über  die  Wirkungsweise  seines  Mittels  beim  tuberkulösen 
Menschen  zugewandt.  So  bestand  eine  Lücke,  welche  namentlich 
in  den  Kreisen  der  theoretischen  Mediziner  lebhaft  empfunden  wurde 
und  die  sich  bald  um  so  fühlbarer  machte,  als  die  Beobachtungen 
und  Untersuchungen  am  kranken,  mit  Tuberkulin  behandelten  Menschen 
zu  vielfachen  Kontroversen  über  die  Wirkungsweise  und  Wirkungs- 
fähigkeit des  Mittels  führten,  welche  eine  Einsicht  in  die  leichter  zu 
übersehenden  und  zu  beurteilenden  Ergebnisse  der  am  Versuchstiere 
angestellten  Experimente  über  die  Wirkung  des  Mittels  dringend 
wünschenswert  erscheinen  ließen.  Angesichts  dieser  Sachlage  zögerte 


368  Original-Referat«  ans  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Ref.  Dicht,  die  Resultate  einer  größeren  Versuchsreihe  zu  publi- 
zieren1), welche  er  gemeinschaftlich  mit  Herrn  Stabsarzt  Dr.  Gra- 
matschikoff  aus  St.  Petersburg  „über  den  Heilwert  des 
Tuberkulins  auf  die  Impftuberkulose  der  Kaninchen“ 
ausgeführt  hatte.  Diese  Versuche  hatten,  wie  den  Lesern  dieser 
Zeitschrift  bekannt  sein  dürfte,  ergeben,  daß  das  Tuberkulin  Kanin- 
chen weder  gegen  Tuberkulose  zu  immunisieren  vermag,  noch  im- 
stande ist,  die  Tuberkulose  dieser  Tiere  zu  hemmen,  zu  bessern  oder 
vollends  zu  heilen.  Abgesehen  von  einem  einzigen  Tiere,  dessen 
anscheinende  Heilung  auch  nur  eine  vorübergehende  war  (vergl.  die 
an  zweiter  Stelle  zu  besprechende  Mitteilung),  hatte  kein  Tier  aus 
der  umfangreichen  Versuchsreihe,  trotz  mannigfacher  Variation  der 
Behandlungsweise,  irgend  welchen  Vorteil,  sondern  nur  Nachteil  von 
den  Injektionen  gehabt.  Auf  Grund  dieser  Versuche  mußte  also  dem 
Tuberkulin  sowohl  eine  immunisierende,  als  auch  eine  heilende 
Wirkungsfähigkeit  gegen  tuberkulöse  Prozesse  abgesprochen  wer- 
den. Zu  im  wesentlichen  ganz  übereinstimmenden  Resultaten  waren 
in  gleichzeitig  oder  bald  nachher  erscheinenden  Publikationen  Po- 
poff2),  Alexander3),  sowie  die  italienischen  Aerzte  Gasparini 
und  Mercanti4)  gelangt.  Entgegengesetzte,  zu  Gunsten  des 
Heilwertes  des  Tuberkulins  sprechende  Arbeiten  wurden  jedoch  bald 
darauf  aus  R.  Koch’s  Institut  für  Infektionskrankheiten  von  Dö- 
nitz5)  und  von  Pfuhl6)  veröffentlicht.  Dönitz  kam  auf  Grund 
seiner  Beobachtungen  „über  die  Wirkung  des  Tuberkulins  auf  die 
experimentelle  Augentuberkulose  des  Kaninchens“,  entgegen  dem  Ref., 
zu  dem  Schlüsse,  daß  das  Tuberkulin,  wenn  nicht  vorher  schon  tief- 
greifende Zerstörungen  vorhanden  waren,  ein  sicheres  Heil- 
mittel gegen  die  genannte  Erkrankung  sei.  Die  entgegenstehenden 
Erfahrungen  des  Ref.  erklärte  Dönitz  durch  die  von  ersterem  an- 
gewandte ungeeignete  Behandlungsmethode.  Abweichend  von  dem 
bisher  (nach  Koch’s  Vorschrift)  angewandten  Injektionsturnus  verfuhr 
nämlich  Dönitz  so,  daß  er  die  mit  beginnender  Augentuberkulose 
behafteten  Tiere  andauernd  unter  starker  Tuberkulinreaktion  hielt. 
Er  erreichte  dies  dadurch,  daß  er,  mit  ziemlich  hohen  Dosen  anfangend, 
täglich,  und  zwar  in  täglich  steigender  Dosis  injizierte.  Auf 
diese  Weise  glaubte  Dönitz  jede  nicht  zu  weit  vorgeschrittene 
experimentelle  Augentuberkulose  heilen  zu  können.  Dagegen  gestand 
Dönitz  die  Unfähigkeit  des  Tuberkulins  zur  Immunisierung 
gegen  Tuberkulose,  sowie  sein  Unvermögen , die  Entwickelung 
der  Tuberkulose  zu  hemmen,  unumwunden  zu  mit  dem  Ausspruche: 
„Alles  Tuberkulin,  das  man  vorher  injiziert  (bevor  mikroskopisch 
nachweisbare  Tuberkel  vorhanden  sind),  ist  verschwendet.“  In  der 


11  Berl.  klin.  Wochenschr.  1891.  No.  19.  p.  464  und  Beiträge  zur  wissensch. 
Medizin,  Festsehr  Rudolf  Virchow  gewidmet  zur  Vollendung  seines  70.  Lebensjahres 
1891.  Bd  III.  p.  81. 

2)  Berl.  klin.  Wochenschr.  1891.  No.  35.  p.  859. 

3)  Centralbl.  f.  prakt.  Augenheilkunde.  1891.  Juni- Juli-Heft. 

4)  Annali  di  Ottalmologia.  Anno  XX.  1891.  fase.  1 u.  2. 

5)  Deutsche  med.  Wochenschr.  1891.  No.  47  p.  1289. 

6)  Zeitschr.  f.  Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XI.  1892.  p.  241. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  369 


bald  danach  erscheinenden  Abhandlung  von  Pfuhl,  welcher,  wie 
Koch,  nicht  an  Kaninchen,  sondern  an  Meerschweinchen  mit 
Tuberkulin  experimentierte,  wurde  nun  aber  nicht  nur  die  immuni- 
sierende Kraft,  sondern  auch  die  Heilwirkungsfähigkeit,  wenigstens 
gegen  die  tuberkulöse  Allgemeininfektion,  dem  Tuberkulin  that- 
sächlich  abgesprochen.  Von  47  mit  Tuberkulin  behandelten  Meer- 
schweinchen waren  zur  Zeit  der  Publikation  der  betreffenden  Unter- 
suchungen 44  eingegangen.  Der  von  einigen  der  gestorbeuen  Tiere 
in  einer  tabellarischen  Uebersicht  kurz  angegebene  Sektionsbefund 
ließ,  nach  eigenem  Urteile  des  Autors,  zwar  eine  „heilende  Wirkung 
des  Tuberkulins  auf  Leber  und  Milz“,  dagegen  „Unwirksamkeit 
der  Behandlung  auf  den  tuberkulösen  Prozeß  in  der 
Lunge“  wahrnehmen.  In  einer  kleinen  Studie  „über  die  neueren 
experimentell-pathologischen  Arbeiten  über  Tuberkulin  Wirkung“  *)  hatte 
sich  Ref.  sodann  gegen  die  Deutungen,  welche  die  beiden  oben- 
genannten Forscher  aus  den  Ergebnissen  ihrer  Arbeiten  gezogen, 
gewendet.  Gegen  Dönitz’s  Auffassung  der  „Heilung“  seiner  an 
Impftuberkulose  leidenden  Versuchstiere  machte  Ref.,  seine  kritischen 
Erörterungen  der  D ö n i t z ’schen  Befunde  und  Deutungen  resümie- 
rend, gelteud,  „daß  seinen  Beobachtungen  gegenüber,  wonach  die 
Behandlung  der  nach  der  Masse  und  dem  Grade  der  Virulenz  des 
infektiösen  Impfstoffes  mehr  oder  minder  heftig  auftretenden  Impf- 
tuberkulose des  Auges  mit  großen,  stetig  steigenden  Dosen  Tuber- 
kulins, mit  nur  solchen  Pausen,  daß  das  Auge  dauernd  in  Reaktion 
erhalten  wird,  nicht  wesentlich  andere,  in  der  Regel  sogar  ungünstigere 
Resultate  liefert,  als  die  Unterlassung  jeder  Behandlung  — daß  diesen 
Beobachtungen  gegenüber  die  von  Dönitz  demonstrierten  Augen 
teils  wegen  der  nicht  sichergestellten  Prüfung  der  Virulenz  des  ver- 
' impften  tuberkulösen  Gewebes,  teils  wegen  der  willkürlichen  Deutung 
der  nach  der  Behandlung  zurückgebliebenen  makroskopischen  Er- 
scheinungen, unkontrolliert  durch  entsprechende  mikroskopische  Unter- 
suchungen, teils  wegen  Mangels  der  unerläßlichen  mikroskopischen 
und  sonstigen  Prüfung  der  verschiedenen  Augeuhäute  auf  Bacillen 
während  des  auf  dem  Wege  der  Resorption  vor  sich  gehen  sollenden 
Verschwindens  der  Knötchen  und  nach  demselben,  teils  wegen  der 
zugestandenen  Möglichkeit  des  Recidivs,  nicht  zu  beweisen  vermöchten, 
daß  durch  tägl  i che  Einspritzungen  von  Tuberkulin  in  großen,  stetig 
steigenden  Dosen  eine  Heilung,  noch  viel  weniger  eine  sichere  Heilung 
erreicht  sei.“  Pfuhl’s  Deutung,  daß  das  Tuberkulin  auf  die  Tuberkulose 
der  Leber  und  Milz  heilend  wirke,  die  der  Lunge  dagegen  unbeein- 
flußt lasse,  ja  sogar  ungünstig  beeinflusse,  beanstandete  Ref.  mit  dem 
Hinweise,  daß  jeder  Beweis  aus  dem  Sektionsbefunde  dafür  fehle,  daß 
die  in  Milz  und  Leber  der  Tuberkulintiere  Vorgefundenen  gering- 
. fügigen  Veränderungen  zurückgebildet  seien  aus  jenen  tiefer- 
greifenden, käsig-tuberkulösen  Zerstörungen  der  genannten  Organe, 
wie  sie  in  der  Regel  bei  den  unbehandelten  Tieren  gefunden 
werden.  Wolle  man  Pfuhl  folgen  in  seiner  Interpretation,  so  müsse 
man  aDnehmen,  daß  nekrotisches  Gewebe  der  Leber  und  Milz  von 


1)  Berl.  klin.  Wochenschr.  1891.  No.  51. 


370  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


dem  Umfange  eines  Drittels  der  Organe  in  kurzer  Zeit  durch  das 
Tuberkulin  in  normales,  funktionsfähiges  Gewebe  umgewandelt  sein 
müßte.  Gegen  solche  Annahme  müsse  die  Pathologie  vorläufig 
sich  verwahren.  Viel  wahrscheinlicher  sei  die  Deutung,  daß  die 
Leber-  und  Milztuberkulose  bei  den  Tuberkulintieren  von  vorn- 
herein zurückgeblieben  sei  in  der  Entwickelung  gegenüber  den 
betreli'enden  Erkrankungen  bei  den  unbehandelteu  Tieren,  welcher 
Unterschied  sehr  wohl  dadurch  herbeigeführt  sein  könne,  daß  unter 
dem  Einflüsse  der  Tuberkulinbehaudlung  von  vornherein  eine  schnel- 
lere und  reichlichere  Ansiedelung  von  Bacillen  in  den  Lungen 
(als  dem  ersten  Orte  der  hämatogenen  Metastase)  stattfinde,  wo- 
durch das  bacilläre  Material  gewissermaßen  von  den  Lungen  auf- 
gelangen und  den  entfernteren  Organen  entzogen  werde.  — Einen 
Hauptwert  der  Tuberkulinbehaudlung  sieht  Pfuhl  in  der  Ver- 
längerung des  Lebens  der  tuberkulösen  Tiere.  In  der  That 
starben  in  Pfuhl’s  Versuchen  durchschnittlich  die  unbehandelten 
Tiere  früher,  als  die  behandelten  und  der  Herr  Autor  schrieb  selbst- 
verotändlich  die  Lebensverlangerung  der  Einwirkung  des  Tuberkulius  zu. 
Seiner  Annahme  jedoch,  daß  diese  Folge  aus  der  direkten  Wirkung 
des  Tuberkulins  auf  die  tuberkulösen  Prozesse  der  inneren  Organe 
herzuleiten  sei,  mußte  widersprochen  werden,  da  eine  direkte  günstige 
Wirkung  auf  die  Tuberkulose  der  Unterleibsorgane  nicht  erwiesen, 
eine  solche  auf  die  Lungentuberkulose  nach  des  Autors  eigenen  Be- 
funden nicht  stattfindet,  während  eine  andere  Erklärung  durch  ver- 
schiedene Angaben  über  die  Gewichtsverhältnisse  der  mit  Tuberkulin 
behandelten  Meerschweinchen  nahe  gelegt  wurde,  daß  nämlich  das 
Tuberkulin  indirekt  durch  seine  günstige  Wirkung  auf  die  Er- 
nährung den  Erfolg  vermittelt,  so  daß  die  dann  günstig  ernährten 
'liere  der  Krankheit  länger  Widerstand  leisten  können. 

Der  eben  erwähnten  kritischen  Prüfung  der  Arbeiten  von 
Dönitz  und  Pfuhl  haben  nun  die  Herren  Dr.  Czaplewski  und 
Dr.  Rololf  auf  Wunsch  des  Ref.  eine  direkte  experimentelle 
Nachprüfung  der  ebengenannten  Arbeiten  nachfolgen  lassen.  Nachdem 
bereits  in  einer  vorläufigen  Mitteilung x)  die  wichtigsten  Resultate 
dieser  Nachprüiung  mitgeteilt,  bringen  nun  die  Herren  Czaplewsky 
und  Rololl  jetzt  eine  ganz  ausfüürliche  Darlegung  und  Erörterung 
ihrer  umfangi eichen  und  eingehenden,  an  einer  großen  Zahl  von 
Kaninchen  und  Meerschweinchen  angestellten  Beobachtungen  und 
Untersuchungen. 

Es  wurden  im  ganzen  9 Versuchsserien  unternommen. 

Die  Versuchsresultate  der  einzelnen  Serien  sind  tabellarisch  zu- 
sammengestellt; je  einer  „Uebersichtstabelle“  folgt  stets  die  ent- 
sprechende „Verlaufstabelle“.  Die  Ergebnisse  der  einzelnen  Serien 
sind  in  besonderen  „Epikrisen“  ausführlich  und  genau  zusammen- 
fasseud  dargelegt  und  erörtert.  Die  Versuche  an  Kaninchen 
wurden  unter  strenger  Anlehnung  an  das  Dönitz’ sehe  Injektions- 
Verfahren,  die  Versuche  au  Meerscheinchen  in  Anlehnung  an  Pfuhl’s 
Behandlungsmethode  ausgeführt. 


1)  Berl.  kliu.  Wocheuschr.  1892.  No.  29. 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  371 


Was  nun  zunächst  den  Erfolg  der  nach  Dönitz  ausgeführten 
Behandlungen  von  an  intraokulärer  Impftuberkulose  leidenden  Kanin- 
chen anlangt,  so  konnte  weder  bei  den  schweren,  noch  auch  selbst 
bei  den  leichten  Affektionen  ein  irgendwie  begünstigender  thera- 
peutischer Einfluß  des  Tuberkulins  beobachtet  werden.  Allerdings 
ü e i 1 1 e die  Augentuberkulose  (selbstverständlich  unter  Zurücklassung 
der  entsprechenden  Narben)  bei  einem  Teil  der  Versuchstiere,  nämlich 
bei  denjenigen,  welche  mit  wenig  virulenten  oder  mit  sehr  ge- 
ringen Mengen  virulenten  Materials  geimpft  waren,  aber  sie  heilte 
bei  diesen  Tieren,  gleichviel,  ob  sie  mit  Tuberkulin  behandelt 
wurden  oder  ohne  jede  Behandlung  blieben.  Mit  starkvirulentem 
Materiale  (Perlsucht-  und  Perlsuchtpassagevirus)  geimpfte  Augen  gingen 
dagegen  trotz  präzisester  Einhaltung  der  Dö n itz ’ scheu  Vorschriften 
unaufhaltsam  zu  Grunde. 

Bezüglich  des  Verhaltens  nach  subkutaner  Tuberkuloseimpfung 
bei  Kaninchen  zeigte  sich  in  analoger  Weise  wie  bei  den  Augen- 
versuchen, daß  Impfungen  mit  minder  virulentem  Materiale  auch  vo  n 
selbst  ausheilten,  während  Impfungen  mit  virulentem  Material  (Perl- 
sucht) niemals,  ü.  h.  weder  ohne  Behandlung  noch  trotz  der  genau  nach 
Dönitz  durchgeführteu  Tuberkulinbebandlung,  zur  Heilung  gelaugten. 

Eine  Al  1 gerne  in  tuberkulöse  kam  bei  Anwendung  eines  wenig 
virulenten  und  in  geringer  Menge  eingebrachten  Materials  über- 
haupt nicht  zum  Ausbruche,  gleichviel,  ob  Tuberkulin  angewendet 
wurde  oder  nicht.  Bei  größeren  Mengen  nicht  sehr  virulenten 
Materials  entwickelte  sie  sich  langsam,  schnell  jedoch  und  reichlicher 
bei  Infektion  mit  sehr  virulentem  Materiale.  In  letzterem  Falle 
zeigte  die  Tuberkulinbehandlung  insofern  einen  bemerkenswerten 
Einfluß,  als,  ähnlich  wie  in  den  Pfuhl’schen  Versuchen  an  Meer- 
schweinchen, die  Entwickelung  der  Tuberkulose  in  den  Lungen  er- 
heblich stärker,  in  den  Unterleibsorganen,  speziell  den  Nieren, 
dagegen  erheblich  schwächer  war,  als  bei  den  nichtbehandelten 
Tieren.  In  eingehender  Begründung  kommen  die  Vertf.  mit  dem  Ref. 
zu  dem  Schlüsse,  daß  die  Nierentuberkulose  unter  der  Tuberkulin- 
behandlung  lediglich  zurückbleibt,  nicht  etwa,  wie  Pfuhl  für 
seine  entsprechenden  Befunde  an  Meerschweinchen  angenommen,  aus 
einer  vorher  stärker  entwickelten  Tuberkulose  zurückgebildet 
wird,  und  daß  dieses  Phänomen  in  der  unter  dem  Einflüsse  des  Mittels 
so  viel  rascher  und  ausgedehnter  vor  sich  gehenden  Entwickelung  der 
Lungentuberkulose  seinen  Grund  hat.  Der  Schaden,  den  die  Tiere 
durch  die  Verstärkung  der  Lungentuberkulose  erfahren,  überwiegt 
bei  weitem  den  Vorteil  der  geringeren  Nierenerkrankung,  da  der  Tod 
bei  der  experimentellen  Tuberkulose  durch  die  Summe  der  Organ- 
erkrankungen überhaupt,  in  erster  Linie  aber  und  oft  allein  durch 
die  der  Lungen  erfolgt,  während  die  Nierentuberkulose  allein  als 
Todesursache  gar  nicht  in  Betracht  kommt.  Die  Krankheit  wird 
also  um  so  ungünstiger  für  das  Tier  beurteilt  werden  müssen , je 
mehr  die  Tuberkulose  der  Lungen  an  Schwere  die  der  anderen 
Organe  übertrifl't,  mithin  wirkt  das  Tuberkulin  durch  Herbeiführung 
dieser  präponderierenden  Entwickelung  der  Lungentuberkulose  trotz 
des  Zurückbleibens  der  Unterleibs-,  speziell  Nierentuberkulose  un- 
günstig auf  den  Verlauf  der  ganzen  Krankheit. 


372  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Hinsichtlich  des  Verhaltens  der  Tuberkulose  der  Meer- 
schweinchen unter  dem  Einflüsse  der  Tuberkulinbehandlung  konnten 
im  allgemeinen  die  Pfuhl’  sehen  Resultate  dem  objektiven  That- 
bestande  nach  bestätigt  werden.  Haupsächliches  Gewicht  wurde  in 
den  Versuchen  der  Verff.  auf  das  Studium  des  Verhaltens  der 
lokalen  Impfstellen  unter  dem  Einflüsse  der  Tuberkulinbehand- 
lung gelegt.  Hierbei  ergab  sich  zunächst  insofern  eine  Abweichung 
von  den  von  Pfuhl  beobachteten  Erscheinungen,  als  innerhalb  der 
von  diesem  Forscher  hierfür  angegebenen  Zeit  keine  Heilung  des 
subkutanen  Infektionsherdes  eintrat,  obwohl  die  gleichen  oder  noch 
größere  Mengen  von  Tuberkulin,  als  sie  Pf u hl  verwandt  hatte,  ver- 
braucht waren.  Erst  nach  dem  Aussetzen  des  Tuberkulins  kam  es 
zu  einer  und  zwar  ganz  vollkommenen  Vernarbung  der  Impfstellen; 
indessen  — und  das  ist  die  zweite,  viel  erheblichere  Differenz  gegen- 
über den  Pfuhl’ sehen  Beobachtungsresultaten  — auch  bei  den 
Kontrolltieren  vernarbten  die  Impfstellen  in  ganz 
gleicher  Weise  wie  bei  den  Tuberkulintieren. 

Einer  besonderen  Prüfung  unterwarfen  die  Verff.  die  Frage  nach 
dem  Verlaufe  einer  zweiten  Tuberkuloseimpfung.  Beim  Meer- 
schweinchen wurde  zuvörderst  die  Angabe  Koch’s  bestätigt, 
daß  bei  Verwendung  von  künstlich  rein  kultivierten  Bacillen  beim 
bereits  allgemein  tuberkulösen  Tiere  eine  trockene  Nekrose  der 
zweiten  Impfstelle  eintritt  mit  Abstoßung  und  glatter  Heilung.  Wurde 
jedoch  Perlsuchtmaterial  zur  zweiten  Impfung  genommen,  so  blieb 
dieser  Effekt  aus  und  es  kam  zur  Bildung  typischer  tuberkulöser 
Impfgeschwüre.  Anders  als  das  Meerschweinchen  verhält  sich,  wie 
die  Verff.,  die  früheren  diesbezüglichen  Beobachtungen  des  Ref.  be- 
stätigend, fänden,  das  Kaninchen.  Bei  ihm  geht  trotz  weitgediehener 
Allgemeintuberkulose  die  zweite  Impfung  stets  an,  mögen  Reinkulturen 
oder  Perlsuchtstotfe  verwendet  werden.  Auch  das  Ueberstehen  mehrerer 
leichterer  (lokaler)  Impftuberkulosen  vermochte,  wie  beiläufig  fest- 
gestellt werden  konnte,  Kaninchen  uicht  refraktär  — weder  lokal 
noch  allgemein  — gegen  erneute  Tuberkelimpfungen  zu  machen. 

Tuberkelbacillen,  die  längere  Zeit  in  Tuberkulin  gelegen  hatten, 
erwiesen  sich  als  noch  immer  infektionsfähig,  entsprechend  Koch’s 
Angabe,  daß  das  Tuberkulin  die  Bacillen  selbst  nicht  schädige.  Doch 
wirkten  die  tuberkulinisierten  Bacillen  etwas  anders  auf  die  Gewebe, 
als  die  unbehaudelteu  Bacillen,  in  welcher  Hinsicht  auf  das  Original 
verwiesen  sein  möge.  Durch  Kontrollversuche  wurde  wahrscheinlich 
gemacht,  daß  diese  modifizierende  Wirkung  des  Tuberkulins  auf  die 
pathogenen  Eigenschaften  der  Tuberkelbacillen  wohl  wesentlich  dem 
Gly cer i u gehalte  desselben  zuzuschreiben  sein  möge.  Den  tuberku- 
lösen Krankheitsherden  gegenüber  war  jedoch  das  Glycerin  nicht  dem 
Tuberkulin  an  Wirkung  gleichwertig;  die  eigentümliche  Reaktion  des 
letzteren  auf  die  tuberkulösen  Gewebe  vermochte  es  nicht  auszulösen. 

In  einer  Schlußbemerkung  kommen  die  Verff.  noch  ganz  kurz  auf 
die  Kitasato’sche  Arbeit:  „Ueber  die  Tuberkulinbehandlung  tuber- 
kulöser Meerschweinchen“  zu  sprechen,  eine  Arbeit,  die  erst  nach 
völligem  Abschluß  ihrer  Untersuchungen  publiziert  wurde.  Kita- 
sato’s  Resultate  decken  sich  im  wesentlichen  mit  denjenigen  Pfuhl’s 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  373 


nur  giebt  Kitasato  im  Gegensätze  zu  Pfuhl  an,  eine  „Rück- 
bildung“ (Vernarbung)  der  Tuberkulose  auch  in  den  Lungen  seiner 
mit  Tuberkulin  behandelten  Versuchstiere  beobachtet  zu  haben. 
Abgesehen  davon,  daß  vergleichende  Untersuchungen  an  den  Lungen 
der  betreffenden  Kontrolliere  fehlen,  man  also  im  Unsicheren 
bleibt,  ob  ähnliches  nicht  auch  bei  unbehandelter  Tuberkulose 
gleichen  Charakters  vorkommt,  ist  erstens  der  Beweis  nicht  ge- 
liefert, daß  es  sich  bei  den  „Narben,  welche  an  Stelle  der  vor- 
dem da  befindlichen  tuberkulösen  Bildungen  getreten  waren“,  wirk- 
lich um  aus  zurückgebildeten  Tuberkeln  hervorgegangene  Narben 
gehandelt  habe  — es  kommen  ja  in  der  Meerschweinchenlunge  viel- 
fach auch  Narben  aus  anderer  Ursache  (Entozoen  z.  B.)  vor  — 
andererseits  läßt  sich  mangels  Angabe  über  die  mikroskopische 
Untersuchung  dieser  „Narben“  nicht  entscheiden,  ob  dieselben  wirk- 
lich aus  reinem  Narbengewebe  bestanden  oder  sog.  „fibröse“  Tuberkel 
waren,  die  ja  gerade  in  der  Meerschweinchenlunge  häufig  auftreten. 
An  und  für  sich  ist  ja  eine  vollständige  und  definitive  Vernarbung 
von  Tuberkeln  nichts  Ungewöhnliches,  in  der  menschlichen  Lunge 
kann  man  diese  Erscheinung  täglich  auf  dem  Sektionstische  zu  sehen 
bekommen,  bei  experimenteller  Tuberkulose  der  Meer- 
schweinchen und  Kaninchen  habe  ich  dieselbe  jedoch  bisher 
an  den  metastatischen  Knötchen  noch  niemals  beobachtet  und 
möchte  daher  bis  auf  weiteres  um  so  eher  einen  Irrtum  in  der 
Deutung  des  Gesehenen  seitens  Kitasato’s  annehmen,  als  auch 
Pfuhl  sowie  die  Herren  Dr.  Czaplewski  und  Dr.  Roloff  bei 
ihren  in  ganz  gleicher  Weise  wie  die  Kitasato’schen  behandelten 
Versuchstieren  nicht  eine  Spur  von  narbigem  Schwunde  an  den 
Tuberkeln  in  den  Lungen  zu  konstatieren  in  der  Lage  waren. 

2.  An  die  eben  besprochene  Arbeit  schließt  sich  in  dem  vorliegen- 
den Hefte  eine  Mitteilung  des  Referenten  (Baumgarten)  an:  „Ueber 
recidivierende  Tuberkulose  nach  Behandlung  mittelst 
Tuberkulins“.  Die  Beobachtung  betrifft  das  in  den  früheren  be- 
züglichen Publikationen  mehrfach  erwähnte  Tier  seiner  ersten  Ver- 
suchsreihe, dessen  an  intraoculärer  Impftuberkulose  leidende  Augen 
anscheinend,  nach  der  mit  sehr  großen  Dosen  lange  Zeit  fortge- 
setzten Tuberkulinbehandlung,  vollständig  zur  Verheilung  ge- 
langt waren.  In  der  vorliegenden  Abhandlung  wird  die  Kranken- 
geschichte dieses  Tieres,  welches  beinahe  3 Jahre  unter  fortlaufender 
Beobachtung  blieb,  sehr  genau  geschildert.  Seit  Ende  Februar  1891 
geheilt,  hielten  sich  die  Augen  dieses  Tieres  3/4  Jahre  lang  in  ihrem, 
abgesehen  von  den  erwähnten  geringfügigen  Merkzeichen  des  abge- 
laufenen Primärinfekts,  dem  normalen  Verhalten  gleichenden  Zustande. 
Dann  trat  (Ende  November  1891)  das  erste  Recidiv  der  Augen- 
tuberkulose ein.  Dieses  erste  Recidiv  bildete  sich  nach  mehrwöchent- 
lichem Bestände  allmählich  von  selbst  d.  h.  ohne  daß  eine  Spur 
von  Tuberkulin  oder  eine  sonstige  Medikation  angewandt  wurde,  mit 
Hinterlassung  kleiner,  grubiger  Narben  an  Stelle  der  Tuberkel  wieder 
zurück,  so  daß  Ende  Januar  1892  die  Augen  in  denselben  reizlosen, 
fast  integren  Zustand  zurückgekehrt  waren,  wie  er  vor  Ausbruch  des 
Recidivs  bestanden  hatte. 


XT.  Bd. 


24 


374  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Gegen  Ende  Januar  1893  — also  diesmal  nach  einer  Latenz- 
periode von  einem  vollen  Jahre  — erschien  ein  zweites  Recidiv, 
welches  nach  einiger  Zeit  wiederum  von  selbst  zum  Rückgänge  ein- 
zulenken schien,  ohne  daß  es  jedoch  zu  einer  vollständigen  restitutio 
in  integrum  im  weiteren  Verlaufe  gekommen  wäre.  Vielmehr  machten 
sich  allmählich  die  Zeichen  einer  Verflüssigung  des  Glaskörpers 
geltend  und  zuletzt  fiel  auch  der  bis  zum  März  1893  brillant  ge- 
bliebene allgemeine  Ernährungszustand  einer  sichtlich  fortschreitenden 
Verschlechterung  anheim,  so  daß  gegen  Ende  seines  Lebens  das  Tier 
fast  die  Hälfte  seines  ursprünglichen  Gewichtes  verloren  hatte.  Am 
5.  Juni  1893  wurde  das  Tier  tot  in  seinem  Stalle  liegend  gefunden. 
Aus  den  in  extenso  mitgeteilten  Obduktions-  und  mikroskopischen 
Befunden  sei  hier  nur  ganz  kurz  hervorgehoben,  daß  hier  doppelseitige, 
noch  manifeste  Iridocyclitis  tuberculosa  sowie  eine  im  Fort- 
schreiten begriffene  Tuberkulose  der  Lungen  nachgewiesen  wurde. 

In  eingehender  epikritischer  Erörterung  der  vorliegenden 
Beobachtungsthatsachen  konstatiert  Verf.  zunächst  das  Faktum,  daß 
es  in  den  Augen  des  in  Rede  stehenden  Tieres  zu  einem  zwei- 
maligen, echten  Recidiv  des  tuberkulösen  Lokalprozesses 
kam,  und  zwar  mit  Latenzperioden  von  der  Dauer  von  drei  Vierteln, 
resp.  eines  ganzen  Jahres.  „Die  Augen  unseres  Tuberkulintieres 
schienen  von  ihrem  tuberkulösen  Infekt  geheilt,  absolut  geheilt  und 
doch  waren  sie  nicht  definitiv  geheilt,  wie  das  zweimalige  tuber- 
kulöse Recidiv,  deren  letztes  in  einen  unheilbaren  Verfall  der  Aug- 
äpfel überführte,  zeigte.“  Bezüglich  der  festgestellten  Latenzperioden 
bemerkt  Verf.  beiläufig,  „daß  dies  zufällig  gerade  die,  oder  noch  mehr 
als  die  Zeit  sei,  die  der  menschliche  Embryo  bis  zu  seiner  Reife  in 
utero  verharrt,  wonach  man  sich  jetzt  wohl  nicht  mehr  so  sehr  der 
Vorstellung  werde  verschließen  wollen,  daß  kongenital  übertragene 
Tuberkelbacillen  keine  manifeste  Tuberkulose  des  ausgetragenen  Fötus 
hervorzurufen  brauchen,  wie  nunmehr  wohl  auch,  nachdem  eine  f/4- 
bis  1- jährige  Latenz  von  Bacillenkeimen  positiv  erwiesen,  die  Annahme 
keinen  Anstoß  mehr  erregen  dürfte,  daß  unter  Umständen  diese 
eigentliche  Latenz,  d.  h.  derjenige  Zustand  der  Bacillen,  in  welchem 
sie  durch  ihr  Vorhandensein  in  den  Geweben  keinerlei  makroskopisch- 
klinisch erkennbare  Störung  in  denselben  hervorrufen,  noch  längere 
Zeit  in  Anspruch  nehmen  dürfte“. 

Für  die  Frage  nach  dem  Heilwerte  des  Tuberkulins  er- 
giebt  sich  nach  Verf.  aus  der  vorliegenden  Beobachtung,  „daß  das 
einzige  Tier  aus  der  großen  Reihe  der  teils  von  mir  selbst,  teils  unter 
meinen  Augen  von  den  Herren  Dr.  Gramatschikoff,  Dr.  Roloff 
und  Dr.  Czaplewski  angestellten  bezüglichen  Versuche,  bei  welchen 
anscheinend  ein  Heilerfolg  des  Tuberkulins  zu  konstatieren  war, 
schließlich  doch  infolge  der  Impfung  mit  dem  tuberkulösen  Virus,  resp. 
durch  die  Folgen  dieser  Impfung  plus  denen  der  Tuberkulinbehandlung, 
sein  Augenlicht  verloren  und  ums  Leben  gekommen  ist“. 

Der  soeben  kurz  referierten  Mitteilung  reiht  sich  an  eine  Ab- 
handlung von  Dr.  F.  Henke,  Assistenzarztes  der  bakteriologischen 
Abteilung  des  Institutes : „Ueber  die  Desinfektion  infizierter 
Hände  und  die  Not wendigkeit  der  geburtshilflichen 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  375 


Abstinenz“  — ein  interessantes,  aber  etwas  heikles  Thema ! Denn 
es  greift  hinein  in  einen  alten,  bis  heute  unausgetragen  gebliebenen 
Streit  zwischen  Interessen  der  wichtigsten  Lehrfächer  der  prak- 
tischen und  theoretischen  Medizin,  es  berührt  eine  der  schwer- 
wiegendsten und  peinlichsten  Kollisionen,  die  zwischen  den  medi- 
zinischen Unterrichtsfächern  und  deren  Vertretern  zur  Zeit  bestehen 
und  eines  der  unliebsamsten  Hemmnisse,  welches  den  schwergeplagten 
Studierenden  der  späteren  medizinischen  Semester  entgegentritt. 
Hierin  liegt  wohl  der  Grund,  daß  das  Thema,  gewissermaßen  als  ein 
„Noli  me  tangere“  gefürchtet,  bisher  fast  gar  nicht  ernstlich  in  An- 
griff genommen  wurde.  Um  so  größeren  Dank  sind  wir  dem  Verf. 
der  vorliegenden  Abhandlung  schuldig,  daß  er,  unbeirrt  durch  solche 
äußerliche  Rücksichten,  sein  Thema  mit  der  größten  Unbefangenheit, 
rein  wissenschaftlichen  Gesichtspunkten  folgend,  unternommen  und 
mit  unentwegter  Konsequenz  durchgeführt  hat. 

Bekanntlich  gehen  die  Geburtshelfer  von  der  Anschauung  aus, 
daß  Berührung  mit  infektiösem,  speziell  Sektionsmaterial,  eine  gründ- 
liche Desinfektion  der  Hände  in  hohem  Grade  erschwert  und  daß 
diese  Schwierigkeit  am  besten  gehoben  wird  durch  ein  ein-  bis  mehr- 
tägiges Fernbleiben  von  jeder  geburtshilflichen  Verrichtung  nach  der- 
artiger Hantierung.  Demzufolge  besteht  an  allen  gynäkologischen 
Kliniken  die  Vorschrift,  daß  die  Studierenden  nach  geschehener  Be- 
rührung mit  septischen  Stoffen , Leichenmaterial  etc.  24 — 48 — 96 
Stunden  warten  müssen,  ehe  sie  eine  innere  Untersuchung  in  der 
Klinik  vornehmen  dürfen.  Nachdem  Verf.  auseinandergesetzt,  wie 
einschneidend  und  hemmend  solche  Vorstellungen  und  Maßnahmen 
sowohl  auf  den  klinischen  Unterricht,  als  auch  auf  die  Thätigkeit 
des  praktischen  Arztes  einwirken,  kommt  er  zu  der  Frage  nach  der 
wissenschaftlichen  Begründung  der  genannten  Vorstellungen 
und  Maßnahmen.  Diese  Frage  beantwortet  er  dahin,  daß  dieselben 
sich  auf  frühere,  jetzt  überwundene  Anschauungen  über  Infektion  und 
Desinfektion  stützen,  während  neuere,  an  der  Hand  der  modernen 
bakteriologischen  Kenntnisse  und  Untersuchungsmethoden  angestellte 
Versuche,  welche  die  Annahme  von  der  Notwendigkeit  der  geburts- 
hilflichen Abstinenz  festzulegen  imstande  wären,  in  der  Litteratur  nicht 
vorhanden  sind.  Verf.  griff  daher  die  bisher  fast  unberührte  Aufgabe 
an  und  bearbeitete  sie  systematisch  in  der  Weise,  daß  er  direkte 
Vergleichsversuche  zu  geben  versuchte,  indem  er,  bei  selbst- 
verständlich gleichem  Desinfektionsmodus,  seine  Hände  einmal  in 
ihrem  gewöhnlichen  Zustande  desinfizierte,  das  andere  Mal  nachdem 
er  sie  auf  verschiedenartige  Weise  absichtlich  infiziert  hatte.  Wurden 
nun  die  Hände  mit  empfindlichen  Nährböden  in  Berührung  gebracht, 
so  waren  in  den  in  beiderlei  Versuchsreihen  aufgegangenen  Keimen 
direkte  Vergleichsobjekte  gewonnen.  Wuchsen  auf  den  Platten  mehr 
und  andersartige  Keime  nach  erfolgter  Desinfektion,  wenn  die  Hand 
vorher  absichtlich  „septisch“  gemacht  worden  war,  so  mußte  eine 
Erschwerung  der  Desinfektion  im  Sinne  der  Anschauung  der  Geburts- 
helfer zugestanden  werden,  im  anderen  Falle  aber,  wenn  kein  Unter- 
schied zu  entdecken  war,  konnte  diese  Annahme  als  eine  berechtigte 
nicht  anerkannt  werden.  Um  genau  das  eventuelle  Wiedererscheinen 

24* 


376  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologiscben  Instituten  etc. 


der  zur  Infizierung  der  Hand  verwendeten  Bakterien  in  den  Platten 
gegenüber  den  gewöhnlichen  Handbakterien  konstatieren  zu  können, 
wurden  neben  den  Versuchen  mit  septischen  Rohmaterialien  auch 
noch  Versuche  mit  leicht  zu  identifizierenden  Reinkulturen  patho- 
gener Mikroben  gemacht.  Indem  bezüglich  der  sehr  genau  wieder- 
gegebenen Methodik  der  Versuche  sowie  der  objektiven  Resultate 
der  einzelnen  zahlreichen  Versuche  auf  das  Original  verwiesen  werden 
muß,  sei  hier  nur  das  generelle  Ergebnis  hervorgehoben,  daß  nach 
den  Versuchen  des  Verf.’s  „die  Annahme,  die  Desinfektion  einer  be- 
wußt oder  absichtlich  infizierten  Hand  sei  wesentlich  schwerer,  als 
die  der  gewöhnlichen  Tageshand,  nach  bakteriologischen  Kriterien 
nicht  zutreffend  ist.  Alles,  was  frisch  auf  die  Hand  gebracht  wird, 
seien  es  Eiter,  Jauche  oder  Reinkulturen  von  Infektionsorganismen, 
ist  bei  entsprechender  Waschung  und  längerem  Kontakte  mit  Anti- 
septicis  gar  nicht  besonders  schwer  wegzuräumen ; den  zähesten 
Widerstand  leisten  gerade  die  alten  bakteriellen 
Stammgäste  der  verschiedenen  Schlupfwinkel  der 
Hand,  und  daß  darunter  auch  auf  sog.  „normalen“  Händen,  selbst 
solchen,  die  nicht  kürzlich  oder  niemals  mit  Leichenteilen  oder  mit 
vom  kranken  Menschen  stammenden  „septischen“  Stoffen  zu  thun 
gehabt  haben,  auch  pyo-  und  septogene  Keime  sich  befinden,  ist 
durch  vielfache  Zeugnisse  belegt.“  Was  man  zur  Begründung  der 
Maßregel  der  „geburtshilflichen  Abstinenz“  augeführt  hat  oder  was 
man  a priori  allenfalls  dafür  anführen  könnte,  ist,  wie  der  Verf. 
des  näheren  ausführt  und  schlagend  begründet,  den  modernen 
bakteriologischen  Erfahrungen  und  Anschauungen  gegenüber  nicht 
stichhaltig.  „Die  Frage  nach  der  Notwendigkeit  der  geburtshilflichen 
Abstinenz  ist  nach  alledem  vom  bakteriologischen  Standpunkte  aus 
nur  zu  verneinen.“ 

Am  Schlüsse  seiner  Abhandlung  streift  Verf.  noch  die  Frage 
der  sog.  „Selbstinfektion“,  welche  Frage  er  in  einen  sehr  bemerkens- 
werten Zusammenhang  mit  derjenigen  von  der  „geburtshilflichen 
Karenz“  bringt.  Ausgehend  von  den  gesicherten  Beobachtungen 
über  das  häufigere  Vorkommen  der  das  Puerperalfieber  erregenden 
pathogenen  Mikroorganismen  in  Scheide  und  Cervicalkanal  gesuuder 
Frauen,  namentlich  im  schwangeren  Zustande  derselben,  weist  Verf. 
auf  einen  bisher  ungeahnten  oder  wenigstens  nirgends  bestimmter 
ausgesprochenen  Zusammenhang  zwischen  Digitaluntersuchungen  und 
instrumentellen  Eingriffen  an  den  weiblichen  Genitalien  während  der 
Schwangerschaft  und  besonders  der  Geburtsperiode  einerseits  und 
der  Entstehung  puerperaler  Infektionsprozesse  andererseits  hin.  Es 
erscheint  nämlich  leicht  möglich,  daß  diese  präexistierenden  patho- 
genen Keime  der  Vagina  und  der  Cervix  durch  den  untersuchenden 
Finger  oder  das  Instrument  in  höher  gelegene  Teile  des  Genital- 
kanales verschleppt,  ja  bei  gewaltsamem  Operieren  sogar  in  das 
vulnerable  Endometrium  hinein  okuliert  werden.  Auf  diese  Weise 
kann  der  keimfreieste  Finger,  das  denkbar  reinste  Instrument  schwere 
puerperale  Infektionen  veranlassen,  ohne  daß  den  Untersucher,  den 
Operateur  hierbei  die  geringste  Schuld  trifft.  Demgemäß  erachtet  es 
Verf.  als  ein  dringendes  Postulat  der  geburtshilflichen  Hygiene,  bei 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  377 


SchwaDgeren  häufige  prophylaktische  Ausspülungen  der  Scheide  mit 
desinfizierenden  Flüssigkeiten  vornehmen  zu  lassen , wie  dies  that- 
sächlich  ja  auch  bereits  in  vielen  Kliniken  geschieht  (mit  besonders 
evidentem  Erfolge  an  Hofmeier’s  großer  Unterrichtsanstalt  in 
Würzburg). 

Nach  alledem,  sagt  Verf.  am  Schlüsse  seiner  Abhandlung,  liegt 
eine  rationelle  und  wirksame  Prophylaxe  des  Wochenbetrfiebers  in 
Gebäranstalten  nicht  in  der  zur  Abwehr  der  den  Wöchne- 
rinnen drohenden  Infektionsgefahren  nutzlosen  „ge- 
burtshilflichen Abstinenz“,  sondern,  neben  strenger  Durch- 
führung der  allgemeinen  Salubritäts-  und  Desinfektionsmaßnahmen, 
in  derEinführung  eines  möglichst  vollkommenen  und 
sorgfältig  überwachten  Händedesinfektionsverfah- 
rens  vor  den  geburtshilflichen  Manipulationen  und 
in  der  möglichst  ausgiebigen  Anwendung  der  prophy- 
laktischen Scheidendouche. 

4.  Es  folgt  nunmehr  eine  Arbeit  von  Dr.  W.  Crone:  Ein 
Beitrag  zur  Lehre  vom  Lupus-Carcinom  (Tuberculo- 
Carcinom).  Beschreibung  eines  Falles  von  Tuberculo-Carcinom 
des  Kehlkopfes.  Während  Fälle  einer  Kombination  von  Tuber- 
kulose mit  Krebs  ander  äußeren  Haut  — in  Gestalt  der  Lupus- 
Carcinome  — wenn  auch  nicht  häufige,  so  doch  auch  nicht 
allzu  seltene  Vorkommnisse  sind,  lagen  über  das  kombinierte  Vor- 
kommen der  beiden  Erkrankungen  an  den  Schleimhäuten  bisher 
keine  gesicherten  Beobachtungen  vor.  Es  ist  daher  der  von  Herrn 
Dr.  Crone  beschriebene  Fall  von  Tuberculo-Carcinom  einer 
Schleimhaut,  und  zwar  der  Kehlkopfschleimhaut,  von  einigem  Interesse. 

Klinisch  imponierte  der  Fall  als  Carcinom  und  die  Unter- 
suchung eines  Probeexcisionsstückchens  schien  diese  Diagnose  zu  be- 
stätigen. Es  wurden  in  die  Tiefe  greifende  zapfenförmige  Wuche- 
rungen des  Deckepithels  gefunden,  welche  stellenweise  bis  in  den 
Knorpel,  diesen  verdrängend  und  aufzehrend,  vordrangen.  Nur  an 
einer  Stelle  der  zahlreich  gemusterten  Schnitte  zeigte  sich  eine 
wenig  charakteristische  Riesenzelle.  Die  Untersuchung  von  Teilen 
der  exstirpierten  Gesamtgeschwulst  ließ  zwar  auch  reichliche 
atypische  Wucherungen  des  Deckepithels  erkennen,  die  hauptsäch- 
liche Affektion  bestand  jedoch  hier  in  einer  echt  tuberkulösen 
Gewebserkrankung.  Nach  dem  Grundsätze:  „A  potiori  fit  denomi- 
natio“  mußte  das  Kehlkopfleiden  also  als  Tuberkulose  bezeichnet 
werden;  doch  konnte  des  Faktors  der  mitvorhandenen  destruieren- 
den  Epithelwucherung  nicht  ungedacht  bleiben  und  sonach  ergab 
sich  die  Bezeichnung:  Tuberculo-Carcinom  des  Kehlkopfes,  womit 
die  Auffassung  zum  Ausdrucke  gebracht  sein  soll,  daß  hier  auf  tu- 
berkulöser ebenso  wie  an  der  äußeren  Haut  auf  „lupöser“  Basis  eine 
krebsige  Wucherung  des  Deckepithels  Platz  gegriffen. 

Der  soeben  ganz  kurz  referierten  Arbeit  von  Dr.  Crone  schließt 
sich  eine  kleinere  Mitteilung  des  Ref.  (Baumgarten):  „Ueber  ein 
Kehlkopfcarcinom  kombiniert  mit  den  histologischen 
Erscheinungen  der  Tuberkulose“  an.  Der  in  dieser  Mitteilung 
genauer  beschriebene  und  erörterte  Fall  bildet  gewissermaßen  das 


378  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Gegenstück  zu  dem  von  Dr.  Crone  (s.  o.)  publizierten  Falle,  indem 
er  ein  legitimes  Kehlkopfcar  ci n om  in  Verbindung  mit  den  charak- 
teristischen histologischen  Merkmalen  der  Tuberkulose  zu  Gesicht 
brachte. 

Die  Frage,  um  die  es  sich  bei  der  Beurteilung  des  vorliegenden 
Falles  wesentlich  drehte,  war  die:  Handelte  es  sich  um  eine  Kom- 
bination von  Carcinom  mit  richtiger  Tuberkulose  oder  ist  die  tuberkel- 
artige Struktur  als  der  Ausdruck  irgend  welcher  anderen,  nicht  auf 
den  spezifischen  Tuberkelbacillus  zurückzuführendeu  formativen  Rei- 
zung der  Gewebe  anzusehen? 

Nach  eingehender  Erörterung  aller  in  Betracht  kommenden 
Möglichkeiten  der  Deutung  der  vorliegenden  histologischen  That- 
sachen  kommt  Ref.  zu  dem  Schlüsse,  daß  sich  kein  durchschlagender 
Einwand  gegen  die  Auffassung,  daß  im  vorliegenden  Falle  eine  Kom- 
bination, eine  Art  Symbiose  von  Krebs-  und  Tuberkelgewebe  statt- 
gefunden habe,  erheben  lasse  und  daß  eine  andere  Deutung  der 
Erscheinungen  wohl  kaum  aufzustellen  sein  würde. 

Zur  Erklärung  des  Zustandekommens  der  in  Rede  stehenden  be- 
merkenswerten Afi'ektion  würde  demnach  anzunehmen  sein,  daß  aus- 
nahmsweise hier,  nicht  wie  sonst,  auf  normalem,  sondern  auf  kreb- 
sigem  Gewebsboden  eine  Invasion  von  Tuberkelbacillen  sich  voll- 
zogen habe,  die,  langsam,  schleichend  darin  proliferierend,  das  ihrer 
histopathogenen  Wirkung  entsprechende  Tuberkelgewebe  erzeugten, 
welches  nun  das  Carcinomgewebe  umsponn  und  mit  jener  Unzer- 
trennlichkeit  begleitete,  wie  der  Pilz  die  Alge  begleitet,  mit  der  er 
sich  zu  dem  gemeinsamen  Haushalte  eines  Flechtendaseins  ver- 
bunden hat. 

Im  Gegensätze  zu  dem  nicht  allzuseltenen  Vorkommen  von  Car- 
cinom auf  tuberkulöser  (lupöser)  Basis  stellt  das  Vorkommen  von 
Tuberkulose  auf  carcinomatöser  Basis  eine  große  Rarität,  in  der  hier 
beobachteten  und  beschriebenen  Weise  wohl  geradezu  ein  Unikum 
dar.  Friedländer  und  Köster  erwähnen  in  ihren  bekannten 
Publikationen:  „Ueber  lokale  Tuberkulose“  ganz  beiläufig  der  eigenen 
Beobachtungen  des  Auftretens  von  „Tuberkeln“  „im  Stroma  von  Krebs- 
geschwülsten“ und  Ref.  selbst  hat  schon  vor  längerer  Zeit  in  Königs- 
berg einen  exstirpierten  Fall  von  Mastdarmkrebs  untersucht,  wo 
bei  der  mikroskopischen  Exploration  mitten  im  Krebsgewebe  typische 
Tuberkel  (mit  centraler  Verkäsung)  offenbar  als  ganz  lokale  (d.  h. 
nicht  als  Teilerscheinungen  einer  verbreiteteren  Darmtuberkulose  zu 
deutende  tuberkulöse  Produkte  gefunden  wurden.  Von  einer  so 
innigen  Durchdringung  der  beiden  Gewebe,  des  Krebsgewebes  einer- 
seits, des  Tuberkelgewebes  andererseits,  wie  in  dem  vorliegenden  Falle 
einer  Mischgeschwulst  von  Krebs  und  tuberkelartigem  Gewebe  war 
in  dem  erwähnten  Falle  von  Mastdarmkrebs  und  wohl  auch,  der 
kurzen  Notiz  nach  zu  urteilen,  in  den  Friedländer-Köster- 
schen  Beobachtungen  nicht  die  Rede,  so  daß  erstgenannter,  hier  ganz 
kurz  referierter  Fall  wohl  als  ein  bisher  noch  nicht  beschriebenes 
Vorkommnis  besonderes  Interesse  für  sich  in  Anspruch  nehmen  dürfte. 


Bakterien  und  Butter.  — Scheidenbakterien. 


379 


Referate. 


Sigismund,  Olaf,  Untersuchungen  über  die  Rancidität 
der  Butter  unter  Berücksichtigung  der  Marktver- 
hältnisse in  Halle  a.  S.  8°.  25p.  [Inaug.-Diss.]  Halle  a.  S. 
1893. 

Das  Ranzigwerden  der  Butter  ist  bedingt  durch  indirekte  Ein- 
wirkung von  Bakterien  und  durch  direkte  Einwirkung  von  Luft  und 
Licht,  doch  scheint  der  erste  Einfluß  noch  wirksamer  als  der  zweite 
zu  sein.  Kunstbutter  ist  diesen  Einwirkungen  in  ungleich  niedrigerem 
Maße  unterworfen  als  Naturbutter,  leicht  erklärlich,  insofern  Kunst- 
butter aus  frisch  ausgelassenem  Fette,  das  längere  Zeit  höherer 
Temperatur  ausgesetzt  war,  und  frischer  Milch  bereitet  wird,  während 
man,  um  aus  Kuhmilch  allein  Butter  zu  gewinnen,  diese  meist  erst 
sauer  werden  läßt.  So  fand  Lafar  in  Kuhbutter  meist  2,5 — 20 
Millionen  Keime  in  1 g Substanz,  während  eine  Probe  Kunstbutter 
nur  0,75  Millionen  aufwies;  eigene  Untersuchungen  des  Verf.’s  er- 
gaben für  Margarine  134000  und  322000  Keime  pro  ccm,  während 
8 Butterproben  zwischen  26000  und  2 Millionen  pro  ccm  lieferten, 
Sigismund  suchte  nuu  einen  Zusammenhang  zwischen  Bak- 
teriengehalt und  Rancidität  aufzufinden,  doch  vergeblich,  wie  folgende 
Tabelle  zeigt: 


Ranciditätsgrade 

Keimzahl  in  1 g Substanz 

Kuhbutter 

1,86 

26  000 

4,34 

557  000 

4,8 

1 358  000 

4,8 

2 000  000 

4,8 

927  000 

5.3 

976  000 

5,5 

1 483  000 

5,9 

321  000 

18,94 

— 

14,97 

— 

25,63 

989  000 

Kunstbutter 

1,8 

134  000 

5,8 

322  000 

Sonst  stellte  Verf.  fest, 

daß  die  Butter, 

wie  sie  in  Halle 

boten  wird,  den  hygienischen  Anforderungen  nicht  entspricht,  da  mehr 
als  der  vierte  Teil  der  untersuchten  Proben  wegen  gesundheits- 
widriger Beschaffenheit  zu  beanstanden  war,  was  bei  keiner  Kunst- 
butter vorkam. 


Butter,  bei  welcher  die  Centrifuge  zur  Verwendung  gelangte, 
erwies  sich  stets  bedeutend  ärmer  an  Spalt-  wie  Schimmelpilzen 
gegenüber  anderer  Ware.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


Burckhardt,  Louis,  Ueber  den  Einfluß  der  Scheiden- 
bakterien auf  den  Verlauf  des  Wochenbettes.  (Archiv 
f.  Gynäkol.  Bd.  XLV.  1894.  Heft  1.  p.  71.) 

Ein  nicht  geringer  Prozentsatz  der  Wochenbetterkrankungen  hat 
ihre  Entstehung  den  in  der  Scheide  vorhandenen  Mikroorganismen 


380 


Scheidenb&kterien.  — Trachom. 


zu  danken ; normales  Scheidensekret  giebt  bei  der  bakteriologischen 
Untersuchung  fast  stets  nur  die  Anwesenheit  einer  Bacillenart  kund, 
deren  Lebenseigenschaften  sich  sowohl  in  der  Scheide  als  im  Kultur- 
glase als  charakteristisch  erwiesen;  dabei  ist  die  Reaktion  intensiv 
sauer,  das  Material  weißlich  und  krümlig,  von  der  Konsistenz  ge- 
ronnener Milch.  Pathologisches  Sekret  ist  gelblich  bis  gelblich-grün, 
von  ähnlicher  Konsistenz,  nicht  selten  mit  kleinen,  massenhaften  Gas- 
blasen durchsetzt,  schaumig  oder  mit  zähem,  gelbem  Schleime  ver- 
mengt und  von  schwach  sauerer  Reaktion,  nicht  selten  auch  neutral 
oder  alkalisch;  in  dem  pathologischen  Sekrete  sind  die  verschieden- 
artigsten Mikroorganismen,  Bacillen  wie  Kokken,  in  großer  Zahl  vor- 
handen. 

Verf.  teilt  die  Untersuchungen  von  116  Nr.  mit  und  kommt  zu 
dem  Schlüsse,  daß  normales  und  pathologisches  Sekret  schwer  aus- 
einander zu  halten  ist  und  daß  die  Gefahr  eines  krankhaften  Wochen- 
bettes bei  letzterem  bedeutend  größer  ist  als  bei  ersterem.  Des- 
infektion der  inneren  Geburtswege  empfiehlt  Burckhardt  zu  unter- 
lassen, da  am  Introitus  vaginae  und  an  den  Pubes  konstant  Staphylo- 
und  zuweilen  Streptokokken  nachgewiesen  werden  können  und  durch 
die  angebliche  Desinfektion  leicht  eine  Infektion  stattfände.  Von 
Bakterien  führt  Verf.  bei  seinen  116  Nr.  folgende  auf:  Scheideu- 

bacillen  und  Kokken,  Streptokokken,  Diplobacillen,  Staphylokokken, 
Neiße rbacillen,  Hefe.  Normales,  d.  h.  mikroskopisch  normales  Se- 
kret mit  nur  abgestoßenen  Epithelzellen  der  Vaginalschleimhaut  traf 
Burckhardt  unter  den  116  Fällen  69 mal  an;  27,50  Proz.  wiesen 
pathologisches  Sekret  auf,  d.  h.  gleichzeitig  mit  Epithelzellen  traten 
massenhaft  Eiterkörperchen  auf;  15  waren  nicht  normal  oder  patho- 
logisch, da  entweder  die  Farbe  oder  die  Reaktion  u.  s.  w.  nicht  mit  dem 
Charakter  des  Sekretes  übereinstimmte;  5 waren  unbestimmt,  2 ent- 
hielten bei  normalem  Sekrete  nur  Staphylokokken  und  zwei  weitere 
Kokken  der  verschiedensten  Arten  und  Scheidenbacillen  in  gleicher 
Zahl.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Truc,  Contagion  du  trachome  (ophthalmiegranuleuse). 

(La  Semaine  m6dicale  1893.  No.  70.) 

Verf.  stellte  bei  173  Familien  mit  531  Personen  in  Montpellier 
Cette  und  Umgebung  Ermittelungen  über  die  Art  und  die  Ueber- 
tragbarkeit  des  Trachoms  an.  Die  Familien  wurden  innerhalb  ihrer 
Quartiere  besucht,  und  der  Verf.  bemühte  sich  bei  allen  Familien- 
mitgliedern 1)  den  Beruf,  die  Unterkunft,  Kleidung,  Ernährung  und 
Lebensweise;  2)  die  vorausgegaugenen  Krankheiten,  den  allgemeinen 
Körperzustand,  den  Augenbefund;  3)  die  wahrscheinliche  Ursache 
und  Uebertragung  des  Trachoms  festzustellen. 

Das  Verhältnis  der  gesund  gebliebenen  Familienmitglieder  zu 
der  Zahl  der  erkrankten  betrug  48  Proz.  in  Montpellier,  60  Proz.  in 
Cette,  63  Proz.  auf  dem  Lande,  eine  Thatsache,  welche  der  Verf. 
den  eigentümlichen  Arbeitsverhältnissen  und  den  gesünderen  Lebens- 
bedingungen der  Landbevölkerung  zuschreibt.  Soweit  sich  feststellen 
ließ,  war  die  Uebertragung  in  24  Fällen  zwischen  Eheleuten,  in  48 
Fällen  zwischen  Eltern  und  Kindern,  dagegen  in  umgekehrtem  Ver- 


Trachom.  — Carcinom. 


381 


hältnis  nur  5mal,  und  20mal  zwischen  Geschwistern  erfolgt.  47  Proz. 
der  der  Ansteckung  ausgesetzten  Personen,  und  zwar  in  27  Fällen 
solche  Individuen,  welche  mit  Trachomkranken  Bett  und  Wäsche  ge- 
teilt hatten,  blieben  gesund.  Die  Kranken  waren  zu  21  Proz.  Männer, 
zu  37  Proz.  Frauen  und  42  Proz.  Kinder. 

Die  übertragbare  Form  des  Trachoms  wurde  besonders  bei  jungen 
Individuen  gefunden  und  betraf  unter  diesen  vorzugsweise  das  weib- 
liche Geschlecht.  Die  Uebertragung  erfolgte  in  der  Regel  unmittel- 
bar oder  durch  Vermittelung  von  Wäsche  und  Kleidung. 

Die  nicht  übertragbare  Form  war  gleichfalls  häufig;  sie  bildete 
die  Regel  bei  kräftigen  jungen  aber  erwachsenen  Männern.  Sie 
charakterisierte  sich  durch  spärliche  Sekretion.  Mit  dem  Eintritt  von 
akutem  oder  subakutem  Rachenfieber  oder  zu  Zeiten  der  Eiterung 
und  des  Katarrhs  konnten  solche  Fälle  infektiös  werden. 

In  den  Schulen  konnten  Fälle  von  Uebertragung  des  Trachoms 
nur  ausnahmsweise  nachgewiesen  werden. 

Der  Verf.  hält  demnach  das  Trachom  zwar  für  übertragbar, 
aber  für  weniger  kontagiös  als  früher,  wo  die  eitrige  Form  desselben 
häufiger  war;  die  Uebertragung  kommt  nach  seiner  Annahme  fast 
ausschließlich  in  dem  engen  Verkehr  der  Familie  und  durch  mittel- 
bare Berührung  des  An  steck  ungsstoffs  zu  stände;  zu  fürchten  sind 
nur  die  mit  schleimig-eitriger  Sekretion  verbundenen  Formen  der 
Krankheit;  Frauen,  Kinder  und  skrophulöse  Personen  werden  am 
leichtesten  infiziert. 

Zur  Verhütung  der  Verbreitung  der  Krankheit  soll  man  alle 
Granulösen  überwachen;  akute  oder  subakute  mit  schleimiger  oder 
eitriger  Sekretion  verbundene  Krankheitsfälle  machen  strengere  Maß- 
regeln erforderlich.  Im  Hospital  müssen  solche  Kranke  isoliert  werden, 
bleiben  sie  in  der  Familie,  so  erteile  man  ihnen  und  ihren  Ange- 
hörigen entsprechende  Belehrung.  In  der  Kaserne  sollten  Granulöse 
jeder  Form  abgesondert  werden,  in  den  Schulen  nur  die  mit  Sekretion 
behafteten , während  die  an  weniger  leicht  übertragbaren  Formen 
leidenden  nur  überwacht  zu  werden  brauchen.  In  allen  Fällen  dringe 
man  auf  geeignete  Behandlung  des  Leidens.  Auch  erleichtere  man 
den  Kranken  die  Aufnahme  in  das  Hospital,  so  weit  dies  irgend 
möglich  ist.  K ü b 1 e r (Berlin). 

Banti,  G.,  Sui  parassiti  del  carcinoma.  (La  Rif.  med.  1893. 

p.  181.) 

Auch  Banti,  Professor  der  pathol.  Anatomie  in  Florenz,  tritt 
mit  dieser  Mitteilung  in  die  Reihen  derjenigen,  welche  die  in  Car- 
cinomen  gefundenen  und  von  angesehenen  Forschern  für  Krebspara- 
siten erklärten  Gebilde  für  Produkte  der  Krebszellen,  nicht  aber  für 
Sporozoen  halten.  Nach  seiner  Ansicht  entstehen  die  Krebsgeschwülste 
durch  eine  besonders  energische  Proliferationsfähigkeit  der  Krebs- 
elemente, welche  allerdings  infektiösen  Ursprungs  sein  kann.  Doch 
muß  leider  gesagt  sein,  daß  uns  die  bisherigen  Forschungsergebnisse 
zur  Zeit  noch  keinen  Aufschluß  über  die  Natur  dieses  die  Krebs- 
zellen zur  üppigen  Wucherung  reizenden  Agens  verschafft  haben. 

Kamen  (Czernowitz). 


382 


Carcinom.  — Maltafieber. 


Steven,  J.  L.  and  Brown,  J.,  On  the  so-called  parasitic 
Protozoa  of  Cancer.  (The  Journal  of  Pathology  and  Bacterio- 
logy.  Vol.  II.  1893.  p.  26.) 

Die  Verff.  beschreiben  die  Einschlußkörper , welche  beobachtet 
wurden:  1)  in  einem  Falle  von  Krebskrankheit  des  Pylorus  mit 

sekundärer  Drüsenaffektion,  und  2)  in  einem  Falle  von  allgemeiner 
krebsiger  Infiltration  des  Peritoneums  und  Mediastinums.  Der  erste 
Fall  zeigte  in  beinahe  jedem  Schnitte  zahlreiche  Körperchen,  die 
sogenannten  parasitischen  Protozoa,  welche,  obwohl  von  verschiedener 
Größe,  die  gleiche  Reaktion  auf  färbende  Reagentien  und  den  gleichen 
inneren  Bau  aufwiesen.  Diese  Körperchen  waren  bald  extra-,  bald 
intracellulär.  Im  letzteren  Falle  waren  sie  gewöhnlich  vereinzelt,  ob- 
wohl gelegentlich  mehr  als  ein  Einschlußkörperchen  in  Krebszellen 
beobachtet  werden  konnte.  Diese  fast  immer  vollkommen  kreisförmigen 
Körperchen  fanden  sich  nie  getrennt  von  den  Gruppen  der  Krebs- 
zellen, noch  innerhalb  der  Nuclei.  Die  meisten  der  Einschluß- 
körperchen besaßen  eine  scharf  abgegrenzte  Kapsel,  und  nur  sehr 
selten  beobachtete  man  im  Mittelpunkte  einen  Nucleus,  wie  in  der  Be- 
schreibung von  Ruff  er  und  Walker. 

Schnitte  von  dem  zweiten  Falle  zeigten  weniger  zahlreiche  Ein- 
schlußkörperchen, als  im  vorhergehenden.  Gewisse  deutliche  Unter- 
schiede wurden  beobachtet.  Sie  waren  in  der  Regel  kleiner  und 
anders  gefärbt,  als  die  schon  erwähnten  Einschlußkörperchen.  Ein 
tief  gefärbter  roter  Nucleus  war  immer  vorhanden.  Die  Verff.  neigen 
sich  zu  der  Ansicht,  daß  verschiedene  Typen  von  Krebs  verschiedene 
Einschlußtypen  haben  könnten. 

Was  die  Natur  dieser  Einschlußkörper  betrifft,  so  erklären  die 
Verff.,  daß  solche  nicht  Vakuolen  noch  Produkte  degenerativer  Ver- 
änderungen seien.  Sie  betrachten  dieselben  als  organisierte  Elemente; 
ob  sie  endogen  entwickelte  Zellen  oder  Parasiten  sind,  bleibt  unent- 
schieden. N o v y (Ann  Arbor). 

Bruce,  On  the  etiology  of  Malta  fever.  (Army  medical  de- 
partment  report  for  the  year  1890.  Vol.  XXXII.  London  1892. 
Appendix  No.  IV.  p.  365.) 

Surgeon-Captain  David  Bruce,  Assistent  Professor  der  Patho- 
logie zu  Netley  wurde  im  Herbst  1891  nach  Malta  entsendet  um  die 
Natur  des  Maltafiebers  zu  ergründen.  Seine  Untersuchungen  haben 
ergeben,  daß  es  sich  nicht,  wie  vielfach  vermutet  wurde,  beim  Malta- 
fieber um  eine  lokale  Varietät  von  Typhus  oder  Malaria,  sondern 
um  eine  bestimmte  spezifische  Krankheit  handele. 

Als  Ausgangsmaterial  für  seine  Untersuchungen  benutzte  Bruce 
Gewebspartikel  lege  artis  aus  der  Milz  möglichst  bald  nach  dem  Tode 
entnommen,  welche  auf  Agar  übertragen  und  bei  Körpertemperatur 
gehalten  wurden.  In  13  Fällen  (11  vom  Verf.  und  2 von  Gipps) 
wurden  12  mal  dieselben  Mikroorganismen  gefunden.  Versuche,  die 
Mikroorganismen  aus  dem  Gewebe  (Blut?)  zu  züchten,  waren  nur 
teilweise  von  Erfolg  begleitet  (in  11  Fällen  2mal),  was  Verf.  der  zu 
hohen  alkalischen  Reaktion  seiner  Nährböden  zuschreibt. 


Maltafieber. 


383 


Gleichzeitig  in  Malta  beobachtete  Fälle  von  Typbus,  von  denen 
Kulturen  angelegt  wurden,  ließen  in  den  Kulturen  nie  den  Fberth- 
Gaffky’schen  Bacillus  vermissen;  während  hier  nach  24  Stunden 
ein  üppiges  Wachstum  der  Kulturen  zu  konstatieren  war,  ist  bei  dem 
Micrococcus  des  Maltafiebers  das  Wachstum  ein  sehr  langsames. 

Der  Micrococcus  des  Maltafiebers  hat  eine  runde  oder  leicht  ovale 
Gestalt  und  in  Trockenpräparaten  etwa  0,33  /x  Durchmesser,  er  ist 
also  ein  sehr  kleiner  Organismus,  welcher  nur  bei  1000 — löOOfacher 
Vergrößerung  deutlich  sichtbar  ist.  Im  hängenden  Tropfen  erscheint 
er  als  heller  Punkt  in  aktiver  Molekularbewegung,  meist  einzeln, 
selten  gepaart,  nie  in  Rotten.  Er  besitzt  eigene  Beweglichkeit  nicht. 
Er  färbt  sich  leicht  in  wässeriger  Lösung  von  Gentianaviolett;  bei 
Anwendung  des  Gram’schen  Verfahrens  wird  er  entfärbt. 

Bei  Aussaat  in  peptonhaltige  Fleischbrühe  sieht  man  in  den 
ersten  Tagen  keine  Veränderung;  später  Wolkenbildung  (aber  keine 
Hautbildung  auf  der  Oberfläche).  Den  besten  Nährboden  für  die 
Kultur  bildet  das  gewöhnliche  1 1l2°l0ige  Fleisch wasserpeptonagar. 

An  Agarstichkulturen  sieht  man  erst  nach  mehreren  Tagen  rund 
um  den  Stichpunkt  kleine  perlweiße  Flecke  und  längs  des  Nadel- 
stiches kleine  runde  weiße  Kolonieen.  Nach  einigen  Wochen  sind  die 
Kolonieen  an  der  Oberfläche  größer  geworden  und  bilden  Rosetten- 
form; im  Stich  bilden  sie  einen  soliden  Strang  von  gelblich-brauner 
Farbe  mit  sägeförmigen  Vorsprüngen.  Nach  einigen  Monaten  er- 
scheint das  Wachstum  auf  die  Area  beschränkt,  die  Färbung  ist  röt- 
lich-gelb. Auf  dem  schräg  erstarrten  Agar  zeigen  die  Kolonieen 
nach  9—10  Tagen  bei  37°  die  Größe  von  Schrot  Nr.  4,  haben  eine 
runde  Gestalt  mit  glattem  Kontur,  erheben  sich  wenig  über  die 
Oberfläche  des  Agars  und  erscheinen  glatt  und  glänzend.  Bei  durch- 
fallendem Lichte  erscheinen  die  Kolonieen  in  der  Mitte  gelblich,  am 
Rande  bläulich-weiß ; bei  auflallendem  Lichte  dagegen  erscheinen  die 
Kolonieen  milchweiß.  Einzeln  liegende  Kolonieen  auf  der  Oberfläche 
des  Agars  wachsen  nicht  unbegrenzt  weiter;  nach  Monaten  sind  sie 
nicht  größer  als  Hanfsamen  groß.  Sichtbar  werden  die  Kolonieen 
bei  25 0 C erst  nach  7 Tagen,  bei  37 0 C etwa  in  der  Hälfte  der  Zeit. 

An  Stichkulturen  in  10  Proz.  Nährgelatine  zeigt  sich  (bei  22 0 C) 
nur  sehr  schwaches  Wachstum.  Nach  1 Monat  erscheint  der  Stich 
nur  angedeutet ; auf  der  Oberfläche  eine  weiße,  nicht  über  stecknadel- 
kopfgroße Kultur,  Verflüssigung  der  Gelatine  tritt  nicht  ein.  — 
Plattenkulturen  gelangen  dem  Verf.  nicht.  Auf  Kartoffeln  fand  ein 
Wachstum  nicht  statt. 

Uebertragungen  auf  Tiere  von  Reinkulturen  des  Mikro- 
organismus wurden  vergebens  versucht  auf  Mäuse,  Meerschweinchen 
und  Kaninchen ; dagegen  waren  Uebertragungen  auf  Affen  erfolgreich : 
Subkutane  Injektion  von  Reinkulturen  des  Micrococcus  des  Malta- 
fiebers rief  eine  Krankheit  des  Versuchsaffen  hervor,  welche  große 
Aehnlichkeit  mit  der  Erkrankung  des  Menschen  zeigte  und  verur- 
sachte in  4 Fällen  3 mal  den  Tod.  Bei  allen  diesen  3 Tieren  fand 
sich  derselbe  Micrococcus  in  Reinkultur. 

Verf.  spricht  hiernach  dem  oben  beschriebenen  Micrococcus 


384 


Malaria. 


als  Ursache  des  Maltafiebers  an  und  hält  es  für  erwiesen,  daß  die 
Krankheit  ein  spezifisches  Fieber,  ganz  verschieden  von  Typhus  und 
Malaria  sei.  Schill  (Dresden). 

Bouzian,  Abdelkader  Oulit,  Recherches  sur  Uh^matozoaire 
du  paludisme  faites  ä l’höpital  civil  de  Mustapha- 
Alger.  [These.]  4°.  47  p.  Montpellier  1892. 

Im  Winter  wie  im  Frühjahr  vermochte  Verf.  während  seiner 
durch  zwei  Jahre  fortgesetzten  Untersuchungen  in  dem  Blute  von 
Menschen  keine  Körper  mit  oder  ohne  Geißeln  aufzufinden. 

Wenn  also  l’h^matozoaire  de  Laveran,  welcher  im  Blute  eines 
Individuums  gefunden  ist,  den  Schluß  gestattet,  daß  dieser  von  einer 
Impffieberinfektion  befallen  ist,  so  verliert  diese  diagnostische  Methode 
ihren  Wert  im  Winter  wie  im  Frühjahr,  da  man  sie  dann  nicht  auf- 
zufinden vermag,  abgesehen  von  einigen  seltenen  Leukocyten,  welche 
nicht  bei  allen  derartig  Erkankten  auftreten. 

Die  Malaria  wurde  von  dem  Verf.  bereits  im  letzten  Monat  des 
intrauterinen  Lebens  nachgewiesen. 

Der  vielfach  laut  gewordene  Zweifel,  daß  Mikroben  die  Ursache 
der  Malaria  seien,  hat  seinen  Grund  eben  darin,  daß  die  Unter- 
suchungen auf  die  Mikroorganismen  im  Winter  und  Frühjahre  an- 
gestellt wurden,  und  deshalb  kein  Resultat  oder  ein  negatives  ergaben. 
Damit  dürfte  auch  Zusammenhängen,  daß  zu  den  angegebenen  Jahres- 
zeiten die  Malaria  in  einem  geringeren  Maße  auftritt  und  weniger 
tödlich  wirkt  wie  sonst.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Amann , Notiz  über  einen  Plasmodien-Befund  in  einem 
atypischen  Falle  von  Malaria.  (Schweizer  Woch.  für 
Chemie  und  Pharmacie.  Separatabdruck.) 

P.  hatte  früher  zwei  Fieberanfälle,  jetzt  einen  pro  Tag.  Blut- 
untersuchung 4 bis  5 Stunden  vor  dem  Anfall.  Sehr  zahlreiche  Plas- 
modien (meist  frei  mit  Pseudopodien  und  ohne  Pigment,  x/6  bis  11 3 
der  roten  Blutscheiben  groß),  zum  Teil  auch  in  roten  Blutkörperchen 
gelegen.  Wenige  halbmondförmige  Gebilde  im  Innern  roter  Körper- 
chen. Abel  (Greifswald). 

Golgi,  C.,  Sülle  febbri  malariche  estivo-autunnali  di 
Roma.  [Ueber  die  im  Sommer  und  im  Herbst  in  Rom 
auftretenden  Malariafieber.]  (Gazzetta  medica  di  Pavia. 
1893.  Nov.  u.  Dez.] 

In  dieser  von  Golgi  in  Form  eines  an  Baccelli  gerichteten 
Briefes  geschriebenen  Arbeit  wird  über  sehr  interessante  Studien 
berichtet,  die  G.  über  die  Aetiologie  jener  besonderen  Gruppe  Malaria- 
fieber gemacht  hat,  die  im  Sommer  und  im  Herbste  in  Gegenden 
herrschen,  in  denen  schwere  Malaria  existiert,  und  die  von  Marchia- 
fava  und  Celli  als  „Sommer-  und  Herbstfieber“  bezeichnet 
worden  sind.  Bekanntlich  haben  die  letztgenannten  Forscher  als 
Ursache  dieser  Fieber  eine  besondere  Parasitenvarietät  beschrieben, 
die  ihre  Entwickelungsphasen  im  Blute  durchmacht,  in  welchem  sie 
vorherrschend  in  Form  kleiner,  nicht  pigmentierter  oder 


Malaria. 


385 


nur  mit  spärlichen  Pigmen tkörnchen  versehener  intra- 
globulärer Amöben  angetroffen  wird,  und  bekannt  ist  ferner, 
daß  Marchiafava  und  Bignami  auch  2 Varietäten  solcher  Para- 
siten unterschieden  haben,  von  denen  die  eine  ihre  Entwickelung  in 
einem  Tage  und  die  andere  ihre  Entwickelung  in  zwei  Tagen  voll- 
zieht und  die  zwei  verschiedenen,  von  M.  und  B.  „Sommer- Quo- 
tidiana“  und  „Sommer-Tertiana“  genannten  Fiebertypen  entsprechen. 
Die  Sommer-Tertiana  nannten  sie  auch  „maligne  Tertiana“,  um  sie 
von  der  gewöhnlichen  Tertiana  zu  unterscheiden,  deren  Parasit  von 
Golgi  mit  seinen  charakteristischen  Entwickelungsphasen  entdeckt 
und  beschrieben  wurde. 

Golgi  hingegen  ist  auf  Grund  sorgfältiger  und  systematischer 
vergleichender  Untersuchungen  des  aus  der  Milz  extrahierten  und 
des  cirkulierenden  Blutes  zu  dem  Schlüsse  gekommen,  daß  bei  den 
im  Sommer  und  im  Herbste  auftretenden  Malariafiebern  der  Parasit 
seine  Entwickelung  nicht  im  cirkulierenden  Blute  vollzieht,  sondern 
sich  vielmehr  beständig  in  den  inneren  Organen  (Milz  und  Knochen- 
mark) findet  und  hier  seine  Entwickelungsphasen  durchmacht,  und 
daß  er  nur  zufällig  und  infolge  von  noch  nicht  festgestellten  Be- 
dingungen ins  Blut  gelange.  Die  im  Blute  der  Sommermalariakranken 
cirkulierenden  Amöben  stellen  also  nur  ein  zufälliges,  nicht  not- 
wendiges Zeichen  dieser  besonderen  Malariafiebergruppe  dar,  und 
dies  erklärt  die  schon  vorher  gemachte  Beobachtung,  daß  es  bei 
dieser  Fiebergruppe  an  Beziehungen  fehlt  zwischen  den  klinischen 
Manifestationen  und  dem  hämatologischen  Befunde,  indem  es  nicht 
selten  geschieht,  daß  in  Fällen  schwerer  Infektion  nur  spärliche 
amöboide  Formen  im  Blute  vorhanden  sind,  oder  auch  gar  keine,  und 
umgekehrt. 

Obgleich  der  Entwickelungscyklus  dieser  Parasiten  in  den  inneren 
Organen  bezüglich  seiner  Modalitäten  in  Form  und  Zeit  noch  nicht 
vollständig  erforscht  ist,  beschreibt  Golgi  doch  schon  jetzt  das 
Vorhandensein  von  3 Phasen  bei  demselben,  und  zwar:  die  erste 
Phase,  dargestellt  durch  die  kleinen  pigmentlosen  oder  mit  wenigen 
Pigmentkörnchen  versehenen  Amöben,  mit  den  Modifikationen,  wie  sie 
für  die  im  Blute  cirkulierenden  Amöben  beschrieben  wurden;  die 
zweite  Phase,  dargestellt  durch  die  kleinen  Amöben  mit  centralem 
Pigmenthäufchen,  bis  zur  mehr  oder  weniger  vorgeschrittenen  Invasion 
des  roten  Blutkörperchens,  bisweilen  mit  vollständiger  Zerstörung  des 
Hämoglobins,  bisweilen  mit  Fortbestehen  eines  Restes  desselben;  die 
dritte  Phase,  dargestellt  durch  die  endoglobuläre  Entwickelung 
aufweisenden  oder  freien  Parasiten,  die  für  die  sich  mit  vielfältigen 
und  unregelmäßigen  Formen  vollziehenden  Reproduktionsprozesse 
(Sporulation)  in  verschiedener  Weise  modifiziert  sind. 

G.  hält  es  außerdem  für  wahrscheinlich,  daß  diese  Parasiten  ihre 
Entwickelungsphasen  innerhalb  der  Zellen  (Leukocyten  oder 
Gewebselemente)  durchmachen,  und  daß  hierin  der  Grund  für  die 
größere  Widerstandsfähigkeit,  die  sie  der  Wirkung  des  Chinins  ent- 
gegenstellen, zu  suchen  sei. 

Auf  Grund  der  Resultate  dieser  Untersuchungen  schlägt  G.  vor, 
die  Malariafieber  in  zwei  große  Gruppen  zu  teilen: 


386 


Malaria. 


1.  Gruppe:  Fieber,  deren  Pathogenese  an  Parasiten  gebunden 
ist,  die  ihren  Sitz  vorwiegend  im  cirkulierenden  Blute  haben  und 
in  diesem  vorwiegend  ihre  Entwickelungsphasen  durchmachen.  — 
Diese  Fieber  sind  auf  verschiedene  Parasiten-Species  oder 
-Varietäten  zurückzuführen,  und  mit  Bezug  auf  die  verschiedene 
Biologie  dieser  letzteren  kann  man  unterscheiden: 

a)  Intermittierende  Fieber,  die  an  den  Cyklus  eines  Parasiten 
(amoeba  malariae  varietas  febris  quartanae)  gebunden  sind,  der 
seine  Entwickelung  in  3 Tagen  vollzieht.  Je  nachdem  bei  dieser 
Unterabteilung  von  Fiebern  die  Infektion  durch  1,  2 oder  3 Parasiten- 
generationen dargestellt  ist,  hat  man  die  einfache  Quartana,  die 
Quartana  duplex  und  die  Quartana  triplex  (eine  besondere  Kategorie 
Quotidianfieber),  sowie  gewisse  unregelmäßige  Fieber,  die  an  mehrere 
ohne  den  gewöhnlichen  Intervall  von  einem  Tage  aufeinander  folgende 
Generationen  desselben  Parasiten  gebunden  sind. 

b)  Intermittierende  Fieber,  die  an  den  Cyklus  eines  sich  in 
2 Tagen  entwickelnden  Parasiten  (amoeba  malariae  var.  febris 
tertianae)  gebunden  sind.  Je  nachdem  im  Blute  ein  oder  zwei,  mit 
1 Tage  Intervall  reifende  Parasitengenerationen  vorhanden  sind,  hat 
man  die  Typen  der  einfachen  Tertiana  und  der  Tertiana  duplex  (eine 
andere  Kategorie  Quotidianfieber)  oder  unregelmäßige  Fieber,  wenn 
nämlich  im  Blute  mehrere  Generationen  desselben  Parasiten  vorhanden 
sind,  die  ohne  den  gewöhnlichen  Intervall  von  1 Tage  aufeinander 
folgen. 

2.  Gruppe:  Fieber,  deren  Pathogenese  an  Parasiten  gebunden 
ist,  die  ihren  Sitz  vorwiegend  in  den  inneren  Organen  haben  und 
unter  Bedingungen  von  relativer  Stabilität  in  diesen  vorwiegend 
ihren  Cyklus  durchmacheu  (besonders  im  Knochenmarke  und  in  der 
Milz).  Zu  dieser  zweiten  Gruppe  gehören  Fieber,  die  klinisch  sich 
unter  mannigfachen,  oft  unregelmäßigen  Typen  darbieten,  bei  denen 
man  jedoch  vorläufig  noch  keine  auf  eine  bestimmte  Biologie  oder 
einen  bestimmten  Entwickelungscyklus  sich  stützende  Gruppierung 
vornehmen  kann.  Jedenfalls  handelt  es  sich  aber  hier  um  Parasiten- 
generationen, die,  da  sie  sich  in  den  inneren  Organen  in  verschiedener 
Entwickelungsphase,  in  ziemlich  regelmäßigen  Perioden  oder  mit  mehr 
oder  weniger  fortdauernder  Aufeinanderfolge  finden,  Kolonieen  junger 
Amöben  den  Ursprung  geben,  die  in  großer  oder  geringer  oder  ganz 
unbedeutender  Menge  ins  cirkulierende  Blut  sich  ergießen  können 
und  dann  den  bekannten  Befund  der  kleinen  endoglobulären  Amöben 
veranlassen.  Näher  miteinander  verwandt  zeigen  sich  viele  Fieber, 
die,  je  nach  der  Dauer  und  der  Art  der  Aufeinanderfolge  der  An- 
fälle oder  dem  Verhalten  der  thermischen  Kurve  im  allgemeinen,  sich 
unter  dem  Typus  von  eintägigen,  von  doppelt  zweitägigen  (thermische 
Kurven,  die  einen  Teil  von  2 Tagen  umfassen),  von  unregelmäßigen 
Fiebern,  von  Febris  subcontinua  und  F.  subintrans,  sowie  von  per- 
niciösen  Fiebern  darbieten,  und  die  während  der  heißesten  Monate 
in  Gegenden  herrschen,  in  denen  die  Malaria  eine  größere  Intensität 
und  Virulenz  besitzt.  Zu  derselben  Fiebergruppe  müssen  auch  die 
unregelmäßigen  intermittierenden  Fieber  gerechnet  werden,  die  an  die 


Dochmiasis. 


387 


Anwesenheit  der  sogenannten  semilunaren  Formen  oder  sichelförmigen 
Körper  (Grassi’s  Laverania  malariae)  im  Blute  gebunden  sind. 

In  diagnostischer  Beziehung  muß  hervorgehoben  werden,  daß, 
während  bei  der  erstgenannten  Gruppe  die  mikroskopische  Unter- 
suchung des  Blutes  in  jeder  Periode  des  klinischen  Verlaufes  stets 
ein  positives  Resultat  ergiebt,  mit  den  an  die  verschiedenen  Ent- 
wickelungsphasen gebundenen  charakteristischen  Modifikationen,  bei 
der  zweiten  Gruppe  hingegen  weder  der  spezifische  Befund  im 
cirkulierenden  Blute  ein  absolut  konstanter  ist,  noch  die  in  demselben 
wahrzunehmenden  Parasitenformen  jene  Aufeinanderfolge  zeigen,  die 
für  die  Fieber  der  ersten  Gruppe  so  charakteristisch  ist;  vor  allem 
fehlt  es  an  jeder  Beziehung  zwischen  dem  hämatologischen  Befunde 
und  den  allgemeinen  klinischen  Manifestationen  der  Malariainfektion. 

Bordoni-Uffreduzzi  (Turin). 

ßätz,  St.  v.,  Ueber  die  Dochmienkrankheit  der  Hunde. 

(Arch.  f.  wiss.  u.  prakt.  Tierheilkunde.  Bd.  XIX.  1893.  p.  434 

—458.) 

Der  Autor  hatte  Gelegenheit,  5 dochmienkranke  Hunde,  aller- 
dings im  letzten  Stadium  der  Krankheit,  zu  beobachten  und  eine 
größere  Zahl  von  Sektionen  an  Dochmiasis  gestorbener  Hunde  aus- 
zuführen. Die  kranken  Hunde  waren  mehr  oder  weniger  abgemagert, 
traurig  und  teilnahmlos;  die  Conjunctiva  sowie  die  Mundschleimhaut 
erschienen  sehr  blaß,  die  Nase  etwas  geschwollen  und  die  Nasenlöcher 
mit  getrockneten  Krusten  belegt.  In  den  Tracheen  hörte  man  Rassel- 
geräusche und  weitere  Symptome  deuteten  auf  vorhandene  Lungen- 
entzündung. Die  Darmentleerungen  waren  unregelmäßig ; bei  einigen 
Hunden  bestand  Obstipation,  bei  anderen  blutige  Diarrhöe.  Die  Tiere 
wurden  schließlich  so  schwach,  daß  sie  sich  gar  nicht  mehr  erheben 
konnten,  die  Bauchwände  waren  gespannt,  der  Hals  und  die  unteren 
Teile  des  Thorax  geschwollen. 

Die  bei  den  Sektionen  gefundenen  pathologischen  Veränderungen 
betrafen  — von  der  Lungenentzündung  abgesehen  — vorzugsweise 
den  Darm,  der  in  verschieden  großer  Erstreckung  die  Erscheinungen 
der  Entzündung  darbot;  alle  Schichten  des  Dünndarmes  waren  ver- 
dickt, die  Drüsen  geschwollen,  das  interstitielle  Bindegewebe  war 
vermehrt,  an  manchen  Stellen  von  Rundzellen  durchsetzt  und  zeigte 
kleine  Hämorrhagieen  und  erweiterte  Blutgefäße.  Magen  und  Dick- 
darm waren  katarrhalisch  affiziert,  die  Mesenterial-  und  Bronchial- 
drüsen vergrößert.  Bei  der  Untersuchung  des  Blutes  erwiesen  sich 
die  weißen  Blutkörperchen  sehr  vermehrt,  die  roten  Blutkörperchen 
zum  Teil  verkleinert  und  in  ihrer  Form  verändert.  Herzhypertrophie 
wurde  nicht  gefunden. 

Die  immer  zu  mehreren  Hundert  gesammelten  Dochmien  saßen 
im  Anfangsteile  des  Jejunum,  seltener  im  Duodenum  und  im  Ileum ; 
einmal  wurde  ein  Weibchen  auch  im  Magen  beobachtet.  Stets  über- 
wogen an  Zahl  die  weiblichen  Dochmien.  Bei  frischen  Kadavern 
hafteten  die  Parasiten  in  der  Darmschleimhaut  und  waren  auch 
häufig  noch  mit  Blut  gefüllt,  von  dessen  Plasma  sie  sich  wohl  er- 
nähren. Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  die  Parasiten  die  direkten 


388 


Ascariden.  — Sporozoen.  — Cysticercus. 


oder  indirekten  Ursachen  der  gefundenen  Veränderungen  sind;  um 
die  Darmveränderungen  zu  erklären,  bedürfe  es  nicht  der  Annahme, 
daß  von  den  Dochmien  eine  besondere,  reizende  Substanz  ausge- 
schieden werde.  Die  Kachexie  der  kranken  Hunde  ist  wohl  mehr 
auf  die  durch  die  fortwährenden  Blutverluste  entstehende  Anämie 
zurückzuführen;  sie  wird  gesteigert  durch  sekundäre  Veränderungen 
im  Darme,  welche  eine  normale  Verdauung  beeinträchtigen. 

Die  gefundenen  Dochmien  gehörten  zwei  Arten  an:  Dochmius 
trigonocephalus  Rud.  und  D.  stenocephalus  Baill. ; D.duo- 
denalis  hat  der  Verf.  im  Hunde  nie  gefunden,  die  darauf  bezüg- 
lichen Angaben  in  der  Litteratur  beruhen  wohl  auf  Irrtümern. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Gtfarr£,  C.,  Grave  infezione  da  ascaridi  in  bambina 
geofaga.  (Lo  Sperimentale.  1893.  No.  19.) 

Verf.  beobachtete  bei  einem  2-jährigen  Kinde,  welches  gewohn- 
heitsmäßig alles,  was  es  auf  der  Erde  fand,  in  den  Mund  nahm,  eine 
außergewöhnlich  große  Anzahl  von  Ascariden.  Das  Kind  hatte  sich 
auf  dem  Lande  aufgehalten  und  an  einem  mit  den  Exkrementen  von 
Schweinen  und  anderen  Haustieren  beschmutzten  Orte  oft  Erde  in 
den  Mund  gesteckt  und  gegessen.  Einen  Monat  nach  der  Rückkehr 
in  die  Stadt  zeigten  sich  die  ersten  Ascariden  und  nun  traten  inner- 
halb von  2 Monaten  mehr  als  300  und,  nachdem  es  in  die  Klinik 
aufgenommen  war,  in  1 Monat  noch  118  Ascariden  aus.  Verf.  hält 
den  Fall  besonders  deshalb  für  interessant,  weil  die  Aetiologie  genau 
beobachtet  wurde  und  dadurch  die  von  Epstein  mit  Erfolg  aus- 
geführte Verfütterung  von  Ascarideneiern  eine  Bestätigung  findet. 

Dieudonnb  (Berlin). 

Smith,  Th.,  Preliminary  notes  on  a Sporozoon  in  the 
intestinal  vills  of  cattle.  (U.  S.  Depart.  of  agricult.  Bur. 
of  anim.  industry.  Bulletin  No.  3.  Washingt.  1893.  p.  73 — 78.  With 
1 pl.) 

Der  Autor  berichtet  kurz  über  ein  Sporozoon  im  unteren  Teile 
des  Dünndarmes  bei  Rindern,  welches  er  anfänglich  geneigt  war,  in 
Beziehungen  zu  den  Blutparasiten  des  Texasfiebers  zu  setzen.  Doch 
es  handelt  sich  um  einen  selbständigen  Darmparasiten,  der  in  zwei 
verschiedenen  Entwickelungsmodi  beobachtet  worden  ist;  einmal  als 
0,3 — 0,4  großer,  ovaler  Körper  mit  zahlreichen  sichelförmigen  Keimen 
und  dann  als  kleinerer  Körper  von  Sonnenblumenform,  der  aus  einer 
centralen,  körnigen  Scheibe  und  peripher  ansitzenden  sichelförmigen 
Sporen  bestand.  Wahrscheinlich  kommt  auch  hier  die  Ausbildung 
von  Schwärm-  und  Dauercysten  vor,  wie  dies  für  die  Coccidien  der 
Mäuse  und  der  Kaninchen  angenommen  wird.  Weitere  Mitteilungen 
werden  in  Aussicht  gestellt.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Schwarz,  Zur  Unterscheidung  des  Cysticercus  cellu- 
losae von  dem  Cysticercus  tenuicollis.  (Zeitschrift  für 
Fleisch-  u.  Milchhygiene.  Jahrg.  III.  1893.  Heft  5.  Febr.  p.  89 — 93. 
Mit  Abb.) 


Temnocephala.  — Echinococcus. 


389 


Durch  sorgfälige  Zählungen  an  je  1000  Finnen  konnte  festgestellt 
werden,  daß  die  Anzahl  der  Haken  keine  absolut  sicheren  Anhalts- 
punkte zur  Unterscheidung  der  in  Rede  stehenden  Cysticerken  bietet. 
In  der  Mehrzahl  der  Fälle  besitzt  zwar  Cyst.  cellulosae  24 — 26 
und  Cyst.  tenuicollis  30 — 34  Haken,  aber  es  schwankt  die  Haken- 
zahl bei  der  ersten  Art  zwischen  20  und  31,  bei  der  zweiten  zwischen 
25 — 44.  Bezeichnender  ist  die  Verschiedenheit  in  der  Form  der 
Haken  und  besonders  der  Wurzelfortsätze  der  kleinen  Haken;  dazu 
kommt  noch,  daß  bei  Cyst.  tenuicollis  der  kurze  Wurzelfortsatz 
oft  (75  Proz.)  gespalten  ist,  freilich  oft  nur  bei  einem  oder  wenigen 
Haken.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Yayssi^re,  A.,  fitude  s ur  le  Temnocephala,  parasite  de 
l’Astacoides  madagascariensis.  (Annales  de  la  facult6 
des  Sciences  de  Marseille.  Tome  II.  Fascicule  V.  1 Taf.) 

Verf.  beschreibt  eine  auf  dem  im  Titel  genannten  Süßwasserkrebs 
Madagaskars  gefundene  zweifellos  neue  Temnocephala art  unter 
dem  Namen  Temnocephala  madagascariensis.  Auffallend 
ist  besonders  die  stattliche  Zahl  von  12  Tentakeln,  der  sehr  kleine 
Saugnapf  und  die  Ausmündung  der  Exkretionsblasen  an  den  Seiten- 
rändern. Auch  die  Schilderung  des  Genitalapparates  bietet  manches 
Neue  (so  z.  B.  sind  nur  e i n Paar  allerdings  stark  gelappte  Hoden 
vorhanden),  aber  dieselben  scheinen  etwas  kursorisch  abgehandelt  zu 
sein,  sodaß  vielleicht  eine  genauere  Untersuchung  die  typischen  Cha- 
raktere des  Genus  Temnocephala  auch  bei  dieser  Art  konsta- 
tieren wird.  Ueber  die  interessanten  histologischen  Fragen  giebt  die 
Arbeit  wenig  Auskunft,  die  bisher  meist  als  „Kerne“  aufgefaßten 
Gebilde  der  äußeren  Körperschicht  hält  Vayssiere  für  einzellige 
Drüsen;  die  systematische  Stellung  zu  den  ektoparasitischen  Trema- 
toden  scheint  ihm  zweifellos  zu  sein.  Brandes  (Halle). 

Storch,  A.,  Echinococcusblase  in  der  Herzkammer- 
scheidewand. (Berliner  tierärztl.  Wochenschr.  1893.  No.  22.) 

Bei  der  Sektion  einer  ganz  plötzlich  verendeten  Kuh  wurde,  ab- 
gesehen von  ganz  geringgradiger  rechtsseitiger  Lungentuberkulose, 
im  Septum  ventriculorum  cordis  eine  Echinococcusblase  von  der 
Größe  eines  kleinen  Apfels  gefunden,  deren  Wandungen  intakt  waren. 
Die  Muskulatur  des  Septums  war  fast  vollständig  verdrängt,  so  daß 
der  Tumor  nur  von  einer  papierdünnen  Muskelfaserschicht  überdeckt 
war.  Die  Muskulatur  der  Scheidewand  war  fettig  degeneriert.  Ein 
zweiter  Echinococcus  konnte  in  keinem  Teile  des  Körpers  gefunden 
werden.  Ger lac h (Wiesbaden). 

Müller,  Martin,  Zur  Kasuistik  und  Symptomatologie  der 
Muskelechinokokken.  [Inaug.-Diss.]  8°.  50  p.  Halle  a.  S. 
1893. 

Wenn  sich  auch  der  Echinococcus  hauptsächlich  in  der 
Leber  festsetzt,  so  giebt  es  doch  nur  wenige  Organe,  in  welchen  er 
nicht  beobachtet  ist.  Bezüglich  der  Häufigkeit  folgen  sich:  Lungen, 
Nieren,  Schädelhöhle,  Muskulatur,  kleines  Becken,  Milz,  Knochen. 

XV.  Bd.  25 


390 


Echinococcus. 


Selten  tritt  der  Parasit  auf  in  den  weiblichen  Genitalien,  der  Mamma, 
der  Augenhöhle,  dem  Rückenmark,  den  männlichen  Genitalien,  der 
Schilddrüse  und  Parotis. 

Die  Häufigkeit  der  Muskelechinokokken  ist  mit  etwa  7,8  Proz. 
anzunehmen,  von  denen  Ne  iß  er  46  Fälle  zusammenstellte,  ohne  der 
in  einer  Bergmann’schen  Arbeit  vorhandenen  zu  gedenken. 

Verf.  geht  dann  auf  einen  in  der  Hallenser  chirurgischen  Klinik 
beobachteten  Fall  von  Echinococcus  in  der  M.  Iliopsoas  näher 
ein  und  berücksichtigt  158  aufgefundene  Muskelechinokokken.  Von 
103  Erkrankungen  fielen  47  auf  das  männliche,  56  auf  das  weibliche 
Geschlecht,  ein  Vorkommen,  welches  ohne  Zweifel  auf  den  oft  sehr 
intimen  Umgang  mit  Schoß-  und  Luxushunden  zurückzuführen  ist; 
Clemens  glaubt  sogar,  bei  den  Leiden  alter  Jungfern,  welche  so 
oft  mit  Zimmerhuuden  Zusammenleben,  würden  bei  sorgfältiger  Dia- 
gnose weit  häufiger  Echinococcus infektionen  nachgewiesen  werden. 
Dem  Alter  nach  vermochte  Müller  folgendes  zu  ermitteln: 


1—10 

Jahr 

7 

Patienten 

= 

7,7 

11—20 

99 

8 

11 

= 

8,8 

21—30 

99 

32 

11 

= 

35,1 

31—40 

99 

24 

11 

= 

26,4 

41—50 

11 

11 

11 

= 

12,1 

51—60 

11 

6 

11 

= 

6,6 

61  — 70 

11 

3 

11 

«= 

3,3 

Es  entfallen  also  61,5  Proz.,  weit  über  die  Hälfte  aller  Er- 
krankungen, in  die  mittlere  Lebenszeit  oder  die  Hauptzeit  der  Ge- 
schlechtsfunktionen. 

Die  Entwickelungsdauer  der  Geschwülste  erstreckte  sich  über 


1 

Jahr  oder  weniger 

18 

Patienten 

= 

28,1 

Proz. 

2 

Jahre 

17 

99 

«= 

26,5 

99 

3 

91 

4 

ii 

= 

6,2 

99 

4 

9) 

3 

99 

= 

4,7 

5 

99 

3 

99 

= 

4,7 

99 

6 

99 

7 

99 

= 

11,0 

99 

7—8 

99 

3 

99 

= 

4,7 

99 

9 — 10 

99 

4 

99 

= 

6,2 

99 

11—15 

99 

2 

99 

= 

3,1 

99 

16 

,,  und  länger 

3 

99 

= 

4,7 

Nach  dem  Vorkommen  der  Echinokokken  in  der  Muskulatur  an 
Kopf  und  Hals,  am  Rumpfe  und  an  den  Extremitäten  ist  der  Kopf 
und  der  Hals  mit  33,  der  Rumpf  mit  63,  die  Extremitäten  mit  62 
beteiligt;  die  einzelnen  Körperregionen  führt  Müller  ganz  speciell  an. 

Hervorzuheben  ist  als  besonders  charakteristisches  und  nament- 
lich auch  für  die  Diagnose  sehr  gut  zu  verwertendes  Symptom  das 
ruckweise  Wachstum  von  Echinokokkencysten,  welches  in  den  von 
Müller  angeführten  Fällen  allein  19mal  ausdrücklich  hervorgehoben 
wurde. 

Die  Beschwerden  für  den  Patienten  durch  das  Wachstum  der 
Parasiten  sind  bedingt  durch  den  Sitz  wie  die  Größe  der  entstandenen 
Geschwulst.  Die  schwersten  und  für  das  Leben  am  meisten  bedroh- 
lichen Symptome  entwickeln  sich  unstreitig  beim  Sitze  der  Cyste  an 
der  vorderen  seitlichen  Halsgegend,  am  ungefährlichsten  erscheinen 


Echinococcus. 


391 


die  an  der  Muskulatur  der  Extremitäten  auftretenden  Echinokokken- 
geschwülste. 

Die  Größe  vermag  bis  zum  Kindskopf-,  Mannskopf-,  Kokosnuß- 
umfang zu  wachsen;  namentlich  die  Beckengegend  tritt  in  dieser 
Hinsicht  hervor. 

Der  Rest  der  Arbeit  verläßt  das  parasitologische  Gebiet  und 
geht  auf  die  Diagnostik  (hauptsächlich  die  Probepunktion !)  und 
Therapie  ein.  E.  Roth  (Halle  a.  S.) 

Bahr,  Hans,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Echinokokken- 
krankheit in  Vorpommern.  [Inaug.-Diss.]  8°.  47  p.  Greifs- 
wald 1893. 

Bekanntlich  gehört  Vorpommern  mit  Mecklenburg  zu  den  klassi- 
schen Ländern  des  Echinococcus  in  Deutschland.  Verf.  verfügte 
über  133  vorpommersche  Fälle,  welche  sich  folgendermaßen  verteilen: 

Echinokokken  der  Leber  89  Fälle 

„ „ Lungen  15  „ 

,,  „ Bauchhöhle  14  „ 

„ ,,  Haut  und  Muskulatur  8 „ 

„ „ Niere  4 „ 

„ )i  Milz  3 ,, 

133  Fälle 

oder  nach  Prozenten  ist  unter  100  Fällen  von  Echinococcus  be- 
teiligt mit 

66,9  Proz.  die  Leber, 

11,2  ,,  die  Lunge, 

10,5  „ die  Bauchhöhle, 

6,1  ,,  die  Haut  und  die  Muskulatur, 

3,0  ,,  die  Niere, 

2,3  „ die  Milz. 

Männlichen  Geschlechts  waren  78,  weiblichen  55  Personen  = 
58,6  und  41,4  Proz. 

Die  78  männlichen  Personen  verteilen  sich  auf 

Arbeiter,  Tagelöhner,  Knechte  31 
Handwerker  8 

Schäfer,  Fleischer,  Hirten  13 
Beamte  3 

Kaufleute  3 

Landwirte  5 

Rentiers  2 

65 

die  übrigen  13  waren  teils  zu  jung,  teils  nach  ihrer  Beschäftigung 
nicht  zu  ermitteln. 

Nach  dem  Alter  gruppieren  sich  die  133  Personen : 

1 — 10  Jahre  6 


10—20 

11 

10 

20—30 

11 

29 

30—40 

11 

36 

40—50 

11 

24 

5o—60 

11 

12 

60—70 

11 

11 

70—80 

11 

4 

80—90 

11 

1 

25* 


392 


Echinococcus. 


In  Greifswald  wurden  von  1862  bis  zum  Juli  1893  nahezu  3500 
Sektionen  gemacht,  von  denen  51  Echinokokken  ergaben,  d.  h.  an- 
nähernd unter  75  Sektionen  stieß  man  auf  eine  mit  Echinococcus 
behaftete  Leiche. 

Echinococcus  multilocularis  wurde  nur  einmal  beobach- 
tet; auch  Krabbe  fand  unter  138  mecklenburgischen  Echino- 
coccusfällen nur  einmal  diese  Art. 

Seit  1889  ist  ein  Schlachthaus  in  Greifswald  errichtet.  Daß  die 
Zahlen  dennoch  nicht  in  den  Jahren  darauf  gesunken  sind,  führt  B. 
darauf  zurück,  daß  die  Provinz  stark  an  den  Fällen  beteiligt  ist  und 
die  Greifswalder  Fälle  bereits  vor  der  Fertigstellung  des  Schlacht- 
hauses infiziert  waren,  da  bekanntlich  Echinokokken  jahrelang  keine 
Symptome  hervorzurufen  brauchen,  ja  intra  vitam  überhaupt  keine 
Erscheinungen  verursachen  können. 

Sicherlich  geht  aber  aus  der  Zusammenstellung  wieder  einmal 
hervor  daß  ein  reichliches  Zusammensein  mit  Hunden  die  betreffen- 
den stark  der  Gefahr  der  Infektion  aussetzt. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Geelvmk,  Conrad  Wilhelm,  Ein  Fall  von  Echinococcus 
hypophrenicus.  [Inaug.-Diss.]  8°.  21  p.  Marburg  1893. 

Beschreibung  eines  Krankheitsfalles  mit  wiederholter  Operation, 
wobei  eine  multiple  Ansiedelung  von  Cysten  wahrscheinlich  ist.  Aus- 
geschlossen ist  zwar  nicht,  daß  eine  vorher  solitäre  Cyste  durch  ein 
Trauma  platzte  und  zur  Aussaat  der  Tochterblasen  führte. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Goltz,  üeber  Schwarzfärbung  des  Rostellum  und 
Fehlen  des  Hakenkranzes  bei  Cysticercus  cellulosae. 
(Zeitschr.  f.  Fleisch-  u.  Milchhygiene.  Jahrg.  IV.  1894.  Heft  4.  Jan. 
S.  65—67  mit  2 Abb.) 

Bei  sämtlichen  25  in  der  Muskulatur  eines  ungarischen  Schweines 
gefundenen  Finnen  wurden  entweder  gar  keine  oder  nur  rudimentäre 
Haken  beobachtet  und  die  Scheitelfläche  des  Kopfes  schwarz  pigmen- 
tiert gefunden.  Mit  Rücksicht  auf  die  neuerlich  geäußerte  Ansicht, 
daß  solche  Pigmentierung  auf  die  Aufnahme  von  Eisensalzen  aus 
Medikamenten  zurückzuführen  sei,  ist  diese  Beobachtung  von  Interesse. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Nenmann,  Gf.,  Sur  un  Echinocoque  du  Chat.  (Rev.  v6t6rin. 
1893.  Sept.  p.  464—468.) 

In  der  Litteratur  findet  man  wiederholt  die  Hauskatze  unter  den 
Trägern  des  Echinococcus  angeführt,  aber  ohne  nähere  Beweise; 
der  einzige  Fall,  der  in  diesem  Sinne,  aber  auch  nur  mit  Wahrschein- 
lichkeit zu  deuten  ist,  stammt  von  Gurlt  (1831,  resp.  1838),  der 
kurz  über  beträchtliche  Mengen  von  „Hydatiden“  aus  dem  Abdomen 
einer  Hauskatze  berichtet.  Auch  Coenurus  soll  bei  der  Katze  Vor- 
kommen, aber  das  — allerdings  durch  die  kolossale  Zersplitterung 


Davainea. 


Taenia. 


393 


der  Litteratur  ungemein  erschwerte  — Zurückgehen  auf  die  Quelle 
dieser  Angabe  zeigt,  daß  der  vermeintliche  Co en urus  ein  Echino- 
coccus und  die  vermeintliche  Katze,  die  diesen  besessen  haben  soll, 
eine  Kuh  war ! 

Der  Autor  berichtet  nun  über  zwei  authentische  Fälle  des  Vor- 
kommens von  Echinococcus  bei  der  Hauskatze;  der  eine  befindet 
sich  in  der  Sammlung  des  Veterinär-Institutes  zu  Alfort,  den  anderen 
hat  der  Verf.  selbst  beobachtet:  es  handelte  sich  um  eine  alte  Haus- 
katze, bei  deren  Sektion  in  der  vergrößerten  Leber,  und  zwar  in 
einem  gemeinschaftlichen  Hohlraume  zwei  Echinococcusblasen 
von  12,  resp.  6 mm  Durchmesser  gefunden  wurden;  die  kleinere  war 
steril,  zeigte  aber  die  für  Echinococcus  so  charakteristische  ge- 
schichtete Cuticula;  die  größere  besaß  zahlreiche  kleine  Keimkapseln 
mit  Echinococcusköpfchen,  die  fast  alle  nach  außen  gestülpt 
waren.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Diamare,  V.,  Le  funzioni  dell’  ovario  nella  Davainea 
tetragona  Mol.  (Rendic.  R.  Accad.  d.  sc.  fis.  e mat.  di  Napoli. 
1893.  Fase.  8—12.  4°.  7 p.  c.  figg.) 

In  einer  dem  Ref.  noch  nicht  zu  Gesicht  gekommenen  Arbeit 
hatte  de  Filippi  (Atti  R.  Accad.  dei  Lincei.  Ann.  1892.  Vol.  VII) 
Angaben  über  den  weiblichen  Genitalapparat  der  Taenia  bothrio- 
plitis  Piana  (aus  Gallus  domesticus)  gemacht,  aus  denen 
hervorzugehen  schien,  daß  der  Uterus  dieser  Art  gleichzeitig  als 
Ovarium  funktioniert  und  daß  in  diesem  Eier,  Sperma,  Dottermasse 
und  Schalensubstanz  sich  zusammen  findet.  Mit  Rücksicht  auf  diese 
Mitteilungen  hat  Diamare  die  Taenia  (Davainea)  tetragona 
Mol.  (identisch  mit  T.  bothr ioplitis  P.)  genau  untersucht  und  das 
Rätsel  gelöst.  Der  Keimstock  besteht  aus  zwei  Seitenhälften  und 
dem  diese  verbindenden  Mittelstücke;  aus  letzterem  entspringt  wie 
sonst  der  Keimgang,  in  dessen  Anfangsteil  der  vom  Receptaculum 
seminis  der  Vagina  herkommende  Canalis  seminalis  einmündet.  Der 
Keimgang  zieht  im  Bogen  nach  hinten,  vereinigt  sich  hier  mit  dem 
Ausführungsgange  des  unpaaren  Dotterstockes  und  die  vereinigten 
Gänge  bilden  nun  jenen  Abschnitt  des  Leitungsapparates,  der,  von 
Schalendrüsenzellen  umgeben,  als  Ootyp  bezeichnet  werden  kann. 
Jenseits  der  Schalendrüse  setzt  sich  nun  der  Kanal,  den  wir  dem 
Anfangsteile  des  Uterus  gleich  setzen  müssen,  nach  vorn  zu  fort, 
statt  aber,  wie  gewöhnlich  in  den  irgendwie  gestalteten  Uterus  über- 
zugehen und  blind  zu  enden,  setzt  er  sich  nach  einer  Schleifenbildung 
mit  dem  Querstücke  des  Keimstockes  in  Verbindung.  Es  gelangen 
demnach  befruchtete  und  mit  Dotter-  und  Schalensubstanz  versehene 
Eier  wieder  in  den  Keimstock  zurück,  um  sich  in  den  Seitenteilen 
desselben  anzusiedeln  und  ihre  weitere  Entwickelung  wie  in  einem 
Uterus  durchzumachen.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Küchel,  B.,  Eine  Drillingsmißbildung  der  Taenia  sagi- 
nata.  [Inaug.-Diss.]  8°.  16  p.  mit  1 Tafel.  Kiel  1893. 

Es  handelt  sich  um  eine  sogenannte  dreikantige  Taenia,  welche 


394 


Tierische  Parasiten. 


der  Verf.  wegen  gleicher  Ausbildung  der  drei  Teile  und  radiärer 
Stellung  der  6 Saugnäpfe  als  Drillingsbildung  auffaßt. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Clans,  C.,  Eingeweidewürmer  des  Menschen.  (Aus:  Samml. 

med.  Abhdlg.  f.  prakt.  Aerzte  und  Studierende.  No.  2.)  8°.  32  p. 

Mit  52  Abb.  Wien  1894. 

Der  Autor  behandelt  nach  einer  kurzen  Einleitung  die  beim 
Menschen  schmarotzenden  Trematoden,  Cestoden,  Nematoden  und 
Acanthocephalen  — aber  auch  diese  nur  mit  Auswahl.  Die  Be- 
schreibung der  Arten  dürfte  besonders  in  Berücksichtigung  der  zahl- 
reichen guten  Abbildungen  ausreichend  sein  — immerhin  wäre  es 
notwendig  gewesen,  gerade  denjenigen  Produkten  der  Helminthen, 
mit  denen  der  Arzt  am  ersten  zu  thun  bekommt,  d.  h.  den  Eiern, 
eine  größere  Aufmerksamkeit  zu  schenken;  genaue  Beschreibungen 
und  gute  Abbildungen  sind  auch  in  diesem  Punkte  unerläßlich.  Recht 
befremdend  nimmt  sich  im  Munde  eines  Zoologen  die  Gleichstellung 
von  Ei-  und  Embryonalschale  bei  Cestoden  aus.  Auch  sonst  finden 
sich  manche  Irrtümer  resp.  Unterlassungen:  z. B.  ist  die  p.  19.  Fig. 31 
abgebildete  Larve  zwar  eine  Bothriocep  haluslarve,  aber  nicht 
die  des  Bothriocephalus  latus,  als  welche  sie  bezeichnet  ist; 
unter  den  Cestoden  des  Menschen  wird  auch  Cysticercus  tenui- 
collis  aus  der  Leber  des  Menschen  angeführt  — es  ist  aber  längst 
erwiesen,  daß  die  hierauf  bezügliche  Angabe  Esch  er  ich’s  auf  einem 
Irrtume  beruht;  für  Taenia  leptocephala,  resp.  flavopun- 
ctata  ist  die  Entwickelung  durch  Grassi  schon  vor  Jahren  sicher- 
gestellt worden.  Es  dürfte  nicht  schwierig  sein,  diese  und  andere 
Ungenauigkeiten,  z.  B.  Druckfehler,  verkehrt  gestellte  Abbildungen, 
bei  einer  neuen  Auflage  auszumerzen. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Janson,  Die  Krankheiten  der  Haustiere  inJapan.  (Arch. 

f.  wiss.  u.  prakt.  Tierheilkunde.  Bd.  XIX.  1893.  p.  241 — 276.) 

Wir  müssen  uns  darauf  beschränken,  aus  diesem  Artikel  das- 
jenige anzuführen,  was  auf  tierische  Parasiten  Bezug  hat. 

A.  Pferde. 

1)  Ascaris  megalocephala  verursacht  zuweilen  Gesundheits- 
störungen; die  entsprechenden  Arten  bei  Schwein,  Hund  und 
Mensch  veranlassen  in  China  und  Japan  häufiger  Erkrankungen, 
als  in  Europa  (Zahlen  fehlen!). 

2)  Sclerostomum  armatum  kommt  zwar  häufig,  aber  meist 
nur  in  geringer  Zahl  vor  und  veranlaßt  nur  ausnahmsweise  so 
ausgedehnte  Aneurysmen  wie  in  Deutschland. 

3) Spiroptera  megastomum  in  Geschwülsten  der  Schleimhaut 
des  Magens. 

4)  Spiroptera  microstomum  in  großer  Zahl  frei  im  Magen. 

5)  Oxyuris  curvula  im  Dickdarm. 

6)  Filaria  papillosa,  sehr  häufig  im  Abdomen. 

7)  Filaria  lacrimalis. 


Tierische  Parasiten. 


395 


8)  Taenia  perfoliata.  Die  Arten  sub  3 — 8 verursachen  keinen 
Schaden. 

B.  Rind.  Die  hier  anzuführenden  Parasiten  verursachen  selten 
auffallende  Störungen. 

1) Distomum  pancreaticum  — sehr  häufig  im  Ductus 
wirsungianus  und  dessen  Verzweigungen,  Erweiterungen  der 
Gänge,  aber  nicht  Verdickungen  und  Funktionsstörungen  veran- 
lassend. 

2)  Distomum  hepaticum  ist  bisher  nur  beim  Rinde,  nicht 
auch  beim  Schafe  beobachtet. 

3)  Amphistomum  conicum  mitunter  außerordentlich  häufig  im 
Magen. 

4)  Echinococcus  ist  sehr  selten. 

5)  Cysticercus  Taeniae  saginatae  ist  noch  nicht  kon- 
statiert, muß  aber  vorhanden  sein,  da  die  Tänie  sehr  häufig  beim 
Menschen  vorkommt. 

6)  Oesophagostomum  sp. 

C.  Schaf. 

1)  Die  Regierung  kaufte  zur  Einführung  der  Schafzucht  Tausende 
von  Schafen  in  Australien,  Amerika  und  China,  aber  die  Tiere 
wollten  nicht  recht  gedeihen ; ca.  20  Proz.  starben  jährlich.  Wie 
der  Verf.  konstatierte,  ist  als  Hauptursache  der  abnorm  hohen 
Sterblichkeit  das  aus  Amerika  zuerst  beschriebene  Oesopha- 
gostomum columbianum  zu  betrachten,  das  bei  fast  allen 
untersuchten  Tieren  in  Knötchen  am  Darme  lebt  und  Ursache 
zu  Darmgeschwüren,  selbst  zu  Perforationen  giebt.  Die  er- 
wachsene Form  lebt  im  Darme  der  Schafe.  Die  Art  beim  Rinde 
dürfte  identisch  mit  Oesophagostomum  columbianum 
sein. 

2)  Strongylus  contortus  im  Magen. 

3)  Taenia  expansa  im  Darme,  beide  von  geringerer  Bedeutung. 

D.  Schwein.  Ascaris  lumbricoides  sehr  häufig,  Tricho- 
cephalus  crenatus  und  Strongylus  paradoxus  selten ; 
Trichinen  und  Cysticercus  cellulosae  bisher  nicht  beobachtet. 

E.  Hund.  Zu  den  schon  früher  von  demselben  Autor  bekannt 
gegebenen  Parasiten  des  Hundes  kommt  noch  Trichocephalus 
depressiusculus  hinzu.  Die  ebenfalls  früher  als  Tristomen  be- 
zeichneten  Trematoden,  die  im  Darme  eines  Hundes  gefunden  worden 
waren,  erweisen  sich  als  Distomen,  und  zwar  als  Distomum 
heterophyes,  was,  Richtigkeit  der  Bestimmung  vorausgesetzt,  aus 
verschiedenen  Gründen  von  Interesse  ist. 

Als  Coenurus  cerebralis  wird  ein  Coenurus  angeführt, 
den  Ijima  in  einem  Hasen  zwischen  den  Bauchmuskeln  gefunden 
hat.  Die  Verfütterung  an  einen  Hund  ergab  32  Exemplare  von 
Taenia  coenurus.  Gegenüber  dieser  Deutung  ist  wohl  als  sicher 
anzunehmen,  daß  der  gefundene  Coenurus  nicht  die  Species  cere- 
bralis, sondern  C oenurus  serialis  Gerv.  ist,  der  aus  Hasen 
und  Kaninchen  Frankreichs,  Englands  und  Rußlands  bisher  bekannt 


396  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


geworden  ist;  demnach  ist  auch  die  erzogene  Tänie  die  der  T. 
coenurus  nahestehende  T.  serialis  Baill. 

F.  Katze.  Distomum  sinense  Cobb.  häufig  in  den  Gallen- 
gängen, Ascaris  mystax  im  Darme. 

Ferner  wurde  bei  Hühnern  Taenia  infundibulifor mis 
und  bei  Aalen  (Anguilla),  die  einer  verheerenden  Seuche  erlegen 
waren,  Nematoden  von  1 — 2 cm  Länge  in  so  kolossalen  Mengen  ge- 
funden, daß  der  Darm  wurstartig  vollgepfropft  war. 

Endlich  wird  das  häufige  Vorkommen  von  Mondblindheit  bei 
Pferden  angeführt,  welche  P.  Willach  neuerdings  auf  jugendliche 
Nematoden  und  Trematoden  zurückführt,  sowie  eine  Hauterkrankung 
bei  Pferden,  „Himushi“  genannt,  die  nur  bei  Pferden,  welche  zur  Be- 
stellung der  Reisfelder  benutzt  werden,  auftritt  und  höchst  wahr- 
scheinlich durch  den  Biß  von  Blutegeln  veranlaßt  wird. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 


Schneidemühl,  Ueber  die  wissenschaftlichen  Grund- 
sätze und  die  praktische  Regelung  der  Fleisch- 
beschau. (Deutsche  med.  Wochenschr.  1893.  No.  45  u.  46.) 

Eine  zweckmäßige  Fleischbeschau  hat  es  schon  bei  den  alten 
Egyptern  gegeben,  und  auch  bei  den  Römern  wurde  der  Fleischver- 
kauf kontrolliert.  Im  Mittelalter  trugen  weltliche  und  geistliche  Be- 
hörden Sorge,  daß  verdorbenes  oder  von  kranken  Tieren  herrührendes 
Fleisch  nicht  in  den  Verkehr  gelangte,  und  erst  in  den  letzten  Jahr- 
hunderten führte  die  allmähliche  Verbreitung  der  Annahme,  daß  das 
Fleisch  kranker  Tiere  ohne  Schaden  genossen  werden  könne,  eine 
nachteilige  Sorglosigkeit  hinsichtlich  der  Beaufsichtigung  des  Ver- 
kaufes jenes  Nahrungsmittels  herbei.  Seit  der  Entdeckung  von  der 
Gefährlichkeit  der  Trichinen  ist  indessen  die  Fleischkontrolle  in 
Deutschland  wieder  vervollkommnet  worden,  und  in  Preußen  hat  die 
den  Gemeinden  gesetzmäßig  verliehene  Berechtigung,  bei  Errichtung 
eines  öffentlichen  Schlachthauses  das  Schlachten  außerhalb  desselben 
zu  verbieten,  dazu  geführt,  daß  in  einer  großen  Zahl  von  Städten 
alle  Schlachtungen  in  einem  bestimmten  Gebäude  vorgenommen 
werden.  Diese  öflentlichen  Schlachthäuser  ermöglichen  eine  bessere 
Aufsicht  der  Schlachtungen  und  eine  Kontrolle  des  Schlachtviehes 
wie  des  erschlachteten  Fleisches.  Hierdurch  gelingt  es,  ekelerregen- 
des und  gefährliches  Fleisch  dem  Verkehre  zu  entziehen,  ansteckende 
Tierkrankheiten  zu  ermitteln  und  zu  beschränken  und  der  Tierquälerei 
beim  Schlachten  entgegenzuwirken.  Besonders  wohlthätig  ist  auch 
die  mit  vielen  Schlachthäusern  verbundene  Einrichtung  einer  Frei- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  397 


bank,  an  welcher  das  Fleisch  kranker  Tiere  unter  geeigneter  Be- 
zeichnung verkauft  werden  kann.  Es  wird  dadurch  einerseits  ver- 
hindert, daß  der  Käufer  unwissentlich  solches  Fleisch  als  vollwertige 
Ware  erwirbt;  andererseits  werden  Vorräte  jenes  Nahrungsmittels, 
welche  oft  durchaus  genießbar  sind  oder  wenigstens  nach  gründlichem 
Durchkochen  ohne  Bedenken  verzehrt  werden  können,  noch  verwertet, 
während  dieselben  bei  strenger  Auslegung  des  § 10  des  Nahrungs- 
mittelgesetzes würden  verworfen  werden  müssen. 

Wenn  indessen  die  Schlachthäuser  ihren  Zweck  vollkommen  er- 
füllen sollen,  so  müssen  sie  nach  den  Ausführungen  des  Verf.’s  unter 
tierärztlicher  Leitung  stehen  und  mit  einem  zeitgemäß  eingerichteten 
Laboratorium  nebst  Tierstalle  versehen  sein.  Auch  muß  die  Fleisch- 
beschau, welche  zur  Zeit  in  den  einzelnen  Staaten  und  Provinzen 
Deutschlands  noch  ganz  verschieden  gehandhabt  wird,  durch  Reichs- 
gesetz geregelt  werden. 

Die  wesentlichen  Ziele,  welche  die  Fleischschau  im  Auge  haben 
muß,  bestehen  in  Beseitigung  und  Vernichtung  schädlichen  und  ekel- 
erregenden Fleisches  und  in  Erhaltung  alles  genießbaren  Fleisches 
für  die  Volksernährung.  Das  Fleisch  kranker  Tiere  darf  indessen 
unter  allen  Umständen  nur  unter  Deklaration  für  den  Verkauf  ver- 
wertet werden;  diese  Bedingung  muß  auch  in  dem  Falle  erfüllt 
werden,  daß  solches  Fleisch  an  Güte  demjenigen  gesunder  Tiere  nicht 
nachsteht  oder  dasselbe  sogar  übertrifft,  wie  dies  z.  B.  oft  bei  dem 
Fleische  tuberkulösen  Schlachtviehes  der  Fall  ist.  Eine  solche  Rück- 
sicht kann  der  Käufer  fordern,  und  sie  hat  nebenbei  auch  den  Vor- 
teil für  die  Volksgesundheit,  daß  ihre  Beobachtung  allein  die  Vieh- 
züchter dazu  drängt,  wirksame  Maßregeln  gegen  die  gefährliche 
Seuche  zu  ergreifen. 

Als  ungenießbar  (ekelerregend  oder  der  Gesundheit  schäd- 
lich) bezeichnet  der  Verf.  solches  Fleisch,  welches  1)  stark  übel- 
riechend oder  in  Fäulnis  übergegangen  ist,  2)  von  verendeten  Tieren 
(einzelne  plötzliche  Todesarten:  Blitzschlag,  Verletzungen  ausgenom- 
men), 3)  von  ungeborenen  oder  zu  früh  geborenen  Tieren,  4)  von 
Tieren  herrührt,  welche  an  Milzbrand,  Wut,  Rotz,  ausgebreiteter 
Tuberkulose,  Trichinen,  an  Finnen  (in  großer  Ausdehnung),  an  einer 
mit  Blutvergiftung,  Fieber  oder  Abzehrung  verbundenen  Krankheit 
vor  dem  Schlachten  gelitten  haben. 

Genießbar  und  vollwertig  ist  alles  Fleisch  von  gesunden, 
gut  genährten  und  ordnungsmäßig  geschlachteten  Tieren,  welches  an 
Farbe  und  Geruch  frisch  erscheint,  auch  wenn  bei  dem  Schlachttiere 
an  einzelnen  Körperteilen  oder  in  einzelnen  Organen  Veränderungen 
gefunden  werden,  welche  auf  sein  Wohlbefinden  und  die  Beschaffen- 
heit des  Fleisches  erfahrungsgemäß  keinen  Einfluß  ausgeübt  haben 
können.  Veränderungen  dieser  Art  sind  Dasselbeulen  in  der  Haut, 
gutartige  Geschwülste  an  der  Haut,  an  den  Gelenken  und  den  Knochen, 
Hernien,  Parasiten  im  Gehirn,  in  der  Lunge,  in  der  Leber,  im  Herz, 
Gekröse  und  den  Nieren.  Die  betreffenden  Organe  und  Körperteile 
sind  natürlich  in  jedem  Falle  zu  verwerfen. 

Als  genießbar  jedoch  nicht  vollwertig  ist  der  Freibank 


398  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


zu  überweisen  das  Fleisch  von  verunglückten,  alten  und  abgemager- 
ten Tieren,  von  Kälbern,  welche  noch  nicht  8 Tage  alt  sind,  von 
kranken  Tieren,  wenn  die  Krankheit  den  Fleischgenuß  nicht  unbe- 
dingt ausschließt  oder  nur  auf  einzelne  Körperteile  oder  Organe  be- 
schränkt ist.  Das  Fleisch  von  Tieren,  welche  zur  Zeit  der  Schlachtung 
fiebern,  ist  stets  zu  verwerfen. 

Bei  tuberkulösen  Tieren  wird  die  Entscheidung  über  die 
Genießbarkeit  des  Fleisches  nach  dem  Grade  der  Ausbreitung  der 
Krankheit  gefällt  werden  müssen.  Hochgradig  tuberkulöse  Tiere 
pflegen  abgemagert  zu  sein,  und  ihr  Fleisch  wird  daher  schon  mit 
Rücksicht  auf  ihren  Allgemeinzustand  verworfen  werden  müssen.  Wo 
es  sich  dagegen  um  örtliche  Tuberkulose  handelt,  ist  das  Fleisch  oft 
tadellos.  Die  Ungefährlichkeit  seines  Genusses  in  solchen  Fällen  be- 
weist die  Erfahrung  ebensowohl  wie  die  wissenschaftliche  Unter- 
suchung. Bei  Tuberkulose  in  den  serösen  Häuten  der  großen 
Körperhöhlen  muß  die  Entfernung  der  erkrankten  Teile  mit  großer 
Sorgfalt  ausgeführt  werden,  der  Genuß  des  Fleisches  ist  nicht  un- 
bedenklich, wenn  es  roh  gegessen  wird  und  mit  zurückgebliebenen 
Teilen  des  erkrankten  Brust-  oder  Bauchfelles  oder  auch  erkrankten 
Lymphdrüsen  durchsetzt  ist.  Unter  Berücksichtigung  aller  dieser 
Verhältnisse  wird  das  Fleisch  tuberkulöser  Tiere  je  nach  Lage  des 
Falles  als  genußfähig,  nur  in  gekochtem  Zustande  genießbar  oder  als 
ganz  ungenießbar  bezeichnet  werden  müssen ; es  ist  jedoch  immer  als 
minderwertig  zu  betrachten  und  der  Deklarationspflicht  beim  Verkauf 
zu  unterwerfen. 

Das  von  M iescher’schen  Schläuchen  durchsetzte  Fleisch 
ist  nur  bei  sehr  verbreitetem  Vorkommen  der  Sarkosporidieu,  deren 
Genuß  bisher  eine  Erkrankung  beim  Menschen  nicht  verursacht  zu 
haben  scheint,  zu  vernichten  bezw.  der  Freibank  zu  überweisen.  In 
Berlin  kann  es  infolge  einer  Polizeiverordnung  vom  14.  Januar  1892 
freigegeben  werden,  nachdem  es  durchgekocht  ist. 

Das  Fleisch  der  Schweine,  welche  an  Stäbchenrotlauf  oder 
Schweineseuche  gelitten  haben , hat  nach  den  bisherigen  Er- 
fahrungen zu  Erkrankungen  unter  Menschen  noch  nicht  Veranlassung 
gegeben,  ist  indessen  leicht  zur  Fäulnis  geneigt.  Auch  trägt  das 
Schlachten  der  kranken  Tiere  nachweislich  zur  Verbreitung  der 
Seuchen  bei.  Je  nach  der  Lage  des  Falles  wird  solches  Fleisch  der 
Freibank  zu  überweisen  oder  vom  Genüsse  auszuschließen  sein. 

Aehnlich  wird  hinsichtlich  des  Fleisches  von  Tieren  verfahren 
werden  müssen,  welche  an  Lungenseuche  und  zahlreichen  anderen 
infektiösen  und  nicht  infektiösen  Krankheiten  gelitten 
haben.  Kübler  (Berlin). 

Prozorowski,  Ueber  die  Wirkung  von  Kaffee  und  von 
einigen  Kaffeesurrogaten  auf  pathogene  Mikro- 
organismen. (Wratsch.  1893.  No.  18.)  [Russisch.] 

Verf.  untersuchte  den  echten  Ceylonkaffee  und  zwei  Surrogate 
— den  Eichel-  und  den  Roggenkaffee  — auf  ihre  baktericiden  Eigen- 
schaften. Zur  Untersuchung  gelangten  die  Typhusbacillen,  die  Cholera- 
vibrionen und  der  Bacillus  anthracis. 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  399 


Die  Versuche  selbst  sind  in  der  hier  referierten  vorläufigen  Mit- 
teilung nicht  wiedergegeben.  Seine  Ergebnisse  formuliert  der  Verf. 
folgendermaßen : 

1.  Der  Kaffee  besitzt  zweifellos  antiseptische  Eigenschaften,  wenn 
auch  nicht  in  hohem  Maße;  die  Wirkung  der  Surrogate  ist  in  dieser 
Hinsicht  geringer,  wobei  der  Eichelkaffee  höher  zu  schätzen  ist,  als 
der  Roggenkaffee. 

2.  Der  Kaffee  verdankt  seine  antiseptischen  Eigenschaften  zum 
Teil  den  beim  Rösten  sich  bildenden  Substanzen,  zum  Teil  aber  auch 
der  Kaffeegerbsäure;  nur  durch  die  Anwesenheit  der  letzteren  er- 
klären sich  die  beobachteten  antiseptischen  Wirkungen  der  Dekokte 
von  rohem  Kaffee. 

3.  Die  Wirkung  der  Surrogate  ist  ebenfalls  zum  Teil  an  die 
beim  Rösten  sich  bildenden  Substanzen  gebunden;  zum  Teil  ergiebt 
sie  sich  auch  aus  der  saueren  Reaktion  der  betreffenden  Dekokte. 

4.  Reine  Kaffee-  resp.  Surrogatdekokte  wirken  viel  stärker,  als 
gleichprozentige  Dekokte,  in  welchen  das  Wasser  durch  ein  für  die 
Entwickelung  von  Mikroorganismen  günstigeres  Medium  (Bouillon) 
ersetzt  ist. 

5.  Reines  Kaffeedekokt  von  der  im  täglichen  Leben  üblichen 
Kraft  tötet  Choleravibrionen  und  Milzbrandbacillen  in  3 Stunden, 
Typhusbacillen  in  24  Stunden  und  Milzbrandsporen  in  9 Tagen  ab. 

Steinhaus  (Warschau). 

Cucco,  Giovanni,  Ueber  die  Wirkung  des  Phenocollum 
hydrochloricum  bei  Malaria.  (Therapeutische  Monatshefte. 
Jahrg.  VII.  1893.  p.  156  ff.) 

Das  Phenokoll,  welches  sich  in  mancher  anderen  Hinsicht  bewährt 
hat,  versucht  Verf.  bei  Malaria.  Er  gab  das  Mittel  12  Stunden  vor 
dem  Fieberanfalle,  und  zwar  in  Dosen  von  1 — 1,5  g pro  die  und  0,5  g 
pro  dos.  Unter  84  Fällen  erwies  es  sich  52  mal  als  wirksam,  21  mal 
war  das  Resultat  zweifelhaft,  4 mal  war  kein  Einfluß  auf  den  Er- 
krankungsprozeß bemerkbar.  In  einzelnen  Fällen  wurde  es  dann  mit 
Erfolg  angewandt,  wenn  Chinin  unwirksam  gewesen  war.  Die  Wirkung 
ist  nach  Meinung  des  Verf.’s  ähnlich  der  des  Chinins  auf  die  Malaria- 
plasmodien. Gefahren  und  Unzuträglichkeiten  sah  C.  nicht,  so  daß 
er  wenigstens  mit  Rücksicht  auf  seine  erst  2 Monate  hindurch  ver- 
folgten Studien  dieses  Mittel  als  ein  bei  Malaria  brauchbares 
empfehlen  möchte.  0.  Voges  (Danzig). 


400 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Abthub  Wübzbubg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Duclanx.  E. , Le  role  agricole  des  microbes.  (Rev.  scientif.  1893.  No.  27.  p.  834 
—838.) 

Gabritschewski.  G.,  Handbuch  der  klinischen  Bakteriologie  für  Aerzte  und  Studierende. 
8°.  172  p.  Mit  4 Tafeln.  St.  Petersburg  (Ricker)  1893.  [Russisch.] 


Morphologie  und  Biologie. 

Ivanoff.  M„  Ueber  eine  neue  choleraähnliche  Vibrionenart.  (Ztscbr.  f.  Hygiene.  1894. 
Bd.  XV.  No.  3.  p.  434—438.) 


Morphologie  und  Systematik. 

Davis,  J.  J.,  A supplementary  list  of  parasitic  fungi  of  Wisconsin.  (Tiansact.  of  the 
Wisconsin  Acad.  of  scienc.,  arts  and  letters.  1892/93.  Vol.  IX.  pt.  1.  p.  153 — 188.) 

Biologie . 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  u.  s.  w.) 

Ewald,  C.  A.  u.  Jacobson,  J.,  Ueber  ptomainartige  Körper  im  Harn  bei  chronischen 
Krankheitsprozessen.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  2.  p.  25 — 29.) 

Lindner,  P , Schizosaccharomyces  Pombe  n.  sp.,  ein  neuer  Gärungserreger.  (Ztschr.  f. 

Spiritusindustrie.  1893.  No.  52.  p.  413 — 414.) 

XJschinski.  N.,  Ueber  die  chemische  Beschaffenheit  des  Diphtherie-  und  Choleragiftes. 
(Bolnitsch.  Gaz.  Botkina  1893.  p.  427,  452,  485.)  [Russisch.] 


Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

\Sahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

Bordoni  • Uffreduzzi , Ein  Fall  von  fuchsinähnlicher  Bakterienfärbung  des  Fleisches. 

(Hygien.  Rundschau.  1894.  No.  1.  p.  12 — 14.) 

Hankin,  E.  H.,  On  microbes  in  soda-water.  (Indian  med.  Gaz.  1893.  No.  12.  p.  401 
—403.) 

Pertik,  0..  Untersuchungen  über  die  Wirkung  der  Kohlensäure  auf  die  Konservierung 
der  Milch.  (Orvosi  hetilap.  1893.  No.  51.)  [Ungarisch.] 


Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten. 

Galtier,  V.,  Influence  de  certaines  causes  sur  la  receptivite.  Associations  bactdriennes. 
(Compt.  rend.  1893.  T.  CXVII.  No.  26.  p.  1098—1099.) 


Neue  Litteratur. 


401 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Entmann.  F.  F.,  Cholera.  Epidemiologie  und  Prophylaxe  vom  allgemeinen  sanitären 
Standpunkt.  8°.  205  p.  Moskau  (Kushnereff)  1894.  [Russisch.] 


Malariakrankheiten. 

Remonchampi.  E.,  Over  een  vorm  van  amoeba  malariae  in  Zeeland.  (Nederl.  Tijdschr. 
v.  Geneesk.  1893.  Vol.  II.  No.  24.  p.  849 — 854.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötheln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Proust,  A.,  Note  sur  le  typhus  exanthematique  en  France  en  1893,  la  Situation  actuelle 
relativement  ä cette  maladie  et  l’importance  d’un  diagnostic  precoce  au  point  de  vue 
de  la  prophylaxie.  (Bullet,  de  l’acad.  de  med.  1894.  No.  1.  p.  14 — 29.) 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Beck , R J. , Ueber  die  von  den  Professoren  Dr.  Emmerich  und  Dr.  Jiro  Tsuboi 
gegebene  Erklärung  der  Cholera  asiatica  als  durch  die  Cholerabacillen  erzeugte 
Nitritvergiftung.  (Mediz.  Korrspdzbl.  d.  Wiirttemb  ärztl.  Landesvereins.  1894.  No.  36, 
37.  p.  283—285,  289—292.) 

Bericht  über  die  Choleraepidemie  von  1892  in  Rußland  in  der  Armee  und  in  den  dem 
Kriegsdepartement  unterstehenden  bürgerlichen  Provinzen.  89.  337  p.  St.  Peters- 

burg (Morduchowski)  1893.  [Russisch.] 

Canalis,  P.,  Sui  provvedimenti  adottati  dalla  r.  prefettura  di  Genova  per  prevenire  lo 
sviluppo  e la  diffusione  del  colera.  Relazione.  8°.  30  p.  Genova  1893. 

Chetaguroff , A.  L.  , Morphologische  Untersuchung  des  Blutes  von  Cholerakranken. 
(Bolnitsch.  Gaz.  Botkina  1892.  p.  1008,  1038,  1081.)  [Russisch.] 

Dräsche,  Ueber  den  gegenwärtigen  Stand  der  bacillären  Cholerafrage  und  über  dies- 
bezügliche Selbstinfektionsversuche.  (Wien.  med.  Wchschr.  1894.  No.  1 ff.) 

Moreau,  C.,  Etüde  sur  l’eclosion  des  epidemies  actuelles  de  cholera  d’apres  certaines 
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No.  10.  p.  866—876.) 

Porteous,  J.  G.,  Winter  cholera  in  Poughkeepsie.  (Transact  of  the  New  York  med. 
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Selander,  E.,  Om  atgärder  tili  förekommande  af  kolerans  spridning.  (Hygiea.  1893. 
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Smirnoff,  A.  V.,  L'epidemie  du  cholera  asiatique  dans  le  gouvernement  Wladimir  en 
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[Russisch.] 


W un  dinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Döderlein , Die  Scheidensekretuntersuchungen.  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  1894.  No.  1. 
p.  10—14.) 


402 


Nene  Litteratur. 


Fischl,  K.,  Ueber  gastrointestinale  Sepsis.  (Prag.  med.  Wchschr.  1893.  No.  51.  p.  616.) 
Jakowski,  M.,  Beiträge  zur  Lehre  von  den  Bakterien  des  blauen  Eiters  (Bacillus  pyo- 
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Löhlein,  H.,  Zur  Frage  von  der  Entstehung  der  puerperalen  Osteomalakie.  (Centralbl. 
f.  Gynäkol.  1894.  No.  1.  p.  1—3.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrophulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Goldschmidt,  F.,  Zur  Kasuistik  der  Tuberkulose  im  Kindesalter.  (Münch,  med.  Wchschr. 
1893.  No.  52.  p.  1001.) 

Hansemann,  D. , Kritische  Bemerkungen  über  die  Aetiologie  der  Carcinome.  (Berl. 
klin.  Wchschr.  1894.  No.  1.  p.  11  — 16.) 

— — , Bemerkungen  zu  den  Aeußerungen  der  Herren  Ziegler  und  Langerhans.  (Berl. 
klin.  Wchschr.  1894.  No.  4.  p.  103.) 

Bealey,  C.  W.  R.,  Accidental  syphilitic  inoculation  from  a blow  on  the  nose.  (Brit. 

med.  Journ.  1893.  No.  1722.  p.  1425.) 

Imre,  J.,  Ulcus  molle  am  Augenlid.  (Szemeszet.  1894.  No.  6.)  [Ungarisch  ] 
Langerhans,  R.,  Zur  Berichtigung.  Zusatz  zu  den  ,, kritischen  Bemerkungen  über  die 
Aetiologie  der  Carcinome“  des  Herrn  Dr.  Hansemann.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894. 
No.  4.  p.  102—103.) 

Hake,  B. , The  question  of  the  communicability  of  leprosy.  (Med.  Record.  Vol.  II. 
No.  23.  p.  705—711.) 

Tommasoli,  P.,  Ueber  einen  Fall  von  Epithelioma  verrucosum  abortivum  nebst  einem 
Beitrage  zum  Studium  der  Psorospermosen.  (Arch.  f.  Dermatol,  u.  Syphilis.  1894. 
No.  1.  p.  49—70.) 

Ziegler,  E. , Bemerkungen  zu  der  Abhandlung  von  Dr.  Hansemann  „Kritische  Be- 
merkungen über  die  Aetiologie  der  Carcinome“.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  4. 

p.  102.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre 
Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Bergmann,  J. , Ein  neuer  Vorschlag  zur  Prophylaxe  gegen  Diphtherie.  (Allg.  med. 
Central-Ztg.  1894.  No.  1.  p.  1 — 3.) 


B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Augen  und  Ohren. 

Bach,  L.,  Die  tuberkulöse  Infektion  des  Auges,  (Arch.  f.  Augenheilk.  1894.  Bd.  XXVUI. 
No.  1.  p.  36—47.) 

Steffan,  Ph. , Das  neue  preußische  Hebammenlehrbuch  (1892)  und  die  Blennorrhoea 
neonatorum.  (Dtsche  Medizinal-Ztg.  1894.  No.  103.  p.  1163.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Milzbrand. 

Sanarelli,  J.,  La  destruction  du  virus  charbonneux  sous  la  peau  des  animaux  sensibles 
(Annal.  de  l’Instit.  Pasteur.  1893.  No.  12.  p.  820 — 822.) 


Neue  Litteratur. 


403 


Aktinomjkose. 

Engelmann,  G. , Oeber  Aktinomykose  beim  MenscheD.  (St.  Petersb.  med.  Wehschr. 
1893.  No.  50.  p.  445—449.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thieren. 

Säugethiere. 

A.  Infektiöse  Aügemeinkrankheüen. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Frankreich  im  3.  Vierteljahr  1890.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  2.  p.  30 — 31.) 

Verbreitung  der  Tierseuchen  im  Deutschen  Reiche  im  November  1893.  (Veröffentl.  d. 
kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  52.  p.  1008—1009.) 

Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

(Rinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälber,  Rauschbrand,  entozootisches  Verkalben.) 

Arloing,  S.,  A propos  de  la  sp^cificite  du  pneumobacillus  liquefaciens  bovis.  (Rec.  de 
med.  veterin.  1893.  No.  24.  p.  528 — 550.) 

Fenner,  Akuter  infektiöser  Katarrh  der  Respirationswege  beim  Rinde.  (Berl.  tierärztl. 
Wehschr.  1893.  No.  52.  p.  635—636.) 


Vögel. 

Sakharoff,  N.,  Recherches  sur  les  hematozoaires  des  oiseaux.  (Annal.  de  l’Instit.  Pasteur. 
1893.  No.  12.  p.  801—811.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Brandes,  G , Die  Blattläuse  und  der  Honigtau.  (Ztschr.  f.  Naturwissensch.  1893. 
Bd.  LXVI.  Heft  1/2.) 

Borchard,  0-,  Untersuchungen  über  die  Anwendbarkeit  des  Brühverfahrens  zur  Tötung 
des  Flugbrandes  an  Saatgetreide.  (Dtsche  landwirtschaftl.  Presse.  1894.  No.  1. 
p.  5-6.) 

Hoffmann,  Fr.,  Solanum  rostratum  und  der  Koloradokäfer.  (Pharmazeut.  Rundschau. 
1893.  p.  286.) 

Wentz,  F.  A.  F.  C.,  De  serehziekte.  (Sep.-Abdr.  a.  Arch.  v.  de  Java’sche  suiker- 
industrie.  1893.  Afd.  14/16  ) 8°.  48  p.  Soerabaia  1893. 


404 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Klecki , Valerian  v.,  üeber  einige  aus  ran- 
ziger Butter  kultivierte  Mikroorganismen. 
(Orig.),  p.  354. 

Kurloff,  M , Zur  Lehre  von  den  Carcinom- 
parasiten.  (Orig.),  p.  341. 

Lehmann,  K.  B.,  Ueber  die  Sauerteiggärung 
und  die  Beziehungen  des  Bacillus  levans 
zum  Bacillus  coli  communis.  (Orig.), 
p.  350. 

Timpe,  H.,  Erklärung  zur  Frage  der  Ge- 
latinebereitung. (Orig.),  p.  364. 

Ward,  Henry  B.,  Ueber  das  Vorkommen 
von  Distoma  Westermanni  in  den  Ver- 
einigten Staaten.  (Orig.),  p.  362 

Original-Beferate  aus  bakteriologischen 
Instituten  etc. 

Baumgarten,  P.,  Arbeiten  auf  dem  Gebiete 
der  pathologischen  Anatomie  und  Bak- 
teriologie aus  dem  pathologisch-anato- 
mischen Institute  zu  Tübingen.  (Orig.), 
p 367. 

Czaplewski,  E.  u.  Boloff,  F.,  Ueber  den 

Heilwert  des  Tuberkulins  nach  Ex- 
perimenten an  tuberkulös  infizierten 
Meerschweinchen,  p.  367. 
Baumgarten,  Ueber  recidivierende  Tu- 
berkulose nach  Behandlung  mittelst 
Tuberkulins,  p.  373. 

Henke,  F.,  Ueber  die  Desinfektion  in- 
fizierter Hände  und  die  Notwendigkeit 
der  geburtshilflichen  Abstinenz,  p.  374. 
Crone,  W.,  Ein  Beitrag  zur  Lehre  vom 
Lupus-Carcinom  (Tuberculo-Carcinom) , 
p.  377. 

Baumgarten,  Ueber  ein  Kehlkopfcarci- 
nom  kombiniert  mit  den  histologischen 
Erscheinungen  der  Tuberkulose,  p.  377. 

Beferate. 

Amann , Notiz  über  einen  Plasmodien- 
Befund  in  einem  atypischen  Falle  von 
Malaria,  p.  384. 

Bahr,  Hans,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
Echinokokkenkrankheit  in  Vorpommern, 
p.  391. 

Banti , G. , Sui  parassiti  del  carcinoma, 
p.  381. 

Bouzian,  Abdelkader  Oulit,  Recherches  sur 
l’hematozoaire  du  paludisme  faites  ä 
l’hopital  civil  de  Mustapha-Alger,  p.  384. 

Bruce , On  the  etiology  of  Malta  fever, 
p.  382. 

Burckhardt,  Louis,  Ueber  den  Einfluß  der 
Scheidenbakterien  auf  den  Verlauf  des 
Wochenbettes,  p.  379. 

Claus,  C , Eingeweidewürmer  des  Menschen, 
p.  394. 


Diamare,  V.,  Le  funzioni  dell’  ovario  nella 
Davainea  tetragona  Mol.,  p.  393. 

Geelvink,  Conrad  Wilhelm,  Ein  Fall  von 
Echinococcus  bypophrenicus,  p.  392. 

Giarre,  C , Grave  infezione  da  ascaridi  in 
bambina  geofaga,  p.  388 

Golgi,  C.,  Sülle  febbri  malariche  estivo- 
autunnali  di  Roma.  [Ueber  die  im 
Sommer  und  im  Herbst  in  Rom  auf- 
tretenden Malariafieber],  p 384. 

Goltz,  Ueber  Schwarzfärbung  des  Rostel- 
lum  und  Fehlen  des  Hakenkranzes  bei 
Cysticercus  cellulosae,  p.  392 

Janson,  Die  Krankheiten  der  Haustiere  in 
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Küchel,  B , Eine  Drillingsmißbildung  der 
Taenia  saginata,  p.  393. 

Müller,  Martin,  Zur  Kasuistik  und  Sym- 
ptomatologie der  Muskelechinokokken, 
p.  389. 

Neumann , G. , Sur  un  Echinocoque  du 
Chat,  p.  392. 

Bitz,  St  v.,  Ueber  die  Dochmienkrankheit 
der  Hunde,  p.  387. 

Schwarz,  Zur  Unterscheidung  des  Cysti- 
cercus cellulosae  von  dem  Cysticercus 
tenuicollis,  p.  388. 

Sigismund,  Olaf,  Untersuchungen  über  die 
Rancidität  der  Butter  unter  Berücksich- 
tigung der  Marktverhältnisse  in  Halle  a.  S., 
p.  379 

Smith,  Th.,  Preliminary  notes  on  a Sporo- 
zoon  in  the  intestinal  vills  of  cattle, 
p 388. 

Steven,  J.  L.  and  Brown,  J.,  On  the  so- 
called  parasitic  Protozoa  of  Cancer, 
p.  382. 

Storch,  A.,  Echinococcusblase  in  der  Herz- 
kammerscheidewand, p.  389. 

Truc,  Contagion  du  trachome  (Ophthalmie 
granuleuse),  p;  380. 

Vayssiere,  A , Etüde  sur  le  Temuocephala, 
parasite  de  l’Astacoides  madagascarien- 
sis,  p.  389. 

Schutzimpfung , künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Cucco,  Giovanni,  Ueber  die  Wirkung  des 
Phenocollum  hydrochloricum  bei  Malaria, 
p.  399. 

Prozorowski , Ueber  die  Wirkung  von 
Kaffee  und  von  einigen  Kaffeesurrogaten 
auf  pathogene  Mikroorganismen,  p.  398. 

Schneidemühl , Ueber  die  wissenschaft- 
lichen Grundsätze  und  die  praktische 
Regelung  der  Fleischbeschau,  p.  396. 

Neue  Litter&tur,  p.  400. 


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perimentelle und  klinische  Beobachtungen  erwiesenen  reducirenden, 
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Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 


Ueber  den  Befund  feiner  Spirillen  in  den  Dejektionen 
einer  unter  Cholerasymptomen  gestorbenen  Frau. 

Von 

Dr.  Aufrecht, 

Oberarzt  der  inneren  Station  des  Krankenhauses  Magdeburg-Altstadt. 

Die  Mitteilung  Abel’s  in  No.  7.  Jahrgang  1894  dieses  Central- 
blattes veranlaßt  mich,  über  den  Befund  von  Spirillen  zu  berichten, 
welche  mit  den  von  Abel  sowie  mit  den  schon  vor  ihm  von  Ko- 
walski gefundenen  vollständig  übereinstimmen.  Meine  Beobachtung 
stammt  aus  dem  August  1893.  Das  betreffende  Präparat  hat  sich 
bis  jetzt  gut  erhalten.  Ich  begnügte  mich  damals,  dasselbe  mehreren 
Kollegen  zu  demonstrieren,  hielt  aber  vorläufig  eine  Beschreibung 

XV.  Bd.  26 


406 


Aufrecht, 


nicht  für  opportun,  da  es  sich  nur  um  einen  einzelnen  Fall  gehan- 
delt hatte.  Im  Anschlüsse  an  die  bisherigen  Mitteilungen  aber  dürfte 
derselbe  nicht  ganz  ohne  Wert  sein. 

Während  des  Jahres  1893  sind  im  Ganzen  3 Cholerafälle  in 
Magdeburg  zur  Beobachtung  gekommen  und  allesamt  in  das  Alt- 
städter Krankenhaus  eingebracht  worden.  Bei  allen  dreien  ist  durch 
das  Plattenkulturverfahren  der  Koch’ sehe  Cholerabacillus 
nachgewiesen  worden.  Einen  ausführlichen  Bericht  über  diese  Fälle 
wird  demnächst  der  damalige  Assistenzarzt  Herr  Dr.  Therig  in  der 
Deutschen  medizinischen  Wochenschrift  veröffentlichen. 

Außer  diesen  3 Cholerafällen  sind  noch  3 choleraverdächtige 
Fälle  vorgekommen.  Der  eine  ist  außerhalb  des  Krankenhauses  in 
der  Privatwohnung  tödlich  verlaufen.  Die  Leiche  der  Verstorbenen, 
einer  Frau  von  27  Jahren,  wurde  in  das  Krankenhaus  gebracht.  Die 
Obduktion  ergab  alle  anatomischen  Kriterien  der  Cholera  asiatica; 
aber  Cholerabacillen  konnten  trotz  Zuhilfenahme  des  von  Koch 
empfohlenen  Verfahrens  der  Anreicherung  durch  Pepton  nicht  nach- 
gewiesen werden. 

Der  zweite  und  dritte  choleraverdächtige  Fall  betraf  ein  älteres 
Ehepar  P.  Der  Mann,  54  Jahre  alt,  sowie  die  Frau,  56  Jahre  alt, 
wurden  am  16.  August  1893  schwer  krank  in  das  Krankenhaus  über- 
geführt. Ersterer  hatte  schon  seit  14  Tagen  Diarrhöe,  im  Beginne 
der  Krankheit  auch  Erbrechen.  Klinisch  mußte  die  Diagnose: 
Choleratyphoid  gestellt  werden.  Er  wurde  nach  9 Tagen  geheilt  ent- 
lassen. — Die  Frau  dagegen  hatte  erst  seit  5 Tagen  heftige  Diarrhöe, 
seit  4 Tagen  wiederholt  Wadenkrämpfe,  seit  3 Tagen  Erbrechen.  Zur 
Zeit  der  Aufnahme  waren  alle  Symptome  einer  schweren  Cholera  asia- 
tica vorhanden.  Zwölf  Stunden  nach  der  Aufnahme  trat  der  Tod  ein. 

Weder  aus  den  Dejektionen  der  beiden  Kranken,  noch  aus  dem 
Darminhalte  der  verstorbenen  Frau  P.  konnten  Cholerabacillen  kulti- 
viert werden,  obwohl  die  Untersuchung  unter  Zuhilfenahme  aller 
Kulturmethoden  ebenso  sorgfältig  ausgeführt  wurde,  wie  bei  den  oben 
erwähnten  Fällen  von  Cholera  asiatica.  Ich  darf  behaupten,  daß 
Cholerabacillen  nicht  vorhanden  waren,  sonst  wären  sie  ebenso  gut 
gefunden  worden,  wie  dort. 

Alle  sonstigen  Befunde,  sowohl  der  anatomische  bei  der  nach 
dem  Tode  eingebrachten  Frau,  als  auch  die  klinische  Beobachtung 
bei  dem  Ehepaare,  ebenso  wie  die  Autopsie  der  nach  12-stündigem 
Aufenthalte  im  Krankenhause  gestorbenen  Frau  P.  sprachen  für 
Cholera  asiatica  und  ich  hätte  auf  Grund  meiner  Erfahrungen  aus 
früheren  Epidemieen , vor  der  Entdeckung  des  Kommabacillus, 
nicht  einen  Moment  gezögert,  diese  Diagnose  zu  stellen.  — Ich  muß 
noch  hinzufügeu,  daß  die  mikroskopische  Untersuchung  der  Nieren 
der  beiden  verstorbenen  Frauen  genau  dasjenige  Ergebnis  bot,  welches 
ich  auf  Grund  der  im  voraufgegangenen  Jahre  vorgenommenen  Unter- 
suchungen von  Choleranieren  mitgeteilt  hatte1). 

Dies  alles  aber  würde  kein  Grund  zu  einer  Beschreibung  an 
dieser  Stelle  sein,  wenn  ich  nicht  in  den  Stuhlgängen  der  Ehefrau 


1)  Die  Choleranepkritis.  (Centralbl.  f.  klin.  Medicin.  1892.  No.  45.) 


Ueber  den  Befund  feiner  Spirillen  etc. 


407 


P.  solche  Bakterien  gefunden  hätte,  wie  sie  von  Abel  und  Ko- 
walski geschildert  worden  sind. 

Wie  seit  Jahren,  so  habe  ich  auch  hier  die  Deckglaspräparate 
vom  Stuhlgange  mit  1/10  promilliger  Fuchsinrubinlösung  5 bis  10  Mi- 
nuten gefärbt,  nachher  in  Wasser  abgespült,  getrocknet  und  in 
Kanadabalsam  eingelegt.  In  diesen  Präparaten  fand  ich  nun  zu 
meiner  großen  Ueberraschung  eine  enorme  Zahl  feiner  Spirillen,  deren 
Aehnlichkeit  mit  Rekurrensspirillen  mir  sofort  in  die  Augen  fiel.  Nur 
schienen  sie  eher  noch  etwas  feiner  wie  Rekurrensspirillen  zu  sein 
und  ihre  Windungen  waren  etwas  länger  ausgezogen.  Uebrigens  be- 
sitze ich  auch  heute  noch  ein  Präparat  von  Rekurrensspirillen  aus  dem 
Jahre  1878,  welches  die  Fuchsinfarbe  ebenso  gut  angenommen  hatte, 
wie  diese  Stuhlgangsspirillen.  Daß  die  Sichtbarkeit  trotz  der  voll- 
kommenen Färbung  eine  etwas  erschwerte  ist,  kann,  wie  Abel  mit 
Recht  bemerkt,  nur  eine  Folge  ihrer  geringen  Dicke  sein. 

Ganz  besondere  Beachtung  verdient  die  enorme  Zahl  dieser 
Spirillen.  Ich  überschätze  wohl  kaum,  wenn  ich  sage,  daß  sie  in 
meinem  Falle  tausendfach  zahlreicher  vorhanden  waren,  wie  Rekurrens- 
spirillen im  Blute. 

Nach  diesen  Befunden  von  Kowalski  und  Abel  sowie  nach 
dem  von  mir  mitgeteilten  wird  es  von  jetzt  ab  wohl  erforderlich  sein, 
bei  Cholerakranken  sowie  bei  Choleraverdächtigen  auf  das  Vorkommen 
dieser  Spirillen  besonders  zu  achten. 

Vorläufig  liegt  kein  Recht  vor,  sie  in  irgend  eine  Beziehung  zum 
Cholerabacillus  zu  bringen.  Wohl  aber  könnte  die  durch  weitere 
Beobachtungen  vielleicht  zu  begründende  Thatsache,  daß  ein  massen- 
haftes Vorkommen  dieser  Spirillen  der  asiatischen  Cholera  eigen  ist, 
die  Möglichkeit  einer  vorläufigen  Diagnose  bieten  oder  gar  eine 
sichere  Diagnose  zu  stellen  gestatten.  Es  wäre  dies  um  so  erwünschter, 
weil  erwiesenermaßen  in  einzelnen  Fällen  erst  nach  mehrtägigem 
Untersuchen  der  Nachweis  von  Cholerabacillen  möglich  ist. 

Ob  die  beiden  Fälle  Kowalski’s,  bei  denen  choleraähnliche 
Erscheinungen  bestanden  hatten,  aber  keine  Koch’ sehen  Cholera- 
bacillen, sondern  nur  die  hier  in  Rede  stehenden  Organismen  vor- 
handen waren,  ebenso  wie  der  von  mir  beobachtete  Fall,  welcher, 
ohne  Cholerabacillen  in  den  Dejektionen  zu  enthalten,  klinisch  und 
anatomisch  bis  in  die  kleinste  Einzelheit  dem  Bilde  des  Morbus 
asiaticus  glich,  dieser  Krankheit  zugerechnet  werden  dürfen,  muß 
demnach  weiteren  Untersuchungen  Vorbehalten  bleiben. 

Magdeburg,  den  5.  März  1894. 


408 


Esche  rieh,  Notiz  zu  dem  Vorkommen  feiner  Spirillen  etc. 


Notiz  zu  dem  Vorkommen  feiner  Spirillen  in  diar- 
rhöischen  Dejektionen. 

Von 

Prof.  Dr.  Escliericli. 

Wie  ich  aus  den  Bemerkungen  Kowalski’s  (Wiener  klin. 
Wochenschrift.  1893.  No.  49)  und  dem  in  No.  7 d.  Bl.  erschienenen 
Artikel  Abel’s  ersehe,  sind  meine  Befunde  und  Untersuchungen 
über  Spirillen  in  diarrhöischen  Stühlen  in  bakteriologischen  Kreisen 
so  gut  wie  unbekannt  geblieben.  Nachdem  man  diese  Gebilde  jetzt 
wieder  entdeckt  und  in  verschiedenem  Sinne  gedeutet  hat,  dürfte  es 
nicht  überflüssig  erscheinen,  an  meine  diesbezüglichen  Publikationen 
zu  erinnern,  in  denen  sich  wenigstens  einiges  positive  Material  zur 
Beurteilung  ihrer  Herkunft  und  ihrer  Bedeutung  vorfindet.  Ich 
bemerkte  dieselben  zum  ersten  Male  in  den  stark  schleimigen,  Sago- 
suppe ähnlichen  Stühlen  von  Cholerakranken,  wie  ich  sie  in  der 
Neapeler  Epidemie  1884  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte.  (Klinisch- 
therapeutische Beobachtungen  aus  der  Choleraepidemie  in  Neapel. 
Aerztliches  Intelligenzblatt,  spätere  Münchener  medizinische  Wochen- 
schrift. 1884.  No.  54.)  Ich  war  damals  geneigt,  sie  für  Zahn- 
spirochäten zu  halten,  die  sich  in  dem  pathologisch  veränderten 
Darminhalte  besonders  reichlich  vermehrt  hatten.  Nachdem  meine 
Aufmerksamkeit  einmal  darauf  gerichtet  war,  fand  ich  gelegentlich 
meiner  Untersuchungen  über  Darmbakterien  ähnliche  Formen  in  den 
Stühlen  und  dem  Darme  von  an  Diarrhöe  verstorbenen  jungen  Katzen. 
Ich  habe  dieselben  unter  dem  Namen  Vibrio  felinus  in  der 
Münchener  mediz.  Wochenschrift.  1886.  No.  43  beschrieben  und  ab- 
gebildet. Es  sind  ziemlich  plumpe,  schraubenartig  gewundene  Spi- 
rillen, die,  im  hängenden  Tropfen  untersucht,  lebhafte,  um  die  Längs- 
achse rotierende  Bewegung  bei  starrer  Schraube  und  ausgesprochenem 
Sauerstoffbedürfnis  zeigen.  Sie  finden  sich  außer  in  den  Stühlen 
überaus  reichlich  in  dem  der  Darmwand  anhaftendem  Schleimbelage 
des  Dickdarmes  und  dringen,  wie  man  an  Schnittpräparaten  sehen 
kann,  auch  in  die  Ausführungsgänge  der  Drüsen  sowie  in  das  Innere 
von  Epithelzellen  ein.  Im  Dünndarme  sind  sie  nur  spärlich  und  im 
untersten  Abschnitte  vorhanden.  Ihre  Züchtung  gelang  in  Naegeli- 
scher  Lösung;  auf  festen  Nährböden  konnten  sie  nicht  zur  Ent- 
wickelung gebracht  werden. 

Größeres  Interesse  besitzt  der  häufige,  ja  fast  regelmäßige  Befund 
von  Spirillen  in  diarrhöischen  Ausleerungen  von  Säuglingen  (Münch, 
med.  Wochenschrift.  1886.  No.  46).  Sie  finden  sich  darin  vorwiegend 
in  den  schleimigen  Partieen.  Im  Vergleiche  mit  dem  Vibrio  feli- 
nus sind  sie  viel  zarter  und  schwerer  färbbar.  Am  häufigsten  be- 
gegnet man  der  starren,  korkzieherartig  gewundenen  Form  mit  steilen 
Windungen,  ähnlich,  nur  kürzer  und  kleiner,  wie  die  Zahnspirochäte; 
sehr  viel  seltener  (nur  6mal  unter  41  positiven  Fällen)  einer  als 
Peitschenform  bezeichneten,  welche  eine  deutliche  Zuspitzung  an  den 


M.  Braun,  Helminthologische  Notizen. 


409 


Enden  und  je  nach  der  Bewegungsphase,  in  der  sie  fixiert  ist,  eine 
unregelmäßige  Krümmung  oder  Schlängelung  aufweisen.  Diesem 
letzteren  Typus  scheinen  die  von  Kowalski  gesehenen  Spirillen 
anzugehören.  In  17  Fällen  wurde  der  Darmkanal  von  an  Verdauungs- 
störungen gestorbenen  Kindern  untersucht  und  bei  allen  (mit  Aus- 
nahme eines  erst  14  Tage  alten,  an  akutem  Gastro-intestinalkatarrh 
gestorbenen  Kindes)  die  Spirillen  in  großer  Menge  in  dem  Schleim- 
belage des  Dickdarmes,  am  reichlichsten  im  Coecum  nachgewiesen. 
Im  Dünndarme  fehlten  sie.  Sie  verhielten  sich  somit  in  dieser  Be- 
ziehung ähnlich  dem  Vibrio  felinus.  Kulturversuche  mißlangen 
gänzlich. 

Ueber  die  Herkunft  dieser  Spirillen  ließ  sich  nichts  Weiteres 
eruieren;  jedoch  kann  man  hier  die  Vermutung,  daß  sie  nur  zufällig 
aus  der  Mundhöhle  eingewanderte  Gäste  sind,  ausschließen,  nachdem 
Spirochäten  in  dem  zahnlosen  Munde  des  Säuglings 
gänzlich  fehlen.  Sie  dürften  wohl  mit  der  Nahrung  wahrschein- 
lich schon  sehr  früh  in  den  Darmkanal  gelangen  und  dort,  wie  dies 
Kuisl  unter  Buchner’s  Leitung  für  den  Erwachsenen  nachgewiesen 
(Münch,  med.  Wochenschrift.  1885.  No.  36),  als  harmlose  Schmarotzer 
an  gewissen  Prädilektionsstellen  (Coecum)  vegetieren.  Unter  patho- 
logischen Verhältnissen,  dünnflüssiger  Konsistenz  der  Stühle,  katar- 
rhalischer oder  entzündlicher  Reizung  der  Schleimhaut  vermehren  sie 
sich  beträchtlich  und  erscheinen  dann  im  Stuhle.  Zu  den  Gärungs- 
prozessen des  Darminhaltes  stehen  sie  in  keiner  Beziehung. 

Graz,  3.  März  1894. 


Helminthologische  Notizen. 

Von 

M.  Braun 

in 

Königsberg  i.  Pr. 

III.  Cysticercus  tenuicollis  Rud.  und  C.  acanthotrias 
Weinl.  beim  Menschen. 

Seit  mehr  als  zwei  Jahren  mit  der  Zusammenstellung  der  Litte- 
ratur  über  Cestoden  beschäftigt,  bin  ich  hierbei  auf  einige  über- 
sehene Angaben  gestossen,  die  ich  bei  dem  Interesse,  das  sie  bean- 
spruchen dürfen,  der  Vergessenheit  entreißen  möchte. 

Was  zuerst  den  Cysticercus  tenuicollis  Rud.  betrifft,  der 
bekanntlich  in  unseren  Schafen  sehr  häufig  vorkommt,  doch  auch  bei 
zahlreichen  anderen  Säugetierarten  beobachtet  ist  und  den  Finnen- 
zustand der  Taenia  marginata  Bätsch  (aus  Hund  und  Wolf) 
darstellt,  so  ist  es  bekannt,  daß  derselbe  auf  Grund  der  Angaben 
älterer  Autoren,  z.  B.  Plate r,  Köplin  als  Parasit  auch  des  Menschen 
hingestellt  worden  ist;  aber  diese  Angaben  reichen  lange  nicht  aus, 
um  dies  zur  Gewißheit  zu  erheben.  Sicher  erschien  dagegen  eine 


410 


M.  Braun, 


Mitteilung  von  Eschricht(l),  dein  unter  Echinokokken  vom 
Menschen  aus  Island  auch  ein  Cysticercus  tenuicollis  zuge- 
sandt war;  es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  daß  wirklich  diese  Art  vor- 
lag, aber  es  hat  sich  später  durch  Krabbe  (2)  herausgestellt,  daß 
nur  durch  einen  Irrtum  der  Cysticercus  tenuicollis  unter  die 
vom  Menschen  stammenden  Echinococci  geraten  war  und  so  war 
dieser  Fall  ganz  auszuscheiden. 

Nun  traf  ich  ein  Citat,  aus  dem  hervorging,  daß  Dr.  Hodges 
Cysticercus  tenuicollis  beim  Menschen  beobachtet  hat; 
da  die  Zeitschrift,  in  welcher  der  betreffende  Artikel  (3)  publiziert 
war,  trotz  aller  Bemühungen  nicht  aufzutreiben  war,  wandte  ich  mich 
an  Herrn  Prof.  Ch.  S.  Minot  in  Boston,  der  mir  den  Artikel  zu- 
sandte. Dort  wird  nun  berichtet,  daß  bei  einem  Farmer  von  49  Jahren 
am  Axillarrande  des  rechten  M.  pectoralis  major  eine  hühnereigroße, 
oberflächlich  sitzende  Geschwulst  beobachtet  wurde,  bei  deren  Incision 
etwas  Eiter  hervorspritzte  und  auf  leichten  Druck  eine  durchscheinende 
Blase  „as  large  as  a robin’s  egg“  hervortrat.  Diese  erwies  sich,  wie 
Dr.  Ellis  konstatierte,  als  ein  Cysticercus  und  nicht,  was  man 
zuerst  vermuten  konnte,  als  Echinococcus. 

Prof.  Wyman  hat  diesen  Cysticercus  nun  genauer  unter- 
sucht; es  fanden  sich  am  Kopfe  vier  Saugnäpfe  und  zum  Teil  bereits 
dislocierte  Haken ; neun  solcher  hatten  noch  normale  Lage  und  er- 
laubten den  Schluß,  daß  der  ganze  Ring  16  Haken  besaß ; ein  kleinerer 
Haken  repräsentierte  den  zweiten  Hakenkranz.  Die  Blase  selbst 
hatte  einen  Durchmesser  von  mehr  als  3/4  Zoll  (mehr  als  19  mm) 
und  war  fast  kuglig.  In  Größe  und  Gestalt  glich  der  vorliegende 
Cysticercus  dem  Cysticercus  tenuicollis,  ebenso  auch 
in  der  Zahl  der  Haken  (32),  indessen  waren  die  Haken  kleiner,  als 
bei  dieser  Art  und  glichen  mehr  denen  des  Cysticercus  cellu- 
losae, der  aber  weniger  Haken  (22—24)  besitzt. 

Leider  wird  gerade  durch  den  letzten  Hinweis  auch  dieser 
Fall  zweifelhaft ; man  muß  zugeben,  daß  der  vorliegende  Cysticercus 
durch  seine  Größe  und  durch  die  Zahl  der  Haken  an  Cysticercus 
tenuicollis  erinnert  und  wenn  auch  letzterer  gewöhnlich  im  Abdomen 
sitzt,  so  haben  wir  doch  auch  Angaben  über  sein  Vorkommen  in  der 
Muskulatur  der  Schlachttiere,  wo  er  kaum  jemals  die  Größe  erreichen 
wird,  wie  in  der  Leibeshöhle;  der  Cyst.  ovis  Cobb.  aus  der  Muskulatur 
der  Schafe  ist  nach  J.  Chatin  nur  ein  kleiner  Cysticercus 
tenuicollis,  der  sich,  wie  festgestellt  wurde,  in  Hunden  zu  T a e n i a 
marginata  entwickelt,  aber  im  Menschen  sich  nicht  ansiedelt,  was 
Chatin  an  sich  selbst  probierte.  Der  Sitz  am  Musculus  pectoralis 
würde  also  nicht  gegen  die  Annahme,  daß  Wyman  Cysticercus 
tenuicollis  beim  Menschen  beobachtet  hat,  sprechen. 

Die  Zahl  der  Haken  anlangend,  so  müssen  wir  berücksichtigen, 
daß  in  dem  vorliegenden  Falle  dieselbe  nicht  direkt  beobachtet, 
sondern  nur  erschlossen  ist.  Nun  unterliegt  aber  die  Zahl  der  Haken 
sowohl  bei  Cysticercus  cellulosae  wie  bei  Cysticercus 
tenuicollis  nicht  unbeträchtlichen  Schwankungen;  nach  sorgfältigen 
Zählungen,  die  Schwarz  (4)  vor  kurzem  an  1000  Cyst.  cellu- 
losae des  Schweines  ausgeführt  hat,  schwankt  hier  die  Zahl  zwischen 


Helmintliologische  Notizen. 


411 


20  (bei  2,8  Proz.  der  Cysticerken)  und  31  (bei  0,1  Proz.);  am 
häufigsten  sind  24  Haken  (23,9  Proz.)  und  26  Haken  (20,5  Proz.). 
Bei  Cysticercus  tenuicollis,  von  dem  500  Exemplare,  von 
Schweinen  und  500  Exemplare  von  Schafen  stammend,  in  Bezug  auf 
Hakenzahl  untersucht  wurden , liegen  die  Grenzen  zwischen  25 
(0,4  Proz.)  und  44  (0,2  Proz.),  die  Mittelzahlen  sind  30  (24,1  Proz.), 
32  (28,4  Proz.)  und  34  Haken  (16,6  Proz.);  demnach  kann  also  die 
Hakenzahl  allein  nicht  die  Diagnose  sichern. 

Die  Größe  (über  19  mm)  und  die  Gestalt  spricht  in  dem  vor- 
liegenden Falle  allerdings  sehr  für  Cysticercus  tenuicollis, 
denn  Cysticercus  cellulosae  ist  meist  länglich  und  bedeutend 
kleiner  (6—12  mm  lang),  aber  nach  Neumann  (5)  soll  die  Schweine- 
finne bis  20  mm  lang  werden  können. 

Recht  schwierig  dürfte  es  auch  sein,  allein  aus  der  Form  der 
Haken  die  Differentialdiagnose  zu  stellen,  denn  auch  die  Masse 
der  Haken  schwanken  etwas;  im  allgemeinen  sind  die  Haken  des 
Cysticercus  cellulosae  kleiner  und  plumper;  besondere  Unter- 
schiede scheinen  in  den  kleinen  Haken  gegeben  zu  sein:  die  von 
Cysticercus  cellulosae  sind  in  ihrem  Hakenteil  mehr  gestreckt, 
die  des  Cysticercus  tenuicollis  stark  gekrümmt  (man  vergl.  die 
Abb.  beiLeuckart,  Tier.  Paras.  d.  Menschen.  II.  Aufl.  Bd.  I.  p.  661 
u.  p.  714).  Nun  gerade  in  Bezug  auf  die  Form  der  Haken  erfahren 
wir  durch  Wyman,  daß  sie  kleiner  waren,  als  man  sie  gewöhnlich 
bei  Cysticercus  tenuicollis  findet  und  daß  sie  denen  von 
Cysticercus  cellulosae  glichen. 

Mindestens  mit  demselben  Recht,  mit  dem  man  behaupten  kann, 
es  habe  Wyman  ein  Cysticercus  tenuicollis  Vorgelegen, 
kann  man  auch  sagen,  die  betreffende  Finne  sei  ein  abnorm  großer 
kugliger  Cysticercus  cellulosae  gewesen,  der  eine  abnorm 
hohe  Hakenzahl  besessen  hat. 

Wie  viele  andere,  so  lehrt  auch  dieser  Fall,  wie  notwendig 
eine  genauere  Beschreibung,  eine  bessere  Ausbeutung  desselben 
gewesen  wäre. 

Der  Cysticercus  acanthotrias  ist  bekanntlich  von  Wein- 
land zuerst  beschrieben  worden;  er  stimmt  in  Größe  und  Aussehen 
mit  dem  Cysticercus  cellulosae  des  Menschen  überein  und  ist 
auch  als  solcher  von  seinem  Entdecker  Wyman  angesehen  worden. 
Von  allen  bisher  bekannten  Cysticerken  unterscheidet  er  sich  aber 
durch  den  Besitz  eines  dreifachen  Hakenkranzes,  im  ganzen 
42 — 48  Haken;  da  nun  auch  die  Haken  selbst  in  Gestalt  und  Größe 
sich  von  denen  des  Cy s tice rcus  cellulosae  unterscheiden,  so 
hat  man  Grund  genug,  eine  besondere  Art  aufzustellen.  Die  zuge- 
hörige Tänie  ist  unbekannt,  doch  fühlt  man  sich  — schreibt  Leuckart 
(1.  c.  p.  713)  — mit  Rücksicht  auf  die  Aehnlichkeit  mit  der  gewöhn- 
lichen Muskelfinne  zu  der  Annahme  geneigt,  daß  dieselbe  (die  Tänie) 
den  menschlichen  Darm  bewohne  und  der  Taenia  solium  nicht 
fern  stehe;  natürlich  müßte  die  Finne  normalerweise  bei  Tieren,  und 
zwar  da  es  sich  um  einen  Cysticercus  handelt,  bei  Säugetieren 
Vorkommen. 

In  der  Litteratur  finden  sich  noch  zwei,  von  den  meisten  nicht 


412 


M.  Braun,  Helminthologische  Notizen. 


gekannte  Beobachtungen  eines  Cysticercus  mit  3 Hakenreihen 
beim  Menschen;  der  eine  stammt  von  X.  Delore  (7)  und  ist  sicher1): 
einer  Seidenarbeiterin  (in  Lyon)  wurde  aus  dem  M.  biceps  des  Ober- 
armes ein  nußgroßer  Cysti cer cus  exstirpiert,  denBertolus,  wie 
es  scheint,  schon  als  Präparat,  zur  Untersuchung  bekam;  leider  war, 
so  schreibt  Bertolus  (ibidem)  war  die  Präparation  nicht  ganz  ge- 
lungen, indessen  scheint  die  Anwesenheit  von  drei  verschiedenen 
Hakensorten  und  die  vollkommene  Uebereinstimmung  der  Masse  jedes 
dieser  Organe  mit  den  von  Weinland  und  Leuckart  für 
Cysticercus  acanthotrias  gegegenen  Zahlen  sicher  dafür  zu 
sprechen,  daß  auch  hier  diese  seltene  Species  vorlag.  DaBertolus 
ein  zuverlässiger  Beobachter  war,  so  ist  an  der  Richtigkeit  seiner 
Angaben  nicht  zu  zweifeln. 

Der  andere  Fall  ist  von  Cobbold  (8)  kurz  erwähnt;  es  handelt 
sich  um  einen  in  Dallinger’s  Sammlung  befindlichen  Cysticercus 
aus  dem  Hirne  eines  Menschen,  der  ebenfalls  drei  verschiedene 
Hakensorten  besaß  und  wohl  als  Cysticercus  acanthotrias 
zu  bezeichnen  ist. 

Endlich  ist  ein  vierter  Fall  von  R e d o n (9)  publiziert,  der  unter 
hundert  vom  Menschen  stammenden  Cysticercus  cellulosae, 
deren  Hakenzahl  zwischen  28  und  32  schwankte,  einen  fand,  bei 
dem  er  41 2 ) ganz  regelmäßig  in  drei  Reihen  angeordnete  Haken 
zählte. 

Es  erhebt  sich  zunächst  die  Frage,  ob  diese  vier  Fälle  einander 
gleichwertig  sind;  die  einzige  Differenz,  die  man  nahmhaft  machen 
könnte,  besteht  darin,  daß  Weinland  und  Leuckart  bei  allen 
von  ihnen  untersuchten  Exemplaren  des  amerikanischen  Cysticercus 
acanthotrias  die  drei  Hakenreihen  fanden,  während  bei  Delore 
und  Cobbold  überhaupt  nur  ein  Cysticercus  vorlag  und  bei 
Redon  unter  circa  100  Cysticercus  cellulosae  einer  mit 
drei  Hakenreihen  beobachtet  wurde.  Aber  ich  glaube  nicht,  daß 
man  hierauf  sehr  viel  Gewicht  legen  darf;  betont  doch  z.  B,  Leuckart 
(Thier.  Paras.  d.  Menschen.  II.  Aufl.  Bd.  I.  p.  662),  daß  an- 
scheinend die  gleichzeitig  nebeneinander  sich  entwickelnden  Schwein- 
finnen bald  28,  bald  32  Haken  besitzen;  auch  beschrieb  vor  kurzem 
Goltz  (10)  einen  Fall,  wo  alle  (25)  in  einem  Schweine  gefundenen 
Finnen  (Cysticercus  cellulosae)  keine  oder  nur  rudimentäre 
Haken  besaßen  und  ein  schwarz  pigmentiertes  Rosteilum  aufwiesen. 
In  anderen  Fällen  wiederum  treten  derartige  Abnormitäten  nur  ganz 
isoliert  auf.  Jedenfalls  braucht  die  oben  angegebene  Differenz  nicht 
gegen  eine  Identifizierung  der  vier  Fälle  zu  sprechen. 

Gleichviel  aber,  ob  man  dies  annimmt  oder  nicht,  so  bleiben 
Cysticerken  mit  drei  Hakenreihen  äußerste  Seltenheiten,  die  schon 
deswegen  den  Verdacht  erregen,  Abnormitäten  und  nicht  selbständige 
Arten  resp.  eine  solche  zu  sein.  Die  zugehörige  hypothetische 


1)  Herr  Prof.  R.  Blanchard  in  Paris  war  so  liebenswürdig,  mir  ein  Excerpt 
des  Artikels  zu  senden. 

2)  Die  Zahl  41  ist  auffallend,  scheint  mir  aber  nicht  gegen  die  Sicherheit  des 
Falles  zu  sprechen,  da  entweder  ein  Schreib-,  Druck-  oder  Zäblfehler  vorliegen  oder 
ein  Baken  verloren  gegangen  sein  kann. 


Max  Kahane,  Ceber  das  Vorkommen  lebender  Parasiten  etc. 


413 


Taenia  acanthotrias  könnte  kein  kleiner  Bandwurm  sein,  sondern 
müßte  sich  anderen  großhakigen  Cystotänien  in  Form  und  Größe  an- 
schließen und  müßte  daher,  selbst  wenn  sie  selten  wäre,  in  Europa 
oder  in  Amerika  schon  gefunden  sein;  es  ist  nicht  anzunehmen,  daß 
eine  solche  Art,  wenigstens  den  Beobachtern  in  Frankreich  und 
England,  entgangen  sei.  Daher  erscheint  es  mir  so  gut  wie  sicher, 
daß  in  Cysticercus  acanthotrias  keine  besondere  Art,  sondern 
nur  eine  interessante  Abnormität  des  Cysticercus  cellulosae 
zu  sehen  ist,  eine  Ansicht,  die  vor  mir  schon  andere  Autoren  (z.  B. 
Kedon,  Blanchard,  Railliet)  ausgesprochen  haben. 

Litteratnr. 

1)  Eschricht,  D.  F.,  Afhandling  om  de  Hydatider  der  fremkalde  den  i Island 
endemiske  Leversyge.  (Overs.  K.  Dansk.  Selsk.  Forhdlg.  1853.  p.  211 — 238.) 

2)  Krabbe,  H.,  Helminthologiske  Undersogelser  in  Danmark  og  paa  Island.  (Vidensk. 
Selsk.  Skrf.,  5 R.  naturv.  og  math.  Afd.  Bd.  VII.  1865.  p.  347 — 408.  7 Taf.  — 
Rech.  beim,  en  Dänemark  et  en  Islande.  Copenh.  1866.  p.  43.) 

3)  H o d g e s , Cysticercus  tenuicollis  in  the  human  body.  (The  Boston  med.  and 
surg.  Journ.  Vol.  LXXV.  No.  9.  27.  Sept.  1866.  p.  185 — 186.) 

4)  Schwarz,  Zur  Unterscheidung  des  Cysticercus  cellulosae  von  dem  Cysticercus 

tenuicollis.  (Zeitscbr.  für  Fleisch-  und  Milchhygiene.  Jahrg.  III.  1892/93.  Heft  5. 

p.  89—93.  Mit  Abb.) 

5)  Neumann,  L.  G.,  Traitd  des  maladies  parasitaires  non  microbiennes  des  ani- 
maux  domestiques.  IIe  ddit.  Paris  1892.  p.  646. 

6)  Weinland,  An  essay  on  the  tapeworms  of  man.  Cambr.  1858.  p.  64.  — Beschrei- 
bung zweier  neuer  Tänioiden  des  Menschen.  (Nov.  Act.  d.  k.  Leop.-  Carol. 
Akad.  d.  Naturf.  Bd.  XXVIH.  3 Taf.) 

7)  Delore,  X.,  Cysticercus  acanthotrias  observ6  chez  une  jeune  fälle.  (Compt.  rend. 
soc.  de  scienc.  med.  de  Lyon.  T.  II.  1863.  p.  203.) 

8)  C o b b o 1 d , T.  S p.,  On  a rare  and  remarkable  parasite  from  the  Collection  of 

the  Rev.  W.  Dallinger.  (Rep.  40  meet.  British  assoc.  adv.  of  scienc.  1870/71. 

Not.  p.  135.) 

9)  Redon,  Experiences  sur  le  döveloppement  rubanaire  des  Cysticerque  de  l’homme. 
(Compt.  rend.  Ac.  sc.  Paris.  T.  LXXXV.  1877.  p.  675 — 678.  — Gaz.  med.  de  Paris. 
48e  Ann.  1877.  p.  519.  — Ann.  d.  sc.  nat.  6 ser.  T.  VI.  1877.  Art.  No.  4.  — 
Arch.  vdter.  publ.  ä l’ecole  d’Alfort.  T.  II.  1877.  p.  910 — 912.) 

10)  Goltz,  Ueber  Schwarzfärbung  des  Rostellum  und  Fehlen  des  Hakenkranzes  bei 
Cysticercus  cellulosae.  (Zeitschr.  f.  Fleisch-  u.  Milchhyg.  Jahrg.  IV.  1893/94- 
p.  65  — 67.  Mit  Abb.) 

Königsberg,  12.  Februar  1894. 


Ueber  das  Vorkommen  lebender  Parasiten  im  Blute 
und  in  Geschwulstzellen  bei  Carcinomatösen. 

[Aus  der  II.  chirurgischen  Abteilung  (Prof.  v.  Mosetig-Moorhof) 
des  Wiener  allgemeinen  Krankenhauses.] 

Vorläufige  Mitteilung 

von 

Dr.  Max  Kahane. 

Auf  dem  dunklen  und  an  Schwierigkeiten  so  überreichen  Ge- 
biete der  Pathologie  giebt  es  wohl  kaum  noch  eine  Frage,  in  welcher 


414 


Max  Kahane 


die  Ansichten  so  schroff  und  unvermittelt  einander  gegenüberstehen, 
als  dies  bei  der  Pathogenese  des  Carcinoms  der  Fall  ist.  Trotz  der 
geradezu  lavinenartig  angewachsenen  Litteratur  ist  es  hier  noch  nicht 
gelungen,  eine  Klärung  der  Anschauungen  zu  erzielen.  Die  Ursache 
liegt  wohl  darin,  daß  statt  der  strengsten  Objektivität,  die  hier  be- 
sonders am  Platze  wäre,  vorgefaßte  Meinungen  noch  allzusehr  das 
Feld  beherrschen. 

Während  einerseits  die  Gegner  der  Lehre  vom  parasitären  Ur- 
sprünge der  Carcinome  — und  man  findet  darunter  eine  Reihe  der 
gewichtigsten  Namen  — von  vornherein  erklären,  daß  für  diese  ätio- 
logische Auffassung  absolut  kein  Bedürfnis  vorhanden  sei  und  dem- 
gemäß die  Parasitenfunde  als  irrtümliche  Deutung  zelliger  Degenerations- 
produkte hinstellen  und  von  beklagenswerten  Verirrungen  sprechen, 
sind  die  Anhänger  der  Parasitentheorie  in  das  entgegengesetzte  Ex- 
trem verfallen  und  stellen  — ohne  den  strikten  Beweis  für  ihre  Be- 
funde derzeit  erbringen  zu  können  — auf  Grund  eben  dieser  um- 
fassende ätiologische  Theorieen  über  die  Pathogenese  des  Carcinoms 
auf,  wobei  einzelne  Forscher  Auffassungen  vertreten,  die  im  völligen 
Widerspruche  zu  allen  Errungenschaften  stehen,  welche  in  der  Patho- 
logie der  Neoplasmen  als  gesicherter  Besitz  erscheinen.  Die 
schwankende  und  unsichere  Grundlage,  auf  welcher  gerade  die  ex- 
tremsten Theorieen  dieser  Art  beruhen,  machen  es  den  Gegnern  dieser 
Lehren  leicht,  die  völlige  Haltlosigkeit  derselben  in  überzeugendster 
Weise  darzulegen.  Bei  diesen  Verhältnissen  ist  es  nur  zu  begreiflich, 
daß  trotz  aller  aufgewendeten  Mühe  und  Arbeit  ein  wirklicher  Fort- 
schritt nicht  erzielt  werden  konnte.  Schwer  ins  Gewicht  fällt  hier 
auch  die  zum  Nachweise  der  Parasiten  angewendete  Methodik.  Die 
meisten  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  wurden  an  gehärteten  und  ge- 
färbten Präparaten  durchgeführt.  Auf  diesem  Wege  wird  es  aber 
nie  und  nimmer  gelingen,  den  überzeugenden  Nachweis  der  parasitären 
Natur,  all  der  zahllosen,  als  Sporozoen  beschriebenen  Gebilde  zu  er- 
bringen. Die  pathologische  Sporozoenforschung  befindet  sich  eben 
noch  in  den  ersten  Anfängen  und  verfügt  noch  nicht  über  die  exakten 
und  beweiskräftigen  Methoden,  die  der  Bakteriologie  zur  Verfügung 
stehen.  Während  bei  den  Spaltpilzen  die  Ergrüudung  ihrer  biologischen 
Eigenschaften,  der  Nachweis  der  lebenden  Parasiten  mit  vollem 
Rechte  im  Vordergründe  steht,  will  man  sich  auf  dem  Gebiete  der 
Sporozoenforschung  mit  dem  sehr  prekären  morphologischen  Nach- 
weise begnügen,  wobei  man  außer  acht  läßt,  daß  die  Protozoen  den 
Körperzellen  resp.  ihren  Degenerationsprodukten  morphologisch  viel 
ähnlicher  sind,  als  etwa  die  in  dieser  Richtung  scharf  charakteri- 
sierten Spaltpilze.  An  dieser  Klippe  sind  bis  jetzt  noch  sämtliche 
Arbeiten,  von  denen  die  meisten  mit  unendlichem  Fleiße  ausgeführt 
wurden,  gescheitert.  Keine  unter  ihnen  konnte  sich  die  entsprechende 
Geltung  auf  ätiologischem  Gebiete  verschaffen. 

Es  ergiebt  sich  daraus  mit  voller  Klarheit,  daß  der  bisher  ein- 
geschlagene Weg  nicht  zum  Ziele  führen  kann.  Es  ist  hier  das 
erste  und  wichtigste  Postulat,  die  Parasiten  womög- 
lich im  lebenden  Zustande  nachzuweisen.  Zu  diesem 
Zwecke  ist  es  unerläßlich,  daß  frisch  dem  Körper  entnommene 


Ueber  das  Vorkommen  lebender  Parasiten  etc. 


415 


Flüssigkeiten  und  Gewebsstückchen  überlebend  erhalten  und  sofort 
der  Untersuchung  zugeführt  werden.  Da  für  die  Sporozoen  die 
Kulturmethoden,  welche  in  so  vollkommener  Weise  für  die  Spaltpilze 
bereits  ausgebildet  sind,  noch  fehlen,  so  muß  man  sich  bei  ihnen  mit 
einem  Kriterium  begnügen,  welches  als  Zeichen  des  Lebens  betrach- 
tet werden  kann,  nämlich  mit  dem  Nachweise  selbständi- 
ger und  eigenartiger  Bewegungserschein  ungen  ihres 
Protoplasmas.  Solange  dieser  Nachweis  nicht  überzeugend  er- 
bracht werden  kann,  solange  ist  auch  kein  weiterer  Beweis  ätiolo- 
gischer Natur  zu  erbringen.  Die  erste  Aufgabe  der  Forschung  ist 
es,  nachzuweisen,  daß  beim  Carcinom  überhaupt  lebende  Parasiten 
vorhanden  sind,  erst  wenn  dieser  Beweis  erbracht  ist,  kann 
daran  gegangen  werden,  die  ätiologische  Bedeutung  derartiger 
Befunde  zu  erörtern.  Diese  letzteren  Untersuchungen  können  nur 
auf  Grund  ausgedehntester  Beobachtungen  durchgeführt  werden  und 
erfordern  Leistungen,  die  vielleicht  die  Arbeitskraft  des  einzelnen 
Forschers  weit  übersteigen.  Wer  auf  Grund  einiger  weniger,  mit  den 
bisherigen  Methoden  untersuchter  Fälle  daran  geht,  die  Aetiologie 
des  Carcinoms  ergründen  zu  wollen,  wird  nie  zum  Ziele  gelangen 
können.  Die  ganze  Frage  ist  viel  zu  schwierig  und  kompliziert,  als 
daß  oberflächliche  Beobachtungen  etwas  anderes  als  Verwirrung  in 
sie  hineinbringeu  können. 

Wenn  wir  nun  daran  gehen,  über  eigene  Untersuchungen  auf 
diesem  so  überaus  rätselvollen  Gebiete  zu  berichten,  so  geschieht 
dies  nur  deshalb,  weil  einige  mit  möglichster  Berücksichtigung  der 
vorhin  erwähnten  Grundsätze  erhobene  Befunde  geeignet  sind , die 
Aufmerksamkeit  auf  ein  Gebiet  zu  lenken,  das  bisher  noch  nicht  im 
Vordergründe  der  Untersuchungen  stand. 

Es  sei  gleich  hervorgehoben,  daß  an  diese  Untersuchungen  mit 
völliger  Unbefangenheit  und  Vermeidung  jeglicher  Voreingenommen- 
heit im  ätiologischen  Sinne  herangegangen  wurde;  nur  so  ließ  sich 
die  Gewinnung  verwertbarer  Thatsachen  erwarten.  Mit  gleichem 
Nachdrucke  sei  auch  bemerkt,  daß  die  Zahl  der  Untersuchungen  eine 
noch  viel  zu  geringe  ist,  als  daß  nur  im  entferntesten  daran  gedacht 
werden  könnte,  Schlüsse  entscheidender  Art  daraus  zu  ziehen.  Es 
wurde  dabei  die  Methode  befolgt,  die  aus  dem  Körper  entnommenen 
Gewebsstückchen  sofort  in  sterilisierte,  physiologische  Kochsalzlösung 
zu  bringen  und  mit  der  gleichen  Raschheit  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung zu  unterziehen.  Bei  diesem  Vorgehen  ließ  es  sich  mit 
einiger  Berechtigung  erwarten,  eventuell  vorkommende  Parasiten 
lebend  nachzuweisen. 

Unsere  diesbezüglichen  Erwartungen  wurden  auch  in  sämt- 
lichen bisher  durchgeführten  Untersuchungen  nicht  enttäuscht. 

Zunächst  gelang  es,  im  Blute  dieser  Gewebsstückchen  kleine, 
mit  äußerst  lebhafter  Eigen bewe gun g ausgestattete 
Körperchen  nachzuweisen,  welche  eine  Be w egun gs form 
zeigten,  wie  sie  nur  durch  den  Besitz  von  eigenen 
motorischen  O r g an e n (G eiß el n u n d W i m p e rn)  erklärt 
werden  kann. 

Die  Bewegungen  dieser  glänzenden,  im  lebenden  Zustande  un- 


416 


Max  Kahane, 


regelmäßig  konturierten,  amöbiformen  Körperchen,  die  sich  als  außer- 
ordentlich lichtbrechend  erwiesen,  waren  teils  enorm  schnell  ausge- 
führte Rotationen,  teils  direkte  segelnde  Bewegungen,  durch  welche 
sie  rasch  aus  dem  Gesichtsfelde  entschwanden.  Diese  ganz  außer- 
ordentliche Beweglichkeit  war  noch  — und  darauf  sei  besonders  Ge- 
wicht gelegt  — zu  einer  Zeit  nachweisbar,  wo  die  zeitigen  Elemente 
des  Blutes  bereits  zu  vollständiger  Ruhe  gelangt  waren.  Diese 
kleinen  bewimperten  Körperchen  cirkulierten  teils  frei  im  Blute,  teils 
umschwärmten  sie  die  roten  Blutkörperchen. 

Besonders  bemerkenswert  erscheint  uns  der  Umstand,  daß  direkt 
unter  dem  Mikroskope  beobachtet  werden  konnte,  wie  die  kleinen 
Mikramöben  in  die  roten  Blutkörperchen  eindrangen  und  in  dem  weichen 
Plasma  derselben  noch  die  tanzende  Bewegung  eine  Zeit  lang  fortsetzten. 
Dabei  schien  es,  als  ob  das  früher  kleine,  stark  lichtbrechende 
Körperchen  sich  mit  einer  Hülle  umgehen  hätte  und  dann  größer, 
aber  viel  weniger  deutlich  erschien,  bis  schließlich  weitere  Bewegungs- 
erscheinungen nicht  mehr  nachweisbar  waren.  Beim  Anblick  der  ab- 
gestorbenen Körperchen  wird  es  vollkommen  klar,  auf  welche  Weise 
das  Vorhandensein  derselben  sich  der  Beobachtung  vollständig  ent- 
ziehen kann.  Es  nehmen  die  Gebilde  im  abgestorbenen  Zustande 
einen  rundlichen  Kontur  an  und  sehen  dann  den  Blutplättchen 
in  einer  Weise  ähnlich,  daß  eine  Unterscheidung  ein- 
fach unmöglich  ist.  Ebenso  konnten  wir  uns  überzeugen,  daß 
antiseptische  Stoffe,  besonders  aber  das  Jodoform,  eine  direkt  lähmende 
Wirkung  auf  die  beschriebenen  Gebilde  ausüben  und  auf  diese  Weise, 
durch  Entziehung  des  wichtigsten  Kriteriums,  der  deutlich  ausge- 
sprochenen Eigenbewegung,  dem  Nachweise  derselben  hinderlich,  ja 
ihn  gänzlich  zu  vereiteln  imstande  sind. 

Es  sei  gleich  hier  eine  Beobachtung  erwähnt,  die  gewiß  noch  der 
gründlichsten  Nachprüfung  bedarf,  aber  doch  eine  gewisse  Wahr- 
scheinlichkeit besitzt.  Wir  glauben  uns  nämlich  zur  Annahme  berech- 
tigt, daß  gerade  jene  Blutkörperchen,  in  welche  die  vor- 
hin beschriebenen  Gebilde  eingedrungen  sind,  jene 
eigentümliche  Form  der  körnigen  Nekrobiose  zeigen, 
vf  eiche  bereits  mehrfach  beim  Carcinom  konstatiert 
wurde,  während  die  freigebliebenen  Blutkörperchen  noch  längere 
Zeit  ihre  scheibenförmige  Gestalt  beibehalten,  ohne  jene  eigentüm- 
lichen Granula  (meist  sind  es  vier  oder  fünf)  in  ihrem  Plasma  her- 
vortreten zu  lassen.  So  wie  das  frei  im  Blute  sich  bewegende  Ge- 
bilde im  abgestorbenen  Zustande  einem  Blutplättchen  zum  Verwechseln 
ähnlich  ist,  so  kann  man  sich  auch  überzeugen,  daß  ein  im  roten 
Blutkörperchen  eingeschlossenes  Gebilde,  wenn  es  seiner  Eigenbewegung 
verlustig  würde,  sich  nicht  mehr  von  den  infolge  der  Nekrobiose  auf- 
getretenen Granulis  unterscheiden  ließe.  Daraus  läßt  sich  wohl  er- 
sehen, daß  beim  Fehlen  der  Bewegungserscheinungen  die  Gebilde  in 
ihrer  Eigenart  der  Diagnose  unzugänglich  werden.  Wenn  es  nicht 
gelingt,  das  Blut  eine  Zeit  lang  in  überlebendem  Zustande  zu  er- 
halten, so  ist  von  vornherein  ein  negativer  Befund  zu  erwarten. 

Das  Vorhandensein  dieser  eigenartigen,  an  Schwärmsporen 
erinnernden  Gebilde  ließ  den  Gedanken  aufsteigen,  ob  es  sich  nicht 


Ueber  das  Vorkommen  lebender  Parasiten  ete. 


417 


um  EntwickeluDgsformen  eines  Parasiten  handle,  der  mit  den  bei 
der  Febris  intermittens  nachgewiesenen  Lebewesen  einige  Aehnlich- 
keit  besitzt.  Es  handelte  sieb  also  darum,  nachzuforscben,  ob  Gebilde 
vorhanden  seien,  die  mit  den  bei  der  Malaria  beschriebenen  Plasmodien 
eine  Aehnlichkeit  besitzen. 

Es  gelang  nun  thatsächlich,  plasmodienartige  Gebilde  morpho- 
logisch mit  einer  an  Sicherheit  grenzenden  Wahrscheinlichkeit  im 
Blute  nachzuweisen.  Nachdem  es  aber  ein  für  allemal  im  Plane 
unserer  Arbeit  lag,  nur  biologische  Beweise  als  bindend  anzu- 
sehen, und  zwar  in  erster  Linie  charakteristische  Bewegungserscheinungen, 
so  konnte  der  morphologische  Nachweis  nicht  für  sich  allein  aner- 
kannt werden,  um  so  mehr,  als  es  uns  genau  bekannt  ist,  daß  gerade 
hier  die  gewaltigsten  Irrtümer  und  Täuschungen  nur  allzu  leicht  bei 
Außerachtlassung  der  nötigen  Vorsicht  Vorkommen  können.  Obwohl 
uns  nun  auch  bei  diesen  Plasmodien  mehrfach  der  direkte  Nachweis 
eigenartiger  amöbiformer  Bewegungsphänomene  gelungen  ist  und  die 
Beobachtungen  stets  unter  Kontrolle  stattfanden,  so  erscheinen  uns 
die  diesbezüglichen  Beobachtungen  noch  nicht  zahlreich  und  sicher 
genug,  um  bezüglich  der  Plasmodiennatur  dieser  Gebilde  etwas 
Sicheres  auszusprechen.  Es  machte  uns  den  Eindruck,  als  ob  gerade 
die  letzterwähnten  Formen  sehr  schnell  absterben  und  nur  bei  einzelnen 
Exemplaren  Bewegungsphänomene  durch  längere  Zeit  nachweisbar 
sind.  Solche  Phänomene  wurden  einmal  von  uns  in  überraschender 
Schönheit  beobachtet,  indem  in  deutlichster  Weise  gesehen  werden 
konnte,  daß  ein  derartiges  Plasmodium  mit  seinen  windmühlenflügel- 
artigen Fortsätzen  eine  benachbarte  Geschwulstzelle  gleichsam 
peitschte  und  in  steter  Unruhe  erhielt.  Die  Beobachtung  konnte 
lange  genug  fortgesetzt  werden,  um  eine  Täuschung  mit  nahezu  ab- 
soluter Gewißheit  auszuschließen.  Um  noch  weitere  Anhaltspunkte 
zu  gewinnen,  wurde  die  vitale  Methylenblaufärbung  (mit  Kochsalz- 
lösung nach  Rosin)  vorgenommen.  Es  zeigte  sich  dabei,  daß  die 
plasmodienartigen  Gebilde  sich  mit  Methylenblau  färbten  und  deutlich 
in  ihrem  Innern  stärker  blau  gefärbte  Gebilde  erkennen  ließen, 
ebenso  färbten  sich  auch  die  schwärmsporenartigen  Gebilde  deutlich 
und  intensiv  mit  dem  Farbstoffe.  All  die  angeführten  Kriterien,  so 
sehr  sie  auch  das  Vorhandensein  von  Plasmodien  wahrscheinlich 
machen,  genügen  uns  noch  nicht,  um  Sicheres  über  die  Natur  der 
Gebilde  auszusprechen.  Es  handelt  sich  um  Beobachtungen,  die  noch 
zahlreiche,  überaus  sorgfältige  Nachuntersuchungen  erfordern  und  bei 
denen  auch  jeder  Schein  einer  Täuschuug  ausgeschlossen  werden  muß. 

Trotz  aller  gebotenen  Reserve  konnten  wir  uns  des  Eindruckes 
nicht  erwehren,  die  Lebenserscheinungen  eines  Parasiten 
vorunszu  sehen,  welcher  mit  den  bei  der  Febris  inter- 
mittens beobachteten  Parasiten  morphologisch  und  bio- 
logisch eine  gewisse  Analogie  besitzt.  Weitere  eingehende  Beobach- 
tungen sollen  nun  lehren,  wie  weit  diese  Analogie  geht.  Neben  den 
Analogieen  zeigen  sich  aber  auch  deutliche  Unterschiede.  So  z.  B. 
gelang  es  uns  nicht,  Pigment  im  Blute  nachzuweisen,  ebenso  — worauf 
wir  besonderes  Gewicht  legen  — schienen  die  plasmodienartigen  Ge- 
bilde im  Blute  der  Carcinomatösen  viel  mehr  außerhalb  als  innerhalb 


418 


Max  Kahane,  Ueber  das  Vorkommen  lebender  Parasiten  etc. 


der  roten  Blutkörperchen  zu  liegen.  Doch  all  diese  Fragen  sind  noch 
lange  nicht  spruchreif. 

Zum  Schlüsse  seien  noch  die  in  den  Geschwulstzellen  selbst  bei 
Untersuchung  im  frischen  Zustande  nachgewiesenen  Einschlüsse  er- 
wähnt. Dieselben  erwiesen  sich  zum  Teil  als  ebensolche  kleine,  stark 
lichtbrechende,  teils  rundlich,  teils  unregelmäßig  geformte  Körperchen, 
an  denen  wiederholt  Erscheinungen  selbständiger  Bewegung  nach- 
gewiesen werden  konnten.  Doch  auch  hier  wollen  wir  noch  weit- 
reichenden Schlüssen  vorsichtig  aus  dem  Wege  gehen,  wenn  auch  sich 
der  Gedanke  gebieterisch  aufdrängte,  daß  die  in  den  Geschwulstzellen 
nachweisbaren  Einschlüsse  wenigstens  teilweise  identisch  sind  mit  den 
im  Blute  — außerhalb  und  innerhalb  der  roten  Blutkörperchen  — 
beobachteten  schwärmsporenartigen  Gebilden.  Auch  gaben  diese  Ein- 
schlüsse bei  der  Ros  in’ sehen  Methode  lebhafte  Färbung  mit  Me- 
thylenblau. 

So  viel  über  die  mikroskopischen  Befunde.  Obwohl  die  Zahl  der 
Beobachtungen  viel  zu  gering  ist,  Schlüsse  irgendwelcher  Art  daraus 
zu  ziehen,  so  seien  dieselben  wegen  der  Koustanz  der  Befunde  und 
wegen  des  Nachweises  charakteristischer  Bewegungserscheinungen 
wenigstens  vorläufig  mitgeteilt.  Zur  Ergänzung  sei  noch  hervor- 
gehoben, daß  die  Gewebsstückchen,  resp.  das  untersuchte  Blut  aus 
oberflächlich  sitzenden  Epitheliomen  (Gesicht,  Praeputium,  Cervix) 
stammten  und  wir  daher  stets  auch  die  Möglichkeit  — namentlich 
bei  den  letzterwähnten  Fällen  — ins  Auge  faßten,  daß  es  sich  an 
diesen  Orten,  welche  auch  im  gesunden  Zustande  der  Sitz  zahlreicher 
Parasiten  sind,  auch  um  rein  accidentelle  Befunde  handeln  könnte. 
Gegen  letztere  Auffassung  würde  allerdings  der  Umstand  sprechen, 
daß  es  uns  in  einem  Falle  von  Cervixcarcinom  gelang,  in  dem  der 
Fingerbeere  entnommenen  Blute  jene  mit  den  charakteristischen  Be- 
wegungsphänomenen ausgestatteten  Gebilde  nachzuweisen.  Ganz  der 
gleiche  Befund  ließ  sich  in  einem  Carcinome  der  Gallenblase  erheben1). 

Sollte  es  aber  andererseits  gelingen,  die  Realität  und  Konstanz 
der  von  uns  erhobenen  Befunde  nachzuweisen,  wozu  zahlreiche,  aus- 
gedehnte Nachprüfungen  unbedingt  notwendig  sind,  so  wäre  vielleicht 
darin  ein  Weg  gefunden,  auf  welchem  ein  Verständnis  der  Pathogenese 
des  Carcinoms  wenigstens  angebahnt  werden  könnte.  In  diesem  Falle 
würde  der  Nachweis  eines  dem  Malariaparasiten  analogen  Gebildes 
vielleicht  zur  Erklärung  der  Carcinomanämie,  des  erdfahlen 
Kolorites  u.  s.  w.  eher  herangezogen  werden  können,  als  die  hypo- 
thetischen Toxine.  Da  wir  durch  morphologische  Untersuchungen, 
die  neben  den  hier  vorläufig  mitgeteilten  Ergebnissen  den  Gegenstand 
einer  ausführlichen  Arbeit  bilden  sollen,  zur  Ansicht  gelangt  sind,  daß 
den  roten  Blutkörperchen  bei  der  Carcinomentwickelung  eine  größere 
Bedeutung  zukommt,  als  ihnen  bisher  zugeschrieben  wird,  daß  nament- 
lich in  jedem  Carcinome  lebhafte  Auswanderungs-  und  Zerstörungs- 
vorgänge der  Erythrocyten  (letzteres  namentlich  durch  Aufnahme  der 


1)  Zusatz  bei  der  Korrektur:  Weitere  Blutuntersuahungen  unter  streng 
aseptischen  Maßnahmen  zeigten  — wenn  auch  nicht  mit  absoluter  Konstanz  — prote- 
zoen-  und  plasmodienähnliche  Gebilde  im  cirkulierenden  Blute. 


W.  Kruse,  Eine  allgemein  anwendbare  Verbesserung  des  Plattenverfahrens.  419 


roten  Blutkörperchen  in  die  wuchernden  Epithelzellen,  welch  letztere 
zweifellos,  trotz  aller  vagen  Theorieen,  das  Wesentliche  des  Carcinoms 
ausinachen)  stattfinden,  so  hat  sich  uns  mehr  und  mehr  die  Ansicht 
aufgedrängt,  daß  dem  Blute  beim  Studium  der  Pathoge- 
nese des  Carcinoms  eine  überaus  große  Wichtigkeit 
zukommt  und  daß  von  hier  aus  noch  entscheidungs- 
schwere Ergebnisse  zu  erwarten  sind. 

Zum  Schlüsse  erübrigt  es  nur  noch,  meinem  hochverehrten  Lehrer, 
Herrn  Prof.  v.  Mos etig- Moor hof,  für  die  mir  nach  jeder  Rich- 
tung hin  gewährte  Unterstützung  meinen  tiefgefühltesten  und 
wärmsten  Dank  auszusprechen. 

Wien,  den  27.  Februar  1894. 


Eine  allgemein  anwendbare  Verbesserung  des  Platten- 
verfahrens. 

Von 

Dr.  W.  Kruse, 

Privatdozenten  für  Hygiene  und  Assistent  des  hygienischen  Instituts  in  Bonn. 

Jeder  Bakteriologe  kennt  den  Unterschied  zwischen  den  ober- 
flächlichen und  den  tiefliegenden  Kolonieen  der  Bakterien  auf  Gelatine- 
oder Agarplatten.  Die  ersteren  sind  meist  größer,  schneller  entwickelt, 
charakteristischer,  als  die  letzteren.  Es  liegt  das  einerseits  an  dem 
Sauerstoffbedürfnisse  der  Bakterien,  andererseits  an  dem  geringeren 
Wachstumswiderstande,  den  dieselben  an  der  Oberfläche  des  Nährbodens 
finden. 

Auf  den  Platten  bilden,  wenn  sie  nach  der  gewöhnlichen  Vor- 
schrift angefertigt  werden,  die  oberflächlichen  Kolonieen  eine  geringe 
Minderheit.  Die  große  Mehrzahl  der  Bakterienindividuen  bleibt  natur- 
gemäß in  der  Gelatine  eingeschlossen  und  entwickelt  sich  meist  nur 
langsam  zu  relativ  kleinen,  meist  wenig  charakteristischen,  oft  über- 
einandergelagerten und  deswegen  schwer  isolierbaren  Herden.  Dieser 
Umstand  hat  immer  wieder  die  Neigung  begünstigt,  statt  der  Platten 
in  Reagenzröhren  schräg  erstarrte  Nährböden  zu  benutzen,  auf  deren 
Oberfläche  man  das  zu  untersuchende  Material  einfach  ausstreicht. 
Wer  diese  Methode  angewandt  hat,  kennt  ihre  Nachteile.  Sie  beruhen 
hauptsächlich  darauf,  daß  mau  nicht  imstande  ist,  die  einzelnen  Ko- 
lonieen so  bequem  zu  diagnostizieren  und  so  leicht  zu  isolieren,  wie 
auf  der  Platte.  Neuerdings  hat  man  deswegen  begonnen  — die  Be- 
schäftigung mit  der  Cholera  scheint  dazu  der  Anlaß  gewesen  zu  sein 
— das  bakterienhaltige  Urmaterial  nicht  auf  schrägen  Flächen,  sondern 
auf  fertig  gegossenen  Platten  mit  Hilfe  der  Platinöse  auszubreiten 
(vgl.  Koch,  Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  XIV.  p.  331).  Der  Fortschritt  ist 
unleugbar,  aber  in  praxi  nicht  genügend.  Er  bedeutet  übrigens  nur 
ein  Zurückgehen  auf  eine  alte  Methode;  wie  man  weiß,  bestand  das 
erste  Koch’sche  Verfahren  der  Reinkultur  darin,  daß  man  mit  dem 
Platindrahte  Strichkulturen  auf  Gelatine  anlegte.  Viel  sicherer,  spar- 


420  W.  Kruse,  Eine  allgemein  anwendbare  Verbesserung  des  Plattenverfahrens. 


samer  und  zugleich  bequemer  ist  ein  Verfahren,  auf  das  ich  verfallen 
bin,  als  ich  mich  in  Breslau  mit  der  Frage  nach  dem  Nachweise  der 
Typhusbacillen  im  Wasser  beschäftigte.  Bekanntlich  sind  nur 
die  oberflächlichen  Kolonieen  dieser  letzteren  auf  Gelatine  besonders 
charakteristisch.  Es  handelte  sich  also  darum,  möglichst  alle  etwa  im 
Wasser  vorhandenen  Typhuskeime  auf  der  Oberfläche  der  Gelatine  zum 
Wachstum  zu  bringen.  Nach  einigen  vergeblichen  Versuchen,  das  zu 
untersuchende  Wasser  gleichmäßig  auf  der  Platte  zu  verteilen,  kam 
ich  darauf,  Pinsel  dazu  zu  benutzen.  Mit  Hilfe  derselben  kann  man 
die  ganze  Gelatinefläche  mit  einer  gleichmäßigen  und  doch  nicht  über- 
mäßigen Schicht  Wasser  benetzen.  Einige  der  üblichen  Platten  ge- 
nügen zur  Aufnahme  eines  Kubikcentimeters  Wasser.  Benutzt  man 
umfangreichere  Platten  (Doppelschalen),  so  ist  der  Vorteil  um  so 
bedeutender,  weil  man  mit  Leichtigkeit  größere  Wassermengen  ver- 
arbeiten kann. 

Man  könnte  wohl  von  vornherein  annehmen,  daß  die  rasch  wach- 
senden und  die  Gelatine  verflüssigenden  Saprophyten  des  Wassers 
die  etwa  vorhandenen  Typhusbacillen  unterdrücken  würden,  es  ist 
das  nicht  der  Fall,  die  Typhuskeime  entwickeln  sich  unter  den  ge- 
nannten Umständen  ebenfalls  außerordentlich  schnell,  schon  nach 
24  Stunden  Aufenthalt  bei  22 0 sind  ihre  Kolonieen  deutlich  als  solche 
zu  erkennen. 

Diese  Pinselmethode  habe  ich  weiterhin  in  Breslau  noch  für  den 
Nachweis  von  Diphtheriebacillen  und  hier  in  Bonn  für  den  der 
Influenzabacillen  und  Streptokokken  vielfach  erprobt;  sie 
ist  den  bisherigen  Verfahren  bei  weitem  überlegen.  Sehr  zweckdienlich 
sind  die  gewöhnlichen  Tuschpinsel,  von  denen  man  verschiedene  Größen 
benutzen  kann.  Dieselben  lassen  sich  mit  Leichtigkeit  im  Dampf- 
kochtopfe sterilisieren.  Die  richtige  Verteilung  der  Kolonieen  auf 
den  Platten  erzielt  man  entweder  dadurch,  daß  man  mehr  oder 
weniger  Material  mit  dem  Pinsel  aufnimmt  oder  dasselbe  vorher  mit 
sterilem  Wasser  oder  Bouillon  verdünnt.  Auch  bekommt  man  schon 
dadurch  beliebige  Verdünnungen,  daß  man  denselben  Pinsel  hinter- 
einander auf  verschiedene  Platten  ausstreicht.  Bei  der  Anfertigung 
der  Platten  kann  man  am  Nährboden  sparen,  indem  man  nur  ganz 
dünne  Schichten  ausgießt.  Beim  Ausgießen  der  Agarplatten  hat  man 
die  Vorsicht  zu  beachten,  daß  man  das  Auftreten  von  Kondenswasser 
beim  Erstarren  verhütet.  Je  nach  dem  Wassergehalte  des  Agars 
führen  verschiedene  Methoden  zum  Ziele.  Entweder  man  gießt  das 
am  Boden  des  Reagenzröhrchens  ausgepreßte  Wasser  vor  der  Ver- 
flüssigung des  Agars  weg,  oder  man  läßt  die  frisch  gegossenen  Platten 
eine  Zeit  lang  offen  stehen,  oder  man  entfernt  das  auf  dem  Deckel 
der  Doppelschale  auftretende  Kondenswasser,  sobald  es  sich  ge- 
bildet hat. 

Gleich  anwendbar  bleibt  mein  Verfahren,  wenn  bestimmt  modifizierte 
Nährböden  benutzt  werden  müssen.  Zur  Kultur  der  Influenza- 
bacillen trägt  man  auf  die  fertigen  Agarplatten  vor  der  Impfung 
ebenfalls  mit  Hilfe  eines  Pinsels  steril  aufgefangenes  Blut  (einer 
Taube,  eines  Menschen)  auf.  Zur  Erleichterung  der  Isolierung  von 
Diphtheriebacillen  wendet  man  statt  des  Agars  Loeffl er’sche 


G.  Wolffhügel,  Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 


421 


Serummischung  an,  die  man  in  Doppelschalen  erstarren  läßt.  Aehn- 
liches  dürfte  für  die  Züchtung  der  Gonokokken  gelten. 

Auch  auf  Anaeroben  läßt  sich  die  Methode  anwenden,  wenn  man 
die  Kultur  in  einer  Wasserstoffatmosphäre  vor  sich  gehen  läßt. 

Im  allgemeinen  möchte  ich  behaupten,  daß  das  bisherige  Platten- 
verfahren durch  meine  Modifikation  stets  und  mit  großem  Vorteil  er- 
setzt werden  kann.  In  gewissen  Fällen  ist  der  letztere  freilich  nicht 
so  groß,  wie  in  den  oben  angeführten,  z.  B.  gilt  für  die  Cholerabacillen 
der  Satz,  daß  dieselben  auch  in  der  Tiefe  der  Gelatine  ganz  cha- 
rakteristische Kolonieen  bilden  und  daher  auch  nach  der  gewöhn- 
lichen Methode  leicht  diagnostiziert  werden  können.  Bei  Anwendung 
von  Agarplatten  hat  aber  meine  Methode  auch  für  die  Cholera- 
diagnose Vorteile  voraus. 


Zur  Frage  der  Gelatinebereitung, 

Von 

Prof.  Dr.  G.  Wolffhügel. 

Herr  Timpe  versucht  in  einer  Erwiderung  vom  5.  Februar  d.  Js. 
(No.  10/11  dieser  Zeitschrift)  den  ihm  von  mir  gemachten  Vorwurf  *) 
zu  entkräften,  — mich  hat  er  dadurch  eines  besseren  nicht  belehrt. 
Ich  bleibe  dabei,  daß  Herr  Timpe  widerrechtlich  gehandelt  und 
eines  Vertrauensmißbrauches  damit  sich  schuldig  gemacht  hat,  daß 
er  in  dem  auf  die  Gelatinebereitung  bezüglichen  Teile  seiner  Abhand- 
lung die  mit  mir  erarbeiteten  Versuchsergebnisse  entgegen  der  Ver- 
einbarung für  seine  Person  als  geistiges  Eigentum  ausnützt ; ich  tadele 
es  nach  wie  vor,  daß  Herr  Timpe  nicht  wenigstens  den  Entstehungs- 
ort genannt  hat,  obwohl  er  zu  einer  bezüglichen  Angabe  sich  schon 
durch  den  in  Universitätsinstituten  bestehenden  Brauch  hätte  ver- 
pflichtet fühlen  müssen. 

Wenn  ich  die  Dissertation  als  Gegenstück  mit  in  Erörterung 
gezogen  habe,  so  ist  dies  in  der  Voraussicht  geschehen,  daß  Herr 
Timpe  unberechtigter  Weise  einen  Zusammenhang  mit  dieser  für  das 
Verfahren  der  Gelatinebereitung  in  Anspruch  zu  nehmen  sich  ver- 
messen würde.  Im  Jahre  1891  war  Herr  Timpe  nach  Ausweis 
unserer  Aufzeichnungen  in  den  Monaten  Mai,  Juni,  Juli  im  Institute 
thätig,  und  zwar  die  ersten  l*/8  Monate  als  Privatassistent  verwendet, 
die  übrige  Zeit  ausschließlich  mit  seiner  Doktorarbeit  beschäftigt. 
Für  letztere  hatte  derselbe  in  einer  Reihe  von  teilweise  noch  un- 
vollendeten Milchaschen-Analyseu  einiges  Material  aus  Leipzig  mitge- 
bracht, welches  er  (wie  uns  die  Dissertation  selbst  auf  S.  28  bekennt) 
ursprünglich  zu  einem  anderen  Zwecke  ermittelt  hatte.  Dieses  er- 
wies sich  bald  als  kaum  verwendbar  und  im  besten  Falle  nur  zur 
Staffage  geeignet,  was  mir,  ich  darf  gestehen,  nicht  unangenehm  war, 
weil  ich  selbstredend  mich  ungern  darauf  einlasse,  daß  Arbeiten,  die 

1)  Vergl.  Centralblatt  für  Bakteriologie  etc.  Bd.  XV.  1894.  No.  5/6. 

XV.  Bd.  27 


422 


G.  Wolffhügel, 


in  anderen  Instituten  angefangen  sind,  bei  uns  zu  Ende  geführt 
werden.  Herr  Timpe  bekam  zur  Doktorarbeit,  die  er  leider  erst 
später  im  Laboratorium  der  C.  Bolle’schen  Meierei  in  Berlin  zum 
Abschluß  bringen  konnte,  nicht  nur  das  Thema,  vielmehr  auch  Unter- 
stützung mit  Rat  und  That,  sowie  Beihilfe  bei  der  Redaktion,  wie 
dies  nachstehender  beglaubigter  Auszug  aus  dem  Briefwechsel  so  ganz 
im  Widerspruche  mit  der  vorliegenden  Erklärung  nachweist  '). 

1.  H.  Timpe  an  Prof.  Wolffhügel.  Berlin,  den  29.  August  1891. 

„Vor  allem  muß  ich  Sie  herzlich  um  Entschuldigung 

bitteu,  daß  ich  Ihnen  nicht  schon  früher  nochmals  meinen  Dank  für  all 
Ihre  Liebenswürdigkeit  gesagt  habe,  gedacht  habe  ich  aber  täglich  daran 
und  bedaure  immer  mehr,  daß  es  mir  nicht  vergönnt  war,  länger  unter 
Ihrer  Leitung  arbeiten  zu  dürfen.  Was  ich  in  der  kurzen  Zeit  gelernt 
habe,  bemerke  ich  erst  heute,  wo  ich  auf  mich  selbst  angewiesen 
bin.“  

2.  H.  Timpe  an  Prof.  Wolffhügel.  Berlin,  den  17.  Januar  1892. 

„Ich  erlaube  mir  ergebenst,  Ihnen  beifolgend  die  Arbeit 

zu  übersenden,  welche  mir  seit  zwei  Jahren  soviel  Schmerzen  verursacht 
hat.  Ich  bin  überzeugt,  daß,  wenn  ich  nicht  durch  Ihre  liebenswürdige 
Fürsorge  zu  diesem  Thema  gekommen  wäre,  die  Sache  wohl  noch  auf 
demselben  Fleck  stände,  wie  vor  einem  Jahre.  Ich  möchte  Ihnen  des- 
halb nochmals  meinen  herzlichsten  Dank  aussprechen.  Leider  hat  sich 
die  Beendigung  der  Arbeit  bis  jetzt  verzögert,  aber  doch  ohne  mein  Ver- 
schulden, denn  nachdem  ich  das  in  Göttingen  gesammelte  Material  zu 
verarbeiten  gedachte,  ergaben  sich  so  viele  dunkle  Punkte  und  Fragen, 
deren  Beantwortung  unerläßlich  war.“ 

„Es  ist  daher  mein  Wunsch,  daß  die  Arbeit  in  der  vor- 
liegenden Form  genügen  möge,  um  daraufhin  das  Examen  machen  zu 
können.  Ehe  ich  dieselbe  aber  in  die  Reinschrift  übertrage,  möchte 
ich  sie  gern  Ihrem  Urteil  unterbreitet  haben,  und  bitte  ich  Sie  daher 
herzlich,  falls  es  Ihre  Zeit  erlaubt,  dieselbe  auf  ihren  Wert  zu  prüfeu, 
damit  ich  eventuell  noch  AenderuDgen  treffen  kann.“ 

3.  H.  Timpe  an  Prof.  Wolffhügel.  Berlin,  den  5.  März  1892. 

„Für  Ihre  liebenswürdigen  Ratschläge,  sowie  die  Ueber- 

sendung  des  Heftes  sage  ich  Ihnen  meinen  herzlichsten  Dank,  und  hoffe 
ich,  daß  die  Arbeit  in  ihrer  neuen  Fassung  Ihren  Anforderungen  besser 
genügen  wird.  Die  Aenderungen  bezieheu  sich  auf  eine  bessere  An- 
ordnung des  Stoffes,  größere  Uebersichtlichkeit,  kleine  Zusätze  und  end- 
lich auch  eine  andere  Einleitung.“ 

Soviel  nur  aus  dem  Briefwechsel,  welcher  reichlich  Belege  dafür 
enthält,  daß  das  Gedächtnis  Herrn  Timpe  im  Stiche  läßt  und  daß 
dessen  hohes  Selbstbewußtsein  erst  neueren  Datums  ist. 

Die  Frage,  ob  nicht  das  Institut  als  Entstehungsort  der  Disser- 
tation hätte  mit  genannt  werden  sollen,  hatte  ich  einmal  hinterher, 
nach  Fertigstellen  des  Druckes,  Herrh  Timpe  gegenüber  zur  Sprache 
gebracht  und  daraufhin  das  Geständnis  erhalten,  daß  nichts  anderes 
als  Examensrücksichten  ihn  zur  ausschließlichen  Nennung  der  land- 


1)  Hat  uns  zur  Einsichtnahme  Vorgelegen.  Red. 


Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 


423 


wirtschaftlichen  Institute  zu  Göttingen  und  Leipzig  bestimmt  haben. 
Jetzt  will  es  mich  aber  bedünken,  daß  Herr  Timpe  unsere  Mit- 
wirkung verschwiegen  hat,  um  später  das  neue  Verfahren  der  Gelatine- 
bereitung um  so  leichter  für  sich  allein  als  geistiges  Eigentum  in 
Anspruch  nehmen  zu  können.  Da  ich  die  Doktorarbeit  im  Manuskript 
wiederholt  gelesen,  wußte  ich  wohl,  daß  Herr  Timpe  unser  Institut 
nicht  nennen  wollte,  — damit  wird  aber  auch  die  Unterstellung  hin- 
fällig, daß  ich  an  der  Aufnahme  in  das  Archiv  für  Hygiene  ein  per- 
sönliches Interesse  gehabt.  Allerdings  habe  ich  dazu  beigetragen, 
daß  diese  Abhandlung  von  einer  hygienischen  Zeitschrift  angenommen 
wurde,  jedoch  bin  ich  hierin  auf  besonderen  Wunsch  des  Herrn  Timpe 
vorgegangen,  welchem  (wie  uns  auch  der  Briefwechsel  mit  dem  Ver- 
leger vom  14./17.  Dezember  1892  nachweisen  kann)  für  die  Wahl 
der  Zeitschrift  die  Frage  maßgebend  war,  wo  man  am  billigsten  zum 
Druck  der  Dissertation  kommen  könnte. 

Herr  Timpe  versucht  sein  Vorgehen  hinsichtlich  Veröffentlichung 
von  Vorschlägen  für  die  Gelatinebereitung  mit  der  Behauptung  zu 
rechtfertigen,  daß  er  das  Verfahren  zur  Neutralisation  der  Nähr- 
gelatine zu  einer  Zeit  erdacht  habe,  wo  er  nicht  mit  mir  in  Bezie- 
hung stand.  Meines  Wissens  und  von  Zeugen  mir  bestätigt  ist  aber 
der  Grund  zu  dem  Verfahren  im  Sommer  1891  durch  einen  wieder- 
holten Meinungsaustausch1),  an  welchem  u.  a.  auch  der  Assistent 
des  Institutes,  Herr  Dr.  Reiche  nbach,  lebhaften  Anteil  genommen 
hat,  gelegt  worden,  — also  gerade  zu  der  Zeit,  welcher  Herr  Timpe 
in  dem  oben  unter  1 erwähnten  Briefe  gedenkt.  Aber  selbst  wenn 
Herr  Timpe  erst  später  (dies  müßte  denn  bei  C.  Bolle  in  Berlin 
oder  Dr.  Weigmann  in  Kiel  gewesen  sein)  auf  den  von  ihm  selbst 
als  naheliegend  anerkannten  Gedanken  gekommen  wäre  und  diesen 
beim  Wiedereintritt  im  Jahre  1892  mitgebracht  hätte,  so  folgt  hieraus 
nicht  die  Berechtigung,  das  Verfahren  der  Gelatinebereitung  als  das 
seinige  voll  in  Anspruch  zu  nehmen,  weil  doch  letzteres  unter  Mit- 
wirkung von  Anderen,  namentlich  auch  Herrn  Dr.  Reichenbach, 
bei  uns  erst  ausgearbeitet  und  durch  lange  Versuchsreihen  begründet 
worden  ist.  Uebrigens  muß  Herr  Timpe  beim  Niederschreiben 
seiner  Veröffentlichung  (Centralblatt.  Bd.  XIV.  1893.  No.  25)  doch 
selbst  das  Gefühl  gehabt  haben,  daß  er  nicht  zur  Mitteilung  des  bei 
uns  gebräuchlichen  und  unter  seiner  Mitwirkung  entstandenen  Ver- 
fahrens berechtigt  war,  — wie  sonst  wäre  er  zu  einer  anscheinend 
nur  am  Schreibtisch  entstandenen  Abänderung  (vergl.  meine  Be- 
merkung in  Fußnote  auf  p.  168.  No.  5/6)  gekommen?  Warum  ver- 
sucht Herr  Timpe  nicht  dem  Angriffe  damit  die  Spitze  abzubrechen, 
daß  er  verrät,  in  welchem  Laboratorium  (für  Milchwirtschaft  oder 
Lebensmittelkontrolle?)  von  ihm  die  neue  Nährgelatine  nach  unserer 
Methode  an  alten  Cholerakulturen  geprüft  worden  ist? 

Durch  vorstehende  Darstellung  des  Sachverhaltes  sind  im  wesent- 
lichen die  Behauptungen  des  Herrn  Timpe  an  der  Hand  von  un- 
widerleglichen Belegen  — zum  Teil  aus  seinen  eigenen  Briefen,  die 


1)  Besprechungen,  welche  Herrn  Timpe  auch  für  seine  Doktorarbeit  zu  statten 
gekommen  sind. 


27* 


424 


Thermogene  Bakterien. 


ich  schon  am  31.  Dezember  v.  J.  den  Herausgebern  dieser  Zeit- 
schrift zur  Einsichtnahme  vorgelegt  habe1)  und  gern  auch  Anderen 
vorzulegeu  bereit  bin,  — als  hinfällig  zurückgewiesen. 

Da  ich  die  Eigenart  des  Herrn  Timpe,  wenn  auch  leider 
später  als  Andere,  kennen  gelernt  habe,  darf  ich  es  seiner  Neigung 
zu  Mißtrauen  zu  gute  halten,  wenn  er  mir  die  Erlaubnis,  Versuche 
über  Fettbestimmung  als  seine  Privatarbeit  neben  den  von  mir  ge- 
stellten Arbeitsaufgaben  fortführen  zu  dürfen,  so  deutet,  als  hätte  ich 
damit  meinen  und  nicht  eben  seinen  Vorteil  im  Auge  gehabt.  Was 
aber  Herr  Timpe  mit  dem  Hinweis  darauf,  daß  es  anderen  Herren 
bei  mir  ähnlich  ergangen  sei,  sagen  will,  verstehe  ich  nicht.  Ich 
kann  darin  nur  eine  auf  Verleumdung  beruhende  Gegenbeschuldigung 
erblicken. 

Göttin  gen,  den  10.  März  1894. 


Referate. 


Cohn,  F.,  Ueber  thermogene  Bakterien.  (Ber.  d.  Deutsch. 

Bot.  Ges.  1893.  Generalversammluugsheft.  p.  66.) 

Bekanntlich  ist  für  die  Praxis  die  Frage  sehr  wichtig,  in  welcher 
Weise  die  Selbsterbitzung  und  sogar  Selbstentzündung  gewisser  Waren, 
wie  Malz,  Tabak,  Heu,  Baumwolle  etc.  vor  sich  geht.  Schon  früher 
wurde  die  Ansicht  ausgesprochen,  daß  die  Temperaturerhöhung  aus- 
schließlich von  der  Lebensthätigkeit  der  Bakterien  abhängig  sei. 
Verf.  kann  dies  durch  seine  Versuche  vollauf  bestätigen. 

An  trockener  sowie  feuchter  Baumwolle  ließ  sich  in  einem  eigens 
dazu  konstruierten  Kasten,  den  er  Thermophor  nennt,  keinerlei 
Temperaturerhöhung,  selbst  nach  längerer  Zeit,  nachweisen.  Ebenso 
waren  Versuche  mit  gefetteter  Baumwolle  völlig  ergebnislos,  obgleich 
in  der  Praxis  gerade  die  entgegengesetzte  Ansicht  herrscht. 

Waren  nun  die  bisherigen  Versuche  resultatlos,  so  gelang  es 
dagegen  leicht,  eine  bedeutende  Erhitzung  bei  Baumwollabfällen,  die 
nach  der  Reinigung  der  Wolle  durch  die  Maschine  Zurückbleiben, 
unter  vorhergehender  Befeuchtung  im  Thermophor  zu  beobachten. 
Die  Untersuchung  ergab  als  Erreger  der  Erhitzung  eine  Micrococcus- 
art,  die  Trimethylamin  bildet.  Da  bei  der  Fermentation  der 
Baumwolle  ein  lebhafter  Verbrauch  von  Sauerstoff  und  Erzeugung 
von  Kohlensäure  stattfindet,  und  zwar  proportional  mit  der  Erhöhung 
der  Temperatur,  so  ist  der  Schluß  berechtigt,  daß  der  ganze  Prozeß 
bedingt  ist  durch  die  Atmung  der  aeroben  Bakterien. 

Diese  Eigenschaft  der  Abfälle,  sich  angefeuchtet  zu  erhitzen,  ist 
bereits  praktisch  in  Verwendung  und  hierdurch  wurde  auch  Verf. 
zuerst  auf  die  Thatsache  aufmerksam  gemacht.  In  Augsburg  näm- 
lich werden  in  den  Gewächshäusern  lange  Kästen  mit  den  Abfällen 


1)  Wird  bestätigt.  Red. 


, Milchsäuregärung. 


425 


gefüllt  und  die  Blumentöpfe  hineingestellt.  Sobald  jetzt  die  Wolle 
besprengt  wird,  tritt  Erwärmung  ein,  welche  mehrere  Tage  langsam 
ansteigt,  um  dann  allmählich  zu  fallen.  Lindau  (Berlin). 

Timpe,  Hermann,  Ueber  die  Beziehungen  der  Phosphate 
und  des  Kaseins  zur  Milchsäuregärung.  (Archiv  für 
Hygiene.  Bd.  XVIII.  1893.  Heft  1.) 

Die  Beobachtung,  daß  Milchsäurebakterien  in  eiweißfreien  Zucker- 
lösungen nur  äußerst  geringe  Mengen  von  Milchsäure  zu  bilden  ver- 
mögen, während  in  der  Milch  nach  Rieh  et  (Compt.  rend.  T.  LXXXVI. 
1878)  bis  zu  1,6  Proz.,  nach  Hueppe  (Mitteil.  a.  d.  kais.  Ges.-A.  H. 
1884)  0,8  Proz.  Säure  gebildet  werden,  wurde  bislang  allgemein  dahin 
erklärt,  daß  Eiweiß  und  Phosphorsäure,  als  notwendige  Nahrungs- 
mittel, die  Mikroorganismen  zu  einer  um  so  kräftigeren  Ausübung 
ihrer  Funktionen  ermunterten,  je  mehr  von  den  genannten  Substanzen 
vorhanden  war. 

Kabrhel  (Allgem.  Wiener  med.  Ztg.  1889.  No.  52  u.  53)  hat 
zuerst  die  Vermutung  ausgesprochen,  daß  das  Kasein  bei  der  Milch- 
säuregärung als  Neutralisationsmittel  für  die  gebildete  Säure  diene, 
weil  derselbe  die  Beobachtung  gemacht  hatte,  daß  Mikroorganismen, 
die  in  salzsauerer  Lösung  von  bestimmter  Konzentration  vernichtet 
wurden,  weit  weniger  alteriert  wurden,  wenn  zugleich  Eiweißkörper 
zugegen  waren,  und  weil  außerdem  die  Thatsache  bekannt  ist,  daß 
Säure  bildende  Bakterien,  welche  bei  bestimmter  Konzentration  der 
von  ihnen  gebildeten  Stoffwechselprodukte  zu  Grunde  gehen,  bei  An- 
wesenheit genügender  Mengen  von  Substanz  ihre  Funktionen  stets 
weiter  auszuüben  vermögen,  solange  für  eine  geeignete  Neutralisation 
der  gebildeten  Säure  gesorgt  ist. 

Durch  Versuche  wurde  nun  in  der  vorliegenden  Arbeit  fest- 
gestellt, daß  in  reiner  Milchzuckerlösung  nur  0,04  Proz.  Milchsäure 
gebildet  werden,  während  bei  Gegenwart  von  Dinatriumphosphat 
genau  so  viel  Säure  gebildet  wird,  daß  in  der  Lösung  alles  Phosphat 
als  sauer  reagierendes  Monophosphat  und  ein  Ueberschuß  von 
0,04  Proz.  freier  Säure  vorhanden  ist.  Da  auf  Phenolphtaleiu  das 
Diphosphat  neutral,  das  Monophosphat  aber  sauer  reagiert,  so  wurde 
mit  Hilfe  dieses  Indikators  die  Zunahme  der  Acidität,  welche  der 
gebildeten  Säure  entspricht,  bestimmt. 

Ebenso  wurden  die  entsprechenden  Versuche  angestellt  mit  Milch- 
zuckerlösungen, welche  wechselnde  Mengen  chemisch  reines  Kasein 
enthielten.  Auch  hier  bildeten  die  Milchsäurebakterien  eine  be- 
stimmte Säuremenge,  welche  direkt  proportional  der  absoluten  Menge 
des  Kaseins,  nicht  aber  abhängig  war  von  der  prozentischen  Kase'in- 
menge. 

Durch  diese  Versuche  ist  festgestellt,  daß  100  Teile  Kasein 
8,42  Teile  Milchsäure  zu  binden  imstande  sind,  und  da  bereits  früher 
durch  Söldner  (Landw-  Versuchsstat.  XXXV.  1888)  gezeigt  war, 
daß  das  Kasein  sich  mit  der  der  genannten  Säuremenge  äquivalenten 
Menge  Alkali  (2,36  Teile  CaO  in  maximo)  chemisch  verbindet,  so  ist 
damit  die  Doppelnatur  des  Kaseins,  d.  h.  dessen  Fähigkeit  erwiesen, 
zugleich  als  Neutralisationsmittel  für  Säuren  und  Basen  zu  dienen. 


426 


Citronensäuregärung( 


Bei  der  Milchsäuregärung  dient  das  Kasein  ebenso  wie  die 
Diphosphate  als  Neutralisationsmittel  für  die  gebildete  Säure,  und 
geht  das  Wachstum  der  betreffenden  Mikroorganismen  nur  so  weit, 
bis  das  gesamte  Kasein  in  seiner  Verbindung  mit  Säure  und  die 
Phosphorsäure  als  Monophosphat  vorhanden  ist. 

Die  gleiche  Eigenschaft,  sich  mit  Säuren  chemisch  zu  verbinden 
und  so  als  Neutralisationsmittel  bei  der  Milchsäuregärung  zu  dienen, 
wurde  auch  für  das  Pepton  und  die  Leimsubstanz  erwiesen. 

Aus  diesen  Resultaten  ergiebt  sich  im  Verein  mit  dem  bereits 
früher  bekannten  chemischen  Verhalten  der  entsprechenden  Körper 
für  die  Milchsäuregärung  das  Folgende: 

Die  Acidität  der  frischen  Milch  (18—30  ccm  1/10  N.  auf  100), 
welche  zum  Teil  durch  Monophosphate,  zum  Teil  durch  das  Kasein 
bedingt  ist,  muß  bei  der  Milchsäuregärung,  entsprechend  dem  Gehalte 
an  Kasein  und  Phosphorsäure,  auf  rund  90  ccm  1/10  N.  ansteigen. 

Die  gebildete  Milchsäure,  welche  der  Differenz  aus  der  durch 
Titration,  unter  Anwendung  von  Phenolphtale'in  als  Indicator  be- 
stimmten End-  und  Anfangsacidität  entspricht,  ist  im  Mittel  gleich 
0,6  Proz.,  d.  h.  genau  so  viel,  als  auf  Grund  der  obigen  Angaben 
vorher  berechnet  werden  konnte. 

Wollte  man  aber  irrtümlich  anstatt  der  Zunahme  der  Acidität 
den  gesamten  Säuregrad  der  Milch,  d.  h.  90  ccm  x/lö  N.  auf  Milch- 
säure berechnen,  so  erhält  man  allerdings  die  von  Hueppe  an- 
gegebene Zahl  0,8  Proz. 

Im  Anschluß  hieran  wurde  noch  die  von  Rieh  et  zuerst  ge- 
machte und  von  Hueppe  bestätigte  Beobachtung,  wonach  in  ge- 
kochter Milch  bis  zu  0,3  Proz.  Säure  weniger  gebildet  werden,  als  in 
ungekochter,  dahin  erklärt,  daß  beim  Kochen  der  Milch  Tricalcium- 
phosphat  gefällt  wird,  wodurch  2/3  des  Kalkgehaltes  der  Milch,  d.  h. 
durchschnittlich  0,1  g CaO  als  Neutralisationsmittel  für  die  gebildete 
Säure  verloren  gehen.  Diese  0,1  g CaO  entsprechen  aber  0,32  g 
Milchsäure,  also  so  viel,  als  die  Genannten  angeben. 

Zum  Schlüsse  wird  noch  durch  eine  Reihe  von  Versuchen  ge- 
zeigt, daß  die  Dauer  bis  zur  Gerinnung  der  Milch  unter  sonst 
gleichen  Umständen  abhängig  ist  von  der  Menge  der  vorhandenen 
Neutralisationsmittel.  Timpe  (Göttingen). 

TFehmer,  C.,  UeberCitronensäuregärung.  (Sitzungsberichte 
der  KöDigl.  Preußischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin. 
Gesamtsitzung  v.  15.  Juni  1893.  p.  519 — 523.) 

Die  Mitteilung  giebt  in  kurzen  Zügen  das  Wesentliche  des  als 
Citronensäuregärung  bezeichneten  neuen  Gärungsprozesses,  welcher 
gleichwie  die  Oxalsäuregärung  durch  höhere  Pilze  (Eumyceten)  her- 
vorgerufen wird,  während  die  bis  zur  Zeit  bekannten  anderen  Säure- 
gärungen physiologische  Leistungen  von  Bakterien  sind.  Ver- 
lauf und  Intensität  auch  dieses  Vorganges  sind  wie  in  anderen 
bekannten  Fällen  wesentlich  abhängig  von  den  Bedingungen, 
denen  der  in  Betracht  kommende  Pilz  (zwei  bisher  nicht  beschriebene 
Hyphomycetenspecies,  die  der  neuen  Gattung  Citromyces  unter- 
stellt werden)  ausgesetzt  wird.  In  betreff'  der  weiteren  auf  die  Mor- 
phologie und  Physiologie  sich  beziehenden  Angaben  ist  auf  das 


Citronensäuregärung. 


427 


Original  und  das  Referat  der  späteren  ausführlichen  Arbeit  zu  ver- 
weisen. Wehm  er  (Hannover). 

Wehmer,  C.,  Beiträge  zurKenntnis  einheimischer  Pilze. 
I.  Zwei  neue  Schimmelpilze  als  Erreger  einer 
Citronensäuregärung.  Mit  2 Tafeln,  1 Holzschnitte  und 
1 Tabelle.  8°.  91  p.  Hannover  und  Leipzig  (Hahn’sche  Buch- 

handlung) 1893. 

Inhaltlich  gliedert  sich  vorliegende  wesentlich  experimentelle 
Arbeit  in  eine  Reihe  an  sich  ziemlich  selbständiger  Kapitel,  die  sich 
zu  einem  Teile  mit  der  Morphologie,  Entwickelungs- 
geschichte, Biologie  und  Systematik  der  beiden  neuen,  als 
Citromyces  Pfefferianus  und  C.  gl  ab  er  bezeichneten  Pilze, 
zum  anderen  Teile  mit  einer  physiologischen  Untersuchung  der  von 
ihnen  erregten  Citronensäuregärung  beschäftigen.  Ein  rein 
chemischer  Abschnitt  behandelt  die  Untersuchung  und  Identi- 
fizierung der  Säure  selbst;  die  am  Schlüsse  beigegebene  Ta- 
belle verzeichnet  die  bisher  beschriebenen  grünen  Schimmel- 
pilzarten (Penicillien  und  Aspergillen)  unter  Angabe  ihrer  auf  die 
Größenverhältnisse  sich  beziehenden  Merkmale,  soweit  solche  zur  Zeit 
näher  bekannt  sind. 

Zwei  Tafeln  dienen  zur  Erläuterung  des  eingehender  geschilderten 
Morphologischen  und  Kulturellen.  Aus  dem  Inhalte  selbst  kann  hier 
raumeshalber  nur  einzelnes  berührt  werden. 

Charakteristisch  für  die  zwei  neuen  Pilzspecies  ist  insonderheit 
einmal  die  Form  ihrer  Conidienträger  und  weiterhin  die 
Fähigkeit,  Zucker  in  Citronensäure  zu  verwandeln;  sie 
werden  dadurch  von  allen  anderen  bisher  bekannten  Arten  unter- 
schieden. Auf  geeignetem  Substrate  bilden  sie  dicht  verflochtene 
grüne  Decken  von  ganz  hervorragender  Wachstums-  und  Säuerungs- 
intensität, im  übrigen  sind  sie  aber  nur  mikroskopisch  von  denen 
anderer  grüner  Schimmelpilze  unterscheidbar. 

Die  Entwickelungsgeschichte  der  Art  liegt  noch  nicht 
ganz  klar,  obschon  eine  Zugehörigkeit  zu  den  Perisporiaceen  annehm- 
bar ist;  die  der  Conidienträger  stimmt  mit  der  der  Penicillium- 
arten  überein,  obschon  deren  fertige  Form  sich  der  der  Asp er gi  11  i 
anschließt,  so  daß  in  gewisser  Beziehung  eine  Mittelstellung  zwischen 
diesen  beiden  Gattungen  resultiert. 

Die  Pilze  besitzen  ein  ausgesprochenes  Sauerstoffbedürfnis, 
während  das  Licht  ohne  Einfluß  auf  die  Gesamtheit  der  Lebens- 
funktionen ist.  Sauerstoff  und  Wärme  beeinflussen  neben  der 
chemischen  Qualität  des  Substrates  auch  die  Säuregärung 
in  hohem  Maße,  so  daß  Eintreten  wie  Verlauf  im  speciellen  von  deren 
mehr  oder  weniger  reichlichem  Gegebensein  abhängig  sind. 

Bemerkenswert  erscheint  die  geringe  Empfindlichkeit  gegen  sich 
innerhalb  der  Nährlösung  ansammelnde  Citronensäure,  von  der  selbst 
noch  relativ  hohe  Konzentrationen  ertragen  werden,  obschon  Säuren 
anderer  Art  und  insbesondere  Mineralsäuren  bereits  in  geringer  Menge 
wachstumshemmend  wirken. 

Eine  ausführlichere  Erörterung  wird  der  Frage  zu  teil,  wie  die 
Bildung  der  Säure  zu  erklären  und  welche  Bedeutung  derselben 


428 


Citronensäuregärung.  — Allgemeines  über  Bakterien. 


für  den  Stoffwechsel  zukommt;  ihrer  chemischen  Konstitution 
nach  kann  sie  ein  direktes  Oxydationsprodukt  des  Zuckers  nicht 
sein.  Es  erscheint  nicht  ohne  Interesse,  daß  die  Eliminierung  der- 
selben aus  dem  Stoffwechsel  für  das  Wachstum  gleicbgiltig  ist  und 
ihre  Bildung  voraussichtlich  mit  dem  Stofifzerfall  im  Atmungs- 
prozeß zusammenhängt,  so  daß  ihr  Weiterzerfall  somit  zur  Kohlen- 
säureentbindung führt. 

Bei  der  reichlichen  Abspaltung  ist  der  ein  wurfsfreie  Beweis  für 
den  chemischen  Charakter  der  Säure  unschwer  zu  führen  und  wird 
einmal  durch  Analyse  des  Kalksalzes,  weiterhin  aber  durch 
Isolierung  der  freien  krystallisierten  Säure  und  deren 
Untersuchung  erbracht.  Der  Konzentrationsgrad  innerhalb  der 
wachsenden  Kulturen  wird  durch  Fällung  als  Kalksalz  sowie  Ti- 
trieren sicher  bestimmt. 

Das  neue  Verfahren  zur  Gewinnung  dieser  wertvollen  Säure  auf 
relativ  einfachem  Wege  wird,  beiläufig  bemerkt,  technisch  ausgenützt. 

W e h m e r (Hannover). 

Zinno,  A.,  Contributo  allo  Studio  dei  processi  biochi- 
mici  dei  batteri  con  speciale  riguardo  aila  diagnosi 
differenziale  fra  varii  microorganismi  simiglianti. 
(La  Rif.  med.  1893.  p.  218.) 

Fügt  man  zu  Kulturen  von  Bacterium  coli  in  2-proz.  Pepton- 
lösung einige  Tropfen  von  Natriumkarbonatlösung  uud  sodann  einige 
Tropfen  einer  frisch  bereiteten  Nitroprussidnatriumlösung  hinzu,  so 
färbt  sich  die  Bouillon  intensiv  rot.  Läßt  man  die  so  erhaltene 
Flüssigkeit  stehen,  so  geht  die  rote  Farbe  allmählich  in  gelbe  über. 
Bei  Zusatz  von  Essigsäure  tritt  eine  smaragdgrüne  Farbe  auf,  welche 
allmählich  in  blaue  übergeht  (Sal ko  w ski’sche  Reaktion  des  Kreati- 
nins). Bei  Ammoniakzusatz  bleibt  die  Reaktion  aus. 

Diese  Reaktion  gaben  sämtlich  Kulturen  von  Bacte- 
rium coli  verschiedener  Provenienz,  welche  dem  Verf.  zur 
Verfügung  standen,  während  sie  bei  Typhusbacillen  ganz 
a u s b 1 i e b.  Dieselbe  Reaktion  geben  auch  der  Choleravibrio  und 
der  Vibrio  Metchnikoff,  während  sie  bei  Deneke  und  Finkler- 
Prior  ausbleibt. 

Daß  es  sich  thatsächlich  um  Kreatinin  handelt,  wurde  nach  der 
von  Neubauer  angegebenen  Methode  durch  Darstellung  der  Krea- 
tininchlorzinkkrystalle  nachgewiesen. 

Es  scheint  daher  diese  Reaktion  wohl  verwendet  werden  zu 
können,  um  einzelne  ähnliche  Arten  von  einander  unterscheiden  zu 
können;  es  ist  jedoch  wünschenswert,  daß  dieselbe  noch  an  einer 
großen  Zahl  von  verschiedenen  Kulturen  geprüft  werde,  bevor  sie  zu 
einem  differential-diagnostischen  Merkmale  erhoben  wird. 

Kamen  (Czernowitz). 

Marchand,  Ueber  einen  noch  nicht  näher  bekannten 
Kapselbacillus.  (Sitzungsberichte  der  Gesellschaft  zur  Be- 
förderung der  gesamten  Naturwissenschaften  in  Marburg.  1893. 
No.  3.) 

Verf.  fand  denselben  in  großer  Menge  in  dem  Exsudat  einer 


Bakterien  im  Verdauungskanale.  — Pericarditis. 


429 


lobären  Pneumonie;  es  sind  Bacillen  von  sehr  verschiedener  Länge, 
teils  kurze,  kokkenähnliche  Formen,  teils  lange,  geschlängelte  Fäden, 
welche  sämtlich  durch  sehr  breite  Kapseln  ausgezeichnet  waren, 
während  der  eigentliche  sich  leicht  färbende  Bakterienkörper  im 
Innern  der  Fäden  geringe  Dicke  und  unregelmäßige  Gliederung 
zeigte.  Die  Kapselbacillen  ließen  sich  leicht  auf  den  gewöhnlichen 
Nährböden  kultivieren,  sowohl  bei  Zimmertemperatur  als  im  Brut- 
schränke; am  üppigsten  wuchsen  sie  bei  Blutwärme  auf  Agar.  Die 
Bacillen  waren  leicht  auf  Mäuse,  Meerschweinchen  und  Katzen, 
weniger  leicht  auf  Hunde  übertragbar;  sie  bringen  bei  diesen  Tieren 
erstens  lokal  entzündliche  Veränderungen,  sodann  aber  auch  Ent- 
zündungsprozesse in  entlegenen  Organen  und  allgemeine  Infektion 
hervor.  Bei  einem  Hunde  wurde  bei  der  intravenösen  Injektion  eine 
Meningitis  mit  äußerst  bacillenreichem  Exsudate  beobachtet,  bei  Katzen 
eine  Panophthalmitis  mit  reichlichen,  oft  zu  längeren  Fäden  ausge- 
wachsenen Bacillen  im  Innern  des  getrübten  Glaskörpers.  Die  Bacillen 
gehören  einer  größeren  Gruppe  von  Kapselbacillen  an,  von  denen 
bisher  der  Friedländer’sche  Pneumoniebacillus,  der  von 
Bordoni-Uffreduzzi  gefundene  Proteus  incapsulatus 
hominis,  der  von  Pa u Isen  beobachtete  schleimbildende  Kapsel- 
bacillus bei  atrophierender  Rhinitis  und  der  Bacillus 
capsulatus  mucosus  von  Fasching  beschrieben  sind.  Mit 
diesem  letzten  scheint  der  neue  Bacillus  am  meisten  Aehnlichkeit 
zu  haben.  Ausführliche  Mitteilung  wird  in  Aussicht  gestellt. 

Dieudonnö  (Berlin). 

Bappin,  Sur  les  microorganismes  des  voies  digestives 
(Conference  faite  ä l’Ecole  de  Medecine  le  20.  Mai  1893.) 

Uebersicht  über  das  morphologische  und  biologische  Verhalten 
der  in  dem  Verdauungskanale  aufgefundenen  Bakterien.  Unter  den 
Bakterien  der  Mundhöhle  erwähnt  Verf.  einen  Vibrio,  welchen  er 
wiederholt  bei  seinen  Untersuchungen  beobachtete.  Bezüglich  der 
Morphologie,  der  Größe  und  der  Beweglichkeit  hat  derselbe  viel 
Aehnlichkeit  mit  dem  Koch’ scheu  Choleravibrio. 

Dieudonn6  (Berlin). 

Oddo,  Pericardite  c omplication  de  colique  h6patique. 
(Revue  de  mödecine.  1893.  September.  Nr.  9.) 

Als  Folge  von  Gallensteinkoliken  kommen  infolge  Infektion  von 
der  Gallenblase  aus  mannigfaltige  sekundäre  Infektionen  im  Körper 
vor;  zu  den  seltensten  gehören  H er z affek  t i on  e n , von  denen  bis- 
her nur  8 Beobachtungen  existieren. 

Sieben  dieser  (von  Luys,  Murchison,  Jaccoud,  Roudot, 
M a t h i e n und  Malibran,  Netter  und  Martha)  Komplikationen 
stellen  Endocarditiden  dar.  Der  Fall  von  Netter  und  Martha 
beweist  deutlich,  daß  beide  Atfektionen,  die  Gallenblasenerkrankung 
und  die  Endocarditis,  bakteriologisch  Zusammenhängen,  indem  von 
dem  ersten  Organe  aus  die  Infektion  des  zweiten  erfolgt.  Bei  diesen 
Komplikationen  prävaliert  das  weibliche  Geschlecht,  wie  es  auch  bei 
der  Gallensteinerkrankung  prävaliert;  sehr  bemerkenswert  ist,  daß  in 


430 


Bacillus  pyocyaneus. 


der  Mehrzahl  der  Beobachtungen  die  Herzerkrankuug  auf  dem  Boden 
einer  alten  stattfand.  Nur  einmal  ist  der  Sitz  der  Endocarditis  das 
rechte  Herz,  sonst  das  linke,  und  zwar  nur  einmal  das  Ostium  aorticum, 
4 mal  die  Mitralklappe.  Man  kann  also  klinisch  den  Satz  aufstellen, 
daß  Gallensteinkoliken  für  alte  Herzerkrankungen  sehr  gefährlich 
sind.  Die  Komplikation  tritt  meist  im  Gefolge  einer  Gallensteinkrise 
auf  und  deutet  sich  durch  einen  Schüttelfrost  an.  Darauf  folgt 
Fieber,  und  während  die  heftigen  Kolikschmerzen  cessieren,  zeigen  sich 
auskultatorisch  die  Zeichen  der  Herzerkrankung.  Bald  kommen 
dann  Erscheinungen  der  Allgemeininfektiou  dazu,  bis  unter  typhösem 
Zustande  der  Tod  erfolgt;  die  Endocarditis  biliären  Ursprungs  scheint 
stets  tödlich  zu  sein. 

Während  alle  in  der  Litteratur  verzeichneten  Beobachtungen 
Endocarditiden  betreffen,  sah  Verf.  bei  einem  40-jährigen  Patienten 
infolge  gleicher  Erkrankung  eine  Pericarditis  als  Komplikation. 
Bei  diesem  Falle  zeigte  sich  zunächst  die  Gallensteinkolik;  darauf 
folgte  ein  Schüttelfrost  und  24  Stunden  später  war  physikalisch  eine 
Pericarditis  nachweisbar,  welche  in  6 Tagen  infolge  von  Myocarditis 
zum  Tode  führte. 

Verf.  glaubt  den  Satz  aufstellen  zn  dürfen,  daß  es  bei  Gallen- 
steinkoliken zu  Endocarditiden  kommt,  wenn  die  Organismen 
auf  dem  Wege  der  Blutbahn  fortgeschwemmt  werden  und  daß 
Pericarditiden  infolge  einer  Infektion  auf  dem  Wege  der 
Lymphbahnen  auftreten.  Kurt  Müller  (Halle). 

Mühsam,  ß.  und  Schimmelbusch,  C.,  Ueber  die  Farbenpro- 
duktion des  Bacillus  pyocyaneus  bei  der  Symbiose  mit 
anderen  Mikroorganismen.  (Archiv  für  klinische  Chirurgie. 
Bd.  XLVI.  1893.  No.  4.) 

Es  ist  eine  lange  bekannte  Thatsache,  daß  die  Luftzufuhr,  das 
Nährsubstrat  und  die  Beschaffenheit  der  Bacillen  selbst  von  hoher 
Bedeutung  für  das  Zustandekommen  und  die  Qualität  der  Farbstoff- 
bildung des  Bacillus  pyocyaneus  sind.  Verff.  zeigen,  daß  auch 
die  Symbiose  mit  verschiedenen  anderen  Mikroorga- 
nismen dieselbe  zu  beeinflussen  vermag. 

Pyocyaneus  mit  Staphy lococcus  pyogenes,  Tetra- 
genus, Anthrax,  Aspergillus  fumigatus,  Oidium  lactis 
und  einem  Pilze  aus  saurer  Milch  gemeinsam  in  Nährbouillon  ver- 
impft,  verliert  sein  Farbenproduktiousverraögen  ganz  oder  fast 
ganz.  Bereits  grüne  Pyocyaneuskulturen  nachträglich 
mit  Staphylococcus  aureus,  Micrococcus  tetragenus  oder 
Bacillus  der  sauren  Milch  geimpft,  verblassen.  Bei  Verimpfung 
des  Pyocyaneus  auf  entwickelte  Kulturen  von  Staphylokokken, 
Anthrax  oder  Tetragenus  tritt  anfänglich  eine  Grünfärbung  ein, 
welche  später  verschwindet.  Da  sich  in  Kulturen  stets  beide  Bakterien- 
arten nebeneinander  nachweisen  ließen,  so  kann  der  Verlust  der  Farb- 
produktion  nicht  durch  Tod  der  Bacillen  erklärt  werden;  da  ferner 
eine  Aenderung  in  der  Reaktion  des  Nährbodens  nicht  eintritt,  so 
können  nicht  so  einfache  chemische  Vorgänge  vorliegen,  wogegen  auch 
noch  andere  Beobachtungen  sprechen,  auf  die  nicht  näher  einge- 
gangen wird.  Kurt  Müller  (Halle). 


Bacillus  pyocyaneus. 


431 


Krannhals,  Ueber  Pyocyaneusinfektionen.  (Deutsche  Zeit- 
schrift für  Chirurgie.  Bd.  XXXVII.  Heft  2.  p.  181  ff.) 

Sich  auf  die  Arbeit  von  Schimmelbusch,  dieses  Thema  be- 
treffend, beziehend,  sucht  Verf.  zunächst  den  Nachweis  zu  führen, 
daß  der  Pyocyaneus  doch  eine  septische  Allgemeinerkrankung 
herbeizuführen  imstande  ist.  Er  bringt  eine  Uebersicht  aller  in 
Bezug  auf  diese  Eigenschaft  charakterisierten  Pyocyaneus  infektionen . 
Den  7 bereits  bekannten  reiht  er  einen  achten  an.  Im  Anschluß  an  ein 
Empyem  entstand  hier  eine  Art  septische  Infektion  und  ließ  sich 
post  mortem  aus  dem  grünen  Empyemsekret,  dem  Serum  des 
Perikardialsacks  und  der  Milzpulpa  der  Pyocyaneus  in  Rein- 
kultur züchten.  Fast  in  jedem  der  angeführten  Fälle  ließ  sich 
mit  ziemlicher  Wahrscheinlichkeit  die  Entstehung  der  Infektion  nach- 
weisen.  Immer  handelte  es  sich  um  eine  Sepsis.  Der  wesentliche 
Obduktionsbefund  war  akute  Enteritis  und  Milztumor. 

Für  die  Befunde  Mühsam’s,  welcher  den  Pyocyaneus  bei 
einer  großen  Anzahl  Gesunder  auf  der  Haut  fand,  verlangt  K.  noch 
eine  Bestätigung  von  anderer  Seite,  indem  er  vermutet,  daß  infolge 
von  lokalen  Verhältnissen  gerade  hier  so  häufige  positive  Resultate 
erzielt  wurden.  Daher  hält  er  es  auch  nicht  für  wahrscheinlich,  daß 
post  mortem  der  Pyocyaneus  häufig  von  der  Haut  aus  in  das 
Innere  eindringen  könnte,  ebensowenig  aber  vom  Darme  aus,  da  Verf. 
nur  in  äußerst  wenigen  Fällen,  wo  der  Darm  bakteriologisch  unter- 
sucht wurde,  den  Pyocyaneus  finden  konnte,  daher  man  wohl  ge- 
zwungen sein  muß,  die  citierten  Fälle  als  septische  Infektionen  intra 
vitam  zu  erklären.  Auch  das  Tierexperiment  ließ  eben  die  Erschei- 
nungen hervortreten,  wie  die  am  Menschen  beobachteten  — akute 
Enteritis  und  Milztumor  — . In  chronischen  Fällen  zeigten  sich  ganz 
besonders  charakteristische  motorisch  - paralytische  Störungen,  wie 
sie  ebenso  auch  beim  Menschen  beobachtet  wurden.  Ein  solcher 
Fall  von  chronischer  Py  ocy aneusinfektion  am  Menschen  wird  noch 
citiert. 

Die  durch  den  Pyocyaneus  hervorgerufene  Erkrankung  muß 
als  eine  wesentlich  toxische  angesehen  werden.  Tierversuche  ergaben 
auch  anolog,  daß  abgetötete  Kulturen  dieselbe  Wirkung  hervorriefen, 
wie  lebende. 

Die  beiden  als  Pyocyaneus  a und  ß bezeichneten  Unterarteu 
glaubt  Verf. im  Gegensätze  von  Schimmelbusch  aufrechterhalten 
zu  müssen,  da  die  jetzt  seit  31/2  Jahren  auf  den  verschiedensten 
Nährmedien  fortgezüchteten  Kulturen  stets  die  Konstanz  ihrer  Art 
beibehalten  haben.  In  einem  kurzen  Nachtrage  berichtet  Verf.  dann 
noch  über  einen  weiteren  Fall  einer  Pyocya  neusinfektion,  welcher 
intra  vitam  als  Typhus  abdominalis  gravis  oder  Meningitis?  ange- 
sprochen worden  war.  Genauere  Angaben  werden  für  später  in 
Aussicht  gestellt.  O.  Voges  (Danzig). 

Jako wski,  M.,  B ei  träge  zur  Lehre  von  den  Bakterien  des 
blauen  Eiters  (Bacillus  pyocyaneus).  (Zeitschrift  für 
Hygiene  und  Infektionskrankheiten  Bd.  XV.  1893.  Heft  3.  p.  474 
bis  494. 


432 


Cystitis  colli  gonorrhoica.  — Gonorrhoischer  Eiter. 


Der  Bacillus  wurde  in  Rom  wie  in  Warschau  aus  dem  Inhalte 
einer  Dickdarmfistel  isoliert  und  ergab  bei  näherer  Untersuchung 
Verschiedenheiten  von  dem  bis  jetzt  bekannten  Auftreten,  wenn  sich 
auch  die  morphologischen  Merkmale  in  der  Kultur  wie  in  den  Resultaten 
der  Impfung  gleich  zeigten.  Auf  Kartoffeln  und  Milch  gezüchtet, 
bringt  er  sicher  keine  Sporen  hervor.  Als  wichtigste  Eigenschaft  sei 
hervorgehoben,  daß  er  ohne  Sauerstoffzutritt  wuchs  und  in  C02- 
Atmosphäre  sehr  energisch  Eiweiß  zersetzte.  Freilich  ist  es  nicht  als 
unmöglich  von  der  Hand  zu  weisen,  daß  die  von  Jakowski  erhaltenen 
Individuen  diese  letztere  Eigenschaft  durch  Verweilen  im  Darmkanale 
gewonnen  haben  und  beibehielten.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Casper,  Ueber  Cystitis  colli  gonorrhoica.  (Dermatolog. 
Zeitschrift.  Bd.  I.  1894.  Heft  2.) 

In  der  vorliegenden  Arbeit,  welche  fast  ausschließlich  ein  kli- 
nisches Interesse  hat,  beschäftigt  sich  Casper  mit  dem  Symptomen 
und  der  Therapie  der  Cystitis  colli  gonorrhoica,  d.  h.  derjenigen 
Erkrankung,  welche  durch  das  Uebergreifen  des  von  den  Gonokokken 
hervorgerufenen  Krankheitsprozesses  von  der  Urethra  anterior  über 
den  Muscul.  compressor  auf  die  Pars  posterior  urethrae  entsteht.  Der 
Verf.  giebt  für  das  Krankheitsbild  der  Urethritis  posterior  3 Kranken- 
geschichten , welche  in  prägnanter  Weise  die  akute,  subakute  und 
chronische  Form  veranschaulichen. 

Neben  der  Treibung  des  Urins,  dem  quälenden,  alle  5 — 10  Min. 
eintretenden  Harndrange,  ist  ganz  besonders  charakteristisch  das  Auf- 
treten von  Blut  am  Ende  der  Harnentleerung  oder  zugleich  mit  den 
letzten  Tropfen. 

Casper  hält  das  Ende  der  3.  Woche  für  den  Zeitpunkt,  in 
welchem  die  Gonorrh.  posterior  aufzutreten  pflegt.  Außer  der  Gonorrhöe 
kann  auch  ein  Trauma  zu  einer  Cystitis  colli  führen,  welche  unter 
denselben  Symptomen  verläuft,  wie  die  gonorrhoische  und  durch  die 
gleiche  Therapie  wie  jene  günstig  beeinflußt  wird. 

Der  Verf.  empfiehlt  mehr  die  Durchspülung  mit  größeren  Mengen 
einer  Arg.  nitr.-Lösung  von  geringerer  Konzentration  Viooo  oder  Vsoo» 
als  die  Instillationen  geringer  Mengen  (1  Pravaz’sche  Spritze  oder 
2 — 3 Tropfen)  einer  starken  1/i  (1/8 — 2-proz.)  Arg.  nitr.-Lösung.  Das 
Nähere  über  die  Technik  muß  im  Original  nachgesehen  werden. 

Lasch  (Breslau). 

Posner  und  Lewin,  Farbenanalytische  Untersuchungen 
über  gonorrhoischen  Eiter.  (Dermatolog.  Zeitschrift.  Bd.  I. 
1894.  Heft  2.) 

Ausgehend  von  dem  Gedanken,  daß  bei  der  Verwandtschaft  von 
Sperminkrystallen  mit  den  Leyden  -Char  cot’schen  dieselben 
ebenso  wie  die  letzteren  in  einer  Beziehung  zur  Produktion  der 
eosinophilen  Zellen  stehen  könnten,  haben  Posner  und  Lewin 
Untersuchungen  angestellt  über  die  Häufigkeit  des  Vorkommens 
eosinophiler  Zellen  bei  Erkrankungen  des  männlichen  Genitalapparates, 
speziell  der  Prostata,  der  Bildungsstätte  der  Sperminkrystalle.  Als 
besonders  geeignetes  Untersuchungsobjekt  benutzten  die  Verff.  den 
goDorrhöischen  Eiter.  Die  Methode  war  folgende : Bei  Eiterunter- 


Choleraäholiche  Vibrionen. 


433 


suchungen  wurden  die  lufttrockenen  Präparate  durch  die  Flamme 
erhitzt  (bei  Blutuntersuchungen  findet  die  Erwärmung  besser  all- 
mählich im  Trockenschranke  statt),  dann  mit  einer  gesättigten  Glycerin- 
Eosinlösung  V2  Minute  erwärmt,  in  der  erwärmten  Farbe  3 Minuten 
gelassen,  abgespült  und  1 Minute  mit  einer  gesättigten  Methylenblau- 
lösung nachgefärbt.  Auf  diese  Weise  fanden  die  Verff.  im  allgemeinen 
über  die  eosinophilen  Zellen  des  gonorrhoischen  Eiters  folgendes:  Die 
eosinophilen  Körnungen  sind  nur  im  Leibe  der  Zelle,  nie  aber  im 
Kerne  nachzuweisen , die  Größe  derselben  ist  auch  bei  demselben 
Präparate  eine  sehr  wechselnde,  ebenso  die  Verteilung  der  Granula, 
welche  bald  diffus  im  Zellenleibe  verteilt  sind,  bald  sich  besonders  um 
den  Kern  herum  gruppieren. 

Auch  in  der  Größe  und  Form  der  eosinophilen  Zellen  herrscht 
eine  große  Verschiedenheit,  sie  siud  zumeist  polynucleär  und  ihre 
Kerne  färben  sich  auffallend  schwach  mit  Methylenblau.  Die  Ergeb- 
nisse ihrer  Untersuchungen  fassen  die  Verff.  in  den  folgenden  Thesen 
zusammen : 

1)  Die  Anzahl  der  eosinophilen  Zellen  im  Eiter  ist  im  Beginne 
der  Gon.  acut.  ant.  im  Vergleich  zum  Gehalte  des  Blutes  an  eosino- 
philen Zellen  außerordentlich  vermindert. 

2)  Die  Menge  der  eosinophilen  Zellen  erreicht  ihren  Höhepunkt 
in  der  3.  Woche. 

3)  Bei  den  Erkrankungen  der  hinteren  Harnwege  zeigt  der  Ge- 
halt des  Eiters  an  eosinophilen  Zellen  sehr  schwankende  Verhältnisse. 

4)  Beziehungen  zwischen  Prostata-  resp.  Sperminproduktion  und 
eosinophilen  Zellen  sind  nicht  nachweisbar. 

5)  Der  Gehalt  des  gonorrhoischen  Eiters  an  eosinophilen  Zellen 

erklärt  sich  nicht  durch  den  Blutbefuud,  vielmehr  scheinen  lokale 
Veränderungen  eine  Rolle  zu  spielen.  Lasch  (Breslau). 

Iwänoff,  M.,  Ueber  eine  neue  choleraähnliche  Vibrionen- 
art. (Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV. 
1893.  Heft  3.  p.  434—438.) 

Die  im  Institute  für  Infektionskrankheiten  in  Berlin  gefundene 
neue  Art  wurde  aus  den  Darmentleerungen  einer  Typhuskranken 
isoliert  zu  der  Zeit,  wo  in  Berlin  ein  Cholerafall  vorlag.  Von  dem 
Choleravibrio  unterscheidet  sich  der  neue  Mikroorganismus 
hauptsächlich  durch  sein  vYachstum  auf  Gelatine-  und  Agarplatten, 
indem  auf  ersteren  an  Stelle  der  bekannten,  nach  etwa  36  Stunden 
auftretenden  Körnung  der  Cholerakolonieen  eine  deutlich  zu  erkennende 
Fadenbildung  Platz  greift;  auf  Agarplatten  gewachsene  Kolonieeu 
haben  ein  deutlich  mit  der  Lupe  erkennbares  weißliches  Centrum, 
während  die  Cholerakolonieen  auf  denselben  Böden  sich  durch  Gleich- 
mäßigkeit und  Diaphanität  kennzeichnen.  Ein  weiteres  Merkmal  ist 
in  der  Größe  des  neuen  Vibrio  zu  finden,  wie  in  seiner  Neigung, 
in  Spirillenform  aufzutreten. 

24-stündige  Agarkulturprodukte  führten  in  10 — 12  Stunden  den 
Tod  von  Meerschweinchen  herbei  unter  dem  Bilde  einer  Cholera- 
intoxikation. Tauben,  Ratten  und  Mäuse  erwiesen  sich  als  unempfind- 
lich gegen  den  Mikroorganismus,  Kaninchen  gingen  bei  größeren 
Dosen  ein.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


434 


Cholera. 


Friedrich , Vergleichende  Untersuchungen  über  den 
Vibrio  cholerae  asiaticae  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  diagnostischen  Merkmale  desselben. 
(Arbeiten  a.  d.  kaiserl.  Gesundh.-Amt  Bd.  VIII.) 

Die  Angaben  Cunningham’s,  daß  nämlich  der  Vibrio  cho- 
lerae asiaticae  je  nach  der  Lokalität  erhebliche  Verschieden- 
heiten zeige,  sucht  Fried  rieh  zu  erklären,  indem  er  prüft,  wie 
weit  der  Vibrio  in  Form,  Wachstum  und  Entwickelung  Differenzen 
zeigt  und  wie  weit  diese  Veränderungen  von  Einfluß  auf  die  Diagnose 
desselben  sind.  Die  untersuchten  Kulturen  stammten  aus  Shangai, 
Calcutta,  Malta,  Paris,  Finthen  und  aus  verschiedenen  Krankenhäusern. 
Die  Züchtung  derselben  geschah  in  Fleischwasser-Pepton-Kochsalz- 
gelatine,  in  Fleischwasser-Pepton-Kochsalzagar,  Peptonbouillon,  Pepton- 
wasser, Hammelblutserum  und  auf  Kartoffeln. 

Verf.  stellte  zunächst  fest,  daß  der  Vibrio  cholerae  asia- 
ticae, der  längere  Zeit  auf  künstlichen  Nährböden  gehalten  wurde, 
sich  beträchtlich  von  den  Formen  unterscheidet,  die  wir  im  Cholera- 
darme sehen  und  die  wir  aus  dem  Cholerastuhle  gewinnen.  Diese 
Veränderungen  sind  aber  nicht  konstant  und  aus  den  veränderten 
können  wieder  typische  Formen  hervorgehen.  Die  von  C u n n i n g - 
ham  gezüchteten  Formen  zeigen  keine  prinzipiellen  Verschiedenheiten; 
Arthrosporenbildung  ist  sicher  nicht  vorhanden.  Wenn  ein  Bacil- 
lus in  einzelne  Teilchen  zerfällt,  so  entwickeln  sich  aus  diesen  nie- 
mals neue  Bacillen. 

In  der  Beweglichkeit  der  Choleravibrionen  gelingt  es  weder  durch 
langes  Züchten  auf  künstlichen  Nährböden,  noch  durch  Veränderungen 
dieser  eine  Abschwächung  hervorzubringen.  Auch  die  Art  des  Wachs- 
tumes  in  10-proz.  Gelatine,  sowohl  in  der  Stichkultur,  als  in  der 
Platte  ist  sehr  konstant,  wenn  auch  die  Fähigkeit,  die  Gelatine  zu 
verflüssigen,  kleine  Veränderungen  erleidet.  Erhebliche  Differenzen 
finden  sich  beim  Wachstume  in  Bouillon;  insbesondere  schwankt  auch 
die  Zeit  der  Hautbildung  bei  Kulturen  verschiedener  Provenienz  inner- 
halb sehr  weiter  Grenzen. 

Die  Rotfärbung  der  Kulturen  nach  Zusatz  von  Säuren  ist  ein 
gutes  diagnostisches  Hilfsmittel.  Gegenüber  dem  Vibrio  von 
Finkler-Prior,  von  Miller  und  von  Deneke  sind  erhebliche 
Zeitdifferenzen  bezüglich  des  Eintrittes  der  Färbung  vorhanden,  wäh- 
rend die  Art  der  Färbung  ein  Unterscheidungsmerkmal  gegenüber 
dem  Vibrio  Metschnikoff  bildet.  Das  Wachstum  des  Vibrio 
cholerae  asiaticae  auf  Kartoffeln  ist  abhängig  von  deren  Alter 
und  Art,  besonders  was  die  Pigmentbildung  anbelangt.  Die  ver- 
schiedenen, in  den  Kreis  der  Untersuchung  gezogenen  Cholerakulturen 
zeigen  die  gleiche  Infektionskraft  gegenüber  den  Meerschweinchen 
und  Tauben.  Dies  gilt  insbesondere  auch  von  den  indischen  Kulturen. 
Der  Verf.  kommt  zu  dem  Schlüsse,  daß  Cunningham  im  Unrechte 
ist,  wenn  er  das  Vorhandensein  verschiedener  Species  von  Cholera- 
vibrionen behauptet.  Ger  lach  (Wiesbaden). 

Renyers , Die  Choleraerkrankungen  im  städtischen 
Krankenhause  Moabit.  (Dtsche  med.  Wochenschr.  1894. 
No.  3.) 


Cholera. 


435 


Von  122  ErkraDkungsfällen,  welche  im  städtischen  Krankenhause 
Moabit  wegen  Choleraverdachtes  im  Jahre  1893  bakteriologisch  unter- 
sucht wurden,  konnten  13  als  Fälle  von  asiatischer  Cholera  festgestellt 
werden.  Von  diesen  Erkrankungen  nahmen  4 einen  tödlichen  Aus- 
gang. Das  ausgesprochene  Bild  der  Cholera  boten  5 der  bezüglichen 
Kranken,  5 andere  hatten  nur  leichte  Durchfälle  und  bei  den  übrigen 
3 war  die  Anwesenheit  der  Bacillen  das  einzige  Cholerasymptom. 

Unter  denjenigen  Fällen,  in  welchen  der  Nachweis  der  Bacillen 
nicht  gelang,  waren  7 klinisch  und  2 von  diesen,  welche  zur  Obduk- 
tion gelangten,  auch  pathologisch-anatomisch  nicht  von  der  Cholera 
zu  unterscheiden.  Einige  dieser  Erkrankungen  konnten  jedoch  auf 
Fleischvergiftungen  zurückgeführt  werden,  bei  anderen  wurden  im 
Darminhalte  auffallend  viele  Streptokokken  nachgewiesen. 

Bei  einer  ferneren  Gruppe  von  Fällen,  in  denen  gleichfalls  die 
Bacillen  fehlten,  fand  sich  in  einem  gleich  von  Beginn  der  Erkrankung 
an  vorhandenen  hohen  Fieber  ein  wesentliches  Unterscheidungsmerkmal 
gegenüber  der  Cholera  bei  einem  dieser  sonst  sehr  ähnlichen  Krank- 
heitsbilde. 

9 von  den  nachweislich  als  cholerakrank  befundenen  Personen 
haben  sich  ihre  Erkrankung  vielleicht  durch  Spreewasser  zugezogen ; 
die  übrigen  4 gehörten  zu  den  vorher  erwähnten  Fällen,  in  welchen 
die  klinischen  Symptome  fehlten,  und  hatten  die  Bacillen  wahrschein- 
lich gelegentlich  eines  in  ihrer  gemeinsamen  Familie  vorgekommenen 
schweren  Cholerafalles  aufgenommen. 

Neben  den  angeführten  Erkrankungen  wurde  auch  1 Fall  von 
Laboratoriumscholera  beobachtet.  Derselbe  ereignete  sich  zu  einer 
Zeit,  wo  anderweitige  Cholerafälle  im  Krankenhause  nicht  behandelt 
wurden  und  betraf  einen  Assistenzarzt,  welcher  sich  mit  den  Vibrionen 
im  Laboratorium  beschäftigte. 

Verf.  vertritt  den  Standpunkt,  daß  nur  der  bakteriologische 
Nachweis  des  Vibrio  cholerae  in  den  Abgängen  zwischen  den 
verschiedenen  Formen  der  Enteritis  acutissima  eine  Ditferentialdiagnose 
ermöglicht,  und  zwar  auch  nur  dann,  wenn  die  Stuhlgänge  möglichst 
frühzeitig  untersucht  werden,  da  die  Vibrionen  zuweilen  schon  nach 
mehreren  Tagen  aus  dem  Darminhalte  verschwinden.  Die  Befunde 
von  Kommaformen  anderer  Art  im  Wasser  hätten  für  die  Diagnose 
eine  praktische  Bedeutung  nicht,  da  solche  Bakterien  bei  ätiologisch 
oder  klinisch  verdächtigen  Personen  bisher  noch  nicht  gefunden 
worden  seien. 

Bei  der  Ausführung  der  bakteriologischen  Untersuchungen  be- 
währten sich  die  unlängst  von  Koch  empfohlenen  Methoden  vorzüg- 
lich. Die  Anreicherung  in  Peptonlösung  brachte  die  früheste  Ent- 
scheidung in  5,  die  späteste  in  16  Stunden.  Im  einem  Drittel  der 
Fälle  konnte  schon  aus  dem  mikroskopischen  Befunde  eine  vorläufige 
Diagnose  gestellt  werden. 

Daß  der  Bacillenbefund  bei  den  klinisch  unverdächtigen  Personen 
nur  auf  anderweitige,  in  deren  nächster  Umgebung  vorausgegangene 
Erkrankungen  zurückzuführen  war  und  daher  wie  frühere  ähnliche 
Beobachtungen  von  nicht  zu  unterschätzendem  Werte  für  das  Studium 
der  Choleraätiologie  ist,  bestätigen  zahlreiche  Kontrolluntersuchungen 


436 


Cholera. 


des  Darminhaltes  anderer  dem  Kraukeuhause  gleichzeitig  zugegangener 
Menschen;  weder  in  deren  Abgängen,  noch  in  denjenigen  der  Aerzte 
oder  Wärter  wurden  jemals  die  Vibrionen  gefunden. 

Für  die  Erklärung  der  Entstehung  von  Choleraerkrankuugen  war 
der  Fall  eines  Arbeiters  beachtenswert,  welcher  unmittelbar  nach 
Ueberwindung  eines  24-stündigen  ausgesprochenen  Choleraanfalles  ein 
reichliches  Abendessen  aus  Kartoffeln  und  Hering  zu  sich  nahm, 
hierauf  von  neuem  erkrankte  und  seinem  zweiten  Anfalle  erlag. 

Aus  den  bisherigen  Erfahrungen  schließt  Verf.,  daß  der  durch 
den  Menschen  durchgegangene  Vibrio  eine  geringere  Giftwirkung 
besitzt,  als  der  unter  günstigen  Bedingungen  saprophy  tisch  gewachsene 
Keim.  Die  Umstände,  welche  die  bald  höhere,  bald  geringere  Viru- 
lenz der  Cholerabacillen  bedingen,  seien  indessen  noch  nicht  bekannt 
und  stellten  der  weiteren  Forschung  wichtige  Aufgaben. 

Kübler  (Berlin). 

Karlinski,  Unter  der  gelben  Flagge.  Erinnerungen  und 
Eindrücke  von  meiner  Reise  nach  Arabien  und 
Kleinasien.  (Hygienische  Rundschau.  1894.  No.  1,  2 u.  3.) 

Verf.  wurde  von  der  Landesregierung  für  Bosnien  und  Herzegowina 
zur  Abholung  der  Pilger  von  Djeddah  entsandt  uud  hat  sehr  in- 
teressante Beobachtungen  über  die  Cholera  in  Arabien  machen  können. 

Er  beschreibt  zunächst  die  Verhältnisse  der  Stadt  Djeddah,  die 
allen  hygienischen  Verhältnissen  Hohn  sprechen.  2 Aerzte  hatte  man 
zur  Bewältigung  des  Ansturms  der  ungeheueren  von  Cholera  durch- 
seuchten Karawaneuzüge  ausgesandt.  60000  Pilger  sollten  in  einer 
Woche  von  diesen  beiden  unglücklichen  Aerzten  untersucht  und  be- 
handelt werden.  Leichen  fanden  sich  massenhaft  auf  den  Straßen, 
und  Fliegen,  Aasgeier  und  Schakale  sorgten,  daß  die  Cholerabakterien 
nicht  ausstarbeu.  Dabei  herrschte  eine  Temperatur  von  26 — 41°  C. 
Medikamente,  Desinfektionsmittel,  Wohnungen  etc.  gab  es  natürlich 
nicht.  Dazu  müssen  die  Pilger  halb  nackt,  ihrem  religiösen  Gebrauch 
folgend,  einherziehen.  Wasser  wurde  in  Schläuchen  aus  einer  fernen 
Quelle  gebracht,  in  Hauscisternen  aufbewahrt  und  filtriert,  ohne  daß 
der  Keimgehalt  durch  deu  Filterprozeß  abnahm.  Die  Schiffe  hatten 
einen  Ring  gebildet  und  die  Preise  so  emporgeschroben,  daß  niemand 
fahren  konnte  uud  die  Menschenflut  sich  immer  mehr  anstaute.  Als 
die  türkische  Regierung  diesem  Treiben  ein  Ende  machte,  pfergte 
man  die  Pilger  wie  Heringe  in  die  Schiffe,  um  sich  so  für  die  Preis- 
herabsetzung zu  entschädigen.  Zahlen,  welche  aufgestellt  sind,  um 
die  Anzahl  der  Pilger,  der  Erkrankten  uud  der  Cholera  Erlegenen 
festzustellen,  sind  absolut  unzuverlässig,  da  der  Wüstensand  schweigt. 
Wenn  Franckland  das  heilige  Wasser  aus  dem  Brunnen  Sem-Sem 
in  Mekka  für  Kanaljauche  erklärt,  so  konnte  K.  zeigen,  daß  er  nicht  das 
wahre  Wasser  gehabt,  welches  nie  einem  Nichtmohammedaner  gegeben 
wird.  Nur  dadurch,  daß  Verf.  deu  der  Cholera  Erlegenen  ihr  Sem-Sem- 
Wasser  heimlich  fortuahm,  gelangte  er  in  den  Besitz  desselben  und  fand 
im  Kubikcentimeter  548  Kolonieen,  4 Bacillen,  4 Kokkenarten,  sämtlich 
harmloser  Natur.  Chemisch  fanden  sich  im  Liter  in  Milligrammen: 
Rückstand  128,  Chlor  3,0,  Salpetersäure  29,4,  Ammoniak  0,  Salpetrige 


Cholera. 


437 


Säure  0,  Sauerstoffverbrauch  2,2.  Eine  zweite  Probe  verhielt  sich 
ähnlich.  K.  betont,  daß  durch  dieses  Wasser  wohl  kaum  die  Cholera 
übertragen  werden  könne,  da  dasselbe  36  Tage  auf  dem  Seewege 
oder  40  Tage  auf  dem  Landwege  als  Minimum  bis  nach  Konstantinopel 
unterwegs  sei  und  selbst  Cholerapeptonkulturen  bei  den  ungeheueren 
Temperaturschwankungen  nur  20  Tage  lebensfähig  blieben. 

Entsetzliche  Zustände  herrschten  auf  dem  Schiffe.  Der  Kapitän 
war  ewig  betrunken,  die  Schiffslisten  gefälscht.  Aerztliche  Revision 
fand  natürlich  nicht  statt,  da  kein  Arzt  da  war.  Statt  1119  Passagieren 
wurden  nur  990  angegeben,  nur  7 erlagen  an  Maladie  ordinaire,  während 
von  38  Toten  27  der  Cholera  erlegen  waren.  Klosetts,  Luft,  Wasser, 
Essen  waren  geradezu  entsetzlich.  El  Tor  gab  zwar  einen  verlängerten 
Aufenthalt,  aber  der  Drangsale  noch  mehr.  Von  8 Aerzten  waren 
nur  2 europäisch  geschult.  Das  Wasser  war  stark  salzhaltig  und 
wies  erhebliche  Mengen  von  Magnesiumsulfat  auf,  so  daß  es  keine 
bessere  Vorbereitung  für  die  Cholerainfektion  gab,  als  dessen  Trank. 
Dysenterie  dezimierte  natürlich  die  Pilger  noch  weiter.  Badevor- 
richtungen, Schlafräume  waren  äußerst  mangelhaft.  Geradezu  pestilenz- 
artig wirkten  die  Latrinen,  einfach  in  den  heißen  Sand  gegrabene 
Gruben.  Desinfektion  wurde  zwar  kräftig  gehandhabt,  aber  in  völlig 
sinnloser  Weise.  Die  Kleider  wurden  dann  dem  Desinfektionsofen 
entnommen,  sobald  der  elektrische  Kontaktthermometer  zu  klingeln 
begann.  So  dauerte  eine  solche  Sitzung  10 — 28  Minuten.  Mitein- 
gelegte Milzbrandsporen,  Darmbakterien  und  Cholerakulturen  wuchsen 
nach  ihrer  „Abtötung  im  strömenden  Dampfe“  noch  lustiger  denn  zuvor. 
Die  Schiffsräume  wurden  mit  5-proz.  Karbolspray  bearbeitet,  an  das 
Bilgewasser  dachte  niemand.  Nach  20  Tagen  ging  es  weiter,  192  Pilger 
deckte  eine  45  cm  hohe  Sandschicht.  Etwas  günstiger  gestalteten 
sich  die  Verhältnisse  in  Suez.  In  Clazomenae  erwarteten  bei  einer 
weiteren  Quarantäne  zwei  Aerzte  die  Pilger,  und  der  Respekt  vor 
dem  Kommabacillus  war  schon  so  groß,  daß  K.’s  Papiere  mit 
einer  Feuerzange  hervorgeholt  und  nach  Einsicht  mit  hypermetropem 
Blick  im  Chlorkalk  desinfiziert  wurden.  In  Smyrna  wurde  sich  nur 
noch  auf  5 m Entfernung  unterhalten,  Briefe  geräuchert,  Geld  des- 
infiziert, wie  die  aus  der  Stadt  einlaufenden  Telegramme.  Eine  Unter- 
suchungsstation der  Choleradejektionen  wurde  wegen  der  Möglichkeit 
der  Verbreitung  der  Bacillen  vom  Generalinspektor  untersagt.  An 
der  ostrumelischen  Landesgrenze  schlief  man  im  nassen  und  kalten 
Herbste  auf  einer  kahlen  Wiese  und  die  Luft  wurde  auch  hier  noch 
desinfiziert,  indem  bei  Desinfektion  der  Wiese,  des  Weges  zur  Bahn 
und  der  Bahnwagen  ab  und  zu  ein  Strahl  ins  Blaue  geschickt  wurde, 
dann  erst  ging  es  nach  Hause.  Und  trotzdem  kommt  die  Cholera 
noch  nach  Europa?  0.  Voges  (Danzig). 

Nanu,  Jean  Georges,  Notes  sur  le  c h o 1 6 r a de  1892  o b s e r v 6 

ä l’höpital  Necke r.  [These.]  4°.  139p.  Paris  1893. 

Mit  Beschränkung  auf  den  bakteriologischen  Teil  der  Arbeit  er- 
fahren wir,  daß  von  163  eingelieferten  Cholerakranken  bei  48  die 
Stuhlgänge  bakteriologisch  untersucht  wurden ; in  28  Fällen  wurden 
Kommabacillen  aufgefunden,  21  davon  boten  die  charakteristischen 

XV.  Bd.  28 


438 


Tetanus. 


Eigenschaften  des  Koch’ sehen  Bacillus.  7 Stühle  lieferten  einen 
Konnnabacillus,  welcher  die  Gelatine  verhältnismäßig  zu  rasch 
verflüssigte  und  nicht  die  Reaktion  des  Cholerarot  ergab.  Die  Komma- 
bacillen traten  11  mal  allein  auf,  in  16  Fällen  waren  sie  mit  Bac- 
terium  coli  commune  vergesellschaftet,  einmal  in  Verbindung 
mit  Bacterium  termo.  Bei  28  Personen,  welche  keine  Komma- 
bacillen aufwiesen,  wurde  17mal  das  Bacterium  coli  commune 
konstatiert,  einmal  zusammen  mit  Streptococcus  und  zweimal 
mit  einem  Diplobacillus,  welcher  pathogene  Eigenschaften  zeigte. 

Auf  28  Fälle  mit  Kommabacillen  kamen  11  Todesfälle,  auf  20 
ohne  dieselben  nur  2 Tote. 

Bei  Tierimpfungen  erwiesen  sich  beide  Arten  der  Kommabacillen 
als  gleichwirkend  bei  intraperitonealer  Einspritzung,  sie  führten 
gleicherweise  in  10 — 14  Stunden  den  Tod  bei  Meerschweinchen  herbei. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Brunner,  C.,  Die  bisherigen  Resultate  experimenteller 
Untersuchungen  über  die  Art  der  Wirkung  des  Te- 
tanusgiftes auf  das  Nervensystem.  (Deutsche  medizin. 
Wochenschrift.  1894.  No.  5.  p.  100  ff.) 

Verf.  verbreitet  sich  über  die  obiges  Thema  berührenden  Arbeiten  von 
Autokratow,  Courmont  und  Doyon,  Buschke  und  0 er g el. 
Er  prüfte  zunächst  die  Versuche  Autokratow’ s nach,  schnitt  einem 
warmblütigen  Tiere  die  hinteren  Rückenmarkswurzeln  durch  und  in- 
jizierte, nachdem  das  Tier  sich  vom  Shok  erholt  hatte,  demselben  das 
Tetauusgift.  Es  zeigte  sich  dann,  analog  den  vom  Verf.  bereits  früher 
angestellten  Trigeminusversuchen,  daß  die  Krämpfe  sich  wieder  ein- 
stellten, wenn  auch  etwas  später  und  mit  geringerer  Intensität,  wie 
beim  Kontrolltiere.  Da  die  Inkubationsdauer  beim  Frosche  eine  sehr 
lange  ist,  konnte  an  diesem  Tiere  erst  nach  Ausbruch  des  Tetanus 
die  Operation  ausgeführt  werden.  Der  Tetanns  verschwand  dann 
nicht,  wurde  aber  gemindert.  Verf.  schließt  deshalb,  daß  die  Centren 
des  Rückenmarkes  durch  das  Gift  direkt  in  einen  Zustand  abnormer 
Erregbarkeit  versetzt  werden.  Wurde  am  Tetanusfrosche  das  abge- 
schnittene  centrale  Ende  der  hinteren  Wurzel  gereizt,  so  wurden  Be- 
wegungen ausgelöst,  so  daß  also  das  Gift  selbst  die  Erregbarkeit  des 
Rückenmarkes  steigert,  die  Erzeugung  einer  Bewegung  resp.  eines 
Krampfes  aber  eines  sensiblen  Impulses  auf  das  Rückenmark  bedarf ; 
ein  Verhalten,  welches  Hering  analog  für  das  Strychnin  feststellte. 
Verf.  bestätigte  dann  ferner  die  Angaben  von  Buscuke.  Wurde 
der  Tetanusfrosch  kurarisiert,  so  hörte  der  Tetanus  auf,  er  blieb  be- 
stehen nach  einer  Enthirnung.  Wird  der  untere  Teil  des  Rücken- 
markes beim  tetanischen  Frosche  zerstört,  so  zeigen  die  Hinterbeine 
nur  leichte  Zuckungen,  in  den  Vorderbeinen  ist  der  Tetanus  etwas 
schwächer.  Das  Toxalbumin  auf  die  Centralwindungen  eines  Kaninchens 
gebracht,  war  wirkungslos.  Alles  in  allem  scheint  somit  das  Rücken- 
mark der  Angriffspunkt  für  das  Tetanusgift  zu  sein. 

Verf.  prüfte  dann  die  Experimente,  welche  beweisen  sollen,  daß 
das  tetanische  Gift  die  sensiblen  Nervenendigungen  direkt  erregt,  nach 
und  kommt  zu  dem  Resultate,  daß  der  Beweis  dieser  Vermutung 
durch  dieselben  nicht  erbracht  ist,  ebensowenig  aber  durch  dieselben 


Tetanus.  — Influenza. 


439 


erwiesen  sei,  daß  eine  solche  Erregung  nicht  stattfinde.  Wurde  das 
Toxalbumin  mit  dem  peripheren  Ende  eines  abgeschnittenen  motorischen 
Astes  in  Verbindung  gebracht,  so  reagierte  dieser  nicht.  Sehr  störend 
bei  den  Versuchen  erwies  sich  die  lange  Inkubationsdauer.  Cour- 
mont  und  Doyon  hatten  über  Versuche  berichtet,  aus  den  Muskeln 
tetanischer  Tiere  eine  Substanz  zu  gewinnen,  welche  Tetanus  ohne 
Inkubation  machte.  Verf.  machte  dieses  Experiment  nach,  fand  aber 
überhaupt  keinen  Tetanus  bei  den  geimpften  Mäusen.  Verimpfte  er 
das  Blut  tetanischer  Tiere,  so  trat,  wie  schon  Uschinski  in  dieser 
Zeitschrift.  Bd.  XIV.  No.  10  fand,  erst  nach  der  gewöhnlichen  Inku- 
bationszeit der  Tetanus  auf.  Soweit  die  bisherigen  Angaben  über 
dieses  Thema.  O.  Voges  (Danzig). 

Koncali,  D.  B.,  Contributo  allo  Studio  dell’  infezione 
tetanica  sperimentale  negli  animal i.  (La  Rif.  med.  1893. 
p.  165.) 

Die  von  Vaillard  und  Rouget  ausgesprochene  Ansicht,  daß 
die  des  Tetanotoxins  durch  protrahierte  Waschung  oder  längere  Er- 
wärmung auf  mehr  als  80°  C beraubten  Tetanussporen  im  tierischen 
Körper  nicht  auskeimen  und  daher  keinen  Tetanus  hervorrufen  können, 
wenn  nicht  durch  andere  banale  Bakterien  Veränderungen  hervor- 
gerufen werden,  welche  die  Auskeimung  der  Sporen  ermöglichen, 
veranlaßten  den  Verf.,  eine  Reihe  einschlägiger  Versuche  anzustellen. 
Diese  ergaben  nun,  daß 

1)  die  Verteilung  des  tetanigenen  Materiales  im  Erdreiche  eine  sehr 
ungleiche  ist; 

2)  bei  Tierimpfuugen  mit  Tetanuskulturen  auf  den  üblichen  Nähr- 
böden das  in  diesen  Nährböden  produzierte  Toxin  es  ist,  welches 
die  Tiere  tötet; 

3)  die  Tetanussporen,  welche  auf  die  eine  oder  andere  Art  des 
Toxins  beraubt  wurden , im  Tierkörper  auskeimen  und  durch 
Bildung  des  Toxins  die  Tiere  in  4,  5—6  Tagen  töten; 

4)  daß  schließlich  die  Tetanussporen  auch  ohne  Mitwirkung  der  im 

Erdreiche  befindlichen,  auf  Wunden  gelangenden  anderen  Bak- 
terienarten die  tetanische  Infektion  erzeugen  können  und  den 
letzteren  höchstens  insofern  eine  Mitwirkung  zuerkannt  werden 
könne,  als  sie  durch  ihre  Produkte  eine  Vergiftung  des  Organis- 
mus und  dadurch  größere  Disposition  zur  Acquirierung  des 
Tetanus  hervorrufen.  Kamen  (Czernowitz). 

Huber,  Ueber  den  Influenzabacillus.  (Zeitschrift  für 
Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV.  1893.  Heft  3.  p.  454 
bis  459.) 

20  Fälle  wurden  untersucht.  Verf.  empfiehlt  zu  diagnostischen  Unter- 
suchungen den  Blutagar  vor  dem  Hämatogen-Agar  wegen  der  geringen 
Wachstumsenergie  der  Bacillen  auf  letzterem,  zu  Versuchszwecken 
ersteren  wegen  der  bei  ihm  allein  möglichen  Stichkultur.  Hämoglobin 
ist  nicht  in  seiner  Eigenschaft  als  Sauerstoffträger,  wohl  aber  in- 
folge seines  Eisengehaltes  der  für  das  Gedeihen  der  Influenzakolonieen 
unentbehrliche  Faktor.  Hämatogenbouillon  eignet  sich  ebenfalls  zur 

28* 


440 


Periostitis  dentalis.  — Pflanzenkrankheiten. 


Züchtung  des  Bacillus,  Natronlauge  erwies  sich  als  ungeeignet. 
Wiederholt  nahm  Verf.  Gelegenheit,  auch  andere  Krankheitsfälle  auf 
eventuell  vorhandene  Bakterien  von  der  Art  des  Influenza- 
bacillus zu  untersuchen,  so  mehrere  Fälle  von  Lungenentzündung 
und  Bronchialkatarrh,  doch  gelang  es  nicht,  typische  Influenzabacillen 
nacbzuweisen.|  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Schreier , E. , Zur  Aetiologie  und  Pathogenese  der 
Periostitis  dentalis.  (Aus  dem  Institute  für  pathologische 
Histologie  und  Bakteriologie  in  Wien.  Oest.-Ung.  Vierteljahrs- 
schrift für  Zahnheilkunde.  Jahrgang  IX.  Heft  II.) 

Während  sämtliche  Autoren  darüber  einig  sind,  daß  sowohl  die 
Periostitis  dentalis  wie  die  Pulpitis  infektiösen  Ursprungs  ist,  finden 
sich  über  die  Natur  der  Erreger  selbst  keine  näheren  Angaben.  Verf. 
untersuchte  deshalb  20  Fälle  von  Periostitis  und  Pulpitis  und  fand 
dabei  den  Diplococcus  pneumoniae  8 mal  in  Reinkultur  und 
7 mal  mit  Staphylococcus  pyogenes  albus  zusammen,  3 mal 
den  Staphylococcus  pyogenes  albus,  je  lmal  den  Staphy- 
lococcus pyogenes  aureus  und  den  Streptococcus  pyo- 
genes in  Reinkultur.  Also  ist  der  Diplococcus  pneumoniae, 
der  ja  auch  in  der  Mundhöhle  oft  gefunden  wird,  ein  häufiger 
Erreger  der  Periostitis  dentalis,  die  Erkältung  wirkt  dabei 
als  prädisponierendes  Moment.  Der  von  Müller  beschriebene 
Bacillus  pulpae  pyogenes  dagegen,  sowie  die  von  diesem 
Forscher  und  anderen  aus  der  Mundhöhle  rein  gezüchteten,  für  Tiere 
pathogenen  Mikroorganismen  kommen  für  die  Pathogenese  der  Pulpitis 
und  Periostitis  nach  der  Ansicht  des  Verf.’s  kaum  in  Betracht. 

Dieudonnö  (Berlin). 

Frank,  B.,  Ueber  ein  parasitisches  Cladosporium  auf 
Gurken.  (Zeitschrift  für  Pflanzenkrankh.  Bd.  III.  1893.  Heft  1. 
p.  30-31.) 

Auf  den  Früchten  der  Gurkenpflanzen  einer  Gärtnerei  bei  Berlin 
trat  im  Sommer  1892  eine  Krankheit  auf,  welche  die  Gurkenernte 
völlig  vernichtete,  während  die  Blätter  gesund  blieben. 

Auf  den  kranken  Flecken  fand  Verf.  ein  von  ihm  als  CI.  cucu- 
meris  bezeichnetes  Cladosporium,  dessen  Hyphen  im  grünen 
Rindengewebe  der  Frucht  sich  unter  Abtöten  desselben  ausbreiten. 

Die  Conidien  zeigten  nach  Aussaat  in  Pflaumendekokt  hefeartige 
Sprossung;  anderweitige  Fortpflanzungsorgane  fanden  sich  nicht  vor. 
Versuche,  durch  Anwendung  von  Bordeauxbrühe  der  Krankheit  Ein- 
halt zu  thun,  waren  erfolglos,  da  die  Erkrankung  trotzdem  schnell 
um  sich  griff  und  der  Pilz  gegen  Kupfersalze  somit  sehr  widerstands- 
fähig zu  sein  scheint.  Webmer  (Hannover). 

Frank,  Ueber  die  Befallung  desGetreides  durch  Clado- 
sporium und  Phoma.  (Zeitschrift  für  Pflanzenkrankh.  Bd.  III. 
1893.  Heft  1.  p.  28—30.) 

Verf.  macht  Mitteilung  über  eine  Reihe  von  Fällen,  in  denen 
Cladosporium  herbarum  und  Phoma  Hennebergii  para- 
sitisch auf  Getreide  (Weizen,  Roggen)  beobachtet  wurde,  und  bemerkt, 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  441 


daß  das  häufigere  Auftreten  derselben  entweder  auf  eine  Steigerung 
des  parasitären  Charakters  derselben  hinweise  oder  Folge  des  Ein- 
tretens äußerer  Bedingungen  sei,  welche  dieses  Verhalten  begünstigen. 

Wehm  er  (Hannover). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Gatti , G.,  Süll’  aumento  del  potere  microbicida  del 
sanguedurantelainfezione.  (La  Rif.  med.  1893.  p.  187, 
188.) 

Um  den  Grad  des  baktericiden  Vermögens,  welches  das  Blut 
während  einer  Infektion  erlangt,  zu  prüfen,  wurden  Tieren  (Kaninchen) 
sowohl  unmittelbar  vor  als  auch  nach  erfolgter  Infektion  bestimmte 
Blutmengen  entzogen  und  das  aus  denselben  gewonnene  defibrinierte 
Blut  oder  Blutserum  mit  demselben  Mikroorganismus  geimpft,  mit 
welchem  die  Infektion  geschah.  Die  Zahl  der  aus  diesem  Blute  oder 
Serumproben  auf  in  bestimmten  Zeitabschnitten  gegossenen  Agar- 
platten aufgekeimten  Kolonieen  diente  als  Maßstab  für  die  mikrobi- 
cide  Kraft  des  Blutes. 

Die  in  dieser  Weise  mit  Pneumokokken  und  Milzbrand  ange- 
stellten  Versuche  ergaben,  daß  das  Blut  thatsächlich  während  der 
Infektionsdauer  eine  Steigerung  des  baktericiden  Vermögens  zeigt  und 
daß  das  letztere  erst  zum  Schlüsse  der  Infektion  abnimmt.  Dieses 
baktericide  Vermögen  äußert  sich  nicht  in  Abtötung  einer  bestimmten 
Zahl  der  eingeführten  Mikroorganismen,  sondern  eines  bestimmten 
Prozentsatzes  derselben.  Kamen  (Czernowitz). 

Corzolino,  V.,  La  microcidina  ed  il  cloruro  di  sodia  per 
i processi  microbici  massime  piooge  n i d e 1 1 ’ orecchio, 
del  naso  e della  gola.  (La  Rif.  med.  1893.  p.  200.) 

Auf  Grund  zahlreicher  therapeutischer  Versuche  zumeist  eiteriger 
Krankheiten  des  Ohres,  der  Nase  und  des  Rachens  mit  dem  von 
Berlioz  im  Jahre  1890  erfundenen  Mikrocidin,  welches  aus  Naph- 
thol  ß und  Aetznatron  besteht,  erklärt  C.  dasselbe  für  ein  wertvolles 
antiseptisches  Mittel,  welches,  ohne  irgend  welche  Reizungserscheinungen 
hervorzurufen,  in  1 — 5-promilligen  Lösungen  mehr  leistet,  als  4 — 
5-proz.  Borsäurelösungen. 

Das  ebenfalls  von  ihm  geprüfte  Chlornatrium  wirkt  in  10 — 
15-proz.  Lösung  antiseptisch,  jedoch  wesentlich  langsamer  und  könnte 
daher  wohl  nur  in  der  Armenpraxis  Verwendung  finden. 

Kamen  (Czernowitz). 

Bonaduce,  Ueber  Beziehungen  des  Blutserums  von 
Tieren  zur  natürlichen  Immunität.  [Aus  dem  bakteriol. 
Laborator,  der  Zool.  Stat.  zu  Neapel.]  (Ziegler’s  Beiträge  zur 
pathol.  Anat.  u.  allg.  Pathol.  Bd.  XII.  Heft  3.  p.  353.) 


442  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Nach  B.’s  Untersuchungen  entspricht  für  dieselbe  Infektion 
(Milzbrand)  das  größere  oder  geringere  keimtötende  Vermögen  des 
Serums  der  verschiedenen  Tiere  in  den  meisten  Fällen  (Meer- 
schweinchen, Kaninchen),  aber  nicht  immer  (Hunde)  der  ungleichen 
Empfänglichkeit  der  Tiere  für  die  betr.  Bacillen.  Betrachtet  man 
ferner  die  verschiedenen  Infektionen  desselben  Tieres  (Kanin- 
chen), so  entspricht  auch  hier  die  Eigenschaft  des  Serums  als  Nähr- 
boden für  gewisse  Bakterien  allerdings  der  größeren  oder  geringeren 
Empfänglichkeit  (Milzbrand,  Hühnercholera,  Hogcholera,  Rotz),  für 
andere  jedoch  nicht  (Diphtherie).  — Die  Verminderung  der  Alkalinität 
des  Serums  konnte  die  keimtötende  Kraft  desselben  nicht  konstant 
vernichten;  ebensowenig  gelang  dies  in  konstanter  Weise  durch 
längere  Erwärmung  auf  55°.  (Diese  Inkonstanz  der  durch  die  Er- 
wärmung ausgeübten  Wirkung  erklärt  die  widersprechenden  Resultate 
von  Büchner,  welcher  die  keimtötende  Kraft  durch  Erwärmung 
zerstörte,  und  von  Pane,  welchem  dies  nicht  gelang.)  Im  Gegensätze 
zu  Lubarsch  fand  B.,  daß  das  Serum  des  Kaninchens,  außerhalb 
des  Körpers  bei  Körpertemperatur  aufbewahrt,  ziemlich  schnell  die 
ihm  vorher  innewohnende  keimtötende  Kraft  verlor.  — Auch  B. 
konnte  im  Körper  der  abgestorbenen  Bacillen  zwei  verschiedene  Sub- 
stanzen nachweisen,  von  welchen  die  zuerst  auftretende  die  Wirkung 
der  Schutzstoffe  des  Tierkörpers,  der  Alexine,  paralysierte  (Lysine), 
während  die  später  auftretenden  entwickelungshemmend  auf  die 
Bakterien  wirkten  (Antilysine).  Wenn  also  in  Blutserum  zugleich 
mit  lebenden  Bakterien  abgestorbene  derselben  Art  gebracht  wurden, 
so  erfolgte  zunächst  eine  stärkere  Entwickelung  als  im  Koutrollserum, 
welches  nur  mit  lebenden  Bakterien  beschickt  war;  nach  einiger  Zeit 
kehrte  sich  jedoch  das  Verhältnis  um.  Emulsionen  von  toten  Milz- 
brandbacillen, 6—9  Stunden  bei  58 — 60°  gehalten,  verliehen  Meer- 
schweinchen gegenüber  der  Milzbrandinfektion  sicheren  Impfschutz. 

W.  Petersen  (Zürich). 

Brieger,  L.,  und  Colin,  Gr.,  Beiträge  zur  Konzentrierung 
der  gegen  Wundstarrkrampf  schützenden  Substanz 
aus  der  Milch.  (Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektionskrank- 
heiten. Bd.  XV.  Heft  3.  p.  339  ff.) 

Als  Versuchstiere  verwandten  die  beiden  Autoren  Ziegen,  und 
zwar  wegen  der  übergroßen  Empfindlichkeit  trächtiger  Tiere  dies- 
mal 2 — 3-jährige  einige  Wochen  nach  dem  Wurfe.  Es  wurde  nun 
versucht,  die  Grundimmunität  dadurch  herzustellen,  daß  dem  Tiere 
das  mittelst  Ammoniumsulfat  hergestellte  Rohtetanusgift  injiziert 
wurde.  Trotz  größter  Vorsicht  erlagen  die  Tiere.  Es  zeigte  sich 
dabei,  daß  von  dem  Gifte,  welches  in  einer  Dosis  von  0,000001  g 
eine  Maus  in  4 Tagen  tötete,  für  Ziegen  0,00012  g die  krank 
machende,  0,00024  g die  eben  tötliche  und  0,00043  die  rapid 
tötende  Dosis  ist.  Da  es  sich  als  schwierig  erwies,  die  Tiere  an  der 
Klippe  der  letalen  Dosis  unbeschadet  vorbeizuführen,  so  zogen  es 
die  Verff.  vor,  ihre  Tiere  nunmehr  nach  der  Methode  von  Behring 
durch  Einverleibung  abgeschwächter,  allmählich  sich  steigender  Dosen 
von  Tetanuskulturen  zu  immunisieren.  Auch  so  erwies  es  sich  dann  noch 
als  sehr  schwierig,  die  Tiere  über  die  letale  Dosis  hinwegzubringen 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  443 


und  bedurfte  es  einer  Zeit  von  2 Monaten,  erst  dann  konnten  die 
Injektionen  von  Rohgift  benutzt  werden.  Um  nicht  durch  das 
AmmoDiumsulfat  üble  Zufälle  heraufzubeschwören,  wurde  das  Rohgift 
durch  24-stündiges  Dialysieren  möglichst  von  demselben  befreit.  Diese 
ganze  Behandlungsmethode  rühmen  die  Verff.  sehr,  denn  sie  ge- 
statteten ein  Giftmaterial  von  stets  gleichbleibender  Giftwirkung  und 
darum  auch  genauerer  Dosierung  anzuwenden,  nur  mußte  die  Vor- 
sicht gebraucht  werden,  daß  das  fein  gepulverte  Gift  sorgsamst  vor 
Licht  und  Luft  und  besonders  vor  jeder  Spur  Feuchtigkeit  geschützt 
wurde,  deshalb  mußte  auch  die  Schwefelsäure  im  duüklen  Exsiccator 
sehr  oft  erneuert  werden.  20  g dieses  Giftes  hatten  denn  genügt, 
eine  ziemlich  hohe  Immunität  zu  erreichen,  so  daß  der  Milchwert 
schließlich  90 (XX)  Immunitätseinheiten  erreichte.  Auffallend  war,  daß 
eine  Verdoppelung  der  Giftdosen  nicht  die  gleiche,  sondern  nur  eine 
geringere  Zunahme  der  Schutzsubstanz  bedingte. 

Bei  der  Konzentrierung  der  Schutzsubstanz  aus  der  Milch  der 
Ziege  wurde  die  Erfahrung  gemacht,  daß  die  Wertigkeit  der  aus  der 
Molke  dargestellten  wirksamen  Präparate  nicht  proportional  dem 
Gehalte  der  Milch  an  Antikörpern  zunimmt,  sondern  geringer  bleibt, 
wofür  aber  quantitativ  mehr  gewonnen  wurde. 

Zur  Erleichterung  der  Verarbeitung  der  Molke  wurde  diese  durch 
Zusatz  von  3 Teilen  Tetrachlorkohlenstoff  und  1 Teil  Chloroform  und 
tüchtiges  Durchschütteln  geklärt.  Durch  32  Proz.  Ammoniumsulfat 
wurden  sämtliche  Antikörper  gefällt.  Der  Niederschlag  wird  gelöst 
und  mit  basischem  Bleiacetat  in  schwach  alkalischer  Lösung  versetzt. 
Der  Bleiniederschlag  wird  mit  schwach  alkalischem  Wasser  gewaschen, 
die  abfiltrierte  Flüssigkeit  sowie  das  Waschwasser  mit  Ammonium- 
sulfat gesättigt  und  der  nun  entstehende  Niederschlag  in  wenig  Wasser 
gelöst.  Der  hieraus  durch  Sättigung  mit  Ammouiumsulfat  resul- 
tierende Niederschlag  wird,  auf  Thon  gestrichen,  im  Vacuum  getrocknet. 
Da  das  in  dieser  Masse  enthaltene  Antitoxin  durch  Pergament  im 
strömenden  Wasser  diffundiert,  so  mußten  die  Salze  durch  ein 
Schlemmverfahren  entfernt  werden.  Wurde  das  Pulver  mit  reinem 
Chloroform  gut  geschüttelt,  so  schwimmt  es  an  der  Oberfläche, 
während  die  Salze  zu  Boden  sinken.  Dieses  Präparat  besaß  zuletzt 
einen  Immunitätswert  von  25000000.  Zwecks  weiterer  Reinigung 
wurde  der  mit  Blei  behandelte  Antikörper  dann  dem  fraktioniertem 
Aussalzen  mit  verschiedenen  Neutralsalzen  unterworfen,  und  zwar  durch 
successives  Sättigen  mit  Kochsalz,  phosphorsaurem  Natron  und 
Ammoniumsulfat.  Dann  wurden  Antikörper  im  Werte  von  55000000 
gewonnen. 

Versuche  an  Mäusen  mit  diesem  Antitoxin  ließen  erkennen : 

1)  daß  auch  die  Antikörper  der  Milch  gegenüber  dem  Tetanusgifte 
Heilkraft  entfalten; 

2)  daß  die  nach  Einverleibung  des  Tetanusgiftes  dem  unabwendbaren 
Tode  verfallenen  Mäuse  noch  sicher  gerettet  werden  können, 
wenn  die  tetanischen  Symptome  noch  nicht  zum  Ausbruche  ge- 
langt sind; 

3)  daß  auch  nach  dem  Auftreten  tetanischer  Symptome  selbst  30 
Stunden  nach  stattgehabter  Intoxikation  mit  dem  Tetanusgifte 
der  Tetanus  gehoben  werden  kann; 


444  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


4)  daß  selbst  48  Standen  nach  der  Vergiftung  der  Eintritt  des 
Todes  stark  verzögert  wird ; 

5)  daß  aber  selbst  bedeutende  Mengen  unseres  Antitoxins  nicht  den 
Ausbruch  tetanischer  Symptome  zu  hindern  vermögen,  wenn  die 
Behandlung  5 Stunden  nach  der  Vergiftung  beginnt. 

Die  für  einen  Menschen  lebensrettende  Dosis  des  Antitoxins 
würde  50  g betragen,  vorausgesetzt,  daß  die  tötliche  Intoxikation  die 
entsprechend  gleiche  wie  bei  den  Mäusen  ist. 

Wenige  Mäuse,  denen  Tetanussplitter  unter  die  Haut  geschoben 
wurden,  erlagen  aber  merkwürdigerweise  trotz  Anwendung  der  50000- 
fachen  Menge  der  immunisierenden  Dosis.  0.  Voges  (Danzig). 


TVladimiroff,  Ueber  die  antitoxinerzeugende  und  im- 
munisierende Wirkung  des  Tetanusgiftes  beiTieren. 
(Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV.  1893. 
Heft  3.  p.  405  ff.) 

Verf.  sucht  in  einer  langen  Versuchsreihe  die  Empfänglichkeit 
verschiedener  Tierarten  für  das  Tetanusgift  vergleichsweise  festzu- 
stellen. Als  Impfmaterial  benutzte  er  eine  Bouillonkultur,  welche 
3 Tage  nach  dem  Karbolzusatze  einen  Wirkungswert  von  1:500000 
für  Mäuse  hatte.  Er  prüfte  dann  das  Verhalten  des  Giftes  im  Körper 
von  Mäusen,  weißen  Ratten,  Meerschweinchen,  Kaninchen  und  Ziegen. 
Es  ergab  sich  als  minimale  tötliche  Dosis  für 
Weiße  Maus  1:500000, 

Weiße  Ratte  1 : 50000, 

Meerschweinchen  1 : 1 000  000, 


Kaninchen  mehr  als  1:24000, 
Ziege  1 : 250000. 

Dieses  ergiebt  in  absoluter  Zahl 
Weiße  Mäuse 
Weiße  Ratte 
Meerschwein 


Ziege 


ausgedrückt 
0,00008  ccm 
0,004 

0,0002  „ 
0,1 


Mittelgroßes  Kaninchen  5,0  „ 

Im  weiteren  Verlaufe  der  Darstellung  berichtet  W.  dann  über 
Versuche  an  3 Ziegen,  durch  welche  der  Beweis  geliefert  wurde,  daß 
die  Produktion  von  Tetanusantitoxin  im  Organismus  der  Ziegen  nicht 
davon  abhängig  gedacht  werden  muß,  daß  diese  Tiere  ihrerseits 
eine  erhöhte  Widerstandsfähigkeit  erlangen,  sondern  daß  Antitoxin 
auch  dann  produziert  wird,  wenn  infolge  der  Tetanusgiftwirkung  die 
ursprüngliche  Giftwiderständigkeit  herabgesetzt  wird.  Hierbei  nimmt 
Verf.  Gelegenheit,  die  Anschauung,  die  Behring  neuerdings  über 
die  sogenannte  Ueberempfindlichkeit  ausgesprochen  hat,  in  gedrängter 
Kürze  zu  besprechen.  Die  durch  gelöstes  Antitoxin  bedingte  Gift- 
widerständigkeit ist  transitorisch  im  Gegensätze  zu  der  von  Natur 
vorhandenen  dauernden  Unempfindlichkeit,  letztere  ist  aber  abhängig 
von  dem  Verhalten  der  belebten  Teile  des  Organismus.  Unterempfind- 
lich ist  ein  Individuum,  wenn  seine  Giftwiderständigkeit  erhöht,  über- 
empfindlich, wenn  sie  herabgesetzt  ist.  Ist  durch  Vorbehandlung  ein 
Individuum  überempfindlich,  so  ist  die  toxische  Minimaldosis  für 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  445 


dasselbe  geringer  als  für  das  nicht  behandelte  Individuum  derselben 
Gattung.  Dieses  geht  so  weit,  daß  ein  Tier,  ohne  selbst  Gift- 
immunität erlangt  zu  haben,  in  seinem  Blute  so  viel  transitorische 
Antitoxine  enthalten  kann,  daß  dasselbe  andere  Tiere  gegen  das 
Gift  schützen  kann.  Diese  Versuche  lassen  zur  Evidenz  die  merk- 
würdige Thatsache  erkennen,  daß  ein  Individuum,  ohne  selbst  Gift- 
immunität erlangt  zu  haben,  ein  Blut  liefern  kann,  mit  dem  man  im- 
stande ist,  andere  Individuen  gegen  das  Gift  zu  schützen. 

In  einer  dritten  Versuchsreihe  führt  Verf.  dann  aus,  daß  bei 
weißen  Mäusen  die  Giftdosen  nicht  unter  ein  gewisses  Minimum 
heruntergehen  dürfen,  wenn  mittelst  derselben  die  Widerstandsfähig- 
keit gegen  das  Tetanusgift  erhöht  werden  soll.  Es  werden  diese 
Schlüsse  durch  ausgedehntes  Tabellenmaterial  belegt  und  geht  aus 
demselben  auch  noch  hervor,  daß  es  bei  dem  Immunisierungsverfahren 
nicht  darauf  ankommt,  daß  man  hinter  einer  gewissen  minimalen 
Dosis  nicht  zurückbleibt,  sondern  daß  dabei  auch  die  zeitliche  Ver- 
teilung der  Giftapplikation  eine  hervorragende  Rolle  zu  spielen 
scheint.  0.  Voges  (Danzig). 

Bruschettin^A.jL’immunitä  sperimentalenell’influenza. 
Ia  serie  di  ricerche.  (La  Rif.  med.  1893.  p.  163.) 

Auf  Grund  zahlreicher  Versuche  kommt  B.  zu  dem  Schlüsse, 
daß  es  möglich  ist,  Kaninchen  gegen  die  toxische  Wirkung  der  In- 
fluenzabacillen zu  immunisieren.  Das  zu  diesem  Zwecke  geeignetste 
Mittel  fand  er  in  filtrierten  Blutkulturen,  welche  in  einer  auf  60 — 
72  Tage  verteilten  Gesamtmenge  von  40 — 60  ccm  die  Tiere  selbst 
gegen  größere  Quantitäten  vollvirulenter  Blutkulturen  immun  machten, 
als  welche  notwendig  sind,  um  den  Tod  der  Kontrolltiere  binnen 
wenigen  Tagen  herbeizuführen.  Das  Blutserum  der  immunisierten 
Tiere  besitzt  ein  ausgesprochenes  antitoxisches,  keineswegs  aber  auch 
ein  baktericides  Vermögen ; es  gelingt  aber  durch  Injektionen  eines 
solchen  Serums  (ä  3 ccm  subkutan)  Kaninchen,  bei  welchen  2 Tage 
vorher  durch  intracheale  Einimpfung  virulenter  Influenzabacillen  die 
schwersten  Formen  von  Influenza  erzeugt  wurden,  vor  dem  sonst  un- 
ausbleiblichen Absterben  zu  retten.  Kamen  (Czernowitz). 

Klipstein,  E.,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera-  und 
Typhusbakterien  im  Torfmull  mit  Säurezusätzen. 
(Hygienische  Rundschau.  1893.  No.  24.  p.  1093  ff.) 

Anschließend  an  seine  gemeinsam  mit  Fraenkel  in  Marburg 
veröffentlichten  Untersuchungen  über  die  Desinfektionskraft  des  Torf- 
mulls berichtet  Verf.  über  neue  Versuche  mit  diesem  Substrat.  Als 
Prüfstein  wurde  Cholera  uud  Typhus  benutzt. 

Cholerakulturen  wurden  in  Wasser  aufgeschwemmt,  dann  auch 
mit  Fäkalien  und  Urin  gemischt  und  diese  verschiedenen  Medien 
untersucht.  Da  es  sich  herausgestellt  hatte,  daß  die  Desinfektions- 
kraft des  Torfmulls  fast  nur  von  der  in  demselben  enthaltenen 
Säure  abhinge,  so  war  es  wahrscheinlich,  daß  eine  Steigerung  dieses 
Säurezusatzes  die  Desinfektionswirkung  noch  erhöhen  mußte.  In  der 
That  zeigte  sich,  daß  die  von  Fedor  Wolff  & Co.  Helenaveen  in 


446  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Holland  fabrikmäßig  hergestellte  2 Proz.  60-proz.  Schwefelsäure- 
Torfmallmischung  Choleravibrionen  in  2 — 7 Stunden  meist  prompt 
tötete.  Es  war  wünschenswert,  den  Säuregrad  noch  weiter  zu  steigen. 
Dabei  mußte  aber  erst  geprüft  werden,  ob  das  Aufsaugungsvermögen 
des  Torfmulls  durch  den  stärkeren  Säuregrad  nicht  litte.  Es  stellte 
sich  heraus,  daß  dieser  Verlust  nur  ein  unbedeutender  war  bei  ein 
und  derselben  Torfsorte,  daß  jedoch  das  Wasseraufnahmevermögen 
der  einzelnen  Torfsorten  ganz  erheblichen  Schwankungen  unterworfen 
ist.  Die  Schwefelsäure  wurde  nun  noch  in  4,  6 und  10  Proz.  zu- 
gesetzt. Der  Stuhl  wurde  sowohl  in  frischem,  schwach  alkalischem 
Zustande,  wie  auch  nach  langem  Stehen  bei  stark  alkalischer  Reaktion 
verwandt.  Es  zeigte  sich  eine  bemerkenswerte  Differenz  der  Lebens- 
dauer der  Keime,  je  nachdem  sie  in  Wasser  oder  in  Fäkalien  verteilt, 
dem  Torfmull  zugeführt  wurden,  dann  aber  auch  ein  erheblicher 
Unterschied  der  durch  die  Benutzung  verschiedener  Faeces  und  Urine 
bei  sonst  gleichen  Versuchsbedingungen  bewirkt  wurde.  Die  in 
Wasser  suspendierten  Keime  starben  um  so  schneller  ab,  je  stärker 
der  Säuregrad  (bei  10  Proz.  H2S04  schon  nach  10  Minuten).  Bei 
den  Fäkaluringemischen  kam  vor  allem  die  Alkalescenz,  wodurch  eine 
größere  oder  kleinere  Säuremenge  neutralisiert  wurde,  in  Betracht, 
daneben  aber  auch  die  sonstige  Beschaffenheit  der  Stühle,  so  daß  die 
Absterbezeit  bald  1,  bald  12  Stunden  dauert,  nach  20  Stunden  wurden 
jedoch  durch  Peptonkultur  keine  lebenden  Cholerakeime  mehr  kon- 
statiert. 

Weit  günstigere  Resultate  als  der  Schwefelsäuretorfmull  lieferte 
jedoch  das  von  Dr.  Meyer  in  Dömitz  a.  E.  erhaltene,  Phosphorsäure 
enthaltende  Torfmullpräparat.  15  Minuten  genügten,  um  in  den 
Gemischen  die  Keime  mit  Sicherheit  abzutöten. 

Neben  den  Cholerakeimen  wurde  noch  der  für  die  Desinfektion 
der  menschlichen  Stühle  wichtige  Typhusbacillus  auf  seine 
Lebensenergie  hin  untersucht.  Da  derselbe  aber  aus  den  Bakterien- 
gemengen nur  schwer  wiederzufinden  ist,  so  wurden  sterilisierte 
Medien  angewandt  und  mit  Reinkulturen  gearbeitet.  Verf.  sucht 
dabei  gleichzeitig  den  Nachweis  zu  liefern,  daß  diese  Versuchs- 
anordnung auf  die  erhaltenen  Resultate  ohne  Belang  sei.  In  4-proz. 
Schwefelsäuretorfmull  waren  die  Bakterien  nach  9 — 24  Stunden  noch 
lebensfähig,  nach  2 Tagen  aber  sicher  vernichtet,  in  allen  stark 
alkalischen  Stühlen  erhielten  sie  sich  aber  bis  zu  6 Tagen.  10-proz. 
Schwefelsäuretorfmull  ließ  nach  12-stündiger  Einwirkung  keine  Typhus- 
keime mehr  aufkommen.  In  dem  10-proz.  Phosphorsäuretorfmull 
wurden  die  Typhusbacillen  mit  Sicherheit  schon  nach  6 — 10  Stunden 
abgetötet,  auch  wenn  die  Stühle  bereits  stark  alkalisch  waren. 

Als  Facit  glaubt  Verf.  die  Einführung  der  in  Rede  stehenden 
Torfmullpräparate  vom  Standpunkte  der  Hygiene  durchaus  empfehlen 
zu  sollen,  zumal  ähnliche,  ja  noch  günstigere  Resultate  von  Stutzer 
und  Burri  in  Bonn  vorliegen.  O.  Voges  (Danzig). 

Salus,  H.,  Ueber  das  Verhalten  der  Choleravibrionen 
im  Taubenkörper  und  ihre  Beziehungen  zum  Vibrio 
Metschniko  vi.  (Archiv  f.  Hygiene.  Bd.  XIX.  1893.  Heft  4.) 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  447 


Es  handelt  sich  in  der  vorliegenden  Arbeit  um  eine  Nachprüfung 
und  Berichtigung  von  Forschungen,  die  Pfeiffer  und  Nocht  vor 
einiger  Zeit  in  der  Zeitschrift  für  Hygiene  unter  ähnlichem  Titel 
veröffentlichten  und  welche  zu  dem  Resultate  geführt  hatten,  daß  der 
Vibrio  Metschnikovi  für*Tauben  ganz  außerordentlich  pathogen 
ist,  während  die  Cholerabakterien  für  diese  Tiere  so  gut  wie  gar 
keine  Virulenz  besitzen,  daß  es  ferner  möglich  ist,  Meerschweinchen 
und  Tauben  gegen  Vibrio  Metschnikovi  zu  immunisieren  und 
daß  eine  wechselseitige  Immunität  der  mit  Vibrio  Metschnikovi 
vorgeimpften  Tiere  gegen  Cholera  asiatica  und  umgekehrt  nicht  besteht. 

Die  Versuche  des  Verf.’s  beschäftigen  sich  mit  dem  Verhalten 
der  Cholerabakterien  gegen  Tauben  und  mit  den  Wechselbeziehungen 
der  Cholerakeime  zu  dem  Vibrio  Metschnikovi.  Die  ersten 
Kulturen,  mit  denen  experimentiert  wurde,  stammten  aus  Hamburg. 
Dieselben  bewiesen  sich  in  der  ersten  Zeit  nur  mäßig  virulent,  inso- 
fern zur  sicheren  Infektion  eines  Meerschweinchens  circa  1/3,  zur 
Infektion  einer  Taube  circa  1/2  Agarkultur  notwendig  waren.  Von 
zwei  aus  München  mitgebrachten  Kulturen  zeigte  die  eine  keine 
größere  Virulenz,  als  die  vorerwähnten,  während  der  anderen  die 
Eigentümlichkeit  zukam,  eine  besonders  deutlich  septikämisch  ver- 
laufende Tiercholera  zu  veranlassen. 

Die  mit  großer  Sorgfalt  vorgenommenen  Experimente  berechtigen 
den  Verf.  zu  folgenden  Schlüssen  bezüglich  des  Verhaltens  der 
Tauben  gegenüber  der  Infektion  mit  dem  Ko ch’schen  Vibrio:  Der- 
selbe besitzt  im  virulenten  Zustande  auch  für  Tauben  eine  sehr  hohe 
Virulenz.  Die  durch  die  Cholerabacillen  erzeugte  Erkrankung  beruht 
bei  Tauben  auf  Infektion,  die  eingebrachten  Keime  vermehren  sich 
lebhaft  im  Blute;  der  Prozeß  verläuft  als  Septikämie. 

Was  das  Verhalten  der  mit  Cholera  immunisierten  Tauben  gegen 
den  Vibrio  Metschnikovi  und  umgekehrt  betrifft,  so  bestätigte 
sich  die  Angabe  Pfeiffer’s,  daß  es  leicht  gelingt,  Meerschweinchen 
und  Tauben  gegen  den  Vibrio  Metschnikovi  zu  immunisieren. 
War  es  erst  gelungen,  Tauben  gegen  einen  der  beiden  geprüften 
Vibrionen  zu  immunisieren,  so  vertrugen  dieselben  auch  die  Impfung 
mit  dem  anderen  Vibrio:  dabei  ergab  sich  jedoch  eine  quantitative 
Ueberlegenheit  des  Vibrio  Metschnikovi  insofern,  als  bei  nicht 
hoch  immunisierten  Tieren  nach  Ueberstehen  der  Infektion  mit 
Vibrio  Metschnikovi  ein  Keimschutz  gegen  den  Vibrio 
Kochi  sicher  bestand,  während  ein  mit  Cholera  nur  mäßig  vor- 
geimpftes Tier  die  nachträgliche  Infektion  mit  dem  Vibrio  Metsch- 
nikovi nicht  überlebte.  Dagegen  vermochten  5 Tauben,  die,  mit 
Cholerakeimen  vorgeimpft,  einen  hohen  Grad  von  Immunität  gegen 
diese  Vibrionen  erreicht  hatten,  eine  Impfung  mit  Vibrio  Metsch- 
nikovi sehr  wohl  zu  überstehen.  Daß  so  behandelte  Tiere  nach 
Ueberstehen  der  Infektion  mit  Vibrio  Metschnikovi  auch  wieder 
Impfungen  mit  Vibrio  Kochi  überstehen,  ist  natürlich. 

Hieraus  ergiebt  sich,  daß  man  sehr  wohl  eine  wechselseitige 
Immunität  der  mit  dem  Vibrio  Metschnikovi  vorgeimpften 
Tiere  gegen  den  Vibrio  cholerae  und  umgekehrt  erzeugen  kann 


448  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


urnl  daß  eine  sehr  nahe  Anverwandtschaft  «wischen  diesen  beiden 
Vibrionen  bestehen  maß.  Maaß  (Freiburg  i.  B.). 

Jolles,  Maximilian,  Ueber  die  Desinfektionsfähigkeit 
von  Seifenlösungen  gegen  Cholerakeime.  (Zeitschrift 
für  Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XV.  1894.  Heft  3. 
p.  460—473.) 

Die  im  chemisch-mikroskopischen  Laboratorium  von  Max  und 
Adolf  Jolles  in  Wien  augestellten  Untersuchungen  kommen  zu 
folgendem  Schlüsse:  Die  Lösungen  der  einzelnen  Seifengattungen 
zeigen  unter  den  gleichen  Bedingungen,  d.  h.  der  gleichen  Temperatur, 
gleichen  Wirkungsdauer  und  gleicher  Konzentration  hinsichtlich  ihrer 
Desinfektionsenergie  gegeu  die  Cholerabakterien  nur  unbedeutende 
Differenzen.  Sie  sind  als  Choleradesinfektionsmittel  für  alle  Fälle, 
wo  Seifenlösungen  anwendbar  sind,  sämtlich  fast  gleich  brauchbar. 
Ihr  großer  Vorzug  vor  anderen  Desinfektionsmitteln  besteht  in  der 
Leichtigkeit  der  Beschaffung,  der  Anwenduugsweise  und  der  völligen 
Ungefährlichkeit. 

Die  Seifen  waren  bezeichnet  als  Kaliwaschseife,  Kalilysolseife, 
Glycerinseife,  Ledatoiletteseife  und  Rasierseife;  die  Fettsäuren  be- 
wegten sich  um  67  Proz.,  die  Alkalien  um  9,5  Proz.,  das  freie  Alkali 
schwankte  von  0,004  Proz.  bis  zu  0,065  Proz.  Von  jeder  Seife  wurden 
in  einer  Versuchsreihe  je  10  verschiedene  Lösungen  von  1 — 10  Proz. 
hergestellt,  eine  zweite  operierte  mit  Lösungen  von  0,1 — 0,9  Proz. 
u.  s.  w.,  die  Einwirkungsdauer  schwankte  von  momentaner  bis  zu 
24  Stunden,  wobei  die  Temperaturgrade  u.  s.  w.  verändert  wurden. 
Ausführliche  Tabellen  geben  genauen  Aufschluß  auf  die  gewonnenen 
Resultate.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Yillard,  Fernand,  De  quelques  mesures  prophylactiques 
prises  pendant  l’6pidemie  de  cholßrade  1892.  [These.] 
4°.  71  p.  Paris  1893. 

In  Bezug  auf  die  zwei  Choleraepidemieen  von  1892  behauptet 
Verf.,  daß  die  der  Bannlinie  von  Paris  an  Ort  und  Stelle  entstanden 
sei,  während  die  andere  ihren  Ursprung  in  dem  nordwestlichen  Teile 
Ostindiens  genommen  habe  und  über  Baku  nach  Europa  auf  dem 
Verkehrswege  verschleppt  sei. 

Um  die  allseitig  geübte  Quarantaine  zu  einer  wirklich  wirksamen 
zu  gestalten,  sei  unbedingt  ein  geschultes  Personal  notwendig,  welches 
mit  der  Desinfektion  umzugeheu  wisse,  widrigenfalls  die  Maßregeln 
als  verfehlte  bezeichnet  werden  müssen. 

Vor  allem  sei  ferner  dem  Wasser  große  Aufmerksamkeit  zu 
schenken,  durchseuchtes  oder  auch  nur  verdächtiges  Wasser  keines- 
falls zu  gebrauchen  und  der  Verwendung  desselben  selbst  mit  Gewalt- 
maßregeln entgegenzutreten.  Im  Notfälle  des  Gebrauches  sei 
mindestens  eine  Zerstörung  der  Keime  durch  eine  hinreichende  Des- 
infektion vorzunehmen.  Ferner  redet  Verf.  der  Leichenverbrennung 
das  Wort  und  erhofft  von  ihr  Einschränkung  der  Seuche. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


Neue  Litteratur. 


449 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

Dr.  Arthur  Würzburg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Beauregard,  H,  Le  microscope.  12°.  Paris  (Masson)  1893.  2,50  fr. 

Grancher,  M.,  Pasteur  et  la  medeeine  contemporaine.  (Arch.  de  med.  experim.  1894. 
No.  1.  p.  121—150.) 

Biologie. 

(Gäruug,  Fäulnis,  StofiFwechselprodukte  usw.) 

Hanausek,  T.  F.,  Thermogene  Bakterien  als  Erzeuger  der  Selbsterhitzung.  (Ztschr.  f. 
Nahrungsmittel-Untersuchung.  1894.  No.  2.  p.  15 — 16.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Glaser,  L.,  Ueber  Brunnenanlagen  und  Standgefäße  für  gekochtes  Wasser  auf  Grund 
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1894.  2 M. 

Nahrungs-  und  Genussmittel , Gebrauchsgegenstände. 

Chavane,  A.,  Sterilisation  du  lait.  (Arch.  de  tocol.  1894.  No.  1.  p.  38 — 52.) 
Kramsztyk,  J.,  Sterilisation  oder  Pasteurisation?  Ein  Beitrag  zur  Sterilisationsfrage 
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Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Malariakrankheiten. 

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Exanthemati8che  Krankheiten 

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450 


Neue  Litteratur. 


Infektionsgeschwülste. 

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scientif.)  1894.  4 fr. 

Buttersack,  Zur  Auffindung  von  einzelnen  Tuberkelbacillen  in  Sputumpräparaten.  (Arb. 

a d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  IX.  Heft  1.  p.  121  — 122.) 

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Leloir,  H.,  Finden  sich  in  den  als  leprafrei  bekannten  Landstrichen  Frankreichs,  ins- 
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Meyer,  H , Ueber  die  Lepra  und  die  zur  Einschränkung  derselben  geplanten  Ein- 
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16  p Riga  (Alexander  Stieda)  1894.  0,40  M. 

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Sippel,  A.,  Ueberimpfung  des  Carcinoms  auf  gesunde  Körperstellen  der  Erkrankten. 

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Strizower , M.  , Die  graue  Merkursalbe  bei  der  Bacillarschwindsucht.  (Wien.  klin. 
Wchschr.  1894.  No.  3.  p.  43 — 44.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Bergmann,  J. , Ein  neuer  Vorschlag  zur  Prophylaxe  gegen  Diphtherie.  (Aus:  ,,Allg. 

med.  Centralztg.“)  gr.  8°.  8 p.  Berlin  (Oskar  Coblentz)  1894.  1 M. 

Cohn,  M und  Neumann,  H. , Zur  Bakteriologie  des  Keuchhustensputums.  (Arch.  f. 

Kinderheilk.  1894.  Bd.  XVII.  No.  1/2.  p.  24—32.) 

Elsaß-Lothringen.  Erlaß  des  Minister.,  Abt.  d.  I.,  Sammlung  von  Beobachtungsmaterial 
über  das  diesjährige  Auftreten  der  Influenza  betr.  Vom  14.  Dezember  1893.  (Veröff. 
d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  3.  p.  42  ) 

Escherich , Die  Aetiologie  und  Pathogenese  der  Diphtherie.  (Wien.  med.  Wchschr. 

1893.  No.  47,  48.  p.  1884  — 1886,  1925—1927.) 

Martin,  S , Report  on  the  Chemical  pathology  of  diphtheria  and  of  int'ective  endo- 
carditis;  with  an  account  of  diphtheritic  palsy,  experimentally  produced  by  the 
Chemical  poison  of  diphtheria.  (Rep.  of  the  Local  Government  Board.  1891/92,  1893. 
p.  147—200.) 

Rousseau-St. -Philippe , Influenza.  (Memoir.  et  bullet,  de  la  soc.  de  med.  et  chir.  de 
Bordeaux.  1893.  p.  124 — 132.) 

Gelenkrheumatismus. 

Moussous,  A , Rhumatisme  articulaire  aigu  et  dothi^nentdrie.  (Memoir.  et  bullet,  de  la 
soc.  de  med.  et  chir.  de  Bordeaux.  1893.  p.  117 — 123.) 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Nervensystem. 

Tictine,  J , Contribution  ä l’etude  des  mdningites  et  des  abcös  produits  par  le  bacille 
de  la  fievre  typhoide.  (Arch.  de  med.  experim.  1894.  No.  1.  p.  1 — 29.) 

Harn-  und  Geschlechtsorgane. 

Baduel,  C.,  Nota  clinica  e batteriologica  sopra  un  caso  di  pielite  bilaterale  suppurativa. 
(Sperimentale.  1893.  No.  22/23.  p.  520 — 528.) 


Neue  Litteratur. 


451 


Augen  und  Ohren. 

DenefFe , Rapport  de  la  commissiou  qui  a etd  chargee  d’examiner  la  question  de 
l’ophthalmie  granuleuse.  (Bullet,  de  l’acad.  royale  de  med.  de  Belgique.  1893.  No.  11. 
p.  935—939.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Aktinomykose. 

Maxutoff,  A.,  Ueber  Aktinomykose  und  die  Morphologie  des  Actinomyces.  (Meditsina, 
St.  Petersb.  1893.  p.  146,  163,  180.)  [Russisch.] 

Tollwut. 

Goldschmidt , Une  epizootie  et  une  epidömie  aigues  de  rage  ä Madfere.  (Annal.  de 
l’lnstitut  Pasteur.  1894.  No.  1.  p.  54 — 57.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Rumänien  im  3.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  4.  p.  59.) 

Tierseuchen  in  Rußland  in  der  Zeit  vom  1.  Mai  bis  Ende  Oktober  1893.  (Veröffentl. 
d.  kaiserl.  Gesuudheits-A.  1894.  No.  3.  p.  43.) 

Uebersicht  über  die  Verbreitung  der  ansteckenden  Tierkrankheiten  in  Oesterreich  wäh- 
rend des  4.  Vierteljahres  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  6. 
p.  88—89.) 

Tuberkulose  (Perlsucht). 

v.  Tiedemann,  Zur  Bekämpfung  der  Tuberkulose,  insbesondere  beim  Rinde.  (Füh- 
ling’s  landwirtschaftl.  Ztg.  1894.  No.  2.  p.  41 — 44.) 

Krankheiten  der  Einhufer. 

(Typhus,  Influenza,  Beschälkrankheit,  Septikämie,  Druse.) 

Avril,  Stomatitis  aphthosa  contagiosa  equorum.  (Wchschr.  f.  Tierheilk.  u.  Viehzucht. 
1894.  No.  2.  p.  13—14.) 

Wirbellose  Tiere. 

Boas,  J.  E.  V.,  Ueber  eine  Fliegenlarve,  welche  in  Engerlingen  schmarotzt.  Aus  dem 
Dänischen  übers,  von  K.  Eckstein.  (Forstl.-naturwissensch.  Ztschr.  1894.  No.  1. 
p.  33.) 

Giard,  A.,  Nouvelles  Stüdes  sur  le  Lachnidium  acridiorum  Gd.,  Champignon  parasite  du 
criquet  pelerin.  8°.  16  p.  Alger  (Impr.  Fontana  et  Co.)  1894. 

Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwlcke- 
lungshemmung  und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Bezold,  Ueber  das  Verhalten  der  im  Verlaufe  von  Phthisis  pulmonum  auftretenden 
Mittelohreiterungen  unter  dem  Einfluß  der  Koch’schen  Behandlung.  (Arb.  a.  d.  med.- 
klin.  Inst.  d.  kgl.  Ludwig- Maximilians-Univers.  zu  München.  1893.  p.  36 — 50.) 

Bowes,  H.  G.,  Preventive  inoculation.  (Veterinary  Journ.  1894.  Jan.  Febr.  p.  15 — 24, 
80—85.) 

Brunner,  C.,  Die  bisherigen  Resultate  experimenteller  Untersuchungen  über  die  Art  der 
Wirkung  des  Tetanusgiftes  auf  das  Nervensystem.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894. 
No.  5.  p.  101—103.) 

Büchner,  H.,  Beruht  die  Wirkung  des  Behring’sehen  Heilserums  auf  Giftzerstörung? 
(Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  4.  p.  73 — 76.) 

Gallier,  A.,  Empiriques  et  inoculations  preventives.  (Recueil  de  med.  vdterin.  1894. 
No.  1.  p.  18 — 20.) 

Lindemann,  L , Erfahrungen  über  das  Koch’sche  Tuberkulin  auf  der  II.  medizinischen 
Abteilung  des  städtischen  Krankenhauses  1/1.  (Annal.  d.  städt.  allg.  Krankenhäuser 
zu  München  1890/92.  München  1894.  p.  219  — 242  ) 

Trudeau,  E.  L.,  Eye  tuberculosis  and  anti-tubercular  inoculation  in  the  rabbit.  (Transact. 
of  the  assoc.  of  Amer.  physic.,  Philad.  1893.  p.  108  — 116.) 

Vulpius,  0 , Kritische  Bemerkungen  und  praktische  Erfahrungen  über  das  Antidiphtherin 
Klebs.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  6.  p.  127  — 132.) 


452 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Aufrecht,  Ueber  den  Befund  feiner  Spi- 
rillen in  den  Dejektionen  einer  unter 
Cholerasymptomen  gestorbenen  Frau. 
(Orig.),  p.  405. 

Braun , M , Helminthologische  Notizen. 
(Orig.),  p.  409. 

Escherich.  Notiz  zu  dem  Vorkommen  feiner 
Spirillen  in  diarrhöischen  Dejektionen. 
(Orig.),  p 408. 

Kahane , Max , Ueber  das  Vorkommen 
lebender  Parasiten  im  Blute  und  in 
Geschwulstzellen  bei  Carcinomatösen. 
(Orig  ),  p.  413 

Kruse,  W.,  Eine  allgemein  anwendbare  Ver- 
besserung des  Plattenverfahrens.  (Orig.), 
p.  419. 

Wolffhügel,  G.,  Zur  Frage  der  Gelatine- 
bereitung. (Orig.),  p.  421. 

Referate. 

Brunner,  C.,  Die  bisherigen  Resultate  ex- 
perimenteller Untersuchungen  über  die 
Art  der  Wirkung  des  Tetanusgiftes  auf 
das  Nervensystem,  p.  438. 

Casper,  Ueber  Cystitis  colli  gonorrhoica, 
p.  432. 

Cohn , F. , Ueber  thermogene  Bakterien,  ] 
p.  424. 

Frank,  B.,  Ueber  ein  parasitisches  Clado- 
sporium  auf  Gurken,  p.  440. 

— — , Ueber  die  Befalluug  des  Getreides 
durch  Cladosporium  und  Phoma,  p.  440. 

Friedrich,  Vergleichende  Untersuchungen 
über  den  Vibrio  cholerae  asiaticae  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  diagno- 
stischen Merkmale  desselben,  p 434. 

Huber,  Ueber  den  Influenzabacillus,  p.  439. 

Iwünoff,  M.,  Ueber  eine  neue  choleraähn- 
liche Vibrionenart,  p.  433 

Jakowski.  M , Beiträge  zur  Lehre  von  den 
Bakterien  des  blauen  Eiters  (Bacillus 
pyocyaneus),  p.  431. 

Karlinski,  Unter  der  gelben  Flagge.  Er- 
innerungen und  Eindrücke  von  meiner 
Reise  nach  Arabien  und  Kleinasien, 
p.  436. 

Krannhals,  Ueber  Pyocyaneusinfektionen, 
p.  431. 

Marchand,  Ueber  einen  noch  nicht  näher 
bekannten  Kapselbacillus,  p.  428. 

Mühsam,  R.  u.  Schimmelbusch,  C.,  Ueber 
die  Farbenproduktion  des  Bacillus  pyo- 
cyaneus bei  der  Symbiose  mit  anderen 
Mikroorganismen,  p.  430. 

Nanu,  Jean  Georges,  Notes  sur  1c  cholera 
de  1892  observe  ä l’hopital  Necker,  p.437. 

Oddo,  Pericardite  complication  de  colique 
hepatique,  p.  429. 


Posner  u Lewin,  Farbenanalytische  Unter- 
suchungen über  gonorrhoischen  Eiter, 
p.  432. 

Bappin,  Sur  les  microorganismes  des  voies 
digestives,  p.  429. 

Renvers,  Die  Choleraerkrankungen  im 
städtischen  Krankenhause  Moabit,  p.  434. 

Roncali,  D B , Contributo  allo  Studio  dell’ 
infezione  tetanica  sperimentale  negli  ani- 
mali,  p 439. 

Schreier,  E , Zur  Aetiologie  und  Patho- 
genese der  Periostitis  dentalis,  p.  440. 

Timpe,  Hermann,  Ueber  die  Beziehungen 
der  Phosphate  und  des  Kaseins  zur 
Milchsäuregärung,  p 425. 

Wehmer,  C.,  Ueber  Citronensäuregärung, 
p.  426. 

, Beiträge  zur  Kenntnis  einheimischer 

Pilze  I.  Zwei  neue  Schimmelpilze  als 
Erreger  einer  Citronensäuregärung,  p.  427. 

Zinno,  A.,  Contributo  allo  studio  dei  pro- 
cessi  biochimici  dei  batteri  con  speciale 
riguardo  alla  diagnosi  differenziale  fra 
varii  microorgaiiismi  simiglianti,  p.  428 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung  etc. 

Bonaduce,  Ueber  Beziehungen  des  Blut- 
serums von  Tieren  zur  natürlichen  Im- 
munität, p.  441. 

Brieger,  L.  u.  Cohn,  G.,  Beiträge  zur  Kon- 
zentrierung der  gegen  Wundstarrkrampf 
schützenden  Substanz  aus  der  Milch,  p.  442. 

Bruschettini.  A , L’immunitä  sperimentale 
nell’  influenza,  p.  445. 

Corzolino,  V , La  microcidina  ed  il  cloruro 
di  sodia  per  i processi  microbici  massime 
pioogeni  dell’  orecchio,  dei  naso  e della 
gola,  p.  441. 

Gatti,  G.,  Süll’  aumeuto  dei  potere  micro- 
bicida  dei  sangue  durante  la  infezione, 
p.  441. 

Jolles,  Maximilian,  Ueber  die  Desinfek- 
tionsfähigkeit von  Seifenlösungen  gegen 
Cholerakeime,  p.  448. 

Klipstein,  E. , Ueber  das  Verhalten  der 
Cholera-  und  Typhusbakterien  im  Torf- 
mull mit  Säurezusätzen,  p.  445. 

Salus,  H.,  Ueber  das  Verhalten  der  Cho- 
leravibrionen im  Taubenkörper  und  ihre 
Beziehungen  zum  Vibrio  Metschnikovi, 
p 446. 

Villard , Fernand , De  quelques  mesures 
prophylaetiques  prises  pendant  l’6piddmie 
de  cholera  de  1892,  p.  448. 

Wladimiroff,  Ueber  die  antitoxinerzeugende 
und  immunisierende  Wirkung  des  Teta- 
nusgiftes bei  Tieren,  p.  444 

Neue  Litteratur,  p 449. 


Bromxnannsche  Bachdruckerei  (Hermaan  Bohle)  in  Jena. 


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geographisch-medinicische  Studie.  Mit  2 lithographischen  Tafeln  und  einer 
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Herbert  Spencer.  1893. 

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Dr.  O.  Uhlworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 

XY.  Band.  -o-  Jena,  den  7.  April  1894.  No.  13/14. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten.  |«*- 

Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten  - 
künde“  richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  IÄefei'ung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen . Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage,  später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 

Ueber  die  Verwendung  des  Uschinsky’schen  Nähr- 
bodens zur  Choleradiagnose. 

Von 

Dr.  med.  0.  Voges 

in 

Danzig. 

In  Bd.  XIV.  No.  10  dieser  Zeitschrift  berichtete  Uschinsky 
über  einen  eiweißfreien  Nährboden,  auf  dem  Cholera,  Diphtherie, 
Schweinerotlauf,  Peripneumonia  bovina,  Tetanus  und  Typhus  ebenso 
üppig  wuchsen,  wie  in  Bouillon.  Die  Zusammensetzung  dieses  Nähr- 
bodens ist  folgende  : 

ü\.  Bd. 


29 


454 


O.  V o g e s , 


Wasser  1000, 

Glycerin  30—40, 

Chlornatrium  5 — 7, 

Chlorcalcium  0,1 
Magnesiumsulfat  0,2 — 0,4, 

Dikaliumphosphat  2 — 2,5, 

Ammonium  lacticum  6 — 7, 

Natrium  asparaginicum  3,4 

Es  erschien  uns  nicht  uninteressant,  diese  Angabe  zu  erproben. 
Zu  diesem  Ende  impften  wir  mehrere  Röhrchen  von  U s c h i n s k y ’ scher 
Nährlösung  mit  Cholerabacillen  und  beobachteten  nach  8 Stunden 
im  Brütofen  eine  Trübung  und  ein  schönes  Häutchen.  Die  mikro- 
skopische Untersuchung  ergab  eine  Reinkultur  von  Kominabacillen 
ebenso  wie  das  kulturelle  Verfahren.  Es  fragte  sich  nun,  ob  dieser 
Nährboden  sich  an  Stelle  des  Peptons  gebrauchen  ließe.  Wir  stellten 
uns  eine  größere  Menge  der  Nährlösung  her,  machten  aber  die  Ent- 
deckung, daß  der  Nährboden  trübe  war  und  nach  einiger  Zeit  einen 
weißlichen  Bodensatz  fallen  ließ.  Aus  der  Zusammensetzung  der 
einzelnen  Nährmedien  erschien  es  wahrscheinlich,  daß  sich  im  Wasser 
so  gut  wie  unlösliches  schwefelsaures  Calcium  bildete,  wodurch  der 
Niederschlag  entstand.  Es  wurde  nun  das  Chlorcalcium  aus  der 
Lösung  fortgelassen  und  blieb  darauf  der  Nährboden  auch  nach  der 
Sterilisation  klar.  Der  Choler abacil lus  gedieh  gleich  gut  in  der 
neuen  Mischung.  Die  Reaktion  dieses  Mediums  zeigte  sich  für 
Lackmus  neutral,  ja  fast  etwas  zum  Saueren  neigend. 

Es  wurden  nun  zunächst  einige  Röhrchen  mit  Cholera,  andere 
mit  Kot,  wieder  andere  mit  Urin,  weitere  mit  Urin  und  Kot  gemischt, 
mit  Erde  und  Schlamm  beschickt  und  da  zeigte  sich,  daß  nach  8- 
stündigem  Aufenthalte  im  Brütofen  die  mit  Cholera  geimpften  Röhrchen 
bereits  ein  zartes  Häutchen  erkennen  ließen,  während  in  allen 
anderen  kaum  eine  Trübung  des  Nährbodens  statt  hatte.  Erst  in 
späterer  Zeit  trat  auch  in  den  anderen  Röhrchen  eine  Häutchen- 
bildung ein,  meist  handelte  es  sich  in  diesen  Fällen  um  den  Ba- 
cillus coli  communis  oder  wurzelförmigen  Erdbacillus, 
während  ungezählte  andere  Keime,  so  auch  der  Subtil is,  nicht 
wuchsen. 

Um  zu  prüfen,  wie  sich  die  Cholerabakterien  in  Bakteriengemengen 
verhielten,  wurden  Röhrchen  mit  10  ccm  Inhalt  mit  je  10  und  je 
1 Oese  eines  diarrhöischen  Stuhles  gemischt  und  darauf  mit  so  viel 
von  Cholerabacillen  infiziert,  als  au  einer  feinen  Platinnadelspitze 
hängen  blieb,  es  konnte  sich,  wie  Kontrollversuche  ergaben,  immer 
nur  um  verschwindende  Mengen  gegenüber  den  in  den  Röhrchen  vor- 
handenen Kotbakterien  handeln.  Zur  Kontrolle  wurde  ein  Röhrchen 
ohne  Kot  angesetzt.  Um  gleichzeitig  einen  Vergleich  zwischen  der 
Wachstumsenergie  der  Cholerabacillen  auf  Uschinsky’  schein  Nähr- 
boden und  in  PeptoDröhrchen  zu  haben,  wurden  mehrere  Pepton- 
röhrchen in  ganz  der  nämlichen  Weise  behandelt. 

Nach  8 Stunden  Brütofenaufenthalt  ergab  die  Untersuchung 
folgendes: 


Ueber  die  Verwendung  des  Üschinsky’schen  Nährbodens  zur  Choleradiagnose.  455 


I.  U s c h i n s k y lösung  ohne  Stuhl  mit  Cholera.  Trübung  des  Nährbodens,  be- 
ginnende Häutcbenbildung  im  mikroskopischen  Präparate.  Reinkultur  von  Cholera- 
bacillen. 

II.  U s c h i n s k y lösung  mit  1 Oese  Stuhl  mit  Cholera.  Häutchenbildung  mäßiger 
Dicke.  Mikroskopisch  mäßig  viele  Cholerabacillen,  daneben  überwiegend  an  Zahl 
ein  kurzes  Stäbchen  (Bact.  coli). 

III.  U s c h i n s k y lösung  mit  10  Oesen  Stuhl  mit  Cholera.  Ziemlich  starkes  Häutchen. 

Mikroskopisch  zu  gleichen  Teiler  Cholerabacillen  und  Bact.  coli 
la.  Peptonlösung  ohne  Stuhl  mit  Cholera  Ziemlich  starkes  Häutchen  Reinkultur 
von  Cholerabacillen. 

Ha.  Peptonlösung  mit  1 Oese  Stuhl  mit  Cholera.  Ziemlich  starkes  Häutchen.  Mikro- 
skopisch neben  Kommabacillen  etwa  3 — 4 andere  Stäbchen-  und  Kokkenarten, 
lila.  Peptonlösung  mit  10  Oesen  Stuhl  mit  Cholera.  Starkes  Häutchen.  Mikroskopisch 
neben  wenigeren  Kommabacillen  überwiegend  3 — 4 Kokken-  und  Stäbchenarten. 

Von  diesen  Röhrchen  wurden  nun  mit  ein  und  derselben  sehr 
kleinen  Platinöse  je  1 Oese  auf  Gelatine  übertragen  und  in  Petri  - 
sehen  Schälchen  ausgesät.  Nach  2 Tagen  zeigte  sich  folgendes: 

I.  Röhrchen.  Reinkultur  von  Cholerabacillen  im  Verhältnisse  zu. 

la.  Röhrchen,  welches  ebenfalls  Reinkultur  von  Choleravibrionen  zeigte,  etwas  geringer 
an  Zahl  der  Kolonieen. 

II.  Röhrchen.  In  überwiegender  Anzahl  Bacterium  coli  commune,  daneben 
in  der  Minderheit  nur  noch  Cholerakolonieen. 

Ila  Röhrchen.  Neben  Cholerakolonieen  etwa  3—4  verschiedene  Bakterienarten.  Im 
ganzen  waren  mehr  Kolonieen  gewachsen,  wie  auf  der  U s c h i n s k y platte.  Die 
Cholerakolonieen  waren  dementsprechend  auch  häufiger. 

III.  Röhrchen.  Neben  überwiegenden  Cholerakolonieen  weniger  Kolonieen  von  Bac- 
terium coli. 

lila  Röhrchen.  Neben  mäßig  vielen  Cholerakolonieen  3 — 4 andere  Bakterienkolonieen 
in  der  Ueberzahl. 

Es  fragte  sich,  wie  gestalten  sich  die  Verhältnisse,  wenn  größere 
Massen  Nährboden  und  Untersuchungsmaterial  verwandt  werden.  Es 
wurden  300  ccm  Usch  insky  lösung  im  Erlen  rneyer’  sehen  Kolben 
mit  30  ccm  des  dünnflüssigen  Stuhles  infiziert  und  dieser  ganzen 
Menge  wiederum  nur  eine  Nadelspitze  Cholerabouillonkultur  zuge- 
setzt und  gut  durchgeschüttelt.  Zur  Kontrolle  wurde  eine  ebensolche 
Menge  ohne  Cholera  angesetzt.  Nach  ca.  9 Stunden  fand  sich  in 
beiden  Kolben  ein  deutliches  Oberflächenhäutchen,  dasselbe  bestand, 
wie  mikroskopische  Untersuchungen  und  Kulturversuche  ergaben,  bei 
dem  Kontrollkolben  aus  einer  Reinkultur  von  Bacterium  coli 
commune  (neben  sonstigen  Merkmalen  wurde  auch  stets  auf  Milch- 
gerinnung und  Gasbildung  geachtet).  In  dem  Cholerakolben  fanden 
sich  in  der  Minderheit  Bacterium  coli,  in  der  überwiegenden 
Anzahl  Cholerakeime. 

Bei  der  Beobachtung  dieser  Resultate  fällt  es  auf,  daß,  je  mehr 
Kot  und  je  größere  Quantitäten  zur  Untersuchung  kamen,  destomehr 
die  Cholerakeime  das  Uebergewicht  erlangten.  Es  läßt  sich  diese 
Erscheinung  ganz  gut  damit  erklären,  daß  durch  den  richtigen 
Zusatz  von  Kot  für  den  Cholerabacillus  ein  Optimum  der  Wachs- 
tumsbedingungen gegeben  ist,  welches  naturgemäß  sehr  wohl  ein 
anderes  sein  kann,  wie  das  des  Bacterium  coli  commune. 
Außerdem  ist  sehr  bemerkenswert,  daß,  während  wir  in  den  Pepton- 
gemengen immer  mit  4—5  Bakterienarteu  zu  kämpfen  haben,  wir 
bei  der  U s c h i n s k y lösung  nur  noch  das  Bacterium  coli  wachsen 
sehen.  Diese  Thatsache  erscheint  mir  wichtig  genug,  um  für  die 

29* 


456  °-  Voges» 

bakteriologische  Untersuchung  eines  choleraverrlächtigen  Stuhles  die 
Mitbenutzung  des  Uschinsky’schen  Nährbodens  empfehlen  zu  sollen. 
Einen  Nachteil  dieses  neuen  Nährsubstrates  dürfen  wir  auch  nicht 
verschweigen.  Nach  den  bisherigen  Beobachtungen  hat  es  den  An- 
schein, als  oh  das  Wachstum  der  Cholerabacillen  auf  demselben 
gegenüber  den  Peptonlösungen  ein  etwas  verlangsamtes  ist;  denn 
wie  man  sieht,  werden  die  Untersuchungen  der  Röhrchen  immer  erst 
nach  8 — 9 Stunden  vorgenommen.  Es  ist  nun  zwar  möglich,  bereits 
nach  6 Stunden,  wie  beim  Pepton,  Abimpfungen  vorzunehmen,  jedoch 
ist  die  Vermehrung  der  Cbolerabacillen  dann  immerhin  noch  eine 
geringere.  Trotzdem  glaube  ich,  thut  man  gut,  neben  dem  Pepton- 
röhrchen solche  mit  Usch  in  sky  anzustellen,  denn  es  ist  doch  ent- 
schieden vorteilhafter,  nach  8 Standen  Kommabacillen  zu  finden  und 
daraufhin  weitere  Schritte  thun  zu  können,  als  sich  mit  einem  nega- 
tiven Resultate  aus  den  Peptonröhrchen  begnügen  zu  müssen. 

Neben  der  Untersuchung  des  Stuhls  wendet  man  neuerdings  auch 
der  des  Wassers  auf  Cholerabacillen  die  größte  Aufmersamkeit  zu. 
Sollte  sich  unser  Nährboden  nicht  auch  für  dieses  Substrat  verwen- 
den lassen?  Wenn  wir  in  dem  ursprünglichen  Nährboden  Aq.  dest. 
durch  das  zu  untersuchende  Wasser  ersetzen,  so  machen  wir  die 
Entdeckung,  daß  auch,  wenn  wir  das  Chlorcalcium  fortlassen,  dennoch 
durch  den  im  Wasser  vorhandenen  Kalk  ein  Niederschlag  erfolgt,  ( 
wodurch  der  Nährboden  unbrauchbar  wird.  Ein  gewöhnliches  Wasser, 
besonders  aber  meistens  das  der  Cholerabacillen  verdächtige,  enthält 
nun  schon  die  für  das  Wachstum  der  Cholerabacillen  nötigen  Salze 
und  nahmen  wir  deshalb  ff.  Lösung  für  unsere  Untersuchung. 
Chlornatrium  4 

Dikaliumphosphat  1 

Ammonium  lacticum  3 
Natrium  asparaginicum  2 

Diese  Salze  werden  aufgelöst  in  100  Aq.  dest.  und  sterilisiert.  Wir 
haben  dann  eiDe  konzentrierte  Lösung,  welche  völlig  klar  bleibt. 
Dieser  Lösung  kann  man  nun  von  dem  zu  untersuchenden  Wasser 
400  ccm  zusetzen,  dann  hat  man  eine  klare  Lösung  von  demselben 
Verhältnis  wie  die  ursprüngliche  U sch inski’  sehe.  Will  man  sich 
die  konzentrierte  Lösung  nicht  vorrätig  halten,  so  kann  man  einfach 
die  Salze  gleich  in  dem  zu  untersuchenden  Wasser  auflösen.  Da 
mir  kein  cholerabacillenhaltiges  Wasser  zur  Verfügung  stand,  impften 
wir,  nachdem  Versuche  im  Reagenzglase  ein  positives  Resultat  ge- 
geben hatten,  300  ccm  mit  einer  Cholerabacillenmenge,  die  eben  an 
einer  Platinnadelspitze  haften  blieb.  Da  das  Wasser  der  hiesigen 
Wasserleitung  relativ  bakterienarm  ist,  so  fand  sich  nach  9 Stunden 
eine  als  Häutchen  imponierende  völlige  Reinkultur  von  Cholerabacillen. 
Dieselben  sahen  aber  derartig  verkümmert  und  verkrüppelt  aus,  daß 
erst  die  nun  nachfolgende  Aussaat  auf  Agar  und  Gelatine  mit  Sicher- 
heit gestattete,  sie  als  Cholerakeime  anzusprechen,  und  erst  die 
öftere  Beobachtung  dieser  Formen  konnte  die  Diagnose  erleichtern. 
Wir  sehen  eben,  daß  der  Cholerabacillus  so  ziemlich  an  der 
Grenze  seiner  Wachstumsbedingungen  angekommen  ist,  da  die  Bilder 


lieber  die  Verwendung  des  Uscliinsky’sclien  Nährbodens  zur  CholerAdiagnose.  457 


nicht  unähnlich  sehen  denen,  welche  man  aus  alten  ausgelaugten 
Kulturen  erhalten  kann.  Spirillen  wurden  nicht  beobachtet. 

Wir  haben  seitdem  diese  Versuche  des  öfteren  wiederholt,  und  zwar 
auch  mit  Wässern,  welche  5000  Keime  und  mehr  im  ccm  enthalten.  Stets 
wurde  nur  die  minimalste  Menge  Cholerabacillen  zugesetzt  und  stets 
fand  sich  nach  8 — 10  Stunden  Brütofenaufenthalt  nur  eine  Reinkultur 
von  Cholerabacillen  auf  der  Oberfläche.  Von  den  unter  den  natürlichen 
Bedingungen  gewöhnlich  uns  begegneten  Bakterien  fand  sich  überhaupt 
außer  dem  Bacterium  coli  commune  kein  anderes  Bakterium, 
welchem  diese  karge  Nahrung  zusagte.  Kontrollproben  ohne  Cholera 
waren  stets  selbst  nach  20  und  mehr  Stunden  noch  völlig  klar, 
während  die  mit  Cholera  geimpften  Kolben  ein  dickes  Cholerahäut- 
chen aufwiesen.  Wir  glauben  daher  einige  Berechtigung  zu  haben, 
für  die  Untersuchung  neben  dem  gewöhnlichen,  von  R.  Koch  ange- 
gebenen Verfahren  noch  den  U s chin  ski’schen  Nährboden  empfehlen 
zu  dürfen,  da  er  entschieden  in  mancher  Beziehung  dem  Pepton 
überlegen  ist.  Sehr  zweckmäßig  hat  sich  auch  mir  die  Methode 
erwiesen,  daß  man  von  den  Peptonkolben  nach  etwa  4 — 6 Stun- 
den auf  eine  Uschi nskilösung  überimpft.  Fast  stets  gelingt 
es  dann,  wenn  nicht  gerade  besondere  Verhältnisse  vorliegen,  eine 
Reinkultur  von  Cholerabakterien  ohne  Benutzung  eines  festen  Nähr- 
bodens zu  erhalten. 

Es  läßt  sich  übrigens  durch  Zusatz  von  2 Proz.  Agaragar 
ein  guter,  fester  Nährboden  hersteilen,  auf  welchem  die  Cholera- 
bacillen in  einer  Form  wachsen,  welche  sich  sehr  gut  von  dem 
auf  eben  dem  Nährsubstrate  gedeihenden  Colibacilleu  unterscheiden 
lassen.  Die  Versuche  hierüber  sollen  noch  weiter  fortgesetzt 
werden.  — Die  U s chi  u s ki’schen  Cholerakulturen  geben  übrigens 
nie  die  Indolreaktion,  wie  dasselbe  ja  auch  von  vornherein  wahr- 
scheinlich ist  und  geht  hieraus  hervor,  daß  das  Indol  durch  Spal- 
tungsprozesse und  nicht  auf  dem  Wege  der  Synthese  gebildet  wird. 
Für  die  Praxis  bot  sich  bis  jetzt  noch  keine  Gelegenheit,  den 
Uschin  ski’schen  Nährboden  verwenden  zu  können,  doch  möchten 
wir  schon  jetzt  auf  die  durch  diese  Experimente  hervorgerufenen 
Resultate  aufmerksam  machen,  damit  auch  von  anderer  Seite  die 
Brauchbarkeit  dieses  Nährbodens  studiert  wird,  denn  nur  durch 
vielseitige  Prüfung  kann  ein  richtiges  Resultat  gewonnen  werden. 

Zweck  dieser  Zeilen  war  es,  auf  die  Verwendung  dieses  Nähr- 
bodens aufmerksam  zu  machen,  wir  werden  selber  die  Versuche  mit 
demselben  fortsetzen  und  über  das  Ergebnis  derselben  berichten. 

Danzig,  12.  Mär2  1894. 


458 


J.  Kuprianow, 


Zur  Methodik  der  keimfreien  Gewinnung  des  Blut- 
serums. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  zu  Greifswald.] 

Von 

Dr.  J.  Kuprianow. 

Mit  1 Figur. 

Jeder,  der  sich  mit  Bakteriologie  beschäftigt,  weiß,  wie  schwer 
es  ist,  sterilisiertes  Blutserum  zu  bekommen.  Wie  bekannt,  benutzt 
man  gewöhnlich  das  Blut  eines  soeben  im  Schlachthause  getöteten 
Tieres.  Den  ersten  Strahl  des  Blutes  aus  der  großen  angeschnittenen 
Ader  des  Halses  läßt  man  ablaufen,  das  nachströmeude  Blut  fäugt 
man  in  sterilisierten  Gefäßen  auf  und  stellt  diese  an  einen  kühlen 
Ort  während  24  Stunden.  Nach  dieser  Zeit  bringt  man  das  gebildete 
Blutserum  mit  einer  sterilisierten  Pipette  in  einen  Kolben  beziehungs- 
weise in  Reageuzgläschen  und  legt  diese  gleich  nachher  entweder  in 
den  Apparat  zum  Erstarren  oder  mau  sterilisiert  sie  zuerst  8 Tage 
lang  bei  58°  C;  dann  stellt  man  sie  für  2 bis  3 Tage  in  den  Brüt- 
schrank und  nachher  sterilisiert  man  aufs  neue  an  zwei  Tagen  bei 
58°.  Nach  der  Erstarrung  stellt  man  die  Reageuzgläschen  noch 
24  Stunden  in  den  Brütschrank  und  scheidet  die  steril  gebliebenen 
von  denjenigen,  welche  Keime  enthalten,  aus.  Gewöhnlich  wenn  das 
Blutserum  anfangs  nicht  sterilisiert  war,  ist  fast  die  Hälfte  oder  ein 
noch  größerer  Teil  unbrauchbar. 

Auch  bei  der  oben  beschriebenen  Sterilisation  verderben  manche 
Reagenzröhrchen.  Schon  lange  haben  Miquel1),  van  Tieghem2) 
und  Gl  obig3)  gezeigt,  daß  es  eine  große  Reihe  von  Bakterien  giebt, 
die  zwischen  50  und  70°  gedeihen,  deren  Temperaturoptimum  bei 
56  bis  58 0 C liegt,  also  gerade  bei  der  Temperatur,  welche  man  bei 
der  fraktionierten  Sterilisation  anwendet.  Noch  unbequemer  ist  es, 
wenn  man  sich  nicht  mit  erstarrtem,  sondern  mit  flüssigem  Blutserum 
beschäftigen  muß  und  wenn  man  eine  bestimmte  abgemessene  Menge 
desselben  ohne  weitere  Sterilisation  in  Reagenzröhrchen  , oder  in  einem 
Kolben  haben  will.  Ein  einziger  in  das  flüssige  Serum  gelangter 
Keim  kann  die  ganze  Serummenge  verderben.  Das  in  letzter  Zeit 
von  Kirchner4)  angegebene  Verfahren  zur  Sterilisierung  von  Blut- 
serum durch  Versetzen  und  Schütteln  mit  Chloroform  ist  zu  lang- 
wierig und  nicht  ganz  sicher.  Man  muß  viele  Wochen  und  Monate 
lang  das  Blutserum  in  mit  Gummipfropfen  geschlossenen  Flaschen 
halten,  um  Keimfreiheit  zu  erzielen.  Nach  der  Einfüllung  solchen 
Blutserums  in  Reagenzgläschen  und  nachdem  sie  einen  Tag  im  Brüt 


1)  Les  organismes  vivants  de  l’atmosphfere.  1888.  p.  183.  (Aunuaire  de  l'observa- 
toire  de  Monsouris.  1885.  p.  571.) 

2)  Bulletin  de  la  societe  botanique  de  France.  1881.  p.  35. 

3)  Zeitschrift  für  Hygiene.  Bd.  III  1887.  p.  295. 

4)  Kirchner,  Heber  die  Einwirkung  des  Chloroform  auf  die  Bakterien.  (Zeit- 
schrift für  Hygiene.  Bd.  VIII.  1890.  p.  465.) 


Zur  Methodik  der  keimfreien  Gewinnung  des  Blutserums. 


459 


schranke  gewesen  sind,  findet  man  auch  dann  noch  häufig  einen  Teil 
unbrauchbar. 

In  letzter  Zeit  mit  verschiedenen  Fragen  über  Immunität  be- 
schäftigt, mußte  ich  Versuche  mit  einer  bestimmten  Menge  absolut 
sterilen  Blutserums  machen,  welches  weder  die  Einwirkung  höherer 
Temperatur,  noch  irgend  eines  desinfizierenden  Mittels  erfahren  hatte. 
Zu  diesem  Zwecke  habe  ich  Blutserum  gewonnen  von  Blut,  welches 
unmittelbar  aus  der  Ader  eines  Tieres  durch  Röhren  in  einen  sterili- 
sierten Kolben  übergeleitet  war,  ohne  mit  der  Luft  in  Berührung  zu 
kommen.  Zunächst  bereitete  ich  zwei  oder  drei  Kolben  von  zwei 
Liter  Inhalt  vor,  in  der  Weise,  daß  jeder  mit  einem  gut  passenden, 
doppelt  durchbohrten  Kautschukpfropfen  versehen  wurde.  In  die 
beiden  Bohrungen  wurden  Glasröhrchen  eingeführt,  welche  einige 
Centimeter  in  den  Kolben  hineinreichten  und  außerdem  rechtwinklig 
gebogen  waren.  Die  eine  dieser  Röhren,  welche  wir  a nennen  wollen, 
trug  am  äußeren  Ende  einen  ziemlich  langen  Gummischlauch,  in 
welchen  eine  gläserne,  im  rechten  Winkel  gebogene  Kanüle  gesteckt 
war.  Die  Spitze  der  letzteren  war  spindelförmig  ausgezogen  und 
sollte  zur  Einführung  in  die  Ader  des  Tieres  dienen.  Zur  Vorsicht 
muß  man  sich  mit  mehreren  dieser  Kanülen  versehen,  denn  bei  der 
Operation  können  sie  leicht  zerbrechen  oder  verstopft  werden.  Die 
Kanüle  kann  man  sehr  leicht  in  der  Flamme  eines  Brenners  aus  ein- 
fachen Glasröhren  anfertigen,  wobei  man  aber  Sorge  tragen  muß,  daß 
die  Weite  der  Spitze  der  Weite  des  Gefäßes  entspricht  und  die  Ein- 
schnürung, die  hinter  der  Spitze  der  Kanüle  sein  muß,  groß  genug 
gemacht  wird,  weil  sonst  das  Gefäß  leicht  von  der  Kanüle  abgleiten 
kann.  Das  zweite  Rohr  b des  Pfropfens  dient  nur  zum  Eintritte  der 
Luft  und  wird  mit  einem  Wattepfropfen  versehen. 

Die  so  mit  allem  Zubehör  zubereiteten  Kolben  werden  an  drei 
aufeinander  folgenden  Tagen  zwei  Stunden  lang  im  Dampftopfe 
sterilisiert. 

Wenn  alles  fertig  ist,  bringt  man  das  Tier  (Hammel  oder  Kalb), 
welches  zur  Blutentnahme  bestimmt  ist,  in  das  Laboratorium  1),  bindet 
ihm  die  Füße,  schneidet  auf  einer  Stelle  des  Halses  die  Haare  weg, 
rasiert  die  Haut  und  wäscht  diese  mit  Seife,  Sublimatlösung,  Alkohol 
und  Aether  wie  bei  jeder  chirurgischen  Operation.  Dann  macht  man 
mit  dem  sterilisierten  Messer  einen  Schnitt  durch  Haut  und  Fascie, 
sucht  die  Carotis  (oder  Vena  jugularis  externa)  und  löst  die  letztere 
von  den  umgebenden  Geweben  in  ziemlich  großer  Ausdehnung  los. 
Wie  bei  dieser  Operation  üblich,  legt  man  an  einer  Stelle  des  Gefäßes 
eine  Ligatur  und  an  einer  zweiten,  je  nachdem  man  aus  einer  Arterie 
oder  Vene  das  Blut  entnehmen  will,  central  oder  peripher  eine 
Klemmpincette  an.  In  den  mit  Blut  gefüllten  Gefäßteil  macht  mau 
mit  der  Scheere  einen  schrägen  Schnitt  uud  bindet  in  die  Oeffnung 
die  Kanüle  ein.  Eine  gewisse  Länge  des  mit  der  Kanüle  verbundenen 
Gummischlauches  verhindert  ein  Herausreißen  der  Kanüle  bei  etwaigen 
heftigen  Bewegungen  des  Tieres. 


1)  Man  nimmt  das  Tier  ins  Ijaboratorium  nach  Vereinbarung  mit  dem  Schlächter, 
welcher  es  nach  der  Operation  zum  Schlachten  zurückerhält. 


460 


J.  Kuprianow, 


Die  Hammel  liegen  im  übrigen  bei  dieser  Operation  meist  ganz 
ruhig.  Entnimmt  mau  das  Blut  aus  der  Vena  jugularis,  so  erhält 
man  nur  einen  Teil  desselben;  man  muß  alsdann,  wenn  das  Blut  aus 
der  Vene  zu  fließen  aufhört,  eine  neue  Kanüle  in  der  Arterie  ein- 
binden. Oefl'uet  man,  nachdem  die  Kanüle  eingebunden  war,  die 
Klemmpincette,  so  fließt  das  Blut  in  ununterbrochenem  Strahle  in 
den  Kolben,  welcher  mit  der  Kanüle  verbunden  ist.  Wegeu  etwaigen 
Bewegungen  des  Tieres  thut  man  besser,  den  Kolben  in  den  Händen 
zu  halten.  Bei  dieser  Operation  müssen  selbstverständlich  einige 
Assistenten  zur  Hand  sein,  gewöhnlich  zwei,  einer,  um  den  Kopf  des 
Tieres  zu  halten,  der  andere  zur  Hilfe  bei  der  Ausführung  der 
Operation.  Gegen  das  Ende  der  Operation,  nachdem  man  etwa 
1 Liter  bekommen  hat,  erstarrt  das  Blut  in  der  Kanüle  mit  den  Röhren 
und  hört  auf  zu  fließen,  deshalb  ist  es  nötig,  Kanüle  und  Kolben  zu 
wechseln.  Zu  diesem  Zwecke  hält  man  die  Arterie  mit  der  Klemmpincette 
unter  der  Kanüle  fest,  schneidet  die  Ligatur  über  der  Kanüle  ab, 
zieht  die  Kanüle  heraus  und  steckt  statt  ihrer  eine  andere,  mit  einem 
neuen  Kolben  verbundene  Kanüle  hinein,  bindet  die  Arterie  über  die 
Kanüle  wieder  fest  und  öffnet  die  Klemmpincette.  Dann  fließt  das 
Blut  bis  zum  Tode  des  Tieres  ab.  Die  Kolben  mit  dem  angesammelten 
Blute  bringt  man  in  den  Keller  an  einen  kühlen  Ort.  Den  Gummi- 
pfropfen kann  man  mit  einem  Wattebausch  vertauschen.  Nach  einem 
Tage  scheidet  sich  das  klare,  blaßrosa  gefärbte  Blutserum  ab.  Zum 
Abnehmen  des  letzteren  habe  ich  mich  des  folgenden  Verfahrens 
bedient. 

Von  dem  das  Blutserum  enthaltenden  Kolben  nahm  ich  den 
Pfropfen  ab  und  setzte  statt  seiner  einen  anderen  sterilisierten, 
doppelt  durchbohrten,  ebenso  wie  der  früher  beschriebene,  einge- 
richteten Gummipfropfen  auf,  mit  dem  Unterschiede,  daß  das  Glas- 
röhrchen a dieses  Pfropfens  innerhalb  des  Kolbens  mit  einem  kurzen 
Gummischlauche  versehen  war,  welcher  au  seinem  Ende  wieder  ein 
kleines  Glasröhrchen  trug,  so  daß  das  letztere  in  das  Blutserum  hiuein- 
tauchen  konnte.  Vermöge  seiner  Beweglichkeit  kann  man  das  Ende 
des  Röhrchens  durch  Neigen  des  Kolbens  an  jede  Stelle  des  Kolbens 
bringen.  Dieses  Glasröhrchen  a war  durch  einen  Gummischlauch  mit 
einem  Glasröhrchen  a,  welches  in  der  einen  Durchbohrung  eiues 
anderen,  ganz  ähnlichen  Gummipfropfens  steckt,  verbunden.  Der 
letztere  verschloß  einen  Kolben,  welcher  zur  Aufnahme  des  Blutserums 
bestimmt  war.  Das  Glasröhrchen  b des  ersten  Kolbens,  welchen  wir 
Blutkolben  nennen  wollen,  hatte  am  äußeren  Teile  eine  mehrfache 
Biegung  und  war  mit  einem  Wattebausch  verstopft,  ebenso  wie  das 
Glasröhrchen  b'  des  zweiten  Kolbens,  welchen  wir  Blutserumkolben 
nennen,  Zur  Entnahme  des  Serums  senkte  ich  das  Ende  des  Röhr- 
chens a des  Blutkolbens  so  tief,  daß  es  in  das  Serum,  welches  oben 
liegt,  hineintauchte.  Durch  Blasen  in  das  Röhrchen  b desselben 
Kolbens  trieb  ich  die  Flüssigkeit  in  die  Höhe,  bis  Heberwirkung  eiu- 
trat,  dann  fließt  das  Serum  in  ruhigem  Strome  in  den  Blutserum- 
kolben über.  Der  Wattebausch  des  Glasröhrchens  b kann  nicht  in 
den  Kolben  hineingeblasen  werden  infolge  der  vielfachen  Biegungen 
dieses  Röhrchens.  Entsprechend  der  Verminderung  des  Serums  im 


Zur  Methodik  der  keimfreien  Gewinnung  des  Blutserums. 


461 


Blutkolben  senkte  ich  das  Glasröhrchen  a allmählich  nieder  und  end- 
lich legte  ich  den  Kolben  auf  eine  Seite,  so  daß  die  Reste  des  Blut- 
serums sich  dort  ansammelten.  Infolge  der  Neigung  des  Kolbens 
beugte  sich  auch  das  bewegliche  Ende  des  Glasröhrchens  auf  diese 
Seite  und  das  Blutserum  floß  fast  bis  auf  den  Rest  aus.  Im  Kolben 
mit  dem  gesammelten  Blutserum  konnte  der  Gummipfropfen  nachher 
durch  einen  sterilisierten  Wattebausch  ersetzt  werden.  Beläßt  man 
aber  den  Gummipfropfen  in  dem  Kolben,  dann  nimmt  man  den 
Gummischlauch,  welcher  die  Kolben  verbindet,  von  dem  Blutkolben 
ab,  legt  an  diesen  Schlauch  eine  Klemme  und  schiebt  ihn  auf  das 
Glasröhrchen  b'  des  Serumkolbens.  Alsdann  bringt  man  den  Kolben 
zur  Prüfung  der  Sterilität  des  Blutserums  in  den  Brutschrank. 

Wenn  die  Entnahme  des  Blutes  und  die  Abfüllung  des  Blut- 
serums ohne  Fehler  durchgeführt  war,  erweist  sich  das  Blutserum 
steril  und  kann  nun  lange  Zeit  in  dem  Kolben  aufbewahrt  werden. 

Die  Menge  des  auf  die  angegebene  Weise  von  einem  Hammel 
von  50—60  Pfd.  Gewicht  erhaltenen  Blutes  beträgt  2— 21/«  1 und  die 
Menge  des  Blutserums  etwa  700—800  ccm. 

Dieses  Blutserum  muß  zuweilen  in  ganz  bestimmter  Menge  ohne 
weitere  Sterilisierung  in  Reagenzgläschen  oder  in  kleinere  Kolben 
übergeführt  werden.  Um  bei  dieser  Ueberführung,  welche  gewöhnlich 
mit  einer  Pipette  vorgenommen  wird,  jede  zufällige  Verunreinigung 
durch  Keime  aus  der  Luft  zu  verhindern,  habe  ich  folgenden  Apparat 
eingerichtet. 

Ich  nehme  eine  gewöhnliche  in  Kubikcentimeter  geteilte  Bürette, 
deren  obere  Oeffnung  mit  einem  Wattebausch  verstopft  wird;  die 
untere  Oeffnung  derselben  steht  durch  einen  kurzen  Gummischlauch 
mit  dem  Zweig  k eines  Glasröhrchens  P in  Verbindung,  welches 


wird  ein  kurzer  Gummischlauch  mit  einem  kleinen  Glasröhrchen, 
welches  am  Ende  eine  spitze  Oeffnung  hat,  angesetzt.  Dieser  Gummi- 
schlauch ist  mit  einer  Klemme  No.  1 versehen.  Der  Zweig  m ist 
durch  einen  langen  Gummischlauch,  welcher  die  Klemme  Nr.  2 trägt, 
mit  dem  langen  Glasröhrchen  eines,  ebenso  wie  früher,  eingerichteten 
Gummipfropfens  verbunden.  Diesen  Pfropfen  stecke  ich  in  den 
Kolben  mit  Blutserum  nach  Entfernung  des  Wattebausches.  Wenn 
aber  dieser  Kolben,  mit  Gummipfropfen  versehen,  aufbewahrt  ist,  so 
schiebt  man  auf  den  Zweig  m das  Ende  des  langen  Gummischlauches, 
welcher  mit  dem  Glasröhrchen  V des  Blutserumkolbens  verbunden 
ist.  Nachher  wird  die  Bürette  in  einem  Stativ  befestigt.  Nach  der 
Oeffnung  der  Klemme  No.  2 und  nach  Blasen  durch  das  Glasröhrchen 
V erscheint  die  Flüssigkeit  in  der  Bürette,  dann  schließt  man  die 
Klemme  wieder  und  stellt  den  Kolben  auf  ein  Drahtnetz,  welches  auf 
den  Ring  eines  anderen  Stativs  gelegt  ist,  so  daß  der  Boden  des 
Kolbens  höher  steht,  als  der  O-Strich  der  Skala  an  der  Bürette. 

Aus  umstehender  Zeichnung  ist  die  Anordnung  des  ganzen 
Apparates  ersichtlich. 


\k 


nebenstehende  Form  hat 


Auf  Zweig  l dieses  Röhrchens 


462  Kuprianow,  Zur  Methodik  der  keimfreien  Gewinnung  des  Blutserums. 


Jetzt  drückt  man  auf  die  Klemme  No.  2 und  füllt  die  Bürette 
bis  0,  macht  die  Klemme  No.  2 wieder  zu,  öffnet  die  Klemme  No.  1 
und  läßt  die  Flüssigkeit  in  die  Reagenzgläschen  in  abgemessener 
Menge  fließen.  Nachdem  die  Bürette  geleert  ist,  macht  man  die 
Klemme  No.  1 zu,  öffnet  die  Klemme  No.  2 und  füllt  die  Bürette 
wieder  u.  s.  w.  Wenn  es  nicht  nötig  ist,  eine  genau  bestimmte  Menge 
der  Flüssigkeit  abzumessen,  so  nimmt  man  die  Klemme  No.  2 ganz 
ab  und  läßt  die  Flüssigkeit  bis  zum  O-Strich  der  Bürette  aufsteigen; 
bei  Entleerung  eines  Teiles  der  Flüssigkeit  durch  Oeffnung  der 

Klemme  No.  1 füllt  sich  die 
Bürette  selbstthätig  stets  wieder 
von  neuem. 

Anstatt  der  Bürette  kann  man 
auch  eine  graduierte  Pipette 
nehmen  und  die  Letztere  in  der 
Hand  halten , was  aber  nicht 
bequem  ist.  Besser  ist  es,  wenn 
man  eine  Bürette  oder  Pipette 
nehmen  kann,  welche  am  unteren 
Ende  in  zwei  Zweige  ausläuft, 
deren  jeder  einen  Hahn  trägt, 
dann  braucht  man  nicht  das 
Glasröhrchen  P zu  diesem  Appa- 
rat zu  setzen. 

Wenn  es  nicht  nötig  ist,  die 
ganze  Flüssigkeit  abzufüllen,  so 
nimmt  man  den  Kolben  vom 
Stativ  ab,  öffnet  die  Klemme 
No.  2,  dann  fließt  die  Flüssigkeit 
aus  der  Bürette  und  aus  dem 
Gummischlauch  wieder  in  den 
Kolben  zurück  bis  auf  die  kleine 
Menge,  welche  in  dem  Zweige  l 
des  Glasröhrchens  P enthalten 
ist.  Die  Letztere  läßt  man  weg- 
fließen. Nachher  nimmt  man  den 
langen  Gummischlauch  von  dem 
Zweige  m ab  und  steckt  ihn 
wieder  auf  das  Glasröhrchen 
Dieses  geschilderte  Verfahren  zur  Blutserumgewinnung  liefert, 
abgesehen  davon,  daß  es  viel  Zeit  erspart,  ganz  sichere  Resultate. 

Der  beschriebene  Apparat  kann  natürlich  angewendet  werden  für 
jeden  Nährboden,  besonders  wenn  es  nötig  ist,  ganz  bestimmte  Mengen 
der  Flüssigkeit  abzumessen  und  wenn  man  nach  Einfüllung  der 
Flüssigkeit  nicht  mehr  sterilisieren  kann.  Dieser  Apparat  kann  also 
als  vollständiger  Ersatz  für  den  Tr eskow’schen  Abfüllapparat  an- 
gesehen werden,  um  so  mehr,  als  letzterer  ziemlich  teuer  ist  und  beim 
Sterilisieren  sehr  leicht  zerbrechen  kann. 


H.  Weigmann  und  G g.  Z i r n , Ueber  „seifige“  Milch. 


463 


Ueber  „seifige“  Milch, 

Von 

Dr.  H.  Weigmann  und  Gg.  Zim 

in 

Kiel. 

Mit  2 Abbildungen. 

Unter  „seifiger“  Milch  versteht  man  nach  Herz,  der  diese  Be- 
zeichnung eingeführt  hat,  eine  eigentümlich  laugig,  seifenartig 
schmeckende  Milch,  die  außerdem  die  Eigenschaft  besitzt,  daß  sie 
selbst  nach  längerem  Stehen  nicht  gerinnt,  sondern  nur  einen 
schleimigen  Bodensatz  ausscheidet  und  daß  sie  oder  der  aus  ihr 
gewonnene  Rahm  beim  Verbuttern  stark  schäumt.  Das  eigentlich 
Charakteristische  ist  der  seifenartige  Geschmack,  die  begleitenden 
Eigenschaften  sind  solche,  wie  sie  auch  bei  der  „nicht  gerinnenden“ 
oder  „schwer  zu  verbutternden“  Milch  beobachtet  werden.  Eine  strenge 
Unterscheidung  ist  begreiflicherweise  bei  den  verschiedenen  Milch- 
fehlern nicht  möglich,  weil  diese,  soweit  sie  nicht  primärer  Natur 
sind , bakteriellen  Ursprung  haben  und  deshalb  eine  von  einer 
Bakterienart  oder  -Gattung  hervorgerufene  Erscheinung  zugleich  bei 
verschiedenen  Milchfehlern  auftreten  kann  oder  auch  die  Wirkung 
einer  Bakterienart  von  der  einer  oder  mehrerer  anderen  Bakterien- 
arten begleitet  sein  kann. 

Von  solcher  seifig  schmeckender  und  schwer  zu  verbutternder 
Milch  sind  uns  im  vergangenen  Winter  2 Fälle  von  verschiedenen 
Stellen  bekannt  und  von  uns  bakteriologisch  genauer  studiert  worden. 

Der  eine  Fall  trat  in  der  Meierei  der  Versuchsstation  selbst  auf 
und  wurde  an  der  Milch  beobachtet,  welche  die  Versuchsmeierei 
behufs  Verarbeitung  von  einem  Gute  in  der  Nähe  Kiels  täglich 
eingeliefert  erhält.  Diese  Milch,  speziell  die  in  besonderen  Kannen 
transportierte  Abendmilch,  hatte  während  einer  längeren  Zeit  einen 
scharfen,  stechenden  Geruch  und  einen  eigentümlich  laugigen,  seifen- 
artigen Geschmack.  Zur  Säuerung  aufgestellt,  gerann  sie  selbst  nach 
mehreren  Tagen  nicht,  sondern  setzte  einen  schleimigen  Bodensatz 
ab,  während  der  schlechte  Geruch  und  Geschmack  noch  zunahm. 
Beim  Ausbuttern  des  aus  der  Milch  gewonnenen  Rahmes  trat  sehr 
starke  Schaumbildung  auf  und  die  Butter  nahm  bereits  am  zweiten 
oder  dritten  Tage  schon  einen  unangenehmen,  kratzenden  Geschmack 
an  und  wurde  nach  mehreren  Tagen  geradezu  ungenießbar.  Bei 
der  Herstellung  von  Käsen  zeigte  die  Milch  nur  geringe  Abnormi- 
täten. 

Da  es  sich  vor  allem  darum  handelte,  die  Ursache  des  Milch- 
fehlers festzustellen,  so  wurde  der  betreffende  Stall  aufgesucht  und 
die  Verhältnisse  für  die  Milchgewinnung  einer  genauen  Beaufsich- 
tigung unterworfen.  Es  wurde  dabei  die  Beobachtung  gemacht,  daß 
das  zur  Einstreu  verwendete  Stroh  nicht  ganz  frisch,  sondern  viel- 
mehr stellenweise  verfärbt  war,  ohne  daß  man  hätte  sagen  können, 


464 


H.  Weigmann  und  G g.  Z i r n , 


daß  es  verdorben  oder  schimmelig  gewesen  wäre.  Wir  legten  daher 
diesem  Umstande  vorläufig  nur  wenig  Wert  bei  und  kamen  erst 
später  wieder  auf  diese  Beobachtung  zurück,  dagegen  entnahmen  wir 
im  Stalle  selbst  den  Gemelken  einzelner  Kühe  Proben  in  sterilisierten 
Flaschen. 

Um  das  Verhalten  dieser  selbst  genommenen  Proben  Milch 
beobachten  zu  können,  ließen  wir  sie  in  den  sterilisierten  Flaschen 
stehen.  Dabei  zeigte  sich,  daß  fast  alle  6 Proben  selbst  nach  4-5- 
tägigem  Stehen  entweder  gar  keine  oder  nur  eine  schwache  Gerin- 
nung erlitten.  Das  Gerinnsel  war  schleimig  und  sehr  weich,  so  daß 
es  leicht  in  sehr  dünne,  feine  Flocken  zerfiel,  die  übrige  Milch 
wässerig  und  auffallend  durchsichtig,  resp.  wasserklar.  Die  Proben 
boten  also  ganz  und  gar  das  Bild  einer  Milch,  welche  mit  der  Rein- 
kultur einer  peptonisierten  Bakterie  versetzt  worden  ist.  Eine  der 
Milchproben  nahm  bei  weiterem  Stehen  noch  eine  grünliche  Farbe 
an,  ein  Zeichen,  daß  sie  eine  fluorescierende  Bakterie  enthielt. 

Von  diesen  Milchproben  wurden  gleich  nach  der  Rückkehr  in 
das  Laboratorium  sowie  nach  4 Tagen  Plattenkulturen  gegossen  und 
gleichzeitig  Ueberimpfungen  in  sterilisierte  Milch  vorgenommen.  Die 
Plattenkulturen  sämtlicher  Milchproben  zeigten  eine  fast  völlige  Ueber- 
einstimmung  insofern,  als  auf  allen  dieselben  und  zwar  5 verschiedene 
Bakterienarten  vorhanden  waren;  eine  Verschiedenheit  trat  nur  in 
der  Anzahl  der  einzelnen  Bakterienarten  hervor,  indem  eine  Bakterien- 
art in  der  einen  Milchprobe  mehr  vorherrschte,  als  in  einer  anderen, 
ferner  eine  Probe  etwas  größere  Mengen  Säuerungsbakterien  und  die 
bereits  erwähnte  grüngefärbte  Milch  eine  verflüssigende  fluorescierende 
Bakterie  enthielt. 

Die  5 in  allen  Milchproben  vorkommenden  Bakterienarten  wurden 
in  Reinkultur  gezüchtet  und  des  näheren  studiert. 

Die  Bakterie  I,  durchschnittlich  am  meisten  vertreten,  bildet 
feine,  0,9 — 1,6  n lange  und  0,4 — 0,5  ^ breite  Stäbchen  mit  ab- 
gerundeten Enden  von  geringer  Beweglichkeit.  Die  Kolonieen  auf 
Fleischwasserpeptongelatine  sind  in  jugendlichem  Zustande  weiße, 
rundliche,  ziemlich  dicke  Auflagerungen  von  schleimiger  Beschaffen- 
heit. Sie  sind  in  der  Mitte  mit  einem  gelblichen  Punkte  versehen, 
der  anfangs  nur  angedeutet  ist,  dann  aber  deutlicher  hervortritt  und 
schließlich  bei  zunehmendem  Alter  der  Kolonie  sich  so  ziemlich  über 
die  ganze  Kolonie  verbreitet.  Der  Durchmesser  der  im  mittleren 
Alter  fast  völlig  runden  Kolonieen  mißt  2—3  mm.  Bei  schwacher 
Vergrößerung  zeigt  der  Rand  der  Kolonieen  eine  nicht  ganz  scharfe 
Begrenzung  und  das  Innere  der  Kolonieen  bietet  nichts  Charakte- 
ristisches. Die  älteren,  etwa  8 Tage  alten  Kolonieen  erscheinen 
abgeflacht,  von  gelblicher,  nach  innen  kräftiger  werdender  Färbung, 
die  umgebende  Gelatine  zeigt  sich  schwach  verflüssigt. 

Die  Stichkultur  in  Nährgelatine  bildet  einen  zusammenhängenden, 
weißlichen  Faden,  auf  dem  eine  Erhebung  von  gleicher  Gestalt  wie 
die  beschriebenen  Kolonieen  sitzt.  Nach  mehreren  Tagen  bildet  sich 
ein  Verflüssigungstrichter,  der  allmählich  bis  zur  Mitte  reicht  und 
auf  dessen  Boden  gelbe  Flocken  sich  ansammeln. 

Die  Strichkultur  auf  Nährgelatine  wächst  gleichmäßig  breit  aus, 


Ueber  „seifige“  Milch. 


465 


verflüssigt  rascher  als  die  Stichkultur  und  gleitet  dann  auf  den  Boden 
des  Röhrchens. 

Der  Impfstrich  auf  Agar-Agar  erscheint  schon  nach  einem  Tage 
als  ein  breiter,  unregelmäßig  begrenzter,  weißlicher  Streifen,  mit  einem 
gelben  Faden  in  der  Mitte.  Der  Belag  wird  später  runzlich  und  der 
Farbstoff  breitet  sich  auch  hier  fast  ganz  über  die  Masse. 

Auf  Kartoffel  erzeugt  die  Bakterie  nach  einigen  Tagen  schon 
einen  reichlichen  schleimigen  Belag  von  wachsgelber  Farbe. 

In  Bouillon  entsteht  Trübung,  aber  keine  Hautbildung. 

In  Milch  geimpft,  ruft 
die  Bakterie  keine  äußer- 
lich merkbare  Verände- 
rung hervor,  nach  meh- 
reren Tagen  jedoch  er- 
scheint jene  schleimig  und 
bleibt  an  der  Platinöse 
haften,  einen  dünnen,  bald 
reißenden  Faden  bildend. 

Der  Geschmack  der  Milch 
ist  ein  intensiv  seifig- 
laugiger  und  stimmt  mit 
dem  der  fehlerhaften  Milch 
vollständig  überein,  so  daß 
man  nicht  umhin  kann, 
den  Bacillus  als  die 
Ursache  des  Milchfehlers 
zu  bezeichnen.  Bei  Züch- 
tung dieses  „Bacillus 
der  seifigen  Milch“, 
wie  wir  ihn  bezeichnen 
möchten,  wurde  außerdem 
beobachtet,  daß  der  Ge- 
schmack an  die  Erschei- 
nung des  Schleimigwer- 
dens gebunden  zu  sein 
scheint.  Denn  wird  die 
Milchkultur  bei  Brüt- 
wärme oder  bei  Tempera- 
tur unter  10 0 C gehalten, 
so  tritt  das  Schleimig- 
werden der  Milch  nicht  ein  und  gleichzeitig  ist  auch  der  Geschmack 
nicht  so  intensiv  seifig.  Die  günstigste  Temperatur  für  das  Schleimig- 
werden der  Milch  und  den  seifigen  Geschmack  scheint  die  eines 
mäßig  kühlen  Zimmers  zu  sein. 

Die  Bakterie  II  aus  den  6 Milchproben  ist  ein  Stäbchen  von 
1,3 — 1,9  /.i  Länge  und  0,4— 0,5  Breite,  mit  stark  abgerundeten 
Ecken  und  ziemlicher  Beweglichkeit. 

Die  Kolonieen  auf  der  gewöhnlichen  Fleischwasserpeptongelatine 
sind  im  Anfänge  — nach  etwa  3 Tagen  — dünne,  flache,  durch- 
sichtige, rundliche  Auflagerungen,  im  durcbfallenden  Lichte  irisierend. 
Bei  schwacher  Vergrößerung  zeigt  sich  der  Rand  wellig  und  gebuchtet. 


Kolonieen  der  Bakterie  der  „seifigen  Milch“ 
(auf  Nährgelatine). 


466 


H.  Weigmann  und  G g.  Ziru, 


Nach  einigen  Tagen  wird  die  Auflagerung  kräftiger  und  es  bildet  sich  in 
der  Mitte  eine  flache,  runde  Mulde,  die  mit  der  Zeit  tiefer  und  größer 
wird,  während  die  Berandung  dieser  Mulde,  gleichsam  der  Anstieg 
der  Erhöhung,  durch  radial  gestellte  Furchen  ausgezeichnet  ist. 

In  der  Gelatinestichkultur  zeigt  sich  kaum  bis  zur  Mitte  Wachs- 
tum, dagegen  ein  ausgebreitetes  Oberflächenwachstum  mit  der  ge- 
schilderten charakteristischen  Zeichnung  und  einer  allmählichen  Ver- 
flüssigung. Diese  greift  soweit  um  sich,  daß  nach  9 — 10  Tagen  die 
Gelatine  x/2  cm  hoch  in  der  ganzen  Weite  des  Röhrchens  verflüssigt. 
An  der  Oberfläche  dieser  Verflüssigung  bildet  sich  eine  Haut  und 
die  Verflüssigung  ist  erfüllt  mit  kleinen  weißen  Flocken. 

Die  Stichkultur  auf  Agar  weist  ein  rasches  energisches  Wachs- 
tum auf,  so  daß  sich  schon  nach  einigen  Tagen  ein  stark  gewölbter 
Streifen  zeigt,  der  oben  schmal,  unten  aber  breit  ist. 

Auf  der  Kartoffel  wächst  die  Bakterie  als  ein  bräunlicher,  fettiger 
Rasen. 

In  Milch  kultivirt,  hat  der  Bacillus  ein  etwas  kräftigeres  Wachs- 
tum, namentlich  ist  er  etwas  dicker;  die  Milch  fängt  am  3.  Tage 
an  dicklich  zu  werden  und  zeigt  sich  am  4.  Tage  koaguliert,  das 
Koagulum  ist  kein  zusammenhängendes,  sondern  feinflockiges,  das 
Serum  schwach  sauer.  Nach  weiteren  5 Tagen  hat  sich  das  Gerinnsel 
abgesetzt  und  darüber  steht,  etwa  1/3  des  Gesamtvolumens  einneh- 
mend, ein  trübes,  weißes  Serum  von  schwach  aromatischem  Gerüche. 

In  Bouillon  wächst  die  Bakterie  mit  2,0— 2,3  /x  Länge  und 
0,5 — 0,6  /u  Breite,  nach  mehreren  Tagen  tritt  Sporenbildung  ein. 

Die  Bakterie  III  ist  ein  dickes,  abgerundetes  Stäbchen  von 
1,1 — 1,7  (.i  Länge  und  0,5 — 0,8  /x  Breite  und  von  lebhafter  Beweg- 
lichkeit. Auf  den  Gelatineplattenkulturen  bildet  die  Bakterie  ziem- 
lich dichte  Auflagerungen  von  zuerst  scharfer,  nachher  aber  lappig- 
buchtiger Umgrenzung.  Diese  Kolonie  sinkt  schon  am  3. — 4.  Tage 
in  die  Gelatine  ein,  diese  schwach  verflüssigend. 

Die  Strichkultur  in  Gelatine  wächst  kaum  bis  zur  Mitte  und 
bildet  an  der  Oberfläche  die  oben  beschriebene  Kolonie.  Die  Ver- 
flüssigung dehnt  sich  an  der  Oberfläche  aus,  ohne  nach  der  Tiefe 
(längs  des  Stichkanals)  zuzunehmen. 

Die  Stichkultur  auf  Agar  besteht  aus  einem  reichlichen,  weißen, 
glänzenden  Belag.  Auf  Kartoffeln  entsteht  ein  braungrauer,  feuchter, 
unebener  Belag. 

In  Milch  ruft  die  Bakterie  nach  2 — 3 Tagen  eine  Koagulation 
hervor  von  schwach  saurer  Reaktion,  sowie  einen  schwach  aroma- 
tischen Geruch.  Die  Bakterie  zeigt  in  Milch  eine  Länge  von  1,3 — 
2,0  (x  und  eine  Breite  von  0,6 — 0,8  /x.  In  Bouillon  bildet  sich  nach 
3 Tagen  an  der  Oberfläche  eine  starke  Haut,  die  Bouillon  ist  stark 
getrübt.  Die  Bakterie  wächst  darin  1,5 — 2,0  /x  lang  und  0,5  (x  breit. 
Nach  mehreren  Tagen  bilden  sich  Sporen. 

Die  Bakterie  IV  ist,  von  Gelatine  genommen,  ein  1,0— 1,5  f/ 
langes,  0,4— 0,6  /x  breites  Stäbchen  mit  abgerundeten  Enden  und 
geringer  Beweglichkeit. 

Auf  der  Gelatineplattenkultur  entstehen  nach  2 Tagen  runde, 
scharf  berandete,  verflüssigende  Kolonien,  die  nach  einigen  Tagen  in 
der  Mitte  einen  Kern  und  darum  herum  einen  konzentrischen,  buch- 


Ueber  „seifige“  Milch. 


467 


tigen  Kreis  zeigen.  Nach  weiteren  einigen  Tagen  bilden  sich  um 
den  Kern  konzentrisch  und  rosettenartig  gelagerte  Trübungen,  die 
sich  darauf  in  radial  gestellte,  aber  meist  schwach  spiralig  aufge- 
rollte Speichen  umwandeln,  während  vom  Rande  der  Kolonie  her 
ebenfalls  radial  gestellte  Trübungen  entgegenwachsen. 

Die  Gelatinestichkultur  bildet  erst  eine  luftblasenartige  Ver- 
tiefung mit  gleichzeitiger  Verflüssigung,  die  allmählich  plattenförmig- 
halbkugelig wird  und  die  Gelatine  oben  bis  zum  Rande  ver- 
flüssigt, während  der  Stichkanal  kaum  verflüssigt.  Nach  mehreren 
Tagen  ist  die  Gelatine  bis  zu  1/3  verflüssigt,  wobei  die  Verflüssigung 
scharf  gegen  die  feste  Gelatine  abschneidet.  Keine  Fluorescenz. 
Die  Strichkultur  wächst  rasch  und  bildet  auf  Agar  einen  weißen 
glänzenden  Streifen,  der  nach  einigen  Tagen  fluorescierend  wird. 
Das  Wachstum  auf  der  Kartoffel  erzeugt  einen  braungelben,  glatten, 
trockenen  Rasen. 

Milch  mit  der  Bakterie  geimpft,  wird  am  3.  Tage  schleimig, 
nach  4 Tagen  zeigt  sie  alkalische  Reaktion,  fluoresciert  schwach  und 
am  Boden  bildet  sich  ein  geringer  weißer  Niederschlag,  während  die 
überstehende  Milch  wieder  dünnflüssig  geworden  ist.  Nach  etwa 
6 Tagen  bildet  die  Milch  eine  dünne,  wässerig-trübe  Flüssigkeit  von 
schwacher  Fluorescenz.  Die  Bakterie  produziert  also  ein  stark  pep- 
tonisierendes  Ferment. 

Die  Kultur  in  Bouillon  hat  bei  schwacher  Trübung  Hautbildung  zur 
Folge.  — Sporenbildung. 

Größe  der  Stäbchen  beim  Wachstume: 

in  Milch  1,2— 1,7  /x  lang,  0,5  /t  breit, 
auf  Gelatine  1,0— 1,5  [x  lang,  0,4— 0,6  f.i  breit, 
in  Bouillon  1,0— 1,5  /.i  lang,  0,5  /x  breit. 

Bakterie  V ist,  von  Gelatinekultur  genommen,  ein  0,8— 1,2  (.c 
langes,  0,3— 0,5  (x  breites,  also  langes,  dünnes  Stäbchen  mit  abgerun- 
deten Enden  und  ziemlicher  Beweglichkeit. 

Die  Kolonieen  auf  der  Gelatineplattenkultur  erscheinen  als  flache, 
sehr  dünne,  bläuliche  Auflagerungen  mit  unregelmäßig  buchtigem,  ge- 
lapptem Rande.  Nach  einigen  Tagen  ist  die  Auflagerung  nur  wenig 
dicker  und  etwas  weißlicher  und  läßt  in  der  Mitte  im  Centrum  2—3, 
auch  4 mit  dem  Rande  parallel  laufende  konzentrische  Linien,  sowie 
eine  schwach  angedeutete  radiale  Streifung  erkennen. 

Die  Gelatinestichkultur  wächst  dem  ganzen  Stichkanal  entlang, 
an  der  Oberfläche  die  beschriebene  Kolonie  bildend. 

Die  Stichkultur  auf  Gelatine  bildet  schwachen  Belag  mit  starkem, 
buchtigem  Seiten  Wachstum  von  bläulichem,  perlmutterartigem  Glanze, 
auf  Agar  einen  kräftigen  weißen,  glänzenden  Belag. 

Auf  der  Kartoffel  entsteht  eine  graugelbe,  fettig-glänzende  Auf- 
lagerung. 

In  Milch  ruft  die  Bakterie  keine  Veränderung  hervor. 

In  Bouillon  entsteht  starke  Trübung  ohne  Hautbildung. 

Größe  der  Bakterien : 

in  Gelatine  0,8 — 1,2  /x  lang,  0,3 — 0,5  (x  dick, 

in  Milch  0,9 — 1,3  /.i  lang,  0,7 — 0,8  (x  dick, 

in  Bouillon  1,7— 2,0  fx  lang,  0,7— 0,8  (x  lang. 

Sporenbildung. 


468 


H.  Weigmann  und  G g.  Z i r n 


Es  wurde  versucht,  die  5 verschiedenen  Bakterienarten  an  der 
Hand  der  neuen  Auflage  der  E ise nberg’schen  Tabellen  mit  bereits 
bekannten  zu  identifizieren,  die  beschriebenen  Wachstumseigentüm- 
lichkeiten unserer  Bacillen  stimmen  jedoch  mit  keiner  der  in  Eisen- 
berg beschriebenen  Bakterienarten  überein. 

Die  Bakterie  I,  welche  den  eigentümlich  faden,  laugig-seifigen 
Geschmack  in  der  Milch  hervorrief  und,  wie  gesagt,  als  die  Ursache 


Kolonieen  der  Bakterie  IV  (auf  Nährgelatine). 

des  unangenehmen  Geschmackes  der  Milch  angesehen  werden  muß, 
muß  demnach  als  Bacillus  der  seifigen  Milch  (Bacillus 
lactis  saponacei)  bezeichnet  werden.  Auf  eine  Namengebung 
der  übrigen  Bakterienarten  kann  verzichtet  werden,  bis  sich  an  ihnen 
vielleicht  weitere  auf  die  Milchwirtschaft  Bezug  habende  charakte- 
ristische Eigenschaften  zeigen.  Vom  Bacillus  IV  soll  nur  erwähnt 
werden,  daß  er  dem  Bacillus  subtilis  verwandt  sein  möchte. 
Es  ist  schwierig,  die  Wachstumsformen  der  Bakterien  auf  den  ver- 
schiedenen Nährböden,  speziell  der  Nährgelatine  zu  beschreiben,  noch 


Ueber  „seifige“  Milch. 


469 


schwieriger  aber,  Bakterien  nach  den  Beschreibungen  zu  identifi- 
zieren; es  ist  deshalb  wünschenswert,  daß  die  Form  der  Kolonieen, 
auf  Nährgelatine  wenigstens,  in  irgend  welcher  Weise  fixiert  würde. 
Wir  haben  daher  von  den  Kolonien  der  5 Bakterien  auf  gewöhnlicher 
Koch’scher  Fleisch wasserpeptongelatine  Photogramme  angelegt,  von 
denen  die  von  Bakterie  I und  IV,  als  den  wichtigeren,  hier  nach- 
gebildet sind. 

Um  die  Herkunft  der  Bakterien  und  damit  die  äußerlich  wahr- 
nehmbare Ursache  des  Milchfehlers  zu  ermitteln,  wurde  das  bereits  für 
verdächtig  gehaltene  Stroh,  das  zur  Einstreu  verwendet  worden  war, 
einer  bakteriologischen  Analyse  unterworfen.  Das  Resultat  derselben 
war  die  wichtige  Thatsache,  daß  die  Streu  nicht  bloß  dieselbe  bak- 
teriologische Zusammensetzung  hatte,  resp.  dieselben  Bakterien  be- 
herbergte, wie  die  Milch,  sondern  daß  es  nur  diese  Bakterienarten 
und  keine  weiteren  führte.  Damit  ist  nicht  bloß  der  Herd  für  den 
Milchfehler  entdeckt,  sondern  es  ist  vor  allem,  was  in  milchwirt- 
schaftlicher Beziehung  wichtiger  ist,  der  experimentelle  Nachweis  für 
eine  der  verschiedenen  Herkunftsarten  der  Bakterien  der  Milch  er- 
bracht. Daß  verdorbene  Streu  nicht  selten  die  Ursache  schlechter 
Molkereiprodukte  ist,  hat  der  Referent  bereits  vielfach  Gelegenheit 
gehabt,  zu  erfahren. 

In  solchen  Fällen  hat  denn  immer  die  Entfernung  der  schlechten 
Streu  oder  wenn  kein  anderes  Material  zur  Verfügung  stand  und 
die  Milch  zur  Herstellung  von  Sauerrahmbutter  verwendet  wurde, 
die  Benutzung  von  Reinkulturen  von  Milchsäurebakterien  über  den 
Fehler  binweggeholfen.  Auch  in  dem  vorliegenden  Falle  halfen  diese 
Maßregeln.  Noch  während  des  Verlaufes  der  Untersuchung  wurden 
in  der  Versuchsmeierei  Reinkulturen  von  Milchsäurebakterien  zur 
Ansäuerung  des  Rahms  verwendet  und  damit  die  fehlerhafte  Be- 
schaffenheit der  daraus  gewonnenen  Butter  auf  ein  Minimum  herab- 
gedrückt, Freilich  gelang  das  erst  nach  Anwendung  von  8 — 10% 
(vom  Volumen  des  Rahmes)  reinen  Sauers,  was  sich  leicht  erklärt, 
wenn  man  sich  vergegenwärtigt,  daß  die  Milch  aus  dem  betreffenden 
Stalle  selbst  kaum  Milchsäurebakterien  oder  wenigstens  in  so  geringen 
Mengen  enthielt,  daß  eine  Säuerung  in  ihr  nicht  zu  Stande  kommen 
konnte. 

Der  Fehler  verschwand  ferner  auch,  nachdem  statt  der  verdor- 
benen Streu  gutes  Stroh  angewendet  wurde  und  den  Kühen  die 
Euter  einigemal  abgewaschen  worden  waren. 

Aus  dem  Vergleiche  der  Erscheinungen  an  der  seifigen  Milch,  daß 
diese  nämlich  selbst  bei  längerem  Stehen  nicht  säuert  und  koaguliert, 
sondern  im  Gegenteil  immer  dünnflüssiger  wird  und  nur  einen  schlam- 
migen Bodensatz  ausscheidet,  mit  den  Erscheinungen,  welche  die  5 be- 
schriebenen Bakterien,  namentlich  aber  die  Bakterie  IV,  in  sterilisierter 
Milch  hervorrufen,  läßt  sich  wohl  mit  Recht  der  Schluß  ziehen,  daß 
auch  die  sogenannte  „nicht  gerinnende  Milch“  nichts  anderes  ist,  als 
eine  von  Bakterien  hervorgerufene  Erscheinung,  und  zwar  von  Bak- 
terien hervorgerufen,  die,  wie  die  oben  beschriebenen,  weder  durch 
eine  Säure,  noch  durch  ein  Labferment  eine  Koagulation,  sondern 
infolge  Ausscheidung  eines  peptonisierenden  Fermentes  eine  Auflösung 

XV.  Bd.  30 


470 


A.  Celli  und  R.  Fiocca, 


des  Kaseins  der  Milch  bewirken.  Dieselbe  Erscheinung  kommt  natür- 
lich zustande,  wenn  einer  Labfermentwirkung  die  Wirkung  eines 
peptonisierenden  Fermentes  nebenhergeht  oder  folgt. 

Wenn  in  dem  oben  beschriebenen  Falle  der  Zusammenhang 
zwischen  Streu  und  bakteriologischer  Beschaffenheit  der  Milch  un- 
zweideutig nachgewiesen  werden  konnte,  so  gelang  es  in  einem  zweiten 
Falle,  einen  solchen  zwischen  den  Bakterien  der  Milch  und  denen 
des  Futters  aufzufinden.  Auch  hier  handelte  es  sich  um  nicht  ge- 
rinnende und  seifig  schmeckende  Milch,  der  Fehler  rührte  jedoch 
nicht  von  schlechter  Streu,  wohl  aber  von  Heu  her,  und  zwar  von 
äußerlich  tadellosem  und  nach  Qualität  sehr  gutem  Heu.  Auch  hier 
konnte  durch  Anwendung  von  Reinkulturen  von  Milchsäurebakterien 
geholfen  werden.  Der  Zusammenhang  zwischen  Heu  und  Milchfehler 
bestätigte  sich  im  Laufe  des  Sommers,  indem  dieselbe  Erscheinung 
während  des  Weideganges  auftrat,  wenn  das  Vieh  auf  derjenigen 
Koppel  weidete,  von  welcher  das  im  vorhergehenden  Winter  ver- 
fütterte Heu  stammte.  Wurde  das  Vieh  auf  eine  andere  Koppel 
gebracht,  so  verschwand  der  Fehler  nach  einiger  Zeit,  trat  aber 
wieder  auf,  wenn  die  Kühe  wieder  nach  der  ersten  Koppel  getrieben 
wurden.  Man  wird  nicht  irre  gehen,  wenn  man  in  diesem  Falle  an- 
nimmt, daß  der  Kot,  von  dem  ja  immer  Anteile  in  die  Milch  gelangen, 
der  Ueberträger  der  Bakterien  auf  die  Milch  ist. 

Kiel,  30.  Januar  1894. 


Beiträge  zur  Amöbenforschung. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  Rom.] 

Erste  vorläufige  Mitteilung 

von 

Prof.  A.  Celli  und  Dr.  ß.  Fiocca. 

Allen  ist  die  Bedeutung  bekannt,  die  die  Amöben  in  der  letzten 
Zeit  für  die  Pathologie  gewonnen  haben ; so  z.  B.  in  der  Dysenterie, 
und  nach  Einigen  auch  in  der  Malaria,  wenngleich  bis  jetzt  noch  nicht 
bewiesen  ist,  daß  die  Plasmodien  Amöben  seien. 

Da  ferner  die  Amöben  überall  in  unserer  Umgebung  verbreitet 
sind,  ist  es  sehr  wahrscheinlich  und  in  jedem  Falle  des  Untersuchens 
wert,  in  welcher  Art  sie  an  jener  Reihe  von  biochemischen  Phänomenen 
teilnehmen,  die  so  viel  dazu  beitragen,  hygienische  Veränderungen  in 
der  Umgebung  hervorzubringen,  in  der  wir  leben. 

Wir  wissen  bisher  von  der  Biologie  der  Amöben  nur  wenig,  und 
dieses  Wenige  nur  durch  einfache  Beobachtung,  die  ohne  Beihilfe  der 
Reinkulturen  unvermögend  ist,  das  Leben  dieser  Wesen  innerhalb 
und  außerhalb  des  tierischen  Organismus  aufzuklären. 

Wir  stellten  es  uns  deshalb  zur  ersten  Aufgabe,  Kulturen  im 
Sinne  der  heutigen  Bakterienforschung  anzustellen. 


Beiträge  zur  Amöbenforschung. 


471 


Wir  haben  verschiedenartiges  Material  benutzt,  den  Darminhalt 
des  gesunden  und  an  verschiedenen  Darmkrankheiten  erkrankten 
Menschen,  Scheiden-  und  Mundschleim,  Darminhalt  von  Tieren,  Wasser 
aus  den  Abzugskanälen,  oberflächliche  und  tiefe  Terrains,  Sumpferde 
und  Wasser  in  gesunden  und  Malarialandstrichen,  Trinkwasser  und 
Thermalwasser,  Häuserstaub  u.  s.  w. ; nach  vielen  vergeblichen  Ver- 
suchen mit  den  gewöhnlichen  Nährböden  der  Bakterien  ist  es  uns 
gelungen,  in  einem  besonderen  von  uns  hergestellten  Nährboden 
prachtvolle  Kulturen  von  verschiedenen  Amöben  zu  erzielen, 
von  denen  wir  einige,  in  mit  ihrer  Entwickelungsperiode  korrespon- 
dierenden Intervallen,  seit  fast  zwei  Jahren  kultivieren. 

Wir  beschränken  uns  hier  darauf,  einige  dem  Leben  aller  von  uns 
kultivierten  Amöben  gemeinsame  Thatsachen  anzuführen : 

Alle  haben  bisher  zwei  Phasen  aufgewiesen:  Amöben-  und 
Cystenphase. 

In  der  Cystenphase  besteht  die  Amöbe  aus  einem  mehr  oder 
weniger  granulierten  Inhalte  und  aus  einer  Schale,  die  diesen  ein- 
schließt. Diese  besteht  meist  aus  zwei  Wänden,  einer  inneren  mit 
stets  glattem,  rundlichem  Kontur  und  einer  äußeren,  die  glatt  sein 
kann  oder  gewellt,  so  daß  es  Cysten  mit  glattem  oder  mit  runzeligem 
Kontur  giebt. 

In  der  amöboiden  Phase  besteht  die  Amöbe  aus  einer  inneren, 
mehr  oder  weniger  granulierten  Substanz  (Endoplasma)  und  aus  einer 
äußeren,  hyalinen  (Ektoplasma).  Dieses  kann  sich  entweder  in  wirk- 
lichen Wellen  bewegen  oder  mit  einfachen  zackigen  Ausläufern  und 
ist  entweder  in  geringer  Menge  vorhanden  oder  mehr  oder  weniger 
reichlich.  Im  ersten  Falle  ist  die  Amöbe  sehr  beweglich,  im  letzteren 
hat  sie  langsame  Bewegungen.  Die  einen  haben  während  der  Be- 
wegung eine  längliche  Form  bei,  andere  weisen  nur  wenig  Unter- 
schied zwischen  dem  Längs-  und  Quermesser  auf.  Im  Endoplasma 
ist  stets  der  gewöhnlich  bläschenförmige  Kern  sichtbar.  Oft  sieht 
man  auch  Vakuolen,  deren  Zahl  (3 — 7 und  mehr),  Form  und  Lage 
wechselt:  manchmal  sieht  man  in  einer  ganzen  Generation  keine 
einzige. 

Die  Amöben  verschlucken  zu  ihrer  Ernährung  die  festen  Körperchen, 
die  sie  in  ihrer  Nähe  finden,  und  zum  Beispiel  mit  großer  Gier  die 
Bakterien  und  deren  Sporen;  es  ist  sogar  häufig,  daß  sie  eine  An- 
häufung derselben  an  einem  Pole  haben.  Sie  schließen  die  roten  Blut- 
körperchen mit  Leichtigkeit  ein  und  lösen  ihr  Hämoglobin  ohne 
Pigmentbildung  auf;  man  findet  sie  leicht  mit  einem  Einschlüsse  von 
ein  bis  vielen  roten  Blutkörperchen  und  vollständig  denen  analog,  die 
man  als  charakteristisch  für  die  Dysenterie  beschrieben  hat. 

Alle  Strukturverhältnisse  werden  sehr  gut  an  frischen  Exemplaren 
beobachtet,  besonders  im  hängenden  Tropfen.  Die  am  Malariablute 
gebräuchlichen  Färbemethoden,  auch  mit  der  besten  Technik  ver- 
wertet, dringen  in  die  Cysten  nur  schlecht  ein  und  runzeln  die 
amöboiden  Formen. 

Die  Vermehrung  erfolgt  in  allen  bisher  kultivierten  Formen 
durch  Teilung.  Bisher  ist  es  uns  trotz  aller  verschiedenen  Kultivierungs- 
arten nie  gelungen,  eine  Sporulation  zu  beobachten.  Anstatt  dessen 

30* 


472 


A.  Celli  and  R.  Piocca,  Beiträge  zur  Amöbenforschung. 


sieht  man  in  der  Mehrzahl  der  Fälle,  zwei  bis  sechs  Stunden  nach 
Impfung  in  den  hängenden  Tropfen,  den  Inhalt  der  encystierten  Form 
granulöser  werden;  häufig  erscheint  dann  der  Kern,  wenn  er  vorher 
noch  nicht  sichtbar  war;  der  granulierte  Inhalt  fängt  an,  sich  zu 
bewegen,  und  zwar  manchmal,  indem  er  sich  auf  einer  Seite  zusammen- 
zieht. Dann  erfolgt  ein  Bruch  an  einer  Stelle  der  Cystenwand,  und 
der  granulierte  Inhalt  tritt  aus  einem  engen  Spalte  nach  und  nach 
aus.  Er  bleibt  einige  Minuten  mit  der  Cyste  in  Verbindung  und  löst 
sich  dann  los  und  wird  zur  freien  Amöbe.  Diese  spaltet  sich  dann 
in  zwei  junge  Amöben,  die  dann  ihrerseits  wachsen  und  sich  spalten 
u.  s.  w. 

Dieser  Prozeß  kann  sehr  gut  am  Mikroskop  in  Kulturen  im 
hängenden  Tropfen  beobachtet  werden  und  dauert  24—72  Stunden. 
Bei  einigen  Formen  beginnt  die  Einkapselung  nach  24  Stunden,  bei 
anderen  nach  48 — 72  Stunden.  Im  Beginn  werden  die  Amöben 
weniger  beweglich,  fangen  an,  sich  zu  runden  und  werden  schließlich 
rund.  In  den  folgenden  Tagen  (3 — 7)  scheiden  sie  eine  äußere 
Wand  aus,  die,  wie  schon  oben  erwähnt,  entweder  einen  völlig  runden 
oder  gerunzelten  Kontur  hat.  Während  in  den  runden  Formen  fast 
stets  der  Kern  sichtbar  ist,  ist  er  es  selten  in  den  encystierten 
Formen,  besonders  in  den  runzligen.  Wenn  die  Cysten  nach  einer 
gewissen  Anzahl  von  Tagen  in  ein  neues  Nährmaterial  übergeführt 
werden,  beginnen  sie  ihren  Cyklus  aufs  neue.  Diesen  kann  man 
in  der  größten  Anzahl  der  Fälle  verfolgen,  während  in  anderen,  aus 
noch  nicht  gut  definierten  Gründen,  Involutionsformen  entstehen,  die 
auf  das  feinste  granuliert  sind,  mehr  oder  weniger  rundlich  mit  stellen- 
weise unregelmäßigem,  wie  unterbrochenem  Kontur. 

Interessant  ist  das  Verhalten  der  Amöben  gegen  phy- 
sikalisch-chemische Reagentien.  So  z.  B.  können  die 
amöboiden  wie  die  encystierten  Formen  Temperaturen  von  0 — 15° 
während  Stunden  und  Tagen  ertragen,  ohne  abzusterben.  Höhere 
Temperaturen  hingegen,  wie  45°  während  5 Stunden  und  50°  während 
einer  Stunde,  töten  sie  in  der  amöboiden  Phase;  in  der  encystierten 
können  sie  auch  60°  eine  Stunde  lang  ertragen  und  dann  nach 
4-tägiger  Behandlung  mit  55°,  auch  während  7 Tagen,  mehrere 
Stunden  täglich,  67°  widerstehen. 

Dem  Sonnenlichte  widerstehen  sie  im  trockenen  und  feuchten 
Zustande  bis  zu  270  Stunden  bei  einer  mittleren  Temperatur  von 
12—15°. 

Der  mehr  oder  weniger  schnellen  Austrocknung  widerstehen  sie 
bei  diffusem  Lichte  oder  in  der  Dunkelheit  dauernd. 

Anaerobiotisch  kultiviert,  entwickeln  sie  sich  nicht;  aber  wenn 
man  sie  dann  nach  4 — 6 Monaten  auf  den  gewöhnlichen  Nährboden 
zurückversetzt,  vermehren  sie  sich  wieder;  demgemäß  findet  man  sie 
in  einer  Tiefe  von  2 m wie  an  der  Oberfläche  der  Erde. 

In  fauligen  tierischen  Flüssigkeiten  sterben  die  Amöben  nach 
23  Tagen,  die  encystierten  Formen  nach  33  Tagen. 

Gegen  antiseptische  Substanzen  (Kalkwasser,  Ammoniak,  Kali, 
Fluorwasserstoffsäure,  fluorwasserstoffsaures  Ammon  und  Natron, 
Salicylsäure,  Gerbsäure,  Phenol,  Lysol,  Cresylol,  Natriumsulfit,  Queck- 


W.  Schewiakoff,  Ein  abnorm  gebauter  weiblicher  Genitalapparet  etc.  473 


silberbichlorid)  sind  sie  auch  encystiert  weniger  widerstandsfähig,  als 
die  gewöhnlichen  Bakterien,  mit  denen  sie  zusammen  auftreten. 
Hervorzuheben  ist  ihr  geringer  Widerstand  gegen  Säuren  und  ihr 
relativ  großer  gegen  Alkalien,  so  z.  B.  in  10  ccm  Kulturboden  4,5  ccm 
gesättigter  Lösung  von  kohlensaurem  Natrium,  oder  1 ccm  Kalilauge 
N 

jq.  Auf  diese  Weise  kann  man  auf  sehr  alkalinischen  Nährböden 

fast  Reinkulturen  ziehen.  Vollständig  bakterienfreie  Kulturen  zu  er- 
zielen, ist  uns  trotz  aller  chemischen  und  mechanischen  Mittel  nicht 
gelungen;  hingegen  ist  es  leicht,  die  verschiedenen  Amöben  in 
Kulturen  zu  isolieren. 

Wir  behalten  uns  vor,  in  der  nächsten  Mitteilung  weitere  That- 
sachen  raitzuteilen,  besonders  die  Beschreibung  der  bis  jetzt  kulti- 
vierten Amöben,  die  wir  einesteils  aus  der  Umgebung,  anderenteils 
aus  dem  kranken  und  gesunden  Menschen  isoliert  haben. 

Rom,  den  15.  März  1894. 


Ein  abnorm  gebauter  weiblicher  Genitalapparat  von 
Ascaris  lumbricoides  L. 

Von 

Dr.  W.  Schewiakoff, 

Privatdocent  zu  Heidelberg. 

Mit  2 Figuren. 

Als  im  laufenden  Wintersemester  während  der  zootomischen 
Uebungen  von  den  Studierenden  unter  meiner  Leitung  Ascaris 
lumbricoides  präpariert  wurden,  zog  der  weibliche  Genitalapparat 
eines  von  Herrn  cand.  med.  O.  Sch  ult  ze  geöffneten  Tieres  meine 
Aufmerksamkeit  auf  sich.  Derselbe  schien  nicht  doppelt  zu  sein, 
sondern  aus  einem  einzigen,  unpaaren  Schlauche  zu  bestehen,  was 
auch  die  genauere  Untersuchung  bestätigte.  Da  nun  über  eine  der- 
artige Abnormität  bei  Ascaris  lumbricoides  in  der  Litteratur 
nichts  bekannt  ist,  so  soll  im  Nachfolgenden  über  diesen  Befund  kurz 
berichtet  werden. 

Das  betreffende  Exemplar  war  sonst  ganz  normal  gebaut  und 
besaß  eine  Länge  von  25 — 26  cm,  so  daß  ein  ausgewachsenes  Tier 
vorlag.  Die  quergestellte  Vulva  lag  etwas  seitlich  von  der  ventralen 
Medianlinie  im  vorderen  Körperdrittel  und  führte  in  eine  enge,  etwa 
8 mm  lange  Vagina.  Letztere  verlief  bogenförmig  (siehe  Figur  1) 
nach  hinten  und  setzte  sich  in  einen  einzigen  (ungeteilten)  Uterus 
fort,  der  geschlängelt  und  zum  Teil  unter  Schleifenbildung  nach  dem 
hinteren  Körperende  hinzog.  Dort  verengte  sich  der  Uterus , bog 
nach  vorne  um  und  ging  in  den  Ovidukt  über,  welcher  seinerseits  sich 
in  das  Ovarium  fortsetzte.  Dieser  Abschnitt  des  Genitalschlauches 
umwickelte  in  zahlreichen  Schlingen  den  Uterus  und  den  Darm.  Die 


474 


W.  Schewiakoff, 


V - 


Ui  - 


Ovd 


Länge  des  ganzen  Genitalapparates  betrug  in 
seiner  natürlichen  Lage  12  cm.  Nach  einer  sorg- 
fältigen Auseinanderbreitung  desselben  konnte  ich 
mich  überzeugen , daß  er  aus  einem  einzigen 
Schlauche  bestand,  an  dem  man  vier  hinter- 
einander gelegene  Abschnitte  (Vagina,  Uterus, 
Ovidukt  und  Ovarium)  auch  äußerlich  unter- 
scheiden konnte.  Die  Länge  des  ausgebreiteten 
Genitalschlauches  betrug  circa  157  cm  — also 
das  Sechsfache  der  gesammten  Körperlänge  des 
Tieres.  Diese  Länge  entspricht  vollkommen  der, 
welche  bei  normalen  Exemplaren  beobachtet 
wurde,  da  nach  Leuckart’s  Angaben1)  bei 
einer  weiblichen  Ascaris  lumbricoides  (von 
20 — 28  cm  Länge)  jeder  einzelne  Genitalschlauch 
5V2 — 7mal  die  Gesamtlänge  des  Tieres  beträgt. 

Obgleich  nun  nach  dem  äußeren  Aussehen 
des  Genitalschlauches  kaum  zu  erwarten  war, 
daß  er  durch  eine  innige  Verwachsung  eines 
paarigen  Organs  entstanden  sein  konnte,  wollte 
ich  mich  doch  an  Querarbeiten  von  der  Richtig- 
keit dieser  Voraussetzung  überzeugen.  Die  durch 
20  verschiedene  Stellen  der  Genitalröhre  gemach- 
ten Schnitte  zeigten  auch  keine  Spur  von  Ver- 
wachsung. In  histologischer  Beziehung  besaß  der 
Genitalapparat  einen  vollkommen  normalen  Bau; 
zudem  war  der  Uterus  von  befruchteten  Eiern 
in  allen  Stadien  der  Entwickelung  erfüllt,  wo- 
gegen im  Ovidukt  unbefruchtete  Eier  und  Sperma- 
tozoen  und  im  Ovarium  an  der  Rhachis  sitzende 
Eizellen  anzutreffen  waren.  Nur  eine  Stelle  des 
Ovariums  (etwa  40  cm  vor  dem  Beginne  des 
Ovidukts)  zeigte  einen  etwas  abweichenden  Bau, 
indem  sich  hier  statt  einer  Rhachis  zwei  fanden, 
um  welche  die  Eizellen  strahlenförmig  (siehe 
Figur  2)  angeordnet  waren.  Diese  doppelte 
Rhachis  war  an  Schnittserien  nur  eine  kurze 
Strecke  hindurch  (etwa  0,5  mm)  zu  verfolgen 
und  ging  dann  wieder  in  eine  einfache  über.  Um 
zu  sehen,  ob  die  doppelte  Rhachis  auch  an  an- 
deren Stellen  des  Ovariums  vorhanden  war,  wurde 
der  Ovarialschlauch  in  circa  50  kleine  Stücke 
zerschnitten,  welche  in  eine  Schnittserie  (circa 
60  ä 30  /. i ) zerlegt  wurden.  Das  Studium  der- 
selben ergab,  daß  an  5 Stellen  des  Ovariums 
die  Rhachis  doppelt  war,  wobei  die  zweite  Rhachis  sich  immer 
nur  auf  eine  geringe  Entfernung  (nicht  über  1 mm)  erstreckte. 
Daß  die  stellenweise  doppelte  Rhachis  bei  unserem  Exemplare  etwa 


m-\- \-l 


Fig.  X.  Weiblicher  Ge- 
nitalapparat in  seiner 
natürlichen  Lage. 

V Vagina;  Ut  Uterus  ; 
Os  Ovarium ; Ovd  Ovi- 
dukt ; D Darm;  8 Sei- 
tenlinie. 


X)  R.  Leuckurt,  Die  menschlichen  Parasiten.  Bd.  II.  X876.  p.  63  und  X97. 


Ein  abnorm  gebauter  weiblicher  Genitalapparat  von  Ascaris  lumbricoides  L.  475 


auf  die  Verwachsung  zweier  Ovarial- 
schläuche  hindeuten  sollte,  ist  meiner 
Meinung  nach  vollkommen  ausgeschlossen. 

Dies  um  so  mehr,  da  ich  eine  doppelte 
Rhachis  (obgleich  viel  seltener)  auch  bei 
Individuen  mit  normal  gebautem  (paarigen) 
weiblichen  Genitalapparate  nachweisen 
konnte.  Ich  halte  es  daher  für  sehr 
wahrscheinlich,  daß  der  unpaare  Genital- 
schlauch nicht  durch  eine  sekundäre  Ver- 
wachsung zweier  Schläuche  entstanden  ist,  F,g-  n2-  Qliersc^n'tt  durch  das 
sondern  daß  seine  Entwickelung  vermutlich 
den  Gang  nahm,  welcher  den  männlichen, 

(meist)  unpaaren  Geschlechtsorganen  zukommt. 

Bekanntlich  entstehen  die  Geschlechtsorgane  bei  beiden  Ge- 
schlechtern vieler  Nematoden  aus  einer  einzigen  Mesodermzelle, 
welche  unter  Kernvermehrung  sich  in  die  Länge  streckt^und  darauf 
in  eine  oberflächliche  Hüllschicht  und  einen  axialen  Abschnitt  sondert, 
wobei  die  erstere  das  Epithel  der  Ausführgänge,  der  letztere  dagegen 
die  Geschlechtsprodukte  selbst  liefert.  Der  Unterschied  besteht  nur 
darin,  daß  beim  Weibchen  die  oberflächliche  Hüllschicht  sich  nur  am 
medianen  Teile  der  schlauchförmigen  Embryonalzelle  deutlich  ent- 
wickelt, wobei  die  beiden  Enden  des  Schlauches  zu  den  blinden 
Enden  des  paarigen  Ovariums  werden.  Beim  Männchen  dagegen 
kommt  die  Hüllschicht  nur  an  einem  (hinteren)  Ende  der  schlauch- 
förmigen Embryonalzelle  zur  Ausbildung  und  liefert  auf  diese  Weise 
den  unpaaren  Genitalschlauch.  Wie  gesagt,  halte  ich  es  für  mög- 
lich, daß  im  vorliegenden  Falle  ein  entsprechender  Entwickelungsgang 
eingeschlagen  wurde,  welcher  eine  unpaare  Genitalröhre  zur  Folge 
hatte. 

Die  bei  unserem  Exemplare  stellenweise  doppelt  angelegte  Rhachis 
wird  wohl  den  Zweck  haben,  eine  größere  Anzahl  von  Eiern  zur  Aus- 
bildung zu  bringen,  da  doch  infolge  des  unpaaren  Genitalschlauches 
(dessen  Länge  ungefähr  die  des  einen  Schenkels  eines  paarigen 
Genitalapparates  beträgt)  sonst  weniger  Eier  erzeugt  werden  könnten. 
Nicht  uninteressant  ist  der  Umstand,  daß  in  dem  unpaaren  männ- 
lichen Genitalschlauche  (Hoden)  der  Nematoden  die  Rhachis  nicht  in 
der  Einzahl,  sondern  bald  in  2-,  4-  oder  sogar  16— 20-Zahl  (Ascaris 
lumbricoides)  auftritt1),  wodurch  gleichfalls  eine  größere  Anzahl 
von  Spermatozoen  erzeugt  werden  kann. 

Der  beschriebene,  abnorm  gebaute  Genitalapparat  ist  auch  inso- 
fern von  gewissem  Interesse,  als  er  uns  einige  Schlüsse  von  allge- 
meiner Bedeutung  gestattet.  Bekanntlich  besteht  der  männliche 
Genitalapparat  der  Nematoden  aus  einem  unpaaren  Schlauche,  wo- 
gegen der  weibliche  paarig  gebaut  ist.  Eine  Ausnahme  davon  bilden 
nur  wenige  Formen.  So  besitzen  die  Männchen  von  Gordius  und 
Filaria  attenuata  einen  paarigen,  wogegen  die  Weibchen  von 
Trichina,  Trieb  oceph  alus,  Trichosoma,  Leptodera 


1)  B.  Leuckart  1,  c.  p.  81  u.  187. 


476  W.  Schewiakoff,  Ein  abnorm  gebauter  weiblicher  Genitalapparat  etc. 


membraoosa1 2)  und  einer  Rhabditisart3)  einen  einfachen,  un- 
paaren  Genitalschlauch  aufweisen.  Außerdem  besitzen  noch  manche 
Formen  einen  vielgeteilten  Genitalschlauch;  so  ist  derselbe  vierteilig 
bei  Pbysaloptera  abbreviata,  Ascaris  rubicunda  und 
Ascaris  quadrangularis  und  fünfteilig  bei  Filaria  labiata 
(Schneider  p.  256 — 257).  Eine  individuelle  Abnormität  im  Baue 
des  Genitalschlauches  ist  nur  einmal  von  Meißner3)  bei  einem 
Männchen  von  Mermis  albicans  beobachtet  worden,  welches  eine 
doppelte  Genitalröhre  besaß.  Dieser  Fall  sowie  der  unsere  zeigen 
demnach,  daß  der  Bau  der  Geschlechtsorgane  innerhalb  der  Species 
variieren  kann.  Daraus  folgt  aber,  daß  die  Modifikationen  derselben 
keinen  systematischen  Wert  beanspruchen  können  und  bei  der  Klassi- 
fikation, wie  es  öfters  bei  Nematoden  geschehen  ist,  nicht  verwendet 
werden  können  — ein  Umstand,  auf  den  bereits  Bütschli  (1.  c. 
p.  11)  hingewiesen  hat.  Ferner  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  daß  die 
Filaria  horrida  Dies,  und  F.  labiata  Crepl. , welche  nach 
Schneider  (1.  c.  p.  89—90)  nur  dadurch  sich  unterscheiden  sollen, 
daß  die  erste  einen  zweiteiligen,  die  zweite  einen  fünfteiligen  Uterus 
besitzt,  identisch  sind,  was  auch  von  Schneider  (p.  256)  vermutet 
wurde. 

Weiterhin  ist  der  vorliegende  Fall  noch  insofern  von  Interesse, 
als  er  uns  einige  Spekulationen  bezüglich  der  Variation  der  Arten 
erlaubt.  Bekanntlich  wird  der  Ursprung  der  Arten  durch  allmählich 
auftretende  Variationen  erklärt,  welche  auf  die  Nachkommen  vererbt 
werden.  Der  beschriebene  unpaare  Genitalapparat  ist  wohl  sicher 
nicht  durch  allmähliches  Verkümmern  einer  Hälfte  des  paarigen  ent- 
standen, sondern  wahrscheinlich  plötzlich  als  eine  Abnormität  auf- 
getreten, da  im  anderen  Falle  Zwischenformen  hätten  beobachtet 
werden  müssen.  Nun  ist  es  nicht  unmöglich,  daß  diese  Abnormität 
auf  die  Nachkommen  vererbt  werden  kann,  wodurch  eine  Varietät  der 
Ascaris  lumbricoides  entstehen  würde.  Analog  diesem  plötz- 
lichen Auftreten  eines  unpaaren  weiblichen  Genitalapparates  kann 
man  sich  auch  das  Auftreten  derjenigen  Nematoden  denken,  welche 
ständig  einen  unpaaren  Genitalapparat  aufweisen.  Oder  mit  anderen 
Worten  könnten  wir  diese  letzteren  Formen  von  denjenigen  mit 
paarigem  Genitalapparate  ableiten  nicht  durch  allmähliches  Ver- 
kümmern des  einen  Genitalschlauches,  sondern  durch  das  plötz- 
liche Verschwinden  desselben,  welches  auf  die  Nachkommen  vererbt 
wurde. 

Heidelberg,  im  Februar  1894. 


1)  A.  Schneider,  Monographie  der  Nematoden.  1866.  p.  245  u.  256. 

2)  O.  Bütschli,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  freilebenden  Nematoden.  (Nova  Acta 
d.  Kgl.  Leop.  Carol.  Deutsch.  Akad.  d.  Naturf.  Bd.  XXXVI.  No  5.  p.  11.) 

3)  G.  Meißner,  Beiträge  zur  Anatomie  und  Physiologie  von  Mermis  albicans. 
(Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  V.  p.  247.) 


C.  W.  Stile«,  Bemerkungen  über  Parasiten. 


477 


Bemerkungen  über  Parasiten.  — Ueber  die  Erhaltung 

von  Typen. 

Von 

C.  W.  Stiles,  Dr.  ph. 

Prof.  Max  Braun  hat  kürzlich  (Zool.  Anzeiger.  1893.  No.  428) 
einen  Vorschlag  über  die  Erhaltung  von  typischen  Originalexemplaren 
von  Parasiten  gemacht,  welcher  jeden  Zoologen  angeht,  der  über 
systematische  Helminthologie  gearbeitet  hat,  aber  zu  meinem  Er- 
staunen hat  darüber  von  seiten  der  europäischen  Helminthologen  keine 
Meinungsäußerung  stattgefunden.  Nachdem  ich  umsonst  einige  Zeit 
auf  Aeußerungen  meiner  europäischen  Kollegen  gewartet  habe,  welche 
Prof.  Braun ’s  Vorschlag  unterstützten,  nehme  ich  mir  die  Freiheit, 
obgleich  ich  eines  der  jüngeren  Mitglieder  der  Brüderschaft  bin, 
einige  Worte  über  die  Notwendigkeit  zu  sagen,  zur  Unterstützung 
des  allgemeinen,  von  unserem  geehrten  Königsberger  Kollegen  aus- 
gesprochenen Prinzipes  gemeinschaftlich  vorzugehen. 

Braun  hatte  soeben  ein  sorgfältiges  Studium  der  Distomen  von 
Katzen  und  verwandten  Tieren  begonnen,  als  er  durch  die  Ver- 
gleichung verschiedener  Beschreibungen  und  Abbildungen  zu  dem 
Schlüsse  gezwungen  wurde,  daß  in  dieser  Gruppe  die  größte  Un- 
ordnung und  Ungewißheit  herrscht,  und  diese  Erfahrung  hat  jeder 
von  uns,  der  irgend  ein  Genus  von  Parasiten  sorgfältig  studiert  hat, 
ebenfalls  gemacht.  Er  mußte  die  typischen  Exemplare  der  betreffen- 
den Species  untersuchen,  um  die  Formen  zu  bestimmen,  und  das 
Resultat  seiner  trefflichen  Arbeit  ist  jetzt  allen  bekannt,  welche  das 
Centralbl.  f.  Bakteriologie  u.  Parasitenkunde  oder  den  Zoologischen 
Anzeiger  verfolgen.  Seinen  Artikel  im  Zoolog.  Anzeiger  schließt  er 
mit  einem  Aufrufe  an  die  Helminthologen,  welcher  nach  meiner 
Meinung  vollständig  in  dem  Centralbl.  f.  Bakteriologie  u.  Parasitenk. 
erscheinen  sollte,  welches  jetzt  als  unser  internationales  Journal  für 
Parasitologie  anerkannt  ist.  Braun  sagt: 

„Ich  kann  nicht  umhin,  bei  dieser  Gelegenheit  eine  Frage  anzu- 
regen, deren  Verwirklichung  unserer  Wissenschaft  nur  von  Nutzen 
sein  könnte:  für  meine  Arbeiten  war  es  von  wesentlichem  Vorteile,  daß 
ich  die  Originale  einiger  Dis toma arten  vergleichen  konnte.  Ent- 
sprechendes ist  bei  jeder  systematischen  Arbeit  notwendig  oder  wenig- 
stens wünschenswert.  Leider  sind  solche  Originale  in  den  ver- 
schiedensten Sammlungen  zerstreut  und  oft  gar  nicht  zu  eruieren. 
Es  wäre  nun  schon  viel  gewonnen,  wenn  von  zuständiger  Seite  Listen 
aufgestellt  und  an  einen  Forscher  eingesandt  würden,  der  aus  ihnen 
ein  Verzeichnis  (etwa  in  systematischer  Folge)  anzufertigen  und  zu 
publizieren  hätte  (Zool.  Anzeiger).  Zweckmäßiger  wäre  es  m.  E., 
wenn  alle  noch  vorhandenen  Originalobjekte  in  einer  Centralanstalt 
vereinigt  würden;  doch  da  dieses  kaum  erreichbar  ist,  so  sollten  wir 
wenigstens  von  nun  an  mehr  für  die  Zukunft  sorgen,  d.  h.  nicht  nur 
die  Originale  zu  beschreibender  Arten  konservieren,  sondern  sie  auch 


478 


C.  W.  Stiles, 


an  ein  Institut  abgeben  (z.  B.  an  das  Berliner  Museum),  und  zwar, 
wenn  möglich,  in  größerer  Anzahl.  Ein  Teil  dieser  Dubletten,  die 
sich  ja  oft  genug  beschaffen  lassen,  wird  natürlich  auch  an  dem  Orte 
verbleiben,  wo  der  betreffende  Autor  gearbeitet  hat.  Ganz  gegen  die 
Interessen  unserer  Wissenschaft  ist  es  aber,  wenn  die  Originale  Be- 
standteile von  Privatsammlungen  werden.  Vielleicht  wird  die  an- 
geregte Frage  auf  die  Tagesordnung  der  nächsten  Versammlung  der 
deutschen  zoologischen  Gesellschaft  gestellt;  sie  erscheint  als  wichtig 
genug,  um  wenigstens  eine  Besprechung  im  Kreise  der  Fachgenossen 
zu  verdienen.“ 

Obgleich  ich  ganz  mit  dem  in  B r a u n ’s  Arbeit  angeregten  Ge- 
danken übereinstimme,  so  möchte  ich  mir  doch  einige  Bemerkungen 
über  den  Gegenstand  erlauben  und  einige  kleine  Aenderungen  Vor- 
schlägen. Erstlich  wird  es  den  Helminthologen  aller  Länder  kaum 
möglich  sein,  ihre  Typen  in  irgend  einem  centralen  Museum  nieder- 
zulegen. Wenn  dergleichen  möglich  und  ausführbar 
wäre,  so  würde  ich  gern  das  Berliner  Museum  vorziehen,  denn  es 
würde  schwer  sein,  ein  Museum  zu  finden,  dessen  Direktor  mit  solcher 
Freigebigkeit  und  Freundlichkeit  den  Forschern  erlaubt,  die  ihm 
an  vertrauten  Typen  zu  vergleichen,  wie  Karl  Möbius.  Dennoch 
bin  ich  stark  der  Meinung,  daß  das  typische  Originalexem- 
plar, nach  welchem  die  Species  beschrieben  worden  ist,  in  einem 
Museum  des  Landes  niedergelegt  werden  sollte,  aus  welchem  der 
Parasit  kommt.  In  der  That  ist  dies  nicht  allein  der  Gegenstand 
einer  persönlichen  Meinung,  sondern  für  gewisse  Fälle  ist  es  in  diesem 
Lande  gesetzlich  vorgeschrieben.  Nach  dem  Gesetze  der  Vereinigten 
Staaten  werden  alle  wissenschaftlichen  Sammlungen,  welche  von  irgend 
einem  Regierungsdepartement  gemacht  worden  sind,  das  Eigentum 
des  V.  St.-Nationalmuseums  in  dieser  Stadt,  und  ein  spezieller  Befehl 
ordnet  an,  daß  die  typischen  Exemplare  der  Arten,  welche  im  Dienste 
beschrieben  worden  sind,  das  dauernde  Eigentum  der  Regierung 
bleiben.  Daher  würde  es  für  jeden  im  Dienste  der  Vereinigten 
Staaten  stehenden  Zoologen  unmöglich  werden , seine  Typen  nach 
Berlin  zu  senden.  Ich  bin  also  der  Meinung,  daß  die  Typen  der 
Species  in  dem  Nationalmuseum  des  Landes  niedergelegt  werden, 
aus  welchem  sie  beschrieben  werden,  nicht  nur  weil  sie  in  diesem 
Lande  wertvoller  sein  würden,  als  in  irgend  einem  anderen,  sondern 
auch,  weil  in  meinem  Falle  und  im  Falle  mancher  anderen  Amerikaner 
dieser  Punkt  durch  Gesetz  geregelt  ist. 

Mein  zweiter  Vorschlag  besteht  darin,  daß  die  Helminthologen  der 
verschiedenen  Länder  Übereinkommen  möchten,  typische  Exem- 
plare von  ihren  neuen  Arten  an  die  Nationalmuseen  anderer 
Länder,  außer  ihrem  eigenen,  zu  senden,  um  die  Arbeiter  in 
verschiedenen  Ländern  in  den  Stand  zu  setzen,  Exemplare  von  ähn- 
lichen Formen  aus  verschiedenen  Teilen  der  Welt  zu  untersuchen. 

In  der  kurzen  Zeit,  während  deren  ich  mit  dem  Bureau  of  Animal 
Industry  in  Verbindung  gestanden  habe,  habe  ich  unter  Zustimmung 
Dr.  Salmon’s  diesen  Plan  ausgeführt,  obgleich  die  Zahl  der  von 
mir  bis  jetzt  beschriebenen  Arten  sehr  beschränkt  ist.  Exemplare 
von  meinen  Species  kann  man  finden  in  Leuckart’s  Laboratorium 


Bemerkungen  über  Parasiten.  — üeber  die  Erhaltung  von  Typen.  479 

(Leipzig),  im  Berliner  Museum,  im  Wiener  Museum,  im  Parona’s 
Laboratorium  (Genua),  in  Sonsino’s  Laboratorium  (Pisa),  in 
Railliet’s  Laboratorium  (Alfort)  und  an  mehreren  anderen  Orten, 
und  ich  möchte  fremde  Zoologen  herzlich  bitten,  typische  Exemplare 
an  unser  hiesiges  Nationalmuseum  einzusenden.  Für  ihre  gute  Er- 
haltung kann  ich  einstehen. 

Ein  anderer  Vorschlag,  den  ich  machen  möchte,  ist  dieser,  daß 
die  Autoren  einander  behilflich  wären , sich  über  ihre  weitläufige 
Litteratur  auf  dem  Laufenden  zu  erhalten,  indem  sie  vollständigere, 
bibliographische  Notizen  über  alle  ihre  Arbeiten  entweder  an  das 
Centralbl.  f.  Bakt.  u.  Parasitenk.  oder  an  den  Zoologischen  Anzeiger 
einsendeten,  und  daß  alle  Diagnosen  neuer  Genera  oder  die  revidierten 
Diagnosen  alter  Genera  in  dem  Centralbl.  f.  Bakt.  u.  Parasitenk.  oder 
einem  anderen  Centralblatte  unmittelbargnach  der  Publikation  jedes 
Originalartikels  veröffentlicht  würden. 

Nach  Braun’s  Vorschlag  verfahrend  und  dem  Beispiele  Pa- 
rona’s folgend,  haben  Hass  all  und  ich  einen  Katalog  von  den 
Exemplaren  verschiedener  amerikanischer  Sammlungen  vorbereitet, 
welcher  unsere  Kollegen  in  den  Stand  setzen  wird,  zu  sehen,  welche 
Exemplare  wir  zum  Tausch  besitzen,  und  welcher  zeigen  wird,  wo 
viele  von  Leidy’s  Typen  zu  finden  sind.  Dieser  Katalog  wird  den 
Spezialisten  zugesandt,  sobald  er  veröffentlicht  ist. 

Zum  Schlüsse  will  ich  anführen,  daß  mir  folgende  Sammlungen 
von  Parasiten  in  diesem  Lande  bekannt  sind: 

1)  Die  Sammlung  des  Bureau  of  Animal  Industry,  U.  S.  Dept.  of 
Agriculture,  Washington,  D.  C. 

2)  Die  Sammlung  des  U.  St.-Nationalmuseum ; für  jetzt  enthält  es 
nur  wenige  Parasiten,  aber  gelegentlich  werden  alle  Typen  von 
Curtice,  Linton,  Hassall  und  Stiles  Eigentum  dieses 
Museums  werden. 

3)  Sammlung  des  U.  S.  Army  medical  Museums,  enthält  ungefähr 
50  Gläser  mit  Parasiten,  von  denen  viele  von  Leidy  be- 
stimmt sind. 

4)  Sammlung  des  U.  St.  Naval  Museum,  enthält  eine  kleine  Samm- 
lung, aber  keine  Typen.  Die  Exemplare  sind  von  Hass  all  und 
Stiles  bestimmt. 

5)  Leidy’s  Sammlung.  Es  giebt  wenigstens  drei  Sammlungen 
dieses  Namens: 

a)  die  eine  gehört  dem  Biological  Department  der  Universität 
von  Pennsylvanien  und  wird  gegenwärtig  von  mir  revidiert. 
In  dieser  Sammlung  befindet  sich  eine  Anzahl  von  Leidy’s 
Typen;  im  ganzen  sind  sie  schlecht  erhalten  und  viele  von 
Leidy’s  Species  sind  ohne  Zweifel  mit  europäischen  Arten 
identisch ; 

b)  eine  zweite  Sammlung  gehört  Dr.  Chapman  vom  Jefferson 
Medical  College,  Philadelphia; 

c)  eine  dritte  Sammlung  befindet  sich  in  dem  College  of  Phy- 
sicians, Philadelphia. 

6)  Die  Gassall’sche  (Privat-)  Sammlung,  welche  eine  große  Zahl 
von  Bandwürmern  (Flukes)  enthält.  Typen  von  neuen  Species 
werden  im  Nationalmuseum  niedergelegt  werden. 


480 


W.  Podwyssozky, 


7)  Die  Sammlung:  der  U.  S.  Fish  Commission,  Lin  ton ’s  Typen 
enthaltend.  Diese  Sammlung  wird  Eigentum  des  U.  S.-National- 
museums  werden. 

8)  Die  Stiles’sche  (Privat-)  Sammlung.  Wird  dieses  Jahr  im 
Nationalmuseum  niedergelegt  werden. 

9)  Prof.  Packard  von  Brown  University,  Providence,  teilt  mir  mit, 
daß  er  eine  Anzahl  von  0 1 s s o n ’s  Typen  besitzt,  aber  ich  kenne 
die  Größe  dieser  Sammlung  nicht. 

Bureau  of  Animal  Industry, 

U.  S.  Department  of  Agriculture. 

Washington,  D.  C.,  9.  Januar  1894. 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Parasitologisches  und  Bakteriologisches  vom 
V.  Pirogow’schen  Kongresse  der  russischen  Aerzte  zu 
St.  Petersburg,  27.  Dezember  1893  bis  3.  Januar  1894. 

Von 

W.  Podwyssozky 

in 

Kiew. 

Da  Vorträge  von  parasitologischem  Inhalte  in  verschiedenen  Ab- 
teilungen des  Kongresses  gehalten  wurden,  so  ist  es  bequemer,  alle 
Vorträge  je  nach  dem  speziellen  Inhalte  in  zwei  Gruppen  zu  sammeln, 
und  zwar  1)  die  Sporozoen-Gruppe,  2)  die  bakterio- 
logische Gruppe. 

I.  Die  Sporozoen-Gruppe. 

Vorgetragen  den  30  Dezember  1893  in  der  Abteilung  für  Bakteriologie: 

I.  DaniJewsky,  TT.  (Charkow):  Ueber  die  Hämatozoen  bei 
Tieren,  welche  analog  den  Malaria-Häm  atozoen 
beim  Menschen  sind. 

II.  Podwyssozky,  W.  (Kiew):  Entwickelungsgeschichte 
des  Coccidium  oviforme  im  Zusammenhänge  mit 
der  Lehre  von  den  Krebsparasiten. 

III.  Sawtschenko,  J.  (Kiew):  Weitere  Untersuchungen 

über  die  Krebsparasiten  (zur  Entwickelungsge- 
schichte derselben). 

Vorgetragen  den  31.  Dezember  1893  in  der  gynäkologischen  Abteilung: 

IV.  Miller,  W.:  Ueber  die  Krebsparasiten  bei  Carcinoma 
uteri. 

I.  Herr  Danilewsky  richtete  zuerst  seine  Aufmerksamkeit 
auf  die  große  Verbreitung  einiger  Flagellata  (die  frei  lebenden  im 


Parasitologisches  und  Bakteriologisches  vom  V.  Pirogow’schen  Kongresse  etc.  481 


Plasma  — Trypanosoma,  Trypanomonas,  Herpetomonas 
Lew.,  Hexamitus)  sowie  einiger  Sporozoen  (die  intracellulären 
Haemocytozoa)  im  Blute  von  Wirbeltieren.  Nachdem  kurz  die 
morphologischen  und  biologischen  Eigenschaften  dieser  Schmarotzer 
beschrieben  wurden,  sprach  Herr  Danilewsky  speziell  über  die 
Aehnlichkeit  zwischen  den  Haematozoa  der  Vögel  und 
des  Menschen. 

Indem  der  Vortragende  analoge  Formen  in  beiden  Fällen  zu- 
sammenstellte, und  zwar  bei  der  a k u t e n sowie  bei  der  chronischen 
Malariainfektion,  behauptete  er,  daß  die  bemerkenswerte  Aehn- 
lichkeit in  der  Gestalt,  ebenso  wie  in  der  Struktur  und  den  biolo- 
gischen Eigenschaften  zwischen  den  Haemocytozoa  der  Vögel 
und  des  Menschen  den  Gedanken  erweckt,  daß  in  beiden  Fällen 
die  Schmarotzer  zu  einer  und  derselben  zoologischen  Gruppe  (Genus, 
vielleicht  auch  Species)  gehören.  Diese  Verallgemeinerung  kann  als 
berechtigt  angenommen  werden,  seitdem  es  D an ilewsky  gelang,  zu 
beweisen,  daß  bei  denVögeln  eine  akute  Malariainfek- 
tion, d.  h.  ein  echtes  intermittentes  Malariafieber  vor- 
kommt und  daß  diese  Krankheit  durch  besondere,  in  den  roten  Blut- 
körperchen schmarotzende  Cytamöben,  welche  ähnlich  den  mensch- 
lichen Cytozoen  sporulieren  (Gänseblümchenform),  hervorgerufen  wird. 

Was  einige  nicht  wichtige  Unterschiede  zwischen  den  Malaria- 
Hämocytozoen  des  Menschen  und  der  Vögel  betrifft,  so  soll  man  bei 
Erklärung  derselben  in  Betracht  ziehen , daß  die  Eigenschaften 
der  Nahrungsbedingungen  resp.  des  Blutes  zweifellos  eine  gewisse 
modifizierende  Einwirkung  auf  die  im  Blute  wohnenden  Zoomikrobien 
ausüben.  Außerdem  sollte  man  in  acht  nehmen,  daß  die  pathologische 
Reaktion  des  Organismus  nicht  bloß  durch  die  Bösartigkeit  der 
Mikroben  selbst  bewirkt  wird ; eine  wichtige  Rolle  in  dieser  Be- 
ziehung gehört  den  Organismen  und  nämlich  deren  Widerstands- 
fähigkeit. 

Vom  allgemeinen  biologischen  Standpunkte  ist  Danilewsky 
geneigt,  den  bei  Malariaerkrankung  vorkommenden  Cytomikroben 
des  Blutes  bei  Menschen  sowie  bei  Vögeln  als  einzelne  Fälle  einer 
gemeinsamen  Erscheinung,  und  zwar  einer  Sporozoose  des  Blutes 
bei  allen  Wirbeltierklassen  zu  betrachten. 

H.  Die  Uebersicht  des  gegenwärtigen  Standpunktes 
der  Frage  über  den  Parasitismus  bei  Carcinomen  giebt 
Herrn  Podwyssozky  Veranlassung,  zwei  Richtungen  hervorzuheben: 
die  einen  Forscher  lassen  sich  durch  die  Aehnlichkeit  der  Sporozoen  mit 
degenerierten  Gewebezellen  resp.  Kernen  lörtreißen  und  halten  letztere 
öfters  für  Parasiten ; die  anderen  aber  weisen  einen  überflüssigen 
Skeptizismus  auf  und  rechnen  deshalb  zweifellose  Sporozoen  zu  de- 
generierten Zellen.  Der  Grund  einer  solchen  Konfusion  liegt  zum  Teil  in 
der  ungenügenden  Kenntnis  der  Entwickelungsgeschichte  der  Sporozoen 
überhaupt  und  speziell  derjenigen  Sporozoen,  welche  in  ihrer  patho- 
genen Wirkung  eine  große  Analogie  mit  den  Carcinomparasiten 
haben  sollen.  Die  ätiologische  Bedeutung  des  Coccidium  oviforme 
als  Erreger  der  adenomatösen  Wucherungen  in  der  Kaninchenleber  steht 
fest  und  ist  zweifellos.  Was  aber  die  Entwickelungsgeschichte  dieser 


482 


W.  Podwyssozky, 


Sporozoen  und  namentlich  deren  endogene,  von  R.  Pfeiffer  zuerst 
nachgewiesene  Sporenbildung  betritft,  so  ist  in  dieser  Beziehung  noch 
manches  unklar.  Und  während  die  Sporenbildung  bei  anderen 
Coccidieu,  z. B.  bei  E i m e r i a N e p a e u.  a.  durch  A i m 6 Schneider 
so  genau  beschrieben  ist,  kann  man  dasselbe  betreffs  des  Cocci- 
dium  oviforme  der  Kanincheuleber  nicht  sagen.  Unsere  Kennt- 
nisse darüber  sind  noch  lückenhafte. 

Um  ein  Kriterium  zum  Vergleiche  bei  der  Untersuchung  der 
Carcinomsporozoen  zu  haben,  sollte  man  neben  der  weiteren  Erfor- 
schung auf  diesem  Gebiete  auch  feinere  morphologische  Verhältnisse 
in  dem  Entwicklungscyklus  solcher  Sporozoen  verfolgeu,  deren  para- 
sitäre Natur  außer  Zweifel  ist  und  welche  Epithelwucherungen  bei 
Säugetieren  hervorrufen.  Infolgedessen  teilte  sich  der  Vortragende  die 
Arbeit  mit  seinem  Assistenten,  Herrn  Sawtschenko.  Indem  der 
Letztere  weitere  Untersuchungen  über  Carcinomsporozoen  übernahm, 
richtete  Podwyssozky  seine  Aufmerksamkeit  speziell  auf  die  Ent- 
wickelungsgeschichte des  Coccidium  oviforme,  und 
zwar  auf  das  intracelluläre  Leben  desselben,  welches 
am  meisten  Analogie  mit  den  parasitären  Zellein- 
schlüssen bei  Krebsgeschwülsten  hat. 

1)  Bemerkenswert  ist  die  Erscheinung  der  Vakuolenbildung 
im  Protoplasma  des  Gallengangsepithels  unter  dem 
Einflüsse  der  eingedrungenen  jungen  Coccidien  resp. 
Sporen.  Einmal  in  die  Zelle  gedrungen,  verliert  die  Spore  ihre 
spindelförmige  oder  fischartige  Gestalt,  wandelt  sich  in  ein  rund- 
liches homogenes  Protoplasmaklümpchen  um,  welches  nichts  anderes 
als  eine  Zelle  darstellt.  Wie  auch  für  andere  Coccidien  und  Gregarinen 
charakteristisch  ist,  bleibt  der  Kern  (Nucleus)  einer  jungen  Coccidie 
ganz  ungefärbt  und  erscheint  daher  als  helles  Bläschen,  in  dessen 
Centrum  ein  intensiv  rubinartig  mitSafranin  sich  färbender  Nu cleolus 
sich  findet  (nach  Fixierung  in  Flemmi ng’scher  Flüssigkeit).  Schon 
neben  den  kleinen  intracellulären  Coccidieu  bildet  sich  eine  Höhle 
resp.  Vakuole  im  Protoplasma  der  Epithelzelle.  Diese  Vakuolen- 
bildung ist  das  Resultat  einer  physischen  Reaktion 
(Zusammenziehung)desZellprotoplasma  gegenüber  den 
eingedrungenen  Parasiten.  Die  H ö h 1 e , in  welcher  die  Coccidie 
liegt,  ist  von  Eiweißflüssigkeit  sowie  von  Schleim  frei. 
Beim  Auswachsen  der  Coccidie  nimmt  ihr  Protoplasma  zu, 
verliert  das  ursprüngliche  homogene  Aussehen  und  zeigt 
eine  immer  deutlicher  her  vortretende  Granulation; 
einzelne  Granula  färben  sich  deutlich  mit  Safranin,  gehören  aber 
nicht  zu  der  Nuclein-Chromatinsubstanz  (wie  schon  früher  von  Aim6 
Schneider  für  andere  Coccidien  gezeigt  wurde)  nach  ihrer  mikro- 
chemischen Reaktion.  Sie  sind  am  meisten  den  Dotterplättchen 
ähnlich  und  haben  die  Bedeutung  eines  Reservestotfes , welcher 
sich  vor  der  Sporulierung  im  Körper  der  Coccidie  aufspeichert 
(Schneider).  Mit  dem  Alter  der  Coccidie  werden  diese  Granula 
immer  größer  und  verschwinden  bei  dem  Zerfall  des  gesamten 
Körpers  der  Parasiten  in  eine  Menge  von  Sporen. 


Parasitologisches  und  Bakteriologisches  vom  V.  Pirogow’sehen  Kongresse  etc.  483 


2)  Die  jüngeren  intracellulären  Coccidien  sind  in 
der  Mehrzahl  der  Fälle  an  einer  Seite  mit  einem  ausgezogenen 
oder  mehr  runden,  halbmondförmigen  Körper  versehen, 
welcher  in  der  die  Coccidie  umhüllenden  Höhle  liegt.  Je  kleiner 
resp.  jünger  die  Coccidie  ist,  desto  deutlicher  und  dichter  ist  dieser 
Körper;  mit  dem  Auswachsen  der  Parasiten  wird  er  im  Gegenteil 
immer  undeutlicher,  breiter  und  rückt  immer  mehr  von  der  Coccidie 
ab.  Er  färbt  sich  nicht  mit  Safranin  und  anderen  Kernfarben. 
Typisch  ist  seine  Färbung  ins  Bläulich-grüne  bei  Behandlung  der 
Präparate  mit  Pikro-Indigokarmin.  Dieser  Körper  scheint  sich  zuerst 
an  dem  Schwanzteile  der  spindelförmigen  Spore  im  Moment  des 
Eindringens  in  die  Zelle  zu  bilden.  Später  gesellt  sich  dazu  eine 
periphere  Schicht  der  wachsenden  Coccidie.  Unter  allmählicher 
hyaliner  Degeneration  verschwindet  dieser  Körper  und  bei  ausge- 
wachsenen, mit  großen  Granulationen  versehenen  Coccidien  ist  er  nicht 
mehr  wahrnehmbar.  Am  geeignetsten  wäre  es,  diesen  Körper  als 
Decidua  der  Coccidie  zu  betrachten.  Bei  keinem  von  den  Coccidien 
und  Gregarinen  wurde  bis  jetzt  solch  ein  Gebilde  beschrieben. 

3)  Der  Prozeß  der  endogenen  Sporulation  zeichnet 
sich  aus  durch  einen  außerordentlichen  Polymorphismus. 
Er  geschieht  nach  dem  Typus  der  Sporulation  bei  manchen  Gregarinen 
und  Coccidien  (Eimeria  Nepae,  Clepsidrina  blattarum  etc.), 
wie  er  von  Schneider,  Wolters,  L.  Pfeiffer  und  Anderen  be- 
schrieben wurde.  Vom  Kerne,  welcher  seine  scharfe  Begrenzung  ver- 
loren hat,  sondern  sich  Chromatinkörnchen  ab,  welche  im  Proto- 
plasma der  Parasiten  sich  verteilen  und  den  Dotterplättchen  ähnlichen 
Granulationen  des  Protoplasmas  sich  zugesellen.  Bilder  solcher  Ver- 
teilung der  Chromatinkörperchen  des  Nucleus  machen  den  Eindruck, 
als  ob  durch  dieselbe  eine  Befruchtung  der  Protoplasmagranulationen 
hervorgerufen  wäre.  Und  zwar  entstehen  nach  dieser  Verteilung  im 
Körper  der  Coccidie  einzelne  Centren  mit  Differenzierung  der  proto- 
piasmatischen  und  der  Kern-  resp.  Chromatinsubstanz,  was  zur  Bil- 
dung einer  Anzahl  kleiner  runder  Protoplasmaklümpchen  führt,  von 
denen  jedes  mit  einem  bläschenförmigen  Nucleus  und  einem  intensiv 
sich  färbenden  Nucleolus  versehen  ist.  Es  bilden  sich  in  dieser 
Weise  zahlreiche  runde  Sporen.  Die  zuerst  gebildeten,  resp. 
die  an  der  Peripherie  der  Coccidie  liegenden  Sporen 
wandeln  sich  in  flache,  sichelartige  oder  fischförmige 
Gebilde  um,  in  welchen  ein  breiter  Kopf- und  ein  enger, 
ausgezogen  er  Sch  wanzteil  ganz  deutlich  wahrnehmbar 
ist.  Allmählich  wandelt  sich  eine  solche  ausgewachsene  Coccidie 
in  eine  Sporocyste  um,  bestehend  aus  einer  Anzahl  von  fischförmigen 
Sporen.  Die  Größe  sowie  die  Anzahl  solcher  Sporen  ist 
keine  beständige  und  hängt  von  der  Größe  der  ausge- 
wachsenen Coccidien  sowie  von  den  Raumbedingungen 
ab.  Es  kommen  Sporocysten  mit  4 — 8 — 10  Sporen  vor  uud  neben  den- 
selben solche  mit  einigen  Hunderten  von  sichelförmigen  Sporen,  Je 
größer  die  Anzahl  der  Sporen  ist,  desto  kleinere  Dimensionen  haben 
einzelne  Sporen.  Die  größeren  Sporen  erreichen  nicht  nur 
den  doppelten,  sondern  den  zehnfachen  Durchmesser 


484 


W.  Podwyssozky, 


der  kleinsten.  Solche  kleinste  Sporen  sehen  wie  feine,  gekrümmte, 
mit  je  einem  Chromatinkörnchen  versehene  Würmchen  aus,  besitzen 
keinen  Kopf-  und  Schwanzteil  und  sind  nur  mit  stärksten  Oelimmer- 
sionssystemen  deutlich  zu  sehen,  während  die  größeren  fischartigen 
Sporen  schon  ganz  deutlich  erscheinen  bei  Vergrößerungen  von 
250 — 300  mal.  Die  Anordnung  solcher  kleinsten  Sporen  ist  sehr 
charakteristisch.  Die  ganze  Sporocyste  macht  den  Eindruck,  als  ob 
sie  von  einer  großen  Anzahl  vou  kleinen  Vakuolen  gebildet  sei  und 
an  der  Peripherie  jeder  Vakuole  gruppieren  sich  2 — 4 und  noch 
mehr  halbmondförmig  gebogene  Würmchen.  Die  kleinen  würmchen- 
förmigen Sporen  bilden  sich  folgenderweise:  Sobald  im  Leibe  der 
reifen  Coccidie  einzelne  Centren  resp.  runde  Sporen  erschienen  sind, 
wandeln  sich  diese  letztren  nicht  direkt  in  eine  große  fischförmige 
Spore  um,  sondern  ihr  Nucleolus  erleidet  eine  Teilung  in  2 oder  4 
Körnchen.  Die  gebildeten  Chromatinkörnchen  rücken  von  einander 
ab,  bleiben  aber  an  einem  Centrum  gruppiert  und  wandeln  sich 
in  würmchenartige  Sporen  um.  So  entstehen  die  Vakuolen  mit  den 
an  der  Peripherie  derselben  liegenden  halbmondförmigen  Würmchen. 
Der  ganze  Prozeß  ist  anolog  demjenigen,  den  Aim6  Schneider 
an  Eimeria  N e p a e abgebildet  hat. 

4)  Von  Coccidien  infiziert  werden  gewöhnlich  die  Gallengangs- 
epithelien.  In  den  Leberzellen  selbst  sind  bis  jetzt  bei  Coccidiose 
der  Kaninchenleber  keine  Coccidien  gesehen  worden.  Dem  Vor- 
tragenden gelang  es  einige  Male,  auch  in  Leberzellen  kleinere, 
hüllenlose  Coccidien  zu  konstatieren,  nämlich  in  der 
Nähe  der  Vena  portae  und  der  kleineren  Gallengänge. 
Das  Verhalten  des  Zellprotoplasmas  zu  dem  eingedrungenen  Schma- 
rotzer ist  dasselbe  wie  im  GalleDgangsepithel,  und  zwar  Vakuolisierung 
resp.  Retrahierung  des  Protoplasmas.  Ein  Unterschied  besteht  darin, 
daß  man  in  der  Höhle,  welche  sich  neben  dem  Parasiten  gebildet 
hat,  Schleim  zuweilen  konzentrisch  geschichtet  findet, 
welcher  schöne  Metachro masiereaktion  nach  Safranin- 
färbung resp.  Violettnuance  zeigt.  Ein  anderer  Unterschied 
besteht  darin,  daß  die  in  der  Leberzelle  liegende  Coccidie 
ihre  ausgezogene,  spindelförmige  Gestalt  behalten 
kann,  was  in  den  Gallengangsepithelien  nicht  der  Fall  ist.  Vielleicht 
handelt  es  sich  hier  (in  der  Leberzelleninfektion)  um  eine  andere  Art 
von  Sporozoen.  Jedenfalls  ist  das  ganze  Verhalten  solcher  infizierter 
Leberzellen  sehr  ähnlich  der  von  Sawtschenko  neuerdings  be- 
schriebenen Krebszelleninfektion.  Das  Vorkommen  infizierter  Leber- 
zellen ist  äußerst  selten,  und  es  müssen  viele  Präparate  durchgemustert 
werden,  bevor  man  eine  vakuolisierte,  mit  einem  runden  oder  ausge- 
zogenen Sporozoon  versehene  Leberzelle  findet.  Eine  Sporulation  im 
Innern  der  Leberzellen  hat  Verf.  kein  einziges  Mal  konstatieren 
können. 

5)  In  allen  Fällen,  d.  h.  im  Gallengangsepithel  sowie  in  den 
Leberzellen,  führt  die  Infektion  mit  Coccidien  zur  Ab- 
flachung und  Zusammendrückung  des  Zellkernes,  zur 
starken  Ausdehnung  der  Zelle  selbst  und  endlich  zur 


Parasitologisches  und  Bakteriologisches  vom  V.  Pirogow’schen  Kongresse  etc.  485 


völligen  Atrophie  und  Verschwinden  derselben.  Die 
Infizierung  schreitet  nur  von  den  Lumina  der  Gallengänge  aus  vor. 

III.  Im  Vortrage  von  Herrn  Sawtsclienko  sind  seine  neueren 
Beobachtungen  über  die  Car ci n o m parasiten  mitgeteilt. 
Wenn  noch  manche  Autoren  die  parasitäre  Natur  aller  Carcinom- 
einschlüsse,  sowie  überhaupt  das  Vorhandensein  von  Sporozoen  in  den 
Krebsgeschwülsten  leugnen,  so  liegt  nach  S.  die  Ursache  eines  solchen 
Skeptizismus  in  dem  Umstande,  daß  die  Verteidiger  des  parasitären 
Vorkommens  der  Carcinomeinschlüsse  neben  den  zweifellosen  Sporo- 
zoen solche  Gebilde  beschreiben  und  abbilden,  welche  nichts  mit  den 
Parasiten  zu  thun  haben. 

Zu  solchen  nicht  parasitären  Zelleinschlüssen  rechnet  Saw- 
tschenko  alle  diejenigen  unter  dem  Namen  von  Coccidien  beschrie- 
benen intracellulären,  runden  Gebilde,  welche  mit  einer  anscheinenden 
Kapsel  umhüllt  sind  und  eine  Metachromasiereaktion  zeigen  (nach 
Sudakewitsch  charakteristisch  für  die  Krebssporozoen). 

Nachdem  Sawtschenko  verschiedene  Farbenreaktionen,  die  von 
manchen  Autoren  als  charakteristisch  für  die  von  ihnen  beschriebenen 
coccidienähnlichen  Sporozoen  bezeichnet  werden,  näher  untersucht 
hatte,  kommt  er  zu  dem  Schlüsse,  daß  alle  diese  Reaktionen 
als  genaueste  Farben  reaktionen  für  Mucin  nnd  nicht 
für  die  Sporozoen  selbst  zu  betrachten  sind. 

Außer  den  schon  bekannten  mikrochemischen  Farbenreaktionen 
für  Mucin  schlägt  Sawtschenko  noch  die  folgende  vor:  Härtung 
in  Sublimat,  Färbung  mit  Boraxkarmin  und  nachfolgend  mit  Gentiana- 
violett  (nach  Gram).  Die  kleinsten  Klümpchen  von  Mucin,  die 
schleimig  entarteten  Zellen  in  den  Schleimdrüsen,  sowie  der  Inhalt 
der  in  den  Carcinomen  vorkommenden  coccidienartigen  Gebilde, 
welche  von  den  Autoren  als  Sporozoen  angenommen  wurden,  färben 
sich  bei  dieser  Methode  in  einer  intensiv  violett-blaue  Farbe;  die 
Kapsel  aber  von  diesem  Gebilde,  ebenso  wie  das  gesamte  Proto- 
plasma der  Zelle  nehmen  vom  Karmin  eine  Rosafarbe  an. 

Der  Inhalt  der  einge kapselten  Gebilde,  welcher  die 
Farbenreaktion  auf  Schleim  (sogenannte  Metachromasie  der  Autoren) 
und  zuweilen  das  Bild  einer  Radiierung  und  mehrfachen  Schichtung 
zeigt,  ist  nichts  anderes  als  Schleim  (das  Resultat  schleimiger 
Entartung  des  Zellprotoplasmas,  sowie  auch  wahrscheinlich  der 
peripheren  Schichten  des  Parasiten  selbst).  Was  aber  die  scheinbare 
Kapsel  betrifft,  so  stellt  dieselbe  verdicktes  Protoplasma  der  Carcinom- 
zelle  dar.  Das  gesamte  Gebilde  ist  eine  Schleimvakuole. 

Solche  Schleimvakuolen  in  den  Krebszellen  finden  sich  am  meisten 
in  solchen  Krebsgeschwülsten,  deren  Zellen  in  naher  genetischer  Ver- 
wandtschaft mit  den  Schleimhautepithelien  stehen  und  namentlich  a m 
meisten  in  den  Krebsen  der  Speicheldrüsen  und  der 
Bauchspeicheldrüse,  weniger  in  den  Carcinoma  ventriculi  et 
oesophagi  und  noch  weniger  in  den  Krebsen  der  Brustdrüse  und 
anderer  Organe. 

Die  Bildung  der  S ch leim vakuo  1 en  wird  durch  Ein- 
dringen der  Sporozoen  in  das  Protoplasma  der  Zelle 
hervorgerufen;  nicht  selten  findet  man  im  Innern  einer  solchen 

XV.  Bd.  31 


486 


YV.  Podwyssozky, 


Vakuole  den  Parasiten.  Zuweilen  aber  zieht  derselbe  von  der  Vakuole 
aus,  so  daß  in  der  Vakuole  nur  Schleim  liegen  bleibt.  Es  kommt 
aber  auch  vor,  daß  in  die  Vakuole  Leukocyten  eindringen. 

Sawtschenko  charakterisiert  die  Zelleinschlüsse,  welche  er  zu 
den  Parasiten  rechnet,  folgendermaßen: 

1)  Die  in  den  Carcinomen  schmarotzenden  Sporozoen  auf  allen 
Entwickelungsstufen  besitzen  eine  protoplasmatische  so- 
wie eine  Kern-  resp.  Ch romatin su b s tanz,  welche  sich 
gut  mit  Anilinfarben  färbt.  Das  Protoplasma  des  Parasiten 
verhält  sich  zu  den  Anilinfarben  ebenso  wie  das  Protoplasma  der 
Geschwulstzellen  selbst.  Sehr  deutliche  Bilder  erhält  man  mit 
Magentarot;  der  Schleim  wird  deutlich  metachromatisch  ins  Violette, 
die  Kerne  des  Parasiten  dagegen,  sowie  die  der  Krebszellen  ins  Rote 
gefärbt. 

2)  Die  Größe  des  Parasiten  selbst  ist  selten  derjenigen 
eines  Leukocyten  ähnlich.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle  sind  die 
Parasiten  sehr  klein  und  können  nur. mit  starken  Vergrößerun- 
gen deutlich  gesehen  werden. 

3)  Die  ausgewachsene  amöboide  F orm  desParasiten 
ist  kugelartig  oder  oval,  von  fein  granuliertem  Protoplasma 
und  besitzt  einen  intensiv  sich  färbenden  homogenen  Kern. 

4)  Die  Fortpflanzung  geschieht  nach  dem  Typus, 
welcher  für  die  Gregarinen  und  Coccidien  gemein  ist: 
Die  Chromatinsubstanz  des  Kernes  zerfällt  in  kleinste  Körnchen, 
welche  bei  den  größeren  Parasiten  mehr  oder  minder  regelmäßig  sich 
an  der  Peripherie  gruppieren;  bei  den  kleineren  dagegen  bilden  sich 
nur  einzelne  Chromatinkörnchen,  welche  unregelmäßig  in  verschiedenen 
Teilen  des  Protoplasmas  des  Parasiten  sitzen  bleiben.  Infolge  der 
äußerst  kleinen  Dimensionen  des  Parasiten  ist  es  unmöglich,  die 
Details  der  Bildungen  der  Sporen  neben  diesen  Chromatincentren 
genau  zu  verfolgen.  Doch  findet  Sawtschenko  eine  Analogie 
zwischen  dieser  Sporenbildung  mit  der  Sporenbildung  bei  Cocci- 
dium  oviforme.  (Vergleiche  den  Vortrag  von  Podwyssozky.) 

5)  Im  Endresultate  zeigen  sich  die  schon  gebildeten 
Sporen  als  spindelförmige  oder  fischförmige  Körper- 
chen, welche  ein  homogenes  Protoplasma  und  ein  intensiv  sich 
färbendes  Chromatinkörnchen  (Nucleus)  an  einem  resp.  dem  dickeren 
Ende  besitzen. 

6)  Die  Zahl  der  Sporen,  in  welche  die  amöboide  Form 
des  Parasiten  zerfällt,  ist  keine  beständige  und  steht  in  Beziehung 
zu  der  Größe  der  Sporozoen,  welche  er  bis  zu  Anfang  der  Sporulation 
angenommen  hatte. 

7)  Von  ihren  Bildungsstätten  gelangen  die  Sporen  entweder  in 
das  Protoplasma  derselben  Zelle  oder  in  das  Protoplasma  der  benach- 
barten Zellen.  Neben  solchen  noch  immer  spindelförmigen  Sporen 
bilden  sich  Vakuolen.  In  solchen  kleinen,  neugebildeten  Vakuolen 
ist  Mucin  mikrochemisch  noch  nicht  nachweisbar;  ältere  Vakuolen 
aber  besitzen  schon  Mucin,  ebenso  wie  eine  verdickte  Wandung, 
welche  eine  Kapsel  simulieren  kann. 


Parasitologisches  und  Bakteriologisches  vom  V.  Pirogow’schen  Kongresse  etc.  487 


8)  Während  manche  der  ins  Protoplasma  eingedrungenen  Sporen 
schon  sehr  früh  eine  kugelartige  Gestalt  annehmen,  wonach  sich  sehr 
kleine  amöboide  Gebilde,  welche  alle  Eigenschaften  eines  ausge- 
wachsenen Parasiten  besitzen,  bilden,  behalten  andere  einige 
Zeit  die  ausgezogene  birnartige  Gestalt;  diese  letztere 
ist  einer  Froschlarve  ähnlich  und  hat  morphologisch 
viel  Gemeinsames  mit  dem  entsprechenden  Stadium 
des  Hämatozoon.  Später,  bei  weiterem  Verbleiben  der  Spore  im 
Protoplasma  der  Krebszelle,  verwandeln  sich  diese  ausgezogenen  Formen 
in  kugelartige  resp.  amöboide. 

9)  Offenbar  sind  die  embryonalen  wie  die  amöboiden  Formen 
des  Parasiten  beweglich;  sie  können  von  einer  Zelle  in 
die  andere  überwandern  und  hinter  sich  als  Rest 
hohle,  mit  Schleim  gefüllte,  große  Vakuolen  liegen 
lassen.  Die  Bildung  schleimiger  Vakuolen  in  dem  Zellprotoplasma 
könnte  man  vielleicht  als  Schutzanpassung  des  Protoplasmas  gegen 
den  Parasiten  betrachten.  In  manchen  Vakuolen  findet  man  öfters 
tote,  degenerierte  Sporozoen. 

10)  Bei  carcinomatösen  Infiltrationen  der  Lymphdrüsen  finden 
sich  die  Parasiten  auch  im  Protoplasma  des  Endothels 
der  Lymphdrüsenspalten;  bei  den  Scirrhen  der  Brustdrüse  finden 
sich  dagegen  die  Parasiten  in  den  Bindegewebszellen,  und  zwar  an 
Stellen  der  frisch  gebildeten  Infiltrationen. 

11)  Da  kein  einziges  Mal  eingekapselte,  resp.  mit  eigener  Kapsel 
versehene  Parasiten  vom  Vortragenden  in  den  Carcinomen  gefunden 
wurden,  was  der  Fall  hätte  sein  müssen,  und  zwar  an  den  Stellen 
des  Zerfalles  der  Geschwulst,  wenn  man  mit  Coccidien  zu  thun  hätte, 
so  rechnet  er  die  von  ihm  beschriebenen  Parasiten  nicht 
zu  den  Coccidien,  wohl  aber  zu  den  Amöbosporidien. 
Viel  ähnliches  haben  diese  Carcinomsporozoen  mit  den  Haemato- 
zoa  der  Vögel. 

IV.  Herr  W.  Miller  berichtet  über  seine  mikroskopischen  Unter- 
suchungen von  21  Gebärmutterkrebsen.  Nur  in  4 Fällen  gelang  es, 
zweifellose  Gebilde  parasitärer  Natur  zu  konstatieren.  Andere  Fälle 
gaben  negative  Resultate,  obschon  beständig  Zelleinschlüsse  gefunden 
wurden,  welche  eine  Verschiebung  und  Abflachung  des  Zellkernes 
hervorrufen  und  aus  homogenem  Plasma  mit  stark  sich  färbenden 
Kernkörperchen  bestehen.  Betreffs  der  Natur  dieser  Einschlüsse  ist 
die  Erklärung  noch  zulässig,  daß  sie  keine  Parasiten  sind.  Was 
aber  die  anderen  4 Fälle  betrifft,  so  ist  der  Vortragende  überzeugt, 
daß  er  es  mit  schmarotzenden  Sporozoen  zu  thun  hatte,  welche  sogar 
Gebilde  der  Sporulation  zeigten.  In  einigen  Fällen  fand  er  extra- 
celluläre  parasitäre  Gebilde  und  namentlich  Cysten,  welche  mit  einer 
deutlichen  Kapsel  versehen  waren  und  homogenen  Inhalt  mit  einzelnen 
sich  stärker  färbenden  Körperchen  resp.  Sporen  besaßen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


31 


488 


Anaerobe  Mikroorganismen. 


Referate. 

Sanfelice,  Untersuchungen  über  anaerobe  Mikroorga- 
nismen. [Aus  d.  hygien.  Inst,  zu  Rom.]  (Zeitschrift  f.  Hyg.  und 
Infektionskrankh.  Bd.  XIV.) 

Verf.  giebt  nach  Aufzählung  der  früher  erschienenen  Arbeiten 
über  die  Kultur  von  Anaeroben  einen  Ueberblick  über  die  Züch- 
tungsmethoden, indem  er  den  Ausschluß  der  Luft  durch  die  Queck- 
silberluftpumpe, durch  hohe  Schichten  des  Nährbodens  oder  deren 
Ersatz  durch  Wasserdampf  oder  Gase,  ferner  die  Entziehung  von 
Sauerstoff  mittelst  pyrogallussauren  Kali  erwähnt,  während  er  nach 
seiner  eigenen,  bereits  beschriebenen  Methode  der  bedeckten  Platten- 
kulturen oder  mit  Gelatine  bezw.  Agar  in  hohen  Schichten  arbeitet. 
Letztere  werden  zum  Zwecke  weiterer  Untersuchung  in  parallele 
Scheiben  zerlegt.  Die  Nährböden  sollen  alsbald  nach  der  Sterilisation 
verwendet  werden,  damit  sie  nicht  beim  Stehen  aus  der  Luft  Sauer- 
stoff aufnehmen.  Verf.  beschreibt  alsdann  Wachstum  und  Patho- 
genität der  Erreger  des  Tetanus,  des  Rauschbrandes  und  des  malignen 
Oedems,  sowie  9 von  ihm  in  Erde,  faulem  Fleische  und  Kot  gefun- 
dene anaerobe  Bacillen,  die  nicht  pathogen  sind  und  deren  Wachstum 
nur  in  Gelatine,  nicht  aber  in  Agar  sich  unterscheidet.  Gelatine 
wird  von  ihnen  verflüssigt  unter  Erzeugung  übelriechender  Gase. 
Die  9 Formen  teilt  Verf.  in  3 Gruppen,  welche  er  den  oben  genannten 
3 pathogenen  Anaeroben  anschließt,  von  welchen  sie  nur  durch  den 
Mangel  der  Pathogenität  verschieden  sind. 

Wie  häufig  die  Erreger  des  malignen  Oedems  und  des  Tetanus 
im  Erdboden  Vorkommen,  prüft  Verf.  an  einer  größeren  Reihe  von 
Versuchen,  in  welchen  von  48  Meerschweinchen,  die  mit  Erde  von 
der  Oberfläche  subkutan  geimpft  wurden,  3 an  Tetanus,  19  an 
malignem  Oedem  zu  Grunde  gingen.  Mit  Erde,  die  verschiedener 
Tiefe  entnommen  war,  wurden  22  Meerschweinchen  geimpft.  Von 
diesen  starben  12  an  malignem  Oedem,  2 an  Tetanus.  Zwölf  Erd- 
proben veranlaßten  den  Tod  der  Versuchstiere  durch  andere  Krank- 
heiten. Aufschwemmungen  dieser  Proben  wurden  mehrere  Monate 
lang  im  Dunkeln  bei  Zimmertemperatur  gehalten  und  nun  von  neuem 
zur  Impfung  verwendet.  Jetzt  zeigten  sich  diese  virulent,  und  zwar 
10  Proben  durch  malignes  Oedem,  2 Proben  durch  Tetanus.  18 
weitere  Erdproben  wurden  mit  Bouillon  aufgeschwemmt  und  8 bis 
10  Tage  lang  in  eine  Temperatur  von  37°  gestellt.  Diese  Auf- 
schwemmungen töteten  sämtlich  die  mit  denselben  geimpften  Tiere 
an  Tetanus.  Merkwürdigerweise  fand  Sanfelice  den  Bacillus 
des  Rauschbrandes  niemals  in  der  Erde,  obgleich  Erkrankungen  an 
Rauschbrand  namentlich  in  Oberitalien  nicht  eben  selten  auftreten. 

Wenn  die  durch  2 verschiedene  Anaeroben  erzeugten  Gifte  gleich- 
zeitig einwirken,  so  sterben  die  Versuchstiere  bedeutend  früher,  als 
bei  der  Infektion  mit  nur  einem  derselben.  ' Das  Gleiche  gilt  aber 
auch,  wenn  neben  dem  Gifte  eines  pathogenen  Anaeroben  gleichzeitig 
die  Stoffwechselprodukte  eines  nicht  pathogenen  zur  Wirkung  ge- 


Säurebildung  durch  Bakterien. 


489 


langen.  Eine  Tetanuskultur,  welche  Meerschweinchen  nach  3 Tagen 
tötet  und  eine  Kultur  des  Bacillus  des  malignen  Oedems,  welche 
Meerschweinchen  nach  24 — 36  Stunden  tötet,  bewirken  bei  gleich- 
zeitiger Einimpfung  den  Tod  des  Versuchstieres  nach  14—18  Stunden 
unter  den  Erscheinungen  des  Tetanus.  Bei  gleichzeitiger  Anwendung 
von  Rauschbrand  und  malignem  Oedem  weisen  die  pathologischen 
Befunde  mehr  auf  malignes  Oedem,  als  auf  Rauschbrand  hin.  Die 
Beschleunigung  des  Todes  bei  Impfung  mit  einer  pathogenen  und 
einer  nicht  pathogenen  Art  tritt  sowohl  ein,  wenn  die  Impfung  gleich- 
zeitig geschieht,  als  auch  wenn  die  Impfung  mit  der  nicht  pathogenen 
Kultur  5—6  Tage  früher  geschehen  ist.  Durch  gleichzeitige  Impfung 
mit  aeroben  Bakterien  und  Anaeroben  tritt  keine  Beschleunigung 
des  Todes  ein.  — Werden  die  tetanusähnlichen  Anaeroben  auf  einem 
Nährboden  gezüchtet,  der  Tetanusgift  enthält,  so  nehmen  sie  toxische 
Eigenschaften  an.  Die  analogen  Versuche  gelangen  bei  Rauschbrand 
und  bei  malignem  Oedem  nicht.  Gerl  ach  (Wiesbaden). 

Kuprianow,  J.,  Beiträge  zur  Biologie  der  V ibrionen.  (Arch. 
für  Hygiene.  Bd.  XIX.  1893.  Heft  3.) 

Angeregt  durch  die  Untersuchungen  von  Bitter,  Kitasato 
undSclavo,  welche  feststellten,  daß  durch  die  Lebensthätigkeit  des 
Koch’schen  Vibrio  der  asiatischen  Cholera,  sowie  des  Vibrio 
Finkler-Prior,  des  Vibrio  Metschnikovi  u.  a.  in  zucker- 
haltigen Nährböden  Säuren  produziert  würden,  stellte  sich  der  Verf. 
die  Aufgabe,  zu  ermitteln,  ob  die  morphologisch  zu  derselben  Gruppe 
gehörenden  Bakterien  alle  dieselben  Säuren  bilden  oder  ob  sich 
Unterschiede  feststellen  lassen.  Seine  im  hygienischen  Institute  zu 
Berlin  vorgenommenen  Arbeiten  wurden  am  Vibrio  der  asiatischen 
Cholera,  Vibrio  Finkler-Prior,  Vibrio  Metschnikovi, 
Vibrio  Deneke,  Vibrio  aquatilis  sowie  am  Vibrio  Bero- 
linensis,  Vibrio  Bonhoff  b,  Vibrio  Bon  hoff  a und  Vibrio 
Weibel  ausgeführt  und  ergaben  folgende  Resultate: 

Vom  Vibrio  aquatilis  ist  inaktive  Milchsäure  gebildet 
worden,  vom  Vibrio  Deneke,  Koch,  Finkler-Prior  und 
Metschnikovi  aktive  und  zwar,  von  Vibrio  Deneke  die  rechts 
drehende,  von  den  übrigen  drei  die  links  drehende  Modifikation.  Der 
Vibrio  Koch  hat  am  meisten  Milchsäure  gebildet  und  am  meisten 
Zucker  zerstört.  Der  Vibrio  Deneke  hat  am  wenigsten  Zucker 
zersetzt  und  dementsprechend  auch  am  wenigsten  Milchsäure  gebildet. 
In  den  übrigen  drei  Versuchen  geht  der  Verbrauch  von  Zucker  und 
die  Bildung  von  Milchsäure  nicht  Hand  in  Hand.  Es  entstehen  dem- 
nach außer  der  Milchsäure  noch  andere  Produkte  in  wechselnder 
Menge. 

Die  weiteren,  die  Vibrionen  Deneke,  Bonhoff  a und  b sowie 
Berolinensis  betreffenden  Untersuchungen  ergaben,  daß  auch 
diese  vier  Vibrionen  Milchsäure  bilden,  und  zwar  der  Vibrio  Bero- 
linensis und  Bonhoff  b die  inaktive,  der  Vibrio  Bonhoff  a 
die  rechtsdrehende  und  der  V i b r i o W e i b e 1 die  linksdrehende  Modi- 
fikation. 

Die  Versuche  werden  fortgesetzt.  Maaß  (Freiburg  i.  B.). 


490 


Tuberkulose. 


Ortner,  N.,  Die  Lungen  tub  e rkulose  als  Mischinfektion. 

[Aus  dem  Institute  für  pathol.  Histol.  und  Bakteriol.  — Prof. 

A.  Weichselbaum  — in  Wien.]  gr.  8°.  164  p.  u.  2 Tafeln. 

Wien  (Braumüller)  1893. 

In  dieser  ebenso  interessanten  als  mühevollen  und  fleißigen  Ar- 
beit suchte  O.  auf  Anregung  Prof.  Weichselbaum’ s der  Frage 
näher  zu  treten,  ob  und  inwieweit  es  sich  bei  den  verschiedenen 
Formen  der  Lungentuberkulose  um  eine  einheitliche  krankmachende 
Ursache  — den  Tuberkelbacillus  — handelt  oder  um  den  Be- 
stand einer  Mischinfektion. 

O.  unterzog  im  ganzen  61  Fälle  makroskopisch  verschiedener 
Formen  von  Lungentuberkulose  einer  eingehenden  bakteriologischen 
und  histologischen  Untersuchung  und  teilt  einer  leichteren  und 
besseren  Uebersicht  halber  dieselben  in  3 große  Gruppen. 

Die  erste  Gruppe  umfaßt  jene  Fälle,  in  denen  neben  der  tuber- 
kulösen Affektion  auch  pneumonische  Veränderungen  makroskopisch 
— in  lobulärer  oder  lobärer  Ausdehnung  — erkennbar  waren,  die 
zweite  alle  jene  Fälle,  bei  welchen  es  sich  makroskopisch  um  eine 
einfache,  chronische  Granulartuberkulose  handelte,  und  die  dritte 
endlich  Fälle  von  akuter  resp.  subakuter  miliärer  Lungentuberkulose. 
Alle  61  Fälle  werden  einzeln  in  genauer  und  sachlicher  Weise  er- 
örtert. Das  Ergebnis  der  Untersuchungen  war  folgendes: 

In  Bezug  auf  die  pathologische  Histologie  ließ  sich  feststellen, 
daß  die  Bronchopneumonieen  bei  chronischer  Granulartuberkulose 
der  Lunge  durchaus  Prozesse  darstellen,  welche  die  Bezeichnung 
zeilig-fibrinöser  Pneumonieen  beanspruchen  können;  makroskopisch 
erstreckten  sich  diese  pneumonischen  Infiltrate  nur  auf  einzelne 
Gruppen  aneinander  gereihter  Lungenläppchen.  Selbst  der  eine 
beobachtete  Fall  von  frischer  Lobärpneumonie  bei  chronischer  Spitzen- 
tuberkulose und  die  fünf  Fälle  sogenannter  käsiger  Pneumonie  mußte 
0.  als  Fälle  konfluierter,  zum  Teil  mehr  oder  minder  frischer,  zum 
Teil  verkäster  Bronchopneumonieen  ansprechen.  Es  lag  daher  in 
keinem  der  untersuchten  Fälle  eine  echte  lobäre  Pneumonie  vor.  Ein 
histologisch,  verschiedenes  Aussehen  zeigten  die  Fälle  chronischer 
Granulartuberkulose  ohne  makroskopisch  erkennbare  entzündliche 
Affektion;  exsudatführende  Lungenalveolen  waren  entweder  nur  auf 
die  nächste  Umgebung  der  Tuberkelknötchen  beschränkt  oder  er- 
streckten sich  auch  auf  weitere,  vom  Tuberkel  entferntere  Strecken. 
Fälle  vollkommen  reiner  Granulartuberkulose  im  Sinne  Orth’s 
wurden  nie  angetroffen.  Auch  die  Fälle  akuter  und  subakuter  miliarer 
Lungentuberkulose  zeigten  alle  entzündliche  Infiltration  der  um  die 
Tuberkelknötchen  gelegenen  Lungenalveolen. 

Was  nun  die  bakteriologischen  Ergebnisse  anlangt,  so  konnte  0. 
in  den  meisten  der  untersuchten  Fälle,  abgesehen  vom  Tuberkel- 
bacillus, einen  Coccus  finden,  der  alle  Variationen  vom  typischen 
Streptococcus  pyogenes  bis  zum  typischen  Dipl o coccus 
pneumoniae  zeigte  und  den  er  als  „Micro coccus  pneumo- 
niae“ bezeichnet  wissen  will.  Bei  der  ersten  Gruppe  der  unter- 
suchten Fälle  konnte  unter  27  Fällen  der  Micrococcus  pneu- 
moniae 23 mal,  der  Tuberkelbacillus  25 mal  im  Gewebe  nach- 


Tuberkulose. 


491 


gewiesen  werden;  stets  fand  sich  ersterer  in  den  vom  entzündlichen 
Exsudate  erfüllten  Lungenalveolen,  während  der  Tuberkel ba eil lus 
nur  in  jenen  Gewebspartieen  konstant  zur  Beobachtung  gelangte,  die 
bereits  histologisch  sich  als  tuberkulös  affiziert  erwiesen.  Dieser 
Umstand  einerseits,  andererseits  aber  die  verschiedenen,  durch  viel- 
fache Beobachtungen  und  Experimente  erwiesenen  Wirkungsweisen 
beider  Bakterienarten  und  die  Thatsache,  daß  man  innerhalb  des 
pneumonisch  infiltrierten  Gewebes  Tuberkelbacillen  findet,  die  keinen 
oder  wenigstens  keinen  histologisch  erkennbaren  Anteil  an  dem  be- 
stehenden Erkrankungsprozesse  genommen  haben,  lassen  es  als  un- 
zweifelhaft erscheinen,  daß  die  bei  chronischer  Granulartuberkulose 
der  Lunge  bestehenden  Bronchopneumonieen  ätiologisch  durch  den 
Micrococcus  pneumoniae  bedingt  sind  und  daß  der  Satz 
Fraenkel’s:  „Wo  sich  der  Tuberkelbacillus  findet,  da  han- 
delt es  sich  um  Tuberkulose“,  dahin  abzuändern  wäre,  daß  er  lautet : 
„Wo  sich  der  Tuberkelbacillus  findet,  da  ist  Tuberkulose  oder 
wird  Tuberkulose  werden.“ 

Auch  die  bei  diesen  Prozessen  vorkommenden  käsigen  Herde 
sind  nach  Ortner’s  Untersuchungen  nichts  anderes,  als  durch  den 
Micrococcuspneumoniae  vorerst  pneumonisch  affizierte  Lungen- 
alveolengruppen, in  welchen  nachträglich  die  vorhandenen  Tuberkel- 
bacillen das  zellige  Exsudat  in  Verkäsung  bringen,  es  wäre  daher 
die  Bezeichnung  „käsige  Pneumonie“  und  „infiltrierte  Lungentuberku- 
lose“ durch  die  Benennung  „tuberkulisierende  konfluierte  Broncho- 
pneumonie“ zu  ersetzen. 

Auch  für  die  zweite  und  dritte  Gruppe  der  untersuchten  Fälle 
sind  die  die  Tuberkulose  der  Lunge  begleitenden,  meist  nur  histo- 
logisch erkennbaren  entzündlichen  Veränderungen  ätiologisch  nach 
den  Befunden  des  Verf.’s  durch  den  Micrococcus  pneumoniae 
bedingt.  Bemerkenswert  ist  auch  der  Befund  Ortner’s  bei  3 Fällen 
miliarer  Tuberkulose,  wo  er  Pneumoniekokken  im  Lumen  der  in  den 
Alveolarseptis  vorhandenen  Kapillargefäße  vorfand,  ein  Befund,  der 
die  Annahme  gerechtfertigt  erscheinen  läßt,  daß  in  einer  Reihe  von 
Fällen  allgemeiner  Miliartuberkulose  neben  Tuberkelbacillen  auch 
andere  Bakterien,  darunter  der  Micrococcus  pneumoniae,  in 
die  Blutbahn  gelangen  können,  so  daß  es  sich  in  diesen  Fällen  dann 
um  eine  Tuberkelbacillen-Kokken-Septikämie  handelt. 

Auf  Grund  dieser  Befunde  stellt  O.  folgenden  Schlußsatz  auf: 
„Man  muß  in  der  tuberkulös  affizierten  Lunge  zweierlei  pathologische 
Prozesse  auseinanderhalten,  jene  der  Bildung  von  Tuberkeln  und  jene 
der  Entwickelung  pneumonischer  Prozesse.  Beide  sind  histologisch 
voneinander  zu  scheiden,  beide  sind  aber  auch  ätiologisch  voneinander 
verschieden.  Denn  die  bei  Lungentuberkulose  so  häufig  vorkommen- 
den pneumonischen  Prozesse  sind  Produkt  der  Thätigkeit  des  Mi- 
crococcus pneumoniae,  die  Tuberkel  jener  des  Tuberkel- 
bacillus. Ghon  (Wien). 

Arribat,  Marius,  Des  associations  microbiennes  de  la 
tuberculose.  [These.]  4°.  83  p.  Montpellier  1893. 

Die  mikrobischen  Genossenschaften  sind  äußerst  häufig  anzu- 


492 


Tuberkulose. 


treffen;  man  vermöchte  beinahe  zu  behaupten,  daß  sie  die  Regel  bei 
der  Tuberkulose  aller  Organe  bildeten. 

Die  Mikroben,  welche  man  am  häufigsten  antrifft,  sind  der 
Bacillus  pyogenes  und  die  Mikrobe  der  Pneumonie. 

Diese  Mikroben  dringen  durch  die  natürlichen  Höhlen  ein,  welche 
Verbindungen  mit  der  äußeren  Luft  haben,  wohin  sie  direkt  aus 
letzterer  gelangen.  Die  Tuberkulose  begünstigt  durch  die  Wirkung 
ihrer  löslichen  Produkte,  wie  durch  die  Veränderungen,  welche  sie 
in  den  Organen  herbeiführt,  das  Vordringen  und  die  Vermehrung 
dieser  Keime.  Diese  sekundären  Infektionen  verschlimmern  im  allge- 
meinen die  Tuberkulose  und  sind  oftmals  der  Grund  zum  Tode;  bei 
der  Behandlung  Schwindsüchtiger  hat  man  ihrer  ganz  besonders 
Rechnung  zu  tragen,  wie  sie  denn  durch  prophylaktische  Maßnahmen 
zum  Teil  vermieden  werden  können. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Dixon,  Involution  form  of  the  Tubercle  Bacillus  and 
the  effect  of  subcutaneous  injections  of  organic 
substances  on  inflammations.  (From  the  Proceedings  of 
the  Academy  of  Natural  Sciences  of  Philadelphia.  1893.  21.  Fe- 
bruar.) 

Dixon  bringt  in  der  vorliegenden  Arbeit  eine  Ergänzung  der 
im  Jahre  1889  in  The  Medical  News  erschienenen  Veröffentlichung: 
Possibility  of  establishing  tolerance  for  the  Tubercle  Bacillus.  Die 
damalige  Mitteilung  Dixon’s  über  verästelte  Formen  des  Tuber- 
kelbacillus ist  inzwischen  durch  Allen  J.  Smith,  Klein  u.  A. 
bestätigt  worden.  Auch  dem  Verf.  ist  es  in  der  Zwischenzeit  wieder- 
holt gelungen,  die  damals  beschriebenen  Formen  wieder  zu  erhalten; 
besonders  gelang  es,  wenn  dem  Agar  Glycerin  in  größerer  Menge 
beigemischt  wurde  und  bei  Temperaturen  von  40°.  Impfungen  mit 
den  so  geformten  Bacillen  erzeugten  stets  Tuberkulose. 

Im  Anschlüsse  hieran  bespricht  der  Verf.  seine  Erfahrungen  über 
die  Wirkung  des  Tuberkulins,  welche  bei  Tieren,  die  durch  Impfung 
tuberkulös  gemacht  worden  waren,  eine  verschiedene  und  zwar  gün- 
stigere sei,  als  bei  den  von  Natur  tuberkulösen  Tieren. 

Um  die  Einwirkung  der  Substanzen  der  Amidogruppe  auf  ent- 
zündete Gewebe  zu  prüfen,  wurden  in  einem  Falle  von  Lupus  subkutan 
Injektionen  von  Kreatinin  gemischt  abwechselnd  mit  Taurin,  Harnstoff 
und  Harnsäure  gemacht.  Bei  sehr  geringen  Dosen  war  die  allgemeine 
Reaktion  eine  sehr  unbedeutende,  die  lokale  dagegen  deutlich  aus- 
gesprochen und  es  trat  eine  entschiedene  Besserung  ein;  bei  Fällen 
von  vorgeschrittener  Tuberkulose  war  keine  Besserung  zu  erzielen. 
Die  diesbezüglichen  Experimente  sollen  fortgesetzt  werden. 

Lasch  (Breslau). 

Tassinari,  Ricerche  sull’  aria  di  una  fabrica  di  tessuti 
rispetto  al  contenuto  in  microorganismi  ed  osserva- 
zioni  sul  numero  loro  in  rapporto  alle  condizioni 
dell’  aria  ambiente  con  speciale  riguardo  al  bacillo 


Tuberkulose. 


493 


della  tuberculosi.  (Annali  dell’  Istituto  d’Igiene  sper.  della 
R.  Universitä  di  Roma.  Vol.  II.  (N.  S.)  Fase.  3.) 

T.  gelang  es  nicht,  in  der  Luft  der  Arbeitsräurae  einer  Weberei 
Tuberkelbacillen  nachzuweisen,  trotzdem  die  Weber  eine  ganz  be- 
sonders hohe  Sterblichkeit  an  Tuberkulose  aufweisen.  Er  verfuhr  bei 
seinen  Versuchen  derart,  daß  er  die  Luft  durch  Zuckerfilter  saugte,  den 
Zucker  in  Wasser  löste  und  die  Lösung  Meerschweinchen  injizierte. 
Die  Zahl  der  Keime  im  allgemeinen  war  geringer  in  den  Sälen  mit 
Maschinenbetrieb,  als  in  denen  mit  Handweberei.  Gute  Ventilation 
hatte  einen  bedeutenden  Einfluß  auf  die  Organismenmenge,  zwischen 
dieser  und  der  Kohlensäuremenge  in  der  Luft  bestand  kein  Zu- 
sammenhang. Abel  (Greifswald). 

Schlenker,  Beiträge  zur  Lehre  von  der  menschlichen 
Tuberkulose.  Ueber  Tuberkulose  als  Ursache  pleu- 
ritischer  Adhäsionen.  (Virchow’ s Archiv.  Bd.  CXXXIV. 
p.  151.) 

Zur  Unterstützung  der  Ansicht,  daß  Pleuraadhäsionen  meistens 
auf  Tuberkulose  zurückzuführen  sind,  veröffentlicht  S.  das  Resultat 
der  Untersuchung  von  57  Fällen  von  Pleuraverwachsungen.  Bei  33 
derselben,  d.  h.  bei  57,89  Proz.,  war  Tuberkulose  iu  Lungen  oder 
Bronchialdrüsen  bei  mikroskopischer  Untersuchung  nachweisbar,  so  daß 
für  diese  Fälle  die  Adhäsion  mit  Wahrscheinlichkeit  auf  Tuberkulose 
zurückzuführen  ist.  Abel  (Greifswald). 

Schlenker,  E.,  Beiträge  zur  Lehre  von  der  menschlichen 
Tuberkulose.  Ueber  die  Häufigkeit  tuberkulöser 
Veränderungen  in  menschlichen  Leichen.  (Virchow* s 
Archiv.  Bd.  CXXXIV.  p.  145.) 

Daß  tuberkulöse  Veränderungen  oder  obsolete  Reste  früherer 
tuberkulöser  Herde  in  Körpern  auch  solcher  Personen,  bei  welchen 
die  klinische  und  die  allgemeine  anatomische  Untersuchung  nicht  auf 
einen  derartigen  Befund  hinwies,  durchaus  nicht  selten  vorgefunden 
werden,  ist  eine  längst  bekannte  Thatsache.  Nach  den  verschiedenen 
Autoren  soll  bei  einem  wechselnden  Prozentsätze,  bei  etwa  1/i  bis 
über  2/3  aller  Leichen  latente  Tuberkulose  oder  deren  Reste  nach- 
zuweisen sein. 

Schlenker  nahm  seine  Untersuchungen  an  100  Leichen  von 
Erwachsenen  und  Kindern  vor,  und  zwar  in  der  Weise,  daß,  abge- 
sehen von  vollständiger  Ausführung  der  ganzen  Sektion,  die  Lungen 
und  besonders  die  Spitzen,  nach  gründlichem  Abtasten  revidiert 
und  daß  namentlich  Mesenterial-,  Bronchial-  und  Halsdrüsen 
einer  eingehenden  Besichtigung  unterworfen  wurden.  Käsige,  kalkige 
oder  bröcklige  Einschlüsse  wurden  als  Tuherkulose  gerechnet,  ein- 
fache Indurationen  der  Lunge  nicht.  Das  Mikroskop  wurde  nur  selten 
zu  Hilfe  genommen. 

Von  100  Leichen  erwiesen  sich  66  als  tuberkulös.  Von  diesen 
war  Tuberkulose  Hauptkrankheit  bezw.  Todesursache  bei  53  Proz., 
von  erheblicher  Bedeutung  bei  6 Proz.,  latent  bei  41  Proz.  Rechnet 


494 


Tuberkulose. 


man  die  Fälle,  bei  welchen  die  Tuberkulose  latent  war  und  diejenigen, 
welche  keine  Spuren  von  Tuberkulose  darboten,  zusammen,  so  kommen 
auf  56  Proz.  nicht  Tuberkulöse  44  Proz.  latent  Tuberkulöse.  Iu  der 
Gesamtzahl  der  Leichen  waren  also  a/3  mit  Tuberkulose  behaftet, 
während  von  den  nicht  manifest  Tuberkulösen  fast  jeder  zweite  einen 
versteckten  Herd  enthielt.  Diese  Zahlen  müssen  immer  noch  als 
Minimalwerte  betrachtet  werden,  weil  die  Untersuchung  uur  grob 
anatomisch,  nicht  stets  mikroskopisch  ausgeführt  worden  ist  und  weil 
selbst  bei  genauester  Untersuchung  durch  einen  speziell  Eingeübten 
doch  noch  sicher  der  eine  oder  andere  Herd  übersehen  werden  kann. 
Aus  der  Arbeit  läßt  sich  der  Schluß  ziehen,  daß  die  Tuberkulose 
noch  weit  mehr  verbreitet  ist,  als  vielfach  angenommen  wird  und  daß 
sie  oft  ausheilt.  Die  Differenz  zwischen  den  Ziffern  der  Gesamtzahl 
der  Tuberkulose  bei  den  verschiedenen  Autoren  dürfte  sich  geringsten 
Teiles  aus  der  wechselnden  Häufigkeit  der  Krankheit  in  verschiedenen 
Gegenden  erklären,  sondern  vielmehr  aus  der  Art  des  der  Statistik 
zu  Grunde  liegenden  Materials,  welches  von  der  Untersuchungsmethode 
und  von  den  Aufnahmebedingungen  des  betreffenden  Spitals  ab- 
hängig ist.  Abel  (Greifswald). 

Hallopeau,  Des  trevcs  dans  les  manifestations  cutan^es 
de  la  tuberculose.  (Anuales  de  Dermat.  et  de  Syphiligraphie. 
1893.  October.) 

Hallopeau  unterscheidet  primäre  und  sekundäre  Hauttuberku- 
lose. Die  letztere  schließt  sich  au  eine  Erkrankung  der  tiefer  ge- 
legenen Organe  an;  die  Formen  der  ersteren  sind: 

1)  Lupus  vulgaris,  bei  welchem  die  Erkrankung  uur  das  Corium 
trifft. 

2)  Tuberculosis  verrucosa  cutis  und  der  Hauttuberkel,  bei  welchen 
der  Papillarkörper  der  Sitz  der  Erkrankung  ist. 

3)  Lichen  scrofulosorum  — die  Tuberkulose  der  Talgdrüsen. 

4)  Lupus  erythematosus,  den  der  Verf.  entschieden  mit  zu  den 
tuberkulösen  Erkrankungen  rechnet,  weil  er  sich  häufig  bei  Individuen 
findet,  welche  Lupus  vulgaris  oder  eine  sonstige  tuberkulöse  Er- 
krankung zeigen.  Hier  sind  es  die  Haarbalgdrüsen,  welche  erkraukt 
sind. 

In  der  vorliegenden  Arbeit  spricht  nun  der  Verf.  über  die  Re- 
missionen, die  infolge  zweckmäßiger  Behandlung  bei  der  Hauttuberku- 
lose eintreten  und  oft  eine  vollkommene  Heilung  vortäuschen  können, 
bis  nach  längerer  Zeit  — der  Verf.  hat  in  einigen  Fällen  Iutervalle 
von  25—40  Jahren  beobachtet  — neue  Nachschübe  auftreten. 

Die  Arbeit  hat  vorwiegend  ein  klinisches  Interesse  — uud  ich 
möchte  hier  nur  kurz  einige  Punkte  herausgreifen. 

Zunächst  interessant  ist  der  günstige  Einfluß,  den  nach  Hallo- 
peau’s  Ansiebt  die  Erysipelas  auf  den  Verlauf  der  Erkrankung  haben 
kann.  Er  erklärt  sich  denselben  so,  daß  die  Streptokokkeninvasion  die 
Konstitution  der  Haut  so  verändert,  daß  dieselbe  für  den  Tuberkel- 
bacillus  keinen  guten  Nährboden  mehr  bildet;  er  steht  nicht  au, 
die  künstliche  Einimpfuug  als  therapeutischen  Eingriff  vorzuschlagen, 


Tuberkulose. 


495 


da  die  leicht  beeinflußbare  Erysipelas  nur  als  geringe  Fährlichkeit  auf- 
zufassen sei,  wenn  es  sich  um  die  Heilung  eines  so  chronischen 
Leidens  wie  den  Lupus  handele. 

Die  Thesen,  mit  welchen  H.  seine  Arbeit  schließt,  sind  folgende : 

Kürzere  oder  längere  Remissionen  kommen  bei  allen  Formen  der 
Hauttuberkulose  vor;  daß  die  Pausen  zur  definitiven  Heilung  werden, 
ist  am  ehesten  beim  Lichen  scrofulosorum  und  der  sekundären  Haut- 
tuberkulose der  Fall;  am  seltensten  sind  sie  bei  der  Tuberculosis 
cutis  verrucosa. 

Die  Recidive  zeigen,  daß  es  sich  bei  den  Remissionen  nur  um 
ein  längeres  uuthätiges  Verharren  der  Krankheitserreger  im  Gewebe 
handelt,  bis  dasselbe  aus  bisher  unbekannten  Gründen  von  neuem  ein 
geeigneter  Boden  für  ihre  Weitereutwickelung  wird. 

Gute  Remissionen  sind  die  Folge  zweckmäßiger  Behandlung. 

Lasch  (Breslau). 

MaKSvot,  De  la  tuberculose  de  la  verge.  (Annales  des  mala- 
dies  des  Organes  g6nito-urinaires.  1893.  November.) 

Bei  der  relativen  Seltenheit  sicher  beobachteter  Fälle  von 
Tuberkulose  des  Penis  ist  jeder  kasuistische  Beitrag,  wie  der  hier 
vorliegende,  wertvoll.  Es  handelt  sich  um  einen  14 -jährigen 
jungen  Mann,  der  an  der  Eichel  rund  um  das  Orificium  urethr.  ein 
20  Centimes-Stück  großes  Geschwür  hatte.  Die  Anamnese,  das  Aus- 
sehen des  Geschwüres,  die  Konstitution  des  Patienten,  das  Alles 
deutete  mit  Sicherheit  auf  Tuberkulose  hin;  er  wurde  ins  Institut 
Pasteur  geschickt.  Hier  wurden  mit  dem  Messer  einige  kleine 
Gewebspartikel  entnommen,  von  denen  einige  zerrieben  und  unter 
Zusatz  von  Aqu.  destill.  flüssig  gemacht  wurden,  während  andere 
geschnitten  und  gefärbt  wurden.  Es  war  nicht  möglich,  in  einem 
der  Schnitte  Tuberkelbacillen  zu  finden.  Mit  der  zerriebenen  und 
verdünnten  Masse  werden  3 Meerschweinchen  subkutan  in  die  linke 
Seite  geimpft;  jedes  erhält  1 ccm  der  Masse.  3 Wochen  nach  der 
Inokulation  haben  die  zwei,  weitere  14  Tage  später  auch  das  dritte 
an  der  Injektionsstelle  einen  harten  Knoten.  '/*  Woche  nach  der 
Impfung  sind  bei  allen  3 Tieren  die  der  Inokulationsstelle  zunächst 
gelegenen  Drüsen  stark  geschwollen. 

14  Tage  darauf  (am  65.  Tage  post  inoculationem)  stirbt  das 
eine  Meerschweinchen,  nachdem  es  ll 5 seines  Körpergewichtes  ver- 
loren hatte.  Die  Autopsie  ergab  an  der  Injektionsstelle  einen  kirsch- 
kerngroßen käsigen  Absceß,  in  der  nächstgelegenen  Leiste  5 verkäste 
große  Drüsen,  auch  andere  verkäste  Drüsen  sowie  Miliartuberkulose 
der  Lungen  und  der  Leber. 

10  Tage  später  starb  das  zweite  Meerschweinchen,  dessen  Sektion 
ebenfalls  allgemeine  Tuberkulose  ergab. 

Dagegen  nahm  das  dritte  Tier  erheblich  an  Körpergewicht  zu. 
Im  6.  Monat  p.  i.  bildete  sich  an  der  Impfstelle  ein  kalter  Absceß, 
in  dessen  Eiter  sich  vereinzelte  Bacillen  fanden.  Derselbe  heilte,  das 
Tier  nahm  weiter  zu  (von  362 — 703  g)  und  wurde  im  8.  Monat  p.  i. 
getötet.  Auch  hier  fanden  sich  verkäste  Drüsen  sowie  tuberkulöse 
Herde  in  der  Milz,  Leber,  Lungen. 


496 


Tuberkulose. 


Es  war  die  klinische  Diagnose  durch  den  Tierversuch  vollauf 
bestätigt.  Daß  in  den  Schnitten  keine  Tuberkelbacillen  gefunden 
wurden,  wird  niemanden  wuuder  nehmen,  der  bei  Lupus  oder  Haut- 
tuberkulose in  Schnitten  Tuberkelbacillen  gesucht  hat.  Das  lange 
Leben  des  dritten  Meerschweinchens  beruht  wohl  auf  seiner  größeren 
Widerstandsfähigkeit  oder  auf  der  geringeren  Virulenz  (vielleicht 
wegen  kleinerer  Zahl  von  darin  enthaltenen  Bacillen)  der  injizierten 
Masse.  Lasch  (Breslau). 

Gibiiey,  P.,  Final  results  intubercular  ostitis  ofthe 
knee  in  c h i 1 d r e n — commonly  kuown  a s „w h i t e swel- 
ling“.  (The  American  Journal  of  the  medical  Sciences.  1893. 
Oktober.  No.  258.) 

Der  Bericht  über  die  Resultate  der  Kniegelenkstuberkulose  der 
Kinder  umfaßt  223  mäunliche  und  276  weibliche  Individuen,  welche 
Verf.  alle  selbst  beobachtete.  Er  versteht  unter  „tubercular  ostitis 
of  the  knee“  eine  Tuberkulose  entweder  der  unteren  Epiphyse  des 
Femur  oder  der  oberen  der  Tibia  oder  beider  als  primären  Erkran- 
kungsherd und  durch  Fortleitung  chronische  Entzündung  der  das 
Gelenk  bildenden  Gewebe,  — schließt  also  eine  primäre  Kapseltuber- 
kulose aus. 

Es  folgt  darauf  eine  genaue  Beschreibung  der  oft  sehr  undeut- 
lichen Initialsymptome  der  Kniegelenkstuberkulose,  deren  Erkennung 
für  die  Prognose  sehr  wichtig  ist:  dies  ist  das  erste  Stadium, 
das  Stadium,  welches  der  Deformität  vorangeht.  Dieses  geht  in  das 
zweite  Stadium,  das  Stadium  der  Deformität  über.  In  ihm 
können  schon  Abscesse  erscheinen;  die  Gegend  des  Gelenks  verändert 
sich  in  der  genugsam  bekannten  Weise,  bis  die  Veränderungen  des 
dritten  Stadiums,  des  der  Eiterung  eingetreten  siud,  Luxation 
oder  Subluxation  der  Tibia  und  Patella  mit  Fixation  des  Gliedes, 
teils  durch  Muskelspasmen,  teils  (später)  durch  Ankylose.  Es  kann 
in  Septikämie  überführen,  oder  amyloide  Degeneration  innerer  Organe 
bildet  den  Abschluß,  seltener  Meningitis,  der  meist  Patienten  im 
zweiten  Stadium  erliegen. 

Von  diesen  499  Kniegelenken  verteilen  sich  ungefähr  je  die 
Hälfte  auf  das  rechte  und  linke  Bein.  Was  das  Alter  anbetraf,  so 
brach  die  Krankheit  aus  bei 

47  Patienten  vor  vollendetem  2.  Lebensjahre, 


bei 

64 

j! 

zwischen  2. 

und  3. 

11 

40 

11 

11 

3. 

11 

4. 

11 

11 

46 

11 

11 

4. 

11 

5. 

11 

11 

47 

11 

11 

5. 

11 

6. 

11 

11 

33 

11 

1» 

6. 

11 

7. 

11 

11 

20 

11 

11 

7. 

11 

8. 

11 

11 

27 

11 

11 

8. 

11 

9. 

11 

11 

15 

11 

11 

9. 

11 

10. 

11 

11 

12 

11 

11 

10. 

11 

12. 

11 

11 

20 

11 

11 

12. 

11 

15. 

1* 

11 

7 

11 

11 

15. 

1» 

20. 

11 

11 

8 

11 

11 

20. 

11 

30. 

1» 

11 

1 

M 

mit  41 

Jahren; 

Tuberkulose. 


497 


bei  112  Fällen  fehlt  die  Altersangabe.  Es  bleiben  also  für  die  Alters- 
bestimmung 387  Fälle: 

in  51  Proz.  brach  die  Krankheit  vor  dem  5.  Jahre  aus, 
in  36  Proz.  zwischen  5.  und  10. 

Von  den  499  hatten  nur  3 Proz.  Erkrankung  noch  anderer  Ge- 
lenke. Von  300  hatten  140  (46  Proz.)  Abscesse;  160  keine,  40  sind 
gestorben,  und  zwar  an  Meningitis  (6),  Abzehrung  (14),  Phthisis  (3), 
Dysenterie  (2),  amyloider  Degeneration  (2),  12  an  interkurrenten 
Krankheiten,  1 an  Shok  nach  der  Excision.  Es  starben  also  22 
direkt  an  der  Krankheit,  d.  h.  7 */3  Proz. 

Die  Behandlung  teilt  er  in  eine  1)  rein  ab  warten  de 
(expectant);  2)  die  Behandlung  mit  Fixation,  d.  h.  fortgesetzten  Ge- 
brauch elastischer  oder  stählerner  Apparate,  und  3)  „protective 
treatment“,  worunter  er  Immobilisation  des  Geleuks  bis  zum  Ver- 
schwinden aller  akuten  Symptome  versteht.  Auch  Korrektion 
wird  bei  dieser  Behandlung  ausgeübt.  Von  den  angeführten  Fällen 
wurden  71  Fälle  mit  3 Todesfällen  nach  der  „expectant“  Methode 
behandelt;  5 kamen  danach  zur  Excision,  3 zur  Amputation  und  60 
hatten  gute  Resultate  (wovon  38  Proz.  Abscesse  hatten). 

190  Fälle  wurden  mit  Fixation  behandelt;  35  starben,  9 wurden 
excidiert,  1 amputiert,  145  gaben  gute  Resultate  (wovon  43  Proz. 
mit  Abscessen).  Unter  39  Fällen,  nach  der  „protective“  Me- 
thode behandelt,  waren  2 Todesfälle,  sonst  gute  Resultate  (50  Proz. 
mit  Abscessen). 

Was  die  Beweglichkeit  anbetrifft,  so  bekamen  von  60  nach 
der  I.  Methode  behandelte  und  zwar 

von  23  eiternden  Fällen  — 14  Beweglichkeit,  9 Ankylose; 

„ 37  nichteiternden  „ — 30  „ 7 „ 

Von  145  mit  Fixation  behandelten  Fällen 
von  63  eiternden  Fällen  — 43  Beweglichkeit,  20  Ankylose, 

„ 87  nichteiternden  „ — 70  „ 12  „ 

Von  37  nach  der  III.  Methode  behandelten 
von  19  eiternden  Fällen  — 16  Beweglichkeit,  3 Ankylose, 

„ 18  nichteiternden  „ — 18  „ 0 „ 

Kurt  Müller  (Halle). 

Ducamp,  Les  tuberculoses  atypiques.  (La  Semaine  m6di- 
cale.  71.) 

Verf.  referiert  ausführlich  alle  bisher  bekannten  Veröffentlichungen 
über  pathologische  Veränderungen  und  klinisch  beobachtete  Krank- 
heitsprozesse, welche  der  Tuberkulose  mehr  oder  weniger  ähnlich 
oder  gleich  sind,  ohne  ihre  Entstehung  dem  Koch’ sehen  Bacillus 
zu  verdanken.  Er  unterscheidet  unter  diesen  „Tuberkulosen“  1)  die 
durch  unbelebte  Stoffe  erzeugten  Pseudotuberkulosen,  die  durch 
tierische  Parasiten  hervorgerufene  Strongylose,  die  durch  pflanzliche 
Parasiten  hervorgerufene  Aspergillose;  2)  die  gewöhnliche  Koch 'sehe 
Tuberkulose;  3)  die  atypischen  Tuberkulosen.  Zu  letzteren  rechnet 
er  die  Kokkentuberkulose  von  Toussaint  (1880),  die  Zooglöa- 
tuberkulose  von  Malassez  und  Vigna  1 (auch  von  Eberth, 
Nocard,  Chan temesse,  Pfeiffer  u.  A.  beobachtet  und  be- 


498 


Tuberkulose. 


schrieben),  die  Bacillentuberkulose  von  C har  rin  und  Roger,  die 
Streptobacilleutuberkulose  von  Dor,  die  Bacillentuberkulose  von  Du 
Cazal  und  Vaillard,  Hayem  und  Lesage,  Legrain,  die 
Bacillentuberkulose  von  Cour  m out,  die  Bacillentuberkulose  vou 
Preiß  und  Guinard  und  die  verschiedenen  von  Cornil  und 
Toupet,  von  Lagari,  von  Parietti,  vonMdgnin  und  Mosny 
beschriebenen  Bacillentuberkulosen,  endlich  die  von  Cour mo nt  be- 
schriebene Form  einer  menschlichen,  auf  Kaninchen  und  Meer- 
schweinchen übertragbaren  Tuberkulose,  deren  Ursache  bisher  unbe- 
kannt ist.  K übler  (Berlin). 

Kotlar,  Ueber  Herzthrombentuberkulose.  (Prager  med. 

Wochenschrift.  1894.  No.  7 u.  8.) 

Der  Verf.  berichtet  über  zwei  sehr  interessante  Fälle  von  all- 
gemeiner Tuberkulose,  welche  im  pathologischen  Institute  zu  Prag 
zur  Sektion  gelangten.  In  beiden  ergab  die  Autopsie  des  Herzens 
im  rechten  Herzrohre  einen  organisierten  Thrombus,  der  gleichzeitig 
Sitz  von  Tuberkulose  war.  In  einem  Falle  hatte  der  tuberkulöse  Prozeß  auf 
die  Muskulatur  der  Auricula  übergegriffen,  während  in  dem  andern  ein 
solches  Eindringen  nicht  zu  konstatieren  war.  In  seiner  Erklärnng 
der  Genese  des  tuberkulösen  Herzthrombus  bezw.  der  Art  des  Zu- 
sammenhanges zwischen  Tuberkulose  und  Thrombose  spricht  sich  Verf. 
für  die  Annahme  aus,  daß  zuerst  die  Thrombose  vorhanden  war  und 
erst  in  dem  in  Organisation  begriffenen  Thrombus  die  Tuberkulose 
entstand.  Dabei  stützt  er  sich  auf  die  Lage  der  älteren  Tuberkulose- 
herde im  Thrombus,  die  central  war,  während  in  der  Nähe  der  Herz- 
waud  sich  nur  jüngere  Knötchen  fanden.  Die  Bildung  von  marantischen 
Thromben  im  Herzen  ist  bei  chronischer  Tuberkulose  nichts  Seltenes ; 
häufig  kommt  es  zur  Organisation  dieser  Thromben  und  gelangen  iu 
einem  solchen  Falle  Tuberkelbacilleu  in  das  Blut,  so  dringen  diese 
an  der  freien  Oberfläche  des  Thrombus  in  denselben  ein  und  rufen 
innerhalb  des  Bindegewebes  in  ihm  eine  tuberkulöse  Entzündung  her- 
vor. Eine  Vorbedingung  zur  Entwickelung  von  Tuberkulose  in  einem 
Thrombus  ist,  daß  derselbe  bereits  in  Organisation  begriffen  ist,  da 
ohne  dieselbe  die  etwa  in  den  Thrombus  gelangten  Tuberkelbacilleu 
keine  tuberkulöse  Gewebsbilduug  erzeugen  können. 

Die  beiden  vom  Verf.  mitgeteilten  Fälle  fordern  dazu  auf,  die 
in  den  Leichen  tuberkulöser  Individuen  gefundenen  Herzthromben  stets 
genau  zu  untersuchen  und  legen  den  Gedanken  nahe,  daß  vielleicht 
manche  Fälle  von  Herzwandtuberkulose  nichts  anderes  sind,  als  der 
Effekt  des  Uebergreifens  der  Tuberkulose  von  einem  Herzthrombus 
auf  die  Herz  wand.  Maaß  (Freiburg  i.  B.). 

Bärlund,  A.,  2 fall  afmedfödd  tuberkulös.  [Zwei  Fälle 

von  angeborener  Tuberkulose.]  (Finsk  Veterinär  Tidskrift. 
Bd.  I.  No.  5.  p.  77.) 

B.  hat  2 Fälle  von  angeborener  Tuberkulose  bei  Kälbern  an- 
getroffen.  Die  Kälber  wurden,  ca.  1 Woche  alt,  getötet  und  zeigten 
verkalkte  sowie  auch  frische  Tuberkel  iu  den  Lungen  und  in  den 
Lymphdrüsen  der  Brusthöhle.  C.  0.  Jenseu  (Kopenhagen). 


Tuberkulose 


499 


Leloir,  Lupus  et  anthrax.  Revue  des  cours  et  des  clini- 
ques.  (Journal  des  maladies  cutanöes  et  syphilitique.  X.  1893.) 

Gelegentlich  einer  Krankenvorstellung  — es  handelt  sich  um 
einen  lupösen  Pat.,  bei  welchem  sich  unter  einer  Lupusefflorescenz 
ein  großer  Karbunkel  ausgebildet  hatte  — erwähnt  Le  loi  r,  daß  der 
Lupus,  wenn  es  sich  nicht  um  eine  weitgehende  Zerstörung  der 
Hautdecke  handelt,  doch  meist  kleine  Exkoriationen  schafft,  welche 
für  die  uns  überall  umgebenden  Eitererreger  eine  bequeme  Eingangs- 
pforte bilden.  Nach  ihm  ist  auch  das  häufig  beobachtete  Oedem  und 
die  sehr  starke  Lymphdrüsenschwellung,  wie  sie  besonders  bei  Lupus 
des  Gesichtes  Vorkommen,  zum  Teil  als  eine  Folge  eingedrungener 
Eitererreger  aufzufassen,  weshalb  man  noch  vor  Beginn  der  eigent- 
lichen Lupusbehandlung  nach  Applikation  infizierender  Umschläge 
oft  sehr  schnell  Oedem  und  Lymphdrüsenschwellung  zurückgehen 
sieht. 

Ein  ferneres  Beispiel  für  die  Neigung  der  eitererregenden  Mi- 
kroben, in  den  menschlichen  Organismus  einzudringen,  sieht  Leloir 
in  dem  häufigen  Auftreten  von  Ulcerationen  im  Anschlüsse  an  die 
durch  das  Einstecken  der  Ohrringe  verursachte  Verletzung. 

Das  letzte  Kapitel  dieser  Betrachtungen  widmet  der  Verf.  den 
furunkel-  und  karbunkelähnlichen  Erkrankungen,  die  dadurch  hervor- 
gerufen werden,  daß  pyogene  Bakterien  durch  die  Vermittelung  von 
Insekten  in  die  Haut  eindringen.  Es  ist  ihm  wiederholt  gelungen, 
in  derartigen,  durch  den  Stich  von  Insekten  entstandenen,  schnell 
zur  Eiterung  führenden  Verletzungen  mittelst  des  Kulturverfahrens 
Staphylokokken  und  Streptokokken  nachzu weisen.  In  einem  Falle 
erhielt  er  auch  aus  dem  Insekte,  dessen  Stich  zu  einem  großen 
Furunkel  mit  Lymphangitis  geführt  hatte,  eine  reichliche  Kultur  von 
Staphylococcus  pyogenes  aureus.  Lasch  (Breslau). 

Bollinger,  0.,  Ueber  die  Infektiosität  des  Blutes  tuber- 
kulöser Rinder.  (Münchener  med.  Wochenschr.  1893.  No.  50.) 

Behufs  Feststellung  der  Virulenz  des  Blutes  perlsüchtiger  Rinder 
wurde  dasselbe  unter  den  erforderlichen  Kautelen  bei  der  Schlachtung 
entnommen  und  möglichst  frisch  zu  Impfungen  auf  Meerschweinchen 
verwendet.  Von  10  Meerschweinchen,  welche  auf  diese  Weise  im 
pathologischen  Institute  zu  München  von  Dr.  Hagem  an  n geimpft 
wurden,  blieben  9 gesund,  während  ein  Versuchstier  7 Wochen  nach 
der  Impfung  sich  als  stark  tuberkulös  (Tuberkulose  der  Milz,  der 
Leber,  der  abdominalen  und  intrathoracischen  Lymphdrüsen)  erwies. 
Es  ergiebt  sich  daraus,  daß  das  Blut  perlsüchtiger  Rinder  in  einzelnen 
Fällen  infektiöse  Eigenschaften  besitzt.  Das  zu  der  erfolgreichen 
Impfung  verwendete  Blut  stammte  von  einer  hochgradig  perlsüchtigen 
Kuh  von  mittlerem  Ernährungszustände,  deren  Fleisch  zum  mensch- 
lichen Genüsse  noch  zugelassen  und  auf  die  Freibank  verwiesen 
worden  war.  Wenn  nun  auch  das  Blut  der  Rinder  als  solches  kaum 
als  menschliches  Nahrungsmittel  Verwendung  findet,  so  giebt  Verf. 
doch  zu  bedenken,  daß  es  kein  absolut  blutfreies  Fleisch  giebt,  da 
bei  den  gebräuchlichen  Schlachtmethoden  etwa  l/3  des  Gesamtblutes 
im  Tierkörper  zurückbleibt.  Dieudonn6  (Berlin). 


500 


Tuberkulose, 


Bolliüger,  0.,  Ueber  die  Identität  der  Perlsucht  der 
Rinder  mit  der  menschlichen  Tuberkulose.  (Münch, 
med.  Wochenschrift.  1894.  No.  5.) 

Baumgarten  äußert  sich  in  dem  „Jahresberichte  über  die  Fort- 
schritte in  der  Lehre  von  den  pathogenen  Mikroorganismen“  (7.  Jahr- 
gang. 1891),  es  sei  ein  noch  nicht  sicher  erfülltes  Desiderat,  durch 
menschliche  Tuberkelbacillen  beim  Rinde  Perlknoten  zu  erzeugen. 
Verf.  bemerkt  hierzu,  daß  er  dieses  Desiderat  schon  im  Jahre  1879 
erfüllt  habe,  indem  er  folgenden  Versuch  anstellte: 

Ein  3 Monate  altes,  gesundes,  kräftiges  Kalb  wurde  mit  tuber- 
kulöser Flüssigkeit  aus  einer  menschlichen  Lunge  intraperitoneal  ge- 
impft. Bei  der  Tötung  des  Tieres,  welche  7 Monate  nach  der 
Impfung  erfolgte,  fand  sich  eine  charakteristische  Perlsucht  des 
Bauchfells,  gestielte  erbsen-  bis  welschuußgroße  Knoten  auf  dem  Me- 
senterium und  namentlich  in  sehr  charakteristischer  Form  und  Aus- 
bildung auf  der  Milzkapsel.  Mikroskopisch  zeigten  diese  Knoten 
vollständige  Uebereinstimmung  mit  den  Neubildungen  der  spontanen 
Perlsucht  der  Rinder.  Außerdem  waren  die  retroperitonealen  und 
mesenterialen  Lymphdrüsen  tuberkulös  erkrankt,  die  übrigen  Körper- 
organe, namentlich  der  Brusthöhle,  normal,  so  daß  die  Entwickelung 
der  Perlknoten  des  Bauchfelles  zweifellos  auf  die  peritoneale  Impfung 
zurückzuführen  war.  Verf.  hatte  geglaubt,  diesen  Versuch  bereits 
veröffentlicht  zu  haben,  thatsächlich  jedoch  war  die  Publikation  unter- 
blieben. Dieudon ne  (Berlin). 

ttockel,  Mathieu,  Zur  Aetiologie  des  Leichentuberkels. 
[Inaug.-Diss.]  8°.  23  p.  Wüfzburg.  1893. 

Die  Aetiologie  ist  infolge  ausführlicher  Erörterungen  dahin  zu 
deuten,  daß  der  Leichentuberkel  sein  eigentliches  Dasein  entzündungs- 
erregenden Mikroorganismen  oder  irgend  einem  Ptomain  verdankt. 
Seine  tnberkulöse  Natur,  wenn  dieselbe  vorhanden  ist,  kommt  aber 
erst  in  zweiter  Linie  durch  sekundäre  Einwirkung  des  Tuberkel- 
bacillus zustande,  welchem  einerseits  erst  durch  die  übrigen  Mikro- 
organismen oder  durch  das  fragliche  Ptomain  ein  günstiger  Nähr- 
boden geschaffen  werden  muß,  andererseits  aber  zu  einer  allzu 
üppigen  Wucherung  durch  die  seitens  der  Mikroorganismen  und  die 
Ptomaine  im  Körper  sich  vollziehende  Thätigkeit  der  Boden  streitig 
gemacht  wird,  wodurch  sich,  im  Verein  mit  den  erwähnten  ungün- 
stigen Nährbedingungen,  welche  die  Haut  der  Hände  dem  Tuberkel- 
bacillus bietet,  sowie  der  durch  das  Alter  verminderten  Dispo- 
sition zur  Tuberkulose  der  gutartige  Verlauf  des  tuberkulösen  Leichen- 
tuberkels leicht  erklärt. 

Bekanntlich  ist  der  Raum  zwischen  den  Fingerspitzen  und  den 
Fingernägeln  ein  äußerst  günstiges  Reservoir  für  Mikroorganismen 
aller  Art,  namentlich  ist  der  Tuberkelbacillus  fast  stets  unter 
den  Fingernägeln  der  Phthisiker  nachweisbar  und  findet  von  da  seine 
Verbreitung.  Freilich  müssen  erst  Käulnisbakterien  in  dem  resisten- 
ten Hautgewebe  einen  entzündlichen  Prozeß  hervorrufen,  hierdurch 
die  Widerstandskraft  desselben  vermindern  und  erst  dann  vermag 
der  Tuberkelbacillus  seiue  Funktionen  auszuüben. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


Tuberkulose. 


501 


Kruse,  Ueber  das  Vorkommen  der  sog.  Hü  liner  tub  erku  - 
lose  beim  Menschen  und  bei  Säugetieren.  [Aus  dem 
bakteriol.  Laboratorium  der  zoologischen  Station  in  Neapel.] 
(Ziegler ’s  Beitr.  zur  pathol.  Anat.  u.  zur  allg.  Pathol.  Bd.  XII. 
Heft  3.  p.  544.) 

Kr.  machte  bei  genauer  Untersuchung  von  4 Kulturen,  welche 
er  längere  Zeit  für  menschliche  Tuberkulose  gehalten  hatte,  die 
überraschende  Beobachtung,  daß  es  sich  um  Hühnertuberkulose 
handelte.  2 Kulturen  stammten  von  Meerschweinchen,  welche  mit 
Sputum  von  Phthisikern  infiziert  waren,  die  dritte  aus  den  Lungen- 
tuberkeln eines  Rindes;  der  Ursprung  der  vierten  Kultur  ließ  sich 
nicht  mehr  völlig  genau  feststellen,  doch  stammte  sie  jedenfalls  vom 
Menschen.  Diese  4 Kulturen  verhielten  sich  Versuchstieren  gegen- 
über völlig  wie  Hühnertuberkulose.  Zur  Differentialdiagnose  erwiesen 
sich  am  geeignetsten  Hühner;  bei  der  intraperitonealen  Infektion  mit 
Säugetiertuberkulose  zeigen  diese  entweder  überhaupt  keine  Störung 
oder  sie  gehen  unter  starker  Abmagerung,  jedoch  ohne  jede  Tuberkel- 
bildung zu  Grunde;  bei  der  intraperitonealen  Einverleibung  einer 
größeren  Bacillenmenge  aus  obigen  Kulturen  starben  sämtliche  in- 
fizierten Hühner  unter  starker  Abmageruug  und  zeigten  bei  der 
Sektion  ausgedehnte  Bildung  miliarer  Tuberkel,  besonders  in  der 
Leber.  Die  Kulturen  zeigten  bei  genauer  Untersuchung  noch  einige 
bemerkenswerte  Eigentümlichkeiten.  Besonders  auffallend  war  die 
starke  Pigmentbildung,  welche  die  Bacillen  auf  verschiedenen  Agar- 
sorten zeigten ; die  für  gewöhnlich  weißen  Kulturen  nahmen  ein 
rötliches  oder  schwärzlich- violettes  Aussehen  an;  bei  der  Weiter- 
züchtung auf  Nähragar  anderen  Ursprungs  (jedoch  stets  aus  Rind- 
fleisch hergestellt  und  von  völlig  gleicher  Zusammensetzung)  konnte 
die  Pigmentierung  wieder  verschwinden.  — Ferner  fiel  es  auf,  daß 
bei  einer  unzweifelhaften  Hühnertuberkulosekultur  der  feuchte 
Glanz,  die  Weichheit  und  Zerreiblichkeit  fehlte  und  sich  statt  deren 
völlig  der  trockene,  rissige,  festhaftende  Charakter  der  Säugetier- 
tuberkulose zeigte.  Kruse  erinnert  daran,  daß  Kitasato  einen 
Fall  beschrieben  hat,  wo  umgekehrt  die  menschliche  Tuberkulose 
feuchte,  glänzende  Kulturen  lieferte.  — Die  klinische  Form  der  Er- 
krankung, welche  die  Hühnertuberkulose  beim  Menschen  erzeugt,  ist 
noch  unbekannt,  ebenso  wie  ihre  relative  Häufigkeit  gegenüber  der 
gewöhnlichen  Tuberkulose.  Es  gelang  Kr.  ebensowenig,  wie  früher 
Pansini,  durch  tuberkulöses  Sputum  bei  Hühnern  eine  Allgemein- 
infektion zu  erzeugen;  dagegen  glückte  es  auch  ihm,  durch  kutane 
Verimpfung  eine  lokale  Tuberkulose  des  Kammes  hervorzurufen.  — 
Die  nahe  Verwandtschaft  der  beiden  Bacillenarten  wird  jedenfalls 
durch  diese  Beobachtungen  bezeugt.  W.  Petersen  (Zürich). 

Plancard,  Antonin,  Despseudotuberculosesmicrobiennes. 
[These.]  4°.  101  p.  Montpellier  1893. 

Die  Pseudotuberkulosen  zerfallen  nach  Roger  in  solche,  her- 
vorgerufen 

1)  durch  leblose  Substanzen,  wie  Quecksilber,  Staub,  Kanthariden, 

Lycopodium,  Cayennepfeffer  u.  s.  w. ; 

XV.  Bd. 


32 


502 


Tuberkulose.  — Pleuritis. 


2)  durch  höhere  Parasiten,  wie  Distom  um  und  andere  Würmer; 

3)  Schimmelpseudotuberkulosen,  erzeugt  z.  B.  durch  Cladothrix, 

Asp  ergillus ; 

4)  solche,  bewirkt  durch  Bacillen,  Mikrokokken  u.  s.  w. 

Verf.  will  die  Bezeichnung  Pseudotuber  kulose  auf  die  vierte  Ab- 
teilung beschränkt  wissen  und  schlägt  vor,  den  anderen  Benennungen 
anderer  Art  zu  geben. 

Plancard  weist  dann  nach,  daß  der  Tuberkel,  nachdem  er 
seine  spezifische  Eigenschaft  verloren  hat,  als  das  Reaktionsprodukt 
innerer  Zellen  betrachtet  werden  muß,  welche  im  Kampfe  mit  irgend 
einem  Agens  liegen;  die  Koch’sche  Tuberkulose  ist  nicht  die 
einzig  existierende,  sondern  daneben  sind  andere  mikrobische  Tuber- 
kulosen anzunehmen.  Der  heutigen  Einteilung  der  Pseudotuberkulosen 
ist  nur  eine  provisorische  Geltung  zuzuschreiben. 

Die  Koch’sche  Entdeckung  schien  die  ganze  Sachlage  zu  ver- 
einfachen, doch  wurde  sie  durch  das  allmähliche  Auffinden  der 
anderen  mikrobischen  Pseudotuberkulosen  aber  kompliziert,  so  daß 
die  Bakteriologie  auf  der  einen  Seite  einzureißen  genötigt  ist,  was 
sie  auf  der  anderen  gebaut  und  aufgeführt  hat. 

Verf.  will  in  allen  Tuberkulosefällen  und  namentlich  in  solchen, 
welche  irgendwelche  Anomalie  aufweisen,  genaue  Untersuchungen  an- 
gestellt wissen,  welche  sich  nicht  nur  auf  die  Färbung,  sondern  auch 
auf  Kulturen  und  Impfversuche  bei  Tieren  zu  erstrecken  hätten. 

Jetzt  herrscht  eine  heillose  Verwirrung  in  den  Einteilungen  und 
durch  die  von  Plan  ca  rd  vorgeschlagene  dürfte  es  nicht  besser 
werden. 

Coccicienne  de  Toussaint. 

Zoog!6ique  de  Malassez  et  Vignal,  Castro  — Soffia, 
Eberth,  Nocard  et  Masselin,  Chantemesse,  Grancher 
etLedoux  — Lebard,  Leroy,  Amrusch,  Pfeiffer,  Man- 
fred i. 

Bacillaire  de  Charrin  et  Roger. 

Strepto-bacillaire  de  Dor. 

Bacillaire  de  Ducazel  etVaillard,  Hayem  et  Lesage, 
Legrain. 

Bacillaire  de  Preiz  et  Guinard.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


Pruddeu,  Mitchell,  A study  on  the  aetiology  of  exsuda- 
tive Pleuritis.  (New  York  Medical  Journal.  1893.  June  24.) 

Prudden  untersuchte  das  Exsudat  in  45  Fällen  von  Pleuritis. 
Unter  21  Fällen  von  sero-fibrinöser  Pleuritis  fanden  sich  nur  zwei- 
mal Bakterien;  beide  Fälle  gingen  mit  akuter  lobärer  Pneumonie  ein- 
her, der  Pneumococcus  wurde  bei  ihnen  allein  gewonnen.  Unter 
den  negativen  waren  vier  mit  frischer  Pneumonie  verbundene  Fälle, 
drei  mit  tuberkulösen  Lungenherden.  24  Fälle  von  Empyem  ent- 
hielten sämtlich  Mikroorganismen  im  Exsudate.  Bei  einfachem  Em- 
pyem fand  sich  meist  (siebenmal  unter  acht)  der  Streptococcus 
pyogenes,  bei  metapneumonischem  Empyem  gewöhnlich  (neunmal 
unter  elf)  der  Pn  eu m o co ccu  s.  In  vier  fötiden  Empyemen  waren 
verschiedene  Bakterienarten  vorhanden,  meist  Bacillen,  einmal  der 


Hühnercholera.  — Exoasceen. 


503 


Staphylococcus  aureus.  Ein  tuberkulöses  Empyem  enthielt 
den  Tuberkel bacillus  allein.  Die  Sterblichkeit  der  Empyem- 
kranken war  größer  bei  Streptokokkeninfektion  (5  : 8),  als  bei  Pneumo- 
kokkeninfektion (2  : 8,  beide  tödlich  verlaufenden  Fälle  hatten  gleich- 
zeitig akute  Entzündungen  am  und  im  Herzen).  Die  Kenntnis  der 
Art  der  vorhandenen  Organismen  gewährt  also  eine  gewisse  Grund- 
lage für  die  Prognose.  Prudden  hält  darum  mindestens  eine 
mikroskopische,  wenn  nicht  eine  kulturelle  Untersuchung  des  Exsu- 
dates für  wünschenswert,  für  dieselbe  genügen  wenige  ccm  desselben, 
wie  denn  auch  er  bei  seinen  Untersuchungen  nur  die  kleinen,  bei  der 
Probepunktion  erhaltenen  Mengen  verarbeitet  hat. 

Abel  (Greifswald). 

Schömverth,  Abhängigkeit  der  erfolgreichen  Infektion 
mit  H üb n er cholera  von  der  Anzahl  der  dem  Tiere 
einverleibten  Bacillen,  sowohl  bei  intramuskulärer 
Injektion,  als  bei  Fütterung.  (Archiv  für  Hygiene. 
Bd.  XVII.) 

Verf.  hat  früher  gezeigt,  daß  ein  mit  den  Erregern  der  Hühner- 
cholera infizierter  Brunnen  sich  nach  2 — 3 Wochen  soweit  von  den 
infektiösen  Elementen  befreit,  daß  mit  dem  Wasser  desselben  keine 
positiven  Tierversuche  mehr  gelingen.  Diese  Thatsache  berechtigt 
nicht  zu  der  Annahme,  daß  keine  Hühnercholerabacillen  mehr  vor- 
handen sind,  sondern  läßt  nur  schließen,  daß  in  den  zur  Injektion 
verwendeten  Wassermengen  nicht  mehr  die  „nötige“  Anzahl  von 
Bacillen  vorhanden  ist.  Diese  „nötige“  Anzahl  zu  bestimmen,  macht 
Verf.  sich  zur  Aufgabe,  indem  er  sich  zunächst  eine  Methode  zum 
Zählen  der  Bakterien  sucht,  bezüglich  welcher  wir  auf  die  Original- 
abhandlung verweisen  müssen.  Aus  mehreren  Tabellen  über  In- 
jektionsversuche an  Tauben  geht  hervor,  daß  in  der  großen  Mehrzahl 
der  Fälle  (wenn  man  absieht  von  einem  Versuche,  bei  welchem  die 
Taube  eine  Injektion  von  circa  100  Bacillen  gut  überstand)  1 bis 
2 Bacillen  der  Hühner  cholera  genügen,  um  den  Tod  des  Tieres  herbei- 
zuführen. 

Schönwerth  hat  ferner  festgestellt,  daß  die  Virulenz  der 
Hühnercholerabacillen  sehr  erheblich  gesteigert  werden  kann,  wenn 
man  dieselben  mehrmals  den  Taubenkörper  passieren  läßt,  während 
die  Passage  durch  den  Kaninchenkörper  oder  durch  Bouillon  die 
Virulenz  sehr  bedeutend  herabsetzt.  Von  sehr  virulenten  Kulturen, 
die  25  mal  durch  den  Taubenkörper  geführt  worden  waren,  müssen 
aber  doch  etwa  168  Mill.  Bacillen  verfüttert  werden,  um  den  Tod 
des  Tieres  zu  bewirken.  Ger  lach  (Wiesbaden). 

Sadebeck,  R.,  Die  parasitischen  Exoasceen.  Eine  Mono- 
graphie. (Jahrbuch  der  Hamburgischen  Wissenschaftlichen  An- 
stalten. X.  2.)  [Arbeiten  des  botanischen  Museums.]  110  p.  und 
3 Doppeltafeln.  Hamburg  1893. 

Zu  den  Exoasceen  werden  alle  diejenigen  Ascomyceten  ge- 
stellt, deren  Asken  zu  einem  Fruchtkörper  nicht  vereinigt  sind.  Es 

32* 


504 


Exoasceen. 


gehören  hierher  zunächst  diejenigen  parasitisch  lebenden  Arten,  welche 
früher  unter  Ex  oascus  oderTapbrina  in  eine  Gattung  zusammen  - 
gefaßt  wurden,  die  aber  jetzt  vom  Verf.  auf  Grund  eines  eingehenden 
Studiums  ihrer  Entwickelungsgeschichte  in  die  3 Gattungen  Exo- 
ascus  Fckl.,  Taphrina  Fr.  und  Magnusiella  nov.  gen.  unter - 
gebracht  werden  und  sodann,  saprophytisch  lebend,  die  Gattungen 
Endomyces  Tul.  und  Ascocorticium  Bref.,  ferner  ev.  die  noch 
kontroversen  Saccharomyceten  und  die  Gattungen  Eremascus 
Eidam,  Ascodermis  v.  Tiegh.,  Podocapsa  v.  Tiegh.,  01  ei  na 
v.  Tiegh.,  Eremothecium  Borzi  und  Bargellinia  Borzi,  über 
deren  systematische  Stellung  Verf.  sich  noch  kein  genügendes  Urteil 
hat  bilden  können. 

Die  drei  obengenannten  parasitischen  Gattungen,  die  in  der  vor- 
liegenden Abhandlung  eine  ausführliche  Bearbeitung  finden,  unter- 
scheiden sich  nun  nicht  nur  morphologisch  und  entwickelungs- 
geschichtlich, sondern  auch  biologisch.  Während  bei  Magnusiella 
die  Asken,  ähnlich  wie  bei  En  do  m y c es,  als  Anschwellungen  an  den 
Enden  der  Mycelfäden,  resp.  deren  Verzweigungen  entstehen,  nehmen 
dieselben  bei  Taphrina  und  Exoascus,  ähnlich  wie  bei  Asco- 
corticium, von  einem  mehr  oder  weniger  losen  Fruchtlager  ihren 
Ursprung. 

Bei  Exoascus  ist  die  Erhaltung  der  Art  außer  durch  die 
Infektion  vermittelst  der  Sporen  durch  ein  in  der  Wirtspflanze 
(im  inneren  Gewebe  der  Achsenorgane,  in  den  Knospen  oder  in 
den  Auswüchsen  des  Blattes)  perennierendes  Mycel  gesichert.  Aus 
demselben  entwickelt  sich  zur  Zeit  der  neuen  Vegetationsperiode  in 
den  Blättern  (Frucht-  oder  Laubblättern)  des  befallenen  Pflanzenteiles 
ein  fadenförmiges  Mycel,  welches  sich  zwischen  der  Cuticula  und  den 
Epidermiszellen  in  vielfachen  Verzweigungen  ausbreitet,  darauf  jedoch 
ganz  direkt  — d.  h.  ohne  irgend  welche  vorhergegangene  Differen- 
zierungen — in  einzelne  Stücke  zerfällt,  indem  sich  einzelne  Zellen 
desselben  oder  wenigzeilige  Zellkomplexe  aus  dem  Zusammenhänge 
loslösen.  Alle  diese  Zellen  schwellen  dann  im  Verlaufe  der  weiteren 
Entwickelung  gleichmäßig  an  und  werden  entweder  ganz  unmittelbar 
oder  nach  weiteren  Teilungen  und  Individualisierungen  zu  ascogenen 
Zellen,  welche  meist  dicht  an  einander  gedrängt  stehen  und  ein  sub- 
cuticulares  Fruchtlager  (Hymenium)  darstellen.  Das  subcuticulare  Mycel 
geht  also  vollständig  in  der  Bildung  der  Asken  auf.  Die  Asken  sind 
mit  oder  ohne  Stielzelle.  Die  Erkrankung  ergreift  ganze  Sprosse  oder 
Sproßsysteme  der  Wirtspflanze,  und  es  werden  daher  durch  den  Reiz, 
den  der  Parasit  ausübt,  an  den  Blättern  und  zum  Teil  auch  an  den 
Achsenorganen  mehr  oder  weniger  bedeutende  hypertrophische  De- 
formationen hervorgebracht.  Taschenbildungen  an  den  Fruchtblättern, 
Zweigdeformationen  und  Hexenbesenbildungen  (im  weitesten  Sinne 
des  Wortes,  d.  h.  alle  Deformationen  ganzer  Sprosse  und  Sproß- 
systeme, auch  wenn  durch  die  Infektion  keine  deutlich  nachweisbaren 
Verkürzungen,  Krümmungen  u.  s.  w.  der  einzelnen  Zweige  entstehen) 
an  Laubsprossen  sind  daher  die  äußeren  Krankheitserscheinungen, 
durch  welche  diese  Gattung  charakterisiert  wird.  Bis  jetzt  bekannt 


Exoasceen. 


505 


sind  21  Species  in  dieser  Gattung,  wovon  neu1)  sind:  E.  Rostru- 
pianus  Sadeb.  auf  Prunus  spinosa  L.  Taschen  bildend;  E. 
communis  Sadeb.  auf  Pr.  americana  Marsh.,  Pr.  pumila  L. 
und  Pr.  maritima  Wang.  Taschen  bildend;  E.  Kruchii  Vuillem. 
Hexenbesen  auf  Quercus  Ilex  L.  erzeugend;  E.  Cornu  Cervi 
(Giesen  hgn.)  Sadeb.  Stift-  oder  geweihartige  Auswüchse  auf  den 
Blättern  von  Aspidium  aristatum  Sw.  hervorrufend. 

Bei  Taphrina  ist  ein  in  der  Nährpflanze  perennierendes  Mycel 
nicht  vorhanden.  Die  Erhaltung  der  Art  ist  nur  durch  die  Infektion 
vermittelst  der  Sporen  gesichert.  Nach  der  Keimung  derselben  ent- 
wickelt sich  ein  subcuticulares  (nur  bei  der  Untergattung  Taphri- 
nopsis  innerhalb  der  Epidermiszellen  befindliches)  Mycel,  welches 
sich  über  einen  mehr  oder  weniger  großen  Teil  des  Blattes  (Laub- 
oder Fruchtblattes)  ausbreitet  und  sehr  bald  infolge  reichlicher,  teils 
apikaler,  teils  lateraler  Anschwellungen  und  Emergenzen  sich  in  einen 
sterilen  und  fertilen  Teil,  die  fertile  Hyphe,  differenziert.  Die  letztere 
entwickelt  sich  nun  unter  reichlicher  Nahrungsaufnahme  aus  der 
Wirtspflanze  zum  Fruchtlager,  während  der  steril  gebliebene  Teil 
allmählich  seiner  Inhaltsstoffe  verlustig  geht  und  verschleimt,  also 
schließlich  völlig  verschwindet.  Das  gesamte  ursprüngliche,  subcu- 
ticulare  Mycel  wird  also  nicht  für  die  Bildung  der  Asken  verbraucht. 
Die  fertile  Hyphe  geht  entweder  vollständig  in  der  Bildung  der 
Asken  auf  oder  wird  bei  der  Bildung  der  Asken  nicht  vollständig 
verbraucht.  Die  Asken  sind  mit  oder  ohne  Stielzelle.  Die  äußerlich 
sichtbare  Krankheitserscheinung  beschränkt  sich  stets  nur  auf  mehr 
oder  weniger  große  Flecken  auf  den  Blättern  (nur  Taphrinopsis 
erzeugt  größere  Deformationen).  Bis  jetzt  bekannt  sind  15  Arten;  da- 
von sind  neu:  T.  extensa  (Peck)  Sacc.  auf  Quercus  macro- 
carpaMx.;  T.  (Taphrinopsis)  Laurencia  Giesnhgn.,  büschel- 
artige Auswüchse  auf  den  Wedeln  von  Pteris  quadriaurita 
Retz,  erzeugend. 

Bei  Magnusiella  verbreitet  sich  das  vegetative  Mycel  nament- 
lich in  den  inneren  Geweben  der  befallenen  Pflanzenteile  und  ent- 
sendet von  da  aus  erst  Verzweigungen  zur  Oberfläche  der  Wirtspflanze. 
Die  Enden  dieser  Verzweigungen  schwellen  meist  sehr  bedeutend  an 
und  entwickeln  sich  zu  je  einem  Ascus.  Die  Anlage  der  Asken  er- 
folgt schon  zwischen  den  Epidermiszellen  oder  intercellular  noch 
tiefer  im  Innern  der  Gewebe  der  Nährpflanze.  Die  Differenzierung 
einer  Stielzelle  ist  an  diesen  Asken  noch  nicht  beobachtet  worden. 
Die  Asken  nehmen  also  von  keinem  gemeinsamen  Hymenium  ihren 
Ursprung,  sondern  entstehen  einzeln;  sie  haben  mehr  als  4 Sporen 
und  entwickeln  meist  in  ihrem  Innern  bereits  Conidien,  während  der 
Ascus  noch  geschlossen  ist;  die  Conidien  der  meisten  Arten  sind  sehr 
klein.  Die  Infektion  beschränkt  sich  stets  nur  auf  mehr  oder  weniger 
große  Flecken  auf  den  Blättern  und  findet  sich  nur  seltener  auch 
auf  den  Stengelteilen.  Hierher  gehören  folgende  5 bisher  zur  Gattung 


l)  Bezüglich  der  bis  1890  bekannten  Arten  der  parasitischen  Exoasceen  wolle  man 
das  Referat  Bd.  IX.  1891.  No.  17.  p.  576 — 578  vergleichen. 


506 


Epheukrebs. 


Taphrina  gerechnete  Arten:  M.  Potentillae  (Farlow)  Sadeb., 
M.  lutescens  (Rostrup)  Sadeb.  auf  Polystichum  Thelypte- 
ris  Rth.,  M.  flava  (Farlow)  Sadeb.,  M.  Githaginis  (Rostrup) 
Sadeb.  auf  Agrostemma  Githago  L.  und  M.  Umbellifera- 
rum  (Rostrup)  Sadeb. 

Außer  der  Beschreibung  jeder  Species  wird  von  einer  Reihe  von 
Arten  die  Entwickelungsgeschichte  und  Biologie  eingehender  be- 
sprochen. Besondere  Kapitel  sind  ferner  gewidmet  dem  perennieren- 
den Mycel  der  Exoa sc us arten,  der  Biologie  der  Asken,  der  geo- 
graphischen Verbreitung  der  parasitischen  Exoasceen,  sowie  einer 
Uebersicht  der  durch  dieselben  hervorgebrachten  Pflanzenkrankheiten. 

Br  ick  (Hamburg). 

Lindau,  G.,  Der  Epheukrebs.  (Zeitschrift  für  Pflanzenkrank- 
heiten. 1894.  Heft  1.  p.  1 — 3.  Mit  1 Tafel.) 

Verf.  empfing  Epheupflanzen  zur  näheren  Untersuchung,  die 
äußerlich  ähnliche  Krankheitserscheinungen  darboten,  wie  sie  kürzlich 
an  Eschen  beobachtet  wurden.  Sowohl  Stengel  wie  Blätter  waren 
von  ihnen  befallen  und  starben  unter  Zerfall  des  Gewebes  schließ- 
lich ab. 

In  ihrem  ersten  Stadium  stellte  sich  die  Erkrankung  als  kleine, 
dunkler  gefärbte  und  scharf  von  der  grünen  Epidermis  sich  abhebende 
Beule  dar,  welche  sich  allmählich  vergrößerte,  durch  Absterben  der 
Epidermis  braun  wurde  und  schließlich  durch  einen  Längsriß  auf- 
klaffte. In  diesem  letzten  Stadium  war  auch  gewöhnlich  das  Holz 
freigelegt  und  ebenfalls  gesprungen.  Durch  periphere  Ausbreitung 
wurde  die  Rinde  rund  um  den  Zweig  herum  zum  Absterben  gebracht, 
infolge  dessen  dann  der  gesamte  oberhalb  gelegene  Teil  des  Sprosses 
vertrocknete.  Auch  die  Flecke  auf  den  Blättern  vergrößerten  sich 
rasch  und  brachen  nach  Zerstörung  des  Gewebes  aus. 

Die  zerfallenden  und  teilweise  verschleimenden  Gewebspartieen, 
welche  zunächst  durch  ein  mehrschichtiges  Periderm  abgeschlossen 
wurden,  enthielten  stäbchenförmige  (2^0,7  /. i ) Bakterien,  die 
nach  Verf.  als  Ursache  jenes  Zerfalls  anzusehen  sind.  Fraglich  bleibt 
allerdings,  ob  sie  Primärursache  der  Erkrankung  siud  oder  erst 
einwandern,  nachdem  bereits  Verletzungen  etc.  vorhanden;  dieser 
Entscheid  kann  nur  durch  Impfversuche  geführt  werden.  Durch  die 
Spaltöffnungen  scheint  die  Infektion  nicht  zu  erfolgen.  Sekundär 
traten  auf  einigen  Krebswunden  Pykniden  und  Hyphen  eines  unbe- 
stimmbaren Pilzes  auf.  Wehm  er  (Hannover). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


507 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Sclavo,  Deila  conservazione  dei  virus  in  glicerina. 
(Ministero  dell’  Interno.  Laboratori  scientifici  della  direzione  di 
Sanitä  Roma.  1892.) 

Es  ist  bekannt,  daß  sich  Pockenlymphe  und  Rabiesmedullen 
lange  Zeit  in  voller  Virulenz  in  Glycerin  erhalten  können.  Sclavo 
brachte  Milzen  von  Tieren,  welche  an  Pneumokokken-,  Hühnercholera- 
uud  Milzbrandinfektion  eingegangen  waren,  in  Glycerin  und  verimpfte 
von  Zeit  zu  Zeit  Stückchen  der  Milzen,  in  sterilem  Wasser  ausge- 
waschen, auf  Versuchstiere.  Die  Pneumokokken  waren  in  der  höchsten, 
ausprobierten  Zeit,  nach  67  Tagen,  noch  für  Kaninchen  virulent,  die 
Hühnercholerabacillen  noch  nach  74  Tagen,  nach  4 Monaten  aber 
nicht  mehr.  Die  Milzbrandbacillen  verloren  ihre  Virulenz  nach  7 bis 
10  Tagen  und  zeigten  schon  vorher  Erscheinungen  von  Abschwächung. 
[Wie  lange  die  Lebensfähigkeit  der  Organismen  im  Glycerin,  abge- 
sehen von  der  Infektionstüchtigkeit,  sich  erhält,  scheint  Sclavo 
nicht  untersucht  zu  haben.  Ref.]  Abel  (Greifswald). 

Sclavo,  Di  un  nuovo  apparecchio  per  la  presa  dell’ 
acqua  a profonditä.  (Ministero  dell’  Inter no.  Laboratori 
scientifici  della  direzione  di  Sanitä.  Roma  1892.) 

Um  Wasserproben  aus  beliebigen  Tiefen  zu  entnehmen , be- 
dient sich  Sclavo  des  folgenden  Apparates:  Ein  Reagenzglas  wird 

an  der  Grenze  des  unteren  Viertels  etwas  ausgezogen  und  um  das- 
selbe an  dieser  Stelle  ein  Drahtring  gelegt,  welcher  an  einer  Seite 
ein  Metallgewicht  trägt,  an  der  anderen  an  einem  Faden  befestigt  ist, 
den  der  Untersucher  in  der  Hand  hält.  Der  obere  Teil  des  Glases 
ist  in  ein  Röhrchen  ausgezogen,  das  rechtwinklig  umgebogen  ist  und 
mit  der  zugeschmolzenen  Spitze  den  Faden  umfaßt.  Wird  der  leicht 
zu  sterilisierende  Apparat  ins  Wasser  gebracht,  so  zieht  ihn  das  Be- 
lastungsgewicht nieder.  Sobald  die  gewünschte  Tiefe  erreicht  ist,  läßt  der 
Experimentator  ein  Bleigewicht  auf  der  Schnur  herabrollen,  welches  die 
zugeschmolzene  Spitze  des  Röhrchens  bis  zu  einem  Feilstriche  dicht  am 
Anfänge  des  ausgezogenen  Teiles  abbricht  und  dann  durch  einen 
Knoten  im  Faden  am  weiteren  Herabrutschen  verhindert  wird.  Da- 
durch, daß  der  Aufhängepunkt  des  Röhrchens  in  der  Nähe  der  Kuppe 
liegt,  kippt  die  Eprouvette  um  und  füllt  sich  mit  nach  unten  hängen- 
der Mündung  zum  Teil  voll  Wasser.  In  derselben  Lage  wird  sie 
nach  oben  gezogen.  Beim  Emporheben  des  Röhrchens  dehnt  sich  die 
in  demselben  noch  enthaltene  Luft  aus  und  drängt  Wasser  aus  der 
Mündung  heraus,  so  daß  also  nicht  zu  befürchten  ist,  daß  Wasser 
der  obereu  Schichten  dem  zu  untersuchenden  beigemengt  wird. 

Abel  (Greifswald). 

Sclavo,  Di  un  rapido  processo  per  le  colorazione  della 
ciglia  di  alcuni  Microorganismi.  (Ministero  dell’  interno. 
Laboratori  scientifici  della  direzione  di  Sanitä.  Roma  1893.) 


508 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Die  Deckgläser  werden  sorgfältigst  gereinigt,  um  Präparate  ohne 
Niederschläge  zu  erhalten  (konzentrierte  Mineralsäure,  gewöhnliches, 
destilliertes  Wasser  nacheinander,  Aufbewahren  in  Alcohol  absolutus), 
dann  mit  Material  bestrichen  und  folgendermaßen  behandelt: 

1)  Eine  Minute  in  Tanninlösung  gehalten,  Tannin  1,0  in  100  ccm 
50-proz.  Alkohol. 

2)  In  destilliertem  Wasser  gewaschen. 

3)  Eine  Minute  in  50-proz.  Pbosphorwolframsäure  gebracht. 

4)  Sorgfältig  in  destilliertem  Wasser  ausgewaschen. 

5)  3 — 5 Minuten  auf  die  leicht  erwärmte  Farblösung  gebracht 
(pulverisiertes  Fuchsin  in  Anilinwasser  bis  zur  Sättigung  gelöst 
und  nach  Bedarf  filtriert). 

6)  In  destilliertem  Wasser  abgespült. 

7)  Zwischen  Fließpapier  getrocknet,  mit  einem  Pinselchen  abgestäubt 
und  in  Kanadabalsam  gebracht. 

Nach  diesem  Verfahren  färben  sich  die  Geißeln  von  Bac. 
cyanogenus,  Proteus  vulgaris  und  mirabilis,  Bac.  mega- 
terium,  mesentericus  vulgatus.  Typhus  gab  inkonstaute 
Resultate,  typhusähnliche  zeigten  teils  ihre  Geißeln  gefärbt,  teils  nicht. 
Die  Geißeln  des  Bact.  coli,  der  Spirillen  von  Koch,  Metschni- 
koff,  Prior- Finkler,  Deneke  färbten  sich  nicht,  dagegen 
gaben  Färbungen  von  Wasserproben  sehr  schöne  Geißeln  der  in  ihnen 
enthaltenen  Organismen.  Abel  (Greifswald). 

Dräer,  Arthur,  Ueber  den  Wert  des  Dune ker’ sehen 
Dampffeuchtigkeitsmessers.  (Hygien.  Rundschau.  1894. 
No.  5.) 

Duncker  hat  einen  Apparat  konstruiert,  welcher  die  Fähigkeit 
haben  soll,  den  Zeitpunkt  genau  anzugeben,  wann  desinfektionskräf- 
tiger Dampf  in  das  Innere  eines  zu  desinfizierenden  Konvoluts  von 
Kleidern,  Wäsche  etc.  gedrungen  sei.  Es  soll  dann  vermöge  einer 
in  dem  Instrument  angebrachten  Darmsaite,  welche  sich  im  Wasser- 
dampfe zusammenzieht,  ein  Kontakt  entstehen,  wodurch  ein  Strom 
einer  zwischen  diesem  Instrument,  einer  Batterie  und  einem  Läute- 
werk bestehenden  Leitung  geschlossen  werde. 

Dräer,  welcher  den  Apparat  im  Königsberger  hygienischen 
Institute  prüfte,  führt  gleich  anfangs  aus,  daß  der  Apparat  ein  vor- 
zügliches Kontrollinstrument  wäre,  wenn  die  Darmsaiten  ein  voll- 
kommen zuverlässiges  und  stets  gleichmäßiges  Material  wären;  dem 
ist  aber  nicht  so;  im  Gegenteil  besteht  eine  ganz  beträchtliche  Ver- 
schiedenheit der  einzelnen  Darmsaiten  in  der  Länge  und  Dicke,  so 
daß  man  also  schon  annehmeu  kann,  daß  die  Zusammenziehung  der- 
selben bis  zum  Kontakt  wohl  nicht  bei  allen  in  gleicher  Zeit  vor  sich 
gehen  werde,  eine  Annahme,  die  sich  bei  den  Versuchen  als  richtig 
herausstellte. 

Bei  den  ersten  Versuchen,  die  im  Koch’schen  Dampfcylinder 
angestellt  wurden,  ertönte  das  Signal  zweier  Dampffeuchtigkeitsmesser 
später,  als  das  eines  Kontaktthermometers,  und  zwar  um  30  Sek., 
1 Min.  30  Sek.,  2 Min.  30  Sek.  und  7 Minuten  später.  Alsdann 
benutzte  D.  den  B uden  b er g’schen  Desinfektionstopf,  da  bei  diesem 


Üntersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


509 


im  Gegensatz  zum  Koch’schen  der  Dampf  von  oben  eintritt;  aber 
auch  hier  trat  das  Signal  des  Dampffeuchtigkeitsmessers  stets  später 
ein,  als  das  des  Koutaktthermometers.  Fraglich  ist  allerdings,  ob 
zur  Zeit,  als  das  Signal  des  Thermometers  ertönte,  auch  schon  ge- 
sättigter Wasserdampf  und  zwar  ohne  Luftbeimengung  in  der  Nähe 
des  Instrumentes  war,  da  nur  unter  diesen  Umständen  Duucker 
ein  genaues  Arbeiten  seines  Instrumentes  verspricht.  Verkürzen  sich 
die  Darmsaiten  bei  gesättigtem  Wasserdampfe  von  nicht  unter  99  bis 
100°  C,  so  müssen  sie  dies  auch  bei  der  Berührung  mit  siedendem 
Wasser  thun.  Indes  war  bei  10  hierauf  geprüften  Darmsaiten  die 
Verkürzungsdauer  eine  sehr  verschiedene  und  schwankte  zwischen 
48  Sek.  und  3 Min.  42  Sek. 

D.  benutzte  zu  ferneren  Versuchen  einen  Autoklaven,  um  den 
Einwurf  zu  entkräften,  daß  die  Gegenwart  von  atmosphärischer  Luft 
im  Dampfraume,  die  sich  mit  dem  Wasserdampfe  vermische,  die 
Funktion  des  Dampffeuchtigkeitsmessers  nachteilig  beeinflusse.  Hier 
funktionierte  der  Apparat  besser,  vielleicht  deshalb,  weil  es  sich  um 
gespannten  Dampf  handelte. 

Bei  weiteren  3 Versuchen,  die  so  angeordnet  wurden,  daß  nur 
Wasserdampf  mit  den  Darmsaiten  des  Dampffeuchtigkeitsmessers  in 
Berührung  treten  konnte,  ertönte  das  Signal  desselben  früher,  als 
ein  Thermometer  eine  Temperatur  von  100°  anzeigte,  nur  einmal 
gleichzeitig.  D.  konnte  sogar  konstatieren,  daß  die  Darmsaiten  schon 
bei  einer  niedereren  Temperatur  als  99 — 100°  C sich  verkürzen  und 
in  dem  Instrumente  den  Kontakt  hervorrufen,  wenn  z.  ß.  Wasser- 
dampf von  höchstens  92°  C einige  Minuten  hindurch  auf  sie  einge- 
wirkt hat.  Nach  diesen  und  noch  anderen  Versuchen,  die  zu  be- 
schreiben zu  weit  führen  würde,  kommt  D.  zu  dem  Schlüsse,  daß  der 
D u n c k e r ’sche  Dampffeuchtigkeitsmesser  in  seiner  jetzigen  Zusammen- 
setzung durchaus  kein  Kontrollinstrument  für  Desinfektionen  ist. 

Hugo  Laser  (Königsberg  i.  Pr.). 

Weigmann,  Die  Methoden  der  Milchkonservierung, 
speziell  das  Pasteurisieren  und  Sterilisieren  der 
Milch.  Bremen  (M.  Heinsius  Nachf.)  1893.  1,50  M. 

Eine  von  bakteriologischer  Grundlage  ausgehende,  allgemein 
verständlich  und  übersichtlich  geschriebene  Abhandlung  über  die  ver- 
schiedenen üblichen  Verfahren  zur  Milchkonservierung. 

Abel  (Greifswald). 


510  Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungsheinmung  etc. 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

r.  Esmarch,  E.,  Ueber  Sonnendesinfektion.  (Zeitschr.  für 
Hyg.  u.  Iufektionskrankh.  ßd.  XVI.  1894.) 

Um  Gegenstände,  die  inan  einer  Desinfektion  durch  Wasserdampf 
nicht  aussetzen  kann,  zu  sterilisieren,  wie  z.  B.  Pelze,  Ledersachen, 
gepolsterte  und  fournierte  Möbel,  fest  eingebaute  Polstersitze  in 
Eisenbahnen  etc.,  ist  man  vorläufig  auf  gasige,  chemisch  wirkende 
Mittel  angewiesen,  die  sich  aber,  mit  Ausnahme  vielleicht  des 
Formalius,  als  durchaus  nicht  immer  sicher  desinfizierend  erwiesen 
haben;  oder  man  besprengt  die  Gegenstände  mit  flüssigen  Des- 
inficientien,  wie  Karbol  oder  Sublimat,  wodurch  aber  ein  Effekt  wohl 
bei  glatter,  harter  Oberfläche  zu  erzielen  ist,  nicht  aber  bei  dicken, 
wolligen  Stoffen. 

Da  nun  vielfach  bewiesen  ist,  daß  wir  in  der  Bestrahlung  durch 
die  Sonne  ein  recht  wirksames  Mittel  zur  Abtötung  der  Bakterien 
haben,  unternahm  es  v.  E.,  festzustellen,  ob  es  gelingen  sollte,  durch 
Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  auf  und  in  verschiedenen  Stoffen 
haftende  pathogene  Keime  zu  töten,  v.  E.  benutzte  zu  seinen  Ver- 
suchen nur  solche  Stoffe,  die  auch  in  der  Praxis  häufiger  zur  Des- 
infektion kommen,  wie  Möbelüberzüge,  Bettkissen  mit  verschiedenem 
Inhalte,  und  vor  allem  Felle.  Es  wurden  nur  pathogene  Bakterien 
berücksichtigt,  die  meist  in  Reinkultur  zur  Anwendung  kamen;  mehr- 
fach wurde  auch  mikrokokkenhaltiger  Eiter  direkt  benutzt.  Die 
betreffenden  Stoffe  wurden  damit  imprägniert  und  kamen  entweder 
sofort  oder  nach  dem  Trocknen  in  die  Sonne. 

Schon  aus  den  ersten,  sehr  sinnreich  angeordneten  Versuchen 
ist  deutlich  zu  ersehen,  daß  den  Sonnenstrahlen  eine  bedeutende 
Wirkung  zukommt,  soweit  sie  oberflächliche  Schichten  treffen, 
daß  diese  Wirkung  aber  sehr  schnell  abnimmt,  sobald  die  Bakterien 
durch  darüber  liegende  Stofflagen  geschützt  werden;  dunkle  Stoffe 
schützen  viel  mehr  wie  helle;  die  erwärmende  Kraft  der  Sonne 
hat  also  eine  nur  untergeordnete  Rolle  bei  der  Abtötung  der  Bakterien. 
Nur  die  Cholerabakterien  gehen  auch  in  tieferen  Schichten  schnell 
zu  Grunde,  die  allerdings  auch  schon  durch  einfaches  Austrocknen 
getötet  werden.  Bei  Typhusbacillen  macht  es  anscheinend  keinen 
Unterschied,  ob  sie  in  feuchtem  oder  trockenem  Zustande  exponiert 
werden.  Da  bei  diesen  Versuchen  eine  8 — 10-stündige  Dauer  der 
Sonneneinwirkung  recht  unbefriedigende  Resultate  ergeben  hatte, 
wurde  noch  versucht,  ob  eine  längere  Exposition  an  mehreren  auf- 
einander folgenden  Tagen  mehr  erreichen  läßt. 

In  der  That  geht  dabei  der  Diphtheriebacillus  im  Innern 
von  Kissen  zu  Grunde,  während  er  in  der  Tiefe  des  Schafpelzes,  ge- 
schützt durch  die  wolligen  Haare,  noch  nach  39  Stunden  Sonne  am  Leben 
ist;  viel  resistenter  erwiesen  sich  dagegen  die  Eiterkokken  in  den 
Kissen  wie  im  Felle,  die  selbst  am  fünften  Expositioustage  uoch  ent- 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickclungshemmung  etc.  511 

wickelungsfähig  waren.  Auch  auf  Möbelstoffe  angewendet,  waren  die 
Resultate  wenig  befriedigend. 

Wir  ersehen  also  aus  diesen  Versuchen,  daß  wir  in  der  Sonnen- 
bestrahlung ein  brauchbares  Desinfektionsmittel  für  die  Praxis  nicht 
besitzen. 

v.  E.  hat  auch  noch  geprüft,  ob  das  Besprayen  von  Objekten 
mit  einer  Desinfektionsflüssigkeit  Erfolg  hat,  und  zwar  benutzte  er 
2-  und  5-proz.  Karbolsäurelösung;  doch  auch  sie  läßt  im  Stiche; 
die  2-proz.  Lösung  scheint  sogar  die  Sonnenwirkung  nicht  merklich 
zu  übertreffen;  die  5-proz.  hat  wenigstens  bei  Möbelstoffen  und 
Kissen  gewirkt,  aber  nicht  die  Felle  desinfiziert. 

Hugo  Laser  (Königsberg  i.  Pr.). 

Scholl,  H.,  Bak  teriologische  und  chemische  Studien 
über  das  Hühn ereiweiß.  [Aus  dem  hyg.  Institute  der  Univ. 
München.]  (Archiv  f.  Hygiene.  Bd.  XIII.) 

Von  der  vorliegenden  interessanten  Arbeit  sei  hier  nur  der  erste 
Teil  besprochen;  die  nicht  minder  wichtigen  chemischen  Studien  ge- 
hören nicht  in  den  Rahmen  dieses  Centralblattes. 

Wir  verdanken  Emmerich  und  Büchner  die  Kenntnisse  von 
den  baktericiden  Eigenschaften  des  Blutes.  Das  Blutserum  verliert 
diese  Eigenschaften  durch  Erwärmen  auf  57°,  dieselben  können  aber 
nach  Emmerich  nnd  Tsuboi  wiedergewonnen  werden,  wenn  man 
dem  Blutserum  eine  geringe  Menge  von  Kalihydrat  zusetzt.  Scholl 
versucht  nun,  ob  es  gelingt,  andere  Eiweißkörper  durch  Zusatz  von 
Kalihydrat  bakterien vernichtend  zu  machen.  Zu  dem  Zwecke  ent- 
nimmt er  mit  sterilisierter  Pipette  das  Hühnereiweiß,  bringt  dies  auf 
einen  Gehalt  von  0,3  Proz.  Kalihydrat  und  dialysiert  die  Masse 
24  Stunden  lang  in  0,75-proz.  Kochsalzlösung.  Das  dialysierte 
Kalieiweiß  wurde  alsdann  mit  Typhusbacillen  geimpft.  Sogleich  nach 
der  Impfung,  nach  3 Stunden  und  nach  6 Stunden,  wurden  sodann 
Plattenkulturen  angelegt.  In  der  ersten  Platte  wuchsen  90000,  in 
der  zweiten  Platte  500,  in  der  dritten  Platte  nur  5 Kolonieeu.  — 
Nun  wurde  aus  dem  Hühnereiweiß  Albumin  und  Globulin  getrennt 
dargestellt  und  jedes  für  sieb,  nach  vorhergegangener  oben  ange- 
gebener Behandlung,  auf  seine  baktericiden  Eigenschaften  geprüft. 
Es  ergab  sich  auch  hier  ein  dem  obigen  analoges  Resultat.  Die 
durch  Behandlung  mit  Kalilauge  im  Hühnereiweiß  hervorgebrachten 
bakterienvernichtenden  Körper  werden  durch  Erwärmen  auf  100° 
nicht  zerstört.  Ger  lach  (Wiesbaden). 

Fraenkel,C.  und  Sobernheim,  Ve  rsuch  e über  das  Zustande- 
kommen der  künstlichen  Immunität.  (Hygienische  Rund- 
schau. 1884.  No.  3 u.  4.) 

H.  Büchner  hat  in  seinem  Aufsatze  „Ueber  Bakteriengifte  und 
Gegengifte“  (Münchener  medizinische  Wochenschrift.  No.  24  u.  25) 
die  Hypothese  aufgestellt,  daß  sowohl  die  Bakterientoxine  wie  Anti- 
toxine Produkte  der  Bakterien  seien  und  daß  letztere  nicht  wie 
Behring  u.  A.  annehmen,  eine  spezifische  Reaktion  des  spezifisch 
gereizten  Organismus  seien.  Er  hatte  mit  Tetanus  Versuche  au- 


512  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


geführt,  welche  diese  Thatsache  zu  einer  unumstößlichen  zu  machen 
schienen  und  dann  als  Verallgemeinerung  diese  Befunde  auf  andere 
Bakterien  übertragen.  Die  beiden  Verff.  machten  ihre  Studien  an 
Cholerabakterien  und  berichten  über  die  Resultate  bei  der  intra- 
peritonealen Infektion  der  Meerschweinchen. 

Falls  der  tierische  Organismus  bei  der  Bildung  der  Antitoxine 
unbeteiligt  ist,  mußte  es  nicht  möglich  sein,  durch  fortgesetztes 
Uebertragen  von  Serum  von  Tier  zu  Tier,  von  Serumtier  I auf  Serum- 
tier II  u.  s.  f.  eine  Serienreihe  immuner  Tiere  zu  erhalten,  sondern 
der  Grad  der  Immunität  mußte  abnehmen  mit  der  Verdünnung  der 
ursprünglich  dem  ersten  Tiere  injizierten  Antitoxinmengen.  Das  Er- 
gebnis einer  diesbezüglichen  Versuchsreihe  wird  tabellarisch  mit- 
geteilt. Es  geht  daraus  hervor,  daß  es  möglich  ist,  durch  eine  ein- 
fache Serumübertragung  die  Immunität  auf  mehrere  Generationen 
von  Meerschweinchen  weiterfortzuführen.  Früher  oder  später  verliert 
jedoch  das  Serum  seine  immunisierende  Fähigkeit.  Das  Serum  im- 
muner Tiere  ist  als  solches  demgemäß  nicht  nn  stände,  einen  spezi- 
fischen Reiz  auf  den  lebendigen  Tierkörper  auszulösen  und  diesen 
zu  immer  erneuter  Hervorbringuug  der  immunisierenden  Stoffe  anzu- 
regen.  Trotzdem  dieses  auf  den  ersten  Anblick  sehr  zu  Gunsten  der 
B u c h n er ’schen  Anschauungen  zu  sprechen  scheint,  stellt  sich 
bei  genauerer  Berechnung  doch  das  Resultat  im  anderem  Lichte  dar. 
Das  letzte  Tier  einer  Serieureihe,  welches  der  Cholerainfektion 
nicht  erlag,  hatte  nämlich  nur  0,037  ccm  erhitzter  Kultur  erhalten, 
also  den  Ö. — 10.  Teil  der  sonst  erforderlichen  Dosis.  Dazu  kommt 
noch,  daß  ein  Teil  dieser  Menge  im  Gewebe  nutzlos  abgelagert  ist 
und  kämen  daher  in  Wirklichkeit  noch  geringere  Mengen  in  Betracht. 
Trotzdem  war  das  Tier  immun  und  mußte  daher  selbstthätig  seiue 
Schutzstoffe  gebildet  haben.  Ehrlich  wies  nach,  daß  die  Antitoxine 
mit  den  Sekreten  ausgeschiedeu  werden  und  trotzdem  dauert  die 
Stammimmunität  lange  Zeit.  Wenn  mau  den  immunisierteu  Meer- 
schweinchen bis  zu  */3  des  Blutes  nahm  und  dieses  des  öfteren  in 
größeren  Pausen  wiederholte,  so  waren  die  Tiere  dennoch  noch  im- 
mun. Die  Serumimmuuität,  welche  diese  Meerschweinchen  besaßen, 
stimmt  daher  mit  der  Stammimmunitat  insofern  übereiu,  als  es  sich 
nicht  um  ein  bloßes  Kreisen  von  im  Blute  suspendierten  Antikörpern 
handelt,  sondern  die  einmalige  Seruminjektion  eine  mehr  oder  weniger 
langdauernde  Gewebsimmuuität  zur  Folge  hat. 

Das  von  den  immunisierten  Tieren  herrührende  Serum  verlor  durch 
Erhitzen  auf  70°  C eiue  Stunde  laug  nicht  seiue  Fähigkeit,  immuni- 
sierend zu  wirken,  doch  hatte  dasselbe  völlig  seiue  baktericiden  Eigen- 
schaften eingebüßt.  Wurde  solches  erhitztes  immunisierendes  Serum 
Tieren  injiziert,  so  waren  diese  Tiere  nicht  allein  immun  gegen  eine 
nacnfolgende  Choleraiufektion,  sondern  das  von  diesen  Tieren  ge- 
wonnene Serum  hatte,  nicht  vorher  erhitzt,  auch  die  baktericiden 
Eigenschaften,  wie  unverändertes  Schutzserum. 

Diese  Versuche  ergebeu  deshalb  zur  Evidenz,  daß  die  Bildung 
der  Antitoxine  bei  dem  Experimente  der  iutraperitouealeu  Iufektion 
der  Meerschweinchen  nicht  durch  die  Cholerabacillen  erfolgt  und 
dem  Tiere  gleichzeitig  mit  der  Injektion  der  tödlichen  Kultur 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  513 


auch  eine  gewisse  Menge  lebensrettenden  Gegengiftes  beigebracht 
wird,  sondern  daß  der  Organismus  sich  aus  seinem  eigenen  Leibe 
seine  Schutzstoffe  aufbaut,  um  sie  im  Kampfe  gegen  den  eindringenden 
Feind  zu  verwenden.  0.  Voges  (Danzig). 

Rammo,  G.,  Sulla  immunitä  alle  infezioni  per  assuefa- 
zione  farmacologica.  (Mitridatismo.)  Stricnina  e 
tetano.  (La  Rif.  med.  1893.  p.  232.) 

Ausgehend  von  der  Betrachtung,  daß  die  pathogenen  Mikro- 
organismen auf  den  tierischen  Organismus  durch  die  von  ihnen  pro- 
duzierten Gifte  einwirken,  ferner,  daß  diese  Gifte  selbst  dem  Organis- 
mus Immunität  gegen  die  diesbezügliche  Infektion,  die  zugleich  sich 
auch  als  Intoxikation  darstellt,  verleihen  können,  kam  Verf.  a priori 
zu  der  Ueherzeugung,  daß  bei  der  Immunisierung  neben  der  Phago- 
cytose,  Chemotaxis,  den  antitoxischen  Eigenschaften  des  Blutes  und 
der  Körpersäfte  auch  noch  ein  anderer  Vorgang  sich  geltend  mache, 
welchen  der  Verf.  als  „Mithridatismus“  bezeichnen  möchte  und  welcher 
in  einer  chemisch-molekularen  Anpassung,  Angewöhnung  des  Zell- 
protoplasmas an  das  spezifische  Gift  bestünde. 

Eine  experimentelle  Basis  wurde  dieser  neuen  Theorie  in  der 
Weise  verliehen,  daß  in  der  Absicht,  zu  erforschen,  ob  man  Tiere 
gegen  eine  bestimmte  Infektion  durch  ein  ähnlich  wirkendes  vege- 
tabilisches oder  mineralisches  Gift  immun  machen  könne,  der  Versuch 
gemacht  wurde,  Mäuse  und  Meerschweinchen  mittelst  Strychnin  gegen 
Tetanus  zu  immunisieren.  Als  die  beste  Art  der  Angewöhnung  der 
Tiere  an  Strychnin  stellte  sich  die  Fütterung  heraus.  Subkutane 
Injektionen  hatten  namentlich  bei  Mäusen  selbst  in  minimalen  Dosen 
nahezu  ausnahmslos  den  Tod  zur  Folge  und  es  gelang  auf  diese 
Weise  überhaupt  nicht,  die  Tiere  gegen  Strychnin  absolut  refraktär, 
d.  h.  gegen  solche  Gaben  unempfindlich  zu  machen,  die  von  den 
gefütterten  Tieren  später  vertragen  wurden.  Durch  Fütterung  gelang 
es  hingegen,  fünf  Meerschweinchen  soweit  an  Strychnin  zu  gewöhnen, 
daß  sie  als  höchste  Dosis  31/2  mg  des  Alkaloids  ohne  Störung  ver- 
trugen. 

Bei  den  Infektionsversuchen  dieser  Tiere  mit  voll  virulenter 
Tetanuskultur  zeigten  die  nur  relativ  gegen  Strychnin  refraktären 
Tiere  ein  nahezu  gleiches  Verhalten,  wie  die  Kontrolltiere.  Um  die 
krankhaften  Erscheinungen  besser  beobachten  zu  können,  wurde  zu 
einer  weniger  giftigen  Kultur  gegriffen,  welche  den  Tod  der  Tiere  in 
6 — 8 Tagen  herbeiführte.  Mit  dieser  wurden  nun  jene  5 Meer- 
schweinchen und  8 Kontrolltiere  (5  Meerschweiechen  und  3 Mäuse) 
geimpft.  Sämtliche  Kontrolltiere  gingen  zwischen  dem  5. — 11.  Tage 
unter  charakteristischen  Tetanussymptomen  ein.  Von  den  5 gegen 
Strychnin  refraktären  Meerschweinchen  zeigte  das  eine  10  Tage  nach 
der  Impfung  Kontraktur  der  geimpften  Extremität,  welche  jedoch  in 
den  folgenden  Tagen  wieder  verschwand.  Trotzdem  ging  das  Tier 
nach  23  Tagen  unter  paralytischen  Symptomen  ein.  Die  übrigen 
vier  Tiere  blieben  am  Leben,  ohne  auch  nur  eine  Spur 
von  tetanischen  Symptomen  gezeigt  zu  haben. 

Aus  diesen  Versuchen  schließt  der  Verf.  zunächst,  daß  Meer- 


514  Schutzimpfung,  kttnstl.  Infektionskrankheiten,  Entwiekelnngsbemmune  etc. 


scbweinchen  gegen  Tetanus  immunisiert  werden  können  durch  An- 
gewöhnung an  Strychnin  und  daß  daher  neben  den  früher  erwähnten 
Immunitätstheorieen  auch  die  des  Mithridatismus  berechtigt  ist,  einen 
Platz  einzunehmeu.  (Hierzu  will  Ref.  nur  so  viel  bemerkt  haben, 
daß,  so  geistreich  auch  die  Ausführungen  R.’s  sind,  sie  dennoch  eine 
Lücke  auf  weisen,  welche  darin  besteht,  daß  wir  nicht  von  dem 
Zweifel  befreit  werden,  ob  nicht  die  durch  Strychnin  erzielte  Immu- 
nität gegen  Tetanus  weniger  auf  einer  Anpassung  der  Tierzelle  und 
chemisch  molekularen  Veränderung  ihres  Protoplasmas,  als  auf  einem 
etwa  vorhandenen  Antagonismus  der  zwei  Gifte  beruht?) 

Kamen  (Czernowitz). 

Büchner,  H.,  Ueber  den  Einfluß  der  Neutralsalze  auf 
Serumalexine,  Enzyme,  Toxalbumine,  Blutkörper- 
chen und  Milzbrandsporen,  [Aus  der  hygien.  Abteilung 
des  Operationskurses  für  Militärärzte  in  München.]  (Archiv  f,  Hy- 
giene. Bd.  XVII.  S.  138.) 

Verf.  hat  durch  frühere  Untersuchungen  den  Beweis  geliefert, 
daß  das  destillierte  Wasser  geradezu  wie  ein  Gift 
lähmend  auf  die  Aktivität  der  Alexine  wirkt:  In  vor- 
liegender Arbeit  sucht  B.  darzuthun,  daß  ein  durch  Wasserzusatz 
unwirksam  gewordenes  Serum  seine  Wirksamkeit  durch  nachträg- 
lichen Zusatz  der  entsprechenden  NaCl-Menge  wieder  erhält.  In 
den  Versuchen  wurde  dieser  regenerierende  Zusatz  bethätigt,  nachdem 
die  betreffenden  Serutnprobeu  bezw.  0,  1,  4 und  24  Stunden  in 
wasserverdünntem,  d.  h.  unwirksamem  Zustande  im  Eisschrauke  ver- 
weilt hatten.  — Die  Ergebnisse  lassen  sich  in  folgender  Weise  zu- 
sammenfassen : 

1)  Durch  WT  a s s e r zusatz  wird  die  Aktivität  von  Hunde-  und 
Kaninchenserum  aufgehoben,  während  Zusatz  der  normalen  Koch- 
salzmenge dieselbe  wieder  herstellt.  Die  Rolle  des  Kochsalzes  kann 
hierbei  nur  eine  indirekte  sein,  indem  seine  Anwesenheit  die  Funk- 
tion der  Serumalexiue  erst  ermöglicht. 

2)  Es  vermögen  außer  Kochsalz  auch  verschiedene  andere 
Salze,  so  Kalium-,  Lithium-  und  Ammoniumchlorid,  Natrium-,  Ka- 
lium-, Ammonium-  und  Magnesiumsulfat  die  gleiche  Funktion  im 
Serum  auszuüben.  — Es  handelt  sich  für  die  Aktivität  der  Alexine 
also  nicht  um  eine  spezifische  Bedeutung  des  Kochsalzes,  sondern 
um  das  Vorhandensein  einer  gewissen  Salzmenge  in  der  Lösung 
überhaupt. 

3)  Das  Salzbedürfnis  des  Serums  steht  in  Parallele  zum  Salz- 
bedürfnis des  Gesamtorganismus.  Auch  im  Serum  müssen  es 
die  eiweißartigeu  Bestandteile  sein,  auf  welche  die  Funktion 
der  Salze  sich  bezieht.  Die  Alexine  müssen  daher  als  E i w ei  ß kö  r- 
p e r betrachtet  werden. 

4)  Anwesenheit  von  Sulfaten  der  Alkalien  im  verdünnten 
Serum  steigert  die  Aktivität  der  Serumalexine  und  erhöht  deren 
Resistenz  gegen  Erhitzung  um  etwa  10  Temperaturgrade.  Die  gün- 
stigste konservierende  Wirkung  ergab  für  Hundeserum  ein  Zusatz 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc..  515 


von  gleichen  Teilen  einer  8-proz.  Ammonsulfat-  oder  einer  28,4-proz. 
Natriumsulfatlösung. 

Biernacki  hatte  ganz  ähnliche  Verhältnisse  für  die  Enzyme 
nachgewiesen,  und  B.,  welcher  die  Versuche  Biernacki’ s für 
Pepsin  aus  Schweinemagen  nachprüfte,  konnte  dessen  Angaben 
durchaus  bestätigen. 

5)  Natriumchlorid  wirkt  als  Zusatz  zum  Serum  auch  kon- 
servierend gegen  Erhitzung,  aber  in  äquivalenten  Mengen  wesentlich 
schwächer,  als  die  Sulfate.  Noch  geringere  Wirkung  in  dieser  Hin- 
sicht zeigen  die  Nitrate. 

6)  Entscheidend  für  die  Resistenzerhöhung  ist  nicht  nur  die  in 
der  Raumeinheit  vorhandene  Menge  von  Salzmolekülen,  sondern  auch 
das  Verhältnis  zur  Menge  der  gleichzeitig  anwesenden  Serumteilchen. 

7)  Die  konservierende  Wirkung  des  Salzzusatzes  beruht  demnach 
auf  der  von  den  verschiedenen  Salzen  ausgeübten  Wassere n tzi e- 
hung,  die  nach  Hofmeister  bei  den  Sulfaten  am  stärksten,  bei 
den  Nitraten  am  geringsten,  bei  den  Chloriden  eine  mittlere  ist. 

8)  Das  Invertin  der  Hefe  zeigt  bei  Anwesenheit  von  Na- 
triumsulfat eine  um  mehr  als  10  Temperaturgrade  gesteigerte 
Resistenz  gegen  Erhitzung,  während  Natriumnitrat  keine,  Natrium- 
chlorid nur  eine  geringe  Erhöhung  der  Resistenz  bewirkt. 

9)  Genau  ebenso  verhält  sich  das  Toxalbumin  des  Tetanus- 
bacillus bezüglich  Resistenzsteigerung  durch  Salze  und  in  ähn- 
licher Weise  auch  das  Toxalbumin  des  Diphtheriebacillus. 

10)  Blutkörperchen  vom  Kaninchen  und  Hunde  zeigen  sich 
ebenfalls  in  äquivalenten  Lösungen  der  Sulfate  wesentlich  resi- 
stenter gegen  Erhitzung,  als  in  solchen  der  Nitrate,  während  Na- 
triumchlorid eine  mittlere  Stufe  einnimmt. 

11)  Milzbrandsporen  sind  ebenfalls  in  stärker  salzhaltigen 
Lösungen  widerstandsfähiger  gegen  Erhitzung,  als  in  bloßem  Wasser. 

12)  In  trockenem  Zustande  ertragen  nicht  nur  die  Enzyme 
und  Toxalbumine,  sondern  auch  die  Serumalexine  wesentlich 
höhere  Hitzegrade,  ohne  ihre  Aktivität  zu  verlieren.  (Serumalexine 
ertragen  in  trocknem  Zustande  eine  V2-stündige  Erhitzung  auf  70°, 
ohne  ihre  Aktivität  zu  verlieren,  während  im  gelösten  Zustande  schon 
eine  1/2-stündige  Erhitzung  auf  55°  sicher  jede  Spur  von  Aktivität 
vernichtet.) 

Alle  diese  Erscheinungen  können  nach  Verf.  nur  begreiflich 
werden  auf  Grund  der  Annahme,  daß  das  Wasser  an  sich  eine 
schädigende  Wirkung  auf  die  untersuchten  aktiven 
Eiweißkörper  auf  Alexine,  Enzyme  und  Toxalbumine  besitzt. 

M.  Kolb  (München). 

Büchner,  H.,  Ueber  den  Einfluß  des  Lichtes  auf  Bak- 
terien und  über  die  Selbstreinigung  der  Flüsse. 
(Archiv  für  Hygiene.  Bd.  XVII.  S.  177  f.  mit  Berücksichtigung  der 
Originalarbeiten  im  Centralbl.  f.  Bakt.  und  Parasitenk.  Bd.  XI. 
No.  25  u.  Bd.  XII.  No.  7/8.) 

Für  die  Selbstreinigung  der  Flüsse  hat  man  verschiedene  Ur- 
sachen angeführt,  wie  z.  B.  Sedimentierung,  oxydierender  Einfluß  des 


516  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Sauerstoffes,  die  im  Wasser  vorkommenden  Algen,  jedoch  lauter 
Faktoren,  welche  hauptsächlich  für  die  chemische  Seite  der  Selbst- 
reinigung in  Betracht  kommen,  dagegen  kaum  für  die  Hand  in  Hand 
damit  gehende  Verminderung  der  Bakterienzahl.  Als  Er- 
klärung für  letztere  Thatsache  muß  nach  B.’s  Ansicht  ein  schädigen- 
der und  tötender  Einfluß  von  Seite  des  Sonnenlichtes  bestehen. 
Es  haben  zwar  schon  früher  einzelne  Forscher  (Downes,  Blunt;, 
Pansini)  dem  Lichte  eine  schädliche  Wirkung  auf  Bakterien  zu- 
geschrieben ; jedoch  ihre  Experimente  waren  nicht  ganz  einwandfrei. 
Verf.  wollte  in  seinen  Versuchen  möglichst  die  natürlichen  Bedin- 
gungen nachahmen  ;ersuspendierteBakterienkeimeinWas- 
ser  und  exponierte  sie  dem  Lichte.  Es  wurden  verwendet  Bouil- 
lonreinkulturen (vorher  durch  sterilisiertes  Papier  filtriert)  von  Ty- 
phusbacillen, B.  coli,  B.  pyocyaneus,  Choleravibri- 
onen, endlich  verschiedene,  in  Dejektionen  vor  kommende 
Bakterien;  die  Aussaat  der  Bakterien  erfolgte  teils  in  steri- 
lisiertes, teils  nicht  sterilisiertes  Leitungswasser  nebst  Anwendung 
von  Glasgefäßen  der  verschiedensten  Form  und  Größe  (Proberöhren, 
Kolben,  größere  Glascylinder,  ferner  wurde  die  Höhe  der  Flüssig- 
keitssäule und  damit  der  Luftzutritt  variiert ; endlich  kamen  große,  flache, 
mit  Oelfarbenanstrich  versehene  Blechgefäße  in  Verwendung ; die 
Versuche  wurden  teils  im  Zimmer,  großenteils  aber  im  Freien  ange- 
stellt und  dabei  die  Temperatur  der  Wasserproben  durch  ein  einge- 
setztes Thermometer  kontrolliert.  Stets  wurden  von  zwei  zusammen- 
gehörigen Proben  die  eine  offen  dem  Lichte  exponiert,  die  andere 
durch  schwarzes  Papier  vor  Lichtwirkung  geschützt.  Bei  dieser 
ersten  Versuchsreihe  ergab  sich  das  Resultat,  daß  das  Licht  auf 
die  genannten  Bakterienarten,  wenn  dieselben  imWas- 
ser  suspendiert  sind,  einen  gewaltigen  desinfizieren- 
den Einfluß  ausübt.  In  einem  Wasser  z.  B.,  das  zu  Beginn 
des  Versuches  ca.  100000  Keime  von  B.  coli  comm.  pro  ccm  ent- 
hielt, waren  schon  nach  1-stündiger  Exposition  im  direkten  Sonnen- 
lichte überhaupt  keine  Keime  mehr  durch  das  Plattenverfahren 
nachzuweisen,  während  in  der  dunklen  Kontrollprobe  die  Bakterien- 
zahl sogar  etwas  zugenommen  hatte. 

Diffuses  Tageslicht  im  Zimmer  wirkte  schwächer  als  direktes 
Sonnenlicht;  jedoch  im  Freien  bei  offener  Exposition  der  Wasser- 
proben zeigte  auch  diffuses  Tageslicht  eine  rasch  tötende  Wirkung. 
— Weitere  Versuche,  welche  in  kleinen  Klärbassins  (flache  Blech- 
gefäße von  0,25  qm  Grundfläche,  innen  mit  weißer  Oelfarbe  ange- 
strichen und  10  cm  hohe  Wasserschicht)  angestellt  wurden,  ergaben 
ebenfalls  zufriedenstellende  Resultate. 

Nachdem  B.  nun  erwiesen  hatte,  daß  das  Licht  einen 
raschtötenden  Einfluß  auf  Bakterien,  die  in  Wasser 
suspendiert  sind,  ausübt,  stellte  er  noch  Versuche  an,  wie 
sich  größere  Wasserschi  chten  bezüglich  der  Lichtdurchgän- 
gigkeit verhalten.  Zu  diesem  Zwecke  mußte  ein  Verfahren  ausfindig 
gemacht  werden,  welches  erlaubte,  Bakterien  in  beliebigen  Wasser- 
tiefen dem  Lichteinflusse  zu  exponieren : B.  versetzte  Nähragar,  das 
zuerst  durch  Kochen  verflüssigt  und  dann  auf  40°  abgekühlt  war, 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  517 


mit  frischer  Bouillonkultur  einer  bestimmten  Bakterienart  (vide  oben), 
verteilte  die  Aussaat  gleichmäßig  und  goß  das  Agar  in  eine  flache 
Glasschale  mit  Rand  aus.  Nach  eingetretener  Erstarrung  befestigte 
er  ein  Kreuz  aus  schwarzem  Papier  oder  Buchstaben  etc.  an  der 
Unterfläche  der  Agarplatte  und  exponierte  letztere  für  1 — 1 Stunden 

dem  direkten  oder  für  5 Proz.  dem  diffusen  Tageslichte.  Nach  24 
Stunden  Aufenthalt  im  Dunkeln  zeigten  die  Platten  die  aufgeklebten 
Buchstaben  etc.  vollkommen  scharf,  gebildet  von  den  zur  Entwickelung 
gelangten  Bakterienkolonien,  während  der  ganze  übrige  Teil  der 
Platte  steril  blieb. 

Verf.  exponierte  nun  im  weiteren  Verlaufe  seiner  Versuche  die 
Platten  am  Boden  eines  größeren  Steingutgefäßes  0,5  m unter  dem 
Spiegel  der  Wasserfläche  der  Mittagssonne,  wobei  die  Lichteinwir- 
kung den  gleichen  schädigenden  Einfluß  wie  außerhalb  des  Wassers 
zeigte.  Versuche  in  großem  Maßstabe,  im  Sternbergersee  an  gestellt, 
ergaben,  daß  bei  ziemlich  klarem  Wasser  der  Lichtein- 
fluß sich  noch  bis  etwa  2 m Tiefe  vollkommen  kräftig 
auf  die  Bakterien  äußert. 

Ferner  wurden  Beobachtungen  angestellt  am  fließenden 
Wasser,  wobei  die  Trübung  des  Wassers  sehr  häufig  ein  tieferes 
Eindringen  der  Lichtwirkung  verhindert,  weshalb  man  zweifeln  könnte, 
ob  der  Einfluß  des  Lichtes  hier  überhaupt  zur  Geltung  kommt.  Die 
dabei  gewonnenen  Resultate  entsprachen  durchaus  den  gehegten  Er- 
wartungen. 

Nach  dem  Ergebnis  der  vorstehenden  Untersuchungen  besitzt 
also  d as  Lieh t ei n e n ge wal  tige n Ei nfl  u ß auf  die  Selbst- 
reinigung der  Flüsse,  d.  h.  auf  die  Keimabnahme  im 
Flußwasser.  Direktes  Sonnenlicht  besitzt  sogar  einen  mäch- 
tigen desinfizierenden  Einfluß  auf  die  im  Wasser  schwebenden  Keime, 
aber  auch  d iffu  s e s Tageslicht  wirkt  bei  längerer  Dauer  sehr  nach- 
teilig auf  dieselben. 

Schließlich  sei  noch  erwähnt,  daß  Versuche  mit  elektrischem 
Bogenlichte  und  einzelnen  Spektralfarben  ebenfalls  wachs- 
tumshemmende und  tötende  Einwirkung  auf  die  ausgesäten  Bakterien 
äußerten.  M.  Kolb  (München). 

Bnchner,  H.,  Beruht  die  Wirkung  des  Behriti  g’  sehe  n 
Heilserums  auf  Giftzerstörung?  (Berliner  klinische  Wo- 
chenschrift. 1894.  No.  4.  p.  73  ff.) 

Behring  hatte  in  seinen  Schriften  die  Behauptung  aufgestellt, 
daß  das  Serum  der  tetanusimmunisierten  Tiere  eine  direkte  Zerstörung 
der  spezifischen  Gifte  im  Körper  des  tetanusvergifteten  Organismus 
herbeizuführen  vermöge  und  hatte  als  Beleg  einen  Versuch  angeführt, 
bei  dem  ein  im  Versuchsglase  außerhalb  des  Körpers  bereitetes  Ge- 
misch von  Tetanusgift  mit  antitoxischem  Serum  bei  der  Injektion 
im  Tierkörper  sich  völlig  wirkungslos  zeigte.  Da  dieser  Versuch 
aber  noch  zweifelhaft  ließ,  ob  nicht  eine  sofort  im  Tierkörper  sich 
geltend  machende  Immunisierung  die  Wirkung  des  Tetanusgiftes  auf- 
hebe, so  hielt  B.  eine  neue  Versuchsreihe  für  notwendig.  Er  stellte 
sowohl  Toxin  wie  Antitoxin  in  getrocknetem  Zustande  her,  um  eine 

XV.  Bd.  33 


518  Schnt»lmpfiinK,  kHnstl.  Infektionskrankheiten,  F.ntwirkelungshetmmine  etc. 


möglichst  gleichbleibende  Wirkungskraft  zu  erzielen.  Es  wurde  nun 
eine  Mischung  beider  Stoffe  weißen  Mäusen  injiziert  und  die  Dosie- 
rung der  Einzelstoffe  so  gewählt,  daß  die  Wirkung  nahezu  gleich 
Null  war.  Von  dieser  für  Mäuse  neutralen  Mischung  injizierte  er 
nun  gleiche  absolute  Mengen  den  relativ  empfänglicheren  Meer- 
schweinchen. Hier  aber  war  die  Wirkung  nicht  Null,  sondern  es 
traten  entschieden  stärkere  tetanische  Vergiftungserscheinungen  auf. 
Verf.  zieht  daraus  den  Schluß,  daß  das  Gift  in  der  für  Mäuse  neu- 
tralen Mischung  nicht  zerstört  ist  und  daß  in  Wirklichkeit  Gift  und 
Antitoxin  nicht  unmittelbar  aufeinander,  sondern  daß  beide  Stoffe 
getrennt  auf  den  tierischen  Organismus  einwirken. 

Auch  wenn  die  beiden  Stoffe  im  Reagenzglase  miteinander  län- 
gere Zeit  in  Kontakt  gewesen,  trat  dieselbe  Erscheinung  am  Meer- 
scheine zu  Tage.  B.  nimmt  also  an,  daß  das  Antitoxin  das  Toxin 
nicht  zerstört,  sondern  die  Gewebe,  die  Zellterritorien  für  die  Wir- 
kung des  Toxins  unempfänglich  macht.  Auf  bereits  erkrankte  Teile 
hat  das  Serum  keinen  Einfluß  mehr.  Verf.  führt  dann  noch  aus, 
daß  auch  Tizzoni,  Cattani,  C e n t a u u i,  ja  auch  Behring  unfrei- 
willig selbst  dieser  Ansicht  huldigen. 

Auch  die  Antitoxine  faßt  B.  nicht  als  spezifische  Reaktionspro- 
dukte des  Organismus  auf,  sondern  als  von  den  Bakterien  her- 
rührende Stoffe,  deren  Natur  von  derjenigen  der  spezifischen  Tox- 
albumine  nicht  allzusehr  abweicht,  da  sonst  eine  gegenseitige  spe- 
zifische Beziehung  nicht  möglich  wäre.  Als  Beweis  hierfür  erwähnt 
er  die  Beobachtung  von  Busehke,  daß  am  gesunden  Menschen 
das  Tetanusantitoxin  schwache  tetanusartige  Symptome  auszulösen 
vermag.  Aehnlich  ist  das  Verhalten  des  ungiftigen  Cholins  und  des 
giftigen  Neurins.  Auf  Grund  dieser  Versuche  ist  nach  Büchner 
daher  die  Behring’sche  Anschauung  einer  spezifischen  Giftzerstörung 
fallen  zu  lassen  und  ist  die  Blutserumtherapie  nicht  etwas  prinzipiell 
Eigenartiges,  sondern  nur  eine  besondere  Modifikation  der  bisherigen 
Immunisierungsmethoden.  0.  Voges  (Danzig). 

Vaughan,  V.  C.,  The  principles  of  immunity  and  eure  in 
the  infectious  diseases.  (The  Resident’s  address  read 
before  the  Section  of  General  Medicine  of  the  First  Pan-American 
Medical  Congress.  held  at  Washington,  U.  S.  A.,  1893.  Sep- 
tember 5,  — Medical  News.  1893.  Oct.) 

Der  Verf.  behauptet,  daß  in  jedem  Falle,  in  welchem  experi- 
mentelle Immunität  gewonnen  wurde,  solche  entweder  direkt  oder  in- 
direkt herrührte  von  der  in  den  tierischen  Körper  gemachten  Ein- 
führung der  Substanz  des  Keimes,  entweder  tot  oder  lebend,  entweder 
morphologisch  intakt  oder  in  Lösung.  Er  macht  folgende  Zusammen- 
fassung : 

Bei  Erzeugung  der  Immunität  in  einem  natürlicherweise  em- 
pfänglichen Tiere  müssen  drei  Faktoren  thätig  sein : 

1)  Eine  incidierende  oder  immunisierende  Substanz  muß  in  den 
Körper  eingeführt  werden.  In  großen  Zügen  sind  wir  mit  der  Na- 
tur einiger  dieser  Substanzen  bekannt,  z.  B.  des  Schlangengiftes,  der 
Pflanzenproteide  Abrin,  Ricin  und  Robin,  und  gewisser  bakterieller 


Schutaimpfung,  künstl.  Infektionskrankheilen,  Entwirkelunjfsbemmnng  etc.  519 


Produkte.  Verf.  nennt  diese  Proteide  und  weist  ausdrücklich  darauf 
hin,  daß  dies  versuchsweise  geschieht,  in  anbetracht  der  Thatsache, 
daß  von  keinem  derselben  die  genaue  chemische  Beschaffenheit  be- 
kannt ist;  indessen  dürfen  wir  sie  für  die  Gegenwart  Proteide  nennen. 
Aus  schon  angegebenen  Gründen  glaubt  der  Verf.,  daß  diese  Proteide, 
welche  Immunität  herbeiführen,  zur  Klasse  der  Nucleine  gehören, 
obschon  physiologische  Chemiker  die  Nucleine  nicht  immer  unter  die 
Proteide,  sondern  unter  die  Albuminoidkörper  zählen.  Diese  Substanzen, 
seien  sie  Nucleine,  Proteide  oder  Albuminoide,  haben  die  Eigenschaft, 
bei  der  Einführung  in  die  Körper  bestimmter  Tiere  in  bestimmten 
Mengen  und  unter  bestimmten  Bedingungen  die  Thätigkeit  bestimmter 
Organe  in  dem  Tiere  derart  anzuregen,  daß  diese  Organe  ein  Gegen- 
gift gegen  die  eingeführte  Substanz  erzeugen  und  dem  Blute  zu- 
führen. 

2)  Die  Organe,  deren  Thätigkeit  durch  dies  immunisierende 
Agens  angeregt  wird,  sind  diejenigen,  welche  Nucleine  hervorbringen, 
wie  Milz,  Schilddrüse  und  Mark. 

3)  Die  antidotale  Substanz  ist  ein  Nuclein.  Die  Art  und  die 
Menge  des  gebildeten  Nucleins  wird  von  der  Beschaffenheit  des 
incidierenden  Agens  und  dem  Zustande  des  oder  der  beeinflußten 
Organe  abhängen.  Das  Wort  Nuclein  wird  in  einer  umfassenden 
Bedeutung  gebraucht  und  schließt  die  wirklichen  Nucleine,  Nuclein- 
säuren  und  Nucleo-Albumine  ein.  Unter  dem  Ausdrucke  „Nuclein“ 
ist  der  Teil  der  Zelle  zu  verstehen,  welcher  unter  normalen  Bedin- 
gungen die  Fähigkeit  des  Wachstums  und  der  Reproduktion  hat, 
welcher  andere  Proteide  assimiliert  und  diesen  assimilierten  Substanzen 
seine  eigenen  Eigenschaften  giebt.  Es  ist  der  Teil  der  Zelle,  der 
ihr  ihre  Individualität  giebt. 

Der  Unterschied  zwischen  Immunität  und  Toleranz  wird  darge- 
stellt, wie  folgt: 

In  ersterer  werden  die  Zellen  bestimmter  Organe  aggressiv,  eine 
spezielle  Funktion  wird  entwickelt,  das  eingeführte  Gift  wird  zerstört. 
In  der  Toleranz  besteht  keine  aggressive  Thätigkeit  irgend  eines 
Organs,  keine  Entwickelung  spezieller  Funktionen  findet  statt,  das 
eingeführte  Gift  wird  nicht  zerstört,  nur  tötet  es  nicht. 

Wesentliche  Unterschiede  bestehen  zwischen  Immunität  und 
Heilung.  An  erster  Stelle  sind  die  zur  Erzeugung  der  Immunität 
angewandten  Substanzen  nicht  zur  Hervorbringung  einer  Heilung  an- 
wendbar. Dieselben  sind  schon  in  dem  Körper  und  haben  es  unter- 
lassen, das  Nuclein  anzuregen,  welches  Zellen  bildet,  so  daß  ihre 
eigene  Vernichtung  verursacht  wird.  Die  Einführung  von  mehr 
bakterischem  Gifte,  nachdem  einmal  der  eindringende  Giftstoff  sich 
im  System  festgesetzt  hat,  wird  den  Eindringling  nur  stärken.  Keine 
Krankheit  ist  nach  guter  Entwickelung  durch  Anwendung  des  baye- 
rischen Stoffes  geheilt  worden.  Verf.  bereitete  Nucleine  von  Hefe, 
von  den  Testikidardrüsen,  von  der  Schilddrüse  und  von  Eigelb  und 
hat  nachgewiesen , daß  alle  deutliche  keimtötende  Eigenschaften 
besitzen.  (S.  Medical  News.  1893.  May.)  Er  spricht  die  Ver- 
mutung aus,  daß  Nucleintherapie  die  Blutserumtherapie  ersetzen  wird 

33* 


520  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


o 

(-0 


und  daß  auf  diese  Weise  die  keimtötende  Substanz  in  viel  größeren 
Dosen  benutzt  werden  kann,  als  diejenigen,  die  bei  der  Behandlung 
mit  Blutserum  in  Anwendung  kommen  können.  Autoreferat. 

Vaughan,  V.  0.  and  Mc  Clintock,  C.  T.,  The  na  tu  re  of  the 
germicidal  constituents  of  blood  serum.  (A  paper 
read  before  the  Medical  Section  of  the  First  Pan-American  Medi- 
cal Congress,  Washington,  U.  S.  A.,  1893.  September.  — Medical 
News.  1893.  December.) 

Nach  einer  sorgfältigen  und  kritischen  Uebersicht  über  die 
Forschungen  von  Fodor,  Nuttall,  Büchner  und  Anderen  sind 
die  Verff.  zu  den  folgenden  Schlüssen  gekommen: 

1)  Serumalbumin  ist  nicht  die  keimtötende  Substanz  in  Blut- 
serum. Entweder  muß  dies  richtig  sein  oder  der  Versuch,  durch 
welchen  Büchner  darlegte,  daß  ein  thätiges  Pepsin  die  keimtötende 
Wirkung  des  Blutes  nicht  zerstört,  muß  ein  Irrtum  gewesen  sein; 
denn  Pepsinverdauung  verwandelt  Serumalbumin  leicht  und  voll- 
ständig in  Peptone,  und  diese  sind  dem  Wachsthum  von  Bakterien 
besonders  günstig. 

2)  Die  keimtötende  Substanz  muß  zu  den  Proteiden  gehören. 
Sonst  wäre  es  schwierig,  die  Thatsache  zu  erklären,  daß  eine  hohe 
Temperatur  Blutserum  unthätig  macht. 

3)  Das  einzige  Proteid,  dessen  Anwesenheit  im  Blutserum  wahr- 
scheinlich ist  und  das  durch  Pepsinverdauung  nicht  zerstört  wird, 
ist  Nuclein. 

Nach  Erlangung  dieser  Schlüsse  werden  die  folgenden  Fragen 
gestellt: 

1)  Giebt  es  ein  Nuclein  in  Blutserum? 

2)  Hat  dieses  Nuclein,  wenn  es  ein  solches  giebt,  keimtötende 
Eigenschaften? 

Zur  Beantwortung  der  ersten  Frage  nahm  man  Blutserum  von  ge- 
sunden Tieren  in  großer  Menge  und  behandelte  solches  mit  etwa 
10  Volumina  einer  Mischung  von  gleichen  Teilen  absoluten  Alko- 
hols und  Aethers.  Das  sich  bildende  voluminöse  Präcipitat  ließ  man 
24  Stunden,  in  einigen  Fällen  viel  länger  stehen,  wobei 
der  Alkohol  und  Aether  während  dieser  Zeit  abgegossen  und  durch 
gleiche  Volumina  ersetzt  wurden.  Schließlich  wurde  die  überstehende 
Flüssigkeit  abgegossen  und  ein  gleiches  Volumen  einer  0,2-proz. 
Lösung  von  Chlorwasserstoffsäure,  thätiges  Pepsin  enthaltend,  zuge- 
setzt, die  Flasche  in  einen  Thermostaten  bei  38  Grad  gestellt  und 
die  Verdauung  fortgesetzt,  bis  die  Flüssigkeit  der  Biuretreaktion  für 
Peptone  nicht  mehr  entsprach.  Jedesmal,  wenn  diese  Reaktion  ge- 
macht wurde,  wurde  die  Flüssigkeit  von  der  unverdauten  Portion  ab- 
gegossen und  durch  ein  gleiches  Volumen  frischer  verdaulicher 
Flüssigkeit  ersetzt.  In  allen  Fällen  war  die  Verdauung  rasch  und 
ging  bis  zu  einem  bestimmten  Punkte,  wo  sie  gänzlich  aufhörte.  Die 
unverdaute  Portion  war  von  geringer  Quantität  und  graulicher  Farbe. 
Diese  wurde  in  einem  kleinen  sterilisierten  Filter  gesammelt  und  ge- 
waschen, zuerst  mit  einer  0,2-proz.  Lösung  von  Chlorwasserstoffsäure 
und  dann  mit  Alkohol.  Nach  der  Waschung  mit  Alkohol  ließ  man 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Eutwickelungshemmung  etc.  521 


den  Filter  eine  halbe  Stunde  und  länger  der  Luft  ausgesetzt  stehen, 
damit  der  Alkohol  ganz  durchgehen  oder  verdampfen  könne.  Das 
Präcipitat  wurde  dann  in  einer  sterilisierten  Lösung  von  Kalilauge 
aufgelöst.  Die  Stärke  dieser  gewöhnlich  benutzten  alkalischen  Lösung 
war  0,12  Proz.  Gewöhnlich  enthielt  diese  Lösung  außer  dem  Alko- 
hol noch  0,6  Proz.  Natriumchlorid.  Die  Lösung  wurde  durch  eine 
C h a m be rl a nd röhre  filtriert  und  in  einer  sterilisierten  Flasche 
aufgefangen.  Die  so  gewonnene  Lösung  war  vollkommen  klar,  farb- 
los und  entsprach  nicht  der  ßiuretreaktion.  Der  Zusatz  starker 
Salpetersäure  erzeugte  eine  Wolkigkeit,  die  beim  weiteren  Zusatze 
der  Säure  sich  klärte.  Diese  Säurelösung  wurde  beim  Erhitzen  nicht 
gelb,  jedoch  wurde  sie  das  nach  einem  Zusatze  von  Ammoniak. 
Die  erste  Frage  ist  nun  beantwortet:  Blutserum  enthält  ein  Nuclein. 

Mit  dieser  alkalischen  Nucleinlösung,  die  im  richtigen  Maße  mit 
sterilisierter  Salzlösung  verdünnt  wurde,  wurden  Versuche  gemacht, 
die  ihre  keimtötende  Wirkung  bewiesen  an  dem  Bacillus  der 
asiatischen  Cholera,  dem  Milzbraudbacillus  ohne  Sporen  und 
dem  Staphylococcus  pyogenes  aureus.  Die  keimtöteude 
Wirkung  dieser  Lösung  von  Nuclein  erwies  sich  in  allen  Fällen  ganz 
deutlich.  Autoreferat  der  Verfasser. 

Dixon,  Possibility  of  establishing  tolerance  for  the 
Tubercle  Bacillus.  (The  Medic.  News.  1889.  19.  October.) 

Dixon  fand  gelegentlich  der  Untersuchung  eines  mit  gewöhn- 
lichen Tuberkelbacillen  geimpften  Röhrchens  keulenförmige  Bacillen, 
von  denen  er  annahm,  daß  es  sich  um  Formen  von  geringerer  Viru- 
lenz handele.  Nach  mehrtägigem  Aufenthalte  bei  Zimmertemperatur 
wurden  neue  Präparate  angefertigt,  welche  verästelte  Bacillen  zeigten. 
Dieselben  wurden  von  neuem  überimpft  und  es  wuchsen  typische 
Tuberkelbacillen.  Der  Verf.  stellt  2 Hypothesen  auf: 

1)  Es  ist  möglich,  daß  durch  genaue  Filtration  der  Bacillen  aus 
dem  tuberkulösen  Materiale  ein  Filtrat  erhalten  werden  kann,  das 
durch  systematische  Ueberimpfungen  so  abgeschwächt  werden  kann, 
daß  dadurch  eine  Veränderung  in  den  lebenden  tierischen  Geweben 
hervorgebracht  werden  kann,  welche  dieselben  gegen  virulente  Tuberkel- 
bacilleu  resistent  macht. 

2)  Um  die  chemische  oder  physikalische  Veränderung  in  den 
lebenden  Geweben  hervorzubringen,  welche  dieselben  zur  Resistenz 
gegen  die  tuberkulöse  Phthise  befähigt,  müßten  möglicherweise 
Impfungen  mit  den  Bacillen  gemacht  werden  — doch  darf  das  nur 
nach  Abschwächuug  der  vollvirulenten  Bacillen  geschehen. 

Der  Verf.  hat  mit  Bacillen,  welche  die  in  der  mitgegebenen 
Zeichuung  veranschaulichten  Formen  zeigten,  Tiere  geimpft,  die  da- 
durch gegen  Impfung  mit  virulenten  Tuberkelbacillen  resistent  wurden. 

Dixon  stellt  weitere  Mitteilungen  in  Aussicht. 

Lasch  (Breslau). 

Richter,  P.,  Ueber  neuere  Behandlungsmethoden  der 
Tuberkulosevompathologisch-anatomischenStand- 
punkte.  (Schmidt’ s Jahrbücher  der  gesamten  Medizin. 
Bd.  CCXXXIX.  p.  177.) 


522  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwiekelungshemmung  etc. 


Verf.  giebt  eine  kritische  Uebersicht  von  allgemein  pathologischen 
Gesichtspunkten  aus  über  Prinzipien  und  Resultate  der  heutigen 
Tuberkulosetherapie;  er  bespricht  die  Erfolge  des  Jodoforms,  die 
Versuche  mit  abgetöteten  Tuberkelbacillen,  die  Blutserummethode, 
die  Liebreich’ sehe  Behandlung  mit  kantharidinsaurem  Natron, 
die  Behandlung  mit  Perubalsam  und  Zimmtsäure  von  Länderer, 
das  Koch’ sehe  Tuberkulin,  das  von  Launelongue  angegebene 
Injektionsverfahren  mit  Chlorzink,  die  Bier’sche  Anwendung  der 
Stauungshyperämie  und  endlich  die  Behandlung  der  Peritonealtuber- 
kulose mittelst  Laparotomie.  Verf.  kommt  zu  dem  Schlüsse,  daß  die 
Ausbeute  an  wirklichen  therapeutischen  Erfolgen  und  Heilungen  im 
pathologisch -anatomischen  Sinne  noch  eine  verhältnismäßig  geringe 
ist.  Jedenfalls  sei  bei  der  Tuberkulose  noch  weniger  als  bei  anderen 
Infektionskrankheiten  die  Uebertragung  von  Reagenzglasversuchen 
auf  den  Menschen  gestattet.  Am  meisten  sei  von  solchen  Verfahren 
zu  erwarten,  welche  den  spontanen  Heilungsvorgang  der  Natur  künst- 
lich nachzuahmen  und  zu  erzeugen,  bezw.  zu  beschleunigen  bestimmt 
siud  und  erst  indirekt  durch  Beeinflussung  des  tuberkulösen  Gewebes 
die  Bacillen  schädigen  und  unschädlich  machen. 

Dieudonne  (Berlin). 

de  Grazia,  F.  e Casaretti,  V.,  I derivati  del  creosoto  nella 
cura  della  tisi  polmonare.  (Beuzoilguaiacolo,  car- 
bonato  di  guaiacolo,  acido  guaiacol-carbonico,  car- 
bonato  di  creosoto.)  (La  Rif.  med.  1893.  p.  219.) 

Wenn  auch  die  oben  angeführten  Präparate  von  Phthisikern  gut 
vertragen  werden,  konnte  selbst  bei  längerem  Gebrauche  dieser  Mittel 
keine  wesentliche  Besserung  erzielt  werden.  Nur  auf  Benzosol  ließ 
sich  eine  Abnahme  der  katarrhalischen  Erscheinungen  wahrnehmen. 
Eine  Verminderung  der  Tuberkelbacilleu  konnte  jedoch  iu  keinem 
Falle  konstatiert  werden.  Kamen  (Czernowitz). 

Secclii,  T.,  Di  un  caso  di  lupus  eritematoso  guarito  con 
le  injezioni  ipoderraiche  di  tubercolina  Koch.  (La 
Rif.  med.  1893.  p.  169.) 

Verf.  berichtet  über  einen  Fall  von  Lupus  erythematosus, 
bei  welchem  Injektionen  der  Koch’schen  Lymphe  sowohl  lokale  als 
auch  allgemeine  Reaktion  hervorriefen  und  der  unter  dieser  Behand- 
lung in  Heilung  überging.  Auf  Grund  dieses  Umstandes  und  des 
histologischen  Befundes  glaubt  der  Verf.,  daß  der  Lupus  erythe- 
matosus trotz  des  negativen  bacillären  Befundes  nur  eine  Varietät 
des  Lupus  vulgaris  sei.  Kamen  (Czernowitz). 

Schütz,  Zur  Behandlung  des  Lupus  vulgaris.  (Archiv 
für  Dermatologie  und  Syphilis.  XXVI.  1.  1894.) 

Für  die  schweren  Fälle  von  Lupus,  welche  durch  Excision  des 
Erkrankten  nicht  beseitigt  werden  können,  empfiehlt  S.  folgende 
Therapie.  Nach  Auskratzung  des  morschen  Gewebes  mit  dem 
scharfen  Löffel  wird  der  Boden  der  Wuudfläche  und  etwa 
1 cm  des  gesunden  Randes  sehr  sorgfältig  skarifiziert.  Nach- 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Gntwickelungshemmung  etc.  523 


dem  die  recht  erhebliche  Blutung  völlig  gestillt  ist,  wird  das  ganze 
W undgebiet  mit  einer  kaltgesättigten  alkoholischen  Chlorzink- 
lösung, welcher,  um  sie  klar  zu  erhalten,  etwas  Salzsäure  zugesetzt 
ist,  überpinselt.  Dadurch  wird  binnen  kurzem  die  ganze  Wundfläche 
weiß  und  tritt  für  6 Stunden  heftiger  Schmerz  ein,  welcher 
durch  Eiskompressen  gelindert  werden  kann.  Morphium  hilft  nur 
wenig.  Gewöhnlich  treten  bald  danach  Oedeme  der  Umgebung  auf, 
welche  unter  Borwasserumscblägen  zurückgehen.  Nach  zwei  Tagen 
wird  die  Wunde,  welche  sich  inzwischen  gereinigt  hat,  mit  einem 
dreimal  täglich  zu  wechselnden  Pyrogallussäurevaselin-  (1  : 4)  Salben- 
verbande  bedeckt,  der  nach  3 Tagen  weggelassen  wird.  (Beim  Luft- 
zutritt heftige  Schmerzen.)  Nun  folgen  Borwasserumschläge,  unter 
denen  sich  die  durch  die  Pyrogallussäureeinwirkung  geschwärzte 
Wunde  nach  4 — 5 Tagen  reinigt.  Die  gereinigte  Wunde  wird  nun 
zum  zweiten  Male  für  4 Tage  mit  Pyrogallussäure  verbunden  und 
schließlich,  wenn  sie  sich  nach  höchstens  3 Tagen  gereinigt  hat,  zum 
dritten  Male  der  Pyrogallusätzung  ausgesetzt.  Unter  Emplastrum 
Hydrargyri  oder  Jodoformpulver  und  Borsalbenlintverbänden  vollzieht 
sich  die  Heilung  verhältnismäßig  rasch,  so  daß  in  21/2 — 3 Monaten 
ausgedehnte  Lupusherde  sehr  schön  vernarbt  sein  können. 

Verf.  rühmt  seiner  Methode  nach,  daß  entschieden  mehr  Fälle 
recidivfrei  bleiben,  als  anders  behandelte.  Die  Aetzung  mit  Chlor- 
zink hat  deshalb  so  große  Vorzüge,  weil  sie  das  Blut  nicht  zur  Ge- 
rinnung bringt;  durch  das  Glüheisen  wird  infolge  der  durch  die 
Hitze  eintretenden  Eiweißgerinnung  nicht  viel  genutzt,  indem  den 
eiudringenden  chemischen  Substanzen  dadurch  der  Weg  verlegt  wird, 
was  bei  der  versprengten  und  isolierten  Lage  der  Tuberkelnester 
nicht  unwesentlich  ist. 

Neben  der  lokalen  Behandlung  ist  natürlich  großer  Wert  auf 
die  Ernährung  zu  legen  und  sind  Begleiterscheinungen  tuberkulöser 
und  skrofulöser  Art  sorgsam  zu  behandeln. 

[Wenn  Verf.  an  mehreren  Stellen  „Dauersporen“  des  Tuber- 
kelbacillus für  die  Hartnäckigkeit  des  Lupus  verantwortlich 
macht,  so  kann  Ref.  in  dieser  Behauptung  vorläufig  nur  eine  Hypo- 
these erblicken.]  Kurt  Müller  (Halle). 

Adossides,  Alex.,  Ueber  den  heutigen  Stand  der  Thera- 
pie der  Peritonitis  tuberculosa.  [Aus  der  chirurgischen 
Klinik  zu  Halle  a.  S.]  [Inaug.-Diss.]  Halle  1893. 

Die  Arbeit  enthält  eine  Zusammenstellung  von  405  wegen  tuber- 
kulöser Peritonitis  ausgeführten  Laparotomieen  und  teilt  6 neue 
Fälle  aus  der  chirurgischen  Klinik  des  Herrn  Professor  von  Bra- 
mann  mit. 

An  der  Hand  dieser  Fälle  werden  die  Aetiologie,  die  patho- 
logische Anatomie,  die  Symptome  und  der  Verlauf,  die  Diagnose  und 
Prognose  der  tuberkulösen  Peritonitis  besprochen.  Nach  Abhandlung 
über  die  Technik  der  Laparotomie  werden  die  Kontraindikationen,  die 
Recidive  und  schließlich  in  einem  längeren  Abschnitte  die  Theorieen 
über  die  Laparotomiewirkung  besprochen.  Besonderes  Interesse  be- 
ansprucht es,  den  Prozentsatz  der  erzielten  Heilungen  zu  erfahren. 


524  Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Die  Gesamtmortalität  bei  den  405  Fällen  beträgt  27  Proz.,  wo- 
von 10  Proz.  dem  Eingriffe  direkt  zur  Last  fallen.  Bei  Kindern 
ist  das  weibliche  Geschlecht  mit  66  Proz.,  bei  Erwachsenen 
mit  90  Proz.  unter  diesen  Fällen  vertreten.  Heilungen  sind  erreicht 


bei  Erwachsenen 

in  der  exsudativen  Form  73  Proz. 

in  der  trockenen  sog.  plastischen  Form  62  „ 

in  den  Formen  mit  Ileus  23  „ 

in  der  eiterigen  Form  50  „ 

in  den  Formen  mit  Genitaltuberkulose  63  „ 


bei  Kindern 

84  Proz. 
62  „ 
30  „ 

72  „ 


Zum  Schlüsse  der  Arbeit  ist  eine  ausführliche  Tabelle  über  die 
405  in  der  Litteratur  bekannt  gewordenen  Laparotomiefälle  bei- 
gegeben. Kurt  Müller  (Halle). 


Laser,  Hugo,  Ueber  den  Einfluß  der  Citronensäure  auf 
den  Diphtheriebacillus.  [Aus  dem  hygienischen  Institute  in 
Königsberg  i.  Pr.]  (Hygienische  Rundschau.  1894.  No.  3.) 

Aus  der  mir  zugänglichen  Litteratur  ersah  ich,  daß  d’Espine, 
Abadie,  Loeffler  und  Babes  die  Anwendung  der  Citronensäure 
bei  Diphtherie  empfehlen,  während  Ferrän  behauptet,  daß  dieselbe 
wirkungslos  gegenüber  der  Entwickelung  der  Diphtheriebacillen  ist. 

Ich  machte  zunächst  entwickelungshemraende  und  abtötende  Ver- 
suche mit  Citronensaft,  resp.  Citronensäure  in  verschiedenen  Kon- 
zentrationen; aus  der  großen  Reihe  der  von  mir  angestellten  Versuche 
sollen  nur  zwei  Resultate  mitgeteilt  werden: 

1)  15  Tropfen  6,5-proz.  Citronensäure  bewirken  Abtötung,  10 
und  5 Tropfen  erst  Entwickelungshemmung,  dann  Abtötung,  und 
zwar  töten  15  Tropfen  6,5-proz.  Citronensäure  in  10  ccm  Diphtherie- 
bouillon = 0,48  Proz.  in  5 Stunden  die  Bakterien. 

2)  1 ccm  50-proz.  Citronensäure  ist  imstande,  in  10  ccm 
Diphtheriebouillon  (=  5 Proz.)  die  Bacillen  in  4 — 5 Minuten  zu 
töteu.  Es  besitzt  also  die  5-proz.  Citronensäure  eine  stark  desinfi- 
zierende Kraft  den  Diphtheriebacillen  gegenüber. 

Es  wurden  nunmehr  3 Meerschweinchen  an  der  Vagina  mit 
Diphtherie  geimpft;  nachdem  sich  Membranen  gebildet  hatten,  wurden 
2 mit  Citronensäure  behandelt,  das  dritte,  welches  zur  Kontrolle 
diente,  nicht;  letzteres  wurde  gesund  ebenso  wie  die  behandelten 
Tiere,  allerdings  erst  circa  5 Tage  später. 

Ein  auderer  Versuch  zeigte,  daß  die  Citronensäure  5 Proz.  in 
einer  diphtheritischen  Membran,  wenn  sie  mehrmals  aufgetupft  wird, 
die  Bacillen  vernichtet. 

Nach  diesen  Versuchen  wandte  ich  die  Citronensäure  auch  beim 
Menschen  an.  15  wahre  Diphtheriefälle,  bei  denen  die  Diagnose 
durch  die  bakteriologische  Untersuchung  erhärtet  wurde,  kamen  zur 
Behandlung;  14  davon  heilten  in  durchschnittlich  3 Tagen,  nur 
1 Kind  starb,  bei  welchem  die  Membranen  mehr  Streptokokken 
als  Diphtheriebacillen  enthielten,  am  nächsten  Tage.  Schwere  Falle 
von  Angina  follicularis,  von  denen  circa  70  zur  Behandlung 
gelangten,  heilten  in  1 — 2 Tagen. 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  525 


Gereicht  wurde  die  Citronensäure:  1)  innerlich  5 — 10  Proz.  Acid. 
citric;  davon  1 Eßlöffel  mit  einem  Glase  Wasser  verdünnt;  1 — 2-stdl. 
1 Eß-  resp.  Theelöffel;  dieselbe  Lösung  benutzten  größere  Kinder 
zum  Gurgeln.  Außerdem  erhielten  alle  rohe  Citronen  zu  essen, 
kleine  Kinder  starke  Citronenlimonade  zu  trinken. 

Autoreferat. 

Grulber,  M.,  Ueber  die  Löslichkeit  der  Kresole  in 
Wasser  und  über  die  Verwendung  ihrer  wässerigen 
Lösungen  zur  Desinfektion.  (Archiv  für  Hygiene.  Bd. 
XVII.  p.  618.) 

Bisher  hat  man  die  Kresole  durch  Mineralsäuren,  Alkalilaugen, 
durch  Harz  und  Fettseifen,  ferner  durch  andere  Alkalisalze  gewisser 
organischer,  besonders  aromatischer  Säuren  reichlich  in  wässerige 
Lösungen  übergeführt  und  so  entstanden  die  verschiedenen  Vor- 
schriften zur  Herstellung  von  Desinfektionslösungen  aus  100-proz. 
Karbolsäure  und  Teerkresol,  sowie  die  Handelserzeugnisse  Lysol, 
Solutol,  Solveol  u.  s.  w.  Jedoch  die  Frage  nach  der  Löslichkeit  der 
Kresole  in  W'asser  und  nach  der  etwaigen  Wirksamkeit  ihrer  rein- 
wässerigen Lösungen  hat  man  ganz  beiseite  gelassen.  Grube r 
machte  nun  Versuche  über  die  Löslichkeit  der  Kresole  in  Wasser 
allein,  und  wies  nach,  daß  die  Löslichkeit  des  Ortho-  und  Para-Kre- 
sols,  sowie  des  Gemisches  der  Kresole  gar  keine  so  geringe  ist,  als 
man  sich  dachte.  Hinsichtlich  ihrer  Wirksamkeit  stellte  sich  heraus, 
daß  eine  Lösung  von  1 Volumprozent  Teeröl-Kresol 
in  Wasser  den  M.  pyogenes  aureus  binnen  x/2  Minute 
mit  Sicherheit  tötet,  x/2  Volumprozent  dieselbe  Kokkenart 
binnen  10 — 12  Minuten,  den  Choleravibrio  binnen  1 — 2 Minuten 
u.  s.  w.  Die  wässerige  Kresollösung  ist  farblos,  auch  bei  Verwendung 
von  hartem  Brunnenwasser  völlig  klar  (im  Gegensätze  zu  den  Kresol- 
seifenlösungen,  welche  mit  gewöhnlichem  Wasser  hergestellt,  infolge 
der  Bildung  von  Erdalkaliseifen  trübe  sind,  so  daß  darin  liegende 
Instrumente  undeutlich  gesehen  werden)  und  macht  Haut  und  In- 
strumente nicht  schlüpfriger,  als  Wasser.  Sie  besitzt  einen  keines- 
wegs unangenehmen,  aromatischen  Geruch.  — Wegen  der  geringen 
Giftigkeit  und  geringen  Konzentration  dürfte  die  1-proz.  Kresollösung 
ein  relativ  harmloses  Desinfektionsmittel  sein.  Der  Preis  ist  ein 
mäßiger. 

Verf.  glaubt  daher  die  1-proz.  wässerige  Lösung 
des  T ee  r öl- K r esols  den  Chirurgen  und  Operateuren 
überhaupt  nachdrücklichst  zum  Versuche  empfehlen  zu  sollen.  Zum 
Schlüsse  macht  Verf.  darauf  aufmerksam,  wie  rasch  die  Desinfek- 
tionswirkung aller  Phenole  und  Phenolpräparate  mit  der  Zunahme 
ihrer  Verdünnung  abnimmt.  Wie  schon  erwähnt,  tötet  1-proz.  Kre- 
sollösung Aureus  kokken  binnen  x/2  Minute,  x/2-proz.  aber  erst  nach 
10 — 20  Minuten;  in  l/4-proz.  Lösung  bleiben  die  Aureus  keime  noch 
stundenlang  am  Leben.  Man  hüte  sich  also  davor,  das  Kresolöl 
oder  die  100-proz.  Karbolsäure  in  größerer  als  der  hier  angegebenen 
Verdüunung  zu  verwenden,  da  sonst  der  gewünschte  Erfolg  ausbleiben 
würde.  M.  Kolb  (München). 


526  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Carstens,  Andr.,  Ueber  Fehlerquellen  bei  der  Ernährung 
der  Säuglinge  mit  sterilisierter  Milch.  (Jahrbuch  für 
Kinderheilkunde.  Neue  Folge.  No.  36.  p.  144.) 

Die  vorliegende  Arbeit  verdankt  ihr  Entstehen  dem  Bestreben, 
die  Säuglingsernährung  mit  sterilisierter  Milch  für  das  Leipziger 
neue  Kinderkrankenhaus  im  großen  Maßstabe  einzuführen.  Gleich 
zu  Anfang  dieses  Versuches  zeigte  sich,  daß  die  entgegentretenden 
Schwierigkeiten  bedeutende  waren.  So  ergab  die  Verabreichung 
einer  in  der  Küche  des  Hauses  nach  Soxhlet  sterilisierten  Milch, 
welche  von  einem  :}/4  Stunden  entfernten  Gute  stammte  und  den  an 
eine  gute  Marktmilch  zu  stellenden  Anforderungen  in  chemischer  Be- 
ziehung entsprach,  schlechte  Resultate:  Es  traten  besonders  bei 

schon  verdauungsschwachen  Kindern  Dyspepsieen  und  Durchfälle  ein. 
Gleich  ungünstige  Resultate  wurden  mit  dem  Zapfapparate 
(Es  eher  ich)  erzielt,  den  mau  wieder  aufgab,  weil  bakteriologische 
Untersuchungen  von  Flaschen,  die  auf  gewöhnliche  Weise  gereinigt 
waren  und  in  die  Milch  gezapft  werden  sollte,  eine  enorme  Menge  von 
Keimen  aufwiesen,  auch  wegen  der  nur  schwer  zu  reinigenden  Zapf- 
vorrichtung am  Boden  des  E scher  ich’ sehen  Apparates.  Man  kehrte 
zum  Soxhlet’ sehen  Systeme  zurück.  Trotz  aller  möglichen  Maß- 
regeln, die  eine  anderweitige  Infektion  der  Kinder  verhüten  sollten, 
wurden  die  Resultate  auch  jetzt  nicht  bessere.  Deshalb  wendete  man 
nunmehr  seine  Aufmerksamkeit  der  hygienischen  Beschaffenheit  der 
gelieferten  Milch  zu  und  überwachte  gleichzeitig  das  Sterilisieren 
persönlich.  Zwei  Fehlerquellen  wurden  ermittelt.  Die  Reinigung  der 
Flaschen  war  nicht  vorwurfsfrei,  und  die  Haltbarkeit  der  gelieferten 
Milch  ließ  zu  wünschen  übrig.  Man  bemerkte  nämlich  an  der  Innen- 
seite der  beim  oberflächlichen  Betrachten  spiegelblanken  Flaschen  bei 
genauerer  Inspektion  kleine  Trübungen  und  Wölkchen,  die  von  nicht 
entfernten  Milchresten  herrührten.  Derartige  Flaschen  enthielten, 
wie  vergleichende  Versuche  mit  tadellos  gereinigten  ergaben,  etwa 
20  mal  soviel  Keime  als  diese,  und  unter  diesen  ließen  sich  Arten 
nachweisen,  die  auch  durch  Erhitzen  auf  über  100°  C nicht  zu  zer- 
stören waren.  Um  diesem  Uebelstande  abzuhelfen,  wurden  die 
Flaschen,  welche  in  heißem  Schmierseifenwasser  gereinigt  werden, 
täglich  von  einer  eigens  für  das  Milchsterilisieren  augestellten  Wärterin 
nach  dem  völligen  Trocknen  kontrolliert  und  die  nicht  genügenden  an 
den  wolkigen  Stellen  mit  Oelkreide  versehen,  zur  nochmaligen  Reinigung 
in  die  Küche  zurückgeschickt.  Was  die  hygienische  Beschaffenheit  der 
Milch  anlangt,  so  ergab  die  Keimzahlbestimmung  ziemlich  hohe  Werte, 
(270 — 290000  Keime  im  ccm)  und  demgemäß  auch  die  Inkubationszeit- 
bestimmung, welche  nach  dem  von  Soxhlet  angegebenen  und  vom  Ref. 
für  die  Praxis  modifizierten  Verfahren  ausgeführt  wurde,  ungünstige 
Resultate.  Als  recht  bemerkenswert  ist  hier  hervorzuheben,  daß  der 
vom  Ref.  aufgestellte  Satz,  daß  Milch,  die  beim  3-stündigen  Verweilen 
im  Brütofeu  bei  37°  C eine  Zunahme  von  Säure  aufweist,  auf  Kinder 
schädlich  wirkt,  im  vollen  Maße  bestätigt  wurde.  Nach  den  Er- 
fahrungen des  Verf.’s  läßt  sich  aber  dieser  Satz  nicht  umdrehen. 
Wenn  also  eine  Milch  sich,  ohne  an  Säure  zuzunehmen,  3 Stunden 
im  Brütofen  hält,  so  kann  daraus  noch  nicht  geschlossen  werden, 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  527 


daß  diese  nun  auch  unter  allen  Umständen  für  Kinder  unschädlich 
sein  muß.  Es  ist  deshalb  mit  Freuden  zu  begrüßen,  daß  der  Verf. 
ein  Verfahren  in  der  Leipziger  Kinderklinik  eingeführt  hat,  das  auch 
diese  Fehlerquelle  sicher  vermeidet.  Es  werden  von  den  sterilisierten 
Milchflaschen  (60)  zwei,  drei  Tage  im  Brütofen  bei  37°  C gehalten 
und  die  übrigen  58  erst  dann  an  die  Säuglingsstation  abgegeben, 
wenn  die  Milch  in  den  Probeflaschen  sich  während  dieser  Zeit  weder 
im  Geschmack  noch  sonst  wie  verändert  hat.  Sicher  wird  diese 
Methode  Vorzügliches  leisten,  wenn  man  gewiß  ist,  daß  alle  60  Flaschen 
gleichmäßig  gut  gekocht  haben1). 

Nicht  genügend  sterilisierte  Milch  bekommt  nach  einigen  Tagen 
bekanntermaßen  einen  intensiv  bitteren  Geschmack.  Dieser  beruht, 
nach  der  Ansicht  des  Verf.’s,  wahrscheinlich  auf  chemischer  Um- 
setzung ohne  Mitwirkung  der  Bakterien  (durch  Toxine  hervorgerufen, 
die  sich  schon  vor  der  Sterilisation  der  Milch  gebildet  haben).  Verf. 
schließt  dies  daraus,  daß  sich  auf  aeroben  Platten,  die  von  derartiger 
Milch  gegossen  wurden,  meist  keine  oder  nur  wenig  Keime  ent- 
wickelten. Da  aber  anaerobe  Platten,  wie  Ref.  auf  Erkundigung  beim 
Verf.  erfuhr,  nicht  gegossen  wurden,  so  bedarf  dieser  Punkt  noch 
weiterer  Beachtung  in  diesem  Sinne.  Auf  die  weiteren  Versuche  des 
Verf.’s,  welche  sich  auf  Prüfung  der  Reinlichkeit  der  Milch  beim 
Melken  beziehen  und  die  Vergleichung  der  jetzigen  Milchquelle  mit 
der  früheren,  sowie  die  Vorschriften  beim  Verabreichen  der  Milch 
an  die  Säuglinge  kann  hier  näher  nicht  eingegangen  werden. 

Aus  den  Veröffentlichungen  des  Verf.’s  gewinnt  der  Leser  die 
Ueberzeugung,  daß  es  bei  der  nötigen  Aufmerksamkeit  und  dem 
nötigen  Verständnisse  sehr  wohl  gelingt,  auch  in  einer  großen  Anstalt 
Soxhlet’s  Prinzip  streng  durchzuführen,  eine  Tbatsache,  an  deren 
Möglichkeit  leider  noch  von  vielen  Seiten  gezweifelt  wird. 

Plaut  (Leipzig). 


1)  Besonders  müßte  nach  Ansicht  des  Ref.  darauf  geachtet  werden,  daß  das 
sogenannte  Anziehen  der  Gummischeiben  gleichmäßig  gut  erfolgt.  Man  kann  nämlich 
nur  dann  eine  Milch  als  tadellos  (nach  S o x h 1 e t ’scher  Methode)  sterilisiert  betrachten, 
wenn  sie  in  der  Flasche  nach  dem  Herausheben  des  Einsatzes  aus  dem  Kochtopfe  oder 
nach  dem  Abheben  des  Deckels  noch  weiter  kocht.  Alle  Flaschen,  die  direkt  nach  dem 
Herausheben  keinen  aufsteigenden  Schaum  am  Halse  zeigen,  sind,  das  haben  zahlreiche 
Versuche  des  Ref.  erwiesen,  als  nicht  genügend  sterilisiert  zu  betrachten.  Der  Fehler 
liegt  meist  au  den  zu  groß  gewordenen  Gummischeiben.  Solche  Flaschen  ziehen  beim 
Erkalten  auch  noch  leidlich  an,  geben  aber  nicht  die  Erscheinung  des  Lufthammers  so 
deutlich,  wie  die  regelrecht  sterilisierten.  Bei  der  obengenannten  Probe  ist  also  auf  das 
„richtige“  Anziehen  gut  zu  achten,  damit  nicht  trotz  der  günstig  ausgefallenen  Probe 
später  Milch  verbraucht  wird,  welche  sich  nicht  gehalten  hat. 


528 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Abthue  Wübzbubg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 

Morphologie  und  Systematik. 

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Dietel,  P.,  New  Californian  uredineae.  (Erythea.  1893.  p.  247.) 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  u.  s.  w.) 

d’Arsonval  et  Charrin,  Influence  de  l’electricite  sur  la  cellule  microbienne.  (Arch.  de 
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Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

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Hankin,  E.  H.,  An  account  of  bacteriological  observations  in  an  Indian  dairy.  (Brit. 

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Pertik,  0.,  Untersuchungen  über  die  Wirkung  der  Kohlensäure  auf  die  Konservierung 
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Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrankheiten. 

Duplanil,  J.  D.,  Moyens  dont  doivent  user  les  medecins  et  ceux  qui  soignent  les  malades 
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Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötbein,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

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Carstairs,  J.  G.,  The  present  outbreak  of  measles.  (Austral,  med.  Journ.  1893.  p.  348 
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Dubief,  H.,  Sur  le  diagnostic,  le  traitement  et  la  prophylaxie  du  typhus  exanthdmatique. 

(Bullet,  gener.  de  therapeut.  1893.  No.  44,  48.  p.  433 — 450,  541 — 554.) 

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Neue  Litteratur. 


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Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Chantemesse,  A,  L’epidemie  cholerique  de  Constantinople  en  1893.  (Semaine  med. 
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Devaux,  A.,  L’epidemie  de  cholera  de  1893  en  Belgique  et  les  mesures  prises  par  le 
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Hill,  T.  E.,  Enteric  fever  at  Cbester-le-Street.  (Public  Health.  1892/93.  p.  372 — 374.) 
Maafsen,  A , Zur  bakteriologischen  Diagnose  der  asiatischen  Cholera.  Ein  neues  An- 
reicherungsverfahren für  Spirillen  und  Vibrionen.  (Arb.  a.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A. 
1894.  Bd.  IX.  No.  1.  p.  122—126.) 

Benvers,  Die  Cboleraerkrankungen  im  städtischen  Krankenhause  Moabit.  (Dtsche  med. 
Wcbschr.  1894.  No.  3.  p.  52—54.) 

Typhusepidemie,  die,  in  Lemberg  1893.  (Oesterr.  Sanitäts wesen.  1894.  No.  2.  p.  13 
-16.) 

W undinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfaulnis.) 

d’Arsonval  et  Charrin,  Influence  des  agents  atmospheriques,  en  particulier  de  la  lumiere, 
du  froid,  sur  le  bacille  pyocyanogfene.  (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  3.  p.  151 
— 153.) 

Courmont,  J.  et  Doyon,  M.,  Sur  une  nouvelle  conception  pathogenique  du  tetanos,  dite 
theorie  du  ferment  soluble.  (Rev.  de  med.  1894.  No.  1.  p.  76 — 89.) 

Prioleau.  L.,  Puerperalite  et  microbisme  prdexistant.  (Arch.  de  tocol.  1894.  No.  1. 
p.  10—33.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrophulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Bollinger,  0.,  Ueber  die  Identität  der  Perlsucht  der  Rinder  mit  der  menschlichen 
Tuberkulose.  (Münch,  med.  Wchschr.  1894.  No.  5.  p.  85 — 86.) 

Krefting,  B , Extragenitale  Syphilisinfektion.  539  Fälle.  (Arch.  f.  Dermatol,  u. 
Syphilis.  1894.  No.  2.  p.  167  — 186.) 

Guida,  L.,  Sifilide  costituzionale  gravissima  guarita  in  seguito  ad  una  infezione  eresi- 
pelatosa.  (Incurabili,  Napoli  1893.  p.  178,  216.) 

Heron,  G.  A.  and  Chaplin,  T.  H.  A , The  relation  of  dust  in  hospitals  to  tuberculous 
infection.  (Lancet.  1894.  No.  1.  p.  14 — 16.) 

Hassari.  G e Ferroni,  E. , Intorno  ai  supposti  parassiti  del  cancro.  (Riforma  med. 
1893.  pt.  3.  p.  38—41.) 

Nepveu,  Parasites  dans  le  cancer.  (Arch.  de  med.  experim.  1894.  No.  1.  p.  30 — 40.) 
Osler,  W.,  Toxaemia  in  tuberculosis.  (Practitioner.  1894.  Jan.  p.  26  — 30.) 

Queensland.  The  leprosy  Act  of  1892.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894. 
No.  3.  p.  42.) 

Strylzoff,  üebersicht  über  die  venerischen  Krankheiten,  welche  im  Ujazdow’schen  Militär- 
krankenhause 1891  behandelt  sind.  (Med.  sbornik  warshaw.  ujazd.  woyenn.  hosp., 
Warschau  1893.  p.  1 — 29.)  [Russisch.] 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre 
Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Hanot,  V.,  Infection  par  le  streptocoque  au  cours  de  la  grippe.  (Bullet,  et  memoir.  de 
la  soc.  med.  d.  hopit.  de  Paris.  1893.  p.  577 — 588.) 

Laser,  H.,  Ueber  den  Einfluß  der  Citronensäure  auf  den  Diphtheriebacillus.  (Hygien. 
Rundschau.  1894.  No.  3.  p.  102 — 109.) 

Perrenot,  F.,  Relation  d’une  epiddmie  de  grippe  chez  les  enfants.  (Province  med.  1893. 
p.  328,  351.) 

Ponteil,  Etüde  sur  l’influenza.  (Poitou  med.  1893.  p.  123,  169.) 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheüen. 

Haut,  Muskeln,  Knochen. 

Mari&nelli,  A.,  Sul  tricbophyton  tonsurans.  (Sperimentale,  Memor.  orig.  1893.  No.  5/6. 
p.  440—486.) 


530 


Nene  Litteratur. 


Ham-  und  Geschlechtsorgane. 

S&vor.  R. , Zur  Aetiologie  der  akuten  Pyelonephritis.  (Wien.  klin.  Wchschr.  1894. 
No.  4.  p.  57—60.) 

Augen  und  Ohren. 

Sourdille,  G.,  Etüde  clinique,  bacteriologique  et  therapeutique  sur  la  diphterie  ocnlaire. 

(Arch.  d’ophthalmol.  1893.  No.  12.  p.  762 — 775.  1894.  No.  1.  p.  48 — 64.) 

Valnde,  Conjonctivites  k fausses  membranes  et  diphterie  oculaire.  (Semaine  mdd.  1894. 
No.  3.  p.  20—23.) 


C.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestmslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Jackson,  E.  S.,  What  effect  has  the  Filaria  sanguinis  hominis  upon  its  human  host  in 
Queensland?  (Australas.  med.  Gaz.  1893.  p.  260 — 262.)  • 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Milzbrand. 

Proust,  A. , Pustule  maligne  transmise  par  des  peaux  de  chevres  venant  de  Chine. 
Presence  au  milieu  de  ces  peanx  d’un  certain  nombre  de  Dermestes  vulpinus  vivants. 
Existence  dans  leurs  coques  et  leurs  excrements  d’une  quantite  considerable  de  bacte- 
ridies  charbonneuses.  (Bullet,  de  l’acad.  de  med.  1894.  No.  2.  p.  57 — 66.) 

Aktmomykose. 

Ochsner,  A.  J.,  Demonstration  of  actinomyces.  (Chicago  med.  Recorder.  1893.  p.  154 
— 156  ) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thier en. 

Säugethiere. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrankheiten. 

Afrika.  Kap  der  guten  Hoffnung.  Gesetz,  betr.  die  Verhinderung  der  Verbreitung  von 
Tierseuchen.  Vom  12.  September  1892.  (Veröflfentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894. 
No.  4.  p.  56  — 58.) 


Tuberkulose  (Perlsucht). 

Nocard,  La  tuberculose  bovine  k l’ecole  nationale  d’agriculture  de  Grignon.  (Annal. 
d’bygiene  publ.  1894.  Janv.  p.  21 — 27.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

van  Breda  de  Haan,  J.,  Voorloopig  rapport  over  de  bibitziekte  in  de  tabak.  8°.  37  p. 
Batavia  (Kolflf  & Co.)  1893. 

Carleton,  M.  A.,  Studies  in  the  biology  of  the  uredineae.  I.  (Botan.  Gaz.  1893.  p 447.) 
Cavazza,  D.,  Relazione  sul  tema;  ufficio  dei  vitigni  americani  puri  e dei  loro  ibridi 
nella  difesa  antifillosserica  dei  nostri  vigneti.  (Congresso  antifillosserico.)  8°.  22  p. 
Alessandria  (Tip.  Piccone)  1893. 

Dufour,  J.,  Destruction  du  ver  de  la  vigne  (la  Cochylis).  Recherches  sur  l’emploi  des 
insecticides.  Resultats  obtenus  en  1892  dans  la  lutte  contre  ce  parasite.  Extr.  de 
la  Chronique  agricole  du  Cbanton  de  Vaud.  1893.  8°.  48  p.  Lausanne  1894. 
Dussuc,  E , Les  ennemis  de  la  vigne  et  les  moyens  de  les  combattre.  Avec  140  fig. 

18°.  Paris  (Bailliere  et  fils)  1894.  4 fr. 

Fink,  K.,  Die  Mikroorganismen  in  der  Ackerkrume.  (Fühlin  g’s  landwirtschaftl.  Ztg. 
1894.  No.  2.  p.  48—50.) 

Lang,  G. , Das  Auftreten  der  Fichtengespinnstblattwespe,  Lyda  hypotrophica , in  den 
bayerischen  Staatswaldungen  des  Fichtelgebirges  im  Jahre  1893.  (Forstl.  - natur- 
wissensch.  Ztschr.  1894.  No.  1.  p.  18.) 

Mingaud,  G , Les  insectes  nuisibles  k la  vigne,  ou  histoire  abregee  de  ses  principaux 
parasites,  d’aprfes  les  ,, Insectes  de  la  vigne  de  Valery  Mayet“.  8°.  30  p.  (Extrait.) 
Nimes  (Impr.  Guillot)  1893. 


Neue  Litteratur. 


531 


Rapport  du  Conseil  d’Etat  au  Grand  Conseil  sur  la  Situation  phylloxerique  du  vignoble 
vaudois.  (Chronique  agricole  du  Canton  de  Vaud.  1893.  No.  11.  p.  475.) 

Rostrup,  E.,  Oversigt  over  de  i 1892  indlebue  foresporgsler  angaaende  sygdomme  hos 
kulturplanter  samt  meddelelse  om  sygdommenes  optraeden  hos  markens  avlsplanter 
over  hete  landet.  (Sep.-Abdr.)  8°.  20  p.  Kjobeohavn  1893. 

Tonduz,  A.,  Informe  sobre  la  enfermedad  del  cafeto.  8°.  28  p.  San  Jose  de  Costa 

Rica  1893. 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Clarke,  J.  St.  Th.,  Traumatic  tetanus  treated  by  injections  of  tetanus  antitoxine; 
recovery.  (Lancet.  1894.  Vol.  I.  No.  4.  p.  206—207.) 

Gattai,  R.,  Undecimo  caso  di  tetano  curato  e guarito  con  la  antitossina  Tizzoni-Cattani. 
(Riforma  med.  1893.  pt.  3.  p.  2 — 5.) 

Gottlieb,  E , Om  fenol  og  fenolpraeparater.  (Tidsskr.  f.  veterin.  1893  p.  65 — 88.) 

Grancher,  J.  et  Martin,  H , Etüde  sur  la  vaccination  tuberculeuse.  (Rev.  de  la  tuber- 
culose.  1893.  No.  4.  p.  289 — 321.) 

Schum,  0.,  Versuche  mit  Kocbin.  (Annal.  d.  städt.  allg.  Krankenhäuser  zu  München 
1890/92,  München  1894.  p.  257—275.) 

Scott,  J.  A.,  The  micro-chemical  reaction  of  cells  in  their  relation  to  immunity.  (Dublin 
Journ.  of  med.  Science.  1894  Jan.  p.  1 — 11.) 

Tavel,  Beitrag  zur  Serumtherapie  des  Tetanus.  (Krrspdzbl.  f.  schweizer.  Aerzte.  1894. 
No.  4.  p.  106—112.) 

Tizzoni,  G.  u.  Cattani,  J.,  Ueber  den  Einfluß  der  Milz  auf  die  Immunität.  (Dtsche 
med.  Wchschr.  1894.  No.  6 p.  134 — 135.) 

Werigo,  M.,  D6veIoppement  du  charbon  chez  le  lapin  d’aprfes  les  tableaux  microscopi- 
ques  du  foie  et  de  la  rate.  (Annal.  de  l’Institut  Pasteur.  1894.  No.  1.  p.  1 — 53.) 


Inhalt. 

Originalmitteilungen. 

Celli,  A.  u.  Eiocca,  R. , Beiträge  zur 
Amöbenforschung.  (Orig.),  p.  470. 
Kuprianow,  J.,  Zur  Methodik  der  keim- 
freien Gewinnung  des  Blutserums.  (Orig.), 
p.  458. 

SchewiakofF,  W.  , Ein  abnorm  gebauter 
weiblicher  Genitalapparat  von  Ascaris 
lumbricoides  L.  (Orig.),  p.  473. 

Stiles,  C.  W.  , Bemerkungen  über  Para- 
siten. — Ueber  die  Erhaltung  von  Typen. 
(Orig),  p.  477. 

Voges,  0.,  Ueber  die  Verwendung  des 
Usehinsky’schen  Nährbodens  zur  Cholera- 
diagnose. (Orig.),  p.  453. 

Weigmann,  H.  u.  Zirn,  Gg.,  Ueber  „sei- 
fige“ Milch.  (Orig),  p.  463. 

Bakteriologische  und  parasitologische 
Kongresse. 

Podwyssozky,  W. , Parasitologisches  und 
Bakteriologisches  vom  V.  Pirogow’schen 
Kongresse  der  russischen  Aerzte  zu  St. 
Petersburg,  27.  Dezember  1893  bis 
3.  Januar  1894.  (Orig.),  p.  480. 

Banilewsky,  W.,  Ueber  die  Hämatozoen 
bei  Tieren,  welche  analog  den  Malaria- 


Hämatozoen  beim  Menschen  sind, 
p.  480. 

Podwyssozky , W. , Entwickelungsge- 
schichte des  Coceidium  oviforme  im 
Zusammenhänge  mit  der  Lehre  von 
den  Krebsparasiten,  p.  481. 
Sawtschenko,  J , Weitere  Untersuchun- 
gen über  die  Krebsparasiten  (zur  Ent- 
wickelungsgeschichte derselben),  p.  485. 
Miller,  W. , Ueber  die  Krebsparasiten 
bei  Carcinoma  Uteri,  p.  487. 

Referate. 

Arribat,  Marius,  Des  associations  micro- 
biennes  de  la  tuberculose,  p.  491. 

Bärlund,  A , 2 fall  af  medfödd  tuberkulös. 
[Zwei  Fälle  von  angeborener  Tuberku- 
lose], p.  498. 

Bollinger,  0.,  Ueber  die  Infektiosität  des 
Blutes  tuberkulöser  Rinder,  p.  499. 

— — , Ueber  die  Identität  der  Perlsucht 
der  Kinder  mit  der  menschlichen  Tuber- 
kulose, p.  500. 

Dixon,  Involution  form  of  the  Tubercle 
Bacillus  and  the  effect  of  subcutaneous 
injections  of  organic  substances  on  in- 
fiammations,  p.  492. 

Ducamp,  Les  tuberculoses  atypiques,  p.  497. 


532 


Inhalt. 


Gibney,  P.,  Final  results  in  tubercular 
ostitis  of  the  knee  in  children  — com- 
monly  known  as  „white  swelling“,  p.  496. 

Gockel,  Matbiea.  Zar  Aetiologie  des  Lei- 
chentuberkels, p.  500. 

Hallopeau,  Des  treves  dans  les  manifesta- 
tions  cutanees  de  la  tuberculose,  p.  494. 

Kotlar,  Ueber  Herztbrombentuberkulose, 
p.  498. 

Kruse,  Ueber  das  Vorkommen  der  sogen. 
Hühnertuberkulose  heim  Menschen  und 
bei  Säugetieren,  p.  501. 

Kuprianow,  J , Beiträge  zur  Biologie  der 
Vibrionen,  p.  489. 

Leloir,  Lupus  et  anthrax.  Revue  des  cours 
et  des  cliuiques,  p.  499. 

Lindau.  G.,  Der  Epheukrebs,  p.  506. 

Malevot,  De  la  tuberculose  de  la  verge, 
p.  495. 

Ortner , N. , Die  Lungentuberkulose  als 
Miscbinfektion,  p.  490. 

Plancard,  Antonin,  Des  pseudotuberculoses 
microbienues,  p.  501. 

Prudden,  Mitchell,  A study  on  the  aetio- 
logy  of  exudative  Pleuritis,  p.  502. 

Sadebeck.  B.,  Die  parasitischen  Exoasceen, 
p.  503. 

Sanfelice,  Untersuchungen  über  anaerobe 
Mikroorganismen,  p.  488. 

Schlenker , Beiträge  zur  Lehre  von  der 
menschlichen  Tuberkulose.  Ueber  Tu- 
berkulose als  Ursache  pleuritischer  Ad- 
häsionen, p.  493. 

, Beiträge  zur  Lehre  von  der  mensch- 
lichen Tuberkulose.  Ueber  die  Häufig- 
keit tuberkulöser  Veränderungen  in 
menschlichen  Leichen,  p.  493. 

Schönwerth,  Abhängigkeit  der  erfolgreichen 
Infektion  mit  Hühnercholera  von  der 
Anzahl  der  dem  Tiere  einverleibten  Ba- 
cillen, sowohl  bei  intramuskulärer  In» 
jektion,  als  bei  Fütterung,  p.  503. 

Tassinari,  Ricerche  sull'  aria  di  una  fabrica 
di  tessuti  rispetto  al  contenuto  in  micro- 
organismi  ed  osservazioni  sul  numero 
loro  in  rapporto  alle  condizioni  dell'  aria 
ambiente  con  speciale  riguardo  al  bacillo 
della  tuberculosi,  492. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Dräer,  Arthur,  Ueber  den  Wert  des 
Duncker’schen  Dampffeuchtigkeitsmes- 
sers, p.  508. 

Sclavo,  Della  conservazione  dei  virus  in 
glicerina,  p.  507. 

— — , Di  un  nuovo  apparechio  per  la 
presa  dell’  acqua  a profonditä,  p.  507. 

, Di  un  rapido  processo  per  le  colo- 

razione  della  ciglia  di  alcuni  Microorga- 
nismi,  p.  507. 


Weigmann,  Die  Methoden  der  Milchkon- 
servierung, speziell  das  Pasteurisieren 
und  Sterilisieren  der  Milch,  p.  509. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung  etc. 

Adossides,  Alex.,  Ueber  den  heutigen  Stand 
der  Therapie  der  Peritonitis  tuberculosa, 
p.  523. 

Büchner,  H.,  Ueber  den  Einfluß  der  Neu- 
tralsalze auf  Serumalexine,  Euzyme,  Tox- 
albumine,  Blutkörperchen  und  Milzbrand- 
sporen, p.  514. 

— , Ueber  den  Einfluß  des  Lichtes  auf 
Bakterien  und  über  die  Selbstreinigung 
der  Flüsse,  p.  515. 

, Beruht  die  Wirkung  des  Behring’schen 

Heilserums  auf  Giftzerstörung?,  p.  517. 

Carstens,  Andr.,  Ueber  Fehlerquellen  bei 
der  Ernährung  der  Säuglinge  mit  steri- 
lisierter Milch,  p.  526. 

Dixon.  Possibility  of  establishing  tolerance 
for  the  Tubercle  Bacillus,  p.  521. 

▼.  Esmarch,  E , Ueber  Sonnendesinfektion, 
p.  510. 

Fraenkel,  C.  und  Sobernheim,  Versuche 
über  das  Zustandekommen  der  künst- 
lichen Immunität,  p.  511. 

de  Grazia,  F.  e Casaretti,  V.,  I derivati 
del  creosoto  nella  cura  della  tisi  polmo- 
nare  (Benzoilguaiacolo,  carbonato  di 
guaiacolo,  acido  guaiacol-carbonico,  car- 
bonato di  creosoto,  p.  522. 

Gruher , M. , Ueber  die  Löslichkeit  der 
Kresole  in  Wasser  und  über  die  Ver- 
wendung ihrer  wässerigen  Lösungen  zur 
Desinfektion,  p.  525. 

Laser,  Hugo,  Ueber  den  Einfluß  der  Ci- 
tronensäure  auf  den  Diphtheriebacillus, 
p.  524. 

Richter,  P.,  Ueber  neuere  Behandlungs- 
methoden der  Tuberkulose  vom  patho- 
logisch-anatomischen Standpunkte,  p.  521. 

Rummo,  G.,  Sulla  immunitä  alle  infezioni 
per  assuefazione  farmacologica.  (Mitri- 
datismo.)  Stricnina  e tetano,  p.  513. 

Scholl,  H , Bakteriologische  und  chemische 
Studien  über  das  Hühnereiweiß,  p.  511. 

Schütz,  Zur  Behandlung  des  Lupus  vulga- 
ris, p 522. 

Secchi,  T.,  Di  un  caso  di  lupus  eritema- 
toso  guarito  con  le  injezioni  ipodermiche 
di  tubercolina  Koch,  p.  522. 

Vaughan,  V.  C. , The  principles  of  im- 
munity  and  eure  in  the  infections  di- 
seases, p.  518. 

Vaughan,  V.  C.  and  Mc  Clintock,  C.  T., 
The  nature  of  the  germicidal  consti- 
tuents  of  blood  serum,  p.  520. 

Neue  Litteratur,  p.  528. 


tvromzuann8Cbe  üuchdruckerel  (Hermann  ir*oiile)  iu  Jeu*. 


Bakteriologie  und  Parasiteukunde. 


In  Verbindung  mit 

Oeb.  Holt.  Prof.  Dr,  IMart  m Professor  Dr.  Loeffler 

ln  Leipzig  In  Greifswald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  Uhlworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XY.  Band.  -o-  Jena,  den  17.  April  1894.  -o-  No.  15. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten.  -ff— 


Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Eischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 

Ueber  die  Beziehungen  der  Bakteriologie  zur  allgemeinen 
Mykologie  und  Physiologie x). 

Von 

Dr.  C.  Wehmer, 

Privatdozenten  an  der  Technischen  Hochschule  zu  Hannover. 

Allgemein  bekannt  ist  es,  daß  unter  den  phanerogamen  Pflanzen 
sich  manche  vor  den  übrigen  durch  Besonderheiten  im  Stoffwechsel 

1)  Im  Hinblick  auf  die  gelegentlich  hervortretende  Unterschätzung,  wie  sie  den 
sogen.  „Schimmelpilzen“  und  ihrem  Stoffwechsel  zu  teil  wird,  glaube  ich  die  Ver- 
öflentlichung  obigen  wesentlich  Neues  nicht  bringenden  Aufsatzes  gerechtfertigt.  Zu 
den  kürzlich  von  Frankland  gegebenen  Ausführungen  (diese  Zeitschr.  1894.  No.  4) 
stehe  ich  in  einigen  Punkten  in  Gegensatz  und  versuche  den  Gegenstand  von  einem 
etwas  allgemeineren  Standpunkte  zu  behandeln,  da  ein  Studium  der  Form-  und  Wesens- 
XV.  Bd.  34 


534 


C.  Wehmer, 


auszeichnen  und  physiologisch  nur  bedingte  Aehnlichkeit  mit  ihnen 
systematisch  sehr  nahestehenden  Species  aufweisen.  So  sei  hier  nur 
an  die  farblosen  parasitischen  Blütenpflanzen  (Cuscuteen,  Rafflesia- 
ceen)  und  andererseits  an  die  specifische  Giftstoffe  produzierenden 
Gewächse  (Solaneen,  Strychneen  u.  a.)  erinnert:  Jenen  mangelt  die 
den  meisten  „höheren“  Pflanzen  zukommende  Fähigkeit  der  Pro- 
duktion kohlenstoffhaltiger  Verbindungen  aus  dem  Endprodukte  (C02), 
diese  dagegen  liefern  bei  dem  Umsätze  derartiger  Verbindungen 
Zwischenprodukte  ganz  eigenartiger  Natur  und  Wirkung.  Greifen 
wir  noch  ein  weiteres  aus  der  Fülle  der  Thatsachen  heraus,  so  sehen 
wir  gegenüber  den  besondere  Alkaloide  produzierenden  Gewächsen 
solche,  die  durch  die  bemerkenswerte  Fähigkeit  der  reichlichen  Bil- 
dung und  Anhäufung  freier  organischer  Säuren  (Weinsäure,  Aepfel- 
säure,  Oxalsäure,  Citronensäure)  ausgezeichnet  sind,  ohne  daß  auch 
diese  allen  Species  desselben  Verwandtschaftskreises  gleichmäßig  zu- 
kommt. 

Die  nach  morphologischen  und  entwickelungsgeschichtlichen  Mo- 
menten vorgehende  systematische  Gruppierung  umfaßt  somit  bei  dem 
oft  verschiedenartigen  „Wesen“  der  zu  einem  Verwandtschaftskreise 
zusammengezogenen  Formen  keineswegs  immer  physiologisch  ähnliche 
Species  und  die  gelegentlich  sich  findende  Auffassung,  der  zufolge 
größere  systematische  Gruppen  auch  durch  Besonderheiten  des  Stoff- 
wechsels streng  geschieden  sind,  wird  durch  die  Thatsachen  hin- 
reichend widerlegt. 

Jene  soeben  hervorgehobenen  Differenzen  sehen  wir  nun  in  gleicher 
Weise  bei  den  chlorophyllfreien  K r y p t o g a m e n wiederkehren,  deren 
Ernährungsmodus  überhaupt  kein  von  dem  der  Phanerogamen  funda- 
mental verschiedener  ist,  solange  wir  wenigstens  Ausnahmefälle  nicht 
zu  Gruppenkennzeichen  generalisieren.  Es  ist  ja  zur  Genüge  bekannt, 
daß  nur  gewisse  Bakterien  Gärungs-,  Krankheits-  oder  Fäulnis- 
erreger sind  — also  bald  organische  Säuren  bestimmter  Qualität, 
bald  giftige,  stickstoffhaltige  Zersetzungsprodukte  u.  s.  w.  erzeugen, 
während  die  größere  Zahl  derselben  ebensowenig  durch  besondere 
biologische  oder  physiologische  Eigentümlichkeiten  ausgezeichnet  ist, 
wie  die  Mehrzahl  der  Phanerogamen.  Wir  haben  somit  in  derartigen 
Merkmalen  kein  Charakteristikum  der  gesamten  Gruppe  zu  suchen 
und  müssen  das  um  so  mehr  betonen,  als  wir  ganz  gleiches  auch  im 
Gebiete  der  gemeinhin  als  „Schimmelpilze“  bezeichneten  Organismen 
wiederfinden. 

Von  vornherein  dürfen  wir  hier  der  Anschauung  entgegentreten, 
welche  in  den  sogenannten  Gärungs  Vorgängen  dem  Wesen  nach  etwas 
für  die  niederen  Pflanzen  — und  speziell  die  Spalt-  und  Sproßpilze  — 
ganz  Charakteristisches  sieht;  hiervon  weiß  die  Physiologie,  welche 
die  Erscheinungen  im  Gesamtgebiete  der  Botanik  zu  erklären  strebt, 
nichts* 1).  Die  farblose  Zelle  des  Fruchtfleisches  von  Citrus,  die  in 


kenutnis  der  Bakterien  — ohne  sich  der  Gefahr  einer  gewissen  Einseitigkeit  und  ihrer 
notwendigen  Nachteile  auszusetzen  — kaum  auf  eine  Berücksichtigung  verwandter 
Gebiete  (also  auch  botanisch-physiologischer  Fragen)  verzichten  darf. 

1)  Demgemäß  läßt  auch  Pfeffer  in  den  Gärungsorganismen  eine  der  Anlage  nach 
in  allen  höheren  Pflanzen  vorhandene  Fähigkeit  in  weitgehender  Weise  ausgebildet  sein 


Ueber  die  Beziehungen  der  Bakteriologie  zur  allgemeinen  Mykologie  etc.  535 


ihrem  Saftraume  freie  Citronensäure  bis  zu  mehreren  Prozenten  an- 
häuft, diejenige  des  Rhizoms  von  Sempervivum,  welche  3 — 4 Proz. 
Aepfelsäure  ansammelt,  die  Alkohol  bildende  Zelle  mancher  Früchte 
u.  a.  stehen  nicht  anders  da,  als  die  gleichfalls  mit  der  erstgenannten 
Fähigkeit  begabte  Zelle  der  Hyphe  von  Citromyces  Pfefferia- 
nus  oder  jene  des  Bacterium  acidi  lactici  bez.  der  Saccha- 
romyceten,  welche  den  Zucker  in  Milchsäure  bez.  in  Alkohol  um- 
bildet. In  allen  Fällen  entstammt  das  Produkt,  gleichviel  welcher 
Art,  der  Umformung  des  in  die  Zelle  eingeführten  organischen  Nähr- 
stoffes, denn  es  braucht  wohl  kaum  darauf  hingewiesen  zu  werden, 
daß  das  den  grünen  Gewächsen  eigentümliche  Vermögen  der  Synthese 
kohlenstoffhaltigen  Materials  aus  der  atmosphärischen  Kohlensäure 
ausschließlich  den  chlorophyllführenden  Gliedern  des  Zellen- 
staates einer  derartigen  Pflanze  zukommt,  alle  farblosen  Zellen 
ernährungsphysiologisch  aber  nicht  anders  gestellt  sind  als  die 
unserer  Pilze  oder  Bakterien.  Ein  Unterschied  bei  jenen  jeweilig  an 
sich  gleichen  chemischen  Vorgängen  besteht  zunächst  nur  in  dem 
verschiedenen  Umfange  derselben,  der  zum  guten  Teile  aber  in  den 
besonderen  Bedingungen  begründet  ist,  denn  es  liegt  auf  der  Hand, 
daß  zunächst  das  Maß  der  Ansammlung  des  rasch  exosmierenden 
Produktes  von  der  Möglichkeit  einer  solchen  abhängig  ist,  diese 
aber  nur  in  Berührung  mit  erheblichen  Flüssigkeitsmengen  realisiert 
wird.  Es  trifft  das  für  die  auf  oder  in  großen  Voluminis  flüssiger 
Medien  kultivierten  Pilzzellen,  nicht  aber  für  die  Phanerogamenzelle 
welche  sämtliche  derartige  Produkte  nur  in  einem  engen  Saftraume 
speichern  kann,  zu  x). 

Von  einer  näheren  Erörterung  der  verschiedenen  Versuche,  Vor- 
gänge dieser  Art  durch  Hypothesen  verständlich  zu  machen,  dürfen 
wir  hier  wohl,  und  zwar  mit  Recht,  absehen;  an  den  Thatsachen  selbst 
ändern  sie  nichts  und  nur  die  in  dem  Gärungsbegriffe  bereits  liegende 
Beschränkung  („durch  niedere  Organismen  bewirkte  umfangreiche 
Stoffzertrümmerungen“  u.  s.  w.)  rechtfertigt  sein  Bestehen,  wenn 
schon  wir  die  zu  denselben  Produkten  führenden  Stoffumsetzungen 
innerhalb  der  Phanerogamenzelle  sehr  wohl  mit  dem  gleichen 
Namen  belegen  können.  Hier  registrieren  wir  dieselben  in  ihrer  Ge- 
samtheit einstweilen  kurzer  Hand  als  Phasen  des  Stoffwechsels  oder 
auch  wohl  als  Aeußerungen  der  intramolekularen  Atmung;  sie  sind 
aber  in  gleicher  Weise  physiologische  Leistungen  der  betreffenden 
Zellen,  wie  die  gewöhnlich  unter  Kohlensäureentbindung  vor  sich 
gehende  Bildung  der  gleichen  chemischen  Verbindungen  (Säuren, 
Alkohole,  Basen  u.  s.  w.)  durch  Pilze  verschiedener  Art. 

Die  heutige  Bakteriologie,  welche  durch  intensive  Arbeiten  der 
letzten  Jahre  zu  einem  umfangreichen  Spezialgebiete  geworden,  wird 

(Pflanzenphysiologie.  Bd.  I.  p.  365).  Im  ganzen  erscheinen  mir  jedoch  für  das  Maß  der 
Aeußerung  jener  Fähigkeit  mehr  die  eigenartigen  Umstände  (Vegetation  isolierter  Zellen 
in  flüssigen  Medien)  entscheidend,  wie  ja  auch  hei  Phanerogamen  derartige  Prozesse 
gerade  in  sehr  saftreichen  Organen  (Früchte)  verlaufen. 

1)  Da  die  fortschreitende  Ansammlung  eines  nachteiligen  Stoffwechselproduktes  seine 
Entstehung  selbst  inhibiert,  so  bestimmt  allein  das  Volumen  seine  absolute  Menge. 
Quantitative  Belege  für  diese  bekannte  Thatsache  gab  ich  neuerdiugs  für  die  Oxalsäure 
(s.  unten). 


34 


536  • 


C.  Wehmet, 


nur  mit  Nachteil  ihre  Beziehungen  zu  der  Botanik  als  Mutterwissen- 
scbaft  und  speziell  zu  deren  Physiologie  lockern  können,  sie  bedarf 
nicht  nur  der  Unterstützung  von  seiten  rein  chemischer  Forschung, 
sondern  insbesondere  auch  der  Fühlung  mit  den  Ergebnissen  und 
den  Anschauungen,  welche  botanisch-physiologische  Untersuchungen 
zu  Tage  fördern.  Ein  Hinweis  hierauf  erschiene  überall  überflüssig, 
wenn  er  nicht  für  einige  Fälle  angebracht  wäre,  denn  thatsächlich 
sind  ja  die  Bakterien  nicht  Organismen  sui  generis,  sondern  — trotz 
der  Morphologen  — den  anderen  niederen  Kryptogamen  ihrem  Wesen 
nach  sehr  nahestehend,  so  daß  eine  Berücksichtigung  dieser  somit 
auch  insbesondere  ein  Verständnis  ihres  Stoffwechsels  erleichtert. 

Wie  das  Leben  selbst,  so  bilden  auch  die  chemischen  Vorgänge 
als  der  nächste  Ausdruck  desselben  das  allgemein  verbindende  Glied 
zwischen  den  verschiedenen  Zweigen  der  biologischen  Forschung, 
und  wie  einerseits  die  Untersuchung  solcher  bei  Bakterien  für  das 
Gesamtgebiet  unstreitig  von  hohem  Interesse,  so  tragen  andererseits 
hier  gewonnene  Erkenntnisse  wesentlich  zu  einer  sachgemäßen  Be- 
urteilung jener  bei. 

Im  ganzen  will  es  uns  jedoch  bedünken,  als  ob  wir  uns  in  einer 
Zeit  befinden,  in  der  die  unablässig  weiterarbeitende  und  weiter- 
strebende Bakteriologie  ihr  Schwestergebiet  — oder  wohl  richtiger 
ihre  Mutter  — , die  mykologische  Forschung,  erheblich  überflügelt 
hat  und  ihr  dem  zufolge  auch  wohl  nicht  immer  ganz  gerecht  wird. 
Dem  gegenüber  ist  aber  die  Notwendigkeit  eines  engeren  Zusammen- 
schlusses dieser  beiden  zu  betonen  und  auf  das  Wünschenswerte 
einer  Stellung  der  Bakterien  innerhalb  des  Bereiches  und  nicht 
neben  den  „Pilzen“  hinzuweisen,  wie  solche  äußerlich  in  unseren 
größeren  systematischen  Werken  (Schröter,  Winter,  Saccardo) 
übrigens  auch  eingehalten  wird,  so  daß  wir  hier  durchweg  die  be- 
kannte Dreiteilung  in  Schleim-,  Spalt-  und  echte  Pilze  (Myxomyceten, 
Bakterien,  Eumyceten)  finden.  Lassen  wir  die  ersteren  einmal  ganz 
bei  Seite  und  beschäftigen  uns  kurz  mit  der  Stellung  der  beiden 
letzteren  zu  einander,  so  laufen  die  Differenzen  im  wesentlichen  auf 
Besonderheiten  des  Vegetationskörpers  und  der  Art  seines  Wachs- 
tums, sowie  der  Vermehrung  hinaus,  ohne  natürlich  streng  durch- 
greifende zu  sein,  denn  wo  immer  der  Mensch  Grenzlinien  zieht, 
werden  solche  künstliche  sein.  Es  ist  weder  ersterer  bei  den 
Eumyceten  stets  als  „Hyphe“  entwickelt,  noch  ist  derselbe  bei  den 
Spaltpilzen  stets  streng  einzellig,  wie  ja  andererseits  auch  die 
vegetative  Zelle  der  Fadenpilze  physiologisch  oft  selbständig  ist. 
Intercalares  Wachstum  weisen  — wie  es  scheint  — die  sub- 
mersen  Fäden  der  letzteren  mehrfach  auf,  und  bei  der  Faden- 
entwickelung gewisser  Spaltpilze  dürfte  auch  Spitzenwachstum 
mit  in  Frage  kommen,  welches  den  Sproßpilzen  wiederum  fehlt.  Es 
fragt  sich  überhaupt  noch,  inwieweit  auf  diese  Charaktere  besondere 
Eigentümlichkeiten  in  der  Lebensweise  von  Einfluß  sein  können.  Die 
Ei n zelligkeit  an  sich  kann  schon  gegenüber  den  Hefepilzen  nicht 
sehr  ins  Gewicht  fallen,  wichtiger  wäre  vielleicht  der  Vermehrungs- 
modus durch  fortgesetzte  Zweiteilung  und  die  meist  sehr  win- 
zigen, wenige  u nicht  überschreitenden  Dimensionen.  Uebrigens 


üeber  die  Beziehungen  der  Bakteriologie  zur  allgemeinen  Mykologie  etc.  537 


dürfen  wir  nicht  übersehen,  daß  die  Aufnahme  der  Saccharomyceten 
unter  die  „Mycelpilze“  auf  Grund  deren  Sporenbildung  eine 
Inkonsequenz  einschließt  und  noch  weniger  gerechtfertigt  ist  als  die 
der  niederen  Chytridiaceen.  Wollen  wir  derartige,  oft  sehr  unregel- 
mäßige endogene  Sporenbildungsvorgänge  (in  Ascis)  als  wichtiges 
systematisches  Merkmal  und  durchgreifendes  Unterscheidungsprinzip 
festhalten,  so  gelangen  wir  wohl  kaum  stets  zu  befriedigenden  Er- 
gebnissen und  müßten  gegebenenfalls  selbst  einen  Spaltpilz  unter  die 
Ascomyceten  aufnehmen.  Von  einem  typischen  Mycel  bei  Saccharo- 
myceten kann  aber  nach  den  bisher  vorliegenden  Abbildungen  kaum 
die  Rede  sein,  andernfalls  müßte  man  auch  Fadenbildungen  mancher 
Bakterien  als  solches  ansprechen. 

Es  ist  nun  ein  mehrfach  wiederkehrender  und  zu  Mißverständ- 
nissen Veranlassung  gebender  Uebelstand,  daß  einige  Bakteriologen 
und  Gärungsphysiologen  sich  mit  den  gesamten  Eumyceten,  deren 
Zahl  die  der  gut  bekannten  Spaltpilze  um  mehr  als  das  Hundertfache 
übertrifft,  kurzerhand  als  mit  „Schimmelpilzen“  abfindet,  obschon 
weder  eine  derartige  systematische  Gruppe  existiert,  noch  der 
Ausdruck  überhaupt  zutreffend  ist.  Allerdings  bedient  man  sich 
vielfach  dieser  Bezeichnung  auch  in  botanischen  Kreisen,  versteht 
dann  aber  darunter  nur  ge  wisse  Pilzformen,  die  durch  die  Art  der 
Ausbreitung  auf  dem  Substrat  jene  bekannten  fädig-wolligen  (schimmel- 
artigen) Ueberzüge  hervorrufen,  im  übrigen  aber  ganz  verschiedenen 
systematischen  Abteilungen  angehören  (Mucorineen,  Peronosporeen, 
Aspergilleen).  Keineswegs  ist  dies  aber  ein  Kennzeichen  der  meisten, 
geschweige  denn  aller  Eumyceten,  denn  Uredineen,  Ustilagineen, 
Oomyceten,  Basidiomyceten  und  Ascomyceten  sind  doch  im  ganzen 
mit  einer  derartigen  Bezeichnung  höchst  unzutreffend  charakterisiert, 
und  niemand  wird  wohl  den  Getreiderost  (Uredo),  die  Trüffel  oder 
den  FJiegenschwamm  im  Ernst  und  mit  Recht  als  „Schimmelpilz“ 
bezeichnen  oder  gar  mit  dieser  Benennung  treffend  charakterisieren. 
Die  Benennung  ist  aber  trotzdem  ebenso  häufig  wie  verbreitet  und 
jedenfalls  besser  durch  den  Ausdruck  „Fadenpilze“1)  zu  ersetzen, 
von  denen  dann  die  hefeartigen  Formen  als  Sproßpilze  aus- 
zuschließen sind;  diese  Bezeichnungsweise  wird  wenigstens  dem 
Dinge  in  einer  Beziehung  gerecht. 

Für  uns  hat  hier  nur  der  Stoffwechsel  dieser  Gruppe  Inter- 
esse, einmal  um  darauf  aufmerksam  zu  machen,  daß  wir  über  den- 
selben keineswegs  noch  so  unorientiert  sind,  wie  die  Sache  bisweilen 
dargestellt  wird,  dann  aber  auch,  um  zu  zeigen,  wie  sich  hier  die- 
selben Erscheinungen  wiederholen,  die  wir  teilweise  von  Phanero- 
gamen  wie  Bakterien  bereits  kennen.  Es  ist  aber  sicher,  daß  wir 
hier  noch  vor  einem  Gebiete  stehen,  dessen  Studium  bisher  über 
Gebühr  vernachlässigt  wurde,  obschon  es  als  von  höchstem  Interesse 
bezeichnet  werden  darf.  Stoffwechselfragen  allgemeinerer  Bedeutung 
sind  überhaupt  mit  weit  mehr  Sicherheit  und  Erfolg  innerhalb 
dieser  reichhaltigen  Gruppe  mit  gut  charakterisierten  Formen 
durchzuführen,  als  bei  den  Spaltpilzen,  wo  nur  geschulte  Forscher 


1)  Der  sich  dann  allerdings  nicht  mit  „Hyphomyceten“  decken  würde. 


538 


C.  Wehmet, 


vor  mancherlei  naheliegenden  Täuschungen  sicher  sind  und  nicht 
wenige  der  bisher  vorliegenden  Resultate  sich  auf  unreine  Kulturen 
beziehen.  Im  übrigen  liegen  aber,  wie  bereits  oben  angedeutet, 
durchgreifende  fundamentale  Differenzen  in  dieser  Hinsicht  nicht  vor, 
und  wir  dürfen,  ohne  uns  dem  Vorwurfe  des  Optimismus  oder  einer 
nicht  sachgemäßen  Beurteilung  auszusetzen,  hier  mit  einigem  Rechte 
auch  fast  alle  jene  Besonderheiten  erwarten,  durch  die  manche  Bak- 
terien ausgezeichnet  sind. 

Dem  entspricht  denn  auch,  was  wir  zur  Zeit  bereits  über  die 
physiologischen  Leistungen  der  Angehörigen  dieser  Gruppe  wissen. 
Sehen  wir  von  der  Produktion  verschiedenartiger  Fermente  (diasta- 
tische,  invertierende,  peptonisierende,  emulgierende,  celluloselösende)  — 
von  denen  das  einer  allgemeiner  bekannten  Art  selbst  in  großem 
Maßstabe  zu  Verzuckerungsprozessen  verwendet  wird  x)  — ganz  ab, 
so  sind  manche  dieser  Fadenpilze  in  gleichem  Sinne  Gärungs- 
erreger1 2) wie  gewisse  Bakterien  oder  Saccharomyceten , trotz 
der  sich  noch  gelegentlich  findenden  veralteten  Angabe,  derzufolge 
sie  das  Substrat  nur  zu  Kohlensäure  und  Wasser  verbrennen  sollen 3) ; 

— eine  Eigenschaft,  die  natürlich  für  die  meisten  Formen  beider 
systematischen  Gruppen  gleichmäßig  zutrifft,  und  nichts  für  die 
eine  derselben  charakteristisches  betont.  So  wenig  experimentelle 
Untersuchungen  — deren  Fehlen  zum  guten  Teil  der  wenig  ver- 
breiteten Formenkenntnis  dieser  umfangreicheu  Gruppe  entspringt 

— bisher  auch  nach  dieser  Richtung  erst  vorliegen,  so  wissen  wir 
doch  bereits,  daß  eine  Anzahl  derselben  in  Zuckerlösung  bei  sub- 
merser  Vegetation  — also  unter  den  gleichen  Wachstumsbedin- 
gungen wie  Spalt-  und  Sproßpilze  kultiviert  — (Mucorineen,  Ustila- 
gineen  u.  a.)  A lko  holgär  ung4)  erregt5).  Andere  wieder  rufen 
auf  dem  gleichen  Substrat  eine  lebhafte  Oxalsäure-6)  und 
Citronensäuregärung7)  hervor,  sodaß  die  Mengen  der  er- 
zeugten Säuren  50— 100  °/0  des  angewandten  Zuckers  betragen  können. 
Die  näheren  Bedingungen  entsprechen  ganz  denjenigen  bei  der  durch 
Spaltpilze  veranlaßten  Essiggärung  sowie  mancher  Milchsäuregärungen 


1)  Aspergillus  Oryzae  wird  für  die  Reiswein-Gewinnung  in  Japan  seit  Jahr- 
hunderten fortgezüchtet. 

2)  F.  Cohn,  der  hierauf  bereits  früher  hinwies,  faßt  jedenfalls  den  Gärungs- 
begriff  allzuweit,  wenn  er  auch  die  durch  ausgeschiedene  Fermente  bewirkten  Stoff- 
umwandlungen (Verzuckerung)  hierher  rechnet.  (S.  B.  d.  Schles.  Ges.  f.  vaterl.  Kult. 
Bd.  LXI.  1883.  p.  226.) 

3)  cf.  u.  a.  Frankland  1.  c.  p.  105;  desgl.  Reinitzer,  welcher  glaubt,  daß 
ähnliche  Beobachtungen  für  die  höheren  Pilze  und  übrigen  Pflanzen  noch  nicht  ge- 
macht sind  (Ber.  d.  D.  Bot.  Gesellsch.  1893.  p.  532).  Von  der  neueren  Litteratur 
ganz  abgesehen,  ist  solches  schon  aus  Pfeffer,  Pflanzenphysiologie.  I.  p.  365  zu 
entnehmen. 

4)  Nach  den  Arbeiten  von  Brefeld,  Gayon  u.  A. 

5)  In  Medien  anderer  Zusammensetzung  werden  so  voraussichtlich  auch  andere 
Produkte  auftreten,  doch  ist  der  Nachweis  hierfür  bisher  noch  nicht  einmal  versucht 
worden. 

6)  So  insbesondere  Aspergillus  niger  van  Tiegh.  (Vergl.  C.  Wehmer, 
Entstehung  und  physiologische  Bedeutung  der  Oxalsäure  i.  Stoffwechsel  einiger  Pilze 
in  Bot.  Zeitg.  1891.) 

7)  C.  Wehmer,  Zwei  neue  Schimmelpilze  als  Erreger  einer  Citronensäure- 
Gärung.  (,, Beiträge  z.  Kenntn.  einheimischer  Pilze“.  I.  1893.) 


üeber  die  Beziehungen  der  Bakteriologie  zur  allgemeinen  Mykologie  etc.  539 


und  die  Vorgänge  selbst  sind  nach  Bedingung  und  Verlauf  über- 
haupt nicht  wesentlich  anderer  Art.  Weiterhin  werden  auch  Eiweiß- 
stoffe von  diesen  Organismen  unter  reichlicher  Produktion  von  Am- 
moniakverbindungen oder  Derivaten  zersetzt *),  und  es  ist  zur  Genüge 
bekannt,  daß  der  Stoffwechsel  mehrerer  Arten  (Agaricineen,  Claviceps 
u.  a.)  reichlich  toxische  Substanzen  (stickstoffhaltige  Basen)  liefert, 
die  an  Wirkung  denjenigen  gewisser  Phanerogamen  (Strychneen,  So- 
laneen)  und  Bakterien  nicht  nachstehen.  In  Verfolg  der  weiteren 
Erforschung  derartiger  Prozesse  eröffnet  sich  dem  experimentellen 
Mykologen  ein  Gebiet,  welches  voraussichtlich  noch  manche  wert- 
vollen Erkenntnisse  birgt,  denn  bisher  ist  die  Zahl  der  methodisch 
in  Kulturen  bearbeiteten  Arten  eine  gänzlich  verschwindende,  ob- 
schon für  alle  die  Möglichkeit  einer  derartigen  künstlich  herbei- 
geführten Vegetation  offen  zu  halten  ist. 

Aber  auch  eine  Reihe  speziellerer  Fragen  von  allgemeinem 
Interesse,  deren  Lösung  dem  Bakteriologen  teilweise  noch  am  Herzen 
liegt,  hat  die  physiologisch-mykologische  Forschung  bereits  beant- 
wortet, und  wir  wissen  hier  mehrfach  von  den  „Schimmelpilzen“ 
thatsächlich  mehr  als  von  den  Spaltpilzen.  Hier  sei  nur  die  eine 
Frage  nach  den  Beziehungen  zwischen  spezifischer  Natur,  Substrat 
und  Stoffwechselprodukt  gestreift1  2). 

Wie  verschiedene  Organismen  auf  gleichem  Substrate  quali- 
tativ verschiedene  Nebenprodukte  bilden  können,  aber  keineswegs 
stets  bilden  müssen,  so  vermag  gleiches  derselbe  Organismus 
auf  chemisch  von  einander  verschiedenen  Substraten,  denn  im  all- 
gemeinen wird  der  chemische  Charakter  dieses  — neben  der  Natur 
der  Species  selbst  — auch  den  Chemismus  in  einem  gewissen  Grade 
beeinflussen,  so  daß,  wenn  wir  endlich  noch  einen  dritten  Punkt  — 
die  physikalischen  Außenbedingungen  — in  Rechnung  ziehen,  im 
wesentlichen  durch  drei  Faktoren  eine  bestimmende  Wirkung  auf 
den  Verlauf  des  Prozesses  ausgeübt  wird.  Mit  anderen  Worten: 
Es  kann  die  einem  beliebigen  Organismus  zukommende  besondere 
Fähigkeit  nur  unter  bestimmten  Umständen  zum  Ausdruck 
kommen,  so  daß,  um  ein  Beispiel  zu  geben,  der  freie  Citronensäure  pro- 
duzierende Citromyces  diese  besondere  Eigentümlichkeit  in  merklichem 
Grade  nur  bei  der  Ernährung  durch  Zucker,  und  zwar  insbesondere  bei 
optimaler  Wachstumstemperatur  zum  Ausdruck  bringt,  während  bei 
der  Ernährung  durch  Eiweiß  u.  a.  die  Reaktion  nicht  dieselbe  ist, 
und  somit  auch  das  gewünschte  Produkt  ausbleibt 3).  Das  ist  ja  auch 
bei  der  gut  bekannten  Oxalsäuregärung  des  Aspergillus  niger 
nicht  anders  und  die  Giltigkeit  dieser  Thatsache  sollte  zur  Zeit  mit 


1)  C.  Wehm  er,  Oxalsaures  Ammon  als  pilzliches  Stoffwechselprodukt  bei  der 
Ernährung  durch  Eiweiß.  („Jahresber.  d.  Naturhist.  Gesellsch.  z.  Hannover“.  1892. 
p.  99.) 

2)  Bezügliche  Angaben  liegen  übrigens  auch  bereits  für  einige  Spaltpilze  vor ; 
vergl.  Pfeffer,  Pflanzenphysiologie.  I.  p.  363  und  Näheres  in  den  Arbeiten  von 
Pitz,  sowie  bei  Schützenberger,  Ad.  Mayer,  Pasteur  u.  A.  — Detaillierte 
Belege  werden  freilich  gelegentlich  vermißt. 

3)  Aehnliches  haben  wir  ja  auch  bei  den  Essigsäurebakterien,  welche  nach  An- 
gabe nur  Alkohol  und  nicht  Zucker  zu  Essigsäure  vergähren,  vor  uns. 


540 


C.  Wehmer, 


etwas  mehr  Nachdruck  betont  werden,  da  sie  gelegentlich  in  bak- 
teriologischen Arbeiten  nicht  immer  hinreichend  beachtet  wird,  ob- 
schon sie  in  gleichem  Maße  selbstverständlich  ist,  wie  die  Abhängig- 
keit anderweitiger  Funktionen  des  Organismus  von  irgend  welchen 
Bedingungen. 

Wennschon  dieser  im  allgemeinen  auf  demselben  Substrat 
auch  stets  die  gleichen  Nebenprodukte  erzeugt  oder  jedenfalls  doch 
erzeugen  kann,  so  darf  dabei  doch  ein  weiterer  Punkt  nicht  über- 
sehen werden  und  dieser  betrifft  die  morphologische  und  physio- 
logische Ungleichwertigkeit  der  Zellen;  thatsächlich  kommt  es  so 
zur  Bildung  verschiedener  chemischer  Stoffe  in  örtlich  ge- 
trennten Regionen  desselben  Pilzkörpers  aus  dem  gleichen  Nährstoff, 
und  das  ist  eigentlich  nur  durch  eine  im  Wesen  der  verschiedenen 
Zellen  liegende  Ungleichheit  zu  erklären.  Es  werden  besondere 
Farbstoffe  (grün,  braun,  gelb,  schwarz)  in  festem  oder  löslichem  Zu- 
stande erzeugt  von  den  Conidienträgern  und  Conidien  zahlreicher 
Fadenpilze,  obschon  das  Mycel  dauernd  farblos  bleibt,  und  ein  plau- 
sibler Grund  zu  diesem  abweichenden  Verhalten  jener  Zellen  des 
gleichen  Organismus  nicht  zu  sehen  ist,  — ein  Grund  farbige 
chemische  Substanzen  von  ungefärbten  scharf  abzutrennen  aber 
schlechterdings  nicht  vorliegt.  Unser  Verständnis  der  Erscheinungen 
im  lebenden  Organismus  hört  hier  auf,  wir  können  sie  nur  noch 
registrieren,  denn  es  ist  nicht  einzusehen,  weshalb  u.  a.  die  Conidie 
durch  Farbstoffbildung  sich  färbt,  während  ihre  Mutterzelle  (das 
Sterigma),  aus  der  sie  durch  Sprossung  hervorging,  dauernd  farblos 
bleibt *).  Hier  haben  wir  eine  Aenderung  des  Stoffwechsels  von 
Zellen  gleicher  „Art“,  und  das  legt  uns  nahe,  die  Bedeutung  der  rein 
chemischen  Forschung  für  die  Bakteriologie  und  speziell  die  Cha- 
rakterisierung von  Spezies  nach  Qualität  und  Quantität  der  gebildeten 
Produkte  nicht  allzusehr  zu  überschätzen.  Auf  die  physiologische 
Ungleichwertigkeit  der  Generationen  mancher  Spaltpilze  weisen  einige 
Thatsachen  bereits  hin  (Degenerationserscheinungen,  Verlust  der 
Pathogenität),  und  so  liegt  immerhin  einiges  vor,  welches  auch  hier 
für  einen  allmählich  sich  vollziehenden  Wechsel  in  der  Natur  der 
— morphologisch  einander  gleichen  — Descendenten  sprechen  könnte, 
obschon  im  übrigen  die  Frage  noch  keineswegs  spruchreif  erscheint. 

Jedenfalls  kommt  darin  aber  wieder  nur  die  allgemeine  Erfah- 
rung zum  Ausdruck,  daß  eine  Wesensgleichheit  der  sämtlichen 
Zellen  eines  Individuums  oder  Organs  bez.  auch  einer  Kolonie  nicht 
faktisch  oder  notwendig  existiert  und  aus  Gleichem  gegebenenfalls 
Ungleiches  — in  morphologischer  wie  physiologischer  Beziehung  — 
hervorgehen  kann.  So  sei  hier  auch  nur  kurz  an  die  ganz  ver- 
schiedenartigen Produkte  der  Cambialzellen  der  phanerogamen  Pflanze, 
oder  überhaupt  an  die  Thatsache,  daß  ein  aus  einer  Zelle  hervor- 
gegangenes gleichmäßiges  embryonales  Gewebe  zu  ganz  ungleichen 
Zellformen  führt,  erinnert.  Und  doch  wieder  sind  alle  gleicher 


1)  Bei  Phanerogamen  sind  derartige  Erscheinungen  ja  allgemein  bekannt  (Farb- 
stoffbildung  in  Blüten,  Bildung  von  Chlorophyll,  Oel,  Kalkoxolatkrystallen,  Aleuron- 
körnern  etc.  in  bestimmten  Zellen). 


Ueber  die  Beziehungen  der  Bakteriologie  zur  allgemeinen  Mykologie  etc.  541 


„A  r t“  in  ganz  demselben  Sinne,  wie  die  Descendenten  einer  Pilz- 
oder Bakterienzelle,  wennschon  diese  alsbald  ihren  näheren  Zusammen- 
hang aufgeben  und  wenigstens  gestaltlich  einander  meist  ähnlich  bleiben. 
Für  die  Wesensgleichheit  ist  aus  letzterem  Moment  aber  auf  diesem 
Gebiet  nichts  zu  entnehmen. 

Wir  kommen  nun  auf  diejenigen  Fälle,  wo  nachgewiesenermaßen 
durch  die  Entwickelungsbedingungen  chemischer  oder  phy- 
sikalischer Art  eine  Modifikation  der  Produkte  veranlaßt  werden 
kann,  und  dafür  liegen  gerade  bei  den  Fadenpilzen  hinreichende  Er- 
fahrungen vor.  Bei  übrigens  gleicher  Ernährung  (durch  Zuckerlösung 
z. B.)  sehen  wir  ein  neues  Produkt  gelegentlich  auftreten,  wenn  der 
betreffende  Pilz  zu  einer  submersen  Lebensweise  veranlaßt  wird 
(Alkoholbildung  durch  Muco r arten,  Ustilagineen  etc.)  und  nach  be- 
züglichen weiteren  Versuchen  ist  dafür  nicht  gerade  der  Uebergang 
in  die  Sproßform  entscheidend.  Ebenso  spielt  die  Wachstums- 
temperatur nachgewiesenermaßen  ein  gewisse  Rolle,  indem  bei- 
spielsweise eine  ergiebige  Oxalsäureproduktion  bei  mehreren  Species 
an  niedere  Temperaturen  gebunden , durch  höhere  aber  ausge- 
schlossen wird,  andere  Stoffe  (Ammonkarbonat)  aber  wieder  gerade 
unter  diesen  Verhältnissen  entstehen  können,  ohne  daß  sonstige 
Bedingungen  eine  Aenderung  erfahren  haben.  Während  im  allge- 
meinen die  Farbstoffbildung  unter  wechselnden  Verhältnissen  ziemlich 
konstant  erscheint,  sehen  wir  doch  auch  sie  in  einigen  Fällen  durch 
die  Temperatur  sehr  wesentlich  beeinflußt  (Penicillium  luteum), 
während  andere  Male  das  Substrat  in  noch  nicht  klargelegter 
Weise  influiert,  so  daß  bald  grüne,  bald  gelbe  Stoffe  auftreten 
(Aspergillus  flavus  u.  a.). 

Erwähnen  wir  nur  beiläufig  die  eigenartige  Wirkung  gewisser 
Salze,  welche  Säuregärungen  bald  unterdrücken,  bald  ausnehmend 
fördern1),  so  liegt  endlich  von  vornherein  klar,  daß  gerade  che- 
mische Verhältnisse  innerhalb  der  Nährlösung  auf  die  Art 
der  Produkte  von  Einfluß  sein  müssen.  So  liefert  der  Konsum  einer 
in  Salzform  gebotenen  organischen  Säure  naturgemäß  eine  Basis 
als  Rest,  die  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  nunmehr  durch  irgend  einen 
anderen  vom  Pilze  erzeugten  sauren  Körper  Sättigung  erfährt  (wein- 
saures Kali  geht  in  oxalsaures  Salz  über),  während  die  freie 
Säure  dagegen  ohne  Rest  verbraucht  wird  x).  Ebenso  muß  gegen- 
über dem  Kohlehydrat-,  Glycerin-,  Alkohol-Molekül  dasjenige  stick- 
stoffhaltiger Verbindungen  (Eiweiß,  Gelatine)  einen  stickstoffreichen 
Rest  lassen,  der  als  Salz  oder  Derivat  des  Ammoniaks  auftritt,  und 
die  Reaktion  der  Nährlösung  in  alkalischem  Sinne  zu  beeinflussen 
bestrebt  ist,  Entstehung  freier  Säuren  aber  ganz  ausschließt.  An 
mehreren  Beispielen  sind  diese  Thatsachen  bereits  hinreichend  klar- 
gelegt 2). 

Unter  genauer  Beachtung  der  chemischen  Natur  der  Nährstoöe 
läßt  sich  überhaupt  der  durch  die  Pilzvegetation  erzielte  Effekt  be- 


1)  Einfluß  von  Chloriden,  Sulfaten  etc.  auf  die  Oxalsäure-,  Milchsäure-,  Citronen- 
säuregärung,  über  die  zur  Zeit  bereits  eine  ganze  Reihe  von  Angaben  vorliegt. 

2)  C.  Wehm  er,  Oxalsäure-Entstehung  1.  c. 


542 


C.  Wehmer 


züglich  der  Reaktion  in  der  Regel  Vorhersagen,  sobald  man  hierzu 
die  durch  Konsum  verschwindenden  Gruppen  ins  Auge  faßt.  Lösungen 
mit  ternären  (N-freien)  Kohlenstoffverbindungen  neigen  auf  Grund  des 
Charakters  der  Oxydationsprodukte  dieser  zum  Sauerwerden,  können 
jedenfalls  alkalische  Reaktion  meist  erst  nach  Verbrauch  des  orga- 
nischen Nährstoffes  erlangen , während  diese  in  stickstoffreichen 
Flüssigkeiten  durch  die  unvermeidliche  und  in  überwiegender  Menge 
sich  ansammelnden  Ammoniakderivate  ausnahmslos  vorgeschrieben 
ist,  unter  Umständen  freilich  durch  die  Qualität  der  anorganischen 
Nährstoffe  hinausgeschoben  werden  kann. 

Alle  diese  Fragen  sind  aber  keineswegs  rein  mykologischer  bez. 
bakteriologischer  Art,  sie  gehören  in  das  Gebiet  des  Stoffwechsels 
überhaupt,  und  liegen  somit  auch  nicht  anders  bei  Phanerogamen, 
obschon  ihnen  hier  experimentell  weit  schwieriger  nahezutreten  ist. 
Dagegen  ist  aber  ihre  Beantwortung  bei  niederen  Organismen 
besonders  aussichtsvoll,  und  dieserhalb  widmen  wir  ihnen  hier  auch 
eine  gewisse  Aufmerksamkeit  — aber  nicht  etwa,  weil  wir  besonderen 
nur  diesen  eigentümlichen  Kräften  nachspüren.  Die  Notwendigkeit 
einer  engeren  Fühlung  der  bakteriologischen  Forschung  mit  der  all- 
gemeinen Physiologie  ergiebt  sich  damit  aber  wieder  von  selbst. 

Die  chemische  Forschung,  der  wir  überhaupt  erst  einen  Einblick 
in  die  Lebensvorgänge  verdanken  und  die  den  Aeußerungen  des 
Lebens  noch  folgt,  wo  es  dem  Auge  sich  entzieht,  spielt  im  Bereiche 
der  organischen  Welt  eine  ganz  hervorragende  Rolle,  denn  sie  er- 
schließt uns  das  eigentliche  Verständnis  des  Geschehens;  dem  gegen- 
über dürfen  wir  ihr  auch  die  Verwirrung  verzeihen,  welche  sie  in 
vereinzelten  Köpfen  hervorgerufen,  die  nunmehr  in  chemischen 
Vorgängen  die  Ursache  desselben  sahen  und  bei  jeder  Gelegen- 
heit mit  unreifen  Hypothesen  in  ziemlich  kritikloser  Weise  physio- 
logischen Fragen  nahetreten.  Ihre  Beziehung  zur  Botanik  ist  ja  auch 
eine  sehr  alte  und  wir  verdanken  ihr  die  Aufdeckung  einer  ganzen 
Reihe  von  Eigentümlichkeiten  unserer  Pflanzen,  wie  wir  denn  ohne 
sie  von  einer  eigentlichen  tieferen  Kenntnis  des  pflanzlichen  Körpers 
nicht  reden  könnten.  Bei  ihrer  Anwendung  auf  die  niederen  Orga- 
nismen sucht  sie  deren  Lebensbedingungen  und  -Eigentümlichkeiten 
zu  studieren,  sie  folgt  den  Wirkungen  und  schließt  auf  die  Kräfte, 
um  diese  mit  dem  innerhalb  der  Zelle  der  höheren  Pflanzen  zum 
Ausdruck  kommenden  in  Vergleich  zu  stellen.  Sie  soll  aber  nicht 
weniger  auch  die  Bedin  g ungen  der  Prozesse  studieren,  da  un- 
streitig das  höhere  Interesse  weniger  der  Natur  der  Produkte,  als 
vielmehr  den  Einzelheiten  ihrer  Entstehung,  also  dem  Vorgänge  selbst 
zukommt,  und  somit  bleibt  ihr  als  Hauptziel,  den  Stoffwechsel  in 
seinen  feineren  Einzelheiten  aufzuklären. 

Umfangreichere  und  methodisch  angestellte  Versuche  in  dieser 
Richtung  liegen  zur  Zeit  noch  wenig  vor,  denn  nur  für  einige  Fälle 
kennen  wir  die  Beeinflussung  des  Resultates  durch  Abänderung  be- 
stimmter chemischer  Faktoren  in  der  Versuchsanstellung.  Dazu  ist 
jedenfalls  von  den  noch  heute  meist  gebräuchlichen  Nährlösungen 
etwas  summarischer  Art  bis  zu  einem  gewissen  Grade  abzugehen, 
und  es  hat  eine  genauere  Berücksichtigung  aller  Bestandteile  ein- 


Ueber  die  Beziehungen  der  Bakteriologie  zur  allgemeinen  Mykologie  etc.  543 


zutreten.  Die  Bedeutung  derartiger,  scheinbar  recht  unwesentlicher 
Momente  erhellt  schon  daraus,  daß  manche  sonst  gut  nährenden 
Substrate  für  gewisse  Fälle  untauglich  sind  und  geringe  Aenderungen 
in  der  Wahl  der  Mineralsalze  den  Stoffwechsel  sehr  wesentlich  beein- 
flussen können,  ohne  daß  wir  zur  Zeit  über  den  eigentlichen  Grund 
etwas  auszusagen  vermögen. 

Das  gilt  auch  für  die  sich  hier  anschließenden  Erscheinungen 
der  verschiedenen  Nährfähigkeit  isomerer  Verbindungen,  wie 
des  sogen,  elektiven  Stoffwechsels  im  Ganzen.  Eine  rasche  und  leichte 
Zertrümmerung  erleiden  bekanntlich  nur  gewisse  Zuckerarten, 
während  andere  ihnen  isomere  oder  fast  identische  teilweise  recht 
schwierig  angegriffen  werden.  Bietet  man  Aspergillusarten  ein 
Gemenge  fumar-  und  maleinsaurer  Salze,  so  unterliegen  dem  Konsum 
zunächst  und  fast  ausschließlich  die  ersteren,  wie  denn  auch  die  freie 
Fumarsäure  ein  sehr  geeigneter  Nährstoff  ist,  während  freie  Malein- 
säure selbst  in  relativ  geringer  Konzentration  (von  0,5  Proz.  an)  in 
gleichem  Maße  wie  Oxalsäure  aseptisch  wirkt1).  Aehnliches  tritt 
uns  auch  bei  der  durch  Pilze  veranlaßten  Spaltung  gewisser  organischer 
Verbindungen  entgegen,  so  daß  nach  Pasteur  bei  Kultur  auf 
Traubensäurelösungen  zunächst  die  rechtsdrehende  Weinsäure  ver- 
zehrt wird;  im  übrigen  möchte  ich  aber  derartige  Angaben  der  älteren 
Litteratur,  welche  nicht  immer  der  sachlichen  Kritik  in  allen  Punkten 
einwurfsfrei  gegenüberstehen,  als  der  Nachuntersuchung  wert  hin- 
stellen, ohne  damit  ihre  Thatsächlichkeit  in  Zweifel  ziehen  zu  wollen. 
Wir  wollen  jedoch  nie  vergessen,  daß  derartige  Erscheinungen  allge- 
meine Wirkungen  lebender  Zellen  sind,  also  keineswegs  etwa  Besonder- 
heiten niederer  Kryptogamen,  wennschon  einzelne  derselben  sie  aller- 
dings in  hervorragendem  Grade  darbieten.  Andererseits  sind  aber 
nicht  wenige  Angaben  der  neueren  Litteratur  über  den  temporären 
oder  dauernden  Verlust  derartiger  Fähigkeiten  infolge  bestimmter 
Kulturbedingungen  zunächst  noch  mit  einiger  Reserve  aufzunehmen, 
denn  thatsächlich  wissen  wir  zur  Zeit,  daß  selbst  manche  Form- 
änderungen nur  ein  zeitweiliger  Ausdruck  der  Bedingungen,  also  von 
geringerer  Konstanz  sind.  Die  Chemie  — falls  solches  in  ihr  Gebiet 
schlägt  — schuldet  uns  aber  noch  den  Aufschluß  darüber,  weshalb 
gewisse  pathogene  und  zymogene  Organismen  unter  bestimmten  Um- 
ständen eine  Wesensänderung  erfahren. 

Es  erweist  sich  auch  wohl  zweckmäßig,  fernerhin  mit  der  Bezeich- 
nung „Gärung“  etwas  weniger  freigebig  umzugehen;  zunächst  ist 
dieser  Begriff  allmählich  ein  so  weiter  geworden,  daß  man  Vorgänge 
ihrem  Wesen  nach  sehr  verschiedener  Art  unter  ihn  aufgenommen  hat 
und  schließlich  jede  chemische  Leistung  pilzlicher  Zellen,  sofern  sie 
nicht  an  die  Wirkung  besonderer  Fermente  geknüpft  ist,  darunter  ver- 
steht. Unstreitig  sind  aber  die  Alkoholbildung  durch  Hefe,  die  Milch- 
säurebildung durch  Bakterien,  die  Amraoniakbildung  ebenfalls  durch 
letztere  im  einzelnen  ungleich,  da  zumal  das  letztgenannte  Produkt  ein 
Endprodukt  des  Stoffwechsels  ist.  Wenn  man  will,  kann  man  ja 

1)  Male'iüsaures  Kalium  und  Ammonium  sind  dagegen  nährfähig,  insbesondere  für 
manche  Bakterien,  schlechter  für  Fadenpilze,  (cf.  C.  Wehmer,  Die  Maleinsäure 
als  Asepticum  in  „Beiträge  zur  Kenntnis  einheimischer  Pilze“.  II.) 


544 


C.  Wehmer, 


die  sogenannten  Oxydationsgärungen  von  den  übrigen  abtrennen  und 
nur  die  bei  Sauerstoffabschluß  oder -Mangel  bewirkten  Zertrümmerungen 
als  Gärungen  im  engeren  Sinne  zusammenfassen;  dann  aber  würde 
manches  bisher  als  „Gärung“  bezeichnetes  anders  zu  benennen  sein, 
und  ein  Grund  dafür  ist  auch  nicht  recht  einzusehen,  denn  der 
Sauerstoff  ebenso  wie  die  entbundene  Kohlensäure  haben  eine  nähere 
Beziehung  zunächst  nur  zu  dem  Organismus  selbst,  welcher 
die  chemischen  Umformungen  bewirkt,  so  daß  dieser,  wenn  ihm  die 
Fähigkeit  der  Anaerobiose  zukommt,  ohnedies  die  gleichen  Produkte 
liefern  kann  (aerobe  und  anaerobe  Milchsäuregärung  u.  a.).  Kohlen- 
säure ist  überhaupt  stets  da  und  keine  Leistung  des  Organismus  ver- 
läuft eigentlich  ohne  ihre  gleichzeitige  Entstehung,  so  daß  es  wohl 
kaum  gerechtfertigt  ist,  sie  zum  Charakteristikum  des  Gärungsbegriffes 
zu  machen,  und  selbst  ihr  gänzliches  Fehlen  (welches  bei  einigen 
Säuregärungen  voraussichtlich  möglich  ist)  an  dem  Vorgänge  nichts 
ändert.  Dieser  ist  eben  eine  mehr  oder  weniger  komplizierte  Leistung 
der  lebenden  Zelle,  eine  ergiebige  chemische  Umformung  des  dabei 
zertrümmerten  Substrates,  welche  aber  nicht  bloß  zu  Endprodukten 
des  Stoffwechsels  führt  und  sich  darin  gerade  von  der  ihr  natur- 
gemäß sehr  nahestehenden  Atmung  unterscheidet 1).  Denn  im 
wesentlichen  entscheiden  nur  die  Umstände,  ob  ein  Stoff  glatt  ver- 
braucht, bezw.  veratmet  oder  unter  Bildung  intermediärer  Produkte 
„vergoren“  wird.  Rückt  man  jedoch  den  ernährungsphysiologischen 
Wert  der  Produkte  in  den  Vordergrund,  so  kann  die  ammoniakalische 
Gärung  des  Harnstoffs  u.  a.  schlechterdings  nicht  hierher  gerechnet 
werden,  so  daß  schließlich  als  gemeinsames  Merkmal  wenigstens  der 
meisten  derartigen  Prozesse  nur  die  chemische  Zerspaltung  organischer 
Stoffe 2)  durch  einen  lebenden  niederen  Organismus  bleibt,  — eine 
Zerspaltung,  die  aber  ebenso  gut  von  jeder  anderen  pflanzlichen  oder 
tierischen  Zelle  auch  vollführt  wird. 

Sproß-  und  Spaltpilzgärungen  bieten  in  Bezug  auf  den  Verlauf 
insofern  einiges  Besondere,  als  sie  meist  innerhalb  der  Flüssig- 
keiten verlaufen,  wo  die  Bedingungen  somit  andere  als  auf  der  Ober- 
fläche und  jedenfalls  weniger  gleichmäßig  sind,  so  daß  dadurch  auch 
wohl  die  Natur  der  Produkte  beeinflußt  wird.  Unregelmäßigere 
Zersetzungen  bewirken  auch  Fadenpilze  bei  submerser  Vegeta- 
tion. Im  übrigen  sind  wieder  die  Spaltpilzgärungen  je  nach  Species 
und  Substrat  so  sehr  verschiedener  Art,  daß  sie  nichts  weniger 
als  ein  einheitliches  Ganze  bilden,  und  auch  dieselbe  Species 
muß  schließlich  auf  chemisch  von  einander  sehr  abweichenden  Sub- 
straten wieder  ganz  verschiedene  Umsetzungen  bewirken.  So  können 
natürlich  Essigsäurebakterien  nicht  auf  Eiweißlösungen  dieselbe 
Reaktion  hervorrufen  und  verhalten  sich  hier  — wie  auch  andere 


1)  Die  Produkte  einer  Zahl  von  Gärungen  sind  eben  Erzeugnisse  einer  unvoll- 
ständigen Atmung,  d.  h.  einer  nicht  bloß  zu  den  End  produkten  führenden  Stoff- 
zertrümmerung,  so  daß  Atmung  und  Gärung  überhaupt  zusammengehören. 

2)  Was  naturgemäß  wieder  für  die  sogen.  Salpetersäuregärung  nicht  zutrifft.  Andere 
Vorgänge  wie  die  sog.  schleimige  Gärung,  die  C e 1 1 u 1 o s e gärung  gehören  über- 
haupt nicht  hierher.  Eine  Zusammenstellung  aller  derartigen  Vorgänge  findet  man  bei 
Frank,  „Lehrbuch  der  Botanik“.  I.  1892.  p.  508. 


Ueber  die  Beziehungen  der  Bakteriologie  zur  allgemeinen  Mykologie  etc.  545 


Säuerungsvorgänge  hervorrufende  Arten  — ganz  wie  Fadenpilze.  Der- 
artige ergiebige  Oxydationsprozesse  können  ganz  naturgemäß  nur  bei 
Gegebensein  bestimmter  Kohlenstotfverbindungen  stattfinden,  es 
verlaufen  hier  aber  Spaltungen  ebensowohl  wie  Oxydationen 
(Sauerstofiübertragungen)  bei  den  sogenannten  Spaltungsgärungen  und 
eine  Trennung  nach  diesen  Gesichtspunkten  ist  nicht  möglich ; zumal 
kann  eine  „Oxydationsgärung“  wie  z.  B.  gewisse  Milchsäuregärungen 
nach  Angabe  auch  bei  Luft  a b s c h 1 u ß stattfinden,  da  eben  Oxydationen 
im  allgemeinen  nicht  bloß  an  die  — übrigens  nicht  leicht  ganz  aus- 
zuschließende— Gegenwart  physikalisch  gebundenen  Sauersoffes 
gekettet  sind.  Endlich  haben  wir  ja  auch  noch  keinerlei  Recht,  die 
Entstehung  organischer  Säuren  auf  eine  unmittelbare  Sauerstoffüber- 
tragung zurückzuführen  und  der  meist  üblichen  Auffassung  darf  ent- 
gegengehalten werden , daß  die  Citronensäuregärung  von  Zucker- 
lösungen jedenfalls  für  diesen  Fall  das  Gegenteil  nahelegt,  da  natürlich 
eine  Säure  mit  anormaler  Kohlenstoffkette  nicht  direkt  — ohne  Um- 
formung — aus  dem  Zuckerraolekül  ihren  Ursprung  nehmen  kann. 
Ebensowenig  sind  wir  ja  berechtigt,  andere  Gärungsvorgänge  in  den 
Rahmen  chemischer  Formeln  zu  pressen1  2),  die  Aufstellung  dieser 
vielmehr  nur  ihr  Verständnis  erleichtern  soll.  Dem  gegenüber  finden 
wir  freilich  nicht  selten  eine  Auffassung,  die  als  rein  chemischer  Art 
ohne  Erwägung  anderweitiger  Momente  als  unhaltbar  gelten  muß. 
Zumal  Bakteriengärungen  sind  in  nicht  wenigen  Fällen  relativ  un- 
regelmäßige Zersetzungen,  bei  denen  aus  mehreren  Gründen  Quantität 
wie  Qualität  der  Produkte  selbst  in  scheinbar  gleichgestellten 
Parallelversuchen  nennenswerten  Schwankungen  unterliegen  kann. 

Wir  haben  uns  oben  dafür  ausgesprochen,  daß  die  generellen 
Lebensvorgänge  im  Bereiche  der  als  Bakterien  zusammengefaßten 
systematischen  Gruppe  prinzipielle  Besonderheiten  nicht  bieten  und 
die  uns  hier  entgegentretenden  Erscheinungen  des  Stoffwechsels  sich 
denen  bei  anderen  Kryptogamen  wie  bei  Phanerogamen  anschließen, 
wenngleich  wir  gewisse  derselben  unter  einem  besonderen  Namen  ge- 
sondert zu  behandeln  pflegen,  ohne  daß  diese  aber  wieder  unter  sich 
überall  eine  nähere  Verwandtschaft  aufweisen  und  zumal  sich  teil- 
weise denen  von  Fadenpilzen  bekannten  direkt  anreihen. 

Dem  entsprechend  schließen  sich  auch  allgemeine  Ziele  und  Me- 
thoden der  bakteriologischen  Forschung  — ohne  wesentlich  Ab- 
weichendes zu  bieten  — enger  insbesondere  an  die  der  mykologischen 
Forschung  überhaupt  an,  denn  einmal  bezweckt  die  wissenschaftliche 
Bakteriologie  eine  Kenntnis  der  Formen  und  ihrer  Lebenseigentümlich- 
keiten, ein  andermal  sucht  sie  diese  zu  erreichen  durch  direkte  Beobach- 
tung und  Experiment,  dessen  Form  hier  vorzugsweise  die  unter  bestimmten 
Gesichtspunkten  bewirkte  Kultur  ist.  Das  ist  bei  Kultur  von  Faden- 
pilzen nicht  anders,  wennschon  hier  auch  mehr  morphologische  und 
entwickelungsgeschichtliche  Ermittelungen  in  den  Vordergrund  treten, 


1)  U.  a.  erweisen  schon  die  mannigfachen  Nebenprodukte,  daß  wir  es  mit  recht 
komplizierten  chemischen  Reaktionen  zu  thun  habeD,  die  sich  in  ihren  einzelnen  Phasen 
unserer  Einsicht  ganz  entziehen. 

2)  cf.  H u e p p e , Untersuchungen  über  die  Zersetzung  der  Milch  durch  Mikro- 
organismen. („Mitteil.  d.  kaiserl.  Gesundheitsamtes“.  II.  1884.  p.  371.) 


546 


Nicola  Bochicchio, 


während  die  Speciesdiagnose  der  gestaltlich  meist  sehr  uniformen  Bak- 
terien nicht  selten  zu  biologisch-chemischen  Charakteren  greifen  muß. 
Im  übrigen  sind  aber  die  für  die  Methoden  gütigen  Gesichtspunkte 
die  gleichen,  und  die  Bakteriologie  hat  nur  den  Vorteil,  daß  jene  für 
ihr  Gebiet  sehr  speziell  durchgearbeitet  und  den  Einzelfällen  genau 
angepaßt  sind,  während  der  experimentierende  Mykologe  zur  Zeit  noch 
über  eine  recht  beschränkte  Zahl  von  Vorarbeiten  verfügt  und  somit 
mehrfach  den  Untersuchungsgang  dem  Einzelfalle  anzupassen  bemüht 
sein  muß.  Der  selbstverständliche  Ausgang  jeder  derartigen,  eine 
bestimmte  Species  betreffenden  Forschung,  von  deren  wirklich  noto- 
rischen Keimen,  bedarf  keiner  Hervorhebung,  es  ist  das  nicht 
anders,  wie  wenn  z.  B.  — unter  Benutzung  eines  recht  trivialen  Bei- 
spieles — der  Landwirt  zur  Erzielung  einer  Weizenernte  auch  Früchte 
dieser  Species  zur  Aussaat  benutzt.  Resultate,  die  der  Forscher  aus 
nicht  nachgewiesenermaßen  reinen  Kulturen  erhält,  haben  somit 
eine  sehr  untergeordnete  Bedeutung. 

Einen  nicht  zu  unterschätzenden  Vorteil  zieht  die  heutige  Bak- 
teriologie aus  ihrer  Verbindung  mit  dem  täglichen  Leben,  der  Hygiene 
und  Medizin,  ihr  verdankt  sie  ihren  Aufschwung,  ihre  Selbständigkeit, 
andererseits  aber  auch  ihre  Hinüberleitung  in  mehr  praktische  Bahnen, 
die  sie  der  rein  wissenschaftlichen  Botanik  in  gewissem  Grade  ent- 
fremden. Dem  gegenüber  steht  die  allgemeine  mykologische  Forschung 
erheblich  zurück,  und  im  wesentlichen  nur  durch  ihre  Beziehung  zum 
Gärungsgewerbe  und  der  Pathologie  unserer  Kulturpflanzen  vermag 
sie  sich  ein  weiteres  Interesse  zu  wahren.  Ich  sehe  darin  aber 
einstweilen  keinen  unbedingten  Nachteil;  erst  die  Zeit  wird  erweisen, 
inwieweit  sämtliche  an  den  intensiven  Betrieb  rein  bakterio- 
logischer Forschung  geknüpfte  Erwartungen  in  Erfüllung  gehen,  und 
welcher  Anteil  der  Resultate  später  nur  der  Wissenschaft  zu  gute 
kommt. 

Hannover,  27.  Februar  1894. 


Ueber  einen  Milchzucker  vergärenden  und  Käse- 
blähungen hervorrufenden  neuen  Hefepilz. 

Kurze  Mitteilung 

von 

Dr.  Nicola  Bochicchio, 

Prof,  der  Naturwissenschaften  und  Vicedirektor  der  königl.  italienischen  landwirtschaft- 
lichen Schulen  *). 

Mit  3 Figuren. 

Im  Laufe  meiner  mikrobiologischen  Studien  über  Italienerkäse 
in  dem  bakteriologischen  Institute  der  Universität  Bern  habe  ich  in 
einem  frischen,  vier  Tage  alten  lombardischen  Granakäse 

1)  Eine  vorläufige  Mitteilung  wurde  hierüber  in  der  naturforschenden  Gesellschaft 
in  Bern  den  3.  März  1894  gemacht. 


Ueber  einen  Milchzucker  vergärenden  etc.  neuen  Hefepilz. 


547 


der  landwirtschaftlichen  Schule  in  Brescia  eine  noch  nicht  be- 
schriebene Hefeart  gefunden. 

Ich  lasse  vor  allem  die  Angaben,  die  mir  Herr  Dr.  Josef 
Sartori,  Prof,  der  Molkereichemie  an  der  landwirtschaftlichen 
Schule  von  Brescia  (dem  ich  hier  meinen  Dank  ausspreche),  zu  ver- 
schaffen die  Güte  hatte,  hier  folgen: 

Datum  der  Fabrikation  des  untersuchten  Käses:  26.  November 
1893. 

I.  Z ootechnische  Angaben: 

Zustand  der  Tiere  betreffend:  44  gesunde  schweizerische  Milch- 
kühe. 

Nahrung  der  Kühe:  Heu  und  Gras  der  lombardischen 
Marciti  (im  Sommer  und  Winter  bewässerte  Wiesen);  das  Gras 
war  feucht. 

Außentemperatur:  8°  C. 

Temperatur  in  der  Stallung:  20°  C. 


II.  Technische  Angaben: 
Verarbeitete  Milch: 

Aufbewahrung  in  Gefäßen  zur  Aufrahmung: 
Abgeschöpfter  Rahm: 

Erhaltene  Butter: 

Verwendetes  Lab  (1  : 80000): 

Dauer  der  Koagulation: 

Absetzenlassen  des  Koagulums: 

Temperatur  des  ersten  Erwärmens: 

„ „ zweiten  „ 

Dauer  der  beiden  Erwärmungen: 

Gewicht  des  Käses  nach  24  Stunden: 

Der  Gang  der  Fabrikation  war  normal;  die 
Käses  ebenfalls. 


380  1 

30  Stunden 
20  1 

7,500  kg 
19  ccm 
1 Std.  5 Min. 

10  Min. 

44°  C 
50°  C 
35  Min. 

24  kg. 

Eigenschaften  des 


III.  Analyse  der  Milch: 
Spez.  Gewicht  bei  15°  C 1,0306 


Wasser  87,50 

Fett  3,45 

Eiweißstoffe  3,50 

Milchzucker  4,73 

Mineralische  Salze  0,77 
Verlust  0,05 


100,00 


IV.  Analyse  des  Käses,  16  Stunden  nach  seiner 
Fabrikation. 


Wasser  48,37 

Fett  13,24 

Eiweißkörper  31,88 

Amide  1,02 

Milchsäure  0,31 

Milchzucker  1 ,50 

Asche  3,71 


100,03 


548 


Nicola  Bochicchio, 


Aus  diesen  Angaben  ersieht  man,  daß  dieser  Granakäse  zur 
Gruppe  der  Hartkäse  gehört;  seinen  Namen  hat  er  vielleicht  von 
seiner  granulierten  Beschaffenheit. 

Nach  Dr.  von  Freudenreich  (1)  können  die  folgenden 
Mikroben  (Milchsäurebakterien  u.  s.  w.)  die  Blähung  des  Käses 
hervorbringen : 

1)  Bacillus  Schafferi,  Freudenreich  (2),  jedenfalls  ver- 
wandt mit  den  im  Darme  stets  gegenwärtigen  Bakterienarten; 

2)  Bacillus  Guillebeau  a,  b und  c,  Freudenreich  (3), 
von  Prof.  Guillebeau  bei  Euterentzündungen  gefunden; 

3)  Bacterium  coli  c o m m u n e (Darmbakterien) ; 

4)  Zwei  Mikrokokkenarten,  welche  Adametz  in  Sornthal  fand, 
auch  zu  den  Erregern  der  Euterentzündungen  von  ihm  ge- 
rechnet ; 

5)  Kokken  und  Streptokokken  (Adametz,  Mac6,  Hueppe), 
die  bei  Euterentzündungen  angetroffen  wurden; 

6)  Bakterien,  welche  bei  ihren  Zersetzungen,  außer  Kohlensäure, 
große  Mengen  anderer  Gase  bilden,  z.  B.  Wasserstoff;  zu  den- 
selben gehören  zwei  von  Weigmann  in  der  Milch  gefundene 
und  näher  untersuchte  Bacillen,  welche  bei  seinen  Versuchen 
taubeneigroße  Löcher  in  kleinen  Käsen  verursachten; 

7)  Bacillus  actinobacter  polymorphus  von  Duclaux 
und  verschiedene  Bacillenarten,  die  der  gleiche  Forscher  in 
Weichkäsen  gefunden  hat; 

8)  Hefearten  , welche  in  der  Käsemasse  Gärungserscheinungen 
hervorbringen,  jedoch,  wie  es  scheint,  nur  in  Weichkäsen,  da 
Hartkäse  für  sie  kein  günstiger  Nährboden  ist. 

In  sehr  detaillierter  und  eingehender  Weise  führt  sie  Dr.  L. 
Adametz,  o.  ö.  Prof.  a.  d.  k.  k.  Universität  in  Krakau  (4),  in 
folgender  Reihenfolge  auf: 


Ueb ersichtliche  Zusammenstellung  der  wichtig- 
sten an  der  Blähung  der  Käse  beteiligten  Mikroben: 

I.  Blähungserregende  Bakterien,  welche  zugleich 
pathogene  Eigenschaften  besitzen: 


A)  Erreger  der  infektiösen  Euterentzündungen: 
Micrococcus  Sornthali  No.  I,  Adametz. 

51  55  5’  H5  55 

Bacillus  Guillebeau,  a)  v.  Freudenreich-Guillebeau. 

55  55  b)  ,,  ,5 

55  55  c)  ,5  55 

Micrococcus  der  gelben  Galt;  gärende  Varietät,  Adametz. 
Streptococcus  de  la  mammite  contagieuse,  Varietät  a, 
b,  c;  Mac 6. 

Micrococcus  mastitis  (Hueppe’s  Laboratorium). 

B)  Erreger  der  infektiösen  Enteritis,  der  Kälberruhr 
u.  s.  w.  (Syn.  Milch  ko  tbakterien): 

1)  Bacterium  coli  commune,  Escherich. 

2)  „ lactis  aerogenes  „ 


1) 

2) 

3) 

4) 

5) 

6) 

7) 

8) 


Heber  einen  Milchzucker  vergärenden  etc.  neuen  Hefepilz. 


549 


II.  Nichtpathogene  Blähungserreger  der  Käse  aus 
der  Gruppe  gewöhnlicher  Gärungs-  und  Fäulnis- 
bakterien: 


1)  Bacillus  der  Käseblähung  No.  I,  Weigmann. 

55  »1  11  11  11 

3)  Bacillus  Schafferi,  v.  Freudenreich. 

4)  Bacillus  actinobacter  poly  morphus,  Duclaux. 

5)  Bacillus  diat  ry  peticus  casei,  Baumann. 


III.  Blähungserreger  der  Käse  aus  der  Gruppe  jener, 
unter  gewöhnlichen  Umständen  eine  normale  Reifung 
der  Käse  veranlassenden  Spaltpilze: 

1)  Tyrothrix  (Bacillus)  urocephalum,  Duclaux. 

2)  Tyrothrix  (Bacillus)  tenuis,  gärende  Varietät  Duclaux- 
Winkler. 

3)  Tyrothrix  (Bacillus)  catenula,  Duclaux  (?). 

4)  „ „ c 1 a v i f o r m i s „ (?). 

IV.  Blähungen  der  Käse  veranlassende  Sproßpilze 
(Milchzucker  vergärende  Torula-  und  Hefearten): 

1)  Duclaux-Torula,  Duclaux. 

2)  Saccharomyces  lactis,  Adam  et  z. 

3)  „ Kefyr,  Beyer  inc  k. 

4)  „ Tyrocola, 

5)  Milchzucker  vergärende  Hefe,  Weigmann. 

6)  „ „ „ Kays  er. 

0 >1  >1  „Mix. 

8)  „ „ „ Adametz-Winkler. 

Gerade  diesen  letzten  Mikroorganismen  kann  ich  nun  meinen 
Hefepilz  kinzufügeu , den  ich  im  fraglichen  Käse  gcfuudeu  und 
dessen  Eigenschaften  ich  in  dem  bakteriologischen  Laboratorium  der 
Universität  Bern  studiert  habe. 

Ich  lasse  nun  die  bakteriologische  Diagnose  desselben  folgen: 
Dieser  Mikroorganismus  zersetzt  bei  günstigen  Lebensbedingungen 
sehr  schnell  verschiedene  Zuckerarten,  hauptsächlich  Milchzucker, 
wobei  hauptsächlich  gasförmige  Produkte  entstehen,  und  er  kann 
somit  die  so  unangenehmen  Käseblähungen  hervorbringen.  Er  ent- 
wickelt sich  mit  größter  Leichtigkeit  auf  jeglichem  Nährboden,  selbst 
wenn  diese  bereits  von  anderen  Mikroben  zersetzt  worden  sind,  auch 
vermischt  mit  anderen  Bakterien,  und  lebt  sogar  in  destilliertem  und 
sterilisiertem  Wasser  und  auf  Gipsblöcken.  Bei  oberflächlichen  Kul- 
turen bildet  er  schöne,  runde,  mit  glatten  Rändern  versehene,  die 
Gelatine  nicht  verflüssigende,  sehr  fein  granulierte  und  weißliche 
Kolonieen,  welche  oft  einen  Durchmesser  von  einigen  Millimetern 
erreichen.  Meistens  erscheint  er  als  mehr  oder  weniger  längliche, 
elliptische  oder  eirunde,  selten  kugelrunde  oder  stäbchenartige  Hefe- 
zellen, mit  deutlich  bemerkbarer  Membran  und  bisweilen  mit  Kern- 
körpern oder  Vakuolen.  Diese  Zellen  haben  im  Mittel  eine  Länge 
von  5 p und  eine  Breite  von  3 «,  sind  leicht  zu  färben  und  entfärben 
sich  nicht  nach  der  Gram’schen  Methode. 


XV.  Bd. 


36 


550 


Nicola  U o c li  i c c li  i o , 


Auf  zuckerhaltigen  Nährböden,  speziell  milchzuckerhaltigen,  er- 
reicht er  bei  Luftzutritt  und  bei  ziemlich  hoher  Temperatur  (zwischen 
20°  und  30°,  ja  40°)  die  höchste  Entwickelung,  wobei  ein  Geruch 
nach  gärendem  Moste  bemerkbar  wird  unter  lebhafter  Schaumbildung 
auf  flüssigen  Nährböden.  Er  koaguliert  die  sterilisierte  Milch  schon 
nach  einigen  Tagen  und  bringt  auch  eine  partielle  Verflüssigung  des 
Koagulums  hervor  ohne  deutliche  Säurebildung.  Die  Zellen  besitzen 
eine  merkbare  Molekularbewegung  (Brown’sche  Bewegung)  und  sie 
vermehren  sich  durch  einseitige  Sprossung.  Bis  jetzt  habe  ich  weder 
Sporen-  noch  Kapselbildung  beobachten  können. 

Bei  einer  Temperatur  unter  20°  C ist  seine  Entwickelung  sehr 
langsam  und  beinahe  unmerklich,  bei  40°  C sehr  rasch,  aber  bei 
45°  C nimmt  sie  sofort  ab  und  bei  50 — 60°  stirbt  der  Pilz  unfehlbar 
nach  15  Minuten  ab.  Sublimatlösungen  von  */ 2 — 1 pro  mille  und 
Phenollösungen  von  2,5 — 5 Proz.  töten  ihn  binnen  wenigen  Augen- 
blicken oder  spätestens  in  einigen  Minuten.  Er  widersteht  jedoch 
der  Einwirkung  von  gesättigter  Salzlösung  während  30 — 40  Minuten, 
von  3-proz.  Natronlösung  während  höchstens  10—15  Minuten,  ln 
Bouillon  mit  bis  höchstens  1 — 2 Proz.  Milchsäure  kann  er  noch 
vegetieren.  In  diesen  Fällen  jedoch,  sowie  unter  anderen  ungünstigen 
Lebensbedingungen  zeigt  die  Kultur  einen  gewissen  Rückgang  und 
viele  Degenerations-  oder  Involutionsformen,  jedoch  nicht  ästige;  die 
Gasentwickelung  und  mit  ihr  auch  die  Vitalität  des  Pilzes  erfahren 
dadurch  eine  merkbare  Schwächung.  Die  Eintrocknung  bei  35°  C 
vernichtet  ihn  in  wenigen  Tagen  (höchstens  in  1 Woche).  Eine  zwei- 
monatliche Kultur  zeigt  noch  keine  Abschwächung  seiner  Lebenskraft. 
In  Gefäßen  bildet  er  einen  Niederschlag  und  möglicherweise  findet 
er  sich  in  den  tieferen  Lagen  der  Luft,  im  Wasser  u.  s.  w.  der 
Molkereien,  sowie  in  der  Milch  und  in  der  frischen  Käsemasse. 

Impft  man  ihn  in  frische  und  normale  Milch  und  macht  man 
aus  derselben  einen  Hartkäse,  so  bringt  er,  auch  bei  einer  Temperatur 
unter  20°  C,  eine  merkbare  Blähung  mit  großen  Löchern  besonders 
in  den  oberflächlichen  Teilen  des  Käses  hervor.  Er  verwandelt  die 
Molke  in  ein  schäumendes  und  nicht  unangenehm  schmeckendes  Ge- 
tränk. Die  infizierte  Molke  hat  weder  bei  Hunden  noch  bei  mir 
selbst  irgendwelche  Magenstörungen  hervorgebracht.  Die  Tierversuche 
haben  bis  jetzt  keine  pathologischen  Erscheinungen  verursacht. 

Alles  in  allem  unterscheidet  sich  dieser  Hefepilz  merklich  von 
den  Hefepilzen  des  Bieres  und  des  Weines  von  den  bis  jetzt  von 
Adametz  (5),  Freudenreich  (2),  Kayser  (3)  und  anderen  in 
Fällen  von  Käseblähuugen  beschriebenen  und  studierten  Mikro- 
organismen. 

Ich  schlage  deshalb  vor,  ihn  Lactomyces  inflans  casei- 
grana  (Milchzucker  vergärender,  Blähungen  verursachender  Hefepilz 
des  Granakäses)  zu  nennen  im  Hinblick  auf  den  von  ihm  hauptsäch- 
lich veränderten  Stoff,  seine  verderbliche  Wirkung  und  seine  Her- 
kunft; auch  habe  ich  die  Absicht,  in  nächster  Zeit  eingehendere 
chemisch-physiologische  Untersuchungen  über  diesen  Hefepilz  aus- 
zuführen. 


t’eber  einen  Milchzucker  vergärenden  etc  neuen  Hefepilz. 


551 


Aus  dem  bisher  Gesagten  und  aus  vielen  anderen  Beobachtungen 
folgt,  daß  dieser  Pilz  schädlich  und  nützlich  zugleich  sein  kann,  indem 
er  einerseits  Käseblähungen  verursacht,  andererseits  aus  der  Molke 
ein  angenehmes,  erfrischendes  und  billiges  Getränk  machen  kann. 


Fig.  2.  Schnitt  durch  einen  Kontroll-  Fig.  3.  Schnitt  durch  einen  mit  der  Hefe 
käse.  geimpften  Käse.  (Vergr.  3fach.) 


Gestützt  auf  diese  Angaben,  sei  es  mir  gestattet,  folgende  Schlüsse 
zu  ziehen: 

1)  Dieser  Pilz  ist  eine  saprophyte,  nicht  pathogene,  nicht  chromo- 
gene,  fakultativ  aerobe,  unbewegliche,  elliptische,  durch  einseitige 
Sprossung  sich  auszeichnende,  die  Milch  zum  Gerinnen  bringende, 
hauptsächlich  aber  Milchzucker  vergärende,  Kohlensäure  und  Alkohol 
bildende  Hefeart,  die  wahrscheinlich  in  dem  Wasser,  in  dem  Lab,  in 
der  Luft  der  Molkereien,  ferner  in  der  Milch  und  in  der  frischen 
Käsemasse  Vorkommen  kann. 

2)  Er  kann  die  Blähung,  auch  der  harten  Käse,  verursachen, 
hauptsächlich  im  Sommer,  in  warmen  Lokalen,  bei  gewärmter  und 
längere  Zeit  stehen  gebliebener  Milch. 

3)  Durch  Anwendung  einer  nicht  allzuhohen  Temperatur  ist  man 
leicht  imstaude,  ihn  zu  vernichten,  indem  z.  B.  der  Bruch  während 
10 — 15  Minuten  auf  55 — 60°  erwärmt  wird.  Infizierte  Geräte,  Boden 
und  Wände  lassen  sich  daher  durch  siedendes  Wasser  leicht  des- 
infizieren. 


552 


N.  Cholodkowsky, 


4)  Dieser  Pilz  kann  zur  Vergärung  von  Molke  gebraucht  werden, 
die  er  in  ein  angenehm  schmeckendes,  alkoholisches  Getränk  ver- 
wandelt. Zu  diesem  Zwecke  könnte  man  ihn  mit  einer  Hefeart  des 
Weines  vermischen  und  der  Molke  einen  kleinen  Zucker-  und  Wein- 
säurezusatz beifügen. 

Es  bleibt  mir  noch  meinen  hochgeehrten  Lehrern,  Herrn  Prof. 
Dr.  Tavel,  und  seinem  Assistenten,  Herrn  Dr.  Krumbein,  sowie 
Herrn  Dr.  von  Freudenreich,  Direktor  des  bakteriologischen 
Laboratoriums  der  Molkereischule  der  Rütti  bei  Bern,  die  mir  mit 
Rat  und  That  zur  Seite  standen,  meinen  Dank  auszusprechen. 

Bakteriologisches  Laboratorium  der  Universität  Bern, 

März  1894. 

Litteratur. 

1)  Die  Bakteriologie  in  der  Milchwirtschaft  Basel  1893.  p.  36—43. 

2)  Landw.  Jahrbuch  der  Schweiz.  Bd.  IV.  1890.  p.  17 — 26.  Ueber  einen  neuen  im 
geblähten  Käse  gefundenen  Bacillus.  (Annales  de  Micrographie.  T.  111.  1890 — 91. 

p.  161.) 

3)  Annales  de  Micrographie.  T.  II.  p.  353  und  Milchindustrie.  1890.  No.  8. 

4)  Ueber  die  Ursachen  und  Erreger  der  abnormalen  Reitungsvorgänge  beim  Käse 
(Erweiterter  Separat-Abdruck  aus  der  „Milchzeitung“.  Bremen  1893.  p.  54  — 55.) 

5)  Die  Aufzählung  der  einzelnen  Arten  innerhalb  der  verschiedenen  (iruppen  gebt  in 
der  Arbeit  von  Adam  et  z nach  der  Zeitfolge  ihrer  Auffindung  vor  sich. 


Ueber  eine  neue  Species  von  Taenia, 

Von 

Dr.  N.  Cholodkowsky, 

Professor  der  Zoologie  au  der  kais.  Militär-Medizinischen  Akademie  zu  St.  Petersburg. 

Mit  2 Figuren. 

Im  Dezember  1893  und  im  Januar  1894  habe  ich  vom  St.  Peters- 
burger Schlachthofe  8 Exemplare  von  Tänien  bekommen,  nämlich 
3 Exemplare  aus  dem  Darme  vom  Schweine  und  5 vom  Rinde. 
Sämtliche  Exemplare  gehörten  zu  einer  und  derselben  Art,  die  sich 
bei  näherer  Untersuchung  als  eine  neue  Species  erwies,  welche  ich 
zu  Ehren  meines  verstorbenen  Lehrers  und  Vorgängers  im  Amte, 
Prof.  Dr.  Ed.  Brandt,  Taenia  Brand ti  nenne. 

Diese  Tänie  ist  ca.  3 m lang  und  in  ihrem  hintersten  Teile 
10  mm  breit.  Der  Kopf  ist  rundlich-viereckig,  ohne  Haken,  mit  vier 
starken  Saugnäpfen  und  einem  kurzen,  stumpfen  Rostellum  versehen, 
1 mm  breit.  Der  Hals  ist  etwa  um  ein  Drittel  enger  als  der  Kopf 
und  ca.  7 mm  lang.  Die  ersten  Proglottiden  sind  sehr  kurz,  einen 
Meter  hinter  dem  Kopfe  sind  dieselben  etwa  5 mm  breit  und  1,25  mm 
lang,  die  hintersten  sind  2,50  mm  lang  bei  einer  Breite  von  10  mm. 
Die  Geschlechtsöffnungen  liegen  randständig,  unregelmäßig  alternie- 
rend, bald  an  der  rechten,  bald  an  der  linken  Seite  der  Glieder. 
Der  Uterus  hat  die  Gestalt  eines  langen,  geschlängelten  Kanales, 
welcher  quer  von  rechts  nach  links  durch  die  Proglottis  verläuft  und 


Ueber  eine  neue  Species  von  Taenia. 


553 


zahlreiche,  ebenfalls  geschlängelte  Aeste  nach  vorn  und  nach  hinten 
abgiebt;  die  vorderen  Aeste  sind  notwendigerweise  viel  kürzer  als 
die  hinteren,  da  der  Hauptstamm  des  Uterus  nahe  dem  Vorderrande 
der  Proglottis  liegt  (vgl.  Fig.  1).  Die  Hoden  liegen  im  Randfelde, 
nach  außen  von  den  großen  Wassergefäßstämmen,  bestehen  aus  zahl- 
reichen rundlichen  oder  ovalen  Bläschen  und  sind  nur  in  unreifen 
Proglottiden,  d.  h.  wo  der  Uterus  noch  nicht  die  volle  Ausbildung 
erreicht,  komplett  zu  beobachten,  während  in  reiferen  Proglottiden  der 
größte  Teil  der  Hodenbläschen  (wenn  nicht  alle)  reduziert  oder  ver- 
schwunden ist-  Außer  den  genannten,  für  alle  Tänieu  typischen 
Hodenbläschen  giebt  es  bei  unserer  Tänie  noch  eine  Anzahl  läng- 
lich-ovaler Drüsenfollikel,  die  eine  kompakte,  sich  mit  Karmin  stark 


Fig  2.  Zwei  fast  reife  Proglottiden  von  Taenia  Brandt!  sp.  n.  ; ut  Uterus, 
ov ■ Ovarium,  vt  Dottorstoek,  cb  Cirrusbeutel,  c Cirrus,  vg  Vagina,  w^WassergefäRstamm, 
ac  accessorische  männliche  Geschlechtsdrüse. 


färbende,  dem  Cirrusbeutel  aufsitzende  Drüsenmasse  bilden  (Fig.  1 
u.  2 ac).  Diese  Drüsenraasse,  die  vielleicht  nur  eine  besondere  Portion 
der  Hoden  bildet  oder  wohl  eine  accessorische  männliche  Geschlechts- 
drüse ist,  erscheint  sehr  früh,  noch  ehe  die  ersten  Spuren  des  Uterus 
aufgetreten  sind  und  bleibt  fortbestehen,  wenn  der  Uterus  vollkommen 
entwickelt  und  die  typischen  Hodenbläschen  schon  verschwunden  sind. 
Sie  wiederholt  sich  also  im  Randfelde,  unregelmäßig  alternierend,  bald 
auf  der  linken,  bald  auf  der  rechten  Seite  der  Glieder.  Die  Cirri 
(Penes)  ragen  sehr  oft  aus  der  Geschlechtsöffnung  heraus.  Die 
Ovarien  und  Dotterstöcke  liegen  ebenfalls  alternierend,  bald  rechts, 
bald  links,  dicht  neben  dem  Randfelde,  nach  innen  von  den  Wasser- 
gefäßstämmen. Die  Eier  sind  klein,  rundlich-oval  (0,02  mm  im  größten 
Durchmesser),  sehr  düunschalig  und  zu  4—6  oder  mehr  Stück  von 
besonderer  Kapsel  umgeben.  Die  beschalteu  Eier  befinden  sich  nur 
in  den  hintersten  Proglottiden,  wo  der  stark  entwickelte  Uterus  fast 
die  ganze  Proglottis  ausfüllt  und  seine  zahlreichen,  sehr  breit  ge- 


554 


N.  C h o 1 o d k o W5  k )■ , Uebpr  eine  neue  Species  von  Taenia. 


wordene»  Aeste  dicht  aneinander  liegen.  Im  einem  240  cm  langen 
Exemplare  von  unserer  Tänie  enthielten  die  hintersten  Proglottiden 
noch  keine  beschälten  Eier. 

Daß  die  soeben  beschriebene  Tänie  im  Darme  vom  Schweine 
lebt,  ist  sehr  interessant,  und  das  ist,  meines  Wissens,  überhaupt  der 
erste  bekannt  gewordene  Fall  des  Vorhandenseins  einer  ausgebildeten 
Tänie  im  Darmkanale  des  Schweines.  Vergleicht  man  unsere 
Tänie  mit  den  übrigen  bis  jetzt  beschriebenen  Tänien  der  Säuge- 
tiere, so  steht  dieselbe  unzweifelhaft  der  Taenia  ovilla  Rivolta 
am  nächsten  1).  Die  Aehulichkeit  springt  besonders  in  die  Augen, 
wenn  man  eine  reife  Proglottis  von  T.  ovilla  mit  einer  unreifen 


Fig.  2.  Eine  unreife  Proglottis  von  Taenia  Brand  ti  sp.  n.  ; t Hudenhläschen ; die 
übrigen  Buchstaben  wie  in  Fig.  1. 


Proglottis  der  Taenia  Brand  ti  (Fig.  2)  vergleicht.  Die  Taenia 
Brand  ti  unterscheidet  sich  aber  von  der  Taenia  ovilla  durch 
folgende  Merkmale:  1)  durch  größere  Dimensionen,  2)  durch  die 
stark  verzweigte  Form  des  Uterus,  der  bei  T.  ovilla  im  reifen  Zu- 
stande einen  einfachen,  beschälte  Eier  enthaltenden  Gang  bildet, 
3)  durch  die  besonderen,  oben  beschriebenen  Verhältnisse  der  Hodeu- 
bläschen,  4)  durch  die  Anwesenheit  der  oben  beschriebenen  acces- 
sorischen  männlichen  Geschlechtsdrüse. 

Eine  ausführlichere  Beschreibung  und  Abbildungen  der  Taenia 
Brand  ti  werde  ich  an  einem  anderen  Orte  publizieren. 

o . T-)  . , 26.  Februar  1on. 

St.  Petersburg,  - -.j.:--  1894. 

° 10.  Marz 


1)  Vgl.  Rivolta,  Giornale  die  anatomia  , fisiologia  e patologia  degli  animali. 
1878.  p.  302;  R.  Moniez,  Comptes  rendus  Ac..  Sc  Paris  T.  JjXXXVIÜ.  1879 
p.  1094;  PerroDcito,  I parassiti  dell’  uomo  c degli  animali  utili.  p.  246.  Milano 
1882;  Neu  mann,  Trait4  des  maladies  parasitaires  de  l’hommc  ct  des  animaux  dome- 
stiques.  p.  408 — 409.  Paris  1892  Neumann  hat  Präparate  von  Rivolta,  Moniez 
und  Perron  cito  gesehen  und  behauptet,  daß  die  von  Rivolta  unter  dem  Namen 
,,  ovilla“  beschriebene  Tänie  mit  der  Moniez 'scheu  Species  ,,Giardi“  und 
Perron  cito ’s  „aculeata“  identisch  sei.  Moniez  sagt  aber  von  seiner  Taenia 
Giardi,  daß  dieselbe  an  beiden  Enden  des  quer  verlaufenden  Uterus  Ovarien 
besitzt,  was  bei  T.  ovilla,  nach  der  Abbildung  Neumann ’s  (Präparat  von  Ri- 
volta) zu  urteilen,  nicht  der  Fall  ist. 


Zettnow,  Reinigung  verschmutzter  Objektträger  und  Deckgläser.  555 


Reinigung  verschmutzter  Objektträger  und  Deckgläser. 

Von 

Prof.  Dr.  Zettnow 

in 

Berlin. 

Folgende  Flüssigkeit  gestattet,  mit  Del  oder  Kanadabalsam  ver- 
schmutzte Objektträger  und  Deckgläser  ohne  erhebliche  Mühe  zu 
reinigen , und  reichen  2 Liter  der  Flüssigkeit  aus , um  5 — 6mal 
hintereinander,  jedesmal  150 — 200  Stück  Objektträger  und  etwa 
300  Deckgläser  zu  reinigen: 

200  g rotes  chromsaures  Kali  übergießt  man  mit  2 Liter  heißen 
Wassers  und  setzt  hierauf  allmählich  und  unter  stetem  Umrühreri 
200  ccm  konzentrierte  rohe  Schwefelsäure  hinzu.  Die  in  Freiheit 
gesetzte  Chromsäure  oxydiert  das  Harz  und  verwandelt  es  in  eine 
am  Glase  nicht  oder  nur  wenig  adhärierende  Masse.  Da  die  Flüssig- 
keit ihre  Wirkung  nur  an  denjenigen  Stellen  ausüben  kann,  an 
welchen  sie  das  Harz  berührt,  so  ist  es  notwendig,  die  Deckgläser 
von  den  Objektträgern  abzukitten.  Man  hält  zu  diesem  Zwecke  den 
Objektträger,  das  Deckglas  nach  unten  gekehrt,  2 — 3 Sekunden  lang 
über  eine  kleine,  etwa  2 cm  hohe  Bunsenflamme;  alsdann  läßt  sich 
auch  bei  jahrelang  aufbewahrten  Präparaten  das  Deckglas  leicht 
mit  dem  Fingernagel  vom  Objektträger  herunterschieben  und  in  etwa 
300  ccm  Reinigungsflüssigkeit  werfen,  während  der  Objektträger  in 
den  Rest  der  Flüssigkeit  eingelegt  wird.  Hat  die  Reinigung  keine 
Eile,  so  läßt  man  die  Objektträger  2 — 3 Tage  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  in  der  Flüssigkeit  liegen  und  hat  hierauf  nur  nötig,  sie 
von  den  nicht  mehr  schmierenden  oxydierten  Substanzen  durch  Ab- 
spülen mit  kaltem  Wasser  resp.  Abreiben  mit  einem  Lappen  zu 
befreien  und  abzutrocknen.  2 — 4 Proz.  der  Objektträger  pflegen  an 
einzelnen  Stellen,  an  welchen  besonders  viel  Harz  sich  befand,  noch 
nicht  völlig  sauber  zu  sein ; bei  diesen  vollendet  man  die  Reinigung 
durch  Abwischen  mit  Hilfe  eines  durch  Alkohol  angefeuchteten 
Tuches. 

Bei  den  Deckgläsern  verbietet  sich  eine  mechanische  Reinigung 
der  leichten  Zerbrechlichkeit  wegen  und  kann  man  bei  ihnen  ein 
zweimaliges  Abkochen  nicht  umgehen.  Sind  sämmtliche  Deckgläser 
nach  dem  Abkitten  in  die  in  einer  Porzellanschale  oder  einem 
Becherglase  befindliche  Flüssigkeit  geworfen,  so  setzt  man  dieselbe  in 
einen  Topf  mit  kochendem  Wasser,  resp.  erhitzt  sie  über  der  freien 
Flamme  etwa  10  Minuten  lang,  indem  man  ab  und  zu  durch  Um- 
schwenken dafür  Sorge  trägt,  daß  die  Flüssigkeit  überall  zwischen 
die  Deckgläser  dringt  Das  geschmolzene  Harz  kommt  als  grünliche 
Masse  an  die  Oberfläche  und  läßt  sich  mit  steifem  oder  4fach  zu- 
sammengelegtem gewöhnlichen  Papier  leicht  entfernen.  Man  unter- 
lasse nicht  gut  umzuschwenken  und  mit  einem  Glasstabe  die  Deck- 
gläser vorsichtig  umzurühreu,  damit  auch  alle  Teile  derselben  in 


556 


Säuregehalt  des  Brotes. 


innige  Berührung  mit  der  Reinigungsflüssigkeit  kommen.  Hierauf 
wird  die  Flüssigkeit  abgegossen,  die  Deckgläser  einige  Male  mit 
kaltem  Wasser  abgespült,  und  ein  wenig  verdünnte  Natronlauge  auf 
dieselben  gegossen.  Diese  löst  beim  Erwärmen  und  Umschwenken 
die  Hauptmasse  des  noch  adhärierenden  Harzes  auf,  so  daß  die  Mehr- 
zahl der  Deckgläser  bereits  sauber  erscheint.  Man  läßt  die  Natron- 
lauge etwa  5 Minuten  einwirken,  gießt  sie  fort,  kocht  die  Deckgläser 
nach  dem  Abspülen  mit  Wasser  zum  zweiten  Male  mit  der  Reini- 
gungsflüssigkeit etwa  5 Minuten  lang,  spielt  von  neuem  mit  Natron- 
lauge, Wasser  und  schließlich  2mal  mit  etwas  Alkohol  ab;  der 
letztere  erleichtert  in  hohem  Maße  das  Putzen  der  Deckgläser.  Um 
letztere  Operation  schnell  und  möglichst  ohne  Bruch  zu  vollziehen, 
legt  man  eine  Anzahl  Deckgläser  aus  dem  Alkohol  auf  eine  Glas- 
platte, schiebt  mit  den  Fingern  der  rechten  Hand  ein  Deckglas  bis 
an  den  Rand  der  Platte,  faßt  es  mit  dem  Daumen  und  Zeigefinger 
der  rechten  Hand,  welche  auf  diese  Weise  durch  etwas  Alkohol  ge- 
feuchtet werden,  nimmt  es  hierauf  in  die  linke  Hand  und  trocknet 
es  mit  der  rechten  Hand  unter  Verwendung  eines  feinen,  möglichst 
abgewascheneu  Tuches.  200  Deckgläser  putzt  man  in  etwa  1 Stunde. 
Nach  dem  Ausglühen  auf  einem  Eisenbleche  sind  dieselben  tadellos 
rein.  — Sollen  Objektträger  schnell  gereinigt  werden,  so  genügt  bei 
diesen  einmaliges  Erhitzen  mit  der  Reinigungsflüssigkeit  und  Ah- 
spülen  mit  kaltem  Wasser.  Zum  Abkitten  von  200  Objektragern 
sind  etwa  lQj  Stunden  erforderlich;  zum  Abkochen  der  Deckgläser 
30 — 40  Minuten. 

Berlin,  16.  März  1894. 


Referate. 


Lehmann,  K.  B.,  Qualitative  und  quantitative  Unter- 
suchungen über  den  Säuregehalt  des  Brotes.  (Archiv 
für  Hygiene.  Bd.  XIX.  1893.  Heft  4.) 

Die  Untersuchungen  Leb  mann ’s  befassen  sich  mit  der  Natur 
der  Brotsäuren,  ihrer  qualitativen  und  quantitativen  Bestimmung 
einerseits,  mit  dem  Säuregehalte  des  deutscheu  Brotes  andererseits. 
Die  saure  Reaktion  des  Brotes  ist  mindestens  durch  zwei  verschiedene 
Substanzen  bedingt,  erstens  durch  freie  organische  Säure,  die  mau 
riecht  und  abdestillieren  kann,  und  zweitens  durch  saures  phosphor- 
saures Kali,  entstanden  durch  chemische  Umsetzung  von  bei  der 
Gärung  neu  entstandener  organischer  Säure  mit  den  im  Mehl  präexi- 
sticrenden  neutralen  Phosphaten.  Die  quantitative  Bestimmung  der 
Brotsäure  kann  einfach  durch  Titrierung  des  zu  Brei  erweichten 
Brotes  gemacht  werden,  und  ergiebt,  daß  ein  Brot  so  viel  Säuregrade 
enthält,  als  Kubikcentimeter  Normalnatronlauge  zur  Titrierung  von 
100  g frischer  Krume  unter  Anwendung  von  Phenolphthalein  als 
Indikator  notwendig  sind. 


Säuregehalt  des  Brotes 


557 


Die  in  den  verschiedenen  Brotsorten  enthaltene  Acidität  setzt 
sich  in  der  Regel  etwa  zu  gleichen  Teilen  aus  freien  ätherlöslichen 
Säuren  und  sauren  Phosphaten  zusammen,  in  selteneren  Fällen  können 
die  freien  Säuren  auf  1/3  der  Gesamtacidität  sinken  und  auf  a/3 
steigen.  Was  die  Frage  der  Art  der  im  Brote  enthaltenen  Säuren 
anlangt,  so  enthält  jedes  mittelstark  saure  Brot  Essigsäure  und 
Milchsäure  in  so  reichlichen  Mengen,  daß  der  Nachweis  sicher  er- 
bracht werden  kann.  Daneben  fehlt  nie  eine  geringe  Menge  einer 
höheren  Fettsäure,  auch  Ameisensäure  und  Aldehyd  scheinen  bis- 
weilen spurenweise  vorhanden.  Dagegen  konnte  Buttersäure  bisher 
in  keinem  Brote  nachgewiesen  werden,  dürfte  aber  auch  zuweilen 
Vorkommen.  Von  diesen  Säuren  nimmt  die  Essigsäure  in  fast  allen 
Broten  weitaus  die  wichtigste  Stelle  ein;  ihr  Prozentsatz  beträgt 
fast  nie  unter  50  Proz.,  meist  aber  nahezu  zwei  Drittel  der  Gesamt- 
säure. In  den  Rest  teilen  sich  die  nichtflüchtigen  Säuren  in  ziemlich 
unregelmäßiger  Weise.  Den  größeren  Teil  hicrvou  nimmt  die  Milch- 
säure für  sich  in  Anspruch,  während  der  übrige  Teil  durch  eine  der 
Oelsäurc  nahestehende  Säure  gebildet  wird,  die  vermutlich  in  einem 
Gemische  höherer  Fettsäuren  besteht  und  wahrscheinlich  aus  dem  Fette 
tles  Getreides  bei  der  Teig-  oder  Brotbereitung  abgespalten  wird. 
Endlich  wurde  in  einigen  Versuchen  auch  der  Nachweis  geführt,  daß 
neben  den  freien  organischen  Säuren  auch  organische  saure  Salze 
vorhandeu  sind,  deren  quantitative  Bestimmung  jedoch  ganz  besonders 
umständlich  ist,  da  der  Aether  nur  sehr  langsam  aus  wässeriger 
Lösung  die  organischen  Säuren  auszuschütteln  gestattet. 

Bei  der  Prüfung  der  einzelnen  Brotsorten  mit  dem  Geschmacks- 
sinne läßt  sich  nach  einiger  Uebung  der  Säuregehalt  sehr  gut  ab- 
sebätzen.  Auf  Grund  vielfacher  Versuche  des  Verf.’s  und  einer  für 
die  einzelnen  Brotsorten  aufgestellten  Tabelle  bezüglich  ihrer  Acidität 
zeigte  sich,  daß  bei  den  Schrotbroten,  d.  h.  Broten  aus  grob- 
gemahlenem Getreide  (fast  ausschließlich  Roggen)  ohne  Absonderung 
der  Kleie,  Brote  mit  starkem  Säuregehalte  viel  häufiger  Vorkommen, 
als  bei  den  übrigen  Roggen-  und  Weizenbroten,  und  daß  bei  den 
Weißbroten  die  hohen  Säuregehalte  ganz  fehlen. 

Als  eine  Hauptursache  des  hohen  Säuregehaltes  der  ländlichen 
Schrot-,  Schwarz-  und  Graubrote  muß  nach  diesbezüglichen  Versuchen 
die  zu  lange  dauernde  Gärung  unter  Anwendung  von  Sauerteig  an- 
gesehen werden.  Ebenso  ergiebt  sich,  daß  man  aus  jeder  Art  Mehl 
annähernd  säurefreie  Gebäcke  bereiten  kann,  indem  alle  mit  reiner 
Hefe  bereiteten  Brote  einen  niederen  oder  sehr  niederen  Säure- 
gehalt haben. 

Um  sich  endlich  noch  über  die  Säuregärung  von  Mehl-  und 
Wassermischungen  bei  verschiedenen  Temperaturen  zu  orientieren, 
stellte  Verf.  noch  eine  Reihe  von  Versuchen  an,  welche  ergaben,  daß 
Schrotmehlteige  viel  rascher  und  intensiver  gären,  als  Feinmehlteige. 
Warum  dies  der  Fall  ist,  wird  der  Gegenstand  weiterer  Unter- 
suchungen sein,  wie  auch  die  Fragen,  welche  Säuregehalte  vom 
hygienischen  Standpunkte  wünschenswert  seien,  in  späteren  Mitteilungen 
erörtert  werden.  Maaß  (Freiburg  i.  B.), 


558 


Bakterienflora  des  Atlantischen  Ocean. 


Russell, H.  L.,  The  bacterial  flora  of  the  Atlantic  Ocean 
in  the  vicinity  of  Woods  Holl,  Mass.  (The  Botanical  Ga- 
zette. 1893.  Vol.  XVIII.  p.  383,  411,  439.) 

Vor  kurzer  Zeit  veröffentlichte  der  Verf.  seine  „Untersuchungen 
über  im  Golfe  von  Neapel  lebende  Bakterien“  (Zeitschrift  f.  Hygiene. 
Bd.  XI.  p.  165),  und  seither  hat  er  seine  Studien  auf  die  itn  atlan- 
tischen Ozean  in  der  Umgegend  von  Woods  Holl,  Mass.,  U.  S.  A., 
gefundenen  Bakterien  ausgedehnt.  Die  angewandten  Methoden  sind 
wesentlich  dieselben,  wie  in  Neapel.  Das  Studium  der  Tiefsee- 
bakterien wie  in  Neapel  war  an  diesem  Orte  unmöglich  infolge  der 
Seichtigkeit  des  Ozeans,  dessen  Tiefe  innerhalb  des  Arbeitskreises 
des  Laboratoriums  65  Fuß  nicht  überstieg. 

Seine  Untersuchungen  zeigen,  daß  die  numerische  Verteilung  von 
Bakterien  im  Seewasser  in  verschiedenen  Tiefen  zwischen  der  Ober- 
fläche und  der  Bodenschicht  und  zwischen  der  Küstenlinie  und  einer 
Entfernung  von  20  Meilen  zwischen  weiten  Grenzen  variiert,  jedoch 
weniger  als  in  Süßwassern.  Die  wirkliche  Anzahl  Bakterien  auf  den 
ccm  variierte  von  einigen  Keimen  bis  zu  etwa  120.  Die  tieferen 
Schichten  des  Seewassers  waren  an  Bakterien  ebenso  reich,  wie  die 
Oberflächenschichten. 

Ueber  hundert  Prüfungen  des  Meeresbodens  zeigten,  daß  die 
Durchschnittszahl  der  Bakterien  auf  den  ccm  etwa  17  000  betrug  und 
die  Grenzen  des  Unterschiedes  sehr  weit  waren.  Diese  Zahl  ist  weit 
geringer,  als  die  in  Neapel  gefundene,  wo  der  Schlamm  in  Tiefen 
von  150  Fuß  oder  weniger  gewöhnlich  200 — 300000  Keime  auf  den 
ccm  enthielt.  Dieser  große  Unterschied  rührt  nicht  von  einem  Unter- 
schiede in  der  Temperatur  des  Wassers  an  diesen  Orten  her,  da  die- 
selbe an  beiden  Plätzen  annähernd  die  gleiche  war. 

Der  große  Unterschied  zwischen  der  Anzahl  der  auf  dem  Meeres- 
boden und  der  in  dem  darüber  liegenden  Wasser  gefundenen  Bakterien 
ist  großenteils  bestimmten  Arten  von  Bakterien  zuzuschreiben,  die 
sich  nur  im  Schlamme  finden.  So  zeigte  es  sich  in  Neapel,  daß  drei 
Arten,  die  ausschließlich  Schlammbakterien  waren,  wenigstens  35  Proz. 
aller  im  Schlamme  gefundenen  Bakterien  ausmachten.  Ebenso  ver- 
hält sich  das  in  Woods  Holl,  wo  verschiedene  Arten  gefunden  wurden, 
die  ausschließlich  Schlammbewohner  waren.  Außer  diesen  enthält  der 
Meeresboden  lebhaft  wuchernde  Bakterien,  die  vom  überliegenden 
Wasser  abgeleitet  sind.  Wie  in  Neapel,  so  wurden  auch  hier  Bak- 
terien im  Sporenzustande  in  verschiedenen  Tiefen  des  Wassers  und 
im  Schlamme  vom  Meeresboden  aufgefunden. 

Die  Mehrheit  der  in  Woods  Holl  isolierten  Bakterien  verflüssigen 
Gelatine,  und  keine  derselben  besitzen  pathogene  Eigenschaften.  Sie 
sind  alle  entschieden  aerob  und  besitzen  deutliche  reduzierende  Eigen- 
schaften, indem  sie  Nitrate  in  Nitrite  verwandeln.  Im  vegetativen 
Zustande  werden  sie  leicht  vom  direkten  Sonnenlichte  zerstört. 

In  dem  in  einer  Tiefe  von  450  Fuß  und  bei  einer  Entfernung 
von  100  Meilen  vom  Festlande  erhaltenen  Schlamme  fanden  sich 
zwei  Arten  Schlammbakterien,  die  nahe  beim  Ufer  sehr  zahlreich 
waren,  was  zeigt,  daß  die  im  Schlamme  gefundenen  Formen  über  eine 
beträchtliche  Ausdehnung  des  Meeresbodens  sich  erstrecken.  Der 


Bacillus  pyocyaneus  pericarrtitidis.  — Bacterium  coli  commune. 


559 


Bacillus  limosus,  eine  Art,  der  gewöhnlichen  Schlarambakterien, 
die  in  Neapel  bei  einer  Tiefe  von  3500  Fuß  isoliert  worden  war,  fand  sich 
als  ein  gewöhnlicher  Bewohner  des  Seeschlammes  bei  Woods  Holl, 
nahe  der  Küste  sowohl  wie  in  einer  Entfernung  von  100  Meilen  vom 
Lande. 

Die  Anzahl  der  in  dem  Wasser  und  dem  Schlamme  des  Meeres 
gefundenen  Arten  ist  nicht  sehr  groß.  Die  gewöhnlichsten  Formen 
sind  die  folgenden  4 neuen  Arten  : 

Bacillus  limicola, 

Bacillus  pelagicus, 

Bacillus  litorosus, 

Bacillus  maritimus, 

die  alle  im  Originale  ausführlich  beschrieben  werden. 

No vy  (Aun  Arbor). 

Harold,  C.  Ernst,  The  Bacillus  pyocyaneus  pericardi- 
tidis.  (The  American  journal  of  the  medical  Sciences.  1893. 
October.  No.  258.) 

Der  Herzbeutel  eines  an  exsudativer  Pericarditis  erkrankten 
47- jährigen  Arbeiters  wurde  mehrfach  aseptisch  punktiert  und 
daraus  große  Mengen  einer  klaren,  bernsteingelben,  leicht  alkalischen, 
wenig  absetzenden  Flüssigkeit  gewonnen.  Sie  koagulierte  bei  Hitze 
und  wurde  sterilisiert  ein  guter  Nährboden  für  einen  in  ihr  neben 
dem  Tuberkclbacillus  gefundenen  Keim.  Dieser  letztere  lag  meist  in 
Zellen  und  ließ  sich  kulturell  als  eine  bisher  nicht  beschriebene  Abart 
des  Bacillus  pyocyaneus,  den  Verf.  mit  dem  Epitheton  „P e r i- 
carditidis“  belegt,  erkennen.  Von  dem  B.  pyocyaneus  Gessard 
und  B.  pyocyaneus  ß (Ernst)  unterscheidet  er  sich: 

1)  Durch  die  blau-grüne  Farbe  der  Gelatine  platten- 
kultur  bei  reflektiertem  Lichte,  welche  von  der  gelbgrünen  der 
anderen  Arten  wesentlich  abweicht. 

2)  Frische  Agar  kulturell  sind  trocken  und  haben  einen  metal- 
lischen Schimmer  bei  ihrem  blaugrünen  Charakter.  Alte  Agarkulturen 
sind  feucht,  erhaben  und  nußbraun. 

3)  Die  Kultureu  in  Peptonlösungen  verschiedener  Stärke  sind 
mehr  grün,  die  der  anderen  Arten  mehr  blau. 

4)  Die  Kulturen  in  Gelatine  und  Bouillon  reagieren  viel  heftiger 
auf  Säureu  und  Alkalien,  als  die  anderer  Arten.  Bei  Zufügen  von 
Säuren,  sowohl  organischer,  als  anorganischer,  werden  sie  rot;  bei 
Zufügung  von  Alkalien  erscheint  ein  leuchtendes  Grasgrün. 

Mikroskopisch  sind  von  Gelatinekulturen  gefertigte  Prä- 
parate von  anderen  Arten  nicht  zu  differenzieren,  dagegen  kontra- 
stieren die  in  Pep  ton  lös  ungen  gezogenen  schlanken,  langen 
Stäbcheu  stark  zu  den  kurzen,  ovalen  der  anderen  Arten. 

Kurt  Müller  (Halle). 

Kiefsling,  Das  Bacterium  coli  commune.  (Hygieu.  Rund- 
schau. 1893.  No.  16.) 

K.  giebt  ein  sehr  ausführliches  zusammenfassendes  Referat  über 
die  bisherigen  Arbeiten,  welche  sich  mit  dem  Bact,  coli  com- 


560 


Bocter'ium  coli  commune. 


mune  befassen.  Für  ein  eingehendes  Studium  muß  auf  das  Original 
verwiesen  werden ; hier  müssen  wir  uns  auf  die  Wiedergabe  der 
wichtigsten  Thatsachen  beschränken.  Das  Bact.  coli  commune 
ist  ein  sehr  polymorpher  Bacillus,  durchschnittlich  2 — 3 /<  und 
0,4— 0,6  [i  breit;  je  nach  dem  Nährboden  und  den  übrigen  Wachs- 
tumsbedinguugen  verschieben  sich  diese  Zahlen  etwas.  Sporenbildung 
ist  nie  beobachtet  worden.  Das  Bact.  nimmt  alle  Anilinfarben  — 
z.  T.  etwas  langsam  — auf,  wird  durch  die  Gram’sche  Methode 
entfärbt.  Eigenbeweguug  mittelst  vorhandener  Geißelfäden  (4 — 6, 
nach  Anderen  2—3)  ist  beobachtet. 

In  Nährgelatine  gedeiht  das  Bact.  coli  comm.  gut,  ohne  dieselbe 
zu  verflüssigen.  Die  Kolonieen  sehen  milchglasähnlich  aus,  in  der 
Mitte  am  dicksten;  sie  haben  bei  durchfallendem  Lichte  einen  iri- 
sierenden Glanz.  Die  tieferen  Kolonieen  der  Platten  entwickeln  sich 
— Dach  Büchner  wegen  Sauerstoffmangels  — weniger  kräftig.  Der 
Geruch  der  Platten  ist  smegmaartig.  Im  Gelatineimpfstich  entwickelt 
sich  ein  gelblich-weißer  Faden,  der  aus  kleinen  Kugeln  besteht. 

Schwach  alkalische  Fleischwasserbouillon  wird  vom  Bact.  coli 
comm.  in  1 — 2 Tagen  getrübt;  nach  einigen  Tagen  scheidet  sich 
die  Bouillon  in  eine  obere  klare,  fast  keimfreie  und  in  eine  untere 
getrübte,  bakterienreiche  Schicht.  25  Tage  nach  der  Impfung  be- 
ginnt Schwefelwasserstoffoildung.  Auf  Kartoffeln  entwickelt  sich  bei 
Zimmertemperatur  ein  dicker,  bräunlich-gelber  Rasen,  der  sich  sehr 
schnell  ausbreitet.  Doch  spielen  hier  Reaktion  und  Alter  des  Nähr- 
bodens eine  große  Rolle. 

In  steriler  Milch  gedeiht  das  Bact.  gut;  es  koaguliert  dieselbe 
bei  Brühofentemperatur  in  2 — 3 Tagen  unter  Säurebildung.  Die  zu- 
meist feinen  Gerinnsel  schließen  sich  zu  einem  festen  Klumpen  zu- 
sammen, der  in  dem  klaren  Serum  zu  Boden  sinkt  und  die  gesamte 
Kulturmasse  enthält.  Beifügung  von  Eiweißkörpern  befördert  das 
Wachstum  und  beschleunigt  die  Gerinnung.  In  frischer  Milch  zer- 
setzt das  Bact.  ein  Drittel  des  ursprünglich  vorhandenen  Kaseins 
und  ein  Sechstel  des  Zuckers,  während  es  auf  die  Fette  fast  ohne 
Einfluß  ist.  Bei  Anwesenheit  peptonartiger  Verbindungen  bewirkt  es 
nach  Büchner  Gas-  und  Säurebildung  in  Fleischextraktlösungen, 
denen  Rohr-,  Milch-  oder  Traubenzucker  beigemischt  ist.  Sein  Re- 
duktionsvermögen wurde  zuerst  von  Soramaruga  sichergestellt, 
der  der  Bouillon  Rosolsäure  zusetzte.  Auch  im  Rosolsäureagar  zeigte 
sich  das  Reduktionsvermögen  des  Bact.,  nicht  so  in  Rosolsäuregela- 
tiue.  Was  die  Bildung  eines  diastatischen  Fermentes  anlangt,  so 
wurde  dieselbe  von  Baginski  iu  Abrede  gestellt;  dagegen  fand 
Ferni  ein  diastatisches  Ferment,  das  zwischen 4°  und  50°  die  Wirkung 
behält,  bei  37°  sein  Optimum  hat,  durch  Erwärmung  auf  70°  oder 
Zusatz  von  5 Proz.  Salzsäure  oder  3 Proz.  Karbolsäure  zerstört  wird. 
Die  Indolreaktion  ist  positiv  bei  Anwesenheit  von  Pepton  oder  von 
Eiweiß  und  Fermenten,  die  dieses  in  Pepton  umzuwaudeln  ver- 
mögen. 

Ferner  wächst  das  Bact.  coli  gut  in  Jequirity-Nährböden  in 
Kokosmilch,  in  Galle,  im  sterilem  Urin,  in  welchem  es  langsam  den 
Harnstoff  in  kohlensaures  Ammoniak  umsetzt.  Iu  Mischkulturen  wächst  es 


ßacterium  coli  cotnmune. 


561 


neben  Cholera-  und  Typhusbacillen  ungestört  weiter,  ebenso  wächst 
es  gut  in  faulenden  Faeces.  Unter  Einwirkung  künstlichen  Magen- 
saftes haben  Keime  und  gut  entwickelte  Kulturen  schon  nach  4 Mi- 
nuten ihre  Lebensfähigkeit  verloren.  Direktes  Sonnenlicht  wirkt 
sehr  schnell  abtötend,  weniger  intensiv  diffuses  Tageslicht.  Die  An- 
gaben über  die  Temperatur,  die  das  Bact.  verträgt,  zeigen  große 
Differenzen.  Nach  Roux  kann  es  bis  +80°  erwärmt,  und  nach 
Büchner  bis  — 20 — 24°  abgekühlt  werden,  ohne  abzusterben. 
Ebenso  zeigt  es  gegen  Austrocknung  große  Widerstandsfähigkeit. 
Escherich  fand  bei  Luftabschluß  eine  Einwirkung  auf  das  Bact. 
nur  in  Nährböden,  die  Pepton  oder  Traubenzucker  enthielten. 

Was  die  pathogene  Bedeutung  des  Bact.  coli  comm.  für  Tiere 
anlangt,  so  sind  überaus  zahlreiche  Impfungen  vorgenommen  worden. 
Emmerich  erhielt  fast  immer  ein  choleraähnliches  Bild;  in  anderen 
Fällen  kam  es  zur  Entwickelung  von  Peritonitis  oder  Septikämie  oder 
nur  zur  lokalen  Abceßbildung.  Guyon  rief  durch  Einbringung  des 
Bact.  in  die  Blase  bei  Ligatur  der  Urethra  Cystitis  hervor.  Zahl- 
reiche Versuche  lehren,  daß  sowohl  das  Bact.  selbst  wie  seine  Stoff- 
wechselprodukte die  Erkrankungen  hervorrufen  können. 

Da  über  fand,  daß  Meerschweinchen,  welche  eine  einmalige  In- 
fektion mit  dem  Bact.  überstanden  hatten,  sich  viel  resistenter 
zeigten  und  größere  Mengen  ohne  Schaden  vertrugen. 

Was  die  pathogene  Bedeutung  des  Bact.  für  den  Menschen  be- 
trifft, so  ist  zwischen  pathogener  und  pyogener  Wirkung  zu  unter- 
scheiden. 

Von  den  Krankheiten  des  Verdauungstraktus  wurde  das  Bact. 
als  Erreger  des  infektiösen  Darmkatarrhs,  der  Dysenterie  und  der 
Cholera  angesehen;  während  die  Rolle,  die  es  für  die  beiden  ersten 
Krankheiten  spielt,  keine  ganz  sichere  ist,  ist  die  Behauptung 
Emmerich’ s,  daß  es  der  Erreger  der  Cholera  asiat.  sei,  wohl  als 
definitiv  widerlegt  anzusehen.  Dagegen  sind  einzelne  Forscher  ge- 
neigt, die  Symptome  des  Typboidstadiums  der  Cholera  auf  eine  se- 
cundäre  Infektion  mit  dem  Bact.  coli  comm.  zurückzufübren.  Bei 
Peritonitis  wurde  das  Bact.  wiederholt  im  Exsudate  gefunden  und 
war  bei  der  Uebertragung  auf  Tiere  pathogen.  Es  stammt  zumeist 
aus  dem  Darme,  den  es  normalerweise  nicht  verlassen  kann;  ist  da- 
gegen die  Schleimhaut  pathologisch  verändert,  so  vermag  es  durch 
die  Wandungen  hindurch  wohl  auf  den  Lymphwegen  in  die  Peri- 
tonealhöhle einzudringen.  In  einzelnen  Fällen  von  septischer  Allge- 
meininfektion und  schwerer  Pyämie  wurde  es  im  eiterigen  Exsudate 
der  Hirnhäute  gefunden.  Ebenso  ist  es  bei  Pericarditis,  ferner  in 
der  Leber  bei  eiteriger  Entzündung  der  Gallen wege  und  bei  Leber- 
abscessen  gefunden  worden;  über  seine  Bedeutung  als  Cystitiserreger 
sind  die  Untersuchungen  bisher  noch  nicht  eindeutig  genug;  von 
Lungenaffektionen  fand  es  sich  bei  sekundären  Bronchopneumonieen ; 
ferner  im  entzündeten  Endometrium , endlich  bei  Strumitis  und 
Scharlachangina  in  Fällen,  in  denen  gleichzeitig  noch  eine  Darmer- 
krankung bestand. 

Der  wichtige  Streitpunkt:  Sind  Typhusbacillen  uud  Bact.  coli 
comm.  zwei  gauz  verschiedene  Mikroben  oder  sind  sie  nur  zwei 


562 


Neue  Kommabacillen. 


Varietäten,  von  denen  die  eine  sich  in  die  andere  um  wandeln  läßt?  ist 
noch  nicht  entschieden.  Außer  geringen  morphologischen  uud  kul- 
turellen Differenzen  ist  hervorzuheben,  daß  der  Bac.  typh.  ab- 
dom.  Eberth  Milch  nicht  zur  Gerinnung  bringt,  ein  sehr  geringes 
Reduktionsvermögen  besitzt,  weder  Gas  in  zuckerhaltigen  noch  Indol 
in  peptonhaltigen  Lösungen  produziert,  gegen  Säure  und  Alkalien 
weniger  widerstandsfähig  ist,  als  das  Bact.  coli  comm,  Die  zum 
Nachweise  dieser  Differenzen  angegebenen  Untersuchungsmethoden 
sind  von  K.  ausführlich  wiedergegeben;  die  Mehrzahl  der  Forscher 
neigt  der  Ansicht  zu,  daß  diese  beiden  Bakterien  nicht  nur  Varie- 
täten, sondern  vollkommen  von  einander  zu  trennen  sind. 

In  Leichen  ist  im  unversehrten  Darme  das  Bact.  coli  nicht  au- 
zutretfen,  dagegen  begünstigen  Darmgeschwüre  die  Ansiedlung. 

Unter  normalen  Verhältnissen  fehlt  das  Bact.  fast  nie  im  Darm- 
kanale.  Nach  Escherich  gelangen  seine  Keime  schon  vor  der  ersten 
Nahrungsaufnahme  in  den  Darmkanal,  indem  sie  mit  der  Luft  und 
dem  Speichel  verschluckt  werden.  Der  Hauptsitz  ist  das  Kolon  und 
Coecum,  wo  das  Bact.  bei  der  Zersetzung  des  Fettes  und  Ver- 
gärung des  Mucins  eine  gewisse  Rolle  spielt.  Es  ist  nicht  imstande, 
die  Darmepithelien  zu  zerstören.  Wie  beim  Menschen  findet  es  sich 
sehr  häufig  auch  beim  Tiere,  ebenso  kommt  es  oft  im  Wasser  vor 
und  ist  nach  Escherieh  der  in  der  Natur  meist  verbreitete  Fäul- 
niserreger. Neben  dem  Bact.  coli  bestehen  noch  zahlreiche  Spalt- 
pilze, die  vielleicht  als  Varietäten  aufzufassen  sind;  es  sind  einige 
von  Brieger  und  Fraenkel  beschrieben  worden. 

Der  Begriff'  des  Bact.  coli  comm.  ist  noch  kein  vollkommen 
einheitlicher  und  fest  definierter,  sondern  dieselben  charakteristischen 
Eigenschaften  kommen  einer  Anzahl  von  einander  ähnlichen  Spalt- 
pilzen vor,  zwischen  denen  eine  weitere  Unterscheidung  noch  nicht 
möglich  ist.  Lasch  (Breslau). 

Roiihoff,  üeber  zwei  neue  in  Wasser  gefundene  Komma- 
ba c i 1 1 e n arte  n.  (Archiv  für  Hygiene.  Bd.  XIX.  1893.  Heft  3.) 

Die  bakteriologische  Untersuchung  eines  aus  Stolp  in  Pommern 
zur  Prüfung  an  das  hygienische  Institut  zu  Berlin  eingesandten 
Wassers  ließ  neben  anderen  zahllosen  ßakterienarten  — in  1 ccm 
des  Wassers  fanden  sich  80000  Keime  — Kolonieen  erkennen,  die 
eine  so  auffallende  Aehnlichkeit  mit  Cholerakolonieen  hatten,  wenig- 
stens bei  der  Untersuchung  nach  24-stündigera  Wachstume,  daß  jeder, 
der  sie  sah,  sie  für  typische  Cholerakolonieen  erklärte.  Dieser  Um- 
stand wurde  die  Veranlassung  zu  einer  genauen  Durchmusterung  der 
Platten  dieses  Wassers  und  einer  eingehenden  mikroskopischen  Unter- 
suchung der  irgendwie  auffälligen  Kolonieen.  Dabei  wurde  eine 
zweite,  wie  gleich  erwähnt  sei,  die  Gelatine  nicht  verflüssigende, 
deutlich  ausgesprochene  Kommaform  gefunden  und  reingezüchtet, 
deren  genaue  Untersuchung  sich  der  Verf.  zur  Aufgabe  machte. 

Der  Form  nach  unterscheidet  sich  dieses  gekrümmte  Stäbchen 
an  gefärbten  Präparaten  von  24-stündigen  Agarkulturen  kaum  von 
den  Koch’schen  Vibrionen.  Nur  ist  die  Krümmung  des  neu  ge- 
fundenen Stäbchens  eine  etwas  geringere,  S-Formen  sind  entschieden 


Neue  Kommabacillen. 


563 


spärlicher  vorhanden,  als  bei  jungen  Cholerakulturen,  neben  diesen 
findet  man  aber  immer  noch  zu  zweien  zusammenhängende  kleinere 
Kui-zstäbchen,  die  wie  jene  sich  in  der  Mitte  dick,  an  den  freien 

Enden  spitzlaufend  darstellen.  Anilinfarben  nehmen  sie  ebenso  gut 
au  wie  die  ausgeprägten  Kommaformen;  nur  zeigen  sie  bei  der 
Färbung  helle,  farblose  Stellen  in  ihrem  Innern.  Zu  den  geeignetsten 
Farben  gehören  Gentianaviolett  und  die  bläuliche  Nuance  des  Jod- 
violetts; auch  mit  saueren  Anilinfarben,  z.  B.  Eosin,  ließ  sich  eine 
gute  Färbung  der  Vibrionen  erzielen;  die  Gram’sche  Methode  ließ 
eine  Entfärbung  eintreten.  Gegen  schwächste  Säuren  waren  die 

Präparate  überaus  empfindlich.  Im  hängenden  Tropfen  zeigen  die 

Vibrionen  eine  lebhafte  Eigenbewegung,  bei  der  sich  jedoch  zum 
Unterschiede  von  der  schießenden  Bewegung  der  Cholerabakterien 
sehr  häufig  rotierende,  einen  Kreis  beschreibende  Bewegungen  ein- 
stellen, welche  ausgelöst  werden  durch  einen  am  Ende  des  Kommas 
sitzenden  gewundenen  Geißelfaden,  der  völlig  dem  des  Chol  er  a- 
vibrio  analog  gebildet  und  nach  dem  Lo  ef  fl  er’schen  Geißel- 
färbungsverfahren gut  darzustellen  ist.  — Was  nun  die  künstlichen 
Nährböden  anlangt,  auf  welchen  der  Vibrio  wachsen  soll,  so  müssen 
dieselben  erstens  feucht  und  zweitens  frei  von  Säuren  sein.  Am 

besten  wächst  er  bei  Brüttemperatur;  schon  bei  Zimmertemperatur 
tritt  eine  erhebliche  Verzögerung  des  Wachstumes  ein,  bei  15°  C ist 
dieselbe  noch  stärker  und  bei  Temperaturen  unter  10°  C wächst  er 
überhaupt  nicht  mehr.  Die  obere  Wärmegrenze  liegt  jedenfalls  über 
40°  C. 

Agarplatten  zeigen  nach  24  Stunden  Stecknadelknopf-  bis  erbsen- 
große, an  der  Oberfläche  liegende  Kolonieen,  deren  größter  Teil  aus 
einer  über  die  Agarfläche  sich  fortschiebenden  zarten  Haut  besteht. 
Diese  wächst  nach  allen  Seiten  fort  und  erst  das  Trockenwerden  des 
Agars  oder  Verunreinigungen  aus  der  Luft  behindern  schließlich  das 
Wachstum.  In  alkalischer  Bouillon  ließ  sich  nach  24  Stunden  in 
allen  Fällen  ein  üppiges  Wachstum  erkennen.  Die  Obex-fläche  zeigte 
ein  feines  graues  Häutchen,  weißer  und  nicht  so  glänzend  wie  bei 
Cholerabakterien.  Die  Bouillon  selbst  war  getrübt  und  von  einer 
Ansammlung  von  Bakterien  am  Boden  des  Glases  nichts  zu  erkennen. 
Es  gelang  niemals,  weder  durch  Zusatz  von  Schwefel-  noch  von 
Salzsäure  eine  Rotfärbung  der  Bouillon  zu  erzielen.  Wenn  man  von 
einer  Reinkultur  dieser  Kommaformen  Gelatineplatten  gießt  und  bei 
22°  C aufbewahrt,  so  sieht  man  erst  nach  48  Stunden  kleinste, 
stecknadelspitzgroße  Punkte  in  grauweißer  Farbe,  die  sich  unter  dem 
Mikroskope  als  kreisrunde,  silbergraue,  mit  scharfem  Rande  versehene 
Kolonieen  darstellen,  in  deren  Innern  sich  einzelne,  nicht  sehr  helle, 
glänzende  Bröckchen  erkennen  lassen.  Im  Laufe  der  nächsten  Tage 
wachsen  die  Kolonieen  beträchtlich  und  schieben  eine  graugelbe, 
feuchtglänzende  Haut  gleichmäßig  nach  allen  Seiten  über  die  Gelatine 
fort,  so  daß  es  zu  recht  beträchtlichen,  bis  Zwanzigpfennigstück-großen 
Ausbreitungen  auf  der  Gelatine  kommt.  Die  Haut  ist  wesentlich 
dicker  als  die  vomBacterium  coli  commune.  Im  Gelatinestich 
ist  in  den  ersten  Tagen  kaum  eine  Fortpflanzung  zu  sehen.  Erst 
vom  dritten  Tage  au  beginnt  das  Oberüächeuwachstum,  die  Aus- 


564 


Neue  Kommabacillen. 


breitung  der  schon  bei  den  älteren  Kolonieen  beschriebenen  Haut  über 
die  freie  Fläche  der  Gelatine,  während  in  den  oberen  Teilen  des 
Impfstiches  noch  eine  geringere,  in  den  unteren  gar  keine  Vermehrung 
mehr  stattfindet.  Bei  der  Kartoffel  blieb  das  Wachstum  auf  den 
Impfstich  beschränkt.  Ein  Einfluß  der  Reaktion  ließ  sich  nicht  fest- 
stellen. Die  S- Formen  kamen  auf  den  schrägen  Kartoffelflächen  be- 
sonders schön  zur  Entwickelung.  Auf  Rinderblutserum  bildet  sich 
nach  24  Stunden  ein  feines,  durchsichtiges,  silberweißes  Häutchen,  in 
welchem  sich  die  schönsten  Kommaformen  erkennen  lassen,  ebenfalls 
mit  dem  Auftreten  eines  feinen  Häutchens  über  dem  Kondensraume. 
Dieselbe  Erscheinung  zeigte  sich  in  flüssigem  Menschenserum.  Am- 
photere Milch,  mit  Kommabacillen  geimpft,  ließ  in  den  ersten 
14  Tagen  eine  Veränderung  nicht  erkennen;  dann  aber  sah  man  an 
der  Oberfläche  gelbe  Fetttropfen  angesammelt.  Die  darunter  befind- 
liche Milch  veränderte  im  Laufe  der  nächsten  Tage  ihre  Farbe  derart, 
daß  sie  schließlich  ein  bernsteingelbes  Aussehen  gewann.  Zugleich 
hatte  sich  am  Boden  des  Gefäßes  eine  weiße  Masse  angesammelt,  die 
aus  Laktalbuminen  und  phosphorsauren  Salzen  bestand.  Trotz  des 
entschiedenen  Vorhandenseins  von  freiem  Alkali  ließ  sich  Ammoniak 
nicht  nachweisen.  Kochsalzzusatz  zur  Gelatine  ließ  weder  Ver- 
besserung noch  Verschlechterung  des  Wachstums  im  Vergleich  zur 
gewöhnlichen  Gelatine  erkennen.  Im  sterilen  destillierten  Wasser  kam 
es  niemals  zu  einer  Vermehrung  der  Vibrionen,  während  im  gewöhn- 
lichen Leitungswasser  eine  Zunahme  derselben  beobachtet  wurde; 
außerdem  war  lauf  sämtlichen  vom  Leitungswasser  geimpften  Röhr- 
chen üppigste  Bakterienentwickelung,  während  auf  den  vom  destil- 
lierten Wasser  abgeimpften  Röhrchen  nirgends  eine  Kolonie  zu 
sehen  war. 

Von  den  Veränderungen  in  den  künstlichen  Nährlösungen  ist  die 
interessanteste  das  Auftreten  einer  Rotfärbung  in  1-proz.  Pepton- 
lösung auf  Zusatz  von  Salz-  oder  Schwefelsäure.  Die  Reaktion  läuft 
ebenso  ab  wie  jene  bei  Cholera  asiatica,  und  so  darf  man  wohl  an- 
nehmen, daß  es  sich  um  Nitrosoindol  handelt.  Von  Interesse  ist 
ferner,  daß  in  den  Bouilloukulturen  im  Brütschranke  sich  eine 
schwache  SchwefelwasserstoffäusscheiduDg  nachweisen  ließ:  Bleizucker 
war  am  zweiten  Tage  am  unteren  Rande  1 mm  geschwärzt.  Die 
Versuche  betreffs  des  Verhaltens  des  Vibrio  gegen  Säuren  ergaben 
durchweg,  daß  seine  Widerstandsfähigkeit  gegen  dieselben  eine  äußerst 
geringe  ist. 

Endlich  ist  noch  über  die  Ergebnisse  einiger  vom  Verf.  vor- 
genommenen  Tierversuche  zu  berichten.  Ein  gleichmäßiges  Resultat 
ist  aus  diesen  Versuchen  nicht  erzielt  worden.  Mäuse  verhielten  sich 
im  allgemeinen  reaktiouslos,  während  Meerschweinchen,  wenn  mau 
ihnen  nach  Art  der  iutrastomachalen  Cholerainfektion  Sodalösung 
und  darauf  nach  einiger  Zeit  die  Bouillonkultur  in  den  Magen 
brachte,  deutlich  eine  Herabsetzung  der  Temperatur  zeigten,  die 
noch  deutlicher  bei  intraperitonealer  Infektion  erfolgte;  außerdem 
zeigte  sich  in  manchen  Fällen  Gewichtsverlust.  Nach  wenigen 
Tagen  jedoch  hatten  die  Tiere  ihr  Anfangsgewicht  und  normale 
Temperatur  wieder  erreicht  und  zeigten  sich  völlig  munter,  so  daß 


Diphtherie.  — Angina  ulcerosa  benigna.  — Pneumonomycosis. 


565 


also  auch  für  Meerschweinchen  der  Vibrio  auf  keinen  Fall  hoch- 
gradig pathogen  ist.  Auch  Vögel,  Hühner,  Tauben  und  Kanarien- 
vögel zeigten  keine  bemerkenswerten  Reaktionen.  Nur  einige  Kanarien- 
vögel gingen  zu  Grunde,  zeigten  bei  der  Sektion  aber  einen  völlig 
negativen  Befund.  Dagegen  ließen  sich  in  allen  Organen,  im  Herz- 
blute und  Darminhalte  durch  Kultur  und  Strichpräparat  Reinkulturen 
des  Vibrio  nach  weisen.  Maaß  (Freiburg  i.  B.). 

Elsclmig,  Ein  Fall  von  Diphtherie  der  Bindehaut. 
(Wiener  med.  Wochenschrift.  1893.  No.  32.  p.  1526.) 

E.  behandelte  ein  8 Monate  altes  Kind,  welches  seit  3 Tagen 
an  anscheinend  leichter  katarrhalischer  Entzündung  des  linken  Auges 
erkrankt  war.  Die  Uebergangsfalte  sowie  die  Bindehaut  des  unteren 
Lides  war  aber  bedeckt  von  einer  ziemlich  konsistenten,  aber  leicht 
ablösbaren  Kruppmembran.  Das  obere  Augenlid,  Augapfelbindehaut 
und  Cornea  waren  normal.  Mund  und  Rachen  zeigten  nichts  Ab- 
normes. Allgemeinbefinden  gut,  ebenso  das  nicht  ergriffene  Auge. 
In  der  Kruppmembran  fanden  sich  echte  Loeffler’sche  Diphtherie- 
bacillen. Die  Membranen  wurden  zweimal  täglich  entfernt,  die  blos- 
gelegte  Bindehaut  mit  1 °/0o  Sublimatlösung  bepinselt,  Cornea  und 
Bulbus  mit  l°/00o  Sublimatlösung  berieselt.  Ohne  weitere  Kompli- 
kationen heilte  der  Fall  in  5 Tagen.  Die  Bindehaut  kehrte  zur 
Norm  zurück,  war  aber  auf  die  Hälfte  ihrer  Flächenausdehnung 
reduziert.  0.  Voges  (Danzig). 

Sedzcak,  J.,  Ein  Fall  der  sogenannten  Angina  ulcerosa 
benigna  (Heryng).  (Monatsschr.  f.  Ohrenheilkunde,  Kehl- 
kopf-, Nasen-  und  Rachenkrankheiten.  Jahrgang  XXVI.  No.  7. 
p.  199. 

Ein  poliklinischer  Patient  batte  an  beiden  hinteren  Gaumen- 
bögen zwei  sich  an  beiden  Seiten  des  Zäpfchens  in  der  Entfernung 
1 cm  von  seiner  Basis  symmetrisch  befindliche  Geschwüre.  Die 
Ulcera  waren  oval,  die  Ränder  scharf  abgegrenzt  gegen  das  gesunde, 
nur  wenig  gerötete  und  geschwollene  Gewebe.  Die  Oberfläche  war 
mit  grünlichweißem  Sekret  bedeckt,  welches  sich  nur  schwer  ent- 
fernen ließ.  Bakteriologische  Untersuchungen  ließen  erkennen,  daß 
es  sich  um  eine  Infektion  mit  dem  von  Bujwid  beschriebenen 
Streptococcus  monomorphus  et  variegatus  handelte. 
Tierversuche  mit  diesem  Organismus  verliefen  im  wesentlichen  ohne 
Ergebnis. 

Verf.  glaubt  diesen  Fall  auf  Grund  der  bakteriologischen  Unter- 
suchungen wie  auch  bezüglich  vieler  klinischen  Symptome  als  eine 
Angina  ulcerosa  benigna,  wie  sie  Heryng  seinerzeit  be- 
schrieb, betrachten  zu  sollen,  obwohl  der  Sitz  nicht  wie  bei  letzterem 
Krankheitsbilde  auf  den  vorderen,  sondern  auf  den  hinteren  Gaumen- 
bögen zu  finden  waren.  Als  prädisponierend  für  die  Erkrankung 
wird  starkes  Rauchen  angesehen.  0.  Voges  (Danzig). 

Kolm,  Ein  Fall  von  Pneumonomycosis  aspergillina. 
(Dtsch.  med.  Wochenschr.  1893.  No.  50.) 

XV.  Bd. 


36 


566 


Pneumonomykose.  — Aktinomykose. 


Ein  58-jähriger  Mann  machte  im  Januar  1893  eine  Hämoptoe 
durch.  Er  litt  bereits  seit  Jahren  an  Stockschnupfen.  Einmal  ge- 
lang es  ihm.  eine  lange,  bandwurmartige  Membran  aus  der  Nase  zu 
ziehen.  Anfang  Juni  wurde  er  wegen  Husten,  bräunlichem  Auswurfe 
und  anderen  Brustbeschwerden  in  das  Krankenhaus  am  Urban  zu 
Berlin  aufgenommen.  Im  Auswurfe  fanden  sich  Tuberkelbacillen  nicht, 
die  Untersuchung  der  Brust  ergab  Lungenemphysem,  Katarrh,  Ver- 
dichtung der  linken  Lungenspitze  und  Retraktion  des  Thorax  über 
derselben.  Kurze  Zeit  darauf  hatte  Verf.  Gelegenheit,  die  Obduktion 
auszuführen.  Es  fand  sich  Emphysem  und  Oedem  beider  Lungen, 
in  der  linken  Spitze  und  im  linken  Mittellappen  je  ein  Herd,  in 
welchem  das  Lungengewebe  stark  zu  Grunde  gegangen  war.  In  der 
linken  Spitze  war  der  bezügliche  Herd  durch  ein  derbes  Infiltrat  von 
einem  gelblich-grauen  Hofe  getrennt  und  von  mehreren  thrombosierten 
Gefäßen  durchzogen.  Die  Alveolen  enthielten  verschieden  große  mehr- 
kernige Leukocyten  in  geringer  Zahl.  Der  Hof  bestand  ausschließlich 
aus  einem  dichten  Walle  sehr  kleiner,  anscheinend  in  Schrumpfungs- 
nekrose befindlicher  Leukocyten.  Außerdem  fanden  sich  in  den  Al- 
veolen des  Herds  zahlreiche  von  dem  Verfasser  als  dem  Aspergillus 
fumigatus  zugehörig  angesprochene  Fadenpilze,  bald  in  Form  schlan- 
ker, mehr  oder  weniger  verfilzter  Fäden,  bald  von  kurzer,  dicker  und 
knorriger  Gestalt,  bald  in  Drusen,  von  denen  nach  allen  Seiten  Fäden 
ausliefen.  In  den  kleinsten  Bronchien  lagen  die  Pilze  in  dichteren 
Haufen,  hier  waren  auch  Fruchthyphen  vorhanden:  „bräunlich-grüne 
Hyphen,  welche  nach  oben  keulenförmig  anschwellen  und  mit  kurzen, 
cylindrischen , unverzweigten  Sterigmen  besetzt  sind , die  an  einigen 
seltenen  Stellen  noch  die  kleinen,  glatten,  runden,  blaßbräunlichen 
Sporen  tragen.  Auskeimende  Sporen  sind  vielfach  zu  sehen.“  An 
einzelnen  Stellen  waren  die  Pilzfäden  durch  die  Gefäßwand  hindurch 
gesproßt,  so  daß  sie  frei  in  das  Blut  hineinragten. 

Verf.  hält  es  für  möglich,  daß  der  Verstorbene  sich  gelegentlich 
der  von  ihm  betriebenen  Kanarienvögelzucht  infiziert  hatte,  da  diese 
Vögel  besonders  häufig  an  Aspergillusmykosen  leiden.  Er  nimmt  an, 
daß  der  Stockschnupfen  den  Pilzen  seine  Entstehung  verdankt  hatte 
und  daß  die  Erkrankung  dann  von  der  Nase  aus  auf  die  Lunge 
übergegangen  sei.  Kübler  (Berlin). 

Netter,  De  l’actinomycose  pulmonaire.  (La  Semaine  möd. 

1893.  8.  Nov.  p.  509.) 

Die  Aktinomykose  des  Menschen  ist  in  Frankreich  außerordent- 
lich selten;  N.  konnte  aus  der  Litteratur  nur  12  Fälle  zusammen- 
stellen. Er  selbst  beobachtete  3 Fälle,  von  welchen  einer  den  Pleura- 
raum, ein  zweiter  das  hintere  Mediastinum  betraf ; beide  Male  waren 
die  Lungen  frei.  N.  nimmt  an,  daß  hier  die  Infektion  vom  Oeso- 
phagus aus  erfolgt  sei.  Gestützt  wird  diese  Annahme  dadurch,  daß 
bei  der  Sektion  des  zweiten  Falles  sich  eine  Fistel  des  Oesophagus 
fand,  die  in  das  eiterig  infiltrierte,  zahlreiche  Actinom yces pilze 
aufweisende  prävertebrale  Gewebe  führte.  Der  dritte  Fall  konnte 
nicht  genauer  verfolgt  werden.  Zur  Therapie  empfiehlt  N.  dringend 
Jodkalium  (2—5  g täglich),  welches  sich  bei  der  Tieraktinomykose 


Aktinomykose.  — Lepra. 


567 


vorzüglich  bewährt  hat.  Im  ersten  Falle  wurde  ohne  operativen 
Eingriff  mit  Jodkalium  Heilung  erzielt.  W.  Petersen  (Zürich). 

Redtenbacher,  Leo,  Ein  Fall  von  Actinomycosis  abdomi- 
nalis. (Wiener  klinische  Wochenschrift.  1893.  No.  41.  p.  738.) 
Eine  19-jährige  Magd  war  bis  Frühjahr  1892  gesund.  Damals 
bemerkte  sie  eine  Geschwulst  im  Bauche,  die  sich  zunächst  wieder 
verkleinerte,  um  vom  Herbst  an  wieder  stark  zu  wachsen.  Im  April 
1893  fand  sich  am  Abdomen  eine  handtellergrosse  Vorwölbung  der 
Bauchdecken  vom  linken  Hypogastrium  bis  in  das  Mesogastrium ; die 
Haut  über  der  Geschwulst  war  von  normalem  Aussehen,  verschieblich. 
Nach  innen  von  dieser  Geschwulst  fühlt  man  eine  kleinere,  apfelgroße, 
die  mit  der  ersteren  in  Verbindung  steht.  Die  Oberfläche  dieser  derb 
sich  anfühlenden  Tumoren  ist  glatt;  sie  sind  druckempfindlich  und 
lassen  sich  nicht  deutlich  von  den  Ovarien  abgrenzen.  Sie  wuchsen 
noch  zusehends,  so  daß  am  16./IV.  incidiert  wurde;  es  entleerte  sich 
jedoch  nur  Blut  und  kein  Eiter.  Der  Fall  wurde  deshalb  als  in- 
operabel angesehen  und  starb  8 Wochen  später. 

Bei  der  Sektion  zeigte  es  sich  nun,  daß  es  sich  um  Aktinomykose 
gehandelt  hatte.  An  der  beschriebenen  Stelle  ist  das  subcutane,  inter- 
musculäre  und  das  Muskelgewebe  von  zahlreichen  fistulösen  Gängen 
durchsetzt;  die  darunter  liegenden  Darmschlingen  sind  verwachsen, 
wodurch  kleine  Hohlräume  gebildet  werden.  Auch  im  Douglas  findet 
sich  eine  eitergefüllte  Höhle,  welche  nach  vorn  der  hinteren  Blasen- 
wand anliegt  und  diese  perforiert  hat.  Nur  diese  Hohlräume  ent- 
halten eiterige  Massen,  in  denen  sich  reichlich  Actinomyceskörner 
finden;  ebensolche  sind  im  Urin  zahlreich  suspendiert.  Desgleichen 
sind  die  Ovarien,  weniger  der  Uterus  und  die  Tuben  erkrankt.  Auch 
die  Rectalwand  ist  mit  zahlreichen  Gängen  durchsetzt. 

Es  handelt  sich  zweifellos  um  eine  primäre  aktinomykotische 
Erkrankung  der  Darmschleimhaut.  Kurt  Müller  (Halle). 

Fisichella,  V.,  Sulla  tossicitä  d e 1 1 ’ urina  dei  lebbrosi. 
(La  Rif.  med.  1893.  p.  180,  181.) 

Ueber  die  Giftigkeit  des  Harns  Lepröser  fehlten  bis  jetzt  jeg- 
liche Angaben.  Verf.  benutzte  daher  die  sich  ihm  an  2 Fällen  dar- 
gebotene Gelegenheit,  um  zu  prüfen,  ob  der  Harn  Lepröser  giftiger 
sei  als  der  normale,  ferner  ob  die  Giftigkeit  auf  irgendwelche  cha- 
rakteristische WTeise  sich  äußere  und  zum  Schlüsse,  ob  der  Grad  der 
Toxicität  im  Verhältnisse  stehe  zum  Grade  der  Krankheit.  Da  die 
zwei  Kranken  der  von  Ferrari  mit  Erfolg  angewendeten  Behand- 
lungsmethode (Kauterisation  der  Knoten  und  Darreichung  von 
Kreosot  wein  und  Oleum  gynocardiae)  unterzogen  wurden,  wurde  der 
Harn  sowohl  vor  der  Einleitung  der  Behandlung  als  auch  nach  ein- 
getretener Besserung  auf  seine  Giftigkeit  mittelst  intravenöser  In- 
jektionen (Kaninchen)  geprüft. 

Das  Resultat  dieser  Versuche  lautet  dahin,  daß 

1)  der  Harn  Lepröser  giftiger  ist  als  der  normale; 

2)  der  Grad  der  Giftigkeit  direkt  abhängig  ist  von  der  Schwere 
des  Falles  und  dessen  Dauer; 

36* 


568 


Cystitis.  — Bacterium  Zopfii. 


3)  die  nach  den  Injektionen  auftretenden  Erscheinungen  sind  bis 
auf  ein  gewisses  Vorwiegen  von  Konvulsionen  und  Hypothermie 
dieselben  wie  bei  Injektion  größerer  Mengen  normalen  Harnes; 

4)  nach  beendeter  Kur  nach  Ferrari’s  Methode  kehrt  die  Giftig- 
keit des  Harnes  zur  normalen  zurück.  Kamen  (Czernowitz). 

Bary,  Des  cystites  par  infection  descendante.  (Annales 
des  maladies  des  Organes  genito-urinaires.  1893.  November.) 

Der  Verf.  teilt  in  der  vorliegenden  Arbeit  seine  Ansichten  über 
das  Zustandekommen  von  Cystitiden  mit  bei  Individuen,  die  niemals 
bougiert  worden  sind,  noch  irgend  eine  Urethralerkrankung  gehabt 
haben.  Um  jedem  Einwande  zu  begegnen,  hat  Bary  weder  Frauen, 
deren  Urethra  leicht  der  Sitz  und  Weg  für  Infektionserreger  ist, 
noch  Männer,  welche  jemals  eine  Gonorrhöe  gehabt  haben  — da  nach 
seinen  eigenen  Erfahrungen  anscheineud  geheilte  Gonorrhöen  öfter 
noch  nach  10—15  Jahren  eine  Cystitis  hervorgerufen  haben  — in 
den  Kreis  seiner  Beobachtungen  gezogen. 

Bary  selbst  hat  im  Jahre  1892  in  der  Soci6t6  de  biologie  die 
Mitteilung  gemacht,  daß  Injektionen  einer  Bacter.  coli  comm.- 
Kultur  in  die  Ohrvene  eines  Kaninchens  oder  in  die  Pfote  eines 
Hundes  bei  dem  betreffenden  Tiere  eine  Cystitis  hervorgerufen  hätten 
ohne  Mitbeteiligung  der  Niere.  Die  Abbindung  der  Urethra  (ohne 
diese  kommt  nie  eine  Cystitis  zustande)  braucht  nicht  länger  als 
6 Stunden  zu  dauern,  um  eine  ödematöse  Schwellung  und  Hyperämie 
besonders  am  Blasenhalse  zu  erzeugen.  Im  Urin  finden  sich  natür- 
lich Bact.  coli- Bacillen. 

Bemerkenswert  ist  die  überaus  schnelle  Heilung  dieser  Cysti- 
tiden, die  der  Verf.  daraus  erklärt,  daß  die  Bacillen  keine  Zeit  haben, 
stärkere  Veränderungen  des  Epithels  und  des  darunter  liegenden 
Gewebes  hervorzurufen. 

In  einem  von  ihm  selbst  beobachteten  Falle  trat  bei  einem 
kräftigen  jungen  Manne,  der  bis  auf  geringe  Verdauungsstörungen 
mit  leichten  Diarrhöen  und  zeitweiliger  Harnverhaltung  vollkommen 
gesund  war,  im  Anschlüsse  an  eine  Erkältung  eine  Cystitis  mit 
heftigen  subjektiven  Beschwerden  auf.  Der  Urin  hatte  ein  dickes 
gelbes  Sediment  — bisweilen  war  den  letzten  Tropfen  Blut  bei- 
gemischt — ; die  bakteriologische  Untersuchung  ergab  eine  Rein- 
kultur des  Staphylococcus  aureus.  Die  Heilung  verlief  etwas 
langsamer.  Dafür  ist  die  oben  erwähnte  Retention  verantwortlich  zu 
machen;  denn  da,  wo  die  Bakterien  eine  infolge  der  Retention  etwas 
gereizte  Blase  antreffen,  führen  sie  zu  tieferen  Zerstörungen  und 
können  wegen  der  unvollständigen  Entleerung  länger  in  der  Blase 
sich  aufhalten,  um  ihr  Zerstörungswerk  fortzusetzen.  Sehr  oft  können 
pathogene  Bakterien  unbemerkt  die  Harnwege  passieren,  wenn  es 
ihnen  selbst  an  der  genügenden  Virulenz  fehlt,  wenn  die  Zahl  zu 
gering  oder  die  Krankheitserscheinungen  zu  unbedeutend  sind. 

Lasch  (Breslau). 

Boyce  and  Evans,  Upon  the  action  of  gravity  on  Bac- 
terium Zopfii.  Communication  made  to  the  Royal  Society, 
Februar  1893. 


Bacterium  Zopfii.  — Laboulbeniaceen. 


569 


Bacterium  Zopfii,  von  Kurth  im  Hiitmerdarm,  von  C r o o k- 
shank  in  der  Luft  gefunden,  wurde  von  den  Verff.  aus  einem  Falle 
von  Mittelohreiterung  bei  der  Katze  kultiviert.  Auf  Gelatine  bildete 
dasselbe  im  Stiche  ein  federartiges  Wachstum  auf  der  Oberfläche 
und  in  der  Tiefe,  dort  wuchsen  die  federähnlichen  Fasern  etwa  in 
einem  Winkel  von  45°  nach  oben,  hier  waren  sie  annähernd  hori- 
zontal. Symmetrisches  federartiges  Wachstum  kam  nicht  zustande, 
wenn  die  Gelatineröhrchen  horizontal  gehalten  wurden,  während  es 
sich  in  entsprechenden  vertikal  gehaltenen  Röhrchen  entwickelte. 
Durch  Aufstellen  der  Kulturen  in  verschiedenen  Winkeln  von  der 
Horizontalen  bis  zur  Vertikalen  ließ  sich  eine  Reihenfolge  von  Asym- 
metrie bis  zur  Symmetrie  der  Federbildung  erreichen.  Wurde  ein 
vertikal  gehaltenes  Röhrchen,  in  dem  federartige  Entwickelung  statt- 
gefunden hatte,  umgekehrt,  so  entstand  wieder  eine  Federbildung, 
welche  die  andere  durchkreuzte.  Wurde  die  Einwirkung  der  Schwer- 
kraft auf  das  Wachstum  des  Bakteriums  dadurch  variiert,  daß  die 
senkrecht  aufgestellten  Röhrchen  langsam,  d.  h.  von  einem  Male  pro 
Minute  bis  zu  einem  Male  pro  Stunde  um  eine  horizontale  Achse  ge- 
dreht wurden,  so  entstand  keine  Federentwickelung.  Der  Organismus 
wurde  also  augenscheinlich  von  der  Schwerkraft  in  seinem  Wachs- 
tume  beeinflußt,  und  zwar  schien  er  negativen  Geotropismus  zu  be- 
sitzen. War  dies  der  Fall,  so  mußte  er  in  der  Centrifuge  centripetal 
wachsen  und  thatsächlich  that  er  das , denn  horizontal  liegende 
centrifugierte  Kulturen  gaben  bei  3 bis  5 Umdrehungen  pro  Sekunde 
ebenso  vollkommenes  Federwachstum  wie  senkrecht  stehende  Kulturen. 

Der  Widerstand  der  Gelatine  verhindert,  daß  das  Wachstum  des 
Organismus  genau  entgegen  der  Wirkung  der  Schwerkraft,  also 
senkrecht  vor  sich  geht.  So  erklärt  sich  auch  die  schon  erwähnte 
Erscheinung,  daß  die  Kulturfasern  an  der  Oberfläche  stärker  von 
der  horizontalen  abweichen  als  in  der  Tiefe,  wo  die  dickere  Gela- 
tineschicht größeren  Widerstand  leistet.  Am  besten  bildet  sich  das 
Federwachstum  bei  20—21°  und  in  dickeren  Gelatineschichten,  also 
in  Röhrchen,  nicht  in  Platten  und  Schälchen. 

Abel  (Greifswald). 

Thaxter,  Roland,  New  Species  of  Laboulbeniaceae  from 
various  localities.  (Proceedings  of  the  American  Academy  of 
Arts  and  Sciences.  1893.  X.  — Contributions  from  the  Cryptogamic 
Laboratory  of  the  Harvard  University.  p.  156 — 188.) 

Verf.  hat  in  4 verschiedenen  Abhandlungen  (1890,  1891,  1892, 
1893),  deren  letzte  uns  vorliegt,  von  den  auf  Fledermausläusen 
(Nycteribien),  Fliegen  und  Käfern  schmarotzenden  Laboul- 
beniaceen, von  denen  man  bisher  nur  15  Arten  kannte  (12  europäische, 
den  Gattungen  Laboulbenia,  Stigmatomyces,  Helmintho- 
phana,  Chitomyces,  Heimatomyces  angehörig,  2 südameri- 
kanischen und  1 nordamerikanischen  Art)  über  100  neue  Arten  und 
16  neue  Gattungen  beschrieben,  und  zwar  von 

Peyritschiella  3 Arten,  Cantharomyces  2 Arten,  La- 
boulbenia 55  Arten,  Zodiomyces  1 Art,  Hesperomyces 
1 Art,  Heimatomyces  12  Arten,  Ceratomyces  7 Arten,  Core- 


570 


Laboulbeniaceen.  — Kartoffelkrankheit. 


thromyces  4 Arten,  Acanthomyces  6 Arten,  Dimorphomyces 
1 Art,  Amorphomyces  2 Arten,  Haplomyces  3 Arten,  Can- 
tharomyces  1 Art,  Idiomyces  1 Art,  Chaetomyces  1 Art, 
Ehadinomyces  2 Arten,  Teratomyces  1 Art,  Dichomyces 
1 Art. 

Die  Mehrzahl  dieser  neuen  Arten  stammt  aus  Amerika.  Für 
das  Gebiet  der  Rab enhorst’schen  Kryptogamenflora  (Deutschland, 
Oesterreich,  Schweiz)  sind  neu: 

Idiomyces  Peyritschii  Thaxt.  auf  Deleaster  dichrous 
Gray. ; 

Laboulbenia  subterranea  Thaxt.  auf  Anophthalmus; 

L.  Europaea  Thaxt.  auf  Chlaenius  und  Calistus; 

L.  cristata  Thaxt.  auf  Paederus  arten,  L.  a n c e p s Peyr.  auf 
Platynus arten,  Acanthomyces  hypergaeus  Thaxt.  auf  Anoph- 
thalmus; 

A.  furcatus  Thaxt.  auf  Othius,  A.  breyipes  Thaxt.  auf 
Lathrobium; 

Ehadinomyces  pallidus  Thaxt.  auf  Lathrobium. 

Weiter  findet  sich  Laboulbenia  proliferans  Thaxt.  in  Japan 
und  Syrien,  L.  Pheropsophi  Thaxt.  und  L.  zanzibarina  Thaxt. 
in  Zanzibar,  L.  Australiensis  Thaxt.  in  Australien. 

Als  Wirte  der  neu  aufgefundenen  Laboulbeniaceen  werden  vom 
Verf.  aufgeführt  Arten  von 

Platynus,  Sunius,  Bledius,  Patrobus,  Harpalus, 
Hydrocombus,  Chilocorus,  Casnonia,  Bembidium,  Lac- 
cophilus,  Haliplus,  Cnemidotus,  Hydroporus,  Tropister- 
nus,  Cryptobium,  Atranus,  Omophron,  Chlaenius,  Ne- 
bria,  P t e r o s t i c h u s , Galerita,  Gyrinus,  Brachinus, 

S c hi  z o g e niu  s , Falagria,  Deleaster,  Anophthalmus,  Ani- 
sodactylus,01isthopu8,  Stenolophus,Badister,  Aptinus, 
Quedius,  Eudema,  Coptodera,  Morio,  Clivina,  Phero- 
psophus,  Panagaeus,  Acrogenys,  Pachyteles,  Paederus, 
Philonthus,  C r e p i d o g as  ter  , Calleida,  Colpodes,  Othius, 
Lathrobium,  Pinophilus,  Acylophorus,  Bidessus,  Be- 
rosus,  Hydrocombus,  Philhydrus. 

Yerf.  ist  gegenwärtig  mit  der  Bearbeitung  einer  illustrierten 
Monographie  der  Laboulbeniaceen  beschäftigt.  Ludwig  (Greiz). 

Sorauer.  P.,  Einige  Beobachtungen  bei  der  Anwendung 
von  Kupfermitteln  gegen  die  Kartoffelkrankheit. 
(Zeitschrift  für  Pflanzenkrankheiten.  Bd.  III.  1893.  Heft  1.  p.  32 
—38.) 

Ein  sorgfältig  überwachter  Anbauversuch  mit  zwei  verschiedenen 
Kartoffelsorten  führte  zu  einigen  bemerkenswerten  Ergebnissen  über 
die  Wirkung  zweier  Kupfermittel  (Sulfost6atite  cuprique  und  Bouillie 
bordelaise)  auf  gesunde  und  kranke  Kartoffelpflanzen.  Die  Anwen- 
dung derselben  erfolgte  in  der  Weise,  daß  in  mehrfacher  Wieder- 
holung innerhalb  derselben  Sorte  je  eine  Reihe  das  Specksteinmehl 
eine  zweite  Kupfervitriolkalkmischung  erhielt,  während  die  dritte  un- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  571 


bespritzt  blieb.  In  betreff  der  Einzelheiten  auf  das  Original  ver- 
weisend sei  hier  nur  bemerkt,  daß  als  Unterlage  für  die  Folgerungen 
die  bei  der  Ernte  konstatierte  Größe,  Zahl  und  Gewicht  der  Knollen 
dienten. 

Es  ergab  sich,  daß  die  Kupfersalze  zunächst  einen  nachweisbar 
störenden  Einfluß  auf  die  Krautentwickelung  wie  den 
Knollenansatz  ausüben,  indem  beides  bei  unbesprengten  gesunden 
Pflanzen  sich  günstiger  gestaltete.  Tritt  aber  nunmehr  [die  in  we- 
nigen Tagen  sich  rasch  ausbreitende  Krankheit  hinzu,  so  ändert  sich 
das  Resultat  alsbald  zu  Gunsten  der  mit  den  Kupfermitteln  behandelten 
Pflanzen,  denn  nunmehr  wird  der  geringe,  durch  diese  bewirkte  Nach- 
teil durch  die  pilzhemmende  Wirkung  derselben  reichlich  ausge- 
glichen, indem  jetzt  Laub-  und  Knollenentwickelung  gerade  an 
Kupferpflanzen  die  günstigste  war  und  hier  insbesondere  die  massen- 
hafte Erkrankung  der  Knollen  fortfiel.  Es  wurde  also  faktisch 
eineErhöhung  derErnte  erreicht,  weil  der  durch  die  Phytoph- 
thora herbeigeführte  unvermeidliche  Verlust  bedeutend  vermindert 
wurde.  Die  oft  wiederholte  Bestäubung  in  dem  Sommer  des  Be- 
obachtungsjahres hatte  weiterhin  eine  partielle  oder  auch  totale 
leichte  Bräunung  der  Blattflächen  zur  Folge,  der  aber  eine  praktische 
Bedeutung  nicht  beizumessen  ist;  solche  verdient  aber  nach  Verf. 
ein  gewisses  wissenschaftliches  Interesse,  weil  durch  sie  eine  eigen- 
tümliche Veränderung  (Intumescentia)  des  Blattkörpers  begünstigt 
zu  werden  scheint,  die  bei  unbesprengten  Pflanzen  in  minderem 
Grade  und  zumal  erst  zu  einer  späteren  Zeit  auftritt.  Näheres 
hierüber  ist  im  Originale  einzusehen  und  sei  hier  nur  noch  bemerkt, 
daß  Verf.  das  Erscheinen  derartiger  Intumescenzen  als  Zeichen  einer 
verminderten  Assimilationsfähigkeit  auffaßt. 

W e h m e r (Hannover). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 


Solbrig,  Ueber  die  Prophylaxis  der  Diphtheritis  vom 
sanitätspolizeilichen  Standpunkte.  (Vierteljahrsschrift 
für  gerichtliche  Medizin  und  öffentliches  Sanitätswesen.  Dritte  Folge 
Band  VII.  1894.  Heft  1.  p.  145-161.) 

Als  epidemische  Krankheit  scheint  die  Diphtheritis  erst  seit 
wenigen  Jahrzehnten  zu  erscheinen,  wenn  auch  ihr  Vorhandensein  in 
den  frühesten  Jahrhunderten  feststeht.  Die  Zunahme  der  Sterblich- 
keit in  Preußen  zeigt  sich  z.  B.  an  folgender  Liste,  wo  von  100000 
Lebenden  starben: 

1879  145,6 

1880  132,9 

1881  146 

1882  180,5 


572  Schutzimpfung,  küustl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


1883  164,2 

1884  175,9 

1885  181,1 

1886  194,1 

Genau  gezählt  ergiebt  sich,  daß  fast  ein  Fünftel  der  Kinder 
zwischen  0 und  10  Jahren  iu  den  Jahren  1875  bis  1885  in  Preußen 
an  Diphtheritis  und  Bronchitis  starb. 

Loeffler  wies  1890  nach,  daß  der  von  Klebs  1881  und  von 
ihm  1884  gefundene  Bacillus  der  Krankheitserreger  sei. 

Bekannt  ist,  daß  der  Bacillus  bei  Kindern  eine  weitaus  größere 
Sterblichkeit  als  bei  Erwachsenen  hervorruft,  daß  er  bei  der  ärmeren 
und  dichter  wohnenden  Bevölkerung  häufiger  wie  in  wohlhabenden 
Kreisen  auftritt,  daß  das  Land  eine  größere  Sterblichkeit  wie  die 
Städte  aufweist  und  daß  die  kältere  Jahreszeit  mehr  Opfer  fordert 
wie  die  wärmeren. 

Da  die  Bacillen  nach  den  Loeffler’schen  Untersuchungen  nur 
in  den  lokalen  Krankheitsprodukten  lebens-  und  entwickelungsfähig 
bleiben,  kommt  Uebertragung  vor 

1)  direkt  durch  Berührung  mit  den  Kranken,  z.  B.  durch  Küsse, 

2)  indirekt  durch  alles,  was  mit  den  Kranken  in  Berührung  war, 
und  zwar  sowohl  die  umgebende  Luft,  wie  alle  nur  erdenk- 
lichen Gegenstände. 

Nachgewiesen  ist  z.  B.,  daß  Diphtheriebacillen  in  Milch  gut  ge- 
deihen. Butter  und  Käse  ist  oft  der  Verbreiter  der  Krankheit,  wie 
auch  an  Brot  die  Keime  haften  bleiben. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Fedoroff,  Zur  Blutserumtherapie  der  Cholera  asiatica. 
(Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektionskrankh.  Bd.  XV.  Heft  3. 
p.  423  ff.) 

Verf.  immunisierte  mit  dem  in  Bd.  XIII  der  Zeitschrift  für 
Hygiene  näher  beschriebenen  Choleraantitoxiu  6 Kaninchen.  Nach 
3 Tagen  überstanden  die  Tiere  je  5 ccm  hochvirulente  Cholera- 
mischung. Nach  weiteren  4 Tagen  erhielten  die  Tiere  ein  ganzes 
Kulturröhrchen  von  dem  aus  Paste ur’s  Institute  stammenden  Haff- 
kin’schen  „Virus  fort“,  von  dem  */4  Kultur  ein  Kontrollier  tötete. 
Nach  5 Tagen  wurde  einem  Tiere  Blut  entnommen,  dessen  Serum 
erwies  sich  aber  noch  von  geringer  Schutzkraft  (nicht  einmal  1 : 200). 
Es  wurde  noch  einmal  10  ccm  3-tägiger  Bouillonkultur  injiziert, 
nach  weiteren  19  Tagen  erhielten  die  Tiere  5 ccm  Bouillonkultur 
und  2 Agarkulturen,  9 Tage  später  15  ccm  Bouillon  und  3 Agar- 
röhrchen. Diese  letzte  Dosis  überstand  nur  1 Tier.  0,01  ccm  seines 
Serums  waren  nun  imstande,  eine  Maus  von  20  g gegen  eine  sicher 
tödliche  Choleraimpfung  zu  schützen.  Durch  Alkoholzusatz  und 
Trocknung  über  Schwefelsäure  wurde  aus  dem  Reste  des  Serums  ein 
braunes,  in  Wasser  schwer,  leichter  in  0,1-proz.  Kalilauge  oder 
7-promill.  Kochsalzlösung  lösliches  Pulver  gewonnen,  welches  in  der 
Dosis  von  2 dg  ein  Meerschwein  von  230  g vor  der  tödlichen  Cholera- 
dosis schützte. 

Hunde,  welche  nach  intraperitonealer  Infektion  mit  Cholera- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  573 


kulturen  ein  ähnliches  Bild  darboten  wie  Kaninchen,  werden  für 
weitere  Versuche  benutzt.  Die  erste  Injektion  geschah  mit  Thymus- 
cholerabouillon, die  nachfolgenden  mit  von  Choleraagarkulturen  mit 
Cholerabouillon. 

Das  von  dem  Hunde,  welcher  in  54  Tagen  100  ccm  Cholera- 
bouillon und  17  Agarröhrchen  Cholera  bekommen  hatte,  gelieferte 
Serum  hatte  einen  Schutzwert  von  1 : 7000,  d.  h.  0,003  ccm  schützten 
eine  Maus  von  20  g.  Weitere  3 Kaninchen  erhielten  in  4 Monaten 
je  200  ccm  Cholerabouillon  und  15  Agarröhrchen.  Die  Schutzkraft 
war  bis  auf  1 : 100000  angewachsen. 

Die  mit  diesem  Serum  angestellten  Versuche  ergaben,  daß  eine 
Immunität  erzielt  werden  konnte,  wenn  die  Tiere  etwa  2 Stunden 
vor  der  Cholerainfektion  das  Serum  bekommen  hatten.  Waren  die 
Symptome  der  Krankheit  ausgebrochen,  so  nützten  selbst  große 
Serummengen  nichts,  während  des  sogenannten  Inkubationsstadiums 
glaubt  er  jedoch  einen  immunisierenden  Einfluß  des  Serums  noch 
fixieren  zu  müssen.  O.  Voges  (Danzig). 

Wolkowitsch,  Ueber  den  therapeutischen  Wert  des 
Salols  bei  der  Choleradiarrhöe.  (Terapeutische  Monats- 
hefte. Jahrgang  VII.  1893.  Heft  9.  p.  457  ff.) 

Verf.  versprach  sich  von  der  Anwendung  des  Salols  bei  Cholera 
asiatica  Erfolge  und  wandte  in  circa  100  Fällen  dasselbe  an. 

Leider  entbehrt  diese  Arbeit  der  Grundlage  und  scheint  dem 
Verf.  Diarrhöe  und  Cholera  identisch  zu  sein.  Zwar  hatte  die 
mikroskopische  Untersuchung  Cholerabacillen  ergeben,  in  wie  viel 
Fällen  dieselbe  aber  gemacht,  wird  nicht  verraten  und  scheint  es 
dem  Verf.  unbekannt  zu  sein,  daß  gerade  in  Cholerazeiten  Diarrhöen, 
welche  nicht  Cholera  sind,  häufiger  auftreten,  so  daß  bei  Beurteilnng 
der  Erfolge  seiner  Kur  eine  exakte  Sicherstellung  der  Diagnose  in 
jedem  Falle  notwendig  gewesen  wäre,  wenn  man  auf  Grund  derselben 
ein  Mittel  empfehlen  will.  Einige  dieser  verdächtigen  Krankenge- 
schichten werden  mitgeteilt.  Die  erste  Dosis  betrug  2 g,  dann  wurde 
3-stündlich  1 g verabfolgt.  Tägliche  Dosis  8 — 10  g.  Nachdem 
Besserung  eingetreten,  wurde  die  Dosis  allmählich  stufenweise  herab- 
gesetzt. Außerdem  wurde  Bettruhe,  heißer  Thee  mit  Citrone  em- 
pfohlen. Eine  Karbolvergiftung  wurde  nicht  beobachtet.  Schwindel 
und  Ohrensausen  auf  Rechnung  des  salicylsauren  Natrons  gesetzt,  der 
Urin  selbstverständlich  nicht  untersucht.  Verf.  beobachtete  einen 
durchaus  günstigen  Verlauf  der  von  ihm  beobachteten  Fälle.  Zum 
Schluß  fordert  Verf.,  daß  die  nächste  Hilfeleistung  so  zu  organisieren 
sei,  daß  die  Kranken  jederzeit  den  Arzt  und  die  entsprechenden 
Arzneimittel  erhalten  können  , denn  „in  Fällen  wirklicher  Cholera- 
diarrhöen“ ist  die  Zeit  wertvoll  und  der  Kranke  sollte  nicht  einige 
Stunden  auf  die  entsprechende  Arznei  — wahrscheinlich  das  Salol 
gemeint  — zu  warten  brauchen.  Für  W.  scheint  somit  die  goldene 
Zeit  gekommen,  wo  der  Zaubertrank  Salol  den  Menschen  vom  Cholera- 
tode errettet.  Schade  nur,  daß  andere  Autoren  dem  nicht  bei- 
stimmen können.  0.  Voges  (Danzig). 


574  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Goldschmidt,  J.  (Madeira),  Die  Behandlung  und  Heilung 
der  Lepra  tuberosa  mit  Europhen.  ( Therapeutische 
Monatshefte.  1893.  p.  153  ff.) 

Verf.  versuchte,  von  der  Idee  ausgehend,  daß  die  Lepra  ein  ur- 
sprünglich rein  lokales  Leiden  sei , welches  erst  allmählich  die 
enorme  Verbreitung  über  den  ganzen  menschlichen  Organismus  er- 
reicht, diese  Erkrankung  lokal  zu  behandeln,  nachdem  auch  von  ihm 
das  Tuberkulin  mit  negativem  Erfolge  angewandt  war.  Er  suchte 
analog  der  Behandlung  der  Tuberkulose  mit  Jodoform  auch  eine 
lokale  Jodbehandlung  einzuführen  und  verwandte  das  Europhen, 
welches  er  in  3-proz.  und  allmählich  steigend  bis  5-proz.  Lösung  in 
einer  Menge  von  1 ccm  in  die  leprösen  Knoten  injizierte.  Die 
Injektion  dieser  Masse  konnte  nur  sehr  allmählich  stattfinden,  da  die 
Gewebe  nur  schwer  die  Flüssigkeit  aufnahmen.  Fälle,  welche  schon 
sehr  weit  vorgeschritten  waren,  verliefen  ohne  merkliches  Resultat, 
doch  war  in  leichteren  Fällen  der  Erfolg  eklatant  und  in  einem  Falle 
trat  nach  15-monatlicher  Behandlung  völlige  Heilung  ein,  ein  Ver- 
halten, welches  G.  bei  seiner  25-jährigen  Leprabehandlung  sonst  nie 
beobachten  konnte.  Auch  durch  Einreibungen  des  Europhens  ließen 
sich  Heilerfolge  verzeichnen,  doch  ist  die  Injektionsmethode  vorzu- 
ziehen. — Andere  Fälle  wurden  mit  Pyoktanin  in  1-proz.  Lösung 
behandelt,  da  man  annahm,  daß  durch  die  Färbung  der  Bacillen  in 
vivo  die  Abtötung  erfolgte.  Die  Färbung  gelang  zwar  vortrefflich, 
aber  der  Patient  starb  trotzdem,  wenn  seine  Zeit  gekommen  war. 

0.  Voges  (Danzig). 

Ostertag , Zur  Jodtherapie  der  Aktinomykose.  (Monats- 
hefte für  prakt.  Tierheilkunde.  Bd.  IV.) 

Ostertag  bezeichnet  das  von  Thomasseri  1885  für  die  Be- 
handlung der  Rinderaktinomykose  empfohlene  Jod  als  ein  Spezifikum 
gegen  dieselbe.  Die  Geschwülste  werden  mit  Jodtinktur,  welche  besser 
als  Lugol’sche  Lösung  wirkt,  eingepinselt.  Innerlich  wird  Jod- 
kali verabreicht.  Heilung  in  wenigen  Wochen. 

Abel  (Greifswald). 

Cazeneuve,  P.,  Rollet,  Et.  et  Nicolas,  Sur  l’action  micro- 
bicide  du  Gallano  1.  (Lyon  mödical.  1893.  No.  45.) 

Die  Verff.  haben  den  Einfluß  des  Gallanols  auf  die  Lebensfähigkeit 
und  die  Pathogenität  der  Bakterien  an  Milzbrandbacillen,  Staphylo- 
coccus  aureus,  Pyocyaneus,  Typhusbacillen  unddemBacte- 
rium  coli  commune  geprüft.  Sie  setzten  zu  Nährbouillon  Gallanol 
in  verschieden  starken  Dosen,  und  zwar  5—10  Proz.,  0,1  Proz.  und 
0,02  Proz.  Kulturen  der  genannten  Bakterienarten  wurden  in  der  5-10- 
proz.  Gallanolbouillon  in  kurzer  Zeit  sämtlich  abgetötet,  in  0, 1-proz.  wur- 
den Typhusbacillen  getötet,  Milzbrandbacillen  und  Staphylococcus 
aureus  im  Wachstume  geschwächt,  Pyocyaneus  und  dasBacte- 
rium  coli  aber  blieben  unbeeinflußt.  Die  0,02-proz.  Gallanolbouillon 
war  in  keiner  Weise  mehr  wachstumshemmend.  Versuche  an  Meer- 
schweinchen und  Kaninchen,  die  mit  Kulturen  in  5 — 10-proz.  Gallanol- 
bouillon geimpft  wurden,  aber  vollkommen  gesund  blieben,  bestätigten  die 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemtnung  etc.  575 


Abtötung  der  genannten  Bakterienarten  und  ließen  die  Ungiftigkeit  des 
Mittels  erkennen.  Bei  Impfung  von  Kaninchen  und  Meerschweinchen 
mit  Kulturen  in  0,02-proz.  Gallanolbouillon  zeigte  sich , daß  die 
Lebensfähigkeit  der  Bakterien  nicht  beeinflußt,  dagegen  ihre  Patho- 
genität für  Tiere  fast  bei  allen  Arten  geschwächt  war.  Verff.  em- 
pfehlen das  Mittel  wegen  seiner  Ungiftigkeit  in  nicht  zu  hohen  Dosen 
— ein  Hund  von  10  kg  Gewicht  überlebte  eine  subkutane  Ein- 
spritzung von  5 g in  Wasser  gelösten  Gallanols  — bei  parasitären 
Hautkrankheiten  und  berichten  über  gute  Erfolge  bei  Favus,  Tricho- 
phytieen  und  anderen  Hautkrankheiten.  Lösener  (Berlin). 

Radcliffe,  Ichtyol  as  a remedy  for  facial  erysipelas. 

(The  Therapeutic  Gzaette.  16.  V.  1892.) 

Der  Verf.  hatte  Gelegenheit,  bei  einer  großen  Anzahl  von  Fällen 
von  Erysipelas , die  sich  an  eine  Imfluenzaepidemie  anschlossen , die 
Wirksamkeit  der  verschiedenen  Heilmethoden  auszuproben.  Das  Er- 
gebnis seiner  Erfahrungen  legt  er  mit  einer  einleitenden  Bemerkung 
über  das  Wesen  des  Erysipels  in  der  vorliegenden  Mitteilung  nieder. 
Nicht  wie  in  früherer  Zeit,  als  man  den  Grund  für  das  Erysipel  in 
schlechter  Blutbeschaffenheit  suchte,  seien  „blutreinigende“  Mittel  zu 
verordnen,  sondern  die  Erkenntnis,  daß  die  Krankheit  durch  Strepto- 
kokken veranlaßt  würde,  bedinge  die  Anwendung  parasitärer  Mittel. 
Die  Mitteilungen,  die  der  Verf.  in  der  Litteratur  fand,  nach  denen  das 
Ichthyol  fast  ein  Spezifikum  gegen  das  Erysipel  sei  und  das  Wachs- 
tum der  Streptokokken  verhindere,  veranlaßten  ihn,  dasselbe  anzu- 
wenden. Der  Erfolg  war  stets  ein  ausgezeichneter.  Das  Fieber  ver- 
schwand am  2.  oder  3.  Tage  vollständig  und  am  5.  oder  6.  Tage 
war  in  allen  Fällen  vollkommene  Heilung  erzielt. 

Lasch  (Breslau). 


Berichtigung 

Centralblatt  für  Bakteriologie.  Bd.  XV.  No.  12.  p.  438.  Zeile  12  von  unten  lies 
anstatt  „Verf.  bestätigte  dann  ferner  die  Angaben  von  Buschke“  „V  e r f.  ’s  Angaben 
bestätigte  dann  ferner  Buschke“. 


576 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Arthub  Würzbueg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesnndbeitsamte  in  Berlin. 

Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Annales  de  l’Institut  de  pathologie  et  de  bacteriologie  de  Bucarest  publ.  par  V.  Babes. 
II.  annee.  1890.  4°.  504  p.  Bucuresci  1893.  [Rumänisch  und  französisch.] 

Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  pathologischen  Anatomie  und  Bakteriologie  aus  dem 
pathologisch-anatomischen  Institut  zu  Tübingen,  hrsg.  von  P.  Baumgarten.  Bd.  II. 
Heft  1.  gr.  8°.  III,  170  p.  Braunschweig  (Harald  BruhD)  1894.  5 M. 

Kellermann,  Kleine  bakteriologische  Studien.  (Aerztl.  Mitteil.  a.  und  f.  Baden.  1893. 
No.  24.  p.  188—191.) 

Küthe , F.  Ph.  , De  ontwikkeling  en  het  tegenwoordig  standpunt  der  bakteriologie. 
Eerste  stuk.  8°.  153  p.  Haarlem  1893. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

van  Ermengem,  E.,  Nouvelle  methode  de  coloration  des  cils  des  bacteries.  (Annal.  de 
la  soc.  de  med.  de  Gand.  1893.  p.  231 — 236.) 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Brown,  A.  M.,  The  animal  alkaloids;  cadaveric  and  vital.  With  introduction  by 
A.  Gautier.  3.  ed.  8°.  260  p.  London  (Kimpton)  1894.  7 sh.  6 d. 

Cacace,  E.,  Dell’  azione  dei  prodotti  di  ricambio  del  bacterium  coli  commune  sullo 
sviluppo  del  bacillo  del  colera  e di  quelli  del  bacillo  del  colera  sullo  sviluppo  del 
bacterium  coli.  (Riforma  med.,  Napoli  1893.  pt.  3.  p.  542 — 547.) 

de  Haan,  J.,  Het  bacterium  coli  commune.  (Nederl.  Tijdschr.  v.  Geneesk.  1894.  No.  4. 
p.  105—121.) 

Maafsen,  A.,  Beiträge  zur  Differenzierung  einiger  dem  Vibrio  der  asiatischen  Cholera 
verwandter  Vibrionen  und  kurze  Angaben  über  eiweißfreie  Nährböden  von  allgemeiner 
Anwendbarkeit.  (Arb.  a.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  IX.  No.  2.  p.  401 
—404.) 

Nannotti,  A. , Sul  potere  patogeno  dei  prodotti  degli  stafilococchi  piogeni  (ricerche 
sperimentali).  (Atti  d.  Congr.  gener.  d.  Assoc.  med.  ital.  1891,  Siena  1893.  p.  189 
—196.) 

Tauffer,  E.  , Beiträge  zum  Verhalten  des  Choleravibrio  gegenüber  den  Saprophyten. 
(Közegeszsdgügy  es  törvönysz^ki  orvostan.  1894.  No.  1.)  [Ungarisch.] 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Piefke,  C. , Ueber  die  Betriebsführung  von  Sandfiltern  auf  Grundlage  der  zur  Zeit 
gütigen  sanitätspolizeilichen  Vorschriften.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  1. 
p.  151—188.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

de  Freudenreich,  Ed. , Les  microbes  et  leur  röle  dans  la  laiterie.  Avec  2 fig.  8°. 
Paris  (Carr6)  1894.  3 fr. 

Griffiths,  A.  B , Sur  la  fermentation  bacterienne  des  sardines.  (Bullet,  de  l’Acad.  roy. 
d.  scienc.  de  Belgique.  1892.  p.  626 — 628.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Kelsch,  A.,  Traitd  des  maladies  epidemiques.  Tome  I.  Avec  tracds.  8°.  Paris  (Doin) 
1894.  12  fr. 


Neue  Litteratur. 


577 


I Oesterreich.  Bekämpfung  von  Schulepidemieen  betr.  (Oesterr.  Sanitätswesen.  1893. 
p.  583.) 

— — . Wien.  Maßnahmen  gegen  ansteckende  Krankheiten.  (Veröfifentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  7.  p.  109.) 

Parkes,  L.  C.,  Infectious  diseases;  notification  and  prevention.  12°.  202  p.  London 

(Lewis)  1894.  4 sh.  6 d. 

Vereinigte  Staaten  von  Amerika.  Vorschriften  des  Staats-Gesundheitsamts  von  Ohio, 
ansteckende  Krankheiten  betr.  Vom  30.  Juni  1893.  (Veröfifentl.  d.  kaiserl.  Gesund- 
heits-A. 1894.  No.  7.  p.  106—107.) 

Mischinfektionen. 

Drews,  R,  Gleichzeitige  Erkrankung  an  Typhus  abdominalis  und  Meningitis  cerebro- 
spinalis bei  einem  -jährigen  Kinde.  (Aus:  ,,AUg.  med.  Central-Ztg.“)  gr.  8°. 
5 p.  Berlin  (Oscar  Coblentz)  1894.  1 M. 

Galtier,  Influence  de  certaines  causös  sur  la  receptivit6.  Associations  bacteriennes. 
(Recueil  de  med.  vetdrin.  1894.  No.  2.  p.  598 — 601.) 

Malariakrankheiten. 

Rofs,  R.,  The  third  element  of  the  blood  and  the  malaria  parasite.  (Indian  med.  Gaz. 
1894.  No.  1.  p.  5—14.) 


Exanthematische  Krankheiten 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Röteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Casey,  E.,  Maternal  small-pox  ; infection  of  infant  after  birth.  (Brit.  med.  Journ  1894. 
No.  1727.  p.  239—240.) 

Cory,  On  the  Operation  of  the  animal  vaccine  Station  at  Lamb’s  conduit  Street,  during 
the  year  1891/92.  (Report  of  the  Local  Governm.  Board.  1891/92,  London  1893. 
p.  31—34.) 

Ferroni,  E.  e Massari,  G.,  Sulla  pretesa  scoperta  del  Guarnieri  riguardo  la  infezione 
vaccinica  e vaiolosa.  (Riforma  med.  1893.  pt.  2.  p.  602 — 604.) 

Wutzdorff,  Die  Ergebnisse  des  Impfgeschäfts  im  Deutschen  Reiche  für  das  Jahr  1891. 
(Mediz. -Statist.  Mitteil.  a.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  II.  Heft  1.  p.  69 — 90.) 

Cholera,  Typhus,  Kuhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Besser,  L.  V.,  Der  erste  Cholerafall,  welcher  in  St.  Petersburg  zur  Zeit  der  Epidemie 
im  Jahre  1892  bakteriologisch  untersucht  wurde.  (Wratsch.  1893.  p.  625,  659.) 
[Russisch.] 

Dubois , Schwere  Ruhrepidemie  im  Kreise  Johannisburg  und  deren  Uebertragung. 

(Ztschr.  f.  Medizinalbeamte.  1894.  No.  3.  p.  59 — 61.) 

Ilkewitsch,  K.  J.,  Vorbeugungsmaßregeln  bei  Cholera.  (Wratsch.  1893.  p.  785,  814.) 
[Russisch.] 

Karlinski,  J.,  Kleine  Beiträge  zur  Aetiologie  der  Cholera.  (Wien.  med.  Wchschr.  1894. 
No.  7,  8.  p.  267—271,  311—315.) 

Kruse,  W.  u.  Pasquale.  A.,  Untersuchungen  über  Dysenterie  und  Leberabsceß.  (Ztschr. 

f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  1.  p.  1—148.) 

Ljubinski,  J.,  Kultur  von  Cholerabacillen  ohne  Luftzutritt  und  über  die  Wichtigkeit 
der  Anaeroben  in  der  Pathologie  der  Cholera.  (Med.  obozrenije.  1893.  p.  1076 — 1087.) 
[Russisch.] 

Philipp,  Die  Choleraepidemie  zu  Zerpenschleuse  im  Herbst  1893.  (Ztschr.  f.  Medizinal- 
beamte. 1894.  No.  4.  p.  77 — 81.) 

Rasch,  C.,  Cholera  asiatica  in  Siam.  (Dtsche  Medizinal-Ztg.  1894.  No.  12.  p.  131 
—132.) 

Smorodintseff,  A.  J.,  Ueber  die  Choleraepidemie  im  Süden  des  Distrikts  Jekaterinen- 
burg  im  Jahre  1892.  (Zapiski  uralsk.  med.  obsh.  v.  g.  Jekaterin.  1893.  p.  33 — 38.) 
[Russisch.] 

Thoinot,  L.  et  Dubief,  H.,  Le  cholera  de  1892  dans  le  Departement  de  la  Seine  (Paris 
et  banlieue).  (Anna!  d’hyg.  publ.  1894.  No.  2.  p.  124 — 166.) 

Wolffberg,  Die  Cholera  in  Tilsit  1893.  (Centralbl.  f.  allg.  Gesundheitspfl.  1894.  No.  1/2. 
p.  1-15.) 


578 


Neue  Litteratur. 


Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Chase,  W.  B.,  The  prevention  of  puerperal  septicaemia.  (New  York  Journ.  of  gynaecol. 
and  obstetr.  1893.  p.  810 — 817.) 

Frickhinger,  G.,  Ueber  Erysipel  und  Erysipel-Recidive.  (Annal.  d.  städt.  allg.  Kranken- 
häuser zu  München  1890/92,  München  1894.  p.  141  — 165.) 

Manton,  W.  P.,  Late  puerperal  infection.  (Transact.  of  the  Michigan  med.  soc.,  Detroit 

1893.  p.  306—309.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Bollinger,  Maßnahmen  behufs  Verhütung  der  Weiterverbreitung  der  Tuberkulose.  Referat 
mit  Diskussion  im  bayer.  Obermedizinalausschuß.  (Münch,  med.  Wchschr.  1894. 
No.  7.  p.  133—135,  137—139.) 

Keating,  J.  M.,  Plausibility  of  the  direct  transmission  of  tuberculosis  to  the  foetus  from 
either  parent.  (Arch.  of  pediatr.  1893.  p.  707 — 718.) 

Länderer,  A.,  Die  Behandlung  der  Tuberkulose  mit  Zimmtsäure.  (Therapeut.  Mtsh. 

1894.  No.  2.  p.  47—50.) 

Nannotti,  A.,  Osservazione  clinica  e ricerche  sperimentali  intorno  alla  influenza  delle 
infiammazioni  da  streptococco  nelle  affezioni  tubercolari.  (Riforma  med.  1893.  pt.  2. 
p.  627,  638,  652.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Albu,  A.,  Zur  Kenntnis  der  Influenzapneumonieen.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  7. 
p.  150—151.) 

Bayern.  Erlaß  des  Staatsministeriums  des  Innern,  Sammlung  von  Beobachtungsmaterial 
über  das  erneute  Auftreten  der  Influenza  betr.  Vom  13.  Januar  1894.  (Veröffentl. 
d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  7.  p.  102.) 

Clemow,  F. , The  recent  epidemic  of  influenza:  its  place  of  origin  and  mode  of  spread. 

(Lancet.  1894.  Vol.  I.  No.  3,  6.  p.  139  — 143,  329—331.) 

Ferrara,  N. , Etiologia,  patogenesi  e cura  della  polmonite.  (Progresso  med.,  Napoli 
1893.  p.  209,  233,  257.) 

Friedrich,  P.  L.,  Die  Influenza-Epidemie  des  Winters  1889/90  im  Deutschen  Reiche. 

(Arb.  a.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  IX.  No.  2.  p.  139 — 378.) 

Oesterreich.  Ministerial-Erlaß,  betr.  Maßnahmen  gegen  Influenza.  Vom  20.  Dezember 
1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  5.  p.  72.) 

Sto'icesco,  G.,  Etüde  comparative  sur  les  differentes  formes  de  pneumonie  observees 
depuis  le  1 janvier  jusqu’au  1 avril  1893.  (Roumanie  med.  1894.  No.  8.  p.  225 
—234.) 

Pellagra,  Beri-heri. 

v.  Rosen,  H.,  Ueber  die  Pellagra  in  Rußland.  (St.  Petersb.  med.  Wchschr.  1894.  No.  3. 
p.  21—23.) 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Verdauungsorgane. 

Hanson,  D.  S.,  Aetiology  of  the  summer  diarrhoeas  of  children.  (Cleveland  med.  Gaz. 
1892/93.  p.  547—552.) 

Ham-  und  Geschlechtsorgane. 

Fiore-Spano,  Recherches  bacteriologiques  sur  le  sperme  d’individus  affectös  de  tubercu- 
lose  d’autres  Organes  que  les  Organes  g^nito-urinaires.  (Rev.  de  la  tuberculose.  1893. 
No.  4.  p.  322  — 337.) 

Augen  und  Ohren. 

Guibert,  Conjonctivite  pseudo-membraneuse  chronique;  examen  bacteriologique.  (Annal. 
d’ocnlist.  1893.  p.  457.) 


Neue  Litteratur. 


579 


C.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalns,  Oxyuris.) 

Mercanti,  F.,  Gli  animali  parassili  dell’  uomo.  8°.  Mailand  1894.  1,50  1. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Türen. 

Milzbrand. 

Gibson,  G.  E.,  Anthrax.  (Veterin.  Journ.  1894.  Jan.  p.  25 — 35.) 

Maul-  und  Klauenseuche. 

Preußen.  Reg.-Bez.  Oppeln.  Verordnung,  betr.  Schutzmaßregeln  gegen  die  Einschlep- 
pung und  Verbreitung  der  Maul-  und  Klauenseuche.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesund- 
heits-A.  1894.  No.  7.  p.  99—100.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetüre. 

A.  Infektiöse  AUgememkrankheiten. 

Verbreitung  von  Tierseuchen  im  Deutschen  Reiche  im  Dezember  1893.  (Veröffentl.  d. 
kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  5.  p.  73.) 

Krankheiten  der  Vielhufer. 

(Rotlauf,  Schweineseuche,  Wildseuche.) 

Buch,  J.,  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Schweineseuche.  (Dtsche  tierärztl.  Wchschr.  1894. 
No.  6.  p.  41—43.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Jolicoeur,  H.,  Le  phylloxera  vastatrix,  ses  differentes  formes,  les  lesions  qu’il  determine. 
8°.  12  p.  Epernay  1894.  0,25  fr. 

Lindau,  G. , Der  Epheukrebs.  (Ztschr.  f.  Pflanzenkrankb.  1894.  Bd.  IV.  Heft  1. 
p.  1-3.) 

Mohr,  C.,  Ueber  eine  Schädigung  der  Tabakpflanze  durch  eine  Acarine.  (Ztschr.  f. 
Pflanzenkrankh.  1894.  Bd.  IV.  Heft  1.  p.  20 — 21.) 

Rathay,  E.,  üeber  die  in  Südtirol  durch  Tetranychus  telarius  hervorgerufene  Blatt- 
krankheit der  Rehe.  (Weinlaube.  1894.  No.  9.  p.  97 — 101.) 

Sajo,  K.,  Beiträge  zur  landwirtschaftlichen  Insektenkunde.  1.  Die  Schädlichkeit  der 
Blattlaus  Toxoptera  graminum  Rond.  für  Hafer.  2.  Versuche  mit  Theeröl.  (Ztschr 
f.  Pflanzenkrankh.  1894.  Bd.  IV.  Heft  1.  p.  4 — 6.) 

Went,  F.  A.  F.  C.,  Eenige  opmerkingen  over  de  behandeling  van  bibit  met  het  oog 
op  de  bestrijding  van  rietziekten.  8°.  8 p.  Soerabaia  1893. 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Yernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Andrews,  E.,  A remarkable  effect  of  Koch’s  lymph.  (Internat,  clinic,  Philad.  1893. 
Vol.  II.  p.  241—243.) 

Behring,  Antitoxisch  wirkende  Desinfektionsmittel.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  8. 
p.  169  — 171.) 

Bremen.  Verordnung,  betreffend  Desinfektion  bei  ansteckenden  Krankheiten.  Vom 
22.  Februar  1894.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  9.  p.  133.) 

v.  Esmarch,  E,  üeber  Sonnendesinfektion.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  2. 
p.  257—267.) 

Fraenkel , C.  u.  Sobernheim , Versuche  über  das  Zustandekommen  der  künstlichen 
Immunität.  (Hygien.  Rundschau.  1894.  No.  3,  4.  p.  97 — 101,  145 — 159.) 

Henius,  Bemerkungen  über  die  Desinfektion  nach  ansteckenden  Krankheiten.  (Dtsche 
med.  Wchschr.  1894.  No.  11.  p.  262 — 263.) 


580 


Neue  Litteratur. 


Holzendorff.  H , Ein  Beitrag  zur  Beurteilung  des  diagnostischen  Wertes  der  Impfung 
mit  Mallein.  (Berl.  tierärztl.  Wchschr.  1894.  No.  2.  p.  15 — IG.) 

Kitt,  Th.,  Zur  Kenntnis  der  Immunitätsverhältnisse  bei  der  Geflügelpest.  (Ntsh.  f. 
prakt.  Tierheilk.  1894.  Bd.  V.  No.  5.  p.  198 — 200.) 

Kolle,  Beiträge  zu  den  experimentellen  Cholerastudien  an  Meerschweinchen.  (Ztschr. 
f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  2 p.  329 — 361.) 

Marchal,  E.,  Sur  un  procedd  de  Sterilisation  ä cent  degres  des  Solutions  d’albumine. 
(Bullet,  de  l’Acad.  roy.  d.  scienc.  de  Belgique.  1894.  p.  323  — 327.) 

Phisalix,  C.  et  Bertrand,  G.,  Sur  la  propriete  antitoxique  du  sang  des  animaux  vaccines 
contre  le  venin  de  vipere.  (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII  No.  7.  p.  356 — 358.) 

Sticker,  A.,  Die  Notwendigkeit  von  Verbrennungsöfen  für  Seuchenkadaver.  (Centralbl. 
f.  allg.  Gesundheitspfl.  1894.  No.  1/2.  p.  29 — 37.) 

Tizzoni.  G.  u.  Centanni,  Serum  gegen  Rabies,  von  hoher,  immunisierender  Kraft,  auf 
den  Menschen  anwendbar.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  8.  p.  189 — 191.) 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Bochicchio,  Nicola,  Ueber  einen  Milch- 
zucker vergärenden  und  Käseblähungen 
hervorrufenden  neuen  Hefepilz.  (Orig.), 
p.  546. 

Cholodkowsky,  N , Ueber  eine  neue  Species 
vou  Taenia.  (Orig.),  p.  552. 

Wehmer,  C.,  Ueber  die  Beziehungen  der 
Bakteriologie  zur  allgemeinen  Mykologie 
und  Physiologie.  (Orig  ),  p.  533. 

Zettnow,  Reinigung  verschmutzter  Objekt- 
träger und  Deckgläser.  (Orig  ),  p.  555. 

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dante,  p.  568. 

Bonhoff,  Ueber  zwei  neue  in  Wasser  ge- 
fundene Kommabacillenarten,  p.  562. 

Boyce  and  Evans.  Upon  the  action  of 
gravity  on  Bacterium  Zopfii,  p.  568. 

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Bindehaut,  p.  565. 

Fisichella,  V , Sulla  tossicitä  dell’  urina 
dei  lebbrosi,  p.  567. 

Harold,  C.  Ernst,  The  Bacillus  pyocyaneus 
pericarditidis,  p.  559. 

Kiefsling,  Das  Bacterium  coli  commune, 
p.  559. 

Kohn,  Fin  Fall  von  Pneumonomycosis 
aspergillina,  p.  565 

Lehmann,  K.  B.,  Qualitative  und  quanti- 
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Netter , De  l’actinomycose  pulmonaire. 
p.  566. 


Redtenbacher,  Leo,  Ein  Fall  von  Actino- 
mycosis abdominalis,  p.  567. 

RusseU,  H.  L.,  The  bacterial  flora  of  the 
Atlantic  Ocean  in  the  vicinity  of  Woods 
Holl,  Mass,  p.  558. 

Sedzcak,  J.,  Ein  Fall  der  sogenannten  An- 
gina ulcerosa  benigna  (Heryng),  p.  565. 

Sorauer,  P.,  Einige  Beobachtungen  bei  der 
Anwendung  von  Kupfermitteln  gegen 
die  Kartoffelkrankheit,  p.  570. 

Thaxter,  Roland,  New  species  of  Laboul- 
beniaceae  from  various  localities,  p.  569. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung  etc. 

Cazeneuve,  P.,  Rollet,  Nicolas,  C.,  Sur 
l’action  microbicide  du  Gallanol,  p.  574. 

Fedoroff,  Zur  Blutserumtherapie  der  Cho- 
lera asiatica,  p.  572. 

Goldschmidt,  J.,  Die  Behandlung  und  Hei- 
lung der  Lepra  tuberosa  mit  Europhen, 
p.  574. 

Ostertag,  Zur  Jodtherapie  der  Aktinomy- 
kose,  p.  574. 

Radcliffe,  Ichtyol  as  a remedy  for  facial 
erysipelas,  p.  575. 

Solbrig,  Ueber  die  Prophylaxis  der  Diph- 
theritis  vom  sanitätspolizeilichen  Stand- 
punkte, p.  571. 

Wolkowitsch,  Ueber  den  therapeutischen 
Wert  des  Salols  bei  der  Choleradiarrhöe, 
p.  573. 

Berichtigung,  p.  575. 

Neue  Litteratur,  p.  576. 


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Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Eischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 


Beitrag  zur  Lehre  über  die  pathogenen  Eigenschaften 
des  Friedländer’schen  Pneumococcus. 

[Aus  dem  pathologisch-anatomischen  Institute  von  Prof.  W.  Brodowski 

in  Warschau.] 

Von 

Dr.  Z.  Dmocliowäki, 

Geh.  des  Pros,  für  pathol.  Anat.  an  der  Universität  Warschau. 

Die  vorliegende  Mitteilung  ist  nur  ein  kurzer  Auszug  aus  einer 
größeren,  ein  anderes  Thema  behandelnden  Arbeit.  Ich  beeile  mich 
indessen,  dieselbe  zu  veröffentlichen,  einerseits  auf  Grund  der  Seltenheit 
eines  derartigen  Falles  im  allgemeinen  und  dann  infolge  einer  neuen 
Beobachtung,  welche  die  eitererregenden  Eigenschaften  des  Fried- 

XV.  Bd.  37 


582 


Z.  Dmochowski, 


1 ä n d e r ’ sehen  Pneumococcus  bestätigt,  über  welche  bis  jetzt 
nur  spärliche  Andeutungen  existieren.  Unter  den  wenigen  derartigen, 
nicht  direkt  zur  Sache  gehörenden  Arbeiten  sollen  hier  nur  drei  Er- 
wähnung finden,  in  denen  die  Autoren  durch  den  Friedländer’  sehen 
Pneumococcus  hervorgerufene,  dem  von  mir  beobachteten  ähnliche 
Prozesse  geschildert  haben. 

Bei  der  Sektion  eines  an  akuter  Pneumonie  verstorbenen  Indi- 
viduums fand  Mills1)  eiterige  Meningitis  vor.  Aus  dem  Eiter 
züchtete  er  den  Pneumococcus  Friedländeri,  der  sich  nach 
Gram  nicht  färbte  und  unter  20°  C wuchs. 

Netter  2)  fand  unter  28  untersuchten  Meningitiden  16 mal  den 
W e i c h s e 1 b a u m ’ sehen  Pneumococcus, 4 mal  Streptococcus 
pyogenes,  2 mal  Diplococcus  intracellularis  und  nur 
1 mal  den  Pneumococcus  Friedländeri.  Er  weist  daraufhin, 
daß  der  Eiter  in  diesem  Falle  sehr  zähe,  gleichsam  schleimig  war. 

Weichselbaum3)  beschrieb  einen  Fall,  in  welchem  bei  eiuer 
57-jährigen  Frau  4 Wochen  vor  dem  Tode  eine  Otitis  media  puru- 
lenta  konstatiert  wurde.  Kurz  vor  dem  Tode  wurde  die  Patientin 
nicht  beobachtet.  Bei  der  Sektion  wurde  gefunden:  Akuter  Nasen- 

katarrh, eiterige  Entzündung  des  mittleren  Ohres  und  des  Processus 
mastoideus,  Phlegmone  um  den  M.  sterno-cleidomastoideus  und  akute 
Pneumonie.  Der  gefundene  Eiter  wurde  sofort  bakteriologisch  untersucht. 
Ueberall,  sogar  in  den  Lungen,  will  der  Autor  den  Friedländer  ’scheu 
Pneumococcus  entdeckt,  denselben  daraus  gezüchtet  und  seine 
Identität  nach  den  letzten  Anforderungen  der  Bakteriologie  festge- 
stellt haben. 

In  den  Schlußfolgerungen  bestätigt  der  Autor  die  von  Z a u f a 1 1 
schon  früher  ausgesprochene  Ansicht,  daß  Otitis  media  unter  dem 
Einflüsse  des  Pneumococcus  entstehen  kann,  und  daß  eine  eiterige 
Entzündung  des  Unterhautzellgewebes  durch  den  letzten  bedingt 
werden  kann. 

Mein  Fall  betrifft  einen  54-jährigen,  mit  der  Diagnose  Pneumonia 
cruposa,  Phlegmona  colli  et  faciei  verstorbenen  Mann.  An  der  gut 
gewachsenen  und  gut  genährten  Leiche  mit  blasser,  dünner  und 
weicher  Haut  sieht  man,  daß  die  rechte  Wange  stark  ödematös  ist; 
der  Parotisbezirk  ist  ebenfalls  ödematös.  Nach  außen  und  etwas 
nach  unten  vom  äußeren  Winkel  der  Augenhöhle  sieht  man  in  der 
Haut  eine  nicht  chirurgische,  steckuadelkopfgroße  Oeffnung.  Beim 
Andrücken  der  rechten  Wange  fließt  aus  dieser  Oeffnung  dicker, 
gelblich-grüner,  zäher,  nicht  übel  riechender  Eiter  aus. 

Die  Sektion  wurde  vom  Schädel  begonnen.  Der  Befund  war 
folgender:  Die  Schädelform  und -Größe  normal;  die  Knochen  mäßig 

dick.  Diploe  mäßig  entwickelt;  die  Dura  mater  auf  der  Konvexität 
des  Schädels  stark  gespannt,  von  normaler  Dicke;  ihre  Außen-  und 


1)  Mills,  M^ningite  ä pneumocoques  (Journal  de  med.  de  Bruxelles.  1892.  No.  29. 
Ref.  im  Centralbl.  für  Bakt.  Bd.  XII.  1892.  No.  13.) 

2)  Netter,  Recherches  sur  les  m^ningites  suppur^es.  (France  med.  1889.  No.  64.) 

3)  Weichselbaum,  Ueber  eine  von  Otitis  media  suppurativa  ausgehende  und 
durch  den  Bac.  pneumoniae  (Friedländer)  bedingte  Allgemeininfektion.  (Monatschr. 
f.  Ohrenheilkunde.  1888.  No.  8,  9.) 


Beitrag  aur  Lehre  über  die  pathogenen  Eigenschaften  etc. 


583 


Innenfläche  glatt.  Pia  mater  etwas  hyperämisch.  Auf  der  Hirn- 
konvexität sieht  man  unter  der  Pia  mater  längs  den  Venen  eine 
eiterige  Infiltration.  Auf  der  Hirnbasis  ist  diese  Infiltration  sehr  in- 
tensiv und  dabei  füllt  der  Eiter  hier  den  ganzen  Raum  zwischen  der 
harten  und  weichen  Hirnhülle  aus.  Die  Hirnsubstanz  ist  auf  dem 
Durchschnitte  feucht,  etwas  hyperämisch.  Im  vorderen  Theile  des 
rechten  Lobus  frontalis  wurde  ein  wallnußgroßer  Hirnabsceß  mit 
glatten  Wänden  gefunden.  Der  Eiterherd  war  mit  grünlich-gelbem, 
nicht  übelriechendem,  sich  stark  ziehendem  Eiter  ausgefüllt.  Der 
Eiter  wurde  einer  bakteriologischen  Untersuchung  unterworfen.  Nach 
sorgfältigem  Ausspülen  der  Hirnbasis,  zur  Entfernung  des  dort  vor- 
handenen Eiters,  wurde  konstatiert,  daß  die  Dura  mater  besonders 
an  der  rechten  Seite  neben  der  Sella  turcica  stark  verdickt,  eiterig 
infiltriert  und  durchlöchert  ist.  Die  Oeffnung  war  bohnengroß,  durch- 
bohrte die  Knochen  und  führte  in  den  Sinus  sphenoidalis. 

Es  erwies  sich  nun,  daß  der  ganze  Sinus  sphenoidalis  mit  Eiter 
desselben  Aussehens,  wie  wir  es  im  Hirnabsceß  gesehen  hatten,  aus- 
gefüllt war.  Mittelst  einer  sterilisierten  Kanüle  wurde  vom  Sinus  ein 
wenig  Eiter  zur  bakteriologischen  Untersuchung  ausgezogen.  Es 
wurde  ein  Querschnitt  der  Haut  durch  den  Schädel  gemacht,  der 
für  gewöhnlich  an  der  Seite  auf  der  Höhe  der  Ohröffnung  endet,  in 
diesem  Falle  aber  noch  bis  zur  Mitte  des  Halses,  hinter  dem  Ohre 
durchgehend,  weiter  geführt.  Ferner  wurde  die  Haut  von  der  Stirn 
und  Wange  getrennt,  wobei  man  den  Augapfel  enukleierte  und  nach 
unten  herunterzog.  Es  wurde  dabei  bemerkt,  daß  an  der  rechten 
Seite  des  Stirnbeins,  5 cm  über  dem  Auge,  an  der  ganzen  Schläfen- 
gegend und  an  der  rechten  Wange  das  Unterhautgewebe  ödematös 
und  sehr  stark  hyperämisch  war;  an  mehreren  Stellen  waren  darin 
einzelne  oder  zusammenfließende  Eiterherde  entstanden.  Der  ausge- 
dehnteste Herd  war  an  dem  Stirnbein.  In  der  Augenhöhle  hinter 
dem  Augapfel  fand  man  ebenfalls  Eiter.  Die  Parotisdrüse  war  stark 
infiltriert,  hyperämisch,  Eiterherde  waren  darin  jedoch  nicht  zu 
finden.  Nachdem  die  Augenhöhle  ausgespült  war,  erblickte  man  an 
der  unteren  Wand,  1/2  cm  nach  innen  vom  Canalis  infraorbitalis,  eine 
bohnengroße  Oeffnung,  durch  welche  mau  in  das  Antrum  Highmori 
gelangte.  Um  diese  Oeffnung  herum  ist  der  Knochen  total  vom 
Periost  entblößt  und  seine  Oberfläche  uneben.  Diese  Bloßlegung  des 
Knochens  geht  in  Form  eines  schmalen  Streifens  immer  mehr  nach 
unten,  reicht  bis  an  den  Augenhöhlenrand  und  geht  von  da  auf 
die  Außenwand  des  Oberkiefers  über.  Hier  breitet  sich  der  Prozeß 
etwas  mehr  aus,  so  daß  er  einen  2 cm  langen  und  3 cm  breiten  Raum 
umfaßt  und  geht  daun,  immer  schmaler  werdend,  auf  das  Jochbein 
über.  Von  da  aus  schreitet  er  weiter  um  die  Augenhöhle  herum  und 
geht  auf  das  Stirnbein  über,  wo  er  die  größte  Ausdehnung  erreicht, 
da  der  hier  entstandene  Herd  7 cm  lang  und  4 cm  breit  ist. 

An  den  bloßgelegten  Stellen  ist  der  Knochen  überall  1 — 2 mm 
tief  zerstört,  uneben,  hyperämisch  und  an  sehr  vielen  Stellen,  be- 
sonders am  Joch-  und  Stirnbein,  eiterig  infiltriert.  Durch  die  Oeffnung, 
durch  welche  die  Augenhöhle  mit  dem  Antrum  Highmori  kommuni- 
ziert, wurde  in  das  letztere  eine  sterilisierte  Kanüle  eingeführt  und 

37* 


584 


Z.  Dmochowski, 


daraus  ein  wenig  Eiter  zu  bakteriologischen  Zwecken  herausgezogen. 
Ferner  wurde  die  Schädelbasis  in  der  Mittellinie  in  zwei  Teile  zer- 
sägt, und  zwar  in  der  Weise,  daß  der  Schnitt  durch  den  Sinus  fron- 
talis,  sphenoidalis  und  genau  durch  die  Mitte  (den  Zwischenraum) 
der  Nase  und  zwischen  den  mittleren  Schneidezähnen  führte.  Der 
zweite  Schnitt  wurde  senkrecht  zum  ersten  geführt  und  lief  dicht 
hinter  der  äußeren  Ohröffnung  vorbei.  Auf  diese  Weise  wurde  der 
ganze  Oberkiefer  samt  der  Hälfte  des  Stirnbeins,  dem  ganzen  Ohr 
und  der  Hälfte  der  Nase  entfernt.  Die  Nasenschleimhaut  war  an  der 
rechten  Seite  stark  gerötet,  etwas  ödematös  und  mit  eiterigem  Schleim 
in  geringer  Menge  bedeckt.  Die  Nasenmuscheln  waren  etwas  verdickt, 
jedoch  wenig  hypertrophiert.  An  der  linken  Seite  war  sowohl  die 
Nasenschleimhaut  wie  auch  die  Muscheln  vollkommen  normal.  Nach 
Abtragen  der  rechtseitigen  Muschel  bemerkte  man,  daß  aus  der  etwas 
erweiterten,  in  das  Antrum  Highmori  führenden  Oetfnung  dicker,  gelb- 
grüner, zäher  Eiter  herausfloß.  Die  die  Außenwand  der  Nase  be- 
deckende Schleimhaut,  welche  die  oben  geschilderten  Veränderungen  dar- 
bot, wurde  abpräpariert.  Der  entblößte,  die  Innenwand  des  Antrum 
Highmori  bildende  Knochen  war  gewissermaßen  hyperämisch.  An 
demselben  fand  man  an  drei  Stellen  gelbe,  hirsekorngroße  Pünktchen. 
Beim  Betasten  mit  der  Sonde  fühlten  sich  diese  Stellen  ganz  weich 
an,  der  Knochen  war  zerstört  und  durch  die  Oeffnung  konnte  man 
in  das  Antrum  Highmori  gelangen.  Die  ganze  Knochenwand  wurde 
herausgenommen  und  die  die  Außenfläche  des  Knochens  bekleidende 
Schleimhaut  durchgeschnitten.  Die  ganze  Höhle  war  mit  dickem, 
zähem,  nicht  übelriechendem  Eiter  von  gelblich-grüner  Farbe  ausge- 
füllt. Nach  Abspülen  des  Eiters  zeigte  es  sich,  daß  die  ganze  Höhle 
iu  allen  Dimensionen  etwas  verkleinert  ist.  Die  sie  auskleidende 
Schleimhaut  ist  stark  verdickt  und  gerötet;  an  der  Außenwand  und 
in  dem  oberen  inneren  Winkel  war  sie  mit  Blutextravasateu  besät; 
an  der  Innenwand  war  sie,  wie  gesagt,  an  drei  Stellen  zerstört  und 
durchlöchert.  Die  Ränder  der  Ulceratiouen  sind  dick,  wulstförmig, 
weich.  Eine  derartige  Zerstörung  ist  auch  oben  an  der  Hinterwaud, 
in  dem  Winkel  zwischen  der  Hinter-,  Ober-  und  Außenwand  wahr- 
zunehmen. Auch  hier  ist  es  zur  Bildung  einer  Oeffnung  gekommen, 
durch  welche  die  in  das  Antrum  Highmori  eingeführte  Sonde  in  den 
Sinus  sphenoidalis  gelaugt.  Die  beiden  Höhlen  kommunizieren  mit 
einander  durch  einen  mit  Eiter  ausgefüllten  und  unebene  Wände  be- 
sitzenden Kanal;  in  den  spongiösen  Teilen  des  Knochens  ist  eine  An- 
zahl kleiner  Eiterherde  sichtbar.  Eine  Kommunikation  mit  dem 
Antrum  Highmori  ist  noch  an  einer  dritten  Stelle  zustande  gekom- 
men, nämlich  durch  die  obere  Wand  mit  der  Augenhöhle.  Die  Sinus 
frontalis  et  ethmoidalis  sind  vollkommen  normal ; die  sie  auskleidende 
Schleimhaut  ist  nur  wenig  gerötet. 

Im  subkutanen  Gewebe  des  Halses  und  zwischen  den  Muskeln 
sind  keinerlei  Veränderungen  zu  beobachten.  Der  Kehlkopf  und 
Rachen  sind  vollkommen  normal.  Die  linke  Lunge  weist  keine  aus- 
gesprochenen Veränderungen  auf;  im  unteren  Lappen  der  rechten 
Lunge  wurde  ein  harter,  faustgroßer  Herd  gefunden,  der  auf  dem 
Duchschnitte  rot  und  leicht  zerreißlich  war,  und  von  der  Oberfläche 


Beitrag  zur  Lehre  über  die  pathogenen  Eigenschaften  etc. 


585 


des  Durchschnittes  floß  eine  trübe,  blutige,  leicht  schaumige  Flüssigkeit 
heraus.  — In  den  anderen  Organen  wurden  keine  Veränderungen  wahr- 
genommen, außer  einer  geringen  Vergrößerung  der  Milz  und  einer 
trüben  Schwellung  der  Leber  und  Milz. 

Die  Diagnose  lautete  dem  entsprechend : Empyema  Antri  High- 
mori  et  sinus  sphenoidalis,  Caries  ossis  sphenoidei,  maxillae  superioris, 
ossis  zygomatici  et  ossis  temporalis.  Phlegmone  subcutaneum  faciei 
et  frontis.  Rhinitis  acuta  purulenta.  Leptomeningitis  purulenta. 
Pachymeningitis  purulenta.  Abscessus  meningum.  Pneumonia  cachec- 
ticorum. 

Den  Verlauf  des  Prozesses  stelle  ich  mir  folgendermaßen  vor: 
Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  begann  der  Prozeß  in  Form  eines 
Katarrhs  in  der  Nase,  von  wo  er  auf  das  Antrum  Highmori  und  den 
Sinus  sphenoidalis  überging.  Ob  die  beiden  Sinus  gleichzeitig  affi- 
ziert  worden  sind  oder  nicht,  müssen  wir  dahingestellt  sein  lassen, 
da  wir  keine  Andeutungen  weder  für  das  Eine,  noch  für  das  Andere 
besitzen.  In  diesen  beiden  Höhlen  brach  somit  der  eiterige  Prozeß 
aus,  der  schließlich  zu  Ulcerationen  der  Schleimhaut  und  an  mehreren 
Orten  zur  Knochenzerstörung  führte.  Vom  Antrum  Highmori  ging 
der  Prozeß  durch  die  obere  Wand  in  die  Augenhöhle  über,  von  da- 
hin auf  die  Wange  herunter,  umschritt  die  Augenhöhle  und  griff 
auf  die  Stirn  herüber.  Ein  gleicher  Prozeß  tritt,  wenn  auch  viel 
später,  auf  der  Innenwand  auf,  da  es  hier  zur  schließlichen  Perforation 
der  Nase  nicht  gekommen  ist.  Vom  Sinus  sphenoidalis  ging  der 
Prozeß  durch  die  Oeffnung  in  der  oberen  Wand  auf  den  Schädel  über, 
in  welchem  er  die  Lepto-  et  Pachymeningitis  purulenta  und  einen 
metastatischen  Absceß  im  Gehirn  hervorgerufen  hat,  was  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  den  Tod  direkt  verursacht  hat.  Außerdem  hat 
sich  noch  eine  Kommunikation  zwischen  dem  Sinus  sphenoidalis  et 
frontalis  gebildet. 

Die  Eiterung  der  Seitensinus  der  Nase,  die  zur  Knochencaries 
führt,  ist  zweifellos  keine  Seltenheit  und  ein  einzelner  derartiger 
Fall  wäre  kaum  einer  Veröffentlichung  wert,  wenn  hier  nicht  als  Ur- 
heber dieses  Prozesses  ein  Mikroorganismus  zu  betrachten  wäre,  der 
bis  dahin  in  derartigen  Fällen  der  Urheberschaft  kaum  beschuldigt 
wurde. 

Wie  schon  früher  bemerkt,  hatte  man  zur  bakteriologischen 
Untersuchung  den  Eiter  aus  drei  Stellen  genommen,  nämlich  vom 
Hirnabsceß,  Sinus  frontalis  und  Antrum  Highmori.  Der  Eiter  wurde 
auf  Deckgläschen  zerrieben  und  nach  der  üblichen  Methode  gefärbt 
(wässerige  Gentianaviolettlösung),  wie  auch  nach  Gram  und  W eigert. 
Es  zeigte  sich  nun  bei  der  Untersuchung,  daß  der  Eiter  sehr  wenige 
Leukocyten,  dafür  aber  viel  Schleim  enthält.  In  dem  aus  dem  Hirn 
stammenden  Eiter  wurde  nur  eine  Art  Mikroorganismen  aufgefunden, 
und  zwar  in  geringer  Anzahl. 

Es  waren  vornehmlich  kürzere  und  längere  Stäbchen,  mitunter 
von  ovaler  Kokkenform ; die  spezifische  Färbung  wies  keine  Kapsel 
um  dieselben  herum  aus.  Diese  Mikroorganismen  waren,  wie  gesagt, 
sehr  spärlich.  Nach  Weigert  ließen  sie  sich  gar  nicht  färben.  Der 
aus  dem  Sinus  frontalis  und  Antrum  Highmori  stammende  Eiter 


586 


Z.  Dmochowski, 


präsentierte  sich  ebenso,  nur  war  die  Zahl  der  darin  aufgefundenen 
Mikroorganismen  beträchtlich.  Es  waren  vornehmlich  Stäbchen,  in- 
dessen häufig  auch  einzelne  oder  je  zwei  in  einer  charakteristischen 
Kapsel  eingeschlossene  Kokken.  Die  Kapsel  war  besonders  an  den- 
jenigen Gläschen  deutlich,  die  ich  in  einer  sauren  Gentianaviolett- 
lösung  gefärbt  und  in  angesäuertem  Wasser  ausgewaschen  habe. 
Nach  Weigert  färbten  sich  diese  Mikroorganismen  nicht. 

Den  Eiter  aus  allen  diesen  drei  Herden  habe  ich  auf  Gelatine- 
platten, Agar-Agar  und  Agar  mit  Glycerin  ausgegossen.  Schon  am 
nächsten  Tage  waren  besonders  auf  den  Agarplatten,  die  im  Thermo- 
staten blieben,  feine  und  weiße  Kolonieen  sichtbar,  die  ich  jedoch  nicht 
weiter  verimpft  habe.  Am  dritten  Tage  wuchsen  die  isolierten 
Kolonieen  sehr  beträchtlich  sowohl  auf  Gelatine  wie  auf  Agar-Agar 
und  präsentierten  sich  in  Form  von  grauweißen,  etwas  über  die 
Oberfläche  hervorragenden  Pünktchen.  Unter  dem  Mikroskope  waren 
die  Plattenkolonieen  leicht  nußbraun  gefärbt  mit  vollkommen  glatten 
Rändern  und  außerordentlich  feinkörnig.  Die  Zahl  der  Kolonieen 
war  sehr  groß.  Außer  den  soeben  besprochenen  entwickelte  sich 
noch  eine  andere  Mikroorganismenart.  Sie  präsentierte  sich  als 
sehr  spärliche,  beträchtlich  größere,  weißere  nnd  an  der  Oberfläche 
trockenere  Kolonieen.  Unter  dem  Mikroskope  waren  die  Platten- 
kolonieen durchsichtig  weiß,  an  den  Rändern  sehr  grobkörnig.  Von 
diesen  letzten  Kolonieen  waren  kaum  einige  auf  jeder  Platte  wahr- 
zunehmen. Ich  untersuchte  sie  sofort  auf  den  Deckgläschen  und 
konnte  mich  überzeugen,  daß  es  sehr  große  Kokken  waren,  die  sich 
nach  Weigert  färbten.  Auf  Grund  ihrer  Dimensionen  und  der 
trockenen  Oberfläche,  ferner  auf  Grund  ihrer  geringen  Anzahl  habe 
ich  dieselben  als  Verunreinigung  angesehen  und  ihre  nähere  Unter- 
suchung nicht  weitergeführt.  Die  erste  Kolonieenart  übertrug  ich  auf 
Gelatine  und  machte  Stichkulturen  und  auch  einige  Strichkulturen. 
Auf  Deckgläschen  zerrieben  und  gefärbt,  zeigten  sich  diese  Mikro- 
organismen mit  denjenigen,  die  ich  im  Eiter  gesehen  habe,  ganz 
identisch;  der  Unterschied  bestand  nur  in  einer  geringeren  Anzahl 
der  Stäbchen  und  in  dem  vollkommenen  Fehlen  der  Kapsel.  Auf 
Gelatineplatten  entwickelte  sich  nach  einigen  Tagen  ein  reichlicher, 
dicker,  grauweißer,  fast  durchsichtiger  Belag  mit  charakteristischem, 
porzellanartigem  Glanz.  In  den  Stichkulturen  entwickelten  sich 
typische  Nagelformen,  deren  Stiele  feinkörnig  waren  und  deren  Kopf 
glänzend  und  stark  über  die  Oberfläche  prominent  war.  Die  Gelatine 
war  nirgends  aufgelöst. 

Dies  waren  schon  fast  vollkommen  genügende  Merkmale,  um  die 
Bestimmung  des  in  Frage  stehenden  Mikroorganismus  festzustellen. 
Der  Genauigkeit  halber  habe  ich  mit  demselben  aber  noch  folgende 
Experimente  gemacht: 

1)  Eine  wässerige  Emulsion  mit  einer  5 Tage  alten  Gelatine- 
stichkultur injizierte  ich  zwei  Hunden  subkutan.  Am  nächsten  Tage 
trat  an  der  Injektionsstelle  ein  leichtes  Oedem  auf,  das  am  dritten 
Tage  geringer  wurde  und  am  vierten  vollständig  verschwand.  Die 
Hunde  blieben  gesund. 

2)  Die  gleiche  Menge  von  Mikroorganismen  injizierte  ich  auch 
zwei  Kaninchen  subkutan. 


Beitrag  zur  Lehre  über  die  pathogenen  Eigenschaften  etc. 


587 


3)  Dasselbe  Experiment  führte  ich  auch  an  zwei  Meerschweinchen 
durch,  nur  injizierte  ich  hier  nur  die  Hälfte  der  Kultur.  Eins  der- 
selben ging  in  der  Nacht  zu  Grunde,  weshalb  es  mir  auch  nicht  genau 
bekannt  ist,  wieviel  Stunden  nach  der  Injektion  der  Tod  eintrat.  Bei 
der  Sektion  habe  ich  außer  einer  Hyperämie  an  der  Injektionsstelle 
keine  deutlicheren  Veränderungen  finden  können.  Das  andere  Meer- 
schweinchen blieb  am  Leben. 

4)  Zwei  Hunden  injizierte  ich  die  gleiche  Menge  von  Mikro- 
organismen in  die  Pleura.  Die  beiden  Hunde  blieben  am  Leben 
und  ich  konnte  bei  denselben  keine  krankhaften  Symptome  wahr- 
nehmen. 

5)  Das  Nämliche  wiederholte  ich  an  zwei  Kaninchen.  Eines 
derselben  ging  um  8 Uhr  morgens  zu  Grunde,  also  nach  20  Stunden. 
Bei  der  Sektion  fand  ich  eine  Rötung  der  Pleura,  wo  ich  die  Kultur 
injiziert  hatte,  leichte  Trübung  der  Pleura  visceralis  und  Hyperämie 
der  Lunge  selbst.  Die  Milz  war  unbedeutend  vergrößert.  Das  zweite 
Kaninchen  genas. 

6)  Zwei  Meerschweinchen  injizierte  ich  in  die  Pleura  eine  wässe- 
rige Aufschwemmung  der  Hälfte  einer  5-tägigen  Gelatinekultur.  Ein 
Meerschweinchen  starb  nach  7 Stunden.  Bei  der  Sektion  fand  ich 
in  der  Pleura  nur  eine  leichte  Rötung.  Das  andere  starb  am  nächsten 
Tage  abends,  folglich  nach  etwa  30  Stunden.  Bei  der  Sektion  wurde 
in  der  Pleura  etwas  trübe,  blutige  Flüssigkeit  gefunden,  wobei  die 
Pleura  getrübt  und  mit  geringer  Menge  Fibrin  bedeckt  war.  Die  aus 
der  Pleura  gewonnene  Flüssigkeit  wurde  auf  Gelatineplatten  ausge- 
gossen und  nach  3 Tagen  aus  derselben  die  gleichen  Mikroorganismen 
gezüchtet. 

Ich  möchte  noch  hinzufügen,  daß  ich  die  das  Antrum  Highmori 
und  den  Sinus  frontalis  auskleidende  Schleimhaut  abpräparierte  und 
einer  mikroskopischen  Untersuchung  unterwarf.  An  den  Präparaten 
konnte  ich  konstatieren,  daß  das  sie  bedeckende  Flimmerepithel  fast 
überall  unversehrt  war,  mit  Ausnahme  derjenigen  Stellen,  welche 
den  Ulcerationen  anlagen;  hier  war  es  total  zerstört  oder  auch  in- 
tensiv infiltriert.  Das  Bindegewebe,  aus  welchem  die  Schleimhaut  des 
Antrum  Highmori  fast  ausschließlich  bestand,  war  sehr  beträchtlich 
und  ungleichmäßig  verdickt.  An  manchen  Stellen  war  es  bis  7 mm 
dick,  an  anderen  dagegen  bedeutend  weniger,  da  der  Querdurchmesser 
kaum  1 —2  mm  betrug.  Das  Bindegewebe  war  fast  überall  beträcht- 
lich sklerosiert. 

Die  Blutgefäße  präsentierten  sich  wie  in  eine  harte  Umhüllung 
eingeschlossen,  und  an  den  Präparaten  waren  sie  weit  offen  geblieben. 
Zwischen  dem  Bindegewebe  waren  sehr  viele  Schleimdrüsen,  ihre 
Alveolen  waren  indessen  vornehmlich  auseinander  gedrängt  und 
komprimiert;  unter  denselben  waren  überall  breite,  mit  Leukocyten 
infiltrierte  Bindegewebsstreifen  sichtbar.  An  manchen  direkt  unter 
dem  Epithel  befindlichen  Stellen  konnten  wir  ziemlich  intensive  Blut- 
extravasate sehen;  an  anderen  dagegen  war  das  Bindegewebe  in- 
filtriert. Die  Infiltration  war  auf  einen  beschränkten  Raum  lokalisiert ; 
ähnliche  Stellen  beobachteten  wir  meistenteils  dicht  unter  der  Ober- 
fläche. Um  die  Ulcerationen  herum  war  die  ganze  Schleimhaut  sehr 


588 


Max  Oker-Blom, 


intensiv  und  gleichmäßig  infiltriert.  An  diesen  Stellen  sahen  wir 
massenhaft  isolierte,  schon  oben  beschriebene  Mikroorganismen.  Die 
Kapsel  zu  Gesichte  zu  bekommen,  ist  uns  jedoch  nicht  gelungen. 
Ich  möchte  noch  nebenbei  andeuten,  daß  in  der  Schleimhaut  zwischen 
dem  Bindegewebe  in  der  Nachbarschaft  der  Schleimdrüsen  gewöhn- 
lich einige  mit  schleimiger  Masse  ausgefüllte  Dermoidcysten  gefunden 
wurden.  Diese  Cysten  waren  mit  Flimmerepithel  ausgekleidet.  Auf 
diese  Frage  will  ich  indessen  heute  nicht  näher  eingehen,  da  sie 
nicht  zu  dem  vorliegenden  Thema  gehört. 

Die  den  Sinus  sphenoidales  auskleidende  Schleimhaut  war  weit 
weniger  verdickt  und  die  unter  dem  Mikroskope  hervortretenden 
Veränderungen  präsentierten  sich  in  gleicher  Weise. 

Das  nach  Untersuchung  des  vorliegenden  Falles  erhaltene  Resum6 
läßt  sich  folgendermaßen  definieren : 

1)  Die  gezüchteten  Mikroorganismen  sehe  ich  für  F r i e d 1 ä n d e r - 
sehe  Pneumokokken  an,  auf  Grund  ihrer  morphologisch  charakteri- 
stischen, auf  den  Nährböden  erhaltenen  Merkmale  und  auf  Grund  ihrer 
Virulenz  für  Tiere.  Im  gegebenen  Falle  ist,  meiner  Ansicht  nach,  der 
Pneumococcus  als  Erreger  des  ganzen  Prozesses  deshalb  anzusehen, 
weil  ich  erstens  im  Eiter  unter  dem  Mikroskope  ausschließlich  denselben 
gesehen  habe  und  dann,  weil  ich  daraus  eine  fast  reine  Kultur  dieses 
Mikroorganismus  erhielt.  Die  geringe  Anzahl  von  Kolonieen,  die 
schon  morphologisch  als  nicht  pathogene  angesehen  werden  müssen, 
kann  hier  nicht  in  Frage  kommen. 

2)  Der  Fri ed  1 än d er ’sche  Pneumococcus  kann  nicht  bloß 
als  Erreger  der  Pneumonie,  der  Entzündung  der  Schleimhaut  der 
Nase  und  des  mittleren  Ohres  angesehen  werden,  sondern  auch  als 
der  der  eiterigen  Entzündung  des  Unterhautgewebes,  der  Meningitis, 
der  Hirnabscesse  und  sogar  der  Knochencaries. 

Warschau,  den  10.  März  1894. 


Beitrag  zur  Kenntnis  des  Eindringens  des  Bacterium 
coli  commune  in  die  Darmwand  in  pathologischen 

Zuständen. 

Von 

Dr.  Max  Oker-Blom, 

Stadtarzt  in  Willmanstrand,  Finnland. 

Im  Jahre  1883  brachte  Nepveu  die  Frage  über  das  Eindringen 
der  Darmbakterien  in  die  Darmwand  zur  Sprache  durch  die  Mit- 
teilung, daß  er  in  8 Fällen  von  incarcerierten  Brüchen  stets  Bakterien 
in  der  Bruchflüssigkeit  fand,  auch  wenn  die  Einklemmung  nur  einige 
Stunden  gewährt  hatte  und  der  Darm  noch  normal  erschien.  Die 
Wahrscheinlichkeit  dieser  Behauptung  wird  jedoch  von  Friedländer, 
der  die  Mitteilung  Nepveu’s  in  Fortschr.  d.  Med.  Bd.  I.  p.  642 
referiert,  bezweifelt. 


Beitrag  zur  Kenntnis  des  Eindringens  des  Bacterium  coli  commune  etc.  589 


Zu  ganz  entgegengesetzten  Resultaten  kam  Garr6,  welcher 
gleichfalls  über  8 Fälle  von  Hernia  incarcerata  disponierte  und  wo 
die  Bruchflüssigkeit  von  8 Stunden  bis  8 Tagen  nach  Eintritt  der 
Incarceration  untersucht  wurde.  Garrö  erhielt  nämlich  nur  in  einem 
einzigen  dieser  8 Fälle  eine  Bakterienkultur,  und  zwar  in  einem  Falle, 
wo  die  Darmeinklemmung  nur  8 Stunden  gedauert  hatte. 

Auch  Bönnecken  hat  die  Bruchflüssigkeit  von  8 eingeklemmten 
Hernien  untersucht  und  kam  zu  dem  Resultate,  „daß  es  keiner 
schwereren  Veränderung  in  der  Textur  der  Darmwand  bedarf,  um 
letztere  für  Mikroorganismen  durchgängig  zu  machen,  daß  vielmehr 
eine  stärkere  venöse  Stase,  eine  stärkere  seröse  Durchtränkung  des 
Gewebes  genügt,  um  das  Eindringen  von  Bakterien  in  die  Darmwand 
und  den  Durchtritt  durch  dieselbe  zu  ermöglichen“. 

Im  Mai  1892  teilte  Thorild  Rovsing  das  Ergebnis  seiner 
bakteriologischen  Untersuchungen  der  Bruchflüssigkeit  von  5 Hernien 
mit,  deren  Incarcerationszeit  von  24 — 72  Stunden  variierte  und  woraus 
hervorgeht,  daß  nie  Bakterien  in  der  Bruchflüssigkeit  entdeckt  werden 
konnten,  auch  wenn  diese  fäkalen  Geruch  hatte  und  die  Darmwand 
stark  mißfarbig  war. 

Rovsing  schließt  sich  daher  der  schon  von  Garr6  aus- 
gesprochenen Ansicht  an,  daß  die  eingeklemmte  Darmwand  undurch- 
dringlich für  Bakterien  ist,  solange  ihre  Serosa  unbeschädigt  bleibt 
und  hält  vom  bakteriologischen  Gesichtspunkte  aus  sowohl  Nepveu’s 
als  auch  Bönnecken’s  Untersuchungsmethoden  für  weniger  zuver- 
lässig. 

Um  seine  Resultate  zu  prüfen,  hat  Bönnecken  eine  Serie 
künstlicher  Darmeinklemmungen  an  Kaninchen  angestellt  und  auch 
dabei  stets  in  der  Bruchflüssigkeit  mehrere  verschiedene  Arten  von 
Mikroben  gefunden,  darunter  in  11  Fällen  von  15  das  Bacterium 
coli  commune. 

Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  von  Schnitten  incarce- 
rierter  Darmstücke  findet  Bönnecken  Mikroben  hier  und  da  in  der 
Mucosa  verstreut,  betont  aber  dabei,  „mit  auffälliger  Konstanz  finden 
sich  größere  Mengen  Mikroorganismen  nur  in  den  großen  Lymph- 
gefäßen, die  unter  und  parallel  der  Serosa  laufen“. 

Andere  experimentelle  Forscher  wie  Kraft  und  Grawitz  (nach 
Rovsing)  sprechen  sich  gegen  ein  so  schnelles  Hinauswandern  der 
Bakterien  in  die  Peritonealhöhle  aus,  und  Waterhouse  äußert 
darüber,  „daß  Tiere  (Kaninchen  und  Katzen),  welche  eine  Darm- 
unterbindung bis  zu  6 Stunden  Dauer  erlitten  hatten,  sich  ohne  jede 
Störung  erhalten,  ja  daß  es  gelingt,  nach  14-  und  selbst  20-stündiger 
Unterbindungsdauer  durch  sorgfältiges  Auswaschen  der  Bauchhöhle, 
Resektion  des  hyperämischen  Darmstückes  und  Anlegung  eines  künst- 
lichen Afters  oder  Darmnaht  die  Tiere  vor  Peritonitis  zu  bewahren. 
Erst  als  eine  Dickdarmschlinge  23  Stunden  lang  abgebunden  war, 
starb  das  Tier  30  Stunden  nach  der  Lösung  der  Ligatur  an  Peri- 
tonitis. Der  Darm  war  nekrotisch,  im  Exsudat  fanden  sich  Kokken 
und  Darmbacillen“. 

M.  Macaigne  hat  in  seiner  Arbeit  „Bacterium  coli  com- 
mune son  röle  dans  la  pathologie“  im  Abschnitte  über  incarcerierte 


590 


Max  Oker-Blotn, 


Brüche  nichts  Wesentliches  zur  Lösung  der  Frage  beizutragen,  hebt 
aber  beim  Besprechen  der  Infektion  durch  das  Bacterium  coli 
hervor,  „que  l’absorption  se  lait  non  pas  seulement  dans  le  sac  her- 
niaire  ou  dans  le  p6ritoine  oü  sa  pr6sence  est  secondaire,  mais  bien 
sur  toute  l’ötendue  de  la  muqueuse  intestinale  enflamm6e,  comme 
cela  se  passe  pour  le  chol6ra“. 

Neulich  hat  Arnd  in  seinen  Experimenten  eine  Stütze  für 
Bönnecken’s  Behauptung  gefunden,  daß  Bakterien  leicht  die  Darm- 
wand durchwandern  können.  Dabei  ist  zu  bemerken,  daß  Arnd  mit 
Bakterien  experimentierte,  die  dem  Darmkanale  in  normalem  Zustande 
fremd  sind  und  dem  Tiere  teils  per  os,  teils  durch  Injektionen  in  die 
eingeklemmte  Schlinge  zugeführt  wurden. 

Die  Ansichten  über  die  Rolle  der  Darmbakterien  bei  incarce- 
rierten  Brüchen  sind  also  sehr  geteilt  und,  was  speziell  das  Bac- 
terium coli  commune  betrifft,  noch  ganz  unentschieden ; hierbei 
ist  von  den  Angaben  über  das  Vorkommen  des  Bakterium  coli 
commune  im  Peritoneum  oder  in  der  Darm  wand,  wo  dasselbe  nach 
dem  Tode,  wie  z.  B.  Malvoz  konstatiert,  abgesehen. 

Wir  erwähnen  hier  noch  den  lange  bekannten  Umstand,  daß 
Mikroben  bei  gesunden  Kaninchen  einigermaßen  konstant  iH  der 
Darmwand  am  Proc.  vermiformis  und  Sacculus  rotundus  Vorkommen. 
Bizzozero  findet  regelmäßig  Bakterien  in  den  Lymphfollikeln  an 
diesen  Stellen,  und  zwar  am  dichtesten  in  dem  zur  Muscularis  ge- 
richteten Teile  des  Follikels.  Betreffend  die  Art  ihrer  Einwanderung 
und  ihres  Vorkommens  im  übrigen  sagt  Bizzozero:  „Die  Bak- 
terien sind  zum  größten  Teile  im  Protoplasma  von  Zellen  enthalten, 
die  an  der  Zusammensetzung  des  Follikelparenchyms  teilnehmen 
und “ 

„In  jedem  Falle  handelt  es  sich  um  eine  Einschließung  von 
Bakterien  durch  Zellelemente,  und  wir  haben  jene  Elemente  vor  uns, 
die  kürzlich  mit  dem  Namen  Phagocyten  bezeichnet  wurden.“  Die 
Wanderung  der  Bakterien  wäre  leicht  zu  konstatieren,  sie  gingen 
durch  die  Stöhr’schen  Stigmata,  wenn  auch  in  der  den  Leukocyten 
entgegengesetzten  Richtung. 

Ribbert,  der  dasselbe  gefunden,  hat  jedoch  eine  andere  Auf- 
fassung über  den  Durchgang  der  Mikroben,  welcher  nach  ihm  durch 
aktive  Einwirkung  der  Epithelzellen  vermittelt  wird. 

Auch  Ruf fer  hat  dieses  Verhältnis  untersucht  und  schreibt  den 
Transport  der  Bakterien  ausschließlich  Wanderzellen  oder  Mikro- 
phagen zu,  welche  an  der  inneren  Fläche  des  Darmes  die  Mikroben 
aufnehmen  und  sich  dann  in  die  Darmwand  zurückzögen,  wo  sie  mit 
ihrer  Beute  stehen  blieben,  die  also  ihrem  Untergange  in  irgend 
einem  Mikrophagen  entgegen  ginge.  Dieses  will  Ruf  fer  auch  in 
anderen  Darmgebieten  als  den  oben  erwähnten  beobachtet  haben. 

Vor  einem  Jahre  veröffentlichte  S u n d b e r g eine  Abhandlung, 
worin  auch  er  das  konstante  Vorkommen  von  Bakterien,  u.  a.  bei 
Kaninchen,  in  der  Darmwand  des  Sacculus  rotundus  und 
Processus  vermiformis  hervorhebt.  Ihr  Durchgang  wird  nach 
Ruffer  durch  Wanderzellen  vermittelt,  doch  teilt  er  zugleich 
Bizzozero ’s  Ansicht  über  freie  Wanderung  der  Mikroben  längs 


Beitrag  zur  Kenntnis  des  Eindringens  des  Bacterium  coli  commünc  etc.  591 

den  Bahnen  der  Mikrophagen,  wo  sie  jedoch  nach  und  nach  von  den- 
selben aufgenommen  werden,  so  daß  man  etwas  weiter  in  der  Darm- 
wand nie  freie  Bakterien  beobachtet. 

Wenn  sie  auch  in  ihrer  Auffassung  über  die  Vermittelung  der 
Mikroben  Wanderung  von  einander  abweichen,  so  sind  doch  alle  diese 
vier  Forscher  darin  einig,  daß  in  der  Regel  Mikroben  frei  nur  in 
dem  am  Epithel  haftenden  Darmschleime,  hier  und  da  zwischen  den 
Epithelzellen  und,  wo  zahlreichere  Mikrophagen  sich  vorfinden,  zwischen 
ihnen  ein  Stück  in  die  Darmwand  hinein  Vorkommen ; wo  aber  noch 
tiefer  Mikroben  zu  finden  sind,  sind  sie  stets  von  Mikro-  oder  Makro- 
phagen aufgenommen. 

Bis  in  die  Submucosa  haben  Bakterien  nicht  entdeckt  werden 
können.  Darüber  äußert  sich  Sundberg:  „Det  hör  tili  sällsynthe- 
terua  att  finna  nägra  mikroberi  denna  och  när  de  nägongäng  anträffas, 
sä  ligga  de  alltid  inora  celler,  rundceller  eller  fria  bindväfsceller.“ 
(„Es  gehört  zu  den  Seltenheiten,  in  der  Submucosa  Mikroben  zu 
finden,  und  wenn  sie  einmal  angetroffen  werden,  so  liegen  sie 
stets  in  Zellen,  Rundzellen  oder  freien  Bindegewebszellen  einge- 
schlossen.“) 

Andere  Teile  des  Darmkanals  betreffend,  betont  Suudberg 
„det  aldrig  svikande  fyndet,  att  mikroberna  kunua  ligga  i stora 
mäugder  i tarmslemmet  tätt  inpä  epitelierna,  men  öfverallt  framstär 
kutikularskifvan  som  en  tydlig  och  väl  tecknad  barriere.“  („den  nie 
trügenden  Fund,  daß  die  Mikroben  in  großen  Mengen  im  Darm- 
schleime, dicht  an  den  Epithelien  liegen  können,  aber  immer  erweist 
sich  die  Cuticularscheibe  als  deutliche  und  scharf  gezeichnete 
Barriere.“) 


Da  mir  wissentlich  speziell  über  das  Vermögen  des  Bacterium 
c ol i c o in  m u n e in  die  Darmwand  einzudringen,  keine  experimentellen 
Untersuchungen  vorliegen,  habe  ich  mich  veranlaßt  gesehen,  folgende 
Mittheilungen  zu  veröffentlichen.  Obgleich  das  der  Mitteilung  zu 
Grunde  liegende  Material  zu  knapp  ist,  um  sichere  Schlüsse  zu  ge- 
statten, schreite  ich  doch  zur  Veröffentlichung,  da  ich  zur  Zeit  außer 
stände  bin,  die  Versuche  zu  weiterer  Prüfung  aufzunehmen. 

In  Anbetracht  der  bedeutenden  Rolle,  welche  in  letzter  Zeit  den 
Darmbakterien,  und  besonders  dem  Bacterium  coli  commune 
ganz  allgemein  bei  Darminfektionen  und  dergleichen  zuerkannt  wird, 
unternahm  ich  im  Herbste  1892  eine  Reihe  von  Laparotomieen  an 
Kaninchen,  wobei  eine  Darmschlinge  während  kürzerer  oder  längerer 
Zeit  in  einen  künstlichen  pathologischen  Zustand  versetzt  wurde,  um 
bei  Untersuchung  einer  eventuellen  Bakterieninvasion  in  die  Darm- 
wand als  Material  zu  dienen. 

Zunächst  galt  es  zu  ergründen,  ob  und  unter  welchen  Verhält- 
nissen das  Bacterium  coli  commune  bei  einer  Incarceration 
des  Darmes  in  die  Darmwand  eindringe  oder  dieselbe  durchdringe. 

Ich  versuchte  daher  verschiedene  Momente  pathologischen  Zu- 
standes, denen  der  Darm  bei  einer  Incarceration  unterworfen  ist,  sei 
es  in  einem  Bruch  oder  bei  Volvulus,  nachzuahmeu. 


592 


Max  Oker-Blom, 


Die  Versuche  zerfallen  also  in  drei  Abteilungen:  1)  den  freien 
Durchgang  der  Darmcontenta  zu  verhindern,  2)  eine  Blutstauung 
hervorzurufen  oder  die  Blutcirculation  in  der  Darmwand  ganz  und 
gar  aufzuheben  und  3)  einen  Darmteil  diesen  beiden  Momenten 
gleichzeitig  zu  unterwerfen. 

Bei  der  Operation  wurde  im  allgemeinen  so  vorgegangen,  daß 
der  Bauch  des  Kaninchens  erst  rasiert  und  dann  mit  schwacher 
Lysollösung  abgewaschen  wurde.  Die  Bauchwunde  wurde  mit  carbo- 
lisierter  Seide  vernäht.  Einige  Zeit  — 2 — 72  Stunden  — nach  der 
Operation  wurde  das  Versuchstier  geköpft  oder  zu  Tode  chlorofomiert ; 
hernach  wurde,  wie  weiterhin  beschrieben  wird,  der  Peritonealhöhle 
das  sich  etwa  gebildete  Exsudat,  sowie  ein  die  operierte  Stelle  um- 
fassendes und  auch  einige  cm  oberhalb  und  unterhalb  desselben  be- 
findliches Darmstück  nebst  dazu  gehörendem  Mesenterium , ent- 
nommen. 

In  Anbetracht  dessen,  daß  die  Peritonealhöhle  so  sehr  der  Mög- 
lichkeit einer  Verunreinigung  durch  herumfliegende  Kaninchenhaare 
u.  dergl.  ausgesetzt  sein  kann,  wurde  weniger  Gewicht  auf  die  bak- 
teriologische Untersuchung  des  Peritonealexsudates  gelegt;  doch  sei 
hier  die  Methode,  welche  zum  Auffangen  des  Materials  hierzu  in 
Anwendung  kam,  erwähnt:  Aus  einem  weichen,  feinporigen  Schwamme 
wurden  erbsengroße  Würfel  geschnitten,  durch  Kochen  sterilisiert  und 
jedes  für  sich  in  ein  mit  circa  5 ccm  sterilisierter  Nährbouillon 
gefülltes  Proberöhrchen  gesenkt,  welches  mit  einem  Wattestöpsel 
versehen  noch  zwei  Tage  nacheinander  während  einer  halben 
Stunde  bis  zur  Siedehitze  erwärmt  wurde.  Auf  diese  Art  präpariert, 
wurden  die  Proberöhrchen,  in  denen  sich  die  Bouillon,  als  Beweis 
für  vollständige  Sterilisation,  klar  erhielt,  für  den  Bedarf  bereit  ge- 
halten. Mit  frisch  geglühter  Pinzette  wurde  ein  derartiger  Bouillon- 
schwamm erfaßt  und  die  Stelle  des  Peritoneums  oder  Darmes,  welche 
Gegenstand  der  Operation  gewesen,  damit  bestrichen,  wonach  er 
wieder  in  seine  Bouillon  zurückversenkt  wurde,  welche  nunmehr  das 
Untersuchungsmaterial  einschloß. 

Die  Darmstücke  wurden  auf  gewöhnliche  Weise  in  Spiritus  ge- 
härtet und  in  Celloidin  eingebettet,  worauf  mit  dem  Mikrotom 
Serienschnitte  gemacht  wurden.  Betreffs  der  Färbungsmethode 
konnte  Gram  selbstverständlich  nicht  in  Frage  kommen,  da  sich 
bekanntlich  das  Bacterium  coli  commune  nach  derselben  nicht 
färbt.  Dagegen  erwies  sich  Weigert’s  Färbungsmethode  mit 
Loeffler’s  Methylenblau  und  Entfärbung  durch  Essigsäure  1 : 1000 
am  vorteilhaftesten  und  beziehen  sich  sämtliche  hier  mitgeteilte  An- 
gaben auf  diese  Methode.  Die  Anmerkung  sei  noch  vorausgeschickt, 
daß  in  Fällen,  wo  nach  dieser  Färbungsmethode  Stäbchenbakterien 
in  der  Darmwand  nachzuweisen  waren,  Kontrollfärbung  der  Schnitte 
nach  Gram  stets  ein  negatives  Resultat  ergab. 

I.  Doppelligatur  des  Darmes. 

Exp.  I.  Ein  beinahe  zwei  Monate  altes  Kaninchen,  Laparotomie. 
Ohne  Einklemmung  von  Mesenterialgefäßen  wurde  das  Ueum  4 und  6 cm 
oberhalb  der  Valvula  Bauhini  unterbunden,  — jedoch  entstand  an 


Beitrag  zur  Kenntnis  des  Eindringens  des  Bacterium  coli  commune  etc.  593 


der  unteren  Ligatur  eine  kleine  Blutung.  Getötet  mittelst  Chloro- 
form nach  41/2  Stunden. 

Das  Peritoneum  glatt,  nicht  injiziert.  Das  Darmstück  ist  weder 
zwischen  noch  oberhalb  der  Ligatur  merkbar  aufgetrieben.  Kein 
Peritonealexsudat  sichtbar,  ebenso  kein  Bacterium  colicommune 
in  der  Schwammbouillon. 

Mikroskopische  Untersuchung  der  Darmwand : An  dem  Darm- 
stück zwischen  den  Ligaturen  sieht  man  hier  und  da,  am  freien  Ende 
der  Zotten,  Stäbchenbakterien  haften,  besonders  an  solchen  Zotten, 
wo  Mikrophagen  in  reichlicherer  Menge  Vorkommen.  Teils  befinden 
sich  die  Bakterien  dann  zu  ein,  zwei  oder  drei  zusammen  in  einem 
oberflächlichen  Mikrophagen,  teils  sieht  man  sie  frei  neben  oder  dicht 
hinter  einem  Mikrophagen  wandern,  den  von  diesem  eben  eröffneten 
Eingang  zwischen  den  Epithelzellen  benutzend,  genau  wie  Sundberg 
dasselbe  Verhältnis  bei  Kaninchen  im  Processus  vermiformis  und 
Sacculus  rotundus  als  sehr  konstant  vorkommend  beschreibt. 

Die  Bakterien  in  den  Mikrophagen  färben  sich  nicht  immer  so 
gut  und  gleichmäßig  wie  die  frei  wandernden,  erbieten  also  bisweilen 
Degenerationsformen.  Mit  Ausnahme  an  der  freien  Spitze  der  Zotten 
konnten  im  Gewebe  der  Darmwand  nirgends  Bakterien  nachgewiesen 
werden.  In  den  L ieberkühn ’schen  Schläuchen  fanden  sich  hier 
und  da  eine  geringere  Anzahl  freier  Bakterien. 

Obenstehende  Beschreibung  ist  auch  für  das  Darmstück  gleich 
oberhalb  der  oberen  Ligatur  geltend.  In  der  Darmwand  unterhalb 
der  unteren  Ligatur  wurden  gar  keine  Bakterien  gefunden. 

Exp.  II.  Altes  weißes  Kaninchen.  Laparotomie.  Der  untere 
Teil  des  Ueums  wurde  durch  zwei,  ungefähr  5 cm  von  einander  ent- 
fernte, um  den  Darm  gelegte  Seidenligaturen  abgeschlossen,  doch  so, 
daß  keine  Mesenterialgefäße  mit  unterbunden  wurden.  Am  nächsten 
Morgen,  23  Stunden  nach  der  Operation,  war  das  Kaninchen  tot. 
Der  Magen  und  der  Darm  oberhalb  des  Verschlusses  stark  ausge- 
dehnt, das  Peritoneum  überall,  besonders  in  der  Gegend  des  unter- 
bundenen Darmstückes,  stark  injiziert,  hier  und  da  an  den  Därmen 
subseröse  Ecchymosen.  Kein  Peritonealexsudat  sichtbar. 

Die  Schwammbouillonkultur  gab  auf  Gelatineplatten  beinahe  eine 
Reinkultur  von  Bacterium  coli  commune. 

Mikroskopische  Untersuchung  der  Darmwand:  An  dem  Darm- 
stücke zwischen  den  Ligaturen  haftet  an  der  Schleimhaut  stellen- 
weise Darminhalt,  der  reichlich  mit  Stäbchenbakterien  vermengt  ist. 
Ferner  finden  sich  Bakterien  in  großen  Mengen  in  den  Lieberkühn- 
schen  Drüsen  und  besonders  zahlreich  am  Peritoneum.  In  der 
Mucosa  kommen  sie  auch  zahlreich  vor,  aber  ganz  unregelmäßig  ver- 
streut, weniger  reichlich  dagegen  in  der  Submucosa,  wo  ihre  Rich- 
tung hauptsächlich  sowohl  in  longitudinaler  als  cirkulärer  Hinsicht, 
den  Fasern  der  Muscularis  parallell  ist.  Gleich  oberhalb  der  oberen 
Ligatur  ergiebt  sich  dasselbe  Verhältnis,  wie  zwischen  den  Ligaturen. 
Auch  zeigt  der  Darm  unterhalb  der  unteren  Ligatur  dasselbe  Bild, 
doch  kommen  die  Bacillen  hier  nicht  so  zahlreich  vor,  auch  scheinen 
sie  nur  ausnahmsweise  die  Submucosa  erreicht  zu  haben.  Im 
Mesenterium  des  zwischen  den  Ligaturen  befindlichen  Darmstückes 


594 


Max  Oker-Blotn 


und  noch  mehr  im  Mesenterium  oberhalb  der  oberen  Ligatur  finden 
sich  zahlreiche  Stäbchenbakterien  in  der  Nähe  der  Blutgefäße  vor, 
ja  es  scheint,  daß  sie  bisweilen  in  das  Lumen  des  Gefäßes  einge- 
drungen sind,  wo  man  neben  den  Blutkörperchen  vereinzelte  Bacillen 
beobachten  kann.  Im  Mesenterium  unterhalb  der  unteren  Ligatur 
sind  keine  Bacillen  zu  entdecken. 

Es  sei  hinzugefügt,  daß  die  Bakterien  meist  frei  waren,  nur 
ausnahmsweise  konnte  man  in  einem  in  der  Nähe  des  Darmlumens 
befindlichen  Mikrophagen  Bacillen  entdecken.  Dieser  Fall  ist  sonst 
von  geringerem  Interesse,  da  der  größere  Teil  der  Bakterien  in  der 
Darmwand  ziemlich  sicher  einer  postmortalen  Invasion  zuzuschreiben 
ist;  doch  kann  nicht  geleugnet  werden,  daß  das  geringere  und 
weniger  tiefe  Vorkommen  von  Bakterien  unterhalb  der  unteren 
Ligatur  dafür  spricht,  daß  Mikroben  schon  vor  dem  Tode  des  Tieres 
in  gewissem  Grade  in  die  Darmwand  zwischen  und  oberhalb  der 
Ligatur  eingedrungen  waren. 

Als  Todesursache  ist  Peritonitis  anzunehen ; unentschieden  bleibt 
die  Zeit  und  der  Ort  des  Eindringens  des  Bacterium  coli 
commune  in  die  Bauchhöhle. 

II.  Gehemmte  Blutcirkulation  in  einem  Darmstücke. 

Exp.  III.  Altes  weißes  Kaninchen.  Laparotomie.  Ein  größeres 
Blutgefäß  am  Mesoileum  wird  mit  Karbolseide  unterbunden. 

Nach  7 Stunden  wurde  das  Kaninchen  geköpft.  Das  dem  unter- 
bundenen Gefäßgebiet  entsprechende  Darmstück  ist  etwas  höckerig 
zusammengezogen,  von  geringerem  Lumen,  als  der  übrige  Darm.  Das 
Peritoneum  überall  normal. 

In  der  Peritonealhöhle  kein  Bacterium  coli  commune 
nachzuweisen. 

Exp.  IV.  Erwachsenes  weißes  Kaninchen.  Laparotomie.  Li- 
gatur eines  Mesenterialblutgefäßes  mit  Karbolseide  ungefähr  120  cm 
vom  Pylorus. 

Nach  24  Stunden  wurde  das  Kaninchen  getötet.  Der  Teil  des 
Ileums  (ungefähr  6 cm),  dessen  Blutcirkulation  gehemmt  wurde,  ist 
mäßig  injiziert  und  wie  im  vorigen  Exp.  etwas  zusammengeschrumpft. 
Das  Peritoneum  normal.  Keine  Bakterien  in  der  Peritonealhöhle. 

Exp.  V.  Großes  graues  Kaninchen.  Laparotomie.  Ein  Mesen- 
terialblutgefäß, dessen  Gebiet  ungefähr  10  cm  des  Dünndarmes  um- 
faßt, mit  Karbolseide  ligaturiert. 

Nach  72  Stunden  wurde  das  Kaninchen  mit  Chloroform  getötet. 
Die  Därme  durchgehend  injiziert,  in  geringerem  Maße  im  Gebiete 
des  unterbundenen  Blutgefäßes;  im  übrigen  ist  dieser  Teil  höckerig 
zusammengeschrumpft,  wie  in  den  beiden  vorhergehenden  Fällen. 

Kein  Bacterium  coli  commune  in  der  Bauchhöhle. 

Exp.  VI.  Junges  weißes  Kaninchen.  Laparotomie.  Das  Mesen- 
terium mit  den  drei  darin  laufenden  Blutgefäßen  wird  mit  rot- 
glühendem Messer  in  einer  Ausdehnung  von  ungefähr  5 cm  abge- 
schnitten. 

Nach  24  Stunden  wurde  das  Kaninchen  getötet.  Peritoneum 
normal,  außer  an  der  operierten  Stelle  des  Mesenteriums,  wo  sich 


Beitrag  zur  Kenntnis  des  Eindringens  des  Bacterium  coli  commune  etc.  595 


eine  lokale  adhäsive  Peritonitis  entwickelt  hatte;  das  entsprechende 
Darmstück  etwas  schlaff. 

In  der  Peritonealhöhle  eine  Reinkultur  von  Bacterium  coli 
commune. 

Mikroskopische  Untersuchung.  Charakteristisch  und  auffallend 
ist  für  III,  IV  und  V ein  oft  stark  ausgeprägtes  gekerbtes  oder 
wellenförmiges  Aussehen  des  Peritoneums  und  der  Submucosa,  hervor- 
gerufeu  durch  einen  Kontraktionszustand  der  Muscularis,  welcher 
deutlich  darauf  beruht,  daß  die  Ligatur  des  Blutgefäßes  auch  die 
dasselbe  begleitenden  Darmnerven  komprimiert,  die  mit  einer  Kon- 
traktion der  Muscularis  reagierten.  In  VI,  wo  mit  den  Blutgefäßen 
auch  die  Nerven  durchschnitten  wurden,  fehlt  diese  höckerige  Be- 
schaffenheit. 

In  keinem  dieser  vier  Experimente  konnten  Bakterien  in  der 
Darmwand  oder  dem  dazu  gehörenden  Mesenterium  entdeckt  werden ; 
sie  hafteten  nicht  einmal  in  bemerkbarem  Grade  am  Epithel.  Eine 
Ausnahme  bildet  jedoch  VI,  wo  Stäbchenbakterien  an  der  Serosa  des 
Mesenteriums  in  der  Nähe  der  durchschnittenen  Stelle  hafteten.  In 
diesem  Versuche  war  das  Bacterium  coli  commune  der  Peri- 
tonealhöhle offenbar  bei  der  Operation  zugeführt  worden  und  hatte 
dann  in  der  Blutung  oder  Transsudation,  welche  nach  dem  Abschnei- 
den des  Mesenteriums  eintrat,  guten  Boden  gefunden.  Die  aufge- 
zählten Experimente  III — VI  sind  insofern  nicht  rein,  da  bei  der 
Unterbindung  oder  dem  Abschnitte  eines  Mesenterialgefäßes  gleichzeitig 
Nerveneinfluß  hervorgerufen  wurde,  welcher  sich  in  III,  IV  und  V zu 
einer  Kontraktur  und  in  VI  zu  einer  leichten  Parese  der  Muscularis 
entwickelte. 

III.  Künstliche  Incarceration  einer  Darmschlinge. 

Exp.  VII.  Junges,  weißes  Kaninchen.  Künstliche  Incarceration 
einer  ungefähr  5 cm  langen  Schlinge  des  Colon  ascendens  wurde  da- 
durch erzeugt,  daß  ein  gut  sterilisierter  Gummihandschuhfinger  über 
die  Darmschlinge  gezogen  und  an  seinem  Ausgange  mit  Gummischnur 
umbunden  wurde. 

Nach  2 Stunden  wurde  das  Kaninchen  geköpft.  Die  incarcerierte 
Schlinge  stark  injiziert,  bläulich,  nicht  besonders  aufgetrieben.  Serosa 
glatt.  Der  Darm  oberhalb  unbedeutend  ausgedehnt,  sonst  normal. 

Keine  Bruchflüssigkeit  im  Handschuhfinger  sichtbar;  keine  Kul- 
turen von  Bacterium  coli  commune  auf  Gelatineplatten. 

Exp.  VIII.  Graues,  junges  Kaninchen.  Laparotomie.  Einelleum- 
schlinge wurde  ungefähr  5 cm  oberhalb  der  Valvula  Bauhini  nebst 
ihrem  Mesenterium  mit  sterilisierter  Seide  umbunden. 

Tod  durch  Chloroform  nach  4x/2  Stunden.  Die  abgebundene 
Darmschlinge  stark  injiziert  und  etwas  aufgetrieben.  Der  Darm  ober- 
halb nicht  wesentlich  ausgedehnt.  Peritoneum  überall  normal.  Bac- 
terium coli  commune  in  der  Bauchhöhle  nicht  nachzuweisen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  der  Darmwand  gab  in  diesen 
beiden  Versuchen,  sowohl  innerhalb,  oberhalb,  wie  natürlich  auch 
unterhalb  der  Incarceration  ein  durchaus  negatives  Resultat. 


596 


Max  Oker-Blom, 


Exp.  IX.  Junges,  schwarzes  Kaninchen.  Laparotomie.  Künst- 
lich incarcerierter  Bruch  einer  ca.  6 cm  langen  Dünndarmschlinge, 
15  cm  vom  Pylorus,  auf  dieselbe  Weise  wie  in  Exp.  VII. 

Nach  10  Stunden  wurde  das  Kaninchen  geköpft.  Die  einge- 
klemmte Schlinge  fast  schwarz,  doch  mit  glatter  Serosa.  Der  Darm 
oberhalb  stark  ausgedehnt,  blutigen  Schleim  enthaltend.  Im  Hand- 
schuhfinger ungefähr  1.5  cm  blutgefärbte  Bruchflüssigkeit,  nicht  fäkal, 
enthält  nicht  Bacterium  coli  commune. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  des  incarcerierten  Darmstückes 
erwies,  daß  stäbchenförmige  Bakterien  in  dem  am  Epithelium  haften- 
den Schleime,  so  wie  in  den  Lieb  er  kühn’ sehen  Schläuchen,  pa- 
rallel neben-  und  hintereinander  in  großen  Mengen  wandernd,  Vor- 
kommen. Ungefähr  auf  2/s  der  Tiefe  der  Schläuche  sieht  man  schon 
einen  Teil  der  Bacillen  von  der  Richtung  des  Hauptheeres  abweichend, 
sich  direkt  gegen  die  Epithelschicht  wenden,  welche  sie  hier  und  da 
durchdrungen  haben,  so  daß  man  bisweilen  zwei,  drei  Stäbchen  zu- 
sammen zwischen  den  Epithelzellen  und  dem  darunterliegenden  Ge- 
webe liegend  findet.  In  höherem  Grade  findet  dieses  Eindringen  in 
die  Darmwand  erst  am  Boden  der  Drüse  statt,  wo  sich  mitunter  das 
Epithel  geradezu  ablöst,  weil  sich  Bakterien  unter  die  Epithelzellen 
drängen.  Durch  die  Epithelschicht  gelangt,  wandern  die  Bacillen 
meist  vereinzelt  in  verschiedenen  Richtungen  der  Submucosa  zu,  wo 
sie  sich  gewöhnlich  parallel  mit  den  verschiedenen  Muscularisfasern 
ordnen.  Meist  sieht  man  sie  in  den  Lymphwegen  um  die  hier  lau- 
fenden Blutgefäße,  in  welche  sie  niemals  einzudringen  scheinen.  Eine 
Bakterieninvasion  findet  aber  auch  — obgleich  im  geringeren  Grade 
— aus  den  freien  Enden  der  Zotten  statt.  Noch  dicht  unter  der 
Serosa  sieht  man  hier  und  da  ein  vereinzeltes  Stäbchen,  welches  mit- 
unter senkrecht  gegen  das  Peritoneum  gewandt  ist ; dieses  selbst  habe 
ich  nie  von  ihnen  durchdrungen  gesehen.  Ueberall  waren  die  Bak- 
terien, wo  sie  in  der  Darmwand  vorkamen,  frei  wandernd ; in  Mikro- 
phagen habe  ich  sie  gar  nicht  gefunden. 

Am  Mesenterium  findet  man  in  mehreren  Schnitten  freie  Stäb- 
chenbakterien in  der  Nähe  der  Blutgefäße,  aber  nie  in  denselben. 

Im  Darmstück  oberhalb  der  Incarceration  kommen,  in  der  oben 
erwähnten  Ordnung,  die  Bacillen  nur  am  Mesenterium  vor. 

Exp.  X.  Junges,  gelbes  Kaninchen.  Laparotomie.  Künstliche 
Incarceratiou  einer  6 cm  langen  Schlinge  des  Colon  descendens  wie  in 
Exp.  VII  und  IX.  13  Stunden  nachdem  wurde  das  Kaninchen  ge- 
köpft. 

Die  eingeklemmte  Schlinge  dunkelgrün ; Serosa  glatt ; Peritoneum 
im  übrigen  normal.  Ungefähr  1 ccm  mißfarbene  und  fäkale  Bruch- 
flüssigkeit enthält  nahezu  eine  Reinkultur  tvon  Bacterium  coli 
commune. 

Leider  wurde  das  betreffende  Darmstück  durch  ein  Mißverständnis 
zerstört,  so  daß  die  mikroskopische  Untersuchung  fehlt. 

Ob  die  von  mir  in  einigen  der  beschriebenen  Versuche  in  der 
Darmwand  beobachteten  Bakterien  wirklich  Bacterium  coli  com- 
mune sind,  ist  unmöglich  zu  entscheiden.  Für  diese  Annahme  spricht 
indessen  außer  dem  Verhalten  der  betreffenden  Bakterien  zur  Gram- 


Beitrag  zur  Kenntnis  des  Eindringens  des  Bacterium  coli  commune  etc. 


sehen  Färbungsmethode  der  Umstand,  daß  in  den  Fällen,  wo  die 
Stäbcheubakterien  am  tiefsten  in  die  Darmwand  eingedrungen  waren, 
das  Bacterium  coli  commune  auch  in  der  Peritonealhöhle  bei- 
nahe in  Reinkultur  nachzuweisen  war.  Dieses  war  der  Fall  im  Exp.  II, 
wenn  auch  unentschieden  bleiben  muß,  ob  sich  die  Infektion  des 
Peritoneums  mit  Bacterium  coli  co  rn  m une  wirklich  vom  Darme 
herleitet.  Exp.  IX  und  X vereint  scheinen  mir  auch  in  gewissem 
Grade  für  die  obige  Annahme  zu  sprechen ; in  Exp.  IX  war  es  den 
Stäbcheubakterien  schon  gelungen,  bis  dicht  unter  die  Serosa,  aber 
nicht  durch  dieselbe  zu  dringen ; und  in  Exp.  X , wo  die  Incarce- 
ration  3 Stunden  länger  gedauert  hatte,  fand  sich  Bacterium  coli 
commune  in  der  Bruchflüssigkeit  in  Reinkultur.  Bei  dem  Exp.  VI 
wurde  es  schon  bemerkt,  daß  das  Vorkommen  von  Bacterium 
coli  commune  im  Peritoneum  wahrscheinlich  auf  Verunreinigung 
beruhte. 

Aus  so  geringem  Materiale  wie  das  vorliegende  dürften  sich 
keine  sicheren  Schlüsse  ziehen  lassen , doch  sprechen  die  Versuche 
dafür : 

1)  daß  eine  venöse  Stase  in  der  Dauer  von  2 bis  72  Stunden 
nicht  hinreichend  ist,  um  das  Eindringen  des  Bacterium  coli 
commune  in  die  Darmwand,  noch  wenigerden  Durchtritt  derselben 
in  die  Peritonealhöhle  zu  ermöglichen ; 

2)  daß  ein  vollständiges  Hindernis  des  Durchganges  der  Darm- 
contenta  eine  Invasion  des  Bacterium  coli  commune  in  die 
Darmwand  auf  dieselbe  Weise,  wie  sie  normal  (nicht  speziell  Bac- 
terium coli  comm  une)  innerhalb  des  Proc.  vermiformis  vorkommt, 
hervorrufen  kann; 

3)  daß  bei  heftiger  Incarceration  Bacterium  coli  commune 
nach  2 bis  10  Stunden  die  Darmwand  nicht  durchdringt,  auch  wenn 
sie,  gleich  der  Bruchflüssigkeit,  recht  mißfarben  ist ; nach  10-stün- 
diger  Incarceration  dagegen  wandert  es  in  großen  Mengen  frei  (nie 
in  Mikrophagen)  in  die  Darmwand  ein , in  deren  Submucosa  es  bald 
in  die  Lymphwege  gelangt  und  längs  diesen  ins  Mesenterium.  Die 
Serosa  scheint  den  Durchtritt  der  Bakterien  am  längsten  Widerstand 
zu  leisten. 

Im  Beginne  einer  Incarceration  scheint  in  der  Wand  des  einge- 
klemmten Darmstückes  ein  Kontraktionszustand  einzutreten,  der  viel- 
leicht für  kürzere  Zeit  ein  Hindernis  für  die  Bakterieninvasion  bilden 
kann,  bis  der  Meteorismus  überhand  nimmt  und  die  Kontraktur  der 
Muscularis  erschlafft. 

Wie  wir  sehen,  kann  auch  eine  Infektion  des  Organismus  ohne 
Vermittelung  des  Bruchsackes,  resp.  des  Peritoneums  durch  die  In- 
carceration eines  Darmstückes  entstehen,  da  das  Bacterium  coli 
commune  nicht  nur  im  Mesenterium  des  eingeklemmten  Darmstückes, 
sondern  auch  oberhalb  desselben  gefunden  wurde.  Die  Wanderung 
des  Bacteriums  wird  dabei  nicht  durch  die  starke  Kompression,  die 
die  Darm  wand  mit  deren  Mesenterium  in  einer  engen  Bruchpforte 
unterworfen  ist,  gehindert. 

Die  Frage  von  der  Undurchdringlichkeit  der  Serosa  für  Bakterien 
bei  einer  Incarceration  verliert  also  an  praktischer  Bedeutung  und 

XV.  Bd.  38 


598 


E.  Klein, 


muß  eine  Infektion  vom  Darme  aus  durch  die  Mucosa  und  Lymph- 
gefäße zustande  kommen  können,  wie  es  sich  auch  Macaigne  ge- 
dacht hat. 

Außer  Bacterium  coli  commune  habe  ich  bei  meinen  Ex- 
perimenten in  der  Peritonealhöhle  hier  uud  da  verschiedene  Kokken 
in  geringer  Zahl  angetroffen. 

Schließlich  muß  ich  darauf  hinweisen,  welchen  Irrtümern  man 
bei  bakteriologischen  Untersuchungen,  bei  Auffangen  des  Unter- 
suchungsmateriales durch  Anwendung  der  üblichen  Pipette,  leicht 
ausgesetzt  ist.  Ein  oder  einige  Tropfen  Flüssigkeit  in  der  Pipette 
können  beim  Zusammenschmelzen  der  Spitze  sehr  leicht  sterilisiert 
werden  und  die  Untersuchung  giebt  ein  negatives  Resultat,  welches 
man  im  allgemeinen  mehr  geneigt  ist  als  richtig,  anzunehmen  als 
ein  positives,  ohne  zu  bedenken,  daß  das  Resultat  ein  Kunstprodukt 
sein  kann.  Um  diese  Ungelegenheit  zu  vermeiden,  verfertigte  ich  mir 
die  oben  beschriebenen  Bouillonschwämme,  welche  mit  Vorteil  auch 
zum  Auffangen  des  Materiales  bei  Operationen  am  lebenden  Menschen 
angewandt  werden  können. 

Dezember  1893. 


Litteratur. 

1)  Nepven,  Ref.  in  Fortschr.  d.  Med.  Bd.  I.  p.  642. 

2)  Garre,  nach  Rovsing,  Hospitaltidende.  1892.  p.  490. 

3)  Bönnecken,  Virchow’s  Arch.  Bd.  CXX.  p.  10  u.  11. 

4)  Rovsing,  Hospitaltidende.  1892.  p.  489. 

5)  Waterhouse,  Virchow’s  Arch.  Bd.  CXIX.  p.  357. 

6)  Bizzozero,  G.,  Centralblatt  f.  d.  med.  Wissensch.  1885.  No.  45.  p.  802. 

7)  Ru  ff  er  und  Ribbert  nach  Sundberg. 

8)  Sundberg,  Undersökningar  öfver  möjligheten  af  mikrobers  inträngande  genom 
den  oskadade  tarmslemhinnansyta  Upsala  1892. 

9)  Macaigne,  M.,  Le  Bacterium  coli  commune.  Son  role  dans  la  pathologie. 
Paris  1892. 

10)  Arnd,  Ueber  die  Durchgängigkeil  der  Darmwand  eingeklemmter  Brüche  für  Mikro- 
organismen. (Centralbl.  f.  Bakteriol.  1893.) 


Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis  der  intracellulären 

Bakteriengifte. 

Von 

E.  Klein 

in 

London. 

In  Bd.  XIII.  No.  13  dieser  Zeitschrift  wurde  über  Experimente 
berichtet,  durch  die  dargethan  wurde,  daß  eine  Reihe  von  Bakterien- 
species:  Choleravibrio,  Vibrio  Finkler,  Bacillus  pro- 
digiosus,  coli  und  typhosus  sowie  Proteus  vulgaris  in 
ihrer  Zellsubstanz  ein  Gift  enthalten,  das  für  alle  diese  Species 
von  derselben  physiologischen  Natur  ist,  indem  gezeigt  wurde: 


Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis  der  intracellulären  Bakteriengifte.  599 


1)  daß  es,  in  genügender  Dosis  in  die  Peritonealhöhle  des  Meer- 
schweinchens injiziert,  dasselbe  Krankheitsbild  und  dieselben  patho- 
logischen Veränderungen  hervorruft,  und  2)  daß  eine  vorherige 
Injektion  mit  genügender  Menge  der  lebenden  oder  sterilisierten  Zell- 
substanzen irgend  eines  dieser  Species  gegen  eine  weitere  intra- 
peritoneale Injektion  mit  lebender  Kultur  derselben  oder  der  anderen 
Species  schützend  wirkt.  Sobernheim  (Hygienische  Rundschau. 
1893.  No.  22)  hat  diese  Beobachtungen  im  wesentlichen  bestätigt 
und  sie  auch  auf  den  Heubacillus  ausgedehnt. 

R.  Pfeiffer  (Zeitschr.  f.  Hygiene  u.  Infektionskrankh.  Bd.  XVI. 
Heft  2.  p.  268)  läßt  die  von  mir  und  Sobernheim  gegebene  Er- 
klärung nicht  gelten  (1.  c.  p.  284),  nimmt  dagegen  an,  daß  es  sich  in 
unseren  Experimenten  nicht  um  eine  wahre  Immunisierung  der  Meer- 
schweinchen gegen  den  Choleravibrio  gehandelt  hat,  sondern 
um  eine  vorübergehende  Resistenzverleihung,  ähnlich  wie  sie  durch 
seinen  Schüler  Issaeff  (Ibidem,  p.  287)  mittelst  normalen  Serums, 
Bouillon,  Kochsalzlösung,  mit  Nucleinsäurelösung  u.  s.  w.  erzielt 
wurde.  Pfeiffer  hält  ferner  an  seiner  früheren  Auffassung  (Zeit- 
schrift f.  Hygiene  u.  Infektionskrankh.  Bd.  XI.  No.  3)  über  das 
„primäre“,  d.  h.  den  Choleravibrionen  selbst  innewohnende  Gift,  fest 
und  vindiziert  demnach  der  Intracellularsubstanz  dieser  Vibrionen 
ein  spezifisches,  von  anderen  Bakterien  gründlich  verschiedenes  Gift. 
Es  ist  nicht  meine  Absicht,  dieser  mit  Scharfsinn  entwickelten  An- 
nahme Pfeiffer’s  hier  entgegenzutreten,  doch  möchte  ich  mir 
erlauben,  darauf  hinzuweisen,  daß,  soweit  das  thatsächliche  Experiment 
am  Meerschweinchen  einen  Schluß  erlaubt,  dieser  der  Pfeiffer- 
schen Lehre  nicht  günstig  ist.  Fürs  Erste  läßt  es  sich  leicht  kon- 
statieren, daß  die  intraperitoneale  Injektion  des  Meerschweinchens  — 
es  handelt  sich  in  allen  Experimenten  der  verschiedenen  Beobachter 
nur  um  solche  — mit  Choleravibrionen  selbst,  ohne  deren  Stoff- 
wechselprodukte, genau  dieselbe  Krankheit,  klinisch  und  pathologisch, 
hervorruft,  wie  die  mit  anderen  von  mir  benutzten  Species:  Vibrio 
Finkler,  Bacillus  prodigiosus,  coli  und  typhosus  und 
Proteus  vulgaris.  Das  ganze  Krankheitsbild,  der  rasche  Tod 
durch  intensive  Peritonitis,  die  postmortalen  Veränderungen,  die  Ver- 
breitung der  injizierten  Bakterien  im  peritonealen  Exsudate  und  im 
Blute  sind  in  allen  Fällen  genau  dieselben;  daraus  kann  man  doch 
unmöglich  auf  eine  spezifische  Verschiedenheit  zwischen  der  Intra- 
cellularsubstanz der  Choleravibrionen  und  der  der  anderen  Species 
schließen. 

Daß  die  Menge  der  letalen  Dosis  der  Intracellularsubstanzen  bei 
den  verschiedenen  Species  verschieden  ist,  ändert  doch  wenig  an  der 
Natur  der  Sache,  thatsächlich  ist  in  dieser  Richtung  der  Bacillus 
prodigiosus,  coli  und  typhosus,  worin  auch  Sobernheim 
beistimmt,  giftiger  als  der  Choleravibrio  oder  der  Vibrio 
Finkler. 

Nebenbei  sei  hier  bemerkt,  daß  die  hohe  Giftigkeit  der 
Pfeif fer’schen  Cholerakulturen  (1.  c.  p.  281)  mit  der  bei  meinen 
Cholerakulturen  gefundenen  durchaus  nicht  übereinstimmt.  Die 
meisten  meiner  von  typischen  tödlichen  Cholerafällen  in  England 

38* 


600 


E.  Klein, 


abstammenden  Kulturen  (Zeitschr.  f.  Hygiene  u.  Infektionskrankh. 
ßd.  XVI.  No.  2.  p.  255)  sowie  die  von  einem  Hamburger  Falle  in 
1892  gezüchteten  (diese  Zeitschr.  Bd.  XIII.  No.  13.  p.  428)  hatten  eine 
ganz  bedeutend  niedrigere  Giftigkeit,  als  die  von  Pfeiffer  benutzten. 
Fürs  Zweite  steht  die  Annahme  von  Pfeiffer,  daß  es  sich  in 
meinen  Anticholeravaccinationen  mit  den  Intracellularsubstauzen  der 
verschiedenen  nichtpathogenen  Bakterien  nur  um  eine  vorübergehende, 
wenige  Tage  (4 — 5)  andauernde  Resistenz  der  Meerschweinchen  ge- 
handelt, nicht  im  Einklänge  mit  den  Thatsachen.  Die  Meerschwein- 
chen, die  ich  mit  Bacillus  prodigiosus  oder  Bacillus  coli 
vorbehandelt,  zeigten  sich  noch  nach  2,  3,  4 und  selbst  5 Wochen 
gegen  sonst  letale  Dosen  der  Choleravibrionen  „giftfest“. 

Im  Anschlüsse  an  die  in  meinem  ersten  Aufsatze  (diese  Zeitschr. 
Bd.  XIII.  No.  13)  besprochenen  Bakterienspecies  habe  ich  ähnliche 
Experimente  mit  typischen  pathogenen  Bakterien  ausgeführt,  und  will 
ich  hier  deren  Resultate  beschreiben.  Die  Species,  die  zu  diesen 
Experimenten  gewählt  wurden,  sind:  1)  Bacillus  anthracis, 
1)  Bacillus  diphtheriae  und  3)  Bacillus  der  Hühnercholera. 

In  den  früheren  Experimenten  (diese  Zeitschr.  Bd.  XIII.  No.  13) 
wurde  konstatiert,  daß  die  Intracellularsubstanzen  der  oben  erwähnten 
6 Species,  in  Form  von  abgetöteten  Bakterien,  intraperitoneal  injiziert, 
ebenso  letal  wirken,  wie  die  der  lebenden  Bakterien,  nur  muß  die 
Dosis  der  ersteren  etwas  größer  sein,  um  letal  zu  wirken.  Da  bei 
der  Untersuchung  über  die  Wirkung  der  Intracellularsubstanzen  der 
spezifisch  pathogenen  Bakterien  nur  abgetötete  Bakterien  benutzt 
werden  können  — die  lebenden  Bakterieu,  in  die  Peritonealhöhle 
injiziert,  bewirken  an  und  für  sich  Infektion  mit  letalem  Ausgange 
— , so  müssen  die  eben  erwähnten  Bakterien  vor  der  Injektion  erst 
sterilisiert  werden. 

1)  Bacillus  anthracis.  Wie  in  den  früheren  Experimenten 
wurden  auch  jetzt  Agarkulturen  auf  schiefer  Oberfläche  (6  Zoll  lang, 
2 Zoll  breit)  angelegt;  nach  48  Stunden,  bei  37°  C gewachsen,  ist 
die  Oberfläche  des  Agars  mit  gleichmäßiger  Schicht  der  Anthrax- 
bacillen  bedeckt;  diese  wird  dann  in  5 ccm  steriler  Bouillon  ab- 
gekratzt, in  eine  sterile  Eprouvette  abgegossen  und  durch  Schütteln 
gleichmäßig  verteilt.  Um  die  etwa  vorhandenen  Sporen  abzutöten, 
wird  die  Bouillonaufschwemmung  durch  5 Minuten  im  kochenden 
Wasser  gehalten,  wodurch  vollkommene  Sterilisierung  bezweckt  wird. 
Mit  dieser  Aufschwemmung  werden  nun  Meerschweinchen  intraperi- 
toneal injiziert,  je  ein  Tier  erhält  */s  einer  Kultur.  Die  Tiere  sind  am 
nächsten  Tage  und  weiter  ganz  normal.  Nach  mehreren  Tagen  werden 
sie  wieder  mit  sterilisierter  Agarkultur  intraperitoneal  injiziert,  jedes 
Tier  wiederum  mit  2/s  einer  Kultur.  Die  Tiere  bleiben  gesund. 
Nach  4 — 5 Tagen  werden  sie  nun  mit  kleinen  Dosen  lebender  Agar- 
kultur intraperitoneal  oder  subkutan  injiziert;  sie  sterben  an  typischem 
Milzbrände  binnen  48  Stunden. 

2)  Bacillus  diphtheriae.  Von  Agar- oder  Gelatinekulturen, 
auf  deren  schiefer  Oberfläche  im  ganzen  Umfange  gutes  Wachstum 
stattgehabt,  wird  ebenso  wie  sub  1 in  steriler  Bouillon  eine  Auf- 
schwemmung bereitet,  diese  wird  bei  70°  C durch  10  Minuten  voll- 


Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis  der  intracellulären  Bakteriengifte.  601 


kommen  sterilisiert.  Hierauf  werden  Meerschweinchen  intraperitoneal 
injiziert,  jedes  Tier  erhält  2/s  bis  eine  ganze  Kultur.  Die  Tiere 
bleiben  gesund.  Dann  werden  sie  nach  4 — 5 Tagen  subkutan 
oder  intraperitoneal  mit  lebender  Kultur  inokuliert,  ebenso  Kontroll- 
iere; alle  sterben  innerhalb  40 — 48  Stunden  unter  den  typischen 
Symptomen. 

3)  Bacillus  der  Hühnercholera.  Die  Bouillonaufschwem- 
mung wird  ebenso  wie  in  dem  vorigen  Experimente  bereitet  und 
sterilisiert1)  und  damit  werden  Kaninchen  intraperitoneal  injiziert, 
jedes  Tier  erhält  2/3 — 1,  selbst  2 Kulturen.  Die  Tiere  bleiben  gesund. 
Nach  mehreren  (4—5)  Tagen  werden  sie  subkutan  oder  intraperi- 
toneal mit  kleinen  Dosen  lebender  Agar-  oder  Gelatinekultur  inoku- 
liert; alle  sterben  binnen  48  Stunden  an  typischer  Hühnercholera. 
Es  folgt  somit  aus  diesen  Experimenten,  daß  große  Mengen  dieser 
spezifisch  pathogenen  Mikroben,  als  tote  Zellsubstanz  intraperitoneal 
injiziert,  keine  Krankheit  hervorrufen  und  den  Tieren  keinerlei  Re- 
sistenz gegen  eine  nachherige  Infektion  mit  lebender  Kultur  verleihen. 
Wenn  solch  große  Mengen  der  sterilisierten  Mikroben,  wie  sie  in 
diesen  Experimenten  angewendet  wurden,  von  den  nicht  pathogenen 
Bakterien  (Bacillus  prodigiosus  oder  Bacillus  coli)  in  die 
Peritonealhöhle  injiziert  werden,  so  rufen  sie  stets  Vergiftung  und 
Tod  durch  akute  intensive  Peritonitis  hervor,  und  wenn  die  Dosis 
nicht  letal  ist,  verleihen  sie  dem  Tiere  Resistenz  gegen  eine  weitere 
sonst  letale  Dosis.  Hierin  zeigt  sich  ein  fundamentaler  Unterschied 
zwischen  dem  Choleravibrio,  Vibrio  Finkler,  Bacillus 
prodigiosus,  coli  und  typhosus  und  Proteus  vulgaris 
einerseits  und  dem  Bacillus  anthracis,  Bacillus  diphthe- 
riae  und  Bacillus  der  Hühnercholera  andererseits.  Will  man, 
wie  dies  Pfeiffer  thut,  dem  Choleravibrio,  dem  Vibrio 
Finkler,  dem  Bacillus  prodigiosus,  coli  und  typhosus 
u.  s.  w.  ein  „primäres“  spezifisches  Gift  vindizieren,  so  muß  man  nach 
den  obigen  Experimenten  dem  spezifisch  pathogenen  Bacillus 
anthracis,  Bacillus  diphtheriae  und  Bacillus  der  Hühner- 
cholera ein  solches  absprechen,  wird  vielmehr,  wie  dies  bisher  auch 
allgemein  angenommen  wurde,  die  spezifisch  pathogene  Wirkung  dieser 
Mikroben  auf  die  bei  ihrer  Vermehrung  im  infizierten  Organismus 
entstehenden  Stoffwechselprodukte  einzig  und  allein  zurückführen. 

London,  31.  März  1894. 


1)  Die  Bouillonaufschwemmung  wird  durch  das  10  Minuten  lange  Erhitzen  auf 

70°  C in  charakteristischer  Weise  dicklich,  fast  wie  halberstarrte  Gelatine. 


602 


M.  Braun 


Ueber  ein  für  den  Menschen  neues  Distomum  aus 

der  Leber, 

Von 

M.  Braun. 

Durch  ein  Referat  des  Herrn  Kollegen  Lu kj an ow  *)  über  eine 
Distom  um- Art  aus  der  Leber  des  Menschen  (Distomum  sibi- 
ricum  Winogradoff)  war  ich  auf  zwei  in  russischer  Sprache  ge- 
schriebene Arbeiten  des  Herrn  Kollegen  K.  Winogradoff  in  Tomsk 
aufmerksam  geworden,  in  welchen  die  eben  erwähnte  Art  zweimal 
beim  Menschen  konstatiert  wurde.  Wegen  des  in  dem  Referate  ent- 
haltenen Hinweises  auf  Dist.  choledochum  v.  Linst,  und  Di  st. 
longissimum  v.  Linst,  aus  der  Leber  von  Anas  und  Ardea, 
Distomen,  welche  mit  dem  von  mir  untersuchten  Distomum  feli- 
ne um  Riv.  verwandt  erscheinen,  kam  mir  der  Gedanke,  daß  viel- 
leicht diese  oder  eine  nahe  verwandte  Art  vorliege.  Herr  Kollege 
Lukjanow  war  so  liebenswürdig,  mir  auf  meine  Bitte  diejenigen 
Arbeiten  Wi  n ogr  a do f f ’s 1  2),  die  sich  mit  dem  Distomum  si- 
b i r i c u m beschäftigen,  zu  übersenden. 

Diese  Mitteilungen  verdienen  in  der  That  volle  Beachtung;  han- 
delt es  sich  doch  um  einen  Parasiten,  der  bis  jetzt  aus  dem  Menschen 
unbekannt  war,  der  in  Sibirien  häufig  ist,  recht  schwere  Störungen 
hervorruft  und  der,  wie  sich  ergeben  wird,  auch  in  Europa,  in 
Deutschland,  Italien  etc.  vorkommt,  wenn  auch  hier  noch  nicht  beim 
Menschen  beobachtet  ist.  Diese  Umstände  rechtfertigen  es  wohl, 
wenn  ich  in  Anbetracht  der  Sprache  des  Originales  3)  einen  etwas 
ausführlicheren  Bericht  gebe,  in  welchem  ich  alle  drei  Arbeiten  ver- 
einige. 

W in  ogr  adof  f hat  Dist.  sibiricum  bei  124  Sektionen  8 mal, 
und  zwar  nur  bei  Männern  beobachtet  = 6,45  Proz.  Dem  gegenüber 
ist  Taenia  sagin  ata  beobachtet  4mal  (3,2  Proz.),  Echino- 
coccus multilocularis  und  veterinorum  3 (2,4  Proz.), 
Ascaris  lumbricoides  2 (1,6  Proz.)  und  Oxyuris  vermicu- 
laris  lmal  (0,8  Proz.)  — demnach  ist  Distomum  sibiricum 
unter  dem  Materiale,  das  in  Tomsk  zur  Obduktion  kommt,  der  weit- 
aus häufigste  Parasit  des  Menschen.  Im  ganzen  verfügt 
der  Verf.  über  9 Beobachtungen;  der  eine  Fall  mehr  stammt  von 


1)  In:  Centralbl.  f.  allgem.  Pathol.  und  pathol.  Anat.  Bd.  III.  1892.  p.  910. 

2)  Winogradoff,  K.,  Ueber  eine  neue  Distomnm-Art  in  der  Leber  des 

Menschen.  (Nachricht,  v.  d.  Kais.  Univ.  Tomsk.  Bd.  IV.  Tomsk  1892.  Abt.  II.  No.  XIII. 
p.  116 — 130-  1 Taf.)  — Winogradoff,  Ein  zweiter  Fall  von  Distomum  sibi- 
ricum in  der  Leber  des  Menschen  (ibid.  No.  IX.  p.  131  — 136).  — Winogradoff, 
K.,  Ueber  die  Eingeweidewürmer  des  Menschen  nach  den  Ergebnissen  der  pathol. -anat. 
Universität  Tomsk.  (Abdruck  aus  den  Nachr.  d.  Kais.  Univ.  Tomsk  für  d.  Jahr  1892.) 
8°.  13  p.  Tomsk  1892. 

3)  Herr  Stud.  Cohn  hat  mir  eine  fast  wörtliche  Uebersetzung  der  drei  Arbeiten 
geliefert,  wofür  ich  ihm  auch  an  dieser  Stelle  danke. 


Ueber  ein  für  den  Menschen  neues  Distomum  der  Leber. 


603 


einer  gerichtlichen  Obduktion  und  ist  unter  die  obigen  8 nicht  auf- 
genommen. 

Der  Tod  der  Patienten  war  verursacht  durch  Lungentuberkulose 
2 mal,  Gastroenteritis,  resp.  Cholera  nostras,  kruppöse  Lungenentzün- 
dung, Aortenaneurysma,  Pericarditis,  Epilepsie,  Vitium  cordis  je  1- 
mal  und  1 mal  war  die  direkte  Todesursache  unbekannt,  doch  bestand 
chronische  Tuberkulose  der  Lungen  und  des  Darmes  und  Hydro- 
thorax.  Bei  allen  Fällen  fanden  sich  mehr  oder  weniger  weitgehende 
Veränderungen  in  der  Leber,  resp.  auf  solche  zurückzuführende  Er- 
scheinungen: Ikterus  5 mal,  Verkleinerung  der  Leber  5,  Abdominal- 
wassersucht 3,  Vergrößerung  der  Leber  2,  Cholestearinkonkretionen 
2,  Eiterherde  in  den  Gallengängen  1 mal  und  nur  1 mal  hatte  die  Leber 
normale  Größe. 

Die  Veränderungen,  welche  in  der  Leber  selbst  auftreten,  lernen 
wir  am  besten  aus  einem  Befunde,  dem  ersten,  kennen: 

Der  betreffende  Patient  war  im  September  1890  beim  Fischfang  am 
Ob  beschäftigt,  wo  er  erkrankte;  am  30.  Oktober  trat  er  mit  Ikterus  in 
das  Spital  ein;  man  fand  die  Leber  um  3 Finger  breit  vergrößert,  die 
Exkremente  meist  farblos;  Temperatur  war  normal.  Der  Tod  trat  infolge 
von  Lungentuberkulose  ein. 

Bei  der  Sektion  erwies  sich  die  Leber  als  verkleinert,  höckerig; 
ihre  Kapsel  war  stellenweise  mit  dünnen  fibrinösen  Häuten  bedeckt,  ihr 
Gewebe  erweicht  und  in  nuß-  bis  faustgroßen  Partieen  dunkelgrün  ge- 
färbt; die  zwischenliegenden  Teile  waren  bleich  mit  bräunlichem  An- 
flug. Innerhalb  der  grünen  Stellen  ist  das  Gewebe  der  Leber  gequollen, 
die  Grenzen  der  Lobuli  sind  verwischt  und  die  Gallengänge  sind  hier 
wie  an  anderen  Stellen  mit  dickflüssiger,  dunkler  Galle  und  mit  Schleim 
gefüllt;  Gallenblase  von  der  Größe  eines  Gänseeies  mit  gelbgrünem, 
schleimigem  Inhalte  und  kleinen  Konkrementen.  Ductus  choledochus  und 
cysticus  normal.  In  der  Leibeshöhle  eine  große  Menge  gelber,  seröser 
Flüssigkeit;  Milz  stark  vergrößert,  erweicht,  rot;  Nieren  etwas  vergrößert; 
in  ihrer  Rindenschicht  starke  ikterische  Färbung  etc. 

Bei  der  Untersuchung  des  Inhaltes  eines  Gallenganges  wurden  Di- 
stomeneier  und  schließlich  die  Distomen  selbst  gefunden.  Die  weiteren 
Veränderungen  in  der  menschlichen  Leber  waren  folgende:  Die  Wan- 
dungen der  großen  wie  kleinen  Gallengänge  waren  an  vielen  Stellen  ent- 
zündet, hyperämisch  und  von  Leukocyten  durchsetzt;  diese  fanden  sich 
auch  in  dem  interlobulären  Bindegewebe  und  in  den  Lobulis  selbst.  Be- 
sonders an  den  grünen  Stellen  zeigten  sich  weitere  Stadien  einer  fort- 
geschrittenen Cirrhosis ; die  Lobuli  waren  oft  in  ihrer  ganzen  Dicke  von 
Granulationsgewebe  durchsetzt,  während  die  Leberzellen  selbst  einzeln 
oder  in  Gruppen  lagen,  oder  auch  zerfallen  waren.  Die  Gallen  kapillaren 
erschienen  an  vielen  Stellen  als  ein  dunkelgrünes  Netzwerk  zwischen 
mehr  oder  weniger  veränderten  Leberzellen.  Zum  größten  Teile  befand 
sich  hier  das  Leberparenchym  im  Zustande  der  braunen  Atrophie. 

In  einem  anderen  Falle  wurden  in  der  Leber  zahlreiche  hirse- 
korn-  bis  erbsengroße,  gelbliche  Knötchen  beobachtet,  die  sich  als 
mehr  oder  weniger  erweiterte  Strecken  der  Gallengänge  erwiesen, 
wobei  das  umgebende  Bindegewebe  sehr  stark  von  vielkernigen  Rund- 
zellen durchsetzt  war;  in  einigen  dieser  Knötchen  war  völlige  Ver- 


604 


M.  Braun, 


eiterung  eingetreten.  In  keinem  dieser  Knötchen  waren  übrigens 
Eier  von  Distomeu  oder  Distomen  selbst  nachzuweisen,  doch  fandeu 
sich  solche  an  anderen  Stellen. 

Wir  haben  demnach  das  Bild  einer  Cirrhosis  parasitaria  vor  uns, 
wie  sieZwaardemaker1)  vom  Hunde  schildert,  hier  ebenfalls  ver- 
anlaßt durch  ein  Distomum. 

Man  wird  zugeben  müssen,  daß  auch  beim  Menschen  die  ge- 
fundenen Veränderungen  in  der  Leber  auf  Rechnung  der  Distomen 
zu  setzen  sind,  die  in  verschiedener  Anzahl,  einige  wenige,  50 — 60 
— 100 — 200  und  darüber  in  den  dilatierten  Gallengängen,  gelegent- 
lich auch  im  Darme  gesammelt  wurden;  es  ist  das  um  so  sicherer, 
als  wir  wissen,  daß  andere  Arten  ebenfalls  Entzündungen  in  der 
Leber  verursachen. 

Beschreibung  der  Distomen  aus  der  Leber 
des  Menschen. 

Winogradoff  hat,  wie  wir  gleich  vorweg  nehmen  wollen,  zwei 
verschiedene  Arten  beobachtet,  ein  2,5  mm  langes,  1 mm  breites  und 
ganz  bestacheltes  Distomum,  das  nur  einmal  in  Fall  VIII  neben  50 
größeren  Distomen,  wie  solche  in  allen  9 Fällen  gesammelt  sind,  beob- 
achtet wurde;  die  zweite  größere  Art  mit  ganz  glatter  Hautschicht  wird  bis 
13,5  mm  lang  und  bis  3 mm  breit;  sie  ist  das  Distomum  sibiri- 
cum  und  ähnelt  in  ihrer  ganzen  Form  sehr  dem  bekannten  Distomum 
lanceolatum,  unterscheidet  sich  aber  sofort  von  diesem  dadurch,  daß  die 
Geschlechtsorgane  hinter  dem  Uterus  im  hinteren  Körperteile  liegen. 
Vorderer,  kugeliger  Saugnapf  0,328  mm  im  Durchmesser.  2,129  mm 
weiter  nach  hinten  liegt  der  0,308  mm  große  Bauchsaugnapf;  der 
Pharynx  (0,388  mm  lang,  0,320  mm  breit)  folgt  dicht  dem  Mundsaug- 
napfe; Oesophagus  0,161  mm  lang;  Darmschenkel  ziehen  bis  ans  hintere 
Körperende,  sind  unverästelt  und  von  dunkelbrauner,  körniger  Masse  er- 
füllt, so  daß  man  sie  mit  bloßem  Auge  erkennen  kann. 

Nach  außen  von  ihnen  sieht  der  Verf.  je  einen  hellen  Streifen; 
diese  lassen  sich  nach  vorn  bis  zum  Pharynx  verfolgen,  wo  sie  durch 
eine  Querkommissur  sich  verbinden;  hinten  ziehen  die  Streifen  bis  ans 
Ende  des  Körpers  zum  Exkretionsporus ; zu  diesem  tritt  dann  noch  von 
vorn  her  ein  dritter,  medianer  Streifen,  der  sich  zwischen  den  Geschlechts- 
organen verliert.  Der  Verf.  betrachtet  alle  drei  Streifen  oder  Kanäle 
als  Exkretionsgefäße,  doch  sind  zweifellos  die  seitlichen  hellen  Streifen 
die  Seitennerven,  welche  vorn  dicht  hinter  dem  Pharynx  in  die  Cerebral- 
kommissur eintreten,  und  der  mediane  Kanal,  den  der  Autor  nach  vorn 
bis  zwischen  die  Genitalien  verfolgen  kounte,  ist  die  langgestreckte  Ex- 
kretionsblase; die  eigentlichen  Exkretionsgefäße  scheint  Winogradoff 
nicht  gesehen  zu  haben. 

Im  hinteren  Körperteile  sieht  man  voreinander  zwei  gelappte 
Körper,  die  Hoden;  der  vordere  ist  vierlappig,  der  hintere  fünflappig. 
Vor  dem  vorderen  Hoden  liegt  das  0,75  mm  lange,  0,2  mm  breite  Re- 
ceptaculum  seminis,  das  durch  einen  Gang  mit  dem  rundlichen  Keim- 
stocke (0,45  mm')  verbunden  ist,  während  andererseits  nach  hinten  der 


t)  Virchow’s  Arch.  f.  path.  Anat.  Bd.  CXX.  1890.  p.  197 — 203.  1 Tal'. 


Ueber  ein  für  den  Menschen  neues  Distomum  der  Leber. 


605 


etwas  gebogen  verlaufende  und  dorsal  ausmündende  L a u r e r 'sehe  Kanal 
zu  erkennen  ist.  Vom  Vorderraude  des  Keimstockes  beginnt  der  Uterus, 
dessen  enge  Windungen  zwischen  den  Darmschenkeln  bis  zum  Bauch- 
saugnapfe emporsteigen  und  links  neben  demselben  hinziehen,  um  dicht 
vor  demselben  auszumünden.  Rechts  neben  dem  Bauchsaugnapfe  liegt 
eine  breite,  schlingenbildende  und  mit  Sperma  gefüllte  Röhre,  die  neben 
dem  Uterus  ausmündet.  Der  Verf.  hält  diese  Röhre  für  die  Vesicula 
seminalis,  offenbar  ist  sie  aber  der  Endabschnitt  des  Vas  deferens  ; ein 
Cirrus  fehlt.  Neben  dem  Keimstocke  ist  dann  noch  die  Schalendrüse 
gesehen  worden. 

Nach  außen  von  den  Darmschenkeln  liegen  die  Dotterstöcke,  aus 
zahlreichen  kleinen  Acinis  bestehend;  sie  enden  vorn  etwas  hinter  dem 
Bauchsaugnapfe,  hinten  kurz  vor  dem  vorderen  Hoden.  Aus  ihnen  ent- 
springen, und  zwar  am  Beginne  ihres  letzten  Viertels,  die  queren  Dotter- 
gänge, die  sich  nach  dem  Keimstocke  zu  begeben.  Die  gedeckelten  Eier 
sind  0,026 — 0,038  mm  lang,  0,010  — 0,022  mm  breit. 

Bei  dem  Vergleich  mit  Distomum  lanceolatum,  con- 
junctum  und  sinense  werden  die  Unterschiede  der  sibirischen 
Art  hervorgehoben,  ebenso  die  gegen  Dist.  choledochum  und 
D.  longissimum  und  schließlich,  da  keine  völlige  Uebereinstim- 
mung  mit  einer  dieser  Arten  gefunden  wird , die  sibirische  Form 
Distomum  sibiricum  n.  sp.  genannt. 

Dank  der  sorgfältigen  Beschreibung  dieser  Art  von  Seiten  Wino- 
gradoff’s  ist  man  imstande,  auch  ohne  die  dem  Original  beige- 
gebene Abbildung  zu  sehen,  sich  ein  klares  Bild  von  diesem  Parasiten 
zu  machen ; dem  Leser  des  Centralblattes  für  Bakteriologie,  dem  unser 
Artikel  über  „Die  Leberdistomen  der  Hauskatze  (Felis  catus  do- 
rn estica)  und  verwandte  Arten“,  speziell  die  darin  gegebene  Be- 
schreibung des  Distomum  felineum  Riv.  *)  bekannt  ist,  wird 
die  große  Uebereinstimmung  des  Distomum  sibiricum  mit  Dist. 
felineum  auffallen;  dieselbe  geht  so  weit,  daß  ich  nicht  anstehe, 
zu  behaupten:  die  beiden  Formen  sind  identisch.  Gewiß  finden  sich 
einige  Unterschiede  in  den  Maßen,  z.  B.  der  Saugnäpfe,  aber  diese 
Differenzen  sind  irrelevant,  da  es  sich  um  Organe  handelt,  die  vor- 
zugsweise aus  kontraktilen  Fasern  bestehen  und  infolgedessen  je  nach 
der  Kontraktion  ein  wenig  im  Durchmesser  differieren  werden ; mög- 
licherweise sind  aber  diese  Differenzen  zum  Teil  auch  auf  Fehler  in 
den  Messungen,  resp.  der  zum  Messen  benutzten  Apparate  zurückzu- 
führen. Jedenfalls  können  sie  bei  allen  sonstigen  Uebereinstimmungen 
nicht  ausschlaggebend  sein. 

Meine  Behauptung,  Distomum  sibiricum  sei  identisch 
mit  Dist.  felineum  wird  aber  sehr  wesentlich  durch  den  Umstand 
gestützt,  daß  Winogradoff  das  Dist.  sibiricum  in  der  Leber 
von  Katze  und  Hund  selbst  beobachtet  hat  und  die  Uebereinstimmung 
im  Baue  zwischen  den  Katzen-  resp.  Hundedistomen  und  denen  des 
Menschen  hervorhebt.  Differenzen  bestehen  nur  in  der  Größe:  die 
Leberdistomen  der  Katze  sind  (konserviert)  5 — 8 mm  lang  und  1,2  mm 
breit;  der  Mundsaugnapf  dieser  hielt  bei  den  großen  Exemplaren 
0,250,  der  Bauchsaugnapf  0,225  mm  im  Durchmesser ; die  Eier  0,024 


1)  Dieses  Centralblatt  Bd.  XIV.  1893.  No.  12  u.  13. 


6Q6  M.  Braun,  Ueber  ein  für  den  Menschen  nenes  Distomum  der  Leber. 


bis  0,030mm  lang,  0,014 — 0,020mm  breit.  Die  Distomen  aus  der 
Leber  eines  Hundes  (293  Exemplare)  waren  4 — 8 mm  lang,  1 — 2 mm 
breit,  im  übrigen  „mit  denen  aus  dem  Menschen  identisch“.  Ferner 
kommt  noch  hinzu,  daß  Winogradoff  auch  die  von  ihm  beobach- 
teten Miracidien  aus  den  Distomen  des  Hundes  so  schildert,  wie  sich 
die  Miracidien  der  Leberdistomen  hiesiger  Katzen  verhalten,  und  daß 
die  Gestalt  der  Eischale  — abgestutzter  spitzer  Pol  — bei  der  si- 
birischen und  hiesigen  Form  ganz  gleich  ist. 

Durch  die  wichtigen  Beobachtungen  Winogradoff’ s,  die  nichts 
dadurch  einbüßen,  daß  die  Species  verkannt  worden  ist,  gewinnt  das 
Distomum  feline  um  Riv.  eine  besondere  Bedeutung,  da  es  auch 
im  Menschen  vorkommt  und  hier  nicht  zu  den  unschuldigen  Para- 
siten zählt,  übrigens  auch  für  Katze  und  Hund  nicht  ganz  gleich- 
giltig  ist.  Bei  der  großen  Häufigkeit  des  Distomum  felineum 
in  Katzen  aus  Königsberg,  wobei  also  auch  der  Zwischenträger  häufig 
sein  muß,  ist  es  nicht  ausgeschlossen,  daß  diese  Art  nicht  einmal 
auch  beim  Menschen  in  Europa,  am  ehesten  noch  hier  gefunden  wer- 
den wird,  nachdem  man  auf  sie  durch  Winogradoff  aufmerksam 
geworden  ist;  sicher  aber  wird  sie  in  Europa  wie  andere  Distomen 
nur  sehr  selten  beim  Menschen  Vorkommen.  Bedauerlich  bleibt  es, 
daß  wir  noch  nicht  in  der  Lage  sind,  den  Zwischenträger  zu  nennen. 

Was  nun  die  oben  erwähnte  zweite  Species  von  Leberdistomen 
des  Menschen  anlangt,  so  ist  es  zunächst  sicher,  daß  eine  besondere 
Art  vorliegt,  da  sie  ganz  bestachelt  ist,  während  Dist.  felineum 
keine  Spur  von  Stacheln,  auch  nicht  in  den  Jugendstadien,  die  ich 
wiederholt  untersucht  habe,  aufweist.  Ob  nun  aber  Dist,  trun- 
catum  (Rud.)  oder  Dist.  albidum  Braun  oder  eine  andere  Art  vor- 
liegt, ist  zur  Zeit  nicht  zu  entscheiden;  ich  möchte  einstweilen  an- 
nehmen, daß  es  sich  um  Distomum  truncatum  (Rud.)  handelt, 
weil  bei  dieser  Art  die  Bestachelung  gleichmäßig  über  den  ganzen 
Körper  entwickelt  ist  und  die  Stacheln  leichter  zu  sehen  sind.  Ge- 
wißheit können  nur  weitere  Untersuchungen  bringen,  die  voraussicht- 
lich nicht  ausbleiben  werden. 

Zum  Schlüsse  noch  ein  Wort  über  die  spontane  Heilung  der 
Cirrhosis  parasitaria  beim  Menschen;  eine  solche  nimmt  W i n ogra- 
doff  mit  Recht  an.  Er  stützt  sich  dabei  auf  das  Vorkommen  von 
Veränderungen  in  der  Leber,  die  mit  den  oben  geschilderten  überein- 
stimmen, wobei  aber  in  der  Leber  selbst  keine  Distomen  gefunden 
worden  sind,  sowie  auf  den  Umstand,  daß  er  die  Distomen  im  Darme 
fand,  wohin  sie  ja  nur  aus  der  Leber  gelangt  sein  können ; der  Autor 
deutet  diesen  Fund  als  ein  spontanes  Verlassen  der  Leber,  womit, 
da  die  Ursache  des  Leidens  fortgeschafft  ist,  die  Möglichkeit  zu  einer 
Ausheilung  gegeben  ist.  Es  kommt  noch  hinzu,  daß  in  keinem  der 
9 Fälle  der  Tod  direkt  auf  das  Leberleiden  zurückzuführen  ist, 
sondern  auf  andere  interkurrierende  Krankheiten.  Wir  wissen,  daß 
auch  bei  den  Schafen  die  durch  Distomum  hepaticum  und  lan- 
ceolatum  bedingte  Erkrankung  der  Leber  spontan  ausheilt,  da  die 
Distomen  die  Leber  verlassen. 

Königsberg,  den  20.  Febr.  1894. 


Bacillus  Hydrophilus  fuscus. 


607 


Referate. 

Trambusti,  A.,  Ueber  die  physiologische  Wirkung  der 
Stoffwechselprodukte  des  Hydrophilus  fuscus.  (Bei- 
träge zur  pathologischen  Anatomie  und  allgemeinen  Pathologie. 
XIV.  1893.  2.) 

Von  Mikroorganismen,  welche  für  Frösche  pathogen  sind,  kennen 
wir  zwei,  den  Bacillus  ranicida  (Ernst)  und  Bacillus 
hydrophilusfuscus(Sanarelli).  Der  letztere,  ein  dem  Typhus- 
keime ähnlicher  Bacillus,  der  sich  mit  Anilinfarben  leicht,  nach 
Gram  dagegen  nicht  färbt,  auf  allen  Nährböden  wächst,  Gelatine 
nicht  verflüssigt,  im  Gegensätze  zu  dem  ähnlichen  Bacillus  rani- 
cida bei  Körpertemperatur  gut  gedeiht  und  für  Frösche,  Kröten, 
Tritonen,  Eidechsen,  Barben  und  Aale,  sowie  von  Warmblütern 
für  Meerschweinchen,  Kaninchen,  Hunde,  Katzen,  Ratten,  Fleder- 
mäuse, Igel,  Hühner  und  Tauben,  wenn  auch  weniger  als  für  Poikilo- 
thermen,  pathogen  ist,  bildet  den  Ausgang  nachfolgender  physiologischer 
Untersuchungen  über  seine  Stoffwechselprodukte. 

Untersuchungen  über  die  physiologische  Wirkung  von  Stoffwechsel- 
produkten  der  Mikroorganismen  existieren  im  ganzen  erst  wenige, 
nämlich  nur  über  die  Hühnercholera  (Pasteur),  Cholera 
(Bouchard),  Diphtherie  (Loeffler,  Roux  und  Yersin), 
Streptokokken  (Traversa  und  Manfredi),  Pneumonie 
und  Erysipel  (Sciolla  und  Trovati),  über  den  Bacillus 
pyocyaneus  (Charrin  und  Gley),  über  Staphylococcus 
pyogenes  (Rodet  und  Courmont)  und  endlich  über  den 
Bacillus  septicus  putridus  (Roger). 

Zur  Isolierung  der  Stoffwechselprodukte  ist  die  beste  Methode 
die  Fällung  mit  absolutem  Alkohol;  dadurch  kann  man  die  ver- 
schiedenen Gruppen  von  Substanzen  trennen,  indem  die  einen  aus- 
fallen,  die  anderen  in  Lösung  bleiben.  Als  Produkte  des  Stoff- 
wechsels findet  man  so  oft  genug  Substanzen,  welche  verschiedene, 
ja  entgegengesetzte  Wirkung  haben.  Die  Untersuchungen  über  die 
physiologische  Wirkung  der  löslichen  Produkte  des  Hydrophilus 
fuscus  zerfallen  in  drei  Reihen: 

1)  Physiologische  Wirkung  der  reinen  Kulturen, 

2)  „ „ „ durch  Alkohol  niedergeschlagenen, 

3)  „ „ ,,  in  Alkohol  löslichen  Produkte. 

Zur  Kontrolle  wurde  die  Untersuchung  der  physiologischen 

Wirkung  der  reinen  (zur  Kultur  benutzten)  Fleischbrühe,  des  alko- 
holischen Niederschlages  derselben  und  ihres  Extraktes  vorgenommen. 

Aus  den  Versuchen,  welche  die  Wirkung  auf  Nerven,  Muskelu 
und  auf  das  Herz,  sowie  die  chemische  Reaktion  derselben  Organe,  des 
Gehirns  und  des  Rückenmarkes  betrachten,  geht  hervor,  daß  sich  die  Pro- 
dukte des  Stoffwechsels  des  Hydrophilus  fuscus  in  zwei  Gruppen 
teilen  lassen,  erstens  in  eine  alkoholische  Gruppe,  welche  allge- 
mein lähmend  wirkt  und  zweitens  eine  durch  Alkohol  fallende, 
welche  eine  erregende  Wirkung  auf  Nerven,  Muskeln  und  das 


608 


Bacillus  pyocyaneus.  — Staphylokokken. 


Herz  ausübt  und  in  ihrer  Wirkung  der  des  Koffein  und  Veratrin 
ähnelt.  Es  finden  sich  also  auch  hier  wieder  zwei  Körper  von  ent- 
gegengesetzt physiologischer  Wirkung,  eine  Beobachtung,  welche 
vielleicht  die  Erklärung  für  gewisse  Unterschiede  liefern  kann,  die 
sich  bisweilen  bei  der  klinischen  Erscheinung  mancher  Infektionen 
zeigen.  Kurt  Müller  (Halle). 

Ernst,  H.  C.,  The  Bacillus  pyocyaneus  pericarditis. 
(American  Journal  of  Medical  Sciences.  CVI.  1893.  p.  396.) 

Der  Verf.  isolierte  aus  der  Pericardialflüssigkeit  eines  Patienten 
einen  neuen  Mikroorganismus,  ähnlich  dem  Bacillus  pyocya- 
neus von  Gessard  und  dem  von  P.  Ernst.  Derselbe  war  be- 
gleitet von  dem  Tuberkelbacillus  und  eingeschlossen  in  den 
Zellen  der  Flüssigkeit.  An  Gestalt  ist  er  ein  kleiner,  gerader  Ba- 
cillus mit  abgerundeten  Enden,  drei-  oder  viermal  so  lang  als  breit 
und  in  der  Regel  ein  klein  wenig  größer  als  der  B.  pyocyaneus. 
Er  ist  lebhaft  beweglich.  Die  Plattenkulturen  unterscheiden  sich  von 
denen  des  B.  pyocyaneus  durch  eine  bläulich-grüne  Farbe.  Die 
Gelatine  wird  langsam  verflüssigt.  In  seiner  Kulturbeschaffenheit 
hat  der  Bacillus  große  Aehnlichkeit  mit  dem  von  Gessard  und 
gleich  diesem  läßt  er  sich  leicht  mit  Anilinfarben  und  nach  Gram’s 
Methode  färben.  Intraperitoneale  Einspritzungen  von  Bouillonkulturen, 
1/2  ccm,  führten  bei  Kaninchen  und  Meerschweinchen  in  50  Proz. 
binnen  24—36  Stunden  den  Tod  herbei.  Novy  (Ann  Arbor). 

Charrin et Teissier, Modification  de  la  pression  arterielle 
sous  l’infl  uence  d e s t o x i n e s p y ocy a n i ques.  (Comptes 
rendus.  1893.  Janvier  23.) 

Die  subkutane  Injektion  von  Pyocyaneus  toxinen  beim  Menschen 
erhöht  den  arteriellen  Druck.  Die  Größe  der  Steigerung  ist  direkt 
proportional  dem  Alter  der  Kultur,  dem  Gehalte  der  Bouillon  an 
Eiweißkörpern  und  der  injizierten  Menge;  sie  ist  ausgesprochener, 
wenn  die  Bacillenleiber  mit  injiziert  werden.  In  wenigen  Stunden 
geht  die  Wirkung  vorüber.  Als  Versuchspersonen  dienten  Tuberkulöse 
und  Typhuskranke,  Kontrollinjektionen  mit  destilliertem  Wasser  waren 
erfolglos.  Abel  (Greifswald). 

Terni , Camillo , Le  fermentazioni  dei  micrococchi 
piogeni.  Contributo  allo  Studio  della  suppurazione. 
(Rivista  d’Igiene.  Anno  IV.) 

Die  löslichen  Produkte  in  Kulturen  des  Staphylococcus 
aureus  vermögen  nicht  Meerschweinchen  und  Kaninchen  gegen  die 
Infektion  mit  diesem  Organismus  zu  schützen.  Exemplare  derselben 
Tierspecies,  welche  gegen  Milzbrand,  Pyocyaneus  und  Pneumo- 
c occ  us  vacciniert  sind,  besitzen  keine  erhöhte  Widerstandsfähigkeit 
gegen  die  pyogenen  Mikrokokken. 

Die  pyogenen  Staphylokokken  besitzen  ein  sehr  bedeutendes 
Gärungsvermögen,  welches  nicht  von  ihrer  pathogenen  Kraft  ab- 
hängt. Sie  produzieren  Säuren,  welche  den  im  Eiter  gefundenen 
analog  sind.  Es  sind  dies  Buttersäure,  Baldrian-,  Propion-  und 


Mikroorganismen  aus  Sputum.  — Gonorrhöe. 


609 


Milchsäure,  betreffs  der  Einzelheiten  muß  auf  das  Original  hinge- 
wiesen  werden.  Die  Inokulation  der  sauren  Produkte  der  Staphylo- 
kokken aus  Kulturen  oder  Kauiucheneiter  bringt  alle  Erscheinungen 
einer  Infektion  bis  zum  Auftreten  von  Eiterung  hervor  und  begün- 
stigt das  Eindringen  der  Organismen.  Terni  schließt,  daß  die 
pathogene  Eigenschaft  der  pyogenen  Staphylokokken  nicht  von 
spezifischen  Toxinen  sich  herleitet,  sondern  durch  die  Produkte  der 
Säuregärung  bedingt  wird,  welche  im  Gewebe  ebenso  wie  in  Kulturen 
gebildet  werden. 

Viele  interessante  Einzelheiten  der  fleißigen  Arbeit  lassen  sich 
im  Referate  nicht  wiedergeben.  Abel  (Greifswald). 

Bunzl-Federn,  Ueber  einen  fürTiere  pathogenen  Mikro- 
organismus aus  dem  Sputum  eines  Pneumonie- 
kranken.  (Archiv  für  Hygiene.  XXIX.  1893.  3.) 

Aus  dem  Sputum  eines  kurz  nachher  verstorbenen  Pneumonie- 
kranken züchtete  Verf.  einen  Pilz,  der  sich  mit  keinem  bekannten 
identifizieren  läßt. 

Er  besitzt  bei  den  verschiedenen  Tierarten,  für  die  er  pathogen 
ist,  keine  einheitliche  konstante  Form,  die  auch  ebenso  mit  der 
Art  der  Nährböden  wechselt.  In  Gelatine,  welche  er  nicht 
verflüssigt,  findet  man  ihn  in  Diplokokkenformen  und  als  kurzes 
Stäbchen;  in  Bouillon  als  kleine  Diplokokken  und  kurze  Stäb- 
chen; auf  schiefem  Agar  bilden  sich  bei  Brüttemperatur  feuchte 
glänzende  Ueberzüge,  die  aus  feinem,  in  auffallendem  Lichte  farb- 
losen, in  durchfallendem  grauweißen  Tropfen  bestehen;  hier  über- 
wiegen im  mikroskopischen  Bilde  die  feinen  Stäbchen  von  der  Länge 
und  Dicke  der  Tuberkelbacillen  über  alle  anderen  Formen.  Sporen 
bildet  der  Keim  nicht ; Eigenbewegung  fehlt  ihm.  Er  ist  patho- 
gen für  Kaninchen,  Meerschweinchen,  weiße  Mäuse  und  Tauben, 
welche  er  unter  dem  Bilde  einer  akuten  Septikämie  tötet.  Die 
Keime,  welche  sich  am  besten  mit  Karbolfuchsin  färben,  nach  Gram 
entfärben,  finden  sich  im  Blute,  den  Transsudaten  und  inneren  Organen. 

Kurt  Müller  (Halle). 

Veit,  Frische  Gonorrhöe  bei  Frauen.  (Dermatolog.  Zeit- 
schrift. Bd.  I.  1894.  Heit  2.) 

Die  vorliegende  Arbeit  Veit’s  beschäftigt  sich  mit  der  Sympto- 
matologie und  Therapie  der  akuten  Gonorrhöe  der  Frauen.  Obwohl 
Veit  die  Ueberzeugung  hat,  daß  die  Gonorrhöe  durch  die  Gono- 
kokken hervorgerufen  wird,  ist  er  ein  Gegner  der  bakteriologischen 
Untersuchung.  Er  hält  das  klinische  Bild  für  ein  so  charakteristi- 
sches, daß  er  folgendes  schreibt:  „Die  bakterielle  Untersuchung  über- 
gehe ich  hier,  sie  ist  für  die  Diagnose  und  Behandlung  der  akuten 
Gonorrhöe  nicht  notwendig.  Ich  bin  überzeugt,  daß,  so  sehr  selbst 
der  Praktiker  für  die  Diagnose  z.  B.  von  Cholera  und  Phthise  die 
bakteriologischen  Untersuchungen  beherrschen  muß,  er  hier  zur  Ver- 
meidung von  Irrtümern  besser  thut,  ohne  Bakteriologie  auszukoramen. 
Sie  führt  schwer  zum  sicheren  Resultate,  ist  außerordentlich  mühsam 
und  bringt  bei  einigermaßen  ausgedehnter  klinischer  Erfahrung  die 


610 


Gonorrhoe.  — Infusoriendiarrhöe. 


Diagnose  nicht  weiter.“  Die  Hauptstücke  für  die  Diagnose  sieht  der 
Verf.  in  den  charakteristischen  Veränderungen  der  Schleimhaut  von 
Vulva,  Vagina,  Cervix  und  Urethra  und  speziell  in  der  Kombination 
akuter  Erkrankung  der  Harnwege  mit  solchen  des  Genitalapparates. 

Veit  hält  die  akute  Gonorrhöe  des  Weibes,  die,  durch  einmalige 
Infektion  entstanden,  sofort  zur  Behandlung  kommt,  für  eine  wenig 
gefährliche  Affektion.  Meist  pflegen  derartige  akute  Gonorrhöen  ohne 
Behandlung  spontan  auszuheilen  und  die  hauptsächlich  zu  betreibende 
Therapie  ist  die  Behandlung  des  Mannes,  um  weitere  Infektionen 
auszuschließen.  Nur  für  die  Fälle,  in  denen  es  infolge  fortgesetzter 
Infektionen  zur  chronischen  Erkrankung  kommt,  sind  prognostisch 
ungünstig;  für  die  einmalige  Infektion  gilt  die  infaustere  Prognose 
nur  dann,  wenn  die  Infektion  kurz  vor  oder  kurz  nach  der  Entbin- 
dung erfolgt,  weil  der  puerperale,  aufgelockerte  Zustand  der  weib- 
lichen Genitalien  die  anatomische  Grundlage  für  die  schwereren  Er- 
krankungen bildet. 

Bei  frischen  Fällen  hält  der  Verf.  die  Behandlung  nicht  nur  für 
überflüssig,  sondern  eventuell  für  schädlich.  Er  warnt  dringend  vor 
der  Behandlung  des  Uteruskörpers,  weil  er  glaubt,  daß  der  innere 
Muttermund  eine  sichere  Grenze  ist,  die  die  Gonokokken  nicht  leicht 
überschreiten,  daß  aber  eine  Verletzung  desselben,  wie  sie  bei  der 
Behandlung  leicht  Vorkommen  kann,  diese  Sicherheit  gefährdet;  ferner 
ist  er  der  Ansicht,  daß  der  Uteruskörper,  falls  er  erkrankt,  imstande 
ist,  die  akute  gonorrhoische  Erkrankung  zu  überwinden.  Für  die 
Behandlung  der  Vagiua.  und  Vulva  empfiehlt  er  nur  austrocknende 
Tampons,  da  auf  diese  Weise  die  Lebensbedingungen  für  die  Gono- 
kokken sehr  ungünstige  würden;  erst  nach  der  Ausheilung  der  Vagina 
soll  man  mit  milden  Mitteln  den  Cervix  behandeln. 

Auch  bei  der  Urethra  kommt  es  nach  Veit  zu  einer  spontanen 
Ausheilung,  falls  es  sich  um  eine  akute  Erkrankung  nach  einmaliger 
Infektion  handelt;  er  geht  so  weit,  daß  er  anderenfalls  nicht  glaubt, 
daß  es  sich  um  eine  akute  Erkrankung,  sondern  um  die  Exacerbation 
einer  chronischen  handle.  Die  Möglichkeit,  durch  die  Behandlung 
der  Urethra  Infektionskeime  in  die  Blase  zu  befördern,  veranlaßt 
ihn,  von  einer  Behandlung  der  akuten  Urethritis  bei  Frauen  ab- 
zusehen. Als  Resum6  seiner  Betrachtung  fügt  Veit  seiner  Arbeit 
folgende  Worte  an: 

„Einmalige  gonorrhoische  Infektion  beim  Manne  kann  selbst  bei 
rechtzeitiger  Behandlung  dauernde  nachteilige  Folgen  haben.  Die 
Frau  ist  bei  einmaliger  frischer  Infektion  ungleich  besser  daran,  sie 
kann  dauernd  geheilt  werden.  Ihr  schadet  nur  die  mehrfach  in 
kurzen  oder  längeren  Pausen  immer  wieder  erneute  Infektion.“ 

Lasch  (Breslau). 

ßoos,  E.,  Ueber  Infusoriendiarrhöe.  (Zeitschrift  für  klin. 

Medizin.  1892.) 

Verf.  fand  Gelegenheit,  einige  chronische  Diarrhöen  zu  beobachten, 
bei  denen  sich  verschiedene  Formen  von  Infusorien  fanden. 

Im  ersten  Falle  — die  Krankengeschichten  werden  mitgeteilt  — 
fand  sich  die  von  Grassi  als  Megastoma  entericum  be- 


Tierische  Parasiten. 


611 


schriebene  Flagellate  und  die  von  Marchand  beschriebene  Tri- 
chomonas intestinalis,  sowie  auch  die  encystierten  Formen  des 
ersteren.  Eine  ausführliche  Beschreibung  dieser  Gebilde  wird  ge- 
geben. Therapeutisch  gelang  es,  nachdem  die  verschiedensten  Me- 
dikamente fehlgeschlagen,  durch  Darreichung  von  3 mal  täglich 
0,1  Kalomel  die  Infusorien  aus  dem  Darme  verschwinden  zu  machen 
und  der  Diarrhöe  Herr  zu  werden.  Außer  den  erwähnten  Gebilden 
treten  noch  zwei  andere  unter  einander,  sowie  von  anderen  Bekannten 
wohl  unterscheidbare  Tierchen  auf,  welche  durch  Bild  und  Beschrei- 
bung fixiert  werden.  Die  eine  Form  ähnelt  der  von  Nothnagel 
bereits  beschriebenen. 

In  einem  zweiten  Falle  fand  sich  das  von  Leuckart  und 
Ort  mann  beschriebene  Balantidium  coli,  auch  hier  erwies 
sich  das  Kalomel  als  sehr  wirksam.  Es  war  wahrscheinlich,  daß  die 
Infektion  durch  das  Reinigen  von  Schweineställen  aus  erfolgt  war. 

In  Fall  3 fand  sich  das  von  Davaine  beschriebene  Cerco- 
monas  hominis.  Durch  Ruhe  und  Diät  trat  Besserung  ein. 

In  einem  vierten  Falle  von  Ikterus  fanden  sich  in  dem  dick- 
breiigen Stuhle  große  pfriemenförmige  Infusorien,  14—16  (i  lang, 
3 — 4 /x  breit,  lebhaft  beweglich,  mit  mondartiger  Einbuchtung,  auf 
deren  Höhe  eine  feine  Geißel  sichtbar.  Der  sonst  homogene  Körper 
zeigte  in  einer  kolbigen  Anschwellung  einen  Kern. 

In  Fall  6 fand  sich  in  einem  von  einer  Lungencaverne  aus  ent- 
standenen Empyem  die  von  Kannenberg  beschriebene  Cerco- 
monade. 

In  einem  weiteren  Falle  wurde  das  Cercomonas  coli  May 
gefunden  und  dessen  morphologische  und  biologische  Eigenschaften 
aufgeführt. 

Diesen  beschriebenen  Fällen  reiht  Yerf.  dann  die  in  der  Litte- 
ratur  bekannt  gewordenen  an  und  fordert  auf,  auch  für  die  Zukunft 
sein  Augenmerk  mehr  auf  die  Stuhlentleerungen  und  deren  Infusorien 
zu  richten.  Zum  Zwecke  der  Untersuchung  empfiehlt  er,  den  frisch 
gelassenen  Stuhl  in  einen  Topf  mit  heißem  Wasser  aufzustellen, 
damit  das  durch  die  Kälte  hervorgerufene  Absterben  der  Infusorien 
verhindert  werde,  da  letztere  alsdann  völlig  unkenntlich  geworden 
sind.  Auch  sonst  ist  es  notwendig,  die  Stühle  möglichst  frühzeitig 
zu  untersuchen,  da  auch  der  Umschlag  der  chemischen  Reaktion 
infusorientötend  wirkt.  O.  Voges  (Danzig). 

Stiles,  C.  W.,  Notes  on  parasites.  — 18:  On  the  presence 
of  Sarcosporidia  in  birds.  (U.  S.  Departement  of  agri- 
culture.  Bur.  of  anim.  industry.  Bull.  No.  3.  Wash.  1893.  p.  79 — 85. 
with  2 pl.) 

Die  vom  Verf.  beobachteten  Sarcosporidien  aus  der  Muskulatur 
der  Vögel  werden  unter  folgenden  Namen  beschrieben: 

1)  Balbiania  Rileyi  n.  sp.  aus  dem  intermuskulären  Binde- 
gewebe von  Anas  boschas  und  Anas  (Spatula)  clypeata 
Nordamerikas;  spindelförmige  Körper  von  1,6  mm  Länge  und  0,48  mm 
Breite,  deren  Cuticula  nicht  gestreift  erscheint.  Die  Maschen  sind 


612 


Tierische  Parasiten. 


unregelmäßig,  doch  meist  langgestreckt  und  radiär  gestellt;  die 
Sporeu  sind  0,012—0,014  mm  lang,  au  einem  Ende  etwas  verdickt 
und  abgerundet,  an  dem  anderen  zugespitzt;  ein  Kern  ist  deutlich. 

2)  Balbiania  falcatula  n.  sp.  aus  dem  intermuskulären 
Bindegewebe  der  Habia  ludoviciana  Nordamerikas;  Gestalt 
spindelförmig,  Länge  1,3— 3,2  mm,  Breite  0,4  mm,  Cuticula  nicht 
gestreift;  im  ganzen  der  vorigen  Art  ähnlich,  doch  von  dieser  schon 
durch  geringere  Größe  der  Sporen  (0,005 — 0,006  mm)  unterschieden. 

3)  Sarcocystis  falcatula  n.  sp.  aus  den  Muskelfasern  der 

Habia  ludoviciana  Nordamerikas.  Gestalt  spindelförmig,  Länge 
2,4  mm,  Dicke  0,152  mm,  Cuticula  fein  gestreift;  sichelförmige  Körper 
0,006  mm  lang.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

v.  Linsto w,  Zur  Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte 
der  Tänien.  (Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XLI1.  1893.  p.  442 — 459. 
2 Tat.) 

1)  Taenia  ursina  n.  sp.,  gesammelt  von  Krabbe  in  einem 
aus  Rußland  stammenden  und  in  Kopenhagen  gestorbenen  Bären 
(Ursus  arctos)  die  erste  Tänie  aus  dem  genannten  Wirte.  Kopf 
1,106  mm  breit,  mit  4 halbkugelförmigen  Saugnäpfen  und  einem 
doppelten  Kranze  von  26  Haken.  Kalkkörperchen  fehlen  (was  viel- 
leicht auf  Rechnung  der  Behandlung  mit  Reagentien  zu  setzen  ist? 
Ref.);  die  Geschlechtsöffnuugen  sind  randständig  und  unregelmäßig 
alternierend;  ein  Cirrus  soll  fehlen,  der  Cirrusbeutel  vielmehr  nur 
von  einem  einfachen  geraden  Kanäle  durchsetzt  werden;  derselbe  ist 
außen  von  Drüsenzellen  bedeckt,  während  sein  Lumen  nach  außen 
gerichtete  Härchen  trägt  (man  wird  doch  wohl  diesen  Endteil  des 
Vas  deferens  als  Cirrus  bezeichnen  dürfen,  Ref.).  Die  Vagina  ver- 
läuft geradlinig  nach  der  Mitte  der  Proglottis  und  geht  hier  in  ein 
großes  Receptaculum  seminis  über;  auch  ihre  Innenfläche  ist  mit 
nach  außen  sehenden  Borsten  besetzt.  Die  kugelförmigen,  von  dicker 
Schale  umgebenen  „Eier“  halten  0,416  mm  im  Durchmesser. 

2)  Taenia  struthionis  Houtt.,  ebenfalls  von  Krabbe  im 
Darme  von  Struthio  molybdophanes  gesammelt,  bis  620  mm 
lang,  mit  164  Haken  auf  dem  Scheitel  des  Kopfes;  Kalkkörperchen 
finden  sich  nur  in  den  letzten  Proglottiden;  die  Geschlechtsöffnungen 
randständig,  auf  einer  Seite.  Der  Keimstock  in  0,13  mm  großen 
Zellgruppen  durch  die  Markschicht  verteilt,  die  alle  von  dem  großen 
Receptaculum  seminis  vaginae  Aeste  erhalten.  Der  Dotterstock 
ist  klein,  Schalendrüse  fehlt;  ebenso  Uterus;  reife  „Eier“  wurden 
nicht  beobachtet. 

3)  Taenia  serpentulus  Schrank  aus  Corvus  corone; 
ohne  Hals  und  ohne  Kalkkörperchen;  die  Finne  dieser  Art  hat 
v.  Linstow  in  einem  der  häufigsten  unserer  Mistkäfer,  die  mau 
allenthalben  in  Wäldern  auf  den  Wegen  bei  den  Pferdeexkrementen 
findet,  in  Geotrupes  silvaticus  entdeckt;  auch  hier  handelt  es 
sich  um  ein  geschwänztes  Cy sticer coid,  wie  solche  in  den  letzten 
Jahren  von  zahlreichen  Vogeltänien  beobachtet  worden  sind. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 


Tierische  Parasiten.  — Untersuchungsmethoden  etc. 


613 


Ashmead,  W.  H.,  Monographie  der  nordamerikanischen 
Proctotrypiden.  (Bull.  No.  45.  U.  S.  Nat.  Mus.  1893.  472  p. 
18  Tafeln.) 

In  diesem  ausgezeichneten  Werke  beginnt  Ashmead  mit  einer 
kurzen,  aber  genauen  Darstellung  der  äußeren  Morphologie  der 
Insekten,  welche  zu  der  Familie  der  Proctotrypiden  gehören,  nebst 
Bemerkungen  über  ihre  Biologie.  Auf  eine  historische  Uebersicht 
der  von  Haliday,  Westwood  und  Thomson  vorgeschlagenen 
Klassifikation  folgt  ein  Umriß  der  neuen,  von  Ashmead  angegebenen 
Einteilung,  worin  die  Familie  in  10  Unterfamilien  und  zahlreiche 
Genera  und  Species  geteilt  wird,  von  denen  viele  neu  sind.  Zahl- 
reiche analytische  Tafeln  für  Unterfamilien,  Genera  und  Species  mit 
genauen  Darstellungen  jeder  Abteilung  machen  den  Hauptteil  des 
Werkes  aus.  Obgleich  das  Buch  sich  nur  für  eine  Monographie  der 
amerikanischen  Arten  ausgiebt,  so  hat  der  Verf.  doch  alle  Genera 
der  Welt  in  seine  Arbeit  aufgenommen,  worin  viele  amerikanische 
Autoren  seinem  Beispiele  folgen  sollten.  Am  Ende  der  Monographie 
wird  eine  Uebersicht  der  Species  nach  ihren  Wirten  gegeben,  soweit 
diese  Wirte  bekannt  sind,  und  auf  18  Tafeln  wird  wenigstens  eine 
Species  von  jedem  Genus  abgebildet.  Das  ganze  Werk  ist  höchst 
befriedigend  und  enthält  die  Resultate  jahrelanger  geduldiger  Arbeit, 
welche  von  einem  der  tüchtigsten  Entomologen  Amerikas  teils  in 
Washington,  D.  C.,  teils  in  Berlin  (Deutschland)  ausgeführt  wurde. 

Stiles  (Washington,  D.  C.). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Williams,  F.  H.,  Diphtheria  and  other  membranous  af- 
fections  of  the  throat.  (American  Journal  of  Medical 
Sciences.  CVI.  1893.  p.  519.) 

Als  Mittel  zur  Diagnose  von  Diphtherie  greift  der  Verf.  zur 
Prüfung  von  Kulturen  aus  dem  verdächtigen  Rachen.  Zu  diesem 
Zwecke  wird  der  Hals  mit  einem  sterilisierten  Baumwollwischer  aus- 
gerieben und  von  dem  so  gewonnenen  Materiale  werden  Deckglas- 
präparate und  Kulturen  hergestellt.  Derartig  vorgenommene  Prü- 
fungen dienen  nicht  nur  dazu,  die  Diagnose  von  Diphtherie  festzustellen, 
sondern  zeigen  auch,  daß  die  letztere  Krankheit  mit  Scharlachfieber, 
Masern  und  Typhus  zusammenfallen  kann.  So  waren  in  97  Fällen 
von  Scharlachfieber  35  mit  membranösem  Rachen  verbunden  und  von 
diesen  [zeigten  12  durch  die  Anwesenheit  des  Klebs-Loef  fl  er- 
sehen Bacillus  Diphtherie  und  23  Pseudodiphtherie. 

Novy  (Ann  Arbor). 


XV.  Bd. 


39 


614  Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Bernabeo,  Gaetano,  L’autodifesa  d e 1 1 ’ organismo  contro 
i germi  infettivi  i u rapporto  colle  suppurazioni. 
(Anuali  dell’  Istituto  d’Igiene  Speriuientale  di  Roma.  Vol.  III. 
Fase.  4.) 

Verf.  erinnert  daran,  daß  in  der  Schutzwehr  des  Körpers  die 
Leukocyten  eine  wichtige  Rolle  spielen,  lokal  und  allgemein;  die 
hauptsächlichste  Aeußerung  der  lokal  schützenden  Eigenschaften  ist 
der  Phagocytismus.  Die  biologischen  Eigenschaften  der  Leukocyten, 
auf  denen  letzterer  beruht,  finden  eine  weitgehende  Deutung  in  dem 
so  häufigen  und  wichtigen  Suppurationsprozesse,  was  Verf.  weiter  aus- 
führt, die  bekannten  Thatsachen  der  Phagocytose  aufzählend.  Er 
stellt  die  Frage,  welchen  Einfluß  auf  das  allgemeine  Schutzvermögen 
des  Organismus  diese  lokale  Reaktion  gegenüber  den  die  Suppuratiou 
erregenden  Momenten  auszuüben  vermöge.  Er  stellte  sich  die  Auf- 
gabe, zu  untersuchen: 

1)  den  Einfluß  der  Suppuration  auf  die  physio-  und  chemotaktischen 
Eigenschaften  der  Leukocyten; 

2)  ob  die  purulente  Exsudation  Modifikationen  in  der  Leukocytose 
Blutes  herbeiführe; 

3)  welche  Modifikationen  die  eiternden  Oberflächen  in  dem  bakterieu- 
tötenden  Vermögen  des  Blutes  hervorrufen. 

Es  wurden  ausschließlich  Kaninchen  als  Versuchstiere  verwendet 
und  eiternde  Hautflächen  durch  Inokulation  einer  Agarkultur  von 
Staphylococcus  pyogenes  aureus  auf  wund  gemachte  Haut- 
stelleu  (8 — 10  cm)  des  Abdomens  erzielt. 

Für  die  chemotaktischen  Untersuchungen  lehnte  sich  B.  au  die 
erst  von  Pfeiffer,  dann  von  Leber,  Massard  und  Bordet, 
Gabritschewsky  und  Anderen  verwendeten  Methoden  der  Capillar- 
röhrchen  an.  Um  aber  ausgedehnte,  die  Resultate  event.  störende 
Verletzungen  zu  vermeiden,  konstruierte  Verf.  aus  einer  kapillaren, 
auf  einen  dünnen  Glasstab  aufgelöteten  Platinhülse  einen  Träger, 
mittelst  dessen  er  die  mit  sterilisierter  Kultur  von  Staphylo c. 
pyog.  aur.  gefüllte  Glaskapillarröhre  unter  aseptischen  Kautelen  in 
eine  möglichst  kleine  Hauttasche  einführte. 

Die  Kapillarröhren  wurden  je  2,  4 und  5 cm  vom  Rande  der 
eiternden  Fläche,  sowie  am  Rücken  subkutan  appliziert  und  nach  je 
24,  18  und  6 Stunden  entfernt.  In  gleicher  Weise  wurde  an  einem 
Koutrolltiere  ohne  eiternde  Fläche  verfahren. 

Es  zeigte  sich,  daß  bei  einem  eiternden  Kaninchen  in 
der  Nähe  der  Eiterfläche  positive  Chemo taxis  besteht, 
welche  mit  der  Entfernung  von  letzterer  abnimmt. 
Der  Einfluß  der  Dauer  der  Implantation  der  Kapillar- 
röhrchen ist  ein  geringer.  Die  einwandernden  Leukocyten 
sind  meistens  mono-  und  polynucleäre;  sie  waren  mit  Eiterkokken 
erfüllt,  insofern  sie  aus  der  Nabe  der  eiternden  Fläche  stammten. 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  615 


Diese  Resultate  ließen  Verf.  vermuten: 

1)  daß  bei  einem  mit  eiternder  Fläche  versehenen  Kaninchen  eine 
gleich  große  eiternde  Fläche  an  einem  von  ersterer  entfernten 
Punkte  sich  langsamer  und  weniger  intensiv  entwickeln  müsse; 

2)  daß  in  letzterem  Falle  die  zweite  Eiterung  sich  normal  ent- 
wickeln müßte,  wenn  sie  auf  einer  größeren  Fläche  hervorgerufen 
würde; 

3)  daß  ein  Mikroorganismus  mit  positiver  Chemotaxis,  einem  eitern- 
den Kaninchen  inokuliert,  an  einer  von  der  Eiterung  entfernten 
Stelle  unter  gleichen  Bedingungen  sich  schädlicher  erweisen 
sollte,  als  auf  einem  gesunden  Tiere. 

Die  vorstehende  Fragen  verfolgenden  Untersuchungen  ergaben 
das  erwartete  Resultat,  und  es  zeigte  sich  in  einem  Falle, 
wo  der  Verband  abfiel,  das  Versuchstier  die  eiternde  Fläche  am  Ab- 
domen beleckte  und  infolgedessen  letztere  sich  mit  einem  trockenen 
Schorfe  bedeckte,  daß  in  der  Intensität  der  Exsudation 
zweier  gleich  großer,  voneinander  entfernter  eitern- 
der Flächen  ein  Antagonismus  besteht,  indem  im  vor- 
liegenden Falle  die  Eiterung  am  Rücken  bedeutend  zunahm,  als  die 
am  Abdomen  verschwand.  Für  die  Entscheidung  der  dritten  vor- 
stehenden Frage  benutzte  Verf.  Bouillonkulturen  von  Bacterium 
coli  commune,  welche  bei  intraperitonealer  Injektion  eiternde 
Tiere  töteten,  während  die  mit  gleicher  Dose  behandelten  Kontrolliere 
nicht  oder  später  eingingen.  Verf.  weist  darauf  hin,  daß  obige  experi- 
mentell erhärteten  Erscheinungen  der  Chemotaxis  die  Erfolge  mancher 
althergebrachter  therapeutischer  Maßnahmen,  wie  der  Fontanellen,  Haar- 
seile, Vesikantien  u.  s.  w.  wissenschaftlich  zu  erklären  imstande  seien, 
und  glaubt  schließen  zu  dürfen,  daß  in  Fällen,  wo  Entzündung  das 
für  den  Körper  schädlichste  bemerkbare  Moment  ist,  durch  Erzeugung 
einer  heftigeren  Entzündung  (von  größerem  chemotaktischem  Ver- 
mögen) an  mehr  oder  weniger  entfernter  Körperstelle  die  Leukocyten 
veranlaßt  werden,  von  dem  Orte  geringerer  Anziehungskraft  gegen 
denjenigen  größerer  Anziehungskraft  hin  sich  zu  bewegen.  Die  oben 
erwähnten  mikroskopischen  Befunde  des  Inhaltes  der  Kapillarröhrchen 
— zahlreiche  mono-  und  polynukleäre,  spärliche  eosinophile  und 
lymphoide  Zellen  — bestätigten  von  neuem  die  hohen  physiotaktischen 
und  phagocytischen  Eigenschaften  der  ersteren  Zellenarten,  die  ge- 
ringen dagegen  der  zweiten. 

Bei  der  Erörterung  der  Frage,  welche  Modifikationen  lokale 
Suppuration  in  der  Leukocytose  des  Blutes  herbeiführe,  erwähnt  Verf. 
die  Untersuchungen  über  entzündliche  Leukocytose  von  Tumas, 
Beckmann,  Kalla,  Jaksch,  Limbeck  und  P ee,  dann  aus  der 
römischen  inneren  Klinik  und  der  von  Genua,  welche  in  den  exsu- 
dativen Prozessen,  wie  namentlich  der  krupösen  Pneumonie,  deut- 
liche Leukocytose  konstatierten,  während  namentlich  Limbeck  und 
Pee  solche  bei  Typhus,  Malaria  und  Tuberkulose  leugneten. 

Verf.  stellte  Untersuchungen  darüber  an,  welches  die  Modifi- 
kationen der  Zahl  der  Leukocyten  im  Blute  eines  mit  Eiterung  be- 
hafteten Kaninchens  sind  und  welche  Varietät  von  Leukocyten  in  der 
Zahl  Alterationen  erfährt.  Die  Zählung  der  Leukocyten  am  dritten  bis 

39» 


616  Schutzimpfang,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmnng  etc. 


zehnten  Tage  der  Eiterung  ergab  eine  Vermehrung  von  12500  auf 
18000  bis  19000  pro  cmm  Blut.  Mit  der  Heilung  unter  Schorf  nach 
Abnahme  des  Verbandes  verschwand  diese  Leukocytose  nach  und 
nach. 

Verf.  möchte  in  diesem  Falle  die  Theorie  von  Löwit  zur  Er- 
klärung der  Leukocytose  heranziehen,  wonach  zum  Ausgleiche  des  Ver- 
lustes des  Blutes  an  Leukocyten  ein  um  so  höherer  Zufluß  an  solchen  vor- 
übergehend aus  den  blutbildenden  Organen  stattfindet;  er  betont  aber 
nochmals,  daß  dieses  Ersatzmaterial  vermindertes  chemotaktisches 
Vermögen  besitze  und  deshalb  den  Körper  gegen  eiue  Infektion  an 
einer  von  der  eiternden  Fläche  mehr  oder  weniger  entfernten  Stelle 
weniger  schütze.  Färbungen  der  Leukocyten  vor  und  während  der 
durch  Eiterung  erzeugten  Leukocytose  ließen  erkennen,  daß  die 
Leukocytose  auf  Rechnung  der  mono-  und  polynukleären  Elemente 
stattfindet. 

Durch  die  Angabe  von  Hankin,  daß  zwischen  Veränderungen 
der  Leukocytose  und  dem  baktericiden  Vermögen  des  Blutes  ein 
inniger  Zusammenhang  stattfinde  und  daß  die  von  den  eosinophilen 
Zellen  stammenden  Alexine  Büchner’ s dem  Blute  diese  Eigenschaft 
verleihen,  sah  sich  Verf.  veranlaßt,  das  mikrobicide  Verhalten  des 
Blutes  von  Kaninchen  mit  Eiterung  zu  prüfen,  um  so  mehr,  als  seine 
Untersuchungen  die  eosinophilen  Zellen  bei  der  Leukocytose  hatten 
spärlich  erscheinen  lassen. 

Er  verwendete  die  von  Giaxa  und  Guarneri  modifizierte 
Buchner’sche  Methode  zur  Prüfung  der  baktericiden  Kraft  des 
Blutes  von  Kaninchen,  die  er  5 und  15  Tage  einer  lokalen  Eiterung 
unterworfen  hatte.  Es  ergab  sich  keine  merkliche  Differenz  für  das 
Blutserum  der  Versuchstiere  im  Vergleiche  mit  dem  gesunder  Tiere. 
Verf.  nimmt  daher  an,  daß  bei  vorhandener  Eiterung  der  Organismus 
gegen  eine  Allgemeininfektion  in  höherem  Grade  reagieren  könne 
nur  durch  das  phagocy tische  Vermögen  des  Blutes  mittelst  Ver- 
mehrung der  mono-  und  polynukleären  Leukocyten  im  Kreisläufe,  in- 
sofern wenigstens  deren  chemotaktisches  Vermögen  nicht  vermin- 
dert sei. 

Die  Resultate  des  Verf.’s  würden  also  die  Hypothese  von 
Hankin  nicht  stützen.  Er  erinnert  daran,  daß  auch  andere  Autoren, 
wie  Ehrlich,  nicht  mit  Hankin  übereinstimmen. 

Das  Resultat  seiner  Arbeit  faßt  Verf.  in  folgenden  Sätzen  zu- 
sammen : 

Eine  eiternde  Fläche  vermindert  in  einer  gewissen  Distanz  von 
ihren  Rändern  die  physiochemotaktischen  Eigenschaften  der  Leuko- 
cyten. 

Die  Eiterung  kann  die  Widerstandskraft  des  Organismus 
gegenüber  einem  anderen  infektiösen  Mikroorganismus  vermindern, 
welch  letzterer  den  Körper  an  einem  mehr  oder  weniger  von  der 
Eiterung  entfernten  Punkte  bedroht. 

Der  Körper  versieht  sich  bei  stärkerem  Bedarfe  an  Leukocyten 
und  daheriger  relativer  Verarmung  des  Blutes  an  solchen  durch  Er- 
höhung der  Leukocytose. 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungsliemmung  etc,  ß!7 


Diese  Leukocytose  übt  keinerlei  Einfluß  aus  auf  die  bakterien- 
tötende Kraft  des  Blutes  außerhalb  des  Organismus. 

H.  Kerez  (Rom). 

de  Griaxa,  V.  e Lenti,  P.,  Sulla  virulenza,  sul  contenuto 
d’azota  e sul  reciproco  potere  immunizzante  del 
bacillo  del  colera  a seconcta  della  varia  provenienz a. 
[Hygien.  Institut  zu  Neapel.]  (Annali  dell’  Istituto  d’Igiene  speri- 
mentale  di  Roma.  Vol.  III.  Fase.  4.) 

In  der  Einleitung  erinnert  Verf.  an  den  Standpunkt  Douglas  - 
Cunninghara’s,  welcher  die  Spezifität  des  Koch ’schen  Bacillus 
bestreitet  und  annimmt,  daß  verschiedene,  jedoch  manche  Ueberein- 
stiinmung  zeigende  Species  von  Vibrionen  imstande  seien,  asiatische 
Cholera  zu  erzeugen.  Verf.  möchte  aber  auf  Grund  alles  heutigen 
Wissens  über  Spezifität  und  Biologie  der  bekannten  infektiösen  Mikro- 
organismen und  die  Identität  sowie  Variabilität  der  von  letzteren 
erzeugten  Krankheiten,  die  Möglichkeit  nicht  von  der  Hand  weisen, 
daß  ein  Keim,  ohne  seine  Spezifität  einzubüßen,  sich  modifizieren 
und  seine  pathologischen  Wirkungen  mildern  könne.  Das  Studium 
der  Bedingungen,  unter  denen  dies  geschieht,  ist  für  Hygiene  und 
Pathologie  von  großer  Bedeutung,  namentlich  mit  Bezug  auf  den 
Cholerabacillus,  den  Erreger  so  variabler  Epidemieen. 

Nachdem  nach  Cunningham  eine  Reihe  anderer  Forscher,  die 
Verf.  anführt,  die  Verschiedenheit  des  Cholerabacillus  in  seiner 
Morphologie  und  Virulenz  je  nach  Provenienz  und  Kultur  konstatiert 
hatten,  hat  kürzlich  Metschnikoff,  nachdem  er  hervorgehoben, 
daß  beim  gegenwärtigen  Stande  der  Bakteriologie  die  Vibrionen  nicht 
als  eine  gut  definierte  Species  erscheinen,  die  Verschiedenheit  dreier 
Cholerabacillen  verschiedener  Provenienz  beschrieben. 

Die  Wichtigkeit  dieser  Thatsache  veranlaßte  Verf.,  welcher  im 
Besitze  von  5 Cholerakulturen  verschiedenen  Ursprungs  war,  den 
Gründen  dieser  Erscheinung  nachzugehen,  und  er  stellte  Unter- 
suchungen an,  um  folgende  Momente  festzustellen: 

1)  Die  Virulenz  der  einzelnen  Kulturen  auf  Versuchstieren. 

2)  Das  Verhältnis  der  Virulenz  und  des  Stickstoffgehaltes  der 
nämlichen  Bakterien. 

3)  Die  Grenze  und  die  Intensität  des  Stoffwechsels  der  einzelnen 
Bakterien  in  Beziehung  zu  ihrer  Virulenz. 

4)  Der  Verbrauch  an  Stickstoff  in  Beziehung  zur  Intensität  des 
Stoffwechsels  und  der  Virulenz. 

5)  Das  gegenseitige  immunisierende  Vermögen  der  verschiedenen 
Kulturen. 

Die  verschiedenen  Kulturen  stammten  von  Massaua,  Hamburg 
(1892),  Paris  (1892)  und  Neapel,  wovon  eine  von  einer  im  Okto- 
ber 1892  in  der  Stadt  (A),  die  andere  von  einer  auf  einem  Schiffe 
im  Hafen  von  Neapel  im  November  1892  vorgekommenen  Cholera- 
erkrankung stammte  (B). 

Die  morphologischen  Eigentümlichkeiten  der  verschiedenen 
Bacillen  bei  Züchtung  auf  künstlichem  Nährboden  betreffend,  be- 
merkten Verff.  ein  schnelleres  Wachstum  beim  Bacillus  von 


(J18  Schutzimpfung,  kiinsti.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Massaua,  als  bei  den  anderen  und  unter  letzteren  entwickelte  sich 
der  von  Paris  stammende  am  langsamsten,  ebenso  waren  Trübung 
und  Kahmhautbildung  am  promptesten  und  intensivesten  bei  den 
Bouilloukulturen  des  Massauabacillus,  dann  bei  deueu  von 
Hamburg,  am  wenigsten  beim  Pariser,  wo  oft  die  Kahmhautbilduug 
ausblieb.  Bei  den  Agarkulturen  konnten  keine  bemerkenswerten 
Differenzen  konstatiert  werden  außer  die  bereits  von  Hammerl 
beobachtete  Eigentümlichkeit  der  Agarkultur  des  Hamburger 
Bacillus.  Verff.  können  aber  die  Angabe  Hamme  rl’s  nicht  be- 
stätigen, daß  nämlich  die  Ueberimpfung  von  solchen  Kulturen 
meistens  mißlinge.  Auftreten  und  Intensität  der  Indolreaktion 

hielten  Schritt  mit  der  Schnelligkeit  der  Entwickelung  der  flüssigeu 
Kulturen;  beim  Massauabacillus  war  sie  nach  2—3  Tagen  in- 
tensiv, bei  den  Kulturen  von  Hamburg  und  den  beiden  von  Neapel 
am  3. — 4.  Tage,  bei  der  Pariser  Kultur  nach  5—6  Tagen.  In  einzelnen 
Fällen,  besonders  von  dem  Falle  aus  der  Stadt  Neapel  (A)  stam- 
menden , blieb  die  Reaktion  auch  in  mehr  als  8 Tage  alten 
Kulturen  aus. 

Konstant  zeigte  es  sich,  daß  die  Indolreaktion  um  so  prompter 
und  intensiver  auftrat,  je  mehr  die  Kulturen  mit  dem  Sauerstoffe  der 
Luft  in  Berührung  waren.  Es  bestätigte  sich  die  Angabe  Sei  avo’s, 
daß  eine  nicht  so  hohe  Temperatur,  jedenfalls  unter  30°  C,  die  Re- 
aktion begünstigt.  Die  Bacillen  von  Bouillon-  und  Agarkultureu  von 
Hamburg  und  Neapel  zeigten  gebogene  und  zugleich  feinere,  zier- 
lichere Formen,  diejenigen  von  Massaua  und  Paris  waren  dicker 
und  mehr  gerade.  Bei  Bacillen  von  Agarkulturen  waren  diese  Unter- 
schiede nicht  so  ausgesprochen.  In  den  Kulturen  des  Massaua- 
bacillus herrschte  die  Neigung,  lange  Fäden  zu  bilden,  sehr  vor 
uud  in  gefärbten  Präparaten  zeigte  derselbe  fast  immer  in  seinem 
Centrum  einen  ungefärbten  Punkt. 

Behufs  Prüfung  der  Virulenz  wurden  3-tägige  Kulturen  in 
Bouillon  (aus  1 Teil  Färsenfleisch  und  2 Teilen  Wasser  unter  Zusatz 
nach  der  Neutralisation  von  1 Proz.  Pepton,  V2  Proz.  Kochsalz  uud 
0,3  Proz.  Soda  genommen)  verwendet,  welche  von  den  Originalagar- 
kulturen durch  Gelatinekulturen  hindurch  überimpft  worden  waren 
und  bei  einer  Temperatur  von  25—30°  C gehalten  wurden.  Verff. 
verfolgten  dieses  Verfahren,  weil  ihnen  die  genaue  Dosierung  leichter 
erschien,  als  bei  Injektion  von  Aufschwemmungen  von  Agarkultureu 
in  Wasser  oder  Bouillon,  wie  sie  Pfeiffer  und  Koch  empfahlen. 
Die  Injektionsmenge  richtete  sich  nach  dem  Gewichte  des  Tieres. 
Es  wurden  Meerschweinchen  verwendet  und  die  Injektion  intraperitoneal 
gemacht. 

Mit  einer  Injektionsmenge  von  1,5  Proz.  des  Körpergewichtes 
beginnend  uud  solche  je  nach  den  Resultaten  modifizierend,  stellten 
Verff.  folgende  Virulenzverhältnisse  fest:  Massaua  0,2— 0,3  Proz., 
Hamburg  1 — 1,5  Proz.,  Paris  2 — 3 Proz.  Neapel  A 1 — 1,5  Proz., 
Neapel  B 1,2 — 1,5  Proz.,  wobei  die  ersten  Zahlen  die  geringste 
Menge  von  Iujektionsflüssigkeit  angeben,  welche  nötig  war,  um  den 
Tod  innerhalb  24  Stunden  sicher  herbeizuführen,  während  die  Limite 


Schutzimpfung,  kttnstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  (ff9 


zwischen  beiden  Zahlen  wohl  der  individuell  schwankenden  Resistenz 
der  verschiedenen  Versuchstiere  zuzuschreiben  ist. 

Verff.  stelten  ferner  Untersuchungen  darüber  an,  ob  die  Kon- 
servierung von  Kulturen  durch  in  bestimmten  Abständen 
stattfindeude  Ueberimpfungen  auf  künstliche  Nährböden 
deren  Virulenz  beträchtlich  modifiziere. 

Zu  diesem  Zwecke  wurden  die  einzelnen  Kulturen  je  alle  5 Tage 
in  Gelatine  übergeimpft  und  nach  4 Monaten  von  der  Gelatine  in 
Bouillon  abgeimpft,  um  wiederum  die  3-tägigen  Bouillonkulturen  zur 
Injektion  der  Versuchstiere  zu  verwenden.  Es  stellte  sich  Er- 
höhung der  Virulenz  sämtlicher  Kulturen  außer  der 
von  Massauaheraus;  die  Differenzen  der  verschiedenen  Kulturen 
verringerten  sich  dabei.  Die  Kultur  von  Massaua  vermochte  nur 
noch  bei  0,6  Proz.  des  Körpergewichtes  sicher  das  letale  Ende  her- 
beizuführen, während  die  Neapolitaner  Kultur  B dies  jetzt  schon 
bei  0,4  Proz.  vermochte. 

Zum  Studium  des  Verhältnisses  zwischen  Virulenz  und  Stick- 
stoffmenge übergehend,  erinnern  Verff.  daran,  daß  die  giftigen 
Stotfwechselprodukte  oder  Strukturbestandteile  der  Bakterien,  welchen 
man  die  verschiedenen  Virulenzgrade  zuschreibt,  von  den  meisten 
Autoren  zu  den  stickstoffhaltigen,  und  zwar  zu  den  Proteinsubstanzen 
gerechnet  werden.  Es  könnte  daher  der  Grad  der  Virulenz  vom 
Stickstoffgehalte  abhängig  sein,  wenn  auch  zugegeben  werden  muß, 
daß  die  Giftigkeit  nicht  nur  von  der  Quantität,  sondern  auch  von 
der  molekularen  Lagerung  der  stickstoffhaltigen  Körper  bedingt  sein 
könnte,  oder  endlich  durch  eine  besondere,  im  Verhältnis  zu  den 
gesamten  Stickstoffverbindungen  des  Bakteriums  nur  in  geringer 
Menge  vorhandenen  Substanz. 

Verff.  bedienten  sich  nach  dem  Vorgänge  von  Cr  am  er  der 
alkalischen  Agarkultur  (2  Proz.)  zu  diesen  Versuchen,  um  die 
Bakterienkörper  möglichst  frei  von  ihren  Produkten  zu  erhalten. 
Die  schiefen  Agarflächen  wurden  je  mit  3 Tropfen  48-stündiger 
Bouillonkulturen  geimpft  und  da  vor  der  Impfung  das  Kondenswasser 
durch  Einstellung  in  den  Brütschrank  bei  37°  C während  48  Stunden 
möglichst  entfernt  war,  dann  während  48  Stunden  bei  28 — 30°  C 
horizontal  aufbewahrt,  daun  wurden  die  Kulturen  mit  einer  Platin- 
sonde von  der  Agarfläche  abgekratzt,  ohne  letztere  zu  verletzen,  und 
in  Platinschälchen  während  4 Stunden  in  ein  Wasserbad  von 
100°  C gebracht,  dann  für  11  Stunden  in  den  Exsiccator. 

Hierauf  wurden  die  Schälchen  gewogen  und  der  Stickstoff  nach  der 
von  Gunning  modifizierten  Methode  von  Kjeldal  bestimmt.  Die 
gefundenen  Zahlen  zeigen,  daß  die  Stickstoffmenge  für  die 
verschiedenen  Bacillen  variiert,  daß  kein  Zusammen- 
hang zwischen  solcher  und  der  Virulenz  besteht.  Die 
virulenteren  Massauabacillen  zeigten  einen  mäßigen  Stickstoffgehalt. 
Der  Letztere  wechselte  bei  zu  verschiedenen  Zeiten 
vorgenommenen  Untersuchungen  des  nämlichen, 
unter  gleichen  Bedingungen  gezüchteten  und  gehal- 
tenen Bacillus. 

Es  erschien  Verff.  ferner  wichtig,  Grenzen  und  Intensität  des  Stoff- 


620  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Wechsels  der  verschiedenen  Cholerabacillen  zu  vergleichen,  sie  mußten 
sich  darauf  beschränken,  den  Zusammenhang  zwischen  dem  Verbrauch 
fester  Stoffe  durch  die  verschiedenen  Bacillen  und  ihrem  Virulenz- 
grade zu  erforschen,  sowie  in  welcher  Progression  dieser  Verbrauch 
zu  verschiedenen  Zeiten  der  Kultur  sich  halte.  Es  wurde  der 
Trockeurückstaud  der  Bouillon  von  4 Reagenzgläsern  bestimmt  und 
sodann  je  derjenige  gleicher  Menge  von  Bouillonkulturen  der  ver- 
schiedenen Cholerabacillen  und  zwar  60  Stunden,  8 Tage  und  15  Tage 
nach  Anlegung  der  Kulturen. 

Es  ergaben  si  c h geri  nge  D if  f e r e nz  e n s o w o hl  i n de  m 
Verbrauche  an  Trockensubstanz  durch  die  verschie- 
denen Bacillen,  als  auch  in  der  Zunahme  desKonsums 
mit  der  Zeit.  Bei  allen  Bacillenarten  nahm  aber  der  Konsum 
direkt  proportional  mit  dem  Alter  der  Kultur  zu.  Ein  Zusammenhang 
zwischen  Größe  des  Konsums  und  dem  Virulenzgrade  konnte  nicht 
festgestellt  werden,  durch  weitere  Untersuchungen  zeigte  es  sich, 
daß  mit  der  Abnahme  der  Trock  en  Substanz  auch  die 
S tic  ks  to  f f m eng  e abnimmt,  jedoch  ohne  daß  zwischen 
diesem  Verbrauche  von  Stickstoffund  dem  Virulenz- 
grade ein  Zusammenhangbestünde;  solcherhängtauch 
nicht  von  dem  Gehalte  der  einzelnen  Bacillen  an 
Prote'insubstanzen  ab. 

Für  die  älteren  Kulturen  kann  man  den  Schluß  ziehen,  daß  das 
Verhältnis  des  Gesamtverbrauches  und  des  Stickstoffkonsums  sich 
in  gewissen  Grenzen  erhalten,  so  daß  die  beiden  Zahlen  sich  etwa 
wie  6 — 10  : 100  verhalten,  während  bei  den  jüngeren  Kulturen  von 
60  Stunden  der  Stickstoffverbrauch  relativ  beträchtlicher  ist. 

Um  das  gegenseitige  Immunisierungsvermögen  der  verschiedenen 
Cholerabacillen  festzustellen,  wurden  Meerschweinchen  mit  der 
1 */2  — 2-fachen  letalen  Dose  der  Kultur  einer  der  5 Bacillenarten 
geimpft,  nachdem  5 Tage  zuvor  die  halbe  tödliche  Dose  eines  der 
anderen  Bacillen  behufs  Immunisierung  inokuliert  worden  war. 

Es  zeigte  sich,  daß,  wenn  man  ein  der  verschiedenen  Virulenz 
entsprechendes  konstantes  Verhältnis  zwischen  den  prozentualischen 
Dosen  der  behufs  Immunisierung  den  Tieren  injizierten  verschiedenen 
Kulturen  beibehält,  ein  beständiges  gegenseitiges  Immuni- 
sier ung  s ver  m ögen  von  Cholerabacillen  verschiedener 
Provenienz  innewohnt. 

Am  Ende  der  Arbeit  rekapitulieren  die  Verff.  die  Resultate 
ihrer  Untersuchungen,  wie  sie  sich  bereits  oben  wiedergegeben  finden. 

H.  Kerez  (Rom). 

Pannwitz,  Der  Desinfektionsapparat  als  Haushaltungs- 
gegenstand. (Deutsche  med.  Wochenschr.  1893.  No.  51.) 

Verf.  empfiehlt,  die  Durchführung  einer  Dampfdesinfektion  auch 
in  den  Einzelhaushaltungen  durch  Beschaffung  eines  nur  mit  kleinen 
Abänderungen  zu  versehenden  Kessels  mit  Brausevorrichtung  (auto- 
matische Waschkessel)  für  die  Wäsche  zu  ermöglichen.  Solche  Kessel 
haben  einen  doppelten  Boden.  Der  untere  Teil  des  Behälters  nimmt 
das  Wasser  auf,  der  obere  hat  infolge  doppelter  Wandungen  einen 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  621 


besonderen  Innenraum  für  die  Wäsche;  in  seinem  äußeren  Raume  steigen 
der  Innenwand  anliegend  Röhren  auf,  welche  in  der  Nähe  des  Deckels 
in  den  Innenraum  münden  und  daher  das  beim  Kochen  in  ihnen  aus 
dem  unteren  Teile  des  Kessels  empordringende  Wasser  von  oben  her 
auf  die  Wäsche  ergießen;  durch  feine  Oeffnungen  an  den  unteren 
Teilen  der  Wandungen  des  Innenraumes  fließt  dann  das  Wasser, 
nachdem  es  die  Wäsche  durchdrungen  hat,  wieder  in  das  untere  Re- 
servoir  zurück,  um  dort  von  neuem  zum  Sieden  gebracht  zu  werden. 
Der  letztbezeichneten  Oeffnungen  gegenüber  befindet  sich  ein  kleiner 
Hahn  zum  Ablassen  überschüssigen  Dampfes.  Wird  nun  der  Deckel 
eines  solchen  Kessels  durch  Filz  oder  dergleichen  gut  gedichtet  und 
mit  Schlußklammern  versehen,  so  kann  dieser  Apparat  auch  zur  Des- 
infektion verwendet  werden.  Das  Wasserreservoir  wird  nur  soweit  ge- 
füllt, daß  in  die  Röhren  zwar  Dampf,  aber  kein  Wasser  eintreten 
kann.  Der  Dampf  strömt  daher  von  oben  in  die  Desinfektionskammer 
(den  Innenraum)  ein  und  verdrängt  die  Luft  durch  die  Löcher  bezw. 
den  Dampfhahn  nach  außen.  Seine  Temperatur  beträgt,  wie  der 
Verf.  durch  Versuche  festgestellt  hat,  100°  C.  Bei  gutem  Schluß 
des  Deckels  und  teilweisem  Schluß  des  Dampfhahnes,  auch  durch 
Ueberlegen  feuchter  Tücher  auf  den  Deckel  läßt  sich  ein  Ueberdruck 
erzielen.  Durch  Umhüllung  der  Desinfektionsgegenstände  und  Ein- 
fügen einer  Siebplatte  im  Innenraume  wird  die  Durchfeuchtung  der 
ersteren  mit  Kondenswasser  vermieden.  Kübler  (Berlin). 

Lacour-Eymard,  M.,  Exp6riences  sur  le  filtre  Chamber- 
land, Systeme  Pasteur  ä nettoyeur  m^canique  O. 
Andr6.  (Revue  d’Hygiene  et  de  pol.  san.  1893.  No.  6.) 

Die  Untersuchungen  sind  die  Fortsetzung  einer  Arbeit  desselben 
Autors:  Recberches  chimiques  et  bacteriologiques  sur  les  boues  des 
filtres  Chamberland  (Rev.  d’Hyg.  1892.  No.  6.  p-  465)  und  erstrecken 
sich  auf  chemische  und  bakteriologische  Prüfung  des  Chamberland- 
filters System  Andr6,  welcher  bereits  Rev.  d’Hyg.  1892.  No.  6. 
p.  535  genau  beschrieben  ist.  Besonders  wichtig  ist  bei  diesem 
Systeme  der  Zusatz  eines  indifferenten  Pulvers  — poudre  d’entretien 
— , welches  vom  oberen  Teile  des  Filters  aus  einem  Behälter  dem 
Filterbassin  zuläuft,  die  Oberfläche  der  Kerzen  mit  einer  durchlässigen 
Schicht  überzieht,  eine  Ansammlung  von  Schmutz  an  den  Kerzen  ver- 
hindert und  so  die  Reinigung  derselben  mittelst  des  Reinigungsappa- 
rates — nettoyeur  — erleichtert.  Betreffs  dieses  „poudre  d’entretien“ 
fand  Verf.,  daß  er  in  keiner  Weise  die  chemische  Zusammensetzung 
des  Wassers  verändert,  nur  etwa  1/,0  der  im  Wasser  gelösten  Gase 
absorbiert;  auch  wurde  kein  Einfluß  des  Pulvers  auf  den  Bakterien- 
gehalt des  Wassers  nachgewiesen.  Der  ebenfalls  von  Andr6  ange- 
gebene Druckregulator  ermöglicht  die  Lieferung  keimfreien  Wassers 
bis  zu  10  Tagen,  sobald  nur  der  Druck  — 1 oder  2 Atmosphären 
— der  gleiche  bleibt.  Die  Sterilisation  des  Filters"  muß  alle  10  Tage 
erfolgen,  und  zwar  besser  durch  Alkohol  und  Alaun,  als’durch  Hitze, 
schon  der  geringeren  Kosten  wegen.  Wenn  auch  die  Filter  ohne 
jede  „Reinigung“  10  Tage  lang  keimfreies  Wasser  lieferten,  so  wird 
doch  durch  häufiger  vorgenommene  Reinigungen  die  Leistungsfähigkeit 
des  Filters  erhöht.  Lösener  (Berlin). 


622  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Kirchner,  0.,  Ueber  die  Behandlung  des  Saatgetreides 
mit  warmem  Wasser  als  Mittel  gegen  den  Flug-  und 
Steinbrand.  (Zeitschrift  f.  Pflanzenkrankheiten.  1893.  Heft  1. 
p.  2 — 15.) 

Verf.  schildert  einleitend  den  augenblicklichen  Stand  der  an- 
gezogenen Frage,  berichtet  alsdann  über  eine  Reihe  eigener  Versuche 
und  zieht  endlich  die  sich  aus  deren  Resultate  ergebenden  Schlüsse. 

Von  Jensen  wurden  im  Jahre  1888  Untersuchungen  über  den 
Brand  des  Getreides  veröffentlicht,  in  denen  derselbe  als  Mittel  gegen 
denselben  an  Stelle  des  bisher  üblichen  Einbeizens  mit  Kupfervitriol 
eine  Behandlung  des  Saatgutes  mit  warmem  Wasser  empfahl. 
Durch  das  5 Minuten  dauernde  Eintauchen  in  Wasser  von  52 — 60°  C 
waren  die  Brandsporen  meist  vollständig  vernichtet  und  keinerlei 
nachteiliger  Einfluß  auf  die  Körner  selbst  ausgeübt,  so  daß  auch 
einige  Anbauversuche  in  freiem  Lande  ein  günstiges  Resultat  lieferten. 

Dem  gegenüber  wurden  von  Kühn,  welcher  die  Methode  nicht 
als  ganz  zuverlässig  betrachtet,  Bedenken  geäußert  und  insbesondere 
auf  die  Schädi gu n g der  Keimfähigkeit  des  Saatgutes  (Gerste) 
durch  eine  derartige  Behandlung  hingewiesen.  Von  dieser  Seite 
wurde  somit  dem  Einbeizen  das  Wort  geredet,  und  das  mag  bewirkt 
haben,  daß  auch  in  Deutschland  weitere  Versuche  mit  jener  nicht 
angestellt  wurden,  während  solche  in  anderen  Ländern  (Dänemark, 
Schweden,  Holland,  den  Vereinigten  Staaten,  Ungarn)  mit  günstigem 
Erfolge  unternommen  siud.  Es  ergeben  das  die  Veröffentlichungen 
von  Eriksson,  Kellermann  undSwingle  sowie  Li nhard  und 
Mezey,  die  ausführlicher  vom  Verf.  im  Original  herangezogen 
werden  und  in  betreff  deren  Ergebnisse  auf  dieses  zu  verweisen  ist. 

Die  Herabsetzung  der  Keimfähigkeit  des  Kühn’schen  Saat- 
materiales dürfte  voraussichtlich  auf  die  sehr  lange  Verquellung 
(12  statt  4 Stunden)  desselben  zurückzuführen  und  somit  dessen 
Resultate  nicht  einwurfsfrei  sein.  Trotzdem  erachtet  es  Verf.  in 
Hinblick  auf  die  in  Deutschland  wenig  bekannt  gewordenen  Unter- 
suchungen der  ausländischen  Forscher  für  wünschenswert,  die  Frage 
der  Warmwasserbehandlung  des  Saatgutes  einer  erneuten  Prü- 
fung zu  unterwerfen,  und  solche  bezog  sich  alsdann  einmal  auf  die 
Widerstandsfähigkeit  der  Sporen  von  Ustilago  avenae 
Rostr.  gegen  die  Wärme,  weiterhin  aber  auf  die  Beeinflussung 
des  Saatmateriales  durch  eine  Temperatur  in  derselben 
Höhe.  Versuchsanstellung  wie  andere  Einzelheiten  mögen  hier  über- 
gangen werden  und  nur  die  Resultate  in  den  Hauptzügen  Platz  finden. 

Diese  ergaben  mit  Sicherheit,  daß  eine  5 Minuten  lange  Ein- 
wirkung eines  Wassers  von  54,5 — 56°  C zur  Vernichtung  der 
Keimfähigkeit  der  Flugbrandsporen  des  Hafers  ausreicht,  solche  aber 
die  Keimfähigkeit  der  Saat  nur  un merklich  alteriert. 
Um  ein  geringes  blieb  solche  allerdings  beim  Weizen  und  Roggen 
hinter  jener  der  unbehandelten  zurück,  während  aber  andererseits  Hafer 
und  Gerste  sogar  eine  günstige  Beeinflussung  derselben  wie  auch  der 
Keimungsenergie  aufwiesen.  Wennschon  auf  letzteres  ein  besonderes 
Gewicht  nicht  zu  legen  ist,  so  sei  doch  darauf  hingewiesen,  daß  die 
gleiche  Erscheinung  für  Hafer  bezw.  Gerste  bereits  von  Keller- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  023 


mann  und  Swingle,  Linhard  und  Mezey  sowie  von  Jensen 
beobachtet  wurde.  Für  die  Richtigkeit  der  theoretischen  Grundlage 
des  Jensen’schen  Verfahrens  war  damit  ein  neuer  Beweis  geführt, 
und  Verf.  unternahm  nunmehr  noch  einen  Anbauversuch  in 
kleinerem  Maßstabe  zwecks  Feststellung  des  Einflusses  jener  Behand- 
lung — deren  Dauer  hier  bis  auf  15  Minuten  verlängert  wurde  — 
auf  das  Verhältnis  zwischen  gesunden  und  kranken  Pflanzen  bei  der 
Ernte.  Es  wurden  dazu  die  stark  mit  Brandstaub  (Tilletia  Tritici 
Wint.)  verunreinigten  Körner  einer  im  Vorjahre  geernteten  unbespelzten 
Getreideart  (Weizen)  benutzt  und  die  im  weiteren  Verfolg  erzielten 
Ergebnisse  genau  aufgezeichnet. 

Es  geht  daraus  hervor,  daß  bezüglich  der  Unterdrückung  des 
Brandes  der  Erfolg  der  Behandlung  des  Saatgutes  mit  warmem 
Wasser  ein  sehr  guter  war,  da  sowohl  die  Zahl  der  brandigen 
A ehren  wie  die  der  Stöcke  dadurch  auf  ein  sehr  Geringes 
herab  ging  (von  5 bez.  10  Proz.  auf  Bruchteile  von  Prozenten) 
und  der  Erfolg  dem  des  Einbeizens  mit  Kupfervitriol  gleichkam. 
Auch  auf  die  Gesamtentwickelung  und  den  Ernteertrag  der  Pflanzen 
hatte  die  Warmwasserbehandlung  keinen  ungünstigen  Einfluß,  denn 
gerade  das  am  längsten  (15  Min.)  derselben  ausgesetzt  gewesene 
Saatgut  lieferte  die  besten  Resultate.  Eine  genauere  Untersuchung 
der  Stöcke  ergab  noch,  daß  die  Länge  der  brandigen  Halme 
durchgehend  bedeutend  geringer  war,  während  ihre  Bestockung 
die  der  gesunden  übertraf.  Brandige  und  gesunde  Aehren  waren 
in  verschiedenen  Verhältnissen  an  demselben  Stocke  vorhanden, 
während  die  einzelne  Aehre  wenigstens  doch  vorwiegend  kranke 
Körner  enthielt. 

In  Hinblick  auf  diese  den  günstigen  Erfolg  des  Jensen’schen 
Verfahrens  bestätigenden  Versuche  wirft  Verf.  zum  Schlüsse  die 
Frage  auf,  ob  dasselbe  der  Kupfervitriolbeize  nicht  vorzuziehen  und 
schildert  dann  des  Wichtigste  aus  den  Vorschriften,  wie  sie  von  den 
obengenannten  Forschern  gegeben  wurden,  unter  gleichzeitigem  Hin- 
weise auf  einige  Vereinfachungen  auf  Grund  der  neuerdings  noch 
gemachten  Beobachtungen.  Wehm  er  (Hannover). 


Berichtigung 

In  No.  10/11.  Bd.  XV  dieses  Centralbl.  p.  362  Zeile  16  von  unten  lies  „die  von 

ihm  gefundenen  Exemplare“  statt  „das  von  ihm  gefundene  Exemplar“,  Zeile  10  von 

unten  „Einige  wurden  präpariert  und  eine  Schnittserie  wurde  nachher  graphisch  wieder 
rekonstruiert,  so  daß  die  grobe  Anatomie  außer  Zweifel  gesetzt  wurde“  statt  „Einige 
wurden  präpariert  und  ein  zerschnittener  wurde  graphisch  wieder  zusammengesetzt,  so 
daß  die  grobe  Anatomie  der  Form  sehr  deutlich  war“,  p.  363  Zeile  8 von  oben 
„15,7  X ?,3  mm“  statt  „15,7  X 7,7  mm“,  Zeile  9 von  oben  „13,6  X 5,8  mm“  statt 
„13,6  X 8 mm“,  Zeile  24  von  oben  „Stacheln  fanden  sich  an  der  Cuticula  nicht  mehr“ 
statt  „Die  Stacheln  fanden  sich  an  der  Cuticula“.  Zeile  21  von  unten  „Exkretionsporus“ 
statt  „Sekretionsporus“,  Zeile  9 von  unten  „96  X 94  M-“  statt  „96  X 98  n“,  Zeile  5 

von  unten  „einen  Deckel  besitzen“  statt  „eine  Hülle  besitzen“,  p.  364  Zeile  27  von 

oben  „besonders  unter  den  Menschen  zu  erlangen,  da  im  letzteren  Falle  die  Krankheit 
wohl  einer  falschen  Diagnose  unterworfen  wird“  statt  „selbst  unter  den  Menschen  zu 
erlangen,  indem  die  Diagnose  wahrscheinlich  unsicher  bleiben  wird“. 


624 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Arthur  Würzburg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 


Allgemeines  Uber  Bakterien  and  Parasiten. 

Dönitz,  W , Ueber  die  Arbeiten  der  bakteriologischen  Untersuchungsstation  in  Bonn  im 
Jahre  1893.  (Centralbl.  f.  allg.  Gesundheitspfl.  1894.  No.  1/2.  p.  37 — 44.) 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Wesener,  F.,  Die  Bereitung  eines  festen,  undurchsichtigen  Nährbodens  für  Bakterien 
aus  Hühnereiern.  (Centralbl.  f.  allg.  Pathol.  u.  pathol.  Anat.  1894.  No.  2.  p.  57 
—59.) 


Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  u.  s.  w.) 

Grifflths,  A.  B , Sur  une  nouvelle  ptoma'ine  obtenue  par  la  culture  du  bacterium  Allii 
(Bullet,  de  l’Acad.  roy.  d.  scienc.  de  Belgique.  1892.  p.  268  — 272  ) 

Nastükoff,  M.  M .,  Ernährungsquellen  der  Mikroorganismen.  (Wratsch.  1893.  p.  912, 
950.)  [Russisch  ] 

Pasquale , A. , Ricerche  comparative  sugli  streptococchi.  (Giorn.  med.  d.  r.  esercito. 
1893.  p.  611,  879.1 

Wil80n-Barker,  J , Notes  on  the  life  history  of  the  anthrax  bacillus.  (Veterin.  Journ. 
1894  March,  p.  165—166.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Duft,  Walser,  Boden. 

Emmerich,  R.,  Bericht  über  Fortschritte  und  Leistungen  auf  dem  Gebiet  der  bakterio- 
logischen Wasseruntersuchung.  (Forsehungsber.  üb.  Lebensmittel  etc.  1894.  No.  3. 
p.  84—86.) 

Grundsätze  für  die  Reinigung  von  Oberflächenwasser  durch  Sandtiltration  zu  Zeiten  der 
Choleragefahr  im  Deutschen  Reiche.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundbeits-A.  1894. 
No.  8.  p.  114—115.) 

Moor,  G.  J , Pathogene  Mikroben  im  Staub  und  in  der  Luft  der  therapeutischen  Ab- 
teilung des  klinischen  Militärspitals.  (Wratsch.  1893.  p.  658,  687,  714  ) [Russisch] 
Traube,  M.  , Einfaches  Verfahren,  Wasser  in  großen  Mengen  keimfrei  zu  machen. 
(Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI  No.  1.  p.  149  — 150.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

Koch.  W.,  Untersuchuugsergebnisse  im  städtischen  Schlachthause  zu  Braunschweig 
(1888  — 1892/93).  (Mtsbl.  f.  öffentl.  Gesundheitspfl.  1894.  No.  2.  p.  17 — 22.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Harmlose  Bakterien  und  Parasiten. 

v.  Gawronsky,  N.,  Ueber  das  Vorkommen  von  Mikroben  in  der  normalen  Urethra  des 
Weibes.  (Münch,  med.  Wchschr.  1894.  No.  11.  p.  204 — 206  ) 

Sittmann  u Barlow,  Ueber  einen  Befund  von  Bacterium  coli  commune  im  lebenden 
B ute.  (Dtscb.  Arch.  f.  klin.  Med.  1894.  Bd.  LII.  No.  3/4.  p-  250 — 258.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Chamberlain,  G.  V.,  The  control  of  epidemic  diseases.  (Transact.  of  the  Michigan  med. 
soc.  Detroit  1893.  p.  9 -16.) 


Neue  Litteratur. 


625 


Ch&rrin,  Atmospheric  agents  and  microbes ; tbe  epidemic  genius  in  the  past  and  at 
present.  (Med.  week.  1893.  p.  461  — 464.) 

Frankreich.  Anzeigepflicbt  der  Aerzte  und  Hebammen  bei  übertragbaren  Krankheiten 
betr.  Vom  23.  November  1893.  (Journ.  offic.  30.  Dez.)  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  7.  p.  104.) 

Malariakrankheiten. 

Binz,  C.,  Ueber  den  Vorgang  der  Heilung  des  Malariafiebers  durch  Chinin.  (Dtsche 
med.  Wchschr.  1894  No.  6.  p.  122 — 123.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötheln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Chalybäns , Zur  Technik  der  Zubereitung  des  animalen  Schutzpocken-Impfstoffes. 
(Korrspdzbl.  d.  ärztl.  Kreis-  u.  Bezirks-Vereine  i.  Königr.  Sachsen.  1894.  Bd.  LVI. 
No.  4.  p.  64.) 

Crbquy,  Sur  le  Service  de  revaccination  etabli  ä la  Compagnie  des  chemins  de  fer  de 
Fest  depuis  cinq  ans.  (Gaz.  d.  höpit.  1893.  p.  863.) 

Kühn,  A , Ein  kasuistischer  Beitrag  zur  weiteren  Kenntnis  der  Verbreitungsmöglich- 
keiten der  Masern.  (Ztschr.  f.  Medizinalbeamte.  1894.  No.  4.  p.  81 — 84.) 

Nikolski,  D.  P.,  Ueber  die  Frage  der  Inokulation  und  Wiederimpfung  von  Schülern  in 
Elementarschulen.  8°.  20  p.  St.  Petersburg  (Arnhold)  1894.  [Russisch.] 

Richards,  H.  M.,  The  preveution  of  small-pox.  (Public  health  1892/93.  p.  363 — 366.) 
WntzdorfF,  Ergebnisse  der  amtlichen  Pockentodesfallsstatistik  im  Deutschen  Reiche  vom 
Jahre  1892  nebst  Anhang,  betr.  die  Pockenerkrankungeu  des  Jahres  1892.  (Mediz.- 
statist.  Mitteil.  a.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  11.  No.  1.  p.  57 — 68.) 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest 

Chantemesse,  A.,  L’eau  de  riviöre  et  la  fifevre  typhoide  ä Paris.  (Semaine  med.  1894. 
No.  16.  p.  122.) 

Chatiniere,  H , Note  sur  quelques  cas  de  cholöra  observbs  au  cours  de  l’bpidemie  de 
1893  ä Montpellier.  (Nouv.  Montpell.  mdd.  Suppl.  1893.  Vol.  U.  p.  645 — 660.) 
Crouch,  M.  J.,  Typhoid  fever.  (Cincinnati  lancet-clinic.  1893.  p.  227 — 231.) 

Di  Mattei,  E , Das  Trinkwasser  der  Reitana  und  der  Typhus  in  Catania  von  1887  bis 
1892.  Epidemiologische  Untersuchungen.  (Arch.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XX.  No.  1. 
p.  78—122.) 

Dunbar,  Versuche  zum  Nachweis  von  Choleravibrionen  im  Flußwasser.  (Arb.  a.  d. 

kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  Bd.  IX.  No.  2.  p.  379 — 400.) 
de  Haan,  J.  en  Huysse , A.  C.,  Het  coaguleeren  van  melk  door  cholera-bacterien. 

(Nederl.  Tijdschr.  v.  Geneesk.  1894  No.  7.  p.  213 — 216.) 

Kanthack,  A.  A.  and  Wesbrook,  F.  F.,  On  immunity  against  cholera ; an  experimental 
inquiry  into  the  bearing  on  immunity  of  intracellular  and  metabolic  bacierial  poisons. 
(Provinc.  med.  Journ.  1893.  p.  510 — 513.) 

Kovücs,  A,  Die  Cholera  in  Kronstadt.  (Gyogyaszat.  1894.  No.  5.)  [Ungarisch.] 
v.  Fettenkofer,  M.,  Maßregeln  gegen  die  Cholera,  hier  die  sanitären  Verhältnisse  der 
Irrenanstalten,  Siechenbäuser,  Arbeitshäuser,  Gefangen-  und  Strafanstalten.  (Münch, 
med.  Wchschr.  1894.  No.  10.  p.  181 — 184.) 

Rochard,  J.,  Diminution  de  la  fifevre  typhoide  ä Paris.  (Bullet,  de  l’acad.  de  med. 
1894.  No.  5.  p.  120—124.) 

Stolypinski,  W.  A.,  Choleraepidemie  in  der  Stadt  Kasan  im  Jahre  1892  im  Pleteniacher 
Krankenbause.  (Dnewnik  obsh.  wratsch.  pri  imp.  Kazan.  univ.  1893.  p.  1 — 33.) 
[Russisch.] 

Uffelie,  W.  F.  J.,  De  Chemotaxis  in  dienst  der  cholera-diagnose.  (Nederl.  Tijdschr.  v. 
Geneesk.  1894.  No.  4.  p.  85 — 89.) 

W undinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Antcheles,  J.  0.,  Methode,  Lochien  aus  der  Vagina  zu  bakteriologischen  Präparaten 
zu  erhalten.  (Protok.  zasaid.  akush.  - ginek.  Obsh.  v.  Kieve.  1892.  p.  36  — 52.) 
[Russisch.] 


626 


Neue  Litteratur. 


Babes,  V.  et  Proca,  G.,  Quattre  observations  de  septicemie  hemorrhagique  produite  par 
des  streptocoques  et  par  une  strepto-bacterie  liquefiante.  (Roumanie  med.  1894.  No.  8. 
p.  242—253.) 

Bergonzini,  C , Deila  aziooe  dei  micrococchi  piogeni  e del  proteus  vulgaris  sulla  reazione 
dell’  urina.  (Rassegna  di  scienze  med.  di  Modena.  1893.  p.  137 — 146.) 

Budai,  K , Beiträge  zur  Entstehung  und  zum  Verlaufe  der  Wundintektionskrankheiteu. 
(Gyogyäszat.  1894.  No.  4.)  [Ungarisch.] 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrophulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Carrv,  Le  gonococcus  de  Neisser  au  Service  sanitaire  de  Lyon,  etude  sur  la  blennorrhagie 
de  la  femme.  (Lyon  med.  1894.  No.  2,  3,  4.  p.  37 — 50,  82 — 89,  119 — 126.) 
Goldschmidt,  J.,  Zur  Aetiologie  und  Prophylaxis  der  Lepra.  (Berl.  klin.  Wchschr. 
1894.  No.  7.  p.  160—164.) 

Klein,  E.,  Report  on  the  action  of  the  bacillus  pyocyaneus  on  the  process  of  tubercu- 
losis.  (Report  of  the  Local  Government  Board  1891/92.  London  1893.  p.  141 — 146.) 
Petit,  L.  H , Du  danger  du  transport  des  phthisiques  en  chemin  de  fer  et  des  moyens 
d’y  remedier.  (Rev.  de  la  tuberculose.  1893.  No.  4 p.  337 — 353.) 

Pritchett,  J.  A.,  Tuberculosis  in  the  negro.  (Transact.  of  the  med.  assoc.  of  Alabama, 
Montgomery  1893.  p.  352  — 370.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre 
Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Gibbes.  H.,  Pneuraonia.  (Transact.  of  the  Mich.  med.  soc.,  Detroit  1893.  p.  90 — 94  ) 
Preußen.  Erlaß  des  Ministers  der  geistl.  etc.  Angelegenheiten,  Influenza  betr.  Vom 
20.  Dezember  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  5.  p.  72.) 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Haut,  Muskeln,  Knochen. 

Sabouraud,  R.,  Sur  une  mycose  innominee  de  Thomme,  la  teigne  tondante  speciale  de 
Gruby,  Microsporum  Audouini.  (Annal.  de  l’Institut  Pasteur.  1894.  No.  2 p.  83 
— 107.) 

V erdauungsorgane. 

Thomas,  H.  M.,  Pharyngo-mycosis.  (Med.  Record.  1894.  No.  1.  p.  12 — 14.) 

C.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Mader,  J.,  Ein  Fall  von  Botbriocepbalus  latus  und  Taenia  solium  bei  demselben  Kraukeu. 

(Wien  med  Blätter.  1894.  No.  7.  p.  76  — 77.) 

Rasch.  Chr  , Ueber  einen  Fall  von  Taenia  nana  in  Siam.  (Dtsche  Medizinal-Ztg  1894. 
No.  13.  p.  143.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Milzbrand. 

Predieri,  A , Valore  dell’  esame  bacteriologico  nella  diagnosi  d'una  forma  atipica  di 
carbonchio  (Gazz.  med.  di  Pavia.  1893.  Vol.  II.  p.  321,  344.) 

Wichmann,  R , Milzbrand  in  sanitätspolizeilicher  Hinsicht.  (Mtsbl.  f.  ö.  Gesundheitspfl. 
1893.  No.  10,  11.  p.  161  — 169,  177—190.  1894.  No.  2.  p.  22—32  ) 

Rotz. 

Sittmann,  G.,  Ein  Fall  von  akuter  Rotzinfektion  beim  Menschen.  (Annal.  d.  städt. 
allg.  Krankenhäuser  zu  München  1890/92.  München  1894.  p.  84 — 91.) 


Neue  Litteratur. 


627 


Maul-  und  Klauenseuche. 

Bayern.  Erlaß  des  Staatsministeriums  des  Innern,  betr.  Maßregeln  gegen  die  Maul-  und 
Klauenseuche.  Vom  24.  Dezember  1893.  (Veröffentl.  d kaiserl  Gesundheits-A.  1894. 
No.  7.  p.  101  — 102.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thieren 
Säugethiere. 

A.  Infektiöse  AllgemeinkrankheUen. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Ungarn  im  4.  Vierteljahr  1893  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Ge- 
sundheits-A. 1894.  No.  7.  p.  108.) 

Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

^Rinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälber,  Rauschbrand,  entozootiscbes  Verkalben.) 

Galtier,  Nouvelles  preuves  tendant  ä etablir  que  la  pneumo-enterite  (pleuro-pneumonie 
septique)  des  veaux  est  determinee  par  l’inhalation  des  poussiferes  qui  se  degagent 
des  fourrages.  (Recueil  de  med.  veterin.  1894.  No.  4.  p.  60 — 63.) 

Vögel. 

Eberlein,  R.,  Die  Tuberkulose  der  Papageien.  (Mtsh.  f.  prakt.  Tierheilk.  1894.  Bd.  V, 
Heft  6.  p.  248—269.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Atti  della  commissione  consultiva  per  la  filossera;  sessione  del  giugno  1893  8°.  169  p. 

Roma  1894.  1,20  £. 

Barher,  C.  A.,  The  coffee  scale  destroyed  by  a fungus.  (Suppl.  to  the  Leeward  Islands 
Gaz.  1893.  June.) 

Glaab,  L.,  Einige  Beobachtungen  über  Lysol  als  insektentötendes  Mittel.  (Ztschr.  f. 

Pflanzenkraukh.  1894.  Bd.  IV.  Heft  1.  p.  21.) 

Krüger,  F.,  Die  bis  jetzt  gemachten  Beobachtungen  über  Frank’s  neuen  Rübenpilz 
Phoma  Betae.  (Ztschr.  f.  PflaDzenkrankh.  1894.  Bd.  IV.  Heft  1.  p.  13 — 20.) 
Renault,  B.,  Sur  quelques  parasites  des  lepidodendrons  du  Culm.  (Compt.  rend.  1894. 
T.  CXVIII.  No.  7.  p.  365—367.) 

Sahut,  F.,  Traitement  des  vignes  grelees;  expose  de  la  taille  Dezeimeris;  traitement  de 
l’anthracnose ; bibliographie ; les  raisins  de  cuve  de  la  Gironde.  8°.  28  p.  Mont- 

pellier (Impr.  Hamelin  frferes)  1893. 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Yernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Balland  et  Masson,  Sterilisation  du  pain  de  munition  et  du  biseuit.  (Aunal.  d'hygiene 
publ.  1894.  No.  2.  p.  115—124.) 

Borrel,  A.,  Tuberculose  experimentale  du  rein.  (Annal.  de  l’Institut  Pasteur.  1894. 
No.  2.  p.  65—82.) 

Büchner,  H , Erwiderung  betreffend  das  trockene  Tetanusgift.  (Dtsche  med.  Wchschr. 
1894.  No.  8.  p.  179.) 

— — , Wirkt  Antitoxin  giftzerstörend?  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  11.  p.  251.) 

Behring,  E , Erwiderung  auf  vorstehende  Bemerkungen.  (Ebd.) 

Jacob,  Das  Tuberkulin  in  der  tierärztlichen  Praxis.  (Berl.  tierärztl.  Wchschr.  1894. 
No.  5—7.  p.  51—53,  64—67,  75—78.) 

Issaeff,  Untersuchungen  über  die  künstliche  Immunität  gegen  Cholera.  (Ztschr.  f. 

Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  2.  p.  287—328.) 

Mäurer,  Der  Kafill-Desinfektor  in  Spandau.  (Centralbl.  f.  allg.  Gesundheitspfl.  1894. 
No.  1/2.  p.  23—29.) 


628 


Neue  Litteratur. 


Phisalix,  C.  et  Bertrand,  G.,  Attenuation  du  venin  de  vipfere  par  la  chaleur  ot  vaccina- 
tion  du  cobaye  contre  ce  venin.  (Compt  rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  6.  p.  288 
—291.) 

Bighi,  J.,  L'immunitä  nei  suoi  rapporti  con  la  funzionale  della  milza.  (Riforma  med., 
Napoli  1893  pt.  3 p.  231,  245.) 

Schaffer,  J.,  Ueber  deu  Desinfektionswert  des  Aethylendiaminsilberphosphats  und  Aethyl- 
endiaminkresols,  nebst  Bemerkungen  über  die  Anwendung  der  Centrifuge  bei  Des- 
infektionsversuehen  (Ztschr.  f.  Hygiene  1894.  Bd.  XVI.  No.  2.  p.  189 — 248.) 

Schilow,  P.  F. , Ueber  den  Einfluß  des  Wasserstoffsuperoxyds  auf  einige  pathogene 
Mikroorganismen.  (St.  Petersb.  med.  Wchschr.  1894.  No.  6.  p.  50 — 53.) 

Will,  H , Ueber  die  Einwirkungen  einiger  Desinfektionsmittel  auf  Hefe.  Einwirkung 
auf  die  Sporen  von  Kultur-  und  wilder  Hefe.  (Ztschr.  f.  d.  ges.  Brauwesen.  1894. 
No.  6.  p.  43—45.) 


Inhalt. 


Originalmitteilungen . 

Braun,  M.,  Ueber  ein  für  den  Menschen 
neues  Distomum  der  Leber,  p.  602. 

Dmochowski,  Z.,  Beitrag  zur  Lehre  über 
die  pathogenen  Eigenschaften  des  Fried- 
länder’schen  Pneumococcus,  p.  581. 

Klein,  E.,  Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kennt- 
nis der  intracellulären  Bakteriengifte, 
p.  598. 

Oker-Blom,  Max,  Beitrag  zur  Kenntnis  des 
Eindringens  des  Bacterium  coli  commune 
in  die  Darmwand  in  pathologischen  Zu- 
ständen, p.  588 

Referate. 

Ashmead,  W.  H.,  Monographie  der  nord- 
amerikanischen  Proctotrypiden  , p.  613 

Bunzl-Federn,  Ueber  einen  für  Tiere  patho- 
genen Mikroorganismus  aus  dem  Sputum, 
p.  609. 

Charrin  et  Teissier , Modification  de  la 
pression  arterielle  sous  l’influence  des 
toxines  pyocyaniques,  p.  608. 

Ernst , H.  C. , The  Bacillus  pyocyaneus 
pericarditis,  p.  608. 

v.  Linstow,  Zur  Anatomie  und  Entwicke- 
lungsgeschichte der  Tänien,  p.  612. 

Roos,  E , Ueber  Infusoriendiarrhöe,  p.  610. 

Stiles,  C.  W.,  Notes  on  parasites.  — 18 : 
On  the  presence  of  Sarcosporidia  in  birds, 

p.  611. 

Terni,  Camillo,  Le  fermeutazioni  dei  micro- 
cocchi  piogeni,  p.  608. 

Trambusti,  A , Ueber  die  physiologische 
Wirkung  der  Stoffwechselprodukte  des 
Hydrophilus  fuscus,  p.  607. 


Veit,  Frische  Gonorrhöe  bei  Frauen, 
p.  609. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Williams,  F.  H. , Diphtheria  and  other 
membranous  affections  of  the  throat, 
p.  613. 

Schutzimpfung , künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Bernabeo,  Gaetano,  L’autodifesa  dell’  or- 
ganismo  contro  i germi  infettivi  in  rap- 
porto  colle  suppurazioni,  p.  614. 

de  Giaxa,  V.  e Lenti,  P.,  Studi  sulla  viru- 
lenza,  sul  contenuto  d’azota  e sul  reci- 
proco  potere  immunizzante  del  bacillo 
del  colera  a seconda  della  varia  pro- 
venienza,  p.  617. 

Kirchner,  0 , Ueber  die  Behandlung  des 
Saatgetreides  mit  warmem  Wasser  als 
Mittel  gegen  den  Flug-  und  Steinbrand, 
p.  622. 

Lacour-Eymard , M. , Experiences  sur  le 
filtre  Chamberland,  Systeme  Pasteur  ä 
nettoyeur  m^canique  O.  Andrd,  p.  621. 

Pannwitz , Der  Desinfektionsapparat  als 
Haushaltungsgegeustaud,  p 620. 

Berichtigung,  p.  623. 

Neue  Litteratur,  p 624. 


C’rommannsche  liucbdruckerei  (Hermann  i'ohle)  in  Jeua. 


$S^AL  BL4fp 

Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Gel.  Bofr.  Prof.  Dr.  Lerntet  m Professor  Dr.  Loeffler 

Id  Leipzig  In  Greifswald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  Uhlworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Band.  -O-  Jena,  den  I.  Mai  1894. 

No.  17. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— Zu  heziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten. 

fr- 

Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 

künde“  richtet  an  die.  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger , Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage,  später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original- Mittheilungen. 

Weitere  Mitteilungen  über  das  Vorkommen  lebender 
Parasiten  im  Blute  und  in  den  Geschwulstzellen  bei 
Carcinomatösen *). 

Aus  der  II.  chirurgischen  Abteilung  (Prof.  v.  Mosetig-Moorhof) 
des  Wiener  allgemeinen  Krankenhauses.] 

Von 

Dr.  Max  Kahane. 

Die  fortgesetzte  Untersuchung  frischen  Geschwulstmateriales, 
owie  des  Blutes  bei  Carcinomfällen  hat  zu  Ergebnissen  geführt, 
welche  teils  die  in  der  ersten  Mitteilung  gebrachten  Angaben  zu 

1)  S.  Centralblatt  für  Bakteriologie  und  Parasitenkunde.  1894.  No.  12. 

XV.  Bd.  40 


630 


Max  Kahane, 


stützen  geeignet  sind,  teils  eine  Richtigstellung  derselben  mit  sich 
bringen.  Wenn  nun  nach  kurzer  Zeit  neuerdings  die  Resultate  unse- 
rer Beobachtungen  mitgeteilt  werden,  so  liegt  dies  in  dem  Bestreben 
die  anfänglich  mit  großer  Reserve  vertretene  Anschauung  über  das 
Wesen  der  von  uns  beobachteten  Gebilde  womöglich  mit  beweis- 
kräftigeren Argumenten  zu  stützen  und  so  den  zur  Nachprüfung  ge 
neigten  Beobachtern  brauchbare  Angaben  vorzulegen.  Maßgebeuc 
war  uns  auch  der  Umstand,  daß  auf  dem  gegenwärtig  in  Rom  tagen- 
den internationalen  Kongress  die  Frage  des  Carcinomparasitismus  au 
der  Tagesordnung  stand  und  von  einem  auf  diesem  Gebiete  hervor 
ragend  thätigen  Forscher  zusammenfassend  behandelt  wurde. 

Die  Grundsätze,  die  hierbei  maßgebend  wareu  (Studium  an  ge- 
härteten und  gefärbten  Präparaten,  Annahme  der  ätiologischen  Be 
deutuug  des  supponierten  Parasiten  ohne  biologische  Beweise),  sind 
unserer  Auffassung  nach  nicht  geeignet,  die  bisherigen  Gegner  dei 
Parasitentheorie  zu  überzeugen,  so  interessant  auch  die  Befunde  des 
Referenten  an  und  für  sich  sein  mochten. 

Es  ist  auch  demnach  nicht  zu  erwarten,  daß  die  ersehnte  Klä- 
rung der  Anschauungen  auch  bei  dieser  so  bedeutungsvollen  Gelegen 
heit  erreicht  werden  könnte.  Beweiskräftig  ist  eben  nur  die  Be 
obachtung  lebender  Parasiten , das  direkte  Studium  ihrer  vitaler 


Erscheinungen  und  schließlich  der  Uebertragungsversuch. 


In  unserer  ersten  Mitteilung  haben  wir  über  eigenartige  Be- 
wegungserscheinungen au  Gebilden,  die  in  den  Geschwulstzellen  und 
im  Blute  bei  Carcmomatösen  sich  vorfanden,  berichtet.  Die  Befundt 
im  Blute  legten  den  Gedanken  nahe,  ob  es  sich  nicht  um  einen,  den 
beim  Menschen  bereits  genau  bekannten  Malariaparasiten  nahe- 
stehenden Parasiten  handelt.  Diese  Vermutung,  die  zunächst  au! 
den  Nachweis  selbständiger  Bewegung  begründet  war,  hat  nun  in 
Verlaufe  der  weiteren  Untersuchungen  eine  wesentliche  Stütze  er- 
halten. Es  gelang  uns  nicht  nur  eine  größere  Reihe  von  Formet 
unseres  Parasiten,  die  ihn  den  Malariaerregern  immer  näher  brachte 
zu  beobachten,  sondern  es  war  uns  auch,  worauf  wir  das  größte  Ge- 
wicht legen,  wiederholt  ermöglicht,  den  Sporulationsvorgan^ 
direkt  unter  dem  Mikroskop  zu  verfolgen  und  so  in 
Zusammenhang  mit  den  bereits  beschriebenen  Bewegungserscheinuu 
gen  die  parasitäre  Natur  der  von  uns  beschriebenen  Gebilde  mii 
nahezu  absoluter  Sicherheit  nachzuweisen.  Schließlich  wurde  aucl 
das  Verhältnis  der  Parasiten  zu  den  roten  Blutkörperchen  genaue) 
verfolgt  und  auch  hier  Vorgänge  beobachtet,  welche  auf  ein  direktes 
Schmarotzertum  dieser  Gebilde  hinweisen.  Wenn  man  berücksichtigt 


1 j ^ 


UbUliiCUWl^Ll  CUlil  TT  Li  U U1UU  UWUtBOlVUllpV 

daß  bisher  meist  an  totem  Materiale  gearbeitet  wurde,  so  ist  leich 


einzusehen,  daß  dem  Nachweise  selbständiger  Ernährung,  Bewegung 
uud  Fortpflanzung  für  die  parasitäre  Natur  eines  Gebildes  gewil 
eine  größere  Beweiskraft  zukommt,  als  gehärteten  und  gefärbte) 
Präparaten. 

Namentlich  war  es  eine  genügend  lange  Zeit  hindurch  und  unte 
Kontrolle  angestellte  Beobachtung,  welche  geeignet  war,  die  bishe 


gehegten  Zweifel  vollständig  zu  bannen.  Es  wurde  nämlich  in  eine 


Carcinomzelle  (aus  einem  recidivierenden  Epitheliom  der  Orbit) 


Weitere  Mitteilungen  über  das  Vorkommen  lebender  Parasiten  im  Blute  etc.  63 1 

stammend)  ein  ziemlich  großes,  rundes,  granuliertes  Gebilde  beobach- 
tet, welches  die  deutlichsten  Erscheinungen  aktiver  Beweglichkeit 
zeigte.  Das  Gebilde  wanderte  zunächst  gegen  den  seitlichen  Rand 
der  Epithelzellen,  streckte  Fortsätze  aus,  zog  dieselben  wieder  ein 
und  kehrte  zunächst  an  seinen  früheren  Platz  zurück.  Nach  kurzer 
Zeit  stellten  sich  von  neuem  Bewegungen  ein,  bis  das  Gebilde  gegen 
den  oberen  Pol  (nach  dem  Gesichtsfelde  orientiert)  der  Zelle  wanderte 
und  schließlich  aus  derselben  völlig  austrat.  Die  Zelle  war  dabei 
wesentlich  kleiner  geworden,  ein  Beweis,  daß  es  sich  um  einen  ersten 
Einschluß  handelte.  Das  aus  der  Zelle  ausgetretene  Gebilde  zeigte 
unregelmäßige  Konturen  und  erschien  stärker  lichtbrechend  als  früher. 
Das  Wichtigste  war  aber,  daß  in  der  denkbar  deutlichsten  Weise 
beobachtet  werden  konnte,  wie  das  Gebilde  kleine  und  größere 
Körperchen  von  sich  abschnürte,  welche  sogleich  Eigenbewegungen 
zeigten.  Es  waralsogelungen,  denSporulationsvorgang 
eines  Parasiten  in  der  direktesten  Weise  zu  beobach- 
ten. Der  ganze  Auswanderungs-  und  Sporulationsvorgang  nahm 
ungefähr  eine  Stunde  in  Anspruch,  so  daß  reichlich  Gelegenheit  war, 
eventuelle  Täuschungen  auszuschließen.  Auch  später  gelang  es 
uns  — allerdings  nur  extracellulär  — Sporulationsvorgänge  direkt 
zu  beobachten. 

Es  hat  sich  im  Verlaufe  unserer  Untersuchungen  ergeben , daß 
die  parasitären  Gebilde  nicht  nur  in  den  Carcinomzellen  eingeschlossen 
waren,  sondern  auch  frei  zwischen  denselben  lagen  und  lebhafte  Be- 
wegungen zeigten,  daß  ferner  auch  im  cirkulierenden  Blute  (aus  der 
Fingerbeere),  sowie  in  dem  aus  den  exstirpierten  Geschwulststückchen 
stammenden  Blute  befindlichen  Parasiten  zwar  zu  wiederholten 
Malen  in  oder  an  den  roten  Blutkörperchen  beobachtet  wurde,  daß 
aber  die  Mehrzahl  derselben  frei  im  Blute  schwamm.  Es  konnte 
mit  großer  Wahrscheinlichkeit  festgestellt  werden,  daß  die  scheinbar 
in  den  roten  Blutkörperchen  liegenden  Parasiten  in  Wirklickeit  nur 
auf  denselben  lagen,  da  man  deutlich  sehen  konnte,  wie  sie  das 
Blutkörperchen,  in  das  sie  scheinbar  eingedrungen  waren,  wieder 
verließen. 

Da  wir  uns  genauere  Angaben  für  die  spätere  Publikation  Vor- 
behalten, so  sei  nur  kurz  eine  tabellarische  Uebersicht  der  bisherigen 
Befunde  gegeben. 

Tabelle. 


Größe  und 
Gestalt  des 
Parasiten 

Licht- 

brechungs- 

vermögen 

Struktur 

und 

Beweglichkeit 

Verhalten 
zu  den  Zellen 
und 

Blutkörperchen 

Fortpflanzung 

1)  Ganz  kleine 
Formen,  1 {jl 
oder  noch 
klein.,  rund. 

Sehr  stark 
lichtbrechd. 

Uomogene  Struktur, 
sehr  lebhaft  beweg- 
lich. 

Gelegentlich  in  der 
Ein-  oder  Zweizahl 
endoglobulär,  meist 
die  roten  Blutkör- 
perchen umschwär- 
mend. 

ln  den  Geschwulst- 
zelleu  nicht  mit 
Sicherh.  nachweisb. 

Mit  Sicherheit 
nachgewies. 
als  ein  Spo- 
rulations- 
produkt  der 
Form  5. 

40* 


632 


Max  Kahane 


Größe  und 
Gestalt  des 
Parasiten 


Licht- 

brechungs- 

vermögen 


Struktur 

und 

Beweglichkeit 


Verhalten 
zu  den  Zellen 
und 

Blutkörperchen 


Fortpflanzung 


2)  Kleine  For-Sehr  stark  Homogen,  ebenf.  sehr 


men,  2 — 3 p 
kreisrund, 
leicht  hut- 
förmig,  bim- 
förmig. 


lichtbrechd. 


3)  Mittelgroß,  Schwach  licht- 


brechd., oft 
von  ganz 
außerordent 
licher  Zart- 
heit des 
Plasmas. 

Stärker  licht- 
brechend als 
3,  schwach 
grünl.  glänz. 


etwa  3 — 4 p, 
meist  oval,l 
selten,  kreis- 
rund. Kon- 
tur fein  ge- 
zähnelt. 

3a)  Mittelgroße 
Formen , 4 
— 5 p,  längs- 
oval, gezäh- 
nelt.  Kontur. 

4)  Mittelgroße 
Form,  rund, 
oft  kleeblatt- 
förmig, glat- 
ter Kontur. 

(Relat.  seltene 
Form.) 


5)  Große  Form,  Meist  gering. 

8—10  p. 

Rund  , längs- 
oval. 


beweglich. 


Fast  homogen  oder 
äußerst  fein  granu- 
liert. 

Lokomotion  gering, 
leichte  undulierende 
Bewegungen  und 
Kontraktionen. 

Erdbeerartiges,  fein- 
stacheliges Ausseh. 
Undulation,  oft  von 
einem  sehr  hellen 
Saum  umgeben. 

Enthalten  1 — Plasma  äußerst  zart 
3 sehr  stark  mit  stark  lieht- 
lichtbrechd , brechenden  Körn 

zieml.  große  chen.  In  den  Klee 
Körnchen.  blattformen  jedem 

Blatte  ein  Körnchen 
entsprechend. 
Lebhaft  beweglich,  oft 
intensivste  Drehbe- 
wegungen. 

Plasma  zart  granu- 
liert, bald  heller, 

bald  dunkler.  Be- 
weglicbk.  minimal. 
Eigentümliche  Undu- 
lation des  Rand- 

saumes. Körnchen- 
strömungen. 


Manchmal  endoglobu- 
lär,  dabei  eine  un- 
regelmäßige Gestalt 
annehmend  Oft 
durch  einen  dünnen 
Fortsatz  den  roten 
Blutkörperchen  an- 
haftend, meist  aber 
frei  im  Blute. 

Wiederholt  als  beweg- 
liche Einschlüsse 
d.  Geschwulstzellen 
beobachtet.  Im  un- 
beweglich. Zustande 
den  Blutplättchen 
gleichend. 

Meist  frei  im  Blute 
schwimmend  , ein 
zeln  oder  in  Grup- 
pen. Intracellulär 
weder  im  Blute  noch 
in  Geschwulstzellen 
mit  Sicherheit  nach- 
gewiesen. 

Frei  im  Blute. 


Unbekannt, 
vielleicht  m. 
3a  in  Zu- 
sammenhang 
stehend. 


Meist  frei  im  Blute. 
Ab  und  zu  den  roten 
Blutkörperch.  direkt 
anliegend. 


Als  sich.Sporu- 
lationsprod. 
von  Form  5 
beobachtet, 
gleichzeitig 
mit  Form  1 
auftretend. 

Unbekannt, 
vielleicbtwie 
Form  3. 


Unbekannt, 
vielleicht  in 
Form  2 in 
Bezieh,  steh 


Frei  im  Blute,  docl.  Mit  Sicherheit 
ab  und  zu  der  Ein-  als  Mutter- 
druck, als  ob  es  zelle  d. Form 

sich  um  eine  Sub-  1 u.  3 nacb- 

stitution  des  roten  gewiesen. 

Blutkörperch. durch 
diese  Parasit,  han- 
deln würde.  In 
Fällen  schwerer 
Carcinom-Kachexie 
im  Blute  zahlreich. 

Einmal  als  Ein- 
schluß in  einer  Ge- 
schwulstzelle beob- 
achtet. 


Weitere  Mitteilungen  über  das  Vorkommen  lebender  Parasiten  im  Blute  etc.  633 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  in  der  kurzen  Tabelle  nicht  sämt- 
liche Befunde  Platz  finden  konnten,  denn  es  handelt  sich  beim  Car- 
cinom  um  einen  außerordentlichen  Formenreichtum  der  zur  Beobachtung 
gelangenden  Gebilde,  und  zwar  geht  dieser  Formenreichtum  so  weit, 
daß  er  die  Sichtung  und  Ordnung  der  Befunde  bedeutend  erschwert. 
Es  ist  daher  kein  Zweifel,  daß  die  in  der  Tabelle  gegebenen  Daten 
im  weitesten  Sinne  einer  Korrektur  zugänglich  sind,  doch  Eines  geht 
wohl  aus  derselben  hervor,  daß  es  sich  wohl  kaum  um  Degenerations- 
produkte handelt.  Die  Erscheinungen  der  Bewegung,  des  fakultativen 
Zellparasitismus,  der  Sporulation  dürften  bei  Degenerationsprodukten 
kaum  anzunehmen  sein.  Was  nun  die  in  der  ersten  Mitteilung  her- 
vorgehobene Analogie  mit  den  Malariaparasiten  betrifft,  so  ist  die- 
selbe bis  zu  einem  gewissen  Grade  wohl  sicher  vorhanden. 
Namentlich  sind  es  die  Formen  1,  3 und  5,  die  entschieden  große 
Aehnlichkeit  mit  den  Hämatozoen  der  Malaria  zeigen  und  deren 
Abstammung  von  gemeinsamen  Mutterzellen  direkt  beobachtet  wer- 
den konnte,  ebenso  ist  die  Analogie  in  den  Bewegungserscheinungen 
auffällig  (Abnahme  der  Lokomotion  mit  der  Reifung  der  Parasiten). 
Andererseits  läßt  es  sich  nicht  in  Abrede  stellen,  daß  biologisch 
ziemlich  beträchtliche  Unterschiede  vorhanden  sind.  Die  beim  Car- 
cinom  angetroffenen  Parasiten  sind  meist  frei  im  Blute  schwimmend, 
seltener  — aber  sicher  — kommt  es  vor,  daß  sie  endoglobulär  er- 
scheinen. Die  Pigmentbildung  ist  bei  Carcinom1)  wohl  vorhanden, 
ist  aber  keineswegs  so  intensiv  wie  bei  der  Febris  intermittens 
u.  s.  w.  Die  Rosettenformen,  Halbmonde  etc.  gelangten  in  Carcinomen 
niemals  zur  Beobachtung,  wiewohl  unser  Material  noch  keine  Ent- 
scheidung gestattet. 

Pathologisch  ist  der  Unterschied  der  beiden  Parasitenformen 
leicht  verständlich.  Während  bei  der  Malaria  oft  eine  periodische 
Masseninvasion  des  Blutes  stattfindet  und  sich  daraus  der  ganze 
Symptomenkomplex  erklären  läßt,  scheint  es  sich  beim  Carcinom  um 
ein  successives  Hineingeraten  der  Parasiten  aus  dem  wuchernden  Ge- 
webe in  die  Blutbahn  zu  handeln.  Es  sind  aber  alle  diese  Fragen 
noch  lange  nicht  spruchreif. 

Ueber  die  ätiologische  Bedeutung  dieser  konstanten  Parasiten- 
funde läßt  sich  — außer  Vermutungen  — noch  nichts  Vorbringen. 
So  verlockend  auch  die  Vorstellung  ist,  daß  die  Parasiten  in  die 
Epithelzellen  eindringen,  diese  zur  Wucherung  anregen  und  schließ- 
lich ins  Blut  auswandern,  wo  sie  die  Erscheinungen  der  Anämie  und 
fortschreitenden  Kachexie  erzeugen,  so  ist  sie  derzeit  noch  nicht  ge- 
nügend gestützt,  um  irgendwelche  Geltung  beanspruchen  zu  dürfen. 
Die  Thatsache,  daß  im  Blute  der  Tumoren  viel  mehr  Parasiten  nach- 
weisbar sind,  als  im  Blute  aus  entfernteren  Körperstellen  spricht 
illerdings  für  die  Annahme,  daß  der  Tumor  selbst  der  erste  An- 
siedelungsort der  Parasiten  ist  und  daß  von  dort  aus  die  Infektion 
ies  Blutes  erfolgt.  Es  ist  ferner  zweifellos,  daß  ein  derartiger  Blut- 
parasitismus, wie  er  beim  Carcinom  vorkommt,  nicht  gleichgiltig  ist 


1)  Bei  schwerer  Carcinomkachexie  sind  zahlreiche  Rundzellen  im  Blute  nachweisbar 
nit  beweglichen  Pigmentstäbchen  und  Körnchen. 


634 


Marpmann, 


und  daß  seine  Heranziehung  zur  Erklärung  der  Anämie  gewiß  mehr 
gerechtfertigt  ist,  als  die  völlig  hypothetischen  Toxine.  Doch  es  sei 
nochmals  nachdrücklich  hervorgehoben,  daß  die  ätiologische  Bedeu- 
dung  nur  auf  Grund  gelungener  Iufektions-  und  Uebertragungsver- 
suche  festgestellt  werden  kann. 

Es  bleibt  nur  die  Frage  übrig,  wieso  unsere  mit  den  einfachsten 
ja  geradezu  primitiven  Methoden  angestellten  Beobachtungen  nicht 
schon  längst  mit  Sicherheit  festgestellt  wurden,  da  es  sich  doch  um 
augenfällige  konstante  Befunde  handelt.  Die  Antwort  liegt  wohl  in 
dem  Umstande,  daß  dem  Carcinomblute  bezüglich  des  Parasitismus 
geringere  Aufmerksamkeit  geschenkt  wurde,  daß  ferner  eventuell  be- 
obachtete Formen  eben  wegen  des  Uebersehens  der  Bewegungs-  und 
Sporulationsvorgänge  mit  Blutplättchen,  Leukocyten,  Produkten  der 
Nekrobiose  etc.  zusammengeworfen  wurden , wie  es  ja  thatsächlich 
anfangs  mit  den  heute  absolut  sichergestellten  Malariaparasiten 
geschah.  Es  ist  mit  Recht  ein  gewisses  Mißtrauen  gegen  neue  Blut- 
befunde  vorhanden,  doch  darf  die  Skepsis  nicht  so  weit  gehen, 
jeden  Blutparasitismus  außerhalb  der  Malaria  zu  leugnen.  Es  ist 
kein  Zweifel,  daß,  wenu  einmal  diese  in  nichts  begründete  Schranke 
gefallen  sein  wird,  der  Blutparasitismus  als  verbreitetes  und  hoch- 
wichtiges pathologisches  Moment  die  ihm  gebührende  Beachtung 
finden  wird,  wobei  für  die  Pathogenese  vieler  — bis  jetzt  rätselhafter 
— Erkrankungen  (man  denke  an  die  Leukämie,  perniciöse  Anämie 
etc.)  bedeutungsvolle  Ergebnisse  zu  erwarten  sind. 

Wien,  4.  April  1894. 


Mitteilungen  aus  Marpmann’s  hygien.  Laboratorium. 

Von 

Marpmann 

in 

Leipzig. 

Im  Verlaufe  der  Ganglienfärbungen  nach  Golgi  und  anderen 
fand  Fräul.  Dr.  med.  Bclelier  eine  kleine  Vorrichtung  zum  Aufbe- 
wahren der  gesilberten  Präparate,  welche  für  weitere  Kreise  nicht 
wertlos  bleiben  dürfte. 

Die  Präparate  wurden  in  einem  Tropfen  dünnflüssigen  Kauada- 
balsam  auf  Glimmerplättchen  von  18  : 24  mm  Größe  befestigt  und 
an  der  Luft,  vor  Staub  geschützt,  einige  Tage  getrocknet.  Die 
Objektträger  wurden  in  der  Mitte  bandförmig  circa  1 — 1,5  mm  tief 
ausgeschliffen,  so  daß  eine  Vertiefung  entstand,  welche  circa  15  bis 
18  mm  Breite  besaß.  Die  Glimraerplatte  kam  sodann  auf  den  Hohl- 
raum, so  daß  das  Präparat,  nach  unten  liegend,  frei  in  der  Luft 
schwebte  und  wurde  am  Rande  auf  den  Objektträger  mit  Kanada- 
balsam fixiert.  Solche  Präparate  zeigten  keine  Verzerrungen  der 
Silberniederschläge  in  den  Ganglienzellen,  sind  dauerhaft,  weil  die 


Mitteilungen  aus  Marpmann's  hygien.  Laboratorium. 


635 


Glimmerplatte  nicht  zerbricht  und  lassen  sich  daher  sehr  gut  als 
Dauerpräparat  aufbewahren.  Vor  anderen  Methoden  zeichnen  sich 
diese  Präparate  durch  Sauberkeit  und  Eleganz  aus.  Die  Objekt- 
träger dürften  sich  auch  für  andere  Zwecke  eignen,  wo  es  darauf 
ankommt,  das  Präparat  mit  freiem  Luftzutritte  zu  untersuchen  oder 
aufzubewahren. 

Dieselbe  Dame  benutzte  zum  Färben  der  Schnittpräparate , 
welche  mit  Celloidinöl  auf  den  Objektträger  fixiert  sind,  geriefte 
Glasklötze  von  8 — 10  cm  Länge,  1 cm  Dicke  und  2 cm  Höhe.  Die 
Glasklötze  sind  auf  beiden  Seiten  mit  circa  10  Riefen  versehen 
und  können  in  größeren  Glasschalen  oder  Glaskästen  derart  aufge- 
[stellt  werden,  daß  zwischen  zwei  Glasklötze  je  8 — 10  Objektträger 
festgestellt  werden  können.  Vor  Draht-  oder  Blechgestellen  hat  das 
Glas  den  Vorzug  der  Reinlichkeit  und  vor  den  bekannten  fertigen 
Glaskisten  haben  diese  Klötze  den  der  Billigkeit  voraus.  Außerdem 
ist  es  leicht,  jedes  beliebige  Objektträgerformat  zwischen  zwei  Klötzen 
zu  fixieren  und  Reihen  von  40 — 60  und  mehr  Stück  Objektträger 
hinter-  und  nebeneinander  zu  stellen,  da  man  den  Klotz  von  beiden 
Seiten  benutzen  kann.  Zum  Einsetzen  eignen  sich  die  Glaskasetten, 
welche  zum  Photographieren  benutzt  werden.  Man  gebraucht  für 
viele  Präparate  daher  verhältnismäßig  wenig  Farblösung,  die  Farb- 
stoffe werden  nicht  zersetzt  und  das  Verdampfen  des  Wassers, 
eventuell  Alkohols  kann  man  durch  Bedecken  der  Kassette  mit  einer 
ausgeschliffenen  Glasplatte  verhindern. 

Solche  Glasklötze  werden  durch  die  Firma  Marpmann  & 
Sch  urig  in  Leipzig  zum  Preise  von  1 — 2 Mark,  je  nach  Größe, 
hergestellt. 

Ueber  das  Vorkommen  von  Ptomaünen  im  Harne  Influenzakranker 
arbeitete  im  Wintersemester  1893  Herr  Dr.  Hood.  Nachdem  ver- 
schiedene Ptomaine  aus  pathologischen  Sekreten  hergestellt  waren, 
über  welche  die  Arbeiten  zur  Zeit  noch  nicht  abgeschlossen  sind, 
kamen  einige  Fälle  von  Influenza  vor  und  es  interessierte  uns,  hier 
auf  Ptomaine  zu  suchen.  Es  wurde  jede  Einwirkung  starker 
chemischer  Agentien,  von  Wärme,  Licht  und  auch  Selbstzersetzung 
der  Flüssigkeiten  durch  längeres  Stehen  sorgfältig  vermieden,  da, 
wie  bekannt,  die  Ptomaine  an  sich  sehr  leicht  durch  Bakterien 
weiter  verändert,  aber  auch  durch  Kochen  von  in  Zersetzung  be- 
griffenen Eiweißstoffen  mit  Laugen  etc.  sehr  leicht  neu  gebildet 
werden. 

Man  erhält  dann  in  Folge  der  chemischen  Methoden  alkaloidartige 
Körper,  die  sich  analog  den  Ptomalnen  verhalten,  die  jedoch  niemals 
durch  Bakterienprozesse  entstanden  sind.  Auch  die  Abscheidung 
flüchtiger  Ptomaine  wurde  in  der  Weise  ausgeführt,  daß  die  be- 
treffende Flüssigkeit  mit  Kalkwasser  schwach  alkalisiert  und  dann 
im  Vakuum  bei  40°  C abdestilliert  wurde.  Die  erste  Methode  wurde 
bereits  früher  angewandt. 

Nach  Compt.  rend.  v.  27.  November  1893  fandpn  A.  B.  G riffi  th  s 
et  R.  S.  Ladel  ein  Ptomain  im  Urin  von  Influenzakranken  nach 
folgender  Methode: 


636 


Marpmann, 


Der  Urin  wurde  mit  Natriumkarbonat  alkalisch  gemacht,  wieder- 
holt mit  Aether  ausgeschüttelt  und  die  ätherischen  Auszüge  nach 
dem  Filtrieren  mit  weinsäurehaltigem  Wasser  geschüttelt.  Nachdem 
dann  die  wässerige  Lösung  wieder  alkalisiert  und  mit  Aether  be- 
handelt war,  wurde  durch  Verdunsten  des  Aethers  eine  weiße  Masse 
als  Rückstand  erhalten,  welche  aus  Wasser  krystallisiert  in  zarten 
prismatischen  Krystallen. 

Die  wässerige  Lösung  reagiert  schwach  alkalisch. 

Durch  Phosphorwolframsäure  entsteht  ein  brauner  Niederschlag. 
Phosphormolybdänsäure  „ „ gelblicher  „ 

Pikrinsäure  „ „ gelber  „ 

Gerbsäure  „ „ roter  „ 

Quecksilberchlorid  „ „ weißer  „ 

Neßler’sches  Reagens  „ „ brauner  „ 

Die  Sulfat-  und  Chloridsalze  krystallisieren  gut. 

Der  Körper  ist  sehr  giftig  und  hat  die  chemische  Formel 
C9H9N04. 

Herr  Dr.  H.  konnte  diese  Resultate  bestätigen. 

Es  ist  daher  kein  Zweifel,  daß  durch  die  Entwickelung  der 
Influenzabakterien  im  kranken  Körper  das  Ptomain  gebildet  und 
durch  den  uropoetischen  Apparat  secerniert  wird.  Daher  lag  der 
Gedanke  nahe,  ob  es  möglich  sei,  das  Ptomain  durch  diuretische 
Antiseptika  zu  zerstören,  eventuell  die  Bildung  desselben  zu  ver- 
hindern und  außerdem  war  es  wahrscheinlich,  daß  die  Erscheinungen 
der  Krankheit  durch  die  Anwesenheit  des  Ptomains  im  Kreisläufe 
verursacht  wurden  — gelänge  es,  die  Entstehung  des  pathologischen 
Ptomains  zu  verhindern,  daun  müßten  eventuell  die  krankhaften  Er- 
scheinungen ganz  oder  teilweise  aufhören. 

Die  Versuche  wurden  mit  einigen  bekannten  Kranken  gemacht,  die 
mit  Chinin , Antipyrin , Naphthalin , Naphthol , Guayakol,  carbon. 
Kreosot,  Helenin,  Terpinhydrat,  Alantol,  Salol  und  Natr.  salicylic.  be- 
handelt wurden.  In  dieser  vorläufigen  Mitteilung  will  ich  nur  be- 
merken, daß  für  die  obigen  Zwecke  sich  eine  Mischung  von  Alantol 
mit  Copaivabalsam  bewährte,  die  Mischung  wurde  später  in  Gelatine- 
kapseln hergestellt  und  einigen  Bekannten  zum  weiteren  Versuche 
übergeben. 

Wir  konnten  hier  konstatieren,  daß  nach  Verbrauch  von  6 bis 
8 Kapseln  pro  die  die  Ptomainbildung  fast  aufhörte,  und  es  ließ  sich 
außerdem  eine  Besserung  der  Kranken  konstatieren. 

Die  weiteren  Resultate  wird  Herr  Dr.  H.  später  in  geeigneter 
Form  veröffentlichen,  für  meine  Mitteilung  kam  es  nur  darauf  an, 
daß  hier  der  Zusammenhang  zwischen  Krankheit  und  Bakterien- 
ptomain ziemlich  sicher  erwiesen  ist. 

Zum  Schlüsse  habe  ich  noch  über  eine  Arbeit  des  Herrn  Dr.  med. 
A.  von  Mielecki,  prakt.  Arzt  in  Leipzig,  zu  berichten,  welche  als 
Inaugural-Dissertation  bearbeitet  wurde. 

Herr  Dr.  v.  M.  fand  in  osteomyelitischem  Kuochenmarke,  von 
chronischer  Osteomyelitis  stammend,  zwei  bis  jetzt  nicht  beschriebene 
Bakterien. 


Mitteilungen  aus  Marpmann’s  hygien.  Laboratorium. 


637 


I.  Diplococcus  septicus  haematobius: 

Kleine  Kokken  von  0,6 — 1,0  /x  Länge,  ohne  Eigenbewegung. 

Auf  Gelatineplatten  entstehen  kleine  Verflüssigungstrichter  von 
weißer  Farbe  mit  scharfem  Rande  und  bräunlichen  Bodensätze. 

Gelatinestichkultur  in  A.  Alkalische  Gelatine.  Nach  3 Tagen  Wachs- 
tum längs  des  Impfstichs,  langsame  Bildung  eines  Verflüssigungs- 
trichters, Anhäufung  der  Bacillen  am  Grunde  des  Stichkanals. 

B.  Saure  Gelatine,  Wachstum  nach  7 Tagen  längs  des  Stichs  in 
weißlichen  Kugeln,  später  Verflüssigung,  zuletzt  wird  die  ganze 
Gelatine  verflüssigt. 

Agar-Agar,  die  Kolonieen  breiten  sich  längs  des  Strichs  bei 
+ 37°  C als  feiner  grünlicher  Belag  aus. 

Lackmusgelatine,  wird  nicht  gerötet  und  nicht  entfärbt. 

Lackmusmilch,  wird  nicht  gerötet,  die  Diplokokken  sind  nach 
8 Tagen  massenhaft  vorhanden. 

Kartoffeln,  unsichtbares  Wachstum,  die  feuchte  Oberfläche  der 
Kartoffeln  enthält  massenhaft  Diplokokken.  Wachstum  bei  20°  und 
bei  Blutwärme  verhielt  sich  gleich. 

Färbung  nach  Gram  gelingt. 

Mäuse  verhielten  sich  nach  der  Impfung  in  die  Schwanzwurzel 
weniger  lebhaft,  an  der  Impfstelle  entstand  ein  Schorf,  unter  dem 
Schorfe  und  im  Blute  wurden  nach  5 Tagen  große  Mengen  des 
Diplococcus  gefunden. 

Die  Mäuse  starben  nach  18—22  Tagen,  es  fand  sich  bei  einer 
Sektion  die  linke  Niere  zur  Hälfte  vereitert,  Milz  etwas  vergrößert. 
Im  Blute  unter  der  Impfstelle  im  Eiter  fanden  sich  massenhaft  die 
Diplokokken  in  Reinkultur. 

II.  Bacillus  septicus  limbatus: 

Bildet  kleine  Stäbchen  von  0,3 — 1,0  /x  Länge,  welche  in  eine 
Kapsel  eingeschlossen  sind  und  mit  der  Kapsel  0,8 — 1,8  /x  besitzen. 

Die  Stäbchen  sind  oscillatorisch  beweglich  und  färben  sich  schwach 
nach  Gram. 

Auf  Gelatinekapseln  entstehen  flache,  punktförmige,  weiße  Kolonieen 
mit  glattem  Rande,  ohne  Ausbuchtungen,  nicht  gekörnt. 

Stichkulturen  in  A.  Alkalische  Gelatine:  Oberflächliche  schwache 
Auflagerung,  erst  nach  8 Tagen  ist  dem  Impfstich  entlang  eine 
Entwickelung  nachzuweisen. 

B.  Saure  Gelatine  zeigt  kein  Oberflächenwachstum  und  sehr 
langsame  Entwickelung  längs  des  Impfstichs. 

Agar-Agar  entwickelt  bei  -+-  37°  C eine  weiße  trockene  Auf- 
lagerung. 

In  Lackmusgelatine  und  Lackmusmilch  entsteht  keine  Ver- 
änderung. Säurebildung  ist  ausgeschlossen. 

Auf  Kartoffeln  entsteht  unsichtbares  Wachstum,  jedoch  sind  auf 
den  Kartoffeln  reichliche  Bacillen  mit  Kapsel  zu  finden. 

Mäuse  werden  nach  der  Impfung  nach  4 Tagen  somnolent,  an 
der  Impfstelle  entsteht  Schorf,  unter  dem  Schorfe  viele  Bacillen.  Die 
Mäuse  starben  nach  19 — 20  Tagen. 


638 


Z e tt  n o w, 


Die  inneren  Organe  der  sezierten  Mäuse  waren  nicht  verändert, 
im  Blute  vereinzelte,  dagegen  im  Knochenmarke  massenhaft  Bacillen 
zu  finden. 

Diese  Bacillen  färbten  sich  nach  Gram  sehr  schön,  zeigten 
jedoch  keine  Kapsel. 

Herr  Dr.  v.  M.  vermutet,  daß  der  letzte  Bacillus  in  Zu- 
sammenhang mit  der  chronischen  Osteomyelitis  gestanden  hat. 

Leipzig,  März  1894. 


Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober  Bacillen. 

Von 

Prof.  Dr.  Zettnow 

in 

Berlin. 

Mit  2 Figuren. 

Im  Winter  1892/93  habe  ich  mir  den  unten  beschriebenen  Apparat 
konstruiert,  einmal  zu  dem  Zwecke,  um  anaerobe  Bacillen  vermittelst 
Gelatine-  oder  Agarplatten  in  ähnlicher  Weise  zu  ziehen,  wie  dies 
bei  den  aeroben  üblich  ist,  sowie  um  die  Kolonieen  derselben  sowohl 
bei  auf-  wie  bei  durchfallendem  Lichte  ohne  Störung  für  weiteres 
Wachstum  betrachten  zu  können;  zweitens  in  der  Absicht,  schöne, 
wohl  ausgebildete  Kolonieen  behufs  photographischer  Aufnahme  zu 
erhalten.  Der  Apparat  hat  den  an  ihn  gestellten  Anforderungen  ge- 
nügt und  ist  von  demjenigen,  der  die  Kunst  des  Lötens  versteht, 
aus  Weiß-  oder  Zinkblech,  Glas  und  Mennigekitt  leicht  selbst  in  vier- 
eckiger Form  herzustellen,  wie  ich  ihn  mir  angefertigt  habe.  Ueber- 
trägt  man  die  Arbeit  einem  Klempner,  so  verdient  die  runde  Form 
leichterer  Herstellung  wegen  den  Vorzug  vor  der  viereckigen. 

Die  einzelnen  Teile  des  Apparates  sind  folgende: 

1)  Eine  Blechschale  mit  schrägen  Wänden,  deren  Boden  zum 
größten  Teile  entfernt  und  durch  eine  aufgekittete  Glasscheibe  ersetzt 
ist,  bildet  den  Behälter  zur  Aufnahme  der  übrigen  Teile  des  Apparates. 
Durchmesser  der  Schale  unten  16  cm,  oben  18  cm.  Höhe  der  Wände 
5 cm.  Oeffnung  im  Boden  12  cm.  An  der  Außenseite  der  Wand 
trägt  sie  2 kleine  Haken,  um  die  Glocke  (siehe  No.  3)  vermittelst 
Bindfaden,  welchen  man  2 — 3mal  umschlingt,  fest  auf  den  Boden 
drücken  zu  können.  Behufs  dichten  Schlusses  ist  es  zweckmäßig, 
die  den  Boden  bedeckende  Glasplatte  bis  an  die  Seitenwände  der 
Schale  gehen  zu  lassen. 

2)  Ein  kleiner  Tisch,  3 cm  hoch,  13  cm  im  Durchmesser,  dessen 
Seitenwände  aus  durchlöchertem  Bleche,  dessen  Platte  aus  Glas  be- 
steht, erlaubt,  daß  eine  Doppelschale  der  üblichen  Art  und  ein  Be- 
hälter für  alkalisches  Pyrogallol  auf  ihm  Platz  finden.  Die  Glasplatte 
läßt  sich  leicht  aus  dem  Falze  des  Tisches  entfernen  behufs  bequemer 
Reinigung;  den  Behälter  für  Pyrogallol  bildet  ein  15  mm  hohes,  10  mm 


Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober  Bacillen.  039 

breites,  die  Doppelschale  außen  zum  größten  Teile  umgebendes  Blech- 
gefäß. 

3)  Die  Glocke,  mit  welcher  man  den  Tisch  bedeckt,  besteht  aus 
einer  Blechschale,  14,5  cm  im  Durchmesser,  mit  geraden,  7 cm  hohen 
Wänden  und  eingekitteter  Glasplatte,  12  cm  im  Durchmesser  wie  bei 
No.  1.  An  der  einen  oberen  Ecke  trägt  dieselbe  einen  eingelöteten 
Messinghahn  behufs  Zuleitung  von  Wasserstoff,  an  der  entgegen- 
gesetzten unteren  dagegen  ein  gläsernes,  bewegliches  Ableitungsrohr. 
Dasselbe  besteht  aus  einem  dünnen,  im  rechten  Winkel  gebogenen 
Glasrohre,  dessen  kürzerer  Schenkel  2 cm  lang  ist,  während  der  andere 
7—8  cm  Länge  besitzt.  Man  setzt  dieses  Rohr  mit  Hilfe  eines  durch- 
bohrten und  hierauf  mit  Paraffinum  solidum  getränkten  Korkes  fest 
in  ein  in  der  Wand  der  Glocke  eingelötetes  Messingrohr  von  12 
— 15  mm  Länge  und  Durchmesser  ein ; man  kann  alsdann  dem  Glas- 
röhre eine  beliebige  Stellung  geben. 

4)  Als  Teller,  um  bei  Benutzung  des  Apparates  die  Glocken  aus 
der  Hand  zu  setzen,  das  von  ihnen  abtropfende  Paraffin  aufzufangen 
uud  Schmutzereien  nach  Möglichkeit  zu  verhüten,  benutzt  mau  eine 
Zinkplatte  mit  aufgebogenen,  etwa  1 cm  hohen  Rändern,  30—35  cm 
im  Durchmesser. 

Ehe  man  einen  neuen  Apparat  zur  Anlage  von  Kulturen  benutzt, 
ist  es  notwendig,  dem  Mennigekitt  an  einem  warmen  Orte  8 Tage 
Zeit  zum  Trocknen  zu  lassen  und  hierauf  eine  Prüfung  auf  Dichtig- 
keit vorzunehmen.  Dieselbe  geschieht  in  folgender  Weise:  Auf  den 
Boden  der  Schale  gießt  man  soviel  Paraffinum  liquidum  albissimum, 
daß  die  Schicht  15—18  mm  hoch  ist;  stellt  das  Ableitungsrohr  der 
Glocke  senkrecht,  setzt  sie  auf  den  Boden,  bindet  sie  fest  und  leitet 
nun  Wasserstoff  durch.  Ein  über  das  Ableitungsrohr  gestülptes 
Reagenzglas  erlaubt  ohne  Gefahr  die  Prüfung  auf  Reinheit  des 
Wasserstoffs  vorzunehmen.  Entzündet  sich  der  Inhalt  des  Glases, 
dessen  Oeffnung  man  nach  unten  hält,  an  einer  Flamme,  statt 
pfeifend  mit  einem  schwachen  Puffe,  so  dreht  man  das  Ableitungs- 
rohr fast  auf  den  Boden  der  Schale  und  leitet  so  lange  Wasserstoff 
zu,  bis  das  Paraffin  außen  3 — 4 cm  höher  steht  als  innen,  schließt 
hierauf  den  Zuleitungshahn  und  überläßt  den  Apparat  24  Std. 
sich  selbst.  Soll  er  brauchbar  sein,  so  darf  sich  der  Stand  des 
Paraffins  nach  dieser  Zeit  nicht  verändert  haben.  Zum  Einfetten  des 
Hahnes  benutze  ich  Lanolinum  anhydricum. 

Beim  Beginne  meiner  Versuche  hatte  ich  mir  einen  derartigen 
Apparat  in  größeren  Dimensionen  angefertigt,  so  daß  auf  dem  Tische 
desselben  bequem  4 Doppelschalen,  von  denen  eine  alkalisches  Pyro- 
gallol  enthielt,  Platz  fanden.  Die  Ungleichheit  in  der  Entwickelung 
der  Kolonieen  bei  den  einzelnen  Verdünnungen  und  der  Uebelstand, 
daß  man  z.  B.  die  Originalplatte  nicht  entfernen  kann,  ohne  die  zurück- 
bleibenden Schalen  in  der  Entwickelung  zu  schädigen,  resp.  die  Glocke 
von  neuem  mit  Wasserstoff  füllen  zu  müssen,  haben  mich  veranlaßt, 
dem  oben  beschriebenen  Apparate  mit  kleineren  Dimensionen  den  Vor- 
zug zu  geben,  so  daß  jede  Doppelschale  ihren  besonderen  Apparat 
erhält  und  unabhängig  von  den  anderen  untersucht  werden  kann. 


640 


Z e t Cn  o w , 


Die  Anzahl  der  einzelnen  Apparate  wird  sich  daher  nach  der  Anzahl 
der  Verdünnungen  richten  und  meist  der  Dreizahl  entsprechen. 

Zur  Entwickelung  des  Wasserstoffs  benutze  ich  statt  der  üblichen 
Apparate  nach  Kipp  & Mohr  lieber  eine  gewöhnliche  Gasentbindungs- 
flasche von  1,5  1 Inhalt,  da  dieselbe  einen  kräftigeren  Gasstrom  liefert. 
Das  Trichterrohr  derselben  versieht  mau  mit  Hilfe  eines  Stückchen 
Gummischlauch  mit  einer  ausgezogenen  Glasröhre;  die  Oeffnung  der 
letzteren  muß  so  eng  sein,  daß  beim  Eingießen  von  Flüssigkeit  Luft 
nicht  mit  hinuntergerissen  wird.  Zur  einmaligen  Füllung  eines  aus 
drei  Glocken  bestehenden  Apparates  sind,  wie  mir  viele  Versuche 
gezeigt  haben,  25 — 301  Wasserstoff  vollkommen  genügend;  zu  deren 
Herstellung  sind  85  g Zink  und  75  ccm  konzentrierte,  von  Arsenik 
freie  Schwefelsäure  notwendig.  Füllt  man  daher  die  Entwickelungs- 
flasche mit  Abfällen  von  Zinkblech  fast  voll  und  stellt  sich  eine  halbe 
Stunde  vor  Gebrauch  des  Apparates  ein  Gemisch  von  500  ccm  Wasser 
mit  75  ccm  Schwefelsäure  dar,  so  daß  dasselbe  noch  warm  zur  Be- 
nutzung gelangt,  so  kann  man  in  30 — 40  Minuten  die  Luft  aus  dem 
Apparate  verdrängen. 

Ferner  bedarf  man  einiger  Pyrogallolstücke,  welche  man  sich  im 
Vorräte  herstellt,  indem  man  10  g Pyrogallol  mit  soviel  Alkohol  be- 
feuchtet, daß  eine  gerade  knetbare  Masse  entsteht  und  diese  in  18 
— 20  Kugeln  teilt. 

Zum  Waschen  des  Wasserstoffs  verwendet  man  zwei  Flaschen, 
von  denen  die  erste  mit  alkalischer  Blei-,  die  zweite  ebensolcher 
Pyrogallollösung  beschickt  ist. 

Soll  der  Apparat  benutzt  werden,  so  gießt  man  in  gewöhnlicher 
Art  die  Platten,  stellt  alsdann  während  des  Erstarrens  der  Gelatine 
die  Glocken  der  Apparate  auf  das  Abtropfblech,  giebt  den  3 Blech- 
schalen durch  untergelegte,  1 cm  hohe  Leisten  eine  schiefe  Stellung; 
beschickt  die  Pyrogallolkästchen  an  den  höchsten  Stellen  mit  je 
2 Pyrogallolstücken,  giebt  hierauf  an  die  tiefste  Stelle  10 — 12  ccm 
verdünnte  Natronlauge  derartig,  daß  dieselbe  das  Pyrogallol  vorläufig 
nicht  berührt ; setzt  alsdann  die  Doppelschalen  aut  den  Glastisch  und 
entfernt  den  Deckel  derselben  erst  im  letzten  Augenblicke,  wenn  man 
die  Glocke  überdecken  und  festbinden  will.  Nun  verbindet  man  durch 
Gummischläuche  den  mit  der  Hälfte  der  Schwefelsäure  in  Thätigkeit 
gesetzten  Wasserstoflfapparat  mit  dem  Zuleitungshahne  des  ersten  Appa- 
rates; dessen  gläsernes  Ableitungsrohr  mit  demjenigen  des  zweiten 
u.  s.  f.,  während  man  über  das  letzte  Ableitungsrohr  ein  Reagenzglas 
stürzt:  Gelangt  die  verdünnte  Schwefelsäure  zu  heiß  zur  Verwendung, 
so  mäßigt  man  die  allzu  starke  Entwickelung  durch  Einsetzen  der 
Flasche  in  laues  Wasser;  ist  sie  zu  kalt,  so  erhält  man  keinen  leb- 
haften Strom  von  Wasserstoflfgas.  Ist  auch  die  zweite  Hälfte  der 
Schwefelsäure  nach  15 — 20  Minuten  vorsichtig  nachgegossen  und  geht 
schließlich  die  Entwickelung  ihrem  Ende  entgegen,  so  entfernt  man 
die  untergelegten  Leisten,  damit  die  Natronlauge  das  Pyrogallol  auf- 
lösen  kann;  dreht  das  gläserne  Ableitungsrohr  des  letzten  Apparates 
unter  die  Oberfläche  des  Paraffins,  beinahe  bis  auf  den  Boden,  wartet, 
bis  das  zuströmende  Gas  durch  das  Rohr  entweicht;  schließt  den  Zu- 
leitungshahn und  entfernt  schnell  den  Gummischlauch  vom  Ableitungs- 


Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober  Bacillen. 


641 


rohre  des  mittleren  Apparates;  senkt  dieses  unter  das  Paraffin  u.  s.  w. 
In  den  Glocken  befinden  sich  nun  die  Kulturen  unter  einem  Drucke 
von  etwa  3 cm  Paraffin  in  einer  reinen  Atmosphäre  von  Wasserstoff. 
Selbst  die  geringsten  Spuren  von  etwa  noch  vorhandenem  Sauerstoffe 


Fig.  2. 


werden  alsbald  vom  Pyrogallol  absorbiert;  von  der  außerordentlichen 
Energie,  mit  welcher  Pyrogallol  in  alkalischer  Lösung  Sauerstoff 
absorbiert  und  sich  zugleich  braun  färbt,  kann  man  sich  leicht  durch 
folgenden  Versuch  überzeugen : Füllt  man  eine  Flasche  mit  Gummi- 
verschluß von  etwa  100  ccm  Inhalt  mit  ausgekochtem  Wasser  an, 


642 


Zettnow,  Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober  Bacillen. 


setzt  einige  Kubikcentimeter  Natronlauge  hinzu  und  hierauf  die  Flasche 
während  30 — 40  Minuten  in  einen  Topf  mit  kochendem  Wasser,  sorgt 
durch  Nachfällen  von  kochendem  Wasser,  daß  sie  zum  Ueberlaufen 
voll  ist,  wrirft  hierauf  ein  Stückchen  Pyrogallol  hinein  und  verschließt 
augenblicklich  die  Flasche,  so  erhält  man  eine  sehr  wenig  gefärbte 
Flüssigkeit,  welche,  guten  Verschluß  der  Flasche  vorausgesetzt,  sich 
beliebig  lange  aufbewahren  läßt,  ohne  daß  die  Färbung  zunimmt. 
Sowie  man  jedoch  den  Verschluß  für  1 Sekunde  öffnet,  so  daß  der 
beim  Erkalten  der  Flüssigkeit  gebildete  leere  Raum  etwa  3 ccm  sich 
mit  Luft  füllen  kann,  erhält  man  eine  tief  dunkelbraune  Flüssigkeit 
nach  dem  Umschütteln.  Das  Gewicht  des  absorbierten  Sauerstoffs 
beträgt  etwa  3/4  Milligramm. 

Läßt  man  die  Entwickelung  der  Kulturen  bei  höherer  als  Zimmer- 
temperatur vor  sich  gehen,  so  ist  eine  Bedeckung  der  Glockenober- 
fläche anzuraten,  da  sich  sonst  an  ihr  leicht  Wasser  kondensiert  und 
die  beschlagene  Glasscheibe  den  Einblick  hindert.  Um  die  Platten 
bei  durchfallendem  Lichte  zu  betrachten,  richtet  man  sich  eine  Holz- 
kiste derartig  zu,  daß  man  in  der  einen  schmalen  Seite  eine  Oeffuung 
von  etwa  10  cm  anbringt  und  die  Kiste,  nach  Entfernung  des  Deckels, 
mit  der  nun  offenen  Seite  einem  Fenster  gegenüber  aufstellt.  Setzt 
man  nun  den  Apparat  auf  die  obere  kleine  Oeffnung,  so  kann  man 
durch  einen  schräg  gestellten  Spiegel  das  Hiramelslicht  nach  oben 
hin  werfen.  Bringt  man  zum  Schutze  für  die  Augen  ein  schwarzes 
Stück  Pappe  an  der  oberen  Kante  der  offenen  Seite  an,  so  kann 
man  die  Platten  in  derselben  Art  bei  durchfallendem  Lichte  betrachten, 
wie  man  dies  bei  den  aeroben  zu  thun  pflegt. 

Mit  Verunreinigungen  habe  ich  bei  meinen  Versuchen  nicht  zu 
kämpfen  gehabt,  trotzdem  besondere  Vorsichtsmaßregeln,  wie  z.  B. 
Wattefilter  zwischen  den  einzelnen  Apparaten,  zu  ihrer  Vermeidung 
nicht  angewendet  wurden.  Ich  verdanke  meinem  Apparate  ausge- 
zeichnete Kolonieen  der  pathogenen  anaeroben  Bacillen,  habe  auch 
Klatschpräparate  derselben  angefertigt,  sowie  lebende  Tetanusstäbchen 
mit  Sporen  photographiert.  Denjenigen,  welche  sich  für  mikrophoto- 
graphische Aufnahmen  interessieren,  bin  ich  gern  bereit,  gegen  Er- 
stattung der  Kopierkosten  von  75  Pf.  pro  Stück,  Abzüge  von  meinen 
Aufnahmen  zu  senden. 

Von  den  beiden  Skizzen  deutet  die  eine  den  Apparat  im  Quer- 
schnitt, die  andere  die  Glocke,  das  Pyrogallolgefaß  und  die  Schale 
in  der  Aufsicht  schematisch  gezeichnet  au. 

Berlin,  d.  16.  März  1894. 


Ed  v.  Freudenreich,  Ueber  eine  Verbesserung  des  Plattenverfahrens.  643 


Ueber  eine  Verbesserung  des  Plattenverfahrens, 

Von 

Dr.  Ed.  v.  Freudenreich, 

Leiter  des  bakteriol.  Laboratoriums  der  Molkereischule  Rütti  bei  Bern. 

In  No.  12  dieser  Zeitschrift,  p.  419  hat  Dr.  W.  Kruse  ein  modi- 
fiziertes Plattenverfahren  beschrieben,  dessen  Vorteile  darin  bestehen, 
daß  nur  oberflächliche  Kolonieen  entstehen,  was  die  Diagnose  be- 
deutend erleichtert.  Dieses  wird  dadurch  erreicht,  daß  die  Platte  vor 
dem  Impfen  in  Petri’sche  Schalen  (Gelatine  oder  Agar)  gegossen 
wird  und  nach  dem  Erkalten  mit  einem  in  die  zu  untersuchende 
Flüssigkeit  (Wasser  u.  s.  w.)  eingetauchten  Pinsel  bepinselt  wird.  Mit 
dem  gleichen  Pinsel  kann  man  nach  einander  2 oder  3 Platten  be- 
pinseln und  auf  diese  Weise  Platten  von  verschiedenen  Verdünnungen 
erhalten. 

Aus  eigener  Erfahrung  kann  ich,  da  ich  dieses  Verfahren  meiner- 
seits auch  früher  angewandt  habe,  die  Vorteile  der  Kruse’schen 
Methode  vollauf  bestätigen.  Seit  beinahe  einem  Jahre  indessen  gebe 
ich  einem  anderen  Verfahren  den  Vorzug,  der  den  gleichen  Zweck 
erreicht  und  mir  noch  bequemer  zu  sein  scheint.  Es  mag  mir  daher 
erlaubt  werden,  dasselbe  hier  kurz  zu  beschreiben : 

Nähr-Agar  oder  Gelatine  werden  in  Petri’sche  Schalen  ge- 
gossen und  zum  Erstarren  gebracht.  Während  letzteres  statttindet, 
bereitet  man  die  nötigen  Verdünnungen  der  zu  untersuchenden  Flüssig- 
keit mit  sterilem  Wasser,  etwa  in  Reagenzgläsern,  mit  Hilfe  einer 
sterilisierten  Pipette  oder  der  Platinöse.  Darauf  gießt  man  einfach 
den  Inhalt  des  Reagenzglases  auf  die  Agar-  resp.  Gelatineschicht 
und  läßt  die  Flüssigkeit  von  der  Platte  abfließen,  indem  man  den 
Deckel  ein  wenig  lüftet  und  die  Platte  in  vertikaler  Stellung  hält, 
bis  die  letzten  Tropfen  abgeflossen  sind.  Man  legt  den  Deckel  wieder 
auf  und  stellt  die  Platte  in  den  Brutofen,  mit  dem  Deckel  nach 
unten  gerichtet.  Man  vermeidet  auf  diese  Weise,  daß  zu  viel  Flüssig- 
keit auf  der  Agarschicht  bleibe.  Hat  man  es  mit  einer  wenig  keim- 
reichen Flüssigkeit  zu  thun,  so  kann  man  sie  selbstverständlich  un- 
verdünnt gebrauchen. 

Wie  ich  mich  durch  unzählige  Platten  überzeugen  konnte,  sind 
zufällige  Verunreinigungen,  wenn  man  etwas  schnell  operiert,  sehr 
selten,  viel  seltener,  als  bei  der  Bepinselung  der  Agarfläche,  auch 
erspart  man  sich  dabei  eine  Anzahl  Pinsel,  die  bei  der  Sterilisierung 
im  Autoklaven  ziemlich  rasch  leiden. 

Je  nach  dem  Verdünnungsgrade  hat  man  mehr  oder  weniger 
Kolonieen  auf  der  Platte;  auf  den  Platten  dritter  und  vierter  Ver- 
dünnung z.  B.  habe  ich  meistens  20—30  Kolonieen,  die  die  Ober- 
fläche gleichmäßig  bedecken. 

Diese  Oberflächenplatten  sind  auch  deswegen  sehr  praktisch,  weil 
die  Nährsubstanz  nicht  mehr  durchsichtig  zu  sein  braucht.  So  wende 
ich  z.  B.  vielfach  Milchnährböden  an,  die  indessen  einer  besonderen 
Bereitung  bedürfen,  denn  wenn  man  Milch  direkt  mit  Agar  oder 


644 


H.  T i m p e , 


Gelatine  im  Autoklaven  sterilisiert,  so  tritt  regelmäßig  eine  Aus- 
scheidung des  Kaseins  ein.  Ich  bereite  mir  daher  2-proz.  Agar  oder 
20-proz.  Gelatine  (mit  Wasser)  und  verteile  diese  in  Portionen  von 
ca.  5 ccm  in  Reagenzgläser.  Gleiche  Portionen  Milch  (centrifugierte 
Milch)  werden  ebenfalls  in  Reagenzgläsern  sterilisiert.  Will  man  nun 
Plattenkulturen  anlegen,  so  erwärmt  man  einige  Reagenzgläser,  bis 
das  Agar  oder  die  Gelatine  flüssig  sind,  und  gießt  sie  mit  der  eben- 
falls erwärmten  Milch  in  Petri’ sehe  Schalen  aus.  Man  bewegt  die 
Schale  hin  und  her,  bis  beide  Flüssigkeiten  gut  durcheinandergemischt 
sind,  läßt  sie  erstarren  und  behandelt  die  Platten,  wie  oben  beschrieben 
wurde.  Solche  Platten  sehen  ganz  gleichmäßig  milchigweiß  aus  und 
sind  unbedingt  der  Milchserumgelatine  vorzuziehen,  da  das  Kasein 
nicht  wie  bei  der  letzteren  ausgefällt  worden  ist. 

Bern,  den  7.  April  1894. 


Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 

Von 

Dr.  H.  Timpe. 

In  No.  12  dieser  Zeitschrift  vom  24  März  d.  J.  glaubt  Herr 
Wolffhügel  für  seine  früheren  von  mir  bereits  genügend  beleuch- 
teten Angaben  über  den  obigen  Gegenstand  weitere  Momente  Vor- 
bringen zu  müssen,  und  sehe  ich  mich  deshalb  ebenfalls  veranlaßt, 
nochmals  auf  dieses  Thema  zurückzukommen. 

Vorab  will  ich  nur  darauf  hinweisen,  daß  Herr  Wolffhügel, 
der  in  seinem  in  No.  5 und  6 dieses  Blattes  enthaltenen  Angriffe 
mein  Verfahren  zur  Neutralisation  der  Nährgelatine  für  sich  in  An- 
spruch nehmen  möchte,  in  No.  12  des  Blattes  bereits  nur  noch  von 
Versuchen  redet,  die  mit  der  nach  meinem  Verfahren  neutralisierten 
Gelatine  angestellt  sind,  und  zwar  klammert  er  sich  dabei  wieder- 
holt an  eine  angebliche  Abmachung,  die  ich  schon  in  meiner  Erwide- 
rung in  No.  10/11  einer  eingehenden  Betrachtung  unterzogen  habe. 

Wenn  nun  aber  Herr  Wolffhügel  zugleich  behauptet,  daß  er 
durch  meine  Widerlegungen  eines  Besseren  nicht  belehrt  worden  sei, 
so  ist  dieses  einer  von  den  vielen  Widersprüchen,  die  sich  in  seiner 
neuesten  Darlegung  bemerkbar  machen,  denn  hier  tritt  Herr  Wolff- 
hügel offenbar  bereits  den  Rückzug  an. 

Beweise  vermag  Herr  Wolffhügel  aber  auch  für  diejenigen 
Behauptungen,  welche  er  gern  aufrecht  erhalten  möchte,  nicht  zu  er- 
bringen, und  sucht  er  deshalb  sein  ganzes  Heil  in  der  Behauptung, 
daß  meine  frühere  Arbeit  über  die  Milchsäuregärung,  auf  welcher 
die  Methode  zur  Neutralisierung  der  Gelatine  beruht,  im  hygienischen 
Institute  zu  Göttingen  entstanden  sei. 

Recht  auffällig  ist  es  schon,  daß  Herr  Wolffhügel  sagt: 
„Wenn  ich  die  Dissertation  als  Gegenstück  mit  in  Erörterung  ge- 
zogen habe,  so  ist  das  in  der  Voraussicht  geschehen,  daß  Herr  T. 


Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 


645 


unberechtigterweise  einen  Zusammenhang  mit  dieser  für  das  Ver- 
fahren zur  Gelatinebereitung  in  Anspruch  nehmen  würde.“  Warum 
setzte  denn  Herr  Wolffhügel  solches  voraus?  Mich  will  es  be- 
dünken,  daß  Herr  Wolffhügel  besser  getban  hätte,  diese  Rede- 
wendung beiseite  zu  lassen,  denn  sie  wird  jedem  denkenden  Leser 
zu  mancherlei  Schlußfolgerungen  Veranlassung  geben,  die  nicht  im 
Interesse  des  Genannten  liegen.  Viel  näher  liegt  die  Vermutung, 
daß  Herr  Wolffhügel  in  gerechter  Würdigung  des  Zusammen- 
hanges einen  Bezug  auf  diese  meine  Arbeit,  die  er  scheinbar  nicht 
ohne  Grund  mit  Vorliebe  als  Dissertation  bezeichnet,  nur  deshalb  ge- 
nommen hat,  weil  er  einige  mit  etlichen  Höflichkeitsphrasen  ausge- 
stattete Briefe  später  für  seine  Zwecke  glaubte  ausnützen  zu  können. 

Sollte  sich  aber  jemand  die  Mühe  machen , diese  von  Herrn 
Wolffhügel  in  so  zarter  Weise  veröffentlichten  Briefe  auf  ihren 
Inhalt  zu  prüfen,  so  wird  er  kaum  etwas  finden,  was  einem  Beweise 
für  die  Wolffhügel’schen  Behauptungen  ähnlich  sieht.  Daß  ein 
Chemiker  in  einem  hygienischen  Institute  in  bakteriologischer  Hin- 
sicht manches  lernen  kann,  was  ihm  bis  dahin  fremd  war,  hätte  man 
Herrn  Wolffhügel  vielleichtauch  ohne  diese  Briefe  geglaubt,  und 
daß  auch  ich  die  Gelegenheit,  in  einem  vom  Staate  mit  schweren 
Mitteln  ausgestatteten  Laboratorium  mein  Wissen  zu  vervollkommnen, 
nicht  unbenutzt  gelassen  habe,  habe  ich  in  besagten  Briefen  in  an- 
erkennenden Worten  konstatiert.  Recht  wunderbar  aber  muß  es  an- 
muten, wenn  Herr  Wolffhügel  deren  Inhalt  auf  seine  Weise  zu 
deuten  und  auszunutzen  versucht,  denn  ein  jeder  wird  Höflichkeits- 
phrasen, die  gelegentlich  einer  Bewerbung  um  eine  Stelle  gemacht 
werden,  auf  ihren  reellen  Wert  zurückzuführen  wissen. 

Ich  würde  diesem  Versuche  des  Herrn  Wolffhügel  daher 
kaum  etwas  hinzuzufügen  haben.  Da  derselbe  mir  nun  aber  einmal 
mit  gutem  Beispiele  vorangegangen  ist,  so  will  ich  nicht  unterlassen, 
auch  die  Antworten  auf  meine  Briefe  der  Oeflentlichkeit  zu  über- 
geben, denn  diese  geben  den  besten  Aufschluß  über  die  Urteilskraft 
des  Herrn  Wolffhügel,  charakterisieren  seine  Kenntnisse  in 
chemischen  Dingen  und  sind  deshalb  besser  als  alles  andere  geeignet, 
seine  Stellung  zu  meiner  fast  rein  chemischen  Arbeit  zu  kenn- 
zeichnen. 

Auf  meinen  Brief  vom  17.  Jan.  1892  antwortet  Herr  Wolff- 
hügel: 

„Göttingen,  14.  Febr.  1892. 

Lieber  H.  T.  Erst  heute  habe  ich  für  Sie  und  die  Durchsicht 
Ihrer  unterm  17.  v.  M.  mir  vorgelegten  Arbeit  eine  ruhige  Stunde 
finden  können 

Auch  heute,  nachdem  ich  die  Arbeit  erst  einer  flüchtigen,  mehr 
orientierenden  Durchsicht  unterzogen  habe,  bin  ich  noch  nicht  imstande, 
sie  ohne  weiteres  als  druckfertig  zu  bezeichnen,  aber  so  viel 
weifs  ich  doch  darüber  zu  berichten,  dafs  ich  mit  grofser  Freude 
davon  Kenntnis  genommen  und  den  Eindruck  daraus 
erhalten  habe,  dafs  Sie  in  Ehren  damit  sich  zum  Doktor- 
examen melden  können.  Im  weiteren  ...wollte  ichsieauch 
H.  Tollens  ...  zu  lesen  geben. 

XV.  Bd. 


41 


646 


H.  Timpe 


Bei  uns  werden  Sie  eine  Verzögerung  in  der  Erfüllung  des  Wun- 
sches einer  baldigen  Promotion  nicht  zu  gewärtigen  haben,  denn  im 
Laufe  dieser  Woche  können  wir  Ihnen  die  Arbeit  (wenn  Sie  wollen, 
wie  sie  geht  und  steht,  oder  auch  mit  Vorschlägen  zu 
Korrekturen  versehen  — Sie  dürfen  nur  befehlen)  zurück- 
senden. . . . 

Hoffentlich  bleibt  Ihnen  neben  der  dienstlichen  Thätigkeit  auch 
Zeit  für  die  Fortsetzung  der  eigenen  Arbeiten.  Ich  erwarte 
dies  um  so  mehr,  weil  Sie  jetzt  sich  in  das  Geleise  des  selbstän- 
digen Arbeitens  einrangiert  haben,  so  dafs  letzteres  Ihnen  selbst 
nicht  mehr  sauer  werden  kann  (trotz  aller  Milchsäure) “ 

Fünf  Tage  später  schreibt  Herr  Wolffhügel  über  denselben 
Gegenstand: 

Göttingen,  den  19.  Febr.  1892. 

Lieber  Herr  Timpe! 

Auf  Ihren  freundl.  Brief  vom  15.  d.  M.  bedauere  ich  Ihnen  nichts 
Erfreuliches  berichten  zu  können.  Herr  Tollen  s hat  zwar  auch  die 
von  Ihnen  erarbeiteten  Materialien  als  ausreichend  für  eine 
.Doktorarbeit  erachtet,  sich  aber  über  die  Behandlung  des  Stoffes  in  der 
Abhandlung  so  wenig  günstig  geäufsert,  dafs  ich  Sie  ersuchen  mufs, 
Ihre  Heise  nach  Leipzig  zu  verschieben.  Nachdem  ich  infolge  dieser 
ungünstigen  Becension  die  Arbeit  neuerdings  in  Augenschein  genommen, 
mufs  ich  die  Auffassung  des  Herrn  T o 1 1 e n s teilen.  . . . etc. 

Warum  hat  Herr  Wolffhügel  nun  nicht  gleich  der  Voll- 
ständigkeit halber  auch  diese  seine  Briefe  zur  Veröffentlichung  ge- 
bracht und  den  verfänglichen  Inhalt  derselben  zu  erklären  versucht? 
Wie  ist  es  möglich,  daß  Herr  Wolffhügel,  wenn  er  den  Inhalt 
meiner  Arbeit  begriffen  hatte  und  wirklich  zu  der  in  seinem  Briefe 
vom  14.  Februar  1892  ausgesprochenen  Ansicht  gelangt  war,  5 Tage 
später  eine  Ansicht  entwickeln  konnte,  die  beim  Vergleiche  mit  der 
ersteren  bei  jedermann  ein  Lächeln  hervorrufen  wird?  Sollte  Herr 
Wollffhügel  in  der  That  nicht  fühlen,  welche  Blöße  er  sich  da- 
mit gegeben  hat,  oder  hoffte  er  vielleicht,  daß  diese  Zeugen  seiner 
Urteilsfähigkeit  inzwischen  der  Vernichtung  anheim  gefallen  seien? 
Herr  Wolffhügel  hat  offenbar  den  durchweg  chemischen  Inhalt 
meiner  Arbeit  gar  nicht  begriffen,  und  weil  ihm  derselbe  ganz  fremd 
war,  weil  er  nur  die  am  Schlüsse  zusammengestellten  Ergebnisse  zu 
schätzen  verstand,  so  war  er  ebenso  maßlos  in  seinen  Lobeserhebungen, 
als  er  es  5 Tage  später  in  seinen  Schmähungen  meiner  Arbeit  war. 
Herr  Wolffhügel  hatte  inzwischen  die  Arbeit  dem  Vorstande  des 
agrikultur  che  mischen  Laboratoriums,  Herrn  Prof.  Toi  lens,  über- 
geben und  die  im  Briefe  vom  19.  Februar  1892  ausgesprochene  An- 
sicht ist  nicht  die  des  Herrn  Wolffhügel,  sondern  die  des  Herrn 
Prof.  Tollens. 

Der  übrige  Inhalt  spricht  für  sich  selbst. 

Wenn  Herr  Wolffhügel  noch  weiterhin  zur  Stütze  seiner  An- 
gaben behauptet,  daß  der  Grund  zu  meinem  Gelatineneutralisations- 
verfahren im  Sommer  1891  durch  einen  Meinungsaustausch  gelegt  sei, 
der  auch  meiner  Doktorarbeit  zu  gute  gekommen  sei,  so  beweist  er 
damit  nur,  daß  er,  falls  er  diese  Behauptung  bona  fide  nieder- 


Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 


647 


geschrieben  haben  sollte,  selbst  nicht  mehr  weiß,  welcher  Art  die 
von  mir  im  Sommer  1891  für  ihn  ausgeführten  Arbeiten  gewesen 
sind  oder  was  er  damit  bezweckt  hat.  Mir  dagegen  ist  noch  recht 
genau  bekannt,  daß  Herr  Wolffhügel  den  Wunsch  hatte,  einen 
Nährboden  zu  besitzen,  der  möglichst  frei  von  den  schädlichen  Bei- 
mischungen der  einzelnen  Bestandteile  war,  besonders  hatte  er  die 
zum  Bleichen  der  Gelatine  benutzte  schweflige  Säure  im  Auge,  wo- 
bei er  indessen  gänzlich  außer  acht  ließ,  daß  S02  wegen  seiner  Un- 
beständigkeit gar  nicht  in  den  gelatinierenden  Zusätzen  enthalten 
sein  konnte.  Ich  hatte  demnach  während  meiner  sechswöchentlichen 
Thätigkeit  in  Göttingen  die  Aufgabe,  eine  Reihe  gelatinierender  Sub- 
stanzen auf  mineralische  Bestandteile  zu  untersuchen,  wie  Herr 
C.  v.  Uslar,  welcher  die  Arbeit  fortsetzte,  zu  bezeugen  bereit  ist. 
Wenn  also  Jemanden  das  Gedächtnis  im  Stiche  läßt,  so  scheint  dieser 
Jemand  einzig  Herr  Wolffhügel  zu  sein. 

Ganz  ebenso  verhält  es  sich  mit  den  übrigen  Behauptungen 
dieses  Herrn,  auf  die  ich  einzeln  wegen  Mangel  an  Raum  nicht  ein- 
gehen  kann,  doch  bin  ich  jederzeit  bereit,  durch  Zeugen  nachzuweisen, 
daß  die  Angaben  desselben  in  recht  bedenklicher  Weise  von  den 
Thatsachen  ab  weichen.  Besonders  ist  dieses  der  Fall  mit  der  Be- 
hauptung des  Herrn  Wolffhügel  in  betreff  der  Aufnahme  meiner 
Arbeit  in  das  Archiv  für  Hygiene,  wozu,  wie  ich  nochmals  behaupte, 
Herr  Wolffhügel  mich  mit  nicht  besonders  ansprechenden  Mitteln 
veranlaßt  hat  und  zu  der  ich  mich  nur  widerstrebend  erst  dann  ver- 
standen habe,  nachdem  ich  die  Herren  Professoren  Toi  lens  und 
Li  eb  scher  unter  Darlegung  des  Sachverhaltes  um  Rat  befragt  hatte. 

Mag  daher  Herr  Wolffhügel  zu  noch  so  sonderbaren  Mitteln 
seine  Zuflucht  nehmen,  die  Thatsache  bleibt  bestehen,  daß  seine  Be- 
hauptungen nichts  weiter  sind,  als  ein  Versuch,  sich  fremdes  geistiges 
Eigentum  anzueignen  und  sein  ganzes  Vorgehen  in  dieser  Angelegen- 
heit kann  nur  als  ein  weiterer  Beweis  dafür  dienen,  denn  wenn  Herr 
Wolffhügel  sich  durch  die  Veröffentlichung  meiner  Arbeit  wirklich 
beeinträchtigt  fühlte,  warum  wählte  er  dann  nicht  den  würdigeren 
Weg,  durch  persönliche  Verhandlungen  zu  seinem  angeblichen  Rechte 
zu  gelangen?! 

Daß  Herr  Wolffhügel  nicht  allein  nicht  von  meinen  Privat- 
arbeiten, sondern  selbst  nicht  einmal  von  den  von  mir  für  das 
hygienische  Institut  ausgeführten  Arbeiten  Kenntnis  hatte,  beweist 
derselbe  durch  2 Karten  des  Herrn  Dr.  Reichenbach,  in  welchen 
er  mich  nach  Niederlegung  meiner  Stellung  bitten  läßt, 
zur  Besprechung  meiner  Versuche  zu  ihm  zu  kommen. 

W'enn  nun  endlich  Herr  Wolffhügel  die  Erwähnung  einer 
Angelegenheit,  die  er  längst  vergessen  und  begraben  wähnte,  kurzer 
Hand  mit  der  Bemerkung  abfertigen  zu  können  glaubt,  daß  solches 
auf  Verleumdung  beruhe,  so  kann  man  ihm  dieses  nicht  verdenken, 
nur  will  ich  Herrn  Wolffhügel  noch  bemerken,  daß  ich  Verleum- 
dungen ihm  allein  überlasse,  und  daß  er  von  dieser  Erlaubnis  bereits 
früher  den  ausgiebigsten  Gebrauch  gemacht  hat,  bin  ich  bereit,  ihm 
auf  Wunsch  an  dieser  Stelle  durch  schriftliche  Belege  nachzuweisen. 

Göttingen,  den  29.  März  1894. 


41 


048  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen 
Kongresse  in  Rom. 

Referent:  Dr.  Gc.  Sanarelli,  Privatdozent  in  Rom. 

Chiari , H.  (Prag) , Ueber  das  Vorkommen  von  Typhus- 
bacillen in  der  Gallenblase  bei  Typhus  abdominalis. 

Angeregt  durch  einen  Fall  von  durch  Typhusbacillen  bedingter 
schwerer,  nekrosierender  Cholecystitis,  der  im  April  1893  zur  Be- 
obachtung gelangte,  unternahm  Chiari  an  einem  größeren  Sektions- 
materiale das  systematische  Studium  der  Frage  des  Vorkommens  von 
Typhusbacillen  in  der  Gallenblase  bei  an  Typhus  abdominalis  ver- 
storbenen Menschen. 

Es  erschien  das  deswegen  von  Interesse,  weil  zwar  mehrfache 
Angaben  über  das  Vorkommen  schwerer  Cholecystitis  bei  Typhus 
abdominalis  vorliegen,  so  namentlich  bei  Hölscher,  Typhusbacillen 
in  den  Gallenwegen  bisher  aber  nur  selten  (Gilbert  et  Girode, 
L6tienne,  Dupr6,  Guarnieri  und  Chiari)  nachgewieseu 
wurden. 

Chiari  untersuchte  im  ganzen  22  Fälle  von  Typhus  abdomi- 
nalis, und  zwar  2 Fälle  aus  dem  Stadium  infiltrationis,  7 Fälle  aus 
dem  Stadium  necroseos,  6 Fälle  aus  dem  Stadium  ulcerationis,  4 Fälle 
aus  dem  Stadium  separationis  und  3 Fälle  von  Typhus  recidivus. 

Die  Diagnose  der  Typhusbacillen  stützte  sich  stets  auf  verschie- 
dene Momente,  i.  e.  auf  die  Kulturen  in  Agarplatten,  im  Agarstriche, 
im  hohen  Agar,  im  Gelatinestiche,  auf  Kartoffeln  uud  in  Milch,  auf 
die  negative  Indolreaktion  in  Bouillon,  auf  die  Beweglichkeit,  die 
Geißeln  und  die  Entfärbung  der  Bacillen  nach  Gram.  Die  Virulenz 
der  Typhusbacillen  wurde  durch  intraperitoueale  Injektion  bei  Meer- 
schweinchen geprüft. 

In  den  22  Fällen  wurden  19mal  Typhusbacillen  aus  dem  Inhalte 
der  Gallenblase  kultiviert.  Nur  3 Fälle  waren  negativ,  und  zwar 
1 Fall  aus  dem  Stadium  infiltrationis  uud  2 Fälle  aus  dem  Stadium 
necroseos. 

Die  Typhusbacillen  waren  meist  die  einzigen  Bakterien,  die  sich 
aus  dem  Inhalte  der  Gallenblase  züchten  ließen.  Nur  4mal  fanden 
sich  daneben  noch  andere  Bakterien. 

Die  Typhusbacillen  waren  meist  in  großer  Zahl  in  der  Gallen- 
blase vorhanden,  wie  aus  der  Untersuchung  der  Deckglaspräparate 
hervorging. 

Zu  wiederholten  Malen  fand  sich  Entzündung  in  der  Gallenblase, 
und  zwar  I3mal  unter  den  19  positiven  Fällen.  Meist  betraf  die 
Entzündung  nur  die  Mucosa,  in  1 Falle  aber  sämtliche  Wandschichten 
der  Gallenblase. 

Chiari  zieht  aus  seiner  systematischen  Untersuchung  den 
Schluß,  daß  beim  Typhus  abdominalis  überhaupt  das 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  649 


H i n ei  ngelan  ge  n von  Typhusbacillen  in  die  Gallen- 
blase keineswegs  zur  Ausnahme,  sondern  im  Gegen- 
teile zur  Regel  gehört. 

Der  Weg,  den  die  Typhusbacillen  einschlagen,  um  in  die  Gallen- 
blase zu  gelangen,  könnte  ein  doppelter  sein ; entweder  ascendieren 
sie  vom  Darme  aus,  wie  das  bei  anderen  Bakterien  bestimmt  vor- 
kommt, oder  sie  kommen  durch  die  Blutbahn  in  die  Gallenblase, 
wofür  namentlich  die  Experimente  von  Blachstein  und  auch 
eigene  Experimente  Ch i ar  i’s  sprechen.  Eine  definitive  Entscheidung 
darüber  kann  aber  noch  nicht  getroffen  werden. 

Die  Typhusbacillen  können  sich  in  der  Gallenblase  vermehren, 
da  die  Galle  nach  Corrado  für  sie  indifferent  ist.  Für  die  Ver- 
mehrung spricht  die  oft  sehr  große  Zahl  der  Typhusbacillen  in  der 
Gallenblase. 

Bezüglich  der  klinischen  Bedeutung  des  Hineingelangens 
der  Typhusbacillen  in  die  Gallenblase  kann  gesagt  werden,  daß  sie 
Cholecystitis  erzeugen  können,  welche  mitunter  geradezu  zur  Todes- 
ursache wird.  Weiter  ist  es  wahrscheinlich,  daß  sie  Cholelithiasis 
anzuregen  vermögen  und  endlich,  daß  sie  die  Veranlassung  zu  einem 
Recidive  des  Typhusprozesses  im  Darme  abgeben  können,  indem  sie 
bei  stärkerem  Einfließen  der  Galle  in  den  Darm  aus  der  Gallenblase 
in  diesen  gelangen  und  denselben  neuerdings  infizieren  können. 

Tsuboi,  Jiro,  Die  Cholera  asiatica  als  eine  Nitrit- 
vergiftung. 

Verf.  erörtert  zuerst  alle  Gründe,  welche  bei  Gegenwart  von 
Kommabacillus  und  Nitrat  im  menschlichen  Darme  eine  akute 
Nitritvergiftung  veranlassen  können.  Als  Beweise  dafür  giebt  derselbe 
die  Resultate  der  Tierexperimente  an,  die  er  gemeinschaftlich  mit 
Prof.  Emmerich  ausgeführt  hat.  Wenn  die  asiatische  Cholera 
eine  Nitritvergiftung  ist,  so  müßte  man  bei  Cholerakranken  jedesmal 
Methämoglobin  finden.  Dies  scheint  aber  nach  ihm  voraussichtlich 
nicht  der  Fall  zu  sein.  Durch  Versuche  an  seinem  eigenen  Blute 
im  Vergleiche  mit  Meerschweinchenblut  hat  er  gefunden,  daß  zur 
spektroskopisch  nachweisbaren  Methämoglobinbildung  bei  Menschen 
fast  1 g Nitrit  notwendig  ist.  Bevor  1 g Nitrit  im  menschlichen 
Darme  gebildet  wird,  tritt  schon  der  Tod  ein.  Daher  wird  man 
im  Cholerablute  nur  bei  gewissen  Fällen  Methämoglobin  zu  finden 
sein. 

Nannotti,  A.,  Ueber  die  Wirkung  der  sterilisierten 
Eitersubstanzen  bei  Impfungen. 

Verf.  hat  durch  seine  Versuche  über  die  pathogene  Wirkung 
der  Absonderungsprodukte  des  Staphylococcus  pyogenes  zu- 
erst bewiesen,  daß  der  Marasmus,  welchem  die  an  chronischer 
Eiterung  leidenden  Individuen  entgegen  gehen,  hauptsächlich  von  einer 
Vergiftung  durch  die  Absonderungsprodukte  jenes  Pyogenes  her- 
rührt. Verf.  berichtet  nun  über  die  bei  der  Impfung  der  sterilisierten 
Eiterungsprodukte  erhaltenen  Resultate.  Dieselben  sind  die  folgenden : 


650  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


1)  Die  Impfungen  der  sterilisierten  Eiterungsprodukte  haben  unge- 
fähr eine  identische  Wirkung  wie  die  Absonderungsprodukte  des 
Staphylococcus  pyogenes. 

2)  Die  Hauptwirkung  der  fraktionierten  Impfungen  ist  der  Ma- 
rasmus. 

3)  Die  toxische  Wirkung  der  Impfungen  von  Eiterungsprodukten  in 
das  subkutane  Bindegewebe  ist  stärker  als  diejenige,  welche  bei 
der  Impfung  in  dem  Blutkreisläufe  veranlaßt  wird. 

Nannotti  und  Baciocchi,  Ueber  den  Mechanismus  und  über 

den  Genesu  ngsprozeß  der  tuberk  ulösen  Peri  tonitis 

durch  die  Laparotomie. 

Verff.,  welche  zum  erstenmale  die  Frage  experimentell  zu  beant- 
worten suchen,  kommen  nach  einer  großen  Reihe  von  Versuchen  zu 
den  folgenden  Schlüssen: 

1)  Die  Laparotomie  übt  unzweifelhaft  einen  wohlthätigen  Einfluß 
auf  die  tuberkulöse  Peritonitis  auch  bei  den  niederen  Tieren  aus. 

2)  Bei  Kaninchen  erhält  man  fast  immer  eine  mehr  oder  weniger 
anzuerkennende  Verbesserung,  aber  nie  Genesung. 

3)  Bei  Hunden  bringt  nur  ausnahmsweise  die  Laparotomie  keine 
Verbesserung  hervor,  sondern  im  allgemeinen  hat  sie  ein  voll- 
ständiges oder  fast  vollständiges  Verschwinden  der  tuberkulösen 
Peritonitis  zur  Folge. 

4)  Das  Verschwinden  der  Peritoneumtuberkulose  vollzieht  sich  durch 
Reabsorption  und  Umwandlung  im  Bindegewebe. 

5)  Die  Reabsorption  der  Tuberkel  findet  statt  infolge  der  Zer- 
störung des  Tuberkelerregers  (Phagocytose)  und  der  Neugefäß- 
bildung. Die  Neugefäßbildung  trat  sehr  deutlich  bei  den  Ver- 
suchen mit  Hunden  hervor. 

6)  Infolge  der  Umwandlung  im  Bindegewebe  hat  man  nachher  viel- 
seitige Berührungspunkte  unter  den  Unterleibsorganen  und  in 
den  Därmen  untereinander.  Diese  Berührungspunkte  können  im 
weiteren  Verlaufe  derartige  Verletzungen  hervorbringen,  daß 
durch  dieselben  ebenso  viele  morböse  Erscheinungen  entstehen. 

7)  Die  Wirksamkeit  der  Laparotomie  bei  der  tuberkulösen  Peritonitis 
zeigt  sich  manchmal  nur  nach  wiederholten  Operationen. 

8)  Die  Zurückbildung  der  Tuberkel  nach  der  Laparotomie  geht 
rasch  vor  sich,  aber  im  allgemeinen  bleiben  immer  einige  In- 
fektionsherde zurück,  welche  schwer  verschwinden,  so  daß  man 
nur  mit  größter  Vorsicht  von  Genesung  sprechen  darf,  auch 
wenn  die  klinischen  Erscheinungen  dieselbe  als  vollständig  an- 
zusehen erlauben  möchten. 

9)  Der  wohlthätige  Einfluß  der  Laparotomie  scheint  nicht  erhöht 
zu  werden  durch  das  Waschen  der  Bauchhöhle. 

10)  Die  physio-pathologische  Wirkung  der  Laparotomie  bei  gesunden 
Tieren  besteht  in  einer  Entzündung  des  Peritoneums,  welche  von 
einer  wesentlichen  Steigerung  der  Reabsorptionskraft  desselben 
begleitet  ist. 

11)  Es  würde  also  scheinen,  als  ob  die  wohlthätigen  Einflüsse  der 
Laparotomie  bei  der  Peritoneumtuberkulose  an  eine  Entzündung 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  ß51 


gebunden  wären,  so  daß  außer  einer  Steigerung  der  Reab- 
sorptionskraft  des  Peritoneums  die  Zerstörung  des  Tuberkel- 
erregers sowie  die  Gefäßbildung  der  Tuberkel  und  ihre  darauf- 
folgende Reasorption  hervorgerufen  würde. 

Roger  (Paris),  Die  Leber  in  den  Infektionskrankheiten. 

In  der  Leber  können  die  verschiedensten  Infektionskrankheiten 
anatomische  Verletzungen  oder  Störungen  in  ihren  Funktionen  ver- 
ursachen. Die  Verletzungen  variieren  nicht  nur  von  einer  Krankheit 
zur  anderen,  sondern  auch  im  Verlaufe  einer  und  derselben  Krankheit, 
welche  sich  in  Tieren  von  gleicher  oder  verschiedener  Species  ent- 
wickelt. So  z.  B.  ruft  die  Tuberkulose  in  den  Hühnern  eine  vitröse 
Degeneration,  in  den  Fasanen  eine  amyloide  Degeneration,  in  den 
Meerschweinchen  Knoten  oder  einen  eigentümlichen  Marasmus  (Typus 
Y er  sin)  hervor.  Durch  den  Bacillus,  welchen  Verf.  unter  dem 
Namen  Bacillus  septicus  puti dus  beschrieben  hatte,  konnte 
er  in  der  Leber  Thrombose,  hyalinische  Degenerationen,  embryonale 
Infiltrationen,  systematische  periportale  Cyrrhosen  hervorbringen. 
Alle  diese  Verletzungen  hat  er  durch  sterilisierte  und  filtrierte  Kul- 
turen wiedererzeugen  können,  was  beweist,  daß  alle  von  Thrombose 
bis  zur  Sklerose  von  einem  toxischen  Prozesse  herrühren. 

Es  genügt  nicht  bloß,  die  anatomischen  Verletzungen  der 
Leber  zu  kennen,  sondern  man  muß  auch  den  Zustand  ihrer  Funk- 
tionen studieren.  Es  ist  bekannt,  daß  die  Leber  die  Mehrzahl  der 
Gifte,  welche  ihr  von  der  Vena  porta  zugeführt  werden  und  be- 
sonders die  Bakteriengifte  zurückhält  und  umwandelt.  Diese  Funktion, 
wie  Verf.  schon  gezeigt  hat,  ist  an  der  Anwesenheit  des  Glykogens 
innigst  gebunden  und  deshalb  wurde  er  veranlaßt,  zu  unter- 
suchen, wie  sich  das  Glykogen  im  Verlaufe  der  Infektion  ändert. 
Beim  Studium  des  Milzbrandes  und  der  Streptokokkeninfektion  in  den 
Kaninchen  konnte  Verf.  nachweisen,  daß  im  Verlaufe  der  ersten 
Periode  dieser  Infektionen  die  Menge  des  Glykogens,  welches  in  den 
Zellen  enthalten  ist,  normal  bleibt;  und  trotz  der  thermischen  Er- 
höhung, welche  bis  41°  und  darüber  steigt,  die  Menge  des 
Zuckers,  welche  das  Blut  enthält,  nicht  variiert.  Später,  wenn 
schlimmere  Phänomene  eintreten  und  die  Temperatur  sinkt,  ver- 
schwindet einerseits  das  Glykogen  schnell,  während  andererseits  der 
Zuckergehalt  des  Blutes  bei  Milzbrand  bis  2 — 3 °/00  steigt,  bei  Strepto- 
kokkeninfektion dagegen  bis  zum  Verschwinden  sinkt. 

Man  kann  daraus  schließen,  daß  die  Leber  trotz  des  Fiebers  den 
Organismus  gegen  die  Bakteriengifte  oder  andere  weiter  schützen 
kann.  Diese  Resultate  erlauben  zahlreiche  klinische  Anwendungen 
und  erklären  besonders  die  Schwere  der  Infektionskrankheiten  bei 
solchen  Leuten,  welche  schon  vorher  an  einer  Leberkrankheit  litten. 

Roger  (Paris),  Ueber  die  Wirkung  der  Bakteriengifte 
aufs  Herz. 

Verf.  hat  mittelst  der  graphischen  Methode  die  Wirkung  studiert, 
welche  die  Gifte  folgender  Bakterien,  B.  septicus  putidus,  B.  coli, 
B.  diphtheriae,  Proteus  vulgaris  auf  das  Herz  von  Fröschen 


652  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


ausübt.  Die  Kulturen  dieser  vier  Mikroben  verlangsamen  die  Herz- 
schläge, steigern  die  Dauer  der  Systole,  dessen  Diagramm  geradlinig 
wird  und  verlängern  die  Diastole.  Die  Weite  der  Kontraktionen  ver- 
ringert sich  unter  dem  Einflüsse  der  Gifte  der  Diphtheritis  und 
Coli,  sie  bleibt  dagegen  normal  oder  nimmt  zu  unter  jenem  des 
Proteus  und  des  B.  septicus.  Die  faradische  Reizbarkeit  des 
Herzens  wird  durch  diese  Gifte  nicht  verändert,  ausgenommen  von 
jenen  des  B.  septicus.  Die  durch  diese  Bakterien  abgesonderten 
Gifte,  oder  genauer  ausgedrückt,  die  Substanzen,  welche  man  durch 
Alkohol  aus  den  Kulturen  ausfällen  kann,  machen  das  Herz  voll- 
kommen unreizbar. 

Man  kann  es  nicht  mehr  durch  das  Elektrisieren  des  Vagus  zur 
Ruhe  bringen,  man  kann  nicht  mehr  durch  einen  nach  den  Herz- 
muskeln geleiteten  Strom  die  Art  und  den  Rhythmus  der  Kontraktionen 
ändern. 

Endlich  ein  letzter  Charakterzug  dieser  Vergiftung  besteht  darin, 
daß  das  Herz  in  Diastolen  zu  schlagen  aufhört,  nachdem  die  Systolen, 
welche  sehr  energisch  bleiben,  aber  immer  seltener  werden,  bis  zu 
einem  Intervall  von  einer  Minute,  um  nachher  vollständig  auszu- 
bleiben. 

Bouchard  und  Charrin,  Ueber  die  Gründe  der  Unschäd- 
lichkeit einiger  Parasiten. 

Die  Parasiten  des  Menschen  können  schädlich,  nützlich  oder  in- 
different sein.  Einige  Parasiten , welche  in  dem  Menschen  im 
saprophytischen  Zustande  leben,  können  sehr  schädlich  werden,  wenn 
sie  sich  im  Organismus  anderer  Tiere  entwickeln.  Im  allgemeinen 
zeigen  die  Parasiten,  welche  in  der  Luft  Vorkommen,  keine  große 
Virulenz. 

Verff.  haben  den  Grund  dieses  Verhaltens  studiert  vermittelst 
einer  mit  der  Oospora  Guignardi  ausgeführten  Reihe  von  Ver- 
suchen ; einem  Pilze,  welcher  in  der  Luft  lebt  uud  gewöhulich  nicht 
pathogen  ist,  wenn  er  auch  mit  den  Luftröhrenschleimhäuten  in  Be- 
rührung gekommen  ist.  Diesen  Pilz  züchtet  man  gut  auf  Kartoffeln, 
in  Gelatine , Bouillon,  Milch  etc.  und  besonders  in  den  Bouillon- 
kulturen zeigt  er  viele  Berührungspunkte  mit  dem  Milzbrand- 
bacillus, da  er  weißliche,  aus  langen  Fasern  bestehende  Flocken 
bildet,  welche  zahlreiche  Sporen  enthalten.  Verff.  haben  die  Kulturen 
in  den  verschiedensten  Teilen  des  Körpers  (Blutgefäße,  Luftröhre, 
Rippenfell,  Peritoneum,  Verdauungskanal,  Unterhautgewebe,  Meningen, 
Auge,  Sierosen  etc.)  von  Kaninchen,  Meerschweinchen,  Vögeln,  aber 
immer  ohne  Erfolg,  ausgenommen  2 mal  unter  23  Fällen  eingeimpft. 

Wenn  das  Tier  stirbt,  findet  man  bei  der  Autopsie  nur  eine  all- 
gemeine Kongestion  der  Organe.  Wenn  aus  diesen  Organen  Kulturen 
angelegt  werden,  erhält  man  nur  positive  Kulturen  während  2 — 5 Tagen 
nach  der  Injektion.  Die  Mikroben  findet  man  in  größerer  Quantität 
in  der  Leber  vor,  vielleicht  wegen  des  Glykogens,  das  darin  ent- 
halten ist. 

Gegenüber  den  Antiseptika  (Borsäure,  Quecksilberchlorid,  Naphtol) 
scheint  die  Oospora  empfindlicher  zu  sein,  als  der  B.  pyocyaneus, 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  653 


dasselbe  kann  man  sagen  von  dem  Einflüsse  des  Druckes,  der  Wärme, 
der  Kälte,  des  Ozons,  des  Sauerstoffes,  der  Elektricität,  des  Lichtes  etc. 
Diese  Agentien  also,  die  uns  umgeben,  scheinen  viel  energischer  auf 
Oospora  Guignardi  zu  wirken,  als  auf  B.  pyocyaneus.  Dar- 
aus schließen  die  Verth,  daß  dieser  Pilz,  wenn  er  in  den  Organismus 
eintritt,  schon  sehr  geschwächt  sein  muß.  Außerdem  zieht  die 
Oospora  solche  Medien  vor,  welche  Zucker  oder  Kohlehydrate 
enthalten,  während  der  B.  pyocyaneus  wie  alle  anderen  patho- 
genen Mikroben  die  Peptone  und  die  tierischen  Gewebe  vor- 
ziehen. Folglich  findet  der  B.  pyocyaneus  im  Organismus  bessere 
Lebensbedingungen,  als  die  Oospora,  welche  sich  überhaupt  im  Serum 
nicht  gut  entwickelt. 

Wenn  man  die  Oospora  mit  dem  B.  pyocyaneus  einimpft,  so 
stirbt  erstere  im  Kampfe  ums  Leben,  wenn  man  sie  aber  in  solchen 
Verhältnissen  einirapft,  daß  der  letztere  ohne  Wirkung  bleibt,  so 
kann  die  erstere  seine  Aktivität  erhöhen. 

Jedoch  ist  die  Bildung  giftiger  Substanzen  äußerst  langsam  ; die 
sterilisierten  Kulturen  haben  keine  giftige  Wirkung,  nur  wenn  sie 
drei  Monate  alt  sind,  können  sie  Hypothermieen  verursachen. 

Aus  dem  Gesagten  ziehen  Verff.  den  Schluß,  daß  gewisse  Para- 
siten, wenn  sie  auch  in  den  Menschen  eingeimpft  werden,  aus  folgenden 
Gründen  unschädlich  bleiben: 

1)  Weil  die  physischen  und  chemischen  Agentien  sie  mehr  schwächen, 
als  die  anderen  pathogenen  Mikroben. 

2)  Weil  sie  im  Organismus  keine  günstigen  Lebens-  und  Entwicke- 
lungsbedingungen finden. 

3)  Weil  sie  ihre  Gifte  sehr  langsam  absondern. 

Bernheim,  S.  (Paris),  Cow-Pox  und  Tuberkulose. 

Auf  dem  Pariser  Kongresse  für  Tuberkulose  hat  Verf.  gezeigt, 
daß  sich  der  Koch’sche  ißaci llus  und  die  Pockenlymphe,  ohne 
sich  gegenseitig  irgend  zu  beeinflussen,  in  derselben  Bouillonkultur 
sehr  gut  entwickeln.  In  Anbetracht  der  Arbeiten  von  Toussaint 
und  der  eigenen  erklärte  Verf.,  daß  ^nan  berechtigt  wäre,  den  Ver- 
dacht zu  haben,  daß  die  Schutzlymphe,  welche  von  schwindsüchtigen 
Menschen  oder  Tieren  stammte,  die  direkte  Ursache  der  Tuberkulose 
sein  könnte.  In  der  That  kommt  die  Tuberkulose  in  allen  ihren 
Formen  sehr  häufig  bei  Kindern  vor,  oft  nach  einigen  Tagen  oder 
Wochen  oder  einigen  Monaten  nach  der  Impfung,  und  man  kann  da- 
für keinen  anderen  Grund  finden,  als  die  Pockenimpfung  selbst. 

Bei  der  Autopsie  einer  sehr  großen  Anzahl  von  jungen  Kühen, 
auf  welche  Verf.  Cow-Pox  gezüchtet  hatte,  entdeckte  er  tuberkulöse 
Verletzungen  bei  Tieren,  welche  das  beste  gesunde  Aussehen  hatten. 
Er  hat  eine  junge  Kuh  geimpft,  welche  spontan  schwindsüchtig  ge- 
worden war,  und  nachher  den  größten  Teil  der  erhaltenen  Lymphe 
einer  schönen  gesunden  Kuh  eingeimpft.  Die  Impfung  entwickelte 
sich  normal,  aber  es  trat  auch  ein  starker  kachektischer  Zustand 
ein.  Nach  75  Tagen  wurde  die  Kuh  geschlachtet  und  alle  Organe 
waren  mit  zahlreichen  Tuberkeln  besät.  Die  aus  dieser  zweiten  Kuh 
erhaltene  Lymphe  wurde  in  großer  Menge  9 Kaninchen  eingeimpft, 


654  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


von  denen  4 schwindsüchtig  starben.  Verf.  konnte  weder  in  der 
Impfungslymphe  der  ersten  Kuh,  noch  in  der  der  zweiten  Koch- 
sche  Bacillen  nachweisen. 

Verf.  zieht  den  Schluß,  daß  es  gefährlich  ist,  aus  einer  leben- 
digen Kuh  direkt  Menschen  zu  impfen,  ohne  zu  versuchen,  ob  das 
Tier  gegen  Tuberkulin  reagiert.  Wenn  man  kein  vollständiges  Zu- 
trauen zu  dieser  Probe  hat,  ist  es  noch  einfacher  und  sicherer,  den 
Cow-Pox  nur  alsdann  zu  brauchen,  wenn  die  Autopsie  das  Tier 
als  gesund  erwiesen  hat. 

Diese  Methode  hat  Verf.  seit  mehreren  Jahren  in  Anwendung 
gebracht,  sie  ist  äußerst  einfach  und  bietet  alle  möglichen  Garantieen. 

Bernheim,  S.,  Die  Behandlung  der  Tuberkulose  mit 
immunisiertem  Serum. 

Man  kann,  wenigstens  für  einige  Zeit,  den  Tieren  die  Immuni- 
tät gegen  Tuberkulose  sichern.  Um  diese  Immunität  zu  erhalten, 
hat  sich  Verf.  auf  die  Versuche  von  Kitasato  und  Behring 
gegen  Diphtheritis  und  Tetanus  gestützt.  Verf.  hat  anderthalb 
Stunden  lang  eine  frische  Kultur  von  Koch’schen  Bacillen  bei  80° 
erhitzt,  am  Chamberland  filtriert  und  die  filtrierten  löslichen  Produkte 
im  Verhältnis  von  1 ccm  zu  5 Kilo  Gewicht  Tieren  eingeimpft.  Er 
hat  diese  Injektionen  während  5 Tagen  fünf-  oder  sechsmal  an  jedem 
Tiere  wiederholt.  Die  gesunden  Tiere,  welche  für  die  erste  Injektion 
sehr  empfindlich  waren,  sind  für  die  anderen  unempfindlich  geblieben; 
im  Gegensätze  zu  den  sehr  jungen  und  kränklichen  Versuchstieren, 
welche  an  akuter  Nephritis  gestorben  sind. 

Die  überlebenden  Tiere  sind  gegen  Tuberkulose  widerstandsfähig 
geworden;  große  Mengen  von  Koch’schen  Bacillen,  welche  durch  die 
Verdauungs  - , Atmunes  - oder  Unterhautwege  eingeführt  waren, 
sind  ohne  schädliche  Wirkung  geblieben.  War  einmal  dieser  wider- 
standsfähige Zustand  erhalten,  so  wurde  das  Tier  seziert,  das  Serum 
mit  allen  möglichen  Vorsichtsmaßregeln  gesammelt,  sterilisiert  und 
in  Röhrchen  zu  2 — 5 ccm  eingeschmolzen.  Diese  Zubereitung  ist 
äußerst  delikat,  weil  die  organische  Flüssigkeit  sich  sehr  schnell  zer- 
setzt. Es  ist  wichtig,  das  Tier  zu  sezieren,  wenn  es  zum  Maximum 
der  Immunität  gelangt  ist.  d.  h.  sofort  nach  der  letzten  Einimpfung 
löslicher  Produkte.  Die  Erfahrung  hat  eben  gezeigt,  daß  die  anti- 
bakterische  Wirkung  des  Serums  mit  der  Zeit  abnimmt,  obschon 
das  Tier  seine  Immunität  vollständig  behält. 

Verf.  hat  eine  große  Anzahl  Schwindsüchtiger  mittelst  der 
Serumtherapie  behandelt.  Er  hat  in  der  Nähe  der  Schulterplatte 
und  zwischen  den  Schultern  zu  Anfang  jeden  Tages,  später  alle 
zwei  Tage  1—3  ccm  immunisiertes  Serum  eingeimpft.  Diese  Impfung, 
welche  nie  schmerzhaft  und  auch  nie  gefährlich  ist,  sobald  man  die 
gewöhnlichen  antiseptischen  Vorsichtsmaßregeln  trifft,  soll  bei  den 
gewöhnlichen  Fällen  3—4,  bei  den  schwereren  5—6  Monate  fortge- 
setzt werden. 

Verf.  meint  damit  nicht,  alle  Arten  von  Tuberkulose  zu  heilen, 
die  erzielten  Resultate  sind  aber  jedenfalls  sehr  ermutigend  und  um 
so  besser,  wenn  das  Uebel  in  seinem  Beginne  bekämpft  wird  und  der 
allgemeine  Zustand  des  Patienten  befriedigend  ist. 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  655 


Man  kann  sagen,  daß  dem  immunisierten  Serum  eine  impfende 
Wirkung  gegen  die  Tuberkulose  zukommt.  Nach  Yerf.  ist  diese 
Wirkung  eine  zweifache.  In  den  Blutkreislauf  eingeführt,  zerstört 
das  Serum  die  zahlreichen  Gifte,  welche  den  Organismus  des  Tu- 
berkulösen vergiften,  Gifte,  welche  den  Grund  seines  Fieberzustandes 
und  seiner  Depression  bilden.  Sind  dann  die  löslichen  Produkte 
neutralisiert,  so  gewinnt  der  Schwindsüchtige  die  verlorenen  Kräfte 
wieder,  die  Kraft  der  Leukocyten  nimmt  zu  und  erhalten  schließlich 
das  Uebergewicht  über  die  Bakterien. 

Verf.  hat  sich  auch  des  Serums  bedient,  um  die  Abkömmlinge 
von  Schwindsüchtigen  zu  impfen  und  jene  Personen,  welche  während 
einiger  Zeit  mit  solchen  zusammengelebt  haben  und  angesteckt  sein 
konnten.  Diese  Schutzimpfung  ist  noch  zu  neu  und  die  Versuche 
sind  noch  nicht  so  zahlreich,  um  eine  definitive  Schlußfolgerung  zu 
erlauben. 

Bemheim,  S.,  Vorgängige  Diagnose  der  Tuberkulose. 

Verf.  hat  bemerkt,  daß  bei  tuberkulösen  Tieren  die  Lymphdrüsen, 
welche  in  Beziehung  zu  dem  Impfungrsorte  stehen,  geschwollen  waren, 
d.  h.  hier  lokalisiert  sich  die  erste  Wirkung  der  Infektion.  Verf.  hat 
außerdem  noch  bei  allen  Versuchsobjekten  bemerkt,  daß  die  Milz 
stark  hypertrophisch  war,  so  daß  sie  das  Volumen  der  Leber  er- 
reichte oder  sogar  überschritt.  In  einer  späteren  Periode  ist  das 
ganze  lymphatische  System  beteiligt,  die  Ganglien  sind  geschwollen 
und  man  entdeckt  in  ihrem  Parenchym  die  Koch’schen  Bacillen. 
Diesen  Mikroorganismus  findet  man  im  Gegenteile  sehr  selten  im 
Blute,  wo  er  nicht  zu  leben  liebt. 

Es  geschieht  dasselbe  auch  bei  dem  Menschen.  Man  findet  selten 
die  Bakterien  in  dem  Blute  eines  Schwindsüchtigen  auch  in  einem 
vorgeschrittenen  Stadium,  aber  andererseits  kann  man  manchmal  die 
Tuberkulose  durch  Einimpfung  des  Blutes  solcher  Individuen  erzeugen. 

Eine  große  Anzahl  klinischer  Symptome  können  dazu  dienen, 
eine  vorgängige  Diagnose  zu  stellen.  Die  Depression  des  allgemeinen 
Zustandes,  die  Abschwächung  der  Nahrungsfunktionen,  die  eingetretene 
Abmagerung,  das  Steigen  der  Temperatur,  gewisse  gastrische  und 
nervöse  Störungen,  welche  die  Aufmerksamkeit  der  Kliniker  auf  sich 
ziehen,  sind  ebenso  viele  Anzeichen  der  Tuberkulose.  Aber  zu  diesen 
allgemeinen  Merkmalen  kann  man  andere  präzisere  hinzuzählen: 
1)  Die  Untersuchung  der  physiologischen  Flüssigkeiten.  Der  Harn 
zeigt  eine  Zunahme  von  Phosphaten  und  eine  Abnahme  von  Harn- 
stoff, die  gefärbten  Elemente  des  Blutes  sind  nicht  mehr  normal,  der 
Auswurf  enthält  manchmal  (selten)  Bakterien,  welche  auch  im  Harne 
Vorkommen  können  u.  s.  w. ; 2)  die  Einimpfung  des  Blutes  des 
Kranken  in  ein  Tier;  3)  die  Untersuchung  des  lymphatischen  Systems 
(bei  der  Mehrzahl  Schwindsüchtiger  findet  man  schon  im  Anfänge 
eine  Hypertrophie  gewisser  Lymphdrüsen);  4)  vor  allem  der  Zustand 
der  Milz,  welche  bei  Schwindsüchtigen  immer  geschwollen  ist;  5)  die 
Einimpfung  des  immunisierten  Serums,  welches  für  die  Tuberkulösen 
ist,  was  Quecksilber  für  die  Syphilitiker.  Die  ersteren  sind  für  die 
Serumtherapie  sehr  empfindlich,  diese  verbessert  ihren  Zustand,  während 
die  anderen  Kranken  dieser  Behandlung  gegenüber  unempfindlich  bleiben. 


656  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Ausgenommen  die  sehr  vorgeschrittenen  Fälle  von  Tuberkulose, 
bei  welchen  die  Natur  der  Krankheit  unzweifelhaft  ist,  muß  man  die 
Mehrzahl  der  angegebenen  Merkmale  verbinden,  um  die  Diagnose 
sicherzustellen.  Ein  einziges  ist  fast  immer  ungenügend,  um  die 
völlige  Sicherheit  zu  erlangen. 

Bernheim,  S.  (Paris),  Erblichkeit  und  Ansteckung  der 
Tuberkul  ose. 

Verf.  hat  bei  mehreren  Generationen  Kaninchen  und  Meer- 
schweinchen, welche  von  tuberkulösen  Tieren  abstammten,  beobachtet, 
daß  die  Abkömmlinge,  welche  bei  den  tuberkulösen  Eltern  gelassen 
wurden,  zum  größten  Teile  ebenfalls  tuberkulös  geworden  sind;  da- 
gegen wenn  die  Neugeborenen  sofort  entfernt  wurden,  sind  sie  gesund 
geblieben.  Diese  Entfernung  allein  konnte  die  Ansteckung  verhindern, 
ausgenommen  jene  Fälle,  bei  welchen  auf  der  Placenta  selbst  Tuberkel 
vorkamen.  In  diesen  Fällen  wurden  alle  Tiere  ohne  Ausnahme  tuber- 
kulös trotz  der  sofortigen  Entfernung. 

Die  subkutane  und  intravenöse  Injektion  von  frisch  kultiviertem 
Koch’ sehen  Bacillus  in  trächtige  Hunde,  Kaninchen  oder  Meer- 
schweinchen hat  Verf.  zu  demselben  Resultate  geführt.  Er  konnte 
sich  überzeugen,  daß  die  Jungen  trotz  der  experimentellen  Infektion 
während  der  Schwangerschaft  nie  tuberkulös  wurden.  Man  kann 
deshalb  sagen,  daß  die  Bacillen  die  Placenta  der  Mutter  nicht  zu 
durchdringen  vermögen,  wenn  dieses  Organ  selbst  gesund  bleibt.  Mit 
Nocard  glauben  die  Mehrzahl  der  Tierärzte,  daß  die  Schwindsucht 
in  dem  Tierreiche  eine  seltene  Krankheit  bei  den  Neugeborenen  ist, 
so  daß  dieselben  wenig  an  die  Erblichkeit  der  Phthisis  glauben. 

Verf.  konnte  selbst  beobachten,  daß  man  die  Kinder  von  schwind- 
süchtigen Eltern  von  der  Tuberkulose  retten  konnte,  wenn  man  die- 
selben sofort  nach  der  Geburt  vom  Infektionsorte  entfernte.  Eine 
Ausnahme  bilden  nur  diejenigen,  welche  von  einer  tuberkulösen  Pla- 
centa oder  von  Tuberkeln  des  Uterus  oder  der  Scheidenhaut  ange- 
steckt worden  waren.  In  diesem  Falle  sind  die  Neugeborenen  immer 
unter  zwei  Jahren  gestorben. 

Verf.  hatte  Gelegenheit,  drei  Fälle  von  schwindsüchtigen  Frauen, 
welche  Zwillinge  geboren  hatten,  zu  beobachten.  Er  konnte  jedesmal 
eines  der  Kinder  im  Vaterhause  durch  eine  gesunde  Amme  ernähren 
lassen,  während  die  anderen  aufs  Land  geschickt  und  mit  dem 
Biberon  aufgezogen  wurden.  Die  drei  ersten,  welche  in  der  Familie 
geblieben  sind,  starben ; der  eine  an  Lungenschwindsucht,  die  zwei 
anderen  an  tuberkulöser  Meningitis,  und  außerdem  starben  auch  zwei 
von  den  Ammen  an  der  Tuberkulose.  Die  entfernten  Kinder  dagegen, 
welche  auf  dem  Lande  unter  gesunden  hygienischen  Umständen  auf- 
gezogen wurden,  sind  alle  drei  noch  am  Leben  und  gesund. 

Verf.  glaubt  zu  der  Schlußfolgerung  berechtigt  zu  sein,  daß  eine 
wirkliche  Erblichkeit  der  Tuberkulose  nicht  existiert,  daß  alle  Phthisis- 
formen  durch  Ansteckung  verursacht  werden,  und  daß  alle  Kinder, 
welche  von  schwindsüchtigen  Eltern  stammen,  sofort  nach  der  Ge- 
burt vom  Infektionsorte  entfernt  werden  müssen.  (Fortsetzung  folgt.) 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  ß57 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen 
Instituten,  Laboratorien  etc. 

Aus  dem  Hygienischen  Institute  in  Kiel. 

Die  Bakterien  des  Meeres  nach  den  Untersuchungen  der 
Planktonexpedition  unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung 
einiger  älterer  und  neuerer  Untersuchungen1). 

Von 

Dr.  Bernhard  Fischer. 

Verf.  hat  die  Untersuchungen  über  die  Meeresbakterien,  die  er 
bereits  im  Herbst  1885  aut'  einer  Reise  nach  Westindien  begonnen 
hatte , größtenteils  im  Sommer  1889  auf  der  PlanktoDexpedition 
ausgeführt.  Dieselben  wurden  vervollständigt  durch  zahlreiche,  im 
hygienischen  Institute  zu  Kiel  seit  1887  angestellte  Untersuchungen. 
Eine  willkommene  Ergänzung  bildeten  schließlich  Meerwasserunter- 
suchungen, die  der  Marinestabsarzt  Dr.  R.  Bassenge  im  vergangenen 
Jahre  auf  Kreuztouren  in  den  heimischen  Gewässern,  sowie  auf  einer 
Fahrt  nach  Trinidad  nach  Anleitung  des  Verf. ’s  ausgeführt  hat. 

Die  Arbeiten  beziehen  sich  auf  den  Atlantischen  Ocean,  den  eng- 
lischen Kanal,  die  Nord-  und  die  Ostsee.  Unter  regelmäßiger  Ent- 
nahme von  Wasserproben  und  unter  alsbaldiger  Untersuchung  der- 
selben wurde  der  Ocean  von  etwa  60°  Nord-  bis  etwa  8°  Südbreite 
nach  verschiedenen  Richtungen  und  auch  zu  verschiedenen  Jahres- 
zeiten durchkreuzt.  Alle  wichtigeren  Strömungen  des  Oceans  wurden 
dabei  durchfahren  und  der  Ocean  nicht  weniger  als  6mal  auf  ver- 
schiedenen Breiten  durchquert. 

Zum  erstenmal  fand  eine  derartige  Durchquerung  des  Oceans 
auf  der  Heimreise  von  Westindien  (Januar  bis  April  1886)  statt. 
Nachdem  das  Schiff  von  La  Guayra  (Venezuela)  durch  das  Karai- 
bische  Meer  nach  den  Virginischen  Inseln,  Santa  Cruz  und  S. 
Thomas  gesegelt  war,  erfolgte  von  hier  aus  die  Fahrt  durch  den 
Ocean  erst  in  fast  nördlicher  Richtung  bis  in  die  Nähe  der  Ber- 
mudainseln , worauf  Kurs  auf  die  Azoren  genommen  und  nach 
einem  Besuche  der  Insel  Fayal  der  englische  Kanal  angesteuert 
wurde.  Auf  der  Weiterreise  nach  Kiel  wurden  im  Kanäle  Plymouth 
und  in  der  Nordsee  Wilhelmshaven  angelaufeu.  Im  ganzen  gelangten 
31  Meerwasserproben  zur  Untersuchung,  5 von  den  Ankerplätzen, 
2 aus  dem  Karaibischen  Meere,  18  aus  dem  Ocean  (Antillenstrom, 
Sargassosee,  Golfstrom),  davon  1 aus  190  m Tiefe  und  5 aus  dem 
Kanal  bezw.  der  Nordsee  und  dem  Großen  Belt. 

Bei  der  Planktonexpedition,  welche  Mitte  Juli  1889  von  Kiel 
aus  ging,  wurde  die  Nordsee  auf  dem  direkten  Wege  von  Skagen 
nach  dem  Pentland  Firth  (Straße  zwischen  den  Orkneiinseln  und 


1)  Ergebnisse  der  Plankton-Expedition  der  Humboldt-Stiftung.  Bd.  IV.  M.  g.  Kiel 
u.  Leipzig  (Lipsius  & Tischer)  1S94. 


658  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologiscben  Instituten  etc. 


Schottland)  durchschnitten,  sodann  der  Ocean  auf  etwa  60°  Nord- 
breite von  der  Nordspitze  von  Schottland  bis  in  die  Nähe  der  Süd- 
spitze von  Grönland  durchfahren,  worauf  nach  Südwesten  abgeschwenkt 
und  die  Reise  über  die  Neufundlandbank  nach  den  Bermudainseln 
fortgesetzt  wurde.  Hierbei  wurden  Wasserproben  aus  dem  Golfstrome, 
der  irminger  See,  dem  Nordgrönland-,  Westgrönland-,  Labrador-  und 
Floridastrome,  sowie  aus  der  Sargassosee  entnommen.  Von  den 
Bermudainseln  fand  die  Weiterreise  im  August  erst  in  östlicher 
Richtung  durch  die  Sargassosee  und  weiterhin  durch  den  Kanarien- 
strom  nach  den  Cap  Verdeninseln  statt,  von  denen  S.  Vincent  und 
S.  Jago  angelaufen  wurden.  Von  hier  ging  es  anfangs  September 
durch  den  Nordäquatorial-,  Guinea-  und  Südäquatorialstrom  bis  zur 
Insel  Ascencion,  wobei  auch  die  vom  Süden  kommende  kalte  Strö- 
mung, der  sog.  südatlantische  Strom,  gestreift  wurde,  und  fand  von 
hier  aus  die  Fahrt  über  den  Ocean  nach  Para  in  Brasilien  in  ziem- 
lich gerader  Richtung,  südlich  vom  Aequator,  im  Südäquatorialstrome 
statt.  Anfangs  Oktober  erfolgte  von  hier  die  Rückreise  über  die 
Azoren,  von  denen  Ponta  Delgada  auf  S.  Miguel  angelaufen  wurde, 
durch  den  englischen  Kanal  und  die  Nordsee  nach  Kiel,  welches 
anfangs  November  erreicht  wurde.  Dieses  Mal  konnten  bei  der 
Fahrt  durch  den  Ocean  Wasserproben  aus  dem  Südäquatorial-, 
Guinea-  und  Nordäquatorialstrome,  aus  der  Sargassosee  und  aus  dem 
Golfstrome  für  die  Untersuchung  gewonnen  werden.  Die  Gesamtzahl 
der  auf  der  Planktonfahrt  untersuchten  Meerwasserproben  betrug 
126,  wovon  nur  10  auf  die  heimischen  Gewässer  entfallen  und  allein 
29  aus  z.  T.  beträchtlichen  Meerestiefen  entnommen  waren.  Auch 
zur  Untersuchung  von  Proben  des  Meeresgrundes  aus  oceanischen 
Tiefen  bot  sich  einige  Male  Gelegenheit,  ohne  daß  indes  in  den  4 aus 
1523,  2406,  5250  bezw.  4099  m Tiefe  entnommenen  Grundproben 
durch  die  mikroskopische  Untersuchung  oder  durch  die  Kultur  Mikro- 
organismen nachgewiesen  werden  konnten.  Uebrigens  wurden  gelegent- 
lich auf  der  Planktonexpedition  auch  lebende  und  tote  Fische  und 
andere  Seetiere  auf  Bakterien  untersucht. 

Von  Dr.  Bassenge  wurden  auf  den  Kreuztouren  (Sommer  1893) 
in  den  heimischen  Gewässern  28  Meerwasserproben,  auf  der  Reise 
nach  Trinidad  (Oktober  und  November  1893)  sowie  auf  einer  sich 
anschließenden  Fahrt  durch  das  Karaibische  Meer  (Dezember  1893) 
39  Wasserproben,  davon  14  aus  10  und  1 aus  6 m Tiefe  untersucht. 
Die  Fahrt  ging  vom  englischen  Kanal  über  Madeira  und  Teneriffa, 
westlich  an  den  Cap  Verdeninseln  vorbei,  worauf  im  Bereiche  des 
Nordäquatorialstromes,  etwa  in  derselben  Gegend,  in  welcher  vom 
Verl,  bereits  im  Herbste  1885  Untersuchungen  ausgeführt  worden 
waren,  die  Ueberfahrt  über  den  Ocean  stattfand. 

Die  Untersuchungen  im  hygienischen  Institute  zu  Kiel  bestanden 
einmal  in  der  weiteren  Beobachtung  und  Bearbeitung  der  von  den 
transatlantischen  Reisen  mitgebrachteu , bezw.  von  Dr.  Bassenge 
eingesandten  Kulturen,  sie  bezogen  sich  aber  andererseits  auf  Wasser, 
Sand,  Fische  und  andere  Seetiere,  sowie  auch  auf  Pflanzen  aus  der 
Nord-  und  der  Ostsee.  Bei  einer  größeren  Zahl  der  Wasserunter- 
suchungen aus  dem  Kieler  Hafen  und  den  angrenzenden  Teilen  der 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  659 


Ostsee  war  auch  die  Menge  der  Bakterien  bestimmt,  im  übrigen 
dienten  die  Untersuchungen  zur  Feststellung  der  in  den  heimischen 
Gewässern  vorkommenden  Bakterien,  von  denen  insbesondere  die 
Leuchtbakterien  eine  eingehende  Berücksichtigung  fanden. 

Die  Entnahme  der  Wasserproben  erfolgte  mit  Hilfe  von  keim- 
frei gemachten  Gefäßen  unter  thunlichster  Vermeidung  einer  Ver- 
unreinigung. Zur  Erlangung  von  Wasser  aus  der  Tiefe  dienten  der 
Tiefwasserschöpfer  von  Sigsbee,  sowie  der  ähnliche,  vom  Verf.  für 
diesen  Zweck  konstruierte  Apparat,  der  sich  zur  Entnahme  von 
Proben  aus  beliebiger  Tiefe  für  die  bakteriologische  Untersuchung 
besonders  geeignet  erwies,  und  von  dem  der  Verf.  auch  schon  in 
Bd.  XIII  der  Zeitschr.  f.  Hygiene  u.  Infektionskrankh.  eine  ausführ- 
liche Beschreibung  und  zugleich  auf  Tafel  III  eine  Abbildung  ge- 
geben hat. 

Zu  den  Aussaaten  wurde  auf  der  westindischen  Reise  die 
gewöhnliche  Nährgelatine  — in  wärmeren  Gegenden  eine  mit  2 Proz. 
Agar  versetzte  — benutzt,  und  zwar  wurden  teils  Platten  gegossen, 
teils  die  flüssig  gemachte  Gelatine  in  möglichst  weiten  Reagenz- 
gläsern nach  Einbringen  der  Wasserprobe  und  nach  genügender  Ver- 
mischung in  thunlichst  schräger  und  daher  möglichst  dünner  Schicht 
zum  Erstarren  gebracht.  Bei  den  weiteren  Untersuchungen  konnte  von 
den  inzwischen  eingeführten  Schälchen-  bezw.  Rollröhrchenkulturen 
Gebrauch  gemacht  und  dadurch  die  Untersuchung  an  Bord  wesentlich 
erleichtert  werden.  Auf  der  Planktonexpedition  wurden  regel- 
mäßig neben  der  Nährgelatine  bezw.  der  Nähragargelatine,  bei  den 
späteren  Untersuchungen  aber  überhaupt  ausschließlich  Fischseewasser- 
pepton-Gelatine  bezw.  -Agargelatine  verwandt.  Diese  Fischseewasser- 
näürböden  waren  ähnlich  wie  die  gewöhnliche  Nährgelatine  hergestellt, 
nur  fand  statt  Rindfleisch  dasjenige  grüner  Heringe  und  statt  Wasser 
mit  V 2 Proz.  Kochsalz  Seewasser  aus  der  Nordsee  bezw.  aus  dem 
Atlantischen  Oceane  Verwendung.  Es  zeigte  sich,  daß  manche  Meeres- 
bakterien nur  auf  diesen  Seewassernährböden  wuchsen  oder  sich 
daselbst  wenigstens  besser  entwickelten,  als  auf  den  Nährböden  mit 
dem  gewöhnlichen  Salzgehalte.  Statt  der  auf  der  westindischen 
Reise  gewöhnlich  zu  den  einzelnen  Aussaaten  verwendeten  Wasser- 
mengen von  0,5  und  0,05  ccm,  die  sich  als  zu  klein  herausgestellt 
hatten,  wurden  später  gewöhnlich  1,0  und  0,25  ccm,  ja  mehrfach  sogar 
2 — 4 ccm  genommen. 

Durch  die  weitere  Untersuchung  und  Beobachtung  der 
Kulturen  wurde  die  Zahl  sowie  das  makroskopische  und  mikro- 
skopische Verhalten  der  gewachsenen  Kolonieen  festgestellt.  Stets 
wurde  auf  das  Vorkommen  von  die  Gelatine  verflüssigenden  Arten, 
von  makroskopisch  erkennbaren  Schimmelpilzen  und  von  im  Dunkeln 
leuchtenden  Kolonieen  geachtet.  Bei  der  ebenfalls  regelmäßig  aus- 
geführten Untersuchung  mit  schwacher  Vergrößerung  wurde  das  Aus- 
sehen der  Kolonieen  festgestellt.  Auf  der  westindischen  Reise,  sowie 
auf  der  Planktonfahrt  schloß  sich  hieran  in  der  Regel  die  Unter- 
suchung in  Färbepräparaten  und  im  hängenden  Tropfen,  soweit  das 
nicht  durch  zu  starke  Bewegungen  des  Schilfes  bei  stürmischem 
Wetter  u.  s.  w.  unmöglich  gemacht  wurde.  Von  allen  bei  dieser 


660  Original-Referate  aus  bakteriologischeu  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


vorläufigen  Untersuchung  an  Bord  als  verschieden  erkannten  Kolo- 
nieen  jeder  einzelnen  Wasserprobe  wurden  Reinkulturen  zur  weiteren 
Untersuchung  angelegt.  Leider  blieb  aber  infolge  einer  laugdauern- 
den schweren  Malariaerkrankung,  welche  sich  der  Verf.  auf  der 
Planktonreise  zugezogen  hatte,  die  Untersuchung  der  zahlreichen, 
von  dieser  Expedition  mitgebrachten  Reinkulturen  eine  unvollständige. 

Verf.  macht  im  ersten  Kapitel  seiner  Abhandlung  eingehendere 
Angaben  über  die  Entnahme  der  Proben  von  der  Meeresoberfläche 
und  aus  der  Tiefe,  über  die  Aussaat  sowie  über  die  weitere  Unter- 
suchung der  Kulturen  und  teilt  zum  Schlüsse  seine  Erfahrungen  in 
Betreff  der  Wahl,  Einrichtung  uud  Ausrüstung  des  Arbeitsraumes 
au  Bord  mit. 

Das  zweite  Kapitel  enthält  die  Einzelergebnisse  der  auf  den 
transatlantischen  Reisen,  sowie  auf  den  Kreuztouren  in  den  hei- 
mischen Gewässern  ausgeführten  Meerwasseruntersuchungen.  Von 
224  Einzelproben  sind  in  Tabellen  Auszüge  aus  den  Untersuchungs- 
protokollen gegeben.  Dieselben  enthalten  Angaben  über  das  Datum, 
die  Tageszeit,  die  geographische  Lage,  über  die  Entfernung  der  Ent- 
nahmestellen vom  nächsten  Lande,  über  die  Tiefe,  aus  welcher  die 
Proben  entnommen,  über  die  Temperatur  der  Luft  und  des  Wassers, 
über  die  Meeresströmungen  und  das  Verhalten  der  Meeresober- 
fläche, über  die  Witterung  etc.  Außer  dem  jedesmaligen  Keimgehalte 
finden  sich  in  den  Tabelleu  noch  Aufzeichnungen  über  besondere 
Vorkommnisse,  Versuchsstörungeu  etc.,  sowie  vor  allen  Dingen  über 
das  mikroskopische  und  kulturelle  Verhalten  der  im  Meerwasser 
nachgewieseuen  Mikroorganismen.  Die  mehrfach  im  Meerwasser  an- 
getrotfenen,  bezw.  die  eingehender  untersu  chten  Mikroorganismen,  die 
fast  durchweg  bisher  noch  nicht  bekannt  waren,  sind  der  besseren 
Uebersichtlichkeit  halber  mit  Kamen  belegt  und  meist  in  Aumerkungeu 
kurz  beschrieben.  Bei  den  aus  dem  Meere  reingezüchteten  Leucht- 
bakterienarten beschränkt  sich  die  Beschreibung  auf  diejenigen 
Merkmale,  welche  eine  rasche,  bezw.  sichere  Unterscheidung  der 
einzelnen  gefundenen  Arten  von  einander  bezw.  von  früher  be- 
schriebenen gestatten ; eine  eingehendere  Beschreibung  derselben  soll 
demnächst  in  dieser  Zeitschrift  erfolgen. 

Zu  den  wiederholt  beobachteten,  bezw.  eingehender  untersuchten 
Meeresbakterien  gehörten  auf  der  westindischen  Reise  Hai  ib  acte  - 
rium  pellucidum,  roseum  und  liquefaciens,  sowie  der 
damals  aus  dem  Karaibischen  Meere  gezüchtete  „westindische 
Leuch  tb  acil  1 us“,  von  welchem  bereits  in  Band  II.  der  Zeit- 
schrift für  Hygiene  eine  eingehende  Beschreibung  gegeben  ist.  Auf 
der  Plauktonreise  zeigte  wieder  Halibacterium  pellucidum  die 
größte  Verbreitung,  häufiger  angetroffen,  bezw.  eingehender  unter- 
sucht wurden  noch:  Halibacterium  polymorphum,  auran- 
tiacum,  rubrofuscum  und  purpureum,  sowie  4 lichtent- 
wickelnde Meeresbakterien,  von  denen  Photobacterium  delga- 
dense  im  Hafen  von  Ponta  Delgada,  Photobacterium  phos- 
phorescens,  degenerans  und  tuberosum  aber  in  der  Kordsee 
gefunden  waren.  Photobacterium  phosphorescens  war  bereits 
von  Fischen  der  Nord-  und  Ostsee  bekannt,  die  3 auderen  Arten 


Original-Refsrate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  60  ^ 


sind  bisher  noch  nicht  beschrieben.  Auf  den  Kreuztouren  in  der 
Ostsee  wurde  von  Dr.  Bassenge  die  vom  Verf.  als  „einheimischer 
Leuchtbacillus“  in  Band  III.  dieser  Zeitschrift  beschrie- 
bene Leuchtbakterienart  (=  Photobacterium  Fischeri, 
Beyerinck)  angetroffen,  und  in  der  Nordsee  fanden  sich  hei  den 
Kreuztouren  im  Sommer  1893  wieder  Photobacterium  de- 
generans  und  tuberosum.  Auf  der  Ausreise  nach  Trinidad 
wurden  dann  aus  der  Nordsee  noch  2 Leuchtbakterien  isoliert,  die 
bei  den  weiteren  Untersuchungen  im  hygienischen  Institute  zu  Kiel 
als  zwei  neue  Arten  erkannt  und  als  Photobacterium  papillare 
und  glutinosum  bezeichnet  wurden.  Von  3 aus  dem  englischen 
Kanäle  isolierten  und  dem  Institute  eingeschickten  Leuchtbakterien 
stimmte  das  eine  mit  Photobacterium  glutinosum  aus  der 
Nordsee  überein,  die  anderen  beiden,  als  Photobacterium  annu- 
lare  und corona tum  bezeichneten  Arten  waren  neu.  Auch  das  im 
Dezember  1893  aus  dem  Karaibischen  Meere  gezüchtete  Leucht- 
bacterium  erwies  sich  als  von  den  bisher  bekannten  verschieden. 
Dasselbe  wurde  nach  seinem  Fundorte  Photobacterium  cara- 
ibicum  genannt. 

Das  dritte  Kapitel  beschäftigt  sich  mit  dem  Keimgehalte  des 
Meeres.  Nur  in  besonders  großen  Tiefen  sowie  außerdem  an  ganz 
vereinzelten  Stellen  der  Oberfläche  des  Oceans  konnten  in  den  unter- 
suchten Wassermengen  Mikroorganismen  nicht  gefunden  werden. 
Bei  175  untersuchten  Proben  von  der  Meeresoberfläche  betrug 
der  höchste  Keimgehalt  29400,  der  niedrigste  0,  der  durchschnitt- 
liche 1083.  Letzterer  wurde  nur  26  mal  überschritten.  7 mal  fanden 
sich  gar  keine,  57  mal  1—25,  17  mal  26—50  und  14  mal  51  bis 
100  Keime.  Bei  54  Proz.  der  Wasserproben  von  der  Meeresober- 
fläche betrug  der  Keimgehalt  höchstens  100,  bei  66  Proz.  höchstens 
250  Keime  pro  ccm. 

In  nächster  Nähe  des  Landes  wurde  oft  ein  außerordentlich 
hoher  Keimgehalt  im  Meerwasser  angetroffen,  derselbe  verminderte 
sich  indes,  wie  namentlich  durch  die  Untersuchungen  im  Kieler 
Hafen  festgestellt  wurde,  mit  der  Entfernung  vom  Lande  rasch,  und 
war  vor  der  Kieler  bezw.  Flensburger  Föhrde  schon  in  5 km  Abstand 
vom  Lande  der  Einfluß  desselben  auf  den  Bakteriengehalt  nicht  mehr 
wahrzunehmen.  Zu  ganz  ähnlichen  Resultaten  waren  De  Giaxa, 
sowie  Russell  bei  ihren  in  der  Zeitschrift  f.  Hygiene.  Bd.  VI.  bezw. 
Bd.  XI  mitgeteilten  Untersuchungen  im  Golf  von  Neapel  gekommen. 
Die  Untersuchungen  von  Russell  bilden  übrigens  die  einzigen  bis- 
her bekannt  gewordenen  systematischen  Arbeiten  über  die  Meeres- 
bakterien. 

Auch  bei  den  überseeischen  Reisen  wurde  in  weniger  als  3 See- 
meilen Abstand  vom  Lande  gewöhnlich  ein  höherer  Keimgehalt  be- 
obachtet, so  daß  derselbe  bei  14  derartigen  Proben  bspw.  nur  1 mal, 
also  in  7 Proz.,  weniger  als  250  betrug,  während  bei  158  in  größerem 
Abstande  vom  Lande  geschöpften  Proben  110 mal,  also  in  69  Proz., 
weniger  als  250  Keime  im  ccm  gezählt  wurden. 

Während  der  Ebbe  war  auf  den  Ankerplätzen  der  Keimgehalt 

XV.  bi.  42 


662  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


2 mal  höher,  1 mal  (allerdings  bei  sehr  geringem  Abstande  vom  Lande) 
dagegen  niedriger  als  bei  Flut. 

In  den  Binnenmeeren  wurde  ein  höherer  Keimgehalt  häufiger 
angetroffen  als  im  Ocean.  Bei  56  Proz.  der  39  Binnenmeerproben 
wurdeu  mehr  als  100  und  bei  41  Proz.  sogar  mehr  als  250  Keime 
im  ccm  gezählt,  während  sich  unter  121  ebenfalls  in  mehr  als  3 See- 
meilen Entfernung  vom  Lande  geschöpften  Oceanproben  nur  bei 
38  Proz.  über  100  und  nur  bei  28  Proz.  über  250  Keime  im  ccm 
fanden.  Die  Ostsee  zeigte  hierbei  i.  A.  einen  höheren  Keimgehalt 
als  die  Nordsee.  Einige  besonders  niedrige  Werte,  wie  sie  für  den 
Keimgehalt  in  der  Nordsee  und  im  Kattegat  gerade  zur  Sommerszeit 
gefunden  wurden,  sowie  den  niedrigen  Keimgehalt  im  Karaibischen 
Meere  wird  man  nach  den  bei  den  Oceanuntersuchungen  gemachten 
Erfahrungen  wohl  auf  die  bakterienschädigende  Wirkung  des  Sonnen- 
lichtes zurückzuführen  haben. 

Im  Ocean  wurden  unter  den  erwähnten  121  Oberflächenproben 
7 mal  0,  49  mal  1 — 25,  12  mal  26—50,  8 mal  51 — 500,  13  mal  101  — 
250,  7 mal  251 — 500,  13  mal  501—1000,  6 mal  1001  — 5000,  4 mal 
5001 — 10000  und  2 mal  über  10000,  nämlich  18900  bezw.  28000 
Keime  pro  ccm  nachgewiesen.  Der  Keimgebalt  an  der  Oberfläche  des 
Oceans  war  demnach  meist  ein  niedriger  und  nur  an 
einigen  Stellen  ein  besonders  hoher.  (Nur  bei  etwa  20  Proz.  der 
Proben  von  der  Oberfläche  betrug  der  Keimgehalt  mehr  als  500.) 

Für  dieses  auffallende  Verhalten  des  Keimgehaltes  an  der  Ober- 
fläche des  Oceans  ließ  sich  anfangs  eine  genügende  Erklärung  nicht 
geben.  Erst  bei  weiterem  Zusehen  wurde  festgestellt,  daß  die  Mehr- 
zahl der  Entnahmestellen  mit  hohem  Keimgehalte  auf  die  Ränder 
der  Meeresströmungen  bezw.  auf  das  Grenzgebiet  zwischen  2 Strömun- 
gen fiel.  Die  der  Abhandlung  beigegebene  Karte,  bei  welcher  auf 
den  Fahrtlinien  der  jedesmalige  Keimgehalt  der  Meeresoberfläche 
graphisch  dargestellt  ist,  gleichzeitig  aber  auch  die  Meeresströmungen 
ersichtlich  gemacht  sind,  läßt  das  Vorkommen  der  hohen  Werte  für 
den  Keimgehalt  an  den  Stromgrenzen  bezw.  Randpartieen  der 
Strömungen  deutlich  erkennen.  Die  an  den  Strömungsgrenzen  vor- 
kommenden Stromkabbelungen,  die  man  gewöhnlich  auf  aufwärts  ge- 
richtete Strömungen  zurückführt  und  die  mehrfach  an  den  Entnahme- 
stellen mit  hohem  Keimgehalte  auch  wirklich  beobachtet  waren, 
führten  zu  einer  befriedigenden  Erklärung  der  auffallenden  Ver- 
schiedenheiten im  Keimgehalte  der  Oceanoberfläche.  An  den  Stellen 
mit  besonders  hohem  Keimgehalte  der  Meeresoberfläche  muß  eine 
Zufuhr  keimreichen  Wassers  aus  der  Tiefe  stattfinden.  Daß  unter- 
halb der  meist  keimarmen  Oberfläche  keimreichere  Wasserschichten 
Vorkommen,  ergaben  die  Untersuchungen  von  Wasserproben  aus  der 
T ie  f e. 

Während  in  den  4 dem  Meeresgründe  aus  Tiefen  von  1523 
—5250  Metern  entnommenen  Proben,  wie  bereits  erwähnt,  Bakterien 
mit  Sicherheit  nicht  nachgewiesen  werden  konnten,  wurden  im 
Wasser  bis  zu  1100  Meter  Tiefe  Bakterien  angetroffen,  ja  sie  fanden 
sich  bis  zu  400  Meter  Tiefe  regelmäßig  und  sogar  meist  in  größerer 
Zahl.  Nach  den  bei  Untersuchung  von  Wasser  aus  der  Tiefe  ge- 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc.  ßß3 


machten  Erfahrungen  ist  es  übrigens  nicht  unwahrscheinlich,  daß 
auch  noch  in  größeren  Tiefen  vereinzelte  entwickelungsfähige 
Keime  angetroffen  werden. 

Wenn  der  Meeresgrund  im  Oceane  Bakterien  nicht  enthielt,  so- 
mit ein  wesentlich  anderes  Verhalten  zeigte,  als  der  Meeresgrund  im 
Mittelmeere  bezw.  im  Golfe  von  Neapel,  woselbst  Russell  selbst  noch 
in  der  aus  1100  Meter  Tiefe  heraufgeholten  Schlammprobe  24000 
Keime  pro  ccm  nachzuweisen  vermochte,  so  wird  man  das  in  erster 
Linie  auf  die  weit  niedrigere  Temperatur  in  den  oceanischen 
Tiefen  zurückzuführen  haben.  Mehrfach  wurden  in  200  bezw.  400 
Meter  Tiefe  weit  mehr  Bakterien  gefunden,  als  in  der  an  derselben 
Stelle  von  der  Oberfläche  geschöpften  Probe. 

Eine  derartige  Verteilung  der  Bakterien  in  senkrechter  Richtung 
mußte  die  Vermutung  nahe  legen,  daß  die  bei  der  Mehrzahl  der 
Proben  von  der  Oberfläche  beobachtete  Keimarmut  unter  dem  Ein- 
flüsse des  Sonnenlichtes  zustande  komme.  Kulturen  verschiedener 
aus  dem  Meere  isolierter  Bakterien  ließen  in  der  That,  wenn  sie  im 
August  in  Kiel  nur  kurze  Zeit  der  Mittagssonne  ausgesetzt  waren, 
die  bakterienvernichtende  Wirkung  der  Sonne  deutlich  erkennen, 
selbst  dann  noch,  wenn  die  Sonnenstrahlen  erst  eine  1/2  Meter  dicke 
Schicht  von  Seewasser  zu  durchdringen  hatten,  ehe  sie  auf  die  Kul- 
turen trafen.  Dafür,  daß  die  Sonne  auf  die  Bakterien  der  Meeres- 
oberfläche schädigend  einzuwirken  vermag,  sprach  auch  die  wieder- 
holt gemachte  Beobachtung,  daß  die  Entwickelung  der  Kolonieen  in 
den  Aussaaten  der  Oberfläcbenproben  weit  langsamer  und  schwächer 
erfolgte,  als  in  den  gleichzeitig  angefertigten  Aussaaten  von  Wasser 
aus  der  Tiefe.  Alle  etwa  vorhandenen  Zweifel  an  der  Richtigkeit 
obiger  Vermutung  mußten  aber  verschwinden,  als  bei  den  vergleichen- 
den Untersuchungen  auf  der  Fahrt  von  Kap  Verden  nach  Trinidad 
kurz  nach  Sonnenaufgang  regelmäßig  ein  weit  höherer  Keimgehalt 
gefunden  wurde,  als  in  den  jedesmal  erst  am  Nachmittage  geschöpften 
Oberflächenproben,  und  daß  ferner  in  den  zu  gleicher  Zeit  aus 
10  Meter  Tiefe  entnommenen  Proben  meist  mehr  als  2000  (zum 
, mindesten  aber  790)  Keime  gefunden  wurden,  während  in  den  ent- 
sprechenden Obei  flächenproben  nur  ein  einziges  Mal  126,  sonst  aber 
nur  14 — 53  Keime  pro  ccm  gezählt  wurden. 

Hiernach  wird  man  überall  da,  wo  die  Sonne  eine  genügende 
Kraft  entfaltet,  wo  sie  hoch  genug  steht,  wo  sie  lange  genug  ein- 
wirkt, wo  ihre  Wirkung  nicht  durch  Wolken,  Nebel  u.  s.  w.  abge- 
schwächt oder  aufgehoben  wird,  an  der  Meeresoberfläche  einen  niedrigen 
Keimgehalt  antreffen,  falls  nicht,  wie  das  gerade  an  den  Stromgrenzen 
bezw.  Stromrändern  vorzukommen  scheint,  durch  fortwährendes  Auf- 
steigen von  Wasser  aus  tiefen,  keimreicheren  Wasserschichten  ein 
höherer  Keimgehalt  der  Oberfläche  zustande  kommt.  Die  Tiefe,  bis 
zu  welcher  sich  die  bakterienschädigende  Wirkung  des  Sonnenlichtes 
bemerkbar  macht,  wird  abhängig  sein  von  der  Stärke  und  Dauer  der 
Sonnenwirkung,  sowie  auch  von  dem  Verhalten  (Klarheit)  des  Wassers. 
Für  gewöhnlich  scheint  dieselbe  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  nur 
einige  Meter  tief  zu  reichen,  so  daß  es  keine  besonderen  Schwierig- 
keiten zu  machen  scheint,  auch  bei  in  Fahrt  befindlichem  Schiffe 

42* 


004  Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologischen  Instituten  etc. 


Wasserproben  für  die  Untersuchung  aus  Schichten  zu  gewinnen,  bis 
zu  welchen  die  Sonne  ihre  bakterienschädigende  Wirkung  noch  nicht 
entfaltet  hat. 

Solange  diese  unterhalb  der  keimärmeren  Oberfläche  befind- 
lichen, an  Keimen  reicheren  Schichten  noch  nicht  genauer  untersucht 
sind,  kann  man  sich  von  der  Menge  der  im  Meere  vorkommenden 
Bakterien  noch  keine  richtige  Vorstellung  machen.  Bei  einer  Be- 
rechnung, bei  welcher  angenommen  wurde,  daß  das  Mittel  des  Keim- 
gehaltes an  der  Oberfläche  und  in  200  m Tiefe  annähernd  dem 
mittleren  Keimgehalte  in  der  oberen,  200  in  tiefen  Wasserschicht  ent- 
spricht, wurde  gefunden,  daß  die  am  westlichen  Rande  der  Sargasso- 
see  in  einer  Wassersäule  von  200  m Höhe  und  0,1  qm  Querschnitt 
vorhandenen  Bakterien  den  Raum  von  nicht  ganz  */ 64  ccm  ein- 
nehmen, während  die  Menge  der  in  derselben  Wassersäule  schweben- 
den, durch  die  Planktonnetze  herausgefischten  Tiere  und  Pflanzen 
an  denselben  Stellen  des  Ozeans  etwa  4,1  ccm,  also  etwa  das  260- 
fache  betrug. 

Das  letzte  Kapitel  handelt  von  der  Art  und  Beschaffenheit,  sowie 
von  der  Verbreitung  und  Bedeutung  der  durch  bakteriologische  Unter- 
suchung im  Meere  nachgewiesenen  Mikroorganismen. 

Schimmelpilze  fanden  sich  mit  einer  einzigen  Ausnahme  nur 
in  Entfernungen  vom  Lande,  bis  zu  welchen  sie  durch  die  Luft  oder 
Wasserströmungen  vom  Lande  aus  sehr  wohl  getragen  sein  konnten. 

Dagegen  wurden  Sproßpilze  wiederholt  besonders  auf  der 
Strecke  Schottland-Grönland-Neufundlandbank,  sowie  in  dem  nach 
Südosten  umbiegenden  Teile  des  Golfstromes  in  so  großen  Entfernungen 
vom  Lande  und  in  so  großer  Zahl  angetroffen,  daß  sie  dahin  unmög- 
lich vom  Lande  aus  gelangt  sein  können,  daß  man  vielmehr  eine 
Entwickelung  von  Sproßpilzen  im  Meere  annehmen  muß.  Nach 
Laboratoriumsversuchen  vermehren  sie  sich  im  Meerwasser,  auch 
können  sie  sich  in  demselben  längere  Zeit  schwebend  erhalten. 
Durch  das  Sonnenlicht  werden  sie  ähnlich  wie  die  Bakterien 
abgetötet.  Meist  handelte  es  sich  um  die  sogenannten  Tor u la arten, 
1 Mal  wurde  die  sog.  „schwarze  Hefe“,  und  einige  Male  wurden 
Mycod  ermaarten  gefunden,  worüber  demnächst  in  dieser  Zeit- 
schrift weitere  Mitteilungen  gemacht  werden  sollen. 

Am  häufigsten  und  zahlreichsten  von  allen  Mikroorganismen 
wurden  in  den  Aussaaten  Bakterien  angetroffen,  die  sich  aber 
morphologisch  und  biologisch  von  den  am  Lande  vorkommenden 
unterschieden.  Typische  „Kokken  und  „Bacillen“  wurden  auf  hoher  See 
so  gut  wie  stets  vermißt.  Die  Meeresbakterien  = Halibakterien,  von 
welchen  die  lichtentwickelnden,  aus  dem  Meere  gezüchteten,  nach 
Beyerinckals  Photobakterien  bezeichneten  eine  Unterabteilung  bilden, 
sind  durch  die  Mannigfaltigkeit  in  der  Form  und  Größe  sowie  da- 
durch gekennzeichnet,  daß  bei  den  einzelnen  Arten  regelmäßig 
schraubig  gekrümmte  Formen  Vorkommen.  Letztere  sind  zuweilen  so 
überwiegend,  daß  die  Bakterien  von  Kommabacillen  auf  den  ersten 
Blick  nicht  zu  unterscheiden  sind.  Bei  anderen  Arten  und  zu 
anderen  Zeiten  beherrschen  die  kugeligen  und  stäbchenartigen,  nicht 
gekrümmten  Formen  das  Bild,  und  finden  sich  die  letzteren  teils  als 


Original-Referate  aus  bakteriologischen  und  parasitologiscben  Instituten  etc.  665 


Kurz-,  teils  als  Langstäbchen,  teils  als  gegliederte  oder  ungegliederte 
Fäden.  Auch  anderweitige  Anordnung  sowie  Vereinigung  durch 
Zooglöamassen  wird  vielfach  beobachtet.  Häufig  sind  involutions- 
artige Formen.  Die  gefärbten  Bakterien  zeigen  oft  Lücken.  Sporen 
wurdeu  bisher  nicht  gefunden,  obwohl  einige  der  Meeresbakterien  in 
Agarkulturen  nach  21/a  Jahren  noch  nicht  abgestorben  waren. 

Bei  allen  Meeresbakterien  wurde,  wenigstens  zeitweise,  Eigen- 
bewegung beobachtet,  die  oft  eine  außerordentlich  lebhafte  war. 
Die  Darstellung  der  Bewegungsorgane  ist  bis  jetzt  noch  nicht  in  be- 
friedigender Weise  gelungen,  bei  einigen  wurden  von  dem  einen  Pole 
ausgehende  Büschel  längerer,  wellig  gebogener  Geißelfäden  ge- 
sehen. Die  Meeresbakterien  eignen  sich  nicht  für  die  Färbung 
nach  Gram. 

Auch  in  den  Kulturen  findet  sich  oft  eine  weitgehende  Aehn- 
lichkeit  zwischen  den  Meeresbakterien  und  den  Kommabacillen 
(Vibrionen),  sie  unterscheiden  sich  aber  von  den  letzteren  durch  ihre 
Vorliebe  für  die  Seewassernährböden,  auf  denen  die  Kommabacillen, 
darunter  auch  die  in  letzter  Zeit  mehrfach  aus  Flußwasser  sowie 
aus  menschlichen  Darmausleerungeu  isolierten  lichtentwickeln- 
den Vibrionen  (Dunbar-Kutscher),  nicht  so  kräftig  wachsen  wie  auf 
den  Nährböden  mit  gewöhnlichem  Salzgehalte.  Eine  Ausnahme  hier- 
von machen  nur  die  in  Seewasser  gekochten  Kartoffeln,  auf  denen 
die  Kommabacillen  durchweg  besser  gedeihen,  als  auf  gewöhnlichen 
Kartoffeln.  Die  Meeresbakterien  können  schon  im  gewöhnlichen 
Meerwasser  eine  Vermehrung  erfahren,  sie  gedeihen  üppig  in  mit 
1 Proz.  Pepton  versetztem  Seewasser  sowie  in  Peptonkochsalzlösungeu. 
In  Seewasser  gekochte  Kartoffelstücke  sowie  gekochte  Fische  bilden 
gute  Nährböden  für  dieselben.  Sie  gedeihen  nicht  auf  sauren  Nähr- 
böden, einige  wachsen  auch  bei  Sauerstoffabschluß. 

Aus  ihrem  Vorkommen  in  großen  Meerestiefen  darf  man  schließen, 
daß  es  unter  ihnen  solche  giebt,  die  einen  sehr  hohen  Druck  (z.  B. 
mehr  als  100  Atmosphären)  unbeschadet  längere  Zeit  ertragen 
können. 

Unter  den  Leuchtbakterien  wurden  allein  5 Arten  gefunden,  die 
schon  bei  0°  C wachsen,  andere  zeigten  noch  bei  46°  C Wachstum. 

Die  Veränderungen,  welche  einige  der  lichtentwickelnden  Meeres- 
bakterien an  den  Nährlösungen  hervorriefen  und  die  durch  Rötung, 
Bläuung  bezw.  Entfärbung  des  zugefügten  Lackmusfarbstoffs,  bezw. 
durch  Rotfärbung  auf  Schwefelsäurezusatz  (Nitrosoindolreaktion),  bezw. 
durch  Gasbildung  in  zuckerhaltigen  Nährlösungen  angezeigt  wurden, 
blieben  einige  Male  trotz  anscheinend  gleicher  Versuchsbedingungen  aus. 

Mehrfach  wurde  bei  den  Meeresbakterien  auch  eine  Farbstoff- 
bildung beobachtet,  dieselbe  wurde  zum  Teil  zur  Benennung  der 
einzelnen  Arten  verwertet. 

Die  Lichtentwickelung,  die  bei  vielen  Meeresbakterien  beobachtet 
wurde,  findet  sich  nach  den  erwähnten  neueren  Beobachtungen  auch 
bei  Süßwasserbakterien,  ist  also  nicht,  wie  man  früher  glauben  konnte, 
auf  die  halophilen  Bakterien  beschränkt.  Manche  Leuchtbakterien 
verlieren  bei  der  Züchtung  rasch  ihr  Leuchtvermögen  oder  erfahren 
hierbei  bezw.  durch  künstliche  Eingriffe  eine  Abschwächung  desselben. 


666 


Bakterien  und  Fleisch 


Auch  unter  natürlichen  Verhältnissen  scheint  nach  einer  Be- 
obachtung eine  solche  Abschwächung  des  Leuchtvermögens 
stattzufinden. 

Bei  Uebertragung  größerer  Mengen  von  Leuchtbakterien  der  ver- 
schiedenen Arten  in  das  Peritoneum  von  Meerschweinchen  oder  Mäusen 
starben  die  Tiere,  und  konnte  bei  eiuigen  Arten  auch  eine  Vermehrung 
der  Bakterien  im  lebenden  Tierkörper  nachgewiesen  werden.  Mit  den 
uichtleuchtenden  Meeresbakterien,  von  denen  allerdings  keine  frisch 
aus  dem  Meere  isolierten  Kulturen  zur  Verfügung  standen,  gelang  es 
auf  diese  Weise  nicht,  die  Tiere  krank  zu  machen  oder  zu  töten. 

Im  ganzen  schien  die  Zahl  der  im  Ocean  vorhandenen  Arten 
eine  geringe,  einige  Meeresbakterien  hatten  eine  sehr  große  Ver- 
breitung im  Ocean. 

Während  der  Nachweis  von  Leuchtbakterien  in  den  Küsten- 
regionen und  Binnenmeeren  vielfach  gelang  und  dieselben  dort  auch 
durch  eine  größere  Zahl  von  Arten  vertreten  waren,  so  daß  z.  B.  in 
der  Nordsee  allein  8 Arten  nachgewiesen  sind,  konnten  sie  bisher  im 
Wasser  auf  hoher  See  nicht  gefunden  werden.  Daß  sie  daselbst  nicht 
völlig  fehlen,  geht  schon  daraus  hervor,  daß  sie  einmal  auf  einem 
mitten  im  Ocean  gefangenen  „fliegenden  Fische“  angetroffen  wurden. 
Jedenfalls  sind  sie  auf  hoher  See  für  gewöhnlich  in  weit  geringerer 
Zahl  vorhanden,  als  in  der  Nähe  des  Landes. 

Nach  den  in  betreff  der  Meeresbakterien  gemachten  Beobachtungen 
darf  man  annehmen,  daß  sie  als  Zersetzungserreger  im  Ocean  eine 
ähnliche  Rolle  spielen  wie  die  Bakterien  auf  dem  Festlande,  d.  h.  sie 
führen  die  abgestorbene  organische  Substanz  in  die  einfachen  an- 
organischen Verbindungen  über,  deren  die  Pflanzen  zu  ihrem  Aufbau 
bedürfen,  und  helfen  somit  die  Nahrung  für  die  übrige  Lebewelt  des 
Oceans  bereiten.  Zu  der  letzteren  scheinen  sie  aber  auch  noch  in 
anderen  Beziehungen  zu  stehen,  da  sie  bei  Fischen  und  anderen  See- 
tieren sowohl  an  der  Körperoberfläche,  als  auch  im  Darmkanale 
mehrfach  angetroffeu  wurden.  Ob  sie  den  übrigen  Lebewesen  auch 
als  Krankheitserreger  verderblich  werden  können,  muß  zunächst  noch 
dahingestellt  bleiben.  Autoreferat. 


Referate. 


Bordoni-Uffreduzzi,  Ein  Fall  von  fuchsin ähnlicher  Bak- 
terienfärbung des  Fleisches.  (Hygienische  Rundschau. 
1894.  Heft  1.) 

Verf.  fand  an  den  Ueberresten  eines  gebratenen  Huhnes  den 
Bacillus  prodigiosus,  welcher  dieselben  gleichmäßig  mit  roter 
Farbe  überzogen  hatte,  so  daß  das  Fleisch  wegen  Verdachts  auf 
Vergiftung  eingeliefert  wurde.  Gelegentlich  dieses  Fundes  stellte 
Verf.  einige  Färbst offreaktioneu  mit  dem  Bacillus  an.  Das  Pig- 
ment ist  in  Wasser  gut  löslich  und  verleiht  demselben  eine  fuchsin- 


Strumitis.  — Pyonephrose.  667 

rote  Farbe,  mit  leichtem  Stiche  ins  Gelbe.  Noch  deutlicher  tritt  die 
Gelbfärbung  in  der  alkoholischen  Lösung  hervor. 

1)  Die  wässerige  Lösung  in  Berührung  gebracht  mit  entfetteter 
weißer  Wolle  und  gekocht,  färbt  den  Faden  gerade  wie  eine  Fuchsin- 
lösung. Durch  längeres  Kochen  wird  die  Farbe  noch  intensiver. 

2)  Gir  a rd’sche  Fuchsinprobe.  Die  wässerige  Fuchsinlösung  mit 
Ammoniak  in  Berührung  gebracht,  wird  entfärbt,  indem  Rosanilin 
frei  wird  und  Chlorammon  auftritt.  Zieht  man  mit  Aether  oder 
Amylalkohol  das  Rosanilin  aus,  so  wird  die  neue  Lösung  durch 
einige  Tropfen  Essigsäure  wieder  rot  (Rosanilinacetat). 

Die  wässerige  Pigmentlösung  dagegen  wird  mit  Ammoniak 
gelblich -blaß.  Aether  oder  Amylalkoholextrakt  läßt  aber  ebenfalls 
Rotfärbung  auftreten  nach  Zusatz  von  einigen  Tropfen  Essigsäure. 
Verf.  vermutet  daher,  daß  die  Farbe  der  Pigmentlösung  des  Prodi- 
giosus  aus  zwei  verschiedenen  Farbstoffen  bestehe. 

3)  König’sche  Probe.  Ein  entfetteter  Wollfaden  wird  in  der  vor? 
her  mit  Ammoniak  behandelten  Fuchsin lösung  gekocht,  dann  wird  der 
ungefärbte  Faden  in  konz.  Aetzkalilösung  gelöst  und  diese  Lösung 
mit  Amylalkohol  und  Aether  zu  gleichen  Teilen  verrührt,  dann  färbt 
sich  die  abgeklärte  und  filtrierte  alkoholisch-ätherische  Lösung  durch 
Essigsäure  rot. 

Diese  Probe  mit  dem  Farbstoffe  des  Prodigiosus  angestellt, 
ergiebt : 

a)  Die  Wolle  bleibt  in  der  alkalischen  Lösung  rot. 

b)  Die  in  der  Aetzkalilösung  vorhandenen  Wollreste  bewahren  ihre 

rote  Farbe,  die  Lösung  ist  aber  ungefärbt. 

c)  Die  alkoholisch  - ätherische  Lösung  zeigt  bei  Essigsäurezusatz 

ganz  leichte  Rotfärbung. 

4)  Die  wässerige  Fuchsinlösung,  mit  Salzsäure  behandelt,  verliert 
ihre  rote  Farbe  und  nimmt  eine  schmutzig-grüne  Färbung  an.  Die 
des  Bacillus  prodigiosus  verliert  durch  die  Salzsäure  ihren  natür- 
lichen Reflex  und  nimmt  eine  glänzende  fucbsinrote  Farbe  an. 

Aus  diesen  Proben  geht  hervor,  daß  die  in  den  Pigmentschollen 
des  Bacillus  prodigiosus  enthaltene  chromogene  Substanz 
zwar  dem  Fuchsin  sehr  ähnlich  aber  doch  nicht  mit  ihm  iden- 
tisch ist.  0.  Voges  (Danzig). 

Schnitzler,  Julius,  Chirurgisch-bakteriologische  Mit- 
teilungen. [Aus  Hofrat  Albert’s  Chirurg.  Klinik  in  Wien.] 
(Internationale  klinische  Rundschau.  1893.  No.  16,  17,  20,  21.) 

1)  Zur  Aetiologie  der  Strumitis.  Sch.  konnte  5 Fälle  von 
Strumitis  bakteriologisch  untersuchen.  3 mal  fand  er  den  Weichsel- 
baum’schen  Diplococcus,  2mal  blieb  die  Untersuchung  erfolg- 
los, indem  weder  mikroskopisch  noch  kulturell  Mikroorganismen 
nachweisbar  waren.  Sch.  betont  die  relative  Häufigkeit  der  Diplo- 
kokkenbefunde bei  Strumitis  und  bringt  sie  in  Beziehung  zu  der 
Lage  der  Schilddrüse  zu  den  Athemwegen,  in  welch  letzteren  der 
genannte  Mikroorganismus  fast  stets  anzutreffeu  ist. 

2)  Pyonephrose,  dasBacterium  coli  commune  enthaltend. 
Verf.  berichtet  über  einen  zunächst  mit  Nephrotomie  behandelten 


668 


Peritonitis. 


Milzbrand. 


Fall,  in  welchem  der  eiterige  Nierenbeckeninhalt  das  B.  coli  in 
großer  Menge  und  ohne  jede  andere  Beimengung  enthielt.  Als 
einige  Monate  später  die  erkraukte  Niere  exstirpiert  wurde,  wies 
dieselbe  nur  hydronephritische  Veränderungen  auf.  Verf.  hat  nun 
Versuche  über  die  Einwanderung  des  B.  coli  in  die  Niere  in  der 
Weise  angestellt,  daß  er  zunächst  einen  Ureter  ligierte  und  daun  den 
Darm  des  Tieres  verschiedenen  Schädlichkeiten  aussetzte.  Doch  er- 
folgte niemals  eine  Infektion  der  derart  erzeugten  Hydronephrose 
durch  Darmbakterien.  Sch.  hat  diese  Versuche  unternommen,  weil 
ihm  das  Hinaufwandern  des  B.  coli  aus  der  Blase  in  das  Nieren- 
becken ohne  Retentio  urinae  (und  eine  solche  bestand  in  dem  er- 
wähnten Falle  nie)  nicht  wahrscheinlich  war. 

3)  Zur  Bakteriologie  eiteriger  Peritonitiden.  In  3 Fällen  von 
Perforatiousperitonitis,  die  vom  Processus  vermiformis  ausge- 
gangen waren,  fand  sich  das  B.  coli  commune  in  Reinkultur. 
Alle  3 endeten  tödlich.  In  einem  Falle  von  Dünndarmperforations- 
peritonitis (bei  der  Taxis  rupturirte  Hernie)  fand  sich  der 
Staph.  pyog.  in  Reinkultur.  Der  Fall  ging  in  Genesung  aus. 
Endlich  erwähnt  Verf.  einen  Fall  von  abgesackter  eiteriger  Peritonitis, 
in  welchem  die  bakteriologische  Untersuchung  des  Eiters  Staphylo- 
coccus  in  Reinkultur,  die  Untersuchung  des  verdickten  Peritoueums, 
von  dem  ein  Stück  behufs  Untersuchung  exstirpiert  worden  war, 
Tuberkulose  ergab.  Die  Sektion  wies  vom  Genitale  ausgehende 
Peritonealtuberkulose  nach. 

4)  Abscesse,  durch  seltenere  Eiterungserreger  bedingt.  In  zwei 
Fällen  wurde  der  Weichselbaum ’sche  Diplococcus,  im  dritten 
der  Staph.  cereus  albus  als  alleiniger  Urheber  gefunden.  Mit 
letzterer  Art  stellte  Sch.  erfolglose  Selbstimpfungsversuche  an. 

5)  Zur  Therapie  der  Pustula  maligna.  Einer  28-jährigen  Bürsten- 

bindergattin, bei  welcher  die  Exstirpation  der  über  dem  Handgelenke 
befindlichen  Milzbrandpustel  keine  Besserung  der  Allgemeinsymptome 
bewirkt  hatte,  entfernte  Sch.  die  geschwollenen,  hämorhagisch  in- 
farzierten  Axillardrüsen.  Sofortiger  Temperaturabfall,  Genesung.  In 
den  exstirpierten  Drüsen  fanden  sich  Milzbrandbacillen.  Sch.  tritt 
für  die  Exstirpation  der  infizierten  regionären  Drüsen  bei  Anthrax 
ein.  Autoreferat. 

Roger,  Sur  les  variations  de  laglycog6niedansl’in- 
fection  charbouneuse.  (Gazette  m6dicale  de  Paris.  1893. 
No.  45.) 

Kultiviert  man  Milzbrand  in  Leberabkochungen,  so  konstatiert 
man  schon  nach  weniger  als  24  Stunden,  daß  alles  Glykogen  ver- 
schwunden und  auch  keine  Spur  von  Zucker  mehr  vorhanden  ist. 
Bei  milzbrandinfizierten  Kaninchen  bleibt  die  glykogenbildende  Funk- 
tion der  Leber  in  den  ersten  Tagen  unbeeinflußt;  die  Menge  des 
Zuckers  im  Blute  ist  normal  oder  etwas  verringert.  Gegen  Ende 
der  Krankheit  verschwindet  das  Glykogen  aus  der  Leber  und  es 
entsteht  ein  deutlich  vermehrter  Glykosegehalt  des  Blutes. 

Abel  (Greifswald). 


Schutzimpfung,  klinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  ßgQ 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Tizzoni,  Gr.  e Cattäni,  Gr.,  Ulteriori  ricerche  sperimentali 

sulla  immunitä  contro  il  tetano.  (La  Rif.  med.  1893. 

p.  250—253.) 

Die  Neuheit  der  Lehre  über  die  Immunisierung  und  Serum- 
therapie läßt  es  sehr  wünschenswert  erscheinen,  auch  die  eigenen 
Versuche  unter  günstigen  Bedingungen  zu  wiederholen,  welche  nicht 
selten  dazu  beitragen,  daß  die  ursprünglichen  Resultate  in  mehr  oder 
weniger  wesentlicher  Art  richtiggestellt  werden  können.  Auch  die 
auf  diesem  Gebiete  rühmlichst  bekannten  Verff.  sahen  sich  veranlaßt, 
die  in  das  Kapitel  der  Tetanusimmunisierung  und  Heilung  ein- 
schlagenden Versuche  neuerdings  aufzunehmen  und  auf  folgende  vier 
Hauptfragen  auszudehnen : 

1)  Haben  die  zoologischen  Unterschiede  der  verschiedenen  Tier- 
gattungen einen  Einfluß  auf  den  Grad  des  Immunisierungswertes 
des  Blutserums? 

2)  Ist  es  möglich,  auf  irgend  welche  Weise  den  Immunisierungswert 
des  Blutserums  ad  maximum  zu  steigern? 

3)  Wie  wirkt  das  Blutserum  kurativ? 

4)  Auf  welche  Weise  gewinnt  man  aus  dem  Blutserum  die  darin 
enthaltene  wirksame  Substanz  in  möglichster  Reinheit? 

In  Bezug  auf  die  erste  Frage  haben  die  dahin  gerichteten  Ver- 
suche ergeben,  daß  für  eine  bestimmte  Tierart  (Kaninchen)  den 
größten  Immunisierungswert  das  homogene  (von  derselben  Tiergattung 
stammende)  Blutserum  besitzt. 

Was  den  zweiten  Punkt  anbelangt,  so  war  schon  durch  frühere 
Forschungen  sicher  erwiesen,  daß  das  Blutserum  eines  Tieres  einen 
um  so  größeren  Immunisierungswert  besitzt,  als  das  Tier  größere  Dosen 
virulenter  Tetanuskulturen  verträgt.  Die  erneuert  an  Pferden,  Hunden 
und  Kaninchen  ausgeführten  Versuche  haben  nun  ergeben,  daß  bei  einem 
Pferde  der  Immunisierungswert  des  Serums  die  Höhe  von  1 : 2500000 
erreichte,  als  die  Menge  der  injizierten  Tetanuskultur  auf  100  ccm 
stieg ; bei  dem  zweiten  Pferde  stieg  derselbe  bei  200  ccm  Kultur  bis 
auf  1 : 100000000. 

Für  den  Hund  fand  sich  bei  300  ccm  injizierter  Kultur  ein  Im- 
munisierungswert von  1 : 1000000,  für  das  Kaninchen  nach  Injektion 
von  10  ccm  Kultur  ein  Wert  von  1 : 1000000. 

Führt  man  diese  Zahlen  auf  das  Körpergewicht  der  Tiere  (Pferd: 
400  kg,  Hund:  20  kg,  Kaninchen:  2 kg)  zurück,  so  ergiebt  sich,  daß 
das  Blutserum  dieser  Tiere  in  folgendem  Verhältnisse  einen  höheren 
Immunisierungswert  erlangt : 

Tier:  Menge  der  auf  1 kg  Tier  Immunisierungs- 

injizierten  Kultur:  wert: 

Pferd  7,  ccm  1 : 100  000  000 

Hund  15  „ 1 : 1000  000 

Kaninchen  5 „ 1 : 1000000 


670  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskraukheiten,  Eutwickelungshemmung  etc. 


Das  will  so  viel  sagen,  daß  beim  Pferde  bei  Injektion  von  lOmal, 
beziehungsweise  30  mal  geringerer  Quantität  Kulturals  beim  Kaninchen 
und  Hunde  ein  100  mal  so  großer  Immunisierungswert  des  Blutes  er- 
zielt wurde. 

Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  man  durch  Steigerung  der  in- 
jizierten Kulturmenge  einen  noch  höheren  Immunisierungswert  erzielen 
könnte;  doch  glauben  die  Verff.,  daß  dies  für  praktische  Zwecke  über- 
flüssig sei  und  für  die  Behandlung  des  Menschen  ein  Blutserum  mit 
1 : 1000000  Wert  vollkommen  genüge,  wobei  die  Tiergattung  keine 
Rolle  spielt. 

Eine  vielfach  ventilierte  und  verschieden  gedeutete  Frage  ist  die 
dritte  in  Bezug  auf  die  Wirkungsweise  des  Blutserums  immunisierter 
Tiere.  Die  ursprünglich  aufgestellte  Ansicht,  daß  dasselbe  auf  die 
Weise  wirke,  daß  eine  darin  enthaltene  Substanz  das  Tetanusgift  zer- 
störe, also  antitoxisch  wirke,  ist  gegenwärtig  nicht  mehr  haltbar. 
Wäre  dies  der  Fall,  so  müßte  die  Injektiou  des  Heilserums  sofort 
wirken  und  nicht,  wie  es  thatsächlich  der  Fall  ist,  erst  im  Verlaufe 
von  einem  und  mehreren  Tagen ; es  müßte  auch  der  Rückgang  der 
tetanischen  Erscheinungen  ein  rascher,  nicht  aber,  wie  durch  vielfache 
Versuche  erwiesen  wurde,  ein  allmählicher  mit  mitunter  wochen-  und 
monatelanger  Persistenz  der  lokalen  tetauischen  Symptome  sein. 

Es  müßte  unter  allen  Verhältnissen,  selbst  im  vorgeschrittenen 
Stadium  des  Tetanus,  eiu  Nachlaß  der  Symptome  eiutreten,  was  aber 
in  den  meisten  so  weit  vorgeschrittenen  Formen  nicht  zutriflft.  Es 
ist  daher  eher  anzunehmen,  daß  das  Heilserum  keine  antitoxische, 
sondern  nur  eine  immunisierende  Wirkung  entfaltet,  insofern,  als  es 
die  bereits  entwickelten  tetanischen  Kontrakturen  nicht  löst,  sondern 
nur  die  noch  nicht  ergriffenen  Partieen  des  Nervensystems  immuni- 
siert und  auf  diese  Weise  den  Tetanus  lokalisiert.  Nur  auf  diese 
Weise  läßt  sich  eben  erklären,  warum  das  Heilserum,  beziehungsweise 
die  darin  enthaltene  wirksame  Substanz  die  Heilung  des  Tetanus  in 
der  Regel  nur  dann  bewirkt,  wenn  es  im  Beginne  der  Affektion  an- 
gewendet wird  und  warum  bei  nur  kurzer  Dauer  der  immunisieren- 
den Wirkung  eine  Rückkehr  der  tetanischen  Erscheinungen  statt- 
findet. Es  muß  eben  im  letzteren  Falle  angenommen  werden,  daß 
die  immunisierende  Wirkung  des  Serums  früher  aufhört,  noch  bevor 
das  ganze  Tetanusgift  aus  dem  Körper  eliminiert  wurde.  Als  Beweis 
für  die  Richtigkeit  dieser  Ansicht  führen  die  Verff.  mehrere  Versuche 
an  Kaninchen  auf,  welche  sämtlich  folgenden  Verlauf  nahmen: 

Es  wurden  den  Tieren  an  der  linken  hinteren  Extremität 
Quantitäten  einer  virulenten  Kultur,  welche  in  5 — 6 Tagen  den  Tod 
der  Tiere  herbeizuführen  pflegten,  injiziert.  Tags  darauf,  nachdem 
die  ersten  lokalen  Erscheinungen  sich  ausgebildet  hatten,  Injektion 
einer  die  Tiere  sonst  immunisierenden  Menge  Pferdeheilserum.  Im 
Laufe  der  nächsten  Tage  Steigerung  der  lokalen  tetanischen  Er- 
scheinungen ad  maximum,  sodann  allmählicher  Rückgang. 

Die  Injektion  des  Serums  hat  somit  wohl  die  tetanischen  Sym- 
ptome lokalisiert,  ihre  volle  Entwickelung  konnte  sie  jedoch  nicht  ver- 
hindern. 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  071 


Diese  Annahme  ist  auch  wohl  imstande,  jenes  scheinbar  wider- 
sinnige Versuchsergebnis  Behring’ s zu  erklären,  nach  welchem  eine 
gleichzeitige  oder  zeitlich  nahe  aneinander  gerückte  Injektion  von 
Tetanusgift  und  Heilserum  die  Entwickelung  tetanischer  Symptome 
nicht  zn  verhindern  vermag.  Es  findet  hier  gewissermaßen  ein  Wett- 
lauf dieser  zwei  Substanzen  statt;  diejenige  Substanz,  welche  früher 
am  Ziele  anlangt,  d.  h.,  welche  früher  das  Nervensystem  occupiert,  dasselbe 
durchtränkt  und  unempfindlich  gegen  die  andere  macht,  siegt.  Die 
Wirkung  des  sogenannten  Tetanusantitoxins  ist  demnach  eine  in- 
direkte und  die  Bezeichnung  „Antitoxin“  im  strengsten  Sinne  des 
Wortes  unrichtig. 

Die  Gewinnung  dieser  wirksamen  Substanz  aus  dem  Serum  in 
möglichst  reinem  Zustande  geschah  nun  auf  zweifache  Art. 

Nach  der  einen  Methode  wurde,  nachdem  vorausgegangene  Ver- 
suche sichergestellt  haben,  daß  das  Antitoxin  eine  nicht  dialysier- 
bare  Substanz  ist,  eine  wässerige  filtrierte  Lösung  des  alkoholischen 
Präcipitats  mehrere  Tage  dialysiert,  sodann  wieder  mit  Alkohol  ge- 
fällt, neuerdings  in  Wasser  aufgelöst,  filtriert  und  schließlich  über 
Schwefelsäure  getrocknet.  Die  auf  diese  Art  gewonnene  Substanz 
hatte  dieselben  Eigenschaften,  wie  die  nach  der  folgenden  zweiten 
Methode  gewonnene. 

Eine  bestimmte  Quantität  Serum  wurde  mittelst  titrierter  Essig- 
säurelösung neutralisiert  und  sodann  daraus  die  Globuline  mit 
20  Volumen  destillierten  Wassers  ausgefällt.  Nach  erfolgter  Sedi- 
mentierung  wurde  die  klare  Flüssigkeit  abpipettiert,  das  Präcipitat 
am  Filter  gesammelt  und  wiederholt  mit  Wasser  gewaschen.  Auf 
diese  Weise  erhielt  man  die  Globuline  und  die  Serine,  die  in  der 
Flüssigkeit  verblieben  sind,  voneinander  getrennt  und  konnte  mit 
beiden  für  sich  experimentieren.  Es  stellte  sich  dabei  heraus,  daß 
das  der  Globuline  beraubte  Serum  nahezu  dieselbe  Menge  Antitoxin 
enthielt,  wie  das  Originalserum,  während  die  präcipitierten  Globuline 
nur  eine  Spur  dieser  beim  Ausfällen  mechanisch  mitgerissenen  Sub- 
stanz enthielten.  Diese  wurde  nun  durch  Fällung  mit  Alkohol  und 
weiterer  Behandlung  nach  der  zuerst  geschilderten  Methode  isoliert 
und  stellte  in  getrocknetem  Zustande  ein  goldgelbes  Pulver  dar. 
Dieser  Körper  quillt  zunächst,  in  Wasser  auf  und  löst  sich  sodann; 
die  Lösung  ist  leicht  opalisierend.  Die  Löslichkeit  ist  in  leicht  al- 
kalischem Wasser  eine  größere;  zur  Lösung  dieser  Substanz  ist  eine 
geringere  Quantität  Wasser  nötig,  als  diejenige  des  Serums  beträgt, 
aus  welchem  sie  gewonnen  wurde.  Die  physiologische  Wirkung  ist 
dieselbe  wie  die  des  Heilserums,  und  zwar  genügt  bei  Mäusen  eine 
minimale  Menge,  eine  Nadelspitze  voll,  bei  Kaninchen  1 cg,  um  die 
Tiere  teils  sicher  zu  immunisieren,  teils  bei  Infektion  mit  tödtlichen 
Giftdosen  zu  heilen,  und  man  kann  annehmen,  daß  40— 50  cg  dieser 
Substanz  genügen  dürften,  um  beim  Menschen  auch  Fälle  von  akutem 
Tetanus  zur  Heilung  zu  bringen.  Camen  (Czernowitz). 


672 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Arthur  Würzbürg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 


Allgemeines  Uber  Bakterien  und  Parasiten. 

Capitan,  L.,  Le  röle  des  microbes  dans  la  societe.  (Rev.  scientif.  1894.  No.  10.  p.  289 
—294.) 

Fraenkel,  C.  u.  Pfeiffer,  R.,  Mikrophotograpbischer  Atlas  der  Bakterienkuude.  2.  Aufl. 
7.  u.  8.  Lfg.  gr.  8°.  10  Lichtdr.-Taf.  m.  10  Bl.  Erklärg.  Berlin  (August  Hirsch- 
wald) 1894.  ä 4 M. 


Morphologie  und  Systematik. 

Dangeard,  P A.  et  Leger,  M.,  Recherche  sur  la  structure  des  mucorindes  (Compt. 

rend.  1894  T.  CXV1II.  No.  8.  p.  430—432) 

Goltz,  Ueber  Schwarzfärbuug  des  Rostellum  und  Fehlen  des  Hakenkranzes  bei  Cysti- 
cercus cellulosae.  (Ztschr.  f.  Fleisch-  u.  Milchhygiene.  1894.  No.  4.  p.  65 — 67-1 
Massalongo,  C , Acarocecidii  da  aggiungersi  a quelli  finora  noti  nella  Sora  italica. 
(Ballett,  d.  soc.  botan.  ital.  1893.  p.  484.) 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Griffiths,  A.  B.,  Une  ptomaine  dans  les  urines  des  erysipelateux.  (Bullet,  de  l’acad. 

roy.  d.  scienc.  de  Belgique.  1892.  p.  840 — 842.) 

Warington,  R.,  Retnarks  on  the  chemistry  of  bacteria.  (Chem.  News.  1893.  Bd.  LXVI1I. 
p.  175.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Beck,  S.,  Bakteriologische  Untersuchungen  des  Wassers.  (Orvosi  hetilap.  1894.  No.  8.) 
[Ungarisch.] 

Ducamp  et  Planchon,  L.,  Etüde  bactdriologique  de  l’eau  d'alimentation  de  Montpellier. 

(Annal.  d’hygiene  publ.  1894.  No.  3.  p.  224 — 234.) 
van  Ketel,  B.  A.,  Eenige  opmerkingen  over  het  drinkwatcr-ouderzoek.  (Nederl.  Tijdschr. 
v.  pharm.  1894.  Jan.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgeyenstände. 

Gorini,  C , Studi  critico-sperimeutali  sulla  sterilizzazione  del  latte.  (Giorn.  d.  r.  soc. 
ital.  d’igiene.  1894.  No.  1.  p.  5 — 24.) 

Lepierre,  Ch.,  Analyse  d’un  fromage  avarie;  extractiou  d’une  ptomaine  nouvelle.  (Compt. 

rend.  1894  T.  CXVIII.  No.  9.  p.  476—478.) 

Pammel,  L.  H , Some  bacteriological  work  in  the  dairy.  (Extr.  from  the  Jowa  Agricult. 
experim.  Station.  Bullet.  No.  21.  1894.  p.  6 — 13.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebteu  Natur. 

Harmlose  Bakterien  und  Parasiten. 

Hofmeister,  F.,  Ueber  Mikroorganismen  im  Urin  gesunder  Menschen.  (Aus:  ,,Fortschr. 
d.  Medizin“.)  gr.  8°.  16  p.  Berlin  (Fischer’s  medizin.  Buchh.  [E.  Kornfeld])  1894. 

0,75  M. 


Neue  Litteratur. 


673 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Aügemeinkrankheiten. 

Cornil,  V.  et  Babes,  V.,  Les  associations  bacterienues  dans  les  maladies.  (Annal.  de 
l’lnstit.  de  pathol.  et  de  bacteriol.  de  Bucarest.  II.  annäe  1890,  1893.  p.  272 — 280.) 
Deutsch-Ostafrika.  Quarantaine-Ordoung  für  das  deutsch-ostafrikanische  Schutzgebiet. 
Vom  29.  November  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1893.  No.  9.  p.  134 
—135.) 

Görzetic,  N.,  Ueber  Parasitismus  uud  Krankheits-Erreger,  deren  Aufenthaltsorte,  Wan- 
derungen in  der  Natur  und  Ansteckungsweise  durch  dieselben.  Vorgetragen  im 
militärärztl.  wissenschaftlichen  Vereine  in  Budapest  1890.  gr.  8°.  130  u.  XIV  p. 

Karansebes  (Diöcesan-Bucbhandl.)  1894.  6 M. 

Malariakrankheiten. 

Ozzard,  A.  S.,  Bemerkungen  über  Malariafieber  in  Britisch-Guiana.  (Brit.  Guiana  med. 
Annals.  1893.  p.  87—113.) 

Treille,  A.,  Le  spectre  de  la  malaria  et  l’hömatozoaire  du  paludisme.  (Gaz.  med.  de 
Nantes.  1892/93.  p.  128—136.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus.  Masern,  Röteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Babes,  V.,  Etüde  sur  la  nephrite  scarlatineuse  en  rapport  avec  l’etiologie  de  la  scarla- 
tine.  (Annal.  de  l’Instit.  de  pathol.  et  de  bacteriol.  de  Bucarest.  II.  annde  1890, 

1893.  p.  147—190.) 

Blafs,  C.,  Die  Impfung  und  ihre  Technik.  (Med.  Bibliothek  f.  prakt.  Aerzte.  No.  2.) 

12°.  III,  76  p.  Leipzig  (C.  G.  Naumann)  1894.  1 M. 

Hervieux,  Epidemie  variolique  de  Paris.  (Bullet,  de  l’acad.  de  m^d.  1894.  No.  8. 
p.  153—167.) 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest 

Babes,  V. , Sur  les  vari^tds  naturelles  du  bacille  de  la  flövre  typhoide.  (Annal.  de 
l'Instit.  de  pathol.  et  de  bacteriol.  de  Bucarest.  II.  ann£e  1890,  1893.  p.  217  — 250.) 
Baden.  Ministerial-Verordnung,  betreffend  Maßregeln  gegen  den  Typhus.  Vom  18.  No- 
vember 1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundbeits-A.  1894.  No.  9.  p.  132 — 133.) 
Boucek,  B.,  Die  Cholera  im  Podebrader  Bezirke.  Eine  epidemiologische  Studie.  Aus 
dem  Böhm,  übers,  v.  K.  Maade.  Mit  Plänen  der  Städte  Podebrad,  Sadska,  Pecky 
und  38  Gemeinden  des  Podebrader  Bezirkes,  gr.  8°.  III,  48  p.  München  (Lehmann) 

1894.  2 M. 
Feroci,  A.,  La  peste  bubonica  in  Pisa  nel  medio  evo  e nel  1630.  Notizie  tolte  da 

documenti  inedite.  8°.  205  p.  Pisa  (Vannucchi)  1893. 

Hoel,  Epidemie  typhique  ä l’intirieur  de  l’Hötel-Dieu ; fiövre  typhoide  et  typhus.  (Union 
m£d.  du  nord-est.  1893.  p.  229 — 240.) 

Högerstedt,  A.  u.  ▼.  Lingen,  L , Die  Cholera  im  Herbst  1893.  (St.  Petersb.  med. 

Wchschr.  1894.  No.  7,  8.  p.  57—60,  65—66.) 

Klein,  E , Beobachtungen  über  die  Cholera  in  England.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894. 
Bd.  XVI.  No.  2.  p.  249—256.) 

v.  Pettenkofer,  M.,  Choleraexplosionen  und  Trinkwasser.  [Aus:  „Münch,  med.  Wchschr.“] 
(Münch,  med.  Abhandl.  5.  R.  Heft  5.)  gr.  8°.  26  p.  München  (J.  F.  Lehmann) 

1894.  1 M. 

Pfeiffer,  R.,  Studien  zur  Choleraätiologie.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  2. 

p.  268—286.) 

de  Pietra-Santa,  La  fifevre  typhoide  ä Paris,  pdriode  decennale  de  dlcroissance  1884/93; 
ses  exacerbations  autumno-hivernales.  (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVHI.  No.  8.  p.  388 
—389.) 

Schild,  Eine  Typhusepidemie  mit  nachweisbarer  Entstehungsursache  und  die  Diagnose 
des  Typbusbacillus  mittelst  Formalin.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  2. 
p.  373—384.) 


674 


Neue  Litteratur. 


Wasilkoff,  M.  0.,  Iukubatiousdauer  bei  Cholera  nach  deu  Daten  der  Epidemie  von 
1892.  (Westnik  obsb.  hig.,  sudeb.  i prakt.  med.  1893  p.  1 — 16.)  [Russisch.] 

Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Uedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Uospitalbrand,  Puerperalkrankhuiteu,  Wuudlauluis.) 

Rossel,  H.,  Zur  Frage  der  Pathogenität  des  Bacillus  pyocyaneus  für  den  Menschen. 
(Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  Heft  2.  p.  368—372.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Beale,  E.  C. , The  dissemiuation  of  tuberculous  disease  by  means  of  infected  dust. 
(Laucet.  1894.  No.  8.  p.  470—471.) 

Kopfstein,  W.,  Erwiderung  auf  Prof.  Adamkiewicz’  Aufsatz  „Ueber  den  Krebsparasiten“. 

(Wien.  med.  Wchschr.  1894.  No.  11.  p.  471 — 472.) 
v.  Szdkely,  A.,  Die  Behandlung  der  tuberkulösen  Lungenschwindsucht,  gr.  8°.  VII, 
120  p.  Berlin  (August  Hirschwald)  1894.  2,80  M. 

Vignes,  Chancres  syphilitiques  de  la  paupifere  et  de  la  conjonctive.  (Progräs  med. 
1894.  No.  8.  p.  129  — 131.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallstieber,  Osteomyelitis. 

Boens,  H.,  L’influenza?  (Bullet,  de  l’acad.  royale  de  med.  de  Belgique.  1894.  No.  1. 
p.  29—33.) 

Castillo,  J.  C.,  La  epidemia  de  grippe  habida  en  Lima  en  1892.  (Cron.  med.  1893. 
p.  120,  159,  196,  229.) 

Concetti,  L.,  Unitä  etiologica  del  crup  e della  difterite  (parte  batteriologica).  (Atti  d. 

congr.  gener.  d.  assess.  med.  ital.  1891.  Siena  1893.  p.  636 — 642.) 

Nastäkoff,  M.  M.,  Ueber  die  Mikroben  der  Grippe  und  die  klinisch-bakteriologische 
Diagnose  dieser  Krankheit.  (Wratsch.  1893.  p.  825,  892,  916.)  [Russisch.] 
Ormaechea,  L , Origen  de  la  infecciön  general  de  la  difteria.  4°.  Madrid  (M.  Minuesa 
de  los  Kios)  1894.  4 pes. 

Ruland,  M.  M.  J.,  Enkele  aantekeningen  met  betrekking  tot  de  diphtheritis-epidemie  te 
Maastricht.  (Nederl.  Tijdschr.  v.  Geueesk.  1894.  No.  8.  p.  233 — 259.) 

Wömer,  Eine  lokale  Epidemie  von  Influenza  typhosa.  (Münch,  med.  Wchschr.  1894. 
No.  7—9.  p.  119  — 122,  149—152,  169—172.) 

Pellagra,  Beri-beri. 

Jameson,  J.  S.,  Beri-beri  on  an  outward-bound  Steamer.  (Med.  Press  and  Circ.  1893. 
p 298—300.) 

Scheube,  B , Die  Beriberi-Krankheit.  Eine  geographisch-medizinische  Studie,  gr.  8°. 
VIII,  220  p.  m.  2 lith.  Taf.  u.  1 färb.  Karte.  Jena  (Fischer)  1894.  9 M 

B.  Infektiöse  LokaUcrankheiten. 

Haut,  Muskeln,  Knochen. 

Schwimmer,  E.,  Psorospermosis  (Darier).  Keratosis  hypertrophica  universalis.  (Biblioth. 
med.  Abt.  DA.  Heft  1.)  gr.  4°.  13  p.  m.  1 färb.  Taf.,  61  X cm-  ® 

V erdauungsorgane. 

Greene-Cumston,  Ch.,  Contribution  ü l’etude  de  la  virulence  du  bacterium  coli  dans  les 
diarrhdes  des  enfants.  gr.  8U.  65  p.  Genf  (R.  Burkbardt)  1894.  1 M. 


Neue  Litteratur. 


675 


C.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Forbes,  C.,  Notes  on  the  Guinea  worm,  Filaria  mediuensis,  or  Dracunculus,  with  a new 
method  of  radical  eure.  (Lancet.  1894.  Vol.  I.  No.  8.  p.  471 — 472.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  hei  Menschen  und  Tieren. 

Kotz. 

Babea,  V , Observations  sur  la  ruorve.  (Annal.  de  l’lnstit.  de  pathol.  et  de  bact^riol. 
de  Bucarest.  II.  aunee  1890,  1893.  p.  18 — 34.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  hei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrarkheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Großbritannien  während  der  13  Wochen  vom  1.  Oktober  bis 
30.  Dezember  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  9.  p.  135.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Barth,  Zur  Bekämpfung  der  Rebschildlaus  und  des  Heu-  oder  Sauerwurmes.  (Land- 
wirtschaftl.  Wchbl.  f.  Elsaß-Lothringen.  — Weinbau  und  Weinhandel.  1894.  No.  11. 
p.  123.) 

Dosch,  Die  Verbreitung  der  Reblaus  in  Deutschland  und  die  Gefährdung  des  deutschen 
Weinbaues.  (Weinbau  u.  Weinhandel.  1894.  No.  8 p.  83 — 85.) 

Giard,  Sur  une  Cochenille  souterraine  des  vignes  du  Chile.  (Compt.  rend.  de  la  soc.  de 
biol.  1894.  10  fdvr.) 

Gumbleton,  W.  E.,  Destruction  of  tubers  of  Anemone  blanda  by  fungus.  (Gardener’s 
Chronicle.  1894.  p.  274.) 

Halsted,  B.  D.,  The  mint  rust  upon  the  variegated  balm.  (Bullet,  of  the  Torrey  botan. 
club.  1894.  p.  40—41.) 

Mitteilungen  der  internationalen  phytopathologischen  Kommission.  (Ztschr.  f.  Pflanzen- 
krankh.  1894.  Bd.  IV.  No.  2.  p.  65—66.) 

Mohr,  C.,  Vertilgung  der  Heckenraupe  auf  Crataegus  oxyacantha.  (Ztschr.  f.  Pflanzen- 
krankh.  1894.  Bd.  IV.  No.  2.  p.  91 — 94.) 

Perroncito,  E , Studi  preliminari  per  combattere  la  fillossera  ed  altri  insetti  nocivi. 
Nota  I.  8°.  27  p.  Torino  1893. 

Prillieux  et  Delacroix,  Maladies  bacillaires  de  divers  veg^taux.  (Compt.  rend.  1894. 
T.  CXVIII.  p.  668—671.) 


Schutzimpfangen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Babea,  V.  et  A.,  Sur  certaines  substances  chimiques  produites  par  le  bacille  de  la 
tuberculose  et  sur  la  tuberculose  aviaire.  (Annal.  de  l'lnstit.  de  pathol.  et  de 
bacteriol.  de  Bucarest.  II.  annde.  1890,  1893.  p.  293 — 297.) 

Calmette,  A.  et  Pineau,  J.,  Les  vaccinaiions  antirabiques  pratiqudes  h Saigon  du  1 mai 
1892  au  1.  mai  1893.  (Arch.  de  med.  nav.  1893.  p.  81 — 84.) 

Chamberland,  Ch.,  Resultats  pratiques  des  vaccinations  contre  le  charbon  et  le  rouget 
en  France.  (Annal.  de  l'lnstit.  Pasteur.  1894.  No.  3.  p.  161 — 165.) 

Hüppe,  F.,  Einige  Beobachtungen  über  die  Wirkung  des  Malleins.  (Berl.  tierärztl. 
Wchschr.  1894.  No.  12.  p.  13  8.) 

Lehlanc,  Humbert,  De  l’emploi  de  la  malleine.  (Recueil  de  med.  v4tdrin.  1894.  No.  4. 
p.  36—49.) 


676 


Neue  Litteratur, 


Martinotti,  G.  e Tedeschi,  A.,  Ricerche  sugli  effetti  dell’  inoculazione  del  .rbonchio 
nei  centri  nervosi.  (Atti  d.  congr.  gener.  d.  Assess.  med.  ital.  1891.  Siena  1893. 
p.  243—264.) 

Oechiner  de  Coninck,  Sur  le  pouvoir  antifermescentible  des  ptomaines  (2.  note.)  (Compt. 

rend.  de  la  soc.  de  biol.  1894.  No.  10.  p.  250 — 251.) 

Pawlowsky,  A.  D. , Ueber  die  Behandlung  des  Rbinoskleroms  mit  „Rhinosklerin“. 

(Dtsche  med.  Wchscbr.  1894.  No.  13.  p.  303 — 305.) 

Vas,  B.,  Untersuchungen  über  die  antibakterielle  und  antifermentative  Wirkung  einiger 
Bitterstoffe.  (Ungar.  Arch.  f.  Med.  1894.  Bd.  II.  No.  3/4.  p.  315 — 318.) 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Freudenreich , Ed.  v. , Ueber  eine  Ver- 
besserung des  Plattenverfahrens.  (Orig.), 
p.  643. 

Kahane,  Max.  Weitere  Mitteilungen  über 
das  Vorkommen  lebender  Parasiten  im 
Blute  und  in  den  Geschwulstzellen  bei 
Carcinomatösen.  (Orig.),  p.  629. 

Marpmann,  Mitteilungen  aus  Marpmann’s 
hygien.  Laboratorium.  (Orig.),  p.  634. 

Timpe,  H , Zur  Frage  der  Gelatineberei- 
tung. (Orig.),  p.  644. 

Zettnow,  Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober 
Bacillen.  (Orig.),  p.  638. 

Bakteriologische  und  parasitologische 
Kongresse. 

Bernheim,  8.,  Cow-Pox  und  Tuberkulose, 
p.  653. 

— — , Die  Behandlung  der  Tuberkulose 
mit  immunisiertem  Serum,  p.  654. 

— — , Vorgängige  Diagnose  der  Tuber- 
kulose, p.  655. 

— — , Erblichkeit  und  Ansteckung  der 
Tuberkulose,  p.  656. 

Bouchard  u.  Charrin,  Ueber  die  Gründe 
der  Unschädlichkeit  einiger  Parasiten, 
p.  652. 

Chiari,  H.,  Ueber  das  Vorkommen  von 
Typhusbacillen  in  der  Gallenblase  bei 
Typhus  abdominalis,  p.  648. 
Nannotti,  A.,  Ueber  die  Wirkung  der 
sterilisierten  Eitersubstanzen  bei  Im- 
pfungen, p.  649. 

— und  Baciocchi,  Ueber  den  Mechanis- 
mus und  über  den  Genesungsprozeß 
der  tuberkulösen  Peritonitis  durch  die 
Laparotomie,  p.  650. 


Roger,  Die  Leber  in  den  Infektions- 
krankheiten, p.  651. 

, Ueber  die  Wirkung  der  Bakterien- 
gifte aufs  Herz,  p.  651. 

Sanarelli,  G , Mitteilungen  aus  dem  XI. 
internationalen  medizinischen  Kongresse 
in  Rom.  (Orig.),  p.  648. 

Tsuboi,  Jiro,  Die  Cholera  asiatica  als 
eine  Nitritvergiftung,  p.  649. 

Original-Referate  aus  bakteriologischen 
Instituten  etc. 

Fischer , Bernhard , Die  Bakterien  des 
Meeres  nach  den  Untersuchungen  der 
Planktonexpedition  unter  gleichzeitiger 
Berücksichtigung  einiger  älterer  und 
neuerer  Untersuchungen.  (Orig.),  p.  657. 

Referate. 

Bordoni-Uffreduzzi,  Ein  Fall  von  fuchsin- 
ähnlicher  Bakterienfärbung  des  Fleisches, 
p.  666. 

Roger,  S.,  Sur  les  variations  de  la  gly- 
cogenie  dans  l’infection  cbarbonneuse, 

p.  668. 

Schnitzler , Julius  , Chirurgisch-bakterio- 
logische Mitteilungen,  p.  667. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Tizzoni,  G.  e Cattani,  G.,  Ulteriori  ricerche 
sperimentali  sulla  immunitä  contro  il 
tetano,  p.  669. 

Neue  Litteratur,  p.  672. 


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= Verlag  des  Bibliographischen  Instituts  in  Leipzig.  


Frommannsche  Buchdruckerei  (Hermann  Pohle)  in  .Jena. 


Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Geh.  Hoff.  Prof.  Dr.  Leitet  m Professor  Dr.  Loeller 

ln  Leipzig  ln  Greifewald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  TJhlworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XY.  Band.  -o-  Jena,  den  7.  Mai  1894.  No.  18. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten,  jfe- 


Die  Redaktion  des  „ Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Horrekturabzüge  direkt  am 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena,  gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage,  später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original  - Mittheilungen. 

Kurze  Mitteilungen  über  einige  Versuche  zur  Frage 
der  fäulniswidrigen  Eigenschaften  der  Kohlensäure. 

[Aus  dem  hygienischen  Institut  zu  München.] 

Von 

Dr.  C.  Steinmetz 

in 

München. 

Die  Einwirkung  der  Kohlensäure  auf  die  Fäulnis  ist  von  Kolbe  *) 
und  von  Carl  Fraenkel1 2)  untersucht  worden3).  Beide  verfuhren 

1)  Kolbe,  Antiseptische  Eigenschaften  der  Kohlensäure.  (Journal  f.  prakt.  Chemie. 
Neue  Folge.  Bd.  XXVI.  1882.  p.  249  ff.) 

2)  Carl  Fraenkel,  Die  Einwirkung  der  Kohlensäure  auf  die  Lebensthätigkeit  der 
Mikroorganismen.  (Zeitschr.  f.  Hygiene.  Bd.  V.  p.  332  ff.) 

3)  Wie  mir  Herr  Prof.  T s u b o i mitteilte , sind  über  denselben  Gegenstand  auch 

XV.  Bd.  43 


678 


C.  Steinmetz, 


nach  verschiedenen  Methoden;  beide  kamen  auch  zu  verschiedenen 
Resultaten. 

Kolbe  hing  Ochsenfleisch  in  CO 2- Atmosphäre  auf  und  konnte 
nach  14  Tagen  bis  3 Wochen  durch  Geruch,  Gesicht  und  Geschmack 
das  Ausbleiben  von  Fäulnis  konstatieren.  Er  hält  somit  „d  i e K o h 1 e n - 
säure  für  ein  vorzügliches  Mittel,  Ochsenfleisch  vor 
Fäulnis  zu  bewahren  und  ihm  mehrere  Wochen  lang 
den  Wohlgeschmack  zu  erhalten“.  Am  Schlüsse  seiner 
Arbeit  finden  wir  sogar  den  Satz:  „Vielleicht  ist  die  Kohlensäure 
bei  chirurgischen  Operationen  als  Antiseptikum  verwendbar  etc.“ 

F r a e n k e 1 infizierte  mit  Nährbouillon  gefüllte  Kolben  mit  faulen- 
den Substanzen  und  setzte  sie  dann  dem  C02-Strome  aus.  Es  zeigte 
sich,  daß  „durch  die  C02  zwar  der  Eintritt  der  Fäulnis  in  der 
Regel  verzögert  und  hinausgeschoben  wurde,  daß  dieselbe  aber  in 
allen  Fällen  schließlich  doch  zur  Entwickelung  kam“.  Nach  Fraenkel 
„kann  mit  Bestimmtheit  behauptet  werden,  daß  die 
C02  als  ein  fäul  nis  wi  d ri  g es  Mittel,  als  ein  Antisepti- 
kum im  engeren  Sinne  des  Wortes,  nicht  verwertet 
werden  kann  und  ihr  höchstens  die  Fähigkeit  zu- 
kommt, bestehende  Fäulnis  in  geringem  Maße  einzu- 
schränken und  beginnende  in  ihrer  Entwickelung  zu 
hem  men“. 

Das  sind  zwei  ziemlich  entgegengesetzte  Ansichten.  Es  wäre 
nun  immerhin  von  einiger  praktischer  Bedeutung,  zu  wissen,  ob  wir 
in  der  C02  wirklich  ein  Mittel  besitzen,  Fleisch  mehrere  Wochen 
lang  zu  konservieren.  In  der  Hoffnung,  diese  Frage  zu  entscheiden, 
habe  ich  auf  Anregung  von  Herrn  Prof.  Emmerich  Kolbe’s 
Versuche  wiederholt,  dabei  aber  das  Fleisch  vor  und  nach  der  Auf- 
bewahrung in  CO  2 einer  bakteriologischen  Untersuchung  unter- 
worfen. 

Zunächst  konnte  konstatiert  werden,  daß,  wie  auch  schon  Kolbe 
angiebt,  wenn  man  das  Fleisch  auf  dem  Boden  von  mit  C02  ge- 
füllten, luftdicht  verschlossenen  Glasflaschen  aufbewahrt,  von  einer 
fäulniswidrigen  Wirkung  der  C02  nichts  zu  bemerken  ist. 

Es  wurden  nun  je  */4  Pfund  frisch  geschlachtetes  Ochsenfleisch, 
teils  in  dem  von  Liborius  zur  Züchtung  der  Anaeroben  angegebenen 
Apparate,  teils  in  den  von  Kolbe  angegebenen  Blechbüchsen  mit 
Glycerinverschluß  frei  aufgehängt  und  so  lange  aus  einem  Kipp  ’schen 
Apparate  C02  durchgeleitet,  bis  die  Luft  vollständig  verdrängt  war 
(Eintauchen  des  Luftaustrittsschlauchs  in  Kalilauge,  bis  keine  Gas- 
blasen mehr  aufsteigen).  Alsdann  wurden  die  Apparate  verschlossen, 
Bei  der  Herausnahme  des  Fleisches  nach  12 — 14  Tagen  war  in 
sämtlichen  Versuchen  nicht  die  Spur  von  Fäulnisgeruch  wahrnehm- 
bar, während  gleichzeitig  in  gleichen  Apparaten  in  Luft  aufbewahrtes 
Fleisch  sich  schon  in  hochgradiger  Zersetzung  befand.  Das  in  C02 
aufbewahrte  Fleisch  roch  leicht  säuerlich , sah  an  der  Oberfläche 
graurötlich,  an  einzelnen  Stellen  mehr  livid  aus.  Die  Schnittfläche 


von  Prof.  Ogata  in  Tokio  Versuche  ausgeführt  worden.  Die  Arbeit  ist  jedoch  nur 
in  japanischer  Sprache  erschienen. 


Mitteilungen  über  einige  Versuche  zur  Frage  fäulniswidriger  Eigenschaften  etc.  679 


verhielt  sich  nach  Aussehen  und  Geruch  wie  die  von  frischem 
Fleische.  Die  Reaktion  des  Fleisches  und  des  meist  nur  in  geringer 
Menge  abgetropften  Fleischsaftes  war  schwach,  aber  deutlich  sauer. 
Also  eine  vollständige  Uebereinstimmuug  mit  den  Kolbe 'sehen 
Resultaten. 

Was  lehrte  aber  nun  die  bakteriologische  Untersuchung?  In 
Präparaten  von  der  Oberfläche,  Schnittfläche  und  vom  abgetropften 
Fleischsafte  fanden  sich  stets  massenhaft  Bakterien.  Erbsengroße 
Stücke,  die  von  der  Oberfläche  und  Schnittfläche  mit  sterilen  Instru- 
menten entnommen  und  zu  Gelatineplatten  verarbeitet  wurden,  er- 
gaben im  Vergleiche  zu  den  vor  der  Aufbewahrung  in  C02  aus  den- 
selben Fleischstücken  in  gleicher  Weise  hergestellten  Platten,  daß 
eine  ganz  bedeutende  Vermehrung  derBakterien  statt- 
gefunden hatte;  meist  war  die  Gelatine  schon  nach  24  Std. 
vollständig  verflüssigt,  und  es  gelang  erst,  zählbare  Platten  zu  be- 
kommen, wenn  man  die  Fleischstückchen  in  10  ccm  Bouillon  schüttelte 
und  davon  einige  Oesen  in  die  zur  Platte  bestimmte  Gelatine  über- 
trug. Zur  Illustration  mögen  einige  in  folgender  Tabelle  zusammen- 
gestellte Versuche  dienen: 


Frisch  geschlacht.  Ochsenfleisch 

ln 

C02  auf  bewahrt 

d 

S 

öS 

Zahl  der  Keime 

auf  den 

2 M 
< g o 

S 

08 

Zahl  der  Keime  auf  den 

© 

sj 

t»  1 

u 

Art 

Auss 

Gelatineplatten  nach 

©iW 

^ -g  ü 

U 5 - 

Art 

Auss 

Gelatineplatten  nach 

> 

U 

© 

4 Tagen 

6 Tagen 

7 Tagen 

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3 © *~ 
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a 

U 

© 

1 Tage 

4 Tagen 

1 

M 

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0 

28 

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TotaleV  erflüssigung 

U 

© 

0 

19 

14  Tage 

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10  ccm 
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tragen 

4600 

IV 

© 

CO 

-O 

u 

w 

11 

12  Tage 

Erbsengroßes  St 
Schnittfläche  in 
jillon  geschüttelt 
6 Oesen  über 

85 

O 

4526 

| 

Um  zu  entscheiden,  ob  diepakterientötenden  Eigenschaften  des 
Serums  bei  der  Konservierung  in  C0.2  in  Betracht  kämen,  wurden 
in  mehreren  Versuchen  die  Fleischstücke  vor  der  Aufbewahrung  in 
C02  x/2  Stunde  lang  auf  60°  erhitzt.  Doch  war  bezüglich  der 
Bakterienvermehrung  und  des  sonstigen  Verhaltens  dieses  Fleisches 

43* 


680 


M.  Braun, 


dem  vorher  nicht  erhitzten  Fleisch  gegenüber  kein  wesentlicher 
Unterschied  zu  beobachten. 

Kochte  man  die  der  Schnittfläche  des  in  C02  auf  bewahrten 
Fleisches  entnommenen  Stückchen  20  Minuten  lang  vor  der  Ver- 
arbeitung zu  den  Platten,  so  wuchs  auf  den  Platten  nichts  mehr. 
Es  hatte  demnach  während  des  Aufenthaltes  in  CO,  keine  Sporen- 
bildung stattgefunden,  d.  h.  es  waren  jedenfalls  keine  so  wider- 
standsfähigen Sporen,  wie  die  des  Bacillus  subtilis  etc.,  ge- 
bildet worden. 

Was  die  Arten  der  auf  den  Platten  zur  Entwickelung  gekom- 
menen Bakterien  angeht,  so  waren  es  teils  festwachsende  Kurz- 
stäbchen und  Kokken,  teils  verflüssigende  Bacillen.  Auf  den  Platten 
vom  Rande  fanden  sich  gewöhnlich  die  meisten,  auf  denen  des 
vorher  erhitzten  Fleisches  die  wenigsten  verflüssigenden  Kolonieen. 

Ließ  man  das  Fleisch  nach  der  Aufbewahrung  in  C02  auf  einem 
Teller  an  der  Luft  liegen,  so  zersetzte  es  sich  sehr  rasch  an  den 
Stellen,  die  infolge  des  Aufliegens  auf  den  Teller  feucht  blieben, 
während  es  an  der  freien  Oberfläche  zu  einer  schwärzlichen  Masse 
vertrocknete.  Diese  Beobachtung,  im  Verein  mit  den  Resultaten  der 
ersten  Versuche,  bei  denen  die  im  Fleischsafte  am  Boden  der  Gefässe 
liegenden  Fleischstücke  trotz  Eindringens  der  C02  in  den  Fleisch- 
saft, was  sich  durch  die  entstehende  schwärzliche  Färbung  kund 
gab,  rasch  faulten,  scheinen  darauf  hinzuweisen,  daß  es  für  die  Kon- 
servierung des  Fleisches  im  Sinne  Kolbe’s  auf  eine  kombinierte 
Wirkung  der  Trockenheit  und  des  C02  ankommt.  Von  einer 
wirklichen  Konservierung  des  Fleisches  in  CO2  kann 
jedoch,  da  eine  bedeutende  Vermehrung  der  Fäulnis-  i 
bakterien  in  der  C02- Atmosphäre  stattfindet,  nicht 
die  Rede  sein.  Dagegen  scheint  durch  den  kombi- 
nierten Einfluß  der  Trockenheit  und  der  C02  der 
F äulnis p ro ze ß etwas  verlangsamt,  der  Eintritt  der 
stinkenden  Fäulnis  gehemmt  zu  werden. 

Dies  stimmt  auch  mit  den  Fraen  keTschen  Ergebnissen. 

München,  den  10.  April  1894. 


Helminthologische  Notizen.  IV. 

Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Holostomiden. 

Von 

M.  Braun. 

Unsere  Kenntnisse  über  die  Entwickelung  der  Holostomiden  sind 
sehr  dürftige : sie  beschränken  sich  auf  die  Kenntnis  des  Miracidien- 
stadiums  einer  oder  zweier  Arten,  sowie  darauf,  daß  im  Laufe  der 
Zeit  einige  zwanzig  Tetracotyle  (i.  S.  Brandes)  bekannt  ge- 
worden sind,  die  man  mit  vollem  Rechte  als  die  Larven  von  Holo- 
stomiden in  Anspruch  nimmt  — aber  in  keinem  einzigen  Falle  ist 


Helminthologisehe  Notizen.  IV. 


681 


die  Zugehörigkeit  irgend  einer  dieser  Tetra cotyl  elarven  zu  Holo- 
stomidenarten  gesichert.  Denn  der  bekannte  Fütterungsversuch 
Ercolani’s  (1881)  hat  nur  die  Möglichkeit  der  Umwandlung  einer 
Tetra cotyle  in  ein  Holostomum  statuiert,  die  Artfrage  aber 
offen  gelassen,  während  ein  zweiter  Versuch  (Brandes,  1890)  vom 
Autor  selbst  als  nicht  beweisend  angesehen  wird. 

Diese  große  Lücke  sollte  durch  Versuche  ausgefüllt  werden,  die 
ich  den  Herren  A.  und  O.  Ehrhardt,  Kandidaten  der  Medizin 
an  hiesiger  Universität,  vorgeschlagen  hatte;  ich  will  nur  kurz  die 
Resultate  hier  mitteilen,  da  eine  ausführlichere  Publikation  für  eine 
andere  Stelle  vorbereitet  ist. 

Zuerst  versuchten  wir  es,  Holostomidenlarven  (Diplostomum 
volvens  und  Tetracotyle  ovata)  in  das  Eiweiß  zu  bebrütender 
Hühnereier  einzuführen,  in  der  Erwartung,  daß  die  Entwickelung  der 
Larven  so  weit  fortschreiten  würde,  daß  man  die  Speciescharaktere 
würde  erkennen  können.  Diese  Erwartung  ist  getäuscht  worden,  zwar 
konnten  wir  3 und  5 Tage  nach  der  Bebrütung  die  eingeführten 
Tetracotylen  im  Eiweiße  lebend  wiederfinden,  aber  eine  Entwickelung 
derselben  hatte  nicht  stattgefunden. 

Wir  wendeten  uns  daher  zu  Fütterungsversuchen:  In  der  An- 
nahme, daß  die  zahlreichen  Krähen,  die  sich  an  den  Ufern  der  Haffe 
im  Sommer  herumtreiben,  ihre  Holostomiden  (Holostomum 
sphaerula  Duj.)  sich  aus  den  Augen  von  Fischen  holen,  die  tot 
am  Strande  liegen,  wurden  zuerst  einige  Nebelkrähen  (Corvus  cornix) 
mit  Diplostomum  volvens  v.  Nordm.,  das  in  den  Augen  hiesiger 
Fische,  besonders  Cyprinoiden  sehr  häufig  ist,  gefüttert  — jedoch 
ohne  Erfolg,  die  Versuchstiere  blieben  frei  von  Holostomiden. 

Dagegen  gelang  es,  Diplostomum  volvens  im  Darme  von 
jungen  Lachmöwen  (Larus  ridibundus)  in  Hemistomum  spa- 
thaceum  überzuführen;  die  noch  als  Nestjunge  zu  uns  gelangten 
Möwen  wurden  in  einem  Käfig  längere  Zeit  gehalten,  nur  mit  Pferde- 
fleisch und  dann  nach  einigen  Wochen  mit  Augen  von  Cypri- 
noiden gefüttert,  welche  D iplost  om  um  volvens  enthielten;  es 
gelang,  eine  große  Zahl  von  Uebergängen  der  Larve  zum  geschlechts- 
reifen  Hemistomum  bei  den  infizierten  Tieren  zu  sammeln,  ent- 
sprechende Stadien  auch  bei  natürlich  infizierten  Möwen  zu  finden, 
so  daß  die  Infektionsquelle  als  festgestellt  angesehen  werden  kann. 

Eine  zweite  Versuchsreihe  wurde  mit  Te tr aco tyle  ovata, 
encystiert  am  Peritoneum  und  besonders  am  Herzen  von  Acerina 
cernua  (Kaulbarsch),  angestellt:  Versuche  an  Passer  domesticus 
(Sperling)  und  Corvus  cornix  (Nebelkrähe)  ergaben  kein  Resul- 
tat; dagegen  wurde  Tetracotyle  ovata  in  Holostomum 
variegatum  Crepl.  im  Darme  von  Lachmöwen  (Larus  ridibun- 
dus) und  Seeschwalben  (Sterna  hirundo)  übergeführt.  Die  In- 
fektion gelang  ganz  sicher  bei  5 von  6 Versuchstieren;  das  sechste 
bekam  während  der  Versuchszeit  eine  sehr  heftige  Diarrhöe,  auf 
deren  Auftreten  wir  den  Mißerfolg  schieben  dürfen.  Denn  abge- 
sehen von  dem  Erfolge  in  den  anderen  Fällen  liegen  so  zahlreiche 
Uebergangsstadien  von  Tetracotyle  ovata  in  Holostomum 
variegatum  vor,  daß  dadurch  die  Richtigkeit  des  Resultates  er- 


682  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


wiesen  ist.  Auch  hier  konnte  durch  das  Auffinden  von  solchen  Ueber- 
gangsstadien  in  erlegten  Seeschwalben  der  Weg  der  natürlichen  In- 
fektion erkannt  werden. 

Zu  einer  dritten  Versuchsreihe  dienten  Tetracotyle  colubri 
v.  Linst,  (aus  Ringelnattern  und  Kreuzottern)  sowie  zwei  Waldkäuze 
(S  t r i x a 1 u c o)  und  ein  Bussard  (B  u t e o vulgaris),  ebenfalls  junge 
Tiere,  die  erst  wochenlang  mit  Pferdefleisch  gefüttert  worden  waren, 
ehe  die  Versuche  begannen;  die  genannte  Tetracotyle  ging  in 
H.olostomum  variabile  Nitzsch  über. 

Endlich  standen  im  Herbste  1893  noch  zwei  Störche  (Ciconia 
alba)  zur  Verfügung,  junge  Tiere,  die  seit  Monaten  frei  im 
Garten  des  Museums  herumliefen  und  mit  Pferdefleisch  gefüttert 
wurden,  freilich  auch  selbst  Insekten,  Landschuecken  und  Regen- 
würmer auflasen,  Tiere,  in  denen  jedoch  Holostomidenlarven  bisher 
nicht  gefunden  worden  sind.  Es  war  von  vornherein  wahrscheinlich, 
daß  der  Storch  seine  Holostomiden  (Holostomum  cornu  Nitzsch 
und  Hemistomum  excavatum)  sich  aus  Fröschen  holt;  daher 
erhielt  der  eine  Storch  im  November  1893  eine  Rana  esculenta, 
die  sehr  stark  mit  dem  großen  Codonocephalus  mutabilis 
durchsetzt  war;  bei  der  8 Tage  nach  der  Iufektion  vorgenommenen 
Sektion  fanden  sich  keine  Holostomiden.  Der  andere  Storch  erhielt 
Mitte  Oktober  15  Rana  temporaria,  die  hierorts  fast  immer  zahl- 
reiche Tetracotylen  führen ; bei  der  4 Wochen  später  vorgenommenen 
Sektion  wurden  im  Darme  etwa  100  Exemplare  von  Hemistomum 
excavatum  (geschlechtsreif)  und  zwei  jüngere  (d.  h.  mit  nicht 
entwickelten  Genitalien)  gesammelt;  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß 
hier  die  Infektion  auf  den  Fütterungsversuch  zurückzuführen  ist. 

Dagegen  gelang  es  nicht,  Tetracotyle  musculicola  Wldbg. 
(aus  Leuciscus  rutilus)  durch  Verfütterung  an  Corvuscor- 
nix  und  Larus  ridibundus  zur  Ansiedelung  zu  bringen.  — In 
diesem  Jahre  sollen  die  Versuche  fortgesetzt  und  namentlich  die  Ent- 
wickelung der  Tetracotylen  studiert  werden. 

Königsberg  i.  Pr.,  den  1.  April  1894. 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen 
Kongresse  in  Korn. 

Referent:  Dr.  G.  Sanarelli,  Privatdozent  in  Rom. 

(Fortsetzuug.) 

Mya,  G.  (Florenz),  Ueber  die  Pathologie  der  Diphtherie- 
infektion. 

Verf.  teilt  das  Resultat  einiger  auf  die  Diphtherieinfektion  be- 
züglichen Untersuchungen  mit. 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  683 


Im  ersten  Teile  dieser  Untersuchungen  hat  er  den  Dr.  C.  Gfiarrß 
zum  Mitarbeiter  gehabt.  In  demselben  hat  er  sich  mit  dem  Werte 
einiger  bäuerischen  Vereinigungen  bei  der  Diphtherieinfektion  be- 
schäftigt. Die  Arten  von  Mikroorganismen,  welche  in  ihren  Bezie- 
hungen zum  Diphtheriebacillus  untersucht  werden,  sind  der 
Streptococcus  pyogenes,  der  Staphylococcus  aureus  und 
der  Pneumococcus.  Die  bezüglichen  Experimente  wurden  so  aus- 
geführt, daß  bei  einer  hinreichenden  Anzahl  von  Tieren  (Meerschweinchen) 
die  Wirkung  der  alleinigen  Einimpfung  des  Diphtheriebacillus, 
des  Streptococcus  und  des  Pneumococcus  mit  der  der  fol- 
genden Vereinigungen:  Diphtheriebacillus  mit  Streptococ- 
cus; Diphtheriebacillus  mit  Staphylococcus  und  Diph- 
theriebacillus mit  Pneumococcus  verglichen  wurde. 

Die  Schlußfolgerungen  des  Verf.’s  können  in  folgendem  zusammen- 
gefaßt werden: 

1)  Bei  den  Einimpfungen  des  Diphtheriebacillus  allein  be- 
stätigten sich  die  von  den  früheren  Beobachtern  erhaltenen  Resultate 
genau. 

2)  Bei  den  kombinierten  Einimpfungen  des  Streptococcus 
und  des  Diphtheriebacillus  zusammen,  worüber  schon  einige 
Beobachtungen  von  Roux  und  Y er  sin,  sowie  einige  Experimente 
mit  den  filtrierten  Kulturen  von  Schreiner  vorliegen,  stellte  sich 
heraus,  daß  dieselben  einen  höheren  Grad  von  Giftigkeit  besitzen,  als 
die  des  Diphtheriebacillus  allein.  Die  allgemeine  Verbreitung 
des  Streptococcus  wurde  nie  erzielt. 

3)  Beim  Staphylococcus  und  Diphtheriebacillus  zu- 
sammen ließ  sich  nur  eine  Zunahme  des  fibrinösen  Exsudates  be- 
merken. Die  allgemeinen  Erscheinungen  waren  jedoch  nicht  von  in- 
tensiverer Natur.  In  zwei  Fällen  konnte  man  den  Staphylococcus 
aus  dem  Herzblute  nachweisen,  was  bei  den  Einimpfungen  des 
Staphylococcus  allein  nie  der  Fall  war. 

4)  Die  Einimpfungen  des  Pneumococcus  mit  dem  Diph- 
theriebacillus zusammen  hatten,  abgesehen  von  einer  Zunahme 
des  lokalen  Exsudates,  bei  den  Meerschweinen  eine  viel  reichlichere 
Speichelseptikämie,  als  sie  gewöhnlich  bei  diesen  Tieren  stattzufinden 
pflegt,  zur  Folge.  Keines  der  mit  dem  P neumococcus  allein  ge- 
impften Tiere  ist  von  selbst  gestorben,  und  aus  dem  Herzblute  der 
getöteten  Tiere  haben  sich  nur  spärliche  Kolonieen  des  Diplococcus 
ergeben. 

5)  Die  Einimpfungen  mit  unreinen  Kulturen,  d.  h.  durch  Ueber- 
tragung  von  Fragmenten  der  Pseudomembran  in  Bouillon  ge- 
wonnenen, besitzen  einen  sehr  hohen  Grad  von  Virulenz  und  in 
einigen  Fällen  eine  rapid  kaustische  Wirkung.  Die  Kulturen  dieser 
Art  enthielten  gewöhnlich  außer  dem  Diphtheriebacillus  den 
Streptococcus  und  den  Staphylococcus. 

6)  Wenn  man  den  Staphylococcus  zuerst  einimpfte  und 
später,  nach  verschiedenen  Zeitabständen,  den  Diphtherie- 
bacillus, so  erhielt  man  entweder  einen  langsameren  Tod,  als  es 
in  den  Fällen,  in  welchen  die  Kontrollobjekte  der  Diphtherieinfektion 
allein  ausgesetzt  waren,  stattfand,  oder  ein  Ueberleben  des  Tieres, 


g34  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


eine  Thatsache,  welche  im  Verlaufe  aller  bisher  ausgeführten  Experi- 
mente (mehr  als  fünfzig)  ganz  ausnahmsweise  dasteht. 

7)  Der  Einfluß  dieser  Vereinigungen  ist  also  unzweifelhaft  auch 
aus  diesen  Experimenten  festgestellt  und  muß  wahrscheinlich  bei  der 
Anwendung  der  Serumtherapie  auf  den  Menschen,  bei  welcher  Ver- 
einigungen dieser  Art  konstant  sind,  berücksichtigt  werden. 

Gfasperini,  Gr.  (Pisa),  Versuche  über  das  Genus  „Actino- 
myces“. 

Verf.  ist  auf  Grund  einer  großen  Reihe  von  Versuchen  über  das 
Genus  Actinomyces  imstande,  ein  vollständiges  Verzeichnis  der 
dazu  gehörigen  Mikroorganismen  zu  geben.  Dieselben  sind  die 
folgenden : 


Name 

Beobachter 

Synonym 

Beobachter 

Act.  bovis  salphureus 

Rivolta 

Act.  bovis  (?) 



Act.  Foersteri 

Cohn 

Streptothrix  Foersteri 

— 

Act.  canis 

Vachetta 

Act.  pleuriticus  canis  fa- 
miliaris 
Act.  canis 

Rivolta 

Rabe 

Act.  bovis  farcinicns 

Nocard 

Bacillus  farcinicus 

— 

Act.  cati 

Rivolta 

— 

— 

Act.  bovis  albus 

Gasperini 

Strept.  1,  2,  3 
Strept.  Albus 

Almquist 

Rossi-Doria 

Act.  asteröides 

Eppinger 

Cladothrix  asteröides 
Strept.  asteröides 
Strept.  Eppingerii 

Gasperini 

Rossi-Doria 

Act.  chromogenus 

Gasperini 

Strept.  chromogenus 
Strept.  niger 
Oospora  Metschnikowi  (?) 
Oospora  Guignardi  (?) 

Rossi-Doria 
Saurageau  und  Radais 
Sauvageau  und  Radais 

Act.  bovis  luteo-rosens 

Gasperini 

— 

— 

Act.  cuniculi 

Scbmorl 

Streptothrix  cuniculi 

— 

Act.  Hoffmanni 

Gruber 

Micromyces  Hoffmanni 

— 

Act.  albido-flavus 

Rossi-Doria 

Streptothrix  albido-flava 

— 

Act.  violaceus 

Rossi-Doria 

Streptothrix  violacea 

— 

Act.  carnens 

Rossi-Doria 

Streptothrix  carnea 

— 

Act.  citreus 

Gasperini 

— 

— 

Act.  pluricolor  (?) 

Terni 

— 

— 

Act.  arborescens 

Edington 

— 

— 

Act.  ferragineus 

Naunyn 

— 

— 

Diese  Tabelle  zeigt  nicht  nur , durch  wieviel  Arten  und 
Varietäten  das  Genus  „Actinomyces“  bereichert  worden  ist, 
sondern  außerdem,  wie  viel  noch  zu  thun  bleibt,  bis  das  Geschlecht 
selbst  als  definitiv  geordnet  betrachtet  werden  kann. 

Obschon  also  über  die  Mikromyceten  dieser  Gruppe  noch  viele 
Untersuchungen  zu  vervollständigen  bleiben,  kann  man  doch  nach  der 
Ansicht  des  Verf. ’s  inzwischen  folgende  Schlüsse  ziehen: 

1)  Daß  die  Arten  des  Geschlechtes  „Actinomyces“  sich 
normal  durch  freie  Luftsporen  (Conidien)  vervielfältigen  und  daß  sich, 
wenn  durch  Mangel  an  Sauerstoff  oder  aus  irgend  einem  anderen 
Grunde  die  Erzeugung  von  Luftfädchen  behindert  wird,  in  den 
Mycelien  Conidien  oder  Sporen  bilden. 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  685 


2)  Daß  Aktinomykosen  des  Rindviehes,  welche  klinisch  sowie 
anatomisch  und  pathologisch  nicht  differenzierbar  sind,  durch  ver- 
schiedene Varietäten  des  Actinomyces  hervorgebracht  werden 
können. 

3)  Daß  der  Actinomyces,  der  sich  nicht  direkt  vom  Rinde 
kultivieren  läßt,  einer  üppigen  Entwickelung  in  den  gewöhnlichen 
Nährböden  fähig  wird,  nachdem  er  im  Hunde  gewachsen  ist. 

4)  Daß  das  Auftreten  der  Keulenformen  an  der  Peripherie  der 
Büschel  in  direkter  Beziehung  zu  dem  langsamen  Verlaufe  der  Krank- 
heit und  dem  Vorwiegen  des  neoplastischen  Typus  steht,  weil  der 
für  das  Knochensarkom  der  Kinnlade  charakteristische  Actinomyces 
selbst  sich  entwickelt,  indem  er  zu  Abscessen  ohne  Spur  von  Keulen 
Veranlassung  bietet. 

5)  Daß  man  je  nach  den  Organen,  in  welchen  sich  der  Actino- 
myces entwickelt,  oder  je  nach  den  Tieren,  in  welche  er  eingeimpft 
wird,  das  Vorwiegen  von  vielmehr  einer  als  von  einer  anderen  der 
verschiedenen  anatomisch-pathologischen  Erscheinungen  erhält,  welche 
dieser  Infektion  (Pseudotuberkulose,  Abscesse,  neoplastische,  den 
Sarkomen  ähnliche  Bildungen  etc.)  eigentümlich  sind. 

6)  Daß  die  direkt  von  den  Tieren  isolierten  Arten  in  den  suces- 
siven  Kulturen  immer  sauerstoffbedürftiger  werden  und  mit  dem 
Verluste  der  Fähigkeit,  sich  anaerobisch  zu  entwickeln,  sich  all- 
mählich schwächen,  so  daß  sie  schließlich  ganz  unschädlich  werden. 
Es  ist  noch  nicht  bekannt,  wie  man  ihnen  die  Virulenz  wieder- 
geben kann. 

7)  Daß  einige  Fälle  von  Aktinomykose  der  Rinder  von 
einer  in  dem  Medium,  wo  sie  sich  im  saprophytischen  Zustande  be- 
findet, sehr  verbreiteten  Art  (Act.  albus)  herrühren,  und  daß  daher 
die  aktinomykotische  Infektion  im  allgemeinen  von  der  durch  bis 
jetzt  unbekannte  Ursachen  hervorgerufenen  Anpassung  dieser  Mikro- 
myceten  an  den  Parasitismus  abhängt. 

8)  Daß  diese  gewöhnlich  unschädlichen  Mikromyceten,  sobald  sie 
einmal  eine  pathogene  Kraft  angenommen  haben,  in  Bezug  auf  die 
Uebertragbarkeit  der  Krankheit  mehr  zu  fürchten  sind.  Ihre  Viru- 
lenz kaun  sich  mit  sehr  verschiedener  Intensität  zeigen,  woher  die 
Verschiedenheit,  mit  welcher  die  Gewebe  reagieren ; und  je  nach  dem 
Eintrittswege  und  der  Virulenz  entsteht  der  große  klinische  Poly- 
morphismus. 

9)  Daß  die  Arten  dieser  Gruppe  als  spontane  Krankheitserreger 
gefunden  worden  sind  sowohl  bei  den  Pflanzenfressern  und  Omnivoren, 
als  bei  den  Fleischfressern,  unabhängig  von  der  Ernährungsart. 

10)  Daß  jede  Ursache,  welche  die  Kontinuität  der  Haut  oder 
der  Schleimhäute  verletzt,  den  Eintrittsweg  für  den  Actino- 
myces öffnen  kann,  dessen  Sporen  den  Erdboden,  das  der  Infektion 
ausgesetzte  Wasser  und  die  freie  oder  begrenzte  Luft  zum 
„Habitat“  haben.  Die  Gerstenschalen  und  die  Splitter  von  Vege- 
tabilien  anderer  Natur  haben  also,  außer  daß  sie  ein  Förderungs- 
mittel für  den  Keim  bilden,  eine  ätiologische  Bedeutung  durch  die 
Thatsache,  daß  sie  die  Kontinuität  der  Häute  zerstören  können. 


ß80  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


11)  Daß  die  Arten  oder  Varietäten,  welche  diesem  Genus 
angehören,  vielfachen  Variationen  ausgesetzt  sind  in  Bezug  auf  Form, 
Dicke  und  Kompaktheit  der  isolierten  oder  vereinigten  Kolonieen 
oder  Häutchen,  auf  ihre  Fähigkeit,  Luftsporen  zu  bilden  oder  nicht, 
und  auf  das  Färbungsvermögen  je  nach  den  physisch-chemischen 
Bedingungen  des  Mediums,  in  welchem  sie  leben.  Es  sind  zarte, 
gegenüber  den  geringsten  Verschiedenheiten  des  Substrates  äußerst 
empfindliche  Wesen.  Die  schwach  saure  Reaktion,  die  Verf.  für  den 
Chro mögen  us  gezeigt  hat,  dient  dazu,  die  Farben  besser  zu  unter- 
scheiden, und  diese  treten  mit  den  successiven  Verpflanzungen  in  ge- 
wöhnliche Stärke  oder  auf  Glycerinagar  mehr  hervor,  unter  der 
Voraussetzung,  daß  die  an  Sauerstoff  reiche  Luft  freien  Zutritt  zu 
dem  Schwamme  hat. 

12)  Daß  sich  in  dem  Cyklus  der  jedem  Actinomyces  eigen- 
tümlichen Variationen  Berührungspunkte  zwischen  einer  und  der 
anderen  Art  finden,  ohne  daß  dies  ein  Hindernis  für  die  Beurteilung 
der  charakteristischen  Verschiedenheiten  einer  jeden  bildet. 

Bonoiue,  A.,  Neue  Beobachtungen  über  die  diagnosti- 
sche und  Heilwirksamkeit  des  Malleins  gegen  Rotz 
bei  den  Menschen  und  den  Tieren. 

Verf.  hat  gefunden,  daß  die  biologischen  Eigenschaften  des  Rotz- 
bacillus je  nach  der  Virulenz  und  dem  Nährboden  variieren.  Bei  den 
gegen  Rotzinfektion  empfindlichsten  Tieren  (Eseln  und  Katzen)  verur- 
sacht das  Mallein  eine  rasche  Abmagerung,  welche  von  katarrhalischen 
Entzündungen  der  Conjunctiva  und  der  Nasenschleimhäute  begleitet 
ist.  Oft  beobachtet  man  auch  Pustelausschläge  und  eine  Temperatur- 
erniedrigung. Bei  Kaninchen  ist  die  Reaktion  eine  stärkere  und  der 
Infektionsprozeß  wird  beschleunigt,  auch  wenn  dieser  seinen  chronischen 
Verlauf  nimmt.  In  diesen  Fällen  hat  man  es  mit  einer  wirklichen 
akuten  Rotzknoteneruption  zu  thun.  Bei  Meerschweinchen  und  bei 
den  Hunden,  welche  experimentell  rotzkrank  gemacht  wurden,  ver- 
ursachen die  Malle'ineinimpfungen  die  rasche  Abmagerung  und  neue 
Viruslokalisationen. 

Verf.  hat  die  Wirkung  der  Malle'ininjektionen  auf  32  Pferde 
untersucht,  indem  er  eine  von  1 — 1,5  ccm  variierende  Dosis  unter 
die  Haut  einimpfte.  Von  diesen  Pferden  haben  nur  24  reagiert,  18 
wurden  geschlachtet  und  bei  17  hat  man  bei  der  Autopsie  rotzige 
Verletzungen  beobachtet.  Die  6 anderen,  welche  nicht  getötet  wurden, 
sind  gesund  geblieben  und  die  Impfungen  der  Produkte  ihres  Stoff- 
wechsels in  Meerschweinchen  und  Hunde  sind  ohne  Wirkung  ge- 
blieben. 

Betreffend  die  Fieberreaktion,  welche  man  nach  den  Impfungen 
von  Mallein  beobachtet,  meint  der  Verf.,  daß  alle  rotzkranken  Pferde 
eine  Temperaturerhöhung  zeigen,  aber  daß  diese  nicht  immer  die 
Krankheit  anzeigt. 

Verf.  bat  außerdem  noch  die  Wirkung  des  Malleins  in  den  chro- 
nischen Fällen  von  Rotz  bei  den  Menschen  untersucht  und  erklärt, 
daß  das  Mallein  nicht  nur  ein  wertvolles  diagnostisches,  sondern  auch 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  687 


ein  gutes  therapeutisches  Mittel  ist.  Sieben  Stunden  nach  der  Ein- 
impfung von  V lg — */20  ccm  beobachtet  man  eine  Temperaturer- 
höhung, welche  von  einer  Beschleunigung  des  Pulses,  von  einer 
Polyurie,  von  einer  Kopfbeschwerung  und  Anschwellung  der  kranken 
Schleimhaut  begleitet  ist.  Die  Reaktion  hat  nach  6 — 80  Stunden 
nachgelassen.  Wenn  die  Injektionen  nach  einer  Pause  von  2—3  Tagen 
wiederholt  werden,  beobachtet  man  bei  dem  Kranken  eine  deutliche 
Verbesserung. 

Verf.  hat,  indem  er  von  dem  Gedanken  ausgeht,  daß  der  Rotz- 
bacillus bei  seinem  Durchgänge  durch  den  Organismus  der  Katzen 
geschwächt  wird,  mit  dem  Blute  und  den  Organen  dieser  Tiere  ein 
Mallein  dargestellt,  mit  welchem  er  den  spontanen  Pferderotz  be- 
handelt hat.  Durch  14  Einimpfungen  an  einem  experimentell  als 
rotzkrank  erkannten  Pferde  hat  er  nach  45  Tagen  das  vollständige 
Verschwinden  aller  Rotzsymptome  herbeigeführt.  Dieses  Pferd  be- 
findet sich  noch  heute,  d.  h.  nach  einem  Jahre,  ganz  gut  und  reagiert 
nicht  mehr  gegen  das  Mallein.  Verf.  hat  auch  durch  die  mitgeteilte 
Behandlung  bei  Hunden  Genesungen  von  experimentellem  Rotze  er- 
halten. Die  Meerschweinchen  können  dagegen  durch  das  Maliern 
nicht  geheilt  werden.  Wenn  man  aber  während  15  Tagen  Rotz- 
bacillen mit  Ochsenserum  in  Berührung  hält  und  nachher  die  Flüssig- 
keit filtriert,  so  erhält  man  eine  Lymphe,  mit  welcher  der  Verf.  rotz- 
kranke Meerschweinchen  geheilt  zu  haben  versichert. 

Verf.  zieht  also  den  Schluß,  daß  der  Rotzbacillus  Substanzen 
bildet,  welche  je  nach  den  Bedingungen,  unter  welchen  sie  entstehen 
und  je  nach  den  Tieren,  welchen  sie  eingeimpft  werden,  eine  reelle 
Wirksamkeit  besitzen,  sowohl  in  diagnostischer  als  in  therapeutischer 
Beziehung. 

Di  Vestea,  A.  (Pisa),  Einiges  über  die  neuen  Ansichten 
von  Emmerich  und  Tsuboi,  die  Pathogenesis  der 
Cholera  betreffend. 

Die  neue  pathogenische  Theorie  der  Cholera  von  Emmerich 
und  Tsuboi,  wie  sie  aufgestellt  worden  ist,  kann  nur  den  Wert 
einer  Hypothese  haben,  trotzdem  verdient  sie  die  größte  Beachtung. 
Die  Harnuntersuchung  und  spektroskopischen  Beobachtungen  des 
Blutes,  die  Verf.  an  den  Cholerakranken  der  letzten  Epidemie  in 
Livorno  angestellt  hat,  bestätigen  jene  Hypothese  nicht,  wenn  man 
sie  in  der  Weise  versteht,  daß  der  allgemeine  Cholerabefund  das 
Resultat  einer  allgemeinen  Nitritvergiftung  sei.  Sie  bieten  aber  die 
Gelegenheit,  weiter  nachzuforschen,  ob  die  Anwesenheit  von  Nitraten 
und  Kohlehydraten  (vegetabilische  Ernährung)  in  dem  Darme  solcher 
der  Infektion  ausgesetzten  Individuen  nicht  die  Wahrscheinlichkeit 
des  Erkrankens  und  die  Intensität  der  Erkrankung  bestimmen  kann, 
da  man  in  der  Reduktion  der  Nitrate  in  einem  sauren  Medium,  die 
Veranlassung  zu  der  cholerischen  Diarrhöe,  das  primum  movens 
des  Choleraanfalls  erblicken  könnte.  Bei  dem  Mangel  an  Mitteln, 
die  Cholerainfektion  in  den  Tieren  zu  veranlassen,  und  da  der  Verf. 
den  Einwendungen  von  Klemperer  kein  großes  Gewicht  beimessen 


ß88  Mitteilungen  aus  dem  XI  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


will,  bleiben  als  einziges  positives  üntersuchungsfeld  nur  die  klini- 
schen und  epidemiologischen  Beobachtungen,  wenn  die  letzteren  durch 
die  nötigen  Laboratoriumuntersuchungen  vervollständigt  werden. 

Grley  und  Charrin  (Paris),  Die  Wirkung  der  Bakteriengifte 
auf  die  vasomotorischen  Organe  und  diejenigen  des 
Blutkreislaufs. 

Verff.  berichten  über  die  erzielten  Resultate  ihrer  seit  Jahren 
angefangenen  und  fortgesetzten  Untersuchungen. 

Sie  haben  beobachtet,  daß  die  Einimpfung  der  Produkte  des 
Stoffwechsels  des  B.  pyocyaneus  die  Paralysis  der  vasodilatatori- 
schen  Zentren  veranlaßt.  Der  Sn  eilen -Sc  hi  ff’ sehe  Reflex  ist  lang- 
samer und  braucht  eine  stärkere  Reizung.  Sie  haben  außerdem 
nachweisen  können,  daß  zwischen  den  eingeimpften  und  normalen 
Tieren  kein  Unterschied  im  Verhalten  vorliegt,  und  schließen  daraus, 
daß  die  Immunität  nicht  von  Accoutumance  der  Zelle  an  die  Bak- 
teriengifte bedingt  wird.  Die  flüchtigen  Bestandteile  dieser  Gifte 
wirken  auf  die  vasodilatatorischen  Centren  und  erschweren  die  Aus- 
schwitzungen und  die  Diapedesis,  indem  sie  einen  Zustand  von  In- 
feriorität gegenüber  den  Infektionen  bilden,  weil  die  die  Bakterien 
zerstörenden  Säfte  und  die  Leukocyten  nicht  wirken  können.  Anderer- 
seits erlauben  diese  flüchtigen  Substanzen,  welche  aus  den  Kulturen 
oder  aus  den  Lungen  angesteckter  Menschen  abgesondert  werden 
können,  gewisse  Wirkungen  der  Luft  von  Räumen,  wo  sich  Kranke 
befinden,  zu  erklären. 

Schon  im  Jahre  1889  haben  Verff.  nachgewiesen,  daß  die  Bak- 
teriengifte auf  das  Rückenmark  einwirken.  Später  haben  sie  auch 
seine  Wirkung  auf  das  Herzgewebe,  auf  das  von  seinen  Nerven- 
centren  getrennte  Herz,  auf  die  Nasen  und  auf  den  Druck  gezeigt. 
Diese  Resultate  sind  insofern  wertvoll,  als  sie  die  Anämieen,  die 
Oedeme,  die  Kongestionen  und  die  Entzündungen  erklären  können. 

Inghilleri  (Rom),  Ueber  das  Verhalten  einiger  Mikro- 
organismen in  Bouillonkulturen,  welche  die  Bujwid- 
sche  Reaktion  geben. 

Verf.  teilt  mit,  daß  einige  Mikroorganismen  fähig  sind,  in  solchen 
Bouillons  weiter  zu  leben,  in  welchen  vorher  der  C hol e r ab aci  1 1 us 
gezüchtet  wurde  und  welche  sehr  deutlich  die  Nitrosoindolreaktion 
geben.  Ihr  Verhalten  ist  indessen  nicht  das  gleiche,  weil  sie  auf  die 
anorganischen  Verbindungen  des  Stickstoffs  verschieden  einwirken. 
So  z.  B.  während  einige  sich  entwickeln,  ohne  die  Bujwid’sche 
Reaktion  zu  modifizieren,  wird  sie  dagegen  von  anderen  zerstört, 
und  zwar  hauptsächlich  von  den  Bacillen  des  Verdaungskanals,  speziell 
dem  B.  coli  communis,  indem  diese  die  salpetrigsauren  Salze  zu 
Ammoniak  und  anderen  Stickstoffverbindungen  reduzieren.  Das  Indol 
bleibt  aber  unzersetzt,  es  scheint  sogar  in  den  Kulturen  des  B.  coli 
communis  zuzunehmen,  so  daß  es  immer  möglich  ist,  seine  An- 
wesenheit durch  die  Reaktion  von  Ivitasato  nachzuweisen. 

Außerdem  wenn  einige  dieser  Bacillen,  wie  z.  B.  der  B.  coli 
oder  der  Typhusbacillus  mit  dem  Cholerabacillus  in 


Typhus. 


689 


einer  Lösung  von  Fleischpepton  gezüchtet  werden,  so  zeigt  die  Flüssig- 
keit statt  der  Bujwid’schen  Reaktion  nur  die  von  Kitasato. 
Auf  diese  Art  verliert  der  Cholerabacillus  eine  seiner  wich- 
tigeren Differentialeigenschaften.  Diese  Thatsachen  müssen  jedenfalls 
bei  der  bakteriologischen  Prüfung  jedes  choleraverdächtigen  Materials 
berücksichtigt  werden,  weil  trotz  der  Anwesenheit  des  Cholera- 
bacillus die  Nitrosoindolreaktion  versagen  kann,  wenn,  wie  dies 
bei  Stühlen  der  Fall  ist,  andere  die  salpetrigsauren  Salze  zerstörenden 
Mikroben  anwesend  sind.  (Fortsetzung  folgt.) 


Referate. 

D6hu,  Paul,  Etüde  sur  le  role  du  bacille  d’Eberth  dans 
les  complications  de  la  fievre  typhoide.  [These.]  4°. 
196  p.  Paris  1893. 

Verf.  stellt  42  Fälle  zusammen,  in  denen  allein  der  Bacillus 
Eberth  nachgewiesen  wurde  und  somit  als  der  ausschließliche  Er- 
zeuger der  Entzündung  anzusehen  ist. 

Aus  der  Reihe  geht  hervor,  daß  es  sich  am  meisten  um  Eiter- 
verletzungen handelt. 

Es  handelt  sich  unter  Beibehaltung  der  französischen  Bezeich- 
nungen um  Pöritonite  purulente  encapsul^e,  Suppuration  d’un  ganglion 
m^sentürique,  Abces  de  la  rate,  Pneumonie  typhique,  Pleurösie  puru- 
lente , s^rofibrineuse,  h^morrhagique,  Angiome  orbitaire  suppuree, 
Endocardite  verruqueuse,  Affection  spinale  aigue,  Crises  6clamptiques, 
M6ningite  purulente,  s6ro-purulente,  suppur6e,  ceiAbro-spinale,  Orchite 
suppuree,  Epididymite  suppur6e,  Strumite,  P6riostite  suppur6e  du 
tibia,  d’un  mötatarsien,  costale,  Exostoses  du  tibia,  Abces  osseux  et 
musculaires  multiples,  Synovite  suppuree  du  cou-de-pi6d , Abces 
musculaire  de  la  jambe,  de  la  paroi  abdominale,  Otite  suppuree, 
Angiocholite  suppur6e  zum  Teil  in  verschiedenen  Beobachtungen. 

Die  Schlußfolgerungen  aus  dieser  Liste  nehmen  allein  drei  Seiten 
4°  in  Anspruch,  die  Mitteilung  der  Fälle  erstreckt  sich  von  Seite 
125-196.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Quincke,  H.  und  Stühlen,  Zur  Pathologie  des  Abdominal- 
typhus. [Aus  der  medizinischen  Klinik  in  Kiel.]  (Berliner  klin. 
Wochenschrift.  1894.  No.  15.) 

I.  Typhusbacillen  im  Knochenmark.  Von  H.  Quincke. 

Im  Jahre  1889  beschrieb  Ebermaier  (Arch.  f.  klin.  Medizin. 
Bd.XLIV.  1889)  8 Fälle  von  Entzündungen  der  verschiedensten  Knochen 
des  Skeletts  bei  Typhus,  und  bei  zweien  derselben  gelang  ihm  der 
Nachweis  von  Typhusbacillen.  Verf.  hat  9 Typhusleichen  zur  Fort- 
setzung dieser  Untersuchungen  benutzt  und  bei  allen  aus  dem  Marke 
einer  Rippe,  zweimal  aus  dem  Sternum  und  außerdem,  abgesehen 
von  einem  Falle,  aus  der  Milzpulpa  Kulturen  angelegt.  In  8 von 


690 


Typhus. 


diesen  Fällen  wuchsen  Typhuskolonieen  in  der  Platte,  deren  Zahl  bei 
den  Impfungen  aus  der  Milz  anscheinend  größer  war,  als  bei  den 
Impfungen  aus  dem  Knochenmarke.  Von  den  8 Fällen  waren  3 in 
der  3.  Krankheitswoche,  4 in  der  4.  Woche,  1 in  der  6.  bis  7.  Woche 
gestorben.  In  letzterem  Falle  war  die  Anzahl  der  Kolonieen  am 
kleinsten  und  in  dem  9.  Falle,  welcher  ebenfalls  in  der  6.  bis  7.  Woche 
starb  und  bei  welchem  Milz-  wie  Markplatten  frei  blieben,  zeigte  die 
Sektion  vollkommen  gereinigte  Darmgeschwüre.  Die  erhaltenen 
Typhuskolonieen  wurden  diagnostiziert  auf  Grund  ihres  Aussehens, 
der  Beweglichkeit  der  Stäbchen  im  hängenden  Tropfen,  nach  ihrer 
Gestalt  im  gefärbten  Präparate  und  dem  Befunde  bei  der  Kartoffel- 
kultur. In  einigen  Fällen  wurde  auch  die  Säurebildung  in  Bouillon- 
kulturen zur  Sicherung  der  Diagnose  herangezogen.  Nach  diesen 
Befunden  ist  die  Behauptung  gerechtfertigt,  daß  sich  im  roten 
Knochen  marke  Typhuskranker  der  Typhusbacillus 
mit  derselben  Konstanz  findet,  wie  in  der  Milz. 

Fraenkel  und  Baumgarten  suchen  die  Aetiologie  bei  den 
zur  Eiterung  führenden  Fällen  in  dem  Hinzutreten  von  pyogenen 
Kokken.  Wenn  sich  in  der  Nähe  eines  Herdes  von  Typhusbacillen 
sich  eine  solche  Eiterung  entwickelt,  dann  mag  es  ja  bei  dem  gleich- 
zeitigen Befunde  beider  Bakterienarten  fraglich  sein,  welchen  Anteil 
jede  derselben  an  dem  Auftreten  der  Eiterung  genommen  hat.  Aber 
wo  aus  dem  Eiterherde  ausschließlich  Typhusbacillen  gezüchtet 
werden,  ist  man  nach  Verf.  nicht  berechtigt,  deren  Eiterung  erregende 
Eigenschaft  deswegen  zu  leugnen,  weil  sie  gewöhnlich  keine  Eiterung 
erzeugen. 

H.  Ueber  typhöse  Meningitis.  Von  A.  Stühlen. 

Als  Erreger  der  eiterigen  Meningitis  sind  bis  jetzt  bekannt : 
der  Staphylococcus  pyogenes  aureus,  der  Strepto- 
coccus pyogenes,  der  Fraenkel’sche  Pneumococcus,  so- 
wie in  vereinzelten  Fällen  der  Diplococcus  intracellularis 
von  Weichselbaum  und  der  Bacillus  meningitidis  von 
Neumann  und  Schäffer.  Verf.  beschreibt  nun  einen  eigentüm- 
lich verlaufenen  Fall  von  Abdominaltyphus,  bei  welchem  sich  bei 
der  Sektion  eiterige  Cerebrospinalmeuingitis  und  Pachymeningitis 
fand.  Von  dem  Eiter  der  Hirnhäute  wurden  Plattenkulturen  auf 
Gelatine  angelegt,  auf  welchen  sich  nach  2 Tagen  Kolonieen  ent- 
wickelt hatten,  die  aus  Typhusbacillen  bestanden  und  von  Prof. 
Fischer  als  solche  diagnostiziert  wurden.  Leider  wurden  von  der 
bereits  in  Fäulnis  übergegangenen  Milz  keine  Kulturen  angelegt. 
Der  Typhusbacillus  war  der  einzige  Mikroorganismus,  welcher 
aus  dem  Entzündungsherde  gezüchtet  werden  konnte,  und  somit  liegt 
kein  Grund  vor,  dem  Typhusbacillus  die  Eigenschaft,  unter 
— allerdings  nicht  näher  bekannten  — Umständen  Eiterung  zu  er- 
regen abzusprechen.  Gerl  ach  (Wiesbaden). 

Moreau,  Auguste  Charles  Joseph,  Contributiou  a l’dtude 
de  l’etiologie  de  la  fievre  typhoide  et  de  la  v i t a 1 i 1 6 
dans  le  sol  du  bacille  d’Eberth.  [These.]  45  p.  Bor- 
deaux 1893. 


Typhus. 


691 


Verf.  beschäftigt  sich  mit  der  Epidemie  in  Boussay  in  dem 
Loire-Infdrieure-Departement  während  des  Februars  1891.  Nach 
Moreau  sind  die  Fragen  des  unterirdischen  Verweilens  des  Typhus- 
erregers noch  vollständig  unaufgeklärt,  ebenso  wie  die  Art  und  Weise, 
wie  das  ansteckende  Agens  in  den  Erdboden  hineingelangt.  Ruhen  nur 
die  Sporen  in  dem  Erdreiche,  vermehren  sie  sich,  Alles  sind  offene 
Fragen  ! Die  Epidemie  in  dem  genannten  Orte  vermochte  zur  Auf- 
klärung der  Mikroorganismen  nur  beizusteuern,  daß  letztere  jahre- 
lang unter  unbestimmten  Bedingungen  in  dem  Boden  und  Unter- 
wässern existirt  haben,  ohne  Gelegenheit  gefunden  zu  haben,  wirk- 
sam zu  werden.  Weshalb  der  Ausbruch  der  Epidemie  plötzlich  er- 
folgte, ist  unaufgeklärt  geblieben,  wenn  auch  dem  Wasser  die  Schuld 
zweifellos  beizumessen  ist.  So  trank  ein  drei  Kilometer  von  dem  Orte 
wohnender  12-jähriger  Junge  bei  einem  Besuche  von  dem  Wasser 
und  hatte  ein  Typhusfieber  zu  überstehen.  Auch  andere  Erkrankungen 
wiesen  stets  auf  den  kommunalen  Ziehbrunnen  als  Infektionstätte  hin. 
Dieser  war  etwa  6 Jahre  vor  Ausbruch  der  Seuche  als  Fontaine  mit 
wenig  Tiefe  errichtet  worden,  welcher  ein  natürlicher  Zufluß  von 
Quellwasser  fehlte;  man  hatte  es  also  nur  mit  einer  Art  von  Cysterne 
zu  thun.  Erschwerend  tritt  der  Umstand  hinzu,  daß  sich  diese 
Fontaine  auf  einem  alten  Friedhofe  erhebt,  welcher  auf  einem  etwas 
erhöhten  Terrain  um  die  Kirche  angelegt  war.  Halten  sich  Typhus- 
keime schon  lange  Zeit  — diesen  Ausdruck  als  ganz  unzureichend 
definiert,  bemängelt  Moreau  besonders  — im  gewöhnlichen  Boden, 
wie  viel  mehr  in  dem  von  organischen  Nährstoffen  durchsetzten 
Terrain  eines  alten  Kirchhofes!  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Radiguet,  Henri  Edouard  Michel,  Contribution  äl’6tude 
de  l’origine  hydrique  de  la  fievre  typhoide.  Fievre 
typhoide  et  eau  de  Seine  dans  les  prisons  de  Paris. 
[These.]  4°.  120  p.  Paris  1893. 

Von  1883—1889  betrachtete  man  den  Bacillus  Eberth  als 
das  spezifische  Agens  des  typhischen  Fiebers  und  das  Wasser  wurde 
als  der  gewöhnlichste  Träger  desselben  angesehen.  Im  letztgenannten 
Jahre  wurde  dem  B acill  u s Eb  er t h der  zweite  Platz  zuerteilt  und 
die  Hauptrolle  dem  Coli ba eil lus  zugemessen;  ersterer  sei  erst  die 
Folge  des  letzteren. 

Ueber  die  Gewässer  der  Seine  liegen  zahlreiche  Veröffent- 
lichungen vor,  welche  übereinstimmend  bekunden,  daß  scheinbar  die 
Pariser  Gefängnisse  von  dem  typhuserregenden  Wasser  der  Seine 
unberücksichtigt  geblieben  sind.  Besonders  tritt  dieser  Fall  in  der 
Santd  auf,  welches  Krankenhaus  jahraus  jahrein  Seinewasser  ver- 
wendet. Ob  dieses  Unschädlichwerden  des  sonst  so  zahlreiche  Fälle 
von  typhösem  Fieber  hervorrufenden  Seinewassers  der  Gewöhnung 
oder  den  Filtern  zuzuschreiben  ist,  läßt  Verf.  dahingestellt. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Schäfer,  Die  Typhusepidemie  des  Jahres  1891  im  Kreise 
Niederbarnim.  (Berliner  klinische  Wochenschrift.  1894.  No.  12. 
p.  289  ff.) 


692 


Typhus. 


Yerf.  bespricht  in  seiner  Abhandlung  die  vorjährige  Typhusepidemie 
bei  Berlin,  welche  angeblich  auf  den  Genuß  von  Drainwasser  von  den 
Rieselfeldern  zurückgeführt  wurde.  Y i r c h o w hatte  gegen  diese 
Auffassung  verschiedene  Bedenken  geäußert.  Zunächst  hatte  er  be- 
tont, daß  im  Kreise  Niederbarnim  auch  sonst  Fälle  von  Typhus  auf- 
getreten seien.  Es  kamen  im  ganzen  48  Fälle  in  Betracht,  von  denen 
10  aus  verschiedenen  Gründen  ausgeschlossen  werden  mußten.  Von 
den  übrigen  38  betrafen  14  Rüdersdorf  und  müssen  als  eine  Epidemie 
für  sich  bestehend  angesehen  werden.  Ihre  Entstehungsursache  bleibt 
unbekannt.  Bei  den  8 Fällen  in  Malchow  nahm  Virchow  an,  daß 
durch  einen  Brunnen  die  Infektion  stattgehabt  hätte.  Verf.  weist 
nach,  daß  die  ersten  Fälle  hier  durch  2 Rieselarbeiter  bedingt  ge- 
wesen seien,  welche  Drainwasser  getrunken  hatten,  ein  dritter  hatte 
dasselbe  bald  darauf  wieder  ausgebrochen  und  blieb  gesund.  Nur 
durch  falsche  Mitteilungen  sei  der  eine  Fall  als  erst  später  entstanden 
aufgeführt.  Daher  setzt  Verf.  die  Malchower  Epidemie  mit  einem 
sehr  hohen  Grade  von  Wahrscheinlichkeit  auf  das  Conto  der  Riesel- 
felder. Die  Epidemie  von  Alt-Weißensee  soll  nach  den  Ermittelungen 
des  Verf. ’s  von  Malchow,  also  indirekt  auch  von  den  Rieselfeldern  aus 
entstanden  sein,  sie  betraf  4 Personen. 

Wenn  Virchow  behauptet,  daß  bislang  unter  den  städtischen 
Arbeitern  kein  Fall  von  Typhus  vorgekommen,  der  auf  eine  Infektion 
durch  die  Rieselfelder  zurückzuführen  sei,  so  betont  Sch.,  daß  die 
Zahl  der  städtischen  Arbeiter  nur  einen  verschwindenden  Bruchteil 
der  durch  die  Pächter  der  Rieselfelder  beschäftigten  Arbeiter  aus- 
macht und  daß  erstere  angewiesen  werden,  nicht  das  Wasser  zu 
trinken  u.  s.  w.,  letzteren  dagegen  keinerlei  Maßnahmen  vorgeschrie- 
ben werden,  so  daß  dieselben  viel  leichter  einer  Infektion  ausgesetzt 
seien.  0.  Voges  (Danzig). 

Schild,  Eine  Typhusepidemie  mit  nachweisbarer  Ent- 
stehungsursache und  die  Diagnose  des  Typhus- 
bacillus mittelst  Formal  in.  (Zeitschrift  für  Hygiene  und 
Infektionskrankh.  Bd.  XVI.  1894.) 

In  Seehausen  bei  Magdeburg  konnte  Verf.  gelegentlich  einer  dort 
im  Herbste  vorigen  Jahres  ausgebrochenen  Typhusepidemie  in 
2 Brunnen  den  Typhusbacillus  finden  und  konnte  den  Nachweis 
liefern,  wie  die  einzelnen  an  Typhus  erkrankten  Personen  durch  diese 
beiden  Brunnen  infiziert  waren.  Da  diese  Brunnen  mit  einem  zum 
Teile  unterirdisch  fließenden  Wasserlaufe  kommunizierten,  so  war  es 
anzunehmen,  daß  von  diesem  aus  die  Typhuskeime  in  die  Brunnen 
gelangt  waren.  In  einem  anderen,  nicht  mit  dem  Wasserlaufe  in  Ver- 
bindung stehenden  Brunnen  konuten  keine  Typhuskeime  gefunden 
werden.  Die  gefundenen  Typhusbacillen  entsprachen  auf  Kartoffeln 
dem  beschriebenen  unsichtbaren  Belag,  brachten  Milch  nicht  zur  Ge- 
rinnung und  bildeten  in  Bouillon  kein  Gas. 

In  dem  zweiten  Teile  seiner  Arbeit  berichtet  Verf.  über  Resul- 
tate, die  er  mit  Formalindämpfen  an  Typhus-  und  typhusähnlichen 
Bakterien  anstellte.  Er  machte  die  Beobachtung,  daß  der  Typhus - 
bacillus  gegen  die  Formalindämpfe  viel  empfindlicher  ist,  als  das 


Typhus.  — Bacterium  coli  commune. 


693 


Bacterium  coli  und  ein  typhusähnlicher  Wasserbacillus. 
Verf.  glaubt  diese  Beobachtung  für  die  Typhusdiagnose  verwerten  zu 
können.  Er  stellte  sich  eine  Formalingelatine  1 : 13000  her,  doch 
muß  man  das  Formalin  nach  der  Sterilisation  zusetzen,  da  es  sonst 
verdampft,  in  derselben  wachsen  Bacterium  coli  und  typhusähn- 
liche Wasserbakterien,  aber  nicht  Typhusbacillen;  in  derselben  Weise 
trat  Wachstum  ein  in  Formalinbouillon.  Stammt  daher  die  zu 
prüfende  Reinkultur  aus  Dejektionen  Typhuskranker,  so  ist  ein  wieder- 
holtes Klarbleiben  solcher  Bouillon  entscheidend  für  Typhus,  eine 
Trübung  für  Bacterium  coli.  Stammt  die  Kultur  aus  dem  Wasser, 
so  ist  zwar  das  Klarbleiben  nicht  für  Typhus  entscheidend,  weil  viel- 
leicht andere  ähnliche  Wasserbakterien  ebenfalls  nicht  darin  gedeihen, 
wohl  aber  ist  eine  Trübung  entscheidend  gegen  Typhus. 

Die  Formalinbouillon  stellt  Sch.  nach  folgender  Formel  her: 

9» 

1 : ^ = x : c.  Hierin  ist  a die  gewünschte  Konzentration  der 

Formalinbouillon,  b die  Konzentration  der  zuzusetzenden  Formalin- 
lösung, x die  zuzusetzende  Menge  der  letzteren  und  c die  Menge  der 
in  jedem  Glase  vorhandenen  Nährbouillon.  Eine  beigegebene  Tabelle 
überhebt  uns  der  Mühe  der  Berechnung.  Diese  Formalinnährböden 
sind  nur  frisch  zu  verwenden,  da  das  flüssige  Formalin  mit  der  Zeit 
entweicht.  Verunreinigungen  der  so  hergestellten  Nährböden  beob- 
achtete Verf.  höchstens  durch  leicht  erkennbare  Schimmelpilze. 

0.  Voges  (Danzig). 

Bruch,  Alfred,  De  la  fievre  typhoide  chez  les  Arabes  en 
Alg6rie.  [These.]  4°.  58  p.  Montpellier  1893. 

Merkwürdigerweise  findet  sich  typhöses  Fieber  nur  ganz  aus- 
nahmsweise bei  den  Arabern.  Die  angeblichen  Beobachtungen  über 
diese  Erkrankung  in  Algier  stellten  sich  als  Malaria  heraus  mit 
typhösen  Anklängen.  Ein  Grund  für  diese  Unempfindlichkeit  ist 
ebensowenig  bekannt,  wie  die  der  Neger  gegen  Malaria  und  gelbes 
Fieber,  aber  die  Thatsache,  daß  fast  alle  gänzlich  immun  gegen  typhöses 
Gift  sind,  ist  unbestreitbar.  E.  Roth  (Halle  S.). 

Fremlin,  Vergleichende  Studien  an  Bact.  coli  commune 
verschiedener  Provenienz.  (Archiv  für  Hygiene.  XIX. 
1893.  3.) 

Verf.  machte  es  sich  zur  Aufgabe,  Bacterium  coli  des 
Menschen  und  verschiedener  Tiergattungen  bezüglich  seiner  morpho- 
logischen, kulturellen  und  pathogenen  Eigenschaften  mit  einander  und 
mit  dem  Typhusbacillus  zu  vergleichen.  Er  kommt  zu  folgen- 
den Schlußsätzen:  Das  Bacterium  coli  tritt  auf  Gelatine  in 

zwei  Variationen  auf,  einmal,  indem  es  Häutchen  und  dann, 
indem  es  Pünktchen  ohne  Verflüssigung  des  Nährbodens  bildet.  In 
zuckerhaltigen  Nährböden  wird  Gas  erzeugt;  Milch  gerinnt. 
Sporen  scheint  das  Bacterium  coli  nicht  zu  besitzen;  es  läßt 
sich  leicht  mit  Anilinfarben,  aber  nicht  nach  Gram  färben.  Von 
verschiedenen  Tieren  gezüchtet,  gleichen  die  einzelnen  Arten  sich 

XV.  Bd.  44 


694 


Bacterium  coli  commune. 


sehr;  die  Größe  ist  bei  allen  gleich;  in  der  Eigenbewegung  ist  das 
heftigste  das  Bacterium  coli  des  Menschen,  während  das  des 
Kaninchens  gar  keine  oder  geringe  Beweglichkeit  zeigt.  Etwas 
größere  Mannigfaltigkeit  zeigen  die  einzelnen  Arten  beim  Wachstum 
auf  der  Kartoffel;  Geißeln  sind  schwer  darstellbar,  bei  dem  des 
Kaninchens  überhaupt  nicht. 

Was  den  Unterschied  zwischen  Bacterium  coli  und 
Typhusbacillus  anbetrifft,  so  ist 

1)  der  Typhusbacillus  viel  beweglicher,  als  der  Kolon  - 
bacillus. 

2)  Der  Ty  phusb  acillus  bildet  gern  lange  Fäden,  der  Kolon - 
bacillus  fast  nie. 

3)  Auf  den  Gelatineplatten  wächst  der  Typhuskeim  viel  lang- 
samer, als  das  Bacterium  coli. 

4)  Der  Typhuskeim  wächst  auf  Kartoffeln  fast  unsichtbar,  im 
Gegensätze  zum  Kolonbacillus,  der  stets  etwas  Färbung 
zeigt. 

5)  Der  Typhusbacillus  hat  keine  gärungserregende  Kraft, 
die  dem  Kolonbacillus  zukommt. 

6)  Während  Milch  durch  das  Bacterium  coli  gerinnt,  bleibt 
sie,  mit  Typhus  infiziert,  flüssig. 

7)  Die  Typhuskeime  haben  sehr  zahlreiche  Geißeln;  das  Bac- 
terium coli  hat  meist  nur  einen  Geißelfaden,  der  sich  im 
Gegensätze  zum  Typ  husb  acillus  sehr  schwer  darstellen  läßt. 

8)  Das  Bacterium  coli  giebt  die  Indolreaktion  mit  Kalium- 
nitrit, der  Typhusbacillus  nicht. 

Zahlreiche  Einzelheiten,  besonders  über  die  morphologischen  und 
kulturellen  Eigenschaften  der  einzelnen  Arten  des  Bacterium  coli, 
müssen  im  Originale  eingesehen  werden.  Kurt  Müller  (Halle). 

Sittinann  und  Barnow,  Ueber  einen  Befund  von  Bac- 
terium coli  commune  im  lebenden  Blute.  (Dtsch.  Arch. 

für  klin.  Med.  Band  LII.  Heft  4.) 

In  der  medizinischen  Klinik  des  Geheimrat  von  Ziemssen  in 
München  wurde  im  Mai  dieses  Jahres  ein  Fall  beobachtet,  in  welchem 
es  sich  um  eine  vom  Urogenitalapparate  ausgehende,  durch  das 
Bacterium  coli  commune  bedingte,  allgemeine  Infektion  han- 
delte und  in  dem  es  gelang,  das  Bacterium  coli  schon  während 
des  Lebens  im  Blute  nachzuweisen.  Die  klinische  Diagnose  lautete: 
Sepsis,  strictura  urethrae,  Cystitis,  Pneumonie  des  rechten  Unter- 
lappens. Die  Sektion  ergab  das  Bestehen  einer  eiterigen  jauchigen 
Cystitis,  Pyelitis,  eiterigen  parenchymatösen  Nephritis,  eiterigen  Peri- 
nephritis, verrucösen  Endocarditis  der  Aorta  und  Mitralis,  Hyper- 
ämie beider  Unterlappen,  Gastritis  granulosa,  allgemeinen  Ikterus  und 
Sepsis.  Elf  Stunden  vor  dem  Tode  wurden  aus  dem  durch  Punktion 
der  Vena  mediana  genommenen  Blute  Agar-  und  Gelatineplatten 
angelegt.  Auf  sämtlichen  Platten  wuchs  in  Reinkultur  ein  stäbchen- 
förmiger Mikroorganismus,  dessen  morphologisches  Verhalten  in 
jeder  Beziehung  mit  dem  Bacterium  coli  commune  Escherich 


Bacterium  coli  commune. 


695 


übereinstimmte.  Dasselbe  Bacterium  gelang  den  Verff.  auch  aus 
dem  Urin  des  Kranken  zu  züchten.  Zu  Tierversuchen  wurden 
Kaninchen  verwandt,  die  teils  subkutan,  teils  in  die  Ohrvene  mit 
einer  24  Stunden  alten  Agarkultur  geimpft  wurden  ; teils  wurden  sie 
durch  Injektion  einer  wässerigen  Bakterienemulsion  in  die  Blase  in- 
fiziert. Es  ergab  sich,  daß  nur  das  Hineingelangen  des  Bakteriums 
in  das  Blut  irgend  welche  Wirkung  hatte,  daß  aber  sonstige  Infektions- 
methoden fehlschlugen.  Besonders  merkwürdig  ist  das  Ausbleiben 
der  Infektion  des  Urogenitalapparates  (der  im  allgemeinen  leicht 
durch  Colibacillen  infiziert  wird,)  zumal  man  nach  dem  Verhalten 
im  menschlichen  Organismus  das  Gegenteil  erwarten  dürfte.  Gerade 
dieser  Umstand  spricht  für  das  Vorhandensein  des  Bacterium 
Escherich,  von  dem  bekannt  ist,  daß  seine  Virulenz  ungemein 
variabel  ist.  Wenn  also  auch  zugegeben  werden  muß,  daß  die  Tier- 
versuche einen  Beweis  dafür  nicht  liefern , daß  das  im  vorliegenden 
Falle  gefundene B a c t e r i u m die  Ursache  der  menschlichen  Erkrankung 
ausmachte,  so  darf  man  doch  andererseits  nicht  vergessen,  daß  bei 
einem  so  variablen  Bacterium  wie  Bacterium  Escherich  nicht 
ohne  weiteres  aus  den  Tierversuchen  auf  den  Menschen  geschlossen 
werden  darf,  und  es  ist  daher  sehr  dankenswert  von  den  Verff. 
die  Aufmerksamkeit  bei  Blutuntersuchungen  in  Urethralfiebern  und 
sonstigen  septischen  Prozessen  auf  das  eventuelle  Vorkommen  von 
Bacterium  coli  commune  hingelenkt  zu  haben. 

Maaß  (Freiburg  i.  B.). 

Neisser,  Untersuchungen  über  den  Typhusbacillus  und 
das  Bacterium  coli  commune.  (Zeitschrift  für  klinische 
Medizin.  Bd.  XXIII.  1893.  p.  93  ff.) 

Manche,  besonders  französische  Autoren,  sind  der  Meinung,  daß 
das  Bacterium  coli  commune  Escherich  und  der  Erreger  des 
Abdominaltyphus  identisch  seien,  eine  Anschauung,  die  durch  die 
vielen  beiden  gemeinsamen  Merkmale  und  ihr  schwieriges  Unter- 
scheidungsvermögen entstanden  ist. 

Verf.  bringt  einen  nicht  uninteressanten  Beitrag  zu  dieser  Frage. 
Er  suchte  zu  entscheiden,  ob  die  zu  gleicher  Zeit  aus  dem  Darme 
eines  Typhuskranken  gezüchteten  Kolonbacillen  dieselben  Virulenz- 
grade für  Mäuse  haben,  wie  die  durch  Punktion  der  Milz  gewonnenen 
Typhusbacillen  derselben  Person. 

Es  zeigte  sich  nun  die  bemerkenswerte  Thatsache,  daß  der 
Typhusbacillus  die  stärkste  Virulenz  im  Beginne  der  Krankheit 
aufwies,  während  die  der  Kolonbacillen  ganz  unbekannten  Schwankungen 
unterworfen  waren.  (Gegen  diese  interessanten  Versuche  läßt  sich  jedoch 
einwenden,  daß  die  aus  der  Milz  gezüchteten  Bakterien  ganz  andere 
Vitalitätsbedingungen  darbieten  konnten,  als  die  in  dem  völlig  anders 
beschaffenen  Darme  und  Darminhalte  gewachsenen,  so  daß  dieser 
Unterschied  der  Virulenz  allein  durch  die  Art  des  Nährstoffes  be- 
dingt sein  konnte.)  — Ein  weiterer  Unterschied  beider  Bakterien  wurde 
dadurch  konstatiert,  daß  das  Kolonbacterium  Gas  bildete,  die 
Typhusbakterie  dagegen  nie.  Einen  weiteren  Beweis  für  die  Verschieden- 

44* 


696 


Bacterium  coli  commune.  — Periostitis  albuminosa. 


artigkeit  beider  Organismen  sieht  Verf.  dann  darin,  daß  die  mit  dem 
Bacillus  coli  commune  vorbehandelten  Tiere  keinen  Impfschutz 
gegen  eine  nachfolgende  letale  Injektion  mit  Typhusbacillen  erlangt 
hatten  und  umgekehrt. 

Auf  Grund  dieser  3 Resultate  ist  Verf.  geneigt,  den  Bacillus 
coli  commune,  obwohl  auch  er  krankheitsauslösend  wirken  kann, 
als  ein  vom  Bacillus  des  Abdominaltyphus  verschiedenes  Wesen 
anzusprechen.  0.  Voges  (Danzig). 

Renault,  Jules,  Du  bacterium  coli  commune  dans  l’in- 
fection  urinair e.  [These.]  4°.  80  p.  Paris  1893. 

Die  nicht  verflüssigenden  Urinbacillen  bilden  einen  Teil  derselben 
natürlichen  Gruppe  wie  die  verflüssigenden  Verwandten  und  der 
ganzen  Abteilung  kommt  die  Bezeichung  Bacterium  coli  zu; 
weder  morphologische  Gestalt,  noch  die  Kulturen  auf  den  gewöhn- 
lichen Nährsubstraten,  noch  die  pathogenen  Eigenschaften  lassen  die 
einen  in  Unterschied  von  den  anderen  treten. 

Wohl  kann  man  aber  in  der  großen  zusammenhängenden  und 
zusammengehörenden  Gruppe  mehrere  Typen  unterscheiden  und 
auseinanderhalten;  zu  diesem  Zwecke  muß  man  auf  demselben  Sub- 
strate dieselben  Keime  nach  einander  säen,  wodurch  sie  verschiedene 
biologische  Eigenschaften  offenbaren. 

Der  Urin  dient  nicht  zur  Ernährung  dieser  Bacillen,  er  wird 
nicht  von  ihnen  zersetzt,  wohl  aber  übt  er  ihnen  gegenüber  eine  ge- 
wisse antiseptische  Eigenschaft  aus,  er  stört  ihre  Entwickelung  und 
hemmt  dieselbe  in  beträchtlicher  Weise.  E.  Roth  (Halle  S.). 

Schrank,  W.,  Zwei  Fälle  von  „Periostitis  albuminosa“ 
(O liier).  (Archiv  für  klinische  Chirurgie.  XL VI.  1893.  No.  4.) 

Verf.  bereichert  die  Kasuistik  des  seltenen  Krankheitsbildes  der 
Periostitis  albuminosa  um  2 neue  Beobachtungen.  Beide  Fälle  be- 
trafen den  Unterschenkel  wachsender  Individuen,  bei  denen  die 
Krankheit  subakut  eingesetzt  hatte.  Während  bei  dem  ersten  Falle 
der  Knochen  nur  oberflächlich  angegriffen  erschien,  zeigten  sich  im 
zweiten  die  Zeichen  einer  Osteomyelitis  mit  Sequesterbildung.  Bei 
beiden  Fällen  fanden  sich  die  für  osteomyelitische  Prozesse  typischen 
ockergelben  Granulationen,  aber  statt  des  Eiters  ein  seröses  Exsudat. 
Was  den  zweiten  Fall  zu  einem  ganz  besonders  lehrreichen  macht, 
ist  der  Umstand,  daß  sich  subperiostal  sitzend  ein  seröses  Exsudat 
vorfand;  als  man  jedoch  die  Markhöhle  freilegte,  war  sie  mit  Eiter 
erfüllt;  es  handelte  sich  also  um  eine  Kombination  von  typischer 
eiteriger  Osteomyelitis  mit  sogenannter  Periostitis  albuminosa.  Der 
Fall  gewinnt  noch  dadurch  ganz  besonders  an  Interesse,  als  sich  so- 
wohl in  dem  serösen  oberhalb  der  Corticalis,  als  in  dem  eiterigen 
unterhalb  derselben  in  der  Markhöhle  sitzenden  Erguß  dieselben  Mikro- 
organismen vorfanden,  nämlich  Staphylokokken  und  Streptokokken. 
Die  beiden  Erreger  hatten  also  an  ein  und  demselben  Individuum 
au  verschiedenen  Stellen  verschiedene  Grade  der  Entzündung  her- 
vorgerufen. 


Periostitis.  — Pyelonephritis. 


697 


In  dem  ersten  Falle  fand  sich  der  Staphylococcus  pyo- 
genes albus  in  Reinkultur. 

Verf.  ist  der  Ansicht,  daß  besonders  der  zweite  Fall  — die 
Kombination  von  eiteriger  Osteomyelitis  mit  Periostitis  albuminosa 
— geeignet  ist,  die  von  Schlange,  Garre  und  Anderen  ange- 
nommene Zusammengehörigkeit  der  Osteomyelitis  infectiosa  acuta 
und  der  Periostitis  albuminosa  zu  beweisen.  Im  übrigen  glaubt  er, 
daß  unter  dem  Namen  Periostitis  albuminosa  eine  ganze  Zahl  von 
Krankheitsprozessen  zusammengefaßt  worden  sind  und  daß  sich  ein 
einheitliches  Krankheitsbild  der  Periostitis  albuminosa  nicht  auf- 
stellen lasse. 

[Die  Arbeit  bringt  eine  neue  Bestätigung  der  von  Garre, 
Jordan  und  Referenten  vertretenen  Ansicht,  daß  die  sogenannten 
„pyogenen  Kokken“  nicht  stets  und  ausschließlich  pyogen  wirken, 
sondern  zur  Erzeugung  jeden  Grades  der  Entzündung  befähigt  sind. 
In  einem  Punkte  ist  Ref.  aber  anderer  Ansicht  als  Verf.  Wenn  man 
die  Osteomyelitis  acuta  als  eine  spezifische,  lediglich  durch 
Staphylokokken  erzeugte  Erkrankung  ansieht,  eine  Ansicht, 
welche  Ref.  neuerdings  gegen  die  Anhänger  einer  Lehre  der  Nicht- 
spezifität der  Osteomyelitis  acuta  zu  beweisen  versucht  hat,  so  wird 
es  stets  gelingen,  das  von  Schlange  gezeichnete  Krankheitsbild 
der  Periostitis  albuminosa  aufrecht  zu  erhalten.  Das  Entscheidende 
ist  jedesmal  die  Anwesenheit  von  Staphylokokken  bei  bestimmten 
Knochenerkrankungen.]  Kurt  Müller  (Halle  a.  S.). 

Schmidt,  Martin  B.  und  AscliofF,  Ludwig,  Die  Pyelone- 
phritis in  anatomischer  und  bakteriologischer  Be- 
ziehung und  die  ursächliche  Bedeutung  des  Bacte- 
rium  coli  commune  für  die  Erkrankung  der  Harn- 
organe. 101  pp.  Mit  1 lithographischen  Tafel  und  1 Tafel  in 
Lichtdruck.  Jena  1893. 

Verff.  geben  zunächst  eine  ausführliche  Beschreibung  des  Sektions- 
befundes und  der  mikroskopischen  Untersuchung  von  16  Fällen  von 
Pyolenephritis ; 14  Fälle  wurden  bakteriologisch  genau  untersucht  und 
dabei  zwölfmal  eine  die  Gelatine  nicht  verflüssigende  Stäbchenart 
gefunden,  und  zwar  neunmal  sicher  in  Reinkultur.  Auf  Grund  der 
gefundenen  morphologischen  und  biologischen  Eigenschaften  konnte  die- 
selbe mit  Escherich’s  Bacterium  coli  commune  identifiziert 
werden.  In  einem  Falle  wurde  neben  B.  coli  Proteus  Hauseri 
und  einmal  letzterer  in  Reinkultur  gefunden. 

Entsprechend  dem  differenten  Wachstum  auf  der  Gelatine  werden 
3 Typen  des  B.  coli  unterschieden:  1)  die  transparente  Form, 
2)  die  opake  und  3)  die  lei s ten bil de n d e Form.  Sämtliche 
untersuchten  Fälle  bis  auf  einen  zeigten  einen  dieser  drei  Typen  in 
scharf  begrenzter  Weise,  doch  konnte  bei  der  Weiterimpfung  der 
ursprünglich  gewonnenen  Kulturen  eine  vollständig  geschlossene  Reihe 
von  Uebergangsbildern  zwischen  den  drei  Formen  gewonnen  werden. 
Ferner  gelang  es,  aus  der  typischen  E scher  i ch’ sehen  Form  des 
B.  coli  die  anderen  Arten  hervorgehen  zu  lassen.  In  einem  Falle 


698 


Pyelonephritis.  — Lepra. 


züchteten  Verff.  einen  Bacillus  aus  den  Nieren,  welcher  sich  dem 
B.  coli  ebenfalls  eng  anschließt,  aber  eine  abweichende  Form  der 
Bouillonkultur  zeigt.  Während  nämlich  B.  coli  eine  gleichmäßige 
Trübung  der  Bouillon  bedingt,  blieb  hier  die  Flüssigkeit  ganz  oder 
fast  ganz  klar,  nur  am  Boden  bildete  sich  ein  dickes,  flockiges  oder 
krümliges  Sediment.  Im  hängenden  Tropfen  zeigten  sich  völlig  un- 
bewegliche, ziemlich  dicke  und  plumpe,  kurze  oder  längere  Stäbchen, 
welche  auch  vielfach  ineinander  verschlungene  Fäden  und  Ketten 
bildeten.  Oft  waren  die  Einzelindividuen  so  kurz,  daß  Streptokokken - 
formen  entstanden.  Wegen  dieses  Verhaltens  der  Bouillonkultur 
können  Verff.  den  gefundenen  Bacillus  nicht  mit  dem  B.  coli 
für  identisch  erklären. 

Kaninchen  versuche  wurden  im  ganzen  17  gemacht;  dabei 
wurde  der  linke  Ureter  freigelegt,  in  seiner  Mitte  aseptisch  zuge- 
bunden und  oberhalb  der  Ligatur  nach  dem  Nierenbecken  zu  mit 
sterilisierter  Spritze  injiziert.  Dazu  wurden  verdünnte  Bouillon-  oder 
abgeschabte  und  in  Bouillon  suspendierte  Gelatinekulturen  benutzt; 
13  mal  wurden  die  aus  den  verschiedenen  Fällen  isolierten  Arten 
von  B.  coli,  einmal  Proteus,  einmal  zum  Vergleich  Staphylo- 
coccus  aureus  verwendet,  endlich  wurde  zweimal  die  aseptische 
einfache  Unterbindung  des  Ureters  vorgenommen.  Die  durch  Ein- 
spritzung des  B.  co  li  erzielten  pathologischen  Veränderungen  stimmten 
mit  den  an  den  menschlichen  Nieren  beobachteten  im  wesentlichen 
überein,  die  eingespritzten  Bacillen  hatten  sich  außerordentlich  rasch 
durch  die  Harnkanälchen  verbreitet.  Auch  die  Versuche  mit  Pro- 
teus hatten  positiven  Erfolg,  das  Parenchym  zeigte  reichliche  und 
ausgedehnte  Erkrankungsherde;  bei  der  Injektion  von  Staphyl. 
aureus  war  dagegen  nichts  von  Nekrosen  zu  bemerken.  Die  beiden 
Tiere,  denen  der  Ureter  aseptisch  unterbunden  war,  überstanden  den 
Eingriff  und  die  Untersuchung  der  Nieren  7 resp.  9 Tage  nach  der 
Operation  zeigte  keine  Erscheinungen  von  Entzündung  im  Nieren- 
becken. 

Zum  Schlüsse  geben  Verff.  eine  ausführliche  Litteraturübersicht 
über  die  bakteriologischen  Befunde  bei  Pyelonephritis  und  Cystitis 
mit  besonderer  Berücksichtigung  des  B.  coli.  Der  sehr  eingehenden 
Arbeit  ist  eine  Tafel  in  Lichtdruck,  welche  die  verschiedenen  Typen 
des  B.  coli  zeigt  und  eine  lithographische  Tafel  beigegeben. 

Dieudonn e (Berlin). 

Armaner  Hansen,  On  the  report  of  theLeprosy-Commis- 
sion  in  India  1830 — 1831;  a criticisra.  (The  Lancet.  1893. 
28.  Oct.  p.  1053.) 

Die  Hauptpunkte  des  Berichtes  der  Indischen  Leprakommission 
waren  folgende : 

1)  Die  Lepra  wird  nicht  durch  Erblichkeit  übertragen. 

2)  Die  Lepra  muß,  rein  wissenschaftlich  genommen,  als  kontagiös 
und  inokulierbar  angesehen  werdeD,  jedoch  erfolgt  auf  diesem  Wege 
ihre  Ausbreitung  nur  in  sehr  geringem  Maße. 


Lepra.  — Rotz. 


699 


3)  Die  Lepra  wird  nicht  direkt  verursacht  durch  irgend  welche 
Nahrung,  noch  auch  durch  klimatische,  tellurische  oder  soziale  Ein- 
flüsse ; sie  bevorzugt  keine  Rasse  und  keine  Kaste. 

4)  Die  Leprainfektion  wird  indirekt  beeinflußt  durch  ungesunde 
Umgebung,  schlechte  Nahrung,  Wohnung  etc.,  indem  diese  eine 
individuelle  Disposition  schaffen. 

5)  Die  Lepra  entsteht  in  der  großen  Mehrzahl  der  Fälle  de 
novo  (d.  h.  miasmatisch),  unter  Bedingungen,  welche  uns  noch  un- 
bekannt sind. 

Hansen  verficht  diesen  Ausführungen  gegenüber  seinen  be- 
kannten kontagionistischen  Standpunkt.  Wenn  die  Kontagiosität 
einmal  theoretisch  zugegeben  sei,  so  sei  der  Schluß,  daß  diese  doch 
nur  selten  im  Spiele  sein  könne,  da  sie  sich  so  selten  nachweisen 
lasse,  zum  mindesten  voreilig;  ein  solcher  Nachweis  müsse  in  einem 
Lande,  wo  die  Lepra  endemisch  sei,  immer  außerordentlich  schwierig 
sein.  Jeder  Mensch  sei  disponiert  für  Lepra;  jeder  Mensch  er- 
kranke, in  dessen  Körper  die  Bacillen  am  günstigen  Orte  und  in 
günstiger  Weise  eindrängen.  Wenn  die  indische  Kommission  zwar 
die  Errichtung  von  Asylen,  aber  nicht  die  gesetzliche  Isolation  em- 
pfehle, so  weise  er  auf  die  Erfolge  hin,  welche  mit  der  Isolation 
in  Norwegen  erzielt  seien,  wo  die  Zahl  der  Leprakranken  in  den 
letzten  25  Jahren  von  2833  auf  circa  700  gesunken  sei.  Daß  die 
Lepra  unter  den  nach  Amerika  ausgewanderten  Norwegern  sobald 
verschwinde,  beruhe  einzig  darauf,  daß  das  erste,  was  der  norwe- 
gische Bauer  in  Amerika  lerne,  die  Reinlichkeit  sei;  diese  aber  sei 
in  den  meisten  Fällen  ein  völlig  genügender  Schutz  gegen  die  Lepra. 

W.  Petersen  (Zürich). 

Sittmann,  Gr.,  Ein  Fall  akuter  Rotzinfektion  beim 
Menschen.  (Annalen  der  städtischen  allgemeinen  Kranken- 
häuser in  München.  1890/92.  München  1894.  p.  84 — 91.) 

Verwechselungen  mit  anderen  Infektionskrankheiten  finden  auch 
heute  noch  nach  dem  Bekanntsein  des  spezifischen  Krankheitser- 
regers statt,  namentlich  kommt  akuter  Gelenkrheumatismus  hier  in 
Frage,  sonst  Typhus  exanthematicus,  Purpura  haemorrhagica,  Perio- 
stitis traumatica  und  traumatische  Phlegmone. 

Auch  in  dem  von  Sittmann  beobachteten  Falle  waren  die 
Gelenke  mitergriffen.  Aus  Pusteleiter  und  Blut  angelegte  Agar-  und 
Kartoffelkulturen  zeigten  bald  die  charakteristischen  Wachstums- 
erscheinungen der  Rotzbacillen.  Meerschweinchen  gingen  unter  den 
Folgen  der  Impfungen  mit  dieser  Kultur  bald  ein,  weiße  Mäuse 
blieben  am  Leben.  — Die  Krankheitsdauer  — ausschließlich  des 
Inkubationsstadiums  — überschritt  die  von  Bollinger  für  akuten 
Rotz  berechnete  Durchschnittsdauer  um  2 Tage. 

Eine  Infektionspforte  ließ  sich  mit  Sicherheit  nicht  feststellen, 
doch  glaubt  Sittmann  den  Vorgang  so  auffassen  zu  dürfen,  daß 
hochgradig  virulente  Rotzbacillen  von  rotzkranken  Pferden  durch 
eine  später  mit  Bestimmtheit  nicht  mehr  nachweisbare  Pforte  in 
das  menschliche  Blut  gelangten,  zu  einer  primären  Blutinfektion 


700 


Texasfieber.  — Tierische  Parasiten.  — Krebs  der  Eichen. 


führten  und  nimmt  an,  daß  die  Erscheinungen  von  seiten  der  äußeren 
Bedeckung  u.  s.  w.  sekundärer  Natur  waren. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Billings,  Frank  S.,  Southern  Cattle  Plague  (Texas  fever). 
3.  Aufl  Lincoln,  Nebraska.  1893. 

Unter  Beibringung  neuen  Materiales  verficht  B.  seine  Ansicht, 
daß  der  von  ihm  beschriebene  Bacillus  der  Erreger  der  genannten 
Krankheit  ist.  Besonders  heftig  wendet  er  sich  gegen  die  Ansicht, 
daß  die  Seuche  auf  Infektion  durch  Protozoen  beruht,  und  daß  auf 
den  erkrankten  Tieren  schmarotzende  Zecken  bei  der  Uebertragung 
eine  Rolle  spielen.  Im  Körper  der  Zecken  will  er  ebenfalls  seinen 
Bacillus  gefunden  haben.  Abel  (Greifswald). 

Billings,  Frank  S.,  The  Com  Fodder  Disease  in  Cattle 
and  other  Farm  Animais  etc.  Lincoln,  Nebrasca,  1892. 

Eine  neue,  durch  weitere  Beobachtungen  bereicherte  Auflage 
des  Buches,  in  dem  B.  die  im  Titel  angeführte  für  eine  Septikämie 
erklärt,  bei  der  erst  sekundär  Erscheinungen  von  Entzündung  in  der 
Lunge  auitreten.  Der  Erreger  soll  ein  Organismus  aus  der  Gruppe 
der  Wildseuchebacillen  sein.  Abel  (Greifswald). 

de  Magalhäes,  P.  S.,  Notes  d’ heim  int  hologie  br^silienne. 
II.  (Boll.  soc.  zoolog.  de  France.  T.  XVII.  1892.  p.  219—221. 
Avec  fig.) 

Beschreibt  Heterakis  brasiliensis  n.  sp.  aus  dem  Darme 
des  Haushuhnes  in  Brasilien ; die  Art,  die  bisher  nur  in  männlichen 
Exemplaren  beobachtet  ist,  erreicht  eine  Länge  von  24  mm  bei 
einer  Breite  von  0,6  mm  und  unterscheidet  sich  durch  Zahl  und 
Stellung  der  Kaudalpapillen  von  den  anderen  4,  bisher  aus  Hühnern 
bekannt  gewordenen  H eteraki  sarten. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Hartig,  B.,  EinekrebsartigeRindenkrankheitderEiche, 
erzeugt  durch  Aglaospora  Talola.  (Forstlich-naturw. 
Zeitschrift.  1893.  1.  p.  1—6.  Mit  4 Fig.) 

Nach  einer  die  krebsartigen  Erkrankungen  der  Holzgewächse 
kurz  berührenden  Einleitung  wendet  sich  Verf.  zu  einer  genaueren 
Schilderung  der  krebsartigen  Erscheinungen,  welche  an  Stämmen 
eines  35 -jährigen  Eichenbestandes  beobachtet  wurden.  Fast  alle 
Stämme  waren  mehr  oder  weniger  erkrankt  und  ein  hoher  Prozent- 
satz bereits  zu  Grunde  gegangen;  jüngere  Bestände  waren  eigen- 
artigerweise jedoch  nicht  in  Mitleidenschaft  gezogen.  Die  Krankheit 
äußerte  sich  in  der  Weise,  daß  au  den  von  Borke  noch  nicht  be- 
kleideten Stämmchen  die  Rinde  an  einzelnen  Stellen  sich  bräunt 
und  abstirbt,  welcher  Vorgang  eine  sehr  erhebliche  Ausdehnung  an- 
nehmen kanu  und  nicht  selten  sich  mehrere  Meter  in  der  Längs- 
richtung des  Stammes  ausbreitet.  Auch  der  jüngere  Teil  des 
Holzes  wird  davon  ergriffen  und  nur  im  Kernholze  vermißt  man 


Pflanzenkrankheiten.  — Untersuchungsmethoden  etc. 


701 


die  an  den  anderen  Orten  zahlreichen  Mycelfäden  des  Parasiten. 
Die  durch  Abstoßung  der  toten  Partieen  entstandenen  nackten  Stellen 
werden  vom  Rande  aus  früher  oder  später  durch  einen  Ueber- 
wallungsprozeß  geschlossen,  welcher  bei  schwächlichen  Bäumen 
jedoch  wenig  ergiebig  sein  kann.  Die  Infektionen  selbst  dürften  in 
vielen  Fällen  von  kleinen  Rindenverletzungen,  durch  welche  die  Kork- 
haut beschädigt  wurde,  ihren  Ausgang  nehmen. 

Von  dem  Pilze  selbst  giebt  Verf.  Beschreibung  und  Abbildung 
der  Perithecien,  Schlauchsporen  und  Conidien,  welch 
erstere  im  zweiten  Jahre,  und  zwar  in  der  Mehrzahl  innerhalb  kleiner, 
die  Korkhaut  sprengender  höckerartiger  Fruchtpolster  entstehen  und 
in  der  Regel  gemeinschaftliche  Ausführöffnung  besitzen.  Ihre  Ge- 
stalt ist  flaschenförmig;  innerhalb  sind  sie  rundum  mit  Ascis  be- 
setzt, welche  gewöhnlich  8 in  einer  Reihe  angeordnete  und  durch 
fadenförmige  Fortsätze  ausgezeichnete  zweizeilige  Sporen  enthalten. 
Die  Conidien  sind  sichelförmig  und  entstehen  unterhalb  des  Periderms 
an  denjenigen  Stellen,  wo  solches  von  den  Perithecienhälsen  durch- 
brochen wird;  nach  außen  hervorgestoßen,  bilden  sie  das  jene  um- 
gebende und  schon  mit  unbewaffnetem  Auge  kenntliche  weiße  Pulver. 

Wehmer  (Hannover). 

Tubeuf,  C.  y.,  Hexenbesen  der  Lärche.  (Forstlich-Naturw. 

Zeitschr.  1893.  Heft  1.  p.  48.) 

Notiz  des  Verf.’s  über  Auffinden  einiger  Hexenbesen  auf  Lar  ix 
mit  Abbildung  eines  solchen  (nach  Photographie).  Außer  oberfläch- 
lichen Kolonieen  saprophytischer  Pilze  konnte  parasitisches  Mycel 
im  lebenden  Gewebe  nicht  nachgewiesen  werden. 

W e h m e r (Hannover). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Unna,  P.  G.,  Natürliche  Reinkulturen  der  Oberhaut- 
pilze. (Monatshefte  für  prakt.  Dermat.  1894.  No.  6.) 

Unna  giebt  in  der  vorliegenden  Arbeit  eine  neue  Färbemethode 
für  Mikroorganismen  in  Schuppen  und  Krusten  und  überhaupt  im 
hornigen  Gewebe  an.  Durch  beigegebene  Tafeln,  welche  halb  auf  photo- 
graphischem Wege  halb  durch  Handzeichnung  angefertigt  sind,  giebt 
er  einen  Ueberblick  über  die  Resultate  seiner  Methode ; sie  zeigen  die 
Pilze  der  Pityriasis  versicolor,  Trichophytosis  und  u.  a.  auch  die  von 
dem  Verf.  als  mutmaßliche  Erreger  des  Ekzem  seborrh.  angesprochenen 
Morokokken  und  Flaschenbacillen. 

Die  zu  untersuchenden  Schuppen  und  Krusten  verschaflt  sich 
Unna  dadurch,  daß  er  auf  die  erkrankten  mit  Schuppen  bedeckten 
Hautpartieen  Zinkpflastermull  für  einige  Minuten  aufdrückt,  so  daß 
beim  Abnehmen  die  Schuppen  auf  dem  Pflastermull  kleben.  Sie 


702  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


werden  zuerst  in  Benzin  gebracht,  dann  in  salzsauren  absoluten  Alko- 
hol. Wenn  nicht  schon  durch  das  Benzin,  so  sind  sie  jetzt  pflaster- 
frei. Dann  werden  die  Stücken  behufs  Färbung  auf  den  Objektträger 
gebracht,  15  Minuten  mit  starker  Anilinwassergentianaviolettlösung 
gefärbt,  getrocknet  und  2—3  Minuten  mit  einer  Jodlösung  (5  °/0  Jod- 
kaliumlösung und  Wasserstoffsuperoxydlösung  ää)  bedeckt,  wieder  ge- 
trocknet und  für  mindestens  2—12  Stunden  in  Pikro-  oder  Eosinani- 
lin gebracht. 

Nähere  Details  über  die  Färbemethode  und  die  damit  erzielten 
Resultate  sind  im  Original  nachzulesen.  Lasch  (Breslau). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 


Pagano,  L’azione  tossica  della  linfa  e del  sangue. 
(Archivio  per  le  Scienze  med.  XVI.  Fase.  III.  p.  221.) 

Die  Untersuchungen  P.’s  über  die  giftigen  Eigenschaften  der 
Lymphe  und  des  Blutes  einer  Tierart  für  eine  andere  sind  in  unserer 
Zeit  der  Serumtherapie  auch  von  bakteriologischem  Interesse.  P. 
fand,  daß  die  Lymphe  die  gleichen  schädlichen  Wirkungen  entfalten 
kann  wie  das  Blut,  nur  in  geringerem  Grade.  Diese  Wirkung  konnte 
nicht  bezogen  werden  auf  eine  Zerstörung  der  roten  Blutkörperchen, 
welche  von  der  Lymphe  nicht  geschädigt  werden.  Es  ist  wahrschein- 
lich, daß  sich  unter  pathologischen  Verhältnissen  die  Giftwirkung 
steigern  kann.  Die  toxischen  Substanzen  des  Blutes  stammen  nach 
P.’s  Beobachtungen  zum  Teil  aus  dem  Blute  selbst;  die  tödliche 
Wirkung  des  übertragenen  Blutes  beruhte  (wenigstens  bei  Experi- 
menten mit  Hund  und  Kaninchen)  nicht  auf  einem  Untergange  roter 
Blutkörperchen,  sondern  auf  einer  Gerinnung  des  Blutes  und  dadurch 
bedingter  Asphyxie.  W.  Peter sen  (Zürich). 

Spina,  Einige  Versuche  über  die  Wirkung  von  intra- 
parenchymatösen Injektionen  von  Giften  in  die  ver- 
kästen Knoten  bei  der  Impftuberkulose  der  Meer- 
schweinchen. (Allg.  W'iener  med.  Zeitung.  1893.) 

Daß  in  krankhaft  veränderten  Geweben  Stoffe  erzeugt  werden 
können,  welche,  in  den  Kreislauf  gelangt,  nach  Art  von  Giften  wirken 
können,  ist  durch  klinische  und  experimentelle  Erfahrungen,  besonders 
klar  für  Tetanus  und  Diphtherie,  erwiesen  worden.  Es  ist  jetzt 
üblich  geworden,  von  Toxinen  und  von  Toxinvergiftungen  bei  vielen 
pathologischen  Vorgängen  auch  dann  zu  sprechen,  wenn  der  Beweis, 
daß  das  erkrankte  Gewebe  Gift  enthält,  nicht  geführt  worden  ist. 
Aber  auch  der  Nachweis  von  der  Gegenwart  solchen  Giftes  reicht 
noch  nicht  hin,  jene  Verallgemeinerung  für  berechtigt  zu  halten,  es 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  703 


muß  des  weiteren  dargethan  werden,  daß  das  Gewebe  befähigt  ist, 
das  Gift  an  das  Blut  oder  die  Lymphe  thatsächlich  abzugeben,  und 
zwar  in  so  großer  Menge,  daß  daraus  eine  Vergiftung  resultieren 
kann.  Ein  pathologisches  Gewebe,  welches  nicht  dazu  imstande 
ist,  stellen  nach  Spina’s  Versuchen  die  verkästen  Knoten  dar,  wie 
sie  nach  subkutaner  Impfung  von  Meerschweinchen  mit  tuberkulösem 
Materiale  sich  bilden. 

Injiziert  man  gesunden,  erwachsenen  Meerschweinchen  subkutan 
0,5  ccm  einer  1-proz.  Sublimatlösung,  so  erliegen  die  Tiere  der  Ver- 
giftung nach  drei  Tagen,  beträgt  die  Dosis  aber  1,0  ccm,  so  sterben 
sie  oft  noch  vor  Ablauf  eines  Tages.  Ebenso  verhalten  sich  mit 
Tuberkulose  infizierte  Tiere,  wenn  die  Injektion  entfernt  von  der 
Impfstelle  oder  in  die  noch  nicht  verkästen  Knoten  erfolgt.  Wird 
aber  das  Sublimat  in  verkäste  Knoten  injiziert,  dann  zeigen  die 
Tiere  keine  Symptome  von  Vergiftungen  und  bleiben  so  lange  am 
Leben,  bis  sie  den  Folgen  der  Impfung  erliegen. 

Auch  bei  der  Injektion  von  Strychnin  in  verkäste  Knoten  kommt 
keine  Vergiftung  bei  Anwendung  sonst  tödlicher  Dosen  zustande. 
Auf  Injektion  von  0,1  ccm  einer  3-proz.  Lösung  von  Strychninum 
nitricum  bei  normalen  Meerschweinchen  brechen  die  ersten  Anzeichen 
der  Vergiftung  nach  6 Minuten  aus  und  im  Verlaufe  von  20  bis 
40  Minuten  erfolgt  der  Tod.  Bei  der  Injektion  derselben  Menge  in 
verkäste  Knoten  treten  keine  Zeichen  von  Giftwirkung  auf,  wenn 
man  die  Vorsicht  gebraucht,  die  Injektionsspritze  etwa  10  Minuten 
mit  der  Hand  in  ihrer  Lage  zu  fixieren.  Auf  diese  Weise  verhindert 
man,  daß  während  der  kritischen  Zeit  der  ersten  Minuten  geringe 
Mengen  der  Giftlösung  aus  dem  Knoten  in  das  umgebende  Gewebe 
aussickern  und  leichte  Vergiftungserscheinungen  hervorrufen.  Nach 
Entfernung  der  Spritze  können  dieselben  natürlich  auftreten,  weil 
Gift  aus  der  Wunde  austritt,  aber  die  Erscheinungen  werden 
schwächer  sein,  als  bei  normalen  Tieren,  da  weniger  Gift  zur  Wir- 
kung gelangt. 

Bei  seinem  Verbleiben  im  Knoten  kann  das  Gift  entweder  eine 
chemische  Veränderung  erleiden  oder  es  kann  den  Knoten  successive 
in  unwirksamen  Mengen  verlassen.  Wenn  man  einen  mit  0,1  ccm 
Strychnin  injizierten  Knoten  nach  etwa  20  Stunden  zerdrückt,  so 
daß  sich  sein  Inhalt  unter  die  Haut  verbreitet,  dann  sterben  die 
Tiere  nicht,  sondern  geben  nur  eine  vermehrte  Reflexerregbarkeit  zu 
erkennen.  Abel  (Greifswald). 


704 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Arthüb  Würzbubg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 


Morphologie  und  Systematik. 

Dietel,  P.,  Ueber  Uredo  Polypodii  Pers.  (Oesterr.  botan.  Ztschr.  1894.  p.  46.) 

Johne,  Zur  Morphologie  des  Milzbrandbacillus.  (Dtsche  tierärztl.  Wchschr.  1894.  No.  10. 
p.  73.) 

Klett,  R.,  Zur  Frage  von  der  Morphologie  des  Milzbrandbacillus.  (Dtsche  tierärztl. 
Wchschr.  1894.  No.  9.  p.  67—68.) 


Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodnkte  u.  s.  w.) 

Babes,  A.  et  Motoc,  A.  M.,  Sur  les  substances  chimiques  produites  par  le  baeille  de  la 
morve.  (Annal.  de  l’Instit.  de  pathol.  et  de  bacter.  de  Bucarest.  II.  ann£e  1890, 

1893.  p.  63—93.) 

Sabourand,  R.,  Note  sur  trois  points  de  l’histoire  micrographiqne  des  trichophytons. 

(Annales  de  dermatol.  1894.  No.  1.  p.  37 — 43.) 

Thelohan,  P.,  Sur  les  affinites  reciproques  des  myxosporidies.  (Compt.  rend.  1894. 
T.  CXVIII.  No.  8.  p.  428—430.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Cassedebat,  P.  A.,  De  l’action  de  l’eau  de  mer  sur  les  microbes.  (Rev.  d’bygifene.  1894' 
No.  2.  p.  104—118.) 

Diverneresse,  Aseptisation  des  terres  contaminees  avant  leur  transport  et  leur  mise  en 
culture.  (Annal.  d’hygiene  publ.  1894.  No.  3.  p.  235 — 257.) 

Oesterreich.  Fragepunkte  bei  Einsendung  von  Wasserproben  Für  chemische  oder  bak- 
teriologische Zwecke.  (Oesterr.  Sanitätswesen.  1893.  p.  525.) 

Winogradsky,  S.,  Sur  l’assimilation  de  l’azote  gazeux  de  l’atmosphfere  par  les  microbes. 
(Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  7.  p.  353—355.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchtgegenstände. 

Pammel,  L.  H.,  An  aromatic  bacillus  of  cbeese.  Bacillus  aromaticus  n.  sp.  (Extracts 
from  the  Jowa  Agricultur.  experim.  Station.  Bullet.  No.  21.  1894.  p.  1 — 5.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  hei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Aügemeinkrankheiten. 

Charrin,  A.,  Les  agents  atmosph^riques  et  les  maladies  infectieuses.  (Rev.  d’hygiene. 

1894.  No.  2.  p.  97—104.) 

Mittermaier,  Zur  Abwehr  gegen  durch  Infektion  entstehende  Krankheiten.  (Gesundheit. 
1894.  No.  4.  p.  51—52.) 

Zahn,  Ueber  die  neueren  prophylaktischen  Bestrebungen  auf  dem  Gebiete  der  akuten 
Infektionskrankheiten.  (Vereinsbl.  d.  pfälz.  Aerzte.  1894.  Febr.  p.  21 — 28.) 

Malariakrankheiten. 

Buchanan,  R.  M.,  The  haematozoa  of  malaria.  (Glasgow  med.  Journ.  1894.  Jan.) 
Larin,  E.  A.,  Ueber  die  intermittierenden  Fieber  in  Kars.  (Med.  sbornik.  1893.  p.  21 
— 54.)  [Russisch.] 


Neue  Litteratur. 


705 


Timoff,  G.  M.,  Ueber  den  Malariaparasiten  der  sog.  halbmondförmigen  Varietät.  (Med. 
sbornik.  1893.  p.  80 — 113.)  [Russisch.] 

Eianthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötheln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Bezy  et  Beziat,  Quelques  reflexions  sur  une  petite  dpid^mie  de  rougeole.  (Midi  mdd. 

1893.  Vol.  II.  p.  439—441.) 

Buttersack,  Zur  Kenntnis  der  Vaccine.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  9.  p.  213 
—216.) 

Giefsler,  Bericht  über  den  Betrieb  der  kgl.  Impfanstalt  zu  Kassel.  (Korrspdzbl.  f.  d. 

Aerzte  d.  Prov.  Hessen-Nassau.  1894.  No.  1.  p.  6 — 12.) 

Ischboldin,  L.  G.,  Inkubationsdauer  bei  Windpocken.  (Bolnitsch.  Gaz.  Botkina  1893. 
p.  724,  756.)  [Russisch.] 

Kadkin,  P.  K. , Bericht  über  Flecktyphus  nach  den  Beobachtungen  im  Piatigorsker 
Ortsspital  während  der  Jahre  1886 — 1890.  (Med.  sbornik.  1892.  p.  75 — 126.) 

[Russisch.] 

Schrevens,  Sur  l’etiologie  et  la  prophylaxie  de  la  variole.  (Bullet,  de  l’acad.  royale  de 
mdd.  de  Belgique.  1894.  No.  1.  p.  39 — 86.) 

Thätigkeit,  die,  der  im  Deutschen  Reiche  errichteten  staatlichen  Anstalten  zur  Gewin- 
nung von  Tierlymphe  während  des  Jahres  1892.  (Mediz. -Statist.  Mitteil.  a.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  Bd.  II.  No.  1.  p.  1 — 56.) 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Bucquoy,  Sur  l’epidemie  actuelle  de  fievre  typhoide  ä Paris.  (Bullet,  de  l’acad.  de  med. 

1894.  No.  10.  p.  231—236.) 

Dupuy,  L.  E.,  Contribution  ä l’etude  etiologique  du  cholöra  de  1892  dans  la  banlieue 
parisienne.  (Progrfes  med.  1894.  No.  7 — 9.  p.  113 — 118,  131  — 133,  145 — 147.) 
Williams,  D.,  The  route  of  Asiatic  cholera  in  1892.  (Transact.  of  the  sanit.  inst.  1892. 
London  1893.  p.  136 — 141.) 

Zenthoefer,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholerakulturen  in  Hühnereiern.  (Ztschr.  f. 
L Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  2.  p.  362—367.) 

W undinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfaulnis.) 

Drage,  L.,  On  puerperal  fevers.  (Laneet.  1894.  No.  8,  9.  p.  461 — 466.  523 — 527.) 
Fischl,  R.,  Ueber  septische  Infektion  des  Säuglings  mit  gastro-intestinalen  resp.  pulmo- 
nalen Symptomen.  (Ztschr.  f.  Heilkunde.  1894.  No.  1.  p.  1 — 51.) 

Mya,  G.,  Setticaemia  e meningite  purulenta  da  bacillus  coli  communis.  (Lavori  d. 

Congr.  di  med.  int.  1892.  Milano  1893.  p.  384 — 391.) 

Pane,  N.,  Sulla  diagnosi  differenziale  tra  lo  streptococco  dell’  erisipela  e lo  streptococco 
piogeno.  (Giorn.  d.  Assess.  napol.  di  med.  e nat.  Napoli  1893/94.  p.  31 — 40.) 

lufektionsgesch  wülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skropbulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Babes,  V.,  Sur  les  associations  bacteriennes  de  la  tuberculose.  (Annal.  de  l’Instit.  de 
pathol.  et  de  bact^riol.  de  Bucarest.  II.  annee  1890,  1893.  p.  285 — 288.) 

Kuthy,  D.,  Die  Ehe  und  die  Tuberkulose.  (Egeszseg.  1894.  Heft  1.)  [Ungarisch.] 
Lagneau,  G.,  De  la  mortalitö  par  tuberculose  selon  les  professions,  selon  l’habitat. 

(Bullet,  de  l’acad.  de  med,  1894.  No.  8.  p.  167 — 180.) 

Lanz,  A.,  Ein  neues  Verfahren  der  Gonokokkenfärbung.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894. 
No.  9.  p.  200—201.) 

Schuchardt,  B.,  Mitteilungen  über  das  häufigere  Vorkommen  von  Krebs  in  gewissen 
Gegenden  und  über  die  Aetiologie  desselben.  (Korrspdzbl.  d.  allg.  ärztl.  Vereins  v. 
Thüringen.  1894.  No.  2.  p.  62 — 76.) 


706 


Neue  Litteratur. 


Ströbe,  H.,  Die  parasitären  Sporozoen  in  ihren  Beziehungen  zur  menschlichen  Patho- 
logie, insbesondere  zur  Histogenese  und  Aetiologie  des  Carcinoms.  Zusammenfass. 
Referat.  (Centralbl.  f.  allg.  Pathol.  u.  pathol.  Anat.  1894.  No.  1 — 3.  p.  11 — 21, 
60—88,  107—129.) 

Thorn,  W.,  Zur  Infektiosität  des  Carcinoms.  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  1894.  No.  10. 
p.  228—232.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre, 
Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Eäumler,  Ch.,  Die  Influenza-Epidemie  1893/94  in  Freiburg  i.  B.  (Münch,  med.  Wchschr. 
1894.  No.  9.  p.  161—164.) 

Coronado,  T.  V.,  Confirmaciön  del  microbio  de  la  grippe  en  Cuba  y su  importancia 
bajo  el  punto  de  vista  clinico.  (Crön.  med.-quir.  de  la  Habana.  1893.  p.  515 — 523.) 
Demuth,  Zur  Influenza-Epidemie  des  Jahres  1893.  (Vereinsbl.  d.  pfälz.  Aerzte.  1894. 
Febr.  p.  28—38.) 

Romanowski,  L.  D , Ueber  den  Parasiten  beim  Rückfallsfieber  und  die  Methoden,  ihn 
zu  färben.  (Russk.  med.  1893.  p.  311,  328.)  [Russisch.] 

Sacharoff,  N.  A. , Feststellung  der  Diphtherie  mittelst  der  bakteriologischen  Unter- 
suchung. (Med.  sbornik.  1893.  p.  114 — 130.)  [Russisch.] 

White,  W.  H.,  La  grippe.  (Transact.  of  the  Mississippi  med.  assoc.  1893.  p.  101 
—106.) 


B.  Infektiöse  LokdUcrankheiten. 

V erdauungsorgane. 

Babes,  V.  et  Oprescu,  V.,  Sur  un  cas  de  duodenite  primitive  suivie  d’infection  gön^rale. 
(Annal.  de  l’Instit.  de  pathol.  et  de  bact6riol.  de  Bucarest.  H.  annee  1890,  1893. 
p.  257—263.) 

Dmochowski,  Z.  u.  Janowski,  W.,  Zwei  Fälle  von  eiteriger  Entzündung  der  tiallen- 
gänge  (Angiocholitis  suppurativa),  hervorgerufen  durch  das  Bacterium  coli  commune. 
(Centralbl.  f.  allg.  Pathol.  u.  pathol.  Anat.  1894.  No.  4.  p.  153 — 168.) 

Leyden,  H.,  Ein  Beitrag  zu  der  Lehre  von  der  gonorrhoischen  Affektion  der  Mundhöhle 
bei  Neugeborenen.  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  1894.  No.  8.  p.  185 — 187.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Rotz. 

Babes,  V.,  Deux  cas  de  morve  chronique  d’origine  cutanee.  (Annal.  de  l’Instit.  de 
pathol.  et  de  bacteriol.  de  Bucarest.  II.  annee  1890,  1893.  p.  99 — 103.) 


Aktinomykose. 

Koch,  C.,  Weitere  6 Fälle  von  Actinomycosis  hominis  aus  Nürnberg  und  Umgebung. 
(Münch,  med.  Wchschr.  1894.  No.  8,  9.  p.  141 — 143,  167 — 169.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thieren. 

Säugethiere. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Norwegen  im  4.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  9.  p.  136.) 

Verbreitung  von  Tierseuchen  im  Deutschen  Reiche  im  Januar  1894.  (Veröffentl.  d. 
kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  9.  p.  135.) 


Neue  Litteratur. 


707 


Krankheiten  der  Yielhufer. 

(Rotlauf,  Schweineseuche,  Wildseuche.) 

Deupser,  Auftreten  der  Schweinepest.  (Berl.  tierärztl.  Wchschr.  1894.  No.  9.  p.  100 
— 101.) 

Graffunder,  Die  Schweinepest  in  der  Neumark.  (Berl.  tierärztl.  Wchschr.  1894.  No.  4. 
p.  39—43.) 

Wilbrandt,  Ein  Fall  von  hochgradiger  Botryomykose  beim  Schweine.  (Ztschr.  f.  Fleisch- 
u.  Milchhygiene.  1894.  No.  6.  p.  111.) 

Krankheitserregende,  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Barber,  C.  A,  Sugar-cane  pests;  a cane  killer  in  Dominica.  (Suppl.  to  the  Leeward 
Islands  Gaz.  1892.  19.  May.) 

Berlese,  A.  N.,  II  seccume  del  Castagno,  Castanea  vesca  L.  (Riv.  di  patol.  veget.  1893. 
Vol.  II.  p.  194—226.) 

Clinton,  G.  P.,  Orange  rust  of  raspberry  and  blackberry.  (University  of  Illinois,  Agri- 
cultur.  exper.  Station.  Champaign.  1893.  Bullet.  No.  XXIX.  p.  273 — 330.) 

Dal  Piaz,  Zur  Bekämpfung  der  Reblausgefahr.  (Dtsche  Wein-Ztg.  1894.  No.  22.  p.  155 
— 156.) 

Mangin,  Sur  l’Heterosporium  echinulatum,  parasite  des  oeillets,  Dianthus  caryophyllus. 

(Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  1894.  10.  fevr.) 

Massee,  G.,  Trichosphaeria  sacchari.  (Annals  of  botany.  1893.  Dec.) 

Mohr,  C.,  Versuche,  betreffend  die  Vertilgung  der  Cossusraupen  in  Belgien.  (Ztschr.  f. 

Pflanzenkrankh.  1894.  Bd.  IV.  No.  2.  p.  91.) 

Wehmer,  C.,  Zum  Parasitismus  von  Nectandria  cinnabarina  Fr.  (Ztschr.  f.  Pflanzen- 
krankh. 1894.  Bd.  IV.  No.  2.  p.  74 — 84.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Babes,  A , De  la  morvine.  (Roumanie  mdd.  1894.  No.  1.  p.  1 — 7.) 

Charrin  et  Desesquelle,  Recherches  syst^matiques  sur  le  pouvoir  bactericide  et  la  toxicite 
des  phe'nolates  mercuriques  et  de  certains  de  leurs  deriv6s.  (Compt.  rend.  de  la  soc. 
de  biol.  1894.  No.  10.  p.  247—249.) 

Feser,  Referat  betr.  die  Schutzimpfungen  unserer  Haustiere.  (Wchschr.  f.  Tierheilk.  u. 
Viehzucht.  1894.  No.  14.  p.  142  — 145.) 

Kalindero,  N.  et  Babes,  V.,  Resultats  obtenus  par  les  injections  de  lymphe  de  Koch 
dans  les  differentes  formes  de  lepre.  (Annal.  de  l’Instit.  de  pathol.  et  de  bacteriol. 
de  Bucarest.  II.  annee  1890,  1893.  p.  327 — 349.) 

Leonhardt,  J.  S.,  The  present  Status  of  Pasteur’s  anti-rabic  inoculation.  (Amer.  pract. 
and  news.  1893.  p.  249 — 254.) 

Pottevin,  H.,  Les  vaccinations  antirabiques  ä l’Institut  Pasteur  en  1893.  (Annal.  de 
l’Instit.  Pasteur.  1894.  No.  3.  p.  166 — 169.) 


708 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Braun,  M.,  Helminthologische  Notizen.  IV. 
(Orig.),  p.  680. 

Steinmetz , C. , Kurze  Mitteilungen  über 
einige  Versuche  zur  Frage  der  fäulnis- 
widrigen Eigenschaften  der  Kohlensäure. 
(Orig.),  p.  677. 

Bakteriologische  und  parasitologische 
Kongresse. 

Sanarelii,  G.,  Mitteilungen  aus  dem  XI. 
internationalen  medizinischen  Kongresse 
in  Rom.  (Orig.),  p.  682. 

Bonome,  A.,  Neue  Beehachtungen  über 
die  diagnostische  und  Heilwirksamkeit 
des  Malieins  gegen  Rotz  bei  den 
Menschen  und  den  Tieren,  p.  686. 

Di  Vestea.  A.,  Einiges  über  die  neuen 
Ansichten  von  Emmerich  und  Tsuboi, 
die  Pathogenesis  der  Cholera  betref- 
fend, p.  687. 

Gasperini,  G.,  Versuche  über  das  Genus 
,,Actinomyees“,  p.  684. 

Gley  und  Charrin,  Die  Wirkung  der 
Bakteriengifte  auf  die  vasomotorischen 
Organe  und  diejenigen  des  Blutkreis- 
laufs, p.  688. 

Inghilleri,  Ceber  das  Verhalten  einiger 
Mikroorganismen  in  Bouillonkulturen, 
welche  die  Bujwid’sche  Reaktion  geben, 

p.  688. 

Mya , G. , Ueber  die  Pathologie  der 
Diphtherieinfektion,  p.  682. 

Referate. 

Armauer  Hansen,  On  the  report  of  the 
Leprosy-Commission  in  India  1830 — 
1831;  a criticism,  p.  698. 

Billings.  Frank  S.,  Southern  Cattle  Plague 
(Texas  fever),  p.  700. 

— — , The  Com  Fodder  Disease  in  Cattle 
and  other  Farm  Animais  etc.,  p.  700. 

Bruch,  Alfred,  De  la  fievre  typhoide  chez 
les  Arabes  en  Algerie,  p.  693. 

Dehu.  Paul,  Etüde  sur  le  röle  du  bacille 
d'Eberth  dans  les  complications  de  la 
fievre  typhoide,  p.  689. 

Fremlin,  Vergleichende  Studien  an  Bact. 
coli  commune  verschiedener  Provenienz, 
p.  693. 

Hartig,  R.,  Eine  krebsartige  Rindenkrank- 
heit der  Eiche,  erzeugt  durch  Aglaospora 
Talola,  p.  700. 

de  Magalhaes.  P.  S , Notes  d’helmintho- 
logie  bresilienne.  II,  p.  700. 


Moreau,  Auguste  Charles  Joseph,  Contri- 
bution  ä l’etude  de  l’6tiologie  de  la  fifevre 
typhoide  et  de  la  vitalitä  dans  le  sol  du 
bacille  d’Eberth,  p.  690. 

Neisser,  Untersuchungen  über  den  Typhus- 
bacillus und  das  Bacterium  coli  com- 
mune, p.  695. 

Quincke,  H.  und  Stühlen,  Zur  Pathologie 
des  Abdominaltyphus,  p.  689. 

Radiguet,  Henry  Edouard  Michel,  Contri- 
bution  ä l’4tude  de  l’origine  hydrique  de 
la  fievre  typhoide.  Fifevre  typhoide  et 
eau  de  Seine  dans  les  prisons  de  Paris, 
p.  691. 

Renault,  Jules,  Du  bacterium  coli  com- 
mune dans  l’infection  urinaire,  p.  696. 

Schäfer,  Die  Typhusepidemie  des  Jahres 
1891  im  Kreise  Niederbarnim,  p.  691 

Schild , Eine  Typhusepidemie  mit  nach- 
weisbarer Entstehungsursache  und  die 
Diagnose  des  Typhusbacillus,  p.  692. 

Schmidt,  Martin  B und  AschoS,  Ludwig, 
Die  Pyelonephritis  in  anatomischer  und 
bakteriologischer  Beziehung  und  die  ur- 
sächliche Bedeutung  des  Bacterium  coli 
commune  für  die  Erkrankung  der  Harn- 
organe, p.  697. 

Schränk,  W.,  Zwei  Fälle  von  „Periostitis 
albuminosa“  (Ollier),  p.  696. 

Sittmann,  G.,  Ein  Fall  akuter  Rotzinfek- 
tion beim  Menschen,  p.  699. 

Sittmann  und  Barnow,  Ueber  einen  Befund 
von  Bacterium  coli  commune  im  leben- 
den Blute,  p.  694. 

Tubeuf,  C.  v.,  Hexenbesen  der  Lärche, 
p.  701. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Unna,  P.  G , Natürliche  Reinkulturen  der 
Oberhautpilze,  p.  701. 

Schutzimpfung . künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Pagano,  L’azione  tossica  della  linfa  e del 
sangue,  p.  702. 

Spina,  Einige  Versuche  über  die  Wirkung 
von  intraparenchymatösen  Injektionen 
von  Giften  in  die  verkästen  Knoten  bei 
der  Impftuberkulose  der  Meerschwein- 
chen, p.  702. 

Neue  Litteratur,  p.  704. 


fc'ronmia  mische  Buchdruckerei  (Hermann  Pohle)  in  Jena, 


K ALB£^  pp 

Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Yerbindung  mit 

Geb.  flott.  Prof.  Dr.  Lenctart  m Professor  Dr.  Loefler 

in  Leipzig  In  Greifiwald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  DJilworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Band.  Jena,  den  19.  Mai  1894.  No.  19/20. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— »K  Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten.  %*— 

Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um,  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena,  gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage,  später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 

Ueber  das  Vorkommen  von  Trichomonas  im  Harne 
eines  Mannes,  nebst  Bemerkungen  über  Trichomonas 

vaginalis. 

Von 

F.  Marcliand 

in 

Marburg. 

Mit  1 Tafel. 

Am  12.  März  d.  J.  wurde  dem  pathologischen  Institute  durch 
Herrn  Dr.  A b 6 e ein  trüber,  schmutzig-rötlicher  Harn  zur  Unter- 
suchung gesandt,  welcher  viel  Eiweiß  enthielt  und  beim  Stehen  einen 
reichlichen  schmutzig-gelblichen  Bodensatz  aus  Eiterkörperchen  lie- 

IV.  BdL  45 


710 


F.  Marchand, 


ferte.  Die  Reaktion  war  sauer.  In  dem  Bodensatz  fanden  sich 
zahlreiche  weißliche  Flöckchen  aus  Plattenepithelien  von  der  Be- 
schaffenheit verhornter  Epidermiszellen,  dazwischen  mehr  vereinzelte 
gequollene,  hyaline  Epithelzellen  mit  noch  erkennbaren  Kernen,  ein- 
zelne hyaline  Cylinder,  ziemlich  zahlreiche  rote  Blutkörperchen. 
Zwischen  den  Epithelzellen,  welche  häufig  eine  netzförmige  An- 
ordnung mit  Bildung  rundlicher  Lücken  und  konzentrischer  Schichtung 
zeigten,  fanden  sich  eigentümliche  hyaline  Körperchen,  etwas  größer 
als  Leukocyten,  welche  stellenweise  deutliche  Eigenbewegung  zeigten 
und  sich  bei  näherer  Beobachtung,  besonders  im  P feiffe r ’ sehen 
Wärmekasten,  als  Flagellaten  erwiesen.  Infolge  dieses  sehr  eigen- 
tümlichen Fundes  wurde  die  Untersuchung  des  Harnes  bis  Anfang 
April  fast  täglich  fortgesetzt,  doch  war  das  Vorkommen  und  der  Er- 
haltungszustand der  Infusorien  sehr  wechselnd,  so  daß  ziemlich  viel 
Mühe  aufgewendet  werden  mußte,  um  über  die  Natur  derselben  ins 
Klare  zu  kommen.  Der  Harn  stammte  von  einem  etwa  60-jährigen 
Manne,  welcher  bereits  seit  längerer  Zeit  (17  Jahren)  an  einer  für 
tuberkulös  gehaltenen  Becken  ei  terung  mit  fistulösem  Durchbruch  neben 
dem  After  litt  und  wegen  dieser  Affektion  im  Jahre  1893  in  chirur- 
gischer Behandlung  gewesen  war.  Das  Auftreten  von  Eiter  im  Harne 
ist  damals  nach  freundlicher  Mitteilung  durch  Herrn  Dr.  Volkmann 
auf  einen  Durchbruch  in  die  Blase  bezogen  worden,  da  die  übrigen 
Erscheinungen  einer  Cystitis  fehlten.  Diese  sollen  auch  zu  der  Zeit, 
während  der  Kranke  sich  in  Behandlung  der  Herren  Dr.  Aböe  und 
Sardemann  befand,  nicht  vorhanden  gewesen  sein.  Der  anfangr 
sehr  mangelhafte  Kräftezustand  besserte  sich  allmählich.  Der  Harn 
blieb  während  dieser  Zeit  stets  trübe,  wurde  aber  allmählich  wieder 
gelb,  und  der  Bodensatz  wurde  immer  geringer.  Darin  fanden  sich 
meistens  eigentümliche  gelbliche  Klümpchen  von  Stecknadelknopf-  bis 
Hanfkorngröße,  welche  an  Smegma  erinnerten  und  bei  Druck  unter  dem 
Deckglase  eine  Zusammensetzung  aus  Epithelzellen,  Fettsäurenadeln  und 
Eiterkörperchen  erkennen  ließen.  Daneben  kamen  die  bereits  erwähnten 
kleinen  Epidermisschüppchen  oder  -flöckchen  in  wechselnder  Zahl  vor, 
außerdem  kleine  weiche  Flöckchen  aus  zusammenhängenden  Eiter- 
körperchen und  Schleim. 

Stets  enthielt  der  Harn  — auch  der  frisch  gelassene  — sehr 
zahlreiche  Bacillen,  in  den  erwähnten  Klümpchen  auch  Mikrokokken- 
massen. Tuberkel-Bacillen  waren  nicht  nachzuweisen.  Die  Infusorien 
fanden  sich  fast  ausschließlich  in  den  lockeren  Epithelflöckchen,  welche 
mehr  oder  weniger  reichlich  mit  Eiterkörperchen  durchsetzt  waren. 
Häufig  genügte  es,  ein  solches  Flöckchen  unter  das  Mikroskop  zu 
bringen,  um  eine  ganze  Anzahl  der  Tiere  zu  Gesicht  zu  bekommen; 
bei  der  Beobachtung  im  Wärmekasten,  bei  ca.  30°  C gelang  das 
Auffinden  und  die  weitere  Untersuchung  viel  leichter,  besonders  wenn 
der  Harn  nicht  mehr  ganz  frisch  war.  Nach  mehrstündigem  Stehen 
war  es  in  der  Regel  nicht  mehr  möglich,  gut  erhaltene  Infusorien  zu 
entdecken.  Zum  Aufsuchen  benutzte  ich  meist  Hartnack,  Syst.  7, 
zur  genauen  Untersuchung  Zeiß,  homogene  Immersion  J/l2  oder 
Aprochromat  2 mm,  Komp.  Ok.  4. 


Ueber  das  Vorkommen  von  Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes  etc.  711 


Ich  lasse  zunächst  eine  Beschreibung  der  Tiere  hier  folgen: 

Die  typischen,  gut  erhaltenen  Individuen,  wie  ich  sie  erst  ziem- 
lich spät  zu  Gesicht  bekam,  haben  eine  spindelförmige,  länglich-runde 
oder  ovoide  Gestalt;  die  Größe  schwankt  zwischen  ziemlich  weiten 
Grenzen,  von  0,012 — 0,03  mm  Länge  und  0,010 — 0,015  mm  Breite. 
Das  Hinterende  ist  entweder  zugespitzt  oder  abgerundet,  in  letzterem 
Fall  ist  es  indes  nicht  selten  mit  einem  kurzen,  geraden,  feinen, 
schwanzartigen  Anhang  versehen  (Fig.  la — f).  An  dem  etwas  vor- 
springenden oder  abgerundeten  Vorderende  finden  sich  vier  faden- 
förmige Geißeln,  welche  von  einem  Punkte  entspringen  und 
nicht  selten  an  der  Basis  so  vereinigt  sind,  daß  sie  von  einem 
gemeinschaftlichen  kurzen  Stiele  auszugehen  scheinen.  Die  Länge 
der  Geißeln  kommt  in  den  kürzeren  rundlichen  Formen  der  Körper- 
länge ziemlich  gleich.  Die  Geißeln  befinden  sich  bei  gut  erhaltenen 
Tieren  in  beständiger  schlagender  Bewegung  nach  einer  Seite  und 
zurück;  in  der  Wärme  wird  die  Bewegung  meist  lebhafter. 

Nicht  selten  sind  die  Geißelfäden  zu  zweien  miteinander  ganz 
oder  teilweise  verklebt,  so  daß  sehr  häufig  der  Anschein  entsteht,  daß 
nur  zwei  oder  drei  vorhanden  sind.  Von  der  Basis  der  Geißeln  ver- 
läuft an  der  einen  Seite  des  Tierchens  in  der  Längsrichtung  ein  feiner 
undulierender  Saum  (eine  durch  eine  äußerst  feine,  durchsichtige 
Membran  mit  dem  Körper  verbundene  Geißel),  welcher  sich  in  be- 
ständiger schneller  Bewegung  befindet,  und  zwar  in  der  Weise,  daß 
eine  Welle  von  vorn  nach  hinten  verläuft;  die  Bewegung  der  Geißeln 
ist  stets  gegen  diesen  Saum  gerichtet.  Der  Saum  erstreckt  sich  über 
die  vordere  Hälfte  oder  über  die  vorderen  zwei  Drittel  des  Körpers. 
Sind  die  Geißeln  zur  Ruhe  gekommen  oder,  was  nicht  selten  der 
Fall  ist,  überhaupt  nicht  sichtbar,  so  kann  man  häufig  die  lebhafte 
zuckende  oder  flimmernde  Bewegung  des  Saumes  erkennen.  Endlich 
kann  auch  diese  ganz  fehlen  oder  unsichtbar  werden.  Das  Proto- 
plasma des  Körpers  ist  entweder  ganz  homogen  und  hyalin,  glänzend, 
oder  in  der  Regel  mit  einer  großen  Anzahl  kleiner  Vakuolen  und 
kleinster  Körnchen  durchsetzt,  besonders  im  Bereiche  des  hinteren 
Endes.  Einzelne  Vakuolen  können  durch  etwas  beträchtlichere  Größe 
hervor  treten  und  enthalten  dann  nicht  selten  glänzende  Körnchen. 
Eine  kontraktile  Vakuole  ist  nicht  vorhanden,  auch  den  Kern  kann 
man  im  frischen  Zustande  nicht  erkennen.  Eine  Mundöffnung  oder 
Mundspalte  vermochte  ich  nicht  mit  Sicherheit  zu  konstatieren,  doch 
fand  ich  zuweilen  eine  kleine  Einkerbung  in  der  nächsten  Nähe  der 
Geißelbasis.  Einmal  sah  ich  in  der  Gegend  des  flimmernden  Saumes, 
ziemlich  am  Ende  desselben  eine  grubige  Vertiefung  entstehen,  zu 
welcher  die  Wellenbewegung  des  Saumes  hinführte  (Fig.  1 h i).  Die 
Tierchen  machten  vermittelst  der  Geißeln  und  des  undulierenden  Saumes 
schwingende  und  rotierende  Bewegungen  an  Ort  und  Stelle,  konnten 
aber  auch  den  Ort  wechseln.  Dabei  zeigten  sie  eine  sehr  große  Ver- 
änderlichkeit der  Form,  indem  sie  sich  zwischen  Eiterkörperchen  und 
Epithelien  langsam  hindurchdrängten,  hier  und  da  Ausbuchtungen  und 
Anschwellungen  zeigend,  wodurch  der  Körper  flaschenförmig,  langge- 
streckt, kurz,  sehr  verschieden  gestaltet  wurde.  Die  in  Ruhe  befindlichen 
Tiere  sind  meist  eiförmig,  bimförmig  oder  kugelig,  einige  augenscheinlich 

45* 


712 


F.  Marchand, 


in  Degeneration  begriffene  stark  vakuolär  (Fig.  1 1).  Einige  Male  be- 
obachtete ich  an  den  im  Wärmekasten  befindlichen  Tieren  (bei  30 — 
40  °C)  plötzlich  eintretende  Kontraktionen  des  ganzen  Körpers,  wodurch 
dieser  sehr  viel  kleiner  und  an  der  ganzen  Oberfläche  stark  runzelig 
wurde  (Fig.  6);  zuweilen  traten  diese  Kontraktionen  langsamer  ein. 
Am  auffälligsten  war  diese  Erscheinung  einige  Male  bei  Zusatz  eines 
Tröpfchens  frischen,  nicht  erwärmten  Harnes  an  den  Rand  des 
Deckglases,  vermutlich  also  wohl  Folge  der  plötzlichen  Temperatur- 
ditferenz.  Allmählich  quoll  der  Körper  wieder  zu  der  ursprünglichen 
Form  auf.  Die  Geißelbewegung  sistierte  während  der  Kontraktion. 

Eine  andere  sehr  auffällige  Erscheinung,  welche  besonders  deut- 
lich an  einzelnen  Tagen  beobachtet  wurde,  bestand  in  dem  Auftreten 
von  amöboiden  Bewegungen  mit  Gestaltveränderungen  des 
ganzen  Körpers  und  von  feinen  Pseudopodien  an  verschiedenen 
Stellen.  Die  ersteren  bestanden  in  der  Bildung  von  rundlichen 
hyalinen  Vorsprüngen  an  dem  vorher  kugeligen  Körper,  welcher  durch 
Cilien  oder  undulierenden  Saum  in  zitternder  Bewegung  erhalten  wurde. 
Während  diese  Bewegung  aufhörte  (und  weder  Cilien  noch  Saum 
sichtbar  waren),  traten  weitere  Gestaltveränderungen  des  ganzen 
Körpers  ein,  welcher  schließlich  in  eine  flache,  sarkoileähnliche  Masse 
(mit  zahlreichen  Vakuolen  am  Rande)  auseinanderfloß,  sich  dann  wieder 
kugelig  gestaltete,  neue  hyaline  Ausläufer  bildete  und  mit  Hilfe  der- 
selben einen  in  der  Nähe  liegenden  Leukocytenkern  vollständig  um- 
schloß, welcher  nachher  wieder  zum  Vorschein  kam ; endlich  nahm 
der  Körper  wieder  bimförmige  Gestalt  an  und  zeigte  hin  und  her 
schwingende  Bewegung.  (Diese  fortwährende  Gestaltveränderung 
konnte  ich  in  einem  Falle  zusammen  mit  Herrn  Dr.  Saxer  21/2  St. 
hindurch  beobachten,  worauf  dann  keine  weiteren  Veränderungen  mehr 
eintraten ; einige  der  verschiedenen  Bewegungsphasen  sind  in  Fig.  4 a, 
b.  c abgebildet.)  Bei  anderen  Exemplaren  war  das  Hinterende  bei 
erhaltener  Geißelbewegung  in  ein  langes  Pseudopodium  von  wechseln- 
der Form  ausgezogen,  während  an  einer  anderen  Stelle  des  Körpers 
sich  ein  fadenförmiges  Pseudopodium  bildete  (Fig.  5);  die  Pseudo- 
podien fixierten  sich  nicht  selten  am  Deckglas,  an  Leukocyten  und 
konnten  an  Länge  den  übrigen  Körper  übertreffen.  Die  amöboiden 
Bewegungen,  sowie  die  Bildung  feiner  Pseudopodien  habe  ich  nur 
bei  Erwärmung  beobachtet;  ob  diese  Erscheinungen  mit  der 
Nahrungsaufnahme  in  Beziehung  zu  bringen  sind,  vermag  ich  nicht 
anzugeben. 

Durch  Zusatz  von  wässeriger  Methylenblaulösung  ließen  sich  die 
Tiere  färben,  nachdem  sie  in  der  Farbstofflösung  abgestorben  waren 
(anfangs  waren  sie  als  hellglänzende  Kugeln  in  der  blauen  Flüssig- 
keit sichtbar) ; das  Protoplasma  nahm  dabei  eine  mehr  oder  weniger 
deutlich  körnige  blaue  Färbung  an 1),  während  in  der  Nähe  der 
Geißelbasis  ein  Kern  von  runder  oder  länglich-runder  Form  zum 
Vorschein  kam.  Der  gefärbte  Inhalt  des  Kernes  bildete  meist  mehrere 
dunkle  Körner,  Nukleolen  (Fig.  3).  Nach  vorheriger  Abtötung  durch 


1)  Das  Protoplasma  retrahiert  sich  stellenweise,  so  daß  eine  feine  Cuticula  an  der 
Oberfläche  zum  Vorschein  kommt  (Fig.  2). 


Ueber  das  Vorkommen  von  Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes  etc.  713 


Osmiumsäure  erschien  der  Inhalt  des  Kernes  als  eine  mehr  kompakte 
Masse  (Fig.  2);  durch  Zusatz  von  Essigsäure  und  nachträgliche 
Färbung  durch  Methylenblau  wurde  das  Protoplasma  feingranuliert, 
bläulich;  an  einzelnen  Exemplaren  war  eine  feine  Längslinie  zu  er- 
kennen, doch  konnten  die  Einzelheiten  wegen  der  geringen  Zahl  ge- 
eigneter, hinreichend  freiliegender  Exemplare  nur  unvollkommen  fest- 
gestellt werden  (siehe  unten). 

Nach  den  geschilderten  Charakteren  gehören  die  im  Harn  beob- 
achteten Flagellaten  der  Gattung  Trichomonas  (Cimaeno- 
monas  Grass i)  an;  zur  genaueren  Feststellung  war  eine  Ver- 
gleichung mit  Tr.  vaginalis  erforderlich,  welche  zugleich  Veran- 
lassung zu  einer  etwas  genaueren  Untersuchung  dieses  Parasiten  gab. 

Obwohl  Trichomonas  vaginalis  zu  den  häufigsten  para- 
sitischen Protozoen  gehören  dürfte,  ist  doch  seine  Naturgeschichte 
noch  wenig  bekannt.  Selbst  wenn  wir  von  den  älteren  Beschrei- 
bungen absehen,  welche  infolge  der  Mangelhaftigkeit  der  damaligen 
optischen  Hilfsmittel  ungenügend  waren , sind  auch  die  aus  den 
letzten  Jahrzehnten  stammenden  Angaben  von  Blochmann, 
Künstler  und  Bütschli  nicht  übereinstimmend.  Ziemlich  tref- 
fend schildert  Künstler1)  den  Parasiten,  indem  er  zunächst  die 
sehr  wechselnde  Form  desselben  hervorhebt ; die  Formveränderungen 
erfolgen  ziemlich  schnell  unter  den  Augen  des  Beobachters.  Oft 
sieht  man  Pseudopodien  an  der  ganzen  Oberfläche  des  Körpers,  oder 
häufiger  am  hinteren  Körperende.  Das  vordere  Körperende  trägt 
vier  Geißeln,  welche  unter  sich  an  der  Basis  in  wechselnder 
Ausdehnung  verklebt  sind,  wodurch  sie  sehr  schwer  von  einander 
zu  unterscheiden  sind.  Von  der  Insertionsstelle  der  Geißeln  geht 
eine  gezähnelte  Membran  aus,  welche  gegen  das  hintere  Ende  sich 
richtet  und  von  einer  sehr  schnellen  undulierenden  Bewegung  be- 
lebt ist.  Diese  Membran  ist  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  auf  einer 
„Längsrippe“  fixiert,  welche  sich  vom  vorderen  bis  zum  hinteren 
Ende  des  Körpers  erstreckt  und  sich  oft  noch  hinten  in  einen  mehr 
oder  weniger  langen,  zugespitzten  Schwanz  verlängert.  An  der  Basis 
der  Cilien  fiudet  sich  die  Mundöffnung,  welche  in  ein  Schlundrohr 
von  rauhem  Aussehen  und  ziemlicher  Länge  führt.  Neben  diesem 
Gang,  oder  richtiger  neben  seinem  unteren  Ende,  ist  ein  Kern  vor- 
handen, manchmal  rund,  häufiger  abgeplattet  und  verlängert.  Das 
ganze  Protoplasma  der  Trichomonas  zeigt  eine  vakuoläre  Struk- 
tur; die  Vakuolen  enthalten  häufig  sehr  deutliche  Körnchen. 

Blochmann2),  dessen  Untersuchung  noch  vor  dem  Bekannt- 
werden der  vorstehenden  Angaben  stattfand,  nennt  das  Protoplasma 
feingranuliert,  häufig  gröbere,  rundliche  Körperchen  (Mikrokokken  ?) 
einschließend.  Fast  bei  allen  Exemplaren  beobachtete  B.  zwei  nach* 
hinten  konvergierende  Reihen  feiner  Körnchen.  Dem  Vorderende 
näher  liegt  der  Kern.  Am  Vorderende  finden  sich  drei  Geißeln, 
von  deren  Ursprungsstelle  aus  eine  undulierende  Membran  sich  bis 

1)  Recherches  sur  les  infusoires  parasites.  (Comptes  rendus.  Vol.  97.  Oct.  1883. 
p.  755.) 

2)  Bemerkungen  über  einige  Flagellaten.  (Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie. 
Bd.  XL.  1884.  p.  42  ) 


714 


F.  Mtrchand, 


ungefähr  zur  Mitte  des  Körpers  erstreckt.  Eine  kontraktile  Vakuole 
fehlt.  Die  „Längsrippe“  erwähnt  B.  nicht,  bildet  sie  auch  nicht 
ab.  Auch  nach  Bütschli1)  ist  bei  Trichomonas  vaginalis 
hiervon  (im  Gegensatz  zu  Trichomastix  undTrichom.  batra- 
chorum)  nichts  Deutliches  zu  erkennen.  Bütschli2)  schreibt 
der  Gattung  Trichomonas  drei  Geißeln  zu,  während  Leuckart3 4) 
vermutete,  daß  nur  zwei  Geißeln  vorhanden  seien. 

Grassi,  welcher  auffallenderweise  Trichomonas  vagi- 
nalis als  große  Rarität  in  Italien  bezeichnet  und  es  daher  selbst 
nie  zu  sehen  bekommen  hat,  ist  der  Ansicht,  daß  der  sog.  Kiel  am 
Rücken  bei  Trichomonas  thatsächlich  ein  Stäbchen  im  Innern 
sei,  ein  inneres  Skelett,  möglicherweise  ein  Umwandelungsprodukt  aus 
der  Kernmembran,  ähnlich  dem  „Achsenfaden“  vieler  Spermatozoeu. 
Die  Mundöffnung  macht  bei  Tr.  den  Eindruck  einer  Spalte  oder 
Grube  in  der  Nähe  der  Insertion  der  Geißeln.  Die  sie  begrenzenden 
Lippen  können  voneinander  abstehen  oder  zusammenfallen,  und  in 
letzterem  Falle  konnte  der  Mund  Blochmann,  Bütschli  und 
Künstler  (siehe  dagegen  des  letzteren  Angaben)  entgehen.  Gr. 
glaubt,  daß  die  Spalte  durch  Vermittelung  einer  Vakuole  bei  der 
Nahrungsaufnahme  klaffend  wird 5).  Diese  Schilderung  scheint  haupt- 
sächlich von  Trichomonas  hominis  (intestinalis)  (Cimaeno- 
monas  Grassi)  hergenommen  zu  sein,  wo  die  Verhältnisse  indes 
doch  noch  anders  zu  sein  scheinen  als  bei  Tr.  vaginalis. 

Nach  meinen  eigenen  Beobachtungen  an  Trichomonas  vagi- 
nalis, welche  ich  durch  freundliche  Vermittelung  der  Herren  Prof. 
Ahlfeld  und  Dr.  Kühne  machen  konnte,  kann  ich  die  Angaben 
Künstler’s  bezüglich  des  allgemeinen  Habitus  nur  bestätigen.  Die 
normale  Zahl  der  Geißeln  ist  zweifellos  vier,  allerdings  sind  die- 
selben sehr  häufig  auch  in  der  Ruhe  nicht  zu  unterscheiden 6).  Der 
Kern  schimmert  meist  schon  am  lebenden  Tiere  als  hellerer  Fleck 
durch;  er  ist  erheblich  größer  als  auf  der  Abbildung  bei  Bloch- 
mann,  meist  länglich  und  seitlich  abgeplattet.  Das  Protoplasma  ist 
sehr  zart,  durchscheinend  und  mit  sehr  zahlreichen  runden  Körperchen 
(Vakuolen?)  durchsetzt,  welche  häufig  eine  gewisse  Anordnung  er- 
kennen lassen.  Dadurch  kann  ein  Bild  entstehen,  welches  an  die 
beiden  Köruerreihen  von  Bloch  mann  erinnert.  In  manchen  Fällen 
geht  ein  aus  aneinandergereihten  Körnern  gebildeter  Streifen  in  der 
Längsrichtung  durch  die  Mitte  des  Körpers,  in  anderen  nimmt  ein 
Teil  der  verstreuten  Körner  eine  reihenförmige  Anordnung  an,  oder 
es  bilden  sich  zwei  Reihen  zu  beiden  Seiten  des  Kernes. 

Das  Hinterleibsende  ist  nicht  selten  zugespitzt,  häufig  pseudo- 
podienartig verlängert  und  fixiert,  während  der  Körper  hin  und  her 


1)  Bronn ’s  Klassen  und  Ordnungen.  Bd.  I.  Protozoa.  2 Abt.  p.  666. 

2)  1.  c.  p.  842. 

3)  Die  Parasiten  des  Menschen.  Bd.  I.  Abt.  1.  1874 — 1886.  p.  313. 

4)  Significatio  patologica  dei  protozoi  parassiti  dell’  uomo.  (Atti  della  Reale  accad 
dei  Lincei.  Rendiconti.  Vol.  IV.  1.  Roma  1888.  p.  83.) 

5)  Morfologia  sistematica  di  alcuni  protozoi  parassiti.  (Ebenda,  p.  11.) 

6)  Ob  die  Minderzahl  der  Geiseln,  welche  man  oft  zu  sehen  bekommt,  eine  that- 
sächliche  oder  immer  nur  scheinbare  ist,  läßt  sich  nicht  feststellen. 


Ueber  das  Vorkommen  von  Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes  etc.  715 


schwingt  ; je  mehr  die  Tiere  zur  Ruhe  kommen,  desto  mehr  nimmt 
der  Körper  die  Kugelgestalt  an;  meist  ist  am  Hinterende  ein  feiner, 
gerader  Schwanzfaden  von  wechselnder  Länge  sichtbar. 

Bei  Zusatz  von  verdünnter  Essigsäure  wird  das  Protoplasma  sehr 
feinkörnig  und  trübe ; der  Kern  tritt  deutlich  hervor  und  außerdem 
eine  feine  Längslinie,  welche  unmittelbar  an  der  Insertionsstelle 
der  Geißeln  beginnt  und  im  Bogen  nach  hinten  verläuft,  wo  sie  in 
den  Schwanzfaden  übergeht.  Beim  Rollen  des  Körpers  um  die  Längs- 
achse schien  es  mir,  als  ob  die  Linie  besonders  vorn  thatsächlich  an 
der  Oberfläche  verliefe,  andererseits  steht  sie  aber  in  ganz  bestimmter 
Beziehung  zum  Kerne,  welcher  dem  vorderen  Teile  der  gekrümmten 
Linie  eng  anliegt  und  sogar  mit  ihr  verbunden  zu  sein  scheint. 
(Fig.  8,  9).  Dies  würde  für  die  Ansicht  von  Grassi  sprechen. 
Jedenfalls  entspricht  die  Linie  nicht  der  Insertion  der  undulierenden 
Membran,  wohl  aber  scheint  die  Anordnung  der  Körner,  welche 
das  Bild  oberflächlicher  Körnerreihen  Vortäuschen  kann,  mit  der  Längs- 
linie zusammenzuhängen  (Fig.  10 — 15).  Nicht  selten  sieht  man  auch 
zwei  Längslinien,  welche  in  verschiedener  Weise  zu  einander  ange- 
ordnet sind,  zuweilen  eine  langgestreckte,  spindelförmige  Figur  be- 
grenzend, in  deren  vorderem  Teile  der  Kern  eingeschlossen  ist,  zu- 
weilen vorn  weiter  auseinanderweichend  und  nicht  in  derselben 
Ebene  gelegen  (Fig.  9a).  Ich  muß  mich  begnügen,  diese  verschiedene 
Anordnung  hier  zu  erwähnen,  ohne  den  Versuch  einer  Deutung  der- 
selben machen  zu  können.  Ich  möchte  nur  noch  hinzufügen,  daß  ich 
manchmal  Bilder  fand,  welche  darauf  hinwiesen,  daß  vom  Kerne  aus 
verschiedene  Streifen  durch  den  Körper  nach  hinten  ausstrahlen.  In 
der  Regel  findet  sich  nur  ein  centraler  Faden. 

Am  deutlichsten  lassen  sich  diese  Einzelheiten  nach  Färbung  mit 
schwacher  wässeriger  Methylenblaulösung  (nach  vorgängiger  Essig- 
säurebehandlung) erkennen.  Derartige  Präparate  vertragen  auch 
Glycerinzusatz;  die  Färbung  des  Kernes  und  der  erwähnten  Linien 
tritt  darin  nach  einiger  Zeit  deutlicher  hervor,  häufig  erkennt  man 
auch  die  ungefärbten  Vakuolen  in  der  blaßbläulichen  Substanz,  hier 
und  da  auch  eingeschlossene,  dunkelblau  gefärbte  Bakterien.  Auch 
Präparate,  welche  durch  Osmiumdämpfe  fixiert  waren,  nehmen  die 
Färbung  gut  an.  (Zuweilen  fand  ich  in  solchen  auch  die  Geißeln 
blau  gefärbt,  in  der  Regel  aber  farblos.) 

Am  vollkommensten  wird  die  Körperform  fixiert  durch  Zusatz  von 
konzentrierter  Sublimatlösung,  welche  auch  die  Geißeln  und  den 
Schwanzfaden  gut  zur  Anschauung  bringt.  (Zur  Färbung  benutzte  ich 
eine  Mischung  von  Pikrinsäure  und  Säurefuchsin,  doch  werden  sich 
wahrscheinlich  andere  Färbungsmittel  noch  besser  eignen.)  Die  Ein- 
schlüsse des  Protoplasmas  erscheinen  dabei  als  stark  glänzende  runde 
Körner;  besonders  deutlich  tritt  infolgedessen  das  eigentümliche 
centrale  Gebilde  hervor,  welches  sich  vom  Kerne  bis  zum  Schwanz- 
faden erstreckt  und  aus  reihenweise  angeordneten  Körnern  besteht ; 
der  centrale  Faden  wird  dadurch  mehr  verdeckt.  Bei  einigen  Exem- 
plaren fand  ich  den  undulierenden  Saum  in  seiner  ganzen  Ausdehnung 
fixiert  und  flügelförmig  vom  Körper  abstehend  (Fig.  10,  11).  Die 


716 


F.  Marchand, 


Geißeln  sind  gegen  das  Ende  zugespitzt1);  der  Scbwanzfaden  ist  bei 
vielen  Exemplaren  deutlich  konisch  gestaltet  und  gerade,  an  einzelnen 
endete  derselbe  aber  mit  einem  dünnen,  peitschenähnlichen  Anhänge 
(Ende  des  centralen  Fadens?  Fig.  10) 2)  .Es  macht  den  Eindruck,  als 
könne  der  Schwanzfaden  eine  mehr  oder  weniger  reichliche  proto- 
plasmatische Umhüllung  erhalten,  wodurch  die  Uebergänge  zu  den 
Formen  mit  zugespitztem  Hinterleibsende  sich  erklären  würden  (wie 
Fig.  1 a b).  Die  scharfe  Grenzlinie  an  der  Oberfläche  scheint  für 
das  Vorhandensein  einer  Cuticula  zu  sprechen,  welche  an  den  Pseudo- 
podien nicht  sichtbar  ist. 

Der  Kern  ist  von  verschiedener  Form  und  Größe,  länglich-rund, 
plattgedrückt,  mehr  oder  weniger  langgestreckt,  flaschenförmig,  mit 
halsförmiger  Verlängerung,  welche  stets  dem  vorderen)*  Ende  ent- 
spricht und  sich  bis  unmittelbar  an  die  Insertion  der  Geißeln  erstreckt» 
Bei  manchen  Individuen  ragt  diese  Stelle  etwas  schnabelförmig  her- 
vor. Der  Kern  ist  deutlich  bläschenförmig  und  enthält  entweder 
einen  rundlichen  Nucleolus  oder  eine  je  nach  der  Kernform  unregel- 
mäßiger gestaltete,  dunkler  gefärbte,  körnige  Masse,  welche  sich  nicht 
selten  wie  ein  kompakter  Körper  von  der  Wand  retrahiert  (Essig- 
säurewirkung). 

Von  dem  Vorhandensein  einer  Mund  Öffnung  habe  ich  mich 
an  den  lebenden  Tieren  nicht  überzeugen  können.  An  fixierten  und 
gefärbten  Exemplaren  ist  zuweilen  ein  farbloser  Spalt  oder  Hohlraum 
zu  erkennen,  welcher  sich  von  der  Geißelbasis  aus  an  der  Seite  des 
Kernes  hinab  erstreckt.  In  einem  Falle  sah  ich  auch,  daß  die  Basis 
der  Geißeln  in  diesen  Spalt  hinabreichte,  da  aber  die  Form  dieses 
Tieres  durch  Kontraktion  verändert  schien,  so  möchte  ich  das  nicht 
für  beweisend  ansehen.  Einen  Ursprung  der  Geißeln  im  Inneren 
glaube  ich  aber  annehmen  zu  müssen. 

An  einigen  in  Sublimat  fixierten  Exemplaren  glaube  ich  auch 
ein  kurzes,  röhrenartiges  Gebilde  gesehen  zu  haben,  welches  sich 
von  der  Spitze  des  Vorderendes  zum  Kerne  erstreckte  (Fig.  13)  und 
bei  einem  Tiere  etwas  herauszuragen  schien  (Fig.  12). 

Teilungsformen  habe  ich  an  den  fixierten  und  gefärbten  Objekten 
in  ziemlich  großer  Zahl  gefunden,  erstens  Individuen  mit  zwei  Kernen, 
welche  mehr  oder  weniger  einander  genähert  waren,  außerdem  un- 
regelmäßige, zum  Teil  sehr  große  Formen  mit  weiter  auseinander- 
gerückten Kernen,  welche  hier  und  da  deutlich  durch  eine  ebenfalls 
färbbare  Linie  von  der  gleichen  Beschaffenheit  wie  die  Längslinie 
oder  der  centrale  Faden  miteinander  in  Verbindung  standen.  (Die 
Linie  war  stets  in  derselben  Einstellung  sichtbar,  wie  die  Kerne, 
mußte  also  in  derselben  Ebene  liegen.)  Was  das  Verhalten  der 
Geißeln  bei  der  Teilung  anlangt,  so  habe  ich  mich  mehrfach  von  dem 
Vorhandensein  derselben  an  der  jedem  einzelnen  Kerne  entsprechen- 
den Stelle  überzeugen  können,  doch  waren  sie  manchmal  nur  undeut- 
lich erkennbar  und  ihre  Zahl  nicht  bestimmbar  (Fig.  16,  17,  18). 

1)  Vergl.  dagegen  die  Anmerkung  bei  Blochmann  (1.  c.  p.  43)  und  Bütscbli 
(p.  673.) 

2)  Einmal  beobachtete  ich  auch  eine  dichotomische  Teilung  am  Ende  des  Schwanz- 
fadens  (Fig.  2). 


Ueber  das  Vorkommen  von  Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes  etc.  717 


An  den  lebenden  Tieren  sieht  man  nicht  ganz  selten  ein  kleineres 
Individuum  in  Verbindung  mit  einem  größeren,  gewissermaßen  als 
Anhang,  möglicherweise  handelt  es  sich  dabei  um  abgeschnürte,  aus 
der  Teilung  hervorgegangene  Individuen. 

Die  Bewegungsvorgänge  der  Trichomonaden  sind  von  früheren 
Beobachtern  hinreichend  geschildert;  sie  entsprechen  im  ganzen  den 
oben  beschriebenen,  doch  habe  ich  vollständig  amöboid  gewordene 
Exemplare  bei  Tr.  vaginalis  bisher  vermißt.  Kleinere  und  größere 
Pseudopodien  können  an  verschiedenen  Stellen  des  Körpers,  abgesehen 
vom  Hinterleibsende,  zum  Vorscheine  kommen,  dagegen  habe  ich  das 
Auftreten  zahlreicher  Pseudopodien  an  der  ganzen  Körperober- 
fläche, welches  Künstler  erwähnt,  hier  nicht  beobachtet.  Wohl 
aber  findet  man  nicht  selten  Formen,  welche  durch  Kontraktion  an 
der  ganzen  Oberfläche  uneben,  runzelig  und  höckerig  erscheinen  Was 
es  mit  der  von  H e n n i g *)  und  Haussmann 1  2)  beschriebenen  Form, 
welche  an  der  ganzen  Körperoberfläche  mit  starren  Härchen  besetzt 
sein  soll,  für  eine  Bewandtnis  hat,  vermag  ich  nicht  anzugeben. 
Vielleicht  handelt  es  sich  nur  um  anhängende  Fremdkörperchen 
(Bakterien?),  welche  bei  geringerer  Vergrößerung  Härchen  Vor- 
täuschen können. 

Die  Größe  der  Tr.  vaginalis  wechselt  in  ziemlich  weiten 
Grenzen,  die  Länge  beträgt  durchschnittlich  0,02,  die  Breite  0,012 — 
0,018  mm,  erstere  kann  sich  aber  auf  0,03  mm  und  mehr  steigern. 

Ein  Vergleich  der  im  Harn  gefundenen  Flagellaten  mit  der 
Trichom.  vaginalis  ergiebt  mindestens  eine  sehr  große  Aehnlich- 
keit,  wenn  nicht  Uebereinstimmung  beider.  Die  ersteren  zeichnen  sich 
aus  durch  eine  mehr  hyaline,  weniger  deutlich  vakuoläre  Beschaffen- 
heit des  Protoplasmas,  meist  geringere  Größe,  Uebergang  in  voll- 
ständig amöboide  Form;  ich  möchte  aber  bezweifeln,  ob  diese 
Eigentümlichkeiten  ausreichen  als  Artunterschiede,  und  ob  sie  nicht 
vielleicht  nur  von  der  verschiedenen  Beschaffenheit  des  Mediums 
abhängen,  in  welchem  die  Tiere  leben. 

Immerhin  ist  das  Vorkommen  der  Trichomonaden  im  Harn  von 
einigem  Interesse,  auch  wenn  nicht  anzunehmen  ist,  daß  dieselben 
irgend  welche  Bedeutung  als  Krankheitserreger  besitzen.  Sie  finden 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ihre  Existenzbedingungen  lediglich  auf 
einer  bereits  pathologischen  veränderten  Schleimhaut  in  dem  gelocker- 
ten, in  Abstoßung  begriffenen  Epithelüberzug  und  zwischen  Eiterkörper- 
chen, ähnlich  wie  in  der  Vagina.  Aus  welchem  Teil  der  Harnwege 
die  Parasiten  in  unserem  Falle  stammen,  ist  nicht  anzugeben.  Die 
nahe  liegende  Möglichkeit,  daß  dieselben  überhaupt  nicht  aus  den 
Harnwegen  selbst,  sondern  aus  dem  Präputialsack  bei  etwa  vorhan- 
dener Balanitis  herrühren  könnten,  worauf  die  Form  der  Platten- 
epithelien  hinweisen  konnte,  ist  auszuschließen,  da  bei  dem  Patienten 
zwar  eine  geringe  Phimose,  aber  keine  Balanitis  bestand;  es  waren 
nur  einige  feste,  trockene  Smegmakrusten  vorhanden.  Eine  epi- 


1)  Der  Katarrh  der  weiblichen  Geschlechtsorgane.  Leipzig  1870. 

2)  Die  Parasiten  der  weiblichen  Geschlechtsorgane  des  Menschen  und  einiger  Tiere. 
Berlin  1870.  p.  41. 


718 


F.  Marchand, 


dermisähnliche  Umwandlung  des  Epithel  kommt  nun  bekanntlich 
in  verschiedenen  Abschnitten  der  Harnwege,  sowohl  der  Harnröhre 
als  der  Blase,  als  auch  des  Nierenbeckens  vor,  und  zwar  in  letzterem 
besonders  bei  chronisch  entzündlichen,  z.  B.  tuberkulösen  Prozessen. 
Ob  dabei  an  ein  Eindringen  der  Parasiten  von  außen  oder  von 
einer  anderen  Stelle  aus  (bei  etwaiger  Kommunikation  mit  einem 
Absceß  im  Becken)  zu  denken  ist,  ist  nicht  zu  entscheiden. 

Bis  jetzt  sind  die  Angaben  über  das  Vorkommen  von  Protozoen 
im  menschlichen  Harne  sehr  spärlich.  Die  älteste  von  Leuckart  *) 
citierte  Beobachtung  von  Hill  Hassal  lautet  nach  dem  Referat 
in  Schmidt’s  Jahrbüchern*)  folgendermaßen:  „Eine  zweite  Art 
von  im  Harn  vorkommenden  Infusorien  (sc.  außer  Vibrionen)  bildet 
der  Bodo  urinarius.  Die  lebenden,  sich  bewegenden  Individuen 
sind  oval  oder  rund,  1 2/180 0"  lang  und  Vsooo"  breit  (=0,013  und 
0,008  mm),  granuliert  und  den  Schleimzellen  ähnlich.  Manchmal 
sind  sie  an  einem  Ende  breiter  und  an  verschiedenen  Stellen  mit  1, 
gewöhnlich  2,  selbst  3 Fäden  oder  Cilien  versehen,  durch  welche  sie 
sich  mit  größter  Schnelligkeit  bewegen,  und  die  am  besten  bei  toten 
Individuen  zu  sehen  sind.  Sie  vermehren  sich  durch  Teilung  (nach 
der  Abbildung  durch  Längsteilung).  Unter  den  beschriebenen  In- 
fusorien haben  sie  die  größte  Aehnlichkeit  mit  Bodo  intestinalis 
Ehrenberg. 

Sie  entwickeln  sich  mit  den  Vibrionen,  am  besten  in  alka- 
lischen, eiweißhaltigen  und  der  Luft  ausgesetzten  Harnen,  sind 
jedoch  nicht  immer  Begleiter  der  Vibrionen,  kommen  aber  besonders 
häufig  mit  Indigo  vor.  Auch  sie  bilden,  mit  Indigo  vermengt,  eine 
schieferfarbige  oder  bläuliche  Haut. 

In  einzelnen  Harnproben  desselben  Individuums  fehlen  sie  manch- 
mal, während  sie  in  anderen  zugegen  sind,  ebenso  entwickeln  sie 
sich  binnen  3 — 4 Tagen  in  einzelnen  Proben  von  alkalischem  Eiweiß- 
wasser, in  anderen  aber  nicht.“ 

Aus  diesen  Angaben  geht  nicht  hervor,  ob  die  Infusorien  über- 
haupt in  frisch  gelassenem  Harn  gefunden  worden  sind,  oder  — 
wie  es  den  Anschein  hat  — nur  nach  längerem  Stehen. 

Bei  Bütschli3)  findet  sich  eine  hierauf  bezügliche  Stelle: 
„Wie  eine  Cercomonas  erscheint  auch  der  jüngst  von  Künstler 
(Soc.  d’anat.  et  de  physiologie  de  Bordeaux,  27.  Nov.  1883)  wieder 
aufgefundene  sogenannte  Bodo  urinarius  Hassal ’s  aus  dem 
menschlichen  Urin  gewisser  Kranker.  Derselbe  besitzt  jedoch  zwei 
vordere  Geißeln,  und  daher  ist  es  zur  Zeit  fraglich,  ob  er  sich  mehr 
an  Cercomonas  oder  die  Amphimonadinen  anschließt.“ 

Leider  ist  mir  die  Mitteilung  Künstle r’s  nicht  zugängig  ge- 
wesen, so  daß  ich  über  das  Verhältnis  der  von  ihm  beobachteten 
Form  zu  der  oben  beschriebenen  nicht  urteilen  kann. 

Nach  Leuckart4)  sind  Monaden  bei  Tieren,  deren  Harn  orga- 
nische Beimischungen  häufiger  enthält,  als  der  des  Menschen  im 

1)  1.  c.  p.  305. 

2)  Bd.  CIX.  p.  157.  1861.  (Das  Original  war  mir  leider  nicht  zugänglich.) 

3)  1.  c.  p.  813 

4)  1.  c.  I.  p.  305. 


Ueber  das  Vorkommen  von  Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes  etc.  719 


Normalzustände,  im  frisch  gelassenen  Urine  nichts  weniger  als  selten 
(nach  Leeuwenhoek  z.  ß.  beim  Pferde). 

Ich  erwähne  hier  noch  die  Beobachtungen  über  das  Vorkommen 
von  Amöben  im  Harn  resp.  in  der  Blase  von  Baelz1)  (Tokio), 
Jürgens2),  Kartulis3)  undPosner4).  Während  es  sich  in 
den  Fällen  von  Baelz  und  von  Pos n er  um  relativ  große  Formen 
und  zweifellose  Amöben  handelt,  waren  die  von  Kartulis  gefundenen 
Parasiten  nur  12 — 20  /.i  groß;  sie  bewegten  sich  etwas  träge  und 
stießen  kurze  Pseudopodien  aus.  Vakuolen  und  Kern  wurden  bei 
der  Färbung  mit  Methylenblau  sichtbar. 

Nach  dem  oben  Mitgeteilten  sind  Verwechselungen  zwischen 
kleinen  Amöben  und  amöboiden  Flagellaten  nicht  ganz  ausge- 
schlossen. 

Endlich  sei  noch  auf  die  große  Aehnlichkeit  der  im  Harn  be- 
obachteten Trichomonaden  mit  der  von  R.  May5)  beschriebenen  und 
neuerdings  auch  von  Roos6)  aufgefundenen  Form  hingewiesen, 
welche  sich  nur  durch  ihre  sehr  viel  geringere  Größe  auszeichnet 
(7—9  jU  lang,  3 — 6 breit).  Auch  diese  ist  jedenfalls  eine  Tricho- 
monas. 

Marburg,  9.  April  1894. 

Erklärung  der  Abbildungen  auf  Taf.  III. 

Fig,  1.  a — e Verschiedene  Formen  der  Trichomonas  aus  dem  Harne,  nach  dem 
Leben  gezeichnet  (teils  mit  Zeiß  1/1J,  Ok.  2,  teils  mit  Apochr.  2 mm,  Ok.  4;  Vergr. 
ca.  600. 

a,  b Ziemlich  große  Formen  mit  zugespitztem  Hinterende,  deutlichem  undulierenden 
Saume,  0,03  mm  lang,  0,01  mm  breit. 

c,  d Zwei  Individuen  mit  kolbig  angeschwollenem  Hinterleibsende,  ohne  erkenn- 
baren Schwanzfaden. 

e,  f Zwei  kurz-eiförmige  Individuen  mit  feinem  Schwanzfaden,  Ansicht  von  der 
Seite  und  von  der  ventralen  Fläche;  Länge  0,02  mm,  Breite  0,012  mm;  Länge  des 
Schwanzfadens  0,004  mm. 

g Ein  Individuum  mit  zugespitztem  Hinterleibsende  und  Bildung  eines  feinen 
Pseudopodiums,  welches  am  Deckglase  fixiert  war  ( p ).  Deutlicher  Flimmersaum. 

h Dasselbe  Tier,  einige  Zeit  später;  in  der  Gegend  des  undulierenden  Saumes  hat 
sich  eine  Einbuchtung  gebildet. 

i Dasselbe,  eine  Stunde  später. 

k Ein  ziemlich  großes,  breites  Exemplar  mit  dünnem  Pseudopodium  am  Hinterende ; 
die  Cilien  scheinen  zu  einem  einfachen  Faden  vereinigt,  welcher  am  Ende  fixiert  zu 
sein  schien. 

1 Kugelige,  augenscheinlich  in  Degeneration  begriffene  Form  mit  zahlreichen  deut- 
lichen Vakuolen,  von  denen  einige  glänzende  Körperchen  einschließen;  Cilien  in  Be- 
wegung; Saum  nicht  sichtbar.  Durchm.  0,018  mm. 

Fig.  2.  Zwei  Individuen  nach  Abtötung  durch  Osmiumsäure  und  Färbung  mit 
wässeriger  Methylenblaulösung,  a Der  Kern  (n)  hat  sich  ziemlich  intensiv  und  homogen 
gefärbt;  die  Wurzel  der  Geißeln  scheint  sich  ins  Innere  fortzusetzen.  Das  gefärbte 
körnige  Protoplasma  hat  sich  etwas  retrahiert,  so  daß  eine  Art  Membran  zum  Vor- 
schein kommt,  b Der  Inhalt  des  Kernes  hat  sich  von  der  Wand  retrahiert. 


1)  Berliner  klin.  Wochenschr.  1883.  No.  16. 

2)  Verhandlungen  des  Vereins  f.  innere  Medizin.  (Dtsche  med.  Wochenschr.  1892. 
p.  454.) 

3)  Zeitschrift  für  Hygiene.  Bd.  XIII.  1893.  p.  1. 

4)  Berliner  klin.  Wochenschr.  1893.  No.  28. 

5)  Ueber  Cercomonas  coli  hominis.  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  XLIX.  1892 
p.  51.) 

6)  Ueber  Infusoriendiarrhöe.  (Daselbst.  Bd.  L.  1893.  p.  505.) 


720 


F.  Marchand,  Ueber  das  Vorkommen  von  Trichomonas  etc. 


Fig.  3.  Zwei  Individuen  durch  wässerige  Methylenblaulösung  gefärbt,  ohne  vor- 
herige Abtötung.  Im  Kerne  kommen  mehrere  gefärbte  Körner  zum  Vorschein. 

Fig.  4.  Drei  Stadien  aus  einer  längeren  Beobachtungsreihe  eines  Tieres,  welches 
sehr  lebhafte  amöboide  Bewegungen  zeigte  und  zuletzt  wieder  ovoide  Form  annahm, 
wobei  wieder  Bewegung  (Cilien  oder  undulierender  Saum?)  auftrat.  Ein  Leukocytenkern 
wird  umschlossen. 

Fig.  5.  Ein  Tier  aus  demselben  Harne  von  kugeliger  Form,  mit  Geißeln  in  Be- 
wegung und  drei  feinen  Pseudopodien , welche  an  benachbarten  Leukocyten  fixiert 
waren  (p). 

Fig.  6.  Plötzliche  Kontraktion  bei  Zusatz  von  frischem  Harne  zu  dem  erwärmten 
Objekt ; a)  vor,  b)  nach  der  Kontraktion ; Geißeln  an  letzteren  nicht  erkennbar ; nach 
einiger  Zeit  stellte  sich  das  ursprüngliche  Aussehen  wieder  her. 

Fig.  7.  a — d Trichomonas  vaginalis  aus  der  Scheide  bei  Blennorrhoe,  nach  dem 
Leben;  der  Kern  schimmert  als  heller  Fleck  durch;  das  Protoplasma  ist  mit  kleinen 
Vakuolen  und  Körnchen  durchsetzt.  Bei  a und  b ist  der  undulierende  Saum  am  Rande 
deutlich,  bei  b die  reihenförmige  Anordnung  der  Körner  (Vakuolen);  bei  c Andeutung 
einer  Doppelreihe;  bei  d ist  das  Hinterende  in  ein  unregelmäßig  gestaltetes,  sehr  zartes 
Pseudopodium  ausgezogen  und  dadurch  fixiert  (Vorderende  hin  und  her  schwingend). 
Größe  von  a:  0,02  mm,  Breite  0,012  mm. 

Fig.  8.  a — c Mehrere  Exemplare  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  und  Färbung 
mit  Methylenblau.  Protoplasma  fein  granuliert  Bei  a ist  neben  der  gebogenen  Längs- 
leiste noch  eine  zweite  feine  Linie  sichtbar ; Kern  seitlich  und  etwas  unregelmäßig. 

Fig.  9.  a — c Drei  ähnliche  Formen  mit  verschiedener  Lage  der  beiden  Linien, 
welche  den  Kern  im  vorderen  Teile  zu  umfassen  scheinen.  Bei  a ist  der  undulierende 
Saum  angedeutet. 

Fig.  10.  Ein  Exemplar  nach  der  Behandlung  mit  Sublimat;  der  undulierende 
Saum  sehr  deutlich  sichtbar,  ebenso  die  Körnerreihen  im  hinteren  Körperabschnitt; 
gerade  gerichteter  Schwanzfaden,  welcher  einen  kleinen  peitschenförmigen  Anhang  besitzt. 
(Fig  10 — 18  bei  Zeiß  Apochr.  2 mm,  Ok.  8.  Vergr.  ca.  900.) 

Fig.  11.  Ein  großes  Exemplar  nach  Behandlung  mit  Sublimat;  der  undulierende 
Saum  in  ausgebreitetem  Zustande  sichtbar.  Geißeln  nach  abwärts  umgeschlagen,  nur 
zwei  sichtbar. 

Fig.  12.  Ein  ebenso  behandeltes  Exemplar,  an  dessen  Vorderende  ein  kleiner 
cylindrischer  Fortsatz  hervorragt,  aus  welchem  die  Cilien  entspringen,  und  der  sich  ins 
Innere  verfolgen  läßt. 

Fig.  13.  Ebenso  behandelt;  die  Basis  der  Cilien  läßt  sich  bis  zum  Kerne  ver- 
folgen. 

Fig.  14.  Ebenso  behandelt;  um  den  Kern  ist  ein  spaltförmiger  Hohlraum  sichtbar. 

Fig.  15.  Ein  Exemplar  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  und  Methylenblau;  der 
Kern  sehr  groß,  flaschenförmig,  mit  körnigem,  kontrahiertem  Inhalte;  stark  ausgeprägte 
Längslinie;  die  Vakuolen  als  helle  Flecken  sichtbar;  in  zwei  größeren  Vakuolen 
glänzende  Einschlüsse. 

Fig.  16.  Ein  kugeliges  Individuum  mit  zwei  Kernen,  welche  durch  einen  Faden 
vereinigt  sind  ; an  jeder  Kernstelle  einige  lange  Geißeln.  (Essigs.  Methylenblau.) 

Fig.  17.  Ein  ungewöhnlich  großes,  in  Teilung  begriffenes  Exemplar  mit  zwei 
Kernen,  welche  durch  einen  längeren  Faden  verbunden  sind.  An  der  gegenüberliegenden 
Seite  ein  dunkel  gefärbter  Körper  (Kern?),  welcher  ebenfalls  durch  einen  Faden  mit 
ersterem  zusammenhängt. 

Fig.  18.  Ein  sehr  großes,  in  Teilung  begriffenes  Exemplar  mit  4 Kernen,  von 
denen  zwei  durch  einen  Faden  Zusammenhängen.  Cilien  an  drei  Stellen,  z.  T.  undeut- 
lich. Länge  0,03  mm,  Breite  0,016  mm. 


fiirßiiktaioftM/trüif.  XL 


Tuf.m. 


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Jüriur.l  del 


GustavFjsdter 


Lustig  und  De  Giaxa,  Ueber  das  Vorkommen  von  feinen  Spirillen  etc.  721 


lieber  das  Vorkommen  von  feinen  Spirillen  in  den 
Ausleerungen  von  Cholerakranken. 

Note 

von 

A.  Lustig  (Florenz)  und  Y.  De  Giaxa  (Neapel). 

Aus  einer  Mitteilung  des  Dr.  Kowalski  in  der  Gesellschaft  der 
Aerzte  in  Wien,  über  welche  in  No.  49  der  Wiener  mediz.  Wochen- 
schrift vom  7.  Dez.  1893  berichtet  wird,  sehen  wir,  daß  er  in  11  Fällen 
in  den  Ausleerungen  von  Cholerakranken  eine  Art  feiner  Spirillen 
angetroffen  hat,  welche  den  Spirochäten  der  Zähne  oder  den  Spirillen 
der  Febris  recurrens  ähnlich  sind,  eine,  zwei  oder  mehr  Windungen 
besitzen,  sich  lebhaft  bewegen  und  nicht  auf  den  gewöhnlichen  Nähr- 
böden wachsen.  Mit  Anilinfarben  färben  sie  sich  schwach;  in  wenig 
Tagen  verschwinden  sie  aus  dem  Darminhalte.  Kowalski  bemerkt, 
er  habe  in  der  neueren  Litteratur  über  die  Cholera  keine  Beschrei- 
bung ähnlicher  Formen  gefunden  und  legt  diesen  Spirillen  eine 
gewisse  Wichtigkeit  bei,  welche  bei  der  Diskussion  von  Pal  tauf 
bestritten  wird. 

R.  Abel  nimmt  in  No.  7 des  Centralbl.  f.  Bakt.  u.  Parasitenk. 
Bd.  XV.  1894  den  Gegenstand  wieder  auf  und  beschreibt  aus  den 
Darmentleerungen  der  von  ihm  zwischen  dem  27.  Okt.  und  6.  Nov. 
1893  untersuchten  Cholerakranken  außer  dem  Kommabacillus 
auch  Spirillen,  welche  ihren  Charakteren  nach  den  von  Kowalski 
gesehenen  ähnlich  sind.  Er  beweist  mit  kräftigen  Gründen,  daß  diese 
Spirillen  nicht  als  Cilien  des  Cholerabacillus  betrachtet  werden 
können,  sondern  eine  eigene  Bakterienart  für  sich  bilden. 

Endlich  teilt  Dr.  Aufrecht  (Centralbl.  f.  Bakt.  u.  Parasitenk. 
Bd.  XV.  1894.  No.  12)  uns  mit,  daß  er  im  August  1893  in  den  Ent- 
leerungen einer  unter  Cholerasymptomen  gestorbenen  Frau,  bei  welcher 
alle  anatomischen  Kennzeichen  der  asiatischen  Cholera  gefunden 
wurden,  Spirillen  in  außerordentlich  großer  Zahl  gefunden  habe, 
während  in  diesem  Falle  die  Kommabacillen  fehlten.  Er  legt  diesen 
Spirillen  Wichtigkeit  bei  und  erklärt  es  für  nötig,  künftig  auf  deren 
Gegenwart  bei  Cholerakranken  und  in  verdächtigen  Fällen  zu  achten. 

Dies  vorausgeschickt,  scheint  es  uns  zweckmäßig,  daran  zu  erinnern, 
daß  wir  schon  im  Jahre  1886  in  der  Wiener  mediz.  Wochenschr. 
No.  10,  11  u.  12  eine  Mitteilung  „über  die  vier  Cholerafälle  in  Triest“ 
publiziert  haben,  in  welcher  wir  u.  a.  die  Zeichnung  eines  makro- 
skopischen Präparates  von  mit  Fuchsin  gefärbten  Mikroorganismen, 
von  uns  in  den  Entleerungen  eines  an  Cholera  gestorbenen  Indivi- 
duums gefunden,  gebracht  haben.  Diese  Mikroorganismen  wurden 
von  uns  als  Kommabacillen,  Vibrionen  und  Spirillen  beschrieben. 
Die  Spirillen,  wie  man  aus  der  damals  veröffentlichten  Figur  sieht, 
sind  dünner  und  erscheinen  darum  blasser  als  die  anderen  Mikro- 
organismen ; sie  bestehen  aus  einer  wechselnden  Zahl  von  Windungen, 
sind  ganz  isoliert  und  ihre  Enden  spitzen  sich  zu.  Es  scheint  uns, 


722 


Claudio  Fermi  und  Giuseppe  Montesano, 


daß  diese  Spirillen  sich  von  den  von  den  genannten  Autoren  be- 
schriebenen in  nichts  unterscheiden. 

Später  hatte  der  Eine  von  uns x)  Gelegenheit,  die  mikrosko- 
pischen Präparate  und  die  Kulturen  aus  den  Darmentleerungen  von 
mehr  als  100  Cholerakranken  zu  untersuchen,  und  obgleich  ihm  die 
Existenz  dieser  Spirillen  nicht  unbekannt  war,  so  fand  er  doch  keine 
Gelegenheit,  sie  wiederzufinden.  Es  scheint  uns  daher,  daß  unsere 
Untersuchungen  die  Hypothese  nicht  bestätigen,  daß  diese  Spirillen, 
welche  von  uns  in  den  Choleraentleerungen  früher  als  von  anderen 
gesehen  worden  sind,  in  Beziehung  zu  der  asiatischen  Cholera  stehen. 

Florenz,  10.  April  1994. 


Ueber  die  Dekomposition  des  Amygdalins  durch  Mikro- 
organismen, 

[Aus  dem  Hygienischen  Institute  der  kgl.  Universität  zu  Rom.] 
Untersuchungen  von 

Dr.  Claudio  Fermi,  Assistenten,  und  Dr.  Giuseppe  Montesano. 

Durch  die  Untersuchungen  eines  von  uns  (Fermi)  war  bei 
vielen  Mikroorganismen  die  Eigentümlichkeit  nachgewiesen  worden, 
Wirkungen  hervorzubriugen,  welche  jenen  einiger  Fermente,  die  sich 
im  tierischen  Organismus  und  in  den  Pflanzen  finden,  analog  sind, 
wie  z.  B.  den  Wirkungen  des  proteolytischen,  des  diastatischen,  des 
inversiven , des  milchgerinnenden  Ferments  u.  s.  w.  Deshalb  war 
es  von  Interesse,  zu  wissen,  ob  es  irgend  einen  Mikroben  gäbe,  der 
eine  Wirkung  hätte,  die  jener  des  Emulsins  analog  wäre  und  also 
das  Amygdalin  zerlegte  in  Blausäure,  Benzaldehyd  und  Zucker. 

Wir  führten  die  betr.  Untersuchung  aus,  indem  wir  eine  Amyg- 
dalinlösung zu  3 Proz.  in  gewöhnlicher  Bouillon  präparierten.  Nach- 
dem die  Mischung  in  Proben  (10  cmm  für  jede)  verteilt  und  steri- 
lisiert worden,  vereinigten  wir  mit  jeder  der  Proben  einen  anderen 
Mikroben,  siebzig  im  ganzen,  unter  welchen  auch  noch  einige 
Schimmelpilze  waren.  Nach  15  Tagen  und  auch  früher  prüften  wir 
nacheinander  die  verschiedenen  Kulturen,  um  zu  wissen,  ob  man  in 
irgend  einer  von  ihnen  den  charakteristischen  Geruch  des  Benzaldehyd 
konstatieren  könne. 

Die  Prüfung  wurde  5 mal  wiederholt  und  ergab  die  folgenden 
Resultate : 

a)  Mikroorganismen,  welche  konstant  Benzaldehyd 
erzeugen  in  Bouillon  mit  Amygdalin  zu  3 Proz.  Von 
diesen  ist  nur  Micrococcus  pyogenes  tenuis  zu  nennen, 
dessen  Wirkung  eine  rapide  ist  und  der  schon  am  zweiten  Tage  der 
Impfung  wirkt,  wenn  man  die  Proben  bei  einer  Temperatur  von 
ca.  30°  hält. 


1)  A.  Lustig,  Untersuchungen  über  Cholera.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  Bd.  III.  1887.) 


üeber  die  Dekomposition  des  Amygdalins  durch  Mikroorganismen.  723 


b)  Mikroorganismen  von  inkonstanter  Wirkung. 
Unter  diesen  haben  wir  zwei,  und  zwar  Vibrio  Metschnikoff 
und  das  Bacterium  coli.  Die  Wirkung  dieser  Mikroben  erlangt 
man  insonderheit,  wenn  man  die  Impfung  mit  frischen  Kulturen 
anstellt.  Dies  gilt  mehr  für  den  V.  Metschnikoff  als  für  das 
Bacterium  coli,  denn  wir  haben  Veranlassung  gehabt,  zu  be- 
merken, daß  von  mehreren  Varietäten  dieses  letzteren  Mikroben, 
wenn  sie  direkt  um  den  Darm  der  verschiedenen  Tiere  und  des 
Menschen  isoliert  worden  waren,  nur  einige  den  charakteristischen 
Geruch  gaben,  andere  hingegen  niemals. 

c)  Mikroorganismen  von  unsicherer  Wirkung.  Von 
diesen  müssen  wir  notieren  den  Diphtheritisbacillus,  den 
Bac.  Megaterium,  Sarcina  aurantiaca.  Bei  ihnen  konnte 
man  nur  einigemal  die  Wirkung  von  Benzaldehyd  konstatieren, 
ohne  daß  man  je  die  Inkonstanz  des  Phänomens  mit  dem  Zu- 
stand der  Mutterkulturen  oder  mit  anderem  in  Verbindung  bringen 
konnte. 

d)  Mikroorganismen  ohne  irgend  eine  Wirkung: 
Bac.  pyocyaneus,  Bac.  neapolitanus  (Emmerich),  Bac. 
rhinoscleromatis, Bac.  Friedlaenderi,Bac.  murisepticus, 
Bac.  cuniculicida,Bac.  cavicida(Brieger),  Bac.  cholerae 
gallinarum,  Schweinerotlaufbacillus,  Bac.  Diph- 
theriae  columbarum,  Bac.  anthracis,  Bac.  aliaceus 
(Vincenzi),  Bac.  Fitzii,  Bac.  luteus,  Bac.  indicus,  Bac. 
Megaterium,  Bac.  radiciformis,  Bac.  subtilis,  Bac. 
Odessae,  Bac.  acidi  lactici,  Bac.  cyanogenus,  Bac. 
ruber,  Bac.  fluorescens,Bac.  fluorescens  liquefaciens, 
Bac.  prodigiosus,  Proteusvulgaris,  Proteus  mirabilis, 
Proteus  Zenkeri,  Spirillum  cholera  asiaticae,  Spiril- 
lum  Finkler  et  Prior,  Spirillum  Deneke,  Spirillum  M i 1 - 
leri,  Staphylococcus  pyogenes  aureus,  Staphylococcus 
pyogenes  albus,  Staphylococcus  pyogenes  citreus, 
Staphylococcus  pyogenes cereus  flavus, Streptococcus 
erysipelatis,  Streptococcus  pyogenes,  Micrococcus 
tetragenus,  Micrococcus  viscosus,  Sarcina  alba,  Sar- 
cina rubra,  Sarcina  lutea,  Micrococcus  cinn  abarius, 
Micrococcusmastitis(Kitt),  Ferrnento  roseo,  Fermento 
bianco,  Fermento  nero,  Streptothrix  actinomyces, 
Streptothrix  violacea, Streptothrix  cornea, Strepto- 
thrix alba,  Streptothrix  albi  d o-flava,  Streptothrix 
Eppingeri  (Cladothrix  asteroides),  Streptothrix  nigra, 
Oidium  albicans,  Aspergillus  niger,  Aspergillus 
flavescens,  Penicillium  glaucum,  Mucor  rhizopodi- 
formis,  Trichothecium  roseum. 

Aus  dieser  Tabelle  resultiert,  daß  recht  wenige  unter  den  be- 
kannten Mikroben  das  Amygdalin  dekomponieren  mit  Erzeugung  von 
Benzaldehyd , daß  sogar  von  den  konstanten  dies  nur  ein  einziger 
thut,  der  Micrococcus  pyogenes  tenuis.  Wichtig  auf  jede 
Weise  ist  die,  obwohl  nicht  konstante  Erzeugung  desselben  Phäno- 
mens von  seiten  des  Spirillum  Metschnikoff  und  des  Bac- 


724 


Claudio  Fermi  und  Giuseppe  Montesano, 


terium  coli,  welche  mit  anderen  ähnlichen  Mikroben  als  Krite- 
rium der  Unterscheidung  dienen  kann.  Wir  haben  über  diesen 
Gegenstand  zahlreiche  Experimente  gemacht,  und  konnten  konstatieren, 
daß  besonders  für  den  V.  Metschnikoff  das  genannte  Kriterium 
großen  Wert  hat;  denn  man  erhielt  niemals  die  Erzeugung  von  Benz- 
aldehyd von  seiten  anderer  Spirillen,  wie  von  dem  Cholera- 
spirillum,  von  welchem  wir  mehrere  Varietäten  (Massaua,  Ham- 
burg, Rom  u.  a.)  verwandten,  oder  von  dem  Spirillum  Deneke 
oder  Finkler.  Weniger  gut  dient  die  genannte  Methode  für  eine 
Differentialdiagnose  zwischen  dem  Bacterium  coli  und  dem 
Typhusbacillus  und  allen  ihm  ähnlichen.  Von  fünf  Varietäten 
des  Bacterium  coli,  die  aus  den  Faeces  verschiedener  Tiere 
und  des  Menschen  isoliert  worden,  gaben  nur  zwei  allein  konstant 
das  Phänomen ; die  übrigen  drei  keineswegs , und  andererseits  er- 
langten wir  das  Phänomen  in  einem  Falle  bei  dem  Typhusba- 
cillus. Bei  den  anderen,  dem  Typhusbacillus  ähnlichen,  je- 
doch — wir  experimentierten  mit  fünf  Varietäten  — , erlangten  wir 
nie  das  Phänomen,  so  daß  dieses  immer  ein  in  gewisser  Weise  an- 
nehmbares Kriterium  ist  für  die  Differentialdiagnose  zwischen  dem 
Bacterium  coli  und  dem  Typhusbacillus  und  den  ihm  ähn- 
lichen Bacillen. 

Abgesehen  von  all  diesen  bekannten  Mikroben,  deren  Kollek- 
tion wir  im  Laboratorium  besaßen,  suchten  wir  zu  erfahren,  ob  sich 
in  der  Luft  oder  in  der  Erde  andere  befänden,  welche  dieselbe  Eigen- 
tümlichkeit besäßen.  Man  wußte  thatsächlich  aus  den  Untersuchungen 
von  H.  Grisson  (Jahresber.  der  Tierch.  1883),  daß  im  Fäulnis- 
prozeß das  Amygdalin  zersetzt  wird  mit  Erzeugung  von  Benzaldehyd. 
Wir  setzten  daher  eine  Mischung  von  Bouillon  und  Amygdalin  der 
Luft  aus,  und  nach  einigen  Tagen  hatten  auch  wir  Gelegenheit,  die 
Erzeugung  von  Benzaldehyd  zu  konstatieren. 

Nachdem  wir  von  der  genannten  Mischung  Plattenkulturen  ge- 
macht hatten,  konnten  wir  einen  Mikroorganismus  isolieren,  welcher 
bei  wiederholten  Impfungen  auf  sterilen,  Amygdalin  enthaltenden 
Bouillonbrühen  konstant  die  Erzeugung  des  Benzaldehyd  zwischen 
dem  3.  und  4.  Tage  der  Entwickelung  ergab.  Die  Charakteristika 
dieser  Mikroben  sind  die  folgenden : Lange  und  subtile  Bacillen,  welche 
im  hängenden  Tropfen  sehr  beweglich  sind  und  die  Gelatine  nicht 
flüssig  machen.  Auf  den  Platten  bilden  sie  granulöse,  blasse  Kolonieen, 
die  tief  liegenden  mit  runden,  glatten  Rändern,  die  an  der  Oberfläche 
mit  ausgezackten  Rändern.  In  Röhrchen  mit  Gelatine  erlangt  man 
ein  Wachstum  längs  der  Impfung  und  viel  mehr  an  der  Oberfläche, 
wo  sich  ein  schmutziggrauer  Belag  bildet.  Auf  Agar  bildet  sich  ein 
ziemlich  blasser  Belag,  der  wenig  sichtbar,  gleichförmig  ist  und  leicht 
fluoresziert.  In  Bouillon  ist  die  Entwickelung  spärlich,  aber  von  gleich- 
mäßiger Trübung. 

Außer  diesem  Mikroben,  den  wir  der  Kürze  halber  Bac.  emul  si- 
nus  nennen  werden,  hatten  wir  Gelegenheit,  einen  anderen  von  ana- 
loger Wirkung  aus  Erde  zu  isolieren,  einen  Mikroben,  der  sich  ent- 
wickelt bei  der  Temperatur  von  circa  60°;  er  ist  ein  subtiler,  langer, 
unbeweglicher  Bacillus  (wenigstens  bei  gewöhnlicher  Temperatur), 


Ueber  die  Dekomposition  des  Amygdalins  durch  Mikroorganismen. 


725 


der  die  Gelatine  nicht  flüssig  macht.  Genauere  Einzelheiten  über 
diesen  Mikroben  werden  in  einer  anderen  Arbeit  gegeben  werden. 
Auch  bei  ihm  ist  die  Wirkung  auf  das  Amygdalin  konstant  in 
Bouillonkulturen,  die  bei  einer  Temperatur  von  60°  gehalten  werden, 
bei  welcher  übrigens  auch  das  gewöhnliche  Emulsin  ausgezeichnet 
seine  Wirksamkeit  manifestiert. 

Nachdem  nun  also  konstatiert  worden  war,  welche  Mikroben  eine 
sichere  Wirkung  auf  die  Dekomposition  des  Amygdalins  ausüben, 
schien  es  uns  interessant,  zu  studieren,  ob  diese  Dekomposition  in 
der  That  jener  von  dem  Emulsin  herrührenden  ähnlich  wäre  und  ob 
also  bei  ihr  außer  Benzaldehyd  auch  Zucker  und  Cyansäure  erzeugt 
werde.  Wir  wiederholten  zu  diesem  Zwecke  die  Kulturen  von 
Mikroben  konstanter  Wirkung,  wie  von  Micrococcus  pyogenes 
tenuis,  Bacterium  coli  (die  Varietät  von  sicherer  Wirkung), 
von  Bacillus  emulsinus,  thermophilus  und  auch  von  dem 
Vibrio  Metschnikoff,  jedoch  nicht  mehr  in  Proben,  sondern  in 
Erl  en  m ey er’schen  Kolben,  welche  wenigstens  300  ccm  der  ge- 
wöhnlichen Mischung  enthielten.  Wir  machten  ferner  chemische 
Proben  15  Tage  nach  der  Impfung,  nachdem  wir  die  völlige  Ent- 
wickelung und  die  Erzeugung  von  Benzaldehyd  konstatiert  hatten. 

Die  Untersuchung  auf  Zucker  wurde  mit  den  Ny  1 an  de  r ’schen 
Reaktionen  gemacht,  aber  die  Resultate  waren  beständig  negativ 
in  all  den  zahlreichen  Proben,  die  wir  anstellten.  Für  die  Cyansäure 
wurde  die  qualitative  Analyse  mit  Berlinerblau-Reaktion  gemacht. 
Die  Resultate  waren  hier  jedoch  kontradiktorisch,  so  sehr,  daß  wir 
uns  Vorbehalten,  noch  andere  Untersuchungen  anzustellen,  über  welche 
wir  in  der  Folge  berichten  werden. 

Auf  jeden  Fall  interessant  ist  die  Thatsache,  daß  wir  niemals 
Zucker  konstatieren  konnten;  wir  werden  Gelegenheit  haben,  hierauf 
in  Bälde  zurückzukommen. 

Eine  andere  Frage  entstand  für  uns,  nachdem  wir  die  dekompo- 
nierende  Wirkung  der  Mikroben  auf  Amygdalin  festgestellt  hatten, 
nämlich  die  Frage,  ob  diese  Wirkung  einem  wirklichen  Fermente,  das 
von  den  Mikroben  ausgeschieden  wird,  zu  verdanken  sei  oder  viel- 
mehr der  Wirksamkeit  des  lebenden  Protoplasmas. 

Es  ist  aus  den  Untersuchungen  eines  von  uns  (Fermi)  ersicht- 
lich geworden,  daß  das  proteolytische  und  das  diastatische  Ferment 
der  Mikroben  wirkliche  Enzyme  sind ; in  einer  anderen  Arbeit  werden 
wir  Gelegenheit  haben,  dasselbe  zu  beweisen  für  das  inversive  Fer- 
ment. 

Um  nun  auf  unsere  eben  gestellte  Frage  zu  antworten,  kulti- 
vierten wir  dieselben  Mikroben  von  konstanter  oder  fast  konstanter 
Wirkung  in  Flaschen,  deren  jede  ein  Liter  Bouillon  enthielt,  aber 
ohne  Amygdalin.  Wir  verwandten  jedoch  nicht  nur  die  einfache 

Bouillon,  sondern  auch  jene  mit  Glycerin.  Nach  15  und  nach  30 
Tagen  filtrierten  wir  die  Kulturen  im  Porzellanfilter  und  mischten  die 
Filtrate  mit  Amygdalinlösungen,  die  auch  Antiseptika  enthielten, 
wie  Karbolsäure  zu  2 Proz.  und  Sublimat  1 : 2500.  Die  Mischung 
wurde  zu  gleichen  Teilen  gemacht  derart,  daß  die  Verdünnung  der 
Karbolsäure  auf  1 Proz.  und  die  des  Sublimats  auf  1 : 5000  gebracht 

46 


XV.  Bd. 


726 


Clandio  Fermi  und  Giuseppe  Montesano, 


wurde.  Kontrollexperimente  mit  reinem  Emulsin  hatten  uns  be- 
wiesen, daß  diese  Antiseptika  in  der  vorgenannten  Verdünnung  die 
Wirkung  des  Ferments  nicht  behindern,  zum  Unterschied  von  der 
Salicylsäure,  welche  schon  in  der  Verdünnung  von  1 : 500  die  De- 
komposition des  Amygdalins  von  seiten  des  Emulsins  erschwert. 

Wir  mischten  also  die  Filtrate  mit  den  genannten  Lösungen  von 
Antisepticis  mit  Amygdalin  und  hielten  die  Mischung  im  Brütofen 
bei  der  Temperatur  von  ca.  30°  länger  als  einen  Monat  hindurch. 
In  keinem  Falle  jedoch,  und  zwar  auch  nach  längerer  Zeit,  konnten 
wir  die  geringste  Spur  von  Erzeugung  von  Benzaldehyd  konstatieren. 

Wir  wiederholten  dieselben  Proben  nicht  mehr  mit  Filtraten, 
sondern  geradezu  an  nicht  filtrierten  Kulturen.  In  der  That  konnte 
man  denken,  daß,  auch  wenn  von  den  Mikroben  ein  Ferment  aus- 
geschieden würde,  dieses  entweder  von  den  Poren  des  Filters  auf- 
gehalten werde,  wie  dies  von  einem  von  uns  (Fermi)  für  die  anderen 
Fermente,  wenigstens  zum  größeren  Teil,  beobachtet  worden  war,  oder 
daß  das  Ferment,  ohne  in  die  Kulturflüssigkeit  überzugehen,  geradezu 
von  dem  Protoplasma  aufgehalten  würde.  In  beiden  Fällen  hätte  die 
Mischung  der  Kulturen  mit  den  Lösungen  von  Amygdalin  und  den 
Antisepticis  positive  Resultate  geben  müssen,  weil  man  die  Wirkung 
des  Filters  ausschloß  und  das  Ferment,  indem  die  Mikroben  starben, 
sich  von  ihrem  Protoplasma  befreite.  Aber  auch  hier,  anstatt  positiv 
zu  sein,  waren  die  Resultate  völlig  negativ,  sogar  bei  Kulturen,  die 
mehr  als  einen  Monat  alt  waren  und  nach  60  Tagen  nach  der 
Impfung.  In  einem  Falle  allerdings  erlangte  man  einmal  ein  positives 
Resultat  nach  30  und  mehr  Tagen  nach  der  Impfung  von  einer  Kul- 
tur des  Micrococcus  pyogenes  tenuis,  die  5 Tage  alt  war, 
und  von  Amygdalin  zu  2 Proz.  (zu  gleichen  Teilen).  Da  dieser  Fall 
jedoch  vereinzelt  blieb,  so  konnten  wir  ihm  keine  Wichtigkeit  bei- 
legen, obwohl  wir  unter  den  Dekompositionsprodukten  außer  Benzal- 
dehyd auch  Zucker  konstatiert  hatten,  ganz  wie  bei  dem  Emulsin. 
Aus  diesen  Resultaten  kann  man  schließen,  daß  die  Dekomposition 
des  Amygdalins  gerade  durch  die  Wirksamkeit  des  lebenden  Proto- 
plasmas geschieht  und  nicht  durch  jene  eines  löslichen,  von  dem 
Mikroben  ausgeschiedenen  Ferments.  Dies  konnte  übrigens  ohne 
weiteres  vermutet  werden,  nachdem  man  unter  den  Dekompositions- 
produkten des  Amygdalins  das  Fehlen  von  Zucker  konstatiert  hatte. 
Der  Unterschied  zwischen  der  Wirksamkeit  der  Enzyme  und  jener 
des  lebenden  Protoplasmas  ist  in  der  That  der,  daß,  während  die 
ersteren  relativ  leicht  Umbildungen  (Stärke  in  Zucker  u.  s.  w.)  hervor- 
rufen,  die  für  eine  weitere  Zersetzung  nicht  empfänglich  sind,  das 
zweite  hingegen  bedeutende  Modifikationen  hervorruft,  und  zwar  vom 
Albumin  zum  Ammoniak  und  von  dem  Kohlehydrate  zu  einfacher 
Kohlensäure.  Nur  verdankt  man  hier  das  Fehlen  des  Zuckers  keines- 
wegs der  weiteren  Transformation,  welche  der  Mikrobe  macht  für  die 
Bedürfnisse  seines  Stoffwechsels. 

Wir  wollten  bei  dieser  Gelegenheit  Nachforschungen  anstellen, 
auch  darüber,  ob  man  die  Dekomposition  des  Amgydalins  nicht  für 
eine  teleologische  Wirkung  ansehen  könnte,  so  daß  also  die  Pro- 
duktion von  Zucker  nötig  wäre  für  die  Ernährung  des  Mikroben. 


lieber  die  Dekomposition  des  Amygdalins  durch  Mikroorganismen. 


727 


Wir  wollten  sehen,  ob,  wenn  man  zu  den  Erdkulturen  mit  Amyg- 
dalin auch  Traubenzucker  und  Rohrzucker  hinzufügt,  die  Erzeugung 
von  Benzaldehyd  fehlen  würde , gleichsam  wie  wenn  der  Mikrobe 
kein  Bedürfnis  hätte,  das  Amygdalin  zu  zersetzen,  indem  er  den 
Zucker  direkt  aus  dem  Nährsubstrate  zöge. 

Die  bei  den  gemachten  Experimenten  erlangten  Resultate  wür- 
den diese  Art  zu  sehen  bestätigen  können.  Von  den  vier  unge- 
impften  Mikroben  erzeugten  Benzaldehyd,  sowohl  in  Nährsubstraten 
mit  Rohzucker,  wie  in  solchen  mit  Traubenzucker:  Das  Bacterium 
thermophilus  und  Bacterium  coli;  während  der  Bacillus 
emulsinus  es  nur  in  Substraten  mit  Rohzucker  und  nicht  in  jenen 
mit  Traubenzucker  erzeugte.  Der  Micrococcus  pyogenes 
tenuis  erzeugte  das  Benzaldehyd  in  keinem  der  beiden  Fälle.  Die 
Differenzen  standen  in  gewisser  Weise  in  Uebereinstimmung  mit  der 
Ueppigkeit  der  Entwickelung.  Nachdem  die  Zuckerprobe  in  den  Sub- 
straten gemacht  worden  waren,  zu  denen  vor  der  Impfung  Traubenzucker 
hinzugefügt  worden  war,  erlangte  man  negative  Resultate  bei  den 
Kulturen,  wo  man  die  Erzeugung  von  Benzaldehyd  erreicht  hatte, 
und  positive  bei  den  anderen.  Dies  würde  beweisen,  daß  die  Dekom- 
position des  Amygdalins  nicht  vor  sich  geht  in  Gegenwart  von 
Zucker,  sondern  nur  dann,  wenn  der  Zucker  ganz  verbraucht  ist, 
würde  der  Mikroorganismus  das  Amygdalin  zersetzen. 

Aus  unseren  Untersuchungen  indes  ergiebt  sich  das  Folgende: 

1)  Es  dekomponieren  das  Amygdalin  konstant  die  folgenden 
Mikroben : 

Micrococcus  pyogenes  tenuis,  ein  Bacillus,  der 
sich  in  der  Luft  findet  und  den  wir  emulsinus  nennen  möchten, 
und  ein  Bacillus  thermophilus,  der  sich  in  der  Erde  befindet. 
In  weniger  konstanter  Weise  haben  dieselbe  Wirkung  der  Vibrio 
Metschnikoff  und  das  Bacterium  coli,  einige  Varietäten 
dieses  letzteren  jedoch  keineswegs.  Sehr  unsicher  findet  man  endlich 
die  genannte  Wirkung  beim  Diphtheritisbacillus,  beim  Ba- 
cillus Megaterium,  bei  der  Sarcina  aurantiaca. 

2)  Die  Dekomposition  geschieht  nicht  in  jedem  beliebigen  Sub- 
strate, das  Amygdalin  enthält.  Sie  bleibt  aus  bei  dem  Micro- 
coccus pyogenes  tenuis  bei  Gegenwart  von  Zucker;  sie  bleibt 
aus  bei  dem  Bacillus  emulsinus  in  Substraten,  die  Trauben- 
zucker enthalten,  obwohl  man  in  all  diesen  Fällen  die  Entwickelung 
üppig  sehen  kann. 

3)  Die  genannte  Dekomposition  scheint  übrigens  von  dem  leben- 
den Protoplasma  bewirkt  zu  werden  und  nicht  von  einem  besonde- 
ren, von  den  Mikroben  ausgescbiedenen  Enzym. 

Rom,  den  15.  April  1894. 


46* 


728 


M.  W.  Beyerinck, 


Ueber  die  Natur,  der  Fäden  der  Papilionaceenknöllcken. 

Von 

M.  W.  Beyerinck. 

Vor  einigen  Jahren  habe  ich  mich  vielfach  mit  der  Kultur  der 
Papilionaceenbakterien  in  Nährlösungen  bemüht.  Es  hatte  sich  da- 
bei herausgestellt,  daß  verdünnte  Extrakte  von  Papilionaceenblättern 
und  Stengeln  unter  Zusatz  von  1 bis  3 Proz.  Rohrzucker  sich  dafür 
am  besten  eigneten  und  die  sehr  merkwürdigen  morphologischen  Ver- 
hältnisse der  Wurzelbakterien  schön  zur  Entwickelung  brachten l 2). 
Als  ich  später  mehrere  solche  Kulturen  mit  Alkohol  fällte  und  von 
der  sich  dabei  ziemlich  gut  ausscheidenden  Bakterienmasse  den  Stick- 
stoff nach  Kjeld ahl  bestimmte,  ergaben  sich  so  außerordentlich  ver- 
schiedene Zahlen,  daß  es  klar  wurde,  es  müßte  der  Bakterienkörper  in 
manchen  Fällen,  neben  Eiweiß,  noch  einen  stickstofffreien  Körper  in 
beträchtlicher  Menge  enthalten  können.  Besonders  bei  den  Bakterien 
von  Vicia  war  der  Stickstoffgehalt  gering,  während  bei  Lupinus 
und  Cytisus  Kulturen  mit  höherem  Gehalte  gefunden  wurden  * ). 
Ich  will  noch  bemerken,  daß  ich  dabei  nur  Material  verwendete,  wel- 
ches reich  war  an  „Bakteriensternen“,  weil  darin  ein  sehr  sicheres 
Merkmal  für  die  Diagnose  der  Papilionaceenbakterien  vorliegt,  was 
bei  Kulturen,  welche,  wie  in  diesem  Falle,  einige  Monate  dauern  und 
im  Dunkeln  und  in  der  Kälte  aufbewahrt  werden,  so  daß  einige  Ge- 
fahr für  Infektion  entsteht,  alle  Beachtung  verdient. 

Natürlich  lag  die  Vermutung  nahe,  daß  die  stickstofffreie  Sub- 
stanz Bakterienschleim  sein  müßte.  Als  dieser  Gesichtspunkt  gewonnen 
war,  überzeugte  ich  mich  bald,  daß  die  Schleimbildung  in  den 
Gelatinekulturen  ebenfalls  außerordentlich  verschieden  war.  Während 
dieselbe  in  den  Bakterien  von  Vicia  und  Trifolium  eine  gewal- 
tige ist,  fehlt  sie  beinahe  oder  ganz  beiOrnithopus,  Lupinus 
und  Phaseolus  und  nimmt  eine  Mittelstellung  ein  bei  Ca  rag  an  a 
und  Robinia,  obschon  sie  auch  hier  unter  Umständen  bedeutend 
werden  kann.  Es  ist  nun  auffallend,  daß  sich  aus  dieser  Angabe  ein 
ziemlich  genauer  Parallelismus  ergiebt  zwischen  der  Ausbildung  der 
„Schleimfäden“  in  den  Knöllchen  und  der  Bildung  des  Bakterien - 
Schleimes  bei  den  aus  diesen  Knöllchen  gewonnenen  Bakterien.  Es  ist 
nämlich  bekannt,  daß  die  Schleimfäden  nur  sehr  wenig  entwickelt  sind 
oder  auch  ganz  fehlen  eben  in  den  Knöllchen  von  Lupinus,  Pha- 
seolus und  Ornithopus  und  ganz  besonders  entwickelt  sind  bei 
Vicia  und  Trifolium  und  in  mittlerer  Ausbildung  Vorkommen  bei 
Robinia  und  Caragana.  Daß  die  Coi'ncidenz  nicht  auf  Zufall 
beruhen  kann,  ist  deutlich. 


1)  Verslagen  en  Mededeelingen  der  Kon.  Akad.  v.  Wetenschappen  te  Amsterdam. 
3.  Reeks.  1891.  Deel  8.  p.  460. 

2)  Von  den  Bakterien  von  Ornithopus  sativus  konnte  ich  bisher,  trotz 
zahlreicher  Versuche,  keine  guten  Kulturen  in  Nährlösungen  erhalten,  wohl  aber  auf 
geeigneter  Nährgelatine. 


Ueber  die  Natur  der  Fäden  der  Papilionaeeenknöllchen. 


729 


Zur  vollständigen  Gewißheit  bezüglich  der  Natur  der  Fäden  bin 
ich  jedoch  erst  gekommen  durch  das  Auffinden  eines  besonders 
günstigen  Untersuchungsobjektes.  Dieses  ist  die  schon  im  März 
blühende  Vicia  lathyroides  aus  dem  Dünensande.  Es  ist  ein 
kleines,  schon  in  der  Mitte  des  Sommers  absterbendes,  annuelles 
Kraut. 

Als  ich  im  April  1893  und  1894  die  Knöllchen  dieser  Pflanze 
untersuchte,  fand  ich  nur  solche  mit  kleinen  Bakteroiden,  welche 
größtenteils  „erschöpft“  waren  und  die  früher  von  mir  beschriebenen 
„Bläschenbakteroiden“  enthielten  1).  Zwar  zeigten  die  Knöllchen  keine 
vollständige,  allein  doch  eine  ziemlich  geförderte  Bakterienüber- 
wucherung 2 3),  und  es  war  leicht,  darin  viele  nicht  in  Bakteroiden  ver- 
wandelte Bakterien,  wenn  auch  ohne  Bewegung,  aufzufinden.  In 
diesen  Knöllchen  sind  die  Schleimfäden  zahlreich  und  treten  beim 
Präparieren  oft  aus  den  Zellen.  Oft  sind  sie  mehr  oder  weniger  zu- 
sammengezogen und  nicht  selten  zu  isolierten  Kugeln  zusammengeballt, 
welche  ganz  frei  in  den  Zellen  liegen.  Bei  einer  genauen  Unter- 
suchung der  Fäden  und  Kugeln  unter  Mithilfe  von  Farbstoffen  fand 
ich  hier,  wie  das  auch  mit  den  meisten  Präparaten  anderer  Papilio- 
naceenknöllchen  gelingt,  stellenweise  eingeschlossene  Bakterien.  In 
anderen  Fällen  sind  die  Fäden  dagegen  ganz  bakterienfrei. 

Da  ich  durch  diese  Erfahrungen  die  Ueberzeugung  bekommen 
hatte,  daß  die  Bakterien  von  Vicia  lathyroides  in  dem  vorliegen- 
den Materiale  zu  einer  besonders  stark  schleimerzeugenden  Form  ge- 
hören müßten,  interessierte  es  mich,  dieselbe  in  Reinkultur  zu 
bringen,  was  auch  gut  gelungen  ist. 

Auch  hier  ergab  sich,  daß  die  Bakterien,  wie  gewöhnlich  aus 
mehr  oder  weniger  in  Erschöpfung  begriffenen  Knöllchen,  ziemlich 
rasch  auf  geeigneter  Nährgelatine  wachsen.  Der  beste  Kulturboden 
ist,  ähnlich  wie  ich  früher  für  Vicia  Faba  undPisum  angegeben 
habe , ein  Dekokt  von  den  grünen  Teilen  von  Papiliouaceen  mit 
2 Proz.  Rohrzucker  und  7 — 8 Proz.  Gelatine.  Es  ist  empfehlens- 
wert, die  Gelatine  vor  dem  Gebrauche  mit  destilliertem  Wasser  zu 
extrahieren,  um  die  löslichen  Stickstoffverbindungen,  wie  Eiweiß  und 
Peptone,  daraus  zu  entfernen,  weil  die  Knöllchenbakterien  sehr 
empfindlich  für  diese  Körper  sind  und  schon  bei  geringer  Anhäu- 
fung derselben  in  ihren  Nährböden  nicht  mehr  wachsen.  Es  scheint 
mir  nicht  überflüssig,  dies  noch  besonders  zu  betonen,  denn  ich  glaube, 
daß  die  Schwierigkeiten,  welche  gewisse  Autoren  bei  ihren  Kultur- 
versuchen begegneten,  daraus  hervorgegangen  sind,  daß  die  Nährböden 
zu  stickstoffreich  waren.  Zwar  darf  der  gebundene  Stickstoff  im 
Nährboden  nicht  ganz  fehlen,  weil  bei  vollständiger  Abwesenheit 
davon  überhaupt  kein  Wachstum  stattfindet,  doch  muß  dieser  Gehalt 


1)  Es  giebt  noch  immer  Autoren,  welche  diese  „Bläschen“  für  „Sporen“  halten 
und  glauben,  daß  die  Bakterien  der  Papilionaceen  „Dauerorgane“  erzeugen,  was  nicht 
zutrifft.  Die  Natur  der  „Bläschen“  ist  noch  nicht  aufgeklärt. 

2)  Für  diesen  Ausdruck  siehe  Bot.  Zeit.  1888.  p.  727. 

3)  Da  die  Gelatine  durch  die  Wurzelbakterien  nicht  verflüssigt  wird,  ist  der  Stick- 
stoff dieser  Gelatine  an  sich  für  die  Bakterien  sozusagen  nicht  gegenwärtig. 


730 


M.  W.  Beyerinck, 


auf  ein  sehr  geringes  Minimum  gehalten  werden.  Unsicheres  und 
unregelmäßiges  Wachstum  sind  bezeichnend  für  Stickstoffübermaß. 

Als  ich  Luzernedekokt  mit  2 Proz.  Rohrzucker  und  7 Proz. 
Gelatine  verwendete,  wurden  bei  den  Versuchen  mit  Vicia  lathy- 
roides  iu  Impfstrichen  am  vierten  oder  am  fünften  Tage  die  kleinen 
durchsichtigen  Bakterienkolonieen  sichtbar.  Für  die  Striche  konnte 
ich  im  Anfang  April  alle  reinen  Teile  des  Bakteriengewebes  der 
Knöllchen  verwenden.  Dieses  hängt  mit  der  teilweisen  Bakterien- 
erschöpfung zusammen,  wobei  überall  wachstumsfähige  Bakterien  Vor- 
kommen xj.  Meine  Hoffnung,  daß  ich  hier  eine  sehr  schleimige 
Bakterie  finden  sollte,  wurde  nicht  getäuscht.  Die  Kolonieen  waren 
zwar  äußerlich  ganz  gewöhnlich,  ergaben  sich  aber  als  derart  zäh  und 
schleimig,  daß  es  schwierig  war,  dieselben  von  der  Gelatine  zu  heben, 
wobei  sie  nur  als  lange  Fäden  zu  entfernen  waren.  Eine  so  starke 
Schleimbildung  hatte  ich  bei  keiner  anderen  Papilionaceenbakterie 
beobachtet.  Bei  der  Fortsetzung  der  Reihenkulturen  ist  die  Schleim- 
bildung später  zwar  auf  die  für  die  Vi c iabakterien  gewöhnliche 
Norm  zurückgegangen,  das  ist  aber  für  die  vorliegende  Untersuchung 
gleichgiltig. 

Schon  das  erste  Präparat  der  Kolonieen,  welches  ich  unter 
das  Mikroskop  brachte,  überzeugte  mich,  daß  die  „Schleimfäden“  der 
Knöllchen  hier  wiedergefunden  wurden,  es  war  kein  Zweifel  mög- 
lich, daß  der  zähe  Bakterienschleim  mit  jenen  Fäden  identisch  sein 
müßte.  Je  genauer  der  Schleim  untersucht  wurde,  je  sicherer  wurde 
die  Ueberzeugung.  Durch  richtiges  Schieben  und  Drücken  des  Deck- 
glases ließen  sich  alle  möglichen  Gestalten  der  Fäden,  welche  ich  iu 
den  Knöllchen  gesehen  hatte,  künstlich  aus  den  Schleimkolonieen 
meiner  Bakterien  hersteilen.  Fäden  und  isolierte  Ballen  und  Kugeln, 
entweder  völlig  durchsichtig  oder  durch  noch  hier  und  dort  einge- 
schlossene Bakterien  punktiert  oder  getrübt,  konnten  ebeuso  leicht 
erhalten  werden,  wie  bakterienfreie  schleimige  Häutchen.  Hier- 
durch wurde  der  Beweis  gebracht,  daß  die  Bakterienkörper  leicht  aus 
ihrer  schleimigen  Hautschicht  herausbefördert  werden  können.  Das 
Wort  „Hautschicht“  ist  hier  sicher  erlaubt,  denn  daß  der  Schleim 
der  Schleimbakterien  überhaupt  nur  als  stark  gequollene  Zellwand 
aufzufassen  ist,  ist  schon  längst  bekannt.  Mit  Chlorzinkjod  färben 
sich  die  Schleimbildungen  blau,  und  dieses  nicht,  wie  ich  früher 
glaubte,  nur  oberflächlich,  sondern  durch  die  ganze  Dicke,  natürlich 
nur  mit  Ausnahme  der  noch  eingeschlossenen  Bakterien,  welche 
gelbbraun  werden.  Die  Fäden  der  Knöllchen  verhalten  sich  ebenso, 
auch  hier  kann  man  sich  überzeugen,  daß  auch  das  Innere  aus 
Cellulose  besteht.  Wenn  es  schwierig  ist,  die  Fäden  der  Knöllchen 
über  ihre  ganze  Länge  blau  zu  färben,  so  begegnet  man  einer 
ähnlichen  Schwierigkeit  beim  Schleime  der  Bakterienkolonieen,  worin 
auch  gewisse  Bakterien  sich  der  Färbung  durch  Chlorzinkjod  hartnäckig 
entziehen.  Auch  Anilinfarbstoffe,  wovon  ich  besonders  Gentianaviolett 


1)  In  Knöllchen  ohne  Bakterienerschöpfung  ist  man  für  Bakterienkultur  auf  sehr 
junge  Knöllchen  oder  auf  junge  Vegetationspunkte  angewiesen  und  selbst  damit  gelingen 
nicht  alle  Versuche. 


Ueber  die  Natur  der  Fäden  der  Papilionaceenknöllchen. 


731 


und  Methylenblau  verwendete,  verhalten  sich  gegenüber  Bakterien- 
schleim und  Schleimfäden  identisch. 

Meine  früher  ausgesprochene  Meinung,  die  Fäden  beständen 
aus  Chromatinsubstanz  und  Protoplasma,  gründete  ich  auf  das  ziem- 
lich starke  Färbungsvermögen,  welches,  verglichen  mit  dem  relativ 
schwachen  Färbuugsvermögen  der  Papilionaceeubakterien,  auffallend 
ist.  Damals  war  es  mir  jedoch  nicht  bekannt,  daß  Bakterienschleim 
im  allgemeinen  sich  oft  stark  durch  jene  Reaktive  färbt,  während 
die  protoplasmatischen  Bakterienleiber  mancher  Schleimbakterien  sich 
der  Färbung  oft  mehr  oder  weniger  entziehen,  und  ich  glaube,  daß 
eben  auch  die  Einhüllung  der  Papilionaceenbakterien  durch  ihre 
dicke  Schleimhülle  ihr  schwaches  Färbungsvermögen  wenigstens  teil- 
weise bewirkt.  Denn  wenigstens  einzelne  anscheinend  hüllenlose 
V i c i a bakterien  sah  ich  intensiv  Gentianaviolett  und  Methylenblau 
aufspeichern,  unter  der  merkwürdigen,  damit  so  oft  verbundenen 
starken  Anschwellung  des  Bakterienkörpers.  Doch  scheint  es  mir, 
daß  diese  Erklärung  nicht  ausreicht,  die  geringe  Affinität  der  Papilio- 
naceenbakterien und  der  Bakteroiden  in  solchen  Fällen , wie  bei 
Lu p in us  und  Ornithopus,  wo  die  Schleimhüllen  jedenfalls  sehr 
dünn  sind,  zu  erklären. 

Für  den  vorliegenden  Zweck  brauche  ich  auf  die  ferneren  Eigen- 
schaften der  Wurzelbakterien  von  Yicia  lathyroides  nicht  ein- 
zugehen. Fasse  ich  das  Vorhergehende  zusammen,  so  ergiebt  sich : 

1)  Die  Fäden  der  Papilionaceenknöllchen  bestehen  aus  Bakterien- 
schleim. 

2)  Dieser  Schleim , welcher  die  Zellwände  der  betreffenden 
Bakterien  repräsentiert,  hat  bei  der  Fädenbildung  die  zugehörigen 
Bakterienkörper  entweder  vollständig  ausgestoßen  oder  schließt  noch 
manche  davon  ein. 

Es  ist  bemerkenswert,  daß  die  in  den  Schleimfäden  noch  liegenden 
Bakterien  keine  Bakteroidengestalt  annehmen,  vielleicht  bleiben  die- 
selben auch  besonders  lange  keimfähig,  indem  die  Schleimhüllc  eine 
mehroder  weniger  undurchdringliche  Decke  bildet,  welche  die  Bakterien- 
körper schützt  gegen  den  seitens  des  Zellprotoplasmas  geübten  meta- 
morphosierenden  Einfluß,  welcher  zur  Entstehung  der  Bakteroiden 
aus  den  Bakterien  Veranlassung  giebt.  Da  ich  es  als  wichtig  be- 
trachte, dies  näher  festzustellen,  hoffe  ich,  darauf  zurückkommen  zu 
können. 

Ich  habe  früher  die  Scbleimfäden  der  Papilionaceenknöllchen  für 
Ueberbleibsel  der  Kerntonnen  erklärt,  ohne  über  deren  eigentliche 
Herkunft  eine  Ansicht  auszusprechen.  Ob  dieselben  zum  Proto- 
plasma der  Zellen  gehören  oder  daran  fremdartig  sein  sollten,  darüber 
war  ich  ganz  unsicher.  Indem  ich  nun  ihre  Natur  als^Bakterien- 
schleim  festgestellt  habe,  muß  ich  doch  noch  ihre  Beziehung  zu  den 
Kerntonnen  aufs  neue  hervorheben.  Es  ist  nämlich  sicher,  daß 
der  Schleim  beim  Prozesse  der  Zellteilung  passiv  der  Teilung  mit 
unterliegt,  so  daß  eine  Schleimpartie,  welche  anfangs  in  einer  Zelle 
lag,  später  in  zwei  oder  mehreren,  durch  Teilung  auseinander  hervor- 
gegangenen Zellen  gefunden  wird.  Ob  hierbei  Bakterienwachstum,  das 
heißt  Vermehrung  dieses  Schleims  stattfindet,  ist  zunächst  gleich- 


732  Beyerinck,  Ueber  die  Natur  der  Fäden  der  PapilionaceeDknöllchen. 


giltig,  obschon  das  wohl  im  allgemeinen  zutreffen  dürfte.  Es  scheint 
mir  nun,  daß  die  mechanische  Beeinflussung  des  Protoplasmas  seitens 
des  sich  teilenden  Zellkernes  sich  auch  über  den  Bakterienschleim 
erstrecken  muß  und  daß  diese  sich  ebenso  gut  am  Aufbau  der 
Kerntonnen  mit  beteiligen  kann,  wie  das  Protoplasma.  Es  ist  jeden- 
falls bemerkenswert,  daß  die  Schleimfäden  so  außerordentlich  oft 
auf  die  Zellkerne  gerichtet  sind,  so  daß  sie  die  Kerne  angrenzender 
Zellen  sozusagen  verbinden,  wobei  sie  vielfach  genau  senkrecht  von 
den  Zellwänden  geschnitten  werden,  und  dieses  scheint  mir  darauf  hin- 
zudeuten, daß,  wenigstens  in  solchen  Fällen,  die  Schleimmasse 
während  der  Zellteilung  in  den  Kerntonnen  selbst  vorkam.  Ein 
weiteres  Studium  des  Schleimes  in  Bezug  auf  das  Verhalten  desselben 
bei  der  Zellteilung  wäre  vielleicht  interessant. 

Daß  der  Schleim  in  Wurzelhaaren  oft  solche  besonders  lange 
Fäden  bildet,  hängt  in  ähnlicher  Weise  mit  dem  Wachstume  dieser 
Haare  zusammen.  Da  dieses  Wachstum  besonders  stark  in  die 
Längsrichtung  stattfindet,  muß  auch  ein  ursprünglich  etwa  rund- 
licher in  der  jugendlichen  Haaranlage  gebildeter  Schleimklumpen 
später  sich  als  lang  gereckter  Faden  vorthun.  Im  allgemeinen  müssen 
auf  Grund  der  Theorie  die  Fäden  passiv  durch  das  Längswachs- 
tura  gedehnt  werden,  und  die  Erfahrung  lehrt,  daß  ihre  Richtung 
in  den  Knöllchen  mit  dieser  Voraussetzung  in  Uebereinstimmung 
steht.  Wird  der  Schleim  beim  Wachstume  der  Zellen  nicht  durch  einen 
Haftpunkt  zurückgehalten,  so  muß  ei  sich  zu  kugeligen  Gebil- 
den zusammenziehen.  Dieses  findet  z.  B.  statt  in  vielen  Knöllchen 
von  RobiniaPseudacacia  und  bisweilen  bei  Lotus  corni- 
c ul  ata,  wobei  dann  meistens  die  Bakterien  (welche  sich  bei  diesen 
Pflanzen  kaum  von  den  Bakteroiden  unterscheiden)  in  den  Schleimballen 
eingeschlossen  verbleiben. 

Ich  will  diese  Mitteilung  nicht  schließen,  ohne  zu  bemerken, 
daß  Alfred  Koch  die  wahre  Natur  der  Schleimfäden  der  Knöllchen 
zwar  nicht  ausgesprochen,  jedoch  in  klaren  Worten  die  Möglichkeit 
angedeutet  hat,  dieselben  könnten  vielleicht  aus  Bakterienschleim  be- 
stehen J). 

Delft,  16.  April  1894. 


1)  Zur  Kenntnis  der  Fäden  in  den  Wurzelknöllchen  der  Leguminosen.  (Boten. 
Zeitung.  1890.  p.  614.) 


v.  L instow,  Hetcrakis  Sonsinoi. 


733 


Heterakis  Sonsinoi. 

Von 

Dr.  v.  Linstow 

in 

Göttin  gen. 

Mit  3 Figuren. 

Herr  Dr.  P.  Sonsino  in  Pisa,  welcher  helminthologische 
Forschungen  in  Nordafrika  machte,  ist  der  Erste,  welcher  parasitische 
Helminthen  in  Chamaeleo  vulgaris  gefunden  hat;  selber  mit  dem 
Studium  von  daselbst  entdeckten  Trematoden  beschäftigt,  hatte  er 
die  Freundlichkeit,  mir  im  Darme  des  Chamäleons  lebende  Nematoden 
zu  schicken,  welche  dem  Genus  Heterakis  angehören. 

Stossich1)  hat  vor  einigen  Jahren  eine  schöne  Monographie 
des  Genus  Heterakis  veröffentlicht,  in  welcher  er  45  Arten  be- 
schreibt und  abbildet;  die  Zahl  hat  sich  inzwischen  noch  um  5 ver- 
mehrt, und  von  diesen  50  leben  8 in  Säugetieren,  27  in  Vögeln,  5 
in  Reptilien  und  10  in  Fischen,  alle  im  Darme  ihres  Wirts;  die  Rep- 
tilien bewohnenden  sind  Heterakis  annulata  Molin  aus  Ophis 
s a u ro ceph al us,  H.  flexuosa  Schneider  aus  Crotalus  spec.?; 
H.  g r a c i 1 i s v.  Linst,  aus  Agama  sanguinolenta,  H.  turgida 
Schneider  aus  Tej  us  monitor  und  H.  Feae  Parona  aus  Tes  tudo 
spec.  ? 

Das  Genus  Heterakis  gehört  zu  den  Polymyariern,  in  den 
Seitenlinien  verläuft  eine  erhabene  Leiste  von  dreieckigem  Querschnitt, 
ähnlich  wie  bei  Oxyuris  und  Oxysoma,  mit  welchen  Gattungen 
Heterakis  auch  einen  großen  Bulbus  mit  Ventilzähnen  am  Ende 
des  Oesophagus  gemein  hat;  die  Spicula  sind  gleich  oder  wenig  an 
Größe  verschieden,  bald  mit,  bald  ohne  Stützapparat,  am  männlichen 
Schwanzende  stehen  8 bis  30  Papillen,  vor  der  Kloake  steht  ein  der 
Gattung  eigentümlicher  runder  oder  ovaler  Saugnapf,  am  Kopfende 
finden  sich  keine  oder  drei  Lippen  mit  Papillen. 

Heterakis  Sonsinoi  wurde  im  Endteil  des  Darms  von  Cha- 
maeleo vulgaris  bei  Gabes  und  Gefsa  in  Nordafrika  gefunden; 
in  etwa  der  Hälfte  der  untersuchten  Tiere  kam  der  Parasit  vor. 

Die  Haut  zeigt  eine  gröbere  und  eine  feinere  Querringelung, 
erstere  steht  in  unregelmäßigen  Zwischenräumen,  letztere  in  Abständen 
von  0,0023  mm;  in  den  Seitenlinien  erheben  sich  Leisten  von  drei- 
eckigem Querschnitt  (Fig.  1);  die  Cutis  zieht  unter  ihnen  hin,  die 
Cuticula  aber  erhebt  sich  kammförmig  und  auf  der  First  des 
Kammes  legen  sich  die  Lamellen  von  der  Bauch-  und  Rückenseite  an 
einander,  ohne  mit  einander  zu  verschmelzen  und  die  Enden  sind 
hakenförmig  zurückgebogen  im  Querschnitt;  diese  Seitenleisten  be- 
ginnen ganz  vorn  am  Kopfende  und  lassen  sich  bis  ans  Schwanz- 


1)  M.  Stossich,  II  genere  Heterakis  Dujardin.  (Societas  historico-naturalis 
Croatica.  Zagreb  1888.) 


734 


v.  L instow,  Heterakis  Sonsinoi 


ende  verfolgen;  die  Muskulatur  ist  in  der  Rücken-,  der  Bauch-  uud 
den  beiden  Seitenlinien  durch  breite  Wülste  unterbrochen.  Der  Mund 
ist  von  3 kleinen,  halbkugelförmigen  Lippen  umstellt,  die  eiue  Strecke 
weit  zurückgezogen  werden  könneu,  so  daß  vor 
ihnen  eine  napfförmige  Einziehung  entsteht,  da 
die  Haut  und  Muskulatur  stehen  bleibt;  das 
Schwanzende  ist  spitz.  Zwischen  den  Lippen 
und  dem  eigentlichen  Oesophagus  ist  ein 
0,052  mm  langes  Vestibulum  eingeschaltet.  Der 
Oesophagus  selber  ist  schmal  und  schwillt  am 
Ende  zu  einem  kugelförmigen  Bulbus  an,  der  in 
seinem  Innern  Ventilzähne  enthält;  der  darauf 
folgende  Teil  des  Darms  ist  doppelt  so  breit 
wie  der  Bulbus,  wird  aber  in  seiuem  Verlaufe 
nach  hinten  wieder  schmäler;  0,014  mm  vom 
Kopfende  entfernt  umgiebt  den  Oesophagus  ein 
Nervenring,  während  0,29  mm  von  demselben 
in  der  Bauchlinie  die  Exkretionsgefäßöffnung 
steht,  in  der  man  ein  Chitingerüst  bemerkt. 

Das  Männchen  ist  lebend  4 mm  lang  und 
0,30  mm  breit;  der  Oesophagus  nimmt  1/3,6 
der  Schwanz  1/9,5  der  Gesamtlänge  ein ; an  der 
Bauchseite  des  Schwanzendes  steht  der  für  das 
Genus  Heterakis  charakteristische  Saugnapf 
dicht  vor  der  Kloake,  hier  finden  sich  jederseits 
6 langgestielte  Papillen  neben  und  vor  dem- 
selben (Fig.  2);  postaDale  Papillen  zählt  man 
jederseits  5,  von  denen,  von  hinten  gezählt,  die 


Fig.  1.  Seitenkaote  im 
Querschnitt. 


Fig.  2.  Männl.  Schwanz- 
ende, Bauchseite. 


Fig.  3.  Ei  bei  der  Geburt  aus 
der  Vulva. 


2.,  4.  und  5.  mehr  median,  die  1.  und  3.  mehr  seitlich  stehen;  am 
Hinterrande  des  Saugnapfes  steht  noch  eine  unpaare;  die  Spicula, 
bei  dem  Genus  Heterakis  oft  ungleich,  sind  hier  gleich  lang;  sie 
sind  sichelförmig  gebogen  und  messen  0,33  mm;  sowohl  an  der  Bauch- 
wie  an  der  Rückenseite  werden  sie  von  einem  0,117  mm  großen  Stütz- 
apparate umgeben. 


Kurt  Müller,  Der  jetzige  Staad  der  Eiterungsfrage  etc. 


735 


Das  Weibcheu  wird  6 mm  laug  und  0,37  mm  breit;  der  Oeso- 
phagus macht  1/5,5  und  der  Schwanz  1/6,9  der  ganzen  Körperlänge 
aus;  die  Vulva  ist  prominent  und  liegt  etwas  vor  der  Körpermitte, 
so  daß  sich  der  durch  sie  gebildete  vordere  Körperabschnitt  zum 
hinteren  verhält  wie  11:17;  sie  bildet  einen  quer  verlaufenden  Spalt, 
und  wenn  ein  Ei  aus  ihr  geboren  wird  (Fig.  3),  so  tritt  die  orale 
und  aborale  Lippe  von  einander.  Die  Eier  haben  eine  doppelte  Schale, 
die  äußere  ist  viel  dünner  als  die  innere;  an  der  Innenseite  der 
inneren  bemerkt  man  ein  glänzendes  Richtungskörperchen;  sie  sind 
0,091  mm  lang  und  0,065  mm  breit  und  zeigen  keine  Furchungs- 
kugeln, die  nach  Sonsino  bereits  im  Darme  des  Chamäleons  sich 
zu  bilden  beginnen. 

Göttingen,  24.  April  1894. 


Zusammenfassende  Uebersicht. 

Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakterio- 
logischem Standpunkte  aus. 

Von 

Dr.  Kurt  Müller, 

Assistenten  der  chirurgischen  Klinik  zu  Halle  a.  S. 

Wer  bei  dem  heutigen  Stande  der  Bakteriologie  daran  geht,  von 
bakteriolgischem  Standpunkte  aus  den  Stand  der  einen  oder  der 
anderen  Frage  zu  beleuchten,  wie  es  die  folgenden  Zeilen  für  die 
Aetiologie  der  Entzündungs-,  speziell  der  Eiterungsprozesse 
thun  sollen,  der  hat  eine  ganze  Anzahl  von  Vorbedingungen  zu 
berücksichtigen,  ehe  er  an  die  Beantwortung  einer  solchen  viel  dis- 
kutierten Frage  gehen  kann.  Er  muß  sich  in  erster  Linie  des 
bewußt  sein,  daß  wir  heute  die  Lehre  von  der  Spezifität  der 
Mikroorganismen  nicht  mehr  in  dem  Grade  aufrecht  erhalten 
können,  als  mau  sie  im  Beginne  unserer  Wissenschaft  statuiert  hatte. 
Wir  kennen  ja  allerdings  eine  ganze  Zahl  von  Keimen,  denen  wir  bis 
heute  die  Spezifität  nicht  absprechen  können;  ein  Krankheitsbild  wie 
die  Cholera  erregt  nur  der  Koch’sche  Kommabacillus;  der 
Tetanus  hat  einen  wohl  isolierbaren  Pilz  zur  Ursache,  der  Milz- 
brandbacillus erzeugt  ein  wie  das  andere  Mal  bei  geeigneten 
Versuchstieren  eine  schnell  verlaufende  septikämische  Erkrankung, 
oder  beim  Menschen  entweder  Karbunkel  oder  den  einer  akuten 
Vergiftung  gleichenden  internen  Milzbrand.  Diese  drei  genannten 
Pilze  haben  ganz  typische  Angriffsstellen,  von  denen  aus  sie  den 
Organismus  schädigen.  Die  Cholera  vergiftet  vom  Darme  aus  den 
Körper,  der  Keim  des  Wundstarrkrampfes  sendet  seine  am 
Orte  der  Verwundung  erzeugten  Giftstoffe  durch  die  Blut-  und 
Lymphbahnen  in  den  Körper,  der  spontane  Milzbrand  ist  be 


736 


Kurt  Müller 


Tieren  wie  Menschen  zunächst  eine  cirkumskripte  Darmerkrankung, 
der  lokale  eine  cirkumskripte  Hauterkrankung;  erst  wenn  die 
Zellen  der  Umgebung,  durch  die  abgesonderten  Stoffwechselprodukte 
vergiftet,  ihre  Fähigkeit  als  Kampforgane  des  Körpers  eingebüßt 
haben,  gestatten  sie  den  Infektionserregern  ein  Eindringen  in  den 
gesamten  Organismus.  Während  die  ersteren  vorwiegend  vom  Orte 
ihrer  Wucherung  durch  Giftstoffe  die  Zusammensetzung  entfernter 
Organe  mehr  oder  weniger  schädigen,  kann  sich  der  Anthrax- 
bacillus  in  den  Organen  selbst,  in  die  er  durch  Blut- und  Lymph- 
bahnen  geführt  wurde,  ansiedeln  und  durch  Entwickelung,  von  Stoff- 
wechselprodukten diese  selbst  zerstören. 

Aber  trotz  dieses  verschiedenartigen  Krankheitsbildes  haben 
doch  die  drei  angeführten  Erreger  etwas  ganz  Spezifisches  an  sich, 
welches  zur  Aufstellung  dieser  drei  spezifischen  Typen  nach  ihrer 
Aetiologie  berechtigt.  Ich  brauche  nicht  noch  andere  Keime  anzu- 
führen, bei  denen  wir  trotz  der  Mannigfaltigkeit  der  Krankheitsbilder, 
welche  sie  erregen  können,  wohl  für  alle  Zeiten  an  der  Lehre  von 
ihrer  Spezifizität  festhalten  werden. 

Anders,  wenn  wir  heute  nach  der  Aetiologie  der  Eite- 
rung en  fragen. 

Es  ist  noch  nicht  so  lange  her,  daß  man  auch  die  Eiterungen 
für  das  spezifische  Werk  ganz  bestimmter  Keime  ansah,  die  Befunde 
undVersuche  von  Ogston1),  Rosenbach2),  Passet3),  Garre  4), 
Fehleisen5)  und  vieler  Anderer  schienen  dies  mit  Sicherheit  zu 
beweisen.  Stets  war  es  dieselbe  kleine  Zahl  von  Keimen,  welche 
man  beim  Menschen  in  Eiterherden  vorfand,  stets  konnte  man  mit 
ihnen  weiterhin  bei  Tieren  Eiterung  erzeugen.  Man  wurde  dadurch 
ganz  naturgemäß  zu  der  Ansicht  geführt,  daß  besonders  die  der 
Staphylo-  und  der  Streptokokkengruppe  angehörigen  Keime 
das  spezifische  Element  zur  Erzeugung  von  Eiterung  seien,  zumal  es 
Klemperer6),  Straus7),  Scheuer  len  8),  Ruys9),  Knapp9), 
Nathan10),  Kronacher11)  und  Anderen  nicht  gelang,  auf  asep- 
tischem Wege  durch  irgendwelche  Mittel  Eiterung  zu  erzeugen.  Auch 
der  Punkt,  daß  die  Eiterung  sich  von  allen  anderen  Arten  der  Ent- 
zündung qualitativ  unterscheidet,  nämlich  dadurch,  daß  trotz  reich- 


1)  Ogston,  Ueber  Abscesse.  (Archiv  für  klinische  Chirurgie.  XXV.) 

2)  Rosenbach,  Die  Mikroorganismen  bei  den  Wundinfektionskrankheiten  des 
Menschen.  1884. 

3)  Passet,  Ueber  Mikroorganismen  der  eiterigen  Zellgewebsentzündung  des 
Menschen.  (Fortschritte  der  Medizin.  1885  ) 

4)  Garre,  Zur  Aetiologie  akut-eiteriger  Entzündungen.  (Fortschritte  der  Medi- 
zin. 1885.) 

5)  Fehleisen,  Zur  Aetiologie  der  Eiterung.  (Langenbeck’s  Archiv  für 
klin.  Chirurg.  XXXVI.) 

6)  Klemperer,  Ueber  die  Beziehungen  der  Mikroorganismen  zu  der  Eiterung. 
(Zeitschrift  für  klin.  Mediz.  Bd.  X.) 

7)  Straus,  Comptes  rendus  de  la  societe  de  Biologie.  1883. 

8)  Scheuerlen,  Die  Entstehung  und  Erzeugung  der  Eiterung  durch  chemische 
Reizmittel.  (Archiv  für  klinische  Chirurgie.  Bd.  XXXII.  1885.) 

9)  cf.  Anm.  No.  4 u.  5.  p.  734. 

10)  Nathan.  Zur  Aetiologie  der  Eiterung.  (Langenbeck’s  Archiv.  XXXVII.) 

11)  Kronacher,  Die  Aetiologie  und  das  Wesen  der  eiterigen  Entzündung.  1891. 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  737 


licher  Anwesenheit  von  weißen  Blutzellen  eine  Gerinnung  nicht  ein- 
tritt  (W  eigert) '),  schien  für  eine  spezifische  Ursache  der  Eiterungen 
zu  sprechen. 

Erst  allmählich  machten  sich  gegen  dieses  Dogma  Zweifel 
geltend  und  die  Möglichkeit  einer  aseptischen  Eiterung  wurde 
experimentell  durch  Grawitz1 2),  Grawitz  und  de  Bary3), 
Kreibohm  und  Rosenbach4),  Christmas5),  Dubler6), 
Steinhaus7),  Janowsky8 9),  Leber f)  und  Andere  bewiesen. 

Ich  habe  es  nicht  nötig,  näher  und  mehr  historisch  auf  die 
Entwickelung  dieser  Streitfrage  einzugehen,  da  erst  neuerdings  uns 
Jordan10)  eine  mustergiltige  Zusammenstellung  geliefert  hat.  Auf 
Grund  der  litterarischen  Angaben  und  eigener  Beobachtungen  kommt 
er  zur  Ansicht,  daß  einerseits  die  Eiterung  nur  eine  bestimmte 
Stufe  der  akuten  Entzündungen  darstellt,  daß  sie  ebenso, 
wie  die  akute  Entzündung  überhaupt,  durch  chemische  Mittel 
allein  sowohl,  als  durch  Bakterien  erzeugt  werden  kann  und 
daß  andererseits  die  eitererregenden  Pilze  nichts  Spezi- 
fisches an  sich  haben,  daß  es  vielmehr  eine  große  Zahl  solcher 
giebt,  welche  in  gleicher  Weise  Eiterung  zu  erzeugen  imstande  sind. 

Da  sich  die  Streitfrage  im  allgemeinen  darauf  hinspitzt,  ob 
Eiterung  ohne  Bakterien  möglich  ist  oder  nicht,  An- 
sichten, welche  beide  eine  große  Zahl  bekannter  Autoren  zu  Ver- 
fechtern haben,  so  legt  Jordan  in  seiner  Abhandlung  den  Nach- 
druck bei  der  Entscheidung  dieser  Frage  darauf,  ob  thatsächlich 
die  Erzeugung  von  Eiterung  ohne  Mithilfe  von  Bakterien  oder 
Bakterienstoffwechselprodukten  in  einwandsfreier  Weise  gelungen  ist, 
und  muß  auf  Grund  der  experimentellen  Untersuchungen,  beson- 
ders von  Grawitz  und  de  Bary,  von  Kreibohm  und  Rosen- 
bach, Christmas,  Steinhaus,  Janowsky,  diese  Frage  be- 
jahen, wie  ich  glaube,  mit  Recht,  da  eine  kleine  Zahl  positiver 
Versuche  eine  große  negativer  auf-  und  über  wiegen.  Es  kann  wohl 
demgemäß  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen,  daß  eine  aseptische 
Eiterung  existiert,  eine  immerhin  wichtige  Entscheidung,  wenn 
auch  beim  Menschen  aseptische  Eiterungen  niemals  beobachtet  sind 

1)  Weigert,  lieber  Entzündung.  (Fortschritte  der  Medizin.  1889.) 

2)  Grawitz,  Ueber  die  Bedeutung  des  Cadaverins  für  das  Entstehen  von  Eite- 
rung. (Virchow’s  Archiv.  Bd.  CX.) 

3)  Grawitz  und  de  Bary,  Ueber  die  Ursachen  der  subkutanen  Entzündung 
und  Eiterung.  (Virchow’s  Archiv.  Bd.  CVIII.) 

4)  Kreibohm  und  Rosenbach,  Experimentelle  Beiträge  zur  Frage : Kann 
Eiterung  ohne  Mitbeteiligung  an  Mikroben  durch  tote  Stoffe  entstehen?  (Langen- 
becks  Archiv.  XXXVII.) 

5)  Christmas,  Recherches  experimentales  sur  la  suppuration.  (Annales  de 
l'Institut  Pasteur.  1888.) 

6)  Dubler,  Ein  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Eiterung.  Basel  1890. 

7)  Steinhaus,  Die  Aetiologie  der  akuten  Eiterungen.  Leipzig  1889. 

8)  Janowsky,  Ziegler ’s  Beiträge  zur  patholog.  Anatomie.  1889. 

9)  Leber,  Die  Entstehung  der  Entzündung  und  die  Wirkung  der  entzündungs- 
erregenden Schädlichkeiten.  Leipzig  1890. 

10)  Jordan,  Die  akute  Osteomyelitis  mit  besonderer  Berücksichtigung  ihres  Ver- 
hältnisses zu  den  pyogenen  Infektionen  auf  Grund  klinisch-bakteriologischer  Beobach- 
tungen und  des  jetzigen  Standes  der  Bakteriologie  bearbeitet.  (Beiträge  zur  klinischen 
Chirurgie.  Bd.  X.  1893.  No.  3.) 


738 


Kurt  Müller, 


und  dieselben  ein  praktisches  Interesse  nicht  beanspruchen.  Es  ist 
ja  auch  a priori  gar  nichts  Unwahrscheinliches,  daß  man  mit  einigen 
einfachen  chemischen  Mitteln  wird  Eiterung  erzeugen  können.  Nach- 
dem wir  wissen,  daß  bei  den  bakteritischen  Infektionen  nicht  [die 
Anwesenheit  der  Infektionserreger,  sondern  die  Aeußerung 
ihrer  Lebensthätigkeit,  d.  h.  die  Erzeugung  von  Stoffwechsel- 
produkten und  das  Freiwerden  von  bestimmten  Eiweißkörpern,  also 
bestimmte  chemische  Prozesse  das  schädigende  Moment  sind, 
so  lag  es  auf  der  Hand,  daß  die  Erregung  mehr  oder  weniger  ähn- 
licher chemischer  Prozesse  im  Körper  ohne  Anwesenheit  von  Bak- 
terien würde  das  Gleiche  hervorrufen  können.  Da  es  aber  außer- 
ordentlich heterogene  Körper  sind,  welche,  wie  diese  experimentellen 
Untersuchungen  beweisen,  aseptische  Eiterung  erzeugen  und  anderer- 
seits die  eitererregenden  Pilze,  wie  ich  später  zeigen  werde,  nicht 
stets  Eiterung  hervorzurufen  brauchen,  sondern  oftmals  nur  geringere 
Grade  der  Entzündung  erregen,  so  muß  außer  der  mittelbaren 
Ursache  stets  noch  eine  unmittelbare  hinzukommen,  durch 
deren  Zusammenwirken  erst  der  Symptomenkomplex  entsteht,  den 
wir  als  Eiterung  bezeichnen.  Daß  wir  diese  unmittelbare  Ursache 
im  Körper  des  freiwilligen  oder  unfreiwilligen  Versuchsobjektes  zu 
suchen  haben,  ist  nicht  nur  wahrscheinlich,  sondern  durch  eine  ge- 
nügende Zahl  von  Beobachtungen  bestätigt,  mit  anderen  Worten,  die 
Spezifität  der  Gewebe  ist  zum  Zustandekommen  der  Eiterung 
neben  der  mittelbaren  Ursache  der  Hauptfaktor. 

Jedem,  der  mit  Staphylokokken  experimentiert  hat,  selbst 
solchen , welche  von  den  akutesten  Osteomyelitisfällen  gewonnen 
wurden,  welche  die  üppigsten  Kulturen  lieferten,  werden  oftmals  Tier- 
versuche an  Kaninchen  und  Meerschweinchen  mißlungen  sein;  oft 
genug  konnte  ich  für  das  Mißlingen  dieser  Versuche  keinen  anderen 
Grund  finden,  als  daß  das  betreffende  Versuchstier  nicht  empfänglich 
war;  ganz  ähnliches  habe  ich  mehrfach  bei  Verwendung  von  Strepto- 
kokkenkulturen aus  phlegmonösem  und  von  periostitischem  Eiter1) 
beobachtet. 

Dann  wieder  ist  man  erstaunt,  da  positive  Resultate  zu  erhalten, 
wo  man  eher  ein  negatives  erwartet  hatte;  so  bekam  ich2)  bei  der 
Verwendung  des  Eiters  eines  osteomyelitischen  Knochenabscesses, 
der  4 Jabre  bestanden  hatte,  ohne  je  akute  Erscheinungen  zu  machen, 
ein  positives  Resultat,  trotzdem  man  hätte  annehmen  sollen,  daß  der 
betreffende  Pilz  bei  der  langen  latenten  Anwesenheit  im  Körper 
außerordentlich  abgeschwächt  war.  Noch  interessanter  in  derselben 
Hinsicht  ist  der  Versuch  von  Schnitzler3),  welcher  im  Eiter  eines 
35  Jahre  alten  osteomyelitischen  Abscesses  vollvirulente  Staphylo- 
kokken fand.  Gr a witz  und  de  Bary  betonen  diese  Spezifität 
auch  bei  ihren  Versuchstieren  ganz  ausdrücklich,  ebenso  Krei- 


1)  Kurt  Müller,  Ueber  akute  Osteomyelitis.  (Münchener  medizin.  Wochenschr. 
1893.  No.  47  u.  48.) 

2)  1.  c.  und  Centralbl.  f.  Bakt.  u.  Parasitenk.  Bd.  XIV.  1893.  p.  247. 

3)  Julius  Schnitzler,  Ueber  den  Befund  virulenter  Staphylokokken  in  einem 
seit  35  Jahren  geschlossenen  osteomyelitischen  Herde.  (Centralbl.  f.  Bakt.  u.  ParasiteDk. 
Bd.  XV.  1894.  No.  8 u.  9.) 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  739 


bohm  und  Rosenbach,  Christmas  und  Andere.  Sie  spricht 
sich  auch  ganz  besonders  unter  anderen  bei  der  Osteomyelitis 
acuta,  bei  der  infektiösen  Knochenmarkeiterung  aus.  Für  das 
Zustandekommen  dieser  Erkrankung  ist  ein  absolut  spezifisches  Ge- 
webe notwendig.  Das  Knochenmark  wachsender  Individuen 
oder  ein  ganz  besonders  vorbereitetes  älterer  gehört 
dazu,  um  sie  zustande  kommen  zu  lassen.  Beim  Typhus  sehen 
wir  nicht  so  selten  auch  Gelenk-  und  Knochenerkrankungen  als 
Komplikation  eintreten;  trotzdem  man  in  allen  Lokalisationsherden 
die  Typhusbacillen  in  Reinkultur  nachgewiesen  hat,  so  erzeugen  die- 
selben doch  an  jeder  Stelle  ein  ganz  spezifisches  Krankheitsbild.  Im 
Darme  sind  es  die  parenchymatöse  und  nekrotisierende  Form  der 
Entzündung,  in  den  Gelenkergüssen  oftmals  die  seröse  und  bei  den 
periostitischen  Knochenerkrankungen,  die  allerdings  immerhin  nur 
seltener  beobachtet  worden  sind  (Ebermaier,  Ullmann,  Orloff, 
Achalme,  Colzi,  Klemm)1 2),  ausschließlich  die  eiterige  Form, 
welche  auftritt. 

Noch  mehr  tritt  die  Spezifität  der  einzelnen  Gewebe  in  den 
Vordergrund  bei  verschiedenen  selteneren  Arten  der  akuten 
Osteomyelitis,  ein  Hinweis,  den  wir  besonders  Garrö3)  ver- 
danken. Wir  finden  Formen  der  Osteomyelitis,  die  ohne  jede  Eiterung 
verlaufen;  die  sog.  Periostitis  albuminosa  ist  trotz  der  An- 
wesenheit von  Staphylokokken  von  einem  serösen  Exsudate  begleitet. 
Die  gleichfalls  von  Staphylokokken  erzeugte  sklerosierende  Form 
ist  eine  parenchymatöse  Entzündung  des  Knochens.  Am  alleraus- 
gesprochensten haben  wir  aber  die  Bedeutung  der  Spezifität  der  Gewebe 
bei  denjenigen  Formen  der  akuten  Osteomyelitis,  bei  deuen  der  Prozeß 
multipel  auftritt,  und  während  er  an  der  einen  Stelle  akut  eiterig 
verläuft,  sich  an  einer  anderen  nur  als  Verdickung,  also  in  paren- 
chymatös entzündlicher  Form  oder  als  seröse  albuminöse  Periostitis 
kundgiebt. 

Fs  wäre  ein  leichtes,  die  Bedeutung  der  Spezifität  der  Gewebe 
fast  für  jeden  einzelnen  Pilz  zu  beweisen;  sie  findet  sich  selbst  da 
ausgesprochen,  wo  der  Tod  ganz  akut  einzusetzen  pflegt,  wie  ich  3)  es 
für  die  Milzbrandinfektion  nachweisen  konnte.  Von  ganz  besonderer 
Wichtigkeit  ist  es,  daß  selbst  bei  dieser  für  geeignete  Tiere  so  akuten 
Erkrankung  die  spezifische  Bedeutung  der  Gewebe  nachgewiesen  ist. 
Während  man  früher  kaum  beobachtet  hatte,  daß  der  Milzbrandkeim 
schwere  parenchymatös  entzündliche  Veränderungen  in  inneren  Organen 
machte,  gelang  es  Metschnikoff,  Czaplewsky  und  mir,  auch 
eine  nekrotisierende  Wirkung  desselben  nachzu weisen.  Christmas 
beschreibt  sogar  Eiterungen  in  inneren  Organen,  die  ich  jedoch  nur 
als  Nekrosen  ansprechen  möchte.  In  den  inneren  Organen  von 
Tieren,  die  der  Krankheit  erlegen  waren,  fand  ich  den  Keimgehalt 
sehr  verschieden,  und  zwar  nicht  etwa  entsprechend  der  Blutverteilung, 


1)  Klemm,  Die  Knochenerkrankungen  im  Typhus.  (Archiv  für  klin.  Chirurgie. 
Bd.  XL VI.  1893.  No.  4.) 

2)  Garrfe,  (Jeher  besondere  Formen  und  Folgezustände  der  akuten  infektiösen 
Osteomyelitis.  (Beiträge  zur  klinischen  Chirurgie.  Bd.  X.  1893.  No.  2.) 

3)  Kurt  Müller,  Der  Milzbrand  der  Ratten.  (Fortschritte  der  Medizin.  1893.) 


740 


Kurt  Müller 


sondern  infolge  ganz  spezifischer  Einwirkung  der  Organzellen,  wie  es 
sich  mikroskopisch  nachweisen  ließ. 

Es  kann  deshalb,  nachdem  so  durch  eine  große  Zahl  von  Be- 
obachtungen die  Bedeutung  der  Spezifität  der  Gewebe 
bewiesen  ist,  nicht  mehr  wunder  nehmen,  wenn  man  Pilze,  welche 
für  gewöhnlich  Eiterung  erzeugen,  bei  anderen  Stufen  der  Entzündung 
trifft  oder  solche,  welche  für  gewöhnlich  Eiterung  nicht  erzeugen,  bei 
einer  solchen  findet,  mit  anderen  Worten,  spezifische  Eiter- 
erreger nicht  existieren. 

Für  unsere  gewöhnlichsten  Eiterpilze,  die  Staphylococci 
aureus  und  albus,  habe  ich  schon  vorhin  angeführt,  daß  dieselben 
nicht  stets  eiterige  Entzündung,  sondern  auch  die  anderen  Grade 
derselben  hervorzurufen  vermögen;  die  parenchymatöse  Form 
der  Entzündung  finden  wir  bei  der  sklerosierenden  Osteomyelitis,  die 
seröse  bei  der  Periostitis  albuminosa;  ferner  hat  Sahli1)  neuer- 
dings für  den  akuten  Gelenkrheumatismus  ihre  Bedeutung 
als  Erreger  festgestellt.  Außerdem  existieren  zahlreiche  Einzel- 
beobachtuugen,  wo  bei  serösen  Ergüssen  Staphylokokken  gefunden 
wurden  (Levy2),  Goldscheider3),  Legiehn4),  Garre5)). 

Auch  die  Streptokokken  sind  nicht  ausschließlich  pyogen. 
Nachdem  durch  Jordan  die  Identität  zwischen  dem  Strepto- 
coccus erysipelatis  und  pyogenes  nachgewiesen  war 6 ),  zeigte 
sich  ja  von  vornherein  die  Bedeutung  der  Körperzellen  für  das  Zu- 
standekommen der  Krankheitsform.  In  nicht  eiterigen  Pleuraergüssen 
fanden  ihn  Weichselbau  m 7),  Goldscheider8).  Jordan9) 
führt  an,  daß  viele  „subkutane  oder  subfasciale  Phlegmonen“,  welche 
einzig  eine  fibrinöse  Entzündung  darstellen  und  nie  in  wahre  Eiterung 
übergehen,  oft  den  Streptococcus  in  Reinkultur  beherbergen.  Als 
harmlosen  Bewohner  des  Mundes  fand  in  ö1^  Proz.  bei  gesunden 
Menschen  Netter  10 11)  Streptokokken  (127  untersuchte  Fälle).  Im  Duo- 
denum finden  sich  nach  Geßner  1X)  Streptokokken,  welche  sich  durch 
nichts  von  denen  des  Erysipels  unterscheiden,  ohne  irgend  welche 
Störungen  zu  verursachen,  sehr  häufig.  Auch  v.  Düngern  l2)  konnte 


1)  Sahli,  Zur  Aetiologie  des  akuten  Gelenkrheumatismus.  (Korrespondenzblatt 
für  Schweizer  Aerzte.  Bd.  XXII.  1892.) 

2)  Levy,  Bakteriologisches  und  Klinisches  über  pleuritische  Ergüsse.  (Archiv 
für  experimentelle  Pathologie  und  Pharmakologie.  1890.  No.  27.) 

3)  Goldscheider,  Zur  Bakteriologie  der  akuten  Pleuritis.  (Zeitsehr.  für  klin. 
Medizin.  1892.) 

4)  Legiehn,  Ceber  die  sogen.  Periostitis  und  Ostitis  albuminosa.  [Inaug.-Diss.] 
Königsberg  1890. 

5)  Garrfe , cf.  1.  c. 

6)  Jordan,  Die  Aetiologie  des  Erysipels.  (Langenbeck’s  Archiv.  Bd.  XL1I. 
Heft  2.) 

7)  Wiener  medizinische  Jahrbücher.  1886. 

8)  1.  c. 

9)  Jordan,  Die  akute  Osteomyelitis  u.  s.  w.  p.  29. 

10)  Netter,  Microbes  pathogenes  contenus  dans  la  bouche  des  subjects  saios. 
(Revue  d’Hygifene.  1893.) 

11)  Geßner,  Ueber  die  Bakterien  im  Duodenum  des  Menschen.  (Archiv  f.  Hyg. 
Bd.  IX.  No.  2.) 

12)  v.  Düngern,  Ein  Fall  von  Gasphlegmone  unter  Mitbeteiligung  des  Bacterium 
coli.  (Münchener  med.  Wochenschrift.  1893.  No.  40.) 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  741 

in  den  Entleerungen  eines  Tuberkulösen,  der  keinerlei  Eiterungen  im 
Körper  bei  der  Sektion  hatte,  Streptokokken  im  Stuhle  nachweisen. 

Es  folgt  aus  diesen  Beobachtungen,  daß  von  einer  Spezifität  der 
eitererregenden  Pilze  nicht  gesprochen  werden  kann ; weder  Staphylo- 
kokken noch  Streptokokken  dürfen  als  solche  angesehen  werden ; wir 
können  nur  sagen,  daß  diesen  Pilzen  die  Fähigkeit  innewohnt,  bei 
bestimmten  Organzusammensetzungen  pyogen  zu  wirken. 

Eine  ganz  besondere  Stütze  für  eine  solche  Auffassung,  wonach 
die  Spezifität  der  Gewebe  es  ist,  welche  die  Eiterung  bedingt,  bilden 
solche  Fälle,  wo  vorher  seröse  Entzündungen  ohne  irgend  welche 
sekundäre  Infektion  in  eine  eiterige  übergehen.  Solche  Fälle  finden 
sich  in  der  Litt.eratur  kaum  beschrieben,  und  es  scheint  mir  deshalb 
wichtig,  einen  hierher  gehörigen,  in  der  chirurgischen  Klinik  des 
Herrn  Professor  von  Bramann  beobachteten  Fall  zu  berichten: 

Ein  Arbeiter,  welcher  2 Wochen  vor  seiner  jetzigen  Erkrankung 
am  Mittelfinger  der  rechten  Hand  eine  kleine  eiternde  Wunde  gehabt 
hat,  erkrankt  plötzlich  mit  einem  Schüttelfröste,  so  dafs  er  sich  sofort 
ins  Bett  legen  mufs.  Noch  in  derselben  Nacht  traten  heftige,  stechende 
Schmerzen  in  der  rechten  Achselhöhle  hinzu;  am  Morgen  war  diese 
Gegend  gerötet,  doch  schwoll  sie  angeblich  erst  nach  weiteren  3 Tagen 
an.  Die  Schwellung  ging  schliefslich  auf  die  Brust  über;  Patient  suchte 
eine  Klinik  auf,  von  der  aus  er  überwiesen  wird.  Sein  Zustand  ist  der 
folgende : 

Patient  bietet  ein  verfallenes  Aussehen,  die  Lippen  sind  trocken,  er 
ist  absolut  apathisch,  der  Puls  klein  und  aussetzend.  Die  Haut  über 
der  rechten  Schulter  ist  gerötet  und  geschwollen  bis  auf  den  Hals  hin- 
auf; sie  fühlt  sich  heifs  an  und  ist  auf  Berührung  scheinbar  schmerz- 
haft. Diese  Schwellung  setzt  sich  über  die  hintere  Seite  des  Schulter- 
gelenkes hinüber  auf  die  rechte  Thoraxhälfte  in  der  Länge  des  ganzen 
Brustkorbes  fort.  Nach  vorn  reicht  die  Schwellung  bis  zur  Mamillarlinie, 
nach  hinten  bis  etwa  handbreit  von  der  hinteren  Axillarlinie.  Weiter 
abwärts  vom  Schultergelenk  verliert  sioh  die  Rötung  der  Haut  allmäh- 
lich, welche  letztere  nur  noch  infiltriert  erscheint.  Während  man  sonst 
im  Bereiche  der  recht  beträchtlichen  Schwellung  nur  das  Gefühl  einer 
teigigen  Masse  hat,  glaubt  man  unterhalb  und  nach  vorn  von  der 
Scapula  Fluktuation  zu  fühlen.  Nach  dem  Befunde  konnte  es  sich  um 
keine  Phlegmone  gewöhnlicher  Art  handeln  ; das  Ganze  machte  eher  den 
Eindruck  eines  Milzbrandödems,  eine  Annahme,  welche  die  Operation  zu 
bestätigen  schien.  Ein  Schnitt,  in  der  hinteren  Axillarlinie  verlaufend, 
spaltet  Haut  und  subkutanes  Gewebe,  welches  in  eine  eigentümlich 
gallertartige  Masse  verwandelt  ist,  aus  deren  Spalten  eine  seröse 
Flüssigkeit  quillt  — ein  Befund,  wie  man  ihn  bei  Milzbrandödemen  bei 
Tieren  typisch  vor  sich  findet. 

Die  seröse  Masse  läfst  sich  mit  Leichtigkeit  in  grofsen  Mengen 
herausdrücken.  Die  Operation  wurde  bei  dem  Befunde  beendet  und  die 
Wunde  mit  sterilen  Verbandstoffen  verbunden. 

In  den  Ausstrichpräparaten  und  in  den  Gewebsschnitten  finden  sich 
mit  Anilinfarben  und  nach  Gram  färbbare  Streptokokken,  welche  kul- 
turell besonders  üppig  bei  Luftbeschränkung  in  hochgeschichtetem  Agar 
XV.  Bd.  47 


742  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 

und  bei  Körpertemperatur,  doch  auch  bei  gewöhnlicher  Temperatur  und 
in  niedrigen  Nährböden  gedeihen.  Die  Wunde  wurde  mit  aseptischen 
Verbandstoffen  verbunden  und  bis  zu  dem  nach  3 Tagen  unter  septischen 
Erscheinungen  erfolgenden  Tode  vor  Infektion  mit  anderen  Keimen  ge- 
schützt. Bei  der  Sektion  nun  fand  sich  die  ganze  Gegend  eiterig  durch- 
setzt: die  seröse  Durchtränkung  hatte  einer  eiterigen  Platz  gemacht. 
Die  angelegten  Kulturen,  Platten  sowohl  von  Agar  bei  Körpertemperatur, 
als  auch  von  Gelatine,  liefsen  einzig  Streptokokkenkolonieen  wachsen, 
und  auch  in  den  Deckglaspräparaten  fanden  sich  dieselben  Organismen 
als  einzige  Erreger.  Das  Blut,  welches  schon  iutra  vitam  (durch  breiten 
Einschnitt  auf  die  Eingerkniebel  gewonnen  und  an  verschiedenen  Tagen 
untersucht)  weder  mikroskopisch  noch  kulturell  Streptokokken  oder 
andere  fremde  Beimengungen  gezeigt  hatte,  war  auch  jetzt  steril.  Dafs 
es  sich  um  eine  Sekundärinfektion  nicht  handeln  konnte,  geht  aus  der 
Einzahl  des  Infektionserregers  hervor.  (Schluß  folgt.) 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen 
Kongresse  in  Rom, 

Referent:  Dr.  0.  Sanarelli,  Privatdozent  in  Rom. 

(Fortsetzung.) 

Bordoni-Uffreduzzi  (Turin),  Ueber  die  Lokalisation  des 
Gonococcus  im  Innern  des  Organismus  (Ueber  die 
durch  den  Gonococcus  hervorgerufene  Pleuritis  und 
A rthritis). 

Die  Frage  der  Lokalisationen  des  Gonococcus  im  Innern  des 
Organismus  ist  noch  eine  offene,  da  bis  jetzt  noch  kein  sicherer  und 
unanfechtbarer  Beweis  dafür  erbracht  ist,  daß  die  sich  im  Verlaufe 
der  Blennorrhoe  häufig,  besonders  in  den  serösen  Häuten  einstellen- 
den Entzündungsprozesse  wirklich  und  ausschließlich  durch  den  spe- 
zifischen Erreger  dieser  Krankheit  hervorgebracht  werden,  welcher, 
wie  nunmehr  außer  Zweifel  steht,  der  N e i ß e r ’sche  Gonococcus  ist. 

In  den  bisher  beschriebenen  Fällen,  in  denen  sich  bei  Individuen, 
die  an  Gonorrhöe  litten,  Arthritis,  Peritonitis  und  Endocarditis  ent- 
wickelt hatten,  gründete  sich  die  Diagnose  der  Gonokokkeninfektion 
meistens  auf  die  mikroskopische  Untersuchung  der  Krankheitsprodukte 
und  somit  auf  die  Formmerkmale,  das  Färbungsverhalten  und  den 
endocellularen  Sitz  der  beobachteten  Mikrokokken,  und  nur  in  einigen 
seltenen  Fällen  war  der  mikroskopische  Befund  auch  durch  die  Rein- 
kulturen des  Mikroorganismus  erhärtet  worden.  Es  sind  deshalb 
zum  großen  Teil  berechtigte  Zweifel  und  Einwendungen  bezüglich  der 
Richtigkeit  der  Diagnose  in  jenen  Fällen  erhoben  worden,  und  es 
giebt  auch  heute  noch  Viele,  die  der  Meinung  huldigen,  daß  die  sich 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Kom.  743 


im  Verlaufe  der  Blennorrhoe  entwickelnden  inneren  Krankheiten  sekun- 
dären Infektionen  zuzuschreiben  und  anderer  Natur  sind,  oder  sich 
auf  die  reizende  Wirkung  der  chemischen  Produkte  des  Gonococcus 
zurückführen  lassen. 

Bei  diesem  Stande  der  Dinge  kann  als  ein  wichtiger  Beitrag  zum 
Studium  dieser  Frage  der  von  Dr.  Mazza,  Assistenten  am  hygienischen 
Institute  zu  Turin,  beobachtete  und  von  ihm  studierte  Fall  angesehen 
werden,  in  welchem  sich  bei  einem  elfjährigen  Mädchen,  welches  von 
einem  an  spezifischer  Harnröhrenentzündung  leidenden  Mann  geschändet 
worden  war  (Beweggrund  zu  dieser  Schändung  war  der  ziemlich  ver- 
breitete Aberglaube,  daß  ein  Tripper  durch  Beischlaf  mit  einer  Jungfrau 
geheilt  werde),  während  des  Verlaufs  der  Blennorrhoe  eine  Pleuritis 
entwickelte.  Das  Mädchen  wurde  wenige  Tage  nach  der  Schändung 
von  Polyarthritis  und  bald  darauf  von  bilateraler  Pleuritis  befallen. 
Nach  Aussage  des  Arztes,  der  sie  behandelte,  hätten  sich  zu  diesen 
Komplikationen  auch  noch  Pericarditis  und  Endocarditis  hinzugesellt, 
von  denen  noch  jetzt  klinische  Symptome  bestehen.  Das  mittelst 
Saughebers  unter  den  erforderlichen  Vorsichtsmaßregeln  extrahierte 
Pleuraexsudat  wurde  von  Dr.  Mazza  untersucht,  der  nicht  nur  durch 
die  mikroskopische  Untersuchung  die  Anwesenheit  von  in  der  Form 
und  dem  Färbungsverhalten  dem  Ne  iß  er’ sehen  Gonococcus 
gleichenden  Diplokokken  in  den  Leukocyten  und  den  Endothelzellen 
konstatierte,  sondern  auch  durch  Anwendung  der  Werth  ei  m’ sehen 
Methode  (Reinzüchtung  in  einer  Mischung  von  Agar  und  menschlichem 
Blutserum)  die  Abwesenheit  jeder  anderen  Bakterienform  im  Exsudate 
nachweisen  konnte,  außer  dem  Gonococcus,  der  mit  den  ihm 
eigenen  Merkmalen  in  den  Kulturen  wuchs. 

Dieser  Fall  ist  interessant  sowohl  wegen  der  Lokalisation  in 
der  Pleura,  die  als  Komplikation  der  Blennorrhoe  noch  nicht  be- 
schrieben wurde,  als  auch  deshalb,  weil  die  alleinige  Anwesenheit  des 
Gonococcus  nicht  nur  durch  die  mikroskopische  Untersuchung, 
sondern  auch  durch  die  nach  den  genauesten  der  bis  jetzt  bekannten 
Methoden  gemachten  Kulturen  nachgewiesen  wurde. 

Noch  größeres  Interesse  aber,  nicht  wegen  der  Neuheit  des  kli- 
nischen Befundes,  sondern  wegen  der  Resultate  der  bakteriologischen 
und  experimentellen  Untersuchungen , bietet  ein  anderer  von  mir 
studierter  Fall.  Es  handelt  sich  in  diesem  Falle  um  eine  junge  Frau 
von  besserem  Stande,  die  an  Blennorrhoe  litt  und  die,  weil  sie  ihre 
Krankheit  geheim  halten  wollte,  keinen  Arzt  zu  Rate  gezogen  hatte. 
Kurze  Zeit  nach  dieser  Erkrankung  wurde  sie  von  Polyarthritis 
befallen.  Der  nun  herbeigezogene  Arzt  konstatierte  den  spezifischen 
Fluß,  und  da  die  Gelenkentzündung  am  Fuße  einen  besonders  ernsten 
Charakter  angenommen  hatte,  beschloß  er,  eine  Operation  vorzunehmen 
und  extrahierte  zuerst,  unter  Anwendung  aller  bakteriologischen  Vor- 
sichtsmaßregeln, eine  gewisse  Menge  Exsudat. 

In  diesem  eiterartigen  und  fadenziehenden  Exsudate  konstatierte 
ich  durch  die  mikroskopische  Untersuchung  die  Anwesenheit  von 
Mikrokokken,  die  in  den  Eiterzellen  enthalten  waren  und  in  den 
Formmerkmalen  sowie  im  Färbungsverhalten  (Gram’sche  Methode 
gänzlich  negativ)  den  Mikrokokken  glichen,  die  im  Gonorrhöeeiter  an- 

47* 


744  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


getroffen  werden.  Durch  Reinzüchtung  in  einer  Mischung  von  Nähr- 
agar und  menschlichem  Blutserum  erhielt  ich  die  Entwickelung  einer 
einzigen  Mikroorganismenform,  die  die  gleichen  Merkmale  aufwies, 
wie  die  in  den  Eiterzellen  enthaltene.  Mit  diesem  Resultate  gab  ich 
mich  jedoch  nicht  zufrieden ; um  jedem  Einwande  zu  begegnen,  der 
bezüglich  der  Richtigkeit  der  mikroskopisch  und  bakteriologisch  ge- 
stützten Diagnose,  daß  nämlich  der  „Gonococcus“  der  spezifische 
Erreger  der  Gelenkentzündung  war,  noch  erhoben  werden  könnte, 
habe  ich  ein  Experiment  am  Menschen  gemacht,  indem  ich  das  Pro- 
dukt der  zweiten  Generation  des  von  mir  gezüchteten  Micrococcus 
in  die  Harnröhre  eines  Mannes  impfte. 

Das  Individuum,  das  sich  mir  freiwillig  zur  Verfügung  stellte,  war 
zu  einem  derartigen  Experimente  ein  besonders  geeignetes  Objekt. 
Es  handelt  sich  um  einen  gesunden  und  kräftigen  23-jährigen  Mann, 
der  nie  eine  venerische  Krankheit  irgendwelcher  Art  gehabt  hatte 
und  außerdem  im  geschlechtlichen  Verkehre  mit  dem  weiblichen  Ge- 
schlechte  so  enthaltsam  war,  daß  in  dem  Augenblicke,  in  welchem  das 
Experiment  ausgeführt  wurde,  mehr  als  vier  Monate  seit  dem  letzten 
Coitus  verflossen  waren.  Trotzdem  untersuchte  ich  vorher  sorgfältig 
seine  Geschlechtsteile  und  machte  auch  mikroskopische  Präparate 
die  mir  nur  die  Anwesenheit  der  gewöhnlichen  Smegraabacillen  dar- 
thaten;  hierauf  wusch  ich  die  Eichel  und  die  Harnröhrenöffnung  mit 
sterilisiertem  Wasser  und  brachte  mit  einer  Platinnadel  eine  kleine 
Menge  des  der  zweiten  Generation  meiner  Kultur  entnommenen 
Materials  auf  die  Harnröhrenschleimhaut,  die  Harnröhrenöffnung 
kaum  überschreitend,  wobei  ich  auch  sorgfältig  vermied,  die  Schleim- 
haut irgendwie  zu  verletzen. 

Nach  zwei  Tagen  entwickelte  sich  eine  spezifische  Harnröhren- 
entzündung mit  allen  Merkmalen  des  gewöhnlichen  Trippers , und  in 
den  Eiterzellen  fanden  sich  in  reichlicher  Menge  Mikrokokken  ein- 
geschlossen, die  die  gewöhnlichen  Merkmale  aufwiesen  und  von  denen 
ich  hier  Präparate  vorzeige.  Patient  hielt,  meiner  Anordnung  gemäß, 
den  Penis  mit  sterilisierter  Watte  umwickelt,  und  die  am  zweiten 
Krankheitstage  mit  dem  Eiter  gemachten  Kulturen  thaten  die  alleinige 
Anwesenheit  der  Gonokokken  dar,  wie  man  in  diesfen  Kulturröhren 
sehen  kanu,  von  denen  die  eine  eine  Mischung  von  Nähragar  und 
menschlichem  Blutserum  und  die  andere  einfach  solidifiziertes  Kalbs- 
serum enthält  und  die  beide  mit  dem  am  zweiten  Krankheitstage 
entnommenen  Eiter  geimpft  wurden.  In  der  ersteren  Röhre  sieht 
man  die  kleinen  halbdurchsichtigen  Gonokokkenkolonieen , in  der 
letzteren  dagegen  nimmt  man  gar  keine  Entwickelung  wahr. 

Zum  Schlüsse  bemerke  ich  noch,  daß  die  Impfung  der  Kultur 
in  Gelatine,  in  Agar  und  in  Kalbs-,  in  Esels  und  in  Lammserum 
vollständig  steril  blieben , während  die  in  Glycerinagar  gemachten 
Kulturen  nach  48  Stunden  eine  sehr  beschränkte  Entwickelung  von 
ganz  kleinen  und  halbdurchsichtigen  Kolonieen  aufwiesen,  die  nicht 
weiter  fortschritt. 

Die  Vitalität  und  die  Virulenz  dieses  Mikroorganismus  erlöschen 
bald  in  den  Kulturen,  wie  ich  dies  ausführlicher  darthun  werde, 
wenn  ich  das  biologische  Studium  desselben  beendigt  haben  werde. 


Bakterien  und  Milch.  — Typhus. 


745 


Inzwischen  glaube  ich  durch  diese  meine  Untersuchungen  den 
unfehlbaren  Beweis  dafür  geliefert  zu  haben,  daß  der  Gonococcus 
sich  auch  im  Innern  des  Organismus  verbreiten  und  hier  für  sich 
allein  die  Entzündungserscheinungen  hervorrufen  kann,  die  er  in  den 
Geschlechtsorganen  zu  erzeugen  vermag,  da  in  meinem  Falle  die 
logische  Kette  der  experimentellen  Thatsachen  die  zum  sichern  und 
absoluten  Nachweis  des  pathogenen  Vermögens  eines  Mikroorganismus 
erforderlich  sind,  vollständig  erbracht  ist.  Autorreferat. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Referate. 


Freudenreich,  Ed.  v.,  Die  Bakteriologie  in  der  Milch- 
wirtschaft. 8°.  78  p.  Basel  (Carl  Sollmann)  1893. 

Preis  kartonn.  M.  1,20. 

Das  Vorwort  zum  ersten  Hefte  seiner  „Untersuchungen  aus  der 
Praxis  der  Gärungsindustrie“  beginnt  Hansen  mit  dem  Satze: 
„Experimentelle  Studien  über  die  Mikroorganismen  führen  leicht  zu 
praktischen  Aufgaben,  auf  der  einen  Seite  im  Dienste  der  Medizin, 
auf  der  anderen  in  dem  der  Industrie.“ 

Was  nun  diese  letztere  betrifft,  so  ist  es  keineswegs  leicht,  die 
Resultate  der  Studien  auf  die  Praxis  zu  übertragen.  Es  mangelt  bei 
dem  Hilfspersonale  an  Verständnis  der  Lebensweise  der  in  Betracht 
kommenden  Mikroorganismen.  Popularisierung  der  Mikrobiologie 
und  Gärungsphysiologie  ist  es,  was  mit  allen  Kräften  angestrebt 
werden  muß. 

Vorliegendes  Büchlein  ist  als  ein  gelungener  Versuch  in  dieser 
Richtung  zu  bezeichnen.  Wie  sein  Titel  besagt,  ist  es  bestimmt  zum 
Gebrauche  für  Molkereischüler,  Käser  und  Landwirte.  Ref.  meint, 
daß  nebst  den  genannten  noch  ein  weiterer  Berufszweig  hätte  an- 
geführt werden  sollen,  nämlich  der  der  Lehrer  der  Chemie  und  der 
Botanik  an  Molkerei-  und  an  Haushaltungsschulen.  Diese  sind  be- 
rufen, ihre  Schüler  über  Wesen  und  Wirksamkeit  der  Mikroorganismen 
aufzuklären.  Der  vorliegende  Grundriß  wird  ihnen  diese  Bemühungen 
sehr  erleichtern.  Das  Werkchen  ist  mit  Sorgfalt  zusammengestellt 
und  kann  den  obgenannten  Interessenten  bestens  empfohlen  werden. 

Lafar  (Hohenheim  bei  Stuttgart). 

Agro,  Eug.,  Dei  rapporti  patogeni  fra  il  Bacillo  del 
Tifo  e il  Bacterium  coli  commune.  (Annali  dell’  Istituto 
d’Igiene  Sperimentale  di  Roma.  Vol.  III.  Fase.  4.) 

Bacterium  coli  commune  ist  fast  immer  im  Darme  des 
Menschen  und  der  meisten  Tiere  vorhanden,  die  Frage  daher  von 
Interesse,  ob  dieses  Bacterium,  bald  saprophy tisch,  bald  patho- 
gen, entweder  durch  Modifikation  des  Darminhaltes,  welcher  den 
Nährboden  anderer  pathogenen  Darmbakterien  (Typhus,  Cholera) 


746 


Typhusbacillus  und  Bacterium  coli  commune. 


bildet,  oder  durch  seine  Stoffwechselprodukte  dazu  beitragen  kann,  die 
Virulenz  der  anderen  Bakterien  oder  die  Giftigkeit  der  Produkte 
derselben  zu  erhöhen,  oder  ob  endlich  es  selbst  höhere  Virulenz  und 
Giftigkeit  erlangen  kann  durch  Gemeinschaft  mit  dem  einen  oder 
anderen  dieser  pathogenen  Bakterien.  Ueber  die  Wichtigkeit  der 
Symbiose  des  Bact.  coli  mit  den  spezifischen  Erregern  im  Darm- 
inhalte von  Typhus-  und  Cholerakranken  kann  man  sich  kaum 
Rechenschaft  geben. 

Von  neueren  Untersuchungen  über  Verwandtschaft  des  Bact. 
coli  co mm.  und  des  Eberth’schen  Typhusbacillus  erwähnt 
Verf.  die  von  Sanarelli,  welcher  die  abgeschwächte  Virulenz  des 
Typhusbacillus  durch  die  Stoffwechselprodukte  des  Bact.  coli 
im  Versuchstiere  erhöhen  konnte. 

Cesaris  und  Orlandi  kamen  durch  experimentelle  Unter- 
suchungen zu  folgendem  Schlüsse: 

Die  Stoffwechselprodukte  des  Bact.  coli  comm.  und  des 
Typhusbacillus  sind  biologisch  gleichwertig,  insofern  sie  gegen- 
seitig den  Meerschweinchen  Immunität  gegen  den  einen  oder  anderen 
der  beiden  Mikroorganismen  verleihen  können. 

Verf.  stellte  sich  für  seine  Untersuchungen  folgende  Fragen: 

1)  Ob  die  Virulenz  des  Typhusbacillus  zum  Teil  und  bis  zu 
welchem  Grade  ersetzt  werden  könne  durch  die  des  Bact.  coli 
comm.  und  umgekehrt; 

2)  ob  gegenseitig  sich  ersetzende  Virulenz  zwischen  den  Kulturen 
des  Bact.  coli  und  jenen  des  Typhusbacillus  vorhanden 
sei  bei  in  verschiedenen  Zeitperioden  erfolgenden  Infektionen  und 
ob  daraus  gegenseitige  Verleihung  der  Immunität  resultieren 
könne ; 

3)  ob  die  gemeinsam  gezüchteten  Kulturen  des  Typhusbacillus 
und  des  Bact.  coli  einen  höheren  Grad  der  Virulenz  aufweisen, 
als  gleiche  oder  kleinere  Mengen  der  beiden  isoliert  gezüchteten 
Bakterien ; 

4)  wie  sich  die  kumulative  Wirkung  und  die  immunisierende  Fähig- 
keit der  Stoffwechselprodukte  der  beiden  Bakterien  gestalten. 
Verf.  stellte  erst  den  Grad  der  Virulenz  der  beiden 

Bakterien  fest. 

Er  setzte  die  letale  Dosis  einer  durch  mehr  als  6 Monate 
durch  Ueberimpfung  virulent  erhaltenen  Kultur  des  Bact.  coli 
comm.  aus  dem  Stuhle  eines  Gesunden  für  Meerschweinchen 
auf  0,80  Proz.  des  Körpergewichtes  fest. 

Verf.  wollte  den  Typhusbacillus  in  Milchkulturen  oder  in 
Bouillonkulturen  mit  Milchzucker  (5—10  Proz.)  verwenden,  sah  sich 
aber  veranlaßt,  die  Virulenz  dieser  Kulturen  zu  erhöhen.  Dies  gelang 
ihm  nicht  durch  das  oben  angeführte  Verfahren  San arelli’s.  Auch 
eine  zweite  Methode  San  arelli’s  versagte,  nämlich  die  wiederholte 
Ueberimpfung  auf  Meerschweinchen  der  Peritonealflüssigkeit  eines  an 
Typhusinfektion  verendeten  Meerschweinchens,  weil  die  Menge  der 
erhältlichen  Peritonealflüssigkeit  nach  der  dritten  Ueberimpfung  nicht 
mehr  genügte.  Er  zog  daher  die  Anlegung  von  Kulturen  aus  dem 
Tiere  und  successive  Impfung  von  Kulturen  auf  andere  Tiere  vor. 


Typhusbaeillus  und  Bacterium  coli  commune. 


747 


Er  gelangte  so  weit,  daß  0,40  Proz.  des  Körpergewichtes 
von  einer  leicht  alkalischen  Typhusbouillonkultur  genügte, 
Meerschweinchen  zu  töten. 

Es  wurden  immer  Kulturen  gleicher,  jedesmal  nachgeprüfter 
Virulenz  verwendet  und  zur  Lösung  der  ersten  Frage  je  2 Versuchs- 
tieren je  die  Hälfte  der  tödlichen  Dosis  der  beiden  einzelnen  Kulturen 
injiziert,  2 weiteren  ein  Gemisch  der  halben  tödlichen  Dosis  der 
Kulturen  von  Typhusbacillus  und  von  Bact.  coli,  ebenso 
wurden  Gemische  von  je  x/3  und  von  je  l/5  der  tödlichen  Dosis  der 
beiden  Kulturen  verwendet. 

Die  Mischung  der  beiden  Kulturen  erwies  sich  in 
geringeren  Dosen  tödlich,  als  der  Toxicität  der  bei- 
den Komponenten  entsprach,  immerhin  durfte  die  Dosis  jeder 
einzelnen  zur  Injektion  gelangenden  Kultur  nicht  weniger  als  x/3  der 
letalen  Dosis  betragen. 

Behufs  Beantwortung  der  zweiten  Frage  impfte  Verf.  Meer- 
schweinchen mit  der  halben  letalen  Dose  des  einen  oder  anderen  der 
beiden  Bakterien  und  nahm  Nachimpfungen  mit  Kulturen  des  anderen, 
noch  nicht  inokulierten  Bacteriums  vor  nach  24,  18,  12,  6 und 
3 Stunden,  und  zwar  mit  1/2,  3/4  und  endlich  der  ganzen  letalen 
Dose  des  zweiten  Bacteriums.  Es  zeigte  sich,  daß  die  Injektion 
jedes  der  beiden  Bakterien  Immunität  gegen  die 
letale  Dosis  des  anderen  Bacteriums  dem  Kaninchen 
zu  verleihen  vermag,  insofern  die  Zwischenzeit  zwi- 
schen beiden  Inokulationen  nicht  kürzer  ist,  als 
6 Stunden.  Die  Tiere  starben  nach  längerer  Zeit  an  Kachexie. 

Gelatinekulturen  aus  Peritonealflüssigkeit  solcher  Tiere,  welche 
der  nach  3 Stunden  vorgenommenen  zweiten  Impfung  erlegen  waren, 
zeigten  nicht  nur  Entwickelung  der  Typhusbacillen , sondern  auch 
des  3 Stunden  früher  injizierten  Bacter.  coli.  Um  den  Grad  der 
Virulenz  gemeinsam  gezüchteter  Kulturen  beider  Bakterien 
zu  prüfen,  wurden  Meerschweinchen  mit  solchen  Kulturen  in  Bouillon 
geimpft. 

Da  vom  Gemisch  getrennt  gezüchteter  Kulturen  x/3  der  letalen 
Dosis  jedes  der  beiden  Bakterien  genügt,  den  Tod  herbeizuführen 
und  dies  für  den  Typhusbacillus  0,13 °/0,  für  Bacter.  coli 
0,37  °/0  des  Körpergewichts  entspricht,  so  verwendete  Verf.  für  diesen 
Versuch  0,50  °/0  des  Körpergewichts. 

Die  Virulenz  erschien  bedeutend  erhöht  durch  die 
gemeinsame  Kultur  beider  Bakterien,  indem  schon  eine 
Dosis  von  0,20 °/0  des  Körpergewichtes  letal  wirkte. 

Zählungen  vor  der  Impfung  ergaben,  daß  das  Verhältnis  der 
beiden  Bakterien  in  der  Kultur  ungefähr  gleich  war. 

Um  zu  entscheiden,  ob  das  gefundene  wechselseitige  Verhältnis 
der  beiden  Bakterien  auf  die  Wirkung  der  lebenden  Bakterien  oder  die 
ihrer  Stoffwechselprodukte  zurückzuführen  sei,  impfte  Verf.  Versuchs- 
tiere mit  sterilisierten  Kulturen  jedes  einzelnen  Bakteriums,  andere 
mit  einem  Gemisch  sterilisierter  Kulturen  beider  Bakterien.  Er  hatte 
die  letale  Dose  solcher  Kulturen  für  Typhusbacillus  auf  1,65 °/0, 
für  Bacter.  coli  comm.  auf  2,60 °/0  des  Körpergewichtes  für  Meer- 


748 


Cholera. 


schweinchen  festgesetzt.  Es  wurde  für  das  Gemisch  je  die  halbe 
letale  Dosis  der  beiden  Bakterien  verwendet,  wobei  Exitus  erfolgte. 

Die  Gemische  sterilisierter  Kulturen  haben  also 
erhöhte  Giftigkeit,  aber  es  zeigte  sich,  daß  geringe  Herab- 
setzung der  Dosis  negativen  Erfolg  zur  Folge  hatte,  wenn  auch  die 
Tiere  später  kachektisch  endeten. 

Ferner  untersuchte  Verf.  das  reciproke  Verhalten  von  in  einem 
Intervall  von  24  Stunden  nacheinander  vorgenommenen  Injektionen 
der  beiden  sterilisierten  Kulturen,  etwas  geringere  Mengen  als  die 
letalen  verwendend.  Das  Resultat  war  negativ.  Verf.  vermutet,  daß 
die  Schädigung  des  Tieres  durch  die  erste  Injektion  entweder  nicht 
genügend  intensiv  sei,  um  die  Resistenz  gegen  die  zweite  Injektion 
herabzusetzen  oder  dann  nicht  24  Stunden  andauere. 

In  seinen  Schlußsätzen  erinnert  Verf.  daran,  daß  das  Bacter. 
coli  im  menschlichen  und  tierischen  Darme  vorhanden  sei,  ohne 
unter  normalen  Verhältnissen  Schaden  anzurichten,  sei  es  wegen  des 
Schutzes,  den  die  intakte  Darmwand  bietet,  sei  es,  weil  die  Stoff- 
wechselprodukte langsam  und  in  richtigem  Verhältnisse  zur  Elimination 
resorbiert  worden.  Dagegen  gestalten  sich  die  Verhältnisse  schädlich 
für  den  Organismus,  wenn  daneben  ein  die  Darmwand  alterierendes 
Bacterium  vorhanden  ist.  Gerade  im  Typhus  abdominalis  sind 
solche  Bedingungen  in  hohem  Grade  gegeben,  und  es  dauern  solche 
lange  Zeit.  Dadurch  werde  die  Absorption  der  Stoffwechselprodukte 
anderer  Bakterien,  worunter  auch  des  Bacter.  coli  comm.,  be- 
günstigt und  vielleicht  zugleich  die  Produktion  toxischer  Stoffe  ver- 
mehrt. 

Verf.  glaubt,  daß  die  von  ihm  erhaltenen  Resultate  geeignet 
seien,  wenn  auch  nicht  in  vielen  Fällen  des  Typhus  abdominalis  die 
Symptomatologie  aufzuklären,  so  doch  auf  die  Wichtigkeit  der  Rolle 
des  Bacter.  coli  comm.  hinzuweisen  und  ähnliche  Fragen  von 
großem  Interesse  auch  bei  anderen  Infektionskrankheiten  anzuregen. 

H.  Kerez  (Rom). 

Pfeiffer , B. , Studien  zur  Choleraätiologie.  (Zeitschrift 
für  Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XVI.  Heft  2.  p.  268 
—286.) 

Die  von  vielen  Seiten  gegen  die  Anschauungen  des  Verf.’s  in 
betreff  der  Choleragifte  erhobenen  Angriffe  veranlaßten  denselben  zu 
einer  erneuten  Besprechung  dieses  Themas  unter  Berücksichtigung 
der  Arbeiten  von  Issaeff,  Zenthoefer  und  Kolle.  Er  betont, 
daß  er  nach  wie  vor  den  Standpunkt  einnehmen  muß,  daß  in  den 
Leibern  der  Choleravibrionen  Giftsubstanzen  enthalten  sind,  welche, 
in  den  gewöhnlichen  Kulturmedien  fast  unlöslich,  im  Körper  der  als 
Versuchstiere  benutzten  Meerschweinchen  nach  dem  Zugrundegehen 
der  injizierten  Bakterien  frei  werden  und  dann  auf  die  Centren  der 
Cirkulations-  und  Temperaturregulieruug  lähmend  wirken.  Diese 
Giftstoffe  sind  in  ungewöhnlichem  Grade  labil.  Nach  ihrer  Zerstö- 
rung durch  thermische  oder  chemische  Eingriffe  bleiben  sekundäre 
Giftkörper  zurück,  die  in  ihrer  physiologischen  Wirkung  den  primären 
Toxinen  sehr  ähnlich  sich  verhalten,  aber  erst  in  vielfach  höherer 


Cholera. 


749 


Dosis  denselben  toxischen  Effekt  hervorzurufen  vermögen.  Diese 
sekundären  Toxine  sind  relativ  sehr  resistente  Substanzen,  die  sogar 
stundenlanges  Kochen  vertragen.  Die  von  Wiener  und  Gr  über, 
von  Scholl  und  Hueppe  und  Hammerl,  Klein  und  S obern - 
heim  dieses  Thema  betreffenden  Arbeiten  werden  kritisch  be- 
sprochen und  auf  die  Unrichtigkeiten  in  deren  Ergebnis  aufmerksam 
gemacht. 

Da  man  an  Meerschweinchen,  welche  den  Infektionen  per  os  er- 
legen sind,  stets  das  Epithel  des  Dünndarms  nekrotisch  findet,  so 
nimmt  Verf.  an , daß  dieser  Schwund  der  Epitheldecke  äußerst 
wichtig  für  das  Zustandekommen  der  Cholerainfektion  ist,  da  gerade 
hierdurch  ein  Kontakt  großer  Mengen  lebender  oder  toter  Bacillen 
mit  dem  Körpergewebe  vermittelt  wird,  welche  zur  raschen  Resorp- 
tion der  giftigen  Zellstoffe  Veranlassung  giebt.  Einen  ähnlichen 
Vorgang  erblickt  Verf.  bei  der  Influenza.  Von  diesem  Gesichtspunkte 
aus  müssen  auch  die  Versuche  von  Pe  ttenkofer’s  u.  A.  gedeutet 
werden.  — Auf  Emmerich’s  Nitritvergiftuug  eingehend,  konnte  er 
im  Verein  mit  Proskauer  in  keinem  Stadium  der  künstlichen 
Choleraintoxikation  Nitrite  nachweisen.  Versuche  mit  frischen  Cholera- 
kulturen an  Meerschweinchen  und  Tauben  ergaben  als  minimal  letale 
intraperitoneale  Dosis  1/5 — x/8  Oese  für  die  Meerschweinchen,  während 
die  subkutan  geimpften  Meerschweinchen  nur  mit  Fieber  reagierten, 
Tauben  blieben  am  Leben. 

Am  Schlüsse  seiner  Arbeit  bespricht  Verf.  die  Arbeit  von  I s s a e f f 
und  deutet  die  von  anderen  Autoren  gemachten  Befunde  im  Sinne 
dieser  Arbeit,  so  daß  wir  durch  Injektion  vieler  Stoffe  eine  vorüber- 
gehende Immunität,  bedingt  durch  Phagocytose,  aber  keine  dauernde, 
wie  nach  Vorbehandlung  mit  Cholerakulturen  erlangen  können. 

0.  Voges  (Danzig). 

Kolle,  Beiträgezu  den  experimentellen  Cholerastudien 
an  Meerschweinchen.  (Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infek- 
tionskrankheiten. Bd.  XVI.  H.  2.  p.  329 — 362.) 

Verf.  berichtet  in  seiner  Arbeit  zunächst  über  den  Infektions- 
modus bei  der  intraperitonealen  Cholerainfektion  und  hebt  hervor, 
daß  die  Hauptfehlerquelle  in  einer  Verletzung  des  Darmes  beruht, 
welche  bei  einer  gewissen  Prozentzahl  der  Fälle  stets  auftreten. 
Er  glaubt  konstatieren  zu  können,  daß  nur  dann  die  Cholerabakterien 
nach  intraperitonealer  Infektion  im  Meerschweinchendarme  in  größe- 
rer Menge  vorhanden  sein  könnten , wenn  der  Darm  verletzt  ist. 
Er  nimmt  auf  Grund  seiner  Versuche  an,  daß  bei  ca.  80  Proz.  der 
Fälle  dieses  nicht  der  Fall  war  und  in  nur  20  Proz.  waren  sie  vor- 
handen, doch  meist  in  so  geringer  Menge,  daß  sie  mikroskopisch 
gar  nicht  nachzuweisen  waren.  Ein  gleiches  Resultat  erreichte  Verf. 
bei  der  Infektion  in  die  Pleura,  das  subkutane  Gewebe  in  die  Blut- 
bahn und  in  die  laparotomierte  Bauchhöhle.  Die  Vibrionen  schienen 
dabei  durch  die  Blutbahn  in  den  Darm  zu  wandern,  ob  sie  sich 
wirklich  im  Lumen  des  Darmes  finden  oder  nur  in  den  Blutkapillaren 
der  Schleimhaut  enthalten  sind,  konnte  Verf.  mit  absoluter  Sicher- 


750 


Cholera. 


heit  nicht  entscheiden.  Damit  ein  Vorkommen  der  Cholerabacillen 
im  Darme  wie  auch  in  der  Blutbahn  stattfinden  konnte,  mußte  die 
Dosis  der  injizierten  Bakterienmenge  so  groß  sein,  daß  die  bakterien- 
feindlichen Agentien  im  Meerschweinchenkörper  nicht  ausreichten,  um 
die  Bakterien  abzutöten.  Bei  gradweiser  Dosierung  gelang  es,  Tiere 
zu  finden,  bei  denen  durch  intraperitoneale  Infektion  mit  Cholera- 
material dieselben  getötet  wurden,  ohne  daß  außer  im  Peritoneum 
Choleravibrionen  im  Darme,  Blute  und  inneren  Organen  gefunden 
werden  konnten.  Ist  die  Dosis  noch  etwas  geringer  gewählt,  so  ist 
auch  das  Peritoneum  steril.  Diesen  Intoxikationsprozeß  beim  Meer- 
schweinchen hält  K.  für  ein  Analogon  des  Stadium  algidum  der 
Cholera  beim  Menschen.  Wenn  Hueppe  annimmt,  daß  die  An- 
siedelung der  Cholerabakterien  im  Darme  der  Meerschweinchen  nach 
intraperitonealer  oder  subkutaner  Einverleibung  zur  Erzeugung  des 
bekannten  Krankheitsbildes  nötig  sei,  so  kann  Verf.  auf  Grund  seiner 
Beobachtungen  diese  Anschauung  nicht  teilen. 

Führte  Verf.  in  die  Carotis  von  Meerschweinchen  lebende 
Choleravibrionen  ein,  so  gingen  dieselben  im  Blute  rasch  zu  Grunde, 
wirkten  aber  durch  eine  rapide  auftretende  Intoxikation.  In  einem 
Teile  der  Fälle  ließen  sich  dann  die  Bakterien  im  Darme  auffinden, 
aber  in  stets  relativ  sehr  geringer  Menge,  in  einem  anderen  Teile 
konnten  überhaupt  keine  Cholerakeime  aus  dem  Darme  nacbgewiesen 
werden.  0.  Voges  (Danzig). 

Büchner,  H. , Ueber  Choleratheorieen  und  die  Not- 
wendigkeit weiterer  Choleraforschungen.  (Deutsche 
Vierteljahrsschrift  für  öffentliche  Gesundheitspflege.  Bd.  XXV. 
Heft  3.  p.  432  ff.) 

In  seiner  Abhandlung  berichtet  Verf.  zunächst  über  die  Lehre 
Koch ’s  von  der  Kontagiosität  der  Cholera,  er  betont,  daß  diese 
Lehre  nicht  imstande  sei,  das  Cholerarätsel  zu  lösen.  Dieses  vermag 
aber  die  lokalistische  Theorie,  welche  im  zweiten  Teil  der  Abhand- 
lung Gegenstand  näherer  Erörterung  ist.  Verf.  führt  in  seinen  Aus- 
führungen viel  altes  und  neues  Material  für  und  gegen  die  beiden 
Theorieen  an,  regt  dann  ferner  die  Frage  an,  ob  es  ein  ektogenes 
Stadium  der  Choleravibrionen  giebt,  führt  aus,  daß  dasselbe  überhaupt 
entbehrlich  sei  und  daß  somit  auch  keine  Berechtigung  vorhanden 
sei,  dasselbe  als  wesentliche  Hilfsursache  für  Choleraepidemieen  anzu- 
nehmen. Weiter  wird  die  zeitlich-örtliche  Disposition  für  Cholera- 
epidemieen abgehaudelt.  Einen  großen  Teil  der  Arbeit  nimmt  die 
vom  Verf.  aufgestellte  diblastische  Theorie  in  Anspruch.  B.  nimmt 
an,  daß  für  das  Zustandekommen  der  Cholera  ein  Epitheldefekt  im 
Darmkanale  notwendig  sei,  dieser  aber  werde  nicht  durch  die 
Cholerabakterien,  sondern  durch  ein  anderes  Etwas,  vielleicht  Amöben 
hervorgerufen.  Eine  Unzahl  Beispiele  werden  in  der  Arbeit  heran- 
gezogen, viele  neue  Fragen  angeregt,  doch  ist  es  unmöglich,  im  ein- 
zelnen auf  dieselben  einzugehen  und  muß  die  Arbeit  im  Zusammen- 
hänge gelesen  werden.  Hier  sei  nur  auf  ihren  Inhalt  aufmerksam 
gemacht.  O.  Voges  (Danzig). 


Cholera. 


751 


Karlinski,  Kleine  Beiträge  zur  Aetiologie  der  Cholera. 

Verf.  bespricht  einige  auf  der  in  der  Hygienischen  Rund- 
schau. 1894  schon  geschilderten  Reise  nach  Arabien  gemachten 
Cholerastudien ; es  handelt  sich  um  Ergebnisse  bakteriologischer 
Untersuchungen,  bei  denen  entweder  die  Cholerabacillen  intra  vitam 
gar  nicht  nachgewiesen  werden  konnten,  oder  andere,  in  denen 
sie  gefunden  wurden,  ohne  daß  Cholerasymptome  je  bestanden 
hatten. 

Fall  I litt  an  Leberaffektion  und  erkrankte  mit  Cholerasym- 
ptomen. Die  bakteriologische  Untersuchung  mit  Peptonkultur  wie 
Gelatineplatten  verlief  negativ.  Tod  nach  8 Stunden,  im  Blinddärme 
fanden  sich  massenhaft  Cholerabacillen. 

Fall  II.  Im  Stuhl  4 — 8 keine  Cholerabacillen  nachweisbar, 
erst  36  Stunden  nach  dem  Beginne  der  Erkrankung  gelang  die 
Kultur. 

Fall  III.  Nach  Ausbruch  des  Durchfalls  wurden  Choleraspirillen 
gefunden,  24  Stunden  später  nicht  mehr,  erst  am  fünften  Tage,  wo 
die  Durchfälle  stürmischer  wurden , traten  sie  wieder  massen- 
haft auf. 

Fall  IV.  10  Tage  im  Reiswasserstuhl  keine  Cholerabacillen 
nachweisbar,  erst  nach  Kalomel  in  halbfesten  Stuhle  wurden  dieselben 
gefunden  am  10.  Tage,  dieselben  waren  so  virulent,  daß  sie 
Meerschweinchen  in  7 Stunden  töteten. 

Fall  V — VII  zeigten  in  der  Rekonvalescenz  nach  längerem  Aus- 
bleiben der  Cholerabacillen  plötzlich  wieder  solche. 

Fall  IX.  Bei  einem  Laboratoriumsdiener  fanden  sich  zufällig 
bei  völliger  Gesundheit  Cholerabacillen,  welche  4 Tage  lang  nach- 
weisbar waren,  später  verschwanden,  ohne  irgend  je  eine  Reaktion 
hervorzurufen. 

Schließlich  berichtet  Verf.  noch  über  eine  Selbstinfektion,  ganz 
zufällig  entdeckte  er  in  seinem  Stuhle  Bacillen,  welche  weder  in  Stich- 
kulturen, noch  bei  der  Indolreaktion,  noch  beim  Tierexperimente 
irgendwelche  Unterschiede  von  Cholerabacillen  darboten,  trotzdem 
bestanden,  abgesehen  von  etwas  größerer  Dünnflüssigkeit  des  Stuhles, 
keinerlei  Beschwerden.  Vielleicht  war  Verf.  bereits  immun,  da  er 
1892  einen  Choleraanfall  überstanden. 

Bei  den  293  Untersuchungen  fanden  sich  81mal  Cholerabacillen 
in  Reinkultur,  97mal  in  Verbindung  mit  Bacteri  u m coli  allein 
und  110 mal  in  Verbindung  mit  diesem  und  dem  Bacillus 
proteus  Hauser,  so  daß  die  Theorie  N e n c k i ’s , der  die  Wirkung 
des  Cholerabacillus  nur  durch  Symbiose  mit  3 anderen  Stäbchen- 
bakterien erklären  will,  nicht  mehr  stichhaltig  ist. 

Die  Lebensfähigkeit  der  Choleravibrionen  in  den  Dejektionen 
betrug  in  einem  Falle  52  Tage,  während  andere  Proben  bereits  am 
16.  Tage  keine  lebendigen  Cholerakeime  mehr  enthielten. 

Um  die  Wirkung  der  Desinfektionskraft  der  Sonne  auf  die 
Cholerabakterien  zu  erproben,  legte  Verf.  mit  Choleradejekten  be- 
schmierte Leinwandstücke  in  die  Sonne  bei.  einer  Temperatur  von 
40,3  des  Sandes  und  46,4°  C der  Luft.  Nach  2 Stunden  waren 
keine  lebensfähigen  Cholerakeime  mehr  nachzuweisen.  Das  gleiche 


752 


Cholera. 


Ergebnis  batten  die  in  gleicher  Weise  mit  den  Reinkulturen  ange- 
stellten  Versuche.  Die  gleichen  Versuche  im  Schatten  bei  39  bis 
40  0 C angestellt,  ließen  in  den  Choleradejekten  keine  lebenden  Keime 
mehr  erkennen,  während  die  Reinkulturen  nach  3 Stunden  noch 
lebensfähige  Kulturen  ergaben.  17  Tage  in  einem  Kasten  einge- 
schlossene Leinwandstücke  ließen  sowohl  aus  den  Choleradejekten 
wie  aus  den  Reinkulturen  keine  Kulturen  mehr  aufgehen,  die 
Maximaltemperatur  des  Kastens  hatte  44°  C betragen.  Aehnliche 
Versuche  werden  für  die  nächste  Zeit  in  Aussicht  gestellt. 

O.  Voges  (Danzig). 

Zentliöfer,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholerakulturen 
in  Hühnereiern.  (Zeitschrift  für  Hygiene  u.  Infektionskrank- 
heiten. Bd.  XVI.  H.  2.  p.  362 — 367.) 

Scholl  und  H u e p p e , in  neuerer  Zeit  auch  Hammerl,  Wie- 
ner und  Grub  er,  haben  berichtet,  daß  die  von  Cholera  infizierten 
Eier  einen  starken  Geruch  nach  Schwefelwasserstoff  haben  und  der 
Dotter  eine  schmierige  Masse  von  gelber  Farbe  bildete.  R.  Pfeif- 
fer bestritt  diese  Anschauungen  und  hielt  Verf.  es  für  notwendig, 
diese  Versuche  nachzuprüfen.  Die  Eier  wurden  durch  mehrstündiges 
Liegeulassen  in  Sublimat  1 : 1000  desinfiziert.  Ref.  hält  diese  Me- 
thode nicht  gerade  für  sehr  glücklich  gewählt,  da  durch  das  stunden- 
lange Liegen  in  der  Desinfektionsflüssigkeit  immerhin,  wenn  auch  ein 
geringer  Teil  derselben,  in  das  Eiinnere  dringen  muß  und  bei  der 
starken  Konzentration  diese  Spuren,  wenn  auch  nicht  eine  Unter- 
drückung, so  doch  eine  Hemmung  der  Wachstumsfähigkeit  der  ein- 
geschlossenen Bakterien  verursachen  können.  Jedenfalls  wäre  diese 
Vorfrage  noch  durch  Versuche  zu  prüfen.  Sodann  haben  wir  uns 
längst  gewöhnt,  bei  Tierversuchen  Kontrollversuche  zu  machen,  warum 
stellt  man  nicht  auch  Kontrolleier  mit  in  den  Brütofen?  Verf.  ver- 
meidet sehr  glücklich  einen  Fehler  anderer  dadurch,  daß  er  auch 
anaerobe  Kulturen  anlegte.  Als  Resultat  seiner  Beobachtungen  teilt 
er  mit,  daß  in  denjenigen  Hühnereiern,  in  welchen  die  Cholerabakterien 
thatsächlich  in  Reinkulturen  durch  die  mikroskopische  und  kulturelle 
aerobe  wie  anaerobe  Untersuchung  nachweisbar  waren,  in  keinem 
Falle  so  viel  Schwefelwasserstoff  entwickelt  wurde,  daß  dieser  durch 
Bildung  von  Schwefelquecksilber  auf  der  Schale  oder  durch  den  Ge- 
ruchsinn sich  verraten  hätte.  Das  Eigelb  hatte  seine  normale  honig- 
gelbe Farbe  bewahrt,  das  Eiweiß  war  leicht  getrübt  und  verflüssigt. 
Ueberall  aber,  wo  Schwefelwasserstoff  in  größeren  Mengen  im  Eiinhalte 
vorhanden  war,  wies  die  genauere  Untersuchung  die  Gegenwart  ver- 
unreinigender Bakterienarten  nach,  die  an  Zahl  auch  die  spärlichen 
Cholerabacillen  überragten.  Diese  konnten  einerseits  durch  die  mikro- 
skopische Untersuchung  nachgewiesen  werden,  andererseits  wuchsen 
sie  aber  im  Botkin’schen  Apparate  in  einer  Wasserstoflfatmosphäre, 
während  die  Gelatineplatten  nur  eine  Reinkultur  von  Cholerabacillen 
ergaben.  0.  Voges  (Danzig). 

Die  Choleraepidemie  in  der  Türkei  und  speziell  in  Kon- 
stantin opel.  (Deutsche  med.  Wochenschrift.  1894.  No.  5 u.  6.) 


Cholera. 


753 


Chantemesse,  L’ Epidemie  chol6rique  de  Constantinople. 

(La  Semaine  mödicale.  1894.  No.  6.) 

Der  erste  der  beiden  Aufsätze  ist  von  einem  anscheinend  in 
Konstantinopel  ansässigen  Arzte  geschrieben , welcher  sich  nur  mit 
D.  unterzeichnet.  In  seiner  Schilderung  des  Verlaufs  der  vorjährigen 
Choleraepidemie  in  der  Türkei  und  den  gegen  dieselben  getroffenen 
Maßregeln  hebt  der  Verf.  schonungslos  zahlreiche,  io  den  der  otto- 
manischen  Regierung  unterstellten  Ländern  vorhandene  Mißstände 
hervor.  Der  Thätigkeit,  welche  Chantemesse  im  Aufträge  der 
türkischen  Regierung  in  Konstantinopel  entfaltet  hat,  gedenkt  er  da- 
gegen nur  mit  wenigen  Worten. 

Chantemesse  berichtet,  daß  Konstantinopel  bisher  4mal, 
nämlich  in  den  Jahren  1831,  1847,  1865  und  1871  von  Cholera- 
epidemieen  heimgesucht  worden  ist.  Die  erste  und  dritte  waren  auf 
dem  Seewege  von  Galatz  bezw.  aus  dem  Hedjaz , die  zweite  auf 
dem  Landwege  von  Persien  her  eingeschleppt.  Die  bedeutendsten 
Verheerungen  richtete  die  dritte  Epidemie  an;  30000  Personen 
fielen  in  ihr  der  Seuche  zum  Opfer.  Der  Ursprung  der  Epidemie 
des  Jahres  1893  ist  nach  Chantemesse  dunkel;  bekannt  sei  ihm 
geworden,  daß  am  24.  August  ein  Todesfall  aus  dem  Viertel  Has- 
keui,  am  28.  August  2 weitere  aus  Galata  gemeldet  wurden,  daß 
am  29.  August  ein  heftiger  Ausbruch  der  Seuche  in  der  Irrenanstalt 
zu  Skutari  erfolgte,  und  daß  gleichzeitig  im  Gefängnis  von  Stambul 
ein  kleinerer  Herd  sich  entwickelte.  Die  Krankheit  herrschte  dann 
zunächst  in  den  3 Vierteln  Galata,  Stambul  und  Skutari,  trat  Mitte 
September  in  der  Salimkaserne  auf  und  wurde  durch  die  kranken 
Soldaten  in  das  Häi'dar-Pascha-Lazarett  verschleppt.  Später  er- 
folgten Erkrankungen  auch  am  asiatischen  Ufer  des  Bosporus  und 
am  goldenen  Horn.  Der  größte  Teil  von  Stambul  blieb  indessen 
verschont.  Auffällig  war  es,  daß  jedem  während  der  Monate  Sep- 
tember und  Oktober  eingetretenen  Regengüsse  eine  Zunahme  der  Er- 
krankungsziffer folgte.  Ende  Oktober  schien  die  Seuche  erloschen 
zu  sein,  als  sie  plötzlich  am  6.  November  nach  einem  am  3.  Novem- 
ber erfolgten  Gewitter  in  bedeutend  vermehrter  Heftigkeit  auftrat. 
Die  Gesamtzahl  der  Erkrankungen  (und  Todesfälle)  berechnet 
Chantemesse  auf  ca.  2000  (1100),  von  denen  449  (ca.  300)  in 
die  Zeit  bis  zum  31.  Oktober  fielen. 

Der  Verf.  der  anderen  Arbeit  ist  der  Ansicht,  daß  die  Cholera 
von  2 verschiedenen  Seiten  aus  nach  Konstantinopel  eingeschleppt 
worden  sei.  Einmal  hätten  türkische  Arbeiter,  welche  nach  Ausbruch 
der  Seuche  in  Rumänien  aus  Sulina  zurückkehrten,  und  unter  denen 
thatsächlich  Choleraerkrankungen  vorgekommen  sind,  die  Seuche  zu- 
nächst nach  dem  Quarantänelazarett  von  Sinope  und  dann  nach  Kon- 
stantinopel gebracht;  doch  sei  der  auf  diese  Weise  entstandene  Herd 
bald  wieder  erloschen.  Die  hauptsächliche  Ursache  der  vorjährigen 
Erkrankungen  sei  die  vorausgegangene  Epidemie  in  Hedjaz  gewesen. 
Dorthin  ist  die  Seuche  nach  Auffassung  des  Verf.’s  durch  türkische 
Truppen  gekommen,  welche  bereits  längere  Zeit  vorher  zur  Unter- 
drückung aufständischer  Bewegungen  in  das  Y6men  geschickt  waren, 


754 


Cholera. 


seit  der  Epidemie  in  Mekka  vom  Jahre  1891  ununterbrochen  Cholera 
hatten  und  nach  Aufhebung  der  Quarantäne  gegen  das  Y6men  im 
vorigen  Jahre  nach  verschiedenen  Orten  verlegt  wurden.  Sie  haben 
sowohl  nach  Smyrna  als  auch  nach  Mekka  die  Cholera  gebracht. 
Die  Zahl  der  Choleratodesfälle  unter  den  dort  ein  getroffenen  Pilgern, 
welche  amtlich  auf  10000 — 11000  angegeben  wurde,  ist  in  Wahrheit 
viel  größer  gewesen.  Die  den  Pilgern  auferlegten  Quarantänen, 
deren  Unzulänglichheit  in  einem  von  Karlin sky  verfaßten  Aufsatze 
„Unter  der  gelben  Flagge“  kürzlich  in  der  Hygienischen  Rundschau 
beleuchtet  worden  ist,  vermochten  es  nicht  zu  hindern,  daß  im  Gefolge 
der  Heimkehrenden  die  Seuche  nach  verschiedenen  Oertlichkeiten 
gelangte.  Am  20.,  21.  und  23.  August  kamen  die  ersten  Pilger- 
schiflfe  (Nime  Huda,  Sögütlü1)  und  Zeadet)  in  Konstantinopel  an; 
am  29.  August  erfolgten  die  ersten  Erkrankungen  im  Irrenhause  von 
Skutari.  „Wer  den  Glauben  der  Türken  kennt  an  die  Heilkraft, 
die  von  einem  Hadji  ausgeht  — die  Kranken  legen  sich  auf  die 
Erde  und  der  Mekkapilger  stellt  sich  auf  sie  — oder  an  die  Wunder, 
die  das  heilige  Wasser  Zem-Zem  thut  — der  wird  sich  über  diesen 
Ausbruch  nicht  wundern.“  Zu  betonen  ist,  „daß  zuerst  die  türkische 
Bevölkerung  — das  Irrenhaus,  die  Kasernen,  die  Kriegsschiffe  und 
die  Marinesoldaten  — das  bedeutendste  Kontingent  zu  den  Erkrankungen 
stellte;  erst  später  wurden  auch  jüdische  Quartiere  und  die  Stadt- 
gegend am  Bosporus  verseucht.“ 

Die  Verbreitung  der  Cholera  wurde  durch  die  anfänglich  er- 
griffenen ganz  sinnlosen  Absperrungsmaßregeln,  welche  sich  nicht 
allein  gegen  die  heimgesuchten  Häuser  mit  ihren  Insassen,  sondern 
auch  gegen  die  behandelnden  Aerzte  richteten,  nicht  aufgehalten. 
Die  Hoffnung,  der  man  sich  Ende  Oktober,  als  die  Epidemie  abzu- 
nehmen schien,  hingab,  war  trügerisch.  „Der  November  setzte  mit 
heißem  Wetter  und  schwülen  Südwinden  ein.  Vom  5.  November  ab 
brach  die  Epidemie  in  verschiedenen  Hafenquartieren  mit  großer  Hef- 
tigkeit von  neuem  aus.“  Nun  wurde  die  Maßregel  der  Hausab- 
sperrungen zunächst  auf  3 Tage  herabgesetzt,  dann  aufgehoben,  dann 
wieder  mit  5-tägiger  Dauer  eingeführt.  „Seit  Mitte  Dezember  hat 
man,  unter  Leitung  eines  aus  Paris  verschriebenen  Sachverständigen 
Desinfektoren  neueren  Systems  für  die  Hausdesinfektion  etc.  in  Ge- 
brauch genommen.  Für  den  Ernstfall  genügen  aber  sowohl  Ange- 
stellte wie  Apparate  kaum.  Wenn  die  behördlichen  Maßnahmen  nicht 
rationeller  betrieben,  wenn  besonders  die  zwecklosen  Summen  für 
Hausquarantänen  nicht  auf  eine  wirkliche  Desinfektion  der  Häuser 
und  Effekten  verwandt  werden“,  schrieb  der  Verf.  im  Dezember, 
„so  ist  ein  Erlöschen  der  Epidemie  sicher  nicht  auf  Conto  der 
Regierungsmaßregeln  zu  setzen.“  Die  Abnahme  der  Seuche  im 
Januar  hat  der  Verf.  in  der  Nachschrift  seines  Aufsatzes  dann  auch 
mit  dem  seit  Beginn  des  laufenden  Jahres  eingetretenen  trockenen 
und  kalten  Wetter  in  Verbindung  gebracht.  Die  Ausgang  1893  er- 
folgten Seuchenausbrüche  in  Adrianopel,  Saloniki,  Trapezunt,  Tripolis 


1)  Durch  diesen  Dampfer  war  die  Cholera  in  das  Quarantänelager  von  El  Tor  ein- 
geschleppt worden. 


Cholera. 


755 


und  Tunis  sind  nach  seinen  Mitteilungen  auf  Truppentransporte  zu- 
rückzuführen. 

Nach  Chantemesse  sind  die  Ursachen  der  Ausbreitung  der 
Cholera  in  Konstantinopel  sowohl  in  unmittelbaren  oder  mittelbaren 
Uebertragungen  des  Ansteckungsstotfes  von  Person  zu  Person  zu 
suchen,  als  auch  in  den  mangelhaften  Einrichtungen,  welche  für  die 
Beseitigung  der  Abfallstoffe  und  für  die  Trinkwasserversorgung  in 
der  Hauptstadt  der  Türkei  bestehen.  Einwandfreies  Trinkwasser 
steht  nur  den  bemittelten  Bewohnern  Konstantinopels  zur  Verfügung. 

Die  Choleravibrionen,  welche  Chantemesse  aus  Fällen  in 
Konstantinopel  züchtete,  standen  hinsichtlich  ihrer  Gestalt  und  ihres 
Wachstumes  den  von  Koch  seiner  Zeit  aus  Indien  mitgebrachten 
Bakterien  der  gleichen  Gattung  am  nächsten.  Die  Indolreaktion 
gaben  sie  in  Bouillonkulturen  nur  schwach,  gut  gelang  dagegen  die 
Blaureaktion  nach  Weyl-Legal.  Sie  standen  in  ihrer  Virulenz 
Tauben  und  Meerschweinchen  gegenüber  den  Bacillen  aus  Massauah 
und  Nantes  nach , kamen  in  dieser  Beziehung  denjenigen  aus 
Paris  1892  ungefähr  gleich  und  übertrafen  die  Hamburger  Vibrionen 
darin. 

Vor  seiner  Ankunft  in  Konstantinopel  hatte  Chantemesse 
bereits  brieflich  einige  Anordnungen,  wie  Desinfektionsmaßregeln 
und  Verabreichung  gekochten  Wassers,  für  die  Irrenanstalt  in  Skutari 
getroffen,  welche  in  der  That  mit  günstigem  Erfolge  zur  Anwendung 
gelangten.  Nach  Eintreffen  am  Orte  der  Seuche  vermochte  der  ge- 
nannte Hygieniker  die  Aufhebung  der  Hausabsperrungen  nicht  durch- 
zusetzen, dagegen  erwirkte  er  die  Einrichtung  von  3 Desinfektions- 
anstalten in  Skutari,  Stambul  und  Pera,  welche  mit  Dampfapparaten 
ohne  Ueberdruck,  Pulverisateuren  (!)  sowie  geeigneten  Wagen  aus- 
gestattet werden  sollten  und  als  Personal  30  Pompiers  erhielten, 
deren  Ausbildung  ein  Angestellter  der  Stadtdesinfektionsanstalt 
in  Paris  übernahm.  Als  Desinfektionsmittel  kamen  Sublimat- 
lösung neben  Kalkmilch  und  Chlorkalk  zur  Anwendung.  In  Er- 
mangelung der  Dampfapparate  wurden  die  verunreinigten  Matratzen 
verbrannt,  Wäschestücke  für  die  Dauer  einer  Stunde  in  Desinfektions- 
flüssigkeiten eingelegt,  Zimmerwände  und  Möbel  mit  Sublimatlösung 
besprengt(l).  Wiederholt  wurde  öffentlich  vor  dem  Genüsse  unge- 
kochten Wassers  gewarnt.  Durch  ärztliche  Hausbesuche  unter  der 
ärmlichen  Bevölkerung  erstrebte  man  neben  dem  Zwecke  der  Belehrung 
auch  eine  Verbesserung  des  Nachrichtendienstes.  Chantemesse 
glaubt,  ohne  sich  ein  Urteil  über  die  Art  der  Ausführung  einiger 
der  prophylaktischen  Maßregeln  erlauben  zu  wollen,  doch  nicht  ver- 
kennen zu  dürfen,  daß  die  von  der  Cholera  angerichteten  Verheerungen 
unter  der  Bevölkerung  Konstantinopels  verhältnismäßig  gering  waren, 
und  daß  dieses  Resultat  der  Initiative  und  Energie  des  Sultans  zu 
verdanken  sei,  da  er  selbst  nur  beraten  durfte,  Exekutivgewalt  aber 
nicht  hatte. 

Inwieweit  die  Vorschläge  Chantemesse’s,  welche  sich  auf 
Assanierung  Konstantinopels  beziehen  und  im  wesentlichen  Errichtung 
eines  obersten  hygienischen  Rats,  Ausbesserung  der  Drainage- Ein- 
richtungen, Sandfiltration  des  Trinkwassers,  Beschaffung  von  Porzellan- 


756 


Cholera.  — Diphtherie  (Krupp). 


filtern  für  die  Kasernen  und  Anlage  einer  Quellenwasserleitung 
vom  Balkan  zum  Ziele  haben,  auf  Verwirklichung  rechnen  können,  ist 
seinen  Ausführungen  nicht  zu  entnehmen.  Ein  Irade  des  Sultans 
hat  zunächst  genehmigt,  daß  der  Schüler  Pasteur’ s,  Nicolle,  und 
einige  französische  Aerzte  an  der  medizinischen  Schule  in  Konstanti- 
nopel in  französischer  Sprache  Unterricht  in  Mikrobiologie,  innerer 
Medizin  und  Chirurgie  erteilen  sollen.  Kühler  (Berlin). 

Klein,  E.,  Beobachtungen  über  die  Cholera  in  England. 
(Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektionskrankheiten.  Bd.  XVI. 
Heft  2.  p.  249-256.) 

Von  August  bis  Oktober  1893  kamen  in  England  eine  Anzahl 
choleraartiger  Erkrankungen  zur  Beobachtung;  in  30  Fällen  fanden 
sich  die  Koch’schen  Cholerabacillen,  in  25  Fällen  war  das  Kultur- 
verfahren negativ,  obwohl  in  mehreren  die  mikroskopische  Unter- 
suchung des  Darminhaltes  Kommabacillen  und  freie  Geißeln  (!)  ergab. 
16  Fälle  entstammten  lokalen  Epidemieen,  14  kamen  vereinzelt  vor. 
In  4 der  letzten  Fälle  ließ  sich  eine  Uebertragung  der  Bacillen  ver- 
muten oder  nachweisen,  in  10  Fällen  waren  jedoch  weder  vor  noch 
nach  der  Erkrankung  irgend  welche  Anhaltspunkte  zu  erlangen,  5 
derselben  werden  ausführlicher  mitgeteilt. 

Am  Schlüsse  der  Arbeit  wird  eine  tabellarische  Uebersicht  der 
kulturellen  Charaktere  der  von  den  30  positiven  Fällen  in  Reinkultur 
gezüchteten  Vibrionen  gegeben.  In  einem  Falle  wurde  die  Gelatine- 
stichkultur erst  nach  14  Tagen  etwas  verflüssigt,  während  die  Platten 
wie  alles  andere  normal  war.  Milch  war  zum  Teil  geronnen,  zum 
Teil  nicht;  auf  Kartoffeln  war  das  Wachstum  unsicher.  Indolreaktion 
wurde  stets  beobachtet.  Um  den  Tod  eines  Tieres  herbeizuführen, 
genügten  1/9 — ‘/4  einer  48-stündigen  Brütofenagarstrichkultur. 

0.  Voges  (Danzig). 

Booker,  W.  D.,  As  to  the  aetiology  of  primary  pseudo- 
membranous  inflammation  of  the  larynx  and  trachea 
etc.  (Archives  of  Pediatrics.  X.  1893.  p.  642.) 

Der  Verf.  beschreibt  einen  Fall  des  sogenannten  Krup,  bei 
welchem  der  Rachen  normal  und  frei  von  Diphtheriebacillen  er- 
schien , der  aber  sonst  den  Charakter  wirklicher  Diphtherie  des 
Kehlkopfes,  der  Luftröhre  und  der  primären  Bronchien  zeigte.  Die 
Schleimhäutchen  dieser  Teile  waren  bedeckt  mit  einer  weißlich- 
grauen, bisweilen  1 mm  dicken  Pseudomembran,  in  welcher  der 
Bacillus  diphtheriae  sehr  zahlreich  war  und  mikroskopisch 
sowohl  wie  durch  Kulturen  erkannt  wurde.  Milz,  Submaxillardrüse 
und  Pseudomembran  gaben  beinahe  reine  Kulturen  des  Klebs- 
Loeff ler’schen  Bacillus.  Einige  Kolnonieen  des  Bacillus  waren 
von  der  Lungenspitze  und  vom  Herzblute  isoliert. 

In  einem  anderen  Beispiele,  einem  Falle  von  Masern  mit  ent- 
schiedener Krupatmung,  war  der  Kehlkopf  mit  einer  Pseudomem- 
bran überzogen,  in  welcher  der  Diphtheriebacillus  sich 
nicht  finden  ließ,  während  Streptokokken  überaus  zahlreich  waren. 

Novy  (Ann  Arbor). 


Diphtherie. 


757 


Martin  (Sidney),  Goulstonian  lectures  on  the  Chemical 
pathology  of  diphtheria,  compared  with  that  of 
anthrax,  infective  endocarditis  and  tetanus.  (The 
British  Medical  Journal.  1892.  March  26.,  April  2.) 

Die  Wirkung  der  im  Titel  genannten  Bakterien  auf  die  Eiweiß- 
stoffe des  Körpers  oder  des  Nährmediums,  in  welchem  sie  sich  ent- 
wickeln, läßt  sich  in  Parallele  stellen  mit  der  Wirkungsweise  des 
peptischen  oder  tryptischen  Fermentes.  Es  entstehen  zwei  Reihen 
von  Körpern,  zunächst  Albumosen,  Proto- und  Deuteroalbumosen,  welche 
die  Träger  der  spezifischen  Giftwirkung  sind  und  schließlich  ein 
nicht  mehr  den  Eiweißstoffen  zugehöriger  Körper,  der  bei  dem  An- 
thrax ein  basisches  Alkaloid,  bei  Diphtherie  dagegen  eine  organische 
Säure  ist.  Verf.  stellte  diese  Körper  zunächst  aus  den  Leichen  von 
8 an  Diphtherie  verstorbenen  Kindern  dar.  Die  Methode,  deren  er 
sich  bediente,  war  folgende:  Die  zu  untersuchenden  Organteile  wur- 
den in  Spiritus  geworfen  und  blieben  darin,  bis  alle  gewöhnlichen 
Eiweißkörper  koaguliert  sind.  Hierauf  wird  filtriert,  der  Alkohol  bei 
35°  verjagt,  und  der  Rückstand  in  Wasser  gelöst,  neuerdings  mit 
absolutem  Alkohol  gefüllt  und  diese  Prozedur  mehrmals  wiederholt. 
Man  erhält  so  schließlich  ein  helles,  gelbbraunes  Pulver,  das  im 
wesentlichen  aus  Deuteroalbumose  besteht,  in  Wasser  löslich  ist 
und  sämtliche  Eiweißreaktionen  giebt.  Der  alkoholische  Extrakt  aus 
den  Geweben  enthält  außerdem  eine  geringe  Menge  freier  Fettsäuren 
und  den  oben  erwähnten  sauren  Körper,  der  sich  durch  seine  Un- 
löslichkeit in  Chloroform  von  jenen  trennen  läßt.  Die  Menge  der 
auf  diese  Weise  gewonnenen  Produkte  beträgt  0,1 — 0,8  an  Albumosen, 
0,2 — 0,45  an  Alkoholextrakt.  Die  größte  Quantität  dieses  Stoffes 
findet  sich  in  Blute  und  Milz,  welch  letztere  der  eigentliche 
Stapelplatz  (chief  repositary)  des  diphtherischen  Giftes  zu  sein 
scheint. 

Verf.  hat  auf  die  genauere  chemische  Analyse  dieser  jedenfalls 
noch  unreinen  Stoffe  verzichtet  und  sich  mit  dem  Studium  der 
physiologischen  Reaktion  als  der  ungleich  feineren  Prüfungsmethode 
begnügt.  Meerschweinchen  und  Kaninchen  in  der  Menge  von  0,1 
bis  0,25  per  Kilo  eingespritzt,  erzeugen  sie  geringe  unregelmäßige 
Temperatursteigerung  und  lokales  Oedem ; bei  Injektion  der  gleichen 
Dosis  ins  Blut  bisweilen  raschen  Tod  und  Verlangsamung  der  Gerin- 
nungszeit des  Blutes.  Etwas  kleinere  Dosen  wiederholt  eingespritzt, 
rufen  bei  den  Tieren  unregelmäßige  Temperaturschwankungen,  fort- 
schreitende Muskelschwäche  mit  mehr  oder  weniger  ausgesprochenen 
Lähmungserscheinungen,  starkes  Sinken  des  Körpergewichtes,  wässe- 
rige Diarrhöen  hervor.  Bei  der  Sektion  findet  man  die  inneren 
Organe  ganz  normal,  das  Blut  gerinnt  entschieden  langsamer,  die 
einzig  ausgesprochenen  Veränderungen  finden  sich  bei  der  genaueren 
Untersuchung  des  peripheren  Nervensystems.  Dieselbe  geschah  durch 
Einlegen  in  Osmiumsäure  und  Nachfärbung  mit  Carmin.  Die  Nerven 
zeigen  sowohl  in  ihren  feinen  Muskelästen  als  in  den  großen  Strängen 
Veränderungen,  die  sich  zunächst  auf  die  Markscheibe  beziehen. 
Dieselbe  verliert  ihre  Färbbarkeit,  zeigt  quere  Sprünge  und  geht 
ganz  oder  bis  auf  kleine  Reste  verloren,  so  daß  der  ungefärbte 

XV.  Bi  48 


758 


Diphtherie. 


Achsencylinder  eine  Strecke  weit  zu  Tage  tritt.  Derselbe  kann  ent- 
weder intakt  bleiben  oder  es  erkrankt  auch  dieser.  Er  erscheint 
dann  granuliert,  verschmächtigt , in  seiner  Kontinuität  unterbrochen. 
Bei  denjenigen  Fasern,  wo  dieses  letztere  der  Fall  ist,  zeigt  sich  in 
den  peripherwärts  gelegenen  Partieen  die  Wal  1 er ’sche  Degeneration. 
An  größeren  Nervenbündeln  greifen  diese  Veränderungen,  an  einer 
Stelle  des  Querschnittes  beginnend,  allmählich  auf  sämtliche  Nerven- 
fasern über,  können  sich  jedoch  auch  auf  einen  Teil  der  Fasern  be- 
schränken. In  den  vorgeschrittensten  Stadien  trifft  man  dann  an 
dieser  Stelle  überhaupt  keine  Markscheiden,  sondern  nur  mehr  ver- 
schmächtigte,  von  Sch wann’scber  Scheide  umhüllte  Achsencylinder 
an.  Der  von  solchen  Nerven  versorgte  Muskel  zeigt  partielle,  fettige 
Degeneration  der  Muskelfasern.  Die  histologischen  Veränderungen 
der  Nerven  sind  durch  treffliche  Photogramme  illustriert.  Der  Herz- 
muskel war  in  allen  Fällen  fettig  degeneriert,  ohne  daß  der  Nervus 
vagus  erkrankt  war.  Auch  in  den  sensiblen  Nerven  und  dem  Sym- 
pathicus  fanden  sich  die  gleichen  Veränderungen.  Stets  waren 
mehrere  Nerven  und  an  den  verschiedensten  Stellen  des  Körpers  er- 
griffen, die  nervösen  Centralorgane  dagegen  stets  normal. 

Es  handelt  sich  dabei  um  eine  spezifische  Wirkung  der  Diph- 
theritisalbumosen , welche  gerade  das  periphere  Nervensystem  zum 
Angriffspunkte  wählen.  Die  Veränderungen  stimmen  mit  den  von 
Gombault  und  Meyer  beschriebenen  Befunden  bei  den  von  den 
diphtherischen  Lähmungen  ergriffenen  Nerven  des  Menschen  über- 
ein : eine  einfache,  an  der  Markscheide  beginnende,  parenchymatöse 
Degeneration.  Die  Kernvermehrung  und  die  knotenförmigen  An- 
schwellungen, welche  der  letztere  Autor  erwähnt,  gehören  wahrschein- 
lich beginnenden  Regenerationsvorgängen  an.  Die  von  D6jerine 
in  den  Vorderhörnern  des  Rückenmarkes  gefundenen  Veränderungen 
sind  sekundär  als  Folgen  der  peripheren  Neuritis  entstanden. 

Die  gleichen  Experimente  mit  aus  dem  Alkoholextrakte  isolierten 
sauren  Körpern  angestellt,  ergeben  ähnliche,  jedoch  sehr  viel  schwächere 
Wirkungen.  Dagegen  fanden  sich  in  dem  Extrakte  der  diphtherischen 
Membran  selbst  Eiweißstoflfe,  welchen  eine  noch  energischere  Wirkung 
zukam,  als  den  aus  dem  Körper  isolierten  Albumosen.  Die  Unter- 
suchung derjenigen  Stoffe,  welche  in  den  peptonhaltigen  Bouillon- 
kulturen der  Diphtheriebacillen  gefunden  wurden,  ergab  folgende 
mit  den  Ergebnissen  von  Roux  uud  Y er  sin  übereinstimmenden 
Resultaten : 

1)  Der  Diphtheriebacillus  bildet  in  denselben  Toxal- 
bumine  von  der  gleichen  chemischen  Zusammensetzung  wie  diejenigen, 
welche  aus  dem  Körper  der  an  Diphtherie  erkrankten  Menschen  ge- 
funden werden. 

2)  Es  kommt  denselben  auch  die  gleiche  Wirkung  auf  den  Tier- 
körper zu:  Temperatursteigerung,  Diarrhöen,  Gewichtverlust  und 
eine  fortschreitende  Muskelschwäche,  die  von  Veränderungen  in 
den  peripheren  Nerven  begleitet  ist. 

3)  Der  Diphtheriebacillus  erzeugt  dieselbe  Veränderung 
durch  die  Wirkung  eines  von  ihm  produzierten  Fermentes  auf  die 
Eiweißkörper  des  Nährmediums,  resp.  des  Tierkörpers.  Er  ist  dem- 


Diphtherie. 


759 


nach  der  primäre  Infektionserreger  (primary  infective  agent)  der 
Diphtherie.  Das  Schema  der  durch  dieses  Ferment  bewirkten  Ver- 
änderungen, das  ich  im  Wortlaute  folgen  lasse,  lautet: 

Diphtheria  digestian. 


Primary  infective  agent 


Bacillus  diphtherie 


Secondary  infective 
agent 

Diphtheria  ferment 
(Roux  and  Yersin’s 
poison)  in  the 
membran 


Digestive  products 


Hetero-albumose 
Proto-albumose 
Deutero-albumose 
Organic  acid 


| in  membrane 
| in  body 


Die  im  Körper  gefundenen  Verdauuugsprodukte  sind  nicht  oder 
nur  zum  kleineren  Teile  direkt  aus  der  Membran  resorbiert.  Sie 
werden  vielmehr  durch  das  aus  der  Membran  resorbierte  Ferment 
im  Körper  selbst  gebildet  und  es  scheint,  daß  die  in  der  Milz  auf- 
gehäuften Zersetzungsprodukte  des  Eiweißes , wie  Harnsäure, 
Xanthin  etc.,  diesen  fermentativen  Vorgang  begünstigen. 

In  ähnlicher  Weise  hat  der  Verf.  die  Albumosen  eines  Falles 
von  infektiöser  Endocarditis,  von  Milzbrand  und  Tetanus  studiert. 
Ihre  Wirkungen  verhielten  sich  mit  Ausnahme  der  Veränderung  an 
den  Nerven  ähnlich  den  bei  Diphtherie  gefundenen.  Betreffs  dieser 
muß  auf  das  Original  verwiesen  werden.  Verf.  betont,  daß  man  in 
dem  Nachweise  derartiger,  durch  ihre  physiologischen  Wirkungen 
wohl  charakterisierter  Körper  ein  neues  und  wertvolles  Hilfsmittel 
zur  Erkennung  der  infektiösen  Erkrankungen  im  allgemeinen  besitzt, 
auch  dann,  wenn  der  Bacillus  bereits  wieder  verschwunden  oder 
gar  nicht  gefunden  ist.  Escherich  (Graz). 


Eigenbrodt,  Ueber  denEinfluß  der  Familien  dis  position 
auf  die  Verbreitung  der  Diphtherie.  (Deutsche  Vier- 
teljahrsschrift für  öffentliche  Gesundheitspflege.  Bd.  XXV.  H.  3. 
p.  517  ff.) 

Ueber  die  während  einer  langjährigen  Praxis  gewonnenen  Er- 
fahrungen über  den  Infektionsmodus  der  Diphtherie  giebt  uns  der 
Verf.  einen  Bericht.  Er  führt  zunächst  einige  Fälle  an,  wo  er  auf 
das  bestimmteste  nachweisen  konnte,  daß  die  Inkubation  6 — 7 Tage 
währte;  außer  einigen  Beobachtungen  citiert  er  dann  noch  einige  in 
der  Litteratur  verzeichnete  Fälle.  Weiter  nimmt  er  an,  daß  das 
oft  scheinbar- autochthone  Entstehen  von  Diphtherie  häufig  durch  leichte 
Fälle,  die  ohne  Beschwerden  verlaufen,  seine  Erklärung  findet  und 
führt  in  dieser  Hinsicht  mehrere  Fälle  an.  Da  diese  Abortivformen 
auch  bei  Erwachsenen  häufiger  Vorkommen,  so  kann  man  sich  der 
Ansicht  nicht  verschließen,  daß  gerade  derartige  Individuen  häufig 
die  Krankheit  von  einem  zum  andern  vermitteln.  Es  kommen  jedoch 
andererseits  auch  Fälle  von  Angina  lacunaris  vor,  welche  sich  als 
ansteckend  erweisen,  ohne  aber  mit  der  Diphtherie  in  irgend  einem 
ätiologischem  Zusammenhänge  zu  stehen  und  werden  in  diesbezüg- 
licher Hinsicht  eine  ganze  Reihe  von  Beispielen  mitgeteilt.  Die 
Frage  einer  zeitweisen  individuellen  Disposition  betreffend,  glaubt 
Verf.,  daß  durch  die  Menstruation  — wofür  einige  Beispiele  beige- 
bracht werden  — durch  die  vielen  zeitweise  vorkommenden  Läsionen 

48* 


760 


Diphtherie. 


der  Schleimhaut  durch  Katarrhe  eine  erhöhte  Disposition  getroffen 
wird.  Andererseits  aber  tritt  er  entschieden  für  die  Annahme  einer 
Familiendisposition  ein  und  führt  in  dieser  Hinsicht  die  Erkrankungen 
der  großherzoglich  hessischen  Familie  an.  Die  Aetiologie  dieser 
Epidemie,  deren  einzelne  Erkrankungen  genauer  mitgeteilt  werden, 
ließ  sich  in  keiner  Weise  trotz  eifrigsten  Nachforschens  feststellen. 
Weder  die  hygienischen  Verhältnisse  des  Schlosses,  noch  der  Ver- 
kehr mit  erkrankten  Personen,  noch  der  Genuß  der  Milch  konnten 
zur  Verantwortung  herangezogen  werden. 

Diese  Familiendisposition  scheint  sogar  erblich  zu  sein  und 
führt  Verf.  für  diese  Hypothese  einige  wichtige  Fälle  ins  Feld. 

Einen  großen  Unterschied  in  Beziehung  auf  die  Erkrankungs- 
zahl und  die  Heftigkeit  der  Fälle  findet  Verf.  in  dem  Orte  der  Er- 
krankung. Die  Landbevölkerung  stellt  ein  weit  höheres  Kontingent 
der  Erkrankungen  wie  die  Städter  und  werden  hierfür  teils  eigene, 
teils  Beobachtungen  Anderer  in  Menge  angeführt.  Das  erste  Auf- 
treten der  Diphtherie  ruft  zunächst  in  kleineren  Ortschaften  schwere 
Epidemieen  hervor,  während  die  größeren  Städte  erst  später  epidemisch 
ergriffen  werden.  Manche  Volksstämme  verhalten  sich  der  Diphtherie 
gegenüber  anders  wie  die  übrige  Bevölkerung ; so  blieb  die  jüdische 
Bevölkerung  in  einigen  Epidemieen  auffallend  verschont,  während 
sie  bei  anderen  Epidemieen  gerade  bevorzugt  schien.  In  der  eng- 
lischen Kolonie  Victoria  in  Australien  sind  die  Chinesen  verschont 
geblieben,  während  in  Pecking  die  Diphtherie  eine  alljährlich  sich 
wiederholende  Erscheinung  ist.  Verf.  fordert  zu  weiteren  Beobach- 
tungen in  dieser  Richtung  auf.  0.  V o g e s (Danzig). 

Councilman,  W.  T.,  The  pathology  and  diagnosis  of 
Diphtheria.  (American  Journal  of  Medical  Sciences.  CVI. 
1893.  p.  540.) 

Der  Verfasser  trägt  in  klarer  und  interessanter  Weise  die  Haupt- 
punkte in  der  Pathologie  der  Diphtherie  vor  und  beschreibt  Methoden 
zur  Entdeckung  von  Loeffler’s  Bacillus.  Auch  hier  gründet 
sich  die  Erkennung  des  Bacillus  auf  direkte  Deckglaspräparate 
und  auf  Kulturen.  Die  letzteren  werden  auf  bei  Siedetemperatur 
sterilisiertem  geschrägtem  Rinderserum  gemacht.  Alkalische  Methylen- 
blaulösung, wie  sie  Loeffler  empfiehlt,  ist  am  besten  für  die  Färbung 
des  Bacillus.  Novy  (Ann  Arbor). 

Brunner,  Eine  weitere  Beobachtung  von  Wunddiph- 
therie. (Berliner  klin.  Wochenschrift.  No.  13.) 

Verf.,  welcher  bereits  vor  einiger  Zeit  über  3 Fälle  von  Wund- 
diphtherie berichten  konnte,  hatte  Gelegenheit,  einen  weiteren  Fall  zu 
beobachten,  er  betraf  ein  Kind,  welches  sich  eine  Fingerwunde  zu- 
gezogen hatte.  Die  Wunde  war  ulcerös  und  überzogen  mit  schmutzig- 
grauem Belag.  Bakteriologische  Aussaaten  von  der  Membran  ergaben 
Staphylococcus  aureus,  Streptococcus  pyogenes,  Kolo- 
nieen  von  Loeffler’s  Diphtheriebacillen,  welche  für  Meerschweinchen 
pathogen  waren.  Eine  an  Prof.  Loeffler  in  Greifswald  geschickte 


Streptokokken. 


761 


Kultur  dieser  Bacillen  wurde  auf  Grund  eingehender  Untersuchungen 
von  Dr.  Abel  als  echte  Loef fl er’sche  Diphtheriebacillenkultur  er- 
kannt. Yerf.  berichtet  dann  noch  Angaben  Abel’s,  welcher  in  einem 
Falle  wo,  von  einer  Rachendiphtherie  ausgehend,  eine  diphtherische 
Erkrankung  eines  Fingers  stattgefunden,  ebenfalls  der  Loeffler’sche 
Bacillus  gefunden  wurde;  ebenso  wird  noch  über  einen  von  Ne  iß  er 
bereits  beschriebenen  Fall  referiert. 

In  B.’s  Fall  war  das  Kind  nachweislich  nie  mit  einem  diphthe- 
ritisch  erkrankten  Individuum  zusammengekommen.  Nachdem  die 
Fingerwunde  bereits  eine  Zeitlang  bestanden,  soll  ein  vorübergehendes 
Schluckweh  aufgetreten  sein;  dasselbe  wurde  nicht  weiter  beachtet. 
Wie  aber  die  Infektion  der  Fingerwunde  zu  erklären  ist,  ist  völlig 
dunkel.  Der  Fall  endete  mit  Genesung.  0.  Voges  (Danzig). 

Pasqnale,  Alessandro,  Vergleichende  Untersuchungen 
über  Streptokokken.  (Beiträge  zur  patholog.  Anat.  und  zur 
allgem.  Pathologie  von  Prof.  Dr.  Ziegler.  Bd.  XII.  p.  433 — 493.) 

In  außerordentlich  sorgfältiger  Arbeit  und  von  unbefangenem 
Standpunkte  ausgehend,  hat  der  Verf.  sich  der  Mühe  unterzogen, 
unter  Zugrundelegung  der  bereits  zahlreich  und  umfangreich  vor- 
liegenden Untersuchungsergebnisse  anderer  Autoren  nochmals  an 
einer  großen  Reihe  von  Streptokokkenkulturen  verschiedener  Her- 
kunft die  bis  jetzt  zur  Unterscheidung  von  Streptokokken- 
arten herangezogenen  verschiedenen  Merkmale  durchzuprüfen.  Eine 
jede  Kultur  wurde  nach  allen  den  verschiedenen  Gesichtspunkten 
untersucht,  welche  bisher  als  bedeutsam  bezeichnet  sind,  und  das 
Ergebnis  ist  für  den  Verf.  unzweifelhaft  ein  non  liquet;  eine  Trennung 
der  Streptokokken  nach  Arten  sei  nicht  möglich.  Zwar  vermag  Verf. 
die  Auffälligkeit  mancher  Merkmale  nicht  in  Abrede  zu  stellen;  ja 
auf  Grund  eben  jener,  schon  vordem  zur  Unterscheidung  verwerteter, 
entwirft  er  folgende  Grundlinien  zu  einer  natürlichen  Klassifikation 
der  Streptokokken: 

I.  Kurze  saprophytische  Streptokokken 

bei  niederer  Temperatur  bei  höherer  Temperatur 

(Faeces  und  äußere  Umgebung)  (Mund  und  Respirationsschleimhäute) 

II.  Lange,  nicht  virulente  Streptokokken 

Faeces  Mundschleimhaut 

z.  B.  Streptoc.  coligracilis  (Kruse  und  Pansini) 

III.  Lange  pathogene  Streptokokken 

Erysipel,  Eiter,  Pneumonie,  Sputum  von  Pneumonikern 

Diphtherie,  Scharlach  u.  s.  w.  (Kruse  und  Pansini) 

IV.  Kurze,  höchst  infektiöse  Streptokokken 

Tuberkulose  u.  s.  w.  Pneumonie 

(Diplococcus  pyogenes)  (Diplococcus  pneumoniae) 

aber  diese  Klassifikation  soll  nicht  „scharfe  Grenzen  zwischen  den 
verschiedenen  Streptokokken  ziehen,  sondern  im  Gegenteil  das  natür- 
liche Band,  welches  zwischen  ihnen  existiert,  mehr  hervortreten 
lassen.  In  der  That  handle  es  sich  allenthalben  nur  um  Uebergänge 
von  einer  Form  zur  anderen.“ 


762 


Streptokokken. 


Daß  man  durch  die  wirklich  wirren  Verhältnisse  bei  den  Strepto- 
kokken zu  eben  diesem  Schlüsse  gedrängt  werden  könne,  haben  die 
früheren  Autoren  betont.  Gerade  Ref.  hat  in  seiner,  vom  Verf.  ein- 
gehend berücksichtigten  Arbeit  wiederholt  darauf  hingewiesen,  daß 
eine  Entscheidung  der  Frage  noch  nicht  angängig  sei  und  selbst  die 
Aufstellung  des  Strept.  conglomeratus  als  eine  versuchsweise 
bezeichnet,  auch  das  zeitweilige  Verschwinden  des  hautförmigen 
Wachstums  bei  älteren,  aus  Scharlachfällen  stammenden  Kulturen 
angegeben. 

Die  Prüfung  von  Streptokokkenkulturen,  welche  als  Begleiter 
ursächlich  bereits  erforschter  Krankheits Vorgänge 
auftreten,  insbesondere  bei  Diphtherie  und  Tuberkulose,  ist  nur  ge- 
eignet, die  Entscheidung  eiuer  so  schwierigen  Frage,  wie  die  vor- 
liegende, noch  zu  erschweren.  Am  ersten  ist  immer  noch  ein  Erfolg 
bei  Berücksichtigung  solcher  Krankheiten  zu  erhoffen,  deren  Ursache 
einesteils  noch  nicht  feststeht  und  bei  denen  andererseits  die  Strepto- 
kokken zur  regelmäßigen  Begleiterscheinung  gehören ; und  Ref.  glaubt, 
daß  der  Verf.,  wenn  ihm  seine  inzwischen  veröffentlichten  Unter- 
suchungen über  die  besonderen  Merkmale  der  Streptokokken  bei 
Impetigo  contagiosa  und  bei  Maul-  und  Klauenseuche  bekannt  ge- 
wesen wären,  mit  dem  obigen  Urteile  noch  zurückgehalten  oder  es 
doch  nur  auf  die  von  ihm  geprüften  Merkmale  bezogen  hätte,  um 
so  mehr,  da  unter  der  Reihe  seiner  38  Streptokokken  sich  auch  die 
bei  Maul-  und  Klauenseuche  gezüchteten  befanden. 

Sehr  bedeutungsvoll  ist  die  vom  Verf.  festgestellte  Thatsache, 
daß  die  bei  tuberkulösen  Krankheitsformen  erhaltenen  Streptokokken 
fast  durchweg  hohe  Virulenz  besitzen. 

Von  den  16  in  Betracht  gezogenen  Merkmalen  sind  das  mikro- 
skopische und  makroskopische  Verhalten  von  Kulturen  in  alkalischer 
Bouillon  an  die  Spitze  gestellt,  denn  „sowohl  die  morphologischen 
Eigenschaften  als  die  bei  der  Kultur  sich  äußernden  Charaktere  der 
Streptokokken  treten  am  deutlichsten  in  Bouillon  zu  Tage“  (p.  448 
der  Arbeit).  Wiewohl  der  Verf.  diesen  eben  angeführten  Worten 
nach  die  Bedeutung  jenes  Merkmales  nicht  verkennt,  ist  er  nicht 
geneigt,  demselben  bei  seiner  Einteilung  der  Streptokokken  einen 
Platz  einzuräumen.  Nur  die  Betrachtung  der  Länge  der  Ketten 
entlehnt  er  den  Beobachtungen  in  der  Bouillonkultur.  Zur  Annahme 
dieses  ablehnenden  Standpunktes  mag  Verf.  wohl  z.  T.  durch  die  in 
der  Litteratur  anfänglich  übertrieben  aufgefaßte  Bedeutung  jenes 
Merkmales  gedrängt  sein.  Der  auf  seiner  Tabelle  (p.  452  der  Arbeit) 
dargestellte  Wechsel  der  Erscheinungen  in  der  Bouillon  ist  aber  doch 
nicht  so  regellos,  daß  nicht  schon  aus  eben  jener  Tabelle  zu  ent- 
nehmen wäre,  daß  die  kurze,  aber  auch  lange  Ketten  bildenden 
Streptokokken  niemals  mit  flockigem  Bodensätze  wachsen.  Sehr 
bedauerlich  ist  es,  daß  dem  Verf.  bei  seinen  Untersuchungen  gerade 
die  von  Scharlachfällen  stammenden  Conglomeratuskulturen  fehlten. 
(Auch  von  Lingelsheim,  der  das  Merkmal  des  Conglomeratus 
nicht  anerkennt,  standen  bei  Abfassung  seiner  Arbeit  keine  solche 
zu  Gebote.)  Vielleicht  würde  Verf.  alsdann,  besonders  bei  jedes- 
maliger vergleichender  Beobachtung  der  ersten  aus  dem  Körper 


Streptokokken. 


763 


gezüchteten  Generationen,  dieses  Merkmal  nicht  für  unerheblich 
erklärt  haben. 

Bei  Kultur  auf  Gelatine,  auf  Agar  und  in  Milch  hat  Yerf.  das- 
selbe wie  die  früheren  Beobachter  festgestellt.  Eine  feste  Beziehung 
zwischen  Milchgerinnung  und  fehlender  Virulenz  ließ  sich  nicht  er- 
mitteln. Die  virulentesten  Kulturen  bewirkten  keine  Gerinnung,  im 
Gegensätze  zu  den  von  Kruse  und  Pansini  beschriebenen  That- 
sachen. 

Auf  Kartoffeln  und  Kartoffelgelatine  wuchsen  im  all- 
gemeinen die  kurzen  Streptokokken  am  üppigsten  und  nur  wenige 
Kulturen  überhaupt  nicht. 

Bei  den  Züchtungen  in  verschiedenen  Serumarten 
ergab  sich  als  bemerkenswerte  Thatsache,  daß  in  Kaninchenserum, 
je  nach  den  verschiedenen  Individuen,  von  denen  das 
Serum  stammte,  derselbe  Streptococcus  sich  gut,  schlecht  oder 
gar  nicht  entwickelt. 

Agar  mit  Zuckerzusatz  wurde  von  allen  kurzen  Streptokokken 
getrübt.  Verf.  schiebt  den  Grund  dieser  Trübung  auf  Säurebildung. 

Neu  und  sehr  bemerkenswert  ist  die  Feststellung,  daß  die  bei 
Kaninchen  Septikämie  hervorrufenden  Streptokokken  einen  blut- 
roten Farbstoff  erzeugen  können.  (Diese  Thatsache  kann  Bef. 
nach  eigener  Erfahrung  bestätigen.)  Zum  Auftreten  desselben  bilden 
die  Beschaffenheit  des  Fleisches,  welches  zur  Nährlösung  verwendet 
wurde,  und  der  Mangel  an  Sauerstoff  zwei  wesentliche  Bedingungen; 
außerdem  betrifft  die  Färbung  in  Plattenaussaaten  einer  Reinkultur 
durchaus  nicht  alle  Individuen  derselben;  so  gelingt  es,  durch  Aus- 
wahl der  Kolonieen  gefärbte  und  ungefärbte  Kulturen  zu  erhalten. 

Eine  Unterscheidung  der  Streptokokken  nach  ihrem  Reduk- 
tionsvermögen ist  nicht  möglich,  ebenso  nicht  nach  ihrer  Fähig- 
keit, Säure  zu  bilden.  Die  Menge  der  gebildeten  Säure  steht 
im  allgemeinen  im  Verhältnis  zur  Menge  des  Wachstums. 

Die  Dauer  der  Lebensfähigkeit  ist  durchweg  gering.  Im 
allgemeinen  gelang  es  Verf.,  in  Bouillonkulturen  bis  zu  40  Tagen 
nach  der  Aussaat  noch  lebende  Keime  nachzuweisen.  Nach  48  Stunden 
ist  allemal  das  Maximum  der  Eutwickelung  erreicht  und  der  größte 
Teil  der  Keime  stirbt  alsdann  schnell  ab. 

Versuche  über  das  pathogene  Vermögen  wurden  an  grauen 
Mäusen  und  Kaninchen  angestellt.  Bei  sorgfältiger  jedesmaliger  Be- 
rechnung der  zur  Einspritzung  (in  das  Bauchfell  oder  unter  die 
Haut)  verwendeten  Mengen  von  frischer  Bouillonkultur  wurden 
3 Gruppen  von  Streptokokken  unterschieden,  je  nachdem  bei  An- 
wendung von  1 ccm  und  weniger  Bouillonkultur  1)  tödlicher  Aus- 
gang mit  Anwesenheit  der  Streptokokken  im  Blute,  2)  tödlicher  Aus- 
gang mit  Anwesenheit  der  Streptokokken  in  den  Organen,  aber  nicht 
im  Blute  eintrat  oder  3)  der  Tod  überhaupt  nicht  erfolgte.  Die 
giftigsten  Kulturen  der  ersten  Gruppe  stellen  die  kurzen,  gelegentlich 
roten  Farbstoff  bildenden,  von  tuberkulösen  Menschen  stammenden 
Streptokokken  dar.  Von  diesen  genügt  eine  subkutane  Impfung  mit 
0,004  ccm  Bouillonkultur,  d.  i.  höchstens  20000  Keimen,  um  Septi- 
kämie zu  erzeugen.  Die  im  letzten  Abschnitte  der  Arbeit  unter  der 


764 


Streptokokken. 


Ueberschrift  „Immunität“  aufgeführten  Versuche  waren  haupt- 
sächlich zur  Entscheidung  der  Frage  bestimmt,  ob  für  eine  Strepto- 
kokkenkultur ein  bestimmter  Zusammenhang  zwischen  der  Fähigkeit, 
im  künstlich  gewonnenen  Blutserum  eines  Kaninchens  sich  zu  ver- 
mehren, und  der  Fähigkeit,  Septikämie  an  demselben  lebenden  Tiere 
zu  erzeugen,  sich  würde  ermitteln  lassen.  Dieses  ist  nach  den 
erhaltenen  Ergebnissen  nicht  der  Fall.  Im  allgemeinen  ging  das 
Wachstum  im  Serum  besser  außerhalb  als  innerhalb  der  Blutgefäße 
vor  sich;  doch  wurde  auch  das  Umgekehrte  beobachtet. 

Kurth  (Bremen). 

Chatiii,  Paul,  Contribution  ä la  recherche  des  strepto- 
coques  dans  l’air  atmospherique.  [These.]  4°.  72  p. 

Lyon  1893. 

Verf.  benutzte  zu  seinen  Experimenten  den  Apparat  von  Strauß 
u.  Wurtz  und  unterwarf  Luftvolumina  von  mindestens  20  und  70  1 
höchstens  der  Prüfung. 

Von  7 Luftentnahmen  entwickelten  sich  bei  zweien  nur  die  stets 
in  der  Luft  vorhandenen  Mikroorganismen,  ein  Fall  lieferte  Strepto- 
kokken, doch  erwiesen  sich  dieselben  nicht  als  virulent,  ein  weiterer 
brachte  sehr  virulente  Streptokokken  hervor,  welche  Erysipelas  er- 
zeugten; drei  weitere  ließen  nur  unreine  Kulturen  entstehen,  doch 
brachte  eines  Oedem  bei  den  Versuchstieren  hervor. 

Eine  weitere  Versuchsreihe  wurde  an  Orten  aufgenommen,  an 
denen  man  von  vornherein  Streptokokken  voraussetzen  durfte,  so  im 
Operationssaale  des  Hotel  Dieu,  in  einem  Saale  des  genannten 
Krankenhauses  u.  s.  w.  Hier  wurden  wohl  Keime  gefunden,  aber  sie 
erwiesen  sich  als  nicht  pathogen.  Trotzdem  ist  die  Ansteckungs- 
gefahr für  Erysipelas  und  Puerperalfieber  durch  das  Agens  der  Luft 
wohl  nicht  abzustreiten. 

Ein  weiterer  wichtiger  Punkt  der  Arbeit  besteht  in  der  Nach- 
weisung des  guten  Gedeihens  von  Streptokokken  in  saueren  Lösungen, 
ja  die  Kulturen  waren  größer  und  stärker  als  die  gewöhnlichen,  auf 
Bouillon  gezüchteten;  die  Mikroorganismen  waren  gleichmäßig  von 
einem  größeren  Umfange,  während  die  Länge  der  Ketten  andererseits 
stets  an  Ausdehnung  einbüßten.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Dornberger,  Ueber  das  Vorkommen  der  Streptokokken 
in  der  normalen  und  kranken  Mundhöhle  desKindes. 
(Jahrbuch  für  Kinderheilkunde.  Bd.  XXXV.  H.  4.  p.  395  ff.) 

Nach  Mitteilung  der  einschlägigen  Litteratur  berichtet  Verf. 
über  die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  von  94  Fällen.  Er  giebt 
nur  kurze  Krankengeschichten.  In  45  Proz.  wurden  bei  gesunden 
Kindern  Streptokokken  gefunden.  7 Fälle  diphtherischer,  19  lakunärer 
oder  follikulärer  Angina  wurden  verarbeitet.  Einfluß  von  Jahreszeiten, 
gewisser  Krankensäle  und  Betten,  wie  ihn  Zeitlmann  beobachtete, 
konnte  nicht  konstatiert  werden,  dagegen  fand  sich,  daß  in  gewissen 
Häusern  die  Angina  endemisch  zu  sein  schien.  Um  den  Ueber- 
tragungsmodus  der  diese  ADginen  verursachenden  Streptokokken 
kennen  zu  lernen,  inokulierte  Verf.  mit  dem  aseptisch  entnommenen 


Sepsis. 


765 


Belage  andere  Kinder.  Von  8 Versuchen  verliefen  6 resultatlos.  In 
78,9  Proz.  aller  untersuchten  Fälle  fand  sich  der  Streptococcus 
longus  Lingelheim.  Eine  Reinkultur  von  Streptokokken  fand  sich 
jedoch  nie.  Bei  Aphthen  und  Herpes  der  Mundhöhle  wurden  in  den 
wenig  untersuchten  Fällen  keine  Streptokokken  nachgewiesen,  eben- 
sowenig in  einem  Falle  von  Stomacace.  Bei  Angina  phlegmonosa 
fanden  sich  Streptococcus  b re  vis.  In  7 Fällen  von  Angina 
catarrhalis  fanden  sich  5mal  Streptokokken.  Bei  chronisch-katar- 
rhalischen Anginen  wurden  in  der  Hälfte  aller  Fälle  Streptokokken 
nachgewiesen,  in  2 Fällen  von  luetischer  Tonsillenaffektion  fanden  sie 
sich  ebenfalls.  In  kariösen  Zähnen  wurden  von  8 in  7 Fällen  lange 
Streptokokken  konstatiert. 

Nachdem  sich  ein  so  häufiges  Vorkommen  von  Kokken,  die  in 
ihrer  Gestalt  und  Gruppierung  mit  den  bekannten  pathogenen  Strepto- 
kokken übereinstimmten,  nicht  nur  bei  den  verschiedenen  Affektionen 
des  Mundes  und  Rachens,  sondern  auch  bei  normalem  Befunde  ge- 
zeigt hatten,  prüfte  Verf.,  ob  diese  Mikroorganismen  auch  sonst  in 
ihren  Wachstums-  und  Lebensbedingungen  dem  Streptococcus 
pyogenes  bezw.  erysipelatos  ähnlich  oder  gleich  seien.  Er 
berichtet  zunächst  über  die  einschlägige  Litteratur,  giebt  hierauf 
eingehende  Beschreibung  von  dem  Wachstum  auf  den  verschiedenen 
Nährmedien  und  über  den  Erfolg  der  Tierversuche.  Am  Schlüsse 
seiner  Arbeit  erwähnt  Verf.  dann  noch  die  Unzulänglichkeit  unserer 
Desinfektionsversuche,  da  trotz  Anwendung  stärkster  Desinficientien 
stets  noch  lebende  und  virulente  Streptokokken  nachgewiesen  werden 
konnten.  O.  Voges  (Danzig). 

Fischl,  R.,  Ueber  septische  Infektion  des  Säuglings 
mit  gastrointestinalen  resp.  pulmonalen  Symptomen. 
[Aus  Prof.  Chiari’s  pathologisch-anatomischem  Institute  an  der 
deutschen  Universität  in  Prag.]  (Zeitschr.  f.  Heilkunde.  Bd.  XVI. 
1894.  Heft  1.) 

Verf.  beobachtete  bei  einer  Reihe  von  Säuglingen  aus  den  ersten 
Lebenswochen,  welche  in  Gebär-  und  Findelanstalten  interniert 
waren,  daß  die  Infektion  ihres  Organismus  mit  eitererregenden  Mi- 
kroben nicht  selten  unter  den  klinischen  und  anatomischen  Er- 
scheinungen einer  akuten  oder  subakuten  Gastroenteritis  oder  einer 
kapillaren  Bronchitis  und  Lobularpneumonie  zum  Ausdrucke  gelangte. 
Als  Grund,  die  vorstehend  genannten  Erkrankungen  in  die  Gruppe 
der  Septicopyämieen  des  Neugeborenen  einzureihen,  sieht  Verf.  die 
vollkommene  Uebereinstimmung  im  histologischen  und  bakteriologi- 
schen Befunde  mit  jenen  Affektionen,  die  sowohl  klinisch  als  anato- 
misch als  septicopyämische  Infektionskrankheiten  gelten.  Der  histo- 
logische Charakter  der  Organerkrankung  gelangt  in  Nekrose  der 
spezifischen  Zellen,  interstitieller  Entzündung  und  Neigung  zu  Hämor- 
rhagie  zum  Ausdrucke;  die  mikroskopischen  Veränderungen  an  der 
Schleimhaut  des  Magendarmkanals  sind  selbst  bei  heftigsten  klinischen 
Symptomen  von  seiten  desselben  meist  ganz  unbedeutende  oder  können 
auch  vollständig  fehlen. 


766 


Sepsis.  — Milzbrand. 


Bakteriologisch  wurden  im  ganzen  14  Fälle  untersucht  und  dabei 
aus  den  verschiedensten  OrganeD,  am  häufigsten  und  regelmäßigsten 
aus  den  Lungen,  welche  gewissermaßen  ein  Depot  der  in  den  Kindes- 
körper eingedrungenen  Mikroben  darstellen,  die  pyogenen  Strepto- 
und  Staphylokokken  erhalten.  Staphyl.  pyog.  albus  wurde  neun- 
mal allein  und  zweimal  mit  Staphyl.  aureus  zusammen  gefunden; 
Streptococcus  pyog.  in  3 Fällen,  und  zwar  zweimal  allein,  ein- 
mal mit  dem  B.  coli  commune  zusammen,  welch  letzteres  sich 
nicht  pathogen  erwies.  Die  Pathogenität  der  gefundenen  Eitererreger 
wurde  durch  das  Tierexperiment  festgestellt  und  erwies  sich  stets 
als  sehr  bedeutend. 

Die  Leichendiagnose  dieser  Prozesse  gründet  sich  auf  die  rela- 
tiv unbedeutenden  Veränderungen  an  der  Mucosa  des  Verdauungs- 
traktes, die  parenchymatösen  Degenerationszustände  in  den  Unter- 
leibsdrüsen , Ekchymosen  an  den  serösen  Häuten,  Vereiterung  der 
Entzündungsherde  in  den  Lungen,  miliare  Abscesse  und  besonders 
auf  das  Ergebnis  der  bakteriologischen  Untersuchung.  Die  Quelle 
der  Infektion  ist  mit  größter  Wahrscheinlichkeit  in  der  Luft  der 
Krankenzimmer  zu  suchen.  Die  Bahnen,  auf  welchen  das  Gift  in 
den  Körper  gelangt,  sind  teils  die  Nabelwunde,  teils  dringt  das 
organische  Virus  mit  der  Nahrung  in  den  Körper  ein,  oder  es  wird 
mit  dem  Inspirationsstrome  den  Lungen  zugeführt,  was  der  häufigste 
Modus  zu  sein  scheint.  Auf  Grund  dieser  Untersuchungen  betrachtet 
Verf.  solche  Fälle  von  scheinbarer  reiner  Erkrankung  des  Magen- 
darmkanales und  der  Lungen  als  modifizierte  Verlaufsweisen  septi- 
copyämischer  Infektion,  für  welche  er  den  Namen  „septische  Infek- 
tion des  Säuglings  mit  gastrointestionalen  resp.  pulmonalen  Sym- 
ptomen in  Vorschlag  bringt.  Daß  daneben  auch  akute  dyspeptische 
Erkrankungen,  sowie  genuine  Pneumonieen  mit  spezifischem  bakterio- 
logischem Befunde  bei  Anstaltskindern  zur  Beobachtung  gelangen,  ge- 
steht Verf.  ohne  weiteres  zu,  hält  dieselben  jedoch  für  entschieden 
seltenere  und  prognostisch  günstigere  Affektionen.  Prophylaktisch 
kommt  außer  der  wohl  überall  geübten  strengen  Asepsis  die  Hygiene 
der  Anstaltsräume  in  Betracht.  Dieudonnd  (Berlin). 

Werigo,  M.,  Developpement  du  charbon  chez  le  lapin. 
D’apres  les  tableaux  micr os copiques  du  foie  et  de 
la  rate.  (Annales  de  l’Institut  Pasteur.  1894.  No.  1.) 

Nachdem  Verf.  früher  (Annales  de  PInstitut  Pasteur.  1892. 
Referat : Centralbl.  für  Bakteriol.  Bd.  XIII.  p.  241)  gezeigt  hatte,  daß 
virulente  Milzbrandbacillen,  in  das  Blut  des  Kaninchens  eingespritzt, 
ungemein  rasch  von  den  weißen  Blutkörperchen  aufgenommen  wurden, 
wollte  er  nun  erforschen,  wie  die  eingeschlossenen  Bakterien  wieder 
frei  würden. 

Zu  dem  Zwecke  wurde  die  Entwickelung  des  Milzbrandes  beim 
Kaninchen  in  allen  Stadien  verfolgt.  Dazu  hätten  eigentlich  alle  Or- 
gane der  zu  verschiedenen  Zeiten  getöteten  Tiere  untersucht  werden 
müssen,  da  aber  dabei  eine  zu  große  Anzahl  Tiere  hätte  geopfert 
werden  müssen,  beschränkte  sich  Verf.  auf  die  möglichst  genaue 


Milzbrand.  767 

Untersuchung  der  Leber  und  der  Milz  und  in  einigen  Fällen  auch 
der  Lunge. 

Um  den  Verlauf  der  Krankheit  zu  beschleunigen,  wurde  eine 
verhältnismäßig  sehr  große  Menge  Bakterien  in  die  Ohrvene  einge- 
spritzt; die  Tiere  wurden  2 1/2,  5,  7 l/2,  8,  10,  20  und  40  Minuten, 
von  da  ab  stündlich  bis  zur  21.  Stunde,  endlich  noch  25  1/2,  26  V2 
und  27  a/2  Stunden  nach  der  Injektion  getötet,  außerdem  wurde  noch 
ein  Tier  untersucht,  welches  nach  28  V2  Stunden  der  Krankheit  erlegen 
war  und  eines,  welches  19 1/2  Stunden  nach  der  Infektion  in  Agone 
getötet  wurde.  Bei  der  Untersuchung  wurde  die  Gesamtzahl 
der  Bakterien,  die  Zahl  der  in  den  Leukocyten  einge- 
schlossenen Bakterien  und  die  Zahl  der  normalen  und  der 
degenerierten  Bacillen  möglichst  genau  bestimmt. 

In  der  Leber  sind  bereits  7 l/2  Minuten  nach  der  Infektion 
charakteristische  Erscheinungen  zu  beobachten : Die  Endothelzellen  der 
Kapillargefäße  zeigen  eigentümliche  morphologische  Veränderungen, 
welche  als  eine  Reaktion  den  eingedrungenen  Bakterien  gegenüber 
aufzufassen  ist.  Diese  so  veränderten  Zellen  scheinen  für  den  Kampf 
gegen  die  Bakterien  geeigneter  zu  sein;  Verf.  bezeichnet  dieselben 
als  „macrophages  hepatiques“.  In  diesen  Zellen  finden  sich  eine 
große  Anzahl  Bakterien  eingeschlossen,  welche  bereits  7 1/2  Minuten 
nach  der  Infektion  Degenerationserscheinungen  darbieten,  ein  Beweis 
für  die  außerordentlich  energische  zerstörende  Kraft  dieser  Zellen.  Außer- 
dem ist  in  dieser  Zeit  auch  in  den  Leukocyten  ein  gewisser  Prozentsatz 
(20 — 30  Proz.)  der  Bakterien  eingeschlossen,  welche  aber  viel  geringere 
Degenerationserscheinungen  zeigen.  Der  Verlauf  des  Milzbrandes  läßt 
sich  entsprechend  der  Zahl  der  Bakterien  in  3 Perioden  einteilen: 
1)  in  die  der  langsamen  Abnahme  der  Bakterien  (bis  zur  4.  Stunde 
nach  der  Infektion),  2)  das  Stadium,  während  dessen  die  Zahl  gleich- 
bleibt (bis  zur  16.  Stunde)  und  3)  das  Stadium  der  abermaligen  Ver- 
mehrung bis  zum  eintretenden  Tode.  Während  der  zwei  ersten 
Perioden  sind  alle  Bakterien  in  den  „Leberfreßzellen“  und  in  den 
weißen  Blutkörperchen  eingeschlossen , freiliegende  Bacillen  fehlen 
vollkommen;  diese  erscheinen  erst  im  Anfänge  der  3.  Periode,  und 
in  der  Agone  sowie  beim  Tode  sind  alle  frei. 

Im  Anfänge  der  3.  Periode  ist  eine  deutliche  Vermehrung  der 
Bakterien  zu  beobachten,  indem  diese  zu  langen  Fäden  auswachsen. 
Der  Verlauf  der  Erkrankuug  in  der  Leber  ist  also  folgender:  Die 
in  die  Blutbahn  eingespritzten  Bakterien  werden  von  den  veränderten 
Leberzelllen  aufgenommen  und  rasch  zerstört.  Sämtliche 
Bakterien,  welche  in  die  Leber  des  Kaninchens  kom- 
men, gehen  ihrem  unvermeidlichen  Untergange  ent- 
gegen. Doch  dauert  diese  Vernichtung  in  der  Leber  nicht  während 
der  ganzen  Krankheit  an,  schon  am  Ende  der  2.  und  während  der 
ganzen  3.  Periode  werden  die  angeschwemmten  Bakterien  nicht  in 
dem  Maße  zerstört  wie  anfangs  und  die  Bakterien  vermehren  sich 
nun  im  Innern  der  Zellen,  letztere  zerfallen,  wodurch  die  Bakterien 
frei  werden  und  nun  die  Leber  überschwemmen. 

In  der  Milz  können  ebenfalls  3 Stadien  im  Verlaufe  der  Krank- 
heit unterschieden  werden,  doch  geht  die  Abnahme  der  Bakterien  viel 


768 


Milzbrand. 


langsamer  vor  sich  und  die  Zahl  derselben  ist  auch  im  2.  Stadium 
größer  als  in  der  Leber;  in  der  1.  Periode  sind  auch  hier  sämtliche 
Bakterien  in  Zellen  eingeschlossen,  aber  schon  während  der  ganzen 
2.  Periode  werden  dieselben  frei  und  in  der  3.  sind  sämtliche  frei. 
Die  freien  Bacillen  sind  stets  normal,  die  eingeschlossenen  zeigen 
ausschließlich  Degenerationserscheinungen. 

Der  Verlauf  der  Krankheit  gestaltet  sich  demnach  folgender- 
maßen : Die  in  die  Blutbahn  eingespritzten  Bakterien  werden 
in  der  Leber  von  den  Leberfreßzellen  aufgenommen  und  zer- 
stört, in  der  Milz  geschieht  dies  viel  weniger  energisch.  Nach 
kürzerer  oder  längerer  Zeit  beginnen  einige  der  lebend  ge- 
bliebenen Bakterien  der  Milz  auszuwachsen  und  sich  zu  vermehren. 
Nun  entspinnt  sich  ein  Kampf  zwischen  den  Bakterien  und  den 
weißen  Blutkörperchen,  welche  sich  massenhaft  um  die  Bakterien 
sammeln,  dieselben  aufnehmen  und  entweder  sofort  fressen  oder  in 
die  Leber  zur  endgiltigen  Zerstörung  schleppen.  So  geht  es  eine 
mehr  oder  weniger  lange  Zeit  fort,  während  der  sich  stets  die 
Bakterien  in  der  Milz  vermehren,  von  den  weißen  Blutkörperchen 
in  die  Leber  verschleppt  und  hier  zerstört  werden.  Allmählich  be- 
ginnen die  Leukocyten  zu  erlahmen,  infolgedessen  die  Bakterien 
sich  vermehren,  frei  werden,  in  das  Blut  und  die  Leber  gelangen, 
welche  nun  auch  nach  kürzerem  oder  längerem  Kampfe  nicht 
mehr  Widerstand  genug  leistet  und  von  den  massenhaft  nachdrängenden 
Bakterien  überschwemmt  wird,  worauf  bald  der  Tod  des  Tieres  eintritt. 

Vom  Gesichtspunkte  der  Einwirkung  der  Zellen  aus  betrachtet, 
leisten  im  ersten  Stadium  alle  3 beschriebenen  Arten  (Milz-  Leber- 
freßzellen und  weiße  Blutkörperchen)  kräftigen  Widerstand  den  Bak- 
terien gegenüber,  welcher  aber  nur  einige  Stunden  dauert.  Zuerst 
werden  die  Zellen  der  Milz  geschwächt,  so  daß  sich  die  Bakterien 
in  denselben  vermehren  können.  In  der  2.  Periode  wird  der  Kampf  mit 
den  Bakterien  von  den  Lebermakrophagen  und  den  Leukocyten  geführt, 
wodurch  die  Bakterien  auf  eine  relativ  niedrige  Zahl  beschränkt 
werden.  Im  weiteren  Verlaufe  erlahmen  auch  die  Leukocyten,  so  daß 
sich  die  Bakterien  in  der  Milz  und  allen  Organen  vermehren  können ; 
die  Leberzellen,  welche  nun  allein  gegen  die  massenhaft  andrängen- 
den Bakterien  kämpfen  müssen,  können  nur  kürzere  oder  längere 
Zeit  erfolgreichen  Widerstand  leisten  und  nun  führen  die  auf  allen 
Teilen  des  Schlachtfeldes  siegreichen  Bakterien  rasch  den  Tod  des 
Organismus  herbei. 

Für  diese  allmähliche  Abnahme  der  Widerstandsfähigkeit  der 
verschiedenen  Phagocytenarten  können  nun  zwei  Erklärungen  mög- 
lich sein.  Entweder  wird  dieselbe  durch  die  sich  bildenden  Toxine 
der  Bakterien  hervorgerufen  oder  aber  durch  die  allmählich  größer 
werdende  Virulenz  der  Bakterien  auf  dem  Wege  der  natürlichen 
Auslese,  welche  eine  Art  derselben  zustande  bringt,  die  geeigneter 
für  den  Kampf  mit  den  Phagocyten  ist.  Wahrscheinlich  spielen  diese 
beiden  Faktoren  zugleich  eine  Rolle. 

Dieser  geschilderte  Kampf  spielt  sich  außer  in  den  untersuchten 
Organen  jedenfalls  in  sämtlichen  anderen  ähnlich  ab,  doch  findet  die 
wirksamste  Zerstörung  in  der  Leber  statt. 


Baelz’sche  Krankheit.  — Panophtalmitis. 


769 


Die  vorstehenden  Untersuchungen  sind  nach  der  Ansicht  des 
Verf’s.  ein  neuer  Beweis  für  die  Bedeutung  der  Phagocytose.  Wenn 
von  anderen  Beobachtern  keine  Bakterien  im  Innern  der  weißen 
Blutkörperchen  gefunden  werden  konnten,  so  komme  dies  daher,  daß 
das  cirkulierende  Blut  nur  wenig  Leukocyten  mit  eingeschlossenen 
Bakterien  enthalte  und  dieselben  nur  ganz  kurze  Zeit  darin  gefunden 
werden ; bei  der  Untersuchung  von  Organstücken  seien  dagegen  die- 
selben stets  zu  finden.  Um  dieselbe  auch  bei  anderen  Krankheiten 
nachzuweisen,  sei  es  notwendig,  nach  der  angewendeten  Methode  zu 
verfahren.  Die  Phagocytose  genüge  vollkommen  für  eine  befriedigende 
Erklärung  der  Befunde,  ohne  daß  die  chemotaktische  Wirkung  der 
Leukocyten  dabei  eine  Rolle  spiele. 

Der  eingehenden  Arbeit,  welche  im  Laboratorium  von  Metsch- 
nikoff  begonnen  und  im  „Institute  für  experimentelle  Medizin“  in 
Petersburg  im  Laboratorium  von  Nencki  ausgeführt  wurde,  liegen 
drei  kolorierte  Tafeln  bei.  Dieudonnö  (Berlin). 

Broes  van  Dort,  Ein  Fall  von  Baelz’scher  Krankheit. 
(Dermatolog.  Zeitschrift.  Bd.  I.  1894.  Heft  3.) 

Unter  dem  Namen  der  Baelz’ sehen  Krankheit  versteht  der 
Verf.,  dem  Beispiele  Unna’s  folgend,  ein  Krankheitsbild,  welches  in 
Ulcerationen  der  Mundschleimdrüsen  besteht.  Das  Aussehen  der 
Affektion,  ihr  Lieblingssitz  an  den  Lippen,  lassen  eine  Verwechselung 
mit  syphilitischen  Erkrankungen,  Ulcus  molle,  Carcinom  und  Tuber- 
kulose sehr  leicht  erscheinen.  Die  Affektion  ist  durchaus  gutartig 
und  zeichnet  sich  aus  durch  das  Fehlen  jeder  Drüsenschwellung  und 
das  Fehlen  von  Schmerz,  sowie  durch  einen  sehr  chronischen  Ver- 
lauf, da  sie  sich  selbst  überlassen,  nach  Unna’s  Beschreibung  von 
einer  Drüse  nach  der  andern  übergreift.  Van  Dort  glaubt  die 
Atfektion  einer  besonderen  Infektion  zuschreiben  zu  müssen.  In 
einem  Falle  trat  sie  im  Rekonvalescenzstadium  einer  akuten,  wohl 
infektiösen  Krankheit  auf. 

Ein  sehr  gutes  Mittel  scheint  die  Jodtinktur  zu  sein.  Bei  der 
mikroskopischen  Untersuchung  fand  sich  nur  ein  Netz  von  feinen 
Bindegewebsfasern  mit  weiten  Zwischenräumen , in  denen  sich  viele 
Leukocyten  fanden.  Lasch  (Breslau). 

Randolpli,  B.  L.,  A case  of  Panophtalmitis,  caused  by 
the  Bacillus  coli  communis.  (American  Journal  of  Medical 
Sciences.  CVI.  1893.  p.  440.) 

In  einem  von  einer  Verletzung  herrührenden  Falle  von  Panoph- 
thalmitis  fand  sich,  daß  der  purulente  Stoff  im  Augapfel  einen 
augenscheinlich  mit  dem  Bacillus  coli  communis  identischen 
Organismus  enthielt.  Keine  anderen  Bakterien  konnten  entdeckt 
werden.  Impfungen  mit  Reinkulturen  in  die  vordere  Augenkammer 
von  Kaninchen  erzeugte  eine  heftige  Entzündung,  welcher  eine  teil- 
weise Undurchsichtigkeit  der  Hornhaut  folgte.  Wenn  die  Impfungen 
in  den  Glaskörper  gemacht  wurden,  so  ergab  sich  eine  zerstörende 
Panophthalmitis.  Novy  (Ann  Arbor). 


770 


Bakterien  in  den  Thränengängen.  — Carcinom. 


Levin^on, J.,  Etüde  cliniquebacteriologique  etcritique 
sur  les  maladies  des  voies  lacryraales  produisant  le 
larmoiement.  [These.]  4°.  197  p.  Paris  1893. 

Beschränken  wir  uns  auf  den  bakteriologischen  Teil,  so  sind 
nur  wenige  Arbeiten  vorhanden,  welche  sich  mit  diesem  Gegenstände 
beschäftigen.  Man  hat  Streptokokken,  Staphylokokken  und  selbst 
einen  eigentümlichen  Bacillus  angetroffen,  durch  dessen  Weiter- 
impfung  dieselbe  Krankheitserscheinung  wieder  hervorgebracht  wurde; 
der  Staphylococcus  aureus  findet  sich  stets  in  der  Conjunc- 
tiva,  Bacterium  Termo  wurde  angetroffen. 

Die  Krankheiten  der  Thränenwege  und  ihre  pathogenen  Erschei- 
nungen sind  in  zahlreichen  Fällen  nur  Folgezustände  von  nasalen 
Affektionen. 

Leider  erfährt  man  über  den  eigentümlichen  Bacillus  nur, 
daß  er  noch  „indeterminö“  ist,  vielleicht  aber  mit  dem  fluorescenten 
Mikroorganismus  zusammenhängt,  welcher  die  menschlichen  Nasen  zu 
bewohnen  pflegt.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Gribbes,  H.,  On  the  parasitic  na  tu  re  of  Cancer.  (American 
Journal  of  Medical  Sciences.  Vol.  CVI.  1893.  p.  1.) 

Zur  Vergleichung  wählt  der  Verf.  die  Coc cidi u m krankheit  der 
Kaninchen  als  eine  typisch  parasitische  Krankheit,  um  daran  die 
hervorgebrachten  Veränderungen  und  das  Verhältnis  des  Parasiten  zu 
dem  neugebildeten  Gewebe  zu  studieren.  Das  Differenzieren  des 
Parasiten  von  dem  Gewebe  geschieht  vermittelst  doppelter  Färbung. 
Die  folgenden  Farblösungen  werden  benützt:  No.  1 wird  hergestellt 
durch  Auflösung  von  2 ccm  Anilinöl  in  10  ccm  Alkohol,  sodann  Ver- 
dünnung mit  destilliertem  Wasser  zu  100  ccm  und  Hinzufügung  von 
2 Proz.  Rosanilinsulfat.  No.  2 wird  auf  die  gleiche  Weise  hergestellt, 
ausgenommen,  daß  statt  des  Rosanilinsulfats  1 Proz.  Jodgrün  zuge- 
setzt wird. 

Die  in  Alkohol  gehärteten  Schnitte  werden  etwa  10  Minuten 
lang  in  die  filtrierte  Farblösung  No.  1 gestellt.  Sie  werden  dann  in 
Wasser,  leicht  in  gewöhnlichem  Alkohol  gewaschen  und  in  die  Farb- 
lösung No.  2 gesetzt.  Wenn  die  ursprünglich  rote  Farbe  sich  in  ein 
mattes  Purpur  verwandelt,  wasche  man  in  destilliertem  Wasser,  in 
gewöhnlichem  Alkohol,  reinige  in  Nelkenöl  und  trage  auf  Xylol- 
balsam auf. 

Mit  dieser  Methode  läßt  sich  nach  dem  Verf.  zeigen,  daß  die 
Parasiten  zwischen  den  Kolumnarzellen  der  Gallengänge  eingekeilt 
und  in  keinem  Falle  innerhalb  derselben  enthalten  sind.  Die  Er- 
weiterung des  Gallenganges  rührt  demnach  von  dem  chronischen 
Reize  her,  den  die  Vermehrung  desCoccidium  oviforme  ausübt. 

Soweit  die  parasitische  Natur  des  Krebses  in  Betracht  kommt, 
zieht  der  Verf.  den  Schluß,  daß  die  bei  einem  geringen  Prozentsätze 
von  glandulären  Carcinomata  gefundenen  Erscheinungen  durch  endogene 
Zellenbildung  verursacht  werden;  daß  die  große  Mehrheit  der  glan- 
dulären Carcinome  nichts  zeigen,  was  als  parasitisch  betrachtet 
werden  kann,  wenn  gehärtet  nach  irgend  einer  Methode,  welche  bei 
der  Anwendung  auf  normales  Gewebe  einen  typischen  Schnitt  ergeben 
wird.  Novy  (Ann  Arbor). 


Carcinom. 


771 


Rossi,  E.,  I corpuscoli-fucsina  di  W.  Rüssel.  (La  Rif.  med. 
1893.  p.  260.) 

Verf.  fand  diese  von  William  Rüssel  in  Krebsgeschwülsten 
beschriebenen  rundlichen,  homogenen,  4 — 12  f.i  im  Durchmesser 
messenden  und  sich  in  einem  Gemisch  von  Fuchsin  und  Jodgrün  in 
2 Proz.  Karbolsäure  rot  färbenden  Körper  in  10  von  14  untersuchten 
Carcinomen,  aber  auch  in  2 Fällen  von  Lungentuberkulose  und  in 
1 Falle  von  Riesenzellensarkom.  Er  hält  sie  daher  nicht  für  para- 
sitäre Gebilde,  sondern  für  Zelldegenerationsprodukte  vielleicht  hyaliner 
Art.  Kamen  (Czernowitz). 

D’Arcy  Power,  Some  effects  of  chronic  irritation  upon 
living  tissues,  being  first  steps  in  a rational  study 
of  cancer.  (British  med.  Journal.  1893.  Oct.  14.) 

Bei  dem  Studium  der  Aetiologie  des  Carcinoms  suchte  der  Verf. 
zwischen  den  Veränderungen,  welche  auf  Rechnung  chronischen  Reizes 
zu  setzen  sind,  und  denen,  welche  spezifische  Eigentümlichkeiten  des 
Krebses  sind,  zu  unterscheiden.  Wenn  er  Haut  oder  Knorpel  von 
Tieren  über  Wochen  und  Monate  hin  in  einem  Reizzustande  hielt, 
wozu  er  meist  Jodpräparate  benutzt  zu  haben  scheint,  so  fand  er 
Vakuolenbildung  und  Oedem  der  Zellen,  Bildung  von  Zellnestern  und 
Leukocytenansammlungen  und  bisweilen  Schwellungen  der  benach- 
barten Lymphdrüsen  mit  manchen  Zeichen  wie  von  Endotheliom- 
bildung. 

In  zwei  Versuchen  brachte  Verf.  Kaninchen  Carcinomstückchen  in 
die  chronisch  gereizte  Vagina  und  fand  dann  in  Epithelzellen  ähn- 
liche Körperchen,  wie  sie  von  Ruff  er  und  Anderen  beschrieben  sind; 
dieselben  waren  durchaus  verschieden  von  den  durch  chronischen 
Reiz  hervorgerufenen  Bildungen.  Gute  Photographieen  geben  die 
Belege  für  die  Ausführungen  des  Verfassers.  Abel  (Greifswald). 

Adamkiewicz,  Zur  Reaktion  der  Carcinome.  (Wiener  med. 
Wochenschrift.  1893.  No.  30.  p.  1292.) 

A.  wendet  sich  gegen  die  Ausführungen  Spiegler’s,  welcher 
die  Sätze  aufstellte,  daß  die  Reaktion  der  Carcinome  stets  auf 
AenderuDgen  der  Cirkulation  beruhe  und  das  Cancroin  eine  Schäd- 
lichkeit sei,  ohne  einen  Heilwert  zu  besitzen.  Gegen  die  erste  Be- 
hauptung führt  er  an,  daß  die  entzündlichen  Reaktionen  in  den 
Carcinomen  in  verschiedenen  Zeiten  eintreten,  also  abhängig  von  dem 
variablen  Verhalten  der  Herde,  nicht  von  der  konstanten  Eigenschaft 
des  Mittels  sind.  Dann  aber  verschwinde  auch  ein  großer  Teil  der 
reagierenden  Gebilde,  besonders  die  Lymphdrüsen,  ohne  jede  ent- 
zündliche Reaktion.  Daß  das  Neurin  die  Krebszellen  tötet  und 
nicht  eine  Schädlichkeit  im  Körper,  sondern  in  gewissen  Fällen  von 
Heilwirkung  ist,  dafür  führt  Verf.  mehrere  Beispiele  an.  In  einem 
Falle  verschwanden  von  13  großen  Metastasen  13  infolge  des  Mittels. 
Das  primäre  Lippencarcinom  wurde  operativ  entfernt.  Nach  einem 
Jahre  war  der  Zustand  nicht  verschlechtert.  In  einem  weiteren  Falle 
verschwand  ein  Drüsenpacket  in  der  Schlüsselbeingrube  bei  einem 
operierten  Mammacarcinom.  Nach  4 Monaten  zeigte  die  rechte  Brust- 


772 


Carcinom  und  Tuberkulose.  — Tierische  Parasiten. 


drüse  und  Achselhöhle  Carcinomknoten ; auch  sie  verschwanden  nach 
Neurininjektionen.  Nach  fast  Jahresfrist  entstand  eine  Uterusmeta- 
stase mit  Leistendrüsenanschwellung  und  Ascites.  Die  moribunde 
Kranke  erholte  sich  soweit,  daß  sie  umhergehen  konnte.  Daß  die 
Metastasen  nicht  durch  die  Injektionen  hervorgerufen  seien,  ist  des- 
halb auszuschließen,  weil  die  Zeiträume  zwischen  Injektion  und 
Metustasenauftreten  sehr  groß  waren  und  immer  größer  waren,  als 
die  Zeiträume  der  Injektionen  bis  zum  Schwunde  der  Tumoren  und 
weil  zweitens  die  erste  Metastase  nach  der  Operation  entstanden 
war.  0.  Voges  (Danzig). 

Strauer,  Systematische  Blutuntersuchungen  bei  Schwind- 
süchtigen und  Krebskranken.  (Ztschr.  f.  klin.  Med.  XXIV. 
Heft  3.  u.  4.) 

Auf  der  Frauenabteilung  der  Gerhardt’schen  Klinik  zu  Berlin 
unternahm  Verf.  in  Gemeinschaft  mit  Grawitz  Blutuntersuchungen 
bei  Phthisikern  und  Carcinomatösen,  die  viel  des  Interessanten  bieten. 
Es  wurden  möglichst  alle  in  Frage  kommenden  Faktoren  bei  den 
einzelnen  Fällen  berücksichtigt,  Fieber,  Schweiße,  ulceröser  Zerfall 
tuberkulöser  Produkte,  Ernährung  u.  s.  w.  und  außerdem  gleichzeitig 
die  Zahl  der  roten  und  weißen  Blutkörperchen,  der  Trockengehalt 
des  Gesamtblutes  und  des  Serums  und  das  spezifische  Gewicht  er- 
mittelt. Es  ergab  sich,  daß  im  allgemeinen  bei  Tuberkulose,  trotz 
vorgeschrittenen  Stadiums  und  Nachweises  von  Kavernen  die  Werte 
für  die  Anzahl  der  roten  Blutkörperchen,  für  den  Eiweißgehalt  und 
das  spezifische  Gewicht  des  Blutes  denen  bei  gesunden  Menschen 
nahe  kommt.  Nur  wenn  die  Patienten  beständig  fiebern  und  ein 
Verfall  der  Kräfte  eintritt,  sind  die  entsprechenden  Werte  herab- 
gesetzt. Insbesondere  nehmen  die  roten  Blutkörperchen  mit  dem 
fortschreitenden  Marasmus  und  wenn  amyloide  Degeneration  der 
inneren  Organe  sich  zur  Lungentuberkulose  zugesellt,  ganz  bedeutend 
ab.  Bei  Komplikation  der  Lungenphthise  mit  Larynstuberkulose  macht 
sich,  sobald  Stenosenbildung  eingetreten  ist,  wohl  infolge  venöser 
Stauung  eine  Eindickung  des  Blutes  bemerkbar. 

Bei  Carcinomkranken  ist  die  Verschlechterung  der  Blutzusammen- 
setzung mit  dem  Fortschreiten  der  Cachexie  sehr  ausgesprochen. 
Zahl  der  roten  Blutkörperchen,  Eiweißgehalt  und  spezifisches  Gewicht 
sind  subnormal,  womit  eine  Vermehrung  der  Leukocyten  Hand  in 
Hand  zu  gehen  pflegt.  Endlich  ist  noch  zu  erwähnen,  daß  die  roten 
Blutkörperchen  bei  der  Poikilocytose  keine  Veränderungen  ihrer  Form 
eingehen,  während  sie  bei  den  späteren  Stadien  des  Carcinoms  alle 
Formen  der  Tuberkulose  aufweisen.  Maaß  (Freiburg  i.  B.). 

v.  Linstow,  Zur  Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte 
der  Tänien.  Mit  2 Taf.  (Arch.  f.  mikr.  Anatom.  Bd.  XLII. 
p.  442—459.) 

Verf.  beschreibt  Taenia  ursina  n.  sp.  aus  dem  Darme  von 
Ursus  arctos,  aus  dem  bisher  noch  keine  Tänie  bekannt  war, 
sodann  Taenia  Struthionis  Houttoyn,  eine  Form,  die  zu  dem 
Subgenus  Davainea  gehört  und  im  Darme  von  Struthio  mo- 


Tierische  Parasiten. 


773 


lybdophanes  gefunden  wurde.  Endlich  beschreibt  v.  Linstow 
die  in  Corvus  corone  häufige  Taenia  serpentulus  und  führt 
sie  nach  der  Form  der  Haken  auf  eine  geschwänzte  cysticerkoide 
Larve  in  der  Leibeshöhle  von  Geotrupes  sylvaticus  zurück. 

Brandes  (Halle). 

Labb6,  A.,  Sur  les  Coccidies  des  oiseaux.  (Compt.  rend. 
Ac.  sc.  Paris.  T.  CXVI.  1893.  I.  p.  1300—1303.) 

Die  Darmcoccidien  der  Vögel  gehören  zu  zwei  Gruppen;  die  eine, 
dem  Coccidium  perforans  der  Kaninchen  nahestehend,  ist  bei 
den  Vögeln  (Huhn)  repräsentiert  durch  C.  te ne  11  um  Raill.,  neben 
dem  noch  C.  truncatum  Raill.  und  C.  globosum  n.  sp.  Vor- 
kommen — doch  sind  letztere  beiden  wahrscheinlich  nur  Varietäten 
des  C.  tenellum;  die  andere  Gruppe  ist  durch  kugelige  Coccidien, 
die  2 gleiche  Sporoblasten  mit  je  4 Sporozoiten  bilden,  vertreten: 
Diplospora  n.  g.,  während  Coccidium  bekanntlich  4 Sporen 
mit  je  2 Sporozoiten  bildet.  Es  werden  2 Arten  unterschieden: 
Diplospora  Lacazei  n.sp.  beim  Stieglitz  (Fringilla  carduelis), 
der  Lerche  (Al  au  da  arvensis  oder  arborea?)  etc.  und  Diplo- 
spora Rivoltae  n.  sp.  beim  Fink  (Fringilla  coelebs),  Bunt- 
specht, Meise  u.  a.  Bei  Diplospora  Lacazei  dauert  die  Entwicke- 
lung in  der  feuchten  Kammer  4 — 5 Tage,  bei  der  anderen  Art  etwa 
15  Tage. 

Die  Infektion  der  Vögel  mit  Coccidium  oder  Diplospora 
ist  absolut  chronisch  und  scheint  die  Tiere  nicht  zu  belästigen ; doch 
kann  man  eine  akute  Erkrankung  künstlich  hervorrufen,  wenn  man 
dem  Futter  der  Stieglitze  und  Finken  bereits  entwickelte  Cysten  von 
Diplospora  beimengt;  die  Tiere  sterben  nach  2 — 3 Tagen  und 
man  findet  massenhaft  die  jungen  Parasiten  in  den  Epithelzellen 
des  Darmes,  einige  anscheinend  in  Teilung,  andere  im  Beginne  der 
Encystierung,  andere  im  Zerfall,  nirgends  aber  „Schwärmercysten“! 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Labb6,  A.,  Dimorphisme  dans  le  dövelop  pement  des 
h^mosporidies.  (Compt.  rend.  Ac.  sc.  Paris.  T.  CXVI.  1893. 
I.  p.  1209—1210.) 

Die  Untersuchungen  betreffen  die  bekannten  endoglobulären  Para- 
siten der  Frösche  (Drepanidium  ranarum)  und  der  Eidechsen 
(Drepanidium  Danislewskyi),  bei  denen  der  Autor  einen  dop- 
pelten Modus  der  Reproduktion  konstatiert  hat,  insofern  doppelt,  als  es 
sich  um  Ausbildung  von  Makro-  und  Mikrosporen  handelt.  Die  Drepa- 
nidien  encystieren  sich  nicht,  sondern  der  Rest  des  roten  oder  weißen 
Blutkörperchens,  in  denen  diese  auch  als  C y t o z o a oder  Gaule  ’sche 
Würmchen  bekannten  Parasiten  leben,  bildet  eine  Art  Cystenhülle. 
Der  Kern  der  Drepanidien  teilt  sich  vielfach  und  darauf  zerfällt  das 
Drepanidium  in  Makro- und  Mikrosporen.  Die  ersteren,  von  ver- 
schiedener Größe,  trifft  man  oft  in  den  Leukocyten  der  Milz,  der 
Nieren,  des  Knochenmarkes  und  der  Leber;  die  in  der  Zahl  von 
5—6,  manchmal  auch  von  15 — 20  entstehenden  Sporozoiten  sind 
0,005 — 0,007  mm  lang  und  um  ein  oder  zwei  Restkörper  gruppiert. 

XV.  Bd.  49 


774 


Tierische  Parasiten.  — Pflanzenkrankheiten. 


Wo  Mikrosporen  gebildet  werden,  erreicht  das  abgerundete  Drepa- 
nidium  ranarum  0,020 — 0,025  mm  Größe,  Drep.  Danilewskyi 
0,020—0,030  mm,  und  die  Zahl  der  0,003—0,005  mm  großen, 
bakterienähnlichen  Sporozo'iten  beträgt  50 — 60;  auch  sie  sind  stets 
um  einen,  manchmal  um  zwei  Restkörper  gruppiert.  Der  Autor  giebt 
an,  bei  den  beiden  Drepanidienarten  eine  laterale  Konjugation  be- 
obachtet zu  haben.  Von  Interesse  ist  es  nun,  daß  Mikrosporen  ebenso 
wohl  im  Frühjahr  wie  im  Herbst,  Mikrosporen  besonders  im  Mai  und 
Juni  gebildet  werden;  zu  dieser  Zeit  wird  das  Blut  der  infizierten 
Frösche  mit  großen  Mengen  von  Sporen  belastet  und  die  Erkrankung 
eine  akute. 

Trotz  zahlreicher  Untersuchungen  auch  beiakuterCoccidiose 
konnte  der  Autor  den  von  R.  und  L.  Pfeiffer  angenommenen 
doppelten  Entwickelungsgang  („Schwärmer-  und  Dauercysten“)  der 
Coccidien  nicht  finden.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Brock,  Sandison,  Anatomy  and  physiology  of  the  Bil- 
harzia  comm.  (The  Lancet.  1893.  3.  Sept.) 

B.’s  wesentlichste  Befunde  sind  folgende:  Der  im  Ei  liegende 
Embryo  ist  überall  mit  Cilien  besetzt,  die  nur  an  den  Körper- 
öffnungen fehlen.  Die  Kaudalöffnung  ist  wahrscheinlich  rudimentär; 
die  Exkretion  wird  besorgt  durch  2 Reihen  kranzförmig  angeordneter 
lateraler  Oeffnungen.  Im  Körper  läßt  sich  deutlich  ein  Verdauungs- 
und ein  Wassergefäßsystem  nachweisen;  in  letzteres  eingeschaltet 
fand  B.  vorn  und  hinten  je  2 kugelige  Organe,  an  denen  er  rhyth- 
mische Kontraktionen  beobachten  konnte.  Die  bimförmigen  gestielten 
Massen  zur  Seite  des  Magens  hält  er  für  muskulöse  Stützapparate 
des  Kopfes.  Etwa  2 Tage  nach  der  Entleerung  des  Eies  mit  dem 
Urin  stößt  der  Embryo  aus  den  lateralen  Oeffnungen  eine  mit  Körn- 
chen vermischte  Flüssigkeit  aus,  welche  schließlich  die  Schale  zum 
Platzen  bringt.  Der  freie,  normal  walzenförmige  Embryo  nimmt  in 
kaltem  oder  unreinem  Wasser  die  verschiedensten  unregelmäßigen 
Formen  an.  Seine  weitere  Entwickelungsgeschichte  konnte  nicht 
verfolgt  werden.  W.  Petersen  (Zürich). 

Sorauer,  P.,  Populäre  Anleitung  für  den  Landwirt  zur 
Unterscheidung  der  im  Getreide  vorkommenden 
Stein  - und  Staubbrandarten.  (Zeitschr.  f.  Pflauzenkrankh. 
1893.  p.  271.  1 Tab.) 

Von  vorwiegend  praktischen  Gesichtspunkten  ausgehend,  bespricht 
Verf.  an  der  Hand  von  Abbildungen  die  charakteristischen  Unter- 
scheidungsmerkmale der  verschiedenen  Stein-  und  Staubbrandkrank- 
heiten des  Getreides,  wobei  er  auf  die  anzuwendenden  Mittel  zur 
Verhütung  der  Krankheit  genau  eingeht.  Aus  allem  geht  hervor, 
daß  dem  Landwirt  die  geuauere  Kenntnis  der  einzelnen  Arten  sehr 
notwendig  ist,  da  die  Gegenmittel  recht  verschiedene  sind. 

Lindau  (Berlin). 

Brick,  C.,  Ueber  Nectria  cinnabarina  (Tode)  Fr.  (Jahrbuch 
der  Hamburgischen  wissenschaftlichen  Anstalten.  X.  2.  Arbeiten 
des  Botanischen  Museums.  Hamburg  1893.  14  p.) 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


775 


Dieser  so  außerordentlich  schädliche,  aber  noch  viel  zu  wenig 
beachtete  Parasit  verbreitet  sich  durch  seine  zahlreichen  Sporen, 
welche  in  dreierlei  Gestalt  erzeugt  werden:  1)  durch  einzellige  Co- 
nidien,  welche  entweder  auf  Polstern  in  ungeheurer  Zahl  entwickelt 
werden  (Tubercularia  vulgaris  Fr.)  oder  an  den  jungen  Myce- 
lien  sich  bilden  können  oder  durch  Sprossung  an  den  Ascosporen 
und  den  Conidien  selbst  entstehen,  2)  durch  die  zumeist  6-zelligen 
Makroconidien  von  sichelförmiger  Gestalt  (Fusisporium  Nectriae 
cinnabarinae),  welche  vor  den  einzelligen  Conidien  auf  denselben 
Polstern  ihren  Ursprung  nehmen  und  nur  unter  bestimmten,  noch 
nicht  näher  bekannten  Bedingungen  erzeugt  werden,  und  3)  durch 
die  Ascosporen,  deren  Perithecien  eine  Anpassung  dergestalt  zeigen, 
daß  die  Sporen  zu  sehr  verschiedenen  Zeiten  aus  ihnen  heraus- 
gelangen. Das  Mycel  ist  im  Innern  des  Holzkörpers  den  äußerlich 
sich  zeigenden  Krankheitssymptomen  weit  voraus.  Beim  Absterben 
der  Rinde  können  ähnliche  äußere  Krankheitserscheinungen,  wie  sie 
bei  Nectria  cucurbitula  (Tode)  Fr.  und  N.  d i t i s s i m a Tul. 
bekannt  sind,  auftreten,  z.  B.  eingesunkene,  abgestorbene  Rindenpartieen 
und  getötete  Ueberwallungswülste,  welche  solche  Stellen  zu  über- 
wachsen versuchten;  es  sind  dies  also  die  Anfänge  krebsartiger 
Bildungen,  deren  Erzeugung  auch  durch  Nectria  cinnabarina 
bisher  noch  nicht  beobachtet  war.  Wenn  eine  Rettung  des  Baumes 
oder  Strauches  versucht  werden  soll,  muß  ein  sehr  weit  gehendes 
und  frühzeitiges  Zurückschneiden  stattfinden.  Sonst  sind  vorbeugende 
Maßregeln,  wie  Vermeidung  von  Wunden,  regelrechte  Wundbehandlung, 
Verbrennen  der  erkrankten  Zweige  event.  Bekämpfungsmaßregeln. 

Br  ick  (Hamburg). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Drossbacli,  GL P.,  Methode  der  bakteriologischen  Wasser- 
untersuchung. (Chemikerzeitung.  Bd.  XVII.  1893.  p.  1483.) 

Bei  der  Beurteilung  des  absoluten  Wertes  der  Trink  Wässer  will 
Verf.  in  erster  Linie  die  Bestimmung  der  bei  Bluttemperatur  ent- 
wickelungsfähigen Keime,  insbesondere  der  fakultativen  Anaerobionten, 
berücksichtigt  wissen. 

Verf.  ist  bemüht  gewesen,  ein  für  den  vorliegenden  Zweck  geeig- 
netes und  bequemes  Verfahren  der  Anaerobenzüchtung  ausfindig  zu 
machen  und  empfiehlt  folgenden  Modus  der  Absorptionsmethode: 
Petrischalen  werden  auf  Drahtdreiecken  unbedeckt  übereinander  ge- 
schichtet, in  einen  Dosenexsiccator  gestellt,  dessen  Boden  mit  einem 
energisch  Sauerstoff  absorbierenden  Körper  bedeckt  ist.  Als  solchen 
verwendet  Verf.  Eisenoxydul  oder  Chromacetat. 

Das  erstere  wird  dargestellt,  indem  man  auf  den  Boden  des  Ex- 
siccators  eine  1—2  ccm  hohe  Schicht  konzentrierter  Natronlauge  giebt, 
auf  diese  die  konzentrierte  Lösung  einer  äquivalenten  Menge  Eisen- 

49* 


776  Untersuchuugsmethoden.  — Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten  etc. 


chlorür  vorsichtig  schichtet,  dann  den  gut  gedichteten  Deckel  auf- 
setzt und  nun  erst  die  Flüssigkeiten  durch  stärkeres  Umschwenken 
mischt.  Das  sich  ausscheidende  Eisenoxydul  kleidet  als  steifer  Brei 
die  Innenwand  des  Exsiccators  aus. 

Wird  eine  hinreichende  Menge  von  Eisenchlorür  verwendet  und 
die  Dose  bei  jedesmaligem  Gebrauche  nicht  länger,  als  nötig,  geöffnet, 
so  soll  die  erzeugte  Qualität  Eisenoxydul  für  zahlreiche  Bestimmun- 
gen genügen. 

Noch  energischer  und  schneller  als  Eisenoxydul  soll  Chrom- 
acetat den  Sauerstoff  absorbieren.  Zur  Darstellung  des  letzteren  wird 
statt  der  Natronlauge  eine  konzentrierte  Lösung  von  Natriumacetat 
verwendet,  auf  welche  eine  unfiltrierte,  vorher  mit  Zn  + HCl  bis  zur 
rein  blauen  Färbung  reduzierte,  konzentrierte  Lösung  von  rohem 
Chrom sesquichlorid  geschichtet  wird.  Busse  (Berlin). 

Lanz,  Ein  neues  Verfahren  der  Gonokokkenfärbung. 

(Deutsch,  med.  Wochenschrift.  1894.  No.  9.) 

Das  zur  Untersuchung  bestimmte  Sekret  wird  in  der  üblichen 
Weise  am  Deckglase  angetrocknet.  Letzteres  kommt  darauf  für 
1/g — 2 Minuten  in  20-proz.  Trichloressigsäure,  wird  demnächst  in 
Wasser  abgespült,  mit  der  beschickten  Fläche  mit  Methylenblau- 
lösung (30  ccm  Wasser,  1 — 2 Tropfen  5-proz.  KHO-Lösung,  gesättigte 
alkoholische  Farblösung  bis  zum  Eintritte  dunkelblauer  Farbe)  ge- 
legt, nach  3—5  Minuten  wieder  mit  Wasser  gespült,  getrocknet  und 
mit  Kanadabalsam  auf  dem  Objektträger  befestigt.  Die  Gonokokken 
sollen  bei  diesem  Verfahren  besonders  scharf  hervortreten  und  sich 
von  den  Zellen  deutlich  abheben,  da  die  letzteren  durch  die  Ein- 
wirkung der  Trichloressigsäure  auffallend  durchsichtig  werden.  Sehr 
schöne  Ergebnisse  soll  nach  Beendigung  der  Methylenblaufärbung 
eine  Kontrastfärbung  mit  Bismarckbraun  (x/4 — 1j3  Minute)  liefern. 

Kübler  (Berlin). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Pettenkofer,  31.  v.,  Maßregeln  gegen  die  Cholera  hier, 
die  sanitären  Verhältnisse  der  Irrenanstalten, 
S i echenhä u s e r,  A r bei  t s h äu ser , Gef a n gen-  und  Straf- 
anstalten. Gutachten  des  k.  Obermedizinal-Ausschusses.  (Münch, 
med.  Wochenschrift.  1894.  No.  10.) 

Der  von  der  Cholerakommission  aufgestellte  Fragebogen  bezüg- 
lich der  sanitären  Verhältnisse  obengenannter  bayrischer  Anstalten 
wurde  von  42  derselben  beantwortet.  Das  Ergebnis  dieser  Unter- 
suchung darf  im  ganzen  als  ein  erfreuliches  bezeichnet  werden.  Von 
großem  Interesse  ist  das  Auftreten  von  Erkrankungen  an  Cholera  und 
Abdominaltyphus  in  den  verschiedenen  Anstalten.  Von  42  waren 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  777 


bloß  8 ein  Schauplatz  der  Cholera,  davon  5 in  München.  Die  Zahl 
der  von  Ab  dom  in  al  typ  h us  frei  geblienenen  beträgt  einige  20. 
Sehr  lehrreich  ist  die  relative  Häufigkeit  von  Cholera-  und  Typhus- 
fällen in  früherer  und  jetziger  Zeit  in  diesen  Anstalten,  worin  sich 
der  Einfluß  der  Assanierung  der  Anstalten  unwiderleglich  ausspricht 
wie  z.  B.  im  Zuchthause  Kaisheim.  Hier  zeigte  die  Frequenz  der 
Typhusfälle  eine  große  Abhängigkeit  von  der  Jahreszeit;  als  Beleg 
dafür,  daß  die  Typhusfrequenz  hier  ebensowenig  wie  die  in  München 
vom  Trinkwasser  abgeleitet  werden  darf,  ist  anzuführen,  daß  mit 
Einführung  der  Quellwasserleitung  der  Typhus  nicht  sofort  ver- 
schwand, sondern  das  Aufhören  desselben  eine  Nachwirkung  der  Assa- 
nierung des  verseuchten  Bodens  war. 

Wie  in  Gefängnissen  zeigt  sich  auch  in  Krankenhäusern,  daß  die 
während  Cholera-  und  Typhusepidemieen  vorkommenden  Hausinfek- 
tionen nicht  kontagionistisch  aufzufassen  und  nicht  vom  Trinkwasser 
abzuleiten  sind.  Eines  der  schlagendsten  Beispiele  ist  das  Kranken- 
haus links  der  Isar  in  München.  Bei  allen  Typhus-  und  Cholera- 
epidemieen,  welche  München  gehabt,  zeigte  sich  bis  in  die  neuere 
Zeit  das  Krankenhaus  als  ein  Infektionsherd  für  seine  Krankenbe- 
völkerung und  Krankenpfleger. 

Weder  in  München  noch  in  einer  der  anderen  Anstalten  des 
Königreiches  konnte  eine  Abhängigkeit  der  Typhus-  und  Cholera- 
bewegung vom  Wasser  im  Sinne  der  kontagionistischen  Trinkwasser- 
theorie nachgewiesen  werden.  Das  Wasser  kann  Träger  von  Infek- 
tionskeimen sein,  ohne  daß  sein  Genuß  infiziert,  wenn  solche  Keime 
nicht  in  der  nötigen  Menge  darin  enthalten  sind;  da  nun  nach  allen 
bisherigen  Untersuchungen  Typhus-  und  Chlolerakeime  im  Wasser 
nur  in  äußerst  geringer  Menge  gefunden  wurden,  so  ist  anzunehmen, 
daß  diese  Keime,  wenn  sie  auch  durch  Wasser  ins  Haus  kommen, 
da  immer  noch  eine  Brutstätte  finden  müssen,  auf  welcher  sie  sich 
bis  zum  nötigen  Grade  der  Konzentration  und  Virulenz  vermehren 
können. 

Vom  rein  praktischen  Standpunkte  aus  betrachtet,  tritt  deutlich 
hervor,  daß  die  lokale  Assanierung,  wozu  auch  reines  Wasser  gehört, 
das  beste  Schutzmittel  ist,  und  daß  man  kontagionistischer  Maßregeln 
nicht  bedarf.  Man  hat  den  Typhus  aus  München  entfernt,  ohne 
Typhuskranke  zu  isolieren,  ohne  zu  desinfizieren. 

Zum  Schlüsse  spricht  Verf.  den  Wunsch  aus,  daß  man  wie  in 
England  auch  in  Deutschland  mehr  der  lokalistischen  als  der  konta- 
gionistischen Lehre  folge  und  nicht  nutzlos  die  persönliche  Freiheit, 
Handel  und  Wandel  bedrücke.  Dieudonn6  (Berlin). 

Issaeff,  Un  te r s uch  u n ge n über  die  künstliche  Immuni- 
tät gegen  Cholera.  (Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektions- 
krankheiten. Bd.  XVI.  H.  2.  p.  287—328.) 

In  dem  Wirrwarr  der  sich  überstürzenden  Arbeiten  über  die 
Choleraimmunität  der  Meerschweinchen  erscheint  eine  neue  Arbeit 
Verf.’s  welche  uns  über  manche  Punkte  die  einfachsten  Aufklärungen 
giebt.  Der  Verf.  geht  ein  auf  die  das  gleiche  Thema  besprechenden 
Arbeiten  anderer  Autoren  und  kommt  auf  Grund  zahlreicher  Ver- 


778  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungs  hemmung  etc. 


suche  zu  folgendem  Ergebnis.  Wir  sind  imstande,  durch  intraperi- 
toneale oder  subkutane  Injektion  von  Blutserum  normaler  Menschen, 
sowie  auch  durch  Injektion  der  verschiedensten  sauren,  wie  alkalischen, 
wie  neutralen  Flüssigkeiten  Meerschweinchen  gegen  eine  nachfolgende 
Injektion  von  Cholerabacillen  resistenter  zu  machen.  Diese  Wider- 
standsfähigkeit ist  aber  äußerst  schwach  und  vorübergehend,  und  ist 
nicht  identisch  mit  der  durch  Behandlung  mit  lebenden  Cholera- 
kulturen erzielten  Immunität  der  Meerschweinchen.  Die  Meer- 
schweinchen, welche  gegen  Cholera  vacciniert  sind,  erlangen  trotz 
hoher  Unempfänglichkeit  gegen  die  Infektion  mit  lebenden  Vibrionen- 
kulturen keinerlei  Widerstandsfähigkeit  gegen  die  toxischen  Produkte 
der  Choleravibrionen  und  besitzt  demgemäß  auch  das  Blut  keine 
antitoxischen  Eigenschaften.  Die  maximale  Choleratoxindosis,  welche 
die  immunisierten  Meerschweinchen  vertragen  können,  ist  um  nichts 
größer,  als  die  der  Kontrolltiere  und  nur  etwas  größer  als  die 
Maximaldosis  des  von  ihnen  gerade  noch  vertragenen  intraperitoneal 
injizierten  lebenden  Choleravirus.  Die  durch  mehrfache  Injektionen 
mit  lebenden  Cholerakulturen  vorsichtig  immunisierten  Meerschwein- 
chen besitzen  spezifische,  sehr  stark  ausgesprochene  immunisierende 
und  in  gewissem  Sinne  auch  heilende  Eigenschaften.  In  der  näm- 
lichen Weise  verhält  sich  auch  das  Blut  von  Menschen,  welche  sich 
in  der  Cholerarekonvalescenz  befinden.  In  letzterem  Falle  treten 
diese  Merkmale  erst  gegen  Ende  der  3.  Woche  nach  der  Erkrankung 
hervor  und  verschwinden  wieder  nach  2 — 3 Monaten  vollständig. 
Untersucht  wurde  im  ganzen  das  Blut  von  8 Personen. 

Es  stellte  sich  heraus,  daß  die  Schutz  Wirkung,  die  durch  In- 
jektion von  Bouillon,  Kochsalzlösung,  Nucleinsäure,  Tuberkulin,  mensch- 
lichem Blutserum,  Harn  etc.  hervorgerufen  wird,  gegenüber  einer 
nachfolgenden  Cholerainfektion  lediglich  in  der  Einwanderung  massen- 
hafter Leukocyten  in  die  Bauchhöhle  und  demgemäß  in  der  Phago- 
cytose  ihre  Ursache  hat.  Verf.  konnte  durch  Entnahme  der  Perito- 
nealflüssigkeit mit  einer  feinen  Glaskapillare  diese  Vorgänge  genauer 
verfolgen.  Läßt  man  jedoch  den  Leukocyten  Zeit,  nach  gethaner 
Arbeit  wieder  in  den  Körper  zurückzuwandern,  so  sind  die  Tiere 
gegen  eine  nachfolgende  Cholerainfektion  nicht  mehr  und  nicht 
weniger  geschützt,  wie  andere  nicht  vorbehandelte  Kontrolltiere.  Die 
Phagocytose  ist  — wenn  auch  vorhanden  — so  doch  nicht  der 
ausschließlich  maßgebende  Faktor  bei  der  wirklichen,  nur  durch 
Cholerakultureninjektion  hervorzurufenden  Choleraimmunität,  sondern 
es  müssen  andere  Faktoren  mit  im  Spiele  sein,  welche  die  immuni- 
sierten Tiere  befähigen , auch  nach  Ablauf  der  Phagocytenreaktion 
sich  wirksam  gegen  das  Choleragift  zu  schützen. 

O.  Voges  (Danzig). 

Pfeiffer,  R.  und  Issaeff,  Ueber  die  Spezifizität  der  Cho- 
leraimmunisierung. [Vorläufige  Mitteilung  aus  dem  Institut 
für  Infektionskrankheiten  in  Berlin.)  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
1894.  No.  13.) 

Nachdem  in  neuerer  Zeit,  insbesondere  durch  Klein,  Hueppe 
und  So b er n heim,  Mitteilungen  geworden  sind,  aus  welchen  hervor- 


Schutzimp fung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  779 


geht,  daß  man  mit  vielen  anderen  Bakterienarten  Meerschweinchen 
gegen  intraperitoneale  Cholerainfektion  immunisieren  kann,  geben  Verff. 
darauf  eine  kurze  Zusammenstellung  ihrer  Versuchsresultate,  indem 
sie  sich  die  Publikation  der  ausführlichen  experimentellen  Belege 
Vorbehalten. 

1)  Es  ist  nicht  möglich,  einen  dauernden  Schutz  gegen  Cholera 
mit  anderen  als  mit  echten  Choleravibrionen  zu  erzielen.  Während 
Meerschweinchen  nach  Vorbehandlung  mit  echten  Cholerakulturen 
noch  3 Monate  später  gegen  die  intraperitoneale  Einverleibung  der 
Koch’schen  Bacillen  geschützt  sind,  erliegen  Meerschweinchen, 
welche  mit  Typhus,  Proteus,  Bacterium  coli,  Pyocyaneus 
immunisiert  sind,  10 — 15  Tage  nach  der  letzten  Vorbehandlung,  so- 
wie die  dadurch  bedingten  peritonealen  Reizungserscheinungen  ab- 
gelaufen sind,  der  Wirkung  der  Choleravibrionen  wie  die  Kontroll- 
tiere.  Umgekehrt  zeigen  mit  Cholera  immunisierte  Meerschweinchen 
keine  Immunität  gegen  irgend  eine  der  vorbenanDten  Bakterienarten, 
wenn  die  Infektion  10 — 15  Tage  nach  der  letzten  Vorbehandlung  mit 
Cholerabakterien  ausgeführt  wird. 

2)  Das  Serum  von  Meerschweinchen,  welche  mit  Cholerakulturen 
vorbehandelt  sind,  schützt,  wenn  es  in  kleinen  Dosen  (0,1  ccm) 
24  Stunden  vorher  subkutan  injiziert  wird,  gegen  die  intraperi- 
toneale Einspritzung  einer  für  Kontrolliere  absolut  tödlichen  Dosis 
von  Cholerabakterien.  Dagegen  hat  das  Serum  von  Tieren,  welche 
gegen  Proteus,  Typhus,  Bact.  coli,  Pyocyaneus,  Diphtherie 
und  Tetanus  immunisiert  sind,  selbst  in  erheblich  größerer  Dosis, 
nicht  diese  schützende  Kraft  gegenüber  der  Cholerainfektion. 

3)  In  neuerer  Zeit  sind  durch  das  Peptonverfahren  aus  dem 
Wasser  sowie  aus  menschlichen  Dejektionen  vielfach  Vibrionen  ge- 
züchtet worden,  welche  mit  den  Cholerabakterien  die  Cholerarot- 
reaktion und  die  Tierpathogenität  gemeinsam  haben.  Es  ist  den 
Verff.  gelungen,  unter  diesen  Vibrionen  eine  ganze  Reihe  von  Arten 
durch  ihr  biologisches  Verhalten  bei  der  Immunisierung  von  den 
echten  zu  unterscheiden.  So  sind  z.  B.  Meerschweinchen,  welche 
gegen  Cholera  immunisiert  sind,  nicht  geschützt  gegen  die  krank- 
machenden Wirkungen  des  Vibrio  Metschnikowi  und  verwandter 
Vibrionenarten,  andererseits  vermögen  Meerschweinchen,  welche  eine 
starke  Immunität  gegen  den  Vibrio  Metschnikowi  erworben 
haben,  der  intraperitonealen  Injektion  der  Choleraerreger  nicht  zu 
widerstehen.  Sehr  scharfe  spezifische  Unterschiede  treten  hervor, 
wenn  man  mit  dem  Serum  von  choleraimmunen  Tieren  gegen  eine 
andere  Bakterienart  zu  schützen  versucht  und  umgekehrt. 

Auf  diese  Weise  haben  sich  ganz  sicher  von  der  Cholera  diffe- 
renzieren lassen  alle  diejenigen  Vibrionen,  welche  durch  ihre  Patho- 
genität für  Tauben  schon  längst  verdächtig  waren.  Es  gehört  hier- 
her der  Vibrio  Metschnikowi  selbst,  eine  den  Verff.  vor  einem 
Jahre  aus  Paris  zugesandte  angebliche  Cholerakultur,  die  von 
Weichselbaum  gezüchtete  Kultur  (siehe  R.  Pfeiffer,  Studien 
zur  Choleraätiologie.  Zeitschr.  f.  Hygiene.  Bd.  XVI.  p.  282),  der 
Vibrio  danubicus  und  andere  mehr.  Nicht  zur  Cholera  gehörig 
erwiesen  sich  ferner  die  von  Dunbar  aus  dem  Elbwasser  gezüchteten 


780  Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


leuchtenden  Vibrionen.  Dagegen  verhielten  sich  nach  jeder  Richtung 
wie  echte  Cholerabakterien  beispielsweise  die  in  Nietleben  aus  der 
Wasserleitung  während  der  bekannten  Choleraepidemie  gewonnenen 
Vibrionen,  ferner  Kulturen,  die  aus  am  15.  Oktober  1893  entnom- 
menen Proben  des  Rohwassers  auf  Filter  C und  D in  Stettin  ge- 
züchtet sind.  Ger  lach  (Wiesbaden). 

Sobernlieim , Experimentelle  Untersuchungen  über 
Choleragift  und  Choleraschutz.  [Aus  d.  hygien.  Institut 
zu  Marburg.]  (Zeitschr.  f.  Hygiene.  Bd.  XIV.  p.  485.) 

Die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  lassen  sich  nach  Verf.  etwa 
in  folgenden  Sätzen  zusammenfassen: 

Gehen  Meerschweinchen  nach  intraperitonealer  Injektion  von 
lebenden  Cholerakulturen  zu  Grunde,  so  findet  man  bei  der  Sektion 
die  Bakterien  regelmäßig  im  peritonitischen  Exsudate,  fast  ausnahms- 
los im  Darminhalte,  öfters,  allerdings  in  sehr  wechselnder  Menge,  im 
Blute.  Es  handelt  sich  hierbei  nicht  um  einen  rein  infektiösen  Pro- 
zeß, vielmehr  spielt  auch  das  toxische  Moment  eine  wesentliche 
Rolle.  Es  gelingt  mit  abgetöteten  Kulturen  — in  entsprechend 
größerer  Menge  — die  Thiere  unter  gleichen  Erscheinungen  wie 
nach  Injektion  lebender  Kulturen  zu  töten.  Die  hierbei  in  Frage 
kommenden  Giftstoffe  stehen,  wie  Pfeiffer  gefunden,  in  enger  Be- 
ziehung zu  der  Leibessubstanz  der  Bakterien  und  sind  auch  in  den 
Filtraten  älterer  Bouillonkulturen  nachweisbar.  Sie  werden  durch 
mehrstündiges  Einwirken  höherer  Temperaturen  nicht  zerstört.  Bei 
intrastomacbaler  Einführung  erweisen  sich  erhitzte  und  lebende 
Cholerakulturen  etwa  gleich  wirksam.  Schutzimpfungen  gegen  den 
intraperitoneal  erzeugten  Choleraprozeß  sind  durch  lebende,  abge- 
tötete und  filtrierte  Cholerakulturen,  sowie  durch  das  Serum  immuni- 
sierter Tiere  erfolgreich  durchzuführen.  Gegenüber  dem  per  os  er- 
zeugten Prozesse  erweisen  sich  alle  diese  Immunisierungsversuche  als 
unzureichend.  Der  bei  Meerschweinchen  zu  erzielende  Choleraschutz 
beruht  auf  wahrer  „Immunität“.  „Giftfestigung“  ist  dabei  nicht 
vorhanden.  In  Uebereinstimmung  hiermit  steht  die  Thatsache,  daß 
im  Reagenzglase  das  Blutserum  immunisierter  Meerschweinchen  den 
Cholerabakterien  gegenüber  hochgradig  baktericide  Eigenschaften 
äußert,  welche  dem  normalen  Meerschweinchenserum  fast  vollkommen 
abgehen.  G e r 1 a c h (Wiesbaden). 

Abbott,  A.  C.,  The  results  of  inoculations  of  milk 
cows  with  cultures  of  the  Bacillus  diphtheriae.  (The 
Journal  of  Pathology  and  Bacteriology.  Vol.  II.  1893.  p.  35.) 

Der  Verf.  wiederholte  die  Versuche  Klein’s  (s.  diese  Zeitschrift. 
Bd.  VII.  p.  788)  betreffs  der  Impfung  von  Kühen  mit  dem  Ba- 
cillus diphtheriae  und  kam  zu  etwas  verschiedenen  Ergebnissen. 
Zwei  Kühe  wurden  benützt,  jede  mit  1 ccm  einer  Bouillonkultur  des 
Bacillus.  Eine  derselben  starb  16  Tage  nach  der  Impfung  und 
die  andere  wurde  am  20.  Tage  getötet.  Der  nach  Klein’s  Be- 
schreibung an  Euter  und  Zitzen  nach  den  Impfungen  erscheinende 
Ausbruch  wurde  an  keinem  der  Tiere  beobachtet,  und  zu  keiner  Zeit 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  781 


Heß  sich  etwas  Abnormales  an  diesen  Organen  bemerken.  Die  Milch 
beider  Kühe  zeigte  trotz  sorgfältiger  Prüfung  nicht  die  Anwesenheit 
des  Bacillus  diphtheriae.  Bei  der  Autopsie  fehlten  die  von 
Klein  beschriebenen  pathologischen  Verletzungen  der  inneren  Organe. 
Der  Bacillus  diphtheriae  war  in  verhältnismäßig  großer  An- 
zahl in  den  Geweben  vorhanden,  doch  fand  sich  die  Klein’sche 
lädenartige  Form  nicht  vor.  Novy  (Ann  Arbor). 

Pane,  N.,  Ripristinamento  della  virulenzadel  diplo- 
bacillo  pneumoniae  mediante  il  virus  carbonchioso. 
(La  Rif.  med.  1894.  p.  238.) 

P.  hatte  gelegentlich  zahlreicher  Versuche  die  Wahrnehmung 
gemacht,  daß,  wenn  man  Kaninchen  Milzbrand-  und  Pneumocccus- 
blut  oder  virulente  Kulturen  der  beiden  Mikroorganismen  geichzeitig 
injiziert,  die  Tiere  beiläufig  in  demselben  Zeiträume  wie  an  einfacher 
Milzbrand-  oder  Pneumcoccu  sinfektion  eingehen.  Bei  der 
Autopsie  fanden  sich  jedoch  nur  Zeichen  von  Pneumococcus- 
septikämie;  von  Milzbrandbacillen  konnte  in  den  meisten  Fällen 
entweder  keine  Spur  oder  nur  einzelne  degenerierte,  keine  Färbung 
mehr  annehmende  Exemplare  gefunden  werden. 

In  einer  zweiten  Serie  von  Versuchen  wurden  teils  avirulente, 
teils  abgeschwächte  Pneumococcus kulturen  zu  ähnlichen  Im- 
pfungen wie  in  der  ersten  Reihe  verwendet.  Die  Tiere  gingen 
an  Pneum  o c o c c u s septikämie  zu  Grunde,  wenn  auch  mit  einer 
gewissen  Verzögerung  (in  3—5  Tagen).  Doch  konnte  durch  fortge- 
setzte Impfungen  schon  beim  dritten  Tiere  derselbe  Zeitpunkt  des 
Todeseintrittes  erzielt  werden,  wie  bei  Impfungen  mit  vollvirulenten 
Kulturen. 

Es  läßt  sich  daher  auf  diese  Weise  dem  Pneumococcus, 
welcher  nach  einem  längeren  sapropbytischen  Wachstume  seine 
Virulenz  eingebüßt  hat,  dieselbe  wieder  rück  verleihen. 

Kamen  (Czernowitz). 

Bergmann,  J.,  Ein  neuer  Vorschlag  zur  Prophylaxe  gegen 
Diphtherie.  (Allgemeine  mediz.  Centralzeitung.  1894.  No.  1.) 

Verf.  bespricht  zunächst  die  Unzulänglichkeit  der  bisherigen 
Prophylaxe  gegen  Diphtherie,  er  weist  die  prophylaktische  Tonsillo- 
tomie und  die  Gurgelwässer  zurück  und  macht  uns  dann  mit  seinem 
neuen,  von  ihm  entdeckten  und  mit  dem  stolzen  Namen  Diphtheri- 
cidium  belegten  Mittel  bekannt.  Dieses  Mittel  besteht  aus  Pastillen, 
welche  2 mg  Thymol,  2 cg  Natrium  benzoicum  und  0,015  Saccharin 
enthalten  und  sind  diese  3 Mittel  durch  eine  Verbindung  von  Gutta- 
percha und  Damaraharz  zu  einer  festen  Masse  verbunden.  Die 
Kinder  sollen  diese  Pastillen  kauen  und  ist  der  Verf.  der  Meinung, 
daß  gerade  diese  von  ihm  gefundene  Methode  in  ganz  hervorragender 
Weise  wirken  muß.  In  zwei  Fällen  von  Angina  ohne  Belag  konsta- 
tierte er  einen  entschieden  günstigen  Erfolg.  Zum  Schlüsse  seiner 
Arbeit  wendet  sich  Verf.  noch  gegen  die  Ausführungen  von  Szana, 
welcher  das  Desinfiziens  in  einer  konsistenten,  jedoch  im  Speichel 
sich  lösenden  Masse  (Zucker)  geben  will  und  betont,  daß  seine 


782  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwicklungshemmung  etc. 


Methode  eine  ungleich  bessere  ist,  obwohl  er  selber  zugiebt,  daß  die 
von  ihm  angestellten  bakteriologischen  Untersuchungen  wesentlich 
nur  dasselbe  ergaben,  wie  die  von  Szana.  Im  übrigen  werden  wir 
aber  durch  die  Mitteilung  dieser  bakteriologischen  Untersuchungen, 
welche  allein  ein  Maßstab  für  die  Beurteilung  der  Sache  sein  könnten, 
in  keiner  Weise  belästigt.  O.  Voges  (Danzig). 

Vulpius,  Kritische  Bemerkungen  und  praktische  Er- 
fahrungen über  das  Antidiphtherin  Klebs.  [Aus  der 
chirurgischen  Universitätsklinik  in  Heidelberg.]  (Dtsch.  med.  Wochen- 
schrift. 1894.  No.  6.) 

In  dem  ersten  Teile  seiner  Abhandlung  unterzieht  der  Verf.  die 
von  Klebs  über  die  Wirkung  seines  Antidiphtherins  veröffentlichten 
Mitteilungen  einer  Prüfung.  Wenn  die  Beeinflussung  von  Diphtherie- 
kulturen in  vitro  von  Klebs  als  Beweis  für  die  Heilkraft  des  Präparats 
verwertet  worden  ist,  so  vermißt  Verf.  eine  Angabe  der  Umstände,  welche 
es  ermöglichten,  auszuschließen,  daß  die  Wirksamkeit  des  Mittels  in 
diesem  Falle  seinem  Gehalte  an  Orthokresol  (0,2 °/0)  zuzuschreiben  war. 
Der  Auffassung  von  Klebs,  daß  das  Antidiphtherin  vermöge  seines 
feindlichen  Verhaltens  gegenüber  den  lebenden  Bacillen  Heilerfolge 
erziele,  widerspricht  es  zudem,  daß  er  als  Beweis  für  die  Wirk- 
samkeit Versuche  an  Tieren  mitteilt,  welche  mit  Diphtherietoxinen 
und  demnächst  mit  subkutanen  Injektionen  des  Antidiphtherins  be- 
handelt worden  waren.  Die  Bereitwilligkeit  Anderer  zu  Versuchen 
mit  dem  Mittel  wird  durch  den  Mangel  einer  Mitteilung  über  dessen 
Einfluß  auf  Lunge  und  Magen  herabgesetzt,  da  seine  Anwendung 
unter  Umständen  durch  intratracheales  Einträufeln  erfolgt  oder  sein 
Verschlucken  in  einer  Dose  von  mehreren  Grammen  nach  sich  zieht. 
Die  gewöhnliche  Anwendungsweise  durch  Pinselung  beruht  auf  der 
keineswegs  erwiesenen  Voraussetzung,  daß  Bacillen  von  virulenter 
Beschaffenheit  nur  auf  den  Pseudomembranen  der  Kranken  vorhanden 
sind,  in  deren  übrigen  Körper  aber  fehlen.  Der  von  Klebs  be- 
sonders hervorgehobene  Umstand,  daß  die  Membranen  sich  bei  An- 
wendung des  Antidiphtherins  nicht  auflösen,  sondern  von  ihrer  Unter- 
lage abstoßen  und  dann  eine  glatte  Schleimhaut  zurücklassen,  hat 
nichts  Auffallendes,  da  der  gleiche  Erfolg  vom  Verf.  auch  nach  Pinse- 
lung mit  10°/0iger  Salzsäure  erreicht  wurde.  Den  Nachweis,  daß 
die  Bacillen  in  den  gepinselten  Membranen  abgestorben  waren, 
hat  Klebs  dagegen  nicht  geführt.  Von  den  13  von  Klebs  mit 
Antidiphtherin  behandelten  Fällen  einer  mittelschweren  Epidemie, 
welche  sämtlich  geheilt  wurden,  waren  nur  6 durch  bakteriologische 
Untersuchung  als  Diphtherie  diagnostiziert.  Nur  in  einem  der- 

selben trat  eine  prompte  Entfieberung  nach  Anwendung  des  Mittels 
ein , „zweimal  war  der  Temperaturabfall  kein  eklatanter , zweimal 
wurde  bei  fieberfreien  Rekonvalescenten  gepinselt , bei  einem  hoch- 
fiebernden Manne  fehlte  bedauerlicherweise  eine  Notiz  über  den 
weiteren  Temperaturverlauf.“  Von  den  übrigen  Fällen  schließt  Verf. 
2,  in  denen  es  sich  der  von  Klebs  gegebenen  Beschreibung  nach 
um  Angina  follicularis  gehandelt  habe,  und  eine  Scharlachdiphtherie 
von  der  Beurteilung  aus ; es  bleiben  dann  noch  4 Kranke,  an  denen 


Neue  Litteratur. 


783 


nur  2 nach  Einleitung  der  spezifischen  Behandlung  rasch  entfiebert 
waren. 

Das  ungünstige  Urteil,  welches  Yerf.  hinsichtlich  der  Klebs- 
schen  Behandlungsart  auf  Grund  der  vorstehend  wiedergegebenen 
Erwägungen  fällte,  fand  eine  Bestätigung  in  dem  Ausfälle  von 
Heilversuchen  in  19  in  der  chirurgischen  Universitätsklinik  zu 
Heidelberg  behandelten  Fällen  von  Diphtherie  Die  Diagnose  war 
auch  hier  nicht  immer  durch  bakteriologische  Untersuchungen  ge- 
stützt worden,  wurde  indessen  durch  den  schweren  Verlauf  der  Er- 
krankungen und  durch  Sektionsbefunde  gesichert.  Das  Anti- 
diphtherin  wurde  mit  einem  langen  Haarpinsel  zunächst  auf  die 
Tonsillen  und  den  weichen  Gaumen  demnächst  nach  gründlicher 
Reinigung  und  Desinfektion  des  Instruments  auf  die  Schleimhaut  des 
Kehlkopfs  aufgetragen,  bezw.  in  schwächerer  Lösung  in  die  Tracheal- 
kanäle  eingeträufelt.  Bei  Kindern  machte  die  Anwendung  des  Ver- 
fahrens stets  Schwierigkeiten;  Würgbewegungen  und  Erbrechen  haben 
vermutlich  nicht  selten  Teile  der  eingebrachten  Flüssigkeit  wieder 
herausbefördert,  ehe  sie  in  die  Membranen  eingedrungen  waren. 
Eine  Aenderung  des  Fieberverlaufes  wurde  unter  der  Behandlung 
in  der  Regel  nicht  beobachtet;  die  Pseudomembranen  blieben  meistens 
unverändert  und  verschwanden  nur  selten  ausnahmsweise  rasch. 
Mehrmals  wurde  eine  Neubildung  oder  Ausbreitung  der  Beläge  be- 
obachtet. In  wiederholt  gründlich  mit  dem  Antidiphtherin  behandelten 
Membranen  fanden  sich  später  wachstumsfähige  Diphtheriebacillen. 
Von  den  19  Kranken  starben  10,  also  mehr  als  50  °/0,  während  von 
anderer  Seite  die  Sterblichkeit  bei  Diphtherie  überhaupt  auf  48,7  °/0 
berechnet  worden  ist.  K übler  (Berlin). 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  vou 

De.  Aethue  Wüezbueg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 


Morphologie  und  Biologie 

Pintner,  Th.,  Studien  an  Tetrarhynchen  nebst  Beobachtungen  an  anderen  Bandwürmern. 
1.  Mitteilung.  (Aus:  ,,Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.“)  Lex. -8.  46  p.  m.  4 Taf. 

In  Komm.  Leipzig  (G.  Freytag)  1894.  1,60  M. 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Miquel,  P.,  De  la  duree  d’incubation  des  microorganismes  de  l’air  et  des  eaux  dans  la 
gelatine  nutritive.  (Annal.  de  microgr.  1894.  No.  3.  p.  111 — 118.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gehrauchsgegenstände. 

Budin,  P.,  Lait  sterilisd.  et  allaitement.  8°.  Avec  14  fig.  Paris  (G.  Carre)  1894. 

1 fr. 

Ergebnis  der  Untersuchung  von  Schweinen  auf  Trichinen  und  in  Finnen  in  Preußen  in 
den  Jahren  1890 — 1892.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  13.  p.  208 
—209.) 


784 


Neue  Litteratur. 


Heim,  Sur  des  byphomycfetes  observes  dans  les  Solutions  de  sulfate  de  quiDine.  (Compt. 
rend.  de  la  soc.  de  biol.  1894.  17.  fevr.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Xatur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Attgemeinkrankheiten. 

Behring,  Die  Bekämpfung  der  Infektionskrankheiten.  Hygienischer  Teil  von  Brix, 
Pfuhl  und  Nocht.  gr,  8°.  XXXI,  493  p.  m.  14  Abbildgn.  u.  3 Taf.  Leipzig 
(Georg  Thieme)  1894.  12  M. 

Claisse , P et  Dupre,  E.  , Les  infections  salivaires.  (Arch.  de  med.  experim.  1894. 
No.  1,  2.  p.  41—74,  250—277.) 

Fasano.  A.,  Criterii  etiologici  e scientifici  da  servire  per  norma  nella  profilassi  delle 
malattie  infettive  con  speciale  riguardo  alle  disposizioni  sanitarie  vigenti.  (Atti  del 
Congr.  gener.  d.  ass.  med.  ital.  1891,  Siena  1893.  p.  357 — 363.) 

Oesterreich.  Kundmachung  der  Landesregierung  für  Krain,  hetr.  die  Verpflichtung  zur 
Erstattung  der  Anzeige  über  das  Auftreten  ansteckender  Krankheiten.  Vom  17.  Januar 
1894.  (Oesterreich.  Sanitätswesen.  1894.  No  12.  p.  101 — 102.) 

Porak,  Du  passage  des  substances  etrangeres  ä l’organisme  ä travers  le  placenta, 
^Arch.  de  med.  experim.  1894.  No.  2.  p.  192 — 223.) 

Strümpell,  A.,  Lehrbuch  der  speziellen  Pathologie  und  Therapie  der  inneren  Krank- 
heiten. 8.  Aufl.  1.  Bd.  Akute  Infektionskrankheiten.  Respirations-  und  Cirkulations- 
Organe,  gr.  8°  VIII,  57S  p.  m.  38  Abbildgn.  Leipzig  (Vogel)  1894.  12  M. 

Malariakrankheiten. 

Babes,  V.  et  Gheorghiu,  D.,  Etüde  sur  les  differentes  formes  du  parasite  de  la  malaria 
en  rapport  avec  les  differentes  manifestations  cliniques  de  la  maladie  et  sur  les  modi- 
fications  des  elements  figures  du  sang  dans  cette  maladie.  (Annal.  de  l’Instit.  de 
pathol.  et  de  bacteriol.  de  Bucarest.  II.  annee  1890,  1893.  p.  439 — 504.) 

Steudel,  E , Die  perniciöse  Malaria  in  Deutsch-Ostafrika,  gr.  8°.  79  p.  m.  1 Kurvent 

Leipzig  (F.  C.  W.  Vogel)  1894.  2 M. 

Eianthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus.  Masern,  Röteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Wallbridge,  J.  S.,  Some  remarks  on  vaccination.  (Brit.  Guiana  med.  annals.  1893. 
p.  9—32.) 


Cholera,  Typhus,  Buhr,  Gelbfieber,  Pest 

Cantü,  V.,  Sopra  un  caso  di  febbre  gialla.  (Riv.  d’igiene  e san.  puhbl.  1894.  No.  4/5. 
p.  121—140.) 

Penna,  J.,  Contribucion  al  estudio  de  la  fiebre  tifoidea.  (Anal.  d.  departam.  nacional 
de  higiene.  1894.  No.  4.  p.  110 — 114.) 

v Pettenkofer,  M.,  Choleraexplosionen  und  Trinkwasser.  (Münch,  med.  Wchschr.  1894. 
No.  12.  13.  p 221—224,  248—251.) 

Pfeiffer,  R.  u.  Issaeff,  lieber  die  Spezificität  der  Choleraimmunisierung.  (Dtsche  med. 
Wchschr.  1894.  No.  13.  p.  305—306.) 

Provvedimenti  adottati  dal  municipio  per  impedire  lo  sviluppo  e la  diffusione  del  colera 
in  Genova.  4°.  49  p.  Genova  1893. 

Schumburg,  Die  Choleraerkrankungen  in  der  Armee  1892 — 1893  und  die  gegen  die 
Ausbreitung  und  zur  Verhütung  der  Cholera  in  der  Armee  getroffenen  Maßnahmen. 
(Veröffentlich,  a.  d.  Gebiete  d.  Militär-Sanitätswesens.  Hrsg.  v.  d.  Medizinal-Abteilg. 
d.  kgl.  preuß.  Kriegsminister.  Heft  8.)  gr.  8°.  54  p.  m.  2 Abbildgn.  u.  1 Karte. 

Berlin  (August  Hirschwald)  1894.  2 M. 

Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbraud,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Brunner,  C.,  Eine  weitere  Beobachtung  von  Wunddiphtherie.  (Berl.  klin.  Wchschr. 
1894.  No.  13.  p.  310—313  ) 


Neue  Litteratur. 


785 


Monod,  Ch.  et  Macaigne,  Contribution  ä l’etude  des  infections  par  streptocoques.  (Rev. 
de  chir.  1894.  No.  2.  p.  81 — 106.) 

Salvioli,  J.,  Ueber  die  physiologische  Wirkung  der  löslichen  Produkte  einiger  Bakterien 
und  besonders  der  pyogenen  Staphylokokken.  Vorl.  Mitteilg.  (Berl.  klin.  Wchschr. 
1894.  No.  13.  p.  307—309.) 

Stoicesco,  C.  et  Babes,  V.,  Sur  le  rapport  des  infections  traumatiques  avec  certaines 
formes  de  pneumonie  lobaire  croupale.  (Ännal.  de  l’Instit.  de  pathol.  et  de  bacteriol. 
de  Bucarest.  II.  annöe  1890,  1893.  p.  302 — 305.) 

Infektionsgeschwlllste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Crescenzi,  U.  B.,  Sulla  possibilitä  che  le  lane  possano  comunicare  la  tubercolosi  all’ 
organismo  umano.  (Atti  d.  congr.  gener.  d.  ass.  med.  ital.  1891.  Siena  1893.  p.  367 
—369.) 

Ducrey,  A.,  Tentativi  di  cultura  del  bacillo  della  lepra.  (Atti  d.  congr.  gener.  di  ass. 
med.  ital.  1891,  Siena  1893.  p.  468.) 

Golasz,  De  la  prösence  d’un  microbe  polymorphe  dans  la  syphilis.  (Compt.  rend.  1894. 
T.  CXVIII.  No.  11.  p.  573—575.) 

Jadassohn,  J.,  Bericht  über  eine  zum  Studium  der  Prostitution  und  der  Prophylaxe  der 
venerischen  Krankheiten  unternommene  Reise.  (Dtsche  Vierteljahrsschr.  f.  ö.  Gesund- 
heitspfl.  1894.  No.  2.  p.  193  — 245.) 

Ricci,  A.,  Di  una  causa  di  propagazione  della  sifilide  nelle  Campagne.  (Atti  d.  congr. 
gener.  d.  ass.  med.  ital.  1891,  Siena  1893.  p.  371 — 375.) 

Thin,  Presentation  de  preparations  du  bacille  de  la  löpre.  (Bullet,  de  la  soc.  framj.  de 
dermat.  et  syphiligr.  1893.  p.  251.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Babes,  V.  et  Talasescu,  A.,  Essais  de  prevenir  et  de  comhattre  la  diphterie.  (Roumanie 
med.  1894.  No.  7.  p.  9—21.) 

Bergmann,  J.,  Ein  Beitrag  zur  Prophylaxe  der  Diphtherie.  (Aus:  „Kinder-Arzt“.) 
gr.  8°.  4 p.  Leipzig  (Verl.  d.  „Reicbs-Medizinal-Anzeigers“  [B.  Konegen])  1894. 

1 M. 

Brunner,  H.,  Ueber  epidemisches  Auftreten  der  genuinen  kruppösen  Pneumonie.  (Dtsch. 
Arch.  f.  klin.  Med.  1894.  Bd.  LU.  No.  5/6.  p.  454 — 4C3.) 

Martin,  A.,  Epidemie  d’oreillons.  Considerations  generales  sur  la  prophylaxie  et  le 
traitement.  (Rev.  de  m6d.  1894.  No.  3.  p.  201 — 211.) 

Solbrig,  Ueber  die  Prophylaxis  der  Diphtheritis  vom  sanitätspolizeilichen  Standpunkt. 
(Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Medizin.  1894.  Bd.  VU.  No.  1,  2.  p.  145  — 161,  338 
—361.) 


B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Haut,  Muskeln,  Knochen. 

Fassigli,  U.,  Süll’  area  Celsi  a proposito  di  un  caso  di  alopecia  generalizzata  coesistente 
a vitiligine.  (Sperimentale.  1894.  No.  1,  2.  p.  1 — 11,  21 — 25.) 

Vincent,  H.,  Etüde  sur  le  parasite  du  „pied  de  Madura“.  (Annal.  de  l’Instit.  Pasteur. 
1894.  No.  3.  p.  129—151.) 

G.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Dubreuilh,  W.,  Les  diptöres  cuticoles  chez  l’homme.  (Arch.  de  med.  experim.  1894. 
No.  2.  p.  328—350.) 

Gache,  S.,  El  quiste  hidatidico  en  la  Repüblica  argentina.  (An.  d.  Circ.  m^d.  argent., 
Buenos  Aires  1893.  p.  349 — 353.) 


786 


Neue  Litteratur. 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Milzbrand. 

Surmont  et  Arnould,  E.,  Sur  les  difKrents  procedes  permettant  d’obtenir  du  cb&rbon 
asporogfene.  (Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  1894.  No.  10.  p.  238 — 239.) 

Aktinomykose. 

Cart,  De  l’actinomycose.  (Arch.  g6ndr.  de  m£d.  1894.  Mars.  p.  342 — 353.) 

Trombetta,  D.  S.,  11  primo  caso  di  actinomicosi.  (Morgagni.  1894.  No.  2.  p.  119  — 120.) 


Tollwut 

Nocard,  E.,  La  rage  et  les  moyens  de  s’en  preserver.  (Rev.  scientif.  1894.  No.  11. 
p.  321—333.) 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Rumänien  im  4.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  13.  p.  206.) 

Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

(Rinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälber,  Rauschbrand,  entozootisches  Verkalben.) 

Smith,  T.,  Some  problems  in  the  etiology  of  Texas  cattle  fever  and  their  bearing  on 
tbe  comparative  study  of  protozoan  diseases.  (Transact.  of  the  assoc.  of  Amer.  physic. 
1893.  p.  117—134.) 

Krankheiten  der  Einhufer. 

(Typhus,  Influenza,  Beschälkrankheit,  Septikämie,  Druse.) 

Peters,  F.,  Ein  Beitrag  zur  Entstehungsweise  der  Brustseuche  der  Pferde.  (Dtscbe 
Zeitschr.  f.  Tiermed.  1894.  Bd.  XX.  No.  2/3.  p.  127—146.) 

Rieck,  M . Ausgedehnte  Botryomykose  bei  einer  Stute.  (Arch.  f.  wissensch.  u.  prakt. 
Tierheilk.  1894.  No.  2/3.  p.  213—217.) 

Vögel. 

Beier,  Die  hauptsächlichsten  ansteckenden  Krankheiten  des  Geflügels.  1)  Typhoid. 
2)  Tuberkulose  oder  Knötchenschwindsucht.  3)  Diphtheritis.  12°.  8 p.  Leipzig 

(Expedit,  d.  „Geflügel-Börse“  [Rieh.  Freese])  1894.  0,20  M. 


Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Beach.  S.  A , Experiments  in  preventing  pear  scab  in  1893.  (New  York  agricult. 
experim.  Station  N.  S.  Bullet.  No.  67.  1894.  p.  183 — 204.) 

Berlese.  A.  N.,  Una  nuova  malattia  del  fieo,  Ficus  Carica.  (Riv.  di  patol.  veget.  1893. 
Vol.  II.  p.  251.) 

Halsted,  B.  D.,  The  rust  of  mountain  ash.  (Garden  and  forest.  1893.  p.  508.) 

Hitchcock,  A.  8.,  The  effect  of  fungicides  upon  the  germination  of  com.  (Exper.  Station 
of  tbe  KaDsas  State  Agricult.  College,  Manhattan.  Bullet.  No.  41.  1893.  p.  63 — 79. 

Wehmer,  C , Mykologische  Beobachtungen  aus  der  Umgegend  Hannovers.  I.  Ueber  das 
massenhafte  Vorkommen  eines  Kernpilzes  auf  den  Alleebäumen  der  Goethestraße  und 
seine  Beziehungen  zu  dem  Absterben  derselben.  H.  Notizen  zur  hannoverschen 

Pilzflora.  8°.  56  p.  Hannover  1894. 


Neue  Litteratur. 


787 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculosc. 

Banti,  G.,  La  sieroterapia.  (Sperimentale.  1894.  No.  6.  p.  101 — 110.) 

Behring,  Zur  Diphtherieheiluugsfrage.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  15.  p.  343.) 
Brancaccio,  F.  e Solaro,  A.,  Osservazioni  terapeutiche  sul  siero  di  sangue  di  cane  nella 
tubercolosi  polmonare.  (Incurabili,  Napoli  1893.  p.  377,  401.) 

Bunzl-Federn,  E.,  Ueber  Immunisierung  und  Heilung  bei  der  Pneumokokken-Infektion. 

(Arch.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XX.  No.  2.  p.  152 — 180.) 

Davids,  Der  kombinierte  Wasser-Destillier-  und  Sterilisierapparat  von  Josef  Nagel. 

(Hygien.  Rundschau.  1894.  No.  6.  p.  241 — 244.) 

Hildebrandt,  H.,  Ueber  Immunisierungsversuche  mittelst  pharmakologischer  Agentien. 

(Vorl.  Mitteil.)  (Münch,  med.  Wchschr.  1894.  No.  15.  p.  283 — 284.) 

Hopkins,  H.  R.  , Artificial  immunity.  (Buffalo  med.  and  surg.  Journ.  1894.  No.  9. 
p.  527—531.) 

Laquerriere,  Humbert,  Cagny,  Leblanc,  Sur  la  maligne.  (Rec.  de  m4d.  de  veterin. 
1894.  No.  6.  p.  124—149.) 

Laquerriere , Note  relative  ä l’inoculation  p^ripneumonique.  (Rec.  de  m6d.  vöterin. 
1894.  No.  6.  p.  155—161.) 

Liborius,  P.  F.,  Behandlung  der  Tuberkulose  mit  Koch’s  Tuberkulin  im  Kronstadter 
Schiffshospital  im  Jahre  1891.  (Med.  pribav.  k morsk.  sborniku,  St.  Petersb.  1893. 
p.  324,  394.  Vol.  II.  p.  44.)  [Russisch.] 

Ninni,  G.,  La  linfa  di  Koch  nelle  affezioni  tubercolari  chirurgiche.  (Giorn.  d.  ass. 

napol.  di  med.  e nat.,  Napoli  1892/93.  p.  370 — 390.) 

Rudovsky,  J.,  Ueber  Impfungen  mit  Mallein.  (Ztschr.  f.  wissenschaftl.  Veterinärkunde. 
1894.  Bd.  V.  No.  2/4  p.  193—227.) 

Sormani,  G. , Ueber  einige  Experimental-Studien  aus  dem  hygienischen  Institut  der 
Universität  zu  Pavia.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  14.  p.  334 — 335.) 

Thorner,  E. , Zur  Behandlung  der  Lungentuberkulose  mittels  Koch’scher  Injektionen, 
gr.  8°.  36  p.  Berlin  (S.  Karger)  1894.  1 M. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen . 

Beyerinck,  M.  W.,  Ueber  die  Natur  der 
Fäden  der  Papilionaceenknöllchen.  (Orig  ), 
p.  728. 

Fermi,  Claudio  und  Montesano,  Giuseppe, 

Ueber  die  Dekomposition  des  Amygdalins 
durch  Mikroorganismen.  (Orig.),  p.  722. 

v.  Linstow,  Heterakis  Sonsinoi.  (Orig.l, 
p.  733. 

Lustig,  A.  und  De  Giaxa,  V.,  Ueber  das 
Vorkommen  von  feinen  Spirillen  in 
den  Ausleerungen  von  Cholerakranken. 
(Orig.),  p.  721. 

Marchand,  F.,  Ueber  das  Vorkommen  von 
Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes, 
nebst  Bemerkungen  über  Trichomonas 
vaginalis.  (Orig.),  p.  709. 

Zusammenfassende  Uebersicht. 

Müller,  Kurt,  Der  jetzige  Stand  der  Eite- 
rungsfrage von  bakteriologischem  Stand- 
punkte aus.  (Orig.),  p.  735. 


Bakteriologische  und  parasitologische 
Kongresse. 

Sanarelli,  G.,  Mitteilungen  aus  dem  XI. 
internationalen  medizinischen  Kongresse 
in  Rom.  (Orig.),  p.  742. 
Bordoni-Uffreduzzi,  Ueber  die  Lokali- 
sation des  Gonococcus  im  Innern  des 
Organismus  (durch  den  Gonococcus 
hervorgerufene  Pleuritis  und  Arthritis), 
p.  742. 

Referate. 

Adamkiewicz,  Zur  Reaktion  der  Carcinome, 
p.  771. 

Agro,  Eug.,  Dei  rapporti  patogeni  fra  il 
Bacillo  del  Tifo  e il  Bacterium  coli 
commune,  p.  745. 

D’Arcy  Power , Some  effects  of  chronic 
irritation  upon  living  tissues,  being  first 
Steps  in  a rational  study  of  cancer, 
p.  771. 


788 


Inhalt. 


Booker,  W.  D.,  As  to  the  aetiology  of 
primary  pseudomembranous  Inflammation 
of  the  larvnx  and  trachea  etc.,  p.  756. 

Brick  , C.  , Ueber  Nectria  cinnabarina 
(Tode)  Fr.,  p.  774. 

Brock,  Sandison,  Anatomy  and  physiology 
of  the  Bilharzia  comm.,  p.  774. 

Broes  van  Dort,  Ein  Fall  von  Baelz’scher 
Krankheit,  p.  769. 

Brunner,  Eine  weitere  Beobachtung  von 
Wunddiphtherie,  p.  760. 

Büchner.  H.,  Ueber  Choleratheorieen  und 
die  Notwendigkeit  weiterer  Cholerafor- 
schungen, p.  750. 

Chantemesse,  L’epidemie  cholerique  de 
Constantiuople,  p.  753. 

Chatin,  Paul.  Contribution  ä la  recherche 
des  streptocoques  dans  l’air  atmospherique, 
p.  764. 

Choleraepidemie,  Die,  in  der  Türkei  und 
speziell  in  Konstantinopel,  p.  752, 

Councilman,  W.  T.,  The  pathology  and 
diagnosis  of  Diphtheria,  p.  760. 

Dornberger,  Ueber  das  Vorkommen  der 
Streptokokken  in  der  normalen  und 
kranken  Mundhöhle  des  Kindes,  p.  764. 

Eigenbrodt,  Ueber  den  Einfluß  der  Familien- 
disposition auf  die  Verbreitung  der  Diph- 
therie, p.  759. 

Fischl,  B.,  Ueber  septische  Infektion  des 
Säuglings  mit  gastrointestinalen  resp 
pulmonalen  Symptomen,  p.  765. 

Freudenreich,  Ed.  v.,  Die  Bakteriologie 
in  der  Milchwirtschaft,  p.  745. 

Gihbes,  H. , On  the  parasitic  nature  of 
Cancer,  p.  770. 

Karlinski,  Kleine  Beiträge  zur  Aetiologie 
der  Cholera,  p.  751. 

Klein,  E.,  Beobachtungen  über  die  Cholera 
in  England,  p.  756. 

Kollo,  Beiträge  zu  den  experimentellen 
Cholerastudien  an  Meerschweinchen,  p. 
749. 

Labbe  A.,  Sur  les  Coccidies  des  oiseaux, 
p.  773. 

, Dimorphisme  dans  le  developpement 

des  hemosporidies,  p.  773. 

Levincon,  J.,  Etüde  clinique,  bactdriologique 
et  critique  sur  les  maladies  des  voies 
lacrymales  produisant  le  larmoiement, 
p.  770. 

v.  Linstow.  Zur  Anatomie  und  Entwicke- 
lungsgescbichte  der  Tänieu,  p.  772. 

Martin , Goulstonian  lectures  on  the 
Chemical  pathology  of  diphtheria,  compared 
with  that  of  anthrax,  infective  endocar- 
ditis  and  tetanus,  p.  757. 

Fasquale.  Alessandro.  Vergleichende  Unter- 
suchungen über  Streptokokken,  p.  761. 


Pfeiffer,  E.,  Studien  zur  Choleraätiologie, 
p.  748. 

Bandolph,  B.  L.,  A case  of  Panophtbal- 
mitis,  caused  by  the  Bacillus  coU  com- 
munis, p.  769. 

Bossi,  E.,  I corpuscoli-fucsina  di  W.  Bussei, 
p.  771. 

Sorauer,  P.,  Populäre  Anleitung  für  den 
Landwirt  zur  Unterscheidung  der  im 
Getreide  vorkommenden  Stein-  und 
Staubbrandarten,  p.  774. 

Strauer.  Systematische  Blutuntersuchungen 
bei  Schwindsüchtigen  und  Krebskranken, 
p.  772. 

Werigo,  M.,  Developpement  du  charbon 
chez  le  lapin.  D’apres  les  tableaux 
microscopiques  du  foie  et  de  la  rate, 
p.  766. 

Zenthöfer,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera- 
kulturen in  Hühnereiern,  p.  752. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  eto. 

Drosshach,  G.  P.,  Methode  der  bakterio- 
logischen Wasseruntersuchung,  p.  775. 

Lanz,  Ein  neues  Verfahren  der  Gonokokken- 
färbung, p.  776. 

Schutzimpfung , künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Abbott,  A.  C.,  The  results  of  inoculations 
of  milk  cows  with  cultures  of  the 
Bacillus  diphtheriae,  p.  780. 

Bergmann,  J.,  Ein  neuer  Vorschlag  zur 
Prophylaxe  gegen  Diphtherie,  p.  781. 

Issaeff,  Untersuchungen  über  die  künst- 
liche Immunität  gegen  Cholera,  p.  777. 

Pane,  N.,  Ripristinamento  della  virulenza 
del  diplobacillo  pneumoniae  mediante  il 
virus  carbonchioso,  p.  781. 

Pettenkofer,  M.  v.,  Maßregeln  gegen  die 
Cholera  hier,  die  sanitären  Verhältnisse 
der  Irrenanstalten,  Siechenhäuser,  Arbeits- 
häuser, Gefangen-  und  Strafanstalten, 
p.  776 

Pfeiffer,  E.  und  Issaeff,  Ueber  die  Spezi- 
fität der  Choleraimmunisierung,  p.  778. 

Sobernheim,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  Choleragift  und  Choleraschutz, 
p.  780. 

Vulpius,  Kritische  Bemerkungen  und  prak- 
tische Erfahrungen  über  das  Antidiph- 
therin  Klebs,  p.  781. 

Neue  Litteratur.  p.  783. 


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3.  Käse.  4.  Eier.  5.  Fleisch  (a.  Fleisch  von  Säugetieren  und  Vögeln,  b.  Das  Fleisch 
der  Fische,  Fischkonserven,  Caviar.  c.  Das  Fleisch  der  Krustentiere  und  Muscheln).  — 
II.  Vegetabilische  Nahrungsmittel.  1.  Das  Mehl  von  Cerealien.  2.  GraupeD, 
Gries,  Grütze.  Beis.  3.  Brot.  4.  Die  Hülsenfrüchte.  5.  Kartoffeln  und  andere  Wurzel- 
gewächse. 6.  Pflanzen,  deren  Blätter  oder  Stengel  als  Gemüse  oder  als  Salat  genossen 
werden.  7.  Sonstige  Gemüse.  8.  Obst  und  frische  Früchte  9.  Pilze  und  Schwämme 
10.  Das  Stärkmehl.  11.  Zucker  und  Honig.  12.  Oel.  13.  Konservierte  Nahrungs- 
mittel vegetabilischen  Ursprungs.  14.  Kindermehle.  — III.  Die  alkoholischen 
Getränke.  1.  Der  Wein.  2.  Das  Bier.  3.  Der  Obstwein.  4.  Branntwein. 
5.  Schaumwein  und  Likör.  — IV.  Genussmittel,  welche  keinen  Alkohol 
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Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger , Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 

Ueber  eine  transitorische  Varietät  vom  Choleravibrio. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  Rom.] 

Von 

A.  Celli  und  S.  Santori. 

Während  der  sehr  leichten  Choleraepidemie  im  letzten  Sommer 
und  Herbste1)  wurden  44  Fälle  eingehend  unter  dem  bakteriologischen 
Gesichtspunkte  studiert,  und  12mal  fanden  wir  hierbei  eine  Vibrionen- 
art, die  wir  der  Kürze  halber  Vibrio  romanus2)  nennen,  und 
hier  summarisch  beschreiben. 


1)  In  128  Tagen,  vom  3.  VIII.  bis  zum  9.  XII.,  hatte  man  107  Fälle  und  45 
Choleratote. 

2)  Wir  hielten  es  für  nützlich,  diesen  Namen  anzuwenden,  um  nicht  beständig  zur 
Bezeichnung  dieses  Vibrio  Umschreibungen  anwenden  zu  müssen. 

XV.  Bd. 


50 


790 


A.  Celli  und  S.  Santori, 


1.  Morphologische  Merkmale. 

Die  charakteristische  Kommaform  beobachtet  man  selten  und 
fast  nur  in  den  Kolonieen  auf  Plattenkulturen.  In  diesen  Fällen  ist 
der  Vibrio  romanus  durch  Größe,  Krümmung,  Bewegung  etc. 
vollkommen  identisch  mit  jenem  von  Koch.  Im  allgemeinen  jedoch 
ist  die  Form  des  Vibrio  romanus  ziemlich  verschieden  von 
letzterem;  die  Kommata  sind  lang,  dick,  wenig  färbbar,  mit  ab- 
gerundeten Extremitäten  und  mit  zahlreichen  Vacuolen : mit  großer 
Leichtigkeit  geben  sie  lange  Spirillen  und  Involutionsformen. 

2.  Verhalten  auf  den  gewöhnlichsten  Nährsubstraten 
und  biologische  Eigentümlichkeiten. 

Fleischgelatine.  — Die  Stichkulturen  bieten  keineswegs 
den  charakteristischen  Anblick  der  Cholerakulturen.  Nach  48  Stunden, 
bei  einer  Temperatur  von  18 — 24  °,  erlangt  man  entweder  gar  keine 
Entwickelung  oder  nur  eine  lineare  mit  kleinen  Körnchen,  die  längs 
der  ganzen  Strecke  der  Nadel  verteilt  sind,  und  ohne  irgend  ein 
Anzeichen  zur  Blasenbildung.  Erst  nach  4 — 5 Tagen  beobachtet 
man  eine  sehr  beschränkte  Fluidifikation  an  den  Oberflächen. 

Plattenkulturen.  — Auf  den  mit  Fleischgelatine  gemachten 
Platten  beobachtet  man  keine  Entwickelung  vor  36—48  Stunden. 
Manchmal,  nach  8 — 10  Tagen,  bemerkt  man  sehr  kleine  Kolonieen; 
oft  jedoch  sind  schon  am  3.  Tage  die  Kolonieen  vollkommen  identisch 
mit  jenen  des  Koch 'sehen  Vibrio. 

Fleischbouillon.  — Alle  Kulturen  sind  immer  steril  ge- 
blieben, sowohl  wenn  sie  im  Thermostaten  bei  37  0 gehalten  werden, 
als  wenn  man  sie  bei  der  Zimmertemperatur  von  19—24°  beließ. 

Peptonisiertes  Wasser  1 Proz.  — Die  Röhrchen,  im 
Thermostaten  bei  37 0 gehalten,  bleiben  steril : jene  hingegen,  die  man 
bei  der  Zimmertemperatur  von  18 — 24°  beließ,  beginnen  nach  36 — 48 
Stunden  eine  sehr  leichte  Trübung  zu  zeigen,  welche  sich  von  Tag 
zu  Tag  vermehrt.  Nach  4 — 5 Tagen  bemerkt  man  an  den  Oberflächen 
der  Flüssigkeit  hin  und  wieder  ein  ziemlich  dickes,  zackiges  Häut- 
chen. Behandelt  man  diese  Röhrchen  mit  Schwefelsäure,  so  erlangt 
man  keinerlei  Reaktion. 

Die  Thatsache,  daß  einige  Vibrionen  sich  weder  in  Fleischbouillon, 
noch  bei  der  Temperatur  von  37 0 entwickeln,  ist  schon  von  Anderen 
beobachtet  worden  (Sanarelli  a.  a.  0.). 

Peptonisiertes  Agar  mit  Fleischbouillon.  — Alle  Strich- 
kulturen sind  steril  geblieben,  sowohl  wenn  man  sie  im  Thermostaten 
bei  37°  hielt,  als  auch  bei  der  Zimmertemperatur  (18 — 24°). 

Peptonisiertes  Agar  ohne  Fleischbouillon.  — Die  in  den 
Thermostaten  von  37°  gebrachten  Strichkulturen  sind  immer  steril 
geblieben;  jene,  die  in  der  Umgebungstemperatur  verblieben  (18 — 24°), 
bieten  eine  regelmäßige  Entwickelung. 

Auch  unter  den  von  Sanarelli  isolierten  Vibrionen  (a.  a.  0.) 
sind  einige,  welche  dieselbe  Eigentümlichkeit  haben;  d.  h.,  während 
sie  sich  in  Agar  mit  Fleischbouillon  keineswegs  entwickeln,  wachsen 
sie  hingegen  normal  in  Agar  ohne  Bouillon. 


Ueber  eine  transitorische  Varietät  vom  Choleravibrio. 


791 


Alkalialbumine.  — Deycke1 *)  lobt  dieses  Nährsubstrat 
sehr,  welches  übrigens  nichts  anderes  ist,  als  die  gewöhnliche  Gelatine, 
die  das  Alkalialbumin  an  Stelle  des  Fleiches  besitzt.  Deycke 
bediente  sich  dieses  Substrates , um  die  Kolonieen  des  Cholera- 
vibrio von  jenen  anderer  Mikroorganismen,  die  sich  im  Darme  finden, 
zu  unterscheiden.  Der  Vibrio  romanus,  in  Alkalialbumin  kulti- 
viert, entwickelt  sich  in  derselben  Weise  wie  in  der  gewöhnlichen 
Fleischgelatine. 

Kartoffeln.  — Auf  gewöhnlichen  schwachsauren  Kartoffeln 
erlangt  man  keine  Entwickelung,  weder  bei  der  Temperatur  von  37  °, 
noch  bei  der  Umgebungstemperatur.  Alkalinisiert  man  die  Kartoffeln, 
indem  man  sie  entweder  eine  Stunde  hindurch  in  einer  Lösung  von 
Kalilauge  (0,25  Proz.)  kochen  oder  sie  in  einer  Lösung  von  Kali- 
karbonat erkalten  läßt,  so  erlangt  man  immer  eine  üppige  Ent- 
wickelung von  dem  charakteristischen  Aussehen  des  Koch  ’schen 
Vibrio. 

Auch  hier  jedoch  versteht  es  sich  von  selbst,  daß  die  Kartoffeln 
nicht  in  den  Thermostaten  gebracht  werden,  sondern  bei  der  Zimmer- 
temperatur zu  belassen  sind.  Bei  der  mikroskopischen  Prüfung  be- 
obachtet man  die  gewöhnlichen  involuten,  dicken,  langen  und  schlecht 
färbbaren  Formen. 

Kuhmilch  2 Stunden  hindurch  bei  Wasserdampf  sterilisiert. 
— Man  bemerkt  keine  Veränderung,  kein  Gerinnen.  Die  in  den 
Thermostaten  bei  37  0 gebrachten  Röhrchen  bleiben  steril ; die  anderen 
zeigen  bei  der  Prüfung  wenige  Vibrionen. 

Säurebildendes  Vermögen.  — In  allen  in  den  oben- 
genannten Substraten  erlangten  Kulturen  beobachtete  man  niemals 
die  Bildung  von  Säuren:  dies  wird  außer  von  den  sensiblen  Papieren, 
auch  von  dem  Fehlen  des  Gerinnens  der  Milch  bewiesen. 

Fügt  man  zu  dem  peptonisierten  Wasser  Laktose  zu  1 Proz., 
so  erlangt  man  eine  Entwickelung  wie  in  einfachem  peptonisiertem 
Wasser,  jedoch  ohne  Bildung  von  Milchsäure  und  auch  von  anderen 
Säuren. 

Reduzierendes  Vermögen.  — In  den  Kulturen,  welche  in 
Gelatine,  die  leicht  mit  Methylenblau  gefärbt  wurde,  gemacht  worden 
waren,  erlangte  man  die  Entwickelung,  obgleich  mit  einer  gewissen 
Schwierigkeit:  die  Färbung  wird  nicht  im  geringsten  modifiziert. 
Diese  Thatsache,  wie  jene  des  Fehlens  des  Häutchens,  dient  dazu, 
zu  beweisen,  wie  diese  Vibrio  Varietät  nicht  jene  große  Begierde 
nach  Sauerstoff  hat,  wie  der  Koch’sche  Vibrio. 

Pathogenes  Vermögen.  — W7ir  verwandten  Meerschweinchen 
vom  mittleren  Gewichte  von  350 — 400  g und  tödteten  sie  nur, 
wenn  wir  ihnen  in  die  Bauchhöhle  8 — 10  ccm  einer  Kultur  in 
peptonisiertem  Wasser,  die  48  Stunden  bei  der  Umgebungstemperatur 
verblieb,  einführten.  Diese  Kulturmenge  (8 — 10  ccm),  die  not- 
wendig ist,  um  ein  Meerschweinchen  zu  töten  ist  sehr  groß  im  Ver- 
gleich mit  jener  (U2 — 1 ccm)  der  Koch’schen  Vibrionen,  und  giebt 


1)  Dey  cke  , Ueber  einen  neuen  elektiven  Nährboden  für  Cholerabacillen.  (Deutsch, 

med.  Wochenschr.  1893.  14.  Sept.) 


50* 


792 


A.  Celli  und  S.  Santori, 


uns  ein  gutes  Recht,  anzunehmen,  daß  in  den  Meerschweinchen  das 
krankheitserregende  Vermögen  dieser  Varietät  fast  Null  ist. 

3.  Wirkung  der  gewöhnlichsten  physikochemischen 

Agentien  *). 

Wirkung  der  langsamen  Austrocknung  am  Lichte  und  im  Dunkeln. 

In  eine  Kultur  in  peptonisiertem  Wasser,  die  man  48  Stunden 
hindurch  bei  der  Zimmertemperatur  sich  entwickeln  ließ,  haben  wir 
sterilisierte  Seidenfäden  eingeführt  und  sie  darin  6 Stunden  belassen. 
Alsdann,  nachdem  man  diese  Fäden  auf  zwei  sterilisierte  Platten 
gelegt,  ward  eine  davon  dem  diffusen  Lichte  auf  einem  Fenster- 
brette ausgesetzt;  die  andere  Platte  hielt  man  im  Dunkeln.  Die 
Temperatur  schwankte  zwischen  12 — 24°.  Um  über  den  Tod 

der  Mikroorganismen  Gewißheit  zu  haben,  führte  man  die  Fäden  in 
flüssige  Gelatine  ein,  welche  dann  auf  die  Scheiben  gegossen  wurde. 


Wirkung  der  langsamen  Austrocknung  am  Lichte. 


Dauer  des  Experiments 

1 

2* 

Tage 

3** 

4 

5 

Vibrio  romanus  .... 

+ 

+ 

1 - 

— 

— 

Cholera  vibrio 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

Wirkung  der  langsamen  Austrocknung  im  Dunkeln. 


Dauer  des  Experiments 

1* 

Tage 

2* 

3** 

4 

5 

6 

Vibrio  romanus  .... 

+ 

+ 

T 

— 

— 

— 

Choleravibrio  • . . . . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

* Die  Fäden  sind  noch  feucht. 

**  Die  Fäden  sind  anscheinend  ausgetrocknet. 

Wirkung  der  rapiden  Austrocknung. 

Die  völlige  Austrocknung  der  mit  der  Kultur  eines  Mikroorganis- 
mus getränkten  Fäden  erfordert  immer  eine  gewisse  Zeit,  und  es  ist 
nicht  leicht,  genau  den  Moment  zu  kennen,  in  welchem  der  innere 
Teil  des  Fadens  völlig  getrocknet  ist.  Um  deshalb  die  Wirkung  der 
rapiden  Austrocknung  zu  beobachten,  haben  wir  eine  Platinöse  einer 
Kultur  in  peptonisiertem  Wasser  genommen,  und  nachdem  sie  sorg- 
fältig auf  dem  Boden  einer  Petri’ sehen  Schalen  verstreut  worden,  be- 
wegten wir  sie  schnell  an  der  Luft.  In  einer  Minute  ist  das  Tröpfchen 
ausgetrocknet.  Präpariert  man  auf  diese  Weise  mehrere  Schalen  und 
bringt  nach  mehr  oder  weniger  Zeit  flüssige  Gelatine  hinein,  so  findet 
man,  wie  sehr  die  Mikroorganismen  der  Austrocknung  widerstanden 
haben. 


1)  Um  über  den  Wert  dieser  Experimente  mit  mehr  Genauigkeit  zu  urteilen,  hielten 
wir  es  für  angebracht,  vergleichsweise  die  Wirkung  dieser  physikochemischen  Agentien 
auf  den  Vibrio  romanus  und  auf  einen  der  charakteristischsten  Koch’  sehen  cholera- 
erzeugenden Vibrionen,  den  Pasquale  in  Neapel  isolierte,  zu  studieren. 


Ueber  eine  transitorische  Varietät  vom  Choleravibrio. 


793 


Dauer  des  Experiments 

15' 

20' 

25'  30' 

45' 

Vibrio  romanus  .... 

+ 

+ 

| 



Choleravibrio 

+ 

+ 

+ 1 + 

— 

Kombinierte  Wirkung  der  Austrocknung  und  der  hoben 
Temperaturen. 

Die  wie  oben  präparierten  Fäden  auf  sterilisierte  Platten  gelegt, 
sind  in  den  Thermostaten  eingeführt  worden,  der  bei  verschiedenen 
Temperaturen  gehalten  wurde.  Die  Austrocknung  ist  immer  in  den 
ersten  5 — 10  Minuten  vor  sich  gegangen. 


Bei  der  Temperatur  von  37°. 


Dauer  des  Experiments 

15' 

30' 

45' 

60' 

75' 

90' 

2 Stunden 

Vibrio  romanus 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

Choleravibrio 

+ 

+ 

+ . 

+ 

+ 

+ 

— 

Bei  der 

Tempera  tur 

von  37  °. 

Dauer  des  Experiments 

15' 

30' 

45' 

60' 

Vibrio  romanus  . 

+ 

+ 

— 

— 

Choleravibrio 

+ 

+ 

+ 

— 

Bei  der 

T em  p e ratur 

von  38°. 

Dauer  des  Experiments 

15' 

30' 

45' 

60' 

Vibrio  romanus  . 

+ 

— 

— 

— 

Cholera  vibrio 

. . . 

+ 

+ 

— 

— 

Kombinierte  Wirkung  der 

Austrocknung  und  des 

Sonn 

enlicbtes. 

Die  in  derselben  Weise  präparierten  und  auf  eine  sterilisierte 
Platte  gelegten  Fäden  sind  dem  direkten  Sonnenlichte  ausgesetzt 
worden  (Temperatur  25  —34°). 


Dauer  des  Experiments 

3' 

5' 

10' 

15' 

30'  j 45' 

Vibrio  romanns  .... 

+ 

+ 

— 

— 

- 1 - 

Choleravibrio 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 1 " 

Einfache  Wirkung  des  Sonnenlichtes. 

Um  die  Fäden  feucht  zu  halten,  ließ  man  beständig  peptonisiertes 
Wasser  darauf  tropfen  (Temperatur  25 — 34°). 


794  A.  Celli  und  S.  Santori,  Ueber  eine  transitorische  Varietät  etc. 


Dauer  des  Experiments 

15' 

30' 

45' 

60' 

75' 

Vibrio  romanus  .... 

+ 

+ 

— 

— 

— 

Choleravibrio 

+ 

+ 

— 

— 

— 

Wirkung  der  hohen  Temperaturen  auf  Kulturen  in 
peptonisiertem  Wasser. 

Die  Kulturen,  welche  man  48  Stunden  hindurch  bei  der  Zimmer- 
temperatur sich  entwickeln  ließ,  sind  im  Warm  wasserbade  gehalten 
worden. 


Bei  der  Temperatur  von  40°. 


Dauer  des 

Stunden 

Experiments 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

Vibrio  romanus  . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

Choleravibrio  . . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Wirkung  der  verwesten  Substanzen. 

Da  die  Wirkung  der  verwesten  Substanzen  sich  je  nach  den 
verschiedenen  Perioden  der  Verwesung  in  sehr  verschiedener  Weise 
manifestiert,  so  ist  die  Resistenz  der  Vibrionen  sowohl  in  den  im 
Beginne  der  Verwesung  sich  befindenden  Substanzen,  als  in  jenen  seit 
langer  Zeit  verwesten  studiert  worden. 

I.  Man  bringt  die  gewöhnlichen  Fäden  in  Kölbchen,  welche 

Wasser  und  Fleischstückchen  enthielten,  ließ  dann  das  Ganze  bei  der 
Zimmertemperatur:  Nach  7 — 9 Tagen  beobachtet  man  das  Ver- 

schwinden der  Vibrionen.  Dies  gilt  ohne  Unterschied  sowohl  für 
den  Vibrio  romanus  wie  für  den  Vibrio  Neapel. 

II.  Bringt  man  statt  dessen  die  Fäden  in  Kölbchen,  welche 
seit  2—3  Wochen  in  Verwesung  begriffenes  Fleisch  und  Wasser  ent- 
halten, so  findet  man  den  Vibrio  romanus  und  den  Vibrio 
Neapel  bis  nach  20 — 30  Tagen  unterschiedslos  wieder. 

Zusammenfassung  der  Resultate. 

Während  der  letzten  Choleraepidemie  in  Rom  isolierten  wir  unter 
44  genau  studierten  Fällen  12mal  einen  Vibrionen  (Vibrio  ro- 
manus) mit  den  folgenden  wichtigsten  Kennzeichen : Er  giebt 

nicht  die  Indolreaktion,  wirkt  bei  den  Tieren  nicht  pathogen, 
wächst  nicht  bei  37°,  weder  in  Bouillon  noch  in  Agar,  noch  macht 

er  die  Milch  gerinnen.  Er  würde  also  fast  all  der  notwendigen 

Charakteristika  ermangeln,  damit  man  ihn  unter  die  choleragenen 
Bacillen  einrechnen  könnte,  und  wir  würden  ihn  mit  den  Kriterien 
Koch’s1)  gewiß  nicht  für  choleragen  halten  können,  wenn  wir 

ihn  nicht  isoliert  hätten,  und  manchmal  fast  in  reiner  Kultur,  von 

den  Faeces  von  12  zweifellos  cholerakranken  Individuen,  von  denen 
3 starben.  Es  handelt  sich  also  um  eine  untypische  Form  des 


l)  Der  augenblickliche  Stand  der  Choleradiagnose.  (Zeitschrift  für  Hygiene  etc. 
Band  XIV.  1893.) 


M.  Rechtsamer,  Ueber  die  feinen  Spirillen  in  Dejektionen  Cholerakranker.  795 


Cholerabacillus,  welche  analog  ist  jenen  Formen,  die  in  der  Um- 
gebung von  verschiedenen  Beobachtern  isoliert  wurden,  eine  Form, 
die  zum  erstenmal,  und  zwar  reichlich  in  den  Cholerakranken  ge- 
funden wurde. 

Es  ist  sodann  wichtig,  daß  die  Merkmale,  welche  unseren  Vibrio 
vom  typischen  Chol  er a vibrio  unterscheiden,  nicht  alle  permanent 
sind.  Und  in  der  That,  obwohl  auch  heute  (8  Monate,  nachdem  der 
Vibrio  in  unserem  Institute  kultiviert  wurde)  die  obengenannten 
kulturellen  Kennzeichen  sich  verloren  haben,  da  der  Vibrio  sich 
in  Bouillon  und  in  Agar  entwickelt  und  die  Indolreaktion  giebt,  ist 
jedoch  das  pathogene  Vermögen  auch  heute  fast  Null.  Diese  Rück- 
kehr der  kulturellen  Merkmale  zum  Typus , welche  vom  bak- 
teriologischen Gesichtspunkte  interessant  sein  kann,  beweist  gleich- 
falls, daß  es  sich  in  unserem  Falle  um  eine  transitorische  Varietät 
des  Vibrio  cholerae  asiaticae  (Koch)  handelt. 

Im  Vergleiche  mit  einem  typischen  Choleravibrio,  der  von 
Pasquale  in  Neapel  isoliert  wurde,  widersteht  er  weniger  der  lang- 
samen Austrocknung  bei  diffusem  Lichte  und  im  Dunkeln,  der  rapiden 
Austrocknung,  der  Austrocknung  bei  erhöhter  Temperatur,  der  Aus- 
trocknung bei  direktem  Sonnenlichte,  bei  der  Temperatur  von  40°  C. 
Können  diese  Thatsachen  zusammen  mit  der  schon  angeführten  Ab- 
schwächung der  Giftigkeit  dazu  beitragen , die  spärliche  Ver- 
breitung der  Cholera  in  der  letzten  Epidemie  zu  erklären  ? Natürlich 
kann  man  nur  mit  ähnlichen  Beobachtungen  bei  anderen  Epidemieen 
antworten ; und  bis  heute  wissen  wir  nur,  daß  in  den  diarrhöischen 
Faeces  eines  Kranken  während  der  letzten  Cholera  in  Altona  Vog- 
ler1) einen  Vibrio  gefunden  hat,  welcher  auch  die  Indolreaktion 
nicht  giebt  und  bei  dem  Tierversuche  nicht  pathogen  ist. 

Auf  jeden  Fall  resultiert  auch  aus  unseren  Beobachtungen,  daß 
man  die  bakteriologische  Diagnose  der  Cholera  nicht  immer  stellen 
kann,  wenn  man  sich  zu  streng  an  die  von  Koch  aufgestellten 
Normen  hält. 

Rom,  5.  Mai  1894. 


Ueber  die  feinen  Spirillen  in  Dejektionen 
Oholerakranker. 

Von 

M.  Rechtsamer 

in 

Tiflis. 

In  No.  7 (Bd.  XV)  dieses  Centralblattes  berichet  Dr.  Abel  über 
den  Befund  feiner  Spirillen  in  den  Dejektionen  von  fünf  Cholera- 

1)  Ueber  einen  neuen,  im  diarrhöischen  Stuhle  gefundenen  Vibrio.  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  1893.  No.  33.) 


796 


M.  Rechtsamer, 


kranken.  Er  weist  hierbei  auch  auf  die  Befunde  von  Kowalski 
(Wiener  klinische  Wochenschrift.  1893.  No.  49)  welcher  diese  Spirillen 
in  elf  Fällen  gesehen  hatte,  hin.  Mit  Recht  nimmt  der  Yerf.  an, 
daß  schon  Klein1)  „nicht  unwahrscheinlich“  denselben  Gebilden 
begegnet  ist,  solche  aber  nur  fälschlich  als  Geißeln  der  Cholerabacillen 
gedeutet  hat. 

Leider  ist  mir  eine  Notiz  über  Kowalski’s  Befunde  nicht  in 
die  Hände  gekommen  und  erst  die  Abel’ sehe  Mitteilung  veranlaßt 
mich,  dasjenige  weiteren  Kreisen  zugänglich  zu  machen,  was  hier  im 
Kaukasus  schon  während  der  Choleraepidemie  1892  in  betreff  dieser 
Frage  erhoben  worden  ist.  Ich  halte  mich  bei  der  folgenden  Dar- 
stellung also  zunächst  daran,  was  gelegentlich  kurzer  Choleraberichte 
anfangs  von  mir  in  Gemeinschaft  mit  Dr.  Haudeli n 2)  und  später 
von  mir  allein3)  in  der  Kaukasischen  medizinischen  Gesellschaft  im 
Jahre  1892  vorgetragen  und  demonstriert  wurde.  Anknüpfend  ge- 
langen dann  die  diesbezüglichen,  in  der  genannten  Gesellschaft  an- 
geregten Diskussionen  zur  Sprache,  schließlich  soll  mit  wenigen 
Worten  der  Erfahrungen  aus  der  kleineren  Epidemie  des  Jahres  1893 
Erwähnung  geschehen. 

Ich  habe  — während  der  Choleraepidemie  1892  — den  Darm- 
inhalt von  beinahe  200  Cholerakranken  untersuchen  müssen.  Die 
mikroskopische  Untersuchung  wurde  an  mit  Gentiana  oder  Fuchsin 
gefärbten  Trockenpräparaten  vorgenommen,  und  man  konnte  fast  in 
jedem  Falle  neben  Kommabacillen  eine  Menge  blasser,  feiner  Spirillen 
beobachten,  die  teils  einem  S romanum  ähnlich  aussahen,  teils 
längere  Fäden  mit  größerer  Anzahl  von  Windungen  darstellten.  Von 
den  bekannten  Spirillen  des  Vibrio  cholerae  asiaticae  unter- 
schieden sich  solche  Fäden  dadurch,  daß  sie,  abgesehen  von  ihrer 
blässeren  Färbung,  ihrer  zuweilen  auffallenden  Feinheit,  ihrer  häufig 
sehr  bedeutenden  Länge,  niemals  eine  Spur  von  Gliederung  zeigten  und 
stets  aus  Windungen  zusammengesetzt  waren,  deren  jede  einen  viel 
größeren  Bogen,  dafür  aber  von  geringerer  Krümmung  beschrieb,  als 
man  es  bei  den  echten  Choleraspirillen  zu  beobachten  pflegt.  In 
Reinkulturen  waren  die  Gebilde  nicht  zu  erhalten,  wenigstens  nicht 
auf  unseren  gewöhnlichen  Nährböden,  obgleich  sie  z.  B.  in  Bouillon 
(nach  Schottelius)  noch  im  Laufe  einiger  Tage  sich  nach  weisen 
ließen.  In  letzterem  Falle  fand  man  sie  sowohl  in  Präparaten  aus 
den  oberen  Schichten  der  Bouillon  neben  Kommabacillen,  als  in  Prä- 
päraten  aus  den  unteren  Schichten  neben  anderen  Mikroorganismen- 
arten. Die  Mengen  der  eigentümlichen  Spirillen  in  Präparaten,  welche 
direkt  aus  Darminhalt  angefertigt  waren,  schwankten  in  ziemlich 
weiten  Grenzen,  es  stellte  sich  hierbei  auch  die  merkwürdige  That- 
sache  heraus,  daß  diese  Mengen  dem  Quantum  der  Kommabacillen 
in  entgegengesetzter  Richtung  entsprachen:  je  mehr  Spirillen,  um  so 
weniger  Kommabacillen  und  umgekehrt.  Im  Beginn  der  Epidemie 
pflegte  das  Verhältnis  wohl  mehr  zu  Gunsten  der  Kommabacillen 


1)  Dieses  Centralblatt.  Bd.  XIV.  No.  19. 

2)  Protokoll  der  Kaukasischen  medizinischen  Gesellschaft  vom  1.  September  1892. 

3)  Protokoll  vom  18.  Dezember  1892. 


Ueber  die  feiuen  Spirillen  in  Dejektionen  Cholerakranker. 


797 


sich  zu  gestalten,  zum  Schlüsse  aber  bekam  ich  gerade  die  Spirillen 
zuweilen  in  enormen  Mengen  zu  sehen,  selbst  quasi  in  Reinkultur. 
In  einem  der  44  von  mir  sezierten  Fälle  konnte  ich  folgendes  kon- 
statieren : Im  Dünndarme  beinahe  Reinkultur  von  Kommabacillen,  im 
Dickdarme  beinahe  Reinkultur  der  Spirillen.  Und  dennoch  ließen  sich 
gerade  diese  Gebilde  nicht  weiter  züchten!  Auch  im  gefärbten 
Trockenpräparate  entziehen  sie  sich  viel  schneller  dem  Auge  des  Be- 
obachters, als  andere  Mikroorganismenarten,  weil  sie  mit  der  Zeit 
ziemlich  schnell  abblassen  und  nur  bei  erneuten  Tinktionen  sichtbar 
zu  machen  sind. 

Dies  sind  ungefähr  die  Angaben,  die  von  m i r und  Dr.  H a u d e 1 i n , 
resp.  von  mir  allein  in  zwei  Sitzungen  der  Kaukasischen  medizini- 
schen Gesellschaft  (September  und  Dezember  1892)  mit  Bezug  auf 
die  eigentümlichen  Spirillen  im  Darminhalte  Cholerakranker  mitgeteilt 
und  durch  Demonstrationen  erhärtet  wurden.  In  den  Diskussionen, 
die  sich  hieran  anschlossen,  bestätigte  Dr.  S accharoff  die  von  uns 
erhobenen  Befunde  aus  seinen  Erfahrungen,  und  Dr.  Finkeistein, 
welcher  die  Spirillen  in  28  von  29  Fällen  gesehen  zu  haben  erklärte 
(in  Dejektionen  sowie  in  Bouillon  nach  Schottelius),  wies  sogar 
darauf  hin,  daß  er  bei  Anwesenheit  unserer  Spirillen  immer  auch 
Kommabacillen  erwartete,  was  sich  stets  auch  bewahrheitete.  Dr. 
Rüden  ko,  der  noch  Fälle  außerhalb  des  Kaukasus  — in  Trans- 
kaspien  — zu  untersuchen  hatte,  erklärte,  auch  dort  diese  Spirillen 
gesehen  zu  haben,  nur  sollen  letztere  nicht  vom  Beginne  der  Epidemie, 
sondern  erst  später  aufgetreten  sein  und  zwar  dann  schon  in  großer 
Anzahl  in  den  betreffenden  Fällen.  Merkwürdigerweise  hat  aber 
Dr.  Lunkewitsch,  welcher  um  dieselbe  Zeit  in  Transkaspien  thätig 
gewesen  ist,  in  34  Fällen  zweifelloser  Cholera  keine  Spirillen  auf- 
finden können.  Dr.  Mont  will  behauptet,  in  seinen  eigenen  Dejek- 
tionen sehr  lange  Spirillen  mit  circa  20  Windungen  konstatiert  zu 
haben  und  doch  soll  er  nicht  an  Cholera  gelitten  haben.  Einstimmig 
wird  in  den  Diskussionen  zugegeben,  daß  unsere  Spirillen  in  der 
Litteratur  beinahe  gar  nicht  erwähnt  sind,  speziell  mit  Bezug  auf 
ihr  Vorkommen  im  Darminhalte  Cholerakranker.  So  lasse  sich  z.  B. 
van  Ermengem  (in  seiner  Monographie  über  die  Cholera)  nur  mit 
wenigen  Worten  über  diese  Gebilde  aus,  und  Fürbringer1)  be- 
richtet gelegentlich  der  Mitteilung  eines  tödlichen  Falles,  den  er  aller- 
dings der  Cholera  nostras  zurechnet,  über  Spirillenbefunde,  ohne 
hierbei  auch  auf  die  kürzeste  Beschreibung  einzugehen. 

Was  die  Deutung  und  die  Bedeutung  unserer  Befunde  anlangt, 
so  muß  ich  mit  Dr.  Abel  zunächst  die  Annahme  von  der  Hand 
weisen,  daß  wir  es  mit  Geißeln  der  Cholerabacillen  zu  thun  gehabt 
haben.  Als  diese  Annahme  während  der  Diskussion  in  der  Kauka- 
sischen medizinischen  Gesellschaft  geäußert  wurde,  mit  der  Bemer- 
kung, daß  die  Geißeln,  z.  B.  infolge  der  Einwirkung  unserer  Medi- 
kamente, gewisse  Veränderungen  erlitten  haben  könnten,  hielt  ich 
dem,  abgesehen  von  den  Abel’ sehen  ähnlichen  Erwägungen,  die 


1)  Fürbringer,  Tödlicher  „choleraverdächtiger“  Fall  etc.  (Deutsche  medizinische 
Wochenschrift.  1892.  No.  34.) 


798  M.  Rechtsamer,  Ueber  die  feinen  Spirillen  in  Dejektionen  Cholerakranker. 

Thatsache  entgegen,  daß  die  Spirillen  von  mir  sowohl  nach  als  vor 
der  Verabreichung  irgend  welcher  Medikamente  beobachtet  worden 
sind.  Ob  nun  diese  Spirillen  aber  dennoch  kausal  mit  der  Cholera 
etwas  zu  thun  haben,  wage  ich  auch  gegenwärtig  nicht  auszusagen 
und  wiederhole  nur  das,  worauf  schon  1892  nachdrücklich  von  mir 
hingewiesen  wurde. 

Wir  stehen  hier  jedenfalls  vor  einem  sonderbaren  Faktum,  und, 
möge  man  zu  dessen  Erklärung  die  eine  oder  die  andere  Hypothese 
geltend  machen,  behaupten  will  ich  für  meinen  Teil  bloß  die  Angabe, 
daß  solche  Spirillenbefunde,  soweit  meine  Erfahrungen  sich  erstrecken, 
lediglich  bei  Cholerakranken  Vorkommen.  Allerdings  darf  ich,  be- 
sonders nach  den  während  der  kleineren  Epidemie  1893  von  mir  ge- 
sammelten Beobachtungen,  nicht  auch  die  Behauptung  aufstellen,  daß 
diese  Spirillenbefunde  bei  allen  Cholerakranken  Vorkommen.  Ich  habe 
nämlich  im  Jahre  1893  den  Darminhalt  von  nur  über  ein  Dutzend 
Fällen  untersucht  und  bloß  in  der  Minderzahl  der  letzteren  die  Spi- 
rillen sehen  können.  Andererseits  muß  ich  aber  hinzufügen,  daß  auch 
die  Kommabacillen  in  Präparaten  direkt  aus  Darminhalt  nur  selten 
mit  Sicherheit  zu  diagnostizieren  waren  und  dann  lediglich  durch 
die  Koch’ sehe  Peptonmethode  schnell  zum  Vorschein  zu  bringen 
waren.  Für  unsere  Spirillen  besitzen  wir  nun  eben  gar  keine  Kultur- 
methode. Aus  diesem  Grunde  sind  wir  nicht  berechtigt,  uns  auch 
darüber  strikte  auszusprechen,  inwiefern  dieselben  mit  den  im  Munde 
(Spirochaete  dentium)  resp.  mit  ev.  in  normalen  Fäces  (nach 
Escherich)  nachzuweisenden  Gebilden  zu  identifizieren  seien. 

Wir  gelangen  also  zu  folgenden  Schlußsätzen: 

1)  Gleich  Kowalski  in  Ungarn  und  Hamburg,  Abel  in  Pom- 
mern und  nicht  unwahrscheinlich  Klein  in  England  hat  man  schon 
1892  im  Kaukasus  (und  in  Transkaspien)  bei  Cholerakranken  eigen- 
tümliche Spirillenfunde  gemacht,  die  wenigstens  mikroskopisch  kaum 
von  denjenigen  der  eben  genannten  Autoren  zu  unterscheiden  sind. 
Im  Gegensätze  zu  Abel  hat  man  bloß  hier  diese  Spirillen  in  Bouillon 
nach  Schottelius  sich  einige  Tage  lang  erhalten  sehen. 

2)  Die  Spirillenbefunde  während  der  Epidemie  1892  waren  bei 
uns  sehr  konstant  (weniger  im  Jahre  1893)  und  kamen  wohl  nur 
bei  Cholerakranken  vor. 

3)  Man  hatte  es  hierbei  jedenfalls  nicht  mit  losgerissenen  Geißeln 
zu  thun,  sondern  mit  Mikroorganismen,  deren  Identifizierung  — weil 
Kulturversuche  bisher  erfolglos  waren  — der  Zukunft  Vorbehalten 
bleibt.  Aus  demselben  Grunde  dürfte  die  Frage  nach  der  Bedeutung 
dieser  Gebilde  beim  Choleraprozesse  vielleicht  nicht  so  ohne  weiteres 
zurückzusetzen  sein.  Immerhin  handelt  es  sich  um  eine  sehr  merk- 
würdige Erscheinung,  die  gerade  bei  der  Cholera  in  so  auffallender 
Weise  aufgetreten  ist  und  noch  gar  keine  plausible  Erklärung  er- 
fahren hat. 

Tiflis,  im  März  1894. 


M.  W.  Beyerin  ck,  Ueber  Thermotaxis  bei  Bacterium  Zopfii. 


799 


Ueber  Thermotaxis  bei  Bacterium  Zopfii. 

Von 

31.  W.  Beyerinck. 

Das  Resum6  von  Herrn  Abel  in  Greifswald  eines  Vortrages 
von  den  Herren  Boyce  und  Evans1)  über  präsumierten  Geotro- 
pismus bei  Bacterium  Zopfii  veranlaßt  mich,  Folgendes  mitzu- 
teilen : 

Im  Februar  des  Jahres  1888  isolierte  Professor  Wysman  in 
meinem  Laboratorium  Bacterium  Zopfii  aus  einem  Muster 
„schwarzen  Leims“,  welches  eingesandt  war  durch  die  Gelatinefabrik 
zu  Delft,  um  die  Ursache  der  Färbung,  welche  eine  Fabrikkalamität 
war,  festzustellen2).  Als  wir  B.  Zopfii  auf  Fleischpeptongelatine 
kultivierten,  bemerkten  wir  sofort  das  sonderbare  federartige  Wachs- 
tum, welches  Herr  Abel  nach  den  Untersuchungen  der  englischen 
Forscher  beschreibt.  Zunächst  war  uns  die  .Ursache  völlig  uner- 
klärlich und  auch  wir  dachten  an  Geotropismus.  Eine  genauere 
Forschung  stellte  jedoch  heraus,  daß  es  sich  hier  um  eine  außer- 
ordentlich große  Empfindlichkeit  für  Wärmedifferenzen 
handelt.  Das  Wachstum  wird  dadurch  derart  beeinflußt,  daß  die 
„Strahlen“  genau  auf  diejenigen  Stellen,  welche  am  wärmsten  sind, 
gerichtet  sind  und  sich  dorthin  fortbewegen.  Das  Merkwürdige  da- 
bei ist,  daß  die  aus  den  eigentümlichen  Bakterienkonglomeraten  und 
-Bündeln  bestehenden  Strahlen  in  die  Gelatine  hineinwachsen,  obschon 
B.  Zopfii  dieselbe  nicht  verflüssigt.  Durch  richtiges  Anbringen 
von  Wärmequellen  kann  man  die  Federstrahlrichtung  innerhalb  der 
Gelatine  willkürlich  abändern.  Das  Hineindringen  von  B.  Zopfii 
in  die  Oeffn  ungen  des  tierischen  Körpers  dürfte,  nach  meiner  Ansicht, 
auf  ihrer  Thermotaxis  beruhen. 

Seit  dem  Jahre  1888  habe  ich  das  Bacterium  in  Reihenkulturen 
fortgezüchtet  und  noch  immer  besitzt  es  seine  erstaunliche  Empfind- 
lichkeit, wenn  es  auf  Fleischwassergelatine  gezüchtet  wird. 

Das  Bacterium  ist  geeignet,  um  kleine,  aber  konstante  Tem- 
peraturdifferenzen, welche  in  einem  Thermostaten  herrschen,  durch 
seine  Wachstumsrichtung  genau  nachzuweisen,  indem  es,  wie  ein 
Bündel  von  Zeigefingern,  die  Stelle  der  höchsten  Temperatur  an- 
deutet. 

Delft,  den  21.  April  1894. 


1)  Dieses  Centralblatt.  Bd.  XV.  1894.  p.  568. 

2)  Man  vergl.  meinen  Aufsatz : Lebensgeschichte  einer  Pigmentbakterie.  (Botan. 
Zeitung.  Bd.  1891.  p.  705.) 


800  E.  Perroncito,  Ueber  die  Entwickelung  der  Taenia  mediocanellata. 


Ueber  die  Entwickelung  der  Taenia  mediocanellata. 

[Kgl.  medizin.  Akademie  zu  Turin.  Sitzung  vom  9.  Februar  1894.] 

Von 

Prof.  E.  Perroncito 

in 

Turin. 

Dieser  Tage  hatte  ich  Gelegenheit,  eine  wichtige  Beobachtung 
zu  machen,  welche,  wenn  sie  einerseits  zur  Bestätigung  dessen 
dient,  was  ich  bereits  im  Jahre  1877  *)  und  in  meinem  Buche  über 
die  Parasiten 1  2)  gesagt  habe,  andererseits  neue  Daten  zur  progres- 
siven Entwickelung  unserer  Darmtänien  bringt. 

Es  handelt  sich  um  eine  Dame,  welche  mit  Taenia  medio- 
canellata behaftet  war  und  am  6.  Januar  d.  J.  infolge  ärztlicher 
Verschreibung  irgend  ein  Elektuarium  und  hierauf  ein  Infusum  von 
Kamala  in  Fenchelwasser  und  Cognac  genommen  hatte,  wodurch  sie 
einige  Meter  eines  nach  ihrer  Erklärung  nach  vorn  hin  sich  ver- 
jüngenden Str obilus  entleerte.  Es  gelang  jedoch  nicht,  auch  den 
Kopf  abzutöten;  dieser  blieb  vielmehr  mit  den  kleineren  Ringen  im 
Darm  und  erzeugte  daselbst  eine  neue  Portion  von  Taenia  medio- 
canellata. Als  die  Dame  gewahr  wurde,  daß  sie  noch  nicht  ge- 
heilt sei,  wandte  sie  sich  an  einen  anderen  Arzt,  welcher  ihr  ein 
Bandwurmmittel  nach  meiner  Formel  verschrieb.  Diesmal  entleerte 
sie  den  ganzen  Parasiten  in  der  Länge  von  1,20  m,  bestehend  aus 
etwa  490  sämtlich  unreifen  Gliedern.  Die  ersten  170  nach  dem 
Kopfe  massen  insgesamt  80  mm,  die  übrigen  1,12  m. 

Wenn  man  nun  annimmt,  daß  das  erste  Mal  an  dem  den  Kopf 
tragenden  Halbstück  einige  60  Proglottiden  von  insgesamt  kleinerer 
Länge  als  3 cm  haften  blieben,  so  hätten  wir  420  Proglottiden,  ent- 
sprechend einer  Länge  von  117  cm,  welche  sich  in  beiläufig  32  Tagen 
gebildet  hatten,  was  einer  täglichen  Bildung  von  etwa  36V2  mm  in 
Länge  oder  einer  Anzahl  von  rund  13  Proglottiden  entsprechen 
würde.  Ich  halte  es  für  angezeigt,  hier  zu  bemerken,  daß  ich  im 
Jahre  1877  nach  genauen  Beobachtungen  ausgerechnet  hatte,  daß 
eine  reife  Taenia  mediocanellata  von  69  Tagen  einen  mittleren 
täglichen  Zuwachs  von  72  mm  mit  einer  Bildung  von  Proglottiden 
13,43  im  Mittel  und  pro  Tag  aufwies. 

Wenn  man  diese  Beobachtungen  mit  jenen  der  letzten  Tage 
vergleicht,  so  hätte  man  die  Bestätigung  einer  mittleren  Entwicke- 
lung von  13  und  einem  Bruchteil  von  Proglottiden  pro  Tag,  sowohl 
für  die  reife  als  für  die  unreife  Taenia  mediocanellata, 
während  für  letztere  die  Zunahme  an  Größe  (Länge)  fast  weniger 
als  die  Hälfte  wäre.  Dies  bewiese,  was  übrigens  selbstverständlich 


1)  Esperimenti  sulla  produzione  del  cisticercus  nelle  carni  dei  bovini,  e sullo 
sviluppo  della  tenia  mediocanellata.  Torino  1877. 

2)  I parassiti  dell’  uomo  e degli  animali  utili.  Milano  1882. 


Einar  Lönnberg,  Ueber  eine  neue  Tetrabothriumspecies  etc. 


801 


ist,  daß  das  Maximum  des  Längenwachstums  und  der  allgemeinen 
Entwickelung  in  dem  zweiten  Monate  fällt,  d.  h.  in  den  Zeitraum, 
wo  der  Parasit  seinen  Organismus  vollenden  muß  und  zur  Reife  ge- 
langt, so  daß,  während  man  im  ersten  Monate  einen  täglichen 
mittleren  Zuwachs  von  3 cm  Länge  hat,  im  zweiten  Monate  eine 
fortschreitende  Länge  von  14  cm  pro  Tag  und  eine  entsprechende 
und  verhältnismässige  Größenzunahme  der  Glieder  beobachtet 1 ). 


Ueber  eine  neue  Tetrabothriumspecies  und  die  Ver- 
wandtschaftsverhältnisse der  Ichthyotänien. 

Von 

Dr.  Einar  Lönnberg 

in 

Upsala. 

Im  November  1892  gelang  es  mir,  im  Darme  eines  Trionyx 
ferox  einige  Cestoden  zu  finden,  die  einer  kurzen  Beschreibung  wert 
sein  dürften.  Das  Wirttier  hatte  ich  in  Lake  Apopka  in  Orange 
County,  Florida,  gefangen,  wo  diese  Schildkröte  sehr  zahlreich  ist. 
Ueber  die  Cestoden,  die  in  Schildkröten  schmarotzen,  ist  außerordent- 
lich wenig  bekannt  und  über  diejenigen  der  Trionychiden , soviel 
ich  mich  erinnern  kann,  gar  nichts.  Da  die  Lederschildkröten  für 
sich  eine  Gruppe  altertümlicher  Tiere  vorstellen,  war  es  natürlich 
von  Interesse,  zu  untersuchen,  ob  auch  ihre  Parasiten  ursprünglicher 
Gestalt  sind  oder  nicht.  Ich  habe  deshalb  mit  einer  gewissen 
Spannung  die  Untersuchung  vorgenommen.  In  meinem  Tagebuche 
finde  ich  das  Folgende  aufgeschrieben:  „Im  Darme  von  einem  Trionyx 
nicht  wenige  Cestoden,  meist  junge  Strobilen.  Sie  haben  einen  quer 
abgestutzten  Skolex  mit  vier  rundlichen  Sauggruben,  kein  Rostellum. 
Bei  den  jüngeren  ist  der  Skolex  von  der  Strobila  wie  bei  einem 
Tetrabothrium  wohl  begrenzt,  bei  den  älteren  ist  dies  weniger  der 
Fall.  Zwischenform  zwischen  Taenia  und  Tetra b othrium  (? !).“ 

Auf  den  konservierten  Exemplaren  ist  aber  der  Skolex  immer 
deutlich  abgegrenzt  und  von  flach  kugelförmiger  Gestalt.  Die 
Oeffnung  der  Bothrien  ist  vorwärts  und  seitlich  gerichtet.  Der 
Durchmesser  der  vorderen  Skolexfläche  beträgt  etwa  x/2  mm.  Die 
Gliederung  der  Strobila  ist  deutlich,  aber  nicht  besonders  scharf 
ausgeprägt.  Die  längsten  Strobilen  waren  etwa  3 — 4 cm  und  ihre 
größte  Breite  ein  wenig  mehr  als  1 mm. 

Da  die  Art  sicher  noch  nicht  beschrieben  ist,  schlage  ich  für 
sie  den  Namen  Tetrabothrium  trionychinum  vor. 

Bezüglich  des  anatomischen  Baues  des  Skolex  finden  wir  sogleich, 
daß  die  Bothrien  in  ihren  Strukturverhältnissen  denjenigen  von 


1)  Die  Veröffentlichung  obiger  Mitteilung  ist  leider  in  unliebsamer  Weise  ver- 
zögert worden.  Ked. 


802 


Einar  Lönnberg, 


(Tetrabothrium)  D ipl ob o thrium  affine  Lönnberg1)  recht 
ähneln.  Sie  sind  folglich  vom  umgebenden  Gewebe  wohl  begrenzt 
und  die  kräftigen  Radialfasern,  zwischen  welchen  man  Kerne  und 
Zellen  sieht,  bilden  ihre  Hauptmasse.  Es  giebt  aber  auch  andere 
Muskeln  wie  Ringmuskeln  in  den  Lippen  und  peripherische  Fasern 
an  der  Membrana  limitaus  u.  s.  w.  Andere  kräftige  Muskel- 
systeme durchkreuzen  den  Skolex  und  verbinden  die  Botbrien  unter 
sich  und  mit  der  Grenzmembran.  Die  Geschlechtsorgane  dieser  Art 
ähneln  denjenigen  bei  den  von  mir  früher  untersuchten  Diplo- 
bothrien  (D.  affine  und  simile).  Die  Zahl  der  querovalen  Hoden- 
bläschen ist  sehr  groß.  Sie  nehmen  die  Mitte  der  Proglottis  ein. 
Das  Vas  deferens  ist  wenigstens  in  späteren  Stadien  dicht  zusammen- 
geknäuelt.  Der  Cirrusbeutel  ist  ziemlich  groß,  aber  dünnwandig. 
Seine  Gestalt  ist  beinahe  cylindrisch,  seine  Lage  transversal,  nahe 
dem  Vorderrande  der  Proglottis.  Die  Geschlechtsöffnungen  sind  un- 
regelmäßig alternierend.  Der  innere  Teil  des  Penisrohres  oder  der 
Ductus  ejaculatorius  ist  im  Ruhestadium  zusammengeknäuelt  und 
recht  dickwandig.  Querschnitte  durch  dasselbe  zeigen , daß  seine 
innere  Fläche  mit  kleinen  Stachelchen  bekleidet  ist,  die  jedoch  nicht 
auf  allen  Präparaten  gleich  gut  sichtbar  sind.  Das  Penisrohr  ist 
auch  von  kräftigen  Rings-  und  Längsfasern  und  außerhalb  dieser 
von  einer  Zellenlage  umgeben.  Gegen  die  äußere  Mündung  erweitert 
es  sich  sehr  beträchtlich  und  füllt  das  Lumen  des  Beutels  aus,  so 
daß  es  hier  nicht  gebogen  sein  kann.  Seine  Wand  ist  aber  hier  noch 
besser  entwickelt  und  es  giebt  außerdem  eine  peripherische  Zellenlage. 
Ich  habe  hier  aber  keine  Stachelchen  beobachtet.  Die  Vagina  öffnet 
sich  vor  dem  Penis.  Ihr  erster  Teil  ist  mit  dem  Cirrusbeutel  parallel 
und  die  Wand  ist  da  innerhalb  der  Mündung  mit  kräftigen  Rings- 
muskeln versehen.  Von  da  biegt  sie  nach  hinten  ab  und  läuft  mit 
zahlreichen,  aber  kurzen  Windungen  in  der  Mitte  der  Proglottis  nach 
dem  Hinterende  der  Proglottis,  wo  sie  hinter  dem  großen  Ovarium 
noch  einige  Windungen  macht.  Hier  liegt  auch  eine  nicht  unbeträcht- 
liche Schalendrüse  und  hier  treten  gleichfalls  die  Dottergänge  zu. 
Dagegen  habe  ich  bei  dieser  Form  den  Pintner’schen  „Schluck- 
apparat“ an  der  Insertion  der  Vagina  in  das  Ovarium  nicht  be- 
obachten können.  Die  Dotterstöcke  sind  wie  bei  den  übrigen  Tetra- 
bothriden  follikulär2)  und  peripherisch. 

Ich  habe  schon  vorher  die  Frage  aufgeworfen,  ob  diese  Form 
phylogenetisch  alt  ist.  Es  scheint  mir,  als  ob  diese  Frage  mit  einem 
„Ja“  beantwortet  werden  könnte,  und  ich  glaube,  daß  sie  zwei  Gruppen 
von  Cestoden  verbindet,  die  bisher  als  weit  getrennt  aufgeführt 
wurden,  ich  meine  die  Ichthyotänien  und  die  Tetrabothrien. 
Von  eigenen  Untersuchungen  war  es  mir  schon  längst  klar,  daß  die 
Ichthyotänien  keine  wahren  Tänien  darstellten.  Die  Untersuchungen 


1)  Vergl.  Lönnberg,  Anat.  Stud.  Skand.  Cestod.  II.  (Kgl.  Sv.  Vet.  Akad.  Handl. 
Bd.  XXIV.) 

2)  Dies  ist  natürlich  ein  primäres  Verhältnis,  da  es  bei  den  Trematoden  gleichwie 
bei  den  einfacheren  Cestoden  wiedergefunden  wird. 


Ueber  eine  neue  Tetrabotbriumspecies  etc. 


803 


von  Kraemer1)  haben  dies  vollkommen  bestätigt.  In  Wahrheit 
haben  die  Fischtänien  mit  den  anderen  Tänien  nicht  viel  mehr  als 
die  Form  der  Sauggruben  gemeinsam.  Dagegen  sind  so  viele  andere 
Merkmale  da,  die  auf  die  Tetrabothrien  hinzeigen,  daß  wir  ohne 
Bedenken  die  Fischtänien  in  die  Familie  der  Tetrabothrien  unter 
dem  Gattungsnamen  Ichthyotaenia2)  überführen  können.  Für 
ein  solches  Verfahren  sprechen  sehr  viele  Thatsachen,  aber  vor  allem 
der  Bau  der  Geschlechtsorgane.  Bei  Ichthyotaenia  wie  bei  Tetra- 
bothrium  öffnet  sich  die  Vagina  neben  und  vor  dem  Cirrusbeutel, 
die  Organisation  von  diesem , wie  die  Windungen  von  jener  ist  in 
beiden  diesen  Gattungen  übereinstimmend.  Die  peripherische  Lage 
und  die  follikuläre  Form  der  Dotterstöcke  vereinigt  gleichfalls  die 
erwähnten  Genera  sehr  nahe  und  trennt  sie  von  den  verschiedenen 
Gattungen  der  wahren  Tänien.  Daß  die  Proglottiden  bei  Ichthyo- 
taenia und  Tetrabothrium  (wie  auch  bei  den  Tetrabothriden 
im  allgemeinen)  nicht  so  scharf  von  einander  getrennt  sind,  d.  h., 
daß  die  Strobilation  bei  ihnen  auswendig  weniger  ausgeprägt  ist,  im 
Gegensatz  zu  dem  Verhältnisse  bei  den  Tänien,  muß  auch  nicht 
vergessen  werden.  Der  große,  stark  entwickelte  Skolex  von  Tetra- 
bothrium war  bis  jetzt  die  einzige  scharfe  Grenze  zwischen  ihm 
und  der  Ichthyotaenia.  Hier  aber  vermittelt  Tetrabothrium 
trionychinum  (vergl.  oben!)  den  Uebergang  um  so  mehr,  weil 
es  in  einem  Süßwassertiere  schmarotzt.  Ich  denke  deshalb,  daß 
wir  in  dieser  Weise  die  Abstammung  der  Ichthyotaenia  ganz 
klar  haben.  Diese  Gattung  repräsentiert  in  betreff  des 
Skolex  degenerirte  Tetrabothrien,  die  Süß wassertiere 
bewohnen. 

Als  Typen  dieser  Gattung  Ichthyotaenia  können  die  folgenden 
hervorgehoben  werden: 

I.  filicollis  Rudolphi, 

I.  ocellata  Rudolphi, 

I.  longicollis  Rudolphi, 

I.  torulosa  Bätsch, 

I.  coryphicephala  Monticelli3). 

In  der  Zukunft  werden  aber  wahrscheinlich  viele  andere  Tänien 
aus  Knochenfischen  dahin  geführt  werden,  wenn  ihre  Anatomie  voll- 
ständiger bekannt  wird. 

Upsala,  im  April  1894. 

1)  Kraemer,  Beiträge  zur  Anat.  und  Hist,  der  Cest.  der  Süßwasserfische.  (Zeit- 
schr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  LHI.  H.  4.) 

2)  Der  Name  Arhynchotaenia  Diesing  ist  nicht  gut,  da  es  so  viele  ver- 
schiedene Formen  umfaßt,  die  jetzt  mit  verschiedenen  Gattungsnamen  belegt  sind. 

3)  Notizie  su  di  alcune  specie  di  Taenia.  (Boll.  Soc.  Nat.  Napoli,  1891.) 


804 


Kurt  M fil  1er, 


Zusammenfassende  Uebersicht. 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakterio- 
logischem Standpunkte  aus. 

Von 

Dr.  Kurt  Müller, 

Assistenten  der  chirurgischen  Klinik  za  Halle  a.  S. 

(Schlafs.) 

Wie  haben  wir  uns  nun  diesen  Wechsel  in  den  Graden  der  Ent- 
zündung ohne  Hinzutreten  einer  Sekundärinfektion  nach  so  wenigen 
Tagen  zu  erklären?  Die  Entzündung,  welche  zunächst  einen  serösen 
Charakter  getragen  hatte,  war  ohne  Zweifel  eine  intensivere  geworden 
und  hatte  zur  Eiterung  geführt.  Wir  haben  in  diesem  Falle  uns 
den  Vorgang  so  vorzustellen,  daß  unter  dem  Einflüsse  der  Lebens- 
äußerung der  Bakterien,  dadurch,  daß  die  erzeugten  Stoffwechsel- 
produkte einerseits  auf  die  Gewebszellen  schädigend  wirkten,  anderer- 
seits durch  das  Absterben  von  Keimen  freigewordene  Proteine  (Büch- 
ner) die  Entzündung  steigerten,  die  Gewebe  in  einen  solchen  Zustand 
versetzt  wurden,  daß  sie  jetzt  auf  den  gleichen  Reiz  mit  einer  viel 
stärkeren  Reaktion  antworteten,  als  vorher.  Während  in  solchen 
Fällen  der  Grund  für  die  verschiedenartigen  Formender 
Entzündung  klar  auf  der  Hand  liegt,  entzieht  er  sich  in  anderen 
unserer  Beobachtung.  Zweifellos  ist  eine  solche  durch  die  Keime 
selbst  geschaffene  Disposition,  wie  einzelne  Autoren  wollen,  nicht 
notwendig.  Jordan  legt  mit  Recht  großen  Nachdruck  auf  die 
Versuche  Büdinger’s,  welcher  mit  Staphylokokken  bei  Versuchs- 
tieren nur  eine  geringe  Wirkung  erzielen,  an  seinem  eigenen  Arme 
dagegen  mit  derselben  Kultur  eine  schwere  Furunkulose  erzeugen 
konnte.  Hier  konnte,  wie  Jordan  bemerkt,  von  einer  Vorbereitung 
der  Gewebe  durch  chemische  Stoffwechselprodukte  kaum  die  Rede 
sein;  hier  hatten  vielmehr  ohne  Mitwirkung  prädis- 
ponierender Momente  sehr  kleine  Mengen  von  Kokken 
zur  Erzeugung  von  Eiterung  genügt  Trotzdem  aber  müssen 
wir  bei  der  verschiedenen  Wirkung  ein  und  derselben  Kultur  den 
letzten  Grund  der  Wirkung  in  den  Geweben  suchen,  ein  Grund,  der 
sich  bei  der  komplizierten  Zusammensetzung  des  tierischen  Organismus 
wohl  auch  noch  für  lange  Zeit  unserer  Beobachtung  entziehen  wird. 
Daß  natürlich  neben  der  Spezifität  der  Gewebe  auch  ver- 
mehrte oder  verminderte  Virulenz  der  Erreger  in 
Frage  kommt,  ist  eine  so  viel  besprochene  Frage,  daß  ich  sie  hier 
nur  zu  erwähnen  brauche ; daß  sie  aber  allein  zur  Erklärung  der  That- 
sache,  warum  Krankheitserreger  einmal  so,  das  andere  Mal  so  wirken, 
nicht  ausreicht,  das  geht  aus  den  angeführten  Beispielen  hervor: 
die  Spezifität  der  Gewebe  ist  ein  zum  mindesten  ebenso 
wichtiger  Faktor.  Viel  weniger  wichtig  ist  ohne  Zweifel  die  Frage 
nach  der  Menge  der  Infektionserreger;  bei  einem  disponierten  Ge- 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  805 


webe  genügen  jedenfalls  schon  sehr  geringe  Dosen,  um  Krankheit 
hervorzubringen. 

Eine  ähnliche  Beobachtung  als  die  eben  angeführte  ist  die 
folgende.  Ein  16-jähriger  Knabe  war  vor  einigen  Tagen  an  einer 
Osteomyelitis  erkrankt  und  kam  hochfiebernd  mit  einer  mächtigen 
Anschwellung  des  linken  Oberschenkels,  der  die  Zeichen  der  akuten 
Entzündung  bot,  in  die  Klinik.  Wegen  des  desolaten  Zustandes 
mußte  zunächst  von  jeder  größeren  Operation  abgesehen  und  konnte 
nur  durch  einen  dicken  Troikart  eine  große  Menge  typischen  osteo- 
myelitischen Eiters  entleert  werden.  Nach  zwei  Tagen  hatte  er 
sich  so  weit  erholt,  daß  ein  größerer  Eingriff  gewagt  werden 
konnte.  Es  wurde  an  der  Außenseite  des  Oberschenkels,  ober- 
halb des  Kniegelenks  beginnend,  durch  einen  etwa  20  cm  langen 
Schnitt  der  Knochen  freigelegt.  Das  Periost  war  durch  einen 

schwappenden  Abscess  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  bis  oben  an  das 
Hüftgelenk  hin  rings  herum  vom  Knochen  abgelöst,  der  frei  in  der 
Eiterhöhle  lag.  Man  mußte  sich  darauf  beschränken,  die  Mark- 
höhle oberhalb  der  unteren  Epiphyse  nur  wenig  zu  eröffnen,  und 
fand  das  Knochenmark  vereitert.  Nach  Anlegung  einer  Kontra- 
incision  an  der  inneren  Seite  des  oberen  Drittels  des  Oberschenkels 
wurde  drainiert  und  tamponiert.  Das  Fieber  fiel  zunächst  ab ; 

schon  am  folgenden  Tage  stieg  es  wieder  über  40,  und  eine  ge- 
ringe Rötung  und  Spannung  deutete  auf  ein  Ergriffensein  des  Knie- 
gelenks. Am  folgenden  Tage  war  der  Erguß  noch  deutlicher  nach- 
zuweisen und  die  entzündlichen  Erscheinungen  noch  ausgesprochnere. 
Da  man  eine  Vereiterung  des  Kniegelenkes  anDehmen  mußte,  so  wurde 
nach  gründlicher  Desinfektion  punktiert.  Es  entleerte  sich  jedoch 
nur  ein  seröser  Erguß,  von  dem  sofort  etwas  in  verflüssigten 
Agar  verteilt  und  nach  Anfertigung  dreier  Verdünnungen  zu  Platten 
ausgegossen  wurde.  Zur  Kontrolle  wurden  drei  solcher  Versuche 
unternommen,  so  daß  3 Originalplatten  und  9 Verdünnungen  existierten. 
Die  Platten  wurden  bei  37 0 gehalten  und  zeigten  nach  36  Stunden 
deutliche  und  schön  entwickelte  Kolonieen  des  Staphylococcus 
aureus,  wie  durch  Kontrollversuche  in  Gelatine  und  durch  Färbe- 
methoden festgestellt  wurde.  Steril  blieben  nur  einige  der  letzten 
Verdünnungen,  während  auf  den  Originalplatten  sehr  zahlreiche,  aber 
noch  zählbare  Kolonieen  vorhanden  waren.  Es  hatten  dieselben 
Staphylokken  demgemäß  im  Knochenmarke  eine  eiterige,  im  Kniegelenke 
hingegen  eine  seröse  Entzündung  erzeugt.  Da  bei  dem  Kranken 
zwei  Tage  nach  seiner  Aufnahme  kulturell  im  Blute  der  Finger 
Staphylokokken  nachgewiesen  werden  konnten,  ein  Befund,  der  bereits 
am  folgenden  Tage  nicht  mehr  erhoben  werden  konnte,  so  ist  anzu- 
nehmen, daß  durch  den  Uebergang  der  Staphylokokken  ins  Blut  die- 
selben in  dem  erkrankten  Kniegelenke  aus  ihm  abgelagert  wurden,  daß 
es  sich  also  um  eine  Blutinfektion  handelt,  um  denselben  Weg  also, 
auf  dem  auch  die  Metastasen  in  anderen  Knochen  bei  der  akuten 
Osteomyelitis  erzeugt  werden. 

Sowohl  von  den  Staphylokokkenkulturen  aus  dem  eiterigen  Er- 
güsse im  Knochen,  als  auch  von  denen  aus  dem  Kniegelenke  wurden 
je  1 ccm  einer  36-stündigen  Bouillonkultur  (bei  37°)  je  einem 

XV.  Bd.  51 


806 


Kurt  Müller, 


Kaninchen  intramuskulös  eingespritzt.  Beide  Tiere  waren  weiß,  aus- 
gewachsen und  waren  ungefähr  gleich  groß  und  gleich  schwer:  beide 
überstanden  die  Impfung,  ohne  daß  sie  Krankheitserscheinungen  ge- 
zeigt hätten;  auch  ein  Absceß  an  der  Impfstelle  trat  nicht  auf;  mit 
anderen  Worten,  auch  die  Staphylokokken  des  eitrigen  Ergusses 
waren  nicht  imstande,  schwerere  Erscheinungen  zu  machen,  als  die 
des  serösen,  eine  Beobachtung,  welche  die  Bedeutung  der  Körper- 
gewebe für  das  Zustandekommen  der  Infektion  so  recht  in  klares 
Licht  setzen  kann.  Während  das  Kniegelenk  auch  im  Verlaufe  der 
späteren  Wochen  von  Eiter  frei  blieb,  traten  bei  dem  Kranken  nach- 
einander eine  große  Zahl  von  Metastasen  ein;  bei  allen  fand  sich 
Eiter,  in  dem  die  Staphylokokken  massenhaft  vorhanden  waren. 
So  entstand  ein  Herd  an  der  hinteren  Seite  des  Sternums,  ein  anderer 
im  rechen  Humerus  und  endlich  eine  große  Zahl  von  Weichteil- 
abscessen  an  den  verschiedensten  Körperstellen.  Besondere  Prädi- 
lektion  zeigten  die  Stellen,  welche  für  gewöhnlich  dem  Decubitus 
ausgesetzt  sind.  Trotzdem  Patient  in  Watte  gehüllt  auf  einem  Wasser- 
kissen lag,  entwickelten  sich  nacheinander  zahlreiche  Dekubitalabscesse 
an  den  gedrückten  Stellen,  ohne  daß  die  Haut  perforiert  wäre.  Also 
die  Stellen,  welche  infolge  des  Druckes  eine  behinderte  Cirkulation 
hatten,  wurden  im  Laufe  der  Krankheit  wieder  vorzugsweise  befallen, 
eine  Beobachtung,  wie  man  sie  bei  septischen  Kranken  oft  genug 
machen  kann. 

Eine  außerordentlich  interessante  Arbeit  ist  in  derselben  Hin- 
sicht die  von  Schrank1).  Derselbe  beschreibt  einen  Fall  von  sog. 
Periostitis  albuminosa,  wo  sich  zwischen  Periost  und  Knochen  ein 
seröses  Exsudat,  in  dem  Knochenmarke  dagegen  ein  eiteriges  fand ; 
in  beiden  so  verschiedenartigen  Exsudaten  ließen  sich  aber  dieselben 
Organismen  nachweisen,  Staphylokokken  und  Strepto- 
kokken. 

„Wir  kämen  demnach  zu  dem  überraschenden  Resultate“,  sagt 
Verf.,  „eine  im  Blute  kreisende  Noxe,  welche  für  gewöhnlich  nur 
eiterige  Entzündungen  hervorzurufen  pflegt,  hat  in  diesem  Falle 
einen  eiterigen  Prozeß  im  Knochen  hervorgerufen,  hat,  wie  das  ja 
meist  der  Fall  ist,  auf  das  Periost  übergegriffen,  daselbst  aber  eine 
seröse  Entzündung  bewirkt.“ 

Das  „überraschende  Resultat“  ist  nichts  anderes,  als  die  Folge 
der  Spezifität  der  Gewebe.  Das  bedeutend  mehr  zu  Eiterungsprozessen 
disponierte  Knochenmark  erkrankt  schwerer,  als  das  bedeutend 
widerstandsfähigere  Periost. 

Um  endlich  noch  ein  Beispiel  für  die  große  Bedeutung  der 
Spezifität  der  Gewebe  anzuführen,  möchte  ich  auf  Experimentalunter- 
suchungen hinweisen,  welche  ich  zur  Klärung  dieser  Frage  für  den 
Milzbrand  an  Ratten  vornahm. 

Ratten,  welche  in  ihrer  Jugend  außerordentlich  für  die 
Anthraximpfung  empfänglich  sind,  werden  mit  zunehmendem  Alter 
resistenter.  Bei  Erwachsenen  zeigt  sich  dann  die  merkwürdige 


1)  Schrank,  Zwei  Fälle  von  „Periostitis  albuminosa“  Ollier.  [Aus  dem 
St.  Joseph-Hospital  zu  Wiesbaden.]  (La  n g e nb  ec  k ’s  Archiv.  1893.  Bd.  LXVI.  No.  4.) 


Der  jetzige  Stand  der  Eiternngsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  807 


Thatsache,  daß  alle  die  Tiere,  welche  eine  dunkle  Hautfarbe 
haben,  bedeutend  größere  Dosen  vertragen,  als  alle  die  mit  heller 
Haut.  Erliegen  sie  der  Impfung,  so  spricht  sich  dieser  verschiedene 
Resistenzgrad  sogar  in  dem  Sektionsbefunde  aus,  der  so  different  ist, 
daß  er  zur  Aufstellung  zweier  Typen,  des  Milzbrandes  der  dunklen 
und  des  Milzbrandes  der  hellen  Rasse  berechtigt.  Es  besteht  also 
eine  völlige  Rassendifferenz,  die  ja,  um  ein  grobes  Beispiel  anzuführen, 
auch  bei  dem  Menschengeschlechte  vorhanden  ist.  Die  weiße  Rasse 
ist  bedeutend  empfänglicher  für  Malaria,  als  die  dunkle,  wenn  natür- 
lich auch  zur  Erklärung  dieser  Thatsache  eine  ganze  Zahl  anderer 
Punkte  mitsprechen.  Aber  noch  mehr  tritt  die  Bedeutung  des 
tierischen  Gewebes  für  das  Zustandekommen  der  Infektion  in  den 
Vordergrund,  wenn  es  gelingt,  durch  bestimmte  chemische  Mittel 
den  Körper  zu  beeinflussen.  Solche  Versuche  hat  unter  anderen 
Fodor  gemacht,  der  sich  bemühte,  durch  Sodalösung  die  Blut- 
alkalität und  damit  die  Resistenz  zu  erhöhen. 

Ich  versuchte  der  Lösung  dieser  Frage  auf  einem  anderen  Wege 
entgegen  zutreten.  Schon  Fes  er  hatte  Ratten,  die  ausschließlich  mit 
Fleisch  gefüttert  waren,  resistenter  gegen  Milzbrand  gefunden,  eine 
Beobachtung,  die  ich  durch  eine  größere  Reihe  von  Experimenten 
völlig  bestätigen  konnte.  Indem  ich  nun,  von  der  Ansicht  ausgehend, 
daß  für  die  Erhöhung  der  Resistenz  durch  Fleischfütterung  zweierlei 
in  Frage  kommen  könne,  einmal  die  Zufuhr  der  Fleischeiweiß- 
stoffen und  dann  die  von  Fleischsalzen,  behandelte  ich  Tiere 
mit  Fleischextraktlösungen  bestimmter  Konzentration  und 
konnte  auch  so  ihre  Resistenz  zum  Teil  ganz  beträchtlich  erhöhen. 

Es  hatte  also  die  bestimmte  Ernährung  und  Beeinflussung  des 
Rattenorganismus  mit  den  Fleischsalzen  diesen  so  verändert,  daß  er 
nun  resistenter  wurde. 

Es  würde  mich  zu  weit  führen,  wollte  ich  noch  mehr  Beispiele 
von  der  Bedeutung  des  tierischen  Organismus  für  das  Zustande- 
kommen von  Infektionen  anführen;  sie  genügen  völlig,  um  zu  be- 
weisen, daß  wir  von  ausschließlich  pyogenen  Kokken  nicht 
sprechen  können;  Staphylokokken  und  Streptokokken  sind  vielmehr 
nur  Organismen,  welche  mit  bedeutenden  pyogenen  Eigen- 
schaften begabt,  in  der  Mehrzahl  ihrer  Wirkungen  pyogen 
werden.  Sie  stellen  unter  allen  phlogogenen  Organismen  die 
dar,  denen  diese  Eigenschaft  für  gewöhnlich  im 
stärksten  Grade  zukommt. 

Betrachten  wir  nunmehr  die  Pilze,  welche  man  bisher  bei  Eite- 
rungen nachgewiesen  hat  und  denen  damit  gleichfalls  unter  Umständen 
pyogene  Eigenschaften  zukommen.  In  seiner  sorgfältigen  Zusammen- 
stellung hat  Jordan  außer  den  Staphylococci  aureus,  albus, 
citreus  und  dem  S t r ep to coccus  pyogenes  den  Staphylo- 
coccus  cereus  albus  (Passet), den  Streptococcus  cereus 
flavus  (Passet),  den  Micrococcus  pyogenes  tenuis 
(Rosenbach),  den  Micrococcus  tetragenus  (Gaffky),  den 
Pneumococcus  Fränkel-W  eichselbaum,  den  Bacillus 
pyogenes  foetidus  (Passet),  den  Typhusbacillus,  das 

51* 


808 


Kurt  Müller, 


Bacterium  coli  commune  und  den  Bacillus  pyocyaneus 
als  unter  Umständen  Eiterung  erregende  Mikroorganismen  aufgeführt. 

Ich  bin  der  Ansicht,  daß  man  noch  einige  Mikroorganismen  hier 
aufzählen  muß,  denen  hohe  phlogogene  uud  unter  Umständen 
pyogene  Eigenschaften  zukommen,  nämlich  den  Tuberkel- 
bacillus, den  Gonococcus  und  den  Strahlenpilz.  Auch 
dem  Leprabacillus  sind  von  verschiedener  Seite  eitererregende 
Fähigkeiten  zugesprochen. 

Um  zunächst  mit  dem  Tuberkelbacillus  zu  beginnen,  so 
hat  zuerst  Garre1)  nachgewiesen,  daß  ohne  Hinzutreten  sogenannter 
Eiterkokken  durch  ihn  im  Knochensysteme  Eiterung  hervorgerufen 
werden  kann,  die  chronische  tuberkulöse  Osteomyelitis. 

Auch  für  kalte  Weichteil-  oder  Drüsenabscesse  gelang  ihn  der- 
selbe Nachweis  durch  das  Tierexperiment  .stets,  seltener  mikro- 
skopisch. 

Diese  Beobachtungen  sind  später  von  Hoffa,  Steinhaus, 
Krause  und  Anderen  bestätigt,  von  de  Ruyter  und  Roth  ange- 
zweifelt  worden.  Die  Ansichten  der  letzten  Autoren  wurden  jedoch 
durch  Ta  vel2)  ausführlich  widerlegt,  so  daß  heute  an  der  Richtig- 
keit der  Auffassung  Garre’s  nicht  gezweifelt  werden  kann,  selbst 
wenn  eine  Autorität  wie  Billroth3)  sich  noch  kurz  vor  seinem 
Tode  dagegen  ausgesprochen  hat.  Er  sieht  die  Eiterung  bei  Tuber- 
kulose stets  als  ein  Accidens  an;  bei  tuberkulöser  Meningitis, 
Pleuritis,  Peritonitis  und  Synovitis  findet  sich,  bemerkt  er, 
fast  stets  ein  seröses  Exsudat;  aber  auch  im  Anschlüsse  an 
tuberkulöse  Knochenerkrankungen,  so  bei  Coxitis,  bei  Wirbel- 
und  Beckenkaries,  beobachtet  man,  allerdings  seltener,  seröse 
Ergüsse,  welche  wohl  deshalb  vielfach  übersehen  werden,  weil  man 
sie  als  kalte  Abscesse  deutet. 

Wenn  auch  die  reiche  Erfahrung  Billroth’s  die  höchste  Be- 
achtung verdient,  so  ist  nach  den  Befunden  oben  genannter  Autoren, 
nach  ihren  exakten  Versuchen,  die  Ansicht  nicht  mehr  recht  halt- 
bar. Auch  der  Punkt,  daß  man  mit  fast  absoluter  Sicherheit  in  den 
als  kalte  Abscesse  gedeuteten  Geschwülsten  Eiter  findet,  spricht  mit 
einiger  Wahrscheinlichkeit  gegen  eine  solche  Auffassung.  In  der 
hiesigen  chirurgischen  Klinik  hatte  ich  vielfach  Gelegenheit,  besonders 
aus  tuberkulösen  Knochenherden  durch  Punktion  anläßlich  folgen- 
der Jodoformglycerininjektion  entleerten  Eiter  bakteriologisch  zu 
untersuchen;  indem  ich  die  Frage  der  Anwesenheit  von  Tuberkel- 
bacillen in  ihm  als  gelöst  ansah,  beschränkte  ich  mich  darauf,  den- 
selben in  Glycerinagar  auf  Platten  zu  verteilen  und  bei  Körper- 
temperatur zu  halten  ; auf  diese  Weise  erhielt  ich  in  jedem  der  etwa 
25  untersuchten  Fälle  weder  Kulturen  von  Eiterkokken,  noch  von 


1)  Garrfe,  Zur  Aetiologie  der  kalten  Abscesse:  Drüseneiterung,  Weichteil-  und 
Knochenabscesse  (Senkungsabscesse)  und  der  tuberkulösen  Gelenkeiterungen.  (Deutsche 
medizinische  Wochenschrift.  1886.  No.  34.) 

2)  Festschrift  zum  25-jährigen  Doktor-  und  Doc.- Jubiläum  von  Theodor 
Kocher.  Wiesbaden  (J.  T.  Bergmann)  1891. 

3)  Billroth,  Th.,  Erlebtes  und  Gedachtes  über  Entzündung  und  Eiterung 
(Wiener  klinische  Wochenschrift.  1893.  No.  1 und  2.) 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  809 


Tuberkelbacillen,  die  Platten  blieben  steril.  Daß  Tuberkelbacillen 
nicht  aufkeimten,  kann  bei  der  geringen  Zahl  der  im  Eiter  ent- 
haltenen Keime  und  ihrer  Modifikation  als  Sporen  (Gar re)  bei  der 
Kleinheit  der  verwendeten  Dosen  (Platinöse  von  1 mm  Durchmesser) 
nicht  wunder  nehmen. 

Demgemäß  müssen  wir  wohl  zweifellos  den  Tuberkelbacillus 
zu  den  unter  Umständen  e i t er  er  reg  e n den  Pilzen  rechnen, 
die  Ausführungen  Billroth’s  können  nichts  anderes  als  die  Be- 
deutung der  Gewebe  für  das  Zustandekommen  der  Intensität  der 
Krankheitsprozesse  beweisen.  Dieselbe  Anschauung,  daß  dem 
Tuberkelbacillus  unter  Umständen  eitererregende  Wirkungen 
zukommen,  vertreten  unter  anderen  auch  Leyden1)  und  A. 
Fraenkel1).  Leyden  betont  dort,  daß  es  eine  alte  klinische 
Erfahrung  sei,  daß  Tuberkulöse  außerordentlich  wenig  zu  anderen 
Infektionen,  namentlich  zu  Eiterungsprozessen  neigen.  Die  Empyeme, 
welche  man  bei  Tuberkulose  findet,  enthalten  in  der  Regel  gar  keine 
Mikroorganismen;  wenigstens  lassen  sich,  wie  Ehrlich  zeigte,  nur 
mit  großer  Sorgfalt  schließlich  einige  Tuberkelbacillen  nachweisen. 
Ein  weiteres  Beispiel  für  die  eiterer regende  Fähigkeit  des  Tuberkel- 
bacillus ist,  wie  A.  Fraenkel  anführt,  die  käsige  Pneu- 
monie. A.  Fraenkel  stellt  geradezu  den  Satz  auf,  daß  er 
Empyeme,  in  denen  Mikroorganismen  nicht  zu  finden  sind,  als  tuber- 
kulöse ansieht,  eine  Anschauung,  der  sich  im  wesentlichen  Leyden 
auch  anschließt. 

Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  man  nicht  die  tuberkulösen  Eite- 
rungen, wie  es  Klemm2)  neuerdings  für  die  typhösen  gethan  hat, 
als  Produkte  rein  regressiver  Gewebsmetamorphose  auf- 
fassen und  demgemäß  aus  dem  Kapitel  der  Entzündungen  ausscheiden 
soll.  Es  ist  dazu  nötig,  uns  über  den  Begriff  und  über  das  Wesen 
der  Entzündung,  besonders  über  die  Grenzbestimmung  gegen  die 
regressive  Metamorphose  gegen  die  Nekrose,  klar  zu  werden. 

Ein  seit  alter  Zeit  her  stammender  Ausdruck  nennt  den  Inhalt 
der  bei  der  Tuberkulose  auftretenden  fluktuierenden  Geschwülste, 
„Eiter“ und  diese  selbst  kalte  Abscesse.  Aeußerlich  unterscheidet 
sich  in  der  That  dies  Exsudat  nicht  wesentlich  von  Eiter,  der  auf 
andere  Weise  entstand  und  in  anderen  Abscessen  gefunden  wurde. 
Erst  bei  genauerer  Betrachtung  erweist  sich  der  tuberkulöse  Eiter 
meist  flüssiger  als  der  phlegmonöse;  beim  Stehen  setzt  sich  eine 
kleine  getrübte  und  eine  mächtige,  oft  drei  und  mehrmals  stärkere 
seröse  Schicht  ab ; doch  kommt  auch  tuberkulöser  Eiter  vor,  der  sich 
ohne  weiteres  infolge  seiner  dicken  rahmigen  Beschaffenheit  kaum 
von  phlegmonösem  unterscheiden  läßt. 

Mikroskopisch  zeichnet  sich  der  phlegmonöse  Eiter  außer 
Anwesenheit  von  Eiterpilzen  durch  dicht  nebeneinanderliegende,  gut 
erhaltene  Eiterkörperchen  und  geringe  Detritusmassen  aus; 
im  tuberkulösen  Eiter  sieht  man  überall  das  Bild  regressiver 


1)  Deutsche  med.  Wochenschrift.  1893.  No.  57.  p.  898. 

2)  Klemm,  Die  Knochenerkrankungen  im  Typhus.  (Archiv  für  klinische  Medizin. 
Bd.  XLVI.  1893.  No.  4.) 


810 


Kart  Müller, 


Metamorphose,  Detritus  in  großen  Mengen,  massenhaft  fettig 
degenerierende  Eiterzellen,  nur  selten  eine  gut  erhaltene, 
und  zahllose,  von  undefinierbaren  Protoplasmasäumen  und  Fetttropfen 
umgebene,  gerade  noch  färbbare  Kerne.  Während  bei  dem  phleg- 
monösen Eiter  also  die  ausgewanderten  weißen  Blutkörperchen  der 
wesentliche  Teil  sind,  ist  der  tuberkulöse  Eiter,  zum  größten  Teil 
aus  nekrotischen  Gewebsfetzen  in  größerer  oder  geringerer  regressiver 
Metamorphose  befindlich,  gebildet,  denen  nur  eine  geringere  Menge 
von  Eiterzellen  beigemischt  sind. 

Die  pyogenen  Eigenschaften  des  Tuberkelbacillus 
sind  also  entschieden  nur  geringe,  bedeutend  stärker  sind  seine 
nekrotisierenden.  Trotzdem  aber  glaube  ich,  können  wir  einer- 
seits dem  Tuberkelbacillus  die  phlogogenen  und  pyogenen  Eigen- 
schaften nicht  absprechen,  andererseits  sind  wir  aber  auch  nicht  be- 
rechtigt, ohne  weiteres  alle  nekrotisierenden  Prozesse  aus  dem  Kapitel 
der  Entzündungen  zu  streichen. 

Um  auf  den  ersten  Punkt  zunächst  zu  kommen,  so  ist  es  ja  be- 
kannt, daß  die  gelösten  Stoffwechselprodukte  des  Tuberkelbacillus 
außerordentlich  hohe  Grade  entzündlicher  Erscheinungen  erzeugen 
können;  auch  bei  einzelnen  klinischen  Formen  der  Tuberkulose  be- 
merkt man  ausgesprochenere  entzündliche  Erscheinungen;  es  treten 
solche  heftigere  entzündliche  Erscheinungen  z.  B.  besonders  gern  bei 
der  auch  sonst  prognostisch  ungünstigen  Tuberkulose  des  Atlanto- 
occipital-Gelenks  auf;  die  Erscheinungen  sind  infolge  der  Lokalisation 
dort  oft  so  stürmische,  daß  leicht  eine  akute  Osteomyelitis  vorgetäuscht 
werden  kann. 

Dem  Tuberkelbacillus  kommen  also  in  der  That  phlogogene 
Eigenschaften  zu;  andererseits  ist  aber,  und  damit  komme  ich  auf 
den  zweiten  Punkt,  die  Entzündung  nicht  absolut  von  der 
Nekrose  zu  trennen.  Es  giebt  Entzündungen,  welche  ihren 
Ausgang  in  Nekrose  finden ; besonders  die  parenchymatösen  Ent- 
zündungen innerer  Organe,  z.  B.  die  der  Leber-  und  Nierenepithelien, 
gehen  oft  in  Nekrose  aus ; auch  solche  von  Muskelfasern  zeigen  regres- 
sive Vorgänge,  indem  sie  in  Verfettung  übergehen. 

Obwohl  wir  uns  zwar  bewußt  sein  müssen,  daß  der  Tuberkel- 
bacillus typische  Eiterung  nicht  erzeugt,  so  ist  es  doch  ein  Punkt, 
welcher  uns  berechtigt,  ihn  zu  den  phlogogenen  und  ev.  pyogenen 
Mikroorganismen  zu  rechnen,  nämlich  die  Eigentümlichkeit,  daß  er 
imstande  ist,  eine  fortgesetzt  in  die  Umgebung  fort- 
schreitende Auflösung  der  Umgebung  zustande  zu  bringen, 
eine  Eigenschaft,  durch  die  sich  gerade  auch  die  klinischen  Bilder 
der  akuten  Entzündung  und  Eiterung  auszeichnen. 

Diese  Eigenschaft  aber,  infolge  ihres  Wachstums  einen  stets  fort- 
schreitenden Prozeß  zu  erzeugen,  kommt  nun  gerade  den  Bakterien 
zu.  Während  z.  B.  bei  Behandlung  eines  lebenden  Gewebes  mit 
konzentrierten  Säuren  eine  Nekrose  zustande  kommt,  welche  sich 
da  begrenzt,  wo  die  Einwirkung  aufhörte  oder  nicht  mehr  intensiv 
genug  war,  also  nur  ein  cirkumskripter  Prozeß,  geht  bei  jeder  durch 
Bakterieninvasion  hervorgerufeneu  Nekrose  der  Prozeß  so  lange 
weiter,  als  Stoffwechselprodukte  gebildet  werden, 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  gl  J 


d.  h.  als  lebende  Keime  vorhanden  sind.  Wir  sehen  also  einen  ganz 
•wesentlichen  Unterschied  in  diesen  beiden  Formen  der  Nekrose.  Da 
nun  ferner  die  Loslösung  der  Nekrosen  stets  nur  unter  Beteiligung 
von  Leukocyten  vor  sich  geht,  deren  Ansammlung  mit  der 
Länge  und  der  Schwere  des  Prozesses  fortgesetzt  zu- 
nimmt, so  wird  das  Bild  makroskopisch  dem  der  Eiterung  um  so 
identischer  und  mikroskopisch  wenigstens  um  so  ähnlicher,  je  inten- 
siver und  je  weiter  in  die  Umgebung  die  Nekrose  fortschreitet,  Vor- 
gänge, die  sich  ausgesprochen  nur  bei  bakteritischen  Infektionen  finden. 
Klinisch  sind  es  aber  dieselben  Symptome  und  Folgen, 
welche  beide  Prozesse  haben,  so  daß  die  Kliniker  zwischen  pro- 
gredienten Nekrosen  undEiterungen  überhaupt  nicht 
scheiden.  Die  Gefahr  beider  Prozesse  liegt  in  dem  Verbrauch 
der  Körpersubstanz  einerseits  durch  das  Fieber,  andererseits  in 
der  Schwächung  des  Organismus  durch  den  Säfteverlust. 

Nach  diesen  Gesichtspunkten  möchte  ich  es  nicht  empfehlen, 
wie  Klemm  es  will,  die  progredienten  bakteritischen  Ne- 
krosen von  der  Eiterung  abzutrennen  und  dadurch  den  an 
und  für  sich  schon  nicht  klaren  Begriff  „Eiterung“  noch  mehr  zu 
verwirren.  Wir  können  und  müssen  alle  progredienten 
Nekrosen  zu  den  Eiterungsprozessen  rechnen,  mit 
denen  sie  die  klinischen  Symptome  und  das  makroskopische  Aus- 
sehen, aber  auch  zahlreiche  mikroskopische  Einzelheiten  gemeinsam 
haben. 

Nun  käme  der  Gonococcus  zur  Besprechung,  dessen  wirklich 
eitererregende  Fähigkeiten  nicht  zu  leugnen  und  nie  bestritten  sind. 
Die  Blennorrhoe,  wodurch  sie  auch  erzeugt  sein  mag  — ich  kann 
hier  nicht  näher  auf  die  noch  nicht  genauer  bestätigten  bakterio- 
logischen Befunde,  welche  meist  Diplokokken  betreffen,  eingehen  — 
und  die  Gonorrhöe  scheiden  sich  von  den  sonstigen  akut  oder 
chronisch  eiterigen  Prozessen  durch  ihre  Lokalisation  auf  der  Schleim- 
haut. Entweder  ist  dabei  die  Schleimhaut  selbst  gar  nicht 
verändert  und  es  handelt  sich  nur  um  eine  dauernde  Eitersekretion 
(chronische  Form),  oder  die  geschwollene  Schleimhaut  ist  mehr 
oder  weniger  mit  Leukocyten  durchsetzt  (akute  oder  sub- 
akute Form).  Was  diese  Art  der  Entzündungen  wesentlich  von 
den  sonstigen  trennt,  ist  das  Fehlen  von  Gewebszerstörungen, 
ohne  welche  Eiterungen  in  anderen  Geweben  nicht  vor  sich  gehen. 
Jedenfalls  sind  also  die  blennorrhoischen  Eiterungen  in  ein  eigenes 
Kapitel  einzureihen.  Daß  die  Gonokokken  aber  auch  echte  Eiterungen 
erzeugen  können,  beweisen  die  Gelenkergüsse  und  die  erst  in 
der  letzten  Zeit  mitgeteilten  Befunde  von  Leyden,  der  sie  wie 
Councilman1)  in  Encocard  fand,  Beobachtungen,  die  allerdings 
nicht  als  ganz  einwandsfrei  anzusehen  sind,  da  der  kulturelle  Nach- 
weis fehlt.  In  einwandsfreier  Weise  sind  sie  aber  von  Horwitz2) 


1)  Councilman,  Arthritis  and  Peri-  u.  Myoearditis.  (Associatiou  of  American  Phy- 
sicians. Eighth  annual  meeting  held  at  Washington,  May  30,  31,  and  June  1,  1893. 
— Medical  News.  10.  VI.  93.  LXII.  No.  23.  Whole  No.  1065.  p.  630.) 

2)  Horwitz,  Ein  Beitrag  für  Gonokokkenmetastase.  (Wiener  klin.  Wochenschrift. 
1894.  Nr.  4.) 


812 


Kurt  Müller, 


in  einem  Abscesse  auf  dem  Dorsum  des  linken  Mittelfingers  nach- 
gewiesen worden. 

Der  Strahlenpilz,  Actinomyces,  wird  nicht  so  selten  heut- 
zutage als  Ursache  chronischer  Eiterungen  aufgefunden,  seit  man  sich 
gewöhnt  hat,  mehr  auf  die  kleinen  charakteristischen  gelben  Körnchen 
zu  achten,  als  es  früher  geschah.  Daß  er  allein  imstande  ist,  eine 
oft  kolossale  Eiterung  und  Zerstörung  ohne  Beihilfe  pyogener  Mikro- 
organismen zu  erzeugen,  ist  eine  sicher  bewiesene  Thatsache.  Gegen 
eine  solche  Mithilfe  spricht  allein  schon  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
die  Temperaturkurve.  Da  eine  große  Zahl  von  Aktinomykosen  von 
hohlen  Zähnen  und  vom  Darme  ihren  Ausgang  nehmen,  so  kann  es 
nicht  wunder  nehmen,  daß  man  den  aktinomykotischen  Eiter  in 
solchen  Fällen  von  einer  kleineren  oder  größeren  Zahl  indifferenter 
Keime  verunreinigt  findet.  Andererseits  giebt  es  aber  eine  ganze 
Zahl  von  aktinomykotischen  Abscessen,  in  deren  Inhalt  man  nur  den 
Strahlenpilz  und  nichts  anderes  findet.  Wenn  vielleicht  dem  Strahlen- 
pilze auch  nur  geringe  pyogene  Eigenschaften  zukoramen,  so  hat  er 
eine  ausgesprochene  Neigung,  einmal  erzeugte  Eiterung  zu 
unterhalten;  dafür  spricht,  daß  aktinomykotische  Herde,  wenn  sie 
nicht  eröffnet  werden,  so  gut  wie  nie  heilen,  daß  dagegen  ausgiebig  ge- 
spaltene eine  verhältnismäßig  energische  Tendenz  zur  Verheilung  zeigen. 
Es  liegt  dies  wohl  daran,  daß  der  Strahlenpilz  die  Granulations- 
bildung augenscheinlich  mächtig  anzuregen  imstande  ist;  denn 
stets  findet  man  die  aktinomykotischen  Rasen  von  einem  granulations- 
artigen Gewebe  umgeben.  Die  Frage,  ob  der  Actino myces  selbst, 
ohne  Beihilfe  anderer,  Eiterung  zu  erregen  imstande  ist,  laßt  sich 
nur  durch  den  Tierversuch  entscheiden,  ein  Punkt,  über  den  trotz 
der  Untersuchungen  von  Israel  und  Wolff  Klarheit  noch  nicht 
herrscht.  Bei  der  menschlichen  Aktinomykose  hat  man  stets  das  zu 
berücksichtigen,  daß  die  Infektion  meist  keine  reine  war;  möglicher- 
weise konnten  bei  derselben  Eitererreger  mit  hineingelangt  und  erst 
später  in  dem  Eiter  untergegangen  sein.  Nur  die  Impfung  mit  der 
Reinkultur  kann  diese  Frage  klären.  Daß  aber  immerhin  dem  Acti- 
nomyces allein  pyogene  Eigenschaften  zukommen  müssen,  das  be- 
weist, wie  schon  bemerkt,  der  oftmals  bei  kolossalen  Eiterungen 
ganz  fieberlose  Verlauf. 

Es  bliebe  hier  noch  zu  erwähnen,  daß  als  ein  immerhin  den 
menschlichen  Körper  nur  selten  angreifender,  Eiterung  erregender 
Pilz,  der  den  Rotz  erzeugende,  angesehen  werden  muß. 

Kürzer  kann  ich  mich  mit  der  Besprechung  der  bereits  von 
Jordan  als  Eitererreger  gewürdigten  Pilze  des  Pneumococcus, 
des  Bacterium  coli  commune,  des  Bacillus  pyocyaneus 
und  des  Typhusbacillus,  um  nur  die  gewöhnlichsten  herauszu- 
greifen, fassen.  Er  hat  die  Litteratur  der  Fälle  so  genau  zusammen- 
gestellt, daß  es  nur  nötig  ist,  auf  seine  Zusammenstellung  zu  ver- 
weisen. 

Für  das  Bacterium  coli  liegen  bereits  sehr  zahlreiche  Beob- 
achtungen vor,  welche  seine  pyogenen  Fähigkeiten  bestätigen;  den 
Typhusbacillus  fand  neuestens,  um  Jordan’ s Statistik  zu  ver- 


Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus.  8l3 

vollständigen,  Guarnieri1)  in  dem  Eiter  eines  Gallenblasen- 
empyems infolge  SteinbilduDg  und  Weintraud2)  in  einem  im  An- 
schlüsse an  Typhus  aufgetretenen  Empyem.  Letzterer  Autor  spricht  seine 
Meinung  dahin  aus,  daß  der  Typhusbacillus  unter  die  eitererregenden 
Pilze  zu  rechnen  sei. 

Zampetti  glaubt  dem  Typhusbacillus  gleichfalls  pyogene 
Eigenschalten  zuschreiben  zu  müssen,  die,  wie  schon  bemerkt,  sich 
besonders  auch  bei  den  mehrfach  als  Osteomyelitis  beschriebenen, 
durch  ihn  erzeugten  Periostitiden  kundgiebt.  Besonders  sorgfältige 
Angaben  haben  über  die  durch  diesen  Pilz  verursachte  Eiterung 
Vidal  und  C h a n tem es s e gemacht3).  Nach  ihnen  existieren  etwa 
40  Beobachtungen  über  spezifisch  typhöse  Eiterungen.  Dieselben 
erscheinen  mit  Vorliebe  am  Ende  der  typhösen  Erkrankung  und  bevor- 
zugen das  Knochengewebe,  dann  die  serösen  Häute.  Von  besonderem 
Interesse  ist  es,  daß  sie  in  14  Beobachtungen,  welche  spezifisch 
typhöse  Erkrankungen  des  Knochensystems  betrafen,  n i e eine  wahre 
Osteomyelitis  sahen , wie  sie  einzelne  Autoren  und  neuerdings  auch 
Klemm  beschreiben;  alle  von  ihnen  beobachteten  Prozesse  betrafen 
die  Corticalis;  es  handelte  sich  um  Periostitiden,  ein  Punkt, 
auf  den  ich  mehrfach 4)  aufmerksam  gemacht  habe. 

Für  den  Diplococcus  pneumoniae  (Fraenkel)  liegen 
schon  so  zahlreiche  Beobachtungen  vor,  daß  es  kaum  nötig  ist,  aus 
der  letzten  Zeit  solche  von  Zenker5),  Tuffier6),  Bacchiocchi7), 
und  Anderen  anzuführen. 

Schließlich  sind  endlich  einige  nicht  näher  definierte 
Pilze  in  eitrigen  Ergüssen  beschrieben  worden,  welche  mangels  einer 
Bestimmbarkeit  hier  nicht  berücksichtigt  werden  können.  Bald  sind 
es  Kokken,  bald  Stäbchen,  welche  einzeln  oder  in  ihren  charakte- 
ristischen Lagen  zu  einander  als  Diplo-  und  Streptoformen  diese 
Prozesse  erzeugen  und  die  sich  von  den  bekannten  Formen  der  Mikro- 
organismen mehr  oder  weniger  wesentlich  unterscheiden. 

Außer  diesen  bei  Menschen  beobachteten  Eitererregern  könnte 
ich  schließlich  noch  mehrere  aus  der  Tierpathologie  anführen.  Um 
nicht  zu  weit  abzuschweifen,  sei  es  mir  nur  gestattet,  zu  erwähnen, 
daß  solche  Pilze  unter  Umständen  auch  beim  Menschen  beobachtet 
sind.  Hierher  gehört  z.  B.  die  Mitteilung  von  Hauser8),  der 
Proteus  vulgaris  aus  jauchigen  phlegmonösen  Eiterungen 
züchtete.  Diese  am  Lebenden  gewonnenen  Resultate  stehen  immerhin 
vereinzelt  da,  während  wir  gerade  diesen  Pilz  als  einen  schon  sehr 


1)  Rivista  generale  italiana  di  clinica  med.  1892. 

2)  Weintraud,  Ein  Fall  von  Typhusempyem.  (Berliner  klinische  Wochen- 
schrift 1893.  No.  15.) 

3)  SocietS  medicale  des  bopitaux.  Sitzung  24.  XI.  1893. 

4)  cf.  I.  c.  und  Centralblatt  für  Bakteriologie.  1894. 

5)  Zenker,  K. , Beitrag  zur  Lehre  von  der  Abscedierung  der  fibrinösen  Pleuro- 
pneumonie. (Deutsches  Archiv  für  klinische  Medizin.  Bd.  L.  p.  531.) 

6)  Tuffier,  Perinephrite  ä pneumococques.  (Le  Bulletin  med.  1892.  No.  39.) 

7)  Bacchiocchi,  Di  un  caso  di  setticemia  acuta  dovuta  al  pneumococco  di 
Fraenkel.  (Sperimentale.  1893.  No.  16  u.  17.) 

8)  Hauser,  G. , Ueber  das  Vorkommen  von  Proteus  vulgaris  bei  einer  jauchigen 
phlegmonösen  Eiterung.  (Münchener  med.  Wochenschrift.  1892.  No.  7.) 


814 


Kurt  Müller,  Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  etc. 


rasch  post  mortem  in  menschlichen  Leichen  auftretenden  seit  lange 
kennen. 

Eine  ähnliche  vereinzelte  Beobachtung  stellt  die  von  Jako  wski x) 
dar,  der  aus  zwei  Fällen  menschlicher  Eiterung  den  Tetragenus,  einen 
für  gewisse  Tierspecies  außerordentlich  pathogenen  Pilz,  gezüchtet 
haben  will,  eine  Beobachtung,  die  er  als  eine  nicht  ein  wandsfreie 
ansieht,  da  Kulturen  nicht  angelegt  wurden. 

Durch  die  vorliegenden  Zeilen  ist  das  bewiesen  worden,  daß  es 
spezifische  Erreger  der  Eiterung  nicht  giebt.  Eine 
große  Zahl  bekannter  und  eine  ganze  Reihe  nicht  näher  definierbarer 
Pilze  können  sie  hervorrufen;  diese  Pilze  haben  teils  die  Fähigkeit, 
für  gewöhnlich  Eiterung,  nur  selten  geringere  Grade  der  Entzündung 
zu  erzeugen,  teils  wohnt  ihnen  zwar  eine  gewisse  phlogogene  Eigen- 
schaft inne,  die  sich  aber  nur  unter  bestimmten  Umständen  bis  zur 
Eiterungsfähigkeit  steigert. 

Die  Eiterung  stellt  nur  eine  bestimmte  Stufe  in  den 
Entzündungsprozessen  dar ; eine  unter  verhältnismäßig  gering- 
fügigen Symptomen  verlaufende  Eiterung  ist  die  durch  Bakterien 
hervorgerufene  progrediente  Nekrose,  wie  wir  sie  durch  den 
Typhusbacillus,  den  T ub  er  k el  b acil  1 u s und  den  Strahlen - 
pilz  bewirkt  finden. 

Wie  die  Bakterien  diese  Prozesse  durch  Erzeugung  chemi- 
scher Produkte  hervorrufen,  so  können  auch  nichtbakterielle 
chemische  Körper  Eiterung  erzeugen.  Während  jedoch  die 
klinisch  zu  beobachtenden  Eiterungsprozesse  einen  mehr  oder 
weniger  energischen  Charakter,  sich  in  dieUmgebung 
zu  verbreiten  und  diese  einzuschmelzen  zeigen,  geht 
diese  Fähigkeit  den  durch  chemische  oder  durch  bakteritische,  von 
den  Pilzen  isolierte  Produkte  erzeugten  Eiterungsprozessen  ab.  Während 
wir  für  die  progredienten  Nekrosen  in  dem  klinischen  Bilde  und  Ver- 
laufe die  Berechtigung  finden,  sie  den  Eiterungen  zuzuzählen,  ver- 
missen wir  in  den  letztangeführten  Arten  von  Eiterung  eine  solche 
Zahl  von  Punkten,  die  für  Eiterung  charakteristisch  sind,  daß  wir 
sie  eher  zu  den  Nekrosen  zählen  sollten. 

Ich  glaube,  daß  gerade  das  Progrediente  der  Eiterung 
dazu  dienen  kann,  eine  scharfe  Grenze  gegen  die  Nekrose  zu  finden. 
Was  diesen  Charakter  nicht  zeigt,  ist  auszuschließen: 
wenn  wir  in  diesem  Gesichtspunkte  den  Stand  der  Eiterungsfrage  ent- 
scheiden wollen,  so  lautet  diese  Entscheidung: 

Eiterung  ist  lediglich  Werk  von  Bakterien;  alle 
anderen  als  Eiterung  angesprochenen  Prozesse,  welche  außer  von 
Pilzen  durch  chemische  Stoffe  oder  Stoffwechselprodukte  von  Bakterien 
erzeugt  worden,  müssen  ausgeschlossen  werden;  ihnen  fehlt  eins  der 
Hauptsymptome,  die  Ausbreitung  in  dieUmgebung  und  damit 
der  für  das  organische  Leben  schwer  bedrohliche  Charakter. 

Halle  a.  S.,  14.  April  1894. 

1)  cf.  Ullmann,  Beiträge  zur  Lehre  der  Osteomyelitis  acuta.  Wien  (Holder) 
1891.  p.  30. 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  815 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen 
Kongresse  in  Rom. 

Referent:  Dr.  Gr.  Sanarelli,  Privatdozent  in  Rom. 

(Fortsetzung.) 

Leoni,  0.  (Rom),  Ueber  die  Faktoren  der  spezifischen 
und  pathogenen  Aktivität  der  Pockenlymphe. 

Verf.  sagt,  daß  bezüglich  der  aus  den  Wirkungen  der  Injektionen 
beobachteten  Aktivität  der  Pockeniymphe  hervorzuheben  ist: 

1)  Das  spezifische  Vermögen , nach  einer  bestimmten  Zeit  von 
der  Impfung  an  charakteristische  und  typische  Pusteln  zu  bilden, 
welche  die  Immunität  gegen  Pocken  bewirken.  Diese  charakteristischen 
Pusteln  sind  das  Produkt  der  spezifischen  Virulenz  der 
Schutzlymphe. 

2)  Das  eventuelle  Auftreten  verschiedener  pathologischer  Er- 
scheinungen, wie  z.  B.  von  Pseudovaccinationsausschlägen,  vorzeitigen 
Eiterungen  entsprechend  den  Impfungspunkten  in  der  Präpustular- 
periode,  phlegmonöse  Entzündungen,  Erysipel,  Lymphangioiden,  bis- 
weilen von  wirklichen  Formen  von  Septikämie.  Diese  Phänomene 
sind  das  Produkt  der  pathogenen  Virulenz  von  Mikroorganis- 
men, von  welchen  der  Impfstoff  zufällig  infiziert  ist.  In  Bezug  auf 
die  spezifische  Virulenz  des  Impfstoffes  sind  unsere  Kenntnisse  nach 
dem  Verf.  noch  sehr  unvollkommen,  obwohl  die  Studien  Guar- 
nieri’s  in  letzter  Zeit  darüber  einiges  Licht  verbreitet  haben. 

Dasselbe  ist  jedoch  nicht  der  Fall  in  betreff  der  Faktoren  der 
pathogenen  Wirkung  des  Impfstoffes.  Vermittelst  bakteriologischer 
Beobachtungen  experimenteller  Einimpfungen  hat  Verf.  schon  seit 
1889  erwiesen,  daß  dieselbe  ausschließlich  der  Gegenwart  fremder 
pathogener  Keime  zuzuschreiben  ist.  Die  Anzahl  dieser  Keime  stehe 
immer  in  umgekehrtem  Verhältnisse  zu  dem  Alter  der  der  Unter- 
suchung unterzogenen  Lymphe.  Dieselben  befinden  sich  immer  in 
großer  Anzahl  im  frischen  Impfstoffe.  In  der  mit  Glycerin  bereiteten 
und  eine  Zeit  lang  aufbewahrten  Pockenlymphe  verschwinden  sie 
fast  ganz,  wie  aus  den  Kulturen  und  Eiuimpfungen  in  Tiere  her- 
vorgeht. Diese  Ergebnisse  wurden  in  der  Folge  auch  von  Saint- 
Yoy,  Menard,  Du  Chambon  und  Strauß  bestätigt. 

Hiernach  glaubt  Verf.  folgende  Schlußfolgerungen  ziehen  zu 
können : 

1)  Der  frisch  entnommene  tierische  Impfstoff  ist  eine  infizierte 
Lymphe. 

2)  Die  Urheber  der  Infektion  (die  Keime)  verlieren  ihre  Kraft 
in  dem  eine  Zeit  lang  in  Glycerin  aufbewahrten  Impfstoffe. 

3)  Die  1 — 4 Monate  nach  der  Abnahme  und  in  Glycerin  auf- 
bewahrte Pockenlymphe  stellt  das  Ideal  des  reinen  Impfschutzes  dar. 


giß  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


4)  Man  kann  deshalb  die  direkte  Uebertragung  der  Lymphe  vom 
Tiere  auf  den  Menschen  nicht  anraten. 

5)  Man  muß  schließlich  in  der  Impfpraxis  den  Gebrauch  der 
vorher  von  den  Rindern  abgelösten  Pusteln  mißbilligen. 

Pinna,  G.  (Cagliari),  Ueber  die  Wirkung  des  Meerwassers 
auf  die  Virulenz  der  Milzbrandbacillen. 

Schon  De  Giaxa  hatte  bei  seinen  Untersuchungen  über  das 
Verhalten  der  verschiedenen  pathogenen  Mikroben  in  Meerwasser 
gefunden,  daß  der  Milzbrandbacillus  in  Meerwasser  zwar  über 
36  Stunden  leben  kann,  aber  daß  er  schon  nach  4 — 10  Tagen  seine 
Virulenz  vollständig  verloren  hat.  Verf.  hat  mehr  im  einzelnen 
die  Entdeckung  De  Giaxa’s  bestätigen  wollen  und  gelangte  zu  fol- 
genden Schlüssen: 

1)  Die  Milzbrandbacillen,  mit  Meerwasser  gemischt,  erfahren  in 
den  ersten  Stunden  keine  Aenderung. 

2)  Das  Meerwasser  fängt  erst  nach  2—3  Stunden  an,  eine  leichte 
Abschwächungswirkung  auszuüben. 

3)  Die  Abschwächungswirkung  nimmt  schwankend  bis  zum  10. 
und  selbst  bis  zum  28.  Tage  zu. 

4)  Nach  28 — 33  Tagen  ist  die  Virulenz  der  Milzbrandbacillen 
in  Meerwasser  vollständig  aufgehoben,  während  die  Bacillen  weiter 
leben  und  sich  noch  ziemlich  entwickeln  können,  wenn  sie  in  einen 
geeigneten  Nährboden  gebracht  werden. 

Foä,  P.  (Turin),  Ueber  die  Aetiologie  des  Krebses. 

Verf.  meint,  daß  die  Hypothese  über  die  parasitäre  Natur  des 
Krebses  nicht  a priori  bekämpft  werden  kann,  obschon  bis  jetzt  die 
Versuche,  die  Existenz  eines  spezifischen  Krebsparasiten  unter  den 
Schizomyceten  nachzuweisen , keine  positiven  Resultate  ergeben 
haben.  In  kaum  fünf  Jahren  hat  sich  eine  zahlreiche  Litteratur 
über  den  Gegenstand  gebildet,  und  Verf.  untersucht  jene  Arbeiten, 
welche  die  Existenz  eines  Krebsparasiten  von  der  Art  der  Protozoen 
zu  beweisen  oder  zu  bekämpfen  suchen.  Verf.  beschreibt  nachher 
im  einzelnen  jene  in  den  Krebszellen  eingeschlossenen  Körper,  welche 
nach  seiner  Ansicht  als  Parasiten  zu  betrachten  sind.  Er  hebt  her- 
vor, daß  er  zuerst  dieselben  schon  im  Jahre  1891  beschrieben  hat 
und  daß  sie  nichts  Gemeinschaftliches  haben  mit  den  von  früheren 
Forschern  als  Krebsparasiten  angegebenen  Organismen,  während  sie 
identisch  sind  mit  denen,  welche  später  Ruffer  und  zum  Teil 
Soudakewitch  beschrieben  haben. 

Sie  sind  Elemente,  welche  aus  einem  von  einer  dünnen  Schicht 
Protoplasma  umgebenen  und  von  einer  doppelrandigen  Kapsel  be- 
grenzten Kern  bestehen.  Diese  Kapsel  ist  manchmal  fein  und  regel- 
mäßig gestreift  und  das  Protoplasma  so  gefaltet,  daß  das  ganze 
Körperchen  das  Aussehen  einer  Kokarde  annimmt  oder  so  in  Seg- 
mente geteilt,  daß  das  Körperchen  rosettenförmig  aussieht.  Die 
Segmente  aber  können  sich  nicht  von  einander  trennen  und  haben 
nicht  etwa  die  Bedeutung  von  Sporen.  Der  Kern  vergrößert  sich, 
während  das  Protoplasma  allmählich  verschwindet,  dann  teilt  sich 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  817 


der  erstere  in  ebenso  viele  kleine  Kugeln,  welche  die  Sporen  dar- 
stellen würden. 

Die  von  diesen  Körperchen  bewohnte  Zelle  unterliegt  einer  lang- 
samen Aenderung,  welche  sie  bis  zur  Nekrose  führt.  Wo  Parasiten 
Vorkommen,  hat  man  gewöhnlich  keine  Zellenwucherung,  diese  ent- 
wickelt sich  um  die  Geschwulstzone,  welche  die  Parasiten  enthält. 
Diese  Spore  würde  in  die  jungen  Epithelzellen  eintreten  und  würde 
ihre  ganze  Entwickelung  vervollständigen,  d.  h.  bis  sie  ein  neues 
Sporen  enthaltendes  cystisches  Körperchen  wird.  Die  Parasiten 
kommen  im  Stammherde  und  auch  in  den  neuesten  metastatischen 
Knoten  vor.  In  zweifelhaften  Fällen  erleichtert  die  Anwesenheit  des 
Parasiten  die  Krebsdiagnose.  Die  Einwendungen , welche  man  den 
früheren  Forschern  gemacht  hat,  können  für  die  vom  Verf.  und  von 
Anderen  beschriebenen  Körperchen  keine  Geltung  haben,  wonach  die 
Hypothese  ihrer  parasitischen  Natur  am  wahrscheinlichsten  ist.  Ob- 
schon man  bis  jetzt  noch  keine  Kulturen  haben  hann  und  obschon 
die  Krebseinimpfungen  sich  nur  bei  den  Menschen,  resp.  bei  den 
Tieren  gleicher  Species , wie  das  mit  dem  Krebs  behafteten , ent- 
wickeln, so  muß  man  doch  berücksichtigen,  daß  die  Tierparasiten 
für  einen  bestimmten  Organismus  und  für  ein  bestimmtes  Element 
dieses  Organismus  spezifisch  sind,  und  daß  niemand  z.  B.  an  der 
parasitischen  Natur  der  Malariaplasmodien  zweifelt,  obschon  man  sie 
noch  nicht  hat  kultivieren  können  und  man  sie  nur  durch  Einimpfung 
in  den  Menschen  weiterbilden  kann. 

Denys,  J.  (Louvain),  Widerstandsfähigkeit  des  Organis- 
mus gegen  die  Mikroben. 

Zwei  Theorieen  machen  sich  unter  den  Ansichten  der  Gelehrten 
über  die  Widerstandsfähigkeit  des  Organismus  gegen  die  Mikroben 
den  Rang  streitig:  die  Lehre  von  der  bakterientötenden  Kraft  der 
Säfte  und  diejenige  der  phagocytären  Kraft  der  Zellen,  namentlich 
der  Leukocyten. 

Man  muß  den  Einfluß  beider  Kräfte  annehmen. 

1)  Die  bakterientötende  Kraft  der  Säfte  kann  nicht  durch  eine 
Aenderung  des  Mediums  erklärt  werden  ; denn  sie  äußert  sich,  wenn 
man  die  Säfte  (Blut  oder  Serum)  mit  Organismen,  welche  sich  in 
denselben  Säften  entwickelt  haben,  besäet. 

2)  Die  phagocytäre  Kraft  kann  ebensowenig  geleugnet  werden, 
denn  wenn  man  Hundeblut  durch  Löschpapier  filtriert,  so  daß  man 
die  polymorphen  Leukocyten  davon  trennt,  so  verliert  dieses  Blut 
den  größten  Teil  seiner  mikrobentötenden  Wirkung. 

Die  beim  Hunde  durch  Injektion  von  positiven  chemiotaxischen 
Substanzen  hervorgerufenen  Ausschwitzungen  verlieren  ihre  bakterien- 
tötende Kraft  fast  gänzlich,  wenn  man  die  Leukocyten  durch  Filtrieren 
oder  Centrifugieren  entfernt.  Das  Blut  und  die  Ausschwitzungen 
eines  Hundes,  welche  ihre  Kraft  fast  ganz  verloren  haben,  gewinnen 
dieselbe  wieder  oder  werden  selbst  mächtiger,  wenn  man  ihnen  die 
Leukocyten  zurückgiebt. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  erlaubt,  die  Erscheinungen  von 
Absorption  und  Entartung  zu  verfolgen.  Das  Hundeblut  ist  nament- 


313  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


lieh  durch  die  Leukocyten,  dasjenige  des  Kaninchens  namentlich 
durch  ein  besonderes  Verhalten  des  Serums  bakterientötend. 

Denys,  J.  (Louvain),  Diagnose  der  asiatischen  Cholera 
vermittelst  des  Mikroskops. 

Bis  jetzt  ergiebt  die  mikroskopische  Untersuchung  der  Er- 
brechungen und  Stuhlgänge  der  an  der  asiatischen  Cholera  leidenden 
Kranken  nur  in  einem  Teile  der  Fälle  ein  Resultat.  Koch  selbst 
gesteht  zu,  daß  die  Vibrionen  zahlreich  sein  müssen,  um  die  Diagnose 
möglich  zu  machen.  Nun  wissen  alle  diejenigen,  welche  die  Gelegen- 
heit gehabt  haben,  Untersuchungen  über  die  Dejektionen  von 
Cholerakranken  anzustellen,  daß  dies  bei  weitem  nicht  immer  der 
Fall  ist. 

Im  vergangenen  Januar  hat  Verf.  Gelegenheit  gehabt,  eine 
kleine,  in  St.  Cloud  ausgebrochene  Choleraepidemie  aus  der  Nähe 
zu  beobachten.  Er  hat  etwa  fünfzehn  Fälle  von  verschiedener  Hef- 
tigkeit studieren  und  wiederholte  Präparate  von  denselben  machen 
können.  Verf.  hat  dabei  sich  überzeugen  könneu , daß  man  die 
Diagnose  der  asiatischen  Cholera  in  fast  allen  Fällen  vermittelst 
des  Mikroskops  machen  kann,  indem  man  jedoch  nicht  die  Form 
der  Bakterien , sondern  ihre  Bewegungen  zur  Grundlage  der  Be- 
obachtungen macht.  Die  Beweglichkeit  des  asiatischen  Bacillus  in 
den  Kulturen  ist  schou  beträchtlich,  diejenige  aber,  welche  er  in  dem 
Erbrochenen  und  Stuhlgängen  besitzt,  ist  noch  größer,  so  daß  es 
fast  immer  unmöglich  ist,  die  Form  des  Organismus  zu  erkennen. 
Diese  Beweglichkeit  ist  der  Art,  daß  es  sozusagen  unmöglich  ist, 
den  Bacillus  an  einem  Punkte  festzuhalten ; kaum  tritt  er  zum  Vor- 
scheine, so  ist  er  schon  wieder  in  einer  niederen  oder  höheren  Lage 
verschwunden.  Er  besitzt  außerdem  eine  stark  accentuierte  Drehungs- 
beweglichkeit, infolgedessen,  wenn  die  Bacillen  zahlreich  sind,  ihr 
Gesamtbild  mit  einem  Insektenschwarm  verglichen  werden  kann, 
welcher  an  einem  ruhigen  Sommerabend  in  der  Luft  umherschwirrt. 

Wenn  die  Krankheit  sich  in  ihrem  akuten  Stadium  befand, 
haben  wir  die  Bacillen  jedesmal  sofort  erkennen  können.  Im  Stadium 
der  Genesung,  d.  h.  wenn  das  Erbrechen  aufgehört  und  die  Stuhl- 
gänge eine  gewisse  Konsistenz  erlangt  haben,  ist  dem  Verf.  der 
Bacillus  unter  einer  großen  Anzahl  von  Versuchen  nur  zweimal 
entgangen,  als  die  Kulturen  in  gesalzener  Peptonbouillon  positiv 
waren.  In  diesen  beiden  Fällen  war  der  Bacillus  an  den  vorher- 
gehenden Tagen  in  den  schon  konsistenten  Stuhlgängen  bemerkt 
worden  und  die  Aussaaten  ergaben  am  folgenden  Tage  mehr  Bacillen. 
So  befand  man  sich  ganz  am  Ende  der  Krankheit.  In  allen  anderen 
Untersuchungen  von  Konvalescenten  hat  Verf.  den  Bacillus  gefun- 
den. Freilich  wird  er  häufig  sehr  selten,  so  daß  man  das  ganze 
Präparat  sorgfältig  prüfen  muß,  um  einige  zu  entdecken,  aber  dank 
ihrer  außerordentlichen  Beweglichkeit  kann  man  sie  identifizieren. 
Verf.  hat  zahlreiche  Stuhlgänge  von  gesunden  oder  mit  verschiedenen 
Krankheiten  behafteten  Individuen  untersucht,  ohne  Organismen, 
welche  sich  mit  denen  der  asiatischen  Cholera  verwechseln  ließen, 
zu  begegnen.  Kurz,  statt  zu  einem  festen  und  gefärbten  Präparate 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  819 


für  die  Diagnose  der  asiatischen  Cholera  seine  Zuflucht  zu  nehmen, 
ist  es  nützlicher,  die  Abgänge  als  solche,  oder  nachdem  man  sie 
mit  einem  Tropfen  Bouillon  verrührt  hat,  zu  untersuchen.  In  allen 
Fällen  kann  man  die  Diagnose  im  akuten  Stadium  und  fast  immer 
während  der  Konvalescenz  unmittelbar  stellen.  Natürlich  steht  nichts 
entgegen,  zugleich  die  Aussaaten  zu  Hilfe  zu  nehmen. 

Dieses  Verfahren  kann  den  Anschein  haben,  als  ob  es  sich  auf 
eine  wenig  klare  Unterscheidung,  etwas  mehr  oder  weniger  Bewegung, 
gründet,  aber  Verf.  ist  der  Ueberzeugung,  daß  der  Skeptizismus  bei 
den  ersten  Versuchen  fallen  wird.  Verf.  rät  den  Bakteriologen  um 
so  entschiedener  die  Befolgung  dieser  Methode,  als  sie  eine  der 
einfachsten  ist. 

Ingliilleri  e Eolando  (Rom),  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
Choleraspirillen. 

Verff.  bemerken,  daß,  obschon  man  heute  im  allgemeinen  der 
Meinung  ist,  daß  die  experimentelle  Cholera  der  Tiere  von  jener  des 
Menschen  wesentlich  verschieden  ist,  man  doch  über  das  Wesen 
des  Mechanismus  jener  Krankheit  nicht  einig  ist.  Während  nämlich 
einige  von  einer  wahren  Infektion  reden,  betrachten  sie  andere  als 
eine  wirkliche  Vergiftung. 

Verff.  haben,  um  einen  Beitrag  zur  Beantwortung  der  Frage  zu 
geben,  1)  die  Virulenz  der  Choleraspirillen  in  den  Meerschweinchen 
und  Tauben,  2)  die  Verteilung  derselben  in  dem  Organismus  der  mit 
ihnen  inokulierten  Tiere,  3)  die  Wirkung  der  aktiven  Stoffe  dieser 
Spirillen  studiert.  Für  ihre  Untersuchungen  haben  sich  Verff.  stets 
der  Choleraspirillen  Massaua-Ghinda  bedient,  deren  Virulenz  zuerst 
durch  wiederholte  Einimpfungen  in  Meerschweinchen  und  Tauben 
erhöht  war.  Die  Schlußfolgerungen,  zu  welchen  sie  gelangen,  sind 
die  folgenden: 

1)  Die  Choleraspirillen  sind  giftige  Mikroorganismen.  Ihre 
Wirkung  wie  jene  der  Gifte  steht  in  direktem  Verhältnisse  zu  der 
inokulierten  Dosis  und  hängt  von  dem  Inokulationsorte  wie  von  der 
Species  des  Tieres  ab. 

2)  Wenn  sie  unter  der  Haut,  in  die  Muskelü,  in  das  Peritoneum 
eiDgeimpft  werden,  so  werden  sie  nur  in  der  Nähe  des  Inokulations- 
ortes gefunden.  Sie  können  vermöge  deren  Bewegungen  in  das 
Blut  oder  in  die  Organe  eindringen,  aber  nie  vor  dem  Tode. 

3)  In  den  Blutkreislauf  eingeführt,  verschwinden  sie  schon  nach 
ca.  zwei  Stunden,  je  rascher  sie  verschwinden,  desto  rascher  stellen 
sich  die  KraDkheitspbänomene  ein  und  erfolgt  der  Tod. 

4)  Mag  die  Inokulationsart  sein,  welche  sie  will,  so  findet  doch 
ein  Uebergang  von  der  Mutter  zum  Fötus  nie  statt. 

5)  Die  Spirillen  Massaua-Ghinda  entwickeln  sich  in  Blutserum 
und  in  dcfibriniertem  Blute,  in  letzterem  Medium  aber  mit  merklicher 
Verminderung  der  toxischen  Wirkung. 

6)  Das  Gift  besteht  aus  dem  Protoplasma  der  lebenden  oder 
toten  Mikroorganismen  selbst.  Die  Produkte  des  Stoffwechsels  sind 
an  sich  wenig  aktiv,  sie  begünstigen  nur  die  Wirkung  des  lebendigen 


820  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Cholerabacillus  und  der  Proteine,  indem  sie  vielleicht  die 
Resistenzmittel  des  Organismus  vermindern. 

7)  Die  lebendig  eingeimpften  Cholerabacillen  können  im  Orga- 
nismus auf  zweierlei  Arten  wirken: 

a)  Wenn  sie  in  die  Venen  eingeimpft  werden , sind  sie  nur  in 
starker  Dosis  tödlich;  wenn  das  Tier  überlebt,  verschwinden 
die  Spirillen  rasch  aus  dem  Blute  und  können  nicht  mehr  vor- 
gefunden werden. 

b)  Wenn  sie  dagegen  unter  die  Haut  oder  in  das  Peritoneum  ein- 
geirapft  werden,  so  verschwinden  sie  am  Inokulationspunkte  nur 
sehr  spät  und  deshalb  unterliegt  das  Tier  für  lange  Zeit  der 
Wirkung  des  abgesonderten  Giftes. 

8)  Wenn  die  Mikroben  schon  tot  eingeimpft  werden,  so  wirken 
sie  in  direktem  Verhältnisse  der  eingeimpften  Dosis  einfach  wie 
ein  Gift.  Die  tödliche  Dosis  ist  ca.  0,004  g pro  Kilo  Meer- 
schweinchen. 

Ingliilleri  (Rom),  Ueber  das  Verhalten  des  Milzbrand- 
bacillus in  u n steri  1 is  i erter  Milch. 

Verf.  hat  das  Verhalten  sowohl  der  Entwickelungs-  wie  der 
dauernden  Formen  des  Milzbrandbacillus  in  nichtsterilisierter 
Milch  ebensowohl  bei  Zimmertemperatur  als  bei  37  0 studiert.  Im 
ersten  Teile  seiner  Untersuchung  hat  er  sich  stets  des  Milzbrand- 
blutes bedient.  Auf  diese  Weise  konnte  er  mit  einer  wahren  Ent- 
wickelungsform, deren  Virulenz  er  kannte,  arbeiten.  In  dem  zweiten 
Teile  operierte  er  mit  Sporen  gleicher  Abstammung,  deren  patho- 
genes Vermögen  vorher  gemessen  wurde.  Er  gelangt  zu  folgenden 
Ergebnissen : 

1)  Der  Milzbrandbacillus  ist  wenig  widerstandsfähig  in 
einem  Medium,  wo  er  in  den  Kampf  ums  Leben  mit  anderen  Mikro- 
organismen, welche  die  Kohlehydrate  in  Säuren  umwaudeln  können, 
eintreten  muß.  Die  Abschwächung  seines  Entwickeluugsvermögens 
und  seiner  Virulenz  und  der  darauf  folgende  Tod,  wenn  er  in  un- 
sterilisierter  Milch  gezüchtet  wird,  hängen  eben  vom  Kampfe  ums 
Leben  mit  den  anderen  Mikroorganismen  ab. 

2)  Die  Sporen  können  in  starken  Aciditätsgraden  gut  leben,  aber 
sie  können  sieb  nicht  entwickeln. 

3)  Die  Thatsache,  daß  man  auf  Platten  auch  zwei  Tage  nach 
der  Iujizieruug  seltene  Milzbrandkolonieen  beobachten  kann  und  daß 
die  Meerschweinchen  nach  4 — 5 Tagen  sterben  können,  wenn  sie  mit 
starker  Dosis  geimpft  werden,  ist  dadurch  bedingt,  daß  sich  nicht 
alle  Sporen  in  Folge  der  zunehmenden  Acidität  entwickelt  haben,  und 
folglich  können  sie,  wenn  sie  rechtzeitig  von  dem  sauren  Medium 
entfernt  und  in  günstige  Umstände  versetzt  werden,  noch  ihre 
Virulenz  zeigen. 

Ingliilleri  (Rom),  Ueber  eine  neue  rasche  Doppelfärbungs- 
methode bei  den  bakteriologischen  Untersuchungen 
des  Blutes  und  der  anderen  Gewebe. 

Verf.  glaubt,  daß  seine  Methode  im  Vergleich  mit  den  anderen 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  821 


dieser  Art  den  doppelten  Vorzug  der  Raschheit  der  Ausführung  und 
der  Schärfe  der  Präparate  besitzt.  Verf.  stützt  sich  auf  die  Eigen- 
schaft, welche  absoluter  Alkohol,  Aether,  Chloroform  als  Beiz-  und 
FixiermittePbesitzen  und  wendet  eben  die  letzte  Substanz  zu  diesem 
Zwecke  an.  Das  Präparat  darf  aber  nicht  länger  als  30  Minuten  in 
Chloroform  (wie  auch  in  Alkohol  und  Aether)  bleiben,  sonst  wird 
die  Sensibilität  der  histologischen  Elemente  gegenüber  den  verschie- 
denen Farbstoffen  zerstört,  so  daß  die  ersteren  sowohl  die  sauren 
wie  die  basischen  Farbstoffe  aufnehmen  können.  Verf.  verfährt  wie 
folgt:  Das  Deckglas-  oder  Durchschnittspräparat  wird  für  30  Minuten 
in  Chloroform  gestellt  und  nachher  in  eine  Mischung  von 
40  Teilen  1-proz.  Eosin  in  70°  Alkohol, 

60  Teilen  gesättigter  wässeriger  Methylenblaulösung 
gebracht  und  darin  2 — 3 Minuten  lang  warm  gehalten. 

Diese  Methode  hat  sich  in  Bezug  auf  Schärfe  und  Klarheit  der 
Präparate  sehr  gut  bewährt,  besonders  bei  dem  Studium  der  Phago- 
cytose  und  der  Malariaparasiten. 

Inghilleri  (Rom),  Ueber  das  verschiedene  Verhalten  des 
B.  coli  und  des  Typhusbacillus  in  amygdalinhaltiger 
Bouillon. 

Seit  1889,  als  G.  Roux  und  Rodet  die  Resultate  ihrer  Unter- 
suchungen über  die  Identität  der  beiden  Bakterien  veröffentlicht 
haben,  ist  eine  große  Reihe  von  Untersuchungen  veröffentlicht  worden, 
welche  für  und  gegen  die  Lyoner  Schule  sind.  Heute  erkennt  die 
Mehrzahl  der  Forscher  an,  daß  zwischen  den  beiden  Mikroorganismen 
wesentliche  Unterschiede  bestehen  und  obschon  sie  wahrscheinlich 
von  demselben  Typus  abstammen,  kann  man  doch  nicht  von  ihrer 
Identität  sprechen. 

Beide  Mikroben  verhalten  sich  nach  Verf.  auch  in  amygdalin- 
haltigen Nährböden  verschieden. 

Während  die  Reaktion  der  Bouillonkulturen  des  B.  coli  sauer 
wird  und  man  nach  36  Stunden  den  Bittermandelölgeruch  bemerkt, 
bleibt  bei  Typhus  die  Reaktion  alkalisch.  Dies  hat  seinen  Grund 
darin,  daß  der  B.  coli  communis  wie  Emulsin  wirkt,  indem  er 
das  komplexe  Molekül  des  Glykosids  in  die  einfacheren  des  Trauben- 
zuckers, der  Blausäure  und  des  Benzaldehyds  spaltet.  Die  saure 
Reaktion  rührt  davon  her,  daß  der  B.  coli  successive  auf  Glykose 
einwirkt  und  sein  Molekül  in  Kohlensäure  und  Milchsäure  etc.  spaltet. 
Verf.  hat  sich  der  Gr  über-  Bercholtz  ’ sehen  Reaktion  bedient, 
um  Glykose  nachzuweisen,  die  Blausäure  wurde  zuerst  aus  der 
Kultur  ausgetrieben,  in  Kalihydrat  aufgefangen  und  mittelst  der 
Berlinerblaureaktion  nachgewiesen. 

“In  den  Kulturen  vom  Typhusbacillus  kommt  nichts  der 
Art  vor. 

Auf  die  Frage,  ob  dieses  Verhalten  von  einem  von  B.  coli  ab- 
gesonderten Fermente  bedingt  ist,  glaubt  Verf.  geantwortet  zu  haben, 
indem  er  sagt,  daß  eine  sterilisierte  Kultur  keine  Wirkung  hat,  und  er 
schließt  daraus,  daß  dieses  Verhalten  mit  dem  Leben  des  Bacillus 

XV.  Bd.  52 


822  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


verbunden  ist.  Verf.  bebt  außerdem  die  toxikologische  Wichtigkeit 
dieser  Eigenschaft  des  B.  coli  hervor,  um  jene  Vergiftungsfälle  von 
Blausäure  nach  Einnahme  von  Amygdalin  zu  erklären,  bei  welchen 
die  Wirkung  des  Emulsins  ausgeschlossen  war.  Diese  Fälle  wurden 
damals  durch  eine  analoge  Wirkung  der  gastroenterischen  Säfte  und 
der  Zellen  der  Darmschleimhäute  erklärt,  heute  können  sie  einfach 
durch  diese  Eigenschaft  des  B.  coli  erklärt  werden. 

Colasanti.  Gr.  (Rom),  Die  bakterientötende  Wirkung  des 
Euforins. 

Verf.  hat  zwei  Versuchsreihen  ausgeführt.  In  der  ersten  hat  er 
die  Wirkung  des  Euforins  auf  die  auf  Fließpapier  getrockneten 
Mikroorganismen,  in  der  zweiten  auf  die  Bouillonkulturen  unter- 
sucht. Das  Euforin  wurde  einerseits  in  1-proz.  und  2,5-proz.  Lösung 
angewandt,  andererseits  wurde  zu  den  Kulturen  soviel  Euforin  hin- 
zugefügt, daß  dieselben  1 Proz.  davon  enthielten. 

Die  Resultate  sind  die  folgenden: 


Verbrauchte  Zeit  zur  Sterilisation 


Mikroorganismen 

Auf  Fließpapier  getrocknete 
Mikroorganismen 
1 0/0  Lösung  | 1 0/q  Lösung 

Bouillonkulturen 

mit 

1 0/q  Euforin 

Micrococcus  prodigiosus 

15 — 20  Stunden 



1 Stunde 

„ tetragenus 

5—7 

45 — 60  Minuten  45 — 60  Minuten 

V viscosus 

3-8 

1 Stunde 

30—40 

Staphylococcus  pyog.  aureus 

45 — 60  Minuten 

15 — 30  Minuten 

30—45  „ 

„ ,,  albus 

45—60  „ 

15—30  „ 

30—45  „ 

,,  „ cereus 

45—60  „ 

15—30  „ 

30—45 

Bacillus  anthracis 

inaktiv 

inaktiv 

(inaktiv 

„ typhi  abd. 

7 — 9 Tage 

30 — 45  Minuten 

— 

,,  Megaterium 

5 — 7 Stunden 

30—45  „ 

45 — 60  Minuten 

,,  subtilis 

5 — 6 Tage 

1—2  Tage 

45—60  „ 

,,  acidi  lact. 

1 — 2 Tage 

— 

30—45 

,,  cyanogenus 

— 

— 

30—45  „ 

„ pyocvaneus 

12 — 15  Stunden 

9 — 12  Stunden 

45—60 

,,  radiciformis 

10  — 15  „ 

— 

30—45 

Vibrio  cholerae  as. 

— 

— 

5—8  „ 

Finkleri 

— 

— 

15—30 

Deneke 

— 

— 

25—30 

Torula  rosea 

15 — 20  Minuten 

— 

5—15  „ 

Oidinm  albicans 

5—15 

— 

5—15  „ 

PiJie 

+ — 

+ — 

+ — 

(Fortsetzung  folgt.) 


Bakterien  im  Meere. 


823 


Referate. 


Rüssel,  H.  L.,  Bacterial  investigation  of  the  sea  and  its 
floor.  (Read  before  Section  F,  A.  A.  A.  S.,  Rochester  meeting, 
August  1892.  From  Botanical  Gazette.  Vol  XVII.) 

Verf.  hat  im  Frühjahre  und  Sommer  1891  auf  der  Zoologischen 
Station  in  Neapel  und  im  Jahre  1892  in  dem  Marine  Biological 
Laboratory  in  Wood’s  Holl  (Massachusetts)  zahlreiche  Versuche  über 
den  Bakteriengehalt  des  Meerwassers  und  des  Meergrundes  angestellt. 
Um  bei  der  Entnahme  von  Wasserproben  aus  verschiedenen  Tiefen 
die  Bakterien  der  Wasseroberfläche,  der  Küste  u.  s.  w.  vollständig 
fernzuhalten , wandte  er  folgenden  Apparat  an.  Eine  weite , oben 
offene  Glasflasche  wird  durch  einen  Pfropfen  fest  verschlossen ; durch 
ein  Loch  in  der  Mitte  desselben  wird  etwa  s/4  Zoll  tief  eine  dünne 
Glasröhre  hineingelassen,  die  über  dem  Korke  rechtwinklig  gebogen 
und  so  weit  zur  Kapillare  ausgezogen  ist,  daß  ein  Zuschmelzen  schnell 
möglich  ist.  Nach  Sterilisierung  des  Apparates  wird  durch  Erwärmen 
Luft  aus  demselben  ausgetrieben  und  die  Kapillare  zugeschmo'zen. 
Das  Herablasscn  ins  Wasser  geschieht  in  einem  Holzgestell,  an  dem 
ein  Bleistück  beweglich  angebracht  ist,  welches  an  der  gewünschten 
Entnahmestelle  die  Kapillare  zerbricht,  so  daß  Wasser  in  den  Apparat 
eindringen  kann,  was  gewöhnlich  zu  2/3  oder  3/4  geschieht.  Beim 
Herausziehen  aus  dem  Wasser  kann  kein  neues  Wasser  mehr  in  den 
Apparat  treten.  Der  vom  Verf.  benutzte  Apparat  zur  Entnahme  von 
Proben  des  Meeresgrundes  ist,  wie  Verf.  selbst  zugiebt,  zwar  theoretisch 
nicht  einwandsfrei,  doch  hat  sich  beim  Gebrauche  ein  Nachteil  nicht 
ergeben.  Dieser  Apparat  besteht  aus  einer  unten  offenen,  etwas  zu- 
gespitzten eisernen  Röhre,  die  nach  oben  in  einen  durch  ein  Ventil 
verschlossenen  „Aermel“  übergeht.  Die  Röhre,  welche  beim  Herablassen 
von  Wasser  durchspült  wird,  senkt  sich  auf  dem  Meeresgründe  durch 
seine  Schwere  in  den  Boden  ein  und  saugt  sich  vollständig  mit  Schlamm 
voll.  Bei  der  Herausnahme  kann  durch  den  Wasserdruck  und  durch 
die  kohäsive  Natur  des  Oceanschlarames  kein  Material  entweichen. 

Verf.  fand  nun  im  Gegensätze  zu  Challenger,  der  nur  in  den 
oberflächlichen  und  tiefen  Zonen  des  Meeres  Keime  angetroffen  hatte, 
auf  der  Neapler  Station  das  Meer  in  allen  Schichten  keimhaltig. 
Die  gewöhnliche  Keimzahl  betrug  10  bis  150  im  ccm.  Bei  weitem 
mehr  Keime  als  im  Wasser  fanden  sich  am  Meeresgründe.  In  einer 
Tiefe  von  150  Fuß  betrug  die  Keimzahl  des  Meeresgrundes  200000 
— 300000,  bei  700  Fuß  nur  noch  25000  im  ccm.  Von  700—3500  Fuß 
blieb  die  letzte  Zahl  konstant.  Auf  der  Station  in  dem  nördlicher 
gelegenen  Wood’s  Holl  wurden  nicht  solche  Tiefen  erreicht;  hier  war 
die  Keimzahl  stets  etwa  1/10  kleiner,  als  in  den  entsprechenden  Tiefen 
des  Mittelländischen  Meeres.  Bei  Neapel  wurden  3 Bakterienarten 
isoliert,  die  35  Proz.  der  vorhandenen  ausmachten  und  nur  auf  dem 
Meeresgründe  vorkamen,  während  bei  Wood’s  Holl  nur  eine  dem 
Grunde  eigentümliche  Art,  die  zu  30  bis  50  Proz.  vorkam,  gefunden 
wurde.  Lösen  er  (Berlin). 

55* 


824 


Pyelonephritis.  — Pellagra.  — Lepra. 


Saror,  Rudolf,  Zur  Aetiologie  der  akuten  Pyelonephritis. 
(Aus  dem  Institute  für  patholog.  Anatomie  in  Wien.  — Wien.  klin. 
Wochenschr.  1894.  No.  4 u.  5.) 

Verf.  hat  19  Fälle  von  Pyelonephritis  bakteriologisch  untersucht. 
In  13  Fällen  fand  sich  ein  die  Gelatine  nicht  verflüssigender  Bacillus, 
der  sich  als  zur  Coli  gruppe  gehörig  erwies.  Er  fand  sich  lOmal  in 
Reinkultur,  3mal  in  Gemeinschaft  mit  dem  Proteus  Hauser;  dieser 
fand  sich  außerdem  4mal  in  Reinkultur.  Einmal  war  nur  der 
Staphy lococcus  pyog.  aureus  vorhanden.  S.  giebt  eine  genaue 
Beschreibung  des  nicht  verflüssigenden  Bacillus,  konstatiert  überein- 
stimmend mit  anderen  Autoren  seinen  Polymorphismus,  die  Varietäten 
der  Plattenkulturen  etc.  Es  gelang  dem  Verf.,  Bact.  coli  4mal  in 
der  Urethra  gesunder  Männer  (es  wurden  20  Untersuchungen  aus- 
geführt) und  4mal  in  der  Urethra  gesunder  Frauen  (12  Unter- 
suchungen) zu  finden.  Gesondert  bespricht  S.  einen  Fall  von  Cysto- 
pyelitis  cruposa,  als  deren  Erreger  der  Streptococcus  pyogenes 
sich  erwies.  Verf.  gelangt  zu  dem  Schlüsse,  daß  die  mit  Cystitis 
kombinierte  Pyelonephritis  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  ausschließlich 
durch  das  Bacterium  coli  bedingt  sei;  in  einer  kleinen  Reihe 
von  Fällen  sei  der  Proteus  Hauser  das  pathogene  Mikrobion. 
Meist  ist,  nach  S.,  die  Blase  das  zuerst  erkrankte  Organ,  doch  ist 
für  eine  große  Anzahl  von  Fällen  die  primäre  Infektion  der  Niere 
auf  dem  Wege  der  Blutbahn  mit  absteigender  Erkrankung  der  Harn- 
wege möglich.  Julius  Schnitzler  (Wien). 

Baduel,  C.,  Nota  clinica  e batteriologica  sopra  un  caso 
di  Pielite  bilaterale  suppurativa.  (Lo  Sperimentale.  1893. 
No.  22—23.) 

Verf.  fand  in  dem  steril  aufgefangenen  Urine  bei  einem  Falle  von 
Pyelitis  suppurativa  einen  Bacillus,  welchen  er  wegen  seiner  morpho- 
logischen und  biologischen  Eigenschaften  als  eine  Varietät  (varietä 
urinaria)  des  Bact.  coli  erklärt.  Dieudonnö  (Berlin). 

Mircoli,  Sülle  alterazione  spinali  ed  etiologia  della 
Pellagra.  (Gazzetta  degli  ospitali.  1893). 

Italienische  Autoren  haben  eine  parasitäre  Ursache  der  Pellagra 
angenommen.  Mircoli  fand  in  drei  Fällen  in  den  pathalogischen 
Veränderungen  des  Rückenmarkes  nichts  von  Organismen,  einmal  das 
Bacterium  coli,  dem  er  nur  sekundäre  Bedeutung  beimißt. 

Abel  (Greifswald). 

v.  Düring,  Lepra  und  Syringomyelie.  (Dtsch.  med.  Wochen- 
schrift. 1894.  No.  6.) 

Reiche,  in  Konstantinopel  gesammelte  eigene  Beobachtungen  über 
die  Lepra  haben  den  Verf.  veranlaßt,  die  von  Zambako  Pascha 
angeregte  Frage,  ob  die  Syringomyelie,  bezw.  die  Morvan’sche  Krank- 
heit in  zahlreichen  Fällen  oder  überhaupt  mit  der  Lepra  mutilans 
zu  identifizieren  sei,  einer  Prüfung  zu  unterziehen.  Er  ist  dabei  zu 
einem  Ergebnisse  gelangt,  welches  im  wesentlichen  die  Auffassung 


Tierische  Parasiten.  825 

Zambako’s  bestätigt.  Aus  seinen  Erörterungen  hebt  er  selbst  am 
Schlüsse  nachstehende  Punkte  besonders  hervor. 

1)  Krankheitsfälle,  welche  von  mehreren  Autoritäten  in  Paris 
als  Paradigmen  der  Syringomyelie  und  Maladie  de  Morvan  gehalten 
worden  waren,  sind  durch  Zamba  ko  später  als  Lepra  erkannt 
worden.  In  Konstantinopel  hat  Verf.  selbst  Kranke  gesehen,  deren 
Symptome  der  Syringomyelie  und  Maladie  de  Morvan  glichen,  nichts- 
destoweniger aber  auf  lepröse  Infiltration  zurückgeführt  werden  mußten. 

2)  Die  früher  von  Neurologen  angegebene  Möglichkeit  einer 
Differentialdiagnose  der  Syringomyelie  durch  die  nicht  vorhanden  ge- 
wesene Gelegenheit  einer  Leprainfektion  besteht  thatsächlich  nicht, 
nachdem  der  Nachweis  geführt  ist,  daß  die  Lepra  in  verschiedenen 
europäischen  Ländern  (Frankreich,  Ostseeprovinzen,  Ostpreußen)  vor- 
kommt. 

3)  Der  Nachweis  der  Leprabacillen  gelingt  in  zweifellos  als  Lepra 
erkannten  Krankheitsfällen  zuweilen  nicht  und  kann  daher  für  die 
Differentialdiagnose  nur  im  positiven  Sinne  verwertet  werden. 

4)  Die  Annahme,  daß  die  nervösen  Störungen  bei  Lepra  lediglich 
auf  periphere  Erkrankungen  zu  beziehen  sind,  ist  nicht  begründet. 
Klinische  Beobachtungen  sprechen  vielmehr  häufig  für  Veränderungen 
des  Centralorgans. 

Eine  Differentialdiagnose  zwischen  Syringomyelie  und  Lepra  ist 
demnach  mit  Sicherheit  nicht  zu  stellen  und  man  wird  zu  der  An- 
nahme gedrängt,  daß  verschiedene  Ursachen  gleiche  Wirkungen 
hervorbringen  können,  d.  h.  daß  die  Lepra  im  Centralorgane  Ver- 
änderungen bewirkt,  welche  ein  Aequivalent  der  Gliosis  sind. 

Kübler  (Berlin). 

Friedeberg,  Ein  Fall  von  Rückenmarkskompression 
durch  Echinokokken  im  Wirbelkanal e.  (Centralblatt  f. 
klin.  Med.  1893.  No.  51.  p.  1057.) 

Die  Echinococcusblasen  haben  das  Kreuzbein  zerstört  und  reichen 
im  Wirbelkanale  bis  zum  2.  Brustwirbel,  das  Rückenmark  komprimierend, 
nicht  durchwachsend.  Etwa  20  Fälle  dieser  seltenen  Lokalisation 
sind  in  der  Litteratur  beschrieben.  Abel  (Greifswald). 

Houllier,  G.,  Contribution  ä l’6tude  de  la  filariose  et 
en  particulier  de  l’h6m ato- chy  1 u r i e endömique  des 
pays  cbauds,  une  de  ses  principales  manifestations. 
[These.]  4°.  129  p.  Montpellier  1893. 

Verf.  wurde  in  dieser  Arbeit  durch  die  siebenjährige  Beobachtung 
eines  typischen  Falles  geführt,  welcher  sich  zum  Teil  in  der  heißen 
Zone  abspielte,  zum  Teil  in  einem  gemäßigten  Klima  verlief. 

Dabei  stellte  sich  die  notwendige  Thatsache  heraus,  daß  diese 
Krankheit  in  den  englischen  Kolonieen  wohl  bekannt  und  erkannt 
ist,  während  sie  in  denen  Frankreichs  kaum  jemals  diagnostiziert 
wurde. 

Was  die  Geschichte  dieser  Krankheit  anbelangt,  so  wurde  sie 
bis  1863  von  den  französischen  Aerzten  der  Masturbation  wie  dem 
täglichen  Genüsse  scharf  gewürzter  Speisen  zugeschrieben,  obwohl 


826 


Tierische  Parasiten. 


bereits  1861  Bilharz  im  Hospital  Kasr-el-Ain  als  wahre  Ursache 
die  Trematode  entdeckt  hatte,  welche  nach  ihm  Bilharzia  haema- 
tobia  benannt  ist. 

Dabei  erinnert  Verf.  an  die  Thatsache,  daß  in  Barbados, 
jener  Antilleninsel,  vor  dem  Bekanntwerden  dieses  Fadenwurmes 
daselbst  die  Einwohner  dasselbe  Leben  wie  später  führten,  die 
Elephantiasis  aber  daselbst  unbekannt  war.  Als  dann  bei  gleichen 
Existenzbedingungen  die  Trematode  erst  sich  auszubreiten  begann, 
die  Moskitos  die  Eier  von  Ort  zu  Ort  und  von  Wasser  zu  Wasser 
trugen,  erschien  diese  Krankheit  und  nahm  stetig  zu,  so  daß  das 
ganze  Land  jetzt  als  verseucht  in  dieser  Beziehung  bezeichnet  werden 
muß.  Doch  wurde  die  Ursache  erst  sehr  spät  erkannt. 

Demarquay  entdeckte  darauf  die  Embryonen  in  der  Flüssig- 
keit einer  chylösen  Hydrocele,  denen  1872  Lewis  in  Kalkutta  den 
Fund  derselben  im  Blute  eines  Erkrankten  anfügte.  Griesinger 
wies  dann  die  Eier  von  Distomum  haematobium  oder  Bil- 
harzia haematobia  im  Urine  Blutharnender  nach,  dem  dann 
andere  Forscher  namentlich  in  den  Tropen  folgten. 

Die  Infektion  durch  die  Nematode  erfolgt  entweder  durch  die 
Haut  beim  Baden,  häufiger  aber  durch  das  Trinkwasser  wie  sonstigen 
Küchengebrauch.  Die  Lebensgeschichte  des  Distomum  wie  seine 
Naturgeschichte  dürfte  bekannt  sein. 

Die  Krankheit,  welche  bei  ihrer  Endemie  in  heißen  und  tropischen 
Gegenden  häufig  erworben  wird,  läßt  sich  durch  einen  längeren 
Aufenthalt  in  einem  temperierten  Klima  wieder  heben,  doch  reichte 
hierzu  z.  B.  in  einem  bestimmten  Falle  ein  Aufenthalt  von  6 Jahren 
nicht  aus.  Hydrotherapie  und  Jodtanniupräparate  werden  zur  Heilung 
empfohlen.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Lucas,  Jean  Alexis  Marie,  Des  m anifestations  pathologi- 
ques  dues  ä la  presence  de  la  Filaria  sanguinis  ho- 
minis dans  l’organisme  humain.  [These.]  4°.  83  p. 
Bordeaux  1893. 

Demarquay  wies  als  Erster  die  Anwesenheit  von  Embryonen  der 
Filaria  in  dem  milchweißen  Inhalte  einer  Hydrocele  nach.  Später 
wurden  wiederholt  erwachsene  wie  geschlechtsreife  Iudividuen  dieser 
Nematode  beim  Menschen  aufgefunden  und  man  hat  festgestellt,  daß 
zum  vollständigen  Entwickelungsgange  die  Embryonen  durch  den 
Körper  eines  anderen  Tieres  wandern  müssen,  aber  auch  in  Larven- 
gestalt durch  Vermittelung  des  Wassers  in  den  Menschen  gelangen 
können. 

Es  können  durch  diese  Filariose  zehn  verschiedene  Krankheits- 
bilder hervorgerufen  werden:  Die  Hämatochylurie,  die  Elephantiasis, 
Chylocelen,  Chylöse  Ascites,  Chylothorax,  lymphatische  Varices, 
Lymphoscrotum,  Craw-craw,  lymphatische  Abscesse,  Thrombose  und 
lymphatische  Oedeme. 

Die  Filarianatur  der  Elephantiasis  ist  von  manchen  Autoren 
bestritten  worden,  so  wiese  die  richtige  Elephantiasis  Arabum  niemals 
Fadenwürmer  auf. 


TierischeJParasiten. 


827 


Auch  bei  Craw-craw  ist  die  Filariaerscheinung  oftmals  bestritten 
worden , doch  erscheint  sie  nach  brasilianischen  Autoren  glaubhaft. 

In  allen  den  anderen  Krankheiten  ist  die  Anwesenheit  der  Filaria 
im  Organismus  wohl  allgemein  anerkannt  und  ihr  Zusammenhang  mit 
der  Nematode  festgestellt. 

Um  die  Anwesenheit  der  Fadenwürmer  mit  Sicherheit  feststellen 
zu  können,  empfiehlt  Verf.  die  Filtration  der  beargwöhnten  Flüssig- 
keit, da  sie  auf  diese  Weise  selbst  bei  geringer  Zahl  aufgefuuden 
werden  müssen,  natürlich  mit  Hilfe  des  Mikroskopes. 

Zu  Dauerpräparaten  hält  Lucas  das  Verfahren  von  De  Nabias 
und  Sabrazes  für  am  meisten  geeignet,  von  dem  sie  in  der  Sitzung 
der  Soci^te  de  biologie  vom  27.  Mai  1892  Mitteilung  machten. 
Osmiumsäure,  Boraxkarmin,  Salzsäure,  Methylenblau  spielen  mit 
Alkohol  bekanntlich  darin  die  Hauptsache. 

Die  einzelnen  Krankheitsbilder  geben  Veranlassung  zu  besonderen 
Kapiteln  und  führen  zu  4 Tafeln.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Burdin,  Lucien,  Phthiriase  des  paupieres.  [These].  4°. 
62  p.  Bordeaux  1893. 

Obwohl  diese  Krankheit  seit  geraumer  Zeit  bekannt  ist,  wurde 
sie  bisher  nur  sehr  unvollkommen  studiert.  Die  Mehrzahl  der  Au- 
toren betrachtet  sie  als  äußerst  selten,  während  Burdin  glaubt,  sie 
als  ziemlich  verbreitet  hinstellen  zu  sollen.  Der  Parasit  ist  der 
Phthirius  inguinalis;  zwischen  der  Laus  der  Pubes  und  der 
der  Augenbrauen  vermag  Verf.  nur  kleine  Unterschiede  in  den 
Größenverhältnissen  anzugeben;  die  zweite  Art  ist  bedeutend  kleiner 
als  erstere.  Störungen  in  den  Funktionen  der  Sinneswerkzeuge  sind 
nur  äußerst  gering.  Das  Jucken  ist  nur  als  unerheblich  zu  be- 
zeichnen, ja  derartig  minimal  in  manchen  Fällen,  daß  die  Befallenen 
kar  keinen  Argwohn  auf  Parasiten  hegen.  Hieraus  geht  hervor,  daß 
die  Diagnose  eine  große  Aufmerksamkeit  erheischt.  Die  Behandlung 
ist  sehr  einfach  und  bewegt  sich  in  drei  Richtungen:  1)  Vertilgung 
der  Parasiten  durch  eine  antiseptische  Salbe,  2)  Zerstörung  der  Eier 
durch  Essigeinreibungen  und  3)  hinreichende  Desinfektion. 

E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

LabM,  A.,  Coccidium  Delagei,  coccodie  nouvelle  para- 
site  des  tortues  d’eau  douce.  (Arch.  de.  Zool.  exp6r.  et  g6n. 
3e  S6r.  T.  I.  1893.  No.  2.  p 267— 280.  Av.  1 pl.) 

Coccidium  Delagei  lebt  in  den  Darmepithelzellen  der 
Cistudo  europaea;  die  ovale  Cyste,  wie  sie  mit  den  Faeces  ent- 
leert wird,  ist  0,020—0,022  mm  lang  und  0,016—0,017  mm  breit; 
sie  entwickelt  sich  in  Thymolwasser  oder  Wasser,  dem  einige  Tropfen 
Chromsäurelösung  zugeführt  smd,  innerhalb  weniger  Tage.  Dabei 
zeigt  sich  das  interessante  Faktum,  daß  der  große,  kernlose,  aber 
eine  Vacuole  enthaltende  Restkörper  stets  am  spitzen  Pole  der  Cyste 
und  die  vier  Sporoplasten  resp.  Sporen  stets  nebeneinander  am 
stumpfen  Pole  stehen.  Die  Sporen  selbst  sind  wie  bei  Coccidium 
oviforme  gebaut;  sie  enthalten  2 Sporozo'iten  und  einen  Sporen- 
restkörper; die  Sporozo’iten  besitzen  einen  Kern  und  1 oder  2 Vakuo- 


828 


Pflaazenkraukheiten . 


len  auf  jeder  Seite  des  Kernes;  die  Gestalt  der  Sporozo'iten  ist  lang- 
gestreckt kolbenförmig,  d.  h.  das  eine  Ende  ist  verdickt  und  ab- 
gerundet, das  andere  zugespitzt.  Sie  liegen  bald  mit  den  dickeren 
Enden  neben  einander  in  der  Sporenhülle  oder  auch,  wie  bei  Cocci- 
dium  oviforme,  mit  den  entgegengesetzten  Enden , so  daß  ein 
gekrümmter  hantelförmiger  Körper  von  beiden  Sporozo'iten  gebildet 
wird. 

Diese  neue  Coccidienart  besitzt  in  ihrem  Plasma  chromatoide 
Granula,  welche  sich  von  den  Granula  plastica  (Th61ohan) 
unterscheiden ; sie  färben  sich  intensiv  mit  Hämatoxylin,  Methylenblau, 
Safranin,  Karmin  etc.  und  imponieren  als  Kern,  doch  läßt  sich  der 
unveränderte,  bläschenförmige  Kern  mit  seinem  Chromatin  kerne 
oder  Chromatinbande  immer  nachweisen.  Auch  bei  anderen  Coccidien 
kommen  diese  Granula  vor,  aber  auch  bei  Hämosporidien  (Malaria- 
parasiten und  Verwandte)  und  bei  Sarkosporidien.  Sie  kommen  be- 
sonders in  den  nicht  encystierten  Coccidien  vor  und  sind  wahrscheinlich 
albuminoide  Reservestoffe. 

Bei  der  Bildung  der  Sporoplasten  verschwindet  der  bläschenförmige 
Kern;  das  zurückbleibende  Chromatin  desselben  rückt  an  die  Peri- 
pherie und  teilt  sich  unter  Mitose  in  2 und  dann  in  4 Stücke , um 
welche  sich  dann  die  Leibessubstanz  nach  Ausstoßung  des  Restkörpers 
in  den  4 ovalen  Sporoblasten  absondert.  Kleine  chromatoide  Granula 
sind  auch  in  den  Sporoblasten,  im  Restkörper  der  Cyste  wie  der 
Sporen  und  in  den  Sporozo'iten  selbst  nachweisbar. 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Müller,  Julius,  Zur  Kenntnis  des  Runzelschorfes  und 
der  ihm  ähnlichen  Pilze.  (Sep.-Abdr.  aus  Pringsheim’s 
Jahrbüchern  für  wiss.  Bot.  Bd.  XXV.  Heft  4.  Berlin  1893.  215  p. 
Taf.  XXVII— XXIX.) 

Als  Runzelschorfe  hat  man  Pilzkrankheiten  bezeichnet,  die  nach 
dem  heutigen  Stande  der  Wissenschaft  durch  Pilze  verschiedener 
Verwandtschaft  verursacht  werden.  Verf.  beschränkt  diese  Bezeich- 
nung auf  die  durch  Rhytisma  verursachten  Krankheitserscheinungen 
höherer  Pflanzen. 

De  Candolle  hatte  41  Arten  der  früheren  Gattung  Xyloma 
unterschieden,  von  denen  Elias  Fries  20  Arten  in  die  Gattung 
Rhytisma  hinübernahm.  Fuckel  unterscheidet  nur  6 — 8 Species 
von  Rhytisma  und  Winter  hat  in  der  Kryptogamenflora 
Deutschlands,  Oesterreichs  und  der  Schweiz  7,  bezw.  10  Arten  auf- 
geführt, nämlich: 

Rhytisma  juncicolum  Rehm  auf  Jun cus  Hos ti i (Hoch- 
alpen des  Oetzthales);  Rh.  acerinum  (Pers.)  auf  Acer  cam- 
pestre,  platanoides  und  Pseudoplatanus;  Rh.  punctatum 
(Pers.)  auf  Acer  Pseudoplatanus  in  Mitteldeutschland;  Rh. 
sali  ein  um  (Pers.)  auf  der  Oberseite  der  Blätter  der  verschie- 
denen Weidenarten  von  der  Ebene  bis  in  die  Hochalpen;  Rh. 
Andromedae  (Pers.)  auf  der  Oberseite  der  Blätter  von  Andro- 
meda polifolia  in  den  Mooren  Nord-  und  Süddeutschlands;  Rh. 
Em petri  Fries  auf  Empetrum  nigrum  im  Hochgebirge;  Rh. 


Pflanzeukrankheiten. 


829 


Urticae  (Walld.)  an  den  Stengeln  von  Urtica  dioica;  ferner 
die  „ganz  zweifelhaften  Arten“  Rhytisma  Pedicularis  (DC.) 
an  Blättern  von  Pedicularis  incarnata  und  Bartsia  alpina 
am  Mont  Cenis;  Rh.  nervale  Alb.  et  Schw.  auf  der  unteren 
Seite  der  abgeworfenen  Blätter  von  Birken  und  Erlen,  Rh.  Cotini 
Ces.  (Klotzsch,  Herb.  myc.  1953)  auf  Blättern  von  Rhus  Cotinus 
bei  Brixen  in  Südtirol.  [Rh.  Rubiae  Mont,  auf  den  Blättern  von 
Rubia  tinctorum  und  Rh.  monogramme  Berk,  et  Curt.  auf 
Vitis  aestivalis  in  Nordamerika  werden  vom  Yerf.  nicht  er- 
wähnt. Das  frühere  Rhytisma  aquilinum  stellt  Rehm  als 
Cryptomyces  Pteridis  (Rebent.)  Rehm  zu  einer  neuen 
Gattung.  Es  erzeugt  in  der  „Spermogonienform“  Fusidium 
Pteridis  Kalchbr.  eine  Krankheit  des  Adlerfarns.]  Den  von 
Frank,  Sorauer  u.  A.  als  Rhytisma  Onobrychidis  be- 
zeichneten,  bisher  nur  in  der  Spermogonienform  bekannten  Pilz  hatte 
Saccardo  alsPlacosphaeriaOnobrychidis  bezeichnet.  Verf. 
beschreibt  letzteren  Pilz  als  Diachora  Onobrychidis  (DC.)  n. 
g.,  als  „Doppelschorf1,  beschreibt  einen  neuen  Runzelschorf  Rhytisma 
symmetricum  auf  der  Purpurweide,  einen  wohl  bisher  mit  Rh. 
acerinum  verwechselten  Pilz  auf  Acer  als  „falschen  Runzelchorf“, 
Discomycopsis  rhytismoides  n.  g.  et  n.  sp.  und  teilt  seine 
Ergebnisse  einer  Neuuntersuchung  der  bekannten  Runzelschorfe  des 
Ahorns  und  der  Weiden  mit.  Der  „falsche  Runzelschorf“  der  Ahorne 
läßt  sich  von  den  echten  Ahornrunzelschorfen  durch  folgende  Dif- 
ferentialdiagnose unterscheiden : 

Discomycopsis  rhytismoides.  Stroma  auf  der  Oberseite 
der  Blätter,  später  auch  auf  den  Blattstielen  und  Rippen  der  Unterseite 
der  Blätter  von  Acer  Pseudoplatanus.  Auf  der  Oberseite  ver- 
schieden gestaltete,  buchtig  begrenzte,  durch  2 cm  und  mehr  lange 
pechschwarze  Schorfe  bildend,  welche  im  Schnitte  parallel  zur  Blatt- 
oberfläche netzartig  erscheinen  und  oberhalb  der  von  der  Cuticula 
getrennten  Epidermiszellen  ihr  Wachstum  entfalten.  Innerlich  werden 
im  zeitigen  Sommer  des  nächsten  Jahres  Sporen  in  verschieden  ge- 
stalteten Fruchtlagern  intercalar  gebildet.  Dieselben  sind  im  reifen 
Zustande  gebräunt,  meist  isodiametrisch  und  bis  27  /ti  dick,  bisweilen 
mehr  oblong  oder  in  die  Länge  gezogen  und  dann  19 — 35  ^ 17  bis 
25.  Spermogonien  sind  zu  gleicher  Zeit  mit  den  Sporen  im  Stroma 
vorhanden.  In  pathologischer  Hinsicht  gleicht  der  falsche  Runzel- 
schorf dem  echten  in  seiner  Wirkung  auf  die  Nährpflanze.  Zwar 
sind  die  pathologischen  Veränderungen,  die  er  in  den  Mesophyllzellen 
der  Ahornblätter  hervorruft,  geringer,  er  übertrifift  aber  in  der  Stö- 
rung des  Assimilationsthätigkeit  der  Nährpflanze  das  Rhytisma 
trotzdem,  da  er  bisweilen  das  Blatt  in  seiner  ganzen  Ausdehnung 
einnimmt.  Ludwig  (Greiz). 

Mer,  E. , Recherches  sur  la  maladie  des  branches  de 
Sapin,  caus6e  par  le  Phoma  abietina  R.  Hartig 
(Fusicoccum  abietinum  Prill.  et  D ela  er.).  (Journ.  de 
Botan.  1893.  p.  364.) 


830  Schutzimpfung,  küustl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmuog  etc. 


Auf  Grund  eingehender  Studien  kann  Verf.  jetzt  den  Entwicke- 
lungsgang des  gefährlichen  Parasiten  fogendermaßen  zusammenfassen : 
Die  Ausstreuung  der  Sporen  erfolgt  etwa  im  August  bis  Oktober; 
zu  derselben  Zeit  fiudet  die  Keimung  auf  der  Rinde  der  Tannenäste 
statt,  das  Mycel  ergreift  die  Rinde,  dann  das  Cambium.  Dünnere 
Zweige  zeigen  bereits  im  folgenden  Frühjahre  Absterbungserschei- 
n ungen.  Bei  dickeren  Aesten  zeigt  sich  anfangs  kein  Unterschied 
gegenüber  den  gesunden,  bis  etwa  im  Mai  oder  Juni  neue  Triebe 
hervorbrechen,  welche  kümmerlicher  und  mit  kleineren  Nadeln  versehen 
sind.  Zugleich  erscheinen  am  Rande  der  Infektionsstelle,  soweit 
innen  das  Mycel  bereits  vorgedrungen  ist,  kleine  Knötchen,  die  sehr 
harzreich  sind.  Etwa  um  dieselbe  Zeit  treten  auch  die  Pykniden 
auf.  Das  Absterben  der  Zweige  erfolgt  unter  ähnlichen  Symptomen, 
wie  sie  das  Ringeln  hervorruft.  Das  in  der  Nähe  des  infizierten 
Cambiums  liegende  Meristem  wird  in  seinen  Funktionen  gestört  und 
bildet  unregelmäßiges  Holz  aus. 

Als  bestes  Vertilgungsmittel  hat  sich  das  Abschneiden  und  Ver- 
nichten der  befallenen  Zweige  bewährt,  wenn  es  in  einer  Zeit  ge- 
schieht, wo  die  Pykniden  noch  nicht  reif  sind. 

Lindau  (Berlin). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Tizzoni,  Gr.  und  Centamii,  E.,  Serum  gegen  Rabies,  von 
hoher,  immunisierender  Kraft,  auf  den  Menschen 
anwendbar.  (Berl.  klin.  Wochenschr.  1894.  No.  8.  p.  189  ff.) 
Die  beiden  Autoren  berichten  über  weitere  Experimente,  welche 
sie  mit  Serum  gegen  Rabies  angestellt  haben.  Um  dieses  Serum  für 
den  Menschen  anwendbar  zu  machen,  war  es  nötig,  festzustellen,  ob 
auch  größere  Tiere  als  die  bisher  verwandten  Kaninchen  den  immu- 
nisierenden Stoff  in  hinreichender  Menge  lieferten.  Es  wurden  daher 
Schafe  und  Hunde  als  Versuchstiere  verwandt.  Denselben  wurden 
jeden  zweiten  Tag  0,33  g fixen  Virus  pro  jedes  Kilo  Körpergewicht 
injiziert.  In  verschiedenen  Zwischenräumen  wurde  das  Serum  dieser 
Tiere  in  verschiedener  Dosis  einer  Reihe  von  Kaninchen  injiziert,  an 
denen  nach  24  Stunden  die  Injektion  unter  die  Dura  mater  mit 
Hundegift  ausgeführt  wurde,  welches  die  Versuchstiere  in  17—19  Tagen 
tötete.  Die  Versuche  ergaben,  daß  das  von  diesen  größeren  Tieren 
herstammende  Blut  noch  günstigere  Verhältnisse  bot,  als  das  der 
Kaninchen,  da  verhältnismäßig  geringe  Dosen  Vaccin  genügten,  um 
ein  Serum  von  höherer  Kraft  zu  erlangen.  Es  zeigte  sich  damit,  daß 
auch  das  Serum  eiues  fremden  Tieres  für  Kaninchen  immunisierende 
Kraft  erlangen  kann  und  daß  dasselbe  trotz  der  lang  dauernden  In- 
kubation schützende  Wirkung  entfaltet.  Bis  jetzt  gelang  es,  ein 
Serum  von  1 : 50  000  herzustellen,  wobei  der  Grad  immer  durch  die 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  g31 


Menge  des  Serums  bestimmt  wurde,  welche  bei  den  trepanierten 
Kaninchen  auf  dauernde  Weise  die  Entwickelung  jeder  Krankheits- 
erscheinung zu  verhindern  vermag.  Für  einen  Menschen  von  70  kg 
wären  somit  2,80  ccm  erforderlich.  Dieses  Serum,  in  einen  festen 
Zustand  übergeführt,  behält  völlig  seine  Wirksamkeit.  Die  immuni- 
sierende Kraft  steigt  einige  Zeit  nach  der  Vaccination  an,  um  dann 
später  langsam  zurückzugehen.  Das  Schaf  besitzt  am  fünften  Tage 
1 : 1000 — 1 : 5000.  Der  Hund  hatte  etwas  geringeren  Wert.  Am 
zehnten  Tage  haben  Schaf  wie  Hund  1 : 10000,  am  zwanzigsten  Tage 
1 : 25000 — 1 : 50000.  Von  hier  ab  scheint  die  Kurve  zu  fallen,  so 
daß  der  25.  Tag  der  günstigste  sein  dürfte. 

Als  Vorteile  gegenüber  der  Pasteur’schen  Methode  heben  die 
Autoren  hervor:  Wirksamkeit  in  jeder  Periode  der  Inkubation  bis 
zum  Erscheinen  der  ersten  Symptome  der  Rabies.  Die  Wirkung  tritt 
fast  augenblicklich  ein ; absoluter  Mangel  an  Virulenz  und  an  jeder 
sonstigen  schädlichen  Einwirkung;  sehr  schnelle  Behandlung  durch 
eine  oder  wenige  Einspritzungen  von  sehr  geringer  Menge  Materials; 
vollkommene  Löslichkeit  und  daher  schnelle  Aufsaugung  des  letzteren 
und  seine  lange  Haltbarkeit  in  trockenem  Zustande,  so  daß  es  leicht 
überall  angewandt  werden  kann.  Für  die  nächste  Zeit  werden 
größere  Mengen  von  Serum  in  Aussicht  gestellt  und  sollen  auch 
abgegeben  werden,  so  daß  Versuche  am  Menschen  gemacht  werden 
können.  0.  Voges  (Danzig). 

Grermano,  E.,  e Colucei,  C.,  Sull’azionedella  cura  Pasteur 
negli  epilettici.  (La  Rif.  med.  1993.  p.  241,  242.) 

Die  glänzenden  Erfolge,  welche  Babes  u.  A.  bei  mit  schweren 
nervösen  Störungen  belasteten  Individuen  mit  der  antirabischen  Be- 
handlung erzielt  haben  wollen,  veranlaßten  die  Verff.,  diese  Be- 
handlungsmethode in  einer  Reihe  von  Fällen  genuiner  Epilepsie  in 
Anwendung  zu  bringen  und  berichten  in  der  vorliegenden  Arbeit  über 
9 von  14  so  behandelten  Kranken. 

Das  Ergebnis  dieser  Versuchsreihe  ist  ein  recht  klägliches  und 
läßt  sich  folgendes  zusammenfassen: 

In  allen  behandelten  Fällen  ließ  sich  während  der  Behandlung 
eine  hochgradige  Steigerung  der  Reflexe,  der  Anfälle  selbst,  deren 
Verlängerung  und  schwere  komatöse  Zustände  im  postepileptischen 
Stadium  sowie  Störungen  der  Herzaktion  wahrnehmen;  in  keinem 
einzigen  Falle  konnte  eine  Besserung  des  Zustandes  konstatiert 
werden. 

Wenn  auch  trotzdem  die  Autoren  diese  Versuche  fortsetzen 
wollen,  warnen  sie  dennoch  vor  der  Anwendung  dieses  Verfahrens, 
da  sie  dessen  Wirkung  auf  den  epileptischen  Organismus  für  außer- 
ordentlich schädlich  halten.  Kamen  (Czernowitz). 


832 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengesteüt  von 

De.  Aethdk  Wübzbueg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt«  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Volpe,  L.,  Microbi  benefici  e malefiei.  (Almanacco  d.  giorn.  d’agricolt.  L’Italia  agri- 
cola.  1894.) 


Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  u.  s.  w.) 

Dangeard,  Sur  la  structure  des  levures  et  leur  d4veloppement.  (Botaniste.  1894.  Fase.  6. 

p.  282.) 

Bobertson,  W.  G.  A.,  Rate  of  fermentation  of  sugars.  (Edinburgh  med.  Journ.  1894. 
March,  p.  803 — 809.) 

Teissier,  P.  J , Etüde  des  propri£tes  chromogenes  permanentes  ou  facultatives  des  cer- 
tains  microbes  pathogfenes  ou  saprophytes,  cultives  sur  l’albumine  de  l’oeuf  coagule. 
(Arch.  de  med.  experim.  1894.  No.  2.  p.  315 — 327.) 


Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur- 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Diverneresse.  Aseptisation  des  terres  contaminees  avant  leur  transport  et  leur  mise  en 
culture.  (Rev.  d’hygifene.  1894.  No.  2.  p.  118 — 137.) 

Ducamp  et  Planchon,  Note  sur  le  bacille  fluorescent  et  liquefiant  des  eaux  d’alimenta- 
tion  de  Montpellier.  (Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  1894.  No.  10.  p.  266 — 267.) 


Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

Bordoni-Uffredozzi,  G.,  Sopra  una  colorazione  batterica  della  carne,  simulante  la  colo- 
razione  per  fucsina.  (Giorn.  d.  r.  soc.  ital.  d’igiene.  1894.  No.  2.  p.  62 — 54.) 


Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Attgemeinkrankheiten. 

Centanni,  E.  u.  Bruschettini,  A.,  Untersuchungen  über  das  Infektionsfieber.  Das  Anti- 
toxin des  Bakterienfiebers.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  12.  p.  270 — 272.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötbein,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Dnbief,  H.  et  Brohl,  J , Contribution  ä l’dtude  anatomo-patbologique  et  bactSriologique 
du  typhus  exanthematique.  (Arch.  de  med.  experim.  1894.  No.  2.  p.  224 — 249.) 
Grandhomme,  Eine  Pockenepidemie  des  Jahres  1893  zu  Frankfurt  a.  M.  und  Umgebung. 

(Vierteljahrsschr.  f.  gericbtl.  Med.  1894.  No.  2.  p.  365  — 375.) 

Raymond,  P.,  La  revaccination  ä l’4cole.  (Progres  med.  1894.  No.  11.  p.  190 — 191.) 
Smith,  F.,  For  how  long  does  vaccination  confer  immunity  against  small-pox?  (Transact. 

of  the  Sanit.  instit.  1892,  London  1893.  p.  116 — 120.) 

Young,  C.  G.,  Vaccination  and  eow-pox.  (Brit.  Guiana  med.  annals.  1893.  p.  33 — 39.) 


Neue  Litteratur. 


833 


Cholera,  Typhus,  Buhr,  Gelbfieber,  Pest 

Bucquoy,  Sur  l’epidemie  de  fifevre  typhoide  ä Paris.  (Bullet,  de  l’acad.  de  med.  1894. 
No.  11.  p.  274—282.) 

Carta,  A.,  Sopra  i casi  di  colera  verificatisi  nel  comune  di  Pallare  nell’  estate  1893. 

(Giorn  d.  r.  soc.  ital.  d’igiene.  1894.  No.  2.  p.  41 — 51.) 

Dnjardin-Beaumetz,  Sur  l’6pidemie  de  fifevre  typhoide.  (Bullet,  de  l'acad.  de  m6d  1894. 
No.  12.  p.  289—298.) 

Frank,  E.,  Sporadisches  Auftreten  von  Bauchtyphus  beim  1.  Honved-Regiment  in  Buda- 
pest im  Jahre  1892.  (HonvSdorvos.  1894.  No.  3.)  [Ungarisch.] 

Maguire,  W.  B.,  On  the  cause  and  prevention  of  typhoid  fever.  (Transact.  of  the 
sanit.  instit.  1892,  London  1893.  p.  168 — 181.) 

Schäfer,  Die  Typhusepidemie  des  Jahres  1891  im  Kreise  Niederbarnim.  (Berl.  klin. 
Wchschr.  1894.  No.  12.  p.  287 — 291.) 

Wolffberg,  Die  Ruhr  in  Tilsit  1893.  (Centralbl.  f.  allg.  Gesundheitspfl.  1894.  No.  3/4 
p.  84—97.) 


Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrophulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Breton,  A.,  Blennorragie  et  tuberculose.  (Gaz.  d.  hopit.  1893.  p.  1045.) 

Schräder,  Ein  Wink  zur  Beschränkung  der  Lungentuberkulose.  (Mtsbl.  f.  ö.  Gesund- 
heitspfl. 1894.  No.  4.  p.  57—58.) 

Zambaco,  La  lfepre  dans  le  midi  de  la  France  en  1893.  (Bullet,  de  la  soc.  fran<f.  de 
dermal,  et  syphiligr.  1893.  p.  307 — 314.) 


Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre, 
Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Braun,  Bemerkungen  über  Influenza.  (Ztschr.  f.  Medizinalbeamte.  1894.  No.  1.  p.  1 — 6.) 
Flexner,  S.  and  Barker,  L F.,  A contribution  to  our  knowledge  of  epidemic  cerebro- 
spinal meningitis.  (Amer.  Journ.  of  med.  science.  1894.  Febr.,  March,  p.  155 — 172, 
259—276.) 

Orijen  de  la  difteria  en  Buenos  Aires,  (Anal,  d,  departam.  nacion.  de  higiene.  1894. 
No.  5.  p.  137—145.) 


B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Haut,  Muskeln,  Knochen. 

Babes,  V.,  Sur  une  forme  particuliere  de  pemphigus  malin.  (Annal.  de  lTnstit.  de 
pathol.  et  de  bact^riol.  de  Bucarest.  II.  annee  1890,  1893.  p.  362 — 375.) 

Du  Bois  Saint-Sevrin,  Panaris  des  pecheurs  et  microbe  rouge  de  la  sardine.  (Annal.  de 
lTnstit.  Pasteur.  1894.  No.  3.  p.  152 — 160.) 

Fabry,  J.,  Ueber  Psorospermien  bei  Hautkrankheiten.  (Bericht  über  einen  typischen 
Fall  von  sog.  Darier’scher  Psorospermose.)  (Arch.  f.  Dermatol,  u.  Syphilis.  1894. 
No.  3.  p.  373—391.) 


Verdauungsorgane. 

Brigidi,  Enterite  micotica.  (Gazz.  d.  ospit.  1893.  p.  1083 — 1085.) 

Manson,  P.,  Galloway,  J.,  Remarks  on  amoebic  abscess  of  the  liver.  (Brit.  med.  Journ. 
1894.  No.  1735.  p.  676—678.) 

Maragliano,  E.,  Eine  besondere  Form  von  geschwüriger  Darmentzündung  mit  Durch- 
bohrung des  Ileum.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  13.  p.  303 — 307.) 

Veillon,  A.,  Recherches  sur  l’ötiologie  et  la  pathogdnie  des  angines  aigues  non  diphte- 
ritiques.  (Arch.  de  med.  exp^rim.  1894.  No.  2.  p.  161  — 191.) 


834 


Neue  Litteratur. 


Ham-  und  Geschlechtsorgane. 

Kxogius,  A.,  Sur  la  bacteriurie.  (Annal.  d.  malad,  d.  organ.  genito-urin.  1894.  No.  3. 

p.  196—210.) 

Angen  und  Ohren. 

Fuchs,  E.,  Die  ägyptische  Augenentzündung.  (Wien.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  12. 
p.  211—214.) 

v.  Hippel,  E.,  Bemerkung  zu  der  Arbeit  des  Herrn  Dr.  L.  Bach,  „Die  tuberkulöse 
Infektion  des  Auges“.  (Areh.  f.  Augenheilk.  1894.  Bd.  XXVIII.  No.  2.  p.  238 
—240.) 

C.  Entozootische  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Cerfontaine,  P.,  Contribution  ä l’etude  de  la  trichinöse.  (Bullet,  de  l’Acad.  royale  d. 
scienc.  de  Belgique.  1893.  p.  464 — 488.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Aktinomykose.' 

Cominacini,  Un  caso  di  actinomicosi  umana.  (Gazz.  d.  ospit.  1893.  p.  922.) 


Rotz. 

Sacharoff,  P.  A.,  Beitrag  zur  Natur  des  Rotzkontagiums  bei  Tieren.  (Arch.  veter.  nauk. 

1893.  pt.  3.  p.  23,  90.)  [Russisch.] 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thier en. 

Säugethiere. 

A.  Infektiöse  ATlgemeinkrankheiten. 

Stand  der  bösartigen  ansteckenden  Krankheiten  unter  den  Haustieren  in  Dänemark  im 
4.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  11.  p.  172 
—173.) 

Stand  der  Tierseuchen  in  Belgien  im  4.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Ge- 
sundheits-A.  1894.  No.  10.  p.  151.) 

Stand  der  Tierseuchen  in  Italien  während  der  13  Wochen  vom  1.  Oktober  bis  30.  De- 
zember 1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  10.  p.  151.) 

Stand  der  Tierseuchen  in  der  Schweiz  im  4.  Vierteljahr  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  14.  p.  218.) 

Uebersicht  über  den  Stand  der  ansteckenden  Krankheiten  der  Haustiere  in  der  Schweiz 
im  Jahre  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  12.  p.  192.) 

Tuberkulose  (Perlsucht). 

Lungwitz,  M.,  Kongenitale  Tuberkulose  beim  Kalbe  mit  nachgewiesener  placentarer 
Infektion.  (Arch.  f.  wissensch.  u.  prakt.  Tierheilk.  1894.  No.  2/3.  p.  204 — 212.) 
de  Michele,  P.,  Delle  varietä  di  tubercolosi  negli  animali  a sangue  freddo.  (Morgagni. 

1894.  No.  2.  p.  98—118.) 


Krankheiten  der  Einhufer. 

(Typhus,  Influenza,  Beschälkrankheit,  Septikämie,  Druse.) 

Influenza  der  Pferde  in  Bayern  im  Jahre  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A. 
1894.  No.  13.  p.  206.) 


Neue  Litteratur. 


835 


Krankheiten  der  Vielhufer. 

(Rotlauf,  Schweineseuche,  Wildseuche.) 

Großbritannien.  Verordnung  des  Board  of  Agriculture,  betr.  das  Schweinefieber.  Vom 
12.  Oktober  1893  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  13  “ p.  201 
—205.) 


Krankheitserregende,  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Eeach,  8.  A , Experiments  in  treatment  of  potato  scah.  (Report  of  Horticulturist  of 
the  New  York  Agricult.  experim.  Station.  1892.  p.  561 — 570.) 

Berlese.  A , Le  cocciniglie  italiane  vivanti  sugli  agrumi.  (Riv.  di  patol.  veget.  1893. 
Vol.  II.  p.  129—193.) 

Frank,  B.  u.  Krüger,  F , Ueber  den  Reiz,  welchen  die  Behandlung  mit  Kupfer  auf  die 
Kartoffelpflanzen  hervorbringt.  (Berichte  d.  dtsch.  botan.  Ges.  1893-  p.  8.) 

Halsted,  B D , Club-root  in  common  weeds.  (Bullet,  of  the  Torrey  botan.  club.  1894. 
p.  76.) 

Peglion,  V.,  Sopra  due  parassiti  del  melone.  (Riv.  di  patol.  vegetale.  1893.  Vol.  II. 
p.  227—239.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Calmette,  A.,  Proprietes  du  serum  des  animaux  immunisös  contre  le  venin  des  serpents, 
therapeutique  de  l’envenimation.  (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  13.  p.  720 
—722  ) 

Dörfler,  H.,  Ein  weiterer  mit  Behring’s  Heilserum  behandelter  Fall  von  Tetanus.  (Münch, 
med.  Wchschr.  1894.  No.  15.  p.  282 — 283.) 

Ducrey,  A , Sulla  tubercolina  Koch.  (Atti  d.  congr.  gener.  d.  ass.  med.  ital.  1891, 
Siena  1893.  p.  420—422.) 

Eckert,  N.,  Mallein  als  diagnostisches  Mittel  beim  Wurm  der  Pferde.  (Westnik  obsh. 
vet.  1893.  p.  71,  87,  119,  135.)  [Russisch.) 

Mantegazza,  II.,  Osservazioni  sopra  le  modificazioni  istologicbe  indotte  nei  tessuti  luposi 
dalla  linfa  Koch.  (Atti  d.  congr.  gener.  d.  ass.  med.  ital.  1891,  Siena  1893.  p.  417 
—420.) 

Nocard,  Sur  la  mallöine.  (Recueil  de  med.  vöte'rin.  1894.  No.  6.  p.  180 — 188.) 

Poggi,  G.,  Deila  influenza  della  linfa  di  Koch  sui  bacilli  tubercolari.  (Arch.  internaz. 
d.  spec.  med.-chir.  Napoli  1893.  p.  109,  152.) 

Repin,  Un  procede  sür  de  Sterilisation  du  catgut.  (Annal.  de  l’Instit.  Pasteur.  1894. 
No.  3.  p 170—177.) 

Schindelka,  H , Einige  Erfahrungen  über  die  Anwendung  des  Mallelns  als  diagnostisches 
Mittel.  (Oesterr.  Ztschr.  f.  wissenschaftl.  Veterinärknnde.  1894.  Bd.  V.  No.  2/4. 
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Stern,  R. , Ueber  einige  neuere  Ergebnisse  auf  dem  Gebiete  der  Immunitätslehre 
(Centralbl.  f.  allg.  Pathol.  u.  pathol.  Anat.  1894.  No.  5,  6.  p.  201—219,  249—263.) 

Weber,  Sur  la  malleine.  (Rec.  de  med.  de  vetörin.  1894.  No.  6.  p.  153 — 154.) 


836 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Beyerinck , M. , CJeber  Thermotaxis  bei 
Bacterium  Zopfii.  (Orig.),  p.  799. 

Celli,  A.,  und  Santori  S.,  Ueber  eine  transi- 
torische Varietät  vom  Choleravibrio. 
(Orig),  p.  789. 

Lönnberg,  Binar,  Ueber  eine  neue  Tetra- 
bothriumspecies  und  die  Verwandtschafts- 
verhältnisse der  Ichthyotänien.  (Orig.), 

p.  801. 

Perroncito,  E , Ueber  die  Entwickelung  der 
Taenia  mediocanellata.  (Orig),  p.  800. 

Eechtsamer,  M , Ueber  die  feinen  Spirillen 
in  Dejektionen  Cholerakranker.  (Orig.), 
p.  795. 

Znsammenfassende  Uebersicht. 

Müller,  Kort,  Der  jetzige  Stand  der  Eite- 
rungsfrage von  bakteriologischem  Stand- 
punkte aus.  (Orig ) [Schluß],  p.  804. 

Bakteriologische  and  parasitologische 
Kongresse. 

Sanarelli,  G..  Mitteilungen  aus  dem  XI. 
internationalen  medizinischen  Kongresse 
in  Rom.  (Orig.),  p.  815. 

Colasanti,  G.,  Die  bakterientödtende  Wir- 
kung des  Euforins,  p.  822. 

Denys , J. , Widerstandsfähigkeit  des 
Organismus  gegen  die  Mikroben,  p.  817. 

, Diagnose  der  asiatischen  Cholera 

vermittelst  des  Mikroskops,  p.  818. 
Fok , P.  , Ueber  die  Aetiologie  des 
Krebses,  p 816. 

Inghilleri  e Rolando.  Beitrag  zur  Kennt- 
nis der  Choleraspirillen,  p.  819. 
Inghilleri,  Ueber  das  Verhalten  des 
Milzbrandbacillus  in  unsterilisierter 
Milch,  p.  820. 

, Ueber  eine  neue  rasche  Doppel- 
färbungsmethode bei  den  bakteriologi- 
schen Untersuchungen  des  Blutes  und 
der  anderen  Gewebe,  p.  820. 

, Ueber  das  verschiedene  Verhalten 

des  B.  coli  und  des  Typhusbacillns  in 
amygdalinhaltiger  Bouillon,  p.  821. 
Leoni,  O.,  Ueber  die  Faktoren  der  spe- 
zifischen und  pathogenen  Aktiviät  der 
Pockenlymphe,  p.  815. 


Pinna,  G.,  Ueber  die  Wirkung  des  Meer- 
wassers auf  die  Virulenz  der  Milz- 
brandbacillen, p.  816. 

Referate. 

Baduel,  C , Nota  clinica  e batteriologica 
sopra  un  caso  di  Pielite  bilaterale  suppu- 
rativa, p.  824 

Burdin,  Lucien,  Phthiriase  des  paupikres, 
p.  827. 

v.  Düring,  Lepra  uud  Syringomyelie, 
p.  824. 

Friedeberg,  Ein  Fall  von  Riickenmarks- 
kompression  durch  Echinokokken  im 
Wirbelkauale,  p.  825. 

Houllier,  G.,  Contribution  ä l'etude  de  la 
filariose  et  en  particulier  de  l’hdmato- 
chylurie  endemique  des  pays  chauds, 
une  de  ses  principales  manifestations, 
p.  825. 

Labbe,  A.,  Coccidium  Delagei,  coccidie 
nouvelle  parasite  des  tortues  d'eau 
douce,  p 827. 

Lucas,  Jean  Alexis  Marie,  Des  mani- 
festations pathologiques  dues  ä la  pre- 
sence  de  la  Filaria  sanguinis  hominis 
dans  1’ organisme  humain,  p.  826. 

Mer,  E.,  Recherehes  sur  la  maladie  des 
brancbes  de  Sapin,  causee  par  le  Phoma 
abietina  R.  Hartig  (Fusicoccum  abietinum 
Prill.  et  Delacr.),  p.  829. 

Mircoli,  Sülle  alterazione  spinali  ed  etio- 
logia  della  Pellagra,  p.  824. 

Müller,  Julius,  Zur  Kenntnis  des  Runzel- 
schorfes und  der  ihm  ähnlichen  Pilze, 

p.  828. 

Rüssel,  H L.,  Bacterial  investigation  of 
the  sea  and  its  flor,  p.  823. 

Savor,  Rudolf,  Zur  Aetiologie  der  akuten 
Pyelonephritis,  p.  824. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung  etc. 

Germano,  E.  e Colucci,  C , Süll’  azione 
della  cura  Pasteur  negli  epilettici,  p.  831. 

Tizzoni,  G , und  Centanni,  E , Serum  gegen 
Rabies,  von  hoher,  immunisierender 
Kraft,  auf  den  Menschen  anwendbar, 
p.  830. 

Neue  Litteratur,  p.  832. 


Frommannsche  Buchdruckerei  (Hermann  Fohle)  in  Jena, 


Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Geh.  Hofr.  Prof.  Dr.  Lenctart  ui  Professor  Dr.  Loeller 

tn  Leipzig  in  Greifswald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  Dlilworin  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Band. 

-o-  Jena,  den  2.  Juni  1894.  -0- 

No.  22. 

—dt.  Zu 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände, 
beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten. 

Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdi'ücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger , Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 

Ueber  das  Wachstum  des  Streptococcus  longus  in 

Bouillon. 

Von 

ß.  Waldvogel,  cancl.  med., 

in 

Gö  ttin  gen. 

Durch  die  Arbeit  von  Knorr  (Archiv  für  Hygiene.  Bd.  XIII), 
dem  es  gelang,  mit  einer  Streptokokkenart  Tiere  gegen  verschiedene 
Streptokokken  zu  immunisieren,  erscheint  die  Spezifität  der  bisher 
aufgestellten  Streptokokkenarten  sehr  in  Frage  gestellt.  Die  Unter- 
scheidung dieser  verschiedenen  Streptokokken  wurde,  abgesehen  von 
der  Virulenzprüfung  und  der  Züchtung  auf  festen  Nährböden,  haupt- 

XV.  Bd.  53 


838 


R.  Waldvogel, 


sächlich  durch  die  von  v.  Lingelsheim  und  Kurth  hervor- 
gehobene Verschiedenheit  im  Bouillon  Wachstum  versucht;  dieselbe 
trennten  einen  die  Bouillon  klar  lassenden,  einen  flockigen  od 
schleimigen  Bodensatz  bildenden,  sehr  lange  Ketten  erzeugende 
Streptococcus  longus  (conglomeratus  u.  s.  w.)  von  einem 
die  Bouillon  diffus  trübenden,  nur  aus  ganz  kurzen  Ketten  bestehen- 
den Streptococcus  brevis.  Doch  gelang  es  v.  Lingelsheim, 
durch  starke  Erhöhung  der  Alkalescenz  und  des  Peptongehaltes  mit 
dem  Streptococcus  longus  ein  mehr  diffuses,  aber  immer  noch 
feinkörniges  Wachstum  zu  bewirken.  Später  wies  Behring  darauf 
hin,  daß  es  Formen  vom  Streptococcus  longus  giebt,  welche 
schon  bei  direkter  Züchtung  aus  dem  Tierkörper  eine  länger  an- 
haltende stärkere,  doch  auch  körnige  Trübung  zeigen.  Endlich  konnte 
Knorr  bei  seinen  Versuchen  mit  Streptococcus  Maertens, 
welcher  eine  Form  des  die  Bouillon  feinkörnig  trübenden  Strepto- 
coccus longus  repräsentiert,  die  Beobachtung  machen,  daß  der- 
selbe allerdings  nur  in  einem  Falle  nach  Passieren  des  Tierkörpers 
die  Bouilion  vollständig  klar  ließ  und  einen  flockigen  Bodensatz 
bildete.  Bei  weiteren  Tierversuchen  mit  dem  letzteren  ging  derselbe 
mit  der  Abnahme  der  Virulenz  in  seine  ursprüngliche  Form  zurück. 

Auf  die  Frage,  ob  es  gelingt,  durch  Züchtung  im  Tierkörper  die 
verschiedenen  Formen  des  Streptokokkenwachstums  in  Bouillon  in- 
einander überzuführen,  beziehen  sich  folgende  Ergebnisse,  welche  bei 
Versuchen  mit  einem  aus  einem  Diphtheriefall  gezüchteten  typischen 
Longus  zufällig  gefunden  wurden.  Derselbe  ließ  die  Bouillon  voll- 
kommen klar  und  erzeugte  auch  bei  längerem  Wachstume  uur  einen 
geringen  krümeligen  Bodensatz.  Bei  mehrfacher  Umzüchtung  auf 
Agar  behielt  er  diese  Eigenschaften  konstant  bei. 

Mit  der  Bouillonkultur  wurde  geimpft  weiße  Maus  No.  1 (26.  März). 

Tod  nach  4 Tagen ; an  der  Injektionsstelle  kleiner  Absceß. 

Züchtung  aus  demselben  ergiebt  Reinkulturen  der  Ausgangsform. 

Züchtung  aus  dem  Herzblute  ergiebt  Reinkulturen  eines  die 
Bouillon  ganz  diffus  trübenden,  keine  Körnung  aufweisenden,  kurze 
Ketten  von  4 — 6 Gliedern  bildenden  Strep  tococcus;  die  bei  allen 
diesen  Impfungen  angewandte  Bouillon  war  von  gleicher  Herkunft, 
schwach  alkalisch. 

Beide  Streptokokkenformen  lassen  bei  mehrfacher  Umzüchtung 
auf  Glycerinagar  und  Rückimpfung  in  Bouillon  stets  dieselben  scharfen 
Unterschiede  erkennen. 

Da  es  sich  trotz  angewandter  Vorsichtsmaßregeln  um  Ver- 
unreinigung handeln  konnte,  wurde  Maus  No.  2 mit  einer  frischen 
Bouillonkultur  des  langen  Streptococcus  geimpft  (31.  März). 

Tod  nach  3 Tagen. 

Die  Impfungen  aus  dem  Herzblute  in  Bouillon  ergaben  wiederum 
diffuse  Trübung  mit  Bildung  ganz  kurzer  Ketten. 

Die  Weiterimpfung  der  Ausgangskultur  wie  der  neugewonnenen 
Streptococcusform  auf  Agar  und  Bouillon  zeigt  stets  dieselben 
Unterschiede. 

Ein  drittes  in  dieser  Richtung  ausgeführtes  Experiment  ergab 
den  gleichen  Befund. 


Ueber  das  Wachstum  des  Streptococcus  longus  in  Bouillon. 


839 


Die  beim  2.  und  3.  Versuche  angewandte  Bouillon  war  dieselbe 
t ie  beim  ersten. 

Auf  Grund  der  von  v.  Lingelsheim  gemachten  Angaben 
irden  beide  Streptokokkenformen  in  eine  stark  alkalische  Bouillon 
überimpft  (20  ccm  Normallauge  auf  1000  ccm  Fleischwasser).  Dabei 
zeigte  sich,  daß  der  lange  Streptococcus  die  Bouillon  auch  in 
den  oberen  Schichten  zu  trüben  begann,  daß  diese  Trübung  jedoch 
keine  diffuse,  sondern  durch  eine  feine  Körnung  hervorgerufen  war, 
während  die  kurze  Form  eine  milchige,  dichte  Trübung  der  Bouillon 
hervorrief.  Umgekehrt  konnte  durch  Verimpfung  der  kurzen  Form 
in  ganz  schwach  alkalische,  fast  neutrale  Bouillon  eine  starke  Ab- 
nahme der  Trübung  bis  zur  fast  völligen  Klarheit  und  das  Auftreten 
einer  feinen  Flockenbildung  mit  starker  Verlängerung  der  Ketten, 
somit  eine  Annäherung  an  die  Ausgangskultur  erzielt  werden. 

Erwähnt  sei  noch,  daß  der  Bodensatz  bei  der  langen  Form  alle 
möglichen  Uebergänge  zwischen  den  von  Kurth  angegebenen  und 
zur  Unterscheidung  verwerteten  Formen  aufwies. 

Beide  Formen  konnten  auf  Kartoffeln  nicht  zum  sichtbaren 
Wachstume  gebracht  werden.  Auf  Agar  zeigten  sich  keine  sichtbaren 
Unterschiede.  Auf  Gelatine  trat  erst  nach  5 Tagen  bei  einer  Durcb- 
schnittstemperatur  von  15°  C sichtbares  Wachstum  ein.  Impfversuche 
mit  der  kurzen  Form  ergaben  für  weiße  Mäuse  ähnliche  Resultate 
wie  mit  der  langen  Form. 

Diese  Versuche  bestätigen  wohl  die  schon  von  Knorr  gewon- 
nenen Resultate  und  zeigen  die  Möglichkeit,  die  beiden  bisher  als 
Unterscheidungsmerkmal  betrachteten  Formen  des  Bouillonwachstums 
als  Longus  und  B re  vis  bei  einem  und  demselben  Strepto- 
coccus durch  Züchtung  im  Tierkörper  zu  gewinnen. 

Die  biologischen  Eigenschaften  wurden  durch  die  morphologischen 
Veränderungen  nicht  berührt. 

Die  ausführlicheren  Mitteilungen  über  die  bakteriologischen  Ver- 
suche und  die  anatomischen  Befunde  des  zu  Grunde  liegenden  Krank- 
heitsfalles werden  in  einer  Dissertation  niedergelegt  werden. 

Für  die  Ueberlassung  des  Materiales  spreche  ich  Herrn  Prof. 
Orth  meinen  Dank  aus  und  erwähne  dankend,  daß  HerrDr.  Asch  off, 
Assistent  am  pathologischen  Institute  zu  Göttingen,  an  diesen  Ver- 
suchen regen  Anteil  nahm. 

Göttingen,  12.  Mai  1894. 


53* 


840 


J.  T i c t i u , 


Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der  Milz  bei  Febris 

recurrens. 

Von 

Dr.  J.  Tictin 

in 

Odessa. 

Wie  KarterJ)und  Koch1 2),  so  beobachtete  auch  Metschni- 
koff3)  bei  seinen  Untersuchungen  an  Affen,  welche  er  mit  Spiro- 
chaete  Obermeie ri  enthaltendem  Blute  impfte,  bei  diesen  Tieren 
Recurrensanfälle.  Bei  seinen  mikroskopischen  Untersuchungen  des 
Blutes  und  der  Organe  der  infizierten  Tiere  in  verschiedenen  Stadien 
der  Recurrensanfälle  fand  er,  daß  während  derselben  die  Spirochäteu 
sich  nur  im  Blute  finden  und  sie  erst  kurz  vor  dem  Abfall  der  Tempera- 
tur, wie  auch  in  den  ersten  Stunden  der  Apyrexie,  aus  dem  Blute 
verschwinden  und  sich  ausschließlich  in  der  Milz,  namentlich  in  den 
Mikrophagen  derselben,  in  welchen  ihre  Verdauung  vor  sich  geht,  au- 
sammeln.  Einige  Jahre  später  wiederholte  Sudakewitsch4 5)  diese 
Versuche  und  kam  zu  denselben  Resultaten.  Außerdem  impfte  er  auch 
noch  mit  Spirochätenblut  Affen,  deren  Milz  früher  entfernt  wurde. 
Das  Resultat  dieser  Versuche  war,  daß  die  Tiere  zu  Grunde  gingen 
und  in  dem  Blute  aller  Organe  sich  Spirochäten  in  großen  Mengen 
finden  ließen.  Außer  anderen  Schlüssen,  welche  er  aus  seinen  und 
Metschnikoff’s  Untersuchungen  zog,  behauptet  er  noch,  daß:  „der 
milzlose  Organismus  der  Affen  einen  günstigen  Boden  für  Spirillen- 
kulturen darstellt ; dieselben  vermehren  sich  unbehindert,  wobei  weder 
die  Drüsen,  das  Knochenmark,  die  Leber,  noch  die  endothelialen 
Zellen  der  Gefäße,  unbeachtet  ihrer  nahen  Berührung  mit  den  Spiro- 
chäten, den  Organismus  von  den  Parasiten,  welche  sich  mehr  und 
mehr  im  Blute  vermehren,  zu  schützen  vermögen.“ 


Die  Recurrensepidemie  in  Odessa  im  Jahre  1892  bot  mir  Ge- 
legenheit, einige  Untersuchungen  an  Affen  vorzunehmen.  Die  Ver- 
suche bestanden  darin,  daß  ich  den  Tieren  einige  Tropfen  spirochäten- 
haltigen Blutes  unter  die  Haut  brachte;  unter  den  Tieren  befanden 
sich  auch  solche,  deren  Milz  längere  Zeit  vor  der  Infektion  entfernt 
war.  Die  Operation  wurde  von  kräftigen  Tieren  gut  überstanden; 
schon  am  6.  Tage  nach  der  Operation  waren  sie  soweit  hergestellt, 
daß  sie  wie  früher  munter  und  lebhaft  wurden  und  wieder  Freßlust 


1)  F.  Loeffler,  Zur  Immunitätsfrage.  (Mitteilungen  aus  dem  Kaiserlichen  Ge- 
sundheitsamte. 1881.  p.  166  u.  167.) 

2)  Mitteil,  aus  dem  Kaiserl.  Gesundh.  1881.  p.  167  u.  168. 

3)  Metschnikoff,  üeber  den  Phagocytenkampf  beim  Rückfalltyphus.  (Vir- 
chow’s  Archiv.  Bd.  CIX.  1887.) 

4)  Sudakewitsch,  Recherches  sur  la  fievre  recurrente.  (Annales  de  l'Institut 
Pasteur.  1891.) 

5)  Loco  cit. 


Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der  Milz  bei  Febris  recurrens. 


841 


zeigten;  die  Wunde  heilte  per  primam.  Erst  einen  Monat  nach  der 
Milzexstirpation  wurden  diese  Tiere  mit  spirochätenhaltigem  Blute 
infiziert.  Ich  halte  es  für  zweckmäßig,  darauf  hinzuweisen,  daß  alle 
diese  Versuche  im  Sommer  vorgenommen  wurden,  da  ich  dadurch  in 
der  Lage  war,  die  Tiere  im  Freien  halten  zu  können,  was  ja  in  Ver- 
bindung mit  sorgfältiger  Pflege  günstig  auf  ihren  Gesundheitszustand 
einwirkte.  Möglicherweise  wären  die  Resultate  anderer  Art  gewesen, 
wenn  die  Versuche  im  Herbst  oder  Winter  unternommen  worden 
wären,  wobei  man  die  Tiere  in  dumpfen,  schlecht  ventilierten,  unge- 
nügend und  ungleichmäßig  geheizten  Räumen  hätte  halten  müssen; 
es  ist  ja  bekannt,  wie  empfindlich  gerade  Affen  gegen  Kälte  und 
schlechte  Luft  sind  : die  Mehrzahl  derselben  geht  bei  uns  unter  solchen 
Verhältnissen  auch  ohne  Operation  zu  Grunde,  wobei  die  Tuberkulose 
die  meisten  Opfer  verlangt.  Es  ist  ja  selbstverständlich,  daß  die 
operierten  und  infizierten  Tiere  gegen  unser  Klima  noch  empfindlicher 
sein  müssen. 


Versuch  I.  Es  werden  2 Affen  — bei  einem  derselben  war 
die  Milz  früher  exstirpiert  — mit  spirochätenhaltigem  Blute  infiziert. 
Der  operierte  Affe  (aus  der  Familie  der  Meerkatzen)  hustete  und 
fieberte  schon  vor  der  Infektion.  Diese  Symptome  konnte  man  un- 
unterbrochen während  der  ganzen  Inkubationszeit  wie  auch  dann,  als 
sich  im  Blute  Spirillen  zeigten,  verfolgen.  Die  Spirillen  zeigten  sich 
am  4.  Tage  nach  der  Infektion:  in  den  ersten  2 Tagen  zeigten  sie 
sich  in  kleineren,  in  den  folgenden  2 Tagen  in  großen  Mengen,  und 
das  Tier  saß  mit  gekrümmtem  Rücken  unbeweglich  da,  fraß  wenig 
und  war  traurig;  am  Abend  des  7.  Tages  nach  der  Infektion  ver- 
endete es;  eine  halbe  Stunde  darauf  wurde  es  seziert.  Die  Autopsie 
zeigte:  in  der  rechten  Lungenspitze  eine  mit  Käsemassen  angefüllte 
Kaverne  von  der  Größe  einer  großen  Erbse;  diese  Spitze  ist  mit 
der  Pleura  verwachsen.  Im  unteren  linken  Lungenlappen,  der  eben- 
falls mit  der  Pleura  verwachsen  ist,  eine  gleiche,  mit  Käsemassen  ge- 
füllte Kaverne.  Die  Leber  vergrößert,  ganz  von  graugelben  Knötchen 
von  der  Größe  eines  Hirsekorns  bis  zu  der  einer  kleinen  Erbse  durch- 
setzt. Einige  Tuberkel  finden  sich  auf  dem  Peritoneum  und  der 
Schleimhaut  des  Dünndarmes.  Alle  Lymphdrüsen  — die  inneren  wie 
auch  die  äußeren  — stellen  fibröse  Kapseln  dar,  die  mit  käseartigem 
Detritus  erfüllt  sind.  Das  Knochenmark  ist  von  rosagelber  Farbe. 

Die  Spirillen  fanden  sich  nur  im  Blute.  Im  Blute  des  Herzens 
eine  große  Menge  beweglicher  Spirillen,  die  teils  einzeln,  teils  in  knäuel- 
artigen Gruppen  zu  finden  sind ; im  Blute  der  Leber  weniger,  in  dem 
des  Gehirns  noch  spärlicher.  In  den  Lymphdrüsen,  dem  Knochen- 
mark, im  Transsudat  des  Pericardiums,  wie  auch  in  der  Galle  lassen 
sich  keine  Spirochäten  entdecken.  In  den  mikroskopischen  Präparaten, 
die  nach  der  Methode  von  Günther  gefärbt  und  von  verschiedenen 
Organen  hergestellt  wurden,  läßt  sich  keine  Erscheinung  der  Phago- 
cytose  nachweisen.  Die  spezifische  Färbung  der  Tuberkelbacillen 
zeigte,  daß  solche  in  den  Kavernen,  dem  Lymphdrüsendetritus  und 


1)  Loco  cit.  p.  561. 


842 


T.  Ticti n, 


der  Leber  vorhanden  sind.  Da  dieser  Affe  an  einer  schweren  Form 
der  Tuberkulose  mit  akutem  Verlauf  litt,  erscheint  es  unentschieden, 
wie  bei  ihm  die  Recurrens  verlaufen  wäre  und  zu  welchen  Folgen 
sie  geführt  hätte,  wenn  das  Tier  nur  milzlos,  im  übrigen  aber  ganz 
gesund  gewesen  wäre. 

Der  gesuude  Affe  (Zati  sinicus  [Cynamolgus]  Reichen- 
bach), gleichzeitig  mit  dem  soeben  beschriebenen  infiziert,  erkrankte 
nach  3 Tagen.  Am  4.  Tage  nach  der  Infektion  fanden  sich  im  Blute 
spärlich  Spirillen  bei  normaler  Temperatur.  Am  Tage  darauf  zeigten 
sich  bedeutend  mehr  Spirillen;  nur  abends  stieg  die  Temperatur  an 
(40,1  °) ; am  Morgen  des  3.  Tages  nach  der  Erkrankung  war  die 
Temperatur  41  °,  doch  waren  die  Spirillen  aus  dem  Blute  ver- 
schwunden; um  2 Uhr  desselben  Tages  fiel  die  Temperatur  auf  38.4°. 
Während  dieser  3 Tage  war  der  Affe  lustig,  lebhaft,  fraß  und  zeigte 
überhaupt  keine  Krankheitserscheinungen , ein  Beweis,  daß  er  den 
Recurrensfall  leichter  als  der  operierte  überstand. 

Versuch  II.  Es  wird  ein  Affe  (Meerkatze),  dem  früher  die 
Milz  exstirpiert  war,  wie  auch  noch  ein  anderer  normaler  Affe  (Meer- 
katze, doch  einer  anderen  Gattung)  mit  Spirillen  infiziert.  Beim  ersten 
Affen  war  weder  eine  Temperatursteigerung,  noch  ein  Erscheinen  der 
Spirillen  im  Blute  bemerkbar;  der  andere  hatte  einen  Rekurrensan- 
fall ; am  5.  Tage  nach  der  Infektion  zeigten  sich  im  Blute  Spirillen 
bei  normaler  Temperatur;  am  folgenden  Tage  bemerkte  man  mehr 
Spirillen,  die  Temperatur  stieg  an ; am  3.  Tage  hörte  der  Anfall  auf. 
Zwei  Wochen  später  wurden  dieselben  Affen  von  neuem  geimpft,  doch 
erkrankte  keiner  von  beiden.  Schließlich  wurde  nach  einiger  Zeit 
eine  wiederholte  Impfung  vorgenommen.  Der  milzlose  Affe  erkrankte 
auch  diesmal  nicht;  der  normale  bekam  einen  Anfall  von  24-stün- 
diger  Dauer.  Also  ungeachtet  der  dreimaligen  Inoku- 
lation blieb  der  milzlose  Affe  immun. 

Es  muß  betont  werden,  daß  dieser  Affe  auch  schon  vor  der  Milz- 
exstirpation immun  war;  die  Milzexstirpation  wurde  vorgenommen, 
um  festzustellen,  ob  nicht  die  Milz  als  Ursache  der  Immunität  zu  be- 
trachten sei.  Außer  diesem  Affen  besaß  ich  noch  einen  anderen, 
welcher  ebenfalls  gegen  Febr.  recurrens  immun  war. 

Versuch  III.  Bei  einem  Affen  (Zatisinicus  [Cynamolgus] 
Reichenbach)  wurde  1 Monat  nach  der  Infektion  mit  Spirillenblut 
(s.  Versuch  I)  die  Milz  entfernt.  Als  sich  das  Tier  vollkommen  von  der 
Operation  erholt  hatte,  wurde  es  von  neuem  infiziert.  Nach  6-tägiger 
Inkubationsperiode  zeigten  sich  im  Blute  bei  normaler  Temperatur 
Spirillen.  Der  Anfall  dauerte  3 Tage,  die  letzten  2 Tage  war  die 
Zahl  der  Spirillen  beträchtlich,  die  Temperatur  erhöht ; der  Affe  be- 
wegungslos, traurig  und  nahm  keine  Nahrung  zu  sich.  An  den  Blut- 
präparaten, die  nach  Günther  gefärbt  waren,  war  keine  Erschei- 
nung der  Phagocytose  zu  eruieren.  Am  4.  Tage  nach  dem  Erscheinen 
der  Spirillen  fiel  die  Temperatur  und  die  Parasiten  verschwanden  aus 
dem  Blute;  der  Affe  erholte  sich  vollkommen.  Die  Abwesenheit  der 
Milz  war  daher  kein  Hindernis  für  die  vollständige 
Genesung.  Da  dieser  Affe  2mal  Recurrensanfälle  hatte  — einen 
vor,  den  anderen  nach  der  Milzexstirpation  — so  erscheint  es  mög- 


Zur  Frage  Uber  die  Bedeutung  der  Milz  bei  Febris  recurrens. 


843 


lieh,  den  Charakter  beider  Erkrankungen  zu  vergleichen.  Der  zweite 
Anfall  verlief  bedeutend  schwerer.  Beim  ersten  war  die  Temperatur 
nur  während  15  Stunden  erhöht,  Spirillen  fanden  sich  im  Blute  wenig; 
im  allgemeinen  keine  Veränderung  am  Tiere  bemerkbar;  beim  zweiten 
Anfall  hielt  die  Temperatursteigerung  2 Tage  lang  an,  Spirillen  fanden 
sich  in  großer  Menge,  das  Tier  saß  unbeweglich  da,  war  traurig,  fraß 
nicht  und  litt  an  einem  heftigen,  schleimigen  Durchfall,  der  noch 
2 Wochen  nach  dem  Recurrensanfall  fortdauerte.  Es  ist  be- 
merkenswert, daß  dieser  Affe  nach  mehrfacher  spä- 
terer Infektion  (einen  Monat  nach  dem  letzten  Anfall,  dann  zwei 
Wochen  darauf  und  zuletzt  zum  3.  Male  noch  3 Wochen  später)  sich 
immun  gegen  dieselbe  erwies. 

Versuch  IV.  Es  wird  ein  Affe  (Meerkatze),  dessen  Milz  früher 
exstirpiert  wurde,  mit  Spirillenblut  geimpft.  Nach  3-tägiger  Inkuba- 
tionsperiode zeigten  sich  im  Blute  bei  normaler  Temperatur  Spirillen 
in  kleinen  Mengen,  am  folgenden  Tage  gab  es  mehr  Spirillen,  sie 
wurden  länger,  die  Temperatur  stieg  au;  im  Laufe  des  3.  und  4.  Tages 
waren  die  Spirillen  in  großen  Mengen  vorhanden,  die  Temperatur 
erhöht;  das  Tier  saß  unbeweglich  da,  war  traurig  und  nahm  keine 
Nahrung  zu  sich.  Am  5.  Tage  verschwanden  die  Spirillen  aus  dem 
Blute,  die  Temperatur  fiel;  der  Affe  erhielt  seinen  früheren  Frohsinn 
und  Appetit  wieder;  nach  einigen  Tagen  erholte  er  sich  vollständig. 
An  den  ausgestrichenen  und  gefärbten  Blutpräparaten  keinerlei  Er- 
scheinung der  Phagocytose.  In  diesem  Falle  genaß  der  Affe, 
obwohl  ihm  die  Milz  exstirpiert  war.  Nach  einigen  Tagen 
wurde  der  Affe  von  neuem  mit  Spirillenblut  geimpft.  Nach  Verlauf 
der  Inkubationsperiode,  welche  diesmal  6 Tage  dauerte,  fanden  sich 
im  Blute  Spirillen  in  kleinen  Mengen,  bei  hoher  Temperatur;  der 
Anfall  dauerte  2 Tage;  darauf  verschwanden  die  Spirillen  aus  dem 
Blute,  die  Temperatur  fiel;  das  Tier  genas.  Also  der  zweite 
Anfall  verlief  leichter  als  der  erste.  4 Tage  nach  der 
Henesung  wurde  der  Affe  zum  3.  Male  geimpft.  Die  Inkubations- 
periode währte  4 Tage;  darauf  zeigten  sich  im  Blute  Spirillen;  in 
den  2 ersten  Tagen  in  kleinen  Mengen,  bei  normaler  Temperatur; 
am  3.  Tage  des  Anfalles  waren  mehr  Spirillen  vorhanden  und  man 
konnte  eine  kurzdauernde  Temperatursteigerung  (von  einigen  Stunden) 
konstatieren;  der  Affe  wurde  sehr  schwach,  lag,  konnte  sich  nicht 
erheben,  fraß  nicht;  am  folgenden  Tage  vermehrten  sich  die  Spirillen, 
tags  war  die  Temperatur  normal,  das  Tier  zeigte  die  Erscheinung  großer 
Prostration;  abends  war  die  Temperatur  bis  35,8°;  am  Abend  des 
5.  Tages  große  Mengen  von  Spirillen,  Temperatur  bis  33°,  der  Affe 
ist  kalt,  starkes  Oedem  der  Hautdecken,  besonders  des  Skrotums; 
am  Morgen  des  6.  Tages  krepierte  das  Tier;  4 Stunden  vor  dem 
Tode  fanden  sich  im  Blute  keine  Spirillen  mehr.  Die 
Autopsie  wurde  18  Stunden  nach  erfolgtem  Tode  vorgenommen  ; es 
fand  sich  folgendes : Das  Herzfleisch  im  Stadium  stark  ausgesprochener 
Fettdegeneratiou ; die  Leber  sehr  hyperämisch ; die  Hautdecken  stark 
ödematös;  in  den  übrigen  Organen  keine  besonderen  Veränderungen. 
Im  Blute  sind  keine  Spirillen  zu  finden.  In  den  ausgestrichenen  und 
gefärbten  Blutpräparaten  aus  verschiedenen  Organen  waren  keine 


844  Tic-tin,  Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der  Milz  bei  Febris  recurrens. 


Spirillen,  weder  in  den  Zellelementen,  noch  außerhalb  derselben  zu 
entdecken.  Dieser  Affe  ging  an  Herzparalyse  zu  Grunde,  worauf  auch 
die  stark  ausgesprochenen  Oedeme  und  bedeutende  Herzfleischver- 
fettung hinweisen.  Jedenfalls  überwand  der  Organismus 
2mal  die  Parasiten  der  Recurrens,  ungeachtet  der 
Abwesenheit  der  Milz. 

Auf  Grund  meiner  Versuche  komme  ich  zu  folgenden  Schlüssen': 

1)  Die  mit  Spirillen  (Spirochaete  Obermeier i)  subkutan  ge- 
impften Affen  erholen  sich  von  den  Anfällen  der  Febris  recurrens 
auch  ohne  Mitwirkung  der  Milz. 

2)  Sie  werden  nicht  allein  gesund,  sondern  erlangen  auch  eine  Im- 
munität gegen  diese  Krankheit. 

3)  Milzlose  Affen  überwinden  die  Anfälle  der  Febr.  recurr.  schwieriger 
als  normale. 

4)  Im  Blute  der  milzlosen  Affen  konnte  man  weder  während  der 
Anfälle  der  Febr.  recurr.,  noch  nach  denselben  Erscheinungen  der 
Phagocytose  nachweisen. 

5)  Affen,  die  (bei  subkutaner  Infection)  immun  gegen  Febr.  recurr. 
sind,  bleiben  immun  auch  nach  der  Milzexstirpation. 

Die  Resultate  meiner  Versuche  widersprechen  vollkommen  denen 
Sudakewitsch’s,  nach  dessen  Angaben  die  milzlosen  Affen  schon 
bei  dem  ersten  Anfall  der  Febr.  recurr.  krepierten. 

Wovon  hängt  also  dieser  Unterschied  ab?  Wenn  man  sich 
erinnert,  daß  nicht  selten  die  milzlosen  Affen  während  eines  Anfalles 
der  Febr.  recurr.  sich  im  Stadium  einer  so  tiefen  Prostration  befinden, 
daß  der  Einfluß  unbedeutender  schädlicher  Momente  genügt,  um  sie 
zu  töten,  so  wird  es  verständlich  sein,  woher  die  Differenz  der  Re- 
sultate Sudakewitsch’s  und  der  meinigen.  Bei  einem  Affen  Su- 
dakewitsch’s1 2) fand  sich  am  Os  parietale  ein  ziemlich  tiefer  Ein- 
druck von  0,7  cm  im  Durchmesser  (traumatisch  ?) ; obgleich  an 
der  inneren  Fläche  des  Knochens,  entsprechend  der  Vertiefung,  und 
am  Gehirn  sich  keine  Veränderungen  vorfanden,  so  konnte  doch  der 
Schlag  auf  den  Schädel  — worauf  der  Eindruck  hinwies  — so 
stark  gewesen  sein,  daß  er  den  Tod  des  durch  einen  sehr  starken 
Anfall  geschwächten  Tieres  hervorrufen  konnte  (durch  Gehirnerschütte- 
rung). Bei  einem  anderen  Affen  *)  waren  bedeutendere  Veränderungen : 
ein  Absceß  im  Peritonealraume,  Perihepatitis,  in  den  Lungen  Mengen 
von  Infarkten  von  der  Größe  einer  Stecknadel  bis  zu  der  eines 
Kirschkernes.  Daß  die  Existenz  nur  eines  Abscesses  den  Tod  eines 
milzlosen  Affen  hervorrufen  kann,  beweist  einer  meiner  eigenen  Fälle: 
ein  Affe,  dem  ich  die  Milz  exstirpierte,  fing  an,  sich  nach  der 
Operation  zu  erholen,  die  Wunde  heilte;  das  Tier  fraß  alles,  erlangte 
seine  frühere  Munterkeit  wieder  und  schien  vollkommen  gesund;  am 
Anfang  der  3.  Woche  fand  man  ihn  eines  Morgens  krank  im  Käfig; 
gegen  Abend  desselben  Tages  krepierte  er.  Nach  Eröffnung  fand 
sich  am  Operationsstumpfe  der  Milz  ein  Absceß  von  der  Größe  einer 
Kirsche;  in  den  übrigen  Organen  keine  Veränderungen. 


1)  Loco  cit. 

2)  Loco  eit. 


M.  Lunkewitsch,  Beitrag  zur  Biologie  des  Bacillus  typhi  murium  etc.  845 

Die  Versuche  Sudakewitsch’s  an  Affen,  bei  welchen  die  Milz 
exstirpiert  war,  beweisen  also  gar  nicht,  daß  die  Tiere  deshalb 
während  eines  Anfalls  der  Febr.  recurr.  zu  Grunde  gingen,  weil  sie 
milzlos  waren. 

Die  Resultate  meiner  Versuche  stehen  im  Widerspruche  mit 
denen  von  Metschnikoff,  aus  welchen  hervorgeht,  daß  die  Spirillen 
am  Ende  eines  Anfalles  der  Febr.  recurr.  sich  in  der  Milz  ansammeln, 
wo  sie  auch  zu  Grunde  gehen.  Doch  ist  dieser  Widerspruch  nur 
ein  scheinbarer,  da  die  Versuche  Met  sehn  ikoff’s  sich  auf  normale 
Affen  beziehen  uud  nicht  auf  solche,  bei  denen  die  Milz  entfernt 
war.  Es  kann  sein,  daß  bei  milzlosen  Affen  irgend  eine  Kompensation 
im  Kampfe  des  Organismus  mit  den  Spirillen  zustande  kommt, 
d.  h.  daß  die  Zellelemente  anderer  Organe  für  sie  (Milz)  eintreten. 
Ob  dem  so  ist,  konnten  wir  leider  nicht  feststellen,  da  die  Recurrens- 
epidemie  bei  uns  in  Odessa  aufhörte  nnd  wir  nicht  die  Möglichkeit 
hatten,  das  für  die  Versuche  nötige  Material  zu  beschaffen. 

Odessa,  19.  April  1894. 


Beitrag  zur  Biologie  des  Bacillus  typhi  murium  (Loeffler) 
und  seine  Virulenz  gegen  die  Feld-  und  Hausmäuse. 

Von 

Dr.  M.  Lunkewitsch 

in 

Tiflis. 

Da  in  einigen  Bezirken  des  Kaukasus  die  Ernte  durch  die  große 
Menge  von  Feldmäusen  vernichtet  wurde,  so  wandte  sich  die  kau- 
kasische landwirtschaftliche  Gesellschaft  an  den  Verf.  mit  der  Bitte, 
in  dem  von  ihm  verwalteten  militär-medizinischen  Laboratorium  zu 
Tiflis  die  Virulenz  der  von  Prof.  Loeffler  bezogenen  Kulturen  des 
Bacillus  typhi  murium  gegen  die  kaukasischen  Feldmäuse1)  zu 
erproben.  Die  Versuche  wurden  in  3 Gruppen  eingeteilt:  1.  Gruppe: 
Einmaliges  Füttern  der  Mäuse  mit  dem  in  eine  eintägige  Bouillon- 
kultur des  Bac.  typhi  murium  eingetauchten  Brote;  an  folgenden 
Tagen  wurde  nicht  infiziertes  Brot  gegeben.  2.  Gruppe:  Infizieren 
der  Mäuse  durch  die  Kadaver  der  an  Typhus  murium  verendeten 
Individuen,  zu  gleicher  Zeit  wurden  die  Mäuse  vom  Anfänge  des 
Versuches  an  reichlich  mit  Brot  versorgt.  3.  Gruppe:  Füttern  der 
Mäuse  mit  Brot,  das  mit  infiziertem  Strohinfus  durchtränkt  wurde 
(auf  1 1 des  Infuses  wurde  eine  ganze  Eprouvette  der  Agarkultur  des 
Bacillus  zugesetzt). 

Die  Versuche  wurden  mit  den  Feldmäusen  und  den  Hausmäusen 
gemacht.  Auf  2 — 3 Tiere  nahm  man  5 ccm  einer  eintägigen  Bouillon- 
kultur des  Bacillus. 


1)  Die  kaukasische  Species  erwies  sich  als  Arvicola  arvalis. 


346  M.  Lunkewitsch,  Beitrag  zur  Biologie  des  Bacillus  typhi  murium  etc. 


Zu  den  Experimenten  der  ersten  Gruppe  wurden  3 Feldmäuse 
benutzt,  zu  denen  zweiter  7 Feldmäuse  und  zu  denen  der  dritten 
Gruppe  2 Feldmäuse. 

Die  Resultate  waren  folgende: 

1)  Der  Bacillus  typhi  murium  ist  für  die  kaukasischen 
Feldmäuse  vollkommen  pathogen,  durch  einmaliges  Füttern  mit 
infiziertem  Brote  starben  die  Tiere  nach  5—6  Tagen. 

2)  Die  durch  Kadaver  infizierten  Feldmäuse  starben  nach  4 bis 
8 Tagen,  größtenteils  aber  nach  5 — 6 Tagen. 

3)  Die  Feldmäuse  zernagen  nicht  nur  die  Kadaver,  sondern  es 
töten  und  benagen  sogar  die  gesunderen  und  stärkeren  Tiere  die 
kranken  und  schwachen. 

4)  In  allen  Organen  und  im  Blute  der  an  Typhus  verendeten 
Mäuse  war,  wie  sich  aus  den  Gelatineplattenkulturen  erwies,  nur  eine 
Reinkultur  des  Bacillus  zu  finden. 

5)  Beim  Füttern  mit  dem  in  die  Strohinfuskultur  eingetauchten 
Brote  starben  die  Mäuse  nach  10 — 11  Tagen. 

Was  die  Hausmäuse  anbetrifft,  so  gaben  die  Versuche  folgende 
Resultate: 

1)  Für  die  Hausmäuse,  wie  sich  aus  den  Versuchen  an  36  Mäusen 
erwies,  ist  der  Bacillus,  wenn  mit  dem  Futter  verabreicht,  ganz 
unpathogen. 

2)  Beim  Infizieren  der  Hausmäuse  mit  den  Kadavern  der  an 
Typhus  verendeten  Feldmäuse  (an  denen  die  Hausmäuse,  nebenbei 
gesagt,  nur  sehr  ungern  nagen,  sogar  wenn  man  ihnen  gar  keine 
andere  Nahrung  giebt)  starben  aus  vielen  Objekten  nur  5 und  sehr 
spät,  die  eine  Maus  nach  17  Tagen,  die  zweite  nach  24,  die  dritte 
nach  32,  die  vierte  nach  35  und  die  fünfte  sogar  nach  47  Tagen. 
In  ihren  Organen  konnte  man  den  Bac.  typhi  murium  in  Rein- 
kultur finden. 

3)  Bei  der  Subkutaninjektion  des  Bacillus  starben  die  Haus- 
mäuse nach  24  Stunden  und  in  ihren  Organen  wie  auch  im  Blute 
waren  die  Bacillen  in  großer  Menge  vorhanden. 

4)  Bei  den  an  Typhus  verendeten  Hausmäusen  konnte  man 
3 — 4 Tage  vor  dem  Tode  eine  Parese  der  Hinterfüße  beobachten, 
später  auch  der  Vorderfüße,  was  bei  den  Feldmäusen  nicht  zu  be- 
merken war. 

Der  Bacillus  typhi  murium  (Loeffler)  tötet  also  auch 
die  kaukasische  Feldmaus  schnell  und  sicher;  die  Neigung  der  Feld- 
mäuse, sogar  beim  Vorhandensein  reichlicher  Nahrung  an  den  Ka- 
davern zu  nagen  und  die  Möglichkeit,  Strohinfus  statt  Bouillon 
anzuwenden,  wodurch  die  Lo eff  1 er’sche  Methode  auf  den  Feldern 
eine  sehr  billige  wird,  ist  von  großem  praktischem  Werte. 

Tiflis,  23.  April  1894. 


Hans  Reichenbach,  Ueber  einen  neuen  Brütofen  etc. 


847 


Ueber  einen  neuen  Brütofen  für  beliebiges  Heizmaterial. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  zu  Göttingen.] 

Von 

Dr.  Hans  Reichenbach, 

Assistenten  des  Instituts. 

Mit  2 Figuren. 

Das  Bedürfnis  nach  einem  Brütofen  für  Petroleumheizung  ist  kein 
großes.  Die  meisten  Laboratorien,  in  denen  bakteriologische  Unter- 
suchungen ausgeführt  werden,  sind  mit  Gasleitung  versehen,  und  die 
Vorteile  und  Bequemlichkeiten  der  Gasheizung  sind  so  beträchtlich, 
daß  man  nur  im  Notfälle  zu  einem  anderen  Brennmateriale  greifen  wird. 

Wenn  ich  trotzdem  einen  ursprünglich  für  Petroleumheizung  kon- 
struierten Thermostaten  im  Folgenden  kurz  beschreibe,  so  möchte  ich 
das  damit  rechtfertigen,  daß  er  neben  der  Verwendbarkeit  für  be- 
liebiges Heizmaterial  einige  andere  Vorzüge  besitzt,  die  wir  bei  nun- 
mehr fast  einjährigem  Gebrauche  im  Göttinger  hygienischen  Institute 
an  ihm  erprobt  haben. 

Der  Brütofen  ist  von  der  Firma  F.  Sartorius,  Göttingen,  in 
Anlehnung  an  ein  englisches  Modell  (Patent  Hearson)  folgender- 
maßen gebaut:  Der  Brütraum  hat  die  Gestalt  eines  Parallelepipedons 
und  wird  an  fünf  Seiten  von  einem  Wassermantel  umgeben,  die  sechste, 
vordere,  ist  durch  eine  Thür  von  starkwandigem  Spiegelglase  ver- 
schlossen und  kann  zum  Schutze  gegen  das  Licht  noch  mit  einer 
Filzdecke  verkleidet  werden.  Die  Innenwandungen  sind  der  besseren 
Wärmeabgabe  wegen  aus  Wellblech  hergestellt.  Nach  außen  ist  der 
Wassermantel  von  einer  dicken  Kieselgubrschicht  umkleidet,  die  äußere 
Umhüllung  des  ganzen  Apparates  bildet  ein  Zinkmantel  mit  Wachs- 
tuchüberzug. Sämtliche  Wandungen  bestehen,  soweit  sie  mit  Wasser 
in  Berührung  kommen,  aus  Kupferblech.  Die  zur  Heizung  benutzte 
Gas-  oder  Petroleumlampe  befindet  sich  seitlich;  vermittelst  eines 
u-förmig  gebogenen  Rohres  cc,  das  in  horizontaler  Richtung  von  dem 
der  Lampe  als  Schornstein  dienenden  senkrechten  Rohre  S abgeht, 
werden  die  Heizgase  durch  den  Wassermantel  geführt.  Sie  nehmen 
diesen  Weg  aber  nur,  wenn  der  Schornstein  oben  durch  den  Deckel 
d verschlossen  ist,  anderenfalls  entweichen  sie  hier  direkt,  ohne  den 
Apparat  zu  durchziehen. 

Die  selbstthätige  Regulierung  der  Temperatur  geht  nun  auf 
folgende  Weise  vor  sich.  Im  Brütraume  befindet  sich  eine  elastische, 
mit  einer  leicht  siedenden  Flüssigkeit  gefüllte  Kapsel  h aus  Neusilber- 
wellblech. Die  Bewegung  dieser  Kapsel  wird  auf  den  Stift  s und 
von  da  durch  Vermittlung  der  Schraube  j auf  den  einarmigen  Hebel 
h übertragen,  an  dessen  freiem  Ende  der  Deckel  d über  dem  Schorn- 
steine herabhängt.  Bei  steigender  Temperatur  dehnt  sich  die  Kapsel 
aus,  die  Bewegung  geht  auf  den  Hebel  und  stark  vergrößert  auf  den 
Deckel  über;  dieser  hebt  sich,  läßt  die  Mündung  des  Schornsteins 
frei  und  die  Heizgase  entweichen  ganz  oder  zum  Teil  ins  Freie.  Das 


848 


Hans  Reichenbach, 


Umgekehrte  findet  statt,  wenn  bei  sinkender  Temperatur  die  Tension 
der  Dämpfe  in  der  Kapsel  sich  verringert.  Zur  Einstellung  der  ge- 
wünschten Temperatur  dient  die  Schraube  j , durch  deren  Bewegung 
der  Hebel  und  mit  ihm  der  Deckel  gehoben  oder  gesenkt  werden 
kann ; behufs  feinerer  Regulierung  soll  das  Laufgewicht  g auf  dem  Hebel 
verschoben  werden.  Man  kann  aber  bei  einiger  Vorsicht  ganz  gut 
mit  der  Schraube  allein  auskommen  und  das  Laufgewicht  ganz  fort- 


Fig.  1. 

nehmen  oder  möglichst  nahe  am  Drehpunkte  ein  für  allemal  fest- 
schrauben, wodurch  der  Vorteil  geringerer  Belastung  der  Kapsel  und 
damit  größerer  Empfindlichkeit  erzielt  wird. 

Für  weit  auseinanderliegende  Temperaturen  bedarf  man  mehrerer 
Kapseln  mit  verschiedener  Füllung.  Ein  und  dieselbe  Kapsel  ist  für 
ein  Temperaturintervall  von  etwa  10°  brauchbar,  man  wird  also  bei 
bakteriologischen  Arbeiten  für  gewöhnlich  mit  zweien,  von  denen  die 
eine  bei  Temperaturen  von  20 — 30°,  die  andere  von  30 — 40°  ange- 
wandt wird,  vollständig  ausreichen. 


Ueber  einen  neuen  Brütofen  für  beliebiges  Heizmaterial. 


849 


Wie  alle  Dampftensionsregulatoren  ist  auch  der  beschriebene  vom 
Barometerstände  abhängig.  Da  es  sich  hier  aber  um  Flüssigkeiten  von 
sehr  niedrigem  Siedepunkte,  also  großer  Dampftension  handelt,  so  sind 
die  kleinen,  durch  den  Luftdruck  hervorgerufenen  Volumänderungen 
gegenüber  den  schon  durch  geringe  Wärmeunterschiede  bewirkten 
Spannungsschwankungen  ohne  große  Bedeutung,  Thatsächlich  hat 
ein  im  hiesigen  Institute  seit  fast  einem  Jahre  in  Beobachtung  befind- 
licher Sartorius’scher  Brütofen  bei  einem  Barometerstände,  der 
zwischen  728  und  762  mm  schwankte,  als  größte  Temperaturdifferenz 


Fig.  2.  Vertikalschnitt. 


0,7 0 gezeigt.  Bei  gleichbleibendem  Luftdrucke  ist  auch  die  Temperatur 
konstant,  die  Schwankungen  betragen  dann  höchstens  0,1°. 

Da  bei  unserem  Thermostaten  im  Gegensätze  zu  anderen  Kon- 
struktionen durch  die  Regulierungsvorrichtung  nicht  die  Gaszufuhr 
zur  Flamme,  sondern  nur  der  Weg  der  Heizgase  verändert  wird,  so 
könnte  es  scheinen,  als  ob  hier,  bei  der  Anwendung  von  Gas  als  Heiz- 
material, eine  unnötige  Verschwendung  getrieben  würde.  Indessen 
liegen  die  Verhältnisse  doch  wesentlich  günstiger,  als  man  danach  er- 
warten sollte,  sobald  man  nur  dafür  sorgt,  daß  die  Flamme  nicht  viel 
größer  brennt,  als  gerade  zur  Erhaltung  der  Temperatur  nötig  ist. 
Es  gelingt  mit  einiger  Geduld,  den  Gasverbrauch  so  zu  regeln,  daß 
der  Deckel  dem  Schornsteine  fast  ganz  aufliegt,  daß  also  thatsächlich 


850 


Hans  Reichenbach,  lieber  einen  neuen  Brütofen  etc. 


nahezu  die  gesamte  produzierte  Wärme  dem  Apparate  zu  gute  kommt. 
Unser  Ofen,  dessen  Brütraum  die  Dimensionen  25X25X35  cm  hat, 
verbraucht  bei  Einstellung  auf  37  0 in  24  Stunden  580  1 Gas.  Jeden- 
falls tragen  auch  die  günstige  Anordnung  des  Heizrohres  und  die 
gute  thermische  Isolierung  viel  zur  Verminderung  des  Gasverbrauchs 
bei.  Als  Vergleich  möge  dienen,  daß  ein  d’ Arsonval’scher 
Thermostat  von  annähernd  gleicher  Größe  in  derselben  Zeit  530  1 
braucht. 

Eine  Einrichtung  des  Brütofens  möchte  ich  noch  besonders  her- 
vorheben, da  sie  ihre  Entstehung  einer  aus  dem  hiesigen  Institute  her- 
vorgegangenen Anregung  verdankt.  Es  ist  dies  eine  Vorrichtung 
zum  Befeuchten  der  Ventilationsluft.  Um  einen  regulierbaren  Luft- 
wechsel im  Apparate  zu  ermöglichen,  ist  der  Boden  durchbrochen 
und  in  der  Decke  befindet  sich,  durch  einen  Schieber  v verschließbar, 
eine  Reihe  von  Abzugsöffnungen.  Bevor  die  Luft  in  den  Brütraum 
eintritt,  durchströmt  sie  die  in  der  unteren  Oeflnung  angebrachte  Be- 
feuchtungsvorrichtung, einen  flachen,  mit  Wasser  gefüllten  Blech- 
kasten <2,  der  zur  Vermehrung  der  verdunstenden  Oberfläche  einen 
mit  Leinwand  oder  besser  Filtrierpapier  überzogenen  Einsatz  aus 
durchbrochenem  Zinkblech  trägt.  Das  Wasser  wird  durch  die  seit- 
lich angebrachte  Sturzflasche  auf  konstantem  Niveau  erhalten.  Eine 
ähnliche  Vorrichtung  haben  wir  auch  an  unserem  d’ A r so nval’ sehen 
Thermostaten  schon  seit  Jahren  in  Gebrauch  und  sind  mit  dem  Er- 
folge durchaus  zufrieden. 

Allerdings  darf  mau  sich  von  einem  solchen  Befeuchtungsapparate 
nicht  allzuviel  versprechen.  Welchen  Grad  der  Trockenheit  die  Luft 
im  Brütraume  annehmen  muß,  zeigt  eine  einfache  Rechnung.  Nehmen 
wir  an,  die  Luft  träte  mit  einer  Temperatur  von  18°  und  einer  rela- 
tiven Feuchtigkeit  von  30  Proz.  in  den  Apparat  ein  — was  für  die 
Verhältnisse  im  Winter  meistens  annähernd  zutreffen  wird  — so  muß, 
wenn  sie  keine  Gelegenheit  hat,  Wasserdampf  aufzunehmen,  bei  einer 
Erwärmung  auf  37  0 ihre  relative  Feuchtigkeit  auf  10  Proz.  sinken. 
Es  ist  deshalb  immerhin  schon  eine  erfreuliche  Leistung,  wenn  es  ge- 
lingt, diese  enorme  Trockenheit  merklich  zu  verringern.  In  unserem 
Thermostaten  stellt  sich  bei  reichlicher  Ventilation  die  Feuchtigkeit 
auf  40  Proz.,  bei  vollkommen  geschlossenem  Schieber  auf  60  Proz.  ein. 
Ohne  Befeuchtungsvorrichtung  beträgt  sie  unter  den  der  vorstehenden 
Rechnung  zu  Grunde  liegenden  Bedingungen  14  Proz.  Wahrscheinlich 
läßt  sich  übrigens  durch  eine  noch  günstigere  Anordnung  der  wasser- 
abgebenden  Fläche  der  Effekt  auch  noch  erhöhen. 

Göttingen,  den  8.  Mai  1894. 


Krückmann,  Eine  Methode  zur  Herstellung  bakteriologischer  Museen  etc.  851 


Eine  Methode  zur  Herstellung  bakteriologischer 
Museen  und  Konservierung  von  Bakterien. 

[Aus  dem  pathologischen  Institute  zu  Rostock.] 

Von 

Dr.  Emil  Krückmann, 

2.  Assistent  am  pathologischen  Institute. 

Durch  den  persönlichen  Verkehr  mit  Herrn  Dr.  He  gl  er,  Assi- 
stenten am  hiesigen  botanischen  Institute,  erfuhr  ich,  daß  die 
gebräuchlichen  Bakteriennährböden,  wie  Gelatine  oder  Agar, 
durch  Formalin  gegerbt  werden  und,  so  behandelt,  durchsichtig 
bleiben,  solange  Formalin  sich  auf  ihrer  Oberfläche  befindet.  Auf 
Grund  eigener  Untersuchungen  hat  derselbe  diese  Methode  verwandt, 
um  die  sog.  Wurzelhöschen  in  Gelatine  zu  konservieren.  Da  außer 
Pflanzen  höherer  Ordnung  sich  diese  Eigenschaft  besonders  bei  den 
Bakterien  verwerten  ließ,  habe  ich  in  dieser  Weise  Untersuchungen 
angestellt,  die  befriedigende  Resultate  hatten. 

Eine  Lösung  von  Formalin  und  Wasser  1 : 4 gab  sehr  häufig 
sowohl  im  Reagenzglase  als  auch  auf  der  Platte  einen  grauen 
Niederschlag,  d.  h.  es  bildete  diese  aufgeschichtete  Lösung  eine 
graue,  undurchsichtige  Flüssigkeit.  Außerdem  wurden  sowohl  im 
Stiche  wie  auf  schrägem  Nährboden,  besonders  aber  auf  der  Platte 
die  Kolonieen,  gleichgiltig,  ob  sie  verflüssigten  oder  nicht,  wegge- 
spült, auch  wenn  sie  unmittelbar  nach  dem  Aufgießen  an  Ort  und 
Stelle  erhalten  waren.  Nach  1 — 2 Stunden  schwammen  sie  entweder 
auf  oder  in  der  Flüssigkeit  umher  oder  sie  hatten  die  Oberfläche 
des  Nährbodens  getrübt,  indem  von  den  Kolonieen  aus  graue 
Bakterienmassen  sich  diffus  in  und  auf  die  Umgebung  lagerten.  Bei 
stärkerer  Konzentration  wurde  sowohl  der  Niederschlag  der  Lösung 
selbst  geringer,  als  auch  das  Haftenbleiben  der  Kolonieen  an  Ort 
und  Stelle  ein  häufigeres.  Diesen  Lösungen  von  Formalin  und 
Wasser  wurden  sodann  verschiedene  Fixieruugsmittel  zugesetzt,  und 
zwar  habe  ich  davon  eine  große  Menge  probiert.  Fast  alle  verdarben 
entweder  die  Kolonieen,  oder  das  Aussehen  des  Nährbodens,  oder 
beides.  Nur  zwei  erfüllten  in  dieser  Beziehung  ihren  Zweck,  das 
Sublimat  und  die  konzentrierte  reine  Salpetersäure.  Ersteres  hat 
mich  zuletzt  nie  mehr  im  Stiche  gelassen,  während  ich  der  Salpeter- 
säure nur  einen  kleinen  Distrikt  einräumen  kann,  in  dem  sie  dann 
allerdings  vorzügliche  Dienste  leistet.  Zuweilen  müssen  das  Sublimat 
und  die  Salpetersäure  nach  einander  angewandt  werden.  In  3/i-  bis 
1-proz.  Dosis  angewandt,  verursacht  das  Sublimat  meistens  noch 
starke  Trübungen.  Die  Kolonieen  sind  schließlich  kaum  mehr  an 
den  Nährböden  zu  unterscheiden;  ganz  gleichmäßig  grau  sieht  der 
Inhalt  des  Reagenzglases  aus.  In  geringer  Dosis  — am  besten  bis 
0,1  Proz.  der  genannten  Flüssigkeit  — hat  bei  meinen  Versuchen 
das  Sublimat  nie  mehr  gestört.  Die  Nährböden  bleiben  vollkommen 
klar  und  durchsichtig  und  die  Kolonieen  lassen  sich  sowohl  in  An- 
ordnung wie  Farbe  und  Form  von  allen  Seiten  prächtig  abgrenzen, 
so  daß  man  den  Eindruck  von  frisch  angelegten  Kulturen  hat.  Beim 


852 


Emil  Krückmann, 


schrägen  Agar  z.  B.  sieht  oft  schon  von  der  hinteren  Seite  die  Kultur 
ganz  besonders  schön  aus,  weil  der  an  und  für  sich  im  Verhältnis 
zu  der  Gelatine  meist  etwas  trübere  Agar  nach  der  Formalinbehaud- 
lung  mitunter  glänzender  und  durchsichtig  wird.  Kleine,  sowie 
granulierte  Kolonieen,  wie  die  Streptokokken,  Tuberkel- 
und  Milzbrandbacillen,  kommen  dann  besser  zur  Geltung. 
Die  Salpetersäure  wird  nur  in  kleiner  Dosis  benutzt.  2 bis 
4 Tropfen  werden  mit  der  wässerigen  Formalinlösung  auf  je 
eine  Platte  oder  ein  Reagenzglas  verwandt.  Dieselbe  hat  in 
vielen  Fällen  — ganz  allgemein  ausgedrückt  — die  Eigen- 
schaft, zu  bleichen,  d.  h.  die  Farben  werden  matter  und 
blasser.  Es  verliert  z.  B.  das  Spirillum  rubrum  schon  nach 
einer  halben  Stunde  seine  schöne  rote  Farbe,  desgleichen  wird  mit- 
unter die  Gelatine  so  klar  und  hell,  daß  man  die  aufgeschichtete 
Flüssigkeit  kaum  von  der  Gelatine  abgrenzen  kann,  was  ich  besonders 
bei  verflüssigenden  Kulturen,  die  oben  eine  Luftblase  haben , wie  bei 
allen  Cholera-  und  choleraähnlichen  sehr  empfunden  habe.  Zuweilen 
trübt  Salpetersäure  auch  Zuckeragar,  so  daß  z.  B.  bei  den  gasbilden- 
den Arten  die  Blasen  deutlicher  und  die  Kulturen  undeutlicher 
werden.  Unter  einer  Bedingung  jedoch  vernotwendigt  sich  der 
Gebrauch  der  Salpetersäure.  Es  kommt  in  einigen  Fällen  vor,  daß 
nach  dem  Zugießen  der  wässerigen  sublimathaltigen  Formalinlösung 
die  ganze  Gelatine  einen  Stich  ins  Grünliche  erhält.  Der  Grund  ist 
mir  unklar.  Gießt  man  dann  diese  Flüssigkeit  ab  und  frische 
Formalinlösung  wieder  hinein,  der  einige  Tropfen  Salpetersäure  zu- 
gefügt werden,  so  wird  die  Gelatine  wieder  hell.  Man  muß  nun 
kontrollieren,  bis  die  grüne  Farbe  verwischt  ist,  um  dann  entweder 
wässerige  Formalinlösung  aufzugießen  oder  direkt  schon  Formalin. 
Ein  nach  mehreren  Stunden  im  Nährboden  auftretender  grauer  Ring 
ist  als  Diffusionszone  aufzufassen.  Er  verschwindet,  sobald  er  den 
Boden  des  Gefässes  erreicht  hat. 

Gewöhnlich  härtet  und  gerbt  die  wässerige  Formalinlösung 
bald,  d.  h.  in  einigen  Tagen.  Ist  der  Nährboden  mit  seinem 
Bakterienmateriale  fixiert,  so  gieße  ich  reines  Formaliu  auf,  so  daß  die 
ganze  Oberfläche  bedeckt  ist.  Das  Präparat  ist  nun  fertig.  Be- 
merken will  ich,  daß  das  Aufgießen  sehr  vorsichtig  und  langsam  ge- 
schehen muß.  Unter  allen  Umständen  ist  es  weiter  nötig,  den  ganzen 
Nährboden  mit  der  Flüssigkeit  zu  bedecken;  denn  sonst  bilden  sich 
häufig  an  der  Grenze  Trübungen  in  dem  unbedeckten  Nährboden, 
die  sich  ziemlich  oft  auch  in  den  bedeckten  Teil  hineinstrecken. 
Beim  schrägen  Agar  ist  es  ferner  besser,  das  ausgepreßte  Wasser, 
das  sog.  Kondensationswasser,  vorher  abzugießen,  denn  es  kann  in 
doppelter  Hinsicht  den  Versuch  beeinträchtigen.  Da  das  Formalin 
und  auch  die  wässerige  Formalinlösung  spezifisch  schwerer  ist  als 
dieses  Wasser,  so  kommt  letzteres  beim  Angießen  auf  die  Oberfläche 
der  Flüssigkeit  und  schwemmt  die  Mikroorganismen  fort,  bevor  die- 
selben von  der  fixierenden  Flüssigkeit  benetzt  werden.  Alsdann  ent- 
hält, zumal  bei  tief  angelegtem  Striche,  dies  Wasser  auch  immer 
Bakterien,  welche  durch  das  Zugießen  in  der  Flüssigkeit  verteilt 
werden,  um  später  auf  der  Oberfläche  des  Glases  und  des  Nähr- 
bodens haften  zu  bleiben. 


Eine  Methode  zur  Herstellung  bakteriologischer  Museen  etc. 


853 


Meistens  stelle  ich  das  zu  verwendende  Agar  einen  Tag  vor 
der  Impfung  in  den  Brütofen  und  gieße  nach  24  Stunden  das  aus- 
gepreßte Wasser  ab,  möglicherweise  wiederhohle  ich  dies.  Bei  nicht 
pathogenen  Mikroorganismen  habe  ich  auch  nach  der  Entwickelung 
der  Kolonieen  mitunter  einige  Tropfen  der  Formalinlösung  vorsichtig 
an  der  freien  Glasfläche  hineinlaufen  lassen  und  dann  ebenso  vor- 
sichtig die  Mischung  ausgegossen.  Dies  muß  nach  Umständen  gleich- 
falls wiederholt  werden. 

Bei  schrägen  Kulturen,  gleichgiltig,  ob  Gelatine,  Agar  oder 
Kartoffel,  gießt  man  am  besten  so  zu,  als  wenn  man  überschichten 
will,  indem  man  beide  Gläser  fast  horizontal,  Ma 


Die  Oberfläche  aller  schrägen  Nährböden  muß 
der  Impfung  unbedingt  trocken  sein.  Am  besten  kontrolliert  man 
dies  dadurch,  daß  die  untere  dickere  Partie  sich  von  der  Glas- 
wand abhebt.  Da  bei  Gelatine,  sowie  bei  Agar,  dem  etwas  Gela- 
tine zugesetzt  ist,  dies  sehr  spät  eintritt,  so  trocknet  man  diese 
Nährböden  am  besten  vorher  aus.  Ueberhaupt  ist  das  Austrocknen 
bei  schrägen  Nährböden  sehr  empfehlenswert,  weil  die  sich  selbst 
überlassenen  Kolonieen  nach  einiger  Zeit  doch  häufig  von  ihrem 
typischen  Aussehen  eiubüßen,  während  sie  durch  die  kurze  Zeit  der 
künstlichen  Austrocknung  nicht  geschädigt  werden;  höchstens  wird 
die  oberste  Partie  des  schrägen  Nährbodens  wegen  ihrer  Dünne  so- 
wie ihrer  großen  Nähe  zur  Austrocknungsflüssigkeit  etwas  rissig. 
Dies  geschieht  aber  nur  bei  längerer  Austrocknung.  Die  besten 
Dienste  hat  mir  folgendes  geleistet: 

Ich  nehme  ein  weites  Standgefäß  und  stelle  in  dieses  ein  Becher- 
glas mit  den  auszutrocknenden  Reagenzgläsern,  gieße  englische  Schwefel- 
säure um  letzteres  herum  UDd  fülle  es  außerdem  mit  soviel  Hagel- 
körnern, bis  dasselbe  fest  im  Gefäße  steht;  darauf  bedecke  ich  das 
Ganze  mit  einer  Glasscheibe,  nachdem  der  Rand  des  Gefäßes  mit 
Vaseline  eingefettet  worden.  Auf  diese  Weise  ist  es  mir  z.  B.  ge- 
lungen, innerhalb  21/2  Tagen  auf  schrägem  Agar  eine  frische  typische 
Milzbrandkultur  zu  gewinnen.  Am  16.  April  morgens  impfte 
ich  eine  Maus,  die  am  17.  nachmittags  starb.  Kurze  Zeit  nach  dem 
Tode  zog  ich  dieselbe  durchs  Wasser,  öffnete  die  Bauchhöhle  und 
trennte  die  Milzkapsel.  Mit  der  Platinöse  wurde  direkt  von  der 
Milz  auf  schräges  Agar  übertragen.  Das  Reagenzglas  mit  dem  Agar 
hatte  ich  gleichfalls  am  16.  April  in  den  Brütofen  eingestellt.  Das- 
selbe wurde  am  17.  abends  nach  Abgießung  des  Wassers  mit  Milz- 
brand beschickt.  Am  18.  morgens  war  der  Milzbrand  gewachsen, 
kam  in  den  Exsiccator,  und  am  20.  morgens  wurde  er  mit  Formalin 
fixiert. 

Bei  den  verflüssigenden  Bakterien  in  der  Gelatine  muß  man 
gleichfalls  vorsichtig  sein.  Liegen  die  Mikroorganismen  in  der  ver- 
flüssigten Gelatine  selbst,  so  werden  sie  in  ihrer  Lage  bei  gewisser 
Vorsicht  in  der  gegerbten  Gelatine  fixiert.  Liegen  sie  reichlich  von 
Luft  umgeben,  so  ist  mitunter  ein  Wegschwemmen  nicht  zu  ver- 
meiden. Eine  Kahmhaut  läßt  sich  am  besten  folgendermaßen  er- 
halten: Mit  einer  Spritzflasche  läßt  man  kleine  Tropfen  allmählich 

XV.  Bd.  54 


Seite  mit  dem  Nährboden  aber  nach  oben 


854 


Emil  Kriickmann, 


direkt  auf  ihre  Mitte  fallen,  damit  dieselben  sich  von  dort  nach  der 
Peripherie  hin  gleichmäßig  verteilen,  und  nicht  durch  einseitiges 
Beschweren  dieselbe  aus  ihrer  Lage  bringen.  Ist  die  Kahmhaut  erst 
fixiert,  so  kann  man  später  die  Flüssigkeiten  wechseln.  Eventuell 
kann  man  auch  von  einem  Glasstabe  die  Tropfen  langsam  in  die 
Mitte  herunterfallen  lassen. 

Die  für  die  Sammlung  bestimmten  Plattenkulturen  habe  ich 
meistens  folgendermaßen  hergestellt:  Von  der  zweiten  oder  dritten 
Verdünnung  goß  ich  auf  breite  Objektträger  und  behandelte  dieselben 
ebenso  wie  die  übrigen  Kulturen.  Beim  Mikroskopieren  sieht  man 
die  Verhältnisse  ebenso  wie  auf  der  Platte:  die  Granulierung,  den 
scharfen  resp.  unregelmäßigen  Rand,  den  Verflüssungstrichter,  die 
Farben  u.  s.  w.  Man  trocknet  die  untere  unbeschickte  Seite  des 
Objekträgers  ab  und  hält  die  obere  mäßig  feucht.  Besser  sind 
Petri’sche  Schälchen.  Man  kann  auch  die  Platten  nach  der  Ver- 
arbeitung mit  ihren  Kolonieen  trocknen  lassen;  doch  halten  sie  sich 
nicht  lange.  Zur  Demonstration  von  Zooglöen  u.  s.  w.  eignen  sich 
Rollkulturen  sehr  schön.  Nur  mit  Blutserum  habe  ich  keine  Versuche 
machen  können,  doch  hoffe  ich  damit  nichts  versäumt  zu  haben, 
weil  es  jetzt  sehr  entbehrlich  geworden  ist.  Wahrscheinlich  verhält 
es  sich  damit  aber  ebenso. 

Was  die  chromogenen  Bakterien  anlangt,  so  kann  ich  im  all- 
gemeinen behaupten,  daß  sie  ihre  Farbe  dauernd  behalten,  wenigstens 
auf  Agar  und  Gelatine.  Auf  Kartoffelkulturen  ist  es  anders.  Die 
pathogenen  Mikroorganismen  bleiben  sogar  tadellos;  ausgenommen 
der  Pyocyaneus  — wenn  man  ihn  überhaupt  zu  den  pathogenen 
rechnen  will  — welcher  von  seinem  schillernden  Aussehen  einbüßt. 
Ueberhaupt  verlieren  bei  stärkerer  Konzentration  alle  diejenigen 
Mikroorganismen  an  Farbenintensität,  deren  Farbstoffbildung  mit 
einem  Schillern,  Fluorescieren,  Glänzen  u.  s.  w.  verbunden  ist.  Hängt 
die  intensivere  und  raschere  Farbstoffbildung  von  dem  Aufenthalte 
im  Brütofen  ab,  so  kann  ein  mehrtägiges  Verweilen  in  demselben 
sowie  die  Anwendung  mäßig  ansteigender  Konzentrationsgrade  der 
Formalinlösung  dennoch  die  Kultur  so  erhalten,  daß  sie  als  solche 
ohne  weiteres  erkannt  werden  kann.  Ausgezeichnet  bleibt  der 
Prodigiosus  sowohl  auf  Agar  wie  Gelatine;  besonders  aber  auf  der 
Kartoffel  ist  er  durchaus  typisch.  Eine  Kultur  auf  Agar,  welche  ich 
im  Brütofen  während  drei  Tagen  gelassen , dann  mehrere  in  den 
Exsiccator  gestellt  hatte  und  an  welcher  bis  dahin  nur  wenig  Farb- 
stoffentwickelung zu  erkennen  war,  zeigte  dieselbe  autfallenderweise 
einige  Stunden  nach  der  ersten  Formalinbehandlung.  Sehr  gut  halten 
sich  vor  allen  die  Schimmelarten;  selbst  auf  Bierwürze  behielt 
der  rote  Schimmel  sein  schönes  Aussehen. 

Die  drei  ähnlichen  pathogenen  Mikroorganismen  auf  Kartoffel: 
Rotz,  Cholera,  Pyocyaneus  sind  nach  der  Formalinbehandlung 
gänzlich  von  einander  verschieden.  Nicht  wieder  zu  erkennen  war  der 
Pyocyaneus,  wenig  Farbe  hatte  die  Cholera  und  am  meisten  der 
Rotz  behalten.  Der  Viola ceus,  welcher  sich  in  der  Gelatine  aus- 
gezeichnet macht,  blaßt  wiederum  auf  Kartoffel  ab.  Ueberhaupt 
bleiben  die  chromogenen  Bakterien  am  besten  auf  schrägem  Agar 
und  im  Gelatinestiche  sowie  auf  Platten  von  diesen  beiden  Nährböden. 


Eine  Methode  zur  Herstellung  bakteriologischer  Museen  etc. 


855 


Mit  Ausnahme  derjenigen,  welche  dem  Nährboden  ein  schillerndes 
Aussehen  verleihen,  blieben  die  von  mir  untersuchten,  worunter  auch 
Sarcinearten  sich  befanden,  gut,  wobei  ich  noch  bemerken  will,  daß 
die  Gelatine  das  Fluorescieren  deutlicher  bewahrt,  als  die  übrigen 
Nährböden.  Im  Gelatinestiche  blieb  u.  a.  äußerst  charakteristisch 
die  Farbstofibildung  auf  der  Oberfläche  beim  Prodigiosus,im  Stiche 
beim  Spirillum  rubrum  und  sowohl  unten  wie  oben  beim  Siegel- 
lack. Kahmhäute  vom  Prodigiosus  und  Violaceus,  welche  ich 
entfernte  und  in  ein  Glas  mit  Formalinlösung  brachte,  haben  bis 
heute  ihr  gutes  Aussehen  bewahrt.  Phosphorescierende  Bakterien 
hatte  ich  leider  nicht  zur  Verfügung. 

Die  Anwendung  von  Salpetersäure  hat  bei  meinen  Versuchen 
dauernd  nur  der  Siegellac k vertragen.  Sollte  die  Gelatine  nach 
längerer  Behandlung  mit  Formalin  einen  Stich  ins  Grünliche  an- 
nehmen  — ihre  Durchsichtigkeit  bleibt  immer  bewahrt  — so  kann 
man  auch  bei  den  Chromogenen  vorsichtig  Salpetersäure  versuchen; 
mitunter  ist  ihre  Wirkung  in  einigen  Stunden  vollendet,  so  daß  man 
dann  wieder  Formalin  aufschütten  kann. 

Ich  habe  mich  absichtlich  auf  keine  chemischen  und  physio- 
logischen Schlußfolgerungen  eingelassen,  wie  z.  B.,  ob  die  nach  dem 
Zugießen  von  konzentrierter  Sublimatlösung  entstehenden  Trübungen 
durch  die  Bestandteile  der  Nährböden,  der  Bakterien,  sowie  ihrer 
Stoffwechselprodukle,  oder  durch  das  Zusammenwirken  mehrerer  von 
ihnen  zustande  kommen;  desgleichen  ob  die  Trübungen,  welche  an 
der  Stelle  des  Nährbodens  entstehen,  welche  von  der  Formalinlösung 
teils  bedeckt,  teils  unbedeckt  ist,  durch  den  Sauerstoff  bewirkt  werden 
oder  nicht;  doch  halte  ich  es  für  möglich,  daß  Formalinextrakte  aus 
Bakterien  beim  Tierexperimente  vielleicht  noch  weitere  Aufschlüsse 
geben  können.  Ich  bemerke  hier,  daß  nach  Loew1 2)  Pepton  gefällt 
wird,  Eiweiß  nicht. 

Das  Formalin  ist  ein  wahres  Plasmagift,  welches  die  Bakterien 
unmittelbar  nach  dem  Zugießen  tötet  *).  Dasselbe  muß  immer  dunkel 
und  kühl  aufbewahrt  werden , desgleichen  die  damit  behandelten 
Reagenzgläser  und  Platten.  Da  es  leicht  verdampft,  so  ist  es  am 
besten , wenn  man  die  Gläser  hermetisch  verschließt.  Abgesehen 
davon,  daß  wegen  undichten  Verschlusses  bei  konzentrierten  Nähr- 
lösungen die  Oberflächen  der  Nährböden  eintrocknen,  sowie  bei  ver- 
dünnten durch  Abnahme  des  Konzentrationsgrades  die  Kolonieen  weg- 
schwimmen können,  empehle  ich  dies  besonders  noch  aus  dem  Grunde, 
weil  das  verdampfende  Formalin  durch  die  Wattepfropfen  der  anderen 
Reagenzgläser  eindringt  und  die  Virulenz  der  übrigen  Bakterien 
schwächt.  Das  Formalin  reizt  alle  Schleimhäute  sehr  und  macht  die 
Haut  rauh  und  derb;  es  gerbt  sie  förmlich.  Es  löst  sich  zu  40  Proz. 
in  Wasser. 

Wenn  ich  schließlich  nochmals  alles  zusammeufassen  soll,  so  ist 
die  Formaünbehandlung  am  besten  mit  schwacher  Sublimatlösung  vor- 
zunehmen, und  zwar  bei  nicht  verflüssigenden  Nährböden  auf  mög- 

1)  Loew,  Physiologische  Vorträge  über  Formaldehyd.  (Sitzungsberichte  am  1.  Mai 
1888  der  Münchener  Biologischen  Gesellschaft.) 

2)  Loew,  Pflüger ’s  Archiv  für  Physiologie.  Bd.  XXXII. 


54' 


856  Krückmann,  Eine  Methode  zur  Herstellung  bakteriologischer  Museen  etc. 

liehst  trocknen.  Es  ist  besser,  mit  mäßigen  Konzentrationen  zu 
beginnen,  welche  sich  später  bis  zum  reinen  Formalin  steigern,  damit 
die  Farben  exakter  erhalten  bleiben  und  die  Schrumpfung,  welche 
zuletzt  doch  eintreten  muß,  eine  allmähliche  wird  und  daher  eine 
nicht  störende  bleibt.  Beim  Grünwerden  der  Gelatine  ist  vorsichtig 
Salpetersäure  zu  benutzen.  Alle  Nährböden  mit  Ausnahme  der  Kar- 
toffel — diese  nur  beschränkt  — erweisen  sich  als  brauchbar.  Sollten 
Kahmhäute  aus  ihrer  Lage  gebracht  sein,  so  muß  man  sie  entweder 
abgießen  oder  vorsichtig  mit  der  Nadel  entfernen.  Schließlich  teile 
ich  noch  mit,  daß  man  das  zur  Formalinlösung  zu  benutzende  Wasser 
am  besten  vorher  aufkocht,  um  Blasen  zu  vermeiden. 

Auf  Rat  von  Herrn  Professor  Lubarsch,  dem  ich  meine  Prä- 
parate zeigte  und  welcher  meine  Ansicht  betreffs  des  Nutzens  der 
Formalinbehandlung  bestätigte,  untersuchte  ich  der  Vollständigkeit 
wegen  die  behandelten  Kulturen  auch  im  Schnitte. 

Die  Methoden  von  Neißer1)  lassen  sich  sowohl  bei  Gelatine 
wie  bei  Agar  an  wenden.  Allerdings  kann  man  auch  Gelatine  und 
Agar  in  Celloidin  einbetten,  d.  h.  mit  einem  Celloidinmantel  umgeben, 
doch  ist  diese  Behandlung  nicht  so  gut  wie  die  Neißer’sche.  Bei 
der  Gelatine  ist  es  in  einigen  Fällen  besser,  wenn  sie  nicht  mit  der 
von  Neißer  erwähnten  Kali  bichromicum-Lösung  vorher  behandelt 
wird.  Die  von  Lipez2),  Jacobi3)  und  Günther4)  angegebenen 
Methoden  zur  Erhaltung  von  Plattenkulturen  habe  ich  gleichfalls  mit 
Erfolg  benutzt.  Am  besten  eignet  sich  die  Gün t her ’sche  aus  dem 
Grunde,  weil  mau  nach  dieser  die  Platten  färben  kann,  wenn  man 
will,  da  sie  sich  beim  Glycerineinschluß  gut  halten. 

Der  größte  Vorteil  besteht  aber  dann,  daß 

1)  die  Kulturen  sich  zu  den  Demonstrationszwecken  als  dauernd 
ausgezeichnet  erweisen5); 

2)  zu  Lehr-  uüd  Lernzwecken  direkt  von  den  so  behandelten 
vorrätigen  Kulturen  — zumal,  wenn  man  sich  dieselben  auf  ver- 
schiedenen Nährböden  und  von  verschiedenem  Alter  hält  — von  jeder- 
mann gefahrlos  abgeimpft  werden  kann,  weil  die  Bakterien  sich 
morphologisch,  sowie  in  Hinsicht  auf  ihre  Färbbarkeit  tadellos  halten 
und  man  daher  außer  der  jeweiligen  Mühe  bei  den  pathogenen  Mikro- 
organismen jegliche  Infektionen  vermeidet; 

3)  gegenüber  den  anderen  Methoden  die  Herstellung  eine  leichtere 
und  bequemere,  desgleichen  die  Konservierung  der  Kulturen  als  auch 
der  Bakterien  selbst  eine  bessere  ist. 

Rostock,  9.  Mai  1894. 


1)  Centralblatt  für  Bakteriologie.  Bd.  III.  1888.  No.  16. 

2)  Lipez,  Centralbiatt  f.  Bakt.  Bd.  I.  1887.  No.  13. 

3)  Jacobi,  Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  III.  1888.  No.  17. 

4)  Günther.  Deutsche  med.  Wochenschr.  1889.  No.  20. 

5)  Ich  habe  z.  B.  die  Cholera  mit  ihren  ähnlichen,  wie  Metschnikoff, 
Deneke,  Berolinesis,  Finkler  zugleich  abgeimpft  und  dieselben  Kulturen  zu 
gleicher  Zeit  in  verschiedenen  Abständen  mit  Formalin  behandelt.  Diagnostisch 
differenziell  sind  dieselben  sehr  verwertbar.  Die  Luftblase  bleibt  gut  erkennbar;  be- 
sonders beim  geringen  Schiefhalten  kann  man  sie  deutlich  abgrenzen. 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  857 


Nachtrag. 

Nach  der  Einsendung  meiner  Arbeit  erhielt  ich  durch  die 
Freundlichkeit  von  Herrn  Dr.  Uhlworm  den  Separatabdruck  eines 
Vortrages,  gehalten  von  Prof.  Ferd.  Cohn  zu  Breslau  in  der 
Sitzung  der  botanischen  Sektion  der  Schlesischen  Gesellschaft  für 
vaterländische  Kultur  am  16.  November  1893,  in  welchem  über  ähn- 
liche Versuche  Hauser’s  mit  Formalindämpfen  berichtet  wird.  So- 
wohl dieser  Vortrag,  wie  die  Originalmitteilung  von  Hauser  — die 
ich  jetzt  gefunden  habe  x)  — war  sowohl  mir  wie  sämtlichen  hiesigen 
bakteriologischen  und  botanischen  Fachmännern  entgangen.  In  der 
Zwischenzeit  habe  ich  gleichfalls  dies  Verfahren  probiert  und  muß 
gestehen,  daß  bei  schrägen  Nährböden  das  Austrocknen  mit  Schwefel- 
säure unnötig  wird,  sowie  daß  die  Kahmhäute  sowie  die  verflüssigen- 
den Kulturen  in  ihrer  Lage  besser  erhalten  werden.  Allerdings 
halte  ich  es  für  besser,  die  Kulturen  stets  feucht  zu  halten,  sowie 
etwas  Sublimat  hinzuzusetzen,  weil  die  Kolonieen  und  die  einzelnen 
Mikroorganismen  in  ihrer  Gestalt  und  Färbbarkeit  sich  besser  kon- 
servieren. Außerdem  scheinen  bei  den  chroraogenen  Bakterien  die 
Farben  durch  die  Dämpfe  leichter  zerstört  zu  werden.  Weiter  ist 
es  nicht  nötig,  zuletzt  reines  Formalin  zu  nehmen,  es  genügt  eine 
Lösung  von  1 : 10  bis  1 : 4.  Die  Sammlungspräparate  fixiere  ich 
jetzt  folgendermaßen : Zuerst  kommen  sie  in  den  Exsiccator,  der  statt 
Schwefelsäure  Formalin  enthält,  um  die  oberflächlichen  Schichten  der 
Nährböden  zu  gerben.  Dann  wird  eine  wässerige,  0,1  Proz.  Sublimat 
enthaltende  Formalinlösung  von  1 : 10  aufgegossen,  darauf  mit  einer 
etwas  stärkeren  gewechselt  und  dann  das  Reagenzglas  hermetisch 
verschlossen. 

Rostock,  26.  Mai  1894. 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen 
Kongresse  in  Rom. 

Referent:  Dr.  G.  Sanarelli,  Privatdozent  in  Rom. 

(Fortsetzung.) 

Donath,  J.  (Budapest),  Ueber  fi eber regend e Stoffe. 

Die  Frage,  ob  bei  akuten  Infektionskrankheiten  das  Fieber 
durch  den  parasitären  Lebensprozeß  der  Mikroben  oder  durch  deren 
Stoffwechselprodukte  erzeugt  wird,  wurde  an  Bacillus  anthracis, 
Streptococcus  pyogenes,  Staphylococcus  pyogenes 
aureus,  Bacillus  pyocyaneus  zu  lösen  gesucht. 

1)  Die  keimfrei  filtrierten  Milzbrandkulturen  er- 
zeugen beim  Kaninchen  subkutan  oder  intraperitoneal  kein  Fieber, 
aber  auch  virulente  Anthraxkulturen  können  ohne  ausgesprochenes 


1)  Münch,  med.  Woehenschr.  1893.  No.  30  und  35. 


858  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Fieber  zum  Tode  führen  oder  es  findet  nur  eine  mäßige  Temperatur- 
erhöhung statt. 

2)  Von  Streptococcus  pyogenes  zeigten  die  löslichen 
Produkte  schon  deutliche  Fieberwirkung  bei  Kaninchen,  Schafen  und 
Pferden.  Die  fiebererregenden  Substanzen  der  S tr eptococcus- 
kulturen  sind  in  Alkohol  löslich. 

3)  Von  Staphylococcus  pyogenes  aureus  zeigten  sich 
die  durch  Erwärmen  auf  63°  sterilisierten  Kulturen  in  allen  Ver- 
suchen als  thermogen.  Jedoch  konnten  durch  subkutane  Injektionen 
virulenter  Kulturen  von  Staphylococcus  pyogenes  aureus  bei 
Kaninchen  ebensowenig  wie  mit  Streptococcus  pyogenes 
Fieber  hervorgerufen  werden. 

4)  Die  intensivsten  Fieberwirkungen  zeigten  die  Py ocyaneus- 
produkte  (Schafe  und  Pferde). 

5)  Was  das  Verhältnis  der  Milz  zu  den  fiebererregenden  Stoffen 
anlangt,  so  zeigte  sich  sowohl  der  wässerige  als  der  alkoholische 
Auszug  der  Milz  von  Schweinen,  welche  an  Schweinerotlauf  zu  Grunde 
gegangen  waren,  fiebererregend  (Kaninchen,  Schafe,  Pferde).  Die 
wässerigen  Auszüge  erwiesen  sich  gleichzeitig  auch  giftig.  Aehn- 
liches  gilt  für  die  Leberauszüge  von  Tauben,  welche  an  verimpftem 
Schweinerotlauf  zu  Grunde  gegangen  waren. 

Haupt,  A.  (Bad  Soden),  Die  möglichen  und  erlaubten 
Grenzen  einer  Prophylaxe  der  Tuberkulose  vom 
Standpunkte  der  praktischen  ärztlichen  Erfahrung. 

Die  gegenwärtig  maßgebenden  und  noch  in  Beratung  stehenden 
prophylaktischen  Maßregeln  hinsichtlich  der  Tuberkulose  stützen  sich 
einzig  und  allein  auf  die  Lehre  von  der  Kontagiosität  der  Schwind- 
sucht. Die  ärztliche  Erfahrung  steht  nicht  im  Einklänge  mit  dieser 
Lehre,  nimmt  vielmehr  als  hauptsächlichste  Ursache  der  Verbreitung 
der  Tuberkulose  die  Erblichkeit  an.  Diese  Verbreitungsart  zu  be- 
seitigen, ist  in  der  Hauptsache  unmöglich,  möglich  aber  ist  ein  Er- 
folg in  der  Bekämpfung  der  Hilfsursachen,  welche  für  die  Entwicke- 
lung der  Krankheit  den  Ausschlag  geben.  Unsere  Prophylaxe  muß 
deshalb  das  ganze  Gebiet  der  Hygiene  umfassen.  Was  wir  zur  Er- 
höhung der  Widerstandskraft  des  kindlichen  Organismus  thun,  was 
wir  zur  Verbesserung  der  biologischen  Bedingungen  der  heranwach- 
senden  Generation  und  zur  Milderung  der  sozialen  Schäden  für  die 
arbeitende  und  ihr  Geschlecht  fortpflanzende  Menschheit  überhaupt 
zu  leisten  vermögen,  leisten  wir  im  Dienste  der  Prophylaxe  der 
Tuberkulose. 

Hesse,  W.  (Dresden),  Ueber  die  Beziehungen  zwischen 
Kuhmilch  und  dem  Cholerabacillus.1 

Rohe  K uhmilch  ist  kein  Nährboden  für  den  Cholera bacillus, 
vielmehr  tötet  sie  denselben  im  allgemeinen  binnen  wenigen  Stunden 
ab,  und  zwar  bei  Brüttemperatur  schneller  als  bei  Zimmertemperatur. 
Ebensowenig  ist  lange  Zeit  dem  Dampfstrome  ausgesetzt  gewesene 
und  dadurch  sauer  gewordene  Kuhmilch  ein  Nährboden  für  alle 
Cholerabacillen.  Dagegen  ist  kurze  Zeit  dem  Dampfstrome  ausge- 
setzt gewesene  Kuhmilch  ein  guter  Nährboden  für  den  Cholera- 


Mitteiluogen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom  859 


bacillus,  sie  bewahrt  jedoch  diese  Eigenschaft  nur  wenige  Tage, 
weil  infolge  einer  durch  die  Cholerabacillen  eingeleiteten  und  unter- 
haltenen, bis  zur  Gerinnung  des  Kaseins  fortschreitenden  Säuerung 
der  Milch,  der  Vermehrung,  dann  der  Vegetation  und  schließlich  dem 
Leben  der  Bacillen  ein  Ziel  gesetzt  wird.  Nachdem  festgestellt  ist, 
daß  die  rohe  Kuhmilch  den  Cholerabacillus  binnen  kurzem 
abtötet,  durch  Erhitzen  aber  diese  schätzenswerte  Eigenschaft  ver- 
liert und  sich  in  einen  guten  Nährboden  für  den  Cholera  bacillus 
umwandelt,  erscheint  einerseits  die  Gefahr,  die  Cholera  mit  dem 
Genüsse  von  roher  Kuhmilch  zu  erwerben,  sehr  gering;  andererseits 
erscheint  es  angezeigt, 

1)  Kuhmilch  nicht  ohne  Not  zu  erhitzen  ; 

2)  erhitzt  gewesene  Kuhmilch  vor  dem  Zutritte  pathogener  Mikro- 
organismen besonders  zu  schützen; 

3)  erhitzt  gewesene  Kuhmilch,  die  der  Infektion  durch  den  Ch  o 1 e r a- 
bacillus  ausgesetzt  war  oder  verdächtig  ist,  unmittelbar  vor 
dem  Genüsse  nochmals  zu  erhitzen; 

4)  die  Maßnahmen  zu  fordern,  die  geeignet  sind,  die  Zersetzung 
der  rohen  Kuhmilch  thunlichst  hintanzuhalten,  insbesondere  die 
Milch  nach  dem  Melken  abzukühlen  und  dann  möglichst  kühl 
zu  halten. 

Charrin  (Paris),  Einfluß  der  Atmosphärilien  auf  die 
Mikroorganismen. 

Verf.  hat  seit  langer  Zeit  gemeinschaftlich  mit  Dr.  d’Arsonval 
Untersuchungen  in  betreff  des  Einflusses  der  physisch-chemischen 
Agentien  auf  die  Mikroben  und  die  Produkte  ihres  Stoffwechsels  an- 
gestellt. Er  hat  zum  Gegenstände  seiner  Studien  den  Bacillus 
pyocyaneus  erwählt,  welcher  sich  wegen  seiner  hervorragenden 
Färbungseigenschaften  besser  als  irgend  ein  anderer  für  seinen  Zweck 
eignete. 

Die  Kälte  wirkt  sehr  rasch  auf  die  Schnelligkeit  der  Entwicke- 
lung und  der  Absonderung;  aber  um  die  Mikroben  zu  töten,  muß 
man  auf  sehr  niedrige  Temperaturen  von  — 60  bis  — 90°  hinunter- 
gehen, welche  man  vermittelst  des  Cailletet’schen  oder  des 
modifizierten  Car  raschen  Apparates  erhält.  Um  die  Mikroben  bei 
— 60°  zu  töten,  ist  schon  eine  während  4 — 6 Stunden  fortgesetzte 
Abkühlung  erforderlich.  Diese  Ergebnisse  lassen  uns  verstehen, 
warum  die  Epidemieen  sich  auch  im  Winter  entwickeln  können. 

Die  Hitze  ist  wirksamer.  Der  D ru  ck  schwächt  den  Ba cill us 
pyocyaneus  erst  bei  30—40  Atmosphären  ab;  aber  wenn  man  in 
Betracht  zieht,  daß  Chauveau  den  Milzbrandbacillus  mit 
Anwendung  von  nur  9—12  Atmosphären  abschwächt,  so  begreift  man, 
wie  verschieden  die  Widerstandskraft  gegen  dieses  physikalische 
Mittel  von  einer  Species  zur  anderen  sein  kann. 

Die  Elektricität  vermindert,  ohne  thermische  Erhöhung  oder 
chemische  Zersetzungen  hervorzurufen,  an  und  für  sich  wesentlich 
die  Absonderungen  der  Bacillen;  aber  Verf.  hat  Sinusströme  mit 
gesteigerter  oder  verminderter  Frequenz  anwenden  müssen. 

Das  Ozon  ist  ein  mittelmäßiges  Antiseptikum  und  vermag  nicht 
jede  Lebenskraft  auszulöschen. 


360  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Der  reine  Sauerstoff  verhält  sich  ebenso  und  vermag  nur 
die  Erzeugung  der  Farbsubstanzen  zu  beeinflussen.  Nach  dem  Verf. 
ist  die  hygienische  Wirkung  der  Ventilation  vor  allem  diesem  Gase 
zuzuschreiben. 

Das  Zittern,  die  wiederholten  Bewegungen,  welche 
Verf.  zusammen  mit  Bouchard  studiert  hat,  haben  complexe 
Wirkungen,  welche  einerseits  der  Erschütterung,  andererseits  der 
Lüftung  vergleichbar  sind.  Bei  längerer  Dauer  erzeugt  dieses  Zittern 
einen  geringen  Grad  von  Abschwächung,  welcher  in  einer  Verminde- 
rung der  Pigmentbildung  ihren  Ausdruck  findet. 

Die  Austrocknung  ist  für  die  Mikroorganismen  viel  schäd- 
licher als  die  Feuchtigkeit. 

Das  Licht  stellt  einen  der  wichtigsten  Faktoren  dar.  In  der 
That  sind  wir  genötigt,  die  anderen  Agentien  in  übertriebener  Art 
anzuwenden.  Das  Licht  dagegen  ist  ganz  so,  wie  wir  es  besitzen, 
sehr  energisch  und  seine  Wirkungen  offenbaren  sich,  sei  es,  daß  mau 
es  von  der  Sonne,  sei  es  von  dem  Volta’schen  Bogen,  empfängt. 
Es  existiert  jedoch  eine  Verschiedenheit  zwischen  den  verschiedenen 
Strahlen  des  Spektrums.  Während  diejenigen,  welche  sich  dem  Violett 
nähern , schleunig  abschwächen  oder  sogar  den  Tod  hervorrufen, 
haben  die  roten  oder  denselben  benachbarten  Strahlen  fast  gar  keine 
Wirkung. 

Atmosphärilien  modifizieren  gleichfalls  die  Bakteriengifte.  So  ist 
z.  B.  das  längere  Zeit  dem  Sauerstoffe  ausgesetzte  Tuberkulin 
nachher  weniger  aktiv.  Diese  verschiedenen  Agentien  verändern 
gleichfalls  die  Nährböden  selbst.  Wenn  man  sterilisierte  Bouillon 
bis  auf  — 90°  abkühlt  und  dieselben  dann,  nachdem  man  sie  auf 
Brüttemperatur  gebracht  hat,  mit  dem  Bacillus  pyocyaneus 
besät,  so  läßt  sich  konstatieren,  daß  sich  in  den  meisten  Fällen 
dieser  Bacillus  in  den  vorher  gefrorenen  Bouillons  weniger  gut 
entwickelt. 

Die  Resultate  dieser  Versuche  können  eine  ausgedehnte  An- 
wendung in  der  Hygiene  und  in  der  Pathologie  finden,  weil  die  ver- 
schiedenen Atmosphärilien,  welche  ohne  weiteres  früher  als  Krank- 
heitsursachen betrachtet  wurden,  anfangen,  in  das  Bereich  der  Ex- 
perimente gezogen  zu  werden. 

Pernice,  B.  uud  Pollaci,  GL  (Palermo),  Ueber  den  Einfluß 
der  Absonderungen  im  Verlaufe  der  Infektions- 
krankheiten. 

Die  Verff.  haben  vermittelst  Experimenten  feststellen  können,  daß 
während  nach  der  Injektion  einer  gewissen  Quantität  einer  Kultur  von 
Milzbrandbacillen  die  Hunde  meistens  mit  allen  Zeichen  des  Wohlbe- 
findens fortleben,  dagegen  wenn  das  Einimpfen  derselben  Kultur- 
quantitäten von  Milzbrandbacillen  nach  der  experimentellen,  mehr  oder 
weniger  vollständigen  Anurie  stattfindet,  oder  wenn  während  der 
Periode,  in  welcher  die  Keime  im  Organismus  existieren,  die  Funktion 
der  Nieren  gestört  oder  gehemmt  wird,  daß  dann  die  so  behandelten 
Hunde  die  Symptome  der  Infektion  aufweisen  und  derselben  häufig 
unterliegen.  Der  Tod  findet  gewöhnlich  24 — 48  Stunden  nach  der 
Impfung  statt,  in  einer  Zeit,  in  welcher  es  leicht  ist,  ihn  von  dem 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  861 


durch  urämische  Vergiftung  hervorgerufenen  zu  unterscheiden ; jedoch 
dauert  die  Periode  der  Existenz  der  krankheitserzeugenden  Keime 
nach  ihrem  Eindringen  in  das  Tier  nur  kurze  Zeit,  weil  sie  schnell 
verschwinden. 

Nach  solchen  Resultaten  kommen  die  Vertf.  zu  der  Ansicht,  daß 
die  Aktivität  der  Urinabsonderung  und  im  allgemeinen  die  Aktivität 
der  Absonderungsapparate  dazu  beiträgt,  den  Organismus  vor  den 
Infektionen  zu  bewahren,  und  so  ist  es  auch  möglich,  daß  dieselbe 
auf  den  Verlauf  und  den  Ausgang  der  Infektionskrankheiten  Ein- 
fluß besitzt. 

Scagliosi,  Gr.  (Palermo),  Ueber  die  mikrobischenLeber- 
entzündun  gen. 

Indem  der  Verf.  die  bisherigen  negativen  experimentellen  Resultate, 
welche  man  in  betreff  der  Eingebung  von  Alkoholen  bei  Tieren  er- 
halten hat,  mit  den  klinischen  Daten  in  Einklang  bringen  wollte, 
hat  er  sich  a priori  die  Meinung  gebildet,  daß  die  Leber 
günstige  Bedingungen  aufweisen  müsse,  damit  der  Alkohol  seine 
Wirkung  thue.  Von  diesen  Gesichtspunkten  ausgehend,  hat  er  die 
Leber  von  Tieren  (Meerschweinchen  und  Kaninchen)  zu  alterieren 
gesucht,  indem  er  ihnen  unter  die  Haut  krankheitserzeugende  Bak- 
terien einimpfte,  entweder  nicht  in  großer  Quantität  oder  wiederholt, 
da  es  bekannt  ist,  daß  viele  Mikroorganismen  durch  die  Galle  be- 
seitigt werden.  So  hat  er  mikroskopisch  den  Beginn  von  Alterationen 
im  Bindegewebe  zwischen  den  Lappen  beobachten  können,  welche  in 
mehr  oder  weniger  hervortretender  Angiocolitis,  in  Weißkörperchen- 
infiltrationen rings  um  die  Gallenkanälchen  (Kaninchen)  und  in  einer 
gewissen  größeren  Ausdehnung  der  Gallenräume  bestanden.  Jetzt 
ist  Verf.  damit  beschäftigt,  den  so  vorbereiteten  Tieren  Alkohol  ein- 
zugeben, um  diese  beginnenden  Alterationen  sich  besser  entwickeln 
zu  lassen,  woraus  der  zweite  Teil  der  vorliegenden  Arbeit  be- 
stehen wird. 

Sormani,  GL  (Pavia),  Ueber  die  den  Cholerabacillus  neu- 
tralisierenden Mittel. 

1)  Da  es  sich  gezeigt  hat,  daß  eine  2-promill.  sauere  Sublimat- 
lösung die  Virulenz  einer  Cholerakultur  in  weniger  als  1 Minute  zer- 
stören kann,  zieht  Prof.  Sormani  im  allgemeinen  die  chemische 
Desinfektion,  wenn  sie  durchführbar  ist,  derjenigen  durch  Wärme  vor, 
und  zwar  wegen  der  Ersparnis  an  Zeit,  Geld,  Arbeit  und  Personal 
und  wegen  der  geringeren  Gefahr  der  Verbreitung  von  pathogenen 
Mikroorganismen. 

2)  Verf.  findet  auch  in  der  5-proz.  Schwefelsäure  ein  vorzüg- 
liches und  billiges  Desinfektionsmittel,  welches  den  Cholerabacillus 
leicht  zerstört  und  allen  so  warm  empfohlenen  Desinfektionsmitteln 
des  Handels  vorzuziehen  ist. 

3)  Verf.,  obschon  er  die  guten  Eigenschaften  der  vor  kurzem 
empfohlenen  Kalkmilch  anerkennt,  bedauert,  daß  der  Chlorkalk  bei- 
seite gestellt  worden  sei,  da  dieser  jedenfalls  weit  energischer  ist. 

4)  Als  Desinfektionsmittel  der  Hände  zieht  Verf.  noch  immer 
eine  Sublimatlösung  den  vielen  Seifen  des  Handels  vor. 


862  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationaleu  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


5)  Für  den  Mund  hat  sich  erwiesen,  daß  man  sich  auf  eine 
gesättigte  Borsäurelösung  nicht  verlassen  kann,  sondern  2-proz.  Salz- 
säure den  Vorzug  geben  soll. 

6)  Als  innere  Desinfektionsmittel  der  Därme  hat  Verf.  auf  Cho- 
lerakulturen die  Wirkung  von  vielen  Substanzen  untersucht,  wie 
z.  B.  der  Kampfersäure,  Asephtol,  Kreosot,  Zink-  und  Quecksilber- 
cyanid, Dermatol,  Phenosalol  u.  s.  w.  Am  wirksamsten  haben  sich 
Salol  und  Wismutsalicylat  gezeigt. 

Sormani,  GL  (Pavia),  Ueber  die  den  Diphtheriebacillus 
neutralisierenden  Mittel. 

Verf.  hat  die  Wirkung  der  bis  jetzt  gebrauchten  und  der  neuen 
Mittel,  welche  bei  Diphtheritis  lokal  angewendet  werden,  untersucht. 

1)  Die  gewöhnlich  gegen  den  Loef  fler’schen  Bacillus  ge- 
brauchten Mittel,  wie  Kaliumchlorat,  Borsäure,  Silbernitrat  (1-proz.), 
Euphorin,  Zink-  und  Quecksilbercyanid  (Lister)  haben  nach  den  Ver- 
suchen des  Verf.’s  wenig  oder  fast  keine  Wirkung.  Wirksamer  haben 
sich  Eisenchlorid  (1-proz.),  Salveol  (2-proz.)  und  Schwefelsäure  (1-proz.) 
erwiesen. 

2)  Unter  den  Ichthyolvasogen,  Jodoformvasogen,  Kreolinvasogen 
und  Kreosotvasogen  hat  sich  letzteres  am  wirksamsten  gezeigt,  weniger 
aktiv  haben  sich  Petroleum,  Kreosotal,  Xylol  und  Formalin  erwiesen. 

3)  Energischer  als  die  oben  genannten  zeigten  sich  das  Jodoform 
und  das  Chlorokresol,  fast  unwirksam  sind  benzoesaures  Naphtol, 
Dermatol,  Salol,  im  Gegensätze  zu  Sozojodol,  Saccharin,  Auisol  und 
Pyoktanin. 

4)  Verf.  bittet  auch  die  Kollegen,  zu  untersuchen,  ob  die  von 
ihm  als  neutralisierende  Mittel  geprüften  Substanzen  auch  für  die 
Heilung  nützlich  sind.  So  viel  steht  jedoch  fest,  daß  diese  Sub- 
stanzen zur  Desinfektion  des  Mundes  und  der  Kehle  dienen  können, 
die  Leichtigkeit  der  Ansteckuug  vermindern  und  die  Konvalescenz 
beschleunigen. 

5)  Verf.  hat  auf  Kulturen  auch  das  Antidiphtherin  vou  Klebs 
untersucht  und  erklärt,  daß  dieses  Mittel  ohne  Wert  sei. 

Bordoni-Uffreduzzi  (Turin),  Ueber  den  Wert  einiger  für 
die  Desinfektion  geschlossener  Räume  vorgeschla- 
genen gasförmigen  Desinfektionsmittel. 

Die  Schlußfolgerungen,  zu  welchen  Verf.  kommt,  sind  die 
folgenden : 

1)  Die  Ammoniakdämpfe  können  nicht  zur  Desinfektion  geschlos- 
sener Räume  angewandt  werden,  wie  es  vor  kurzem  vorgeschlagen 
wurde,  weil  dieselben  auch  die  am  wenigsten  widerstandsfähigen 
Keime  nur  nach  langer  Zeit  und  die  Milzbrandsporen  erst  nach  15- 
tägiger  Einwirkung  töten. 

2)  Das  Formalin  (40-proz.  wässerige  Lösung  von  Formaldehyd) 
besitzt  eine  energische  und  rasche  desinfizierende  Wirkung,  besonders 
im  Dampfzustände,  aber  für  die  Desinfektion  von  Räumlichkeiten  kann 
es  der  großen  Quantität  wegen,  die  dazu  erforderlich  wäre,  und  auch 
wegen  des  zu  hohen  Preises  nicht  verwendet  werden. 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  863 


Bordoni-Uffreduzzi  und  Abba  (Turin),  Ueber  eine  aus  dem 
Menschen  isolierte  Varietät  des  Cholerabacillus 
und  über  die  bakteriologische  Diagnose  der  Cholera. 

1)  Der  Cholerabacillus  besitzt  bisweilen  einen  so  hohen 
Grad  von  Virulenz,  daß  er  auch  in  dem  Menschen  eine  allgemeine 
Infektion  zu  verursachen  vermag  und  sich  in  das  Blut  und  in  die 
inneren  Organe  verbreiten  kann,  wie  es  gewöhnlich  geschieht,  wenn 
man  Tiere  mit  einem  sehr  aktiven  Bacillus  impft. 

2)  Die  bakteriologische  Diagnose  der  Cholera  kann  oft  auch 
einem  geübten  Bakteriologen  schwer  fallen  wegen  der  natürlichen 
morphologischen  und  biologischen  Abweichungen  des  spezifischen 
Bacillus  von  klassischem  Typus,  welchem  die  isolierten  Vibrionen 
genau  entsprechen  müßten,  um  die  Diagnose  mit  Sicherheit  stellen 
zu  können. 

3)  Da  Verff.  in  dem  Brunnenwasser  und  dem  Powasser  in  Turin 
keine  choleraähnlichen  Vibrionen  vorgefunden  haben  und  in  Anbetracht 
dessen,  daß  in  Turin  seit  dem  Jahre  1884  kein  Cholerafall  vor- 
gekommen ist,  so  glauben  sie  a priori  sagen  zu  können,  daß, 
wenn  man  ähnliche  Versuche  wie  die  ihrigen  auch  in  anderen  Städten, 
wo  seit  langer  Zeit  kein  Cholerafall  vorgekommen  ist,  anstellte,  man 
zu  denselben  Resultaten  wie  sie  kommeu  würde.  Deshalb  glauben 
sie,  daß  die  bakteriologische  Diagnose  des  Cholerabacillus  jene 
hygienische  Wichtigkeit  wiedergewinnen  würde,  welche  sie  zum  Teil 
nach  der  Entdeckung  von  choleraähnlichen  Vibrionen  verloren  hatte. 

Bujwid,  0.  (Krakau),  Ueber  die  antirabische  Behandlung 
nach  der  Pasteur ’schen  Methode  und  die  Verände- 
rungen der  Nervenzellen  bei  der  Tollwut. 

Die  bei  der  antirabischen  Behandlung  in  seinem  Institute  in 
Warschau  erhaltenen  Resultate  erlauben  dem  Verf.  folgende  Schluß- 
folgerungen : 

1)  Die  intensive  präventiv-curentive  antirabische  Behandlung  hat 
durchschnittlich,  in  den  letzten  Jahren,  eine  Sterblichkeit  von  0,5  bis 
02  Proz.  ergeben,  d.  h.  etwa  15 — 20  mal  weniger  als  die  gewöhnliche 
Sterblichkeit,  welche  auf  7 — 12  Proz.  angesetzt  wird.  Selbst  in  das 
Gesicht  und  in  den  Kopf  gebissene  Personen  geben  jetzt  eine  sehr 
kleine  Mortalität,  welche  nicht  mehr  als  1 Proz.  beträgt. 

2)  Die  Modifikationen,  welche  der  noch  nicht  bekannte  Toll- 
wutvirus in  Organismus,  Rückenmark  und  Medulla  oblongata  her- 
vorruft, bestehen,  nach  den  Untersuchungen  des  Verf.  und  0 r 1 o w s k i ’s, 
in  Vakuolisation  und  einer  glasigen  Degeneration  der  Zelle. 

Am  Schlüsse  betont  Verf.  die  Notwendigkeit,  in  allen  größeren 
Städten  des  Auslandes  antirabische  Institute  zu  begründen. 

Tenii,  C.  (Pisa),  Das  Serum  der  kaltblütigen  Tiere  bei 
der  Milzbrandinfektion. 

Das  Studium  der  natürlichen  Resistenz  der  kaltblütigen  Tiere 
gegen  Milzbrand  schließt  alle  Fragen,  die  die  Immunität  betreffen,  in 
sich.  Die  Temperatur  hat  darauf  keinen  Einfluß,  weil,  wenn  man  die 
Virusinokulationen,  auch  in  warmen  Jahreszeiten,  unter  normalen 
Umständen  und  bei  einer  Temperatur  von  20 — 25°  macht,  welche  für 


804  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


die  Entwickelung  der  Keime  sehr  günstig  ist,  dieselben  ohne 
positive  Resultate  bleiben.  Die  Zerstörung  des  Virus  geschieht  haupt- 
sächlich durch  die  Phagocyten;  aber  obschon  ihre  zerstörende  Ak- 
tivität wunderbar  ist,  genügt  sie  doch  nicht,  uns  eine  vollständige 
Erklärung  der  Immunität  zu  geben,  da  man  auch  nach  48  Stunden 
bei  dem  Inokulationsorte  lebendige  und  virulente  Bacillen  finden  kann, 
welche  noch  ein  Kaninchen  in  derselben  Zeit  und  bei  einer  kleineren 
Dosis  als  diejenige,  welche  einen  Frosch  oder  eine  Eidechse  nicht  zu 
vergiften  vermag,  töten  können.  Man  muß  folglich  annehmen,  daß 
das  Serum  der  kaltblütigen  Tiere  der  Entwickelung  der  Bacillen 
entgegensteht,  wodurch  die  zerstörende  Wirkung  der  Phagocyten 
erleichtert  und  beschleunigt  wird.  Dieses  Verhalten  des  Serums  der 
immunisierten  Tiere  ist  schon,  besonders  bei  den  warmblütigen  Tieren, 
studiert  und  verschieden  erklärt  worden.  Nach  Tador,  Chor, 
Setchenof  ist  die  Wirkung  des  Serums  eine  physikalisch-chemische, 
sie  rührt  von  der  Alkalinität  desselben,  welche  durch  die  Anwesenheit 
von  anorganischen  oder  noch  unbekannten  organischen  Basen  bedingt 
sein  kann,  oder  von  seinem  Kohlensäuregehalte  her.  Christmas, 
Ogata  und  Andere  glauben,  daß  die  bakterientötende  Wirkung  von 
der  Anwesenheit  albuminoider  Stoffe  herrühren  kann,  welche,  wie  das 
Eialbumin,  auf  die  Bakterien  tötend  wirken. 

Verf.  hat  seine  Untersuchung  auf  die  kaltblütigen  Tiere  beschränkt, 
und  zwar  auf  Rana  esculenta,  Triton  cristatus,  La- 
certa  viridis  et  muralis,  Testudo  graeca,  Emis  lutaria, 
Coluber  viridi-fla vus  et  austriacus,  Vipera  berus  und 
suchte  zu  bestimmen,  ob  wirklich  das  Serum  der  kaltblütigen  Tiere 
ein  ungünstiges  Medium  für  die  Entwickelung  der  Milzbrandbacillen 
sei.  Das  ist  aber  nicht  der  Fall.  Die  Bacillen  entwickeln  sich  gut 
in  dem  Serum,  in  vitro  und  in  den  Organen  der  getöteten  Tiere. 
Bei  dem  Durchgänge  durch  die  kaltblütigen  Tiere  nimmt  der  Milz- 
brandbacillus ansteckende  Eigenschaften  für  dieselben  an,  ohne 
einer  Verminderung  seiner  Virulenz  für  die  warmblütigen  Tiere 
(Meerschweinchen  und  Kaninchen)  zu  unterliegen,  er  verliert  aber 
das  Vermögen,  Sporen  zu  bilden.  Dasselbe  kann  nur  nach  wieder- 
holten Durchgängen  durch  warmblütige  Tiere  wiedergewonnen  werden. 

Diese  Tbatsachen  bilden  einen  Beweis  für  die  Wirkung  des  Blut- 
serums auf  das  Protoplasma  der  Bakterien,  welche  von  speziellen 
albuminoiden  Substanzen  des  Serums  und  nicht  von  seiner  alkalischen 
Reaktion  abhängt.  Indem  aber  die  Virulenz  der  Keime  für  die 
warmblütigen  Tiere  unverändert  bleibt,  so  wird  der  Serumtherapie 
bei  der  Milzbrandinfektion  nach  der  Methode  von  Ogata  jede 
wissenschaftliche  Grundlage  entzogen,  weil  dieselbe  sich  auf  die 
bakterientötende  Wirkung  des  Blutserums  kaltblütiger  Tiere  gründet. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Melaeua. 


865 


Referate. 

Gärtner,  Identischer  Bakterienbefund  bei  zwei  Me- 
laenafällen  Neugeborener.  (Arch.  f.  Gynäkologie.  Bd.  XLV. 
Hft.  2.) 

Dem  Vorgänge  Runge’s  folgend,  teilt  Verf.  die  bisher  für 
Melaena  als  ätiologisch  bezeichneten  Momente  in  zwei  Gruppen : kon- 
stitutionelle Krankheiten  (Syphilis,  Sepsis  und  die  akute  Fettent- 
artung nach  Buhl)  und  örtliche  Affektionen  des  Magendarmkanales 
(Erosionen  und  Geschwüre).  Er  gedenkt  der  Ansicht  Pomorski’s, 
daß  Verletzungen  des  vasomotorischen  Centrums  Ursache  der  Melaena 
seien  und  erwähnt  die  Arbeiten  Rehn’s,  der  Mikrokokkenanhäufung 
in  der  Darm  wand  fand,  und  Neumann’s,  der  aus  dem  Gewebssafte 
einmal  den  B.  pyocyaneus  ß Ernst,  das  andere  Mal  Eiterkokken 
züchtete. 

Verf.  teilt  nun  die  Resultate  seiner  bakteriologischen  Unter- 
suchungen von  zwei  Melaenafällen  mit.  Der  erste  Fall  betraf  ein 
Kind,  das  zwei  Tage  nach  der  Geburt  erkrankte  und  zwei  Tage  später 
starb.  Der  zweite  Fall  ging  in  Heilung  aus.  In  beiden  Fällen 
wurden  die  Blutentleerungen  aus  dem  Dai-me,  im  ersten  Falle,  der  zur 
Sektion  kam,  Milz  und  Herzblut,  im  zweiten  Falle  das  Blut  des 
Patienten  untersucht.  Ueberall  fand  sich  bereits  nach  24  Stunden 
auf  Agarplatten  ein  und  dasselbe  Kurzstäbchen,  welches  G.  für  einen 
neuen  pathogenen  Bacillus  erklärt.  Der  Bacillus  hat  lebhafte 
Eigenbewegung  und  besitzt  1—6  seitliche  Geißelfäden.  Die  Vermehrung 
geschieht  durch  Teilung. 

Auf  Agar  platten  bildet  er  wenig  charakteristische,  erhabene, 
weißlich-feuchtglänzende,  stecknadelkopfgroße  Pünktchen. 

Auf  Gelatineplatten  ist  die  Kolonie  bei  schwacher  Vergröße- 
rung betrachtet,  scharfrandig,  nur  hie  und  da  an  der  Peripherie 
einzelne  auswachsende  Bläschen  zeigend.  Das  Innere  führt  ver- 
schiedene konzentrische  Ringe,  „welche,  je  weiter  das  Wachstum 
nach  der  Oberfläche  der  Gelatine  zuschreitet,  allmählich  verschwinden“. 

Der  Gelatinestich  setzt  sich  aus  feinen  Pünktchen  zusammen, 
die  gegen  die  Tiefe  zu  spärlicher  werden. 

Die  Agar strichkultur  stellt  einen  am  Rande  vielfach  ge- 
buchteten, erhabenen,  feuchtglänzenden,  gelblich-weißen  Belag  dar. 

Auf  Kartoffeln  bildet  sich  eine  dicke,  grau-gelbbraune,  breiige 
Masse. 

Gasbildung  ist  vorhanden. 

Die  mikroskopisch  untersuchte  Milz  des  ersten  Falles  zeigte  die 
Bacillen  im  Gewebe,  Kapillarverstopfung,  Hämorrhagieen.  In  der 
Darmwand  ist  fast  ausschließlich  die  Drüsenschicht  vom  B.  m el  a en  ae 
bevölkert.  Wo  diese  bereits  zerstört  ist,  findet  sich  eine  von  Bacillen 
wimmelnde  Detritusmasse. 

Der  Gärtner’sche  Bacillus  ist  für  Tiere  pathogen.  Durch 
intraperitoneale  Injektion  bei  jungen,  1 — 14  Tage  alten  Tieren  (speziell 
Hunden)  ist  es  sogar  gelungen,  Sektionsbefunde  zu  erzielen,  die  mit 
der  Melaena  neonatorum  erstaunliche  Aehnlichkeit  haben : Blutige 
Flüssigkeit  im  Peritoneum,  Hyperämie  und  Hämorrhagieen  in  der 


866 


Pocken.  — Syphilis. 


Darmwand,  auf  der  Serosa  Petechien,  Milztumor.  Im  Herzblute,  in 
der  Milz  findet  sich  der  Bacillus  wieder  in  Reinkultur. 

Aus  Schnittpräparaten  weist  G.  nach,  daß  die  Bacillen  von  der 
Serosa  aus  in  den  Darm  eindringen.  Mit  der  Vermehrung  der  Ba- 
cillen in  der  Drüsenschicht  geht  eine  Zerstörung  des  Gewebes,  durch 
welche  die  Blutungen  bedingt  sind,  einher. 

Auch  Infektion  per  os  wurde  an  Hunden,  die  durch  Einbringung 
eines  Tropfens  Krotonöl  in  den  Magen  vorbereitet  waren,  vorge- 
nommen. Die  Tiere  starben  in  3—4  Tagen,  ohne  bei  der  Sektion 
das  typische  Melaenabild,  wie  nach  intraperitonealer  Injektion,  zu  er- 
geben ; wohl  aber  zeigten  dies  ganz  junge,  an  der  kaum  überhäuteten 
Nabelstelle  infizierte  Tiere. 

Ueber  die  Krankheitserscheinungen  nach  den  verschiedenen  In- 
fektionsarten bringt  G.  keine  Mitteilungen. 

Er  schließt  mit  der  Bemerkung,  daß  die  Melaena  neonatorum 
offenbar  eine  spezifische  Infektionskrankheit  sei,  bei  der  die  Infektion 
höchst  wahrscheinlich  vom  Nabel  aus  erfolgt.  Schloffer  (Graz). 

Oettinger,  De  la  specificite  de  la  varicelle.  (La  Semaine 
medicale.  1894.  No.  7.) 

Verf.  führt  zum  Beweise  dafür,  daß  die  Varicellen  eine  von  der 
Variola  verschiedene  Krankheit  darstellen,  einen  Fall  an,  in  welchem 
ein  Kind  sich  in  der  Rekonvalescenz  von  Varicellen  mit  Variola  vera 
infizierte.  Die  im  Inkubationsstadium  der  letzten  Krankheit  voll- 
zogene Impfung  führte  zur  Entwickelung  von  3 Vaccinepusteln,  welche 
indessen  erst  nach  Beginn  der  Variola  aufkamen  und  den  tödlichen 
Ausgang  dieser  Krankheit  nicht  verhinderten. 

Küble r (Berlin). 

VT olff.  Die  Syphilis  unter  den  Urvölkern  Amerikas  mit 
besonderer  Bezugnahme  auf  ihr  Bestehen  daselbst 
vor  der  Entdeckung  Amerikas  durch  Columbus. 
(Dermatolog.  Zeitschrift.  Bd.  I.  1894.  Heft  3.) 

Es  ist  eines  der  interessantesten  und  viel  umstrittensten  Kapitel 
der  Geschichte  der  Medizin,  zu  dem  Wolff  in  der  vorliegenden 
Arbeit  einen  Beitrag  bringt.  Als  besonders  interessant  sind  die 
Befunde  und  pathologischen  Nachweise  der  Syphilis  in  den  Knochen 
der  Urvölker,  wie  sie  besonders  von  Prof.  Jones  von  Knochen,  die 
er  in  den  Steinsärgen  längst  verschollener  Völker  Amerikas  fand, 
beigebracht  wurden.  Das  Bestehen  der  Syphilis  in  Japan  und  China 
seit  Jahrtausenden  ist  sichergestellt  und  ebenso  scheint  es  festzu- 
stehen, daß  lange  vor  der  Entdeckung  Amerikas  durch  Columbus 
bereits  ein  Verkehr  zwischen  Japan  und  Amerika  bestanden  hatte 
und  daß  auf  diese  Weise  die  Syphilis  nach  Amerika  gebracht  worden 
ist.  Es  deuten  geschichtliche  Berichte,  Traditionen  und  Gebräuche, 
beweisende  Sprachstudien,  die  den  Indianern  längst  bekannte  Be- 
handlung der  Syphilis  mit  Guajakholz,  Sarsaparilla  etc.,  und  die 
pathologischen  Belege  sehr  wohl  auf  die  Möglichkeit  einer  Einschlep- 
pung der  Syphilis  aus  Amerika  nach  Europa  hin. 

Lasch  (Breslau). 


Syphilis.  — Herpes.  g07 

Schirren,  Ueber  Lungensyphilis.  (Dermatolog.  Zeitschrift. 
Bd.  I.  1894.  Heft  3.) 

Das  Vorkommen  von  Visceralerkrankungen  im  Frühstadium  der 
Lues  ist  noch  keineswegs  von  allen  Seiten  anerkannt,  die  Sympto- 
matologie derselben,  speziell  der  Lungenerkrankungen  noch  so  wenig 
festgestellt,  daß  jede  Veröffentlichung  einschlägiger  Fälle  sehr  er- 
wünscht ist.  Die  Krankengeschichte  des  von  Schirren  mitgeteilten 
Falles  ist  folgende:  Eine  20-jährige,  hereditär  nicht  Belastete,  bisher 
stets  gesuude  Frau  wird  am  6.  Juni  1891  von  einem  völlig  gesunden 
Knaben  entbunden.  6 Wochen  später,  am  17.  Juli,  erkrankt  sie 
mit  Fieber,  Schmerzen  im  Hinterkopfe,  Steifigkeit  aller  Glieder,  Be- 
nommenheit und  Hyperästhesie  der  ganzen  Haut;  die  Diagnose 
lautete:  Meningitis;  erst  nachdem  Jodkalium  verabreicht  wurde, 
gingen  die  Erscheinungen  zurück  und  am  3.  August  wurde  die 
Patientin  als  geheilt  entlassen.  Die  Patientin  konnte  sich  nicht 
ordentlich  erholen  und  kam  2 Monate  später  mit  Klagen  über  all- 
gemeine Schwäche  und  sehr  quälenden  Husten.  Die  Perkussions-  und 
Auskultationsergebnisse  deuteten  auf  einen  interstitiellen  Infiltrations- 
prozeß des  größeren  Teiles  der  rechten  Lunge  und  eines  cir- 
cumscripten  Teiles  der  linken  Lunge,  zu  dem  sich  noch  ein 
Bronchialkatarrh  hinzugesellt  hatte.  Das  Fehlen  von  Tuberkelbacillen 
im  Sputum,  die  Einseitigkeit  der  Erkrankung  bes.  im  Mittellappen 
der  rechten  Lunge  leiteten  auf  die  Diagnose:  Syphilis,  welche  durch 
die  Untersuchung  des  Mannes  der  Patientin,  der  neben  einem  Primär- 
affekte deutliche  Symptome  einer  frischen  konstitutionellen  Syphilis 
zeigte,  noch  wahrscheinlicher  wurde.  Der  glänzende  Erfolg  der  ein- 
geleiteten antisyphilitischen  Kur  (40  Sublimatinjektionen  und  Jodkali) 
bewies  die  Richtigkeit  der  Diagnose.  Der  Verf.  nimmt  ao,  daß  der 
infizierende  Coitus  3 Wochen  nach  der  Geburt  des  Kindes  stattge- 
funden hat  und  bezieht  die  3 Wochen  nach  diesem  Zeitpunkte 
aufgetretene  „meningitische“  Erkrankung,  die  durch  Jodkalium  geheilt 
wurde,  auf  die  Syphilis  — wobei  er  allerdings  selbst  zugiebt,  daß 
das  Auftreten  so  schwerer  Allgemeinerscheinungen  wie  in  diesem 
Falle  3 Wochen  nach  dem  infizierenden  Coitus,  d.  h.  in  einer  Zeit, 
in  der  wir  gewohnt  sind,  nur  den  Primäraffekt  — das  Lokalzeichen 
der  Infektion  — zu  sehen,  ohne  daß  bereits  eine  Durchseuchung  des 
gesammten  Organismus  stattgefunden  hat,  zu  den  größten  Selten- 
heiten gehört. 

Von  den  von  dem  Verf.  am  Schlüsse  hervorgehobenen  Thesen 
mögen  erwähnt  werden: 

1)  Die  Lungensyphilis  kann  als  Sekundärerscheinung  auftreten. 

2)  Die  Symptome  der  Lungensyphilis  sind  keine  für  die  Syphilis 

charakteristischen.  Lasch  (Breslau). 

Marianelli,  A.,  Sul  Trichophyton  tonsurans.  (Lo  Sperimen- 
tale.  Memorie  originali.  1893.  Fase.  V e VI.) 

Auf  Grund  einer  Reihe  von  Untersuchungen  kommt  Verf.  zu  dem 
Ergebnisse,  daß  sich  bei  dem  Herpes  tonsurans  des  Menschen 
nur  eine  Art  des  Trichophyton  tonsurans  findet  und  daß  das 
verschiedene  morphologische  Verhalten  bei  verschiedenen  Fällen  von 
der  Beschaffenheit  des  Nährbodens,  der  Temperatur  etc.  abhängt. 


868 


Gruby’sche  Krankheit. 


Die  Kulturen  des  Tr.  tonsurans  sowohl  wie  die  infizierten  Haare 
können  jahrelang  ihre  Virulenz  bewahren.  Bringt  man  Tr.  tons. 
mit  anderen  Pilzen(A  chorion  S choen  lein i i)  zusammen,  so  wächst 
der  erstere  viel  üppiger  und  kann  die  anderen  überwuchern;  bei  den 
gewöhnlichen  Eitererregern  (Staphyl.  aureus  und  Strepto- 
coccus) wird  dagegen  der  Tr.  von  diesen  in  seiner  Entwickelung 
gehindert.  LDieudonn;6  (Berlin). 

Sabouraud.  Sur  une  mycose  innomiuee  de  Thomm e.  La 
teigne  tondante  sp6ciale  de  Gruby,  Microsporon 
Audouini.  (Annales  de  Tlnstitut  Pasteur.  1894  25.  fevr.) 

Sabouraud  macht  darauf  aufmerksam,  daß  bereits  Gruby 
im  Jahre  1843  das  Trich ophy ton  microsporon  beschrieben  und 
es  als  den  Erreger  der  „Porrigo  decalvans“  bezeichnet  hat,  daß  aber 
diese  Mitteilung  infolge  der  Verschiebung  der  Nomenklatur  in  Ver- 
gessenheit geraten  sei.  Er  selbst  habe  unter  Besnier’s  Leitung 
das  Trichophyton  megalos p.  und  microsp.  differenziert  und 
nachgewiesen,  daß  die  von  den  beiden  Parasiten  hervorgerufenen 
Krankheitsbilder  nichts  Gemeinsames  hätten,  als  daß  sie  beide  die 
behaarten  Stellen  des  Körpers  ergreifen.  Für  das  durch  das  Tricho- 
phyton microsp.  oder  Audouini  verursachte  Krankheitsbild 
schlägt  S.,  da  noch  kein  Name  existiert,  die  Bezeichnung  „la  tondante 
rebelle  oder  maladie  de  Gruby“  vor.  Im  Gegensätze  zum  Megalo- 
spor.  befällt  das  Trich.  microsp.  zuerst  das  Haar  und  erst 
sekundär  erkrankt  die  Epidermis. 

Von  den  folgenden  klinischen  Ausführungen  über  die  tondante 
rebelle  sei  hier  nur  kurz  erwähnt,  daß  am  Anfang  am  Haar  2 — 3 mm 
hoch  über  der  Follikelöffnung  eine  grauweiße  Umhüllung  sichtbar  wird, 
welche  fast  wie  eine  Fortsetzung  der  Epidermis  aussieht;  später 
brechen  die  Haare  in  einer  Höhe  von  6—7  mm  ab  und  die  ergriffene 
Partie  des  behaarten  Kopfes  sieht  infolge  feiner  weißer  Schuppung 
aus  wie  mit  Asche  bestreut!  Die  Haare  epilieren  sich  leicht  und 
zeigen  nur  eine  1 ’/*  mm  lange  Wurzel,  die  kreideweiß  ist  und  doppelt 
so  stark  als  das  übrige  Haar.  Die  Affektion  kommt  fast  ausschließ- 
lich im  Kindesalter  vor,  hat  selten  eine  Glatze  zur  Folge  und  be- 
schränkt sich  stets  auf  den  behaarten  Kopf.  Die  Dauer  ist  eine  sehr 
lange  — 8 — 10  Monate  in  günstigen  Fällen,  jahrelang  in  ungünstigen  ; 
die  Kontagiosität  ist  enorm  groß  — 40 — 50  Uebertragungen  in 
wenigen  Wochen  sind  beobachtet,  aber  der  Verlauf  ist  ein  gutartiger, 
schmerzloser  uud  es  kommt  zur  vollkommenen  restitutio  ad  integrum. 

Die  Differentialdiagnose  zwischen  Favus,  der  echten  Trichophytie 
ä grosse  spore  und  der  tondante  rebelle  ist  meist  nicht  schwer.  Das 
erkraukte  Haar  sieht  aus  wie  ein  mit  Leim  bestrichenes  und  mit 
feinem  Sande  bestreutes  Stäbchen. 

Das,  was  makroskopisch  wie  ein  Epidermisüberzug  aussah,  ist 
ein  Gewebe  von  angehäuften  Elementen  des  Parasiten,  welches  das 
Haar  umgiebt,  wie  die  Rinde  einen  Baum  — das  zeigt  sich  am  besten 
bei  Alkoholpräparaten  — . Dieses  Gewebe  wird  von  unzähligen  kleinen, 
runden,  ganz  gleichen  Sporen  gebildet,  die  wie  Mosaiksteine  unver- 
bunden nebeneinander  lagern  und  bei  stärkerer  Vergrößerung  sich 
jede  einzelne  von  einem  schmalen  hellen  Raume  umgeben  zeigen.  Die 


Gruby’ache  Krankheit- 


869 


Sporen  sind  kaum  größer  als  Staphylokokken.  Bei  richtiger  Behand- 
lung mit  40-proz.  Kalilauge  sieht  man,  daß  das  Haar  von  den  Sporen 
rings  umgeben  ist,  daß  jedoch  die  Dicke  des  Sporenlagers  von  oben 
nach  der  W urzel  zu  abnimmt,  d.  h.  daß  der  Parasit  sich  von  oben 
nach  unten  weiter  verbreitet.  Bei  Behandlung  und  Erwärmung  mit 
40-proz.  Kalilauge  erscheinen  die  Sporen  größer  und  ebenso  der 
Zwischenraum  infolge  der  quellenden  Eigenschaft  der  Kalilauge. 
Uebt  man  auf  das  Deckglas  einen  leichten  Druck  aus,  so  trennt  sich 
die  Umhüllung  von  dem  Haare  und  man  unterscheidet  an  den  Sporen 
einen  dunkleren,  ovalären,  centralen  Teil,  der  von  einer  helleren,  ziem- 
lich dicken  Umhüllung  umgeben  ist,  die  sich  mit  einer  Eosinlösung 
V50o  leichter  färbt,  als  das  Centrum  und  so  noch  deutlicher  wird, 
und  zwar  ist  das  letztere  das  Zellenprotoplasma,  das  von  einer 
dichten  Hülle  umgeben  ist.  Centrale  und  periphere  Partieen  haben 
vollkommen  parallele  Konturen.  Auf  dem  von  dem  Sporenlager  freien 
Haar  sieht  man  nicht  sehr  zahlreiche  sigmaähnliche,  kleine  Ver- 
zweigungen, 2 fx  breit,  6 /n  lang,  welche  auch  Gruby  bereits  als 
Aestchen  beschrieben  hat. 

Gegen  das  Trichophyt.  megalos p.  differenziert  sich  also 
das  Microsp.  Audouini  in  folgenden  4 Punkten: 

a)  In  der  Größe  der  Sporen; 

b)  durch  die  Lage  derselben  um  das  Haar  — nicht  in  demselben; 

c)  durch  die  Nebeneinanderlagerung,  ohne  Fäden  und  Ketten  zu  bilden ; 

d)  dadurch,  daß  es  sich  von  oben  nach  der  Wurzel  zu  fortpflanzt, 

während  sich  das  T r.  m e g.  in  der  Richtung  des  Haares  ent- 
wickelt. Ebenso  deutlich  differenziert  es  sich  vom  Favuspilz. 

Was  die  Kulturen  anlangt,  so  gelingen  dieselben  ziemlich  leicht 

auf  den  gewöhnlichen  Nährböden. 

Die  Strichkultur  auf  der  Kartoffel  ist  die  charakteristischste,  die 
man  vom  Microsp.  Audouini  erhält.  In  7 — 8 Tagen  wird  der 
Strich  grau,  dann  rotbraun;  in  10 — 12  Tagen  bildet  sich  ein  spär- 
licher Flaum  mit  einzelnen  Büschelchen,  sehr  wenig  reichlich ; während 
aber  alle  anderen  bekannten  Trichophyt  onpilzkulturen  auf  Kartoffeln 
nach  3 Wochen  absterben,  entwickelt  sich  die  Kultur  des  Tr  ich. 
microsp.  langsam  weiter  und  ist  nach  3 Monaten  noch  lebensfähig. 

In  diesem  Verhalten  liegt  eine  eminente  Differenz  gegen  alle 
anderen  Trichophyton  arten. 

Auch  auf  den  anderen  Nährböden  — besonders  den  zucker- 
haltigen — sind  die  Kulturen  der  beiden  Pilze  sehr  verschieden. 

Weitere  Differenzen  fallen  auf,  wenn  man  im  hängenden  Tropfen 
die  Entwickelung  der  Tochtersporen  aus  den  Muttersporen  bei  den 
beiden  Pilzen  studiert. 

Inokulationen  auf  Tiere  gelangen  nicht ; Impfungen  auf  Menschen 
und  Anlegung  von  Kulturen  aus  den  an  den  Impfstellen  entstandenen 
schuppenden,  leicht  geröteten  Plaques  haben  nicht  recht  zufrieden- 
stellende Resultate  ergeben;  jedoch  S.  hat  192  Fälle  beobachtet  und 
stets  lieferte  die  identische  klinische  Affektion  denselben  Pilz  mit 
den  gleichen  morphologischen  und  kulturellen  Eigentümlichkeiten. 
Den  noch  fehlenden  Inokulationsnachweis  hofft  Sabouraud  an 
jungen  Pferden  liefern  zu  können. 

XV.  Bd. 


55 


870 


Favus.  — Rotz. 


Hinsichtlich  der  Behandlung  giebt  S.  an,  daß  es  eigentlich  kein 
Mittel  giebt ; die  Epilation  ist  wegen  des  Abbrechens  der  Haare  un- 
möglich, resp.  zwecklos  und  die  antiseptischen  Lösungen  und  parasi- 
ticiden  Salben  dringen  nicht  tief  genug  ein. 

In  den  Schlußfolgerungen  seiner  Arbeit  hebt  Sabouraud  noch 
einmal  ganz  besonders  hervor,  daß  die  durch  das  Trichophyton 
Audouini  oder  Trichoph.  microsporon  hervorgerufene  Affek- 
tion vollkommen  zu  trennen  ist  von  den  anderen  Trichophytien  und 
daß  auch  ihr  Erreger  ganz  andere  morphologische  und  kulturelle 
Eigentümlichkeiten  hat,  wie  die  sonst  zu  den  Trichophyten  gerech- 
neten Pilze.  Lasch  (Breslau). 

Delassus,  P.,  De  la  teigne  faveuse  dans  le  döpartement  de 
l’Hörault  et  ä la  clinique  des  enfants  äl’höpital  göne- 
ral  de  Montpellier.  [These.]  4°.  45  pp.  Montpellier  1893. 

Bekanntlich  ist  diese  Gegend  ein  Hauptort  für  diese  Krankheit, 
welche  ein  Leiden  der  armen  Leute  genannt  werden  kann  und  aus 
Mangel  an  Prophylaxe  und  Hygiene  entsteht.  Während  sich  sonst 
in  Frankreich  seit  1839  die  Zahlen  dieser  Art  Kranken  vermindert 
haben,  hat  sich  allein  das  Departement  l’Hörault  auf  derselben  Stufe 
erhalten,  etwa  20  pro  Mille.  Nächstdem  treten  die  von  Pas  de  Calais 
und  der  Seine  inferieure  auf.  Das  platte  Land  kommt  allein  für  den 
Favus  in  Frage,  die  großen  Städte  spielen  kaum  eine  Rolle.  Verf. 
will  der  Infektion  von  den  Tieren  aus  eine  gewisse  Schuld  beimessen, 
wenn  auch  die  Hauptlast  auf  die  Eltern  zu  wälzen  ist.  Ratten  und 
Mäuse  scheinen  hauptsächlich  unter  dem  Favus  zu  leiden,  die  Katzen 
bilden  dann  das  Zwischenglied. 

Delassus  redet  vor  allem  einer  Untersuchung  und  Ueber- 
wachung  der  Schuljugend  das  Wort,  um  weitere  Ansteckungen  und 
Infektionen  zu  vermeiden.  Vor  der  vollständigen  Herstellung  ist  das 
betreffende  Kind  vom  Schulbesuche  fernzuhalten.  Mit  der  Skrofulöse 
hat  der  Favus  keine  engere  Verbindung.  So  gehört  das  Departe- 
ment l’Hörault  in  betreff  des  Favus  in  die  erste  Klasse,  während 
es  in  der  Skrofulöse  erst  die  7.  Stufe  einnimmt. 

Statistische  Zahlen  sind  vielfach  angeführt,  der  Behandlung  ein 
weitläufiger  Teil  gewidmet.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 

Däralos,  J.  N.,  El  muermo  en  la  Habana.  (Crönica  medico- 
quirürgica  de  la  Habana.  1893.  No.  18.  September.) 

Obgleich  der  Artikel  mehr  allgemein  hygienisches  als  speziell 
bakteriologisches  Interesse  hat,  verdienen  doch  wohl  folgende  statistische 
Angaben  hier  mitgeteilt  zu  werden. 

In  Cuba  war  der  Rotz  bis  zum  Jahre  1872  unbekannt.  Da  wurde 
aus  den  damals  von  einer  heftigen  Epizootie  heimgesuchten 
Vereinigten  Staaten  ein  rotzkrankes  Pferd  importiert,  und  die  Folge 
war,  daß  schon  in  den  beiden  folgenden  Jahren  18  Menschen  der 
Krankheit  erlagen.  Die  erste  Veröffentlichung  darüber,  eine  aus- 
führliche Beschreibung  von  2 Fällen,  findet  sich  im  Jahrgange  1875 
der  Crönica  mödico-quirürgica. 

Die  erste  bakteriologische  Untersuchung  wurde  1887  gemacht  und 
wird  seitdem  immer  zur  Sicherung  der  Diagnose  wiederholt,  indem 


Kotz.  — Tierische  Parasiten. 


871 


man  den  Eiter  mikroskopisch  untersucht,  Kulturen  auf  Agaragar, 
Kartoffeln,  Fleischbrühe,  Kokosmilch  und  Glycerin  anlegt,  mit  den 
Kulturen  Meerschweinchen  impft,  aus  deren  Pusteln  neue  Kulturen 
gewinnt  und  abermals  überimpft. 

Seitdem  sind  folgende  Todesfälle  an  Rotz  festgestellt  worden: 

1888  11 

1889  20 

1890  13 

1891  12 

1892  20 

9 erste  Monate  von  1893  13 

Zusammen  89 

Die  schwächere  Virulenz  der  Kulturen  aus  Menscheneiter  im  Ver- 
gleiche zum  Pferdeeiter  ist  seit  der  ersten  Beobachtung  im  Jahre  1887 
immer  wieder  konstatiert  worden. 

An  der  großen  Verbreitung  des  Rotzes  in  Havanna  ist  die  gänz- 
liche Nichtbeachtung  der  bestehenden  Vorschriften  und  Vertuschung 
der  Krankheit  bei  den  Pferden  schuld.  Sentinon  (Barcelona). 

ßailliet,  A.,  Traite  de  Zoologie  mödicale  et  agricole. 

2e  ed.  Fase.  I.  8°.  736  p.  avec  494  fig.  Paris  1893. 

Das  vorliegende  Werk,  das  in  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  in 
zweiter  Auflage  erschienen  ist,  ist  ein  Handbuch  der  Zoologie,  welches 
zwar  alle  Tiergruppen  behandelt,  jedoch  den  Schwerpunkt  auf  die 
Darstellung  der  medizinisch  und  landwirtschaftlich  wichtigen  Tiere 
legt,  das  sind  in  dem  bisher  erschienenen  ersten  Teile  fast  ausschließ- 
lich tierische  Parasiten  des  Menschen  und  der  Haustiere  (Säuger  wie 
Vögel).  Die  Anordnung  des  Stoffes  ist  naturgemäß,  da  es  sich  um 
ein  Handbuch  der  Zoologie  handelt,  eine  systematische,  und  umfaßt 
(nach  einer  Einleitung  über  Morphologie  und  Entwickelung  der  Tiere, 
ihr  System,  ihre  Beziehungen  untereinander  etc.)  die  Tiere  von  den 
Protozoa  bis  zu  den  Insecta.  Soviel  ich  habe  vergleichen  können, 
fehlt  im  Texte  keiner  der  tierischen  Parasiten  des  Menschen  und  der 
Haustiere;  alle  werden  mehr  oder  weniger  ausführlich  — je  nach 
dem,  was  man  über  sie  weiß,  resp.  je  nach  ihrer  Wichtigkeit  — be- 
schrieben, durch  fast  durchweg  gute  und  vielfach  neue  Abbildungen 
illustriert  und  schließlich  in  der  Bedeutung  für  ihre  Träger  behandelt. 
Die  Schreibweise  ist  bei  aller  Verständlichkeit  knapp  und  präzis,  die 
Ausstattung  des  Werkes  vorzüglich,  so  daß  ich  dasselbe  allen  Studieren- 
den der  Medizin,  Veterinärwissenschaft  und  Landwirtschaft,  wie  allen 
Menschen-  und  Tierärzten  nur  aufs  wärmste  empfehlen  kann; 
der  Zoologe  wie  Anatom,  Physiologe,  Pathologe  und  Hygieniker  werden 
es  mit  gleichem  Vorteile  als  ein  bequemes,  rasch  orientierendes  Werk 
benutzen,  denn  sie  alle  kommen  bei  der  jetzigen  Richtung  des  For- 
schens  und  Lehrens  oft  in  die  Lage,  auch  über  Dinge,  die  der  eigenen 
Studienrichtung  ferner  liegen,  sich  orientieren  zu  müssen.  Hierbei 
wird  man  es  freilich  manchmal  als  einen  Uebelstand  empfinden,  daß 
der  Verf.  von  der  Beigabe  einer  größeren  Zahl  von  litterarischen 
Nachweisen  hat  absehen  müssen,  da  sonst  das  Werk  zu  umfangreich 
geworden  wäre. 

55* 


872 


Rotz. 


Tierische  Parasiten. 


Auf  Einzelheiten  möchte  ich  an  dieser  Stelle  nicht  eingehen, 
jedoch  hervorheben,  daß  der  Verf.  die  alte  Gattung  T a e n i a in  zahl- 
reiche Gattungen  auflöst  und  innerhalb  der  Täniaden  mehrere  Unter- 
familien bildet ; so  notwendig  dies  sein  mag,  so  wollen  wir  doch  hoffen, 
daß  man  Taenia  im  alten  Umfange  beibehalten  und  die  neuen  Namen 
in  Klammern  beifügen,  also  z.  B.  schreiben  wird:  statt  „Andrya 
wimerosa  (Mon.)“  Taenia  (Andrya)  wimerosa  Mon.;  es  wird 
dies  neben  der  raschen  Orientierung  auch  noch  den  nicht  zu  unter- 
schätzenden Vorteil  haben,  daß  die  neuen  Arten  der  Gattung  Taenia 
s.  1.  nicht  mit  Namen  belegt  werden  dürfen,  die  in  diesem  Genus 
bereits  vergeben  sind.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Monticelli,  Fr.  Sar. , Studii  sui  Trematodi  endoparas- 
siti;  primo  contributo  di  osservazioni  sui  Distomidi. 
(Suppl.  III.  zu:  Zool.  Jahrb.  hrsg.  v.  J.  W.  Spengel.)  8°.  229  p. 
con  8 tav.  litogr.  e 3 fig.  nel  testo.  Jena  1893. 

Diese  umfangreiche  Arbeit  behandelt  die  Anatomie  mehrerer 
marinen  Distomen,  besonders  die  von  Distomum  calyptrocotyle 
n.  sp.  aus  Beroe  ovata  unter  steter  Berücksichtigung  der  bisher 
bekannt  gewordenen  Verhältnisse.  Mit  Rücksicht  auf  den  Leserkreis 
des  Centralblattes  ist  es  wohl  gerechtfertigt,  wenn  wir  uns  auf 
wenige  Punkte  beschränken.  Die  genannte  Art,  welche  zweifellos  in 
einem  höherstehenden  Tiere  erst  geschlechtsreif  wird,  besitzt  bereits 
die  Genitaldrüsen  ausgebildet;  ihre  Haupteigentümlichkeiten  liegen 
1)  in  der  Form  des  Bauchsaugnapfes:  von  dessen  Centrum  erhebt 
sich  eine  konkave  Muskelmasse,  welche  wie  eine  Kapuze  von  der 
Dorsalseite  den  Saugnapf  deckt  und,  abgesehen  vom  Centrum,  durch 
Parenchym  vom  Saugnapfe  selbst  getrennt  wird;  in  der  Zusammen- 
setzung gleicht  diese  Kapuze  den  Saugnäpfen;  2)  in  der  Gestaltung 
des  Darmes:  zwar  ist  derselbe  zweischenklig  wie  fast  bei  allen 
Distomen,  aber  die  beiden  Schenkel  entsenden  kopfwärts  je  einen 
Blindsack,  ähnlich  wie  bei  Distomum  pelagiae  Köll. ; da  nun 
der  Oesophagus  sehr  lang  ist  und  bis  zur  Höhe  des  Bauchsaug- 
napfes reicht,  so  sind  die  auf  gleicher  Höhe  entspringenden  vorderen 
Darmschenkel  ebenfalls  lang  und  der  ganze  Darmapparat  gleicht 
einem  lateinischen  H;  3)  in  den  Lagebeziehungen  der  Ge- 
schlechtsdrüsen : die  beiden  Hoden  liegen  vor  dem  kleinen!, 

kugligen  Keimstocke,  eine  Eigentümlichkeit,  die  freilich  auch  bei 
anderen,  mit  D.  calyptrocotyle  nicht  näher  verwandten  Arten, 
wie  z.  B.  beim  D.  lanceolatum  Mehl,  vorkommt.  Auch  der 
Exkretionsapparat  bietet  einige  Besonderheiten,  die  aber  hier  über- 
gangen werden  sollen,  wie  manche  andere  Punkte. 

In  Bezug  auf  die  Auffassung  der  Hautschicht  der  Trematoden 
verteidigt  der  Autor  entschieden  die  Ansicht,  daß  die  sogenannte 
Cuticula  ein  umgewandeltes  ektodermales  Epithel  ist,  das  in  den 
allermeisten  Fällen  auch  seine  Kerne  verloren  hat;  nur  Distomum 
R i c h i a r d i und,  wie  Referent  gefunden  hat,  auch  Monostomum 
mutabile  machen  in  letzterem  Punkte  eine  Ausnahme,  da  bei 
beiden  Arten  Kerne  in  dieser  vielgedeuteten  Schicht  mit  Leichtigkeit 
nachzuweisen  sind ; auch  sonst  werden  bei  den  Trematoden  deutliche 
Epithelschichten  nicht  selten  „cuticularisiert“.  Die  großen,  ebenfalls 


Botz.  — Tierische  Parasiten. 


873 


sehr  verschiedenartig  gedeuteten  Zellen  zwischen  den  Muskeln  der 
Saugnäpfe  und  des  Pharynx  erweisen  sich,  wie  dies  Crety  bereits 
begründet  hat,  als  Ganglienzellen. 

Von  mehreren  Autoren  sind  in  den  Darmschenkeln  der  Trematoden 
zweierlei  Epithelien  beschrieben  worden ; wie  der  Verf.  nachweist 
und  wie  gelegentlich  schon  früher,  z.  B.  von  Leuckart  geäußert 
worden  ist,  handelt  es  sich  nur  um  2 verschiedene  Formzustände 
derselben  palissadenförmigen  Zellen. 

Die  anderen  Arten,  welche  eine  mehr  oder  weniger  weitgehende 
Untersuchung  durch  den  Verf.  erfahren  haben,  sind:  Distomum 
Richiardii  Lop.  (aus  Acanthias  vulgaris,  Mustelus 
vulgaris  und  Myliobatis  aquila),  D.  (Echinostomum) 
cesticillus  Mal.  aus  Lophius  piscatorius,  dessen  Larve 
S tossich  als  D.  valdeinflatum  aus  Gobius  jozo  beschrieben 
hat;  D.  (Urogonimus)  cercatum  n.  sp.,  Wirt  unbekannt;  D. 
furcatum  Rud.  aus  Box  salpa;  D.  capitellatum  Rud.  aus 
der  Gallenblase  von  Uranoscopus  scaber;  D.  fuscescens 
Rud.  aus  Caranx  trachurus;  D.  Bonnieri  n.  sp.  von  der 
Schleimhaut  der  Kiemenbogen  der  Trigla  gurnardus;  D.nigro- 
venosum  Bell,  aus  der  Mundhöhle  von  Tropidonotus  natrix; 
D.  Betencourti  für  Dis t.  luteum  v.  Ben.,  aus  dem  Magen 
eines  S c y 1 1 i u m ; D.  P a ro  n a e n.  sp.  aus  dem  Magen  von  S e r i o 1 a 
Dumerilii  und  D.  teretiusculum  n.  sp.  aus  dem  Darm  von 
Solea  Klenii. 

Unter  den  erwähnten  Arten  sind  Dist.  Richiardii  und  D. 
cercatum  wohl  die  bemerkenswertesten;  erstere  dadurch,  daß  sie 
jederseits  am  Körper,  nach  außen  von  den  Darmschenkeln,  wo  sonst 
die  Dotterstöcke  liegen,  sehr  zahlreiche  Hoden  besitzt,  vor  denen 
die  kleinen,  verästelten  Dotterstöcke  sich  finden,  und  D.  cercatum 
nicht  nur  dadurch,  daß  der  Genitalporus  wie  bei  Dist.  macro- 
stomum  am  Hinterende  liegt,  sondern  auch  durch  den  Besitz  eines 
kleinen  Schwanzes.  Zwar  kennt  man  eine  größere  Anzahl  Distomen, 
deren  hinterer  Körperteil  sich  in  mehr  oder  weniger  großer  Aus- 
dehnung schwanzartig  absetzt,  wohl  auch  immer  eingezogen  werden 
kann,  aber  hier  handelt  es  sich  um  einen  dünnen  kleinen  Anhang, 
der  ganz  wie  ein  Cerkarienschwanz  aussieht  und  wohl  auch  als  solcher 
aufzufassen  ist  — jedenfalls  viel  eher  als  das  schwanzartige  Hinter- 
ende der  oben  erwähnten  Distomen,  welche  zu  der  Dujardin  ’schen 
Untergattung  A p o b 1 e m a gehören.  Der  Verf.  ist  geneigt,  in  diesem 
Dist.  cercatum  einen  neuen  Fall  der  sogenannten  Neotonie  zu 
sehen,  wo  Tiere  gewisse  Larvencharaktere  in  das  erwachsene  Stadium 
mit  hinübernehmen,  Charaktere,  die  der  Mehrzahl  der  nächstver- 
wandten Arten  nur  eben  im  Larvenzustande  zukommen.  Beiläufig 
sei  bemerkt,  daß  von  Linstow  im  Jahre  1873  ein  Distomum 
caudatum  aus  Erinaceus  europaeus  beschrieben  hat  — die 
Infektionsquelle  (Landschnecken)  ist  neuerdings  von  Bloch- 
mann  entdeckt  worden  — , das  ebenfalls  einen  schwanzartigen  An- 
hang trägt,  aber  vielleicht  den  Apoblemen  zuzuweisen  ist. 

Bei  Gelegenheit  der  Beschreibung  des  Dist.  Richiardii 
macht  Monticelli  auch  Vorschläge  über  eine  Einteilung  der 
Distomiden,  die  ja  freilich  noch  immer  ein  Postulat  ist  und  wohl 


874 


Rotz.  — Tierische  Parasiten. 


noch  lange  bleiben  wird.  Mit  Recht  verwirft  der  Autor  die  Zahl  der 
Hoden  als  klassifikatorisches  Element,  weil  nur  ein  einziger,  ziem- 
lich untergeordneter  Punkt  berücksichtigt  und  zahlreiche  andere  ver- 
nachlässigt werden ; aber  die  Lage  der  Ausmündungsstellen  der 
Genitalien,  deren  Verschiedenheit  Gattungsmerkmale  nach  Monti- 
celli  abgeben  soll,  ist  zur  Klassifikation  kaum  brauchbarer,  als  die 
Zahl  der  Hoden,  denn  erstens  sind  diese  Verschiedenheiten  nicht 
erschöpft1),  sondern  nur  drei  benutzt  — Genitalporus  vor  oder  neben 
dem  Mundsaugnapfe  (Cephalogonimus) , hinter  dem  Bauchsaug- 
napfe (Mesogonimus)  und  am  hinteren  Körperende  (Urogoni- 
mus)  und  zweitens  werden  naturgemäß , sowie  die  vermeintliche 
Gattung  nur  eine  größere  Artenzahl  umfaßt,  recht  verschiedene 
Formen  zusammengebracht,  so  z.  B.  unter  Mesogonimus  das 
Dist.  heterophyes,  Dist.  Westermanni  (=  D.  pulmonale) 
und  D.  lorum!  B 1 an c h ard  (Compt.  rend.  soc.  biol.  Paris  1881. 
14.  Juli)  weist  mit  Recht  auf  die  großen  Differenzen  zwischen  den 
erstgenannten  beiden  Arten  hin,  die  eine  Vereinigung  in  einem  nur 
durch  die  Lage  des  Genitalporus  charakterisierten  Genus  nicht  er- 
lauben. Und  wie  weit  steht  Distomum  lorum  von  den  beiden 
anderen  Arten?  Wenn  so  entfernt  stehende  Formen  zu  einer  Gat- 
tung vereint  werden  können,  so  trägt  von  vornherein  das  der  Ein- 
teilung zu  Grunde  liegende  Prinzip  den  Stempel  der  Unnatürlichkeit 
auf  der  Stirn.  Die  Aufgabe  ist  vielmehr,  was  auch  Monticelli 
betont,  durch  emsige  Detailforschung  die  zahlreichen  Distomen,  von 
denen  man  kaum  mehr  als  ihre  Existenz,  ihren  Wirt  und  ihren 
Namen  kennt,  genauer  zu  erforschen,  dann  werden  sich  Gruppierungen, 
welche  aber  alle  Verhältnisse  berücksichtigen  müssen,  von  selbst 
ergeben.  Solche  Gruppen  sind  bereits  bekannt,  wie  z.  B.  die  Formen, 
welche  sich  an  Dist.  hepaticum  anschließen  oder  die  Arten,  die  wir 
im  vorigen  Bande  des  Centralblattes  behandelt  haben  (Dist.  feli- 
neum  und  Verwandte)  oder  die  Apoblemen,  die  Echinostomen  etc. 

Endlich  möchten  wir  es  noch  als  einen  besonderen  Vorzug  des 
Werkes  von  Monticelli  hinstellen,  daß  seit  langer  Zeit  wieder 
Abbildungen  von  Trematoden  in  natürlichem  Kolorit  publiziert 
worden  sind.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

Willach,  P.2),  Monostoma  hepaticum  suis.  (Arch.  f.  wiss. 
u.  prakt.  Tierheilkde.  Bd.  XIX.  1893.  p.  40  —42  mit  Abb.) 

Was  der  Autor  unter  Monostoma  hepaticum  suis  beschreibt 
und  abbildet,  ist  ein  unverkennbares  Entwickelungssta- 
dium des  Cysticercus  tenuicollis.  Das  3 Monate  alte  Schwein, 
von  dem  dieser  Parasit  stammt,  war  an  den  Folgen  einer  starken  Infek- 
tion mit  Taenia  marginata  zu  Grunde  gegangen,  was  der  Verf. 
bei  einiger  Kenntnis  der  tierärztlichen  Litteratur  selbst  hätte  wissen 
müssen,  da  solche  Funde  oft  verzeichnet  sind! 

M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 

1)  Man  vergleiche  die  Zusammenstellung,  die  ich  in  Bd.  IV  von  Bronn ’s  Klass. 
u.  Ordn.  d.  Tierreiches,  p.  734 — 737  gegeben  habe. 

2)  Ueber  diese  Arbeit  ist  zwar  schon  (Bd.  XIV.  No.  13)  ein  Referat  erschienen, 
aber  da  der  Herr  Referent  nicht  den  leisesten  Zweifel  an  der  Richtigkeit  der  Deutungen 
kundgiebt,  so  dürfte  ein  Zurückkommen  auf  denselben  Gegenstand  wohl  gerechtfertigt  sein. 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


875 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Zopf,  W.,  Zur  Kenntnis  der  Färbungsursachen  niederer 
Organismen.  (Vierte  Mitteilung).  Basi  diomy  ceten  - 
färbungen.  (Beiträge  zur  Physiologie  und  Morphologie  niederer 
Organismen,  herausgegeben  von  W.  Zopf.  Heft  3.  p.  60—74. 
Mit  3 lithograph.  Tafeln  und  10  Textabbildungen.)  Leipzig  (Felix) 
1893. 

1.  Der  blutrote  Lochers  chwamm , Polyporus  san- 
guineus  Fries. 

Der  durch  die  prächtig  rote  Färbung  ausgezeichnete  Pilz  findet 
sich  in  tropischen  Gegenden  der  alten  und  neuen  Welt  ziemlich  häufig 
als  Bewohner  von  Laubstämmen  und  erinnert  an  unseren  zinnober- 
roten Polyporus  ci n nabarin  us  Jacq.  Als  Untersuchungsmaterial 
dienten  dem  Verf.  ca.  12  Exemplare  verschiedener  Größe,  die  bei 
Santa  Catharina  (Brasilien)  von  Schenk  gesammelt  und  auch  von 
Magnus  als  dieser  Species  angehörig  bezeichnet  worden  waren. 
Die  Hüte  wurden  nach  Zerkleinerung  zu  einer  sägemehlartigen  Masse 
mit  absolutem  Alkohol  erschöpft  und  aus  dem  eingedampften  Extrakte 
durch  Behandlung  mit  verschiedenen  Lösungsmitteln  dreierlei  gefärbte 
Anteile  isoliert.  Von  diesen  wurde  der  wasser-  und  benzolun- 
lösliche („Xanthotrametin“)  ausführlicher  untersucht. 

Nach  Reinigung  stellt  er  mikroskopisch  kleine  wetzsteinartige 
Krystalle  von  rotbrauner  bis  rötlich-gelber  Färbung  dar,  die  in  den 
meisten  Lösungsmitteln  nur  wenig  löslich  sind  und  mit  Säuren  und 
Alkalien  eine  Reihe  von  im  Original  nacbzusehender  Reaktionen  geben. 
Er  ist  mit  dem  seinerzeit  vom  Verf.  in  Trametes  cinnabarina 
Jacq.  gefundenen  Pigmente  identisch.  Von  den  Gewebshyphen  des 
Hutes,  insbesondere  denen  der  Hymenialröhren,  wird  er  in  Körnchen- 
form ausgeschieden,  so  daß  diese  stellenweise  dicht  mit  ihm  inkrustiert 
und  somit  dunkelrot  gefärbt  sind.  Dementsprechend  erhält  man  auch 
Schnitten  die  gleichen  Farbenreaktionen,  insbesondere  auch  mit  konz. 
Schwefelsäure  (Purpurviolettfärbung).  Der  amerikanische  wie  der 
europäische  Polyporus  (Trametes)  cinnabarinus  enthalten 
das  gleiche  Pigment  in  derselben  Verteilung  auf  die  verschiedenen 
Gewebe. 

Der  benzollösliche  Farbstoff  des  P.  sanguineus  besteht 
im  wesentlichen  aus  einem  gelb  bis  rotbraun  gefärbten  Fette,  während 
der  wasserlösliche,  nur  in  geringer  Menge  vorhandene,  nicht  näher 
untersucht  wurde. 

2.  Der  zinnoberrote  Blätterschwamm,  Cortinarius 
(Dermocybe)  cinnabarinus  Fries. 

Durch  successive  Behandlung  der  zerriebenen  trockenen  Frucht- 
körper mit  Wasser  und  kochendem  Aether  gelangt  Verf.  zu  vier 
teils  amorphen,  teils  krystallisierenden  gelben  und  roten  Farbstoffen, 
die  ihrer  chemischen  Natur  nach  als  Säuren  angesprochen  werden, 
deren  Zusammensetzung  jedoch  dahingestellt  bleibt.  Es  sind  das  ein 
gelber  krystall  isie  ren  der  Körper,  in  Wasser  unlöslich  und 
den  Reaktionen  nach  der  Chrysophansäure  bezw.  der  Thyscinsäure 
nahestehend,  welcher  seitens  der  Hyphen  von  Hut  und  Stiel  in  kleinen 


876 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


gelben  Kryställchen  zur  Abscheidung  kommt;  weiterhin  eine  gelbe, 
amorphe,  wasserlösliche  Substanz  („Cybinsäure“),  in  Alkalien 
mit  violetter  Farbe  löslich  und  darum  durch  Salzsäure  in  gelben 
Flocken  fällbar ; ein  roter,  amorpher,  wasserlöslicherFarb- 
sto  ff  („Dermocybsäure“),  dessen  Sitz  die  Zellenwand  zu  sein  scheint, 
und  endlich  ein  roter,  wasserunlöslicher  krystallinischer 
F arbstoff  (als  „Rhodocybsäure“  bezeichnet)  vom  Schmelzpunkt 
210-212°  C. 

3.  Cortinarius  (Dermocybe)  cinnamomeus  (L.)  Fr. 

Nach  einleitenden  Bemerkungen  über  Vorkommen  und  Merk- 
male des  Zimmtschwammes  behandelt  Verf.  die  demselben  eigentüm- 
lichen färbenden  Substanzen,  welche  durch  Extraktion  der  frischen 
Pilze  mittelst  Alkohol  gewonnen  wurden.  Es  sind  das  ein  rot- 
braunes Harz  und  eine  gelbe,  wasserlösliche,  säure- 
artige Substanz  („Cortinarsäure“),  welch  letztere  im  Zellinhalte 
der  Hyphen  von  gelbgefärbten  Stellen  des  Pilzes  nachweisbar  ist. 
Im  einzelnen  läßt  sich  freilich  hier  wie  auch  bei  den  anderen  vom 
Verf.  behandelten  Farbstoffen  gegen  die  Art  der  Gewinnung,  Be- 
schreibung etc.  vom  rein  chemischen  Standpunkte  gar  manches  ein- 
wenden, so  daß  auf  eine  eingehendere  Kritik  von  vornherein  Verzicht 
geleistet  werden  darf.  Darauf  wurde  vom  Ref.  bereits  bei  früherer 
Gelegenheit  hingewiesen,  so  daß  dieser  Punkt  — unter  Beschränkung 
auf  ein  rein  sachliches  Referat  — weiterhin  nicht  berührt  werden  soll. 

In  dem  rotbraunen  Harze  vermutet  Verf.  ein  Oxydations- 
produkt der  wasserlöslichen  gelben  Substanz.  Es  wird  auch  in 
Form  eines  bräunlichen  Ueberzuges  von  den  reichlich  im  Hymenium 
auftretenden  großen  Paraphysen  ausgescbieden  und  giebt  denselben  eine 
klebrige  Oberfläche,  der  bei  alten  Hüten  reichlich  Sporen  des  Pilzes 
anhaften  können,  so  daß  die  Paraphysen  zu  unförmlichen  Keulen  ver- 
ändert erscheinen.  Einzelheiten  sind  im  Originale  einzusehen. 

Wehm  er  (Hannover). 

Acosta  y Grande  Rossi,  T6cnica  bacteriolögica.  (Crönica 
medico-quirürgica  de  la  Habana.  1893.  No.  16.) 

Verff.  haben  untersucht,  wie  lange  in  ihrem  Laboratorium 
Reagenzgläser  mit  Nährböden  und  Saatnadeln  unbedeckt  bleiben 
können,  ohne  ihre  Sterilität  einzubüßen.  Sie  haben  gefunden,  daß 
für  beide  Gegenstände  die  Sterilität  sich  1 1/2  Minuten  erhält.  Bei 
2 Minuten  langem  Offenstehen  blieb  nur  ein  mit  der  Mündung  nach 
unten  schief  gestelltes  Reagenzglas  uninfiziert  und  nach  2 1jt — 3 Mi- 
nuten war  keines  mehr  steril.  Sentinon  (Barcelona). 

Mie,  G.,  Eine  Modifikation  des  Wolf fhügel’ sehen  K olo- 
nieen-Zähl apparates.  (Hygienische  Rundschau.  1894.  No.  7.) 

Verschiedene  Unzuträglichkeiten  führten  Verf.  auf  die  Idee,  den 
W olffhügel’schen  Zählapparat  in  der  Weise  zu  modifizieren,  daß 
er  als  Zählplatte  die  Unterlage  benutzte  und  als  Deckschicht  nur 
eine  einfache  Glasplatte  verwandte.  Dadurch  wird  die  Entfernung 
zwischen  Zählplatte  und  Gelatine  verringert  und  somit  die  optische 
Paralaxe  vermindert,  auch  sonst  zeigt  diese  Anordnung  verschiedene 
kleine  Vorteile,  so  daß  Verf.  diese  Modifikation  empfehlen  möchte. 


UntersuchuDgsmethoden,  Instrumente  etc. 


877 


Derselbe  ist  zu  beziehen  vom  Optiker  R.  Magen,  Berlin  NW.,  Scharn- 
horststr.  34a  zu  dem  gleichen  Preise  wie  der  W olf  f hügel’  sehe 
Apparat.  0.  Voges  (Danzig). 

Elsner,  Zur  Plattendiagnose  des  Cholerabacillus.  (Hy- 
gienische Rundschau.  1894.  No.  7.) 

Zu  1 1 Wasser  fügt  man  250  g Gelatine,  10  g Liebig’s  Fleisch- 
extrakt, 10  g Pepton  und  5 g Kochsalz  und  erwärmt  die  Mischung 
im  VNasserbade  von  50°  C bis  zur  Lösung.  Dann  wird  neutralisiert 
mit  Sodalösung  bis  zur  deutlich  alkalischen  Reaktion,  sodann  das 
Weiße  von  einem  Hühnerei  zugesetzt  und  kräftig  geschüttelt.  Hierauf 
kocht  man  im  Dampf  von  100°  C genau  eine  Stunde  und  filtriert  unter 
mäßiger  Erwärmung  des  Filters.  Das  Filtrat  wird  in  Röhrchen  ge- 
füllt und  in  3 aufeinanderfolgenden  Tagen  genau  16  Minuten  im 
strömenden  Dampfe  sterilisiert.  Diese  25  °/0ige  Gelatine  bleibt  fest  bis 
30°  C.  Stellt  man  mit  Cholera  geimpfte  Platten  bei  27,5 — 28°  C 
hin,  so  erreichen  schon  nach  9 — 10  Stunden  die  Kolonieen  eine  Größe 
wie  2tägige,  auf  gewöhnlicher  10°/0iger  Gelatine  bei  21°  C gewachsene 
Cholerakolonieen.  Sie  sind  ebenfalls  gut  diflferenzierbar,  und  fordert 
Verf.  deshalb  auf,  mit  diesem  Nährboden  bei  Cholerauntersuchungen 
zu  arbeiten.  0.  Voges  (Danzig). 

Turrö,  R.,  Reacciön  del  indol  en  las  deyecciones  col6- 
ricas.  (Gaceta  irödica  catalana.  1894.  No.  4.) 

Verf.  hat  in  9 von  den  42  im  vorigen  Sommer  in  Barcelona 
konstatierten  Cholerafällen  die  Ausleerungen  direkt  auf  die  Reaktion 
des  Cbolerarotes  hin  untersuchen  können  und  schließt  seine  Mit- 
teilung darüber  mit  der  Aufstellung  folgender  Thesen:  1)  Wenn  man 
Choleraausleerungen  mit  Schwefelsäure  behandelt,  so  zeigt  sich  die 
Indolreaktion.  2)  Diese  ist  unverkennbar  in  den  Reiswasserstühlen ; 
bei  denen  aus  anderen  Stadien  der  Krankheit  ist  es  zweckmäßig,  die 
durch  den  Säurezusatz  hervorgerufenen  Farbeveränderungen  mit  nicht 
angesäuerten  Ausleerungen  zu  vergleichen.  3)  Ausleerungen  mit 
wenig  Kommabacillen  braucht  man  nur  6 Stunden  lang  bei  37°  zu 
halten,  um  die  Reaktion  zum  Vorschein  zu  bringen.  4)  Das  Cholera- 
rot kann  noch  nach  5 Tagen  in  den  Ausleerungen  nachgewiesen 
werden.  5)  Diese  Reaktion  scheint  der  asiatischen  Cholera  aus- 
schließlich zuzukommen.  Sen ti non  (Barcelona). 

Mally,  F.  W.,  Combination  hotfilterand  steam  sterilizer  ; 
a handy  incubating  cage.  (Modern  medicine  and  bacterio- 
logical  world.  1893.  No.  11.  p.  275.) 

Da  die  Bereitung  von  Agar-Agar  und  anderen  festen  Nährböden 
und  namentlich  das  Filtrieren  derselben  bei  Kälte  wegen  der  schnellen 
Abkühlung  häufig  Schwierigkeiten  macht,  empfiehlt  Verf.  den  folgenden, 
von  ihm  angegebenen  Apparat,  eine  Verbindung  von  Heißfilter  mit 
Dampfsterilisator,  der  das  Filtrieren  erleichtern  und  ein  keimfreies 
Filtrat  liefern  soll.  Auf  einem  gewöhnlichen  Dampfsterilisator,  der 
in  der  Mitte  ein  durchlöchertes  Diaphragma  enthält,  wird  ein  8 Zoll 
hoher,  mit  einem  seitlichen  Griffe  versehener,  fest  schließender  Aufsatz 
gestellt,  welcher  in  der  Mitte  seiner  oberen  Bedeckung  einen  in  den 


878 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Sterilisator  reichenden,  umgekehrt  abgestumpften  hohlen  Kegel  trägt, 
dessen  oberes  Ende  einen  Durchmesser  von  4 Zoll,  dessen  unteres 
von  21/i  Zoll  besitzt  und  der  durch  einen  gut  passenden  Deckel  ver- 
schlossen werden  kann.  Neben  diesem  als  Filtertrichter  dienenden 
Kegel  ist  in  dem  Aufsatze  eine  Durchbohrung  für  ein  Thermometer 
angebracht.  Der  Aufsatz  ist  wie  der  übrige  Sterilisator  mit  Asbest 
umkleidet.  Der  Kolben  mit  der  Nährflüssigkeit  und  ein  anderer,  gleich 
großer  leerer  Kolben  werden  nun  in  den  Sterilisator  gesetzt  und  der 
Trichter  mit  Filtrierpapier  belegt.  Wenn  der  im  Sterilisator  ent- 
wickelte Dampf  den  Trichter  gehörig  erhitzt,  der  durch  denselben 
entweichende  Dampf  das  eingelegte  Filtrierpapier  befeuchtet  hat  und 
der  im  Sterilisator  stehende  Kolben  mit  der  Nährflüssigkeit  genügend 
erwärmt  ist,  wird  letzterer  herausgenommen,  die  Flüssigkeit  in  den 
Filter  gegossen  und  derselbe  mit  dem  Deckel  verschlossen.  Das 
Filtrat  läuft  in  die  leere  Flasche  im  Sterilisator.  Um  zu  vermeiden, 
daß  die  Filtergeschwindigkeit  durch  den  Druck  des  Dampfes  herab- 
gesetzt wird,  kann  der  Trichter  eine  gerippte  Form  mit  entsprechend 
passendem  Deckel  erhalten,  damit  der  Dampf  teilweise  entweichen 
kann. 

Verf.  empfiehlt  ferner  statt  der  gewöhnlichen  Drahtkörbe  zur 
Aufnahme  der  Kulturgläser  im  Brütschranke  einen  viereckigen  läng- 
lichen Holzkasten  mit  Glaswänden  — „Incubating  cage“  — , welcher 
die  Beobachtung  der  Kulturen  von  außen  gestattet,  ohne  ein  Heraus- 
nehmen nötig  zu  machen.  Lösen  er  (Berlin). 

Bogdan , Versuche  über  die  Leistungsfähigkeit  der 
Freiherr  von  Kuhn’ sehen  Asbestfilter.  (Der  Militär- 
arzt. 1894.  No.  4.) 

Das  geprüfte  Filter  besteht  aus  einem  nach  unten  sich  ver- 
jüngenden Aluminiumcylinder  mit  2 Drahtsiebeinsätzen.  Auf  den 
unteren  feinmaschigen  Einsatz  wird  Asbest  geschüttet  und  unter 
Aufgießen  von  Wasser  zur  gleichmäßigen  Schicht  verteilt.  Der  obere 
gröbermaschige  Einsatz  soll  grobe  Verunreinigungen  des  Wassers 
zurückhalten,  welches  zunächst  durch  einen  in  die  obere  Oeffnung 
des  Cylinders  gehängten  Leinwandsack  geseiht  wird.  Das  Filter  ist 
wenig  ergiebig ; zwar  lieferte  ein  kleiner  Apparat  seiner  Konstruktion 
bei  mittlerem  Drucke  und  Verwendung  von  verhältnismäsig  reinem 
Wasser  150  ccm,  ein  größerer  1250  ccm  Filtrat  in  der  Minute,  doch 
wurden  Schmutzflüssigkeiten  langsammer  filtriert.  Auch  erschien  die 
erste  von  solchen  abfiltrierte  Flüssigkeit  trübe.  Die  in  ihnen 
enthaltenen  Bakterien  wurden  durch  das  Filtrieren  zwar  ihrer  Zahl 
noch  vermindert,  doch  fanden  sich  im  Filtrate  dieselben  Arten  wie 
im  Rohwasser.  Die  Reinigung  des  einmal  verschlammten  Asbestes 
ist  schwer  ausführbar.  Kühler  (Berlin). 

Piefke,  C.,  Ueber  die  Betriebsführung  von  Sandfiltern 
auf  Grundlage  der  zurZeit  gütigen  sanitätspolizei- 
lichen Vorschriften.  (Zeitschrift  für  Hygiene  und  Infektions- 
krankheiten. Bd.  XVI.  H.  1.) 

Verf.  berichtet  über  die  bei  dem  Stralauer  Wasserwerke  in  Berlin 
beobachteten  Erfahrungen.  Wir  werden  bekannt  gemacht  mit  den 


Untersuchungsmethodeu,  Instrumente  etc. 


879 


Schäden  und  Mängeln  dieser  Einrichtung  und  werden  die  infolge  der 
letzten  sanitätspolizeilichen  Verordnungen  notwendigen  Maßnahmen 
einer  Kritik  unterwerfen.  Die  bakteriologische  Untersuchung,  täg- 
lich an  jedem  Filter  vorgenommen,  wird  mitgeteilt;  meist  betrug  die 
Anzahl  der  Keime  unter  100  pro  1 ccm  Wasser  bei  einer  Filtrations- 
geschwindigkeit von  100  mm  pro  Stunde.  Die  bakteriologischen 
Untersuchungen  ließen  einen  deutlichen  Mangel  an  praktischer  Ein- 
richtung erkennen  und  werden  zweckentsprechende  Pläne  für  Neu- 
anlagen von  Filtern  gemacht.  Danach  ist  es  notwendig,  die  Filter, 
jedes  gesondert,  in  das  Reinwasserbassin  laufen  zu  lassen,  sowohl  um 
jedes  einzeln  untersuchen  zu  können,  wie  auch  um  Druckschwankungen 
möglichst  auszugleichen.  Verf.  verlangt  für  die  Prüfung  eines  Wassers 
dann  auch  noch  genaue  und  lückenfreie  Kenntnis  des  Rohwassers. 
Von  Bedeutung  erwies  sich  die  Art  der  Stoffe,  aus  denen  sich  die 
Decke  der  Filter  bilden  mußte.  Versuche  im  Kleinen  mit  Kulturen 
des  Bacillus  violaceus  angestellt,  ergaben  bei  einem  Gehalte  von 
45—87000  Bakterien  im  Rohwasser  nach  Filtration  durch  ein  Filter 
mit  Lehmdecke  im  ccm  19,  beim  Filter  mit  Algendecke  45,  beim 
Filter  mit  Eisendecke  25  Keime.  P.  fordert  auf  Grund  dieser  Ergeb- 
nisse daher  zu  größerer  Beachtung  dieses  Punktes  auf.  Auch  im 
Großbetriebe  zeigte  sich,  daß  die  gedeckten  Filter,  bei  denen  wegen 
Lichtmangels  die  Algen  weniger  üppig  wachsen,  weit  schlechter  und 
langsamer  arbeiteten,  als  die  freiliegenden. 

Eine  kurze  Formel  wird  für  den  Wirkungsgrad  eines  Sandfilters 
R 

angegeben : E = , wobei  E = Wirkungsgrad  des  Sandfilters, 

vm.pm 

vm  Filtrationsgeschwindigkeit  im  Mittel, 
pm  Mittlerer  Ueberdruck, 

R Retentionsvermögen  der  Decke. 

Manche  andere  Ratschläge  uud  Erwägungen  wollen  im  Original 
gelesen  sein.  Das  Material  ist  sehr  reichlich  und  fleißig  zusammen- 
getragen und  giebt  manche  Aufschlüsse  und  Belehrungen. 

O.  Voges  (Danzig). 

Traube,  Moritz,  Einfaches  Verfahren,  Wasser  in  großen 
Mengen  keimfrei  zu  machen.  (Zeitschrift  für  Hygiene  und 
Infektionskrankheiten.  Bd.  XVI.  1894.  Heft  1.  p.  149 — 150.) 

Chlorkalk  in  der  höchst  geringen  Menge  von  0,0004260  g (ent- 
haltend 0,0001065  g wirksames  Chlor)  zu  100  ccm  stark  bakterien- 
haltigen Wassers  zugesetzt,  tötet  innerhalb  zweier  Stunden  uud  wahr- 
scheinlich bereits  früher  alle  darin  vorhandenen  Mikroorganismen. 
Zur  Entfernung  des  nicht  verbrauchten  Chlorkalks  war  ein  Zusatz 
von  0,000209  g Natriumsulfit  hinreichend. 

Es  würden  also  zur  Sterilisierung  von  einer  Million  Kubikmeter 
Wasser  etwa  85  Ctr.  Chlorkalk  und  ungefähr  40  Ctr.  Natriumsulfit 
erforderlich  sein.  E.  Roth  (Halle  a.  S.). 


ggO  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten  etc.  — Neue  Litteratur. 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Kramsztyk,  J.,  Sterilisation  oder  Pasteurisation?  (Jahr- 
buch für  Kinderheilkunde  und  physische  Erziehung.  Band  XXXVII. 
Heft  2.) 

Die  vom  Verf.  mit  Unterstützung  des  Prof.  Bujwid  und  der 
Herren  Dr.  Zusakowsky  und  Palmirski  in  Warschau  vor- 
genommenen sehr  interessanten  und  für  die  praktische  Ausführung 
der  künstlichen  Säuglingsernährung  außerordentlich  wichtigen  Unter- 
suchungen weisen  nach,  daß  das  Pasteurisieren  der  Milch,  d.  h.  das 
Sterilisieren  vermittelst  Erhitzung  durch  Wasserdampf  von  ungefähr 
70°  C,  verworfen  und  peinlich  sterilisierte  Milch  durch  starkes  Auf- 
kochen und  Aufbewahren  der  Milch  in  ein  und  demselben  Gefäße  an- 
empfohlen werden  muß.  Alle  Versuche  des  Pasteurisierens  durch 
zweimaliges  Erhitzen  auf  70 — 75°  C während  15 — 20  Minuten  und 
sogar  auf  80°  C bewiesen,  daß  es  auf  diese  Art  kein  einziges  Mal 
gelang,  eine  vollkommen  oder  auch  nur  ziemlich  keimfreie  Milch 
wenige  Stunden  nach  der  Sterilisation  zu  erhalten,  um  so  weniger 
eine  haltbare.  Bei  allen  Proben  zeigte  sich  nach  24  Stunden  ein 
hoher  Keimgehalt.  Dagegen  werden  durch  starkes,  wenn  auch  kurz 
anhaltendes  Auikochen  alle  Keime  getötet.  Doch  entwickeln  sich  aus 
den  übrig  gebliebenen , unvernichteten  Sporen  schon  nach  einigen 
Stunden  neue  Keime,  deren  Anzahl  beim  Abfüllen  der  Milch  in  nicht 
sterilisierte  Flaschen  sehr  rasch  wächst.  Der  Geschmack  und  Ge- 
ruch wie  auch  die  Verdaulichkeit  wird  durch  das  Sterilisieren  in 
sehr  hohen  Temperaturen  in  keiner  Weise  ungünstig  beeinflußt.  Eine 
wie  wichtige  Bedingung  das  Reinhalten  und  die  Fütterungsart  der 
Kühe,  deren  Milch  zur  Kinderernährung  sterilisiert  werden  soll,  ist, 
beweist  der  Umstand,  daß  die  Milch  der  Kühe  mit  Grasfütterung 
sich  im  allgemeinen  unter  Bildung  von  Buttersäure  4mal  so  schnell 
zersetzt,  als  diejenige  der  Tiere  mit  Trockenfütterung.  Diese  Ver- 
änderungen hängen  vom  Bacillus  butyricus  ab,  welcher  sowohl 
im  Organismus  der  Kuh,  wie  auch  in  dem  Kindes  sehr  schädliche 
Folgen  hervorrufen  kann.  Maaß  (Freiburg  i.  B.). 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Arthur  Würzburg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesnndheitsamte  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Eabes,  V.,  An  address  on  tbe  position  of  the  state  in  respect  to  modern  bacteriologieal 
researeh.  Abstract.  (Brit.  med.  Journ.  1894.  No.  1736.  p.  733 — 738.) 


Neue  Litteratur. 


881 


Morphologie  und  Systematik. 

Alessandrini,  G.,*  Quäle  sia  la  specie  di  taenia  predominante  in  Roma  e sua  provincia. 
(Spallanzani.  1893.  p.  54 — 57.) 

Zürn,  Der  großköpfige  Pferdespulwurm.  (Dtsche  landwirtschaftl.  Presse.  1894.  No.  26. 
p.  254.) 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Dangeard,  P.  A.,  La  reproduction  sexuelle  des  Champignons.  I.  Considerations  gend- 
rales  sur  la  reproduction  sexuelle  des  Algues  et  des  Champignons.  II.  Recherches  sur 
les  structures  des  ustilaginees.  (Botaniste.  1894.  fase.  6.  p.  221.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Zone,  A.  J.,  Traite  d analyse  chimique,  micrographique  et  microbiologique  des  eaux 
potables.  8°.  Av.  2 pl.  et  410  grav  Paris  (0.  Doin)  1894.  10  fr. 

Nahrungs-  und  Genufsmittd , Gebrauchsgegenstände. 

Robin,  A.,  Sur  l’analyse  bacteriologique  des  eaux  minerales.  (Bullet,  de  l’acad.  de 
med.  1894.  No.  13.  p.  322—323.) 

Timpe,  Th.,  Ueber  die  Sterilisierung  der  Kuhmilch  für  den  Bedarf  des  Hauses  und  der 
Molkereien,  sowie  über  Sterilisierapparate  für  den  prakt.  Arzt  und  die  Apotheke. 
Technische  Skizze,  gr.  8°.  16  p.  m.  Fig.  Magdeburg  (Creutz  [R.  & M.  Kretsch- 

mann])  1894.  0,75  M. 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten. 

Gatti,  G.,  Süll’  aumento  del  potere  microbicida  del  sangue  durante  la  infezione.  (Riforma 
med.  1893.  pt.  3.  p.  433,  445.) 

Welch,  W.  H.,  General  considerations  concerning  the  biology  of  bacteria,  infection  and 
immunity.  Reprint  from  a text-book  of  the  theory  and  practice  of  medicine,  ed.  by 
W.  Pepper.  Vol.  II.  gr.  8°.  69  p.  Philadelphia  1894. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Talayrach,  Le  nouvel  höpital  de  Stockholm  pour  les  maladies  dpiddmiques.  (Rev. 
d’hygiene.  1894.  No.  3.  p.  185 — 213.) 

Malariakrankbeiten. 

Feletti,  R , Sul  modo  di  distinguere  i parassiti  malarici  dalle  alterazioni  degli  elementi 
sanguigni.  (Lavori  d.  Congr.  di  med.  int.  1892,  Milano  1893.  p.  379 — 384.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Röteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Acland,  T.  D.  and  Fisher,  C.  H.,  A case  of  generalized  vaccinia.  (Transact.  of  the 
clin.  soc.  of  London.  1892/93.  p.  114  — 117.) 

Brunelle,  J.,  Sur  le  debut  de  l’epidemie  de  typhus  ä Lille.  (Bullet,  med.  du  nord. 
1893.  p.  191,  209.) 

Graham,  J.  E , A brief  history  of  the  recent  outbreak  of  small-pox  in  Toronto.  (Do- 
minion med.  monthly.  1893.  p.  123 — 129.) 

Jaarverslag,  twintigste,  van  de  rijksinrichting  tot  kweeking  van  koepokstof  (parc  vac- 
cinogene)  by  the  rijksveeartsenijschool  te  Utrecht  (1892)  door  A.  W.  H.  Wirtz. 
8°.  31  p.  Utrecht  (J.  van  Druten)  1893. 

King,  W.  G.,  Animal  vaccine;  its  origin  and  cultivation.  (Indian  med.  Gaz.  1894. 
No.  3.  p.  81 — 84.) 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest 

Bericht  über  die  Abdominaltyphus-Epidemie  in  Prag.  (Oesterr.  Sanitäts wesen.  1894. 
No.  12,  13.  p.  97—100,  105—111.) 


882 


Neue  Litteratur. 


Eigner,  M.,  Zur  Plattendiagnose  des  Cbolerabacillus.  Vorl.  Mitteilg.  (Hygien.  Rund- 
schau. 1894.  No.  7.  p.  296—297.) 

Forne,  Comment  la  fievre  jaune  a-t-elle  ete  transportee  dans  le  baut  Senegal  en  1878? 

(Arch.  de  med.  nav.  1893.  Vol.  II.  p.  84 — 93.) 

Hamilton,  J.  B.,  Cholera,  its  epidemic  progression  and  causation.  (Transact.  of  the 
med.  soc.  of  London.  1892/93.  p.  80 — 100.) 

Haushälter,  P , Phlegmatia  alba  dolens  et  bacille  typhique  dans  la  fifevre  typhoi'de. 

(Rev.  med.  de  l’est,  Nancy  1893.  p.  518 — 523.) 

Honghton,  E.  R.,  Enteric  fever  from  drinking  river  water.  (Rep.  of  the  superv.  surg. 

gener.  mar.  hospit.  1891/92,  1893.  p.  138.) 

Jordanski,  J.  F.,  Untersuchung  über  die  Cholera-Epidemie  im  Malmicher  Distrikt,  Gouv. 
Wjatka.  (Dnewn.  obsh.  wratsch.  pri  imp.  Eazan.  Univ.  1893.  Vol.  II.  p.  139 — 160.) 
[Russisch.] 

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Mazza.  C , Alcune  osservazioni  sull’  andamento  dell’  ileo-tifo  in  Torino  dal  1857  al 
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Pagliani,  L , Circa  i fatti  principali  riguardanti  l’igiene  e la  sanith  pubblica  nel  regno 
nel  secondo  semestre  dell’  anno  1893.  Epidemie  colerica  all’  estero  e nel  regno. 
4°.  63  p.  Roma  1894. 

Penna,  J. , Contribucion  al  estudio  de  la  fiebre  tifoidea.  (Anal.  d.  departam.  nackmal 
de  higiene.  1894.  No.  9.  p.  257 — 261.) 

Quincke,  H u.  Stühlen,  A.,  Zur  Pathologie  des  Abdominaltyphus.  1)  Typbusbacillen 
im  Knochenmark.  2)  Ueber  typhöse  Meningitis.  (Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  15. 
p.  351—354.) 

Wronski,  W. , Epidemija  cbolery  azyjatyckiej  w Nasielsku  i obolicznych  wioskach. 
(Krön.  lek.  1893.  p.  580 — 600.) 

Yaibili,  A.  0.,  Der  wahrscheinlich  erste  Cholerafall  in  der  Epidemie  des  Jahres  1892 
im  Gouv.  Kutais.  (Protok.  zasaid.  kawkazsk.  med.  obsb.  1893/94.  p.  160 — 172.) 

[Russisch.] 


Infektionsgeschvrülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Foa,  P..  Zur  Aetiologie  des  Carcinoms.  (Wien.  med.  Wchschr.  1894.  No.  15.  p.  655 
— 658.) 

Giedroyc,  F.,  Istota  przymiotu.  (Krön.  lek.  1893.  p.  523,  538,  601,  649.) 
van  Harlingen,  A.,  Extra-genital  cbancre.  (Philad.  polyclin.  1893.  Vol.  II.  p.  249.) 
Lejars,  F , Double  chancre  syphilitique  par  morsure  de  la  face  dorsale  du  pouce  et  de 
l’index.  (Bullet,  de  la  soc.  fran«;.  de  dermatol.  et  de  syphiligr.  1893.  p.  138 — 141.) 
Martin,  Statistique  de  tuberculose  dans  la  Nifevre.  (Recueil  de  med.  v^terin.  1894. 
No.  6.  p.  115.) 

Münch,  G.  N , Der  Aussatz  in  Egypten  zur  Zeit  Moses.  (Dermatol.  Ztschr.  1894. 
Bd.  I.  Heft  3.  p.  242—256) 

Bibbert,  Die  neueren  Untersuchungen  über  Krebsparasiten.  (Dtsche  med.  Wchschr. 
1894.  No.  15.  p.  339  — 343.) 

Schütz.  R. , Aetiologische  Beziehungen  der  Syphilis.  (Münch,  med.  Wchschr.  1894. 
No.  14,  15.  p.  261—265,  286—290.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Gualdi.  T.,  Infezione  reumatica.  (Lavori  d.  congr.  di  med.  int.  1892,  Milano  1893. 
p.  254—298.) 

Lendet,  R.,  Pneumonie  avec  phduomfenes  d’infection  generale;  pr^senee  du  bacterium 
coli  commune  dans  le  poumon,  le  foie,  la  rate  et  les  reins.  (Normandie  med.  1893. 
p.  381  — 386.) 

Riva,  A.,  Sull’  infezione  reumatica.  (Lavori  d.  congr.  di  med.  int.  1892,  Milano  1893. 
p.  216  — 254.) 

Rordam.  H , Om  difteritis.  (Hosp.-tid.,  Kjobenhavn  1893.  p.  809 — 814.) 

Welch,  W.  H.,  The  etiology  of  acute  lobar  pneumonia,  considered  from  a bacteriological 
point  of  view.  (Reprint  from  Transact.  med.  and  Chirurg,  faculty  of  Maryland.  1892.) 
8°.  29  p. 


Neue  Litteratur. 


883 


B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Harn-  und  Geschlechtsorgane. 

Brand  et  Hugounenq,  Reehercbes  bacteriologiques  et  chimiques  sur  la  pathogönie  de 
l’orchite  blennorrhagique  et  de  certaines  orchites  infectieuses.  (Bullet,  de  la  soc. 
fran?.  de  dermato).  et  syphiligr.  1893.  p.  159 — 168.) 

Augen  und  Ohren. 

Fage,  Prophylaxie  et  traitement  de  la  conjonctivite  purulente  des  nouveau-n4s.  (Gaz. 
m6d.  de  Picardie.  1893.  p.  511 — 514.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Aktinomykose. 

Salmon,  D.  E.,  Report  upon  investigations  relating  to  the  treatment  of  lumpy-jaw  or 
actinomycosis  in  cattle.  (Rep.  of  the  bureau  of  animal  industry  1891/92,  1893. 
p.  109—176.) 

Tollwut. 

Golgi,  C.,  Ueber  die  pathologische  Histologie  der  Rabies  experimeutalis.  (Berl.  klin. 
Wchschr.  1894.  No.  14.  p.  325—331.1 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  Aügemeinkrankheiten. 

Preußen.  Ministerial-Verfügung,  betr.  den  Nachrichtendienst  in  Viehseuchen-Angelegen- 
heiten. Vom  27.  März  1894.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundbeits-A.  1894.  No.  15. 
p.  230—231.) 

Tierseuchen  in  Rußland  in  der  Zeit  vom  1.  Oktober  1893  bis  13.  Januar  1894.  (Ver- 
öffentl. d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  15.  p.  235.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung  und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Aronson,  H.,  Zur  Diphtherieheilungsfrage.  Entgegnung  auf  den  Artikel  des  Herrn 
Prof.  Behring.  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  17.  p.  384 — 385.  Bemerkung 
hierzu  von  Behring,  p.  385 — 386.) 

— — , Ueber  Diphtherieantitoxinlösung  zu  Immunisierungszwecken.  (Dtsche  med. 
Wchschr.  1894.  No.  19.  p.  431.) 

Issaeff  u.  Ivanoff,  Untersuchungen  über  die  Immunisierung  der  Meerschweinchen  gegen 
den  Vibrio  Ivanoff.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVII.  No.  1.  p.  117 — 129.) 

Calmette,  A.,  Etüde  experimentale  de  la  dysentörie  ou  entöro-colite  endemique  d’extreme 
Orient  et  des  abcfes  du  foie  d’origine  dysenterique.  (Arch.  de  med.  nav.  1893.  p.  207 
—223) 

Lagrange,  F.  et  Mazet,  De  l’action  de  l’dlectrolyse  sur  les  cultures  de  staphylocoques 
et  de  streptocoques.  (Rec.  d’ophtalmol.  1893.  p.  606 — 614  ) 

Pane,  N.  e Linciano,  P.,  Sulla  resistenza  individuale  dei  conigli  contro  il  virus  car- 
bonchioso  e pneumonico.  (Riv.  clin.  e terap.  1893.  p.  462 — 468.) 

Schubert,  Ueber  den  gegenwärtigen  Stand  der  Behandlung  der  Lungenschwindsucht 
(Tuberkulin).  (Der  22.  schlesische  Bädertag.  Reinerz  1894.  p.  48 — 51.) 

Slater,  Ch.  and  Rideal,  S.,  On  formaldehyde  as  an  antiseptic.  (Lancet.  1894.  No.  16. 
p.  1004—1006.) 

Stern,  R.,  Ueber  die  Wirkung  des  menschlichen  Blutserums  auf  die  experimentelle 
Typhusinfektion.  (Ztschr.  f.  Hygiene.  1894.  Bd.  XVI.  No.  3.  p.  458 — 481.) 

Szana,  A.,  Der  heutige  Stand  der  spezifischen  Behandlung  der  Diphtheritis.  (Orvosi 
hetilap.  1894.  No.  13.)  [Ungarisch.] 

Zappert,  J.,  Ueber  die  Heilwirkung  des  Antidiphtherin  (Klebs).  (Wien.  med.  Wchschr. 
1894.  No.  13—17.  p.  550—553,  616—618,  666—668,  708—711,  756—759.) 


884 


labalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Krückmann,  Emil,  Eine  Methode  zur  Her- 
stellung bakteriologischer  Museen  und 
Konservierung  von  Bakterien.  (Orig.), 
p.  851. 

Lankewitsch,  M.,  Beitrag  zur  Biologie  des 
Bacillus  typhi  murium  (Loeffler)  und 
seine  Virulenz  gegen  die  Feld-  und  Haus- 
mäuse. (Orig  ),  p.  845. 

Reichenbach,  Hans,  Ueber  einen  neuen 
Brütofen  für  beliebiges  Heizmaterial. 
(Orig.),  p.  847. 

Tictin,  J.,  Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der 
Milz  bei  Febris  recurrens.  (Orig.),  p.840. 

Waldvogel,  R.,  Ueber  das  Wachstum  des 
Streptococcus  lingus  in  Bouillon.  (Orig.), 
p.  837. 

Bakteriologische  and  parasitologische 
Kongresse. 

Sanarelli,  G.,  Mitteilungen  aus  dem  XI. 
internationalen  medizinischen  Kongresse 
in  Rom.  (Orig  ),  p 857. 

Bordoni  -Uffreduzzi.  Ueber  den  Wert 
einiger  für  die  Desinfektion  geschlos- 
sener Räume  vorgeschlagenen  gasför- 
migen Desinfektionsmittel,  p.  862. 

— — und  Abba,  Ueber  eine  aus  dem 
Menschen  isolierte  Varietät  des  Cho- 
lerabacillus und  über  die  bakterio- 
logische Diagnose  der  Cholera,  p.  863. 
Bujwid,  0.,  Ueber  die  antirabische  Be- 
handlung nach  der  Pasteur’schen  Me- 
thode und  die  Veränderungen  der 
Nervenzellen  bei  der  Tollwut,  p.  863. 
Charrin,  Einfluß  der  Atmosphärilien  auf 
die  Mikroorganismen,  p.  859 
Donath.  J.,  Ueber  fiebererregende  Stoffe, 
p.  857. 

Haapt,  A..  Die  möglichen  und  erlaubten 
Grenzen  einer  Prophylaxe  der  Tuber- 
kulose vom  Standpunkte  der  prak- 
tischen ärztlichen  Erfahrung,  p.  858. 
Hesse,  W , Ueber  die  Beziehungen  zwi- 
schen Kuhmilch  und  dem  Cholera- 
bacillus, p.  858. 

Pernice,  B.  and  Pollaci,  G , Ueber  den 
Einfluß  der  Absonderungen  im  Ver- 
laufe der  Infektionskrankheiten,  p.  860. 
Scagliosi,  G..  Ueber  dia  mikrobischen 
Lebereutzündungeu,  p.  861. 

Sormani,  G , Ueber  die  den  Cholera- 
bacillus neutralisierenden  Mittel,  p.  86 1. 

, Ueber  die  den  Diphtheriebacillus 

neutralisierenden  Mittel,  p.  862. 
Terni,  C.,  Das  Serum  der  kaltblütigen 
Tiere  bei  der  Milzbrandinfektion,  p.  863. 

Referate. 

Düvalos,  J.  N , El  muermo  en  la  Habana, 
p.  87Q. 


Delassus,  P.,  De  la  teigne  faveuse  dans 
le  departement  de  l'Herault  et  ä la  cli- 
nique  des  enfants  ä l’höpital  general  de 
Montpellier,  p.  870. 

Gärtner,  Identischer  Bakterieubefund  bei 
zwei  Melaenafällen  Neugeborener,  p.  865. 

Marianelli,  A.,  Sul  Trichophyton  tousurans, 
p.  867. 

Monticelli,  Fr.  Sav.,  Studii  sui  Trematodi 
endoparassiti ; primo  contributo  di  os- 
servazioni  sui  Distomidi,  p.  872. 

Oettinger,  De  la  speeifite  de  la  varicelle, 

p 866. 

Railliet,  A.,  Traite  de  Zoologie  medicale 
et  agricole,  p.  871. 

Sabouraud,  Sur  une  mycose  iunominee  de 
l’homme.  La  teigne  tondante  speciale 
de  Gruby,  Microsporon  Audouini,  p 868. 

Schirren,  Ueber  Lungensyphilis,  p.  867. 

Willach,  P . Monostoma  hepaticum  suis, 
p.  874. 

Wolff,  Die  Syphilis  unter  den  Urvölkern 
Amerikas  mit  besonderer  Bezugnahme 
auf  ihr  Bestehen  daselbst  vor  der  Ent- 
deckung Amerikas  durch  Columbus, 

p.  866. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Acosta  y Grande  R3ssi,  Tecuica  bacterio- 
lögica,  p.  876. 

Bogdan , Versuche  üoer  die  Leistungs- 
fähigkeit der  Freiherr  von  Kuhn’schen 
Asbestfilter,  p.  878. 

Elsner,  Zur  Plattendiagnose  des  Cholera- 
bacillus, p.  877. 

Mally,  F.  W.,  Combination  hot  Alter  and 
steam  sterilizer;  a handy  iucubating 
cage,  p.  877. 

Hie.  G.,  Eine  Modifikation  des  WolfFnügel- 
schen  Kolonieen-Zählapparates,  p.  876. 

Piefke,  C.,  Ueber  die  Betriebsführung  von 
, Sandfiltern  auf  Grundlage  der  zur  Zeit 
gütigen  sanitätspolizeilichen  Vorschriften, 
p.  878. 

Traube,  Moritz,  Einfaches  Verfahren, 
Wasser  in  großen  Mengen  keimfrei  zu 
machen,  p.  879. 

Turro,  R.,  Reacciön  del  indol  en  las  de- 
yecciones  colericas,  p.  877. 

Zopf,  W.,  Zur  Kenntnis  der  Färbungs- 
ursachen niederer  Organismen  (Vierte 
Mitteilung).  Basidiomyceteularbungen, 
p.  875. 

Schutzimpfung,  künstliche  Infektions- 
krankheiten, Entwickelungshemmung  etc. 

Kramsztyk,  J.,  Sterilisation  oder  Pasteuri- 
sation  ?,  p.  880. 

Neue  Litteratur,  p.  880. 


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THEIR  SIGNIFICANCE,  IDENTIFICATION 
AND  REMOVAL 


TOGETHER  WITH  AN  ACCOUNT  OF  THE  BACTERIOLOGICAL  METHODS 
INVOLVED  IN  THEIR  INVESTIGATION 

SPECIALLY  DESIGNED  FOR  THE  USE  OF  THOSE  CONNECTED 
WITH  THE  SA  NIT  AR  Y ASPECTS  OF  WATER-SUPPLY 


BY 

PERCY  FRANKLAND,  Ph.D.,  B.Sc.  (Lond.),  F.R.S. 

FELLOW  OF  THE  CHEMICAL  SOCIETY 

PROFESSOR  OF  CHEMISTRY  IN  CNIVERSITY  COLLEGE,  DUNDEE,  ST.  ANDREW’s  UNIVERSITY 

AND 

MRS  PERCY  FRANKLAND 

JOINT  AUTHOR  OF  ‘ STUDIES  ON  SOME  NEW  MICROORGANlSMS  OBTAINED  FROM  AIR’. 


LONDON 

LONGMANS,  GREEN,  AND  CO. 


Frommannsche  buchdruckerei  (Hermann  Pohle)  in  Jena. 


Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Gell.  Hotr.  Prof.  Dr.  Leictart  ui  Professor  Dr.  Loeller 

ln  Leipzig  ln  Greifswald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  Uklworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Baild.  Jena,  den  9.  Juni  1894.  No.  28. 

Preis  für  den  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— *»f(  Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten.  '%<— 


Die  Redakti"*-  ' . Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  a..  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  am  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Eorrekturabzüge  direkt  am 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena,  gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage,  später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 


Zur  Mischinfektionsfrage1). 

Von 

Dr.  med.  M.  Mühlmann 

in 

Odessa. 

Seitdem  man  als  Grund  der  verschiedenartigen  Komplikationen 
und  der  Verschlimmerung  im  klinischen  Verlaufe  vieler  Infektions- 
krankheiten eine  Mischinfektion  aufgestellt  hat,  wurde  die  Aufmerk- 
samkeit der  Aerzte  auf  die  Natur  der  Mischinfektion  ganz  besonders 
gelenkt.  Wenn  einige  Forscher  sich  besonders  mit  der  abschwä- 
chen den  Wirkung  gewisser  Bakterien  auf  andere  beschäftigt  haben, 


1)  Vortrag,  gehalten  in  der  Gesellschaft  der  Aerzte  zu  Odessa  am  18.  (30.)  März  d.  J. 
XV.  Bd.  56 


886 


M.  Mühlmann 


z.  B.  Fehleisen1)  mit  der  des  Streptococcus  Erysipelatos 
auf  die  Tuberkulose  (Lupus),  Cantani2)  Bacterium  Termo  auf 
dieselbe  (pulm.),  Emmerich3)  und  Pawlowsky4)Strept.  Erys. 
auf  Milzbrand,  Pawlowsky  Bac.  prodi g.,  Staph.  aureus  und 
Bac.  Friedländer  auf  Milzbrand,  Bouchard  et  Guignard5), 
Freudenreich6),  Woodhead  und  Wood7),  Charrin8), 
Blago  weschts che nsky  9)  Bac.  pyocyan  eus  auf  Milzbrand, 
Büchner10)  Bac.  Friedländer  auf  denselben,  so  ist  gerade  in 
den  letzten  Jahren  die  verstärkende  Wirkung  einer  Mikrobenart 
auf  die  andere  Objekt  der  meisten  Untersuchungen  geworden. 
Roger11)  hat  durch  Mischinfektion  mit  2 Nichtpathogenen  (Bac. 
prodig.  und  einem  Anaeroben)  pathogene  Wirkung  erzeugt, 
Monti12)  und  Klein13)  haben  durch  Mischung  abgeschwächter 
pathogener  Kokkenarten  mit  Proteus  die  ersteren  wieder  virulent 
gemacht.  Klein  hat  auch  den  Diphtheriebacillus  durch 
Mischinfektion  mit  Bac.  pyocyaneus  verstärkt.  Roux  und 
Y er  sin14)  und  von  Schreider15)  haben  die  Virulenz  des 
Diphtheriebacillus  durch  Mischinfektion  und  Mischkultur  mit 
Streptokokken  verstärkt.  Endlich  hat  Trombetta16)  teilweise 
nach  Grawitz  und  de  Bary17),  sowie  nach  Stern  und 
Hirschler18)  abgeschwächte  pyogene  Bakterien  durch  verschiedene 
Mischinfektionen  wieder  virulent  gemacht. 


1)  Fehleisen,  Die  Aetiologie  des  Erysipels  (bei  Pawlowsky).  Berlin  1883. 

2)  Cantani,  Versuch  einer  Bakteriotherapie.  (Centralbl.  für  med.  Wissenschaft. 
1884.  [ibid.].) 

3)  Emmerich,  Heilung  der  Infektionskrankheiten.  (Tgbl.  der  59.  Versammlung 
deutsch.  Naturf.  und  Aerzte.  1886  [ibid.].) 

4)  Pawlowsky,  Heilung  des  Milzbrands  durch  Bakterien  und  das  Verhalten  der 
Milzbrandbacillen  im  Organismus.  (Virchow’s  Archiv.  Bd.  CVIII.  1887.) 

5)  Bouchard,  Infiuence  qu’exerce  sur  la  maladie  charbonneuse  l’inoculation  du 
bacille  pyocyanique.  (Compt.  rend.  de  l’Ac.  des  sc.  de  Paris.  T.  CVIII.  1889.  Cen- 
tralbl. f.  Bakt.  Bd.  VI.  1889.) 

6)  Ann.  de  Micrographie.  1889.  No.  10  (bei  Blagoweschtschensky). 

7)  Comt.  rend.  1889  (ibid.). 

8)  Maladie  pyocyanique.  1890  (ibid.). 

9)  Blagoweschtschensky,  Sur  l’antagonisme  entre  les  bacilles  du  charbon 
et  ceux  du  pus  bleu.  (Adu.  de  l’Inst.  Pasteur.  1890.  p.  689.) 

10)  Büchner,  Berl.  klin.  Wochenschr.  1890.  No.  18. 

11)  Roger,  Effets  des  associations  microbiennes.  (Sem.  med.  1889.  No.  4. 
— Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  V.  — Idem,  Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  VI.) 

12)  Monti,  Influenza  dei  prodotti  tossici  etc.  (Atti.  d.  R.  aecad.  dei  Lincei. 
Vol.  II.  1887.  No.  7.  — Baumgarten ’s  Jahrb.  Vol.  V.  1889  ) 

13)  Klein,  On  concurrent  inoculation  etc.  (Anim.  Rep.  of  the  Loc.  Govern. 
Board.  1889  — 1890.  — Suppl.  con.  the  Rep.  of  the  Med.  Offic.  XIX.  — Centralbl.  f. 
Bakt.  1890.  — Further  observ.  ibid.) 

14)  Ann.  de  l’Inst.  Pasteur  T.  IV.  1890. 

15)  v.  Schreider,  Ueber  Mischkulturen  von  Streptokokken  und  den  Diphtherie- 
bacillus. (Centralbl.  f.  Bakt.  Bd.  XII.  1892.  p.  289.) 

16)  Trombetta,  Die  Mischinfektion  bei  den  akuten  Eiterungen.  (Centralbl.  f. 
Bakt.  Bd.  XII.  1892.  p.  121.) 

17)  Grawitz  und  de  Bary,  Ueber  die  Ursache  der  subkutanen  Entzündung  und 
Eiterung.  (Virchow’s  Archiv.  Bd.  CVIII.  1887.) 

18)  S t e r n und  H i r s c h 1 e r , Beiträge  zur  Lehre  von  der  Mischinfektion.  (Wiener 
Presse.  No.  28 — 30  [bei  Tromb.].) 


Zur  Mischinfektionsfrage. 


887 


Herr  Dr.  B.  Schaposchnikoff,  dirigierender  Arzt  der 
therapeutischen  Abteilung  des  jüdischen  Krankenhauses  zu  Odessa, 
hat  mich  zuerst  auf  die  große  Bedeutung  der  Mischinfektion  im 
klinischen  Verlaufe  der  Tuberkulose,  des  Typhus,  der  Diphtherie, 
des  Scharlachs  etc.  am  Krankenbette  hingewiesen  und  ich  unternahm 
es,  verschiedene  Seiten  der  Mischinfektion  zu  durchforschen. 

Die  folgenden  Untersuchungen  beziehen  sich  auf  2 Mikroorga- 
nismen: den  Diplococcus  pneumoniae  Fraenkel’s  und  den 
Milzbrandbacillus,  welche  gemischt  in  verschiedenen  Virulenz- 
graden Kaninchen  und  Mäusen  subkutan  injiziert  wurden. 

Diplococcus  pneumoniae  ist  bekanntlich  pathogener  für 
Kaninchen  als  für  Mäuse,  Milzbrand  umgekehrt.  Der  von  uns  vom 
Menschen  entnommene  Diplococcus  war  in  den  ersten  Kulturen 
für  Kaninchen  sehr  virulent:  2 ccm  der  Bouillonkultur  desselben 
töteten  das  Tier  innerhalb  24  Stunden.  Durch  Kultur  auf  künst- 
lichen Nährböden  ist  er  aber  bald  so  abgeschwächt  worden,  daß 
weder  2 ccm  der  4.  Generation,  noch  4 ccm  der  9.  Kaninchen  töteten, 
sondern  nur  Abscesse  an  der  Injektionsstelle  erzeugten.  Einen 
solche  n D iplococcus,  derKaninchen  in  großenMengen 
injiziert,  sie  nicht  mehr  tötete,  wandten  wir  in  allen  folgen- 
den Versuchen  an.  Dagegen  war  der  angewendete  Milzbrand- 
bacillus, welcher  aus  einer  Pustula  maligna  eines  Menschen  kul- 
tiviert wurde,  sehr  virulent:  er  tötete  eine  Maus  in  24  Stunden  und 
ein  Kontrollkaninchen  (1,0  ccm  der  Bouillonkultur)  in  3 Tagen. 

Versuche  an  Kaninchen. 

I.  Wir  spritzten  je  1 ccm  von  jedem  Mikroben  (alle  Injektionen 
wurden  mit  2-tägiger  Bouillonkultur  des  Diplococcus  und  1-tägiger 
Bouillonkultur  des  Milzbrandbacillus  ausgeführt)  einem  Kanin- 
chen ein  und  2 anderen  2 ccm  des  Diplococcus  und  1 ccm 
Milzbrand.  Die  Kaninchen  sind  mit  subkutanem  Oedem,  vergrößerter 
dunkelroter  Milz  nach  3,  4 und  5 Tagen  gestorben.  Frische  Präparate 
des  Blutes,  sowie  Kulturen  aus  dem  Blute  und  inneren  Organen 
konstatierten  die  Anwesenheit  beider  Mikroben;  somit  starben  alle 
3 Kaninchen  an  einer  Mischinfektion. 

II.  Wir  injizierten  1 Kaninchen  2 ccm  des  Diplococcus  und 

0,5  ccm  des  Milzbrands  (4  : 1),  einem  anderen  4,0  des  ersten  und 
0,5  des  zweiten  (8  : 1)  und  einem  dritten  3,0  des  ersten  und  0,3  des 
zweiten  (10:1).  [0,5  ccm  des  Milzbrands  töteten  ein  Kontroll- 

kaninchen in  5 Tagen.]  Die  Kaninchen  starben  in  15,  14  und 
36  Tagen  mit  trockenem  Unterhautgewebe,  nicht  vergrößerter  Milz, 
einem  geringen  Peritonealexsudate  und  Hyperämie  der  Venen.  Im 
Blute  und  den  Organen  sind  ausschließlich  Diplokokken  vorhanden 
(Präparat  und  Kultur).  Somit  hat  also  der  abgeschwächte  Diplo- 
coccus, welcher  allein  nicht  mehr  imstande  war,  das  Kaninchen 
zu  töten , durch  die  Mischinfektion  mit  virulentem  Milzbrand  das 
Kaninchen  umgebracht;  dazu  genügte  eine  Beimischung  von  0,3  bis 
0,5  ccm  Milzbrand;  es  mußte  aber  4,8-  und  lOmal  mehr  Diplo- 
coccus als  Milzbrand  genommen  werden. 


56* 


888 


M.  Mühlmann, 


Schon  in  der  ersten  Versuchsreihe,  wo  der  Diplococcus  in 
gleicher  und  in  2 mal  größerer  Menge  als  Milzbrand  genommen 
wurde,  konnte  auffallen,  daß  der  Diplococcus  gleich  dem  Milz- 
brandbacillus im  Blute  und  den  Organen  vorhanden  war;  er 
vermochte  also  schon  dort,  gleich  dem  Milzbrände,  das  Tier  gewisser- 
maßen zu  infizieren,  was  er,  allein  injiziert,  nicht  mehr  thun  konnte: 
er  ist  also  wieder  virulent  geworden.  Nur  scheint  der  Milzbrand- 
bacillus vollständig  die  Fähigkeit  zu  verlieren,  zusammen  mit  dem 
Diplococcus  das  Kaninchen  zu  infizieren,  wenn  er  mit  einer  ver- 
hältnismässig großen  Menge  desselben  eiugespritzt  wird. 

III.  Das  Kaninchen  ist  gegen  eine  zweite  Infektion  mit  dem 
Diplococcus  pneumoniae  leicht  immun  zu  machen;  dazu  ist 
eine  einmalige  Injektion  mit  einer  kleinen  Dosis  eines  starken  Virus 
genügend,  wenn  das  Tier  sie  mit  einer  gewissen  Reaktion  (Abscess 
an  der  Impfstelle  etc.;  Kruse  und  Pansini1)  u.  A.)  überstanden 
hat.  Um  so  leichter  ist  das  Kaninchen  gegen  die  Wirkung  eines 
schwachen  Virus  zu  immunisieren,  welche  "Wirkung  nur  in  einem 
Abscesse  an  der  Impfstelle  besteht.  2 Kaninchen,  welche  von  einer 
einmaligen  Infektion  mit  dem  abgeschwächten  Diplococcus  einen 
Absceß  an  der  Impfstelle  davongetragen  hatten,  überstanden  eine 
weitere  Injektion  12  und  15  Tage  später  ohne  jede  Reaktion.  Einem 
von  diesen  und  2 anderen,  welche  ebenfalls  eine  Impfung  mit  dem 
abgeschwächten  Diplococcus  bekommen  hatten,  wurde  ein  Monat 
später  (nach  der  ersten  Impfung)  ein  Gemisch  von  abgeschwächtem 
Diplococcus  und  virulentem  Milzbrand  injiziert,  und  zwar  einem 
2 ccm  Diplococcus  und  1 ccm  Milzbrand,  einem  zweiteu  1,5  ccm 
Diplococcus  und  0,5  Milzbrand  und  einem  dritten  je  1 ccm 
von  beiden.  Die  ersten  2 Kaninchen  starben  in  4 und  10  Tagen 
mit  Hyperämie  und  parenchymatöser  Entzündung  der  intraperitonealen 
Organe  und  vollständig  negativem  Resultate  in  Bezug  auf  Mikro- 
organismen, das  dritte  in  7 Tagen  mit  einer  vergrößerten  Milz 
und  mit  beiden  Mikroben  im  Blute  und  den  Organen. 

Wenn  wir  das  dritte  Kaninchen  ausschließen,  welches  zu  gleicher 
Zeit  die  erste  Impfung  ohne  Abscess  davontrug,  so  sehen  wir,  daß 
das  einmalige  Ueberstehen  der  Infektion  mit  dem  abgeschwächten 
Diplococcus  eine  große  Aenderung  im  Gange  der  Mischinfektion 
machte,  nämlich  den  Tod  bewirkte  mit  Zeichen  einer  Iutoxikation 
ohne  Mikroorganismen  im  Sektionsbefunde.  Eine  Erklärung  der 
Erscheinung  werden  wir  bei  analogen  Versuchen  an  Mäusen  suchen. 

IV.  Schließlich  wurde  eine  Prüfung  der  Frage  angestellt,  was  eigent- 
lich der  Hauptfaktor  bei  den  gesehenen  Erscheinungen  der  Mischin- 
fektion ist:  die  Beimischung  des  Milz b ran dbacillus  selbst  oder 
der  Produkte  seines  Stoffwechsels?  Durch  10  Minuten  langes  Er- 
wärmen einer  eintägigen  Milzbrandbouillonkultur  vernichteten  wir  die 
tötende  Wirkung  des  Bacillus  auf  Kaninchen  und  spritzten  sie  zu- 
sammen mit  dem  abgeschwächten  Diplococcus  ein.  Ein  Kontroll- 
kaninchen  bekam  2 ccm  der  erwärmten  Milzbrandkultur,  lebte  danach 


X)  Walther  Kruse  und  Sergio  Pansini,  Untersuchungen  über  den  Diplo- 
coccus pneumoniae  und  verwandte  Streptokokken.  (Zeitschr.  f.  Hygiene.  Bd.  XI.  1892.) 


Zur  Mischinfektionsfrage. 


889 


2 Monate  und  starb  mit  negativem  Sektionsbefunde.  Drei  Versuchs- 
kaninchen bekamen:  1)  1 ccm  desselben  Milzbrandes  und  1 ccm  des  ab- 
geschwächten Diplococcus,  2)  0,5  des  ersten  und  1,5  des  zweiten 
und  3)  0,5  des  ersten  und  2,5  des  zweiten.  Sie  starben  alle  drei  nach  34, 
35  und  36  Tagen  ohne  Unterhautödem,  mit  einem  geringen  Exsudat  in 
der  Bauchhöhle  und  einer  verkleinerten  Milz.  Bakteriologischer  Befund: 
D i p 1 o c oc c u sreinkultur,  ein  ähnliches  Ergebnis  wie  in  den  ersten 
zwei  Versuchsreihen,  nur  sind  dort  die  Kaninchen  viel  rascher  ge- 
storben, auch  waren  hier  im  ganzen  die  Mikroben  in  geringer  Anzahl 
vorhanden.  Die  Stoffwechselprodukte  des  Milzbrandbacillus 
spielten  also  bei  der  Mischinfektion  beinahe  dieselbe  Rolle,  wie  der 
Bacillus  selbst  mit  jenen  zusammen;  der  Bacillus  selbst  be- 
wirkte nur  rascher  und  vollkommener  die  Verstärkung  des  abge- 
schwächten Diplococcus,  als  seine  Stoflfwechselprodukte  allein. 
Durch  diese  Beobachtung  bestätigt  sich  teilweise  die  von  Nencki’s 
Schule  (Nencki 1),  v.  Sieber  2),  v.  Schreider  3)  u.  A.)  vertretene 
Ansicht,  daß  bei  der  Mischinfektion  die  chemischen  Produkte  (Gifte) 
der  Mikroben  die  Hauptrolle  spielen. 

Versuche  an  Mäusen. 

Hier  war  die  Wirkung  der  Mischinfektion  nicht  so  stark  auf  den 
abgeschwächten  Diplococcus  als  auf  den  abgeschwächten 
Milzbrandbacillus,  Mittelpunkt  der  Untersuchung,  weil  Mäuse 
für  Milzbrand  weit  empfänglicher  sind,  als  für  den  Dipl,  pneum. 
Den  Milzbrandbacillus  schwächten  wir  mittels  Erwärmung  ab. 
Die  Bouillonkultur  des  Milzbrandbacillus  wurde  auf  10 — 15  Min. 
in  ein  Wasserbad  von  54 — 52°  gestellt.  Um  Sporenbildung  zu  ver- 
meiden, wurden  Ueberimpfungen  nur  aus  eintägigen  Kulturen  bei  37° 
gemacht,  die  von  einem  an  Milzbrand  gestorbenen  Tiere  stammten; 
selbstverständlich  wurden  ständig  vor  und  nach  dem  Erwärmen  mikro- 
skopische Präparate  hergestellt.  Die  Injektion  mit  dem  auf  diese 
Weise  abgeschwächten  Milzbrandbacillus  verursachte  bei  keinem 
der  Kontrollmäuse  Tod  an  Milzbrand.  Die  Tiere  starben  in  2 bis 

3 Wochen  ohne  jedes  Unterhautödem,  ohne  vergrößerte  Milz  und  mit 
vollständig  sterilem  Blute  und  Organen. 

Vom  abgeschwächten  Diplococcus  allein,  welchen  wir  in  allen 
Mischinfektionsversuchen  anwendeten,  blieben  Kontrollmäuse  am 
Leben. 

Mit  diesen  beiden  abgeschwächten  Mikroben  wurden  folgende 
Versuche  angestellt.  [In  jedem  Versuche  bekam  eine  Kontrollmaus 
den  abgeschwächten  Milzbrandbacillus,  eine  Kontrollmaus  den 
abgeschwächten  Diplococcus  (diente  manchmal  für  mehrere  Ver- 
suche) und  1—5  Mäuse  die  Mischinjektion  in  der  Menge  von  0,2  bis 
0,4  ccm.] 

I.  5 Versuche.  14  Mäuse.  Beide  Mikroben  in  gleichen  Mengen. 
In  3 Versuchen  starben  alle  Mäuse  in  2—3  Tagen  mit  gelatinösem, 


1)  Nencki,  Ueber  Mischkulturen.  (Centr.  f.  Bakter.  Bd.  XI.  1892.) 

2)  Wiener  Monatshefte  für  Chemie.  Bd.  X.  Jahrg.  1889  (ibid.). 

3)  v.  Schreider  1.  c. 


890 


M.  Mühl  mann.  Zur  Mischinfektionsfrage. 


subkutanem  Oedem  und  stark  vergrößerter  Milz.  Bakteriologisch : In 
einem  Falle  aus  dem  Blute  und  Organen  Milzbrandkultur,  in  2 Fällen 
ein  Gemisch  von  beiden  Mikroben.  Der  abgeschwächte  Milzbrand- 
bacillus ist  also  durch  die  Miscbinjektion  mit  dem  abgeschwächten 
Diplococcus  virulent  geworden  und  infizierte  den  Organismus,  analog 
dem,  was  wir  bei  den  Kaninchen  gesehen  haben,  mit  dem  Unterschiede, 
daß  die  Milzbrandkultur,  durch  welche  dort  sozusagen  das  Leben 
dem  abgeschwächten  Diplococcus  zurückkehrte,  allein  imstande 
war,  das  Kontrollkaninchen  zu  töten,  hier  aber  ist  der  Diplo- 
coccus, welcher  dem  Milzbrände  seine  Kraft  wiedergab,  nicht  im- 
stande, allein  das  Kontrollier  zu  infizieren.  Bemerkenswert  ist,  daß 
in  zwei  Versuchen  der  Diplococcus  neben  dem  Milzbrand- 
bacillus gefunden  wurde. 

Die  übrigen  zwei  Versuche  gaben  ein  negatives  Resultat  in  Bezug 
auf  Bakterien:  Die  Mäuse  (2)  starben  in  3 und  8 Tagen  mit  ver- 
größerter Milz  ohne  Oedem,  mit  sterilem  Blute  und  Organen.  Eine 
Erklärung  dieses  Ergebnisses  wissen  wir  vorläufig  nicht. 

II.  3 Versuche.  14  Mäuse.  Vom  Diplococcus  wurde  ca.  8mal 
mehr  als  vom  Milzbrände  eingespritzt.  Die  Mäuse  starben  in  2 — 18 
Tagen.  Diejenigen  (2),  welche  in  2 Tagen  starben,  hatten  eine  ver- 
größerte hellrote  Milz;  in  den  Impfungen  auf  Agar-Agar  erwies  sich 
Diplokokkenreinkultur.  Die  übrigen  (6),  welche  länger  als 2 Tage 
lebten,  hatten  keine  vergrößerte  Milz,  steriles  Blut  und  sterile  Organe. 
Milzbrand  wurde  in  keinem  Falle  gefunden.  Da  also,  wo  der  Diplo- 
coccus in  viel  größerer  Menge  eingespritzt  wurde,  konnte  der 
Milzbrandbacillus  nicht  mehr  gedeihen. 

In  einem  Versuche  diente  eine  Kontrollmaus,  die  Milzbrand  be- 
kommen hatte,  gleichfalls  für  einen  Versuch  der  folgenden  (III.)  Reihe 
als  Kontrolltier,  und  wir  werden  bald  sehen,  daß  derselbe  Milz- 
brandbacillus unter  anderen  Umständen  der  Mischinfektion  seine 
Virulenz  wiedergewounen  hat. 

In  der  III.  Reihe  namentlich  wurden  Versuche  mit  Mäusen  au- 
gestellt, die  eine  vorherige  Diplokokkeninfektion  schon  überstanden 
hatten  und  die  unempfänglich  gegen  eine  zweite  Infektion  mit  dem- 
selben zu  sein  schienen.  Eine  Kontrollmaus,  die  5 Tage  nach  der 
ersten  Impfung  mit  Diplococcus  geimpft  wurde,  starb  in  5 Tagen, 
eine  andere,  die  nach  15  Tagen  zum  zweiten  Male  geimpft  wurde,  starb 
in  einem  Monate,  beide  ohne  Mikroben  im  Blute  und  den  Organen  *). 

III.  2 Versuche.  9 Mäuse.  Die  Mischinfektion  wurde  15  Tage  nach 
einer  Impfung  mit  dem  Diplococcus  eingebracht.  Dabei  wurde 
mehr  Diplococcus  als  Milzbrand  genommen.  Die  Mäuse  starben  in 
2 — 5 Tagen  mit  subkutanem  Oedem  und  vergrößerter  Milz  an  einer 
Mischinfektion;  im  Blute  und  den  Organen  waren  beide  Mikroben 
zugegen.  Der  abgeschwächte  Milzbrandbacillus  gewann  seine 
Virulenz  wieder;  außerdem  hat  aber  auch  der  abgeschwächte  Diplo- 


1)  In  alleD  Fällen  dieser  Arbeit  wurden  mikroskopische  Präparate  aus  dem  Blute 
und  der  Milz  hergestellt  und  Impfungen  auf  Agar-Agar  aus  diesen  beiden  und  oft  auch 
der  Leber  oder  seltener  nur  Impfungen  auf  Agar-Agar  gemacht. 


Heinrich  Walliczek,  Die  baktericiden  Eigenschaften  der  Gerbsäure.  891 

coccus,  obgleich  zum  zweiten  Male  injiziert,  den  Organismus  infi- 
ziert. Bei  den  ähnlichen  Versuchen  an  Kaninchen  (III)  sahen  wir 
als  Endresultat  Tod  mit  Zeichen  einer  Intoxikation,  aber  ohne  Mikro- 
organismen. Die  Immunität  ist  bei  beiden  Tieren  nach  der  Misch- 
injektion verschwunden.  Das  vorherige  Ueberstehen  der  Infektion 
mit  dem  Fränkel’ sehen  Diplococcus,  welches  gewöhnlich  das 
Tier  weniger  empfänglich  (oder  unempfänglich)  für  eine  zweite  macht, 
scheint  also  dies  nicht  zu  thun,  wenn  die  zweite  eine  gemischte  ist. 

Es  wäre  interessant,  das  Tier  gegen  Milzbrand  zu  immunisieren 
und  dann  eine  Mischinjektion  mit  Milzbrand  hinzuzufügen;  das  haben 
wir  noch  nicht  versucht. 

Um  nochmals  die  Quintessenz  aus  allen  unseren  Versuchen  zu 
extrahieren,  wollen  wir  uns  erinnern,  daß  Monti1)  und  Klein2) 
einigen  abgeschwächten  Mikroben  die  Virulenz  durch  Beimischung 
von  Saprophyten  zu  der  Infektion  Wiedergaben.  Wir,  scheint  uns, 
erzielten  dasselbe  Resultat  durch  Beimischung  eines  pathogenen 
Mikroben,  welcher  gegenüber  dem  betreffenden  Organismus  abge- 
schwächt oder  gegenüber  welchem  der  betreffende  Organismus  weniger 
empfänglich  war.  Selbstverständlich  spielt,  was  bei  Klein’s  Ver- 
suchen auch  sichtbar  ist,  das  Verhältnis  zwischen  der  Menge  der 
injizierten  Pathogenen  eine  nicht  unbedeutende  Rolle. 

Wir  sahen  auch,  daß  das  vorherige  Ueberstehen  der  Iufektion 
mit  dem  Diploc.  pneum.  den  Organismus  für  die  Mischinfektion 
empfänglicher  machte,  mit  anderen  Worten:  Die  Immunität,  war  sie 
schwach  oder  stark,  wurde  zerstört.  Wir  stehen  somit  an  der  Grenze 
der  Frage:  Wie  wirkt  die  Mischinfektion  auf  die  erworbene  und 
natürliche  Immunität  überhaupt,  denn  nach  unseren  Versuchen  will  es 
scheinen,  daß  letztere  durch  die  Mischinfektion  beeinträchtigt  wird? 

Das  wird  eine  weiter  zu  lösende  Frage  sein. 

Odessa,  im  April  1894. 


Die  baktericiden  Eigenschaften  der  Gerbsäure. 
(Tannin  der  Apotheken.) 

Von 

Dr.  Heinrich  Walliczek, 

Magister  der  Pharmacie 
in 

Wien. 

Prof.  Koch  hat  im  Jahre  1881  in  den  Mitteilungen  des  kaiser- 
lichen Gesundheitsamtes  die  Ergebnisse  seiner  Untersuchungen  über 
die  bakterientötende  Kraft  einer  großen  Anzahl  chemischer  Körper 


1)  M onti  1.  c. 

2)  Klein  1.  c. 


892 


Heinrich  Walliczek, 


Diedergelegt.  Unter  diesen  Körpern  befindet  sich  auch  das  Tannin ; 
Koch  hat  gefunden,  daß  eine  5-proz.  Lösung  des  Tannins  Milzbrand- 
sporen bei  einer  24-stündigen  Einwirkung  nicht  tötet.  Auf  andere 
Bakterien,  auf  andere  Koncentrationsgrade  und  auf  verschiedene 
Einwirkungsdauer  der  Tanninlösung  hat  Koch  bei  dieser  vielseitigen 
Arbeit  nicht  Rücksicht  genommen. 

Weitere  Versuche  über  die  baktericide  Eigenschaft  des  Tannins 
sind  meines  Wissens  in  der  Litteratur  nicht  erwähnt. 

Prof.  Tschirch  giebt  in  seiner  Pflanzenanatomie  (p.  129)  der 
Anschauung  Ausdruck,  daß  die  Gerbstoffe  in  den  Samen,  in  welchen 
sie  die  Epidermis  bevorzugen,  antiseptisch  wirken  und  das  Ver- 
schimmeln oder  das  Zerstören  der  Samen  durch  Bakterien  bei  der 
Keimung  verhindern  dürften. 

Mir  ist  sowohl  aus  der  Litteratur  als  aus  eigener  Erfahrung  be- 
kannt, daß  selbst  in  konzentrierten  Tanninlösungen  Schimmelpilze 
ganz  üppig  gedeihen,  und  ich  sah  gelegentlich  dieser  Untersuchungen 
erst  kürzlich  üppige  Schimmelpilze  in  einer  10  proz.  Tanninlösung 
gedeihen. 

Auf  Anregung  der  Herren  Professoren  Tschirch  und  Tavel 
in  Bern  habe  ich  Lösungen  des  offizineilen  Tannins  in  Konzen- 
trationsgraden von  1I2  Proz.,  1 Proz.,  2 Proz.,  5 Proz.  und  10  Proz. 
und  bei  einer  Einwirkungsdauer  von  einer,  fünf  und  dreißig 
Minuten,  zwei  und  vierundzwanzig  Stunden  auf  folgende 
Bakterien  einwirken  lassen:  Bacteriura  coli  commune, 

Bacillus  anthracis  resp.  seine  Sporenform  undStaphylo- 
coccus  aureus,  und  die  baktericide  Eigenschaft  dieser  Lösungen 
ermittelt. 

Die  Versuche  wurden  derart  ausgeführt:  Mittels  Locheisen 
wurden  gleichgroße  Filtrierpapierscheibchen  ausgehauen,  diese  trocken 
sterilisiert.  Sie  kamen  dann  in  eine  Aufschwemmung  der  Rein- 
kultur des  betreffenden  Mikrobs.  — Aus  der  Aufschwemmung  wurden 
die  einen  Papierscheibcheu  vermittelst  sterilisierter  Pincette  direkt 
in  steriles  Wasser  verbracht  und  nach  5 Minuten  in  verflüssigte 
Gelatinenährböden,  welche  sich  in  Reagenzgläsern  befanden;  dies 
waren  die  Kontrollröhrchen.  Die  anderen  Papierscheibchen  wurden 
aus  der  Aufschwemmung  in  die  Tanninlösungen  von  oben  erwähnter 
Konzentration  verbracht  und  während  der  Dauer  der  obengenannten 
Zeiten  darin  belassen,  sodann  für  5 Minuten  in  sterilem  Wasser  ge- 
waschen. Hierauf  wurden  sie  je  einzeln  in  die  Röhrchen  mit  ver- 
flüssigter Gelatine  gebracht.  Die  Bakterien  wurden  also  nicht,  wie 
sonst  üblich,  auf  das  Papier  angetrocknet,  um  sie  zu  fixieren.  Die 
Röhrchen  wurden  nach  je  30  maligem  Auf-  ünd  Niederbewegen  hori- 
zontal gelegt. 

Die  Zählung  der  ausgewachsenen  Kolonieen  wurde  je  3mal  vorge- 
nommen und  die  letzten  Zahlen,  soweit  sie  sich  überhaupt  noch  ge- 
ändert hatten,  berücksichtigt.  Hier  das  Ergebnis  in  Tabellenform: 


Die  baktericiden  Eigenschaften  der  Gerbsäure.  (Tannin  der  Apotheken  ) 893 


Desinficens:  Tannin  (der  Pharmacopöen). 


I.  Versuchsobjekt:  Bacterium  coli  commune  — 12. — 13.  Juli  1893. 
Aufschwemmung  aus  einer  Agarreinkultur. 


Kontroll- 

versuch 

Konzen- 
tration der 
Lösung 
in  Proz. 

1 Minute 

5 Minuten 

30  Minuten 

2 Stunden 

24  Stunden 

fl 

<d 

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12  000 

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o 

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5 

70 



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o 

10 

25 

70 

— 

— 

— 

II. 

Bacillus 

a n t h r a c i 

s mit  Sporen  — 1 8.— 

-19.  Juli  1893. 

Aufschwemmung  aus  einer 

Agarreinkultur. 

Konzen- 

versuch 

Lösung 

1 Minute 

5 Minuten 

30  Minuten 

2 Stunden 

24  Stunden 

in  Proz. 

fl 

Vs 

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+ v 

+ v 

+ v 

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+ V 

+ v 

+ v 

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+ V 

+ V 

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+ V 

7 

O 

o 

10 

+ V 

+ V 

+ V 

+ V 

25 

III.  Staphylococcus  aureus  (aus  Osteomyelitis)  — 28. — 29.  Juli  1893. 
Aufschwemmung  aus  einer  Agarreinkultur. 


Konzen- 

Kontroll- 

versuch 

tration  der 
Lösung 
in  Proz. 

1 Minute 

5 Minuten 

30 

Minuten 

2 Stunden 

24  Stunden 

fl 

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160 

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— 

— 

o 

o 

CO 

10 

310 

90 

— 

— 

Man  ersieht  aus  obigen  Tabellen: 

Bacterium  coli  commune  wird  bei  einer  Einwirkungs- 
dauer von  2 Stunden  schon  von  l/2- proz.  Tanninlösung  sicher 
getötet. 

Bacillus  anthracis,  resp.  seine  Sporen  blieben  selbst  bei 
24-stündiger  Einwirkung  von  10-proz.  Tanninlösung  entwickelungs- 
fähig. Gleichwohl  ist  eine  ausgesprochene  Abnahme  der  Zahl  der 
Kolonieen  bei  längerer  Einwirkungsdauer  erkennbar.  Auch  eine  Ver- 


1)  Die  Kontrollplatten  zeigten  frühere  Entwickelung,  als  die  mit  Tannin  be- 
handelten. 

2)  v = verflüssigt  vor  vorgenommener  Zählung. 


894 


Miller, 


zögerung  der  Entwickelung  war  bei  den  mit  Tannin  behandelten 
Bakterien  gegenüber  den  mit  Tannin  nicht  behandelten  in  den 
Kontrollröhrchen  zu  konstatieren. 

Staphylococcus  aureus  wird  ebenso  wie  Bacterium 
coli  commune  bei  einer  Einwirkungsdauer  von  2 Stunden  schon 
von  1/2- proz.  Tanninlösung  sicher  getötet. 

Aus  allen  3 Tabellen  ersieht  man  uoch,  daß  die  Verlängerung 
der  Einwirkungszeit  des  Desinficiens  entschieden  energischer  wirkt, 
als  die  Erhöhung  des  Prozentgehaltes  desselben,  welcher  Fall  wohl 
bei  anderen  Desinfektionsmitteln  ebenso  zutreffen  dürfte.  — Für  die 
Praxis  giebt  dies  den  Fingerzeig,  wenn  Möglichkeit  vorhanden,  lieber 
die  Einwirkungsdauer  des  Desinficiens  zu  erhöhen,  als  durch  kon- 
zentriertere Anwendung  des  Desinficiens  die  Kosten  zu  erhöhen. 

Welche  Folgen  der  Genuß  der  Kaffeegerbsäure  in  unserer  täg- 
lichen Kaffeeration  auf  die  Darmbakterien  hat,  muß  ich  ärztlichem 
Studium  überlassen,  um  so  mehr,  als  ich  gar  keine  diesbezüglichen 
Tierversuche  mit  Tanninpräparaten  vorgenommen  habe. 

Baden  bei  Wien,  5.  Mai  1894. 


Einige  kurze  Notizen  in  Bezug  auf  bakteriologische 
Untersuchungsmethoden. 

Von 

Prof.  Dr.  Miller 

in 

Berlin. 

Ein  Jeder,  der  sich  längere  Zeit  mit  bakteriologischen  Studien 
beschäftigt,  wird  auf  geringe  oder  auch  größere  Modifikationen  der 
bekannten  Methoden  kommen,  die  zuweilen  geeignet  sein  mögen,  all- 
gemeinere Anwendung  zu  finden.  So  gestatte  ich  mir,  auf  die  folgenden 
„Kniffe“  aufmerksam  zu  machen,  die  mir  nützlich  gewesen  sind: 

1)  Das  Trocknen  der  Deckglaspräparate  nach  dem  Färben  ver- 
läuft nicht  immer  nach  Wunsch.  Tupft  man  dieselben  mit  Fließpapier 
ab,  so  kann  die  Eiweißschicht  gestört  werden  oder  es  bleiben  Fasern 
haften.  Pustet  man  das  Wasser  herunter,  entweder  mit  dem  Munde 
oder  durch  ein  Glasröhrchen,  so  wird  die  Feuchtigkeit  des  Atems 
auch  störend  wirken.  Ausgezeichnet  dagegen  läßt  sich  das  Deck- 
gläschen trocknen,  wenn  man  das  Wasser  mit  einer  Luftspritze,  wie 
sie  von  den  Zahnärzten  gebraucht  wird  und  in  allen  Dental  Depots 
für  1,50  Mark  zu  haben  ist,  herunterpustet.  Man  läßt  dabei  den 
unteren  Rand  des  Deckgläschens  auf  Fließpapier  ruhen  oder  legt 
das  Deckgläschen  flach  auf  das  Papier  hin  und  kann  fast  das  ganze 
Wasser  mit  einem  Luftstoße  forttreiben. 

Um  die  Schicht  absolut  trocken  zu  erhalten,  kann  man  warme 
resp.  heiße  Luft  anwenden,  indem  man  beim  Einziehen  der  Luft  die 
Nase  der  Spritze  in  die  Gasflamme  hält. 


Einige  kurze  Notizen  in  Bezug  auf  bakteriologische  Untersucbungsmethoden.  895 


2)  Das  lästige  Ansammeln  von  Kondensationsflüssigkeit  auf  dem 
Deckel  der  P e t r i - Schalen,  das  namentlich  bei  kleineren  Brutofen,  wo 
die  Temperatur  im  unteren  Teile  immer  etwas  höher  ist  als  im 
oberen,  stattfindet,  läßt  sich  vermeiden,  wenn  man  einfach  die 
Schälchen  verkehrt  in  den  Ofen  stellt.  Anfänglich  stülpte  ich 
immer  ein  drittes  Schälchen  über  das  Doppelschälchen,  um  das  Hin- 
einfallen von  Luftkeimen  zu  verhindern,  was  sich  aber  als  unnötig 
erwies.  Nach  mehrmonatlicher  Anwendung  dieser  Methode  habe  ich 
gefunden,  daß  eine  Verunreinigung  der  Kulturen  nicht  häufiger  statt- 
findet, als  wenn  die  Schälchen  nicht  verkehrt  hineingestellt  werden. 
Die  Agarschicht  bleibt  auch  feuchter. 

3)  Bei  Strichkulturen  auf  der  Oberfläche  des  Agars  übergieße 
ich  zuweilen  nach  dem  Impfen  einen  Teil  der  Platte  mit  einer  dünnen 
Schicht  Agar,  um  das  Wachstum  der  Kolonieen  gleichzeitig  auf  der 
Oberfläche  und  in  der  Tiefe  beobachten  zu  können.  Dieses  Verfahren 
hat  einen  besonderen  Vorteil,  wo  man  photographische  Aufnahmen 
der  Kulturen  wünscht.  Da  die  oberflächlichen  und  tieferen  Kolonieen 
in  derselben  Ebene  liegen,  so  kann  man  beide  Sorten  auf  einem 
Photogramm  bekommen. 

4)  Zur  Vernichtung  von  Schimmelpilzsporen  in  den  Schälchen 
oder  Röhrchen  bringe  ich  eine  kleine  Quantität  Chlorkalk  auf  die 
Oberfläche  des  Agars,  übergieße  sie  mit  Salzsäure  und  schließe  die 
Kultur.  In  wenigen  Sekunden  sind  die  Sporen  ausgeblaßt  und  somit 
auch  tot. 

5)  Beim  Impfen  von  Mäusen  werden  dieselben  stets  mit  Aether 
narkotisiert.  Man  faßt  die  Maus  mit  der  linken  Hand  an  der 
Schwanzwurzel,  mit  der  rechten  an  der  Kopfhaut  und  hängt  sie  in 
eine  Florenzflasche , die  eine  kleine  Quantität  Aether  enthält. 
(Ein  bißchen  Uebung  ist  hierbei  nötig.)  Die  Maus  ist  in  20 — 30 
Sekunden  narkotisiert  und  die  Impfung  geht  viel  leichter  von  statten, 
als  wenn  sie  durch  irgendwelche  Vorrichtung  festgeklemrat  wird. 
Außerdem  ist  es  durchaus  nicht  zu  unterschätzen,  daß  hierdurch  die 
Impfung  für  das  Tier  schmerzlos  geschieht,  denn  wir  haben  kein 
Recht,  selbst  Mäusen  unnötige  Schmerzen  zu  bereiten.  Handelt  es 
sich  um  die  Betastung  der  infizierten  Maus,  um  festzustellen,  ob  sich 
Exsudate  oder  Eiterherde  gebildet  haben,  so  ist  die  Aetherisierung, 
namentlich  bei  Untersuchung  der  Bauchhöhle,  besonders  zu  empfehlen. 

Berlin,  30.  Mai  1894. 


896 


A.  Gottstein,  Eine  historische  Bemerkung  etc. 


Eine  historische  Bemerkung  zu  dem  Aufsatze  von 
Fermi  und  Montesano  „Ueber  die  Dekomposition  des 
Amygdalins  durch  Mikroorganismen“1). 

Von 

A.  (xottstein 

in 

Berlin. 

Die  interessanten  Mittheilungen  von  Fermi  und  Montesano 
über  die  Zerlegung  des  Amygdalins  durch  Mikroorganismen  rufen 
die  Erinnerung  an  eine  Streitfrage  zur  Aetiologie  der  Cholera  aus 
dem  Jahre  1855  wach,  bei  welcher  die  Zerlegung  des  Amygdalins 
eine  wesentliche  Rolle  spielte  und  bei  deren  Wiedergabe  ich  der 
Darstellung  von  Virchow2)  folge. 

Nachdem  Schmidt  in  Dorpat  im  Blute  Cholerakranker  das 
Vorhandensein  einer  dem  Emulsin  ähnlichen  Substanz  angenommen, 
stellte  Thier  sch  Versuche  an,  nach  denen  nicht  nur  das  Blut 
Cholerakranker,  sondern  auch  deren  Darminhalt,  sowie  verschiedene 
Leichenteile  das  Amygdalin  zu  spalten  vermögen.  Allerdings  zeigte 
auch  das  Blut  anderer  Kranker,  speziell  noch  die  Darmentleerungen 
von  Typhösen,  die  gleiche  Fähigkeit,  doch  galten  diese  Beobachtungen 
als  bei  vielleicht  Infizierten  gemacht.  Th.  brachte  diesen  Vorgang 
ausdrücklich  mit  der  Wirkung  von  Pilzen  als  den  Träger  des 
Cholerastoffes  in  Zusammenhang.  Vi r c h ow  ließ  nun  diese  Versuche 
durch  seinen  Assistenten  Grobe  wiederholen,  und  es  ergab  sich  hieraus, 
daß  die  Thatsache  der  energischen  Spaltung  des  Amygdalins  nicht  für  die 
Cholera  spezifisch  sei,  sondern  daß  namentlich  Blut,  Darminhalt  und 
Milzextrakt  Typhöser,  aber  auch  das  Blut  anderer  Krankheiten 
(Struma  carcinomatosa , Hydrops  durch  chronische  Bronchitis)  die 
gleiche  Eigenschaft  zeigten.  Freilich  vermöge  durchaus  nicht  jede  sich 
zersetzende  tierische  Substanz  diese  Zerspaltung  hervorzubringen, 
„allein  ein  Körper,  der  so  vielfach  vorkommt,  kann  gewiß  nicht  der 
spezifische  Mittelpunkt  einer  Krankheit  sein“.  Virchow  schließt 
seinen  Aufsatz  mit  den  Worten,  daß  er  hoffe,  es  werde  gelingen,  für 
Cholera,  Typhus,  Blattern  den  spezifischen  Mittelpunkt  einmal  zu 
finden,  es  bedürfe  aber  hierbei  noch  einen  guten  Schritt  vorwärts. 

Für  die  oben  angeführten  Beobachtungen  von  der  Zerlegung  des 
Amygdalins  durch  tierische,  in  Zersetzung  befindliche  Substanzen 
liefert  nunmehr  die  Arbeit  von  Fermi  und  Montesano  einen  Bei- 
trag zur  Aufklärung. 

Berlin,  29.  Mai  1894. 


1)  Diese  Zeitschrift.  No.  19/20. 

2)  Offenes  Schreiben  an  Herrn  Geh.  Rat  Schönlein,  Würzburg,  18.  Jan.  1855. 
(Deutsche  Klinik.  1855.  No.  4.  — Gesammelte  Abhandlungen  zur  öffentl.  Medizin  und 
Seuchenlehre.  Bd.  I.  p.  195.) 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  897 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Mitteilungen  aus  dem  XI,  internationalen  medizinischen 
Kongresse  in  Rom, 

Referent:  Dr.  Gr.  Sanarelli,  Privatdozent  in  Rom. 

(Fortsetzung.) 

Heim  (Würzburg),  Ueber  Streptococcus  longus  pyo- 
thoracus. 

Nachdem  der  Vortragende  die  Art  der  Untersuchungen  von 
pleuri  tischen  Exsudaten  auf  pyogene  Bakterien  erläutert  und  die 
Unterscheidung  der  Streptokokken  von  den  lanzettförmigen  Kapsel- 
kokken berücksichtigt  hatte,  wandte  er  sich  zur  Darlegung  der  Aus- 
breitung der  Streptokokkeninfektion  im  Körper  der  weißen  Mäuse, 
der  für  Versuche  mit  diesen  Bakterien  geeignetsten  Tiere.  An  der 
Hand  von  Mikrophotogrammen  legte  Heim  die  Einwanderung  der 
Streptokokken  in  den  Körper  und  ihre  Wirkung  auf  verschiedene 
Organe  dar,  auf  die  Hoden,  die  Drüsen,  die  Milz  etc.  Am  auf- 
fallendsten war  der  zerstörende  Einfluß  gegenüber  dem  Parenchym 
der  Drüsen,  das  seine  Aufnahmefähigkeit  für  Anilinfarbstoffe  einge- 
büßt hatte,  während  das  Stützgewebe  dicht  von  den  Kettenkokken 
besetzt  war.  In  ähnlicher  Weise  waren  die  Zellen  der  Milz  ver- 
ändert an  Stellen,  wo  das  stets  vergrößerte  Organ  makroskopisch 
sichtbare  gelbe  Punkte  trug;  an  ihrem  Rande  lagen  mikroskopisch 
Streptokokkenhaufen,  die  ihre  Ausläufer  in  das  noch  nicht  verödete 
Gewebe  sandten.  In  der  ebenfalls  vergrößerten,  jedoch  seltener  mit 
jenen  gelben  Stellen  besetzten  Leber  sah  man  in  den  Venen  wand- 
ständig gelagerte  Leukocyten;  einzelne  enthielten  Streptokokken,  die 
augenscheinlich  mit  ihnen  hierher  verschleppt  und  dann  aus  ihnen 
herausgewachsen  waren.  Die  Leukocyten  hatten  sich  also  hier  als 
Träger  der  lebensfähigen  Bakterien  erwiesen.  Der  Harn  wurde  bei 
mehr  oder  minder  hochgradiger  Veränderung  des  Nierengewebes 
streptokokkenhaltig  gefunden.  Magen-  und  Darmwand,  Lungen,  Ge- 
hirn wiesen  einen  spärlichen  Bakteriengehalt  auf;  Pleuritis  entstand 
nach  der  Impfung  unter  die  Haut  an  der  Schwanzwurzel  nicht.  Die 
Embryonen  einer  der  Infektion  erlegenen  Maus  enthielten,  kulturell 
geprüft,  keine  Keime,  in  hochgradig  veränderten  Hoden  waren  mikro- 
skopisch die  Kettenkokken  nur  im  Bindegewebe  vorhanden,  nicht  in 
den  Hodenkanälchen. 

Immunisierungsversuche  fielen  bei  Mäusen  negativ  aus.  Positive 
Ergebnisse  wurden  nur  bei  Kaninchen  durch  Einspritzung  sterilisierter 
Kulturen  erzielt.  Erwachsene  Kaninchen  reagierten  auf  die  Impfung 
meist  nur  mit  einer  Intoxikation  und  darum  gelang  die  Immunisierung. 
Eine  Behinderung  der  Ausbreitung  der  Streptokokken  im  Körper  der 
hoch  empfänglichen  Mäuse  ließ  sich  bis  jetzt  nicht  erreichen,  eine 
Immunisierung  gegen  die  Streptokokkeninfektion  war  somit  bis  jetzt 
nicht  möglich. 


898  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Wernicke  (Berlin),  Ueber  das  Verhalten  der  Komma- 
bacillen au f T a b a ks  b lä  tt  er  n. 

In  dieser  Arbeit  bringt  Verf.  den  Nachweis,  daß  die  Komma- 
bacillen der  Cholera  asiatica  auf  Tabakblättern  auch  im  feuchten  Zu- 
stande schneller  als  sonst  zu  Grunde  gehen,  daß  also  die  Gefahr  der 
Verbreitung  der  Cholera  durch  Tabak  und  Cigarren  eine  außerordent- 
lich geringe  ist. 

Wernicke  (Berlin),  Ueber  Behring’s  Blutserumtherapie 
bei  Tetanus. 

Verf.  berichtet  zuerst  über  die  bis  zu  der  Zeit  der  Entstehung 
der  Arbeit  citierten  Forschungsresultate  und  zeigt  an  einem  experi- 
mentellen Beitrage,  in  welcher  Art  und  Weise  Serum  hochimmuner 
Pferde  bei  Mäusen  nicht  nur  in  großer  Verdünnung  immunisierend 
wirkt,  sondern  wie  größere  Dosen  desselben  auch  bei  Mäusen,  die 
schon  Symptome  von  Tetanus  zeigen,  noch  heilende  Potenzen  ent- 
falten. In  der  Arbeit  wird  zugleich  genau  beschrieben,  in  welcher 
Art  und  Weise  das  Tetanusheilserum  bei  erkrankten  Menschen  An- 
wendung finden  sollte.  Der  Verf.  gab  solches  Serum  für  Tetanusfälle 
in  der  Armee  ab. 

Wernicke  (Berlin),  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Loeffler’ sehen 
Diphtheriebacillus  und  zur  Blutserum therapie  bei 
Diphtherie. 

Verf.  teilt  die  Resultate  einer  größeren  experimentellen  Arbeit 
über  die  Wirkung  des  Diphtheriebacillus  bei  Hunden,  über 
zweckmäßige  Immunisierung  dieser  Tiere  gegen  die  Diphtherieinfektion 
mit  und  zeigt  unter  Anderem,  wie  Hunde  durch  Verfütterung  von 
Fleisch  von  Schafen,  die  einer  Diphtherieinfektion  erlegen  waren,  oder 
von  solchen,  die  gegen  Diphtherie  immunisiert  worden  waren,  gegen 
eine  Diphtherieinfektion  immunisiert  werden  können.  Weiter  wird 
dargelegt,  in  welcher  Art  und  Weise  Hunde  so  hochgradig  gegen 
Diphtherie  immunisiert  werden  können,  daß  ihr  Serum  Meerschwein- 
chen gegen  Diphtherie  sicher  immunisiert  und  auch  schon  schwer 
diphtheriekranke  Tiere  heilt.  Schließlich  werden  einige  Fälle  von 
Diphtherie  beim  Menschen  mitgeteilt,  die  mit  Diphtherieheilserum, 
das  von  Hunden  gewonnen  wurde,  behandelt  wurden  und  mit  Wahr- 
scheinlichkeit durch  die  subkutanen  Injektionen  geheilt  worden  sind. 
Die  Immunisierungsmethode  wird  genau  mitgeteilt,  um  Nachunter- 
suchern Gelegenheit  zu  geben,  in  den  Besitz  eines  immunen  Tier- 
materials zu  kommen.  Die  Arbeit  ist  eine  Weiterfortführung  von 
Untersuchungen,  die  Verf.  vor  Jahren  mit  Behring  unternommen 
hat  und  welche  seiner  Zeit  veröffentlicht  worden  sind. 

Donath,  Julius  (Budapest),  Ueber  fiebererregende  Bak- 
terienprodukte. 

In  der  Aetiologie,  Prophylaxis  und  Therapie  der  Infektionskrank- 
heiten vermag  heutzutage  die  Bakteriologie  große  Fortschritte  aufzu- 
weisen. Jedoch  ist  bezüglich  einer  so  allgemeinen  Erscheinung  der 
ansteckenden  Krankheiten,  wie  es  das  Fieber  ist,  bisher  wenig  ge- 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  899 


scheheD.  Die  Frage  ist  aber  auch  eiue  höchst  schwierige,  denn  das 
Fieber  ist  eine  komplizierte  Erscheinung,  welche  auf  eine  gemeinsame 
Ursache  nicht  zurückgeführt  werden  kann  und  wo  jedenfalls  das  vaso- 
motorische Centrum  beteiligt  ist. 

In  den  Fragen  der  Infektion  und  Vaccination  huldigte  man  be- 
kanntlich der  vitalistischen  Theorie  von  Pasteur.  Doch  drängen 
die  Beobachtungen  immer  mehr  zur  Annahme,  daß  es  in  letzter  Linie 
nicht  der  parasitäre  Lebensprozeß  der  Bakterien  an  sich,  sondern 
deren  Stoffwechselprodukte  es  sind,  welche  die  Krankheitserscheinungen 
sowie  die  Immunisation  hervorbringen.  Treffend  bezeichnet  Ga  mal  eia 
die  Infektion  als  „einelntoxikation  mit  Bakteriengiften“.  — Nachdem  es 
schon  Pasteur  gelungen  ist,  mittelst  keimfreier  Bouillonkulturen  von 
Hühnercholera  die  Hauptsymptome  dieser  Krankheit  hervorzurufen, 
wurde  die  Möglichkeit  der  chemischen  Vaccination  — d.  h. 
die  Schutzimpfung  ohne  Mikroben  — in  neuester  Zeit  für  verschiedene 
Infektionskrankheiten  erwiesen,  unter  denen  ganz  besonders  die  Diph- 
therie und  der  Tetanus  hervorzuheben  sind.  Tizzoni  undCattani 
ist  es  sogar  gelungen,  aus  dem  Blutserum  von  Tieren,  welche  gegen 
Tetanus  immun  gemacht  worden  waren,  die  immunisierende  albumi- 
noide  Substanz  in  einem  bemerkenswerten  Grade  von  Reinheit  dar- 
zustellen. 

Was  das  Fieber  anbelangt,  so  wissen  wir  vom  Tuberkulin  und 
Mal  lein,  daß  sie  hohes  Fieber  erzeugen  können  und  daß  sie  des- 
halb als  wertvolle  diagnostische  Mittel  dienen.  Charrin  und  Rüffer 
fanden  fiebererregeud  das  keimfreie  Filtrat  des  B.  pyoceaneus; 
ähnliches  fand  Serafini  bezüglich  der  Friedländer’schen  und 
Lucatello  bezüglich  des  Fränkel’schen  Bacillus. 

Verf.  experimentierte  mit  Kaninchen,  Schafen  und  Pferden.  Bei 
Kaninchen  und  Schafen,  deren  Temperatur  schon  unter  normalen  Ver- 
hältnissen bedeutende  Schwankungen  zeigt,  wurde  nur  dann  Fieber 
angenommen,  wenn  die  Temperatur  über  40°  C stieg.  Dagegen 
zeichnet  sich  das  Pferd  durch  eine  sehr  beständige  Temperatur  aus 
(37,6—38°  C). 

Es  ist  zu  bemerken,  daß  schon  reine  Peptonbouillon  thermogen 
wirkt,  aber  nur  in  größerer  Menge  oder  Konzentration. 

An  thr  axfiltrate  in  Mengen  von  2 — 10  ccm  in  die  Bauchhöhle 
oder  unter  die  Haut  gespritzt,  erzeugen  beim  Kaninchen  kein  Fieber. 
Aber  auch  virulente  Anthraxkulturen,  in  Mengen  von  0,5 — 1,0  ccm 
subkutan  einverleibt,  können  ohne  ausgesprochene  Fieberbewegung  zum 
Tode  führen.  Von  9 Kaninchen  bekamen  auf  diese  Weise  4 Fieber; 
6 gingen  zu  Grunde,  von  denen  3 gefiebert  hatten.  Das  Auftreten 
des  Fiebers  ist  überhaupt  nicht  maßgebend  für  das  Erhaltenbleiben 
oder  Zugrundegehen  des  Tieres.  Bei  dieser  Gelegenheit  untersuchten 
auch  die  Verff,  ob  die  keimfreien  Filtrate  der  Anthraxkulturen 
Immunität  zu  verleihen  vermögen.  Sie  fanden,  daß  ein  solches  Er- 
gebnis thatsächlich  zu  erzielen  ist,  wenn  die  Bouillonkultur  eine  halbe 
Stunde  bei  100 0 C im  Autoklaven  sterilisiert  wurde.  Von  7 so  be- 
handelten Kaninchen  gingen  nach  der  darauffolgenden  Impfung  mit 
virulentem  Anthrax  2 zu  Grunde,  5 blieben  am  Leben  ; von  4 Kontroll- 
tieren  gingen  2 zu  Grunde. 


900  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Die  löslichen  Produkte  von  Streptococcus  pyogenes  zeigen 
ausgesprochene  Fieberwirkung.  So  erzeugten  beim  Kaninchen  20  ccm 
einer  18-tägigen  Kultur  Fieber  zu  42  °C,  bei  einem  anderen  Tiere 
30  ccm  einer  29-tägigen  Kultur  Fieber  zu  40,1 0 C.  Bei  Schafen  be- 
wirkten 50  ccm,  subkutan  injiziert,  Temperatursteigerungen  um  0,6  0 
— 1,5°  C;  bei  Pferden  riefen  80  ccm  Steigerungen  um  1,1— 1,3°  C 
hervor.  Virulente  Streptococcuskulturen  riefen  beim  Kaninchen 
subkutan  zu  1,0 — 1,5  ccm  kein  ausgesprochenes  Fieber  hervor.  Die 
Sterilisation  im  Wasserbade  bei  63  0 durch  20  Minuten  scheint  die 
pyogenen  Substanzen  teilweise  zu  zerstören.  Die  fiebererregenden 
Substanzendes  Streptococcus  pyogenes  sind  in  Alkohol  löslich. 

Die  Stoffwechselprodukte  des  Staphylococcus  pyogenes 
aureus  zeigten  sich  bei  allen  Versuchen  fiebererregend.  Die  Tempe- 
raturerhöhung beträgt  beim  Kaninchen  1,0°  bezw.  0,8°  C,  beim 
Schafe  1,0°  bezw.  0,7°  C,  beim  Pferde  1,2°  bezw.  1,4°  C.  Beim 
Kaninchen  wurden  15—20  ccm,  beim  Schafe  50,  beim  Pferde  80  in 
Anwendung  gebracht.  Der  Höhepunkt  des  Fiebers  wurde  beim  Schafe 
nach  12  bezw.  10,  beim  Pferde  nach  5 — 16  Stunden  erreicht.  Viru- 
lente Staphylococcus  kultur  erzeugt  beim  Kaninchen  kein  Fieber. 
Von  3 Kaninchen  gingen  2 zu  Grunde,  bei  einem  dieser  Tiere  war 
ausgedehnte  Hautnekrose  aufgetreten. 

Von  Bacillus  pyocyaneus  erzeugten  15  ccm  keimfreie 
Bouillonkultur  beim  Kaninchen  Fieber  von  40,2°  C.  — Von  3 Tieren 
gingen  2 an  Intoxikation  zu  Grunde.  Ausgesprochener  war  das  Fieber 
beim  Schafe  und  Pferde.  — Das  Temperaturmaximum  betrug  beim 
Schafe  41,7°  C.,  beim  Pferde  39,6°  (heftiger  Schüttelfrost!).  Die 
Steigerungen  betrugen  bei  den  Schafen  über  die  normale  Anfangs- 
temperatur 1,6° — 2,6°  C,  bei  den  Pferden  2,2° — 3,4°  C. 

Zur  Entscheidung  der  Frage,  ob  in  der  geschwellten  Milz  bei  In- 
fektionskrankheiten fiebererregende  Stoffe  sich  finden,  wurden  die 
wässerigen  und  alkoholischen  Auszüge  der  Milz  von  Schweinen  unter- 
sucht, welche  an  Schweinerotlauf  zu  Grunde  gegangen  waren. 
Von  3 Kaninchen  bekamen  2 Fieber  von  41 0 bezw.  42 0 C,  das  dritte 
ging  ohne  Temperatursteigerung  zu  Grunde.  — Bei  2 anderen  Kanin- 
chen zeigte  sich  Temperaturerniedrigung.  — Giftig  erwies  sich  auch 
die  Leber  von  Tauben,  welche  an  verimpftem  Schweinerotlauf  zu 
Grunde  gegangen  waren.  Die  Auszüge  von  gesunden  Schweinemilzen 
erzeugten  kein  Fieber.  Beim  Schafe  erwiesen  sich  sowohl  die  wässerigen 
als  die  alkoholischen  Auszüge  der  Schweinerotlaufmilz  als  fieberer- 
regend. 

Diese  Versuche  beweisen  also  zur  Genüge,  daß  die  pathogenen 
Bakterien  pyogene  Stoffwechselprodukte  erzeugen  und  daß  dieselben 
bei  akuten  Infektionskrankheiten  auch  in  der  geschwellten  Milz  ab- 
gelagert werden. 

Escherieh,  E.  (Graz),  Zur  Pathogenese  der  Diphtherie. 

Der  Verf.  faßt  das  Resultat  seiner  klinischen  und  experimentellen 
Untersuchungen  in  folgenden  vier  Thesen  zusammen : 

1)  Zum  Zustandekommen  der  diphtherischen  Erkrankung  ist  außer 
dem  Bacillus  und  der  Möglichkeit  seiner  Invasion  das  Vorhanden- 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  901 


sein  einer  spezifischen  Empfänglichkeit  seitens  der  Gewebe  des  zu  in- 
fizierenden Organismus  erforderlich.  Dieselbe  kann  eine  örtliche  und 
auf  die  erkrankte  Schleimhautoberfläche  beschränkte  oder  eine  den 
gesamten  Körper  betreffende  sein. 

2)  In  erster  Linie  ist  die  spezifische  Empfänglichkeit  gewöhnlich 
als  örtliche  und  allgemeine  Disposition  bezeichnet,  und  erst  in  zweiter 
Linie  der  größere  oder  geringere  Grad  der  Virulenz  der  Bacillen 
maßgehend  für  den  klinischen  Verlauf  und  Ausgang  der  Einzeler- 
krankung. 

3)  Die  Anwesenheit  anderer  pathogener  und  saprophytischer 
Bakterien  sowie  deren  Stoffwechselprodukte  ist  von  Einfluß  auf  den 
Gang  der  Erkrankung.  Es  kommt  bekanntlich  der  Mischinfektion  mit 
Streptokokken  eine  ungünstige,  die  Schwere  der  toxischen  Erscheinung 
steigernde  Bedeutung  zu;  jedoch  nicht  weil,  wie  Roux  annimmt,  die 
Virulenz  der  Diphtheriebacillen  gesteigert,  sondern  die  Disposition 
des  Organismus  für  das  Diphtherotoxin  gesteigert  wird.  In  entgegen- 
gesetztem Sinne  scheinen  einige  Staphylokokken  zu  wirken. 

4)  Die  Heilung  der  Diphtherie  erfolgt  nicht  durch  Verschwinden 
der  Bacillen  oder  durch  Abschwächung  ihrer  pathogenen  Eigenschaften, 
sondern  durch  Immunisierung  des  Organismus,  indem  die  früher  vor- 
handene Disposition  beseitigt  und  in  das  Gegenteil  verwandelt  wird. 
Der  dadurch  erzielte  Grad  der  Immunität  ist  aber  ein  geringer  und 
schützt  nicht  vor  wiederholten  Erkrankungen,  die  schon  wenige  Monate 
nach  der  ersten  ausbrechen  können. 

Eselierich,  E.  (Graz),  Das  Bacterium  coli  als  Cystitiser- 
reger. 

Verf.  demonstriert  einige  Präparate  von  Cystitisharn.  In  Zeit 
von  drei  Jahren  sind  an  der  Grazer  Kinderklinik  sieben  Fälle  von 
Cystitis  bei  Kindern  zwischen  sechs  Monaten  und  neun  Jahren  beob- 
achtet worden,  die  durch  das  Bacterium  coli  communis  hervor- 
gerufen waren.  Da  es  sich  ausschließlich  um  Mädchen  handelte  und 
bei  einigen  derselben  leichte  spezifische  Vulvitis  vorhanden  war,  ist 
es  am  wahrscheinlichsten,  daß  die  Bacillen  von  der  Vulva  aus  durch 
die  kurze  und  weite  Harnröhre  in  die  Blase  eingedrungen  sind.  In 
zwei  Fällen  wurden  sie  auch  aus  dem  Scheidensekrete  gezüchtet.  Die 
Beschwerden  und  die  klinischen  Symptome  waren  bei  allen  mit  Aus- 
nahme des  jüngsten  Kindes  geringfügige.  Die  Heilung  gelang  rasch 
durch  Blasenspülung  mit  Kreolin,  die  durch  Verabreichung  von  Salol 
unterstützt  werden  kann.  In  einem  Falle  wurde  die  spontane  Heilung 
abgewartet. 

Arloing,  S.  und  Chantre,  Ed.  (Lyon),  üeber  chirurgische 
Eiterinfektion  und  über  die  morphologischen  und 
pathologischen  Veränderungen  ihres  Erregers. 

Verff.  haben  schon  früher  gezeigt  (siehe  Semaine  mödicale.  1893. 
p.  403),  daß  die  Eiterinfektion  von  Streptococcus  pyogenes 
bei  Abwesenheit  aller  anderen  septischen  Mikroben  hervorgerufen 
werden  kann,  jedoch  unter  der  Bedingung,  daß  er  sich  in  jenem  be- 
sonderen virulenten  Zustande  befindet,  welchen  er  bei  den  akuten  und 

57 


XV.  Bd. 


902  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


schweren  Geburtsinfektionen  zeigt.  Wenn  aber  außer  dem  gewöhn- 
lichen Streptococcus  noch  andere  Mikroben  anwesend  sind,  so 
können  dieselben  die  Eiterinfektion  komplizieren,  aber  sie  sind  zu 
deren  Entwickelung  nicht  nötig.  Verfl.  habeu  den  Streptococcus 
unter  dem  morphologischen  und  dem  pathologischen  Gesichtspunkte 
studiert  und  betrachten  die  Unterscheidungsmerkmale,  welche  Behring 
und  seine  Schüler  der  pathogenen  Gruppe  des  Streptococcus 
1 o n g u s zugeteilt  haben,  als  unsicher,  weil  die  Verif.  im  Gegensätze 
zu  dem,  was  die  letztgenannten  Forscher  behaupten,  gefuuden  haben, 
daß  der  von  ihnen  angewandte  Streptococcus  homogene,  trübe 
Bouillonkulturen  gab  und  auf  Kartoffeln  dicke  Kolonieen  bildete. 

Nach  den  Verff.  muß  man  auf  dem  Polymorphismus  der  ver- 
schiedenen Individuen  bestehen,  welchen  sie  zu  wiederholten  Maleu 
in  vielen  Kulturen,  sowohl  in  flüssigem  Nährboden  als  in  Tieren,  fest- 
stellen konnten.  Sie  haben  oft  beobachtet,  daß  der  Streptococcus 
nach  einer  bacillären  Form  strebt,  zu  welcher  er  bisweilen  durch  eine 
Reihe  von  Zwischenformen  kommt.  Die  tiefgreifenden  Aenderungen 
in  der  Morphologie  eines  Streptococcus  können  trotz  der  Arbeiten 
von  Zopf  und  der  in  einer  anderen  Richtung  von  Guignard  und 
Charrin  unternommenen  auffallend  scheinen  und  es  mußte  bewiesen 
werden,  daß  sowohl  die  Bacillenform  als  die  Coccusform  dieselben 
pathogenen  Eigenschaften  besitzen.  Zu  diesem  Zwecke  haben  Verff. 
zwei  parallele  Inokulationsreihen  mit  typischen  Kulturen  und  auf  ver- 
schiedenen Wegen  an  Kaninchen,  Meerschweinchen  und  Hunden  aus- 
geführt. Die  Wirkungen  und  besonders  die  Eiterungserscheinungen 
waren  in  beiden  Versuchsreihen  ganz  ähnlich,  ausgenommen  bei  den 
Meerschweinchen.  Letztere  sind  unter  dem  Einflüsse  der  Bacillen- 
kulturen gestorben,  dagegen  unter  jenem  der  Coccuskulturen  lebend 
geblieben.  Man  muß  folglich  annehmen,  daß  der  Bacillus  eine  be- 
sondere Form  des  Streptococcus  pyogenes  ist,  eine  Form, 
welche  eine  allgemeinere  Virulenz  als  die  Coccusform  besitzt,  weil 
sie  mit  Leichtigkeit  die  Meerschweinchen  tötet. 

Verff.  haben  versucht,  diese  Aenderungen  nach  Belieben  hervor- 
zurufen, indem  sie  Kulturen  unter  wechselnden  Umständen  machten, 
und  zwar  indem  sie  die  Kultur  mit  der  Inokulation  in  den  Serösen 
und  in  dem  Bindegewebe  des  Kaniuchenohres  kombiniert  haben.  Diese 
verschiedenen  Mittel  haben  erlaubt,  in  einer  mehr  oder  minder  voll- 
kommenen Art  den  Streptococcus  in  den  bacillären  Zustand  über- 
zuführen und  vice  versa.  Die  successive  und  alternative  Einführung 
in  das  Bindegewebe  des  Ohres  und  in  sehr  gute  Bouillon  hat  es  mög- 
lich gemacht,  die  schönste  Ueberführung  der  Streptococcusform 
in  die  bacilläre  zu  erhalten.  Aber  wenn  mau  auch  ziemlich  leicht 
eine  Zustaudsänderung  hervorbringt,  so  war  es  doch  bis  jetzt  unmög- 
lich, sie  in  demselben  Stadium  zu  erhalten.  Somit  sind  an  diesem 
Streptococcus  jene  Modifikationen  des  pathogenen  Vermögens 
bestätigt  worden,  welche  Chaveau  und  der  eine  der  Verfasser 
vor  langer  Zeit  bei  Gelegenheit  des  Streptococcus  der  Geburts- 
infektion beschrieben  hatten. 

Verff.  haben  außerdem  nachweisen  können,  wie  letzthin  A c h a 1 m e 
beobachtet  hatte,  daß  der  Streptococcus  pyogenes  sich  bei 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  903 


einem  gewissen  Zustande  der  Virulenz  darauf  beschränkt,  das 
Erysipel  hervorzurufen.  Die  Verff.  haben  also,  von  einem  Mikroben 
ohne  merkliche  Virulenz  ausgehend,  durch  die  Einführung  derselben 
in  das  Blut  oder  in  das  Peritoneum  eines  Kaninchens  successiv  ein- 
fache Erysipel,  Erysipel  mit  Nekrose  des  umgebenden  Darmes,  Erysipel 
mit  Nekrose  und  Eiterung,  die  pseudomembranöse  Peritonitis,  meta- 
statische Abscesse,  die  galoppierende  septische  Peritonitis  erhalten. 

Die  allgemeinen  Schlußfolgerungen  sind  die  folgenden: 

1)  Die  chirurgische  Eiterinfektion  kann  nur  durch  den  Strepto- 
coccus allein  verursacht  sein,  unter  der  Bedingung,  daß  er  sich  in 
einem  besonderen  virulenten  Zustande  befindet. 

2)  In  den  verschiedenen  virulenten  Zuständen  bringt  der  Strepto- 
coccus wechselnde  Erscheinungen  hervor. 

3)  Die  verschiedenen  Arten  pathogener  Streptokokken,  welche 
von  einigen  Forschern  als  solche  angesehen  werden,  sind  nichts 
anderes,  als  Varietäten  derselben  Species. 

4)  Der  Streptococcus  des  Erysipel,  der  Eiterinfektion,  der 
Geburtsinfektion  in  ihren  verschiedenen  Formen  ist  nichts  anderes, 
als  die  gleiche  Species  in  verschiedenen  virulenten  Zuständen. 

5)  Die  Mikrokokken  streben  nach  einer  bacillären  Form,  welche 
sie  unter  noch  nicht  genügend  festgestellten  Umständen  sowohl  inner- 
halb wie  außerhalb  des  Organismus  annehmen. 

6)  Die  Virulenz  der  bacillären  Form  kann  dieselben  Aenderungen 
erleiden,  wie  die  Streptococcusform. 

7)  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  gewisse  Eiterbacillen  nichts  anderes 
als  modifizierte  Streptokokken  sind. 

8)  Wenn  man  mit  dem  Streptococcus  pyogenes  andere 
Bacillen  zusammen  findet,  darf  man  nicht  mit  Bestimmtheit  von  einer 
bakterischen  Vereinigung  reden. 

Zu  dem  oben  referierten  Vortrage  macht  Herr  Prof.  Babes  aus 
Bukarest  einige  Bemerkungen.  Er  schließt  sich  zum  Teil  den  Aus- 
führungen des  Vorredners  an,  will  aber  noch  betonen,  daß  wir  zwar 
nicht  berechtigt  sind,  zwei  bis  drei  große  Gruppen  von  Streptokokken 
zu  unterscheiden,  wohl  aber  existiere  eine  Anzahl  von  Species  oder 
natürlicher  Varietäten,  unter  denen  B ab  es  verflüssigende  Formen  wie 
bei  Scharlach,  solche,  welche  bei  Zimmertemperatur  und  andere,  welche 
nur  bei  Körpertemperatur  wachsen,  zuerst  nachgewiesen  hat.  Manch- 
mal finden  sich  selbst  bei  einem  Individuum  mehrere  Species.  Es 
giebt  Jahreszeiten,  wo  die  meisten  Krankheiten  durch  virulente 
Streptokokken  ungünstig  beeinflußt  werden.  So  fanden  sich  in  ge- 
wissen Monaten  mit  großer  Sterblichkeit  bei  allen  Autopsieen  Strepto- 
kokken, welche  aber  gewisse  beständige  Unterschiede  untereinander 
erkennen  ließen.  Allerdings  zeigen  besonders  gewisse  Formen  Pseudo- 
ramifikationen , an  deren  Enden  Prof.  Babes  Verdickungen  wie 
bei  Diphtheriebacillen  nachweisen  konnte.  Auch  wechseln  in  ver- 
schiedenen Kulturboden  eingekapselte  Formen  mit  abgeplatteten  und 
lanzettähnliche  lange  Ketten  mit  ganz  kurzen  ab,  namentlich  auf 
Blutserum  entwickeln  manche  Varietäten  kolossale  Kokken,  auch 
Stäbchenformen,  gewöhnlich  mit  buckligen  Rändern,  finden  sich  in 

57* 


904  Mitteilungen  aus  dem  XI,  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


den  Ketten  eingeschaltet.  Nie  aber  konnte  Prof.  Babes  eine  aus 
Streptokokken  hervorgehende  Reinkultur  von  Bacillen  erzielen. 

Pernice,  B.  und  Scagliosi,  Gr.  (Palermo),  Experimentelle  Ne- 
phritis bakterischen  Ursprungs. 

In  zwei  anderen  Arbeiten,  die  eine  „über  die  Entfernung  der 
Bakterien  aus  dem  Organismus“,  die  andere  „über  den  Einfluß  der 
Urinabsonderung  auf  die  Entwickelung  der  Infektionskrankheiten“, 
haben  die  Verff.  verschiedene  Alterationen  beobachten  können,  welche 
sich  in  den  Nieren  zeigen,  wenn  gewisse  krankheiterzeugende  Mikro- 
organismen durch  dieselben  hindurchgehen  oder  nicht  und  haben 
mit  spezieller  Sorgfalt  die  verschiedenen  Verletzungen  studiert,  welche 
aus  diesem  Grunde  für  die  einzelnen  Bestandteile  der  Nieren  ein 
Interesse  habeD,  um  festzustellen,  ob  dieselben  lediglich  durch  die 
Infektionskeime  hervorgebracht  seien  oder  ob  zu  ihrer  Krankheits- 
erzeugung auch  die  Wirkung  der  giftigen,  durch  die  Bakterien  selbst 
hervorgebrachten  Substanzen  beitrage.  Es  hat  sich  daraus  das  Resultat 
ergeben,  daß  in  Fällen  allgemeiner  Infektion  der  Durchgang  der 
Bakterien  durch  die  Nieren  iufolge  ihrer  Ausscheidung  mit  dem 
Urin  sich  nach  anatomisch-pathologischen  Veränderungen  vollzieht, 
welche  in  den  verschiedenen  Bestandteilen  derselben  bervorgerufen 
werden.  Die  Gesamtheit  dieser  Veränderungen,  welche  infolge  der 
Wirkung  des  Milzbrandbacillus,  des  Bacillus  pyocyaneus, 
Staphylococcus  pyog.  aur.  und  des  Micrococcus  prodi- 
giosus  hervorgerufen  worden  sind,  bildet  einen  ziemlich  klaren  und 
anschaulichen  experimentellen  Nachweis  der  bakteriologischen  Knäuel- 
nephritis, welche  in  erster  Linie  und  hauptsächlich  für  die  Rinden- 
substanz, dann  und  in  geringem  Grade  für  die  Marksubstanz  von 
Bedeutung  ist.  Der  physiopathologische  Prozeß  fängt  in  dem  lokalen 
Gefäßapparate  mit  Endoarthritis,  Störungen  im  Kreisläufe  und  Hä- 
morrhagieen  an,  auf  welche  Veränderungen  in  den  Nierenknäueln,  in 
den  B o w m a n kapseln  und  in  dem  Epithel  der  geraden  und  ge- 
bogenen Kanälchen  folgen,  mit  Bildung  einer  amorphen  und  hyalinen 
Substanz,  welche  sich  in  dem  Lumen  der  Kapsel  und  den  Harn- 
kanälchen absetzt. 

Den  Epithelveränderungen  folgt  die  Abschuppung  und  die  Ver- 
welkung  der  Kanälchen,  die  Verbindung  ihrer  Wände,  ähnlich  einer 
Hyperplasie  der  Bindegewebe  und  folglich  bei  den  Genesungsfällen 
die  Neubildung  der  Harnkanälchen.  Zu  der  Pathologie  dieser  Ne- 
phritis kommen  also  vor  allem  die  allgemeinen  Entzündungen  in  Be- 
tracht, aber  auch  die  von  ihnen  abgesonderten  Gifte  haben  als 
Ursache  der  Verletzungen  eine  gewisse  Wichtigkeit,  weil  sie,  einmal 
in  den  Blutkreislauf  gekommen,  in  die  Nieren  gelangen  und  die 
Nephritis  verursachen  können. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Schwefelwasserstoffbildung  der  Bakterien. 


905 


Referate. 


Petri,  R.  J.,  und  Maafsen,  A.,  Beiträge  zur  Biologie  der 
krankheitserregenden  Bakterien,  insbesondere  über 
dieBildungvon  Schwefelwasserstoff  durch  dieselben 
untervornehmlicher  Berücksichtigungdes  Schweine- 
ro tl aufs.  (Arb.  a.  d.  Kaiserl.  Gesundheitsamte.  Bd.  VIII.  1893. 
p.  318 — 356.) 

Die  vorliegende,  im  Juli  1892  erschienene  Arbeit,  über  deren 
wichtigste  Ergebnisse  die  Verff.  bereits  im  Februar  1892  in  einer  vor- 
läufigen Mitteilung  berichtet  hatten,  gliedert  sich  in  acht  Abschnitte, 
von  denen  einige  ihrem  Inhalte  nach  eingehendere  Besprechung  er- 
fordern. 

Nachdem  die  Verff.  zunächst  das  Ausgangsmaterial  für  die  Rot- 
laufversuche und  die  Uebertragung  des  Rotlaufs  auf  Versuchstiere  be- 
rücksichtigt, wird  2)  das  Wachstum  derRotlaufbakterien  in 
Reinkulturen  ausführlich  behandelt.  Aus  diesem  Abschnitte  sei 
nur  folgendes  erwähnt:  Die  Schwefelwasserstoffbildung  konnte  bei 
Rotlaufkulturen  in  flüssigem  Blutserum  nach  etwa  18  Stunden  nach- 
gewiesen werden ; besonders  deutlich  trat  sie  in  Peptonlösungen  hervor. 

Der  Nachweis  des  II2S  wurde  in  der  Weise  geführt,  daß  zwischen 
den  doppelten  Watte  Verschluß  des  Kulturglases  ein  zusammengerollter 
Streifeu  Bleipapier  eingeschaltet  und  das  Glas  alsdann  mit  einer 
Gummikappe  verschlossen  wurde. 

Auch  in  Nährböden  mit  starkem  Zuckerzusatze  fand  reich- 
liche H2S-Bildung  statt:  die  Ansicht,  daß  d e r Z ucker  g 1 ei  ch- 
zeitig  vorhandene  Eiweißkörper  vor  der  Zersetzung 
durch  das  Ba  k te ri en  wa  c h s t um  schütze,  trifft  also 
nur  in  beschränktem  Maße  zu. 

3)  Der  Nachweis  von  H2S  im  Blute  und  in  den  Or- 
ganen der  an  Rotlauf  gestorbenen  Tiere.  Bei  16  von  38 
untersuchten  Schweinen  konnte  H2S  unmittelbar  nach  dem  Tode  auf 
spektroskopischem  Wege  (nach  Hoppe-Seyler)  und  durch  die  Blei- 
reaktion teils  im  Blute,  teils  in  blutigen  Exsudaten  nachgewiesen 
werden.  Warum  in  den  übrigen  Fällen  der  Spektralbefund  negative 
Resultate  lieferte,  ließ  sich  nicht  ergründen. 

Die  mit  dem  Blute  von  an  Rotlauf  eingegangenen  Versuchs- 
tieren — Tauben,  Mäusen  und  Kaninchen  — angestellten  Spektral- 
versuche verliefen  negativ,  doch  wurde  die  Bildung  von  H2S  in 
den  Organen  von  sofort  nach  dem  Tode  obduzierten  Rotlauftieren: 
Schweinen,  Tauben  und  Kaninchen  festgestellt,  indem  Organ- 
stückchen aseptisch  in  Reagenzgläser  gebracht  und  diese  im  Brüt- 
schranke aufbewahrt  wurden.  Nach  1 — 2 Tagen  zeigte  sich  — bei 
gleichzeitiger  üppiger  Entwickelung  der  Rotlaufbakterien  — das  ein- 
geschaltete Bleipapier  geschwärzt.  „Daß  die  Rotlaufbakterien  aus 
frisch  dem  Tierkörper  entnommenem  Materiale  Schwefelwasserstoff 
bilden  können,  wurde  durch  diese  Versuche  bewiesen.  Diese  Eigen- 
schaften teilen  sie  mit  zahlreichen  anderen  Bakterien.“ 


906 


Schwefelwasserstoffbildung  der  Bakterien. 


4)  Versuche  zur  Toxikologie  des  Schwefelwasser- 
stoffs. Die  Verff.  bestätigen  u.  a.  die  Angaben  Lewin’s  über 
die  spektroskopische  Beschaffenheit  des  Blutes  bei  Vergiftungen  mit 
H2S;  Schwefelalkalien  und  Natriumsulfantimoniat  (Schlippe’schem 
Salz).  Während  im  Blute  von  Mäusen  und  Kaninchen  nach  intra- 
venöser Einspritzung  von  0,1  g Na3SbS4  vor  und  nach  dem  Tode 
H2S  spektroskopisch  stets  nachweisbar  war,  gelang  es  nach  Ein- 
spritzung von  0,1  g Na2S  niemals,  den  Schwefel methämoglobinstreifen 
im  Blute  zu  sehen.  Dagegen  wurde  ein  gleich  nach  Einspritzung  des 
Na2S  vor  Maul-  und  Nasenöffnung  der  erkrankten  Kaninchen  ge- 
haltenes Bleipapier  gebräunt.  Bei  Mäusen,  welche  mit  0,01  g Na3SbS4 
vergiftet  worden  waren,  mißlang  der  spektroskopische  Nachweis  von 
H2S  stets. 

Für  die  Beurteilung  der  unter  2 erwähnten  Versuchsresultate 
sind  diese  Verhältnisse  insofern  von  Wichtigkeit,  als  sie  zeigen,  „daß 
eine  tödliche  Schwefelwasserstoffvergiftung  vom  Blute  aus  nur  unter  ganz 
besonderen,  noch  keineswegs  aufgeklärten  Bedingungen  zur  Bildung 
des  Schwefelwasserstoffspektrums  Anlaß  giebt  und  daß  das  Fehlen 
desselben  das  Vorhandensein  der  Schwefelwasserstoffvergiftung  nicht 
ausschließt.“ 

5)  Versuche  über  den  Nachweis  etwaiger  durch  die 
Rotlaufbakterien  gebildeter  Gifte.  Weder  in  den  Rot- 
laufkulturen noch  im  Safte  aus  den  Organen  von  an  Rotlauf  zu  Grunde 
gegangenen  Tieren  gelang  es  den  Verff.  (abgesehen  von  H2S),  Gifte 
nachzuweisen.  Die  Verff.  wollen  jedoch  ihre  Versuche  in  dieser 
Richtung  noch  nicht  als  endgiltige  aufgefaßt  wissen. 

6)  Versuche  über  die  Einwirkung  von  Rotlauf- 
kulturen auf  tuberkulöse  Meerschweinchen.  Solche 
wurden  angestellt,  da  bekanntlich  tuberkulöse  Meerschweinchen  für 
Bakteriengifte  sehr  empfindlich  sind.  Subkutane  Injektionen  von 
filtrierten  Rotlaufkulturen  in  1-proz.  Peptonbouillon  übten  keine 
Wirkung  aus,  Injektionen  mit  Kulturen  in  10-proz.  Peptonbouillon  töteten 
die  Versuchstiere  innerhalb  24  Stunden.  Bei  Kontrollversuchen  mit 
unbesäeter  steriler  10-proz.  Peptonbouillon  ergab  sich  das 
überraschende  Resultat,  „daß  diese  Bouillon,  welche  für  ge- 
sunde Meerschweinchen,  in  Mengen  von  4 ccm  einge- 
spritzt, ohne  Nachteil  war,  die  tuberkulösen  Tiere 
tötete.“  Dabei  zeigte  die  Umgebung  der  Tuberkelherde  starke  Re- 
aktionserscheinungen. Direkt  eingebrachter  H,S  wirkte  auf  tuber- 
kulöse Meerschweinchen  nicht  schädlich  ein. 

7)  Die  Bildung  von  H2S  durch  andere  pathogene 
Bakterien.  Sämtliche  den  Verff.  zurVerfügung  stehen- 
den pathogenen  Artrn  (37)  wiesen  unter  geeigneten 
Versuchsbedingungen  H2S-Bildung  auf.  Die  verschieden- 
artigsten Nährböden  wurden  bei  diesen  Untersuchungen  benutzt.  Die 
Menge  des  gebildeten  H,S  ist  abhängig  von  der  betr.  Bakterienart 
und  von  der  Beschaffenheit  des  Nährsubstrates;  Kulturen  derselben 
Art  entwickeln  auf  verschiedenen  Nährböden  oft  sehr  verschiedene 
Mengen  von  H2S.  In  der  H2S-Bildung  auf  festen  Nährböden  sehen 
die  Verff.  die  Ursache  der  von  Spina  als  „Feruwirkung“  der  Bak- 


Schwefelwasserstoffbildung  der  Bakterien. 


907 


terien  bezeichneten  ReduktioDserscheinungen : Entfärbung  von  festen, 
mit  Lakmus  oder  indigblauschwefelsaurem  Natron  versetzten  Nähr- 
böden in  weiterer  Entfernung  von  den  Bakterienkolonieen. 

Auf  die  Einzelresultate  sämtlicher  in  diesem  Abschnitte  erwähnten 
Versuche  hier  einzugehen,  würde  zu  weit  führen.  Besondere  Berück- 
sichtigung erfahren  die  Tuberkelbacillen  und  das  maligne  Oedem.  In 
der  blutig  gefärbten  Flüssigkeit  aus  dem  Unterzell- 
hautgewebe eines  an  malignem  Oedem  verstorbenen 
Meerschweinchens  konnte  H,S  spektroskopisch  nach- 
gewiesen werden. 

Schließlich  haben  die  Verff.  auch  zahlreiche  Saprophyten  auf 
die  Fähigkeit,  H2S  zu  bilden,  geprüft  und  festgestellt,  „daß  es  nur 
darauf  ankam,  für  die  betreffende  Bakterienart  einen  Nährboden  zu 
finden,  der  ihr  Wachstum  gut  unterhielt  und  dabei  gleichzeitig  einen 
hinreichenden  Gehalt  an  Stoffen  mit  „locker  gebundenem“ 
Schwefel,  z.  B.  Pepton,  Schwefelpulver  u.  s.  w.  aufwies,  um  eine 
reichliche  H2S-Bildung  zu  erzielen.“ 

Die  Fähigkeit,  H2S  zu  erzeugen,  ist  also  wahr- 
scheinlich sämtlichen  Bakterien  eigen. 

8)  Ueber  die  Ursachen  derHaSBildung  durch  Bak- 
terien. Die  Verff.  begründen  in  ausführlicher  Weise  ihre  Annahme, 
daß  der  durch  die  Lebenst  hätigkeit  der  Mikroorga- 
nismen gebildete  Wasserstoff  in  statu  nascendi  als 
gemeinsame  Ursache  sowohl  für  die  von  den  Bakterien 
ausgeführten  Reduktionen,  als  auch  für  die  Bildung 
von  Schwefelwasserstoff  anzusprechen  sei.  Als  Aus- 
gangsraaterial  für  die  H2S-Bildung  können  neben  Eiweiß  und  Peptön 
(Witte)  auch  unterschwefligsaures  Natron  und  Schwefelpulver  dienen, 
nicht  dagegen  Sulfate  oder  Sulfite:  also  nur  schwefelhaltige  Körper, 
in  welchen  der  Schwefel  in  lockerer  Bindung  auftritt. 

Die  bei  der  Abgabe  des  Schwefels  sich  vollziehenden  chemischen 
Prozesse  werden  eingehend  erörtert  und  die  Wahrscheinlichkeit  der 
obigen  Erklärung  durch  eine  Reihe  zweckentsprechender  praktischer 
Versuche  belegt.  So  stellten  die  Verff.  u.  a.  fest,  daß  Eiweiß 
und  besonders  Pepton  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in 
Gegenwart  von  nascierendem  Was  serstoffe  aus  saurer, 
alkalischer  und  neutraler  Quelle  einen  Teil  ihres 
Schwefels  abgeben  und  daß  dieser  unter  geeigneten 
Bedingungen  alsH2S  entweicht.  Hinsichtlich  des  weiteren 
Inhaltes  der  Arbeit  muß  auf  das  Original  verwiesen  werden. 

Mit  dem  gleichen  Rechte  wie  die  anderen  in  Reinkulturen  von 
Mikroorganismen  aufgefundenen  Gifte  darf  der  Schwefelwasser- 
stoff als  Bakteriengift  angesprochen  werden  und  es  mußte  von 
vornherein  auffallen,  daß  gerade  die  Rotlaufbakterien , in  deren 
Kulturen  andere  Gifte  bisher  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  sind, 
zu  denjenigen  pathogenen  Bakterien  gehören,  die  besonders  reich- 
lich H2S  erzeugen.  So  konnten  die  bei  der  Bearbeitung  des  Rot- 
laufmaterials erhaltenen  positiven  Befunde  den  Verff.  die  Erwägung 
nahelegen,  „daß  dies  giftige  Gas  eine  nicht  zu  unterschätzende  Rolle 
bei  der  Rotlaufkrankheit  spielt,  zumal  die  an  den  Rotlauftieren  im 


908 


Schwefelwasserstoffbilduug  der  Bakterien. 


Leben  und  nach  dem  Tode  beobachteten  Erscheinungen  eine  gewisse 
Aehnlichkeit  mit  dem  Befunde  bei  Schwefelwasserstoffvergiftungen 
zeigen“. 

Obwohl  diese  Vermutungen  auf  Grund  der  bei  anderen  patho- 
genen Bakterien  erhaltenen  positiven  Resultate  eine  allgemeine  Giltig- 
keit beanspruchen,  liegt  es  den  Verff.  durchaus  fern,  dem  H,S  bei 
allen  Bakterienkrankheiten  eine  hervorragende  Bedeutuug  zuzu- 
sprechen. Busse  (Berlin). 

Petri,  ß.  J. und  Maafsen,  A.,  Weitere  Beiträge  zurSchwefel- 
w asser Stoff b ildung  aerober  Bakterien  und  kurze 
Angaben  über  Merkaptanbildung  derselben.  (Arb.  a. 
d.  Kaiserl.  Gesundheitsamte.  Bd.  IX.  1893.  p.  490 — 506.) 

Die  in  der  ersten,  die  H2S-Bildung  der  Bakterien  behandelnden 
Arbeit  der  Verff.  mitgeteilten  Resultate  werden  durch  weitere  Unter- 
suchungen bekräftigt  und  ergänzt  und  zugleich  die  inzwischen  von 
anderer  Seite  über  denselben  Gegenstand  erfolgten  Mitteilungen 
kritisch  beleuchtet. 

Zunächst  gelang  es  den  Verff,  nachzuweisen,  daß  mehrere  der  von 
anderen  Autoren  als  „Nichtschwefelwasserstoffbildner“  bezeichneten 
Arten  (Milzbrand,  Tetragenus,  Diphtherie,  Heubacillus, 
Wurzelbacillus  und  Kartoffelbacillus)  thatsächlich  H2S 
produzieren,  womit  die  früher  ausgesprochene  Ansicht  der  Verff.,  daß 
eine  Unterscheidung  der  Bakterien  in  H2S-bildende  und  -nichtbildende 
nur  dann  Berechtigung  hat,  wenn  sie  ausdrücklich  für  das  Wachstum 
auf  einem  bestimmten  Nährboden  aufgestellt  wird,  eine  neue  Stütze 
erhält. 

Eingehend  erörtert  wird  ferner  der  günstige  oder  ungünstige 
Einfluß  verschiedener  Agentien  auf  die  H2S-Bildung  in  Reinkulturen 
aller  Art.  Durch  im  Nährsubstrate  vorhandene  oder  sich  während 
des  Bakterienlebens  bildende  Stoffe  können  die  Zersetzungen  der  als 
H2S-Quelle  dienenden  S-haltigen  Körper  verändert,  außerdem  kann 
die  H2S-Bildung  durch  gleichzeitig  sich  abspielende  andere  Prozesse 
verdeckt,  bezw.  durch  H-absorbierende  Reduktionen  unterdrückt 
werden,  so  z.  B.  durch  reichliche  Bildung  von  Ammoniak.  Bei 
allen  Bakterien  wird  die  H2S-Produktion,  selbst  bei  Gegenwart  von 
freiem  Schwefel,  durch  Salp ete r zusatz  vermindert;  der  Salpeter 
wird  dabei  mehr  oder  weniger  zu  Nitrit  bezw.  Ammoniak  reduziert. 

Besondere  Berücksichtigung  erfährt  ferner  die  Eikultur;  die 
Verff.  konnten  feststellen,  daß  im  Hühnerei  der  Wurzelbacillus 
und  der  Koch’sche  Vibrio  reichlich  H2S  bilden,  weit  weniger  da- 
gegen der  Proteus,  welcher  in  Peptonbouillon  als  hervorragendster 
H2S-Bildner  wächst.  Auch  auf  steril  gewonnenem  Eiweiß  und  Eigelb 
wird  von  Proteus  und  Wurzelbacillus  H2S  erzeugt. 

Die  mit  16  pathogenen  und  nichtpathogenen  Arten  angestellten  Ver- 
suche über  die  H2S-Bildung  auf  flüssigem  und  erstarrtem 
Blutserum  lieferten  das  interessante  Ergebnis,  daß  auf  f es  t e m Serum 
fast  ausschließlich  nur  dann  eine  Reaktion  eintrat,  wenn  eine  starke 
Verflüssigung  des  Nährbodens  stattfand.  Wahrscheinlich  bildet  sich 
H2S  nur  aus  den  verflüssigten,  peptonisierten  Teilen  des 


Cellulose  in  Bakterien  etc. 


909 


Serums.  Der  begünstigende  Einfluß  des  Peptons  war  schon  früher 
hervorgehoben  worden. 

Weit  verbreitet  scheint  neben  der  H2S-Bildung  die  Merkaptan- 
produktion  der  Bakterien  zu  sein.  Auffallend  stark  tritt  diese  in 
Lösungen  mit  10-proz.  Pepton  in  Ei-  und  Serumkulturen  bei  einer 
ganzen  Reihe  von  Bakterien  auf  und  kann  durch  die  von  Denigäs 
gefundene  Reaktion  nachgewiesen  werden.  Auch  durch  nascierenden 
Wasserstoff  wird  aus  WTitte’schem  Pepton,  wie  die  Verff.  fanden, 
neben  H2S  Merkaptan  gebildet.  Der  Nachweis  der  Merkaptanbildung 
ist  deshalb  von  besonderem  Interesse,  weil  dem  Merkaptan  giftige 
Eigenschaften  zukommen.  Wie  aus  diesbezüglichen,  an  Kaninchen 
ausgeführten  Versuchen  der  Verff.  hervorgeht,  ist  die  Giftwirkung 
des  unverdünnten  Aethylmerkaptans  eine  sehr  starke,  während  ver- 
dünnte wässerige  Lösungen  dieses  Körpers  geringere  Giftigkeit  zeigen. 

Eingehend  wird  schließlich  noch  einmal  die  Theorie  d e r H 2 S - 
Bildung  durch  Bakterien  behandelt.  Nur  einige  wichtige  Punkte 
seien  aus  diesem  Abschnitte  hervorgehoben. 

Im  Gegensätze  zu  der  von  anderer  Seite  vertretenen  Ansicht, 
daß  die  H2S-Bildung  kein  sekundärer,  durch  nascierenden  Wasserstoff 
erregter  Vorgang  sei,  sondern  H 2 S unmittelbar  aus  Sulfaten  und 
organischen  S-Verbindungen  durch  die  Thätigkeit  der  Bakterien  ge- 
bildet werde,  halten  die  Verff.  an  ihrer  früher  gegebenen  Erklärung 
dieser  Reaktion  fest,  ohne  damit  die  Möglichkeit  zu  leugnen,  daß 
nur  ein  Teil  des  gebildeten  H2S  direktes  Reduktionsprodukt  und  ein 
anderer  Teil  Spaltungsprodukt  sei,  also  beide  Prozesse  nebeneinander 
herlaufen.  Immerhin  geht  aus  den  bisher  ausgeführten  zahlreichen 
Versuchen  der  Verff.  hervor,  daß  nur  solche  S-Verbindungen , die 
ihren  Schwefel  ganz  oder  zum  Teil  an  nascierenden  Wasserstoff  ab- 
geben, auch  mit  Bakterien  H2S  liefern,  während  einige  daraufhin  ge- 
prüfte Verbindungen,  welche  den  Schwefel  durch  Spaltung,  nicht  aber 
durch  Reduktion  verlieren,  auch  in  den  Bakterienkulturen  keinen  H2S 
gaben. 

Die  Verff.  sehen  die  H2S-Bildung  keineswegs  als  einen  lediglich 
bei  O-Abschluß  eintretenden  Reduktionsvorgang  an.  Der  Beweis 
dafür,  daß  auch  die  aeroben  Bakterien  in  kräftig  durchlüfteten  Kul- 
turen nascierenden  Wasserstoff  bilden,  wird  einwandfrei  erbracht,  in- 
dem die  Verff.  feststellten,  daß  z.  B.  der  Wurzelbacillus  in 
peptonfreier  Nährbouillon  nach  Zusatz  von  Schwefelpulver  und  bei 
starker  Durchlüftung  reichlich  H2S  produziert;  bei  Abwesenheit  von 
S bleibt  die  Reaktion  aus.  Zum  Nachweise  des  nascierenden  Wasser- 
stoffes und  also  der  Reduktionsfähigkeit  der  Bakterien  kann  demnach 
die  Kultur  in  Schwefelbouillon  dienen. 

Der  Arbeit  sind  zahlreiche  Lichtdruckbilder  der  zum  Nachweise 
des  H2S  benutzten  Bleipapierstreifen  als  Beweismaterial  beigegeben. 

Busse  (Berlin). 

Dreyfuss,  J.,  Ueber  das  Vorkommen  von  Cellulose  in 
Bacillen,  Schimmel-  und  anderen  Pilzen.  (Zeitschrift 
f.  pbysiolog.  Chemie.  Bd.  XVIII.  1893.  p.  358  ff.) 


910 


Cholera. 


Während  A.  Brown  nachgewiesen  hat,  daß  Bakterien  (Bact. 
xylinum)  selbständig  Cellulose  zu  bilden  vermögen,  war  die  Frage, 
ob  die  Zellwände  der  höheren  Pilze  aus  „gewöhnlicher“  oder  Pilz- 
cellulose bestehen,  bisher  noch  nicht  zweifellos  entschieden  worden. 
Verf.  hat  diesen  Gegenstand  an  sechs  verschiedenen  Objekten  einer 
eingehenden  Nachprüfung  unterzogen  und  gezeigt,  daß  sowohl 
höhere,  wie  Spaltpilze  „echte“  Cellulose  (im  Sinne 
E.  Schulze’s)  enthalten.  Verf.  operierte  mit  einer  Polyporus- 
art,  Agaricus  campestris,  stark  verkästen  tuberkulösen  Lymph- 
drüsen,  Bac.  subtilis,  Eiterbacillen  aus  pyelonephritischem  Urin 
und  Aspergillus  glaucus.  Die  in  tuberkulösen  Geweben  vor- 
kommende Cellulose  führt  Verf.  auf  die  darin  enthaltenen  Bakterien 
zurück;  in  der  Membran  der  Heu-  und  Eiterbacillen,  konnte  echte 
Cellulose,  wenn  auch  nur  in  Spuren,  mit  Sicherheit  nachgewiesen 
werden.  Von  einer  Wiedergabe  des  vom  Verf.  für  den  Cellulose- 
nachweis  angewandten  Verfahrens  und  der  sonstigen  technischen 
Angaben  glaubt  Ref.  absehen  zu  können;  es  sei  nur  erwähnt,  daß 
sämtliche  Objekte  bei  der  Vorbehandlung  nacheinander  mit  Alkohol, 
Aether,  2-proz.  Salzsäure  und  2-proz.  Natronlauge  extrahiert 
wurden. 

Nach  jeder  Extraktion  prüfte  Verf.  die  Bakterien  auf  ihre  Färb- 
barkeit, um  festzustellen,  welches  der  genannten  Agentien  den 
Bakterienkörper  für  Aniliufarbstoffe  unempfänglich  macht.  (Statt  der 
tuberkulösen  Lymphdrüsen  wurden  Tuberkelkelbacillen  aus  der  Wand 
von  Kavernen  einer  tuberkulösen  Lunge  und  aus  Reinkultur  ver- 
wendet.) 

Da  sämtliche  Objekte  durch  die  Behandlung  mit  Alkohol, 
Aether  und  Salzsäure  in  ihrer  Färbbarkeit  nicht  beeinflußt  wurden, 
nach  Einwirkung  der  Natronlauge  dagegen  nur  noch  an  vereinzelten 
Stellen  färbbar  waren,  folgert  Verf.,  daß  nicht  die  Eiweißkörper  (im 
engeren  Sinne),  sondern  die  Nudel  ne  den  Farbstoff  binden.  Denn 
diese  sind  im  Alkohol,  Aether  und  verdünnten  Mineralsäuren  unlös- 
lich und  in  Natronlauge  löslich,  während  die  Eiweißkörper  mit 
Säuren  als  Acidalbumine  in  Lösung  gehen.  Busse  (Berlin). 

Pettenkofer,  M.  y.,  Choleraexplos  ionen  und  Trink  wasser. 

(Vortrag  gehalten  im  ärztl.  Verein  München  14.  März  1894.  — 

Münchener  medizinische  Wochenschrift.  1894.  No.  12  und  13.) 

Verf.  sucht  den  Nachweis  zu  erbringen,  daß  das  explosionsartige 
Auftreten  der  Cholera  nicht  vom  Wasser  abhängt  und  dass  auch 
mit  dem  Auffinden  der  Cholerabacillen  im  Wasser  noch  nicht  der 
Ausbruch  einer  Choleraexplosion  erklärt  werden  kann.  Er  führt  als 
epidemiologische  Thatsachen  an,  daß  auch  Choleraexplosionen  ohne 
Wasservermittlung  stattfinden  können  und  verweist  uns  auf  diejenigen 
in  der  Gefangenen  an  stalt  zu  Laufen  1873  und  die  von  München 
1854  und  1873. 

Die  Laufener  Epidemie  wird  mit  der  von  Nietleben  verglichen. 
Verf.  führt  Beweise  dafür  herbei,  daß  die  Laufener  Epidemie  nicht 
durch  das  Trinkwasser  herbeigeführt  wurde,  daß  sie  ohne  Anwendung 
all  der  Vorbeugungsmaßnahmen  in  Nietleben  genau  in  der  nämlichen 


Cholera. 


911 


Weise  ausbrach,  auf  dem  gleichen  Höhepunkte  stand  und  nach  kaum 
2 Wochen  abgelaufen  war.  Ebensowenig  wie  in  Laufen  konnte  man 
1854  und  1873  in  Müuchen  das  Trinkwasser  für  die  Explosion  ver- 
antwortlich machen.  Auch  auf  die  12  Cholerajahre  von  1848 — 1859 
in  Preußen  weist  Verf.  wieder  hin  und  erläuterte  seinen  Vortrag  noch 
durch  diesbezügliche  Diagramme. 

Die  Gegenwart  des  Cholerabacillus  allein  genügte  nicht, 
um  die  Cholera  hervorzurufen,  es  muß  noch  eine  zeitliche  und  ört- 
liche Disposition  vorhanden  sein.  Daß  der  Boden  etwas  mit  der 
Cholera  zu  thun  hat,  dafür  spricht  auch  der  Erfolg  bei  den  Boden- 
verbesserungen. Hierfür  beweisend  ist  auch  die  Typhuserkrankung 
in  München  vor  und  nach  1881.  Wenn  die  Kontagionisten  sich  in 
Hamburg  und  Nietleben  eines  großen  Erfolges  rühmen,  so  glaubt 
Verf.  auf  Grund  der  Erfahrungen  früherer  Zeiten  diesen  Bemühungen 
nicht  allzuviel  trauen  zu  dürfen.  England,  welches  seitdem  so  unend- 
lich viel  für  die  Assanierung  seines  Landes  gethan  hat,  ist  fast  völlig 
frei  geblieben  trotz  des  riesigen  Verkehrs  mit  allen  Ländern. 

Zum  Schlüsse  wendet  sich  Verf.  gegen  die  Ansicht  Vieler,  daß  er 
ein  Gegner  der  Bakteriologen  sei,  er  ist  dieses  nicht,  sondern  hofft 
nur  von  der  Bakteriologie  eine  Förderung  der  Infektionskrankheiten, 
doch  warnt  er  vor  voreiligen  bakteriologischen  Schlüssen  und  will, 
daß  die  Bakteriologen  nach  dem  unbekannten  y forschen,  welches 
nicht  im  Wasser  zu  suchen  ist.  Verf.  giebt  den  Zusammenhang 
zwischen  Cholera  und  C h o 1 e r a b a c i 1 1 u s zu , er  erkennt  sogar 
das  Vorhandensein  der  Verbreitung  des  Cholerakeims  durch  den 
menschlichen  Verkehr  an,  nur  der  Zusammenhang  mit  den  örtlichen 
und  zeitlichen  Verhältnissen  ist  unerklärt  und  diese  letzteren  That- 
sachen  nicht  anerkannt  zu  haben  ist  gerade  der  Vorwurf,  den  er 
den  Kontagionisten  machen  muß.  0.  Voges  (Danzig). 

Jlordtmann,  Die  Cholera  in  der  Türkei  und  Konstanti- 
nopel im  Jahre  1893.  (Hygienische Rundschau.  1894.  No.  7 u.  8.) 

Verf.  hatte  als  Mitglied  des  Conseil  sanitaire  in  Konstantinopel 
Gelegenheit  die  dortigen  Verhältnisse  eingehend  studieren  zu  können. 
Er  giebt  zunächst  kurze  Daten  über  die  5 früheren  Choleraepidemieen 
der  türkischen  Hauptstadt,  um  dann  eingehend  die  Verhältnisse  der 
Epidemie  von  1893  darzustellen.  Verf.  schließt  sich  der  Annahme 
an,  daß  diese  Epidemie  von  Persien  ausgehe.  Es  ist  nicht  unwahr- 
scheinlich, daß  auch  frühere  Epidemieen  von  hier  aus  ihre  Weiterver- 
breitung antraten,  und  befürwortet  M.  daher  die  Errichtung  eines 
internationalen  Gesundheitsrates  in  Teheran,  woselbst  die  europäische 
Hilfe  jetzt,  nachdem  die  Cholera  in  der  heftigsten  Weise  gewütet, 
mit  offenen  Armen  empfangen  würde. 

In  Jemen  wütete  April  1892  die  Cholera  und  raffte  auch  einen 
großen  Teil  der  zur  Bekämpfung  aufständischer  Bewegungen  ausge- 
saudten  Truppen  hin,  auch  die  den  heimlichen  Sklavenhandel  dienen- 
den Häfen  von  Loheia  und  Djah  verbreiteten  die  Cholera  in  bisher 
völlig  unbeschränktem  Maße. 

Am  17.  Mai  telegraphierte  der  Stadthalter  von  Jemen,  daß  die 
Provinz  seit  40  Tagen  cholerafrei  sei,  nichtsdestoweniger  ließ  sich 


912 


Cholera. 


nachweisen,  daß  noch  Cholera  dort  herrschte.  Die  verschiedenen 
Karawanen  verloren  etwa  30400  Pilger,  nach  der  Schätzung  des  Dr. 
Kassim  Izzeddin,  an  Cholera,  eine  Zahl,  die  wohl  noch  viel  zu 
niedrig,  andere  schätzen  sie  auf  50000,  ein  Beweis,  wie  verhängnis- 
voll es  ist,  wenn  die  Cholera  in  die  Sommermonate  fällt,  während 
die  Winterepidemieen  nie  so  umfangreich  waren.  Da  jeder  das  Be- 
streben hatte,  möglichst  schnell  zu  entkommen,  so  wTar  der  Andrang 
zu  den  Schiffen  ein  ungewöhnlich  starker,  wodurch  die  Zahl  der  Er- 
krankungen ebenfalls  vermehrt  wurde.  Wenige  Tage  nach  der  Aus- 
schiffung in  Tor  oder  Kamaran,  wo  die  Pilger  in  hygienisch  günstigere 
Bedingungen  versetzt  wurden,  genügten,  um  die  Cholera  erlöschen 
zu  lassen.  Sowohl  in  Tor  wie  überall  sonst,  wo  die  Pilgerzüge  ver- 
kehrten, zeigte  sich,  daß  infolge  des  großen  Andranges  der  Pilger 
das  ohnehin  mit  der  Praxis  einer  zielbewußten  Desinfektion  unge- 
nügend vertraute  Personal  seiner  Aufgabe  nicht  gewachsen  sein 
konnte.  In  Smyrna  konnte  die  Epidemie  ausbrechen,  da  durch  die 
interessierten  Kreise  die  ersten  Falle  verheimlicht,  sowie  Kleidungs- 
stücke von  an  Cholera  Verstorbenen  unbemerkt  eingeführt  wurden. 
Große  Gefahr  erwuchs  der  türkischen  Hauptstadt  von  seiten  des 
Schwarzen  Meeres,  wo  die  Cholera  in  den  rumänischen  Häfen  mit 
großer  Heftigkeit  ausbrach.  Die  ersten  gemeldeten  Fälle  von  Cholera 
traten  im  August  auf  und  zwar  im  goldenen  Horn  unter  der  mari- 
timen Bevölkerung.  Diese  Fälle  blieben  vereinzelte,  unaufgeklärt 
blieben  die  Massenerkrankungen  im  türkischen  Viertel  Turschudjn, 
vielleicht  hatten  Pilger  ohne  selbst  zu  erkranken,  die  Cholerakeime 
mitgebracht.  Mehrfach  ließ  sich  konstatieren,  daß  kleinere,  lokal 
bleibende  Ausbrüche  der  Cholera  mit  der  Rückkehr  der  Mekkapilger 
zusammenhingen.  Kleidungsstücke  Verstorbener,  heilige  Erde,  Kräuter, 
Lappen  müssen  da  angeschuldigt  werden.  Daß  gerade  bei  Geistes- 
krankheiten die  Seuche  mehrfach  zuerst  ausbrach,  läßt  sich  am  besten 
dadurch  erklären,  daß  sie  vorzugsweise  als  geeignetes  Objekt  für 
Wunderkuren  mit  Mekkareliquien  angesehen  werden.  Für  die  Ver- 
breitung der  Seuche  in  die  Provinzen  war  die  Selimiekaserne  ein 
wichtiger  Herd.  Die  meisten  Erkrankungen  traten  in  Scutari  auf, 
während  der  verrufenste  Winkel  Kassim  Pascha,  welcher  früher  den 
schlimmsten  Herd  gebildet,  diesmal  fast  ganz  verschont  blieb. 
Verf.  beleuchtet  dann  die  Maßregeln,  welche  die  Pforte  zur  Ver- 
hütung der  Weiterverbreitung  der  Seuche  ergriff  und  weist  deren 
Unvernunft  an  der  Hand  einiger  Beispiele  nach. 

Weiter  wird  dann  die  Frequenz  der  Fälle  und  ihre  Verteilung 
auf  die  verschiedenen  Stadtgebiete  sowie  auf  die  umliegenden  Dörfer 
besprochen  und  die  Zahlen  der  Erkrankungen  und  Todesfälle  mitge- 
teilt. Die  Flotte  blieb  diesmal  dank  der  energisch  durchgeführten 
hygienischen  Maßnahmen  wesentlich  gesund.  Auch  die  Garnisonen 
wurden  nicht  sehr  stark  betroffen  und  war  die  Mortalität  nur  gering, 
mit  Ausnahme  der  erwähnten  Selimiekaserne,  wo  erst  die  Evakuation 
der  Weiterbreitung  ein  Ziel  setzte. 

Durch  letzteren  Schritt  kam  es  jedoch  zum  Ausbruche  der  Cholera 
in  Tripolis,  Lude  Burgas,  Demotice  und  Salonik.  Durch  Flüchtlinge 
aus  der  Hauptstadt  wurden  sporatische  Fälle  Dach  Adrianopel,  Brussa 


Cholera. 


913 


and  Gallipoli  gebracht,  ohne  jedoch — infolge  der  vorgerückten  Jahres- 
zeit — zur  Bildung  neuer  Herde  Anlaß  zu  geben.  Wie  in  den 
früheren  Epidemieen  bildeten  sich  die  Herde  in  den  tief  gelegenen 
Hafenquartieren,  welche  mit  den  Thalsenkungen  zwischen  den  Hügeln 
zusammenfallen  und  auf  Alluviumboden  stehen.  Die  hochgelegenen 
Viertel  blieben  durchweg  verschont.  Die  Herde  entwickelten  sich 
nicht  gleichzeitig,  sondern  in  zeitlicher  Aufeinanderfolge,  um  nach 
14-tägiger  Dauer  wieder  zu  erlöschen.  Wie  immer  herrschte  die 
Cholera  nur  in  den  unteren  Schichten  der  Bevölkerung;  besondere 
Empfänglichkeit  zeigte  sich  bei  den  mit  der  Straßenreinigung  be- 
schäftigten Arbeitern  und  dem  Maschinenpersonale  auf  den  Schiöen. 
Ein  Einfluß  des  Trinkwassers  konnte  nicht  beobachtet  werden.  Eine 
vergleichende  üebersicht  der  6 Epidemieen  läßt  den  Verf.  schließen, 
daß  für  die  Bildung  von  Infektionsherden  vorzugsweise  die  Boden- 
beschaffenheit der  Viertel  maßgebend  ist,  daß  Trinkwasser,  Unsauber- 
keit und  Menschenanhäufung,  mangelhafte  Kanalisation  etc.  nur 
sekundäre  Faktoren  bilden.  Er  erinnert  daran,  daß  in  der  Stadt 
Djaddah,  welche  auf  einem  von  meterhohen  Fäkalmassen  gebildeten 
Boden  steht,  die  Cholera  noch  nie  einen  Choleraherd  gebildet  hat. 
Zur  wirksamen  Bekämpfung  ist  aber  gerade  im  Orient  die  Berück- 
sichtigung der  sekundären  Faktoren  unerläßlich 

In  der  Stadt  Eshischehr  zeigte  sich  die  Cholera  Ende  September 
zur  Zeit  der  Herbstmesse;  durch  eine  Therme,  in  welcher  die  weib- 
liche Bevölkerung  badete,  fand  eine  Weiterverbreitung  statt,  täglich 
fand  man  Leute  tot  im  Bade. 

Verf.  bespricht  am  Schlüsse  dann  noch  die  von  der  Türkei  gegen 
die  Einschleppung  der  Seuche  gerichteten  Maßregeln.  Er  verwirft 
das  alte  Quarantänesystem,  welches  noch  immer  in  der  Türkei  im  Ge- 
brauche ist,  und  kommt  zu  den  Schlüsse,  daß  die  Verhältnisse  im  Oriente 
nicht  eher  besser  werden  dürften,  bevor  nicht  die  moderne  Seuchen- 
prophylaxe eingeführt  werde.  Zu  letzterem  Schritt  fehlt  aber  bislang 
noch  jede  Aussicht.  O.  Voges  (Danzig). 

Sluyts,  Cli.,  fitude  sur  les  propriet^s  du  poison  du  Cho- 
lera asiatique.  (La  Cellule.  X.  1893.  lr  fase.  p.  187.) 

Aus  den  im  pathologisch-anatomischen  Institute  des  Prof.  Denys 
zu  Löwen  ausgeführten  Untersuchungen  des  Verf.’s  geht  hervor,  daß 
man  nicht  erst  spezieller  Nährböden  bedarf,  um  das  Choleragift  zu 
gewinnen.  Es  wird  in  reichlichen  Mengen  sowohl  auf  der  Kartoffel, 
als  auch  in  gewöhnlicher,  in  mit  Gelatine  versetzter  und  in  der 
Gamaleia’schen  Kalbsfüssebouillon  produziert.  Kaninchen  und 
Meerschweinchen  sind  für  die  Giftversuche  wenig  geeignet.  Am 
Hunde  läßt  sich  jedoch  feststellen,  daß  das  Choleragift  — entgegen 
Gamale'ia  — der  längeren  (l1/2-stündigen)  Einwirkung  einer  Tem- 
peratur von  120°  C sehr  gut  widersteht.  Das  Gift  wird  weder  durch 
die  Einwirkung  des  Sonnenlichtes  (24-stündige  Insolation  einer  milli- 
meterhohen Flüssigkeitsscbicht),  noch  mittels  Durchleiten  (von  16- 
stündiger  Dauer)  eines  Luftstromes  abgeschwächt.  Die  Pepsin-  und 
die  Pancreasverdauung  verändern  es  nicht.  Es  gehört  zu  den  Ei- 
weißstoöen  mit  kompliziertem  Aufbau;  dessen  Natur  läßt  sich  nicht 


914 


Cholera. 


näher  feststellen.  Nichts  berechtigt  dazu,  mit  Gamalei  a anzu- 
nehmen, daß  das  Choleragift  ein  Nucleoalbumin  ist,  welches  sich  in 
ein  auf  den  Darm  wirkungsloses  Nuclein  umbildet;  im  Gegenteil 
sprechen  mehrere  Thatsachen  gegen  diese  Ansicht.  Das  Gift  des 
B.  coli  und  jenes  der  Cholera  üben  dieselbe  pathogene  Wir- 
kung auf  den  Menschen  und  auf  die  Versuchstiere  aus.  In  Bezug 
auf  ihre  chemischen  Eigenschaften  zeigen  sie  die  größte  Verwandt- 
schaft. Zweifellos  spielt  das  Gift  des  B.  coli  eine  wesentliche  Rolle 
bei  der  asiatischen  Cholera,  sei  es,  daß  es  seine  Wirkung  mit  jener 
des  Choleravibrio  verbindet  oder  nach  dem  Seltenerwerden  oder 
Verschwinden  der  Kommabacillen  allein  fortwirkt.  Kral  (Prag). 

Denys,  J.  et  Sluyts,  Ck.,  Du  mecanisme  des  symptömes 
gastro-intestinaux  dans  le  Cholera  asiatique.  (La 
Cellule.  X.  1893.  lr  fase.  p.  67.) 

In  einer  vorangehenden  Mitteilung  hatte  einer  der  Verff.  (Denys) 
in  Gemeinschaft  mit  Van  den  Bergh1)  nachge wiesen , daß  das 
Toxin  des  B.  coli  commune ‘beim  Hunde,  wenn  es  in  die  Gewebe 
oder  den  Kreislauf  eingeführt  wird,  einen  überaus  heftigen  cholera- 
artigen Zustand  hervorbringt,  unter  intensiver  Kongestion  des  ganzen 
Verdauungstractus  mit  interstitiellen  Hämorrhagieen  der  Mucosa  und 
Epithelabstoßung.  Hingegen  bleibt  das  Toxin,  wenn  es  in  den  Magen 
oder  den  Darm  gebracht  wird,  wirkungslos  und  selbst  die  mehr- 
stündige Einwirkung  des  Giftes  auf  die  Schleimhaut  einer  ab- 
gebundenen Darmschlinge  verursacht  auf  jener  keine  Veränderungen. 
Das  indifferente  Verhalten  des  Giftes  im  Magendarmkanale  kann  nicht 
auf  eine  Neutralisation  der  toxischen  Produkte  durch  die  Leber  zu- 
rückgeführt werden.  Man  kann  vielmehr  annehmen,  daß  das  Darm- 
epithel das  Eindringen  des  Giftes  in  den  Organismus  verhindert.  Es 
wäre  demnach  die  Cholera  nostras  nicht  als  einfache  intestinale 
Resorption  zu  betrachten ; man  müsse  zwei  aufeinander  folgende 
Phasen  ihrer  Entwickelung  annehmen.  Während  der  ersten  gelangt 
eine  gewisse  Menge  des  Toxins  unter  noch  unbekannten  Bedingungen 
in  das  Blut  und  die  zweite  beginnt  mit  der  durch  die  erste  bedingten 
Abstoßung  der  Epithelzellen , wodurch  dem  ohnehin  schon  im  nor- 
malen Zustande  in  großen  Mengen  im  Darmkanale  vorhandenen  Gifte 
die  weitesten  Eingangspforten  geschaffen  werden. 

Die  in  der  vorliegenden  Abhandlung  geschilderten  Versuche  mit 
bei  58— 60  °C  abgetöteten  Bouillonkulturen  (Fleischextrakt-Pepton- 
Koclisalz-Bouillon  + 2,5  Proz.  Gelatine)  des  Choleravibrio  an 
etwa  40  zumeist  jungen  Hunden  gaben  den  obigen  analoge  Resultate. 
Intrapleurale  oder  intraperitoneale  Injektionen  führen  je  nach  der 
applizierten  Dosis  zu  leichten  bis  zu  den  schwersten  Intoxikations- 
erscheinungen.  Selbst  mit  schwachen  Dosen  (5  ccm)  wird  manchmal 
der  Tod  mit  den  charakteristischen  Darmläsionen  herbeigeführt,  wo- 
hingegen die  zwanzigfache  Menge  des  Giftes,  einfach  auf  die  Mucosa 
des  Digestionstraktus  deponiert,  nicht  einmal  die  geringste  Gesund- 
heitsstörung zu  erzeugen  imstande  war.  Die  Schleimhaut  einer  ab- 


1)  Cf.  Ref.  in  diesem  Centralbl.  XIV.  1893.  p.  285. 


Cholera. 


915 


gebundenen  Darmschlinge  hatte  nach  sechsstündigem  Kontakte  mit 
einer  sehr  giftigen  abgetöteten  Cholerabouillonkultur  ein  vollkommen 
normales  Aussehen  bewahrt.  Die  Versuche  mit  Injektionen  in  die 
Milz  zeigten,  daß  sich  die  Unschädlichkeit  grosser  Dosen  des  in  den 
Verdauungstraktus  eingeführten  Giftes  aus  der  Retention  des  Cholera- 
giftes durch  die  Leber  nicht  erklären  läßt. 

Eine  sachliche,  auf  Nachprüfung  basierte  Kritik  der  Emmerich 
und  T s u b o i ’schen  Nitritintoxikationstheorie  schließt  die  lesenswerte 
Arbeit.  Kral  (Prag). 

Blachstein,  A.,  Ueber  die  Virulenz  des  Kommabacillus 
in  ihrer  Beziehung  zum  Nährboden.  (Berliner  klinische 
Wochenschrift.  1894.  No.  17.) 

Die  in  der  Bakteriologie  vielfach  benutzte  Peptonbouillon  ist 
ein  durchaus  konventioneller  Nährboden,  ohne  zugleich  auch  in  ver- 
schiedenen Fällen  ein  gleichmäßiger  zu  sein.  Dieselbe  kann  1)  Körper 
enthalten,  welche  dem  Wachstume  der  Bakterien  förderlich  sind,  ohne 
einen  Einfluß  auf  deren  Virulenz  zu  besitzen;  2)  wichtige  Körper 
entbehren,  deren  Anwesenheit  die  Virulenz  im  positiven  Sinn  beein- 
flussen würde,  die  aber  nicht  notwendigerweise  für  das  Wachstum 
der  Bakterien  von  Belang  sind  und  3)  Körper  enthalten,  die  für 
Wachstum  und  Virulenz  gleich  überflüssig  sind.  Einen  bestimmt 
charakterisierten  Nährboden  aufzubauen,  ist  das  Ziel  des  Verf. ’s,  der 
in  dieser  Hinsicht  besonderen  Wert  auf  die  Salze  legt.  Als  Grund- 
lage der  Nährböden  verwendet  Blachstein  eine  2 proz.  Pepton- 
lösung (Peptonum  siccum  Witte).  Zunächst  wurde  untersucht,  in- 
wiefern die  Salze  (Natriumphosphat,  Kochsalz,  Magnesiumsulfat  und 
Salpeter)  auf  das  Wachstum  der  Cholerabacillen  von  Einfluß  sind. 
In  einer  mit  1/2  Proz.  Natriumphosphat  versetzten  Peptonlösung 
wachsen  die  Kommabacillen  ebenso  schnell  als  in  Peptonbouillon. 
Die  Häutchenbildung  tritt  hier  sicher  und  schnell  auf.  Langsameres 
Wachstum  geht  vor  sich,  wenn  der  Peptonlösung  zugesetzt  wurden 
I Proz.  Magnesiumsulfat  oder  Vs — 3 Proz.  Kochsalz,  während 
spärlichstes  Wachstum  die  Salpeterlösung  zuließ,  in  welcher  auch 
bei  Konzentration  von  1 — 3 Proz.  niemals  Häutchenbildung  be- 
obachtet wurde.  Keine  dieser  Kulturen  zeigte  vom  Unterhautzell- 
gewebe aus  irgend  einen  Einfluß  auf  Mäuse  oder  Meerscheinchen, 
gleichgiltig,  ob  mit  2-  oder  20-tägigen  Kulturen  operiert  wurde.  Ganz 
andere  Resultate  ergeben  sich,  wenn  man  die  Cholerakultur  mit 
Salpeter  und  einem  der  genannten  Salze  in  Berührung  bringt.  Die 
ersten  positiven  Resultate  erhielt  Verf.  mit  einer  frischen  Cholera- 
kultur, die  auf  folgenden  Nährböden  gehalten  wurde:  Nähr- Agar 
20  Tage  lang,  Peptonlösung  + 1 Proz.  Salpeter  6 Tage,  Pepton-Agar 
+ l/2  Proz.  Natriumphosphat  1 Tag,  Peptonlösung  V2  Proz.  Natrium- 
phosphat 1 Tag.  Derart  behandelte  Kulturen  töteten  Mäuse  und 
Meerschweinchen  in  1 — 2 Tagen  bei  subkutaner  Injektion  von  0,3  ccm 
bezw.  2,0  ccm.  Beläßt  man  in  der  Versuchsreihe  die  Kultur  nicht 
wie  im  vorstehenden  Falle  1 Tag  auf  der  Peptonphosphatlösung, 
sondern  z.  B.  6 Tage  lang,  so  verliert  sie  ihre  Virulenz.  Die  vor- 
beschriebenen Versuche  wiederholte  Verf.  mit  einer  2 Jahre  alten 


916 


Cholera. 


Cholerakultur,  die  volle  W'achstumsenergie  zeigte,  ohne  aber  Tiere 
mit  derselben  infizieren  zu  können.  Um  die  Virulenz  der  Kultur 
wieder  herzustellen,  genügt  der  Zusatz  eines  Eisensalzes  zu  dem 
Phosphatnährboden.  Es  sei  hier  eingefügt,  daß  das  Natriumphosphat 
in  der  Peptoulösung  einen  Niederschlag  von  Dicalciumphosphat  er- 
zeugt, den  man  aber  durch  Zusatz  einer  geringen  Menge  einer 
koncentrierten  Lösung  von  Ammoniumcitrat  zum  Verschwinden  bringen 
kann.  Giebt  man  in  100  ccm  einer  danach  bereiteten  Peptonphosphat- 
lösung 1 ccm  einer  kaltgesättigten  Lösung  von  schwefelsaurem 
Eisenoxydulammoniak , so  bleibt  erstere  vollständig  klar.  Stellte 
Verf.  nun  mit  der  alten,  nicht  mehr  virulenten  Cholerakultur  folgende 
Kulturreihe  an:  1/2  Proz.  Peptonphospbatlösung  2 Tage,  3 Proz. 
Peptonnitratlösung  9 Tage  und  1/2  Proz.  Peptonphosphatlösung  mit 
Zusatz  von  Eisensalz,  so  starben  die  mit  derselben  subkutan  geimpften 
Mäuse  innerhalb  von  24  Stunden.  In  den  Leichen  wurden  die 
Kommabacillen  bei  allen  20  angestellten  Versuchen  durch  die  Kultur 
nachgewiesen.  Die  neu  erworbene  Virulenz  der  Kulturen  hält  sich 
nur  einige  Tage  lang.  Nimmt  man  die  Virulenz  der  Ausgangskultur 
mit  0 an,  so  beträgt  die  erzielte  Virulenz,  nach  Bering’schem 
Maße  gemessen,  für  Mäuse  etwa  100,  für  Meerschweinchen  etwa  150. 
An  Stelle  des  anorganischen  Eisensalzes  substituiertes  Hämoglobin 
ist  nicht  imstande,  die  verlorene  Virulenz  der  Ausgangskultur 
zurückzurufen.  Verf.  trennt  im  Anschlüsse  an  seine  Versuche  3 Arten 
von  Virulenz  scharf  von  einauder:  1)  die  indifferente  Virulenz. 
Der  K om mabacillus  verhält  sich  in  seinem  Nährboden  dem  Tiere 
gegenüber  wie  ein  harmloser  Saprophyt.  So  z.  B.  der  Komma- 
bacillus in  der  Peptonbouillon.  2)  Die  latente  Virulenz.  Der 
Kommabacillus  ist  in  seinem  Nährboden  dem  Tiere  gegenüber 
vom  ünterbautzellgewebe  aus  nicht  virulent;  er  hat  aber  die  sehr 
wichtige  Fähigkeit  erlangt,  virulent  zu  werden.  Der  Komma- 
bacillus ist  in  seinem  Nährboden  zu  einer  echten  Infektions- 
quelle geworden.  So  der  Kommabacillus  in  Nitrat-Pepton wasser. 
3)  Die  freie  oder  aktive  Virulenz.  Der  Kommabacillus  ist 
in  seinem  Nährboden  als  ein  infektiöses  Agens  zu  betrachten 
und  verhält  sich  als  solches  dem  Tiere  gegenüber  vom  Unterhaut- 
zellgewebe aus  wie  ein  pathogener  Organismus.  So  verhält  sich 
die  junge  Phosphat-  resp.  Phosphat-Eisenkultur,  die  mit  Komma- 
bacillen hergestellt  worden  ist,  die  aus  einer  Nitratkultur  kommen. 
Hiermit  ist  der  Kreislauf  der  Virulenz  abgeschlossen,  denn  die  aktive 
Virulenz  fällt  von  selbst  in  die  indifferente  Virulenz  zurück.  Den 
Ort  der  latenten  Virulenz  sucht  der  Verf.  außerhalb  des  Körpers; 
der  Uebergang  zur  aktiven  Virulenz  wird  wohl  im  Darmkanale  selbst 
geschehen.  Diese  Vermutung  hat  ein  von  Metschnikoff  am 
Menschen  angestellter  Versuch  geweckt.  Ein  19-jähriger  Mann  er- 
hielt in  nüchternen  Magen  50  ccm  einer  2-proz.  Sodalösung  und 
hierauf  1/3  des  Inhalts  einer  20-stündigen  Cholerakultur,  die  auf 
Agar  gezüchtet  war  und  für  Tiere,  selbst  in  großen  Mengen,  nicht 
pathogen  erschien.  Die  Versuchsperson  erkrankte  an  typischer  Cholera 
und  entleerte  virulente  Cholerabacillen,  die  am  2.  und  5.  Kraukheits- 
tage  aus  den  Entleerungen  gewonnen  wurden.  Am  17.  Tage  hatten 


Rotz. 


917 


diese  ihre  Virulenz  wieder  verloren.  Die  Virulenz  des  Komma- 
bacillus ist  also  nach  Verf.  lediglich  eine  Funktion  des  Nährbodens. 

Gerl  ach  (Wiesbaden). 

Seiuiner,  E.,  U eber  gutartige  h eilbare  F ormen  des  Rotzes. 

(Deutsche  Ztschr.  f.  Tiermedizin  Bd.  XX.  No.  1.) 

Verf.  konstatiert  zunächst  an  der  Hand  der  bisher  in  der  Fach- 
litteratur  mitgeteilten  Fälle  vou  Heilungen  der  Rotzkrankheit,  daß 
dieselben  ausschließlich  in  südlichen  Ländern  beobachtet  worden  sind, 
während  der  Rotz,  in  welcher  Form  er  auch  auftreten  möge,  in  Mittel- 
und Nordeuropa  im  großen  Ganzen  als  unheilbar  betrachtet  wird. 
Dieselbe  Beobachtung  machte  Verf.  in  Rußland.  Auch  hier  erwies 
sich  der  Rotz  in  den  südlichen  Gegenden,  wo  er  sehr  verbreitet  ist, 
als  eine  Krankheit  relativ  unschuldigen  Charakters,  bei  der  die  spontane 
Heilung  durchaus  nicht  zu  den  Seltenheiten  gehört,  während  er  im 
Norden  den  bekannten  bösartigen  Charakter  nicht  verleugnet. 

S.  führt  aus,  wie  er  zunächst  auf  experimentellem  Wege  die 
Ueberzeugung  von  der  Heilbarkeit  mancher  Rotzfälle  erlangt  hat,  um 
darauf  seine  Beobachtungen  gelegentlich  der  in  Rußland  ausgeführten 
Malle'inimpfungeu  zu  schildern  und  die  sich  daraus  ergebenden  Schlüsse 
in  Bezug  auf  die  spontane  sowie  die  experimentelle  Heilbarkeit  des 
Rotzes  eingehend  zu  erörtern. 

Er  äußert  sich  in  seinen  sehr  interessanten  Schilderungen  etwa 
wie  folgt:  Nachdem  die  Versuche,  einige  Fälle  chronischen  Rotzes 
bei  russischen  Kavalleristen  durch  Anwendung  grauer  Quecksilber- 
salbe und  Jodpräparate  zu  heilen,  von  Erfolg  gekrönt  worden  waren, 
gelang  es  später  Helm  an,  ein  rotziges  Pferd  durch  wiederholte 
Malleininjektionen  zu  heilen  und  gegen  wiederholte  Impfungen  mit 
virulentem  rotzigem  Materiale  vollkommen  immun  gegen  Rotz  zu  machen. 
Dasselbe  — augenblicklich  im  Kais.  Institute  für  Experimentalmedizin 
zu  Petersburg  zu  verschiedenen  Experimenten  aufgestellt  — giebt 
auf  Malleininjektionen  keine  Reaktion  mehr.  Auf  subkutane  Einver- 
leibung größerer  Mengen  virulenter  Rotzbacillen  entsteht  ein  gut- 
artiger Absceß  und  alsbald  tritt  auf  Malleininjektion  Reaktion  ein, 
die  indes  sofort  nach  Entleerung  des  Eiters  aulhört.  Mit  Blutserum 
dieses  rotzimmunen  Pferdes  konnte  Verf.  bei  Katzen  und  Meer- 
schweinchen die  Disposition  für  RotzerkrankuDgen  verringern,  ebenso 
die  Virulenz  und  Keimfähigkeit  virulenter  Rotzbacillen  abschwächen; 
bei  ausgebrochenem  Rotze  dagegen  gelang  ihm  eine  Heilung  niemals. 
Ebenso  negativ  fielen  die  Versuche  mit  Rinderblutserum  aus.  Wohl 
gelang  es  indes  damit,  bei  einem  lungenrotzigen  Pferde  Besserung  zu 
erzielen  (während  nach  jeder  Malle'fninjektion  wieder  Verschlimmerung 
eintrat);  und  bei  einem  andern  mit  Rinderblutserum  behandelten 
rotzigen  Pferde  wurden  nach  der  Tötung  sämtliche  Rotzprozesse 
in  der  Rückbildung  begriffen  gefunden.  Verf.  hält  demnach  die 
Möglichkeit  der  Heilung  frischer  Rotzprozesse  durch  Rinderblutserum 
nicht  für  ausgeschlossen.  Die  interessantesten  Beobachtungen  ergeben 
sich  jedoch  in  Bezug  auf  die  Heilbarkeit  gewisser  Rotzerkrankungen 
bei  den  vor  einer  Kommission,  der  auch  der  Verf.  angehörte,  an  700 
Pferden  einer  verseuchten  Reserve-Kavallerie-Brigade  im  Gouvernement 

58 


XV.  Bd. 


918 


Rotz. 


Charkow  ausgeführten  Malleinimpfungen.  Im  Laufe  des  vorigen 
Jahres  waren  in  dieser  Brigade  bereits  52  Pferde  wegen  hochgradiger 
Rotzerkrankung  getötet  worden.  [Jeber  diese  Impfungen  teilt  Ycrf. 
folgendes  mit:  Zur  Impfung  wurde  Bouillon- M allein  benutzt, 
das  unter  Leitung  des  Verf.’s  von  seinem  Gehilfen  Ivresling  im 
Kais.  Institute  für  Experimentalmedizin  hergestellt  wird.  Die  frühere 
Herstellung  aus  Kartotfelkulturen  ist  vollständig  verlassen  worden. 

Der  Gang  der  Herstellung  ist  jetzt  folgender  : Die  Bouillon-Rotz- 
kultur  wird  nach  14-tägigem  Stehen  bei  35—37°  sterilisiert,  nach  dem 
Filtrieren  abermals  sterilisiert  und  von  neuem  mit  virulenten  Rotz- 
bacillen besäet;  diese  Operation  wird  nach  14  Tagen  nochmals  und 
nach  weiteren  14  Tagen  zum  zweitenmal  wiederholt  und  dann  ent- 
giltig  filtriert  und  sterilisiert.  1,0  ccm  dieser  Flüssigkeit  ruft  bei 
rotzigen  Pferden  eine  ausgesprochene,  bei  nicht  rotzigen  keine  Reaktion 
hervor  1). 

Von  den  700  Pferden  der  Brigade  wurden  658  mit  Mallein  be- 
handelt; davon  zeigten  230  eine  ausgesprochene  Reaktion  von  2 — 3°  C 
und  darüber  und  großer  Geschwulst  an  der  Impfstelle,  138  eine 
schwache  Reaktion  (1 — 2°  C)  und  unbedeutende  Geschwulst  und  290 
keine  Reaktion.  Der  größte  Teil  der  stark  reagierenden  Pferde  war 
gut  genährt  und  scheinbar  ganz  gesund.  21  Stück  mit  starker  Reaktion 
und  1 ohne  Reaktion  wurden  getötet ; dies  war  frei  von  Rotz ; bei 
den  andern  fanden  sich  ausnahmslos  unbedeutende  Rotzprozesse,  die 
meist  in  kleinen,  teils  verkästen,  teils  frischen  Rotzknötchen  in  den 
Lungen  und  den  vergrößerten  regionären  Drüsen  und  nur  bei  wenigen 
in  einigen  Knötchen,  Geschwürchen  und  Narben  in  der  Nasenhöhle 
bestanden.  Verf.  betont,  daß  trotz  aller  charakteristischen  Merkmale 
der  Rotzknötchen  Färbungen  sowohl  wie  erfolgreiche  Uebertragungen 
auf  Impftiere  und  Kartoffeln  nicht  geglückt  seien,  daß  es  sich  aber 
trotzdem  um  wirklichen  Rotz  gehandelt  habe. 

Weitere  zwei  von  den  230  Pferden  mit  starker  Reaktion  erkrankten 
nach  3 Wochen  offenkundig  an  Rotz  und  wurden  getötet.  Die 
anderen  blieben  alle  anscheinend  gesund.  Bei  5 von  denselben 
wurden  in  Zwischenräumen  von  3 — 10  Tagen  Injektionen  von  0,5  bis 
1,0  ccm  Mallein  wiederholt,  worauf  jedesmal  Reaktion  eintrat.  Aber 
abgesehen  davon,  daß  Dosen  von  0,5  und  1 cmm  ganz  gleiche 
Reaktion  hervorriefen,  wurde  konstatiert,  daß  die  Reaktion  allmählich 
immer  schwächer  wurde.  Ganz  besonders  aber  hebt  Verf.  hervor, 
daß  unter  den  290  Pferden  ohne  Reaktion  sich  12  Pferde  befanden, 
die  offenkundige  Merkmale  bereits  abgelaufener  Rotzprozesse  auf- 
wiesen, und  deren  mehrere  in  der  That  noch  vor  einiger  Zeit  in  der 
Brigade  Rotzwurmerscheinungen  gezeigt  hatten. 

Verf.  schließt  hieraus,  daß  hier  offenbar  12  Fälle  spontan  ge- 
heilten und  230  Fälle  leichten,  chronischen,  gutartigen,  heilbaren 
Rotzes  vorliegen,  einer  Rotzforra,  die  im  Süden  Rußlands  in  außer- 


1)  Auf  diese  Weise  habe  ich  im  März  v.  J.  bereits  ein  festes  Mallein  hergestellt. 
Es  hat  indes  in  der  Impfpraxis  keine  Vorzüge  erkennen  lassen.  Im  Gegentsil  zeigte 
Mallein,  das  aus  kaum  20  Tage  bebrüteten  Bouillonkulturen  hergestellt  war,  erst  neuer- 
dings bei  einer  Anzahl  durch  Herrn  Landestierarzt  Rudovsky  in  Brünn  ausgeführten 
Impfungen  mit  intensiven  Reaktionen  von  3°  C und  darüber.  (Ref.) 


Rotz. 


919 


ordentlicher  Verbreitung  vorkommt  und  die  in  Rußland  als  süd- 
licher Rotz  bezeichnet  wird  und  mit  jenem  von  den  französischen 
und  italienischen  Autoren  als  heilbaren  bezeichneten  als  ähnlich  oder 
identisch  bezeichnet  werden  muß.  Die  Ursache  der  großen  Verbrei- 
tung des  Rotzes  im  Süden  und  Osten  Rußlands  sieht  Verf.  in  den 
wilden  und  halbwilden  Gestüten,  den  Brutstätten  der  Seuche  und 
in  der  besonderen  Geschäftshandhabung  der  großen  Pferdehändler 
und  der  Remonteure.  Trotz  dieser  großen  Verbreitung  kommen 
Rotzinfektionen  bei  Menschen  äußerst  selten  vor.  Dagegen  ist  die 
Infektiosität  anderen  Pferden  gegenüber  sehr  groß.  Doch  können 
die  infizierten  Pferde  lange  funktionieren,  ja  vollständig  genesen, 
ohne  für  den  Menschen  sonderlich  gefährlich  zu  werden.  Verf.  ist 
der  Ansicht,  daß  bei  dem  südlichen  Rotze  ein  analoges  Verhältnis 
vorliege,  wie  bei  der  Rinderpest,  daß  es  sich  entweder  um  ein  wirk- 
lich abgeschwächtes  Kontagium  oder  um  eine  angeerbte  geringere 
Disposition  oder  größere  Widerstandsfähigkeit  einiger  süd-  und  ost- 
russischer Pferderassen  gegen  Rotz  handle,  daß  indes,  wenn  diese 
rotzigen  Pferde  aus  dem  Süden,  wo  sie  in  dem  milden  Klima  im 
Freien  und  im  Winter  in  leichten  luftigen  Stallungen  gehalten  werden, 
in  die  ungünstigen  klimatischen  Verhältnisse  des  Nordens  kommen, 
die  gutartige  Form  höchstwahrscheinlich  einen  exquisit  bösartigen 
Charakter  annehmen  und  alle  Gefahren  des  Rotzes  mit  sich  bringen 
könne.  (Trotzdem  sollen  auf  die  Entscheidung  einer  Kommission 
sämmtliche  oben  erwähnten,  zum  großen  Teil  offenbar  rotzigen  Pferde 
der  Brigade  zum  Herbste  unter  die  verschiedenen  Kavallerieregimenter 
zur  weiteren  Beobachtung  verteilt  werden.)  (1  d.  Ref.) 

Den  Wert  der  Malleinimpfung  schließlich  hält  Verf.  für  über 
jeden  Zweifel  erhaben.  Das  Mallein  deute  auf  die  geringsten  Spuren 
akuten  oder  gutartigen  Rotzes  hin.  Eine  starke  Reaktion  lasse,  auch 
falls  die  Obduktion  die  Abwesenheit  jeglicher  rotzigen  Veränderungen 
darthue,  viel  eher  den  Schluß  zu,  daß  in  dem  betreffenden  Organis- 
mus thatsächlich  bereits  Rotzbacillen  vorhanden  wären,  mit  anderen 
Worten,  die  Rotzkrankheit  im  Inkubationsstadium  sich  befände,  als 
das  Gegenteil.  In  der  That  haben  Zalainiche  und  Montanö 
in  solchen  Fällen  ohne  irgendwelche  erkennbare  Veränderungen  Rotz- 
bacillen im  interstitiellen  Gewebe  der  Lungen  nachweisen  können. 
Andererseits,  hebt  Verf.  hervor,  lassen  die  Uebertragungsversuche 
auf  kleine  Tiere  beim  chronischen  Rotze  oft  im  Stiche,  so  daß  nur 
die  An  wendung  desMalleins  als  sicheres  diagnostisches 
Hilfsmittel  übrig  bleibt. 

Verf.  kommt  auf  Grund  dieser  Beobachtungen  zu  dem  Schlüsse, 
daß  eine  spontane  sowohl  als  auch  eine  künstliche 
Heilung  des  gutartigen  Rotzes  möglich  ist  und  daß 
ein  inBehandlung  stehendes  rotziges  Pferd  als  geheilt 
betrachtet  werden  kann,  sobald  die  Reaktion  gegen 
Mallein  aufhört. 

Verf.,  offenbar  ein  warmer  Verehrer  des  Malleins,  dessen  Wirk- 
samkeit er  über  allen  Zweifel  erhaben  sieht,  ist  der  Ueberzeugung, 
daß  eine  ausgesprochene  Reaktion  (über  2 0 C und  große  Geschwulst 
an  der  Impfstelle)  unter  allen  Umständen  für  Rotz  spricht,  unbe- 

58* 


920 


Rotz. 


schadet  eines  negativen  Obduktionsergebnisses,  in  welchem  Falle  er  an- 
nimmt, daß  bereits  eine  Einwanderung  von  Rotzbacillen  stattgefunden 
habe,  die  Krankheit  sich  indes  noch  im  Inkubationsstadium  befinde. 
Obgleich  sich  dieser  Schluß  aus  den  vorliegenden  Mitteilungen , in 
denen  nur  von  ca.  21  obduzierten  Pferden  die  Rede  ist,  kaum  ergeben 
dürfte,  so  ist  andererseits  doch  anzunehmen,  daß  der  Verf.  auf  Grund 
eines  sehr  reichhaltigen  Materials  zu  dieser  Ueberzeuguug  gelangt 
ist,  da  die  Tierärzte  fast  ganz  Rußlands  das  Semmer’sche  Mallein 
im  Bedarfsfälle  zu  benutzen  pflegen.  Leider  muß  ich  gestehen,  daß 
ich  auf  Grund  eines  mir  z.  Zt.  vorliegenden  Materials  von  ca.  700 
Impfungen  mit  meinem  Trockenmallei'n  in  Oesterreich  mit  ca.  200  Sek- 
tionen zu  der  Ueberzeugung  gelangt  bin,  daß  schwerlich  alle  Fälle 
so  zu  erklären  sein  dürften.  Vielmehr  ist  es  zweifellos,  daß  einmal 
gewisse  andere  Krankheiten,  z.B.  Lungenentzündung,  Lungenemphysem 
u.  a.  zuweilen  mit  mehr  oder  weniger  charakteristischer  Reaktion  auf 
Mallei'niujektion  antworten,  und  ferner,  daß  auch,  wenn  auch  nur 
selten,  ganz  gesunde  Pferde  zuweilen  reagieren  können1).  Es  sind 
da  eben  individuelle  Einflüsse  maßgebend,  die  auch,  wenn  das  Maliern 
ein  weniger  kompliziert  zusammengesetzter  Körper  wäre,  wie  er  es 
zur  Zeit  noch  ist,  wohl  ebensowenig  aufhören  werden,  eine  Rolle  zu 
spielen,  wie  bei  vielen  Arzneimitteln  mit  bestbekannter  chemischer 
Konstitution. 

Es  genügt  auch  vollkommen,  wenn  einwandsfrei  nachgewiesen 
ist,  daß 

1)  wirklich  rotzkranke  Pferde  stets  auf  Mallei'n  reagieren  — 
und  ein  gegenteiliger  Fall  ist  bis  jetzt  thatsächlich  noch  nicht  vor- 
gekommen. Dies  ist  der  wesentlichste  Punkt. 

2)  Daß  rotzfreie  Pferde  in  der  Regel  nicht  reagieren. 

Sind  dann  wirklich  einmal  ein  paar  Pferde  zuviel  getötet,  so  ist 
das  eine  Bagatelle  im  Vergleiche  zu  dem  großen  Verluste  an  National- 
vermögen, der  mit  der  bisher  geübten  Tötung  der  ganzen  verdächtigen 
Bestände  oder  mit  einer  6-monatlichen  Sperre  verbunden  ist. 

Schließlich  kann  ich  noch  mitteilen,  daß  es  Herrn  Prof.  Schin- 
de lka  in  Wien  gelungen  ist,  auf  Grund  eines  Materials  von  ca.  500 
Impfungen  die  bisher  lediglich  nach  dem  Temperaturgrade  erfolgte 
Beurteilung  der  Reaktionen  durch  Ermittelung  eines  bestimmten  R e- 
aktionstypus  wesentlich  sicherer  zu  machen  — wie  ich  in  Heft  4 
der  Dtschen  Ztschr.  für  Tiermedizin  ausführlich  mitgeteilt  habe  — , 
so  daß  in  Zukunft  noch  manchem  armen  Rößlein,  das  das  individuelle 
Malheur  hatte,  zu  reagieren,  das  Leben  ohne  Gefahr  wird  erhalten 
bleiben  können. 

Erwähnenswert  ist  noch,  daß  Verf.  das  Auftreten  einer  großen 
Impfgeschwulst  mit  zu  den  charakteristischen  Reaktionserscheinungen 
zählt,  ein  Schluß,  zu  dem  die  Versuche  mit  meinem  Mallein  in  Oester- 
reich sowohl,  wie  auch  mit  Preuße’schem  und  Johne’schem  Mallein 
in  Deutschland  bisher  nicht  berechtigen  dürften. 


1)  cf.  Foth,  Ueber  die  praktische  Bedeutung  des  trockenen  Malleins  (Malleinum 
siccum).  (Dtsche  Ztschr.  f.  Tiermedizin  u.  vergl.  Pathologie.  Bd.  XX.  No.  4.) 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


921 


Zum  Schlüsse  sei  noch  auf  die  im  Interesse  der  richtigen  Be- 
urteilung des  diagnostischen  Wertes  der  Malleinimpfungen  bedauer- 
liche Lücke  hingewiesen , daß  von  den  in  der  Abhandlung  ange- 
führten 138  Pferden  mit  schwacher  Reaktion  (1 — 2°C)  kein  einziges 
obduziert  worden  ist. 

Das  hätte  einen  schönen  Beitrag  zur  Malleinfrage  gegeben. 

F o t h (Königsberg  i.  Pr.). 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Körber,  B.,  Studien  über  die  Verteilung  der  Bakterien- 
kolonieen  in  Esmarch’schen  Rollröhrchen.  [Aus  dem 
hygienischen  Institute  der  Universität  Dorpat.]  (Ztschr.  f.  Hygiene. 
Bd.  XVI.  p.  513.) 

Die  Resultate  der  ungemein  fleißigen  Arbeit,  bezüglich  deren 
Details  auf  das  Original  verwiesen  werden  muß,  lassen  sich  nach 
Verf.  in  folgende  Sätze  zusammenfassen: 

1)  Die  Verteilung  der  Keime  in  Erde  und  auch  in  gut  ge- 
schütteltem WTasser  ist  eine  gleichmäßige,  sofern  Abweichungen  bis 
zu  3 Proz.  bei  einer  quantitativen  Bestimmung  zugelassen  werden, 
denn  nach  den  Lehren  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  ist  dieser 
Betrag  von  3 Proz.  Abweichung  gerade  von  der  Größe,  wie  er  bei 
einer  völlig  zufälligen  Verteilung  zu  erwarten  ist. 

2)  Das  Centrifugieren  mittelst  des  vom  Verf.  konstruierten 
Apparates  bedingt  eine  gleichmäßigere  Verteilung  der  Gelatine  im 
Röhrchen,  als  dieses  beim  Rotieren  mit  der  Hand  erreicht  werden 
kann,  auch  wird  der  unvermeidliche  Fehler  in  der  Verteilung  der 
Gelatine  bei  nicht  vollkommen  horizontaler  Lagerung  der  Röhrchen 
besser  ausgeglichen. 

3)  Differenzen  in  den  Mittelzahlen  von  mehr  als  ±_  4 Proz.,  die 
aus  Gläschen  berechnet  waren,  welche  mit  den  Fingern  rotiert  waren, 
können  durch  Eigentümlichkeiten  des  Versuchsglases  oder  fehlerhafte 
Lagerung  während  des  Rotierens  bloß  vorgetäuscht  werden,  indem 
die  Quadrate  zum  Auszählen  nicht  an  der  richtigen  Stelle  gewählt 
wurden  oder  zu  wenig  Quadrate  berücksichtigt  wurden.  Ein  abermaliges 
Durchzählen  an  einer  anderen  Stelle  des  Gläschens  oder  die  Berück- 
sichtigung einer  größeren  Zahl  von  Quadraten  würde  die  scheinbare 
Abweichung  aufdecken. 

4)  Bei  centrifugierten  Röhrchen  genügt  ein  Auszählen  von 
10  Proz.  aller  im  Röhrchen  vorhandenen  Quadrate  zur  Ermittelung 
des  richtigen  Mittels.  Diese  Quadrate  müssen  jedoch  an  der  richtigen 
Stelle  ausgewählt  sein. 

5)  Beim  Centrifugieren  der  gewöhnlich  im  Handel  vorkommenden 
Reagenzgläser  werden  die  Quadrate  zum  Auszählen  beim  Uebergange 
des  mittleren  Teiles  in  die  beiden  Endteile  liegen  und  werden  die 


922 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


aus  solchen  Gläschen  berechneten  Totalsummen  um  so  besser  über- 
einstimmen, je  regelmäßiger  die  Gestalt  der  Gläschen  ist. 

6)  Der  Hauptfehler  der  käuflichen  Reagenzgläser  besteht  darin, 
daß  sich 

a)  ihr  innerer  Durchmesser  im  Verlaufe  des  Röhrchens  ändert; 

b)  daß  der  Querschnitt  keinen  Kreis,  sondern  ein  Oval  darstellt; 

c)  daß  alle  Röhrchen  eine  Drehung  um  ihre  Längsachse  besitzen. 

Alle  3 Fehler  werden  wahrscheinlich  während  des  Zuschmelzens 

der  Kuppe  zustande  gebracht. 

8)  Bei  Röhrchen  mit  sich  gleichbleibendem  inneren  Durchmesser, 
kreisförmigem  Querschnitte,  flachem  Boden  und  steil  verengtem  Halse 
müßte  die  Verteilung  der  Gelatine  nach  dem  Centrifugieren  eine 
völlig  gleichmäßige  in  allen  Teilen  des  Röhrchens  sein  und  könnte 
das  Auszählen  von  Quadraten  an  jeder  beliebigen  Stelle  des  Röhr- 
chens erfolgen  und  müßte  eine  geringere  Zahl  von  Quadraten  zur 
Berechnung  des  Mittels  genügen.  Gerl  ach  (Wiesbaden). 

Maassen,  A.,  Beiträge  zur  Differenzierung  einiger  dem 
Vibrio  der  asiatischen  Cholera  verwandter  Vibrionen 
und  kurze  Angaben  über  eiweißfreie  Nährböden  von 
allgemeiner  Anwendbarkeit.  (Arbeiten  a.  d.  Kaiserl.  Ge- 
sundheitsamte. Bd.  IX.  1894.  p.  401 — 404.) 

Zur  Untersuchung  gelangten  14  größtenteils  aus  Hamburg  stam- 
mende choleraähnliche  Vibrionen,  welche  sich  im  Wachstume  auf  ge- 
wöhnlicher Gelatine  nur  unwesentlich  vom  Koch’ sehen  Vibrio 
unterscheiden  und  von  denen  nur  8 das  charakteristische  Leuchten 
zeigten.  Dagegen  fand  Verf.,  daß  sämtliche  in  Frage  kommenden 
Vibrionen  die  Fähigkeit  besaßen,  auf  geeigneten  zuckerhal- 
tigen Nährböden  innerhalb  kurzer  Zeit  starke,  meist  fal- 
tige Häute  zu  bilden.  Diese  Eigenschaft  wird  bedingt  durch  die 
Zusammensetzung  des  Nährbodens,  dessen  Alkali-  und  Kochsalzge- 
halt und  auch  durch  die  Temperatur.  Besonders  üppig  gestaltet  sich 
die  Hautbildung  in  Nährbouillon  mit  reichlichem  Eiweiß-(Serum-)Ge- 
balte,  welche  neben  Zusätzen,  wie  Glycerin,  Rohrzucker,  Milchzucker, 
noch  5 — 10  Proz.  Serum  enthielt.  Auf  solcher  Bouillon  — deren 
Herstellung  und  Eigenschaften  genau  beschrieben  werden  — tritt  die 
Hautbildung  bei  geeignetem  Alkaligehalte  und  bei  einer  Temperatur 
von  37,5°  meist  schon  nach  einem  Tage  auf,  wobei  der  Nähr- 
boden allmählich  schwach  sauer  wird.  Nach  10 — 14  Tagen, 
höchstens  3 Wochen  ist  diese  saure  Reaktion  in  eine  stark  alka- 
lische umgeschlagen,  die  vorher  milchige  Flüssigkeit  hellt  sich  auf 
und  es  wird  reichlich  Indol  gebildet.  „Bei  Cholerabakterien 
konnte  bis  jetzt  auf  Zuckernährböden  eine  Indolbil- 
dung und  nachheri  g es  Wiedereintreten  deralkalischen 
Reaktion  nicht  beobachtet  werden.“ 

Aehnlich  unterschieden  sich  die  untersuchten  Vibrionen  vom 
Koch' sehen  Vibrio  im  Wachstume  auf  vollkommen  eiweiß- 
und  pepton freien  Nährböden.  Bei  der  Herstellung  dieser 
Lösungen  ging  Verf.  von  einer  „Normalnährsalzlösung“  aus, 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  923 


welche  in  ihren  einzelnen  Bestandteilen  nach  bestimmten  Regeln  ver- 
ändert werden  kann. 

Die  Zusammensetzung  der  „Nor mall ösung“  ist  folgende:  7 g 
Aepfelsäure  werden  in  etwa  100  ccm  H20  gelöst  und  mit  reinem 
KOH  neutralisiert.  Die  Lösung  wird  mit  destilliertem  H20  auf  1 1 
verdünnt  und  ihr  10  g fein  gepulvertes  Asparagin,  0,4  g Magnesium- 
sulfat, 2,0  g sekund.  Natriumphosphat  und  2,5  g krystall.  reine  Soda 
zugesetzt.  Nach  vollkommener  Lösung  dieser  Salze  wird  noch  0,01  g 
trockenes  Calciumchlorid  zugefügt. 

In  dieser  Normallösung  kann  die  Aepfelsäure  durch  (Vio  äquiva- 
lente Mengen)  andere  als  Nährstoffe  verwendbare  organische  Säuren, 
das  Kali  durch  Natron,  das  Asparagin  durch  das  Ainmoniaksalz  einer 
anorganischen  oder  organischen  Säure,  durch  verschiedene  stickstoff- 
haltige organische  Körper:  Amide,  Amidosäuren,  Harnstoff,  Kreatin 
ersetzt  werden;  der  Sodazusatz  kann  verändert,  die  Wassermenge 
vermehrt  werden. 

Zu  der  eigentlichen  Nährlösung  gelangt  man,  wenn  man  der 
Normallösung  gewisse  assimilierbare  Kohlenstoffverbiiulungen,  z.  B. 
Mannit  oder  andere  Zuckerarten,  Aethylenglykol,  Glycerin  oder  Dextrin 
zusetzt.  Hierdurch  ist  die  Methode  zur  Bereitung  einer  unbeschränkten 
Anzahl  rationell  konstituierter,  eiweißfreier  Nährböden  gegeben. 

In  derartigen  Nährlösungen  mit  wechselndem  Gehalte  an  Rohr- 
zucker, Milchzucker,  Maltose,  Galaktose,  Traubenzucker  oder  Dextrin 
zeigten  die  hautbildenden  Vibrionen  üppige  Entwickelung  und  starke 
Hautbildung  innerhalb  24  Stunden.  Die  Häute  bekamen  nach 
einigen  Tagen  ein  dickfaltiges  Aussehen,  die  anfangs  wasserhelle 
Flüssigkeit  färbte  sich  gelb  bis  gelbbraun,  die  Reaktion  verän- 
derte sich  genau  wie  in  der  Zucker-  Serumbouillon.  Auf  Zusatz 
von  Pepton  konnte  nach  Wiedereintritt  der  alkalischen  Reaktion  auch 
Indolbildung  beobachtet  werden. 

Die  1 euchtfähi gen  Vibrionen  zeigten  in  den  eiweiß- 
freien Nährlösungen  nach  18  Stunden  sehr  starkes 
Leuchten.  Busse  (Berlin). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Vielguth,  Ferd.,  Vorschlag  zur  Choleradesinfektion. 
(Wiener  medizinisch  - chirurgisches  Centralblatt.  Jahrg.  XXVIII. 
No.  32.) 

Die  Arbeit  enthält  Betrachtungen  über  die  Wirkungsweise  der 
Cholerabacillen  und  Vorschläge  zur  Choleratherapie.  In  Anlehnung 
an  Hueppe’s  „hervorragende“  Forschungen,  glaubt  der  Verf. 
in  einer  früheren  Arbeit  den  Beweis  geführt  zu  haben,  daß  die 
Choleragifte  in  Nitriten,  Isobutylcyanid,  Propylcyanid  etc.  bestehen 
(Ozonisierung  des  Ammoniaks  zu  salpetriger  Säure).  Verf.  unter- 


924  Schutzimpfung',  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


suchte  uun  in  alkalischer  und  saurer  Unterlage  das  Verhalten  der 
Nitrile  zu  einer  Reihe  von  anderen  chemischen  Verbindungen.  Es 
erwiesen  sich  ihm  nach  vielen  Hin-  und  Herversuchen  das  Natrium 
dithiosalicylicum  II  und  das  Jodäthyl  am  tauglichsten.  Das  erstge- 
nannte Mittel  wird  der  Flüssigkeit  zugesetzt,  die  entweder  intravenös 
oder  subkutan  dem  Körper  eiuverleibt  werden  soll.  Ist  dies  ge- 
schehen, so  wird  gleich  darauf  eine  subkutane  Einspritzung  von  Jod- 
äthyl camphor.  gemacht.  Zur  Vernichtung  der  Cholerabacillen  wird 
gleichzeitig  Bismuth.  tribrom  phenolic.  und  als  Antidiarrhoicum  Der- 
matol angewendet.  Gegen  das  Erbrechen  wird  Cocain  per  os 
gegegeben.  Ferner  empfiehlt  der  Verf.  die  Tanninenteroklyse. 
Zur  Entfernung  gewisser  Ammoniakverbindungen  des  Darmes  soll 
frisch  hergestelltes  Magnes.  phosphoric.  solubilis  dienen,  zur  Ver- 
nichtung der  Fäulnisbakterien  des  Darmes  wird  noch  Benzonaphthol 
zugesetzt.  Zur  Zersetzung  der  Nitrite  wird  Glycocoll-Natron-Tartrat 
empfohlen.  Schließlich  bespricht  Verf.  noch  die  klinischen  Eigen- 
schaften der  von  ihm  empfohlenen  Mittel.  Der  Verf.  hat  über  die 
Brauchbarkeit  dieser  Mittel  bei  der  Cholera  keine  Erfahrungen,  er 
empfiehlt  sie  nur  auf  Grund  von  chemischen  Erwägungen.  Seine 
Therapie  ist  ein  Mädchen  für  Alles.  Er  batte  bei  den  bisherigen 
Angaben  die  Cholerabacillen  als  Oxydationsmikrobien  hiugestellt. 
Sollten  sie  sich  doch  als  Reduktionsmikrobien  bewähren,  so  tritt 
statt  der  Anwendung  von  subkutanen  Injektionen  mit  Jodäthyl- 
camphor.,  die  von  Magnes.  phosphor.  solub.  pulver.  per  os  ein. 

Knüppel  (Berlin). 

Huberwalcl,  Zur  Behandlung  der  Cholera.  (Jahrbuch  für 
Kinderheilkunde.  Bd.  XXXV.  H.  3.  p.  245 — 250.) 

Verf.  briugt  seine  bereits  1874  empfohlene  Chininbehandlung  bei 
Cholera  und  choleraähnlicher  Diarrhöe  wieder  in  empfehlende  Er- 
innerung. Für  die  leichteren  Fälle  giebt  er  0,1  pro  dosi  zweistündlich 
und  0,8  pro  die.  Bei  schweren  Fällen,  die  durch  Erbrechen  kom- 
pliziert sind  oder  wo  die  Resorption  verhindert  ist,  rät  er  neuerdiDgs 
zur  Anwendung  von  Chinin  muriat.  carbamidat.,  von  diesem  wird 
0,8— 1,0  in  1 ccm  Wasser  gelöst,  subkutan  injiziert.  Es  macht  keine 
lokalen  Reaktionen  und  ist  daher  anderen  Cbininverbindungen  vor- 
zuziehen. Hauser  hatte  bei  der  Chininbehandlung  nur  40  Proz. 
Mortalität,  trotzdem  er  nur  schwere  Fälle  behandelte.  Die  Statistik 
des  Verf.’s  ist  noch  günstiger.  Neben  dem  Chinin  soll  nichts  Anderes 
gegeben  werden,  da  durch  viele  andere  Medikamente  die  Wirkung 
des  ersteren  beeinträchtigt  wird.  O.  Voges  (Danzig). 

Ehrlich,  Kossel  und  Wassermann.  Ueber  Gewinnung  und 
Verwendung  des  Diphtherieheilserums.  [Aus  dem  In- 
stitute für  Infektionskrankheiten  zu  Berlin.]  (Dtsch.  med.  Wochen- 
schrift. 1894.  No.  16.) 

In  ihren  im  Einverständnis  mit  Behring  unternommenen  Ver- 
suchen bedienten  sich  die  Verff.  zur  Serumgewinnung  neben  einer 
Kuh  hauptsächlich  der  Ziegen,  welche  sie  als  sehr  empfänglich  für 
Diphtheriegift  und  besonders  widerstandsfähig  gegen  die  zur  Immuni- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  925 

sieruiig  notwendigen  Eingriffe  erkannt  hatten.  Außer  dem  Serum 
wurde  auch  die  Milch  der  immunisierten  Tiere  für  heilkräftte  be- 
funden. 

Die  Immunisierungsmethode  bestand  in  der  Einverleibung  all- 
mählich steigender  Mengen  von  anfangs  abgetöteten,  später  virulenten 
Diphtheriekulturen.  Die  Wirksamkeit  des  Serums  wurde  geprüft, 
indem  eine  bestimmte  Menge  desselben  (0,4 — 0,2  g und  weniger)  mit 
0,8  ccm  eines  aus  älteren  Diphtheriebacillenkulturen  durch  Zusatz 
von  1/2  Proz.  Phenol  gewonnenen  Giftes,  dessen  tödliche  Minimaldosis 
0,3  : 1000  g Tiergewicht  betrug,  gemischt  und  nach  entsprechenden 
Zusatz  von  physiologischer  Kochsalzlösung  im  Volumen  von  4 ccm 
Meerschweinchen  subkutan  injiziert  wurde.  Aus  der  bis  zum  2.  Tage 
bei  den  Tieren  eingetretenen  bezw.  ausgebliebenen  Wirkung  ließ  sich 
beurteilen,  ob  und  bis  zu  welchem  Grade  eine  Giftzerstörung  statt- 
gefunden hatte. 

Nach  Behring  wurde  ein  Serum,  von  dem  0,1  ccm  die  erwähnte 
Giftdosis  von  0,8  ccm  vollständig  zu  neutralisieren  vermochte,  als 
einfach  Normalantitoxin  bezeichnet.  Es  gelang  den  Verff,  Serum  zu 
gewinnen,  das  eine  Wirkungskraft  von  60  Immunisierungseinheiten 
(I.  E.)  besaß. 

Mit  den  besten  Serumsorten  wurde  im  Elisabeth-Krankenhause, 
Lazarus-Krankenhause,  den  städtischen  Krankenhäusern  Friedrichs- 
hain, Moabit  und  Urban  und  im  Institute  für  Infektionskrankheiten 
Heilversuche  an  Kindern  unternommen,  und  zwar  wurden  ohne  Aus- 
wahl alle  zur  Aufnahme  gekommenen  Kinder  der  spezifischen  Be- 
handlung unterworfen.  Von  220  (davon  67  tracheotomierten)  Kindern 
wurden  75,4  (55,1)  Proz.  geheilt,  während  23,6  (44,9)  Proz.  starben. 
Von  6 am  ersten  Krankheitstage  in  Behandlung  gekommenen  Kindern 
wurden  100  Proz.,  von  66  (9)  des  2.  Tages  97  (77,7)  Proz.,  von  29 
(8)  des  3.  Tages  86  (87,5)  Proz.,  von  39  (14)  des  4.  Tages  77  (71,4) 
Proz.  und  von  23  (10)  Proz.  des  5.  Tages  56,5  (40)  Proz.  geheilt. 
Während  den  Verff.  von  72  in  den  beiden  ersten  Tagen  zur  Behand- 
lung gelangten  Kindern  nur  zwei  starben,  betrug  nach  einer  älteren, 
gleichfalls  auf  72  Fälle  ausgedehnten  entsprechenden  Statistik  ohne 
Serumbehandlung  die  Mortalität  34,7  Proz. 

Von  den  in  der  Behandlung  verstorbenen  52  (30)  Kindern  waren 
erlegen:  der  Sepsis  12  (4),  der  Pneumonie  30  (23),  Nachkrankheiten, 
wie  Nephritis  und  Herzschwäche  8 (2)  und  der  Miliartuberkulose 
2 (1).  Der  Tod  erfolgte  in  6 Fällen  noch  am  Tage  der  Einlieferung, 
in  12  am  ersten,  in  8 am  zweiten  Tage  darauf.  Der  ungünstige 
Ausgang  wäre  nach  Ansicht  der  Verff.  in  einigen  der  übrigen  26 
Fälle  vielleicht  abzuwenden  gewesen,  wenn  nicht  mit  dem  Serum  in 
Ermangelung  größerer  Vorräte  hätte  sehr  sparsam  umgegangen  werden 
müssen.  In  vielen  Fällen  hatte  nur  eine  einmalige  Dosis  Heilserum 
von  160 — 200  I.  E.  verabreicht  werden  können. 

Schädliche  Wirkungen  traten  nach  den  Injektionen  niemals  hervor. 
Andererseits  wurde  auch  eine  Beeinflussung  der  Körpertemperatur 
und  des  Pulses  nur  bei  stärkeren  Gaben  (bis  zu  4 Injektionen  von  je 
160 — 200  I.  E.  am  ersten  Tage)  beobachtet. 


926  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


In  30  (16)  Fällen,  welche  im  Elisabethhospital  und  im  Institute 
für  Infektionskrankheiten  mit  wiederholten  Injektionen  behandelt 
wurden,  erfolgte  nur  4 (4)mal  der  Tod.  In  3 dieser  letal  verlaufenden 
Fälle  ergab  die  Sektion  ausgedehnte  Verstopfung  der  tiefen  Bronchien, 
im  4.  Falle  Streptokokken-Pneumonieen  und  Streptokokken-Sepsis. 

Die  Verff.  gelangen  zu  folgenden  Schlußsätzen: 

„1)  Das  Schicksal  der  zu  behandelnden  Kinder  wird  entschieden 
durch  das  Vorgehen  in  den  ersten  3 Tagen  der  Krankheit.  Daher 
ist  das  Serum  sobald  als  möglich  nach  dem  Beginne  der  Krankheit 
zu  injizieren. 

2)  Da  ein  Ueberschuß  von  Antitoxin  im  Körper  der  kranken 
Kinder  erzielt  werden  soll,  so  muß  nach  unseren  Erfahrungen  die  An- 
fangsdosis betragen  bei  leichten  Fällen  mindestens  200  I.  E.,  bei 
schweren  Fällen  und  bei  allen  Trachetomierten  400  I.  E. 

3)  Die  Behandlung  mit  Serum  ist  noch  an  demselben  oder  am 
nächsten  Tage  fortzusetzen,  entsprechend  dem  Verlaufe  des  Fiebers, 
Pulses  und  der  lokalen  Erscheinungen.  Die  Gesamtmengen  können 
je  nach  der  Schwere  des  Falles  500 — 1000 — 1500  I.  E.  betragen.“ 

K übler  (Berlin). 

Behring,  Zur  Diphtherieheilungsfrage.  Aronson,  Zur 
Diphtherieheilungsfrage.  Entgegnung  auf  den  Ar- 
tikel des  Herrn  Prof.  Behring.  Behring,  Bemerkung 
zu  vorstehender  Entgegnung.  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
1894.  No.  15  und  17.) 

Unter  Leitung  Aronson’s  wird,  angeblich  nach  der  von 
Behring  gegebenen  Vorschrift,  in  der  chemischen  Fabrik  Schering 
ein  Präparat  hergestellt,  welches  unter  der  Bezeichnung  „Diphtherie- 
antitoxin“ durch  ein  verschiedenen  wissenschaftlichen  Zeitschriften 
eingelegtes  Cirkular  den  Aerzten  zur  Einführung  in  der  Praxis  em- 
pfohlen wurde.  Behring  hat  hiergegen  Verwahrung  eingelegt, 
indem  er  bekannt  gab,  daß  die  Wirksamkeit  des  käuflichen  Präparats 
um  ein  Mehrfaches  hinter  der  Angabe  der  Fabrik  zurückbleibt  und 
diese  Aussage  auch  der  Entgegnung  A ro  nson  ’s  gegenüber  aufrecht 
erhalten  hat.  Behring  erklärte  es  für  verfrüht,  daß  das  Diphtherie- 
heilmittel der  Oeffentlichkeit  übergeben  wird,  ehe  alles  gethau  ist, 
was  nach  menschlichem  Wissen  einen  Mißerfolg  unmöglich  macht; 
er  bestreitet  es  entschieden,  eine  Antitoxinlösuug  von  der  Konzen- 
tration des  käuflichen  Präparates  für  therapeutische  Zwecke  als  aus- 
reichend erklärt  zu  haben.  K üb ler  (Berlin). 

Aronson,  H.,  Weitere  Untersuchungen  über  Diphtherie 
und  das  Diphtherie-Antitoxin.  I.  Ueber  die  Art  und 
Weise  der  Antitoxinwirkung.  (Berl.  klin.  Wochenschrift. 
1894.  No.  15.) 

Verf.  hat  früher  dargelegt,  daß,  im  Gegensätze  zu  Buchner’s 
Anschauung,  die  durch  Antitoxinzufuhr  erzielte  Immunisierung  wesent- 
lich verschieden  ist  von  der  direkten,  durch  abgeschwächte  Bakterien- 
kulturen resp.  Gifte  erreichbaren,  und  zwar  in  folgenden  wichtigen 
Punkten : 1)  die  durch  Autitoxininjektion  verursachte  Immunität  tritt 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmuog  etc.  927 


momentan  ein ; 2)  durch  genügende  Steigerung  der  Antitoxinmenge 
kann  ein  Schutz  gegen  eine  beliebig  starke  Infektion  erzielt  werden; 
3)  die  Immunisierung  ist  von  keiner  Krankheitserscheinung,  von 
keiner  Reaktion  begleitet;  4)  die  Dauer  der  erzielten  Immunität  ist 
eine  relativ  kurze. 

Die  Versuche,  welche  eine  direkte  Giftzerstörung  durch  Diph- 
therieantitoxin erweisen  sollen,  sind  folgende: 


Meerschweinchen,  383  g Gewicht. 
21.1.94.  0,000025  g Diphth.- 
Antitoxin  in  1 ccm  H,0  gelöst, 
an  der  linken  Bauchseite  in- 
jiziert. 


28.  I.  94.  0,7  ccm  Diph- 
theriegift an  der  rechten 
Bauchseite  subkutan. 


30.  I.  94.  Krank , starke 
Schwellung  an  der  Gift- 
injektionsstelle. 

31.  I.  94.  Tod  nach  72  Stun- 
den. 


Meerschweinchen,  367  g Gewicht. 
27.1.94.  0,000025  g Diphth.- 
Antitoxin  in  1 ccm  H20  gelöst, 
mit  0,7  ccm  Diphtheriegift  ge- 
mischt. Mischung  subkutan 
an  der  rechten  Bauchseite  in- 
jiziert. 


29. 1.  94.  Völlig  munter. 

31.  I.  94.  Keine  Infiltration 
an  der  Injektionsstelle. 

10.  II  94.  Völlig  gesund, 
Haut  überall  glatt. 


Meerschweinchen,  358  g Gewicht. 
27.1.94.  0,000025  g Diphth.- 
Antitoxin  in  1 ccm  H20  gelöst, 
an  der  linken  Bauchseite  sub- 
kutan injiziert. 


28.  I.  94.  0,7  ccm  Diph-  30.  I.  94.  Sitzt  mit  gesträub- 
theriegift  an  genau  der-  ten  Haaren  im  Käfig, 
selben  Stelle  injiziert,  31.  I.  94.  Tod  nach  68  Stun- 
an  der  gestern  das  den. 

Antitoxin  eingespritzt 
wurde. 


Meerschweinchen,  377  g Gewicht. 
Kontrolltier. 


28.  I.  94.  Nachmittags  30.  I.  94.  Früh  tot  aufge- 
0,7  ccm  Diphtheriegift  funden,  noch  warm.  Tod 
subkutan.  nach  ca.  38  Stunden. 


Ueber  die  Darstellung  des  zu  diesen  Versuchen  benutzten  Anti- 
toxins soll  später  Mitteilung  gemacht  werden;  das  Diphtheriegift  ist 
durch  Filtration  einer  mäßig  giftigen,  21/2  Monat  alten  Diphtherie- 
bouillonkultur gewonnen  und  durch  Zusatz  von  0,3  Proz.  Trikresol 
konserviert. 

Aus  der  Tabelle  geht  hervor,  daß  jede  Spur  einer  Vergiftung 
fehlt,  wenn,  wie  bei  dem  zweiten  Falle,  die  Substanzen  vor  der  In- 
jektion gemischt  werden.  Wird  jedoch  dieselbe  Giftmenge  24  Stunden 
später  als  das  Antitoxin  injiziert,  so  ist  zwar  eine  Verlängerung  des 
Lebens  zu  konstatieren,  aber  keine  völlige  Schutzwirkung.  Um  das 
Leben  zu  erhalten,  muß  bei  gesonderter  Injektion  des  Giftes  die 
doppelte  bis  dreifache  Antitoxinmenge  beigebracht  werden.  Giebt 
man  gar  eine  vierfache  Menge  des  Antitoxins,  so  gelingt  es  auch, 
jede  lokale  Reaktion  zu  verhüten.  Das  Diphtherieantitoxin  zerstört 
also  nach  Verf.  das  Gift  und  führt  seinen  Namen  mit  vollem  Rechte. 

Ger  lach  (Wiesbaden). 


928 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Arthur  Wükzburg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Guerin,  A.,  Origine  de  la  doctrine  microbienne  (Gaz.  d.  höpit.  1893.  p.  1259 — 1261.) 

Morphologie  und  Systematik. 

de  Jaczewski,  A.,  Note  sur  le  Puccinia  Peckiana  Howe.  (Bullet,  de  l’herbier  Boissier. 
1894.  p.  142—144.) 

Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  u.  s.  w.) 

Zinno,  A.,  Contributo  allo  Studio  dei  processi  biochimici  dei  batterii  con  speciale  riguardo 
alla  diagnosi  differenziale  tra  varii  microrganismi  simiglianti.  (Riforma  med.  1893. 
pt.  3.  p.  806—810.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Arnould,  J.,  Les  nouveaux  bacilles  courbes  des  eaux.  (Rev.  d’hygiene.  1894.  No.  3. 
p.  222—238.) 

Maljean,  Etüde  bacteriologique  de  l’eau  de  la  ville  de  Chalons-sur-Marne.  (Union  med. 
du  nord-est,  Reims  1893.  p.  265,  295.) 

Mie,  G. , Eine  Modifikation  des  Wolffhügel’scben  Kolonieen-Zählapparates.  (Hygien. 
Rundschau.  1894.  No.  7.  p.  294 — 296.) 

Nahrungs-  und  Genussmittel,  Gebrauchsgegenstände. 

Law,  J.,  Unsuspected  poisoning  by  sterilized  meat  and  milk  of  tuberculous  animals. 
(Med.  Record.  1894.  No.  10.  p.  292—294.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten. 

Bonuzzi,  P.,  L’immunitä  nelle  malattie  infettive  e dell’  influenza  dei  sistema  nervoso 
sull’  immunitä.  (Riv.  veneta  di  scienze  med.  1893.  p.  121,  227.) 

Kerry,  R.  E.,  Ueber  einen  neuen  pathogenen  anaeroben  Bacillus.  (Ztschr.  f.  wissen- 
schaftl.  Veterinärkunde.  1894.  Bd.  V.  No.  2/4.  p.  228 — 234.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Reuß  j.  L.,  Minister.-Verfüg. , die  Anzeigepflicht  bei  ansteckenden  Krankheiten  betr. 
Vom  21  Februar  1894.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  15.  p.  232 
— 233.) 

Malariakrankheiten. 

Baccelli,  A.,  Due  nuovi  casi  di  febbre  malarica  sperimentale.  (Lavori  d.  Congr.  di 
med.  int.  1892,  Milano  1893.  p.  356 — 362.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötheln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 

Chantemesse,  Sur  l’etiologie  du  typhus  exantbömatique.  (Bullet,  et  memoir.  de  la  soc. 

möd.  d.  höpit.  de  Paris.  1893.  p.  618 — 620.) 

Diaz,  J.  J.,  Los  servicios  dei  departamento  nacional  de  higiene.  Conservatorio  de 
vacuna.  (Anal.  d.  departam.  nacion.  de  higiene  1894.  No.  7.  p.  193 — 198.) 

Fox,  T.  C.,  Two  cases  of  generalized  vaccinia.  (Transact,  of  the  clin.  soc.  of  London. 
1892/93.  p.  108—113.) 


Neue  Litteratur.  929 

Polak,  J.,  0 endemji  ospy  w Warszawie  i o profilaktyce  takowej  w zwiazku  z pro- 
filaktyka  choröb  zakaz'nych  w ogölnos'ci.  (Zdrowie.  1894.  No.  100.  p.  2—10  ) 

Eeed,  R H.,  Vaccination.  (Monthly  sanit.  Record,  Columbus  1894.  Vol.  VII.  No.  2/3. 
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Robertson,  Small-pox  problems.  (Public  health,  London  1893/94.  p.  37 — 41.) 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Arnand,  Recherches  sur  l’etiologie  de  la  dysenterie  aigue  des  pays  chauds.  (Compt. 

rend.  de  la  soc.  de  biol.  1894.  No.  10  p.  239 — 241.) 

Brundage,  L . H.,  Disinfection  in  typhoid  fever.  (Monthly  sanit.  Record,  Columbus 
1894.  Vol.  VII.  No.  2/3.  p.  80—94.) 

Calvin,  J.  H.,  Cause  of  typhoid  fever.  (Monthly  sanit.  Record,  Columbus  1894.  Vol.  VII, 
No.  2/3.  p.  77—80.) 

Carter,  H.  R.,  Some  points  in  the  disinfection  of  wooden  vessels  for  yellow  fever. 

(Rep.  of  the  supervis.  surg.-gener.  of  the  marine-hospit.  1891/92,  1893.  p.  107 — 111.) 
Chantemesse,  A.,  L’eau  de  source  et  la  fifevre  typhoide  k Paris.  (Semaine  mdd.  1894. 
No.  27.  p.  215—216.) 

Clayrac  y Blasco,  J.,  La  fiebre  amarilla.  8°.  32  p.  Madrid  1893. 

Herbert,  H , On  the  relation  between  atmospheric  pressure  and  cholera  in  the  Bombay 
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Kuziatin,  D.,  Uebersicht  über  die  Epidemie  der  asiatischen  Cholera  des  Jahres  1892  in 
Batum,  Gouv.  Kutais.  (Yuzhno-russk.  med.  Gaz.  1893.  Vol.  II.  p.  452,  464.) 
[Russisch.] 

Matson,  E.  G.,  Modes  of  propagation  of  typhoid  fever.  (Pittsburgh  med.  Review.  1893. 
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Montefusco,  A.,  Contributo  alla  biologia  del  bacillo  del  tifo.  (Ufficiale  san.  1893. 
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Palmirski,  W.,  Wibryon  miecznikowa  i uodpernianie  zwierzat  przeciwko  niemu  szcze- 
pionkami  bakteryi  choleryi  i odwrotnie.  (Gaz.  lekarska.  1893.  p.  988,  1024.) 
Parisot,  P.,  De  la  contagion  de  la  fievre  typholde.  (Mdmoir.  de  la  soc.  de  med.  de 
Nancy.  1891/92.  p.  60—64.) 

Suchareff,  A.  A.,  Cholera  im  Jahre  1892  im  mittleren  Teil  des  Kasaner  Distrikts  im 
Vergleich  mit  der  Epidemie  des  Jahres  1891  im  Kasaner  Distrikt.  (Dnewn.  obsh. 
wratsch.  pri  imp.  Kazan.  Univ.  1893.  Vol.  II.  p.  119  — 138.)  [Russisch.] 

Wundinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbraud,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Arloing  et  Chantre,  E.,  Etüde  sur  l’origine  raicrobienne  de  l’infection  purulente  chi- 
rurgicale.  (Journ.  de  med.  vdt6r.  et  zootechn.  1893.  p.  449 — 453.) 

Pinard,  A.,  Puerperal  fever,  its  etiology  and  prevention.  (Med.  press  and  circ.  1893. 
p.  471.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrophulose],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

Krankheiten].) 

Flick,  L.  F.,  The  early  recognition  of  tuberculosis.  (Univers.  med.  magaz.  1893/94. 
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King,  G.  and  Newsholme,  A.,  On  the  alleged  increase  of  cancer.  (Proceed.  of  the 
Royal  soc.  of  London.  1893/94.  p.  209 — 242.) 

Lepra  im  Kreise  Memel.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  15.  p.  230.) 
Mazza,  G.,  A proposito  della  sieroterapia  nella  sifilide.  (Giorn.  ital.  d.  malatt.  veneree. 
1893.  p.  158  — 171.) 

Neifser,  E , Ueber  die  Züchtung  der  Gonokokken  bei  einem  Falle  von  Arthritis  gonor- 
rhoica. (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  15  p.  335  — 336.) 

Wolff,  L.,  Die  Syphilis  unter  den  Urvölkern  Amerikas,  mit  besonderer  Bezugnahme  auf 
ihr  Bestehen  daselbst  vor  der  Entdeckung  Amerikas  durch  Columbus.  (Dermatol. 
Ztschr.  1894.  Bd.  I.  Heft  3.  p.  226—233.) 

v.  Zeifsl,  M.,  Gonokokkenbefunde  und  Gonokokkenreinkulturen  aus  dem  Sekrete  eines 
an  Harnröhrentripper  erkrankten  6 Jahre  alten  Knaben.  (Mediz. -Chirurg.  Centralbl. 
1893.  p.  511.) 


930 


Neue  Litteratur. 


Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre, 
Mumps,  Kückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Baccelli,  Polmonite  cmposa.  (Bollett.  d.  elin.,  Milano  1893.  p.  209 — 216.) 

Fischer,  L.,  Did  Stomatitis  diphtberitica  in  an  infant  cause  mastitis  dipbtheritica,  while 
nursing,  by  infection?  (Arch.  of  pediatr.  1894.  p.  18 — 20.) 

TJre,  J.,  Notes  on  a localized  outbreak  of  dipbtheria  in  a London  suburb,  with  remarks 
on  its  pathology  and  diagnosis.  (Australas.  med.  Gaz.  1893.  p.  310 — 316.) 

Gelenkrheumatismus. 

Luc&tello,  L.,  Per  l’etiologia  del  reumatismo  articolare  acuto.  (Lavori  d.  congr.  di  med. 
int.  1892,  Milano  1893.  p.  299.) 

B.  Infektiöse  LokaUerankheiten. 

V erdauungsorgane. 

Babes,  V.,  Ueber  die  durch  Streptokokken  bedingte  akute  Leberentartung.  (Arcb.  f. 

patbol.  Anat.  1894.  Bd.  CXXXVI.  No.  1.  p.  1 — 20.) 

Schultz,  Infizierung  des  Menschen  durch  Stomatitis  pustulosa  contagiosa  des  Pferdes. 
(Wcbschr.  f.  Tierheilk.  u.  Viehzucht.  1894.  No.  19.  p.  201 — 202.) 

Augen  und  Ohren. 

Abadie,  Ch  , De  l’ophtalmie  purulente.  Traitement.  Etiologie.  Prophylaxie.  (Progrfes 
med.  1894.  No.  17.  p.  297—299.) 

Charpentier,  Sur  la  prevention  de  la  cecit4  chez  les  nouveau-nes.  (Bullet,  de  l’acad. 
de  med.  1894.  No.  13.  p.  318—322.) 

Oesterreich.  Erlaß  der  Statthalterei  in  Böhmen  vom  25.  Februar  1894,  betr.  Vor- 
kehrungen gegen  Trachom.  (Oesterreich.  Sanitätswesen.  1894.  No.  13.  p.  111 — 112.) 
de  Speville,  Deux  nouveaux  cas  de  conjonctivite  infectieuse.  (Annal.  d’oculist.  1893. 
p.  185—189.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Aktinomykose. 

Ammentorp,  L.,  Om  aktinomykose.  (Biblioth.  f.  laeger.  1893.  p.  433 — 472.) 

Maul-  und  Klauenseuche. 

Siegel,  Die  Mundseucbe  des  Menschen  und  Maul-  und  Klauenseuche  der  Rinder. 
(Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  18,  19.  p.  400—402,  426—428.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thieren. 

Säugethiere. 

A.  Infektiöse  AUgemeinkrankheiten. 

Stand  der  Tierseuchen  in  Frankreich  im  4.  Vierteljahr  1893.  (Veröflfentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  15.  p.  234 — 235.) 

Tuberkulose  (Perlsucht). 

Nocard,  Tuberculose  chez  les  bovides.  (Recueil  de  möd.  veterin.  1894.  No.  6.  p.  171 
—174.) 

Krankheiten  der  Einhufer. 

(Typhus,  Influenza,  Beschälkrankheit,  Septikämie,  Druse.) 

Galtier,  V.,  Röle  des  fourrages  dans  la  genese  des  pneumo-entSrites  infectieuses  du 
cheval.  (Recueil  de  med.  veterin.  1894.  No.  6.  p.  164 — 166.) 

Rutherford,  C. , Equine  sarcoptic  scabies.  (Journ.  of  comparat.  pathol.  and  therap. 

1893.  p.  227—245.) 

Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

(Rinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälber,  Rauschbrand,  entozootisches  Verkalben.) 

Preußen.  Reg.-Bez.  Marienwerder.  Maßregeln  gegen  die  Einschleppung  der  Rinderpest 
aus  Rußland  betr.  Vom  17.  Februar  1894.  (Veröflfentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A. 

1894.  No.  15.  p.  236—239.) 


Neue  Litteratur. 


931 


Smith,  T.  and  Kilborne,  F.  L.,  Investigations  into  the  nature,  causation  and  prevenlion 
of  Southern  cattle  fever.  (Rep.  of  the  bureau  of  animal  industry.  1891/92,  1893. 
p.  177—304.) 

B.  Entozootisehe  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Anchylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Olt,  Beitrag  zur  Frage  der  Verbreitung  der  Echinokokkenkrankheit  bei  den  Haustieren. 
(Ztschr.  f.  Fleisch-  u.  Milchhygiene.  1894.  No.  7.  p.  131 — 132.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Beach,  S.  A.,  Beau  anthracnose  and  its  treatment.  (Report  of  Horticulturist  of  the 
New  York  Agricultural  experim.  Station.  1892.  p.  530 — 552.) 

— — i Leaf  spot  of  Chrysanthemums.  (Report  of  Horticulturist  of  the  New  York 
Agricultural  experim.  Station.  1892.  p.  557—560.) 

— — i Bean  blight.  (Report  of  Horticulturist  of  the  New  York  Agricult.  experim. 
Station.  1892.  p.  553 — 556.) 

Bruhne,  K.,  Hermodendron  hordei.  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Gerstenkrankheiten. 
Inaug-Diss.  8°.  32  p.  Halle  1894. 

Del  Guercio,  G.,  Di  una  infezione  crittogamica  manifestatasi  nel  Caloptenus  italicus 
Burm.,  nelle  basse  pianure  fiorertine.  (Bullett  d.  soc.  botan.  ital.  1894.  p.  89.) 
Magnus,  P.,  Einige  Bemerkungen  über  die  auf  Phalaris  arundinacea  auftretenden  Puc- 
cinien.  (Hedwigia.  1894.  p.  77 — 83  ) 

Massalongo,  C , Intorno  al  cecidio  di  Phleum  Boehmeri  Wib  , causato  dal  Tylenchus 
pbaiaridis  Bastian.  (Bullett.  d.  soc.  botan.  ital.  1894.  p.  42.) 

— — , Nuovo  contributo  alla  conoscenza  entomocecidiologia  italica.  (Bullett.  d.  soc. 
botan.  ital.  1894.  p.  79.) 

Pazschke,  0 , Ueber  das  Aecidium  von  Puccinia  australis  Körn.  (Hedwigia.  1894. 
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Prillienx  et  Delacroix,  Maladie  de  la  toile,  produite  par  le  Botrytis  cinerea.  (Compt. 

rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  14.  p.  744—746  ) 

Thomas,  Neue  Milbengallen.  (Mitteilg.  d.  Thüringer  botan.  Vereins.  N.  F.  1893. 
Heft  5.  p 7.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung  und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Aronson,  H.,  Weitere  Untersuchungen  über  Diphtherie  und  das  Diphtherie-Antitoxin. 
(Berl.  klin.  Wchschr.  1894.  No.  15,  18,  19.  p.  356—358,  425—427,  453—456.) 

Ehrlich,  P.,  Kossel,  H.  u.  Wassermann,  A.,  Ueber  Gewinnung  und  Verwendung  des 
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Harnack,  E.  u.  Hochheim,  W , Ueber  die  Wirkungen  des  Brieger’schen  Tetanusgiftes. 
(Ztschr.  f.  klin.  Med.  1894.  Bd.  XXV.  No.  1/2.  p.  46—63.) 

Klein,  E.,  Ueber  das  System  Hermite.  (Hygien.  Rundschau.  1894.  No.  8.  p.  337 — 339.) 

Phisalix,  C.  et  Bertrand,  G.,  Observations  ä propos  de  la  note  de  M.  Calmette  relative 
au  venin  des  serpeuts.  (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  17.  p.  935 — 936.) 

Sabrazes,  J.  et  Bazin,  E.,  L’acide  carbonique  h haute  pression,  peut-il  etre  considere 
comme  un  antiseptique  puissant?  (Gaz.  hebdom.  d.  scienc.  med.  de  Bordeaux.  1893. 
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Sanarelli,  J.,  Etudes  sur  la  fievre  typhoide  experimentale.  2.  memoire.  (Annal.  de 
l’Instit.  Pasteur.  1894.  No.  4.  p.  193 — 230.) 

Tizzoni,  G.  e Cattani,  G.,  Süll’  importanza  della  milza  nell’  immunizzazione  sperimen- 
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932 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Gottstein,  A.,  Eine  historische  Bemerkung 
zu  dem  Aufsatze  von  Fermi  und  Monte- 
sano  ,,Ueber  die  Dekomposition  des 
Amygdalins  durch  Mikroorganismen“. 
(Orig.),  p.  896. 

Miller,  Einige  kurze  Notizen  in  Bezug  auf 
bakteriologische  Untersuchungsmethoden . 
(Orig),  p.  894. 

Mühlmann,  M.,  Zur  Mischinfektionsfrage. 
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unter  vornehmlicher  Berücksichtigung 
des  Schweinerotlaufs,  p.  905. 

— — , Weitere  Beiträge  zur  Schwefel- 
wasserstoffbildung aerober  Bakterien  und 
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Maafsen,  A.,  Beiträge  zur  Differenzierung 
einiger  dem  Vibrio  der  asiatischen  Cho- 
lera verwandter  Vibrionen  und  kurze 
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Schutzimpfung , künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Aronson,  Zur  Diphtherieheilungsfrage.  Ent- 
gegnung auf  den  Artikel  des  Herrn  Prof. 
Behring,  p.  926. 

, Weitere  Untersuchungen  über  Diph- 
therie und  das  Diphtherie  - Antitoxin, 
I.  Ueber  die  Art  und  Weise  der  Anti- 
toxinwirkung, p.  926. 

Behring  , Zur  Diphtherieheilungsfrage, 
p.  926. 

— — , Bemerkung  zu  vorstehender  Ent- 
Entgegnung,  p.  926. 

Ehrlich,  Kossel  und  Wassermann,  Ueber 
Gewinnung  und  Verwendung  des  Diph- 
therieheilserums, p.  924. 

Huberwald,  Zur  Behandlung  der  Cholera, 
p.  924. 

Vielguth,  Ferd.,  Vorschlag  zur  Cholera- 
desinfektion, p.  923. 

Neue  Litteratur,  p.  928. 


j'rommannsche  Buclidruckerei  (Hermann  J^olile)  in  Jena. 


pp 

Bakteriologie  und  Parasitenkunde. 


In  Verbindung  mit 

Geh.  Hofr.  Prof.  Er.  Leactart  m Professor  Br.  Loeffler 

ln  Leipzig  ln  Greifswald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  Uhlworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


XV.  Band.  Jena,  den  16.  Juni  1894.  -o-  No.  24. 

Preis  für  den.  Band  (26  Nummern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

~~A  Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten.  ;jf~- 

Die  Redaktion  des  „ Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Eorrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger,  Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  beirücksichtigen  zu  können. 


Original- Mittheilungen. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Gnajakols. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  zu  Greifswald.] 

Von 

Dr.  J.  Knprianow. 

Das  Guajakol  wird  erst  seit  wenigen  Jahren  in  der  medizinischen 
Praxis  angewendet,  und  zwar  fast  ausschließlich  bei  Tuberkulose. 
Nach  dieser  Richtung  hin  sind  ziemlich  umfangreiche  Beobachtungen 
zu  verzeichnen.  Der  rein  desinfizierenden  Wirkung  des  Guajakols 
hat  man  bisher  sehr  wenig  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Nachdem  es 
aber  in  letzter  Zeit  gelungen,  diesen  Körper  chemisch  rein  darzustellen, 
hat  man  sich  der  Hoffnung  hingegeben,  das  Guajakol  an  Stelle  des 
Phenols,  des  Kresols,  des  Kreosots  u.  a.  zu  dieser  Gruppe  gehörender 

XV.  Bd.  59 


934 


J.  Kuprianow, 


Verbindungen,  als  Desinfiziens  verwenden  zu  können,  weil  nämlich 
das  Guajakol  den  großen  Vorzug  hat,  daß  es  nicht  wie  jene  reizend 
und  giftig  wirkt. 

Das  Guajakol  wurde  schon  im  Jahre  1843  von  Deville  aus 
Guajakharz  und  von  Gorup-Besanez1)  aus  Kreosot  isoliert,  jedoch 
nicht  in  reinem  Zustande  gewonnen.  Erst  nachdem  man  mit  guajakol- 
haltigen  Präparaten  — Extractum  ligni  Guajaci,  Tinctura  Guajaci 
u.  a.  — bei  therapeutischen  Versuchen  gewisse  Heilerfolge  nament- 
lich gegenüber  der  Tuberkulose  erzielt  oder  besser  erzielt  zu  haben 
geglaubt  hatte,  wandte  man  das  Interesse  dem  Guajakol  selbst  zu, 
welches  man  für  den  wirksamen  Körper  in  jenen  Präparaten  hielt. 
Erst  in  neuester  Zeit  ist  es  nun  gelungen,  statt  des  unreinen  Guajakols 
einen  chemischreinen  krystallisierbaren  Körper  zu  isolieren,  welcher 
zu  den  therapeutischen  Versuchen  Verwendung  fand. 

Diese  Versuche  basierten  auf  der  Annahme,  daß  dem  Guajakol 
ein  spezifischer  Einfluß  auf  Mikroorganismen  zukäme  und  ganz  be- 
sonders auf  die  Erreger  der  Tuberkulose.  Auffallenderweise  sind 
wissenschaftliche  Versuche  über  diese  supponierte  Wirkung  des  Guaja- 
kols, über  seine  entwickelungshemmenden  und  desinfizierenden  Wir- 
kungen gegenüber  Mikroorganismen  nur  in  sehr  beschränkter  Zahl 
in  der  Litteratur  verzeichnet. 

In  dieser  Richtung  hat  zuerst  Mar  fori2)  einige  Thatsachen 
angeführt.  Bei  seinen  Forschungen  über  die  chemischen  und  phy- 
siologischen Eigenschaften  des  Guajakols  fand  er,  daß  die  Fäulnis 
von  Harn  und  Blut  durch  Zusätze  von  5—6  pro  Mille  Guajakol  stark 
verlangsamt  wurde.  Auf  die  Eiweißverdauung  wirkte  es  erst  in  sehr 
großen  Mengen  ein,  indem  es  bei  3—5  Proz.  dieselbe  störte  und 
bei  10  Proz.  ganz  aufhob.  Regenwürmer  wurden  in  1-proz.  Lösungen 
in  20  Minuten,  in  0,2-proz.  Lösungen  in  1 Stunde  und  in  0,1-0,02- 
proz.  in  24  Stunden  getötet.  In  einer  anderen  Arbeit:  „Süll1  azione 
disinfettante  e antisettica  del  guajacolo“3)  legt  Marfori  die  Resultate 
von  Versuchen  über  die  Wirkung  des  Guajakols  auf  Schizomyceten 
nieder. 

Nach  diesen  Versuchen  werden  Milzbrandsporen  schon  von  2-proz. 
Lösungen  in  24  Stunden  getötet  (von  einer  5-proz.  Phenol-  und 
3 Proz.  Kreolinlösung  in  derselben  Zeit).  Am  intensivsten  wirkte  es 
auf  Bacillus  pyogenes  foetidusein,  dessen  Entwickelungschon 
durch  Lösungen  von  1 : 5000  herabgesetzt  und  von  1 : 1000  völlig 
aufgehoben  wurde.  Solutionen  von  4—5  Proz.  töteten  denselben  schon 
in  20 — 30  Minuten.  Auch  die  Entwickelung  von  Tuberkelbacillen  im 
KanincheDkörper  wurde  durch  vorherige  Guajakolbehandlung  der 
Kulturen  gehemmt. 

Auf  dem  zehnten  internationalen  Kongresse  in  Berlin  hat  Pe- 
tr esc  u4)  über  Versuche  berichtet,  die  er  mit  balsamischen  Anti- 
septicis,  darunter  mit  Guajakol,  angestellt  hat. 

1)  Historisches  und  Kritisches  über  Guajakolbehandlung  der  Tuberkulose  von  Dr 
Fr.  Rubinstein  in  Berlin.  (Der  ärztliche  Praktiker.  1893.  No.  51,  52.) 

2)  Ricerche  chimique  et  fisiologiche  sul  guajacolo.  (Ann.  di  cbimica.  1890.) 

3)  Ann.  di  chimica.  1891.  Jan. 

4)  Bd.  II  der  Verhandlungen  des  Kongresses.  Berlin  bei  Hirschwald.  Pharmokologie. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


935 


In  Reagenzgläsern  mit  10  ccm  sterilisierter  Bouillon,  welcher 
50  cg  Guajakol  zugesetzt  war,  trübte  sich  die  Bouillon  nach  vier 
Tagen  und  enthielt  Mikrokokken.  Zwei  Kaninchen  wurden  mit 
Tuberkelbacillenkulturen  geimpft,  die  vorher  mit  Guajakol  behan- 
1 delt  worden  waren.  Die  Kaninchen  erkrankten  nicht,  wohl  aber 
die  Kontrolltiere  an  Tuberkulose  der  inneren  Organe.  Ferner  wurden 
virulente  Tuberkelbacillen  in  sterilisierte  Bouillon  überimpft  und 
auf  10  ccm  4,1  g Guajakol  zugesetzt.  Die  Reagenzröhrchen  wurden 
34  Tage  bei  37  Grad  gehalten.  Die  Bacillen  entwickelten  sich  in 
i den  Guajakolröhrchen  nicht. 

Außerdem  berichtet  Petrescu  noch  über  zwei  Reihen  von 
Versuchen.  Er  besäte  Röhrchen  mit  je  10  ccm  sterilisierter  Bouillon 
und  mit  Tuberkelkulturen  und  versetzte  einen  Teil  dieser  Röhrchen 
> sofort  mit  Antisepticis,  u.  a.  mit  Guajakol  in  der  Dosis  von  6,20  g (!), 
einen  anderen  Teil  derselben  hielt  er  zunächst  8 Tage  bei  37°  und 
gab  dann  erst  einen  Zusatz  der  Antiseptika.  Nach  20  Tagen  fand 
er  in  sämtlichen  Eprouvetten  Tuberkulbacillen  bei  der  mikro- 
skopischen Untersuchung.  Ob  dieselben  gewachsen  waren, 
ob  sie  lebend  oder  tot  waren,  darüber  findet  sich  in  dem  Kongreß- 
berichte keine  Mitteilung.  Den  Angaben  von  Petrescu  kann  daher 
eine  besondere  Bedeutung  nicht  beigemessen  werden. 

Andere  unmittelbare  Beobachtungen  in  Bezug  auf  die  des- 
infizierenden Eigenschaften  des  Guajakols  sind  in  der  Litteratur  nicht 
vorhanden.  Dagegen  aber  finden  sich  doch  einige  indirekte  Anzeichen 
für  diese  Wirkung  des  Guajakols  und  für  die  Möglichkeit  der  An- 
wendung desselben  als  Antiseptikum.  Sahli,  welcher  mit  Benzoyl- 
Guajakol  oder  Benzosol  Untersuchungen  angestellt  hat,  empfiehlt  auf 
Grund  der  antituberkulösen  Wirkung,  die  Verwendung  des  pulver- 
förmigen Benzosols  auf  Wunden  und  Geschwüre  und  auch  als  Darm- 
antiseptikum einer  Prüfung  zu  unterziehen. 

Alle  diese  Versuche  sind  mit  dem  sogenannten  reinen  Guajakol 
der  Pharmakopoe  angestellt,  das  aber  weit  davon  entfernt  ist,  rein 
zu  sein.  Erst  im  vorigen  Jahre  hat  Prof.  H.  Griesbach1)  zuerst 
das  chemich  reine  Guajakol,  das  von  der  Fabrik  für  chemische 
Produkte  in  Tann  und  Mülhausen  i.  E.  dargestellt  wird,  folgender- 
maßen beschrieben: 

„Chemisch  ist  Guajakol  der  reine  Monomethyläther  des  Brenz- 
katechins: 


n jj  /OCH3 

Die  Eigenschaften  sind  in  Kürze  folgende:  Wasserhelle,  farblose, 
am  Lichte  sich  blaß  rosa  färbende,  große  rhombische  Krystalle,  von 
angenehmem  Gerüche  und  süßlichem,  nicht  so  brennendem  Geschmacke, 
wie  ihn  Kreosot  und  gewöhnliches  Guajakol  bewirken.  Das  spezifische 
Gewicht  beträgt  1,145  bei  17,5°  C,  während  das  Guajakol  der  Phar- 
mokopöe  das  spezifische  Gewicht  1,117  hat.  Der  Schmelzpunkt  liegt 
bei  circa  35°,  der  Erstarrungspunkt  bei  28,5°  C.  Taucht  man  in 


1)  Ueber  chemischreines  Guajakol  und  seine  Verwendung  bei  Tuberkulose.  (Deutsch, 
med.  Wochenschr.  1893.  No.  37.) 


59* 


936 


J.  Kuprianow, 


das  geschmolzene  Guajakol  ein  Thermometer  und  stellt  das  Gefäß 
in  Eis,  so  bleibt  das  Guajakol  zunächst  flüssig.  Beim  Hinzufügen 
eines  kleinen  Splitters  festen  Guajakols  krystallisiert  das  Ganze  aus 
bekannten  Gründen  und  das  Thermometer  steigt  auf  28,5°  C.  Der 
Siedepunkt  ist  202,4°  bei  738  mm  Druck.  Das  Präparat  ist  stark 
lichtbrechend,  seine  Löslichkeit  im  Wasser  1 : 50.  In  Alkohol  ist 
es  sehr  ergiebig  löslich.  Das  reine  Präparat  unterscheidet  sich  von 
solchem,  welches  Kresole  etc.  und  wenn  auch  nur  in  Spuren  enthält, 
dadurch,  daß  es  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  ungefärbt  bleibt. 
Während  unreines  Guajakol  damit  verschieden  nuancierte,  bald 
gelblichgrüne,  bald  rote  Farbentöne  annimmt.“  Mit  diesem  Guajakol 
hat  H.  Griesbach  einige  Tierversuche  gemacht  und  darüber  folgendes 
mitgeteilt : 

„Die  Hunde  erhielten  während  14  Tagen  von  6 — 10  g pro  die 
innerlich  und  in  allen  Fällen  konnte  durchaus  keine  Beeinträchtigung 
des  Wohlbefindens  der  Hunde  bemerkt  werden.  Daraus  ergiebt  sich, 
daß  das  chemisch  reine  Guajakol  in  der  genannten  Quantität  für  den 
Organismus  kein  Gift  ist  und  daß  eine  Reizwirkung  auf  die  Schleim- 
haut des  Verdauungskanales  entweder  nicht  vorhanden  ist  oder  doch 
keine  üblen  Folgen  nach  sich  zieht.“ 

In  der  letzten  Zeit  hat  auch  eine  andere  Fabrik,  die  von 
Dr.  F.  Heyden  Nachfolger  in  Radebeul  bei  Dresden,  ein  chemisch 
reines  Präparat  des  Guajakols  dargestellt.  Mit  diesem  Präparate 
habe  ich  auf  Anregung  des  Herrn  Prof.  Loeffler  einige  Versuche 
über  die  bisher  noch  mangelhaft  studierte  desinfizierende  Kraft  des 
Guajakols  angestellt. 

Das  Präparat  der  genannten  Firma  hat  fast  dieselben  physi- 
kalischen Eigenschaften,  wie  das  soeben  von  Prof.  Griesbach  be- 
schriebene, aber  chemisch  scheint  es  Spuren  von  Nebensubstanzen 
zu  besitzen,  weil  die  Reaktion  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  unten 
schwach  grüne  und  oben  schwach  rote  Färbung  ergiebt,  was  nach 
Griesbach  auf  nicht  vollkommene  Reinheit  des  Präparates  hin- 
weist. Das  spezifische  Gewicht  des  Präparates  beträgt  bei  17,5°  C 
1,1337,  der  Schmelzpunkt  liegt  bei  ungefähr  80°  C,  der  Erstarrungs- 
punkt bei  ca.  26,5°  und  der  Siedepunkt  bei  200°  C.  In  dieser  Be- 
ziehung unterscheidet  es  sich  also  etwas  von  dem  von  Prof.  Gries- 
bach beschriebenen.  Das  Präparat  krystallisiert  sonst  ebenfalls  in 
großen,  farblosen,  durchsichtigen  Krystallen,  die  am  Lichte  schwach 
rote  Färbung  zeigen.  Es  hat  einen  ziemlich  starken,  nicht  un- 
angenehmen Geruch  und  einen  süßlichen,  schwach  brennenden  Ge- 
schmack. Seine  Löslichkeit  in  Wasser  ist  1 : 50,  in  Alkohol  löst  es 
sich  sehr  leicht.  Wenn  man  das  geschmolzene  Guajakol  rasch  in  Eis 
stellt,  so  kann  man  es  im  flüssigen  Zustande  bei  viel  niedrigerer 
Temperatur,  als  seinem  Erstarrungspunkte  entspricht,  ziemlich  lange 
Zeit  aufbewahren;  das  Hinzufügen  einiger  Krystalle  des  Guajakols 
bringt  jedoch  die  ganze  Masse  zum  Krystallisieren , wobei  die 
Temperatur  bis  auf  26,5°  C steigt.  Die  Krystallisation  tritt  auch 
ein,  wenn  man  rasch  abgekühltes  flüssiges  Guajakol  allmählich  bis 
26,5°  C erwärmt  oder  geschmolzenes  bis  26,5°  C abkühlt. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


937 


Zu  meinen  Versuchen  habe  ich  folgende  Mikroorganismen  ge- 
nommen : Staphylococcus  pyogenes  aureus,  Bacillus 
pyocyaneus,  B acillus  typhi  abdominalis,  Vibrio  Cho- 
lera e asiaticae  und  Tuberkelbacillus,  außerdem  den  Pilz 
des  Mäusefavus  und  die  Krätzmilbe.  Die  ersten  beiden 
Organismen  habe  ich  gewählt,  weil  sie  als  Typen  der  Eiterungs- 
erreger ein  besonderes  Interesse  für  die  Desinfektion  bei  chirurgischen 
Operationen  darbieten.  Favus  und  Krätze  repräsentieren  Haut- 
krankheiten, bei  welchen  ev.  die  äußerliche  Anwendung  der  Mittel  in 
Frage  kommen  kann. 

Die  Erreger  des  Typhus  und  der  Cholera  sind  Bakterien,  welche 
im  Darme  vegetieren.  Eine  Prüfung  der  Wirksamkeit  des  Guajakols 
auf  diese  Bakterien  ist  von  besonderer  Bedeutung  deshalb,  weil  das 
Fehlen  ätzender  und  giftiger  Eigenschaften  die  innerliche  Darreichung 
des  Guajakols  gegen  dieselben  als  möglich  erscheinen  läßt.  Eine 
Prüfung  der  Einwirkung  des  Guajakols  auf  Tuberkelbacillen  hat  ein 
gewisses  Interesse,  weil  dasselbe  in  neuerer  Zeit  so  vielfach  gegen 
Tuberkulose  in  der  verschiedensten  Form  in  Anwendung  gezogen 
worden  ist.  Als  Vergleichspräparate  für  die  Wirkungskraft  des 
Guajakols  habe  ich  Karbolsäure  und  Kresol  genommen,  bei  den 
Tuberkelbacillen  aber  Kreosot,  weil  dieses  bis  jetzt  hauptsächlich  zur 
Behandlung  von  Tuberkulose  angewendet  worden  ist. 

Die  Versuchsanordnung  war  die  gleiche,  welche  Prof.  Loeffler1) 
bei  seinen  Untersuchungen  über  die  Einwirkung  von  verschiedenen 
Chemikalienauf  Diphtheriebacillen  gewählt  hat.  Zunächst  wurden  Aus- 
saaten der  Bakterien  auf  die  schräge  Oberfläche  von  Bouillonpeptonagar 
in  Reagenzgläschen  gemacht  und  diese  mit  bestimmten  Lösungen  der 
desinfizierenden  Mittel  übergossen.  Nach  einer  gewissen  Zeit  wurde 
die  Lösung  abgegossen  und  die  Reagenzgläschen  einige  Minuten 
umgekehrt  hingestellt,  um  das  desinfizierende  Mittel  vollständig  ab- 
fließen zu  lassen.  Alsdann  wurden  die  Reagenzgläschen  einige  Tage 
in  den  Brütschrank  gestellt  und  das  Wachstum  der  Bakterien  be- 
obachtet. Diese  Versuche  wurden  in  der  Weise  wiederholt,  daß  dabei 
die  Zeit,  in  der  das  desinfizierende  Mittel  sich  auf  den  Bakterien 
befand,  so  lange  gesteigert  wurde,  bis  kein  Wachstum  auf  den  Agar- 
flächen mehr  erkennbar  war. 

In  der  zweiten  Reihe  der  Versuche  wurde  die  ein-  bis  zwei- 
tägige, kräftig  entwickelte  Kultur  der  Bakterien  auf  Agar  in  gleicher 
Weise  eine  bestimmte  Zeit  mit  dem  desinfizierenden  Mittel  über- 
gossen. Nach  Ausgießung  des  letzteren  wurde  je  eine  Oese  der 
Kultur  mit  der  Platinnadel  entnommen  und  auf  Agar-Agar  bezw.  in 
Peptonbouillon  ausgesät,  und  zwar  wurde  für  die  Bouillonaussaat 
die  Probe  von  der  dünneren  oberen,  für  die  Agar-Agaraussaat  von 
der  unteren  dickeren  Schicht  der  Kultur  genommen. 

In  einer  dritten  Reihe  von  Versuchen  habe  ich  je  10  ccm  ste- 
rilisierter Bouillon  in  Reagenzgläschen  mit  den  verschiedenen  Bak- 


1)  Loeffler,  Zur  Therapie  der  Diphtherie.  (Dtsche  med.  Wochenschrift.  1891. 
No.  10.) 


938 


J.  Kuprianow, 


terien  besät  und  unmittelbar  darauf  eine  bestimmte  Menge  der 
desinfizierenden  Lösung  zugesetzt.  Die  Reagenzgläschen  wurden 
einige  Tage  in  den  Brutschrank  gestellt  und  es  wurde  beobachtet, 
bei  welcher  Quantität  des  desinfizierenden  Mittels  die  Entwickelung 
der  Bakterien  aufhörte. 

Bei  allen  diesen  Versuchen  wurden  schwache  und  starke  Lösungen 
des  desinfizierenden  Mittels  angewendet.  Da  aber  Guajakol  nur  im 
Verhältnis  von  1 : 50  in  Wasser  löslich  ist,  so  habe  ich  die  stärkeren 
Lösungen  mit  Aikoholzusatz  gemacht;  die  Wirkung  dieser  wässerig- 
alkoholischen  Lösungen  habe  ich  mit  gleichprozentigen  Lösungen  von 
Alkohol  in  Wasser  ohne  Zusatz  eines  Desiuficiens  verglichen. 

Einige  Versuche  habe  ich  außerdem  noch  aus  einem  später  zu 
erörternden  Grunde  außer  mit  Agar  und  Bouillon  auch  mit  Blutserum 
als  Nährsubstrat  gemacht. 

Die  Wirkung  der  desinfizierenden  Mittel  auf  Krätze  wurde  unter 
dem  Mikroskope  und  durch  Beobachtungen  bei  der  Behandlung 
kranker  Tiere  festgestellt. 

Die  Resultate  meiner  Untersuchungen  habe  ich  in  Tabellen  zu- 
sammengestellt, um  einen  raschen  Ueberblick  zu  ermöglichen.  In 
denselben  ist  starkes  Wachstum  mit  einem  +,  schwaches  mit  einem 
— und  kein  Wachstum  mit  0 bezeichnet. 

Die  ersten  Versuche  habe  ich  mit  Staphylococcus  pyo- 
genes aureus  und  Bacillus  pyocyaneus  gemacht  und  werde 
ich  darüber  auch  an  erster  Stelle  berichten. 


Tabelle  I. 


Aus  dieser  Tabelle  kann  man  sehen,  daß  die  Wirkungskraft  des 
Guajakols  viel  geringer  ist,  als  die  der  Karbolsäure  und  des  Kresols. 

1-proz.  Lösung  Guajakol  tötet  Staph.  aur.  nach  31/,  St.,  Pyoc.  nach  45  Min. 

1-  ,,  ,,  Karbolsäure  ,,  ,,  ,,  ,,  4 Min.,  ,,  ,,  1 ,, 

i»  »»  Kresol  ,,  ,,  „ ,,  5 ,,  ,,  ,,  1 » 

Aus  diesen  Zahlen  erhellt  zugleich,  daß  die  Widerstandsfähigkeit 
des  Staphylococcus  aureus  viel  größer  ist,  als  die  des  Pyo- 
cyaueus.  Außerdem  erkennt  man,  daß  die  Wirkung  der  Karbol- 
säure und  die  des  Kresols  nahezu  gleich  sind,  nur  bei  Staphylo- 
coccus aureus  besteht  ein  Unterschied  von  1 Minute.  Dieser 
Unterschied  ist  aber  ein  sehr  geringer. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


939 


Tabelle  II. 

Menge  der  Mittel,  welche  zur  Aufhebung  der  Entwickelung  der 
Bakterien  in  Bouillon  nötig  ist. 


Berechnet  man  nach  der  vorstehenden  Tabelle  die  Menge  des 
Desinficiens,  welche  nötig  ist  zur  Aufhebung  der  Entwickelung,  so 
findet  man 


für  Staphylococcus  aureus  von  Guajakol  1 : 143,  für  Pyocyaneus  1 : 500 

,1  „ ,,  ,,  Karbolsäure  1 : 250,  ,,  ,,  1 : 2000 

>,  „ „ „ Kresol  1 : 250,  „ „ 1 : 2000 

Diese  Zahlen  bestätigen  das  oben  gewonnene  Resultat,  daß  näm- 

lich erstens  die  Wirkungskraft  des  Guajakols  viel  (2-  bezw.  4mal) 
schwächer  ist,  als  die  der  Karbolsäure  und  des  Kresols,  daß  zweitens 
die  Wirkungen  des  Kresols  und  der  Karbolsäure  ganz  gleich  sind 
und  daß  drittens  die  Widerstandsfähigkeit  des  Staphylococcus 
aureus  viel  größer  ist,  als  die  des  Pyocyaneus. 


Tabelle  III. 


Bei  Vergleichung  der  mit  2-proz.  Lösung  gewonnenen  Resultate  mit 
denen  der  1-proz.  Lösung  erweist  sich  die  2-proz.  ungefähr  doppelt 
so  stark  als  die  1-proz.,  doch  stimmt  dies  nicht  genau.  Die  2-proz. 
Guajakollösung  wirkt  etwas  mehr  als  doppelt  so  stark  wie  die  1-proz., 
während  hingegen  die  2-proz.  Lösung  der  Karbolsäure  und  des 
Kresols  etwas  weniger  als  doppelt  so  stark  wirkt. 


1-proz,  Lösung  Guajakol 


v 

n 

11 

ii 

ii 


ii 

Karbolsäure 


tötet  Staphyl. 

ii  ii 

ii  ii 

ii  n 

ii  ii 

ii  ii 


aur.  nach  3x/2  St.,  Pyocyaneus  nach  45  Min. 


i1/, 

4 Min., 

3 „ 

3 )> 

3 „ 


20 
1 ii 

45  Sek. 

1 Min. 
45  Sek. 


Kresol 


940 


J.  Kupriaaow, 


Bei  seinen  Versuchen  über  die  Wirkung  der  Karbolsäure  auf 
Staphylococus  aureus  hat  auch  Dr.  John  E.  Weeks  in  New- 
York  x)  gefunden,  daß  Karbolsäurelösung  1:60  Staphylococcus 
aureus  in  4 Minuten  tötet;  er  ist  also  zu  fast  denselben  Resultaten 
gekommen,  wie  ich. 


Tabelle  IV. 

Wirkung  2-proz.  wässeriger  Lösung  auf  Kulturen  von  Staphylo- 
coccus aureus  und  Pyocyaneus. 


Mittel 

Bakterien 

Aussaat 

auf 

d 

IS 

d 

i 

d 

i 

d 

s 

sj 

d 

s 

55 
« 

& 

55 

« 

02 

ca 

CO 

ca 

ca 

CO 

CO 

Guajakol  | 

Staph.  aur.  1 
Pyocyaneus  •; 

Agar 

Bouillon 

Agar 

Bouillon 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

-1- 

0 

0 

Karbolsäure  j 

Staph.  aur.  1 
Pyocyaneus  | 

Agar 

Bouillon 

Agar 

Bouillon 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

0 

+ 

+ 

0 

— 

0 

0 

Kresol  j 

Staph.  aur.  j 

Agar 

Bouillon 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

Pyocyaneus | 

Agar 

Bouillon 

+ 

+ 

— 

0 

0 

Hier  sehen  wir,  daß  die  Wirkung  der  Mittel  auf  Kulturen  viel 
schwächer  ist,  als  auf  Aussaaten  derselben  Bakterien,  nämlich: 


2-proz.  wäss.  Lösung  Guajakol  tötet  Aussaat  von  Staph.  nach  1 1L  St.,  Pyoc.  nach  20  Min. 


2-  „ 

fy 

yy 

yy 

yy 

Kulturen 

yy 

yy 

yy 

31/»  i»  >* 

yy 

1 St. 

2-  „ 

yy 

yy 

Karbolsäure 

yy 

Aussaat 

yy 

yy 

yy 

3 Min.,  ,, 

yy 

45  Sek. 

2-  „ 

yy 

yy 

yy 

yy 

Kulturen 

yy 

yy 

>i 

45  „ „ 

yy 

18  Min. 

2-  fJ 

yy 

yy 

Kresol 

yy 

Aussaat 

yy 

yy 

yy 

3 1»  )! 

yy 

45  Sek. 

2-  „ 

yy 

yy 

yy 

yy 

Kulturen 

yy 

yy 

yy 

45  ,,  ,, 

yy 

15  Min. 

Da  die  Wirkungszeit  der  desinfizierenden  Mittel  bei  Abimpfungen 
von  den  behandelten  Kulturen  in  Agar-Agar  einerseits  und  andererseits 
in  Bouillon  annähernd  gleich  gewesen  ist,  habe  ich  der  Einfachheit 
halber  aus  den  Zahlen,  die  diese  Wirkungszeit  angeben,  die  Durch- 
schnittszahl gezogen. 

Die  Versuche  über  die  Wirkung  1-proz.  wässeriger  Lösung  auf 
Kulturen  habe  ich  nicht  ausführlich  gemacht,  weil  sich  bei  einigen 
Probeversuchen  diese  Lösung  zu  schwach  für  Kulturen  erwiesen  hat. 

Die  ferneren  Versuche  wurden  mit  stärkeren  Lösungen  gemacht. 
Ich  beabsichtigte  zuerst  eine  5-proz.  alkoholische  Lösung  mit  20-proz. 
Alkohol  herzustellen,  da  sich  aber  das  Guajakol  in  diesem  Verhältnis 
nicht  klar  löste,  so  mußte  ich,  um  eine  vollständige  Lösung  zu 
erzielen,  Alkohol  bis  zu  einem  Drittel  der  ganzen  Flüssigkeit  hinzu- 
setzen. 

Auf  diese  Weise  bestand  die  Lösung,  die  ich  erhalten  habe,  aus 
80  Teilen  Wasser,  40  Teilen  absoluten  Alkohols  und  5 g Guajakol, 
enthielt  also  4,166  Proz.  Guajakol  und  33,33  Proz.  Alkohol.  Um  die 


1)  Archiv  für  Augenheilkunde.  Bd.  XIX.  1888.  Heft  1.  p.  107. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


941 


gleichen  Verhältnisse  bei  Karbolsäure  und  Kresol  zu  haben,  habe  ich 
die  starken  Lösungen  dieser  Mittel  auf  gleiche  Weise  hergestellt. 
Da  sich  aber  auf  Grund  von  praktischen  Versuchen  mit  diesen 
starken  Lösungen  von  Karbolsäure  und  Kresol  stark  reizende  Wir- 
kungen herausstellten,  habe  ich  die  Versuche  auch  mit  2-proz  alko- 
holischer Lösung  gemacht,  welche  33,33  Proz.  absoluten  Alkohols 
enthielt. 


Tabelle  V. 

Wirkung  2-proz.  alkoholischer  Lösungen  auf  Aussaat  von 
Staphylo coccus  und  Pyocyaneus. 


Mittel 

Bakterien 

CJ 

72 

O 

10  Sek. 

ZT. 

iß 

72 

O 

CO 

1 Min. 

2 Min. 

CO 

o 

10  Min. 

20  Min. 

o 

CO 

1 St. 

. 

Staph.  aur. 

+ 

+ 

4- 

4- 

+ 

+ 

+ 

+ 



_ 

0 

Pyocyaneus 

+ 

+ 

4- 

4- 

+ 

J- 

— 

0 

Karbolsäure 

Staph.  aur. 

+ 

4- 

+ 

4- 

— 

0 

. 

Pyocyaneus 

-r 

+ 

+ 

0 

Staph.  aur. 

r 

+ 

+ 

~r 

— 

0 

Pyocyaneus 

+ 

+ 

+ 

0 

Auf  Kulturen  derselben  Bakterien. 


Mittel 

Bakterien 

Aussaat 

auf 

Min. 

c 

Ä 

s 

C 

S 

s 

.5 

2 

S 

£ 

cc 

Si 

03 

CO 

tß 

S 

§ 

■* 

- 

03 

1 

Staph.  aur.  < 

Agar 

+ 

4- 

4- 

+ 

+ 

4- 

+ 

4- 

4- 

4- 



0 

Guajakol  -j 

Bouillon 

+ 

+ 

+ 

4- 1 4- 

4- 

4- 

+ 

4- 

4" 

0 

1'  • 

Agar 

+ 

-i- 

+ 

+ 

4- 

+ 

4- 

4- 

4- 

0 

l 

Bouillon 

4- 

+ 

+ 

_u 

4- 

4- 

+ 

4- 

— 

0 

f 

Staph.  aur.  < 

Agar 

4- 

+ 

+ 

+ 

4- 

4- 

4- 

4- 

0 

Karbolsäure  ■/ 

Bouillon 

+ 

+ 

4- 

+ 

4- 

“f“ 

-1- 

— 

0 

Pyocyaneus  < 

Agar 

Bouillon 

4- 

+ 

+ 

+ 

4- 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

Kresol  | 

Staph.  aur.  <j 

Agar 

Bouillon 

+ 

+ 

+ 

4- 

+ 

+ 

+ 

4- 

4- 

4- 

4- 

+ 

+ 

0 

0 

Pyocyaneus  <j 

Agar 

Bouillon 

+ 

+ 

+ 

+ 

4- 

+ 

+ 

-t- 

0 

0 

Bei  Vergleichung  der  Wirkung  der  2-proz.  alkoholischen  Lösungen 
mit  der  der  2-proz.  wässerigen  erkennt  man  die  viel  stärkere  Wir- 
kung der  alkoholischen,  wie  folgende  Zahlen  deutlich  zeigen. 


2-proz.  wässer.  Lösung  Guajak.  tötet  Aussaat  von  Staph.  nach  l1/t  St.,  Pyoc.  nach  20  Min 


2-  „ 

alkohol. 

11 

H 

11 

11 

ii 

11 

30  Min., 

n 

ii 

5 

19 

2-  „ 

wässer. 

11 

Karbols. 

11 

11 

j» 

ii 

11 

3 ii 

ii 

45  Sek. 

2-  „ 

alkohol. 

11 

i* 

11 

11 

>> 

ii 

11 

2 „ 

ii 

ii 

30 

11 

2-  „ 

wässer. 

11 

Kresol 

11 

11 

ii 

ii 

11 

3 „ 

ii 

ii 

45 

11 

2-  „ 

alkohol. 

11 

ii 

11 

11 

ii 

ii 

11 

2 „ 

ii 

ii 

30 

11 

2-  „ 

wässer. 

JJ 

Guajak. 

11 

Kulturen 

V 

11 

31/*  St, 

ii 

ii 

1 St. 

2- 

alkohol. 

11 

ii 

11 

ji 

ii 

19 

11 

2 „ 

ii 

ii 

45  Min. 

2-  „ 

wässer. 

11 

Karbols. 

11 

ii 

ii 

11 

11 

45  Min, 

ii 

ii 

18 

11 

2- 

alkohol. 

11 

11 

11 

ii 

ii 

11 

30  „ 

ii 

ii 

6 

11 

2-  „ 

wässer. 

11 

Kresol 

11 

ii 

ii 

11 

11 

45  ,, 

ii 

' ii 

15 

11 

2-  „ 

alkohol. 

11 

11 

„ 

ii 

11 

11 

25  „ 

ii 

ii 

5 

11 

942 


J.  Kuprianow, 


Demnach  ist  der  Alkoholzusatz  von  großer  Wichtigkeit  für  die 
Erhöhung  der  Wirkung  der  gelösten  Desinficientien.  Schon  der 
Alkohol  allein  hat,  wie  die  nachfolgende  Tabelle  VI  ergiebt,  nicht 
unbeträchtliche  Wirkung. 

Tabelle  VI. 


Wirkung  33-proz.  alkoholischer  Lösung  auf  Aussaat  und  Kulturen 
von  Stsphylococcus  und  Pyocyaneus. 


I Bacterium  1 

Wirkung  auf 
Aussaat  und  Kultur 

1 Min. 

2 Min. 

3 Min. 

4 Min. 

5 Min.  | 

15  Min. 

30  Min. 

1 St. 

2 St. 

3 St. 

12  St. 

24  St. 

2 Tage  1 

4 Tage  || 

7 Tago  || 

U 

2 

Aussaat 

4 

+ 

+ 

+ 

■ + 

+ 

— 

0 

a 

© 

2 

* 's  | 
SW 

Agar 

+ 

+ 

+ 

~r 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

4 

+ 

+ 

f 

m 

3 

Aus 

von 

turei 

Bouillon 

+ 

+ 

4- 

4 

4 

+ 

+ 

- 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

4 

Aussaat 

+ 

4- 

— 

— 

0 

© 

C 

o e 
© 

a 

© 

u 

2 

08  2 2 
05  ^ 

Cfl  Ä _ 

Agar 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

4 

+ 

0 

3 

Aus 

von 

turei 

Bouillon 

+ 

+ 

+ 

4- 

+ 

+ 

+ 

+ 

4 

0 

Eine  33, 33-proz.  alkoholische  Lösung  tötet  Aussaaten  von  Sta- 
phylococcus aureus  nach  1 Stunde  und  von  Pyocyaneus  nach 
5 Minuten,  und  sogar  Kulturen  von  Pyocyaneus  nach  4 1/g  Stunden, 
die  Kulturen  von  Staphylococcus  ist  sie  aber  selbst  nach  einer 
Woche  zu  vernichten  nicht  imstande.  Absoluter  Alkohol  aber  tötet 
schon  nach  4 Stunden  auch  die  Kulturen  von  Staphylococcus 
vollständig  ab.  (s.  Tabelle  VII.  p.  943.) 

Bei  allen  bisher  mitgeteilten  Versuchen  haben  wir  gesehen,  daß 
Guajakol  schwächer  wirkt,  als  Karbolsäure  und  Kresol.  Bei  der 
Betrachtung  der  Versuche  mit  4-proz.  Lösung  finden  wir  nun  das 
merkwürdige  Ergebnis,  daß  Guajakol  auf  Aussaat  von  Pyocyaneus 
ebenso  stark  wirkt,  wie  Karbolsäure  und  Kresol,  daß  nämlich  eine 
4-proz.  alkoholische  Lösung  aller  dieser  Mittel  Aussaaten  von  Pyo- 
cyaneus nach  5 Sekunden  abtötet.  Die  Erklärung  hierfür  ist  zu 
suchen  in  der  sehr  geringen  Widerstandsfähigkeit  der  Aussaaten  von 
Pyocyaneus,  die  so  gering  ist,  daß  ein  im  Verhältnis  zur  Karbol- 
säure und  zum  Kresol  schwaches  Mittel,  wie  das  Guajakol,  fast 
momentan  dieselbe  zu  töten  vermag.  Unzweifelhaft  wirken  auch  in 
diesem  Falle  Karbolsäure  und  Kresol  viel  stärker  als  das  Guajakol, 
vielleicht  töten  diese  schon  in  1 Sekunde  oder  gar  in  einem  Bruch- 
theil  einer  Sekunde  die  Aussaaten  ab.  Allein  noch  kürzere  Zeiträume 
wie  5 Sek.  lassen  sich  bei  derartigen  Versuchen  kaum  mit  Sicher- 
heit beurteilen,  da  das  Ein-  und  Ausgießen  der  Flüssigkeit  in  die 
Reagenzröhrchen  nicht  wohl  in  kürzerer  Zeit  als  in  5 Sekunden  zu 
bewerkstelligen  ist.  Bei  den  Aussaaten  dagegen  von  Staphylo- 
coccus tritt  der  Unterschied  wieder  deutlich  hervor. 

4-proz.  alkohl.  Guajakol  tötet  Aussaat  von  Staphylococcus  in  5 Min. 

4-proz.  „ Karbolsäure  „ „ „ ,,  ,,  30  Sek. 

4-proz.  „ Kresol  „ „ „ „ „ 45  „ 


Tabelle  VII. 

Wirkung  4-proz.  alkoholischer  Lösungen  auf  Staphylococcus  aureus  und  Pyoeyaneus. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols.  943 


c 

J»  ~ 

»1 

s* 

N C 
cn  tß 

tuao  £‘o 

O 

moo  9‘o 

1 

moo  g‘o 

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tnoo  tlO 

+ ® 

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moa  g‘0 

+ + 

S 

O 3 
tiC  — 
= 2 

raaa  g‘o 

+ + ® ® 

© «-fl 
= 1 

maa  x‘0 

+ + + © -f O 

Kulturen 

'um  OS 

o o 

"a!K  01 

1 1 ° 

a!K  S 

+ 1 1 O 

‘n!K  t 

+ + II 

'a!K  8 

+ 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

0 

'a!N  Z 

+ + + + © 1 +| 

•f!K  I 

+ ++  ++  + + + 

•^s  et 

+ +++++©  ++  ® 

•n»s  os 

+ + + + + + 1°  + + ® | 

Aussaat 

von 

Kulturen 

auf 

Agar 

Bouillon 

Agar 

Bouillon 

Agar 

Bouillon 

Agar 

Bouillon 

Agar 

Bouillon 

Agar 

Bouillon 

•um  9 

N,  V ^ ^ 

•«in  e 

o 

Aussaat 

•um  t 

1 

•um  s 

+ 

■um  s 

4- 

•um  i 

+ 

•3jas  Qt 

+ ® 

•5|3S  08 

+ ° 1 

•5|as  ei 

+ 1 + 

•^as  01 

H-  -r-  + 

'^S  q 

+ ® + = + © 

Bakterien 

Staphyloc. 

aureus 

Pyoeyaneus 

Staphyloc. 

aureus 

Pyoeyaneus 

Staphyloc. 

aureus 

Pyoeyaneus 

ia»!K 

lorpsfenf)  aint3S[oq.rey[  josojjj 

944 


J.  Kuprianow, 


Bei  der  Wirkung  der  Mittel  auf  entwickelte  Kulturen  von  Pyo- 
cyaneus kann  man  nicht  dieselbe  Gleichmäßigkeit  der  Wirkungs- 
kraft aller  Mittel  bemerken,  wie  bei  der  Einwirkung  auf  die  Aussaat; 
wir  sehen  im  Gegenteil  bei  der  Wirkung  der  Lösungen  auf  die  Kulturen 
die  Unterschiede  der  Wirkungskraft  der  3 Substanzen  deutlich  her- 
vortreten. 

4-proz.  alkohol.  Guajakol  tötet  Kulturen  von  Pyocyaneus  nach  7*^  Min. 

4-proz.  „ Karbolsäure  „ ,,  „ „ „ 37  Sek. 

4-proz.  „ Kresol  „ „ „ „ „ 37  „ 

Interessant  sind  die  nicht  unerheblichen  Unterschiede  in  der 
Zeitdauer  der  Einwirkung  bis  zur  Abtötung  auf  Aussaaten  und 
Kulturen. 


4-proz.  alkohol. 

Lös. 

Guajakol  tötet 

Aussaat  Staph. 

nach 

5 Min., 

Pyoc.  nach  5 

Sek. 

4- 

11 

n n 

Kulturen  „ 

i> 

20  „ 

„ » 77» 

Min. 

4-  j,  i) 

n 

Karbolsäure  ,, 

Aussaat  ,, 

i> 

30  Sek. 

n ii  & 

Sek. 

4 * ,,  ,, 

»j 

ii 

Kulturen  „ 

ii 

2*/j  Min. 

„ 37 

11 

4-  „ „ 

Kresol  „ 

Aussaat  ,, 

>i 

45  Sek. 

ii  ii  3 

11 

4-  „ 

}; 

1»  V 

Kulturen  ,, 

ii 

3 Min. 

i,  „ 37 

11 

Wenn  mau  die  Mengen  der  reinen  Substanz  berechnet,  welche 

in  alkoholischer  Lösung  die  Entwickelung  in  Bouillon  hemmt,  so  findet 
man,  daß  dieselbe  ebenfalls  geringer  sind,  als  bei  Anwendung  rein 
wässeriger  Lösungen. 

Bei  Zusatz  von  1 Proz.  wässeriger  Lösung  wurde  gebraucht 

von  Guajakol  für  Stapbylococcus  1 : 143,  für  Pyocyaneus  1 : 250 
„ Karbols.  „ „ 1 : 250,  „ „ 1 : 2000 

,,  Kresol  „ „ 1 : 250,  „ „ 1 : 2000 

bei  Zusatz  von  4-proz.  alkoholischer  Lösung 

Von  Guajakol  für  Staphylococcus  1 : 343,  für  Pyocyaneus  1 : 600 

,,  Karbols.  „ „ 1 : 1200,  „ „ 1 : 2400 

„ Kresol  „ „ 1 : 1200,  „ „ 1 : 2400 

Ich  komme  nun  zu  den  Versuchen  mit  Typhusbacillen  und 
Cholerabakterien.  Diese  habe  ich  nur  mit  2-proz.  wässeriger  und 
alkoholischer  Lösung  gemacht,  weil  dies  zur  Bestimmung  der  Wir- 
kungskraft der  Mittel  auf  diese  Bakterien  genügt,  (s.  Tab.  VIII.  p.  945.) 

Bei  der  Vergleichung  dieser  beiden  Bakterien  erweist  sich  der 
Typhusbacillus  viel  widerstandsfähiger  als  der  Cholerabacil- 
lus, beide  aber  sind  schwächer  als  Staphylococcus  aureus 
und  mit  einigen  Ausnahmen  meist  stärker  als  Pyocyaneus. 

2-proz.  wässerige  Lösung  von  Guajakol  tötet  Aussaat  Staphylococcus  nach  lJ/a  St., 
Typhus  nach  45  Min.,  Cholera  nach  30  Min.,  Pyocyaneus  nach  20  Min. 

2-proz.  wässerige  Lösung  von  Guajakol  tötet  Kultur  Staphylococcus  nach  3'/g  St., 

Typhus  nach  2 St.,  Cholera  nach  11/J  St.,  Pyocyaneus  nach  1 St. 

2-proz.  wässerige  Lösung  von  Karbolsäure  tötet  Aussaat  Staphylococcus  nach  3 Min., 
Typhus  nach  3 Min.,  Cholera  nach  2 Min.,  Pyocyaneus  nach  45  Sek. 

2-proz.  wässerige  Lösung  von  Karbolsäure  tötet  Kultur  Staphylococcus  nach  45  Min., 
Typhus  nach  30  Min.,  Cholera  nach  15  Min.,  Pyocyaneus  nach  18  Miu. 

2-proz.  wässerige  Lösung  des  Kresols  tötet  Aussaat  Staphylococcus  nach  3 Min., 
Typhus  nach  3 Min.,  Cholera  nach  2 Min.,  Pyocyaneus  nach  45  Sek. 

2-proz.  wässerige  Lösung  des  Kresols  tötet  Kultur  Stapbylococcus  nach  45  Min., 

Typhus  nach  30  Min.,  Cholera  nach  12  ’/2  Min.,  Pyocyaneus  nach  15  Min. 

2-proz.  alkoholische  Lösung  des  Guajakols  tötet  Aussaat  Staphylococcus  nach  30  Min., 
Typhus  nach  20  Min.,  Cholera  nach  10  Min.,  Pyocyaneus  nach  5 Min. 

2-proz.  alkoholische  Lösung  tötet  Kultur  Staphylococcus  nach  2 St.,  Typhus  nach 
1 St.,  Cholera  nach  30  Min.,  Pyocyaneus  nach  45  Min. 


Tabelle  VIII. 

Wirkung  desinfizierender  Mittel  auf  Typhusbacillus  und  Vibrio  Cholera  asiatica. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


945 


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946  J-  Kuprianow,  Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


2-proz.  alkoholische  Lösung  von  Karbolsäure  tötet  Aussaat  Staphylococcus  nach  2 Min., 
Typhus  nach  l'/2  Min.,  Cholera  nach  1 Min.,  Pyocyaneus  nach  30  Sek. 

2-proz.  alkoholische  Lösung  von  Karbolsäure  tötet  Kultur  Staphylococcus  nach  30  Min., 
Typhus  nach  20  Min.,  Cholera  nach  10  Min.,  Pyocyaneus  nach  6 Min. 

2-proz.  alkoholische  Lösung  des  Kresols  tötet  Aussaat  Staphylococcus  nach  2 Min., 
Typhus  nach  2 Min.,  Cholera  nach  1 Min.,  Pyocyaneus  nach  30  Sek. 

2-proz  alkoholische  Lösung  des  Kresols  tötet  Kultur  Staphylococcus  nach  25  Min., 
Typhus  nach  20  Min.,  Cholera  nach  10  Min.,  Pyocyaneus  nach  5 Min. 

Diese  Zahlen  zeigen  zugleich,  daß  die  alkoholischen  Lösungen 
auch  auf  diese  Bakterien  viel  stärker  wirken  als  wässerige.  Die 
Menge  der  Mittel  in  alkoholischer  und  in  wässeriger  Lösung,  welche 
zur  Aufhebung  der  Entwickelung  der  Bakterien  nötig  ist,  ersieht 
man  aus  folgendem: 

Guajakol  in  wässeriger  Lösung  für  Typh.  1 : 250,  für  Chol.  1 : 500 


,,  alkoholischer  ,, 

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„ 1 : 1000,  „ 

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„ 1 : 2500 

Die  Versuche  mit  Favus  wurden  mit  2-proz.  alkoholischer  und 
4-proz.  alkoholischer  Lösung  angestellt. 

Tabelle  IX. 


Diese  Tabelle  zeigt  uns,  daß  die  Widerstandsfähigkeit  der  Aus- 
saat des  Favuspilzes  noch  schwächer  ist,  als  die  von  Pyo- 
cyaneus, denn  eine  2-proz.  alkoholische  Lösung  von  Guajakol  tötet 
die  Aussaat  schon  nach  20  Sekunden  und  Guajakol  in  4-proz.  alko- 
holischer Lösung,  sowie  die  anderen  Mittel  in  2-proz.  ebenso  wie  in 
4-proz.,  sogar  schon  nach  5 Sekunden.  ischiuß  folgt.) 


Heinrich  Walliczek,  Zur  Technik  bei  Desinfektionsversuchen. 


Zur  Technik  bei  Desinfektionsversuchen, 

Von 

Dr.  Heinrich  Walliczek, 

Magister  der  Pharmacie, 
in 

Wien. 

Als  Substrat  zum  Fixieren  des  Bakterienmaterials  für  Des- 
infektionsversuche wurden  früher  bekanntlich  Seidenfäden  verwendet. 
Die  Seide  hält  jedoch  die  betreffenden  Desinfektionsmittel  so  fest, 
daß  einfaches  Auswaschen  oft  nicht  genügt,  um  sicher  zu  sein,  daß 
das  Desinfektionsmittel  beseitigt  ist.  Ein  bakteriologisch  unwirksames 
Mittel,  welches  das  betreffende  Desinfektionsmittel  in  eine  bakterio- 
logisch gleichfalls  indifferente  Verbindung  überführt,  ist  nicht  immer 
bekannt. 

Es  wurde  aus  diesen  Gründen  später  zu  mikroskopischen  Deck- 
gläschen gegriffen,  um  darauf  die  Versuchsbakterien  gleichmäßig  zu 
verteilen.  Die  Deckgläschen  haben  den  Nachteil  des  festen  Zurück- 
haltens des  Desinficiens  zwar  nicht,  doch  abgesehen  vom  Kosten- 
standpunkte haben  sie  den  Nachteil,  daß  sie  bei  irgend  einer  zufälligen 
Verunreinigung  (mit  Fettspuren  etc.)  mit  ganz  ungleichmäßigen 
Mengen  von  Bakterienmaterial  behaftet  werden  und  daß  diese  Bak- 
terien bei  der  weiteren  Behandlung  auch  viel  leichter  und  ungleich- 
mäßiger abgespült  werden. 

Spirig  hat  später  gleichgroße  Stückchen  Filtrierpapier  zu  glei- 
chem Zwecke  verwendet  und  einen  guten  Erfolg  damit  erzielt. 

Leider  hat  das  Filtrierpapier  fast  denselben  Nachteil  wie  Seiden- 
fäden, nämlich  den  des  hartnäckigen  Festhaltens  des  Desinfektions- 
mittels, wie  ich  bei  den  eben  besprochenen  Versuchen  mit  Tannin 
genau  ersah. 

Die  Filtrierpapierstückchen  in  den  Kontrollröhrchen , welche 
also  mit  Tannin  nicht  behandelt  waren,  bfieben  rein  weiß.  Die  mit 
Tannin  behandelten  Papierstückchen  wurden  aus  der  Tanninlösung 
in  steriles  Wasser  übertragen  und  dort  fünf  Minuten  belassen.  Sie 
erschienen  dann  gleichfalls  weiß;  doch  einige  Stunden,  nachdem  sie 
in  die  Gelatine  eingebracht  waren,  zeigten  sie  eine  mehr  oder  minder 
gelbe  bis  braune  Färbung,  herrührend  von  der  Fällung  des  noch 
zurückgehaltenen  Tannins  durch  die  Gelatine.  In  diesem  Falle 
war  der  gebildete  unlösliche  Gerbsäureleim  jedenfalls  bakteriologisch 
indifferent.  Ich  führe  diese  Ercheinung  nur  an,  um  zu  zeigen,  daß 
das  Filtrierpapier  ebenfalls  die  Nachteile  des  festen  Zurückhaltens 
der  imbibierten  Lösung  besitzt,  ähnlich  wie  die  Seide,  wenn  auch 
vielleicht  nicht  in  so  hohem  Grade.  Ein  Substrat  zum  gleichmäßigen 
Verteilen  der  Bakterien  müßte  nach  meiner  Meinung  ein  Gewebe 
aus  Glaswolle  sein.  Dies  hätte  den  Vorteil  der  Deckgläschen, 
sich  leicht  vom  Desinfektionsmittel  abwaschen  zu  lassen,  und  den 
Vorteil  der  Seidenfäden  oder  des  Filtrierpapiers,  dem  Bakterien- 
materiale eine  geeignete  Oberfläche  zu  bieten,  auf  welcher  eine  gleich- 


948 


Heinrich  Walliczek, 


mäßige  und  fester  anhaftende  Infizierung,  auch  ohne  Antrocknung, 
zu  bewerkstelligen  wäre;  die  Nachteile  aller  anderen  angeführten 
Substrate  waren  bei  einem  Glaswollgewebe  ausgeschlossen. 

Solange  ein  derartiges  Glaswollgewebe  für  diese  Zwecke  in  der 
bakteriologischen  Technik  nicht  eingeführt  ist,  halte  ich  folgende 
Regeln  für  empfehlenswert: 

I.  Sind  die  Bakterien  gegen  Eintrocknung  resistent 

und 

a)  ist  kein  indifferentes  Mittel  bekannt,  welches  die  Wirkung 
des  Desinficiens  paralysiert,  so  sind  Deckgläschen  zum  Verteilen 
der  Bakterien  zu  verwenden  und  die  Bakterien  auf  die  Deckgläschen 
anzutrocknen. 

b)  Ist  ein  indifferentes  Mittel  bekannt,  welches  die  Wirkung  des 
Desinficiens  aufhebt,  so  ist  es  vorteilhaft,  Filtrierpapier  an- 
zuwenden, ohne  die  Bakterien  durch  Antrocknen  fixieren  zu  müssen. 
Werden  Deckgläschen  verwendet,  so  soll  vorheriges  Antrock- 
nen des  Bakterien materials  stattfinden,  um  ein  ungleich- 
mäßiges Abspülen  zu  verhindern. 

II.  Sind  die  Bakterien  gegen  Eintrocknung  nicht 
resistent  und 

c)  ist  kein  indifferentes  Mittel  im  obigen  Sinne  bekannt,  so 
wären  Deckgläschen  zu  verwenden  unter  Vermeidung  des  An- 
trocknens, allerdings  auf  die  Gefahr  hin,  eine  nicht  immer  gleich- 
mäßige Verteilung  zu  erzielen. 

d)  Ist  ein  Paralysationsmittel  im  obigen  Sinne  bekannt,  so  wäre 
Filtrierpapier  unter  Vermeidung  von  Antrocknen  zu  wählen. 


Eine  öfters  vorkommende  Erscheinung  bei  Desinfektionsversuchen 
ist  die,  daß  nach  der  Keimung  der  Bakterien  sich  einzelne  Deck- 
gläschen oder  Filtrierpapierstückchen  finden,  welche  stellenweise  mit 
dicht  gedrängten  Kolonieen  besät  sind.  Es  trifft  dies  nur  in  jenen 
Fällen  ein,  in  welchen  die  Bakterien  durch  Antrocknen  auf  die 
Deckgläschen  oder  das  Filtrierpapier  fixiert  wurden.  In  den  von 
mir  beobachteten  Fällen  wurden  die  infizierten  und  getrockneten 
Objekte  in  die  verflüssigte  Gelatine  verbracht,  welche  sich  in  einem 
Glasröhrchen  befand , und  das  Röhrchen  wurde  behufs  Verteilung 
der  Bakterien  30-mal  auf  und  ab  bewegt.  Es  fanden  sich  trotzdem 
Röhrchen,  welche  den  eben  erwähnten  Mißstand  zeigten,  daß  die 
Bakterien  sich  nicht  gleichmäßig  verteilt  hatten,  sondern  lokal  an- 
gehäuft blieben.  Eine  solche  ungleichmäßige  Verteilung  erschwert 
oder  vereitelt  geradezu  ein  richtiges  Abzählen  der  Kolonieen. 

Um  diese  ungleichmäßige  Verteilung  auszuschließen,  versuchte 
ich,  Gelatineblättchen  an  Stelle  der  Deckgläschen  und  Filtrierpapier- 
stückchen als  Substrat  zum  Fixieren  der  Bakterien.  Ich  schlug  zu 
diesem  Zwecke  mittels  Locheisen  gleichgroße  Stückchen  aus  Blatt- 
gelatine, und  zwar  verwendete  ich  hierzu  die  rosa  gefärbte  Speise- 
gelatine, weil  diese  Blättchen  sich  ihrer  Färbung  wegen  besser  über- 
sehen lassen. 

Meine  Voraussetzung  war  die,  daß  die  erweichten  Gelatine- 
blättchen sich  iu  dem  lauwarmen,  verflüssigten  Gelatinenährboden 


t)ie  Resistenz  des  B&cteriam  coli  commune  gegen  Eintrocknung. 


949 


lösen  würden  und  dadurch  eine  gleichmäßige  Verteilung  der  an- 
haftenden Bakterien  zustande  käme. 

Die  Gelatinestückchen  lösen  sich  jedoch  erst,  wenn  sie  eine 
bestimmte  längere  Zeit  erweicht  werden.  Bei  Desinfektionsversuchen, 
wo  eine  Eiuwirkungszeit  von  nur  einer  oder  wenigen  Minuten  kon- 
trolliert wird,  trifft  dies  nicht  zu,  und  hat  das  Verwenden  von 
Gelatinestückchen  keine  Vorteile.  Bei  einer  Einwirkung  des  Des- 
infektionsmittels durch  eine  halbe  bis  mehrere  Stunden  ist  die  Gelatine 
so  erweicht,  daß  sie  sich  dann  sehr  rasch  in  dem  erwärmten  Nähr- 
boden löst;  für  diese  Fälle  wäre  demnach  das  Verwenden  von  Gelatine- 
stückchen als  Substrat  zum  Verteilen  von  Bakterien  vorteilhaft, 
vorausgesetzt,  daß  sich  die  Gelatine  mit  dem  Desinfektionsmittel 
überhaupt  verträgt. 

Trockene  Gelatine  läßt  sich  bei  160°  ebensogut  trocken  steri- 
lisieren, wie  Filtrierpapier  oder  Deckgläschen. 

Baden,  5.  Mai  1894. 


Die  Resistenz  des  Bacterium  coli  commune  gegen 
Eintrocknung. 

Von 

Dr.  Heinrich  Walliczek, 

Magister  der  Pharmacie, 
in 

Wien. 

Gelegentlich  der  Desinfektionsversuche  mit  Tannin,  welche  ich 
früher  mitgeteilt  habe,  machte  ich  die  Bemerkung,  daß  alle  infizierten 
Röhrchen  mit  Gelatine  steril  blieben,  wenn  ich  das  Bakterienmaterial 
durch  Antrocknen  auf  Filtrierpapier  unter  der  Luftstrahlpumpe  fixierte. 
Selbst  die  zur  Kontrolle  angelegten  und  deshalb  mit  Tannin  nicht 
behandelten  Papierstückchen  erzeugten  keine  Infektion. 

Ich  mußte  deshalb  annehmen,  daß  die  Bakterien  durch  diese 
Trocknungsart  unter  der  Luftstrahlpumpe,  also  im  Vakuum,  getötet 
werden.  Das  Fixieren  der  Bakterien  auf  das  Substrat,  nämlich 
Seidenfäden,  Deckgläschen  oder  Papierstücken,  wird  aber  gewöhnlich 
durch  Eintrocknen  vorgenommen,  um  auszuschließen,  daß  die  am 
Substrate  verteilten  Bakterien  durch  ein  zufällig  stärkeres  Schwenken 
in  der  Desinfektionslösung  oder  im  sterilen  Waschwasser  ungleich 
abgespült  werden. 

Ueber  die  Resistenz  des  Bacterium  coli  commune  gegen 
Eintrocknung  fand  ich  keine  Litteraturangaben. 

Ich  versuchte  nun  die  Eintrocknung  auf  verschiedene  Arten  zu 
bewirken,  um  zu  sehen,  unter  welchen  Umständen  das  Bact.  coli 
commune  am  längsten  lebensfähig  bleibt. 

Hier  die  Versuchsreihen: 


XV.  Bd. 


60 


950  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


I.  Zur  Kontrolle  wurden  die  aus  der  Bakterienaufschwemmung 
genommenen  Filtrierpapierstückchen  auf  5 Minuten  in  steriles  Wasser 
verbracht  und  dann  in  die,  in  Röhrchen  befindliche,  flüssig  gemachte 
Gelatine  gesät:  Es  wuchsen  viele  Tausende  Kolonieen. 

II.  Die  infizierten  Papierstückchen  wurden  unter  der  Wasser- 
strahlluftpumpe, also  im  Vakuum,  getrocknet,  was  eine  Zeit  von  30 
Minuten  beanspruchte.  Sodann  kamen  sie  auf  5 Minuten  in  steriles 
Wasser  und  nachher  in  die  Gelatine,  wie  bei  Versuch  I.  Es  wuchsen 
in  den  einzelnen  Röhrchen  6,  11,  17  und  58  Kolonieen. 

III.  Die  Papierstückchen  wurden  unter  der  Wasserstrahlluftpumpe 
getrocknet,  jedoch  bei  offenem  Hahne  der  Glasglocke,  so  daß  immer 
neue  Luft  aspiriert  wurde.  Sie  waren  in  45  Minuten  trocken.  Die 
weitere  Behandlung  war  wie  bei  Versuch  II.  Es  wuchsen:  0,  28, 
45,  78  und  über  1000  Kolonieen. 

IV.  Die  Filtrierpapierstückchen  wurden  in  steriler  Schale  ge- 
trocknet. Nach  18  Stunden  (über  Nacht)  war  alles  trocken.  Es 
wuchsen  0,  0,  0,  0,  0,  0 Kolonieen. 

V.  Die  inficierten  Papierstückchen  wurden  im  Exsiccator  über 
Schwefelsäure  getrocknet.  Nach  17  Stunden  (über  Nacht)  war  alles 
getrocknet.  Es  wuchsen:  0,  0,  1,  10  und  25  Kolonieen. 

Es  ergiebt  sich  aus  diesen  Versuchsreihen,  daß  Bacterium 
coli  commune  durch  Eintrocknen,  in  welcher  Form  dies  auch  sein 
mag,  getötet  wird.  Je  länger  der  Trocknungsprozeß  andauert,  desto 
sicherer  erfolgt  die  Abtötung. 

Wien,  5.  Mai  1894. 


Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 

Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen 
Kongresse  in  Rom. 

Referent:  Dr.  G.  Sanarelli,  Privatdozent  in  Rom. 

(Fortsetzuog.) 

Pernice,  B.  und  Scagliosi,  G.  (Palermo),  Beitrag  zur  Kenntnis 
der  Pathogenie  der  Nieren veränderunge n bei  der 
asiatischen  Cholera. 

Die  mitgeteilten  Beobachtungen  sind  während  und  nach  der 
letzten  Choleraepidemie  im  Jahre  1893  in  Palermo  gemacht  worden. 
Aus  ihnen  geht  hervor,  daß  bei  den  Menschen  in  dem  akuten  Zu- 
stande der  asiatischen  Cholera  die  Nieren  von  einer  mehr  oder 
weniger  verbreiteten  und  schweren  Nephritis  befallen  sind.  In  den 
durch  die  Infektion  von  Choleravibrionen  gestorbenen  Meerschweinchen 
findet  man  die  Nieren  ebenfalls  an  Knäuelnephritis  krank,  wie  man 
es  in  allen  Fällen  allgemeiner  Experimentalinfektion  infolge  der  Ent- 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  951 


fernung  der  Bacillen  aus  dem  Organismus  beobachtet.  Die  gleichen 
Veränderungen  werden  in  den  Nieren  von  Meerschweinchen,  welche 
mit  dem  Filtrat  einer  Kultur  des  Kommabacillus  oder  des  Darm- 
inhalts eines  cholerakranken  Meerschweinchens  geimpft  wurden,  be- 
obachtet; Veränderungen,  welche  denen  der  Nieren  eines  Cholerakranken 
gleichen.  Unter  gleichen  Umständen  verursacht  das  Filtrat  des 
Darminhalts  eine  schwerere  Knäuelnephritis,  als  sie  durch  das  Blut 
oder  eine  Kultur  selbst  hervorgebracht  wird,  was  zu  dem  Glauben 
veranlaßt,  daß  die  Vibrionen  in  dem  Darme  besonders  günstige 
Umstände  vorfinden,  um  die  Produkte  ihres  Stoffwechsels  in  größerer 
Menge  und  giftigerer  Intensität  bilden  zu  können.  Die  experimen- 
tellen Beobachtungen  bestätigen  also  die  Ansicht,  daß  die  Knäuel- 
nephritis bei  Cholera  einen  toxischen  Ursprung  hat  und  durch  die 
Absonderung  der  in  den  Blutkreislauf  gelangten  Gifte  verursacht 
wird. 

Sirena,  S.  und  Scagliosi,  G.  (Palermo),  Aehnlichkeiten  und 

Verschiedenheiten  der  in  den  verschiedenen  Teilen 

Italiens  während  der  letzten  Choleraepidemie  iso- 
lierten Vibrionen. 

Verff.  haben  die  morphologischen  und  biologischen  Verschieden- 
heiten studiert,  welche  der  von  ihnen  während  der  letzten  Cholera- 
epidemie in  Palermo  (1893)  isolierte  Bacillus  gegenüber  dem  von 
Neapel  und  Rom  und  jenem  von  Kalkutta  aufwies. 

Sie  sind  zu  folgenden  Schlüssen  gelangt: 

1)  Der  Koch’ sehe  Kommabacillus  wurde  von  ihnen  stets  in  den 
Abfällen  der  Cholerakranken  in  dem  akuten  Zustande  gefunden, 
aber  selten  in  dem  Darminhalte  der  Verstorbenen. 

2)  Alle  vier  oben  erwähnten  Vibrionen  bilden  in  Bouillonkulturen 
ein  mehr  oder  weniger  dickes  Häutchen,  welches  bei  dem  von 
Palermo  erst  nach  zwei  Monaten  zum  Vorschein  gekommen  ist. 

3)  In  Gelatine  entwickelt  sich  zuerst  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
der  Bacillus  von  Palermo  rascher  und  stärker,  dann  jener  von 
Neapel,  Rom  und  zuletzt  der  von  Kalkutta. 

4)  Auf  Kartoffeln  bei  Brüttemperatur  bilden  die  Vibrionen  von 
Kalkutta  eine  ziemlich  mächtige,  gelbbraune  Schicht,  die  von 
Rom  eine  dünnere  und  dunkelgelbe,  jene  von  Neapel  und  Palermo 
eine  von  Kartoffelfarbe  kaum  zu  unterscheidende  Schicht. 

5)  Die  stark  alkalische  sterilisierte  Milch  wird  durch  alle  vier 
Vibrionen  in  verschiedenen  Zeiten  zum  Gerinnen  gebracht. 

6)  Die  Indolreaktion  wird  rascher  erhalten  mit  den  Kulturen  der 
Vibrionen  von  Rom  und  Neapel,  etwas  später  mit  jener  von 
Palermo  und  endlich  nur  angedeutet  mit  jener  von  Kalkutta. 

7)  Auf  sauren  Kartoffeln  und  manchmal  auch  in  Bouillon  nehmen  die 
Bacillen  degenerative  Formen  an,  welche  sich  gewöhnlich  am 
dritten  Tage  nach  der  Entwickelung  einstellen. 

8)  Die  Vibrionen  von  Palermo,  Neapel  und  Rom  sind  sehr  virulent, 
sie  töteten  die  Tiere  durchschnittlich  nach  12  Stunden,  die  von 
Kalkutta  weniger,  die  Tiere  starben  erst  nach  15—20  Stunden. 

60* 


952  Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom. 


Sirena,  S.  und  Scagliosi,  Gr.  (Palermo),  Lebensdauer  des  Milz- 
brandbacillus im  Boden,  im  Trink-  und  Meerwasser 
und  in  den  Abfall  wässern. 

Verff.  haben  ihre  Versuche  mit  dem  oben  genannten  Materiale 
in  sterilisiertem  und  unsterilisiertem  Zustande  bei  Ruhe  und  Schüt- 
teln gemacht.  Mit  der  Erde  haben  sie  zwei  Versuchsreihen  ange- 
stellt, in  einer  haben  sie  in  Glaskolben  gestellte  sterilisierte  Erde, 
in  der  anderen  Gartenerde  angewandt.  Die  in  dem  Kolben  befind- 
liche Erde  war  trocken  oder  kaum  feucht  oder  ganz  naß.  Verff. 
kommen  zu  den  Schlußfolgerungen,  daß  die  Milzbrandsporen  (die 
Bacillen  sterben  nach  einer  gewissen  Zeit)  lebten  und  ihre  Virulenz 
behielten  in  sterilisiertem  und  geschütteltem  destilliertem  Wasser  bis 
zu  20  Monaten  und  16  Tagen;  in  der  feuchten  oder  ganz  trockenen 
oder  mit  Wasser  bedeckten  Erde  bis  zu  2 Jahren  9 Monaten  und 
einigen  Tagen ; in  Meerwasser  1 Jahr  7 Monate  und  einige  Tage ; in 
geschütteltem  Trinkwasser  17  Monate,  in  sterilisiertem  Meerwasser 
ebenfalls  17  Monate.  In  den  letzten  drei  Fällen  war  das  Virus  noch 
aktiv.  Endlich  lebten  noch  die  Bacillen  in  den  Abfallwässern  nach 
15  Monaten  und  25  Tagen  und  in  einer  verfaulten  Milz,  welche  in 
eine  Blechbüchse  gestellt  war,  mehr  als  2 Jahre. 

Nach  der  Lebensdauer  der  nachher  inokulierten  Versuchstiere 
(Meerschweinchen  und  Kaninchen)  zu  schließen,  scheint  den  Verff., 
daß  das  Medium,  in  welchem  der  Milzbrandbacillus  gelebt 
hatte,  einen  Einfluß  auf  seine  Virulenz  ausübt,  sie  haben  beobachtet, 
daß  in  solchen  von  Mikroorganismen  befreiten  Medien  die  Virulenz 
immer  am  stärksten  war. 

Babes,  V.  (Bukarest),  Ueber  Enterohepatitis  suppurata 
endemica. 

Rumänien  gehört  einer  pathologischen  Zone  an,  welche  besonders 
das  Littoral  des  Mittelmeeres  und  des  Schwarzen  Meeres  begreift. 
Gewisse  Krankheiten,  welche  im  westlichen  Europa  selten  sind,  er- 
strecken sich  noch  über  Rumänien,  namentlich  bis  zu  den  Karpathen. 
Hierher  gehören  unter  anderem  biliöse  maligne  Fieber,  die  Pellagra, 
die  Lepra  und  namentlich  die  sogenannte  tropische  Dysenterie  mit 
Leberneurose  und  -Abscess.  Die  letztere  kann  Babes  nach  reich- 
lichen Erfahrungen  nicht  als  wirkliche  Dysenterie  betrachten,  indem 
die  Darmentzündung  nicht  als  diffuse  oberflächliche  Rektose  besonders 
des  unteren  Dickdarmteiles  beginnt,  sondern  als  ein  tiefes  entzünd- 
liches Oedem  mit  Geschwüren  auf  der  verhältnismäßig  intakten 
Schleimhaut,  besonders  des  Beginnes  des  aufsteigenden  Dickdarmes. 
Hier  findet  sich  gewöhnlich  ein  den  ersten  Querfalten  entsprechendes, 
ringförmig  den  Darm  umgreifendes  Geschwür  mit  hyperämischen  oder 
hämorrhagischen  Rändern  und  pulpöser,  eiterig  infiltrierter  oder  gan- 
gränöser Basis.  Oft  perforieren  die  Geschwüre  und  findet  sich  pheg- 
monöse  Infiltration  des  benachbarten  retroperitonealen  Gewebes.  Ganz 
selten  gesellt  sich  zu  dieser  Form  wahre  Dysenterie.  Diese  Enteritis 
ist  es,  welche  sich  regelmäßig  mit  Leberabscessen  kompliziert.  Letz- 
tere unterscheiden  sich  von  allen  anderen  Formen  der  Leberabscesse, 
indem  es  sich  in  der  Regel  um  einen  oder  wenige  große  Herde 


Mitteilungen  aus  dem  XI.  internationalen  medizinischen  Kongresse  in  Rom.  953 

mäßiger  umschriebener  Nekrose  handelt,  welche  im  Centrum  zu  er- 
weichen und  zu  vereitern  beginnen.  Erst  später  findet  sich  ein 
wahrer  Absceß  mit  mehr  oder  minder  scharfer  Begrenzung.  Dies 
ist  nach  den  Beschreibungen  von  Koch,  W.  Kruse  etc.  die  typische 
Form  auch  der  ägyptischen  „Dysenterie“.  Außerdem  kommen  allerdings 
in  den  Tropen  noch  Fälle  wirklicher  Dysenterie  vor. 

Bei  unserer  nekrotisch-eiterigen  Enteritis  findet  man  häufig  im 
Stuhle  Amöben,  welche  jenen  von  Lösch,  Kartulis,  Kruse  u.  A. 
beschriebenen  entsprechen  und  manchmal  selbst  in  großer  Menge. 
Bei  der  Sektion  und  der  histologischen  Untersuchung  hingegen  finden 
sich  solche  nur  ausnahmsweise  im  Niveau  der  Geschwüre.  Nament- 
lich ist  deren  häufiges  Fehlen  im  histologischen  Präparate  auffallend. 
Im  Eiter  der  Leberabscesse  wurden  Amöben  ebenfalls  nur  selten 
konstatiert,  und  auch  die  histologische  Untersuchung  von  Schnitt- 
präparaten aus  der  Leber  erwies  nur  in  3 unter  20  Fällen  deren  An- 
wesenheit, während  in  etwa  10  Fällen  Bakterien,  Eiterkokken,  sapro- 
gene,  dem  Typhusbacillus  ähnliche  Formen  und  Protei  in 
solcher  Menge  und  Anordnung  in  den  Geschwüren  und  Abscessen  ge- 
funden wurden,  daß  denselben  eine  wesentliche  Rolle  bei  der  Eiterung 
zugesprochen  werden  muß.  Außerdem  wurden  große  Massen  eines 
nicht  züchtbaren  Bacillus,  dem  Rotzbacillus  ähnlich,  in  einer 
Anzahl  von  Fällen  in  der  Tiefe  des  Gewebes  der  Geschwürs-  und 
Absceßwand  nachgewiesen.  Babes  hält  infolge  dieser  Untersuchungen 
eine  wesentliche  Rolle  der  Amöben  in  der  Mehrzahl  seiner  Fälle  als 
nicht  nachgewiesen.  Wenn  in  tropischen  Ländern  die  Amöben  in 
derselben  Krankheit  häufiger  sind,  so  spricht  dies  für  einen  nicht 
wesentlichen  Zusammenhang  der  Krankheit  mit  derselben.  Jedenfalls 
müssen  weitere  Untersuchungen  abgewartet  werden. 

Babes,  V.  (Bukarest),  Ueber  einen  bei  Skorbut  gefundenen 
Bacillus. 

In  einer  Skorbutepidemie  bei  einem  Reiterregimente  konnte  Verf. 
in  jedem  Falle  aus  dem  nekrotischen  Rande  der  Alveolenschleimhaut 
eigentümliche  feine,  gekrümmte  und  zugespitzte  Bacillen  (den  Tuberkel- 
bacillen ähnlich,  nach  Gram  nicht  färbbar)  nach  weisen.  Namentlich 
an  exstirpierten  Schleimhautstückchen  wurde  das  Eindringen  der  Ba- 
cillen in  großen  kompakten  Massen  in  die  Tiefe  der  Schleimhaut, 
sowie  eiue  eigentümliche  Nekrobiose  des  umgebenden  Gewebes  mit 
Entartung  der  Gefäßwände  und  Proliferation  der  Endothelien  noch 
in  beträchtlicher  Entfernung  von  den  Bacillenmassen  nachgewiesen. 
Neben  den  Bacillen,  aber  bloß  oberflächlich,  finden  sich  noch  Strepto- 
kokken. Die  zerkleinerten  und  gewaschenen  Gewebsstücke  geben,  auf 
Agar-Agar  zerrieben,  bei  Körpertemperatur  charakteristische  Kulturen 
in  Form  kleiner,  gelblicher,  durchscheinender,  erhabener,  mit  kleinsten 
Körnchen  bedeckter  Kolonieen.  Anfangs  wurden  dieselben  schwer 
und  nur  zugleich  mit  Streptokokkenkolonieen  gewonnen.  Sowohl  Ge- 
websstückchen als  Kulturen  wurden  verschiedenen  Tieren  unter  die 
Haut  oder  in  die  Blutbahn  geimpft  und  erzeugen  dieselben  anfangs 
oft  bei  Kaninchen  Hämorrhagieen  und  den  Tod  der  Tiere,  wobei  am 
Rande  mancher  hämorrhagischen  Herde  die  beschriebenen  Bacillen 


954 


Allgemeines  über  Infektionskrankheiten. 


angetroffen  wurden.  Auch  die  filtrierte  Kultur  erzeugt  manchmal 
Hämorrhagieen.  Besonders  durch  Hunger  oder  Krankheiten  herab- 
gekommene Tiere  reagieren  deutlich  auf  die  Infektion.  Die  älteren 
Kulturen  verlieren  allmählich  ihre  pathogene  Wirksamkeit.  Es  ist 
unzweifelhaft,  daß  die  beschriebenen  Bacillen  die  Mundschleimhaut- 
affektion bei  Skorbut  in  allen  6 untersuchten  Fällen  erzeugt  hatten 
und  daß  dieselben  in  frischem  Zustande  bei  Tieren  Hämorrhagieen 
erzeugen  können. 


Referate. 


Weyl,  Handbuch  der  Hygiene.  Jena  (Gustav  Fischer)  1893. 

[Fortsetzung  des  Referats  auf  S.  310.] 

4.  Lieferung:  von  Fodor,  Hygiene  des  Bodens.  Mit  be- 
sonderer Rücksicht  auf  Epidemiologie  undBauwesen. 
(246  Seiten.  Preis  einzeln  4,50  M.,  bei  Abnahme  des  ganzen  Hand- 
buches 3,60  M.) 

Die  hygienische  Bedeutung  des  Bodens  ist  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten Gegenstand  so  zahlreicher  Erörterungen  gewesen,  daß  gegen- 
wärtig eine  auch  nur  oberflächliche  Uebersicht  über  die  entstandene 
Litteratur  nicht  ohne  ein  besonderes  Studium  erlangt  werden  kann.  Es 
wird  daher  Vielen  willkommen  sein,  wenn  neuerdings  von  berufener 
Seite  versucht  worden  ist,  den  zeitigen  Stand  der  Frage  zu  fixieren 
und  die  gewonnenen  Ergebnisse  der  wissenschaftlichen  Forschung 
möglichst  übersichtlich  zusammenzustellen,  umsomehr,  als  v.  Fodor 
der  übernommenen  Aufgabe  durchaus  gerecht  geworden  ist.  Ein 
ausführlicher  Bericht  über  die  treffliche  Abhandlung  verbietet  sich 
an  dieser  Stelle  mit  Rücksicht  auf  die  Reichhaltigkeit  des  darin  ge- 
botenen Inhalts,  doch  mag  es  gestattet  sein,  die  vom  Verf.  gewählte 
Einteilung  seines  Stoffes  und  die  von  ihm  in  einigen  epidemiologischen 
Fragen  vertretenen  Anschauungen  in  der  Kürze  wiederzugeben. 

Nach  einer  geschichtlich-litterarischen  Einleitung  beschäftigt  sich 
v.  Fodor  im  ersten  Kapitel  mit  der  Struktur  des  Bodens.  Es 
werden  im  Besonderen  die  einzelnen  Bodenarten  klassifiziert;  ihre 
Verteilung  in  verschiedenen  großen  Städten,  Budapest,  London,  Lyon, 
Wien,  München,  Berlin,  Paris,  bildet  den  Inhalt  eines  eigenen  Ab- 
schnitts. Das  zweite  Kapitel  ist  den  Temperaturverhält- 
nissen des  Bodens  gewidmet.  Der  Einfluß  der  Sonnenwärme 
auf  die  verschiedenen  Erdschichten,  die  Wärmeschwankungen  im 
Boden  gleichfalls  mit  Berücksichtigung  verschiedener  Schichten  bildet 
den  Gegenstand  ausführlicher  Darstellungen,  aus  denen  sich  u.  a.  er- 
giebt,  daß  die  Temperatur  in  einer  Tiefe  von  4 m und  mehr  Bak- 
terienarten von  bescheidenen  Wärmeansprüchen  das  ganze  Jahr  ein 
mäßiges  W'achstum  gestattet,  ein  solches  hingegen  anderen  Arten, 
welche  höhere  Temperaturen  beanspruchen,  wie  z.  B.  den  Anthrax- 
bacillen,  unmöglich  macht.  Der  Besprechung  der  Wirkung  der 


Allgemeines  über  Infektionskrankheiten. 


955 


Sonnenwärme  schließt  sich  die  Schilderung  des  Einflusses  der  inneren 
Erdwärme  und  der  wärmeerzeugenden  physiologisch-chemischen  Pro- 
zesse im  Boden  an.  Das  dritte  Kapitel  handelt  von  Bodenfeuch- 
tigkeit und  Grundwasser,  als  deren  wesentlichste  Ursache 
die  atmosphärischen  Niederschläge  bezeichnet  werden.  Von  den  Eigen- 
schaften des  Bodens,  welche  auf  das  Maß  und  die  Dauer  seiner 
Durchfeuchtung  von  Einfluß  sind,  werden  Durchlässigkeit,  wasser- 
bindende Kraft,  Wasserfassungsvermögen,  Kapillarität,  Absorptions- 
und Kondensationsvermögen  für  Wasserdampf  nacheinander  eingehend 
gewürdigt.  Die  Austrocknung  des  Bodens  durch  Verdunstung  schließt 
sich  an.  Das  Grundwasser  wird  unter  Benutzung  eines  Citats  aus 
v.  Pettenkofer’s  Hauptbericht  über  die  Choleraepidemieen  des 
Jahres  1854  definiert.  Sein  Ursprung  wird  im  Regen wasser  und  im 
versickerten  Oberflächen  wasser  gefunden ; daneben  wird  auch  die  Er- 
gänzung des  Grundwassers  in  tiefer  gelegenen  Becken  und  Mulden 
durch  Abfluß  von  höheren,  abwärts  geneigten  Gebieten  (Drainage- 
wasser) erwähnt.  Weitere  Abschnitte  beschäftigen  sich  mit  den  ver- 
schiedenen Eigenschaften  des  oberflächlichen  und  tiefen  Grundwassers, 
dem  Wasserreichtum,  den  Bewegungen  (Strömungen,  Schwankungen) 
des  Grundwassers,  den  Ursachen  und  den  zeitlichen  Verhältnissen 
dieser  Schwankungen.  Zahlreiche  skizzierte  Abbildungen  erleichtern 
hier  in  willkommener  Weise  das  Verständnis  des  Textes.  Die  letzten 
Abschnitte  des  Kapitels  handeln  von  der  Befeuchtung  des  Bodens 
durch  Ueberschwemmungen,  Quellen  und  Gewerbebetriebe,  sowie  von 
den  örtlichen  und  zeitlichen  Schwankungen  der  Bodenfeuchtigkeit. 
Verf.  gelangt  dabei  zu  dem  Ergebnisse,  daß  die  Schwankungen  des 
Grundwassers  nur  in  den  Fällen,  wo  der  Spiegel  desselben  durch 
die  örtlichen  Regengüsse  thatsächlich  beeinflußt  wird,  als  Ausdruck 
der  Veränderungen  in  der  Feuchtigkeit  der  darüber  gelegenen  Boden- 
schichten ausgesprochen  werden  können,  daß  aber  auch  in  solchen 
Fällen  zur  Zeit  der  Sommer-  und  Herbstregen,  welche  bei  der 
vorausgegangenen  Austrocknung  des  Bodens  oft  gar  nicht  bis  zum 
Grundwasserspiegel  Vordringen , auch  bei  verhältnismäßig  tiefem 
Grundwasserstande  eine  große  Feuchtigkeit  in  den  oberen  Boden- 
schichten vorhanden  sein  kann. 

Das  vierte  Kapitel  trägt  die  Ueberschrift  „die  Grundluft“. 
In  seinen  einzelnen  Abschnitten  wird  der  Luftgehalt  des  Bodens,  die 
Permeabilität  des  Bodens  für  Luft,  die  Zusammensetzung  der  Grund- 
luft mit  ihren  zeitlichen  und  örtlichen  Schwankungen  und  schließlich 
die  Bewegung  derselben  besprochen.  Das  fünfte,  gleichfalls  in  eine 
Anzahl  von  Unterabschnitten  geteilte  Kapitel  handelt  von  den  orga- 
nischen Substanzen,  das  sechste  von  den  Bakterien  im 
Boden.  Hier  ist  ein  Abschnitt  der  Rolle  der  Bakterien,  ein 
weiterer  deren  Lebensprozesse  im  Boden  gewidmet.  Alsdann  werden 
die  pathogenen  Bakterien,  welche  im  Boden  Vorkommen  oder  ver- 
mutet werden  können,  besprochen.  Erwiesen  ist  nur  das  Vorhanden- 
sein der  Bacillen  des  Milzbrands,  des  malignen  Oedems  und  des 
Tetanus  im  Boden.  Typhusbacillen  können  sich  dort  nach  den  Er- 
gebnissen von  Versuchen  längere  Zeit  lebensfähig  halten.  Wenn  ihnen 
im  Boden  eine  Rolle  zukommt,  so  werden  sie  diese  in  den  oberfläch- 


956 


Allgemeines  über  Infektionskrankheiten. 


liehen  Schichten,  deren  Sauerstoffmangel,  Feuchtigkeitsgrad  und 
Wärme  ihnen  günstig  sein  kann,  am  meisten  zur  Geltung  bringen 
können.  Cholerabacillen  kommen  unterhalb  der  Bodenoberfläche  nicht 
wohl  fort,  dagegen  ist  ihre  Vermehrung  auf  derselben  nicht  ausge- 
schlossen. Bei  Besprechung  der  Wege  für  eine  Auswanderung  der 
Bakterien  aus  dem  Boden  stellt  der  Verf.  die  Möglichkeit  der  Be- 
förderung mit  der  aufsteigenden  Grundluft  nicht  in  Abrede.  Als 
wichtig  wird  das  Aufgraben  und  das  Aufwühlen  des  Bodens  be- 
zeichnet. Hinsichtlich  des  Verhältnisses  der  Bodenbakterien  zum 
Grundwasser  und  der  Frage  des  Eindringens  derselben  in  mensch- 
liche Wohnungen  wird  ein  abschließendes  Urteil  zurückgehalten.  In 
ähnlich  vorsichtiger  Weise  bespricht  der  Verf.  die  Möglichkeiten  des 
Vorkommens  anderweitiger  Infektionsstoffe  (Ptomaine,  flüssige  toxische 
Substanzen,  andere  niedere  Organismen)  im  Boden. 

Die  Einwirkung  der  Bodenverhältnisse  auf  die 
öffentliche  Gesundheit  bildet  den  Inhalt  des  siebenten  Ka- 
pitels. Im  ersten  Teil  desselben,  welcher  die  Beziehungen  des  Bodens 
zu  epidemischen  und  endemischen  Krankheiten  umfaßt,  werden  zu- 
nächst im  allgemeinen  die  Begriffe  der  örtlichen  und  zeitlichen  Dis- 
position, der  kontagiösen  und  miasmatischen  Krankheiten  u.  a.  er- 
läutert. Alsdann  folgt  eine  ausführliche  Besprechung  der  Beziehungen 
zwischen  Boden  und  Malariafieber.  „Man  ist  berechtigt“,  so  sagt 
der  Verf.  am  Schlüsse  dieses  Abschnitts,  „zu  konstatieren,  daß  die 
Malariafieber  Krankheiten  sind,  deren  Infektionserreger  nicht  durch 
den  Menschen  erzeugt  und  verbreitet  werden,  sondern  an  gewissen 
Orten  und  zu  bestimmten  Zeiten  außerhalb  des  menschlichen  Körpers, 
namentlich  vorwiegend,  wenn  nicht  ausschließlich  im  Boden  ent- 
stehen.“ Indessen  bedarf  es,  „um  das  Verhältnis  von  Boden  und 
Malaria  zueinander  in  Zukunft  gründlicher  zu  studieren  und  begreifen 
zu  können,  weiterer  genauerer  und  eingehenderer  Bodenunter- 
suchungen.“ Weniger  bestimmt  äußert  sich  der  Verf.  im  nächstfol- 
genden Abschnitt  über  die  Beziehungen  zwischen  Gelbfieber  und 
Boden.  Er  stellt  fest,  daß  das  Gelbfieber  eine  verschleppbare  mias- 
matische Krankheit  ist,  hält  aber  vor  Bekanntwerden  des  Miasmas 
ein  direktes  Studium  des  Zusammenhangs  der  von  demselben  erzeugten 
Krankheit  mit  dem  Boden  nicht  für  thunlich. 

Mit  großer  Sorgfalt  hat  der  Verf.  die  Frage  erwogen,  ob  die 
Cholera  zu  den  Bodenkrankheiten  zu  zählen  ist.  In  dem  mehr  als 
20  Seiten  umfassenden  Abschnitt  wird  die  örtliche  Verbreitung  dieser 
Seuche  geschildert,  demnächst  festzustellen  gesucht,  welche  Boden- 
verhältnisse ihr  günstig  sind,  der  zeitlichen  Schwankungen  der  Cho- 
leramorbidität gedacht  und  der  Möglichkeit  einer  Beeinflussung  der 
individuellen  Disposition  zur  Erkrankung  durch  den  Boden  Erwäh- 
nung gethan.  Der  Verf.  ist  sichtlich  bemüht,  v.  Pettenkofer 
in  seinen  Beobachtungen  und  Folgerungen  nachzugehen;  seine  Dar- 
stellung verrät  eine  gründliche  Kenntnis  der  Schriften  jenes  Alt- 
meisters der  Hygiene  und  dennoch  vermag  er  ihm  nicht  zuzustimmen. 
Er  erachtet  eine  Beteiligung  des  Bodens  an  der  Verbreitung  der 
Cholera  für  wesentlich  insoweit  Verunreinigungen  auf  dessen  Ober- 
fläche zur  Verschleppung  und  im  Zusammenwirken  mit  Feuchtigkeit 


Tuberkulose. 


957 


auch  zum  Gedeihen  der  Keime  beitragen  können,  keineswegs  aber 
für  ausschlaggebend  und  noch  weniger  für  ausschließlich  und 
spezifisch. 

In  entsprechender  Weise  äußert  sich  v.  Fodor  hinsichtlich  des 
Zusammenhangs  zwischen  Typhus  und  Boden.  Er  bestreitet  hier 
die  von  Pettenkofer  behauptete  Regelmäßigkeit  des  umgekehrten 
Verhaltens  zwischen  Typhusmorbidität  und  Grundwasserschwankungen 
auf  Grund  von  in  Budapest  angestellten  Beobachtungen  und  glaubt, 
daß  der  Boden  wohl  einen  Anteil  an  der  Förderung  des  Typhus  be- 
sitzen mag,  daß  indessen  andere  Einflüsse  (Wasserleitung,  Reinlichkeit 
in  Wohnungen,  Abtritten,  Sielen,  auf  dem  Boden)  bei  der  Verbreitung 
der  Krankheit  eine  wichtigere  Rolle  spielen. 

In  3 weiteren  Abschnitten  werden  die  Beziehungen  besprochen, 
welche  zwischen  Durchfall  (Sommerdiarrhoe,  Cholera  infantum), 
bezw.  Diphth erie,  bezw.  Tuberkulose  und  dem  Boden  gefunden 
worden  sind. 

Das  achte  Kapitel  handelt  von  der  Verseuchung  und  Assa- 
nierung des  Bodens.  Seine  Einzelabschnitte  schildern  1)  die 
Insalubrität  des  Bodens  infolge  von  Wasser  und  Feuchtigkeit;  2) 
die  Assanierung  des  feuchten  Bodens  (Gräben,  Drainage,  Schwind- 
brunnen, Bewirtschaftung  u.  s.  w.);  3)  die  Assanierung  dps  durch 
Abfallstoffe  verunreinigten  Bodens  (Ausgraben  mit  Abfuhr,  Desinfek- 
tion, Ventilation);  4)  die  Erfolge  der  Bodenreinigungsmaßnahmen, 
die  Asepsie  des  Bodens. 

Im  neunten  Kapitel  endlich  sind  die  Methoden  der  hygie- 
nischen Bodenuntersuchung  besprochen. 

K übler  (Berlin). 

Bruice,  P.  J.  de,  Ueber  einen  Fall  von  akuter  Miliar- 
tuberkulose mit  dem  ausgeprägten  Bilde  des  Ab- 
dominaltyphus. (Berliner  klin.  Wochenschrift.  1894.  No.  13.) 

Ein  18-jähriges  Mädchen  erkrankte  plötzlich  mit  Fieber,  Milz- 
schwellung, Roseolen  und  dünnflüssigem  Stuhl,  so  daß  die  Diagnose 
auf  Abdominaltyphus  gestellt  wurde.  Die  Fieberkurve  entsprach  ganz 
der  des  Typhus.  Erst  nachdem  das  Fieber  abfiel,  traten  Zahnfleisch- 
blutungen und  Ekchymosen  auf.  Husten  und  Auswurf  fehlten.  Die 
Augenspiegeluntersuchung  ergab  Choriodealtuberkel.  Bald  darauf 
entstand  in  der  Leistenbeuge  ein  Absceß  und  trat  nun  auch  Auswurf 
auf.  Sowohl  im  Absceßeiter  wie  im  Sputum  konnten  nun  bakterio- 
logisch Tuberkelbacillen  nachgewiesen  werden.  Der  Fall  endete  letal. 
Die  Obduktion  wurde  nicht  gestattet,  so  daß  es  immerhin  in  dubio 
bleiben  mußte,  ob  nicht  wirklich  Typhus  abdominalis  vorherging  und 
sich  daran  eine  Miliartuberkulose  anschloß.  O.  Voges  (Danzig). 

Bahes,  V.,  Sur  les  associations  bact^riennes  des  bacilles 
de  la  tuberculose  avec  des  microbes  h^morrhagiques. 
(La  Roumanie  m6dicale.  Fre  Ann6e.  1893.  No.  7 p.  193.) 

Im  Anschluß  an  seine  Mitteilungen  auf  den  Tuberkulosekongressen 
von  1889  und  1893  über  gewisse  hämorrhagische  Formen  der  Tuber- 
kulose, welche  er  auf  bakterielle  Associationen  zurückführt  und 


958 


Tuberkulose. 


von  hämorrhagischen  Zufällen,  welche  allein  durch  die  destruktive 
Thätigkeit  der  Tuberkelbacillen  selbst  verursacht  werden,  scharf  ge- 
trennt wissen  will,  veröffentlicht  Babes  drei  weitere  in  dies  Gebiet 
einschlägige  Fälle. 

Bei  der  hämorrhagischen  Form  der  Tuberkulose  müsse  man 
streng  auseinander  halten  1)  Hämorrhagieen  als  mechanische  Effekte 
der  Tuberkulose  an  sich,  wie  z.  B.  in  Kavernen,  wo  es  sich  um 
Arrosion  und  Dilatation  von  Arterien  handelt,  welche  sich  in  tuber- 
kulösen Herden  finden,  oder  um  Hämorrhagieen  infolge  mehr  oder 
weniger  entfernter  mechanischer  Störungen  oder  Reizungen,  2)  Hä- 
morrhagieen, welche  als  Ausgangspunkt  einen  tuberkulösen  in  putridem 
Zerfall  begriffenen  Herd  haben  und  welche  jeden  neuen  tuber- 
kulösen Herd  begleiten,  mit  dem  die  Hämorrhagieen  mehr  oder 
weniger  verknüpft  sind.  3)  Fälle,  in  denen  eine  mehr  diffuse 
Zerstörung  vorzüglich  der  Schleimhäute  durch  eine  Tuberkeleruption, 
als  Eingangspforte  einer  „hämorrhagischen  Infektion“  dient,  welche 
oft  zum  Tode  durch  eine  hämorrhagische  Infektion  mit  Purpura 
führt. 

Von  den  mitgeteilten  3 Fällen  betrifft  der  erste  einen  65-jährigen 
Mann,  bei  dem  die  klinische  Diagnose  auf  Purpura  haemorrhagica 
gestellt  wurde.  Die  pathologisch-anatomische  Diagnose  lautete: 
Peribronchitis  tuberculosa  subacuta  mit  kleinen  Kavernen;  eitrige 
Einschmelzung  des  konfluierenden  Tuberkel,  Atelektasen  mit  De- 
squamativpneumonie der  Unterlappen  beider  Lungen.  Entzündliches 
Oedem  des  Mediastinum.  Follikulärtuberkel  mit  beginnender  Ulceration 
im  Darm.  Beginnende  Tuberkelbildung  in  den  Follikeln  des  Dünn- 
darms. Nephritis  parenchymatosa  subacuta.  Pleuritis  serofibrinosa 
haemorrhagica  sinistra.  Hämorrhagieen  in  den  Lungen  Purpura. 
Bei  der  bakteriologischen  Analyse  des  Falles  fand  sich  überall  in 
den  Organen  ein  ziemlich  großer  Streptococcus,  welcher  sich  schwierig 
in  der  Tiefe  der  Gelatine  entwickelte  und  bei  subkutaner  Impfung 
ein  Kaninchen  in  4 Tagen  unter  den  Erscheinungen  der  Allgemein- 
infektion tötete.  Babes  spricht  denselben  als  Erreger  der  hämor- 
rhagischen Allgemeininfektion  an.  Er  weist  darauf  hin,  daß  derselbe 
in  Reinkultur  fast  in  allen  affizierten  Organen  vorhanden  war,  nament- 
lich auch  in  den  Bronchen,  welche  er  als  den  wahrscheinlichen 
Ausgangspunkt  für  die  septische  und  hämorrhagische  Sekundär- 
infektion ansieht.  In  den  Lungenabscessen  fand  sich  übrigens  außerdem 
noch  ein  mehr  an  den  Pneumococcus  erinnernder  Mikrobion. 

Im  zweiten  Falle,  welcher  ein  Mädchen  von  10  Jahren  betraf, 
ergab  die  Autopsie:  Tuberculosis  caseosa  chronica  mit  eitriger  Ein- 
schmelzung der  bronchialen  und  mediastinalen  Lymphdrüsen.  Tu- 
berculosis miliaris  und  submiliaris  von  Lungen,  Leber,  Milz  und 
Venen;  lobuläre  Desquamativpneumonie  des  linken  Unterlappens. 
Hämorrhagische  tuberkulöse  Induration  und  Infiltration  der  rechten 
Lunge  mit  Bronchitis  purulenta.  Purpura  haemorrhagica.  Hämor- 
rhagieen in  den  Meningen;  Meningo  encephalitis  incipiens  auf  der 
Unterseite  des  Lobus  centralis  und  der  hinteren  Partieen  der  Stirn- 
windungen. Aus  den  vereiterten  Mediastinaldrüsen  und  aus  den 
Meningealhämorrhagieen  wurden  2 verschiedene  Bacillenarten  isoliert, 


Tuberkulose. 


959 


während  Kulturen  aus  allen  übrigen  Organteilen  steril  blieben. 
Babes  nimmt  an,  daß  sich  bei  diesem  Fall  im  Anschluß  an  die 
tuberkulöse  Zerstörung  der  mediastinalen  Lymphdrüsen,  welche 
wahrscheinlich  in  Beziehung  steht  zu  überstandenen  Morbillen,  eine 
wahre  Purpura  mit  Hämorrhagieen  in  den  Meningen  unter  der  Form 
einer  Meningo-encephalitis  haemorrhagica  entwickelte.  Den  gefundenen 
Bacillenarten  legt  er  selbst,  namentlich  wegen  Fehlens  von  Tierversuchen 
und  da  in  den  meisten  Organen  keine  Bakterien  gefunden  wurden 
keine  große  Wichtigkeit  bei.  Sie  standen  wahrscheinlich  in  Beziehung 
zu  den  akuteren  Eiterungsprozessen  der  Regionen,  in  denen  sie  gefunden 
wurden.  Die  Hämorrhagieen  seien  anzusehen  entweder  als  Effekt 
löslicher  Substanzen  oder  chemischer  Produkte  der  Tuberkelbacillen 
oder  anderer  an  irgend  einer  Stelle  des  Organismus  lokalisierter 
Mikrobien  oder  vielleicht  als  Effekt  der  Läsionen  des  Centralnerven- 
systems. 

Bei  der  dritten  Beobachtung,  bei  welcher  die  klinische  Diagnose 
auf  Lungentuberkulose  lautete,  fand  sich  bei  der  Sektion  Tuberculosis 
granulosa  der  Lymphdrüsen  des  Halses,  des  Mediastinum  und  des 
Mesenterium;  hämorrhagische,  verkäsende  Tuberkulose  der  centralen 
Partieen  der  Lunge  und  gangränöse  Kaverne  der  rechten  Lungen- 
spitze; Gangrän  der  rechten  Tonsille,  der  Bronchien,  der  Trachea 
des  Larynx  und  Pharynx  mit  einigen  oberflächlichen  Ulcerationen. 
Tuberkulöse  zum  Teil  hämorrhagische  und  gangränöse  Ulcera  des 
Darms  mit  Perforation  und  Verlöthung  der  Darmschlingen ; beginnende 
Peritonitis  universalis;  einige  kleine  Tuberkel  in  den  Nieren.  Dis- 
seminierte  Hämorrhagieen  auf  der  Oberfläche  des  Peritoneum  und 
in  den  Mesenterialdrüsen.  Nach  dem  Ausfall  der  nicht  ganz  klar 
gegebenen  bakteriologischen  Analyse  faßt  Babes  den  Fall  auf 
als  Repräsentanten  einer  großen  Gruppe  von  Fällen,  bei  denen  die 
Tuberkulose  hämorrhagisch  wird  durch  das  Zwischenglied  einer 
Gangrän.  Er  hält  es  für  wahrscheinlich,  daß  sich  die  Mikrobien, 
welche  diese  Gangrän  bedingten  im  Innern  einer  Kaverne  entwickelten 
und  dann  die  schon  von  Tuberkulose  infizierte  Schleimhaut  und  Lymph- 
drüsen des  Respirationstrakts  durchsetzten.  (Als  Eingangspforte  wäre 
vielleicht,  wie  auch  Babes  weiterhin  ausführt,  die  rechte  Tonsille 
zu  betrachten.  Ref.)  Er  sieht  es  für  unzweifelhaft  an , daß  die 
hämorrhagische  Infektion  dieselben  Wege  gegangen  ist.  Es  fanden 
sich  in  den  gangränösen  Ulcerationen  Bacillen,  welche  Diphtherie- 
bacillen ähnelten  und  andere  Bacillen,  welche  an  Typhusbacillen  er- 
innerten, ferner  eine  besondere  Art  feiner  Bacillen  und  endlich 
Strepto-  und  Staphylokokken.  Die  Wirksamkeit  dieser  Mikrobien 
stellt  Babes  sich  folgendermaßen  vor:  Die  Diphtheriebacillen  ähn- 
lichen Bacillen,  welche  auch  bei  Tieren  Pseudomembranen  erzeugen, 
hatten  wahrscheinlich  beim  Menchen  die  gleiche  Wirkung,  indem  sie 
gleichzeitig  gewisse  besondere  Toxine  bildeten.  Der  saprogene  typhus- 
bacillenähnliche B aci  1 lus  wäre  das  saprogene  Element  der  Gangrän 
und  die  wahrscheinliche  Ursache  der  Hämorrhagie,  weil  er  in  allen 
hämorrhagischen  Partieen  nachweisbar  war.  Die  anderen  gefundenen 
Mikrobien,  Streptokokken  oder  Staphylokokken  allein  für  sich  oder 
associiert  können  eine  Art  Pseudotuberkulose  bei  der  Maus  hervor- 


960 


Tuberkulose. 


rufen.  Der  Tuberkelbacillus  wurde  neben  den  genannten  Mikro- 
bien nachgewiesen.  Babes  macht  noch  besonders  auf  den  Befund 
des  erwähnten  Pseudodiphtheriebacillus  aufmerksam,  welcher 
selten  bei  gangränösen  Komplikationen  der  Tuberkulose  fehle.  Be- 
merkenswert sei  in  diesem  Falle  noch  die  Pathogenität  dieses  Pseudo- 
diphtheriebacillus und  die  begrenzte  Ausbreitung  der  Eiter- 
und  Septikämiemikrobien.  Man  müßte  annehmen,  daß  für  gewöhnlich 
wenig  virulente  Mikrobien  in  den  putriden  Produkten  der  Tonsillen- 
krypten pathogene  Eigenschaften  erlangt  und  dadurch  eine  aus- 
gebreitete Gangrän  und  verbreitete  Hämorrhagieen  zu  erzeugen  im- 
stande waren,  während  die  gemeinen  Eiter-  und  Septikämiebakterien, 
welche  in  ihrem  Gefolge  in  den  Organismus  eindrangen,  nur  eine 
sekundäre  und  begrenzte  Rolle  spielten. 

Czaplewski  (Königsberg  i.  Pr.). 

Adenot,  De  l’origine  osseuse  de  certaines  ulc6rations 
tub er culeuses  en  apparence  excl usivem  ent  cu- 
tan^es.  (Fr^quence  et  obscurit6  de  cette  origine 
dans  les  affections  lupoides  des  extr6mit6s  des 
membres.)  (Revue  de  Chirurgie.  XIII.  1893.  No.  10.) 

Verf.  macht  auf  eine  bisher  kaum  beobachtete  Art  von  Haut- 
tuberkulose aufmerksam,  deren  Entstehung  von  einem  Knochenherde 
herrührt  und  die  nichts  gemein  hat  mit  den  anderen  Formen  der 
Tuberkulose,  wie  sie  als  Lupus  oder  fortgeleitet  auf  die  Haut  von 
anderen  Organen  vorkoramt. 

Diese  Art  von  Hauttuberkulose  hat  meist  eine  höckerige,  pa- 
pillomatöse,  weiche,  mehr  oder  weniger  elastische,  leicht  blutende, 
rötliche  Oberfläche;  die  Affektion  hat  Aehnlichkeit  mit  gewissen  Epi- 
theliomen und  sarkomatösen  Wucherungen  der  Haut,  so  daß  bei  Ver- 
kennung des  tuberkulösen  Knochenursprunges  leicht  ein  maligner 
Hauttumor  angenommen  wird.  Klinisch  sind  zwei  Formen  dieser  T. 
zu  unterscheiden : 

1)  Lupoide  Ulcerationen  in  direkter  Verbindung  mit  dem  dar- 
unter liegenden  Knochenherde  — die  zahlreicheren  Fälle,  welche  so 
lange  recidivieren , bis  der  oft  schwer  zu  entdeckende  Knochenherd 
gefunden  ist. 

2)  Lupoide  Ulcerationen  ohne  direkte  Verbindung  mit  dem 
Knochenherde  — eine  geringere  Zahl  von  Fällen,  welche  klinisch 
deshalb  weniger  Interesse  beanspruchen,  als  hier  der  Knochenherd 
spontan  ausgeheilt  ist. 

Diese  Art  tuberkulöser  Geschwüre  befinden  sich  meist  an  den 
Extremitäten,  und  zwar  mit  Vorliebe  an  Hand  und  Fuß. 

Die  Diagnose  dieser  Ulcerationen  ist  oft  außerordentlich  schwer, 
da  die  Fistelgänge  unregelmäßig,  gewunden  und  unerwartet  lang  sein 
können.  Stets  ist  auch  die  Anamnese  zu  berücksichtigen,  welche 
auf  den  Sitz  der  Knochenherde  hinweisen  kann. 

Heilung  dieser  Geschwüre  läßt  sich  natürlich  nur  durch  gleich- 
zeitige Behandlung  der  primären  Herde  erzielen. 

Kurt  Müller  (Halle). 


Tuberkulose.  — Malaria. 


961 


Frankenberger,  A.,  Beitrag  zur  Kasuistik  uud  Aetiologie 
der  primären  Genitaltuberkulose  des  Weibes.  (Mün- 
chener med.  Wochenschr.  1893.  No.  17.) 

Verf.  bereichert  die  Litteratur  der  primären  Genitaltuberkulose 
des  Weibes  durch  einen  Fall.  Die  betreffende  26-jährige  Patientin 
kam  unter  Erscheinungen,  aus  denen  man  nicht  wußte,  leidet  sie  au 
schwerem  Typhus,  Miliartuberkulose  oder  urämischer  Nephritis,  ins 
Spital  zu  Nürnberg.  7 Wochen  vor  der  Aufnahme  war  sie  zum 
zweitenmal  entbunden,  Wochenbett  normal;  später  gearbeitet;  seit 
drei  Wochen  wieder  elend.  Sie  hatte  bei  der  Aufnahme  sehr  konti- 
nuierliches Fieber,  starken  eiweißreichen  Urin.  Der  Uterus  ist  kaum 
vergrößert,  zu  seinen  beiden  Seiten  diffuse,  auf  Berührung  sehr  schmerz- 
hafte Resistenzen;  im  Douglas  ein  wallnußgroßer,  harter,  schmerz- 
hafter Tumor.  14  Tage  später  geht  die  Patientin,  ohne  daß  intra 
vitam  eine  genaue  Diagnose  gestellt  werden  konnte,  unter  völliger 
Benommenheit  zu  Grunde.  Auf  den  Lungen  LHO  war  der  Schall 
etwas  verkürzt,  schwaches  Vesikuläratmen,  kein  Geräusch.  RVO  in 
der  Fossa  infraclavicularis  etwas  feines  Rasseln.  Das  Resultat  der 
Sektion  und  mikroskopischen  Untersuchung  war:  Miliartuberkulose 
der  Lungen,  Milz  und  Nieren.  Bei  letzteren  auch  längere  inter- 
stitielle Entzündung.  Der  Uterus  war  durchsetzt  mit  zahlreichen 
Tuberkeln,  mit  Riesenzellen  und  Bacillen.  In  der  nächsten  Umgebung 
des  Endometriums  und  statt  desselben  fanden  sich  körnige  Detritus- 
massen. Ebenso  fanden  sich  an  der  Wand  der  Tube  Spuren  einer 
Tuberkulose  älteren  Datums.  Verf.  kommt  daher  zu  dem  Schlüsse, 
daß  es  sich  um  eine  Miliartuberkulose  handelt,  die  von  einer  schon 
älteren  tuberkulösen  Erkrankung  der  Genitalien  ihren  Ausgang  ge- 
nommen. Die  Lymphdrüsen  sind  nicht  genauer  untersucht  worden. 
Verf.  behandelt  dann  weiter  die  Frage  nach  der  Infektion.  Da  das 
Peritoneum  von  tuberkulösen  Veränderungen  älteren  Datums  frei  ist, 
so  kann  die  Infektion  nicht  von  dort  aus,  sondern  von  außen  her 
direkt  in  den  Geschlechtsapparat  hineingelangt  sein.  Des  weiteren 
führt  Verf.  aus,  daß  die  Möglichkeit  einer  Infektion  durch  Coitus 
mit  dem  tuberkulösen  Manne  nicht  von  der  Hand  zu  weisen  ist. 

Knüppel  (Berlin). 

Titoff,  Ueber  die  Malariaparasiten  der  sog.  halbmond- 
förmigen Varietät.  (Sammlung  medizinischer  Arbeiten  der 
Kaukasischen  medizinischen  Gesellschaft.  1893.  No.  54.) 

Ein  beträchtlicher  Teil  der  P.’schen  Arbeit  ist  einer  Polemik 
gegen  den  Referenten  gewidmet  und  bietet  demnach  kein  wissen- 
schaftliches Interesse.  Der  Autor,  welcher  seine  Beobachtungen  in 
der  Stadt  Petrovsk  (am  Kaspischen  Meere)  angestellt  hatte,  gelangt 
zu  folgenden  Schlußsätzen:  1)  Die  Halbmonde  bilden  keine  besondere 
Art  von  Malariaparasiten,  2)  das  Vorhandensein  von  zwei  Ent- 
wickelungscyklen  bei  den  Parasiten  der  halbmondförmigen  Varietät, 
wie  es  von  Canal is  beschrieben  wurde,  ist  zweifelhaft,  3)  eine 
Sporulation  läßt  sich  für  einige  erwachsene  Halbmonde  bis  auf 
weiteres  noch  nicht  in  Abrede  stellen,  4)  geißeltragende  Formen 
existieren  wahrscheinlich  auch  in  den  Blutgefäßen,  5)  abgesehen  von 


962 


Malaria.  — Krebs. 


großen  geißeltragenden  Körpern  kommen  im  Blute  auch  kleinere  vor 
(bis  1li  und  1/5  des  Durchmessers  eines  roten  Blutkörperchens). 

Sacharoff  (Tiflis). 

Saeliaroff,  Zur  Biologie  derMalariaparasiten.  (Protokolle 
der  Kaukasischen  medizinischen  Gesellschaft.  1893/94.  No.  7.) 
, Ueber  die  Struktur  des  Kernes  bei  den  halb- 
mondförmigen Malariaparasiten  des  Menschen. 
(Ibidem.  No.  12.) 

S.  färbte  das  Blut  von  noch  nicht  befiederten  Raben,  welche  in 
Malariagegenden  aus  ihren  Nestern  herausgeholt  waren,  mit  dem 
Gemisch  von  Eosin  und  Methylenblau  nach  R o m an o w s k i und 
erhielt  hierbei  eine  deutliche  Kernfärbuug  der  Plasmodien.  Der 
Kern  erwies  sich  nun  aus  Fibrillen  zusammengesetzt,  die  nicht  selten 
karyokinetische  Figuren  darboten.  Die  geißelführenden  Körper 
stellten  bei  dieser  Färbung  nichts  anderes  vor,  als  Parasiten,  deren 
Kern  in  einzelne  aus  dem  Protoplasma  heraustretende  Chromatin- 
fäden zerfallen  ist.  S.  nimmt  daher  an,  daß  die  Bildung  der  geißel- 
führenden Körper  auf  einem  durch  den  Einfluß  der  Abkühlung  ge- 
störten karyokinetischen  Teilungsprozesse  beruht. 

Wurden  nach  derselben  Methode  Blutpräparate  von  malaria- 
kranken Menschen,  bei  welchen  reichlich  Halbmonde  zu  finden  waren, 
gefärbt,  so  erhielt  S.  die  nämlichen  Resultate,  als  er  den  Kranken 
das  Blut  mittelst  Blutegel  entnahm  und  erst  x/4  Stunde  nach  der 
Entnahme  antrocknen  ließ,  was  eben  notwendig  ist,  damit  der  Bil- 
dungsprozeß der  geißelführenden  Körper  ausgelöst  werde. 

M.  Rechtsamer  (Tiflis). 

Adamkiewicz , Zur  Krebsparasitenfrage.  (Deutsche  med. 
Wocbenschr.  1894.  No.  18.) 

Verf.  wendet  sich  gegen  die  ihn  betreffenden  Ausführungen  in 
der  vorstehend  referierten  Arbeit  von  Ribbert.  Er  nimmt  hinsicht- 
lich der  Auffassung,  daß  die  Krebszelle  selbst  ein  Parasit  sei,  die 
Priorität  L.  Pfeiffer  gegenüber  für  sich  in  Anspruch,  besteht  dar- 
auf, nachgewiesen  zu  haben,  daß  die  Krebszellen  abweichend  von 
Epithelzellen  wandern,  Sporen  bilden,  Gift  produzieren  und  durch 
Cancro'in  getötet  werden,  und  verwahrt  sich  dagegen,  daß  er  in  seinen 
Versuchen  mit  Carcinomgewebe  Sepsiserreger  auf  die  Tiere  über- 
tragen habe.  Er  habe  nur  reines,  kokkenfreies  Krebsgewebe  benutzt. 
Die  übrigen  Ausführungen  des  Verf.’s  bestehen  im  wesentlichen  in 
Bemerkungen  persönlicher  Art,  welche  teils  gegen  Ribbert,  teils 
gegen  Geißler  und  Klopfstein  gerichtet  sind. 

Kübler  (Berlin). 

Ribbert,  Die  neueren  Untersuchungen  über  Krebspara- 
siten. (Dtsch.  med.  Wochenschr.  1894.  No.  15.) 

Anknüpfend  an  eine  frühere  Veröffentlichung  über  die  Frage  der 
parasitären  Natur  des  Krebses1),  unterzieht  Verf.  die  seither  er- 


1)  Vgl.  Referat  in  dieser  Zeitschrift.  Bd.  X.  p.  287, 


Krebs. 


963 


schienenen  Arbeiten  über  den  gleichen  Gegenstand  einer  kritischen 
Besprechung.  Man  hat,  wie  er  ausführt,  „in  ermüdender  Gleich- 
förmigkeit immer  wieder  dieselben  Dinge  besprochen  und  abgebildet“ 
und  nur  durch  das  Bemühen , mittels  anderer  Färbungsmethoden 
spezifische  Eigenschaften  der  vermeintlichen  Parasiten  nachzuweisen, 
etwas  Abwechslung  in  die  Forschung  gebracht“.  Verf.  selbst  rät  in- 
dessen bei  der  Untersuchung,  mehr  als  es  bisher  geschehen,  das 
frische  Material  zu  verwenden;  der  in  Wasser  verteilte  frische  Zell- 
brei an  der  Schnittfläche  eines  Carcinoms  liefere  gute  Bilder,  auch 
'/ 2 — 1 Proz.  Osmiumsäure  können  bei  der  Präparation  frischen  Ma- 
terials mit  Vorteil  verwendet  werden,  ferner  sei  das  Einlegen  in 
Glycerin,  welches  weniger  aufhellt  und  daher  vieles  deutlicher  her- 
vortreten läßt,  ratsam. 

In  ihrer  Form  zeigen  die  angeblichen  Parasiten  wirklichen  Coc- 
cidien , wie  z.  B.  den  in  der  Kaninchenleber  vorkommenden  von 
R.  Pfeiffer  genau  untersuchten  Mikroorganismen  gegenüber  ein 
recht  abweichendes  Verhalten.  Die  Kaninchencoccidien  bilden,  wenn 
sie  sich  zum  Zwecke  der  Vermehrung  in  einer  doppeltkonturierten 
Membran  eingekapselt  haben,  regelmäßig  gleich  zahlreiche,  nämlich 
4 ovale  Körper ; in  diesen  Psorospermien  entstehen  stets  gleichmäßig 
geformte,  sichelförmige  Gebilde,  aus  denen  nach  dem  Freiwerden 
wieder  Coccidien  heranwachsen.  An  den  Krebseinschlüssen  ist  ein 
ähnlich  regelmäßiger  Entwickelungsgang  nicht  nachgewiesen  worden, 
und  es  ist  besonders  auffallend , daß  die  Angaben  der  einzelnen 
Forscher  unter  einander  sehr  verschieden  sind. 

Korotneff  hat  in  schematischen  Abbildungen  Körper  darge- 
stellt, welche,  zwischen  den  Epithelzellen  liegend,  sich  von 
diesen  durch  intensivere  Kernfärbung,  dunkleres  Protoplasma  und  zum 
Teil  auch  durch  amöboide  Fortsätze  unterscheiden.  Mit  Steinhaus 
sieht  der  Verf.  solche  Elemente  lediglich  als  degenerierte  Epithel- 
zellen an,  wie  sie  besonders  in  Hautcarcinomeu  reichlich  angetroffen 
werden. 

Von  vielen  Untersuchern, nämlich  außer  dem  bereits  erwähnten,  Ko- 
rotneff, von  Wickham,  Borrel,  Ruffer  und  Plimmer,  Ruffer 
und  Walker,  Cattle  und  Miller  sind  innerhalb  der  Epi- 
thelzellen gelegene,  meist  von  dem  Zellprotoplasma  durch  einen 
Zwischenraum  getrennte,  also  in  Vakuolen  eingeschlossene  Gebilde  be- 
schrieben worden.  An  den  Vakuolen  wurde  einige  Male  eine  Be- 
grenzung durch  doppelt  konturierte  Membranen  wahrgenommen,  die 
intravakuolären  Körper  aber  sahen  höchst  verschieden  aus,  bald  er- 
schienen sie  als  homogene,  glänzende  Kugeln,  bald  als  punktförmige 
Körper,  bald  als  rundliche,  protoplasmatische,  körnige,  oft  unregel- 
mäßig zackig  begrenzte,  peripher  gleichsam  aufgelöste  Massen,  bald 
als  „froschlarvenähnliche  Körper“  (Sawtschenko).  Der  Verf.  be- 
greift, daß  jenen  Gebilden  bei  ihrem  auf  den  ersten  Blick  fremdartigen 
Aussehen  von  so  vielen  Beobachtern  die  Bedeutung  von  Parasiten 
beigelegt  wurde,  er  hat  indessen  in  jedem  Carcinom  zwischen  den 
solche  Körper  enthaltenden  Zellen  und  den  wohl  erhaltenen  Epithel- 
zellen so  mannigfache  Uebergänge  gefunden,  daß  er  in  jenen  nur 
die  durch  Degenerationsvorgänge,  sei  es  am  Protoplasma,  sei  es  am 


964 


Rotz. 


Kern  bedingten  Formen  anerkennen  kann.  In  dieser  Auffassung  be- 
irrt ihn  auch  das  Verhalten  der  Zelleinschlüsse  bei  der  Färbung  und 
die  Vakuoleubildung  nicht.  Degenerierende  Zellen  und  Kerne  färben 
sich  naturgemäß  anders  als  frische  Zellen ; die  Vakuolen  sind  'oft 
färbbar  (F  o ä),  also  nur  durch  homogene  Substanz  vorgetäuscht,  und 
bilden  sich  andererseits  um  die  verschiedensten  in  das  Protoplasma 
eingelagerten  Körper,  z.  B.  in  Riesenzellen  um  eingedrungene  Leuko- 
cyten.  Die  letzteren  wandern,  wie  der  Verf.  und  Claessen  nach- 
gewiesen haben,  thatsächlich  in  den  Zellleib  ein,  quellen  vakuolär  auf 
und  täuschen  dadurch  Parasitismus  vor.  Verwechslungen  werden 
ferner  leicht  durch  die  zum  Teil  klumpig  angehäuften  Chromatin- 
körner entarteter  Kerne  oder  größere,  vom  Hauptkern  abgesprengte 
Bruchstücke  desselben  erzeugt. 

Vielfach  hat  man  in  einer  gemeinsamen  Zelle  eine 
größere  Anzahl  von  Einschlüssen  gefunden  und  dann  von 
Teilungsvorgängen  im  Parasiten  (Ruffer,  Plimmer,  Sawtschenko) 
oder  von  Sporocysten  (N  e p v e u)  gesprochen.  Der  letzteren  Auf- 
fassung steht  aber  vor  allem  die  oft  höchst  verschiedene  Größe  und 
Gestalt  der  in  der  gleichen  Zelle  befindlichen  Gebilde  entgegen.  Die 
veröffentlichten  Darstellungen  oder  Abbildungen  stellen  ferner  nur  die 
auffälligsten  Formen  dar,  die  weniger  klaren  Bilder  werden  nicht 
immer  wiedergegeben.  Verf.  glaubt  daher,  daß  solche  multiplen  Zell- 
einschlüsse entweder  durch  gleichzeitiges  Auftreten  vieler  Degene- 
rationsvorgänge in  einer  Zelle  entstehen  oder  der  Ausdruck  multipler 
vakuolärer  Protoplasmaquellungen  sind  oder  auch  Kernentartungen 
ihre  Entwickelung  verdanken. 

Die  von  Podwyssozki  und  Sawtschenko1)  beschrie- 
benen, als  Sporozoen  bezeichneten  Körperchen  haben  stets  verschie- 
dene Größe;  die  in  ihrem  Innern  befindlichen  sichelförmigen  „Em- 
bryonen“ decken  sich  weder  nach  Form  noch  nach  Größe  und  Zahl. 
Mit  Cornil  hält  sie  der  Verf.  für  nichts  anderes  als  modifizierte 
Kerne  in  Gruppen  angeordneter  Leukocyten. 

Wenn  man  versucht  hat,  die  verschiedenen  vermeintlich  parasitären 
Formen  zu  einer  Entwickelungsreihe  zusammenzustelleu , so 
muß  solches  Beginnen  als  rein  willkürlich  bezeichnet  werden,  da  der 
Entwickelungsvorgang  selbst  niemals  verfolgt  worden  ist.  Auch  der 
von  Korotneff  dargestellte  Rhopalocephalus,  welcher  bald  als 
Amöbe,  bald  als  Coccidie  auftreten  soll,  ist  „zweifellos  nichts  anderes, 
als  eine  homogene  degenerierte  Epithelzelle“. 

Hinsichtlich  der  den  fraglichen  Gebilden  zugescbriebenen  ätio- 
logischen Bedeutung  muß  es  auffallend  erscheinen,  daß  „wir  Aehn- 
liches  als  Parasitenwirkung  nicht  kennen  und  bei  den  Coccidieu- 
wucherungen  in  der  Kaninchenleber  gerade  im  Gegenteil  keinen  Krebs 
entstehen  sehen“.  Auch  hat  man  gar  nicht  einmal  darüber  nach- 
gedacht, warum  die  Krebsmetastasen  im  Gegensätze  zu  anderen 
infektiösen  Metastasen  nicht  aus  dem  Organgewebe,  sondern  aus 
Wucherungen  verschleppter  Epithelzellen  sich  bilden.  Endlich  hat 
der  Verf.  auch  in  zweifellos  nicht  carcinomatösen  Epithelwucherungen 


1)  Diese  Zeitschrift  Bd.  XI.  p.  493,  532,  559. 


Madurakrankheit. 


965 


viele  der  erwähnten  Gebilde,  in  einer  Hautelephantiasis,  z.  B.  einen 
wohl  ausgebildeten  Rhopalocephalus  gefunden. 

Von  L.  Pfeiffer1)  und  von  Adamkiewicz  ist  in  der  Krebs- 
zelle selbst  der  Parasit  erblickt  worden.  Letzterer  habe  diese  Hypo- 
these durch  den  vermeintlich  erbrachten  Nachweis  einer  Giftbildung 
in  Carcinomen  zu  begründen  geglaubt,  sie  histologisch  aber  nicht 
gestützt.  Die  Giftwirkung  sei  aber  nach  Geißler  und  Klopf- 
st ein  nur  durch  die  nach  Uebertraguug  von  Carcinomgewebe  bei 
den  Tieren  entstandene  Sepsis  vorgetäuscht  worden. 

Verf.  gelangt  zu  dem  Schlüsse,  daß  den  bisher  als  Krebsparasiten 
beschriebenen  Gebilden  „alles  Typische  fehlt,  und  daß  sie  sehr  wohl 
aus  Zell-  und  Kerndegenerationen  erklärt  werden  können , hält  es 
jedoch  andererseits  auch  noch  nicht  für  feststehend,  dass  „bei  der 
Entstehung  des  Krebses  Parasiten  überhaupt  keine  Rolle  spielen“. 

Anhangsweise  werden  noch  zwei  neu  erschienene  Arbeiten  von 
Jackson  Clarke,  welcher  „Sporozoeu  in  Carcinomen  und  Sar- 
komen als  Ursache  dieser  Geschwülste  nachgewiesen  zu  haben  glaubt, 
und  von  Keser  erwähnt,  welcher  diese  Gebilde  für  Degenerations- 
produkte epithelialer  Zellen  erklärt  und  dabei  die  Zustimmung  des 
Verf.’s  findet.  K übler  (Berlin). 

Vincent,  Etüde  sur  le  parasite  du  „pied  de  Ma dura“. 

(Annales  de  1’  Institut  Pasteur.  1894.  No.  3.) 

Unter  „pied  de  Madura“  versteht  man  eine  Erkrankung,  welche 
mit  schmerzloser,  diffuser  Schwellung  der  Haut  au  den  Füßen  be- 
ginnt, und  welche  ausnahmslos  auf  der  Sohle  oder  dem  Rücken  des 
Fußes  Platz  greift.  Nach  einiger  Zeit  treten  an  diesen  erkrankten 
Stellen  kleine  abgegrenzte  Geschwülste  auf,  welche  die  Größe  einer 
Haselnuß  erreichen,  die  zuerst  hart  sind,  sich  später  aber  erweichen 
und,  in  diesem  Zustande  beharrend,  die  schmerzhafte  Form  der  Affektion 
darstellen,  in  anderen  Fällen  aber  spontan  aufbrechen  und  einen 
Eiter  produzieren , welcher  kleine  graue,  gelbliche  oder  schwarze 
Körnchen  enthält.  Der  Fuß  nimmt  an  Größe  zu  und  bedeckt  sich 
mit  Beulen,  die  sich  nach  und  nach  öffnen  und  zahlreiche  eiternde 
Fisteln  entstehen  lassen.  Die  Krankheit  ist  seit  etwa  20  Jahren  be- 
kannt, kommt  aber  nicht  nur  in  Indien  (Madura,  Dehli,  Bombay, 
Baratpur  etc.)  vor,  vielmehr  sind  auch  in  Italien , in  Algier  und  iu 
Amerika  Fälle  derselben  beschrieben.  Die  bakteriologische  Unter- 
suchung des  vorliegenden,  bei  einem  Marokkaner  beobachteten  Falles 
ließ  sowohl  in  den  Geweben  wie  auch  in  den  Körnchen  des  Eiters 
denselben  Mikroben  erkennen.  Die  beschriebenen  Körnchen  im  Eiter, 
etwa  von  dem  Umfange  von  Grießmehlkörnchen,  erinnern  an  den  Be- 
fund bei  Aktinomykose.  Sie  bestehen  aus  einem  sehr  dichten  feinen 
Mycel,  welches  sich  mit  Loeffler’scher  Lösung  oder  Fuchsin  färbt 
und  echte  Verästelung  zeigt.  Dasselbe  gehört  demnach  der  Gattung 
Streptothrix  an  und  wird  vom  Verf.  Streptothrix  madurae 
genannt.  Die  Aestchen  sind  schlank  und  etwa  1 bis  1,5  fx  dick;  sie 


1)  Diese  Zeischrift.  Bd.  XIV.  p.  118. 


XV.  Bd. 


61 


966 


Madurakrankheit. 


unterscheiden  sich  von  Actinomyces  durch  das  Fehlen  der  Keulen 
und  kolbigen  Anschwellungen.  Das  Protoplasma  des  Mycels  erscheint 
manchmal  unterbrochen,  so  daß  im  nach  Gram  gefärbten  Präparate 
ungefärbte  Stellen  auftreten  können,  welche  das  Vorhandensein  von 
Artbrosporen  vortäuschen  können.  Das  zur  Herstellung  von  Kulturen 
verwendete  Material  wurde  mit  den  entsprechenden  Kautelen  ent- 
nommen. In  Bouillon  zeigte  sich  nur  sehr  wenig  Wachstum,  dagegen 
eignen  sich  Infuse,  mit  Heu  oder  Stroh  hergestellt  (nicht  neutra- 
lisiert, also  von  saurer  Reaktion!),  sehr  gut  als  Nährboden.  Das 
Gleiche  gilt  für  Fleischbrühe,  in  welcher  Rüben  oder  Kartoffeln 
(20  g auf  1 Liter  Wasser)  abgekocht  wurden,  nach  vorhergegangener 
Filtration  und  Sterilisierung.  Das  Temperaturoptimum  liegt  bei 
37°  C,  über  40°  C sistiert  das  Wachstum.  In  den  Kulturen  er- 
scheinen vom  4.  bis  5.  Tage  ab  kleine  graue  Flöckchen  von  runder 
oder  platter . Form , die  sich  an  den  Wänden  und  am  Boden  des 
Kolbens  festsetzen  und  nach  20 — 30  Tagen  den  Umfang  einer 
kleinen  Erbse  angenommen  haben.  Manche  der  Flöckchen  zeigen 
eine  braune  Färbung  im  Centrum,  andere,  die  der  Oberfläche  der 
Nährflüssigkeit  nahe  liegen,  färben  sich  nach  1 — 2 Monaten  rosa  oder 
rot.  Die  Nährflüssigkeit  wird  niemals  getrübt,  da  die  meisten  Flöck- 
chen am  Boden  liegen  und  dort  eine  Decke , die  nicht  über 
1/2 — 1 cm  dick  wird,  bilden.  Die  Nährflüssigkeit,  vorher  sauer, 
nimmt  mit  der  Zeit  alkalische  Reaktion  an  und  färbt  sich  schwach 
blau.  Auf  ihrer  Oberfläche  tritt  sehr  häufig  eine  zarte,  aus  Sporen 
bestehende  Haut  auf.  In  gewöhnlicher  Gelatine  zeigt  die  Strepto- 
thrix madurae  längs  des  Impfstiches  und  an  der  Oberfläche  nur 
schwaches  Wachstum  von  weiß  gefärbten  Kolonieen.  Als  besten 
festen  Nährboden  empfiehlt  Verf.  100  ccm  einer  Abkochung  von  Heu 
oder  Kartoffel  mit  Zusatz  von  9 g Gelatine,  4 g Glycerin  und  4 g 
Glykose.  Derselbe  wird  in  gewöhnlicher  Weise  neutralisiert  und 
sterilisiert.  Nährgelatine  wird  durch  die  besprochene  Streptothrix 
nicht  verflüssigt.  Haben  sich  auf  dem  festen  Nährboden  sehr  viele 
Kolonieen  entwickelt,  so  bleiben  diese  klein,  während  solche,  wenn 
in  geringer  Anzahl  vorhanden,  die  Größe  einer  Erbse  fast  erreichen. 
Sie  haben  dann  Aehnlicbkeit  mit  einer  Impfpustel,  sind  in  der  Mitte 
eingedrückt,  von  weißer  Farbe,  während  die  Randpartieen  rote  Fär- 
bung annehmen.  Die  Kolonieen  sind  von  hornartiger  Konsistenz  und 
haften  sehr  fest  am  Nährboden.  Die  Streptothrix  madurae 
wächst  ziemlich  gut  in  Milch,  ohne  diese  gerinnen  zu  machen,  jedoch 
sie  langsam  peptonisierend.  Auf  Eiern  und  in  Serum  gedeiht  der 
Parasit  nicht.  Auf  Kartoffeln  sieht  man  vom  5.  Tage  ab  (bei  37°  C) 
kleine  ungefärbte  oder  weißliche  Prominenzen,  die  sich  nach  etwa 
einem  Monate  lebhaft  rot  färben.  Dies  tritt  besonders  lebhaft  hervor, 
wenn  die  Kartoffel  stärker  sauer  reagiert,  während  bei  manchen 
Kartoffeln  die  Färbung  ganz  ausbleibt.  Manche  Kolonieen  sind  mit 
einem  feinen  Staube  überdeckt,  der  aus  Sporen  besteht.  Die  Strepto- 
thrix madurae  ist  obligat  aerob. 

In  den  Tumoren,  welche  eitrigen  Zerfall  zeigten,  wurden  außer 
dem  beschriebenen  Parasiten  der  Staphylococcus  pyogenes 


Madurakrankheit.  — Tierische  Parasiten. 


967 


albus  und  aureus  gefunden.  — Zum  Studium  der  Verästelung 
eignet  sich  am  besten  der  hängende  Tropfen.  Gegen  Eintrocknen 
sind  die  Kulturen  sehr  widerstandsfähig,  noch  nach  21  Monaten 
zeigten  dieselben  Entwickelungsfäbigkeit.  Die  Sporenbildung  ge- 
schieht wie  bei  den  übrigen  Arten  von  Streptothrix,  am  besten 
da,  wo  das  Mycel  mit  Luft  in  Berührung  ist,  sowohl  in  flüssigen 
Nährböden,  als  auch  auf  der  Kartoffel.  Die  Sporen  sind  ca.  1,5  /n 
breit  und  ca.  2 /n  lang;  sie  färben  sich  mit  Anilinfarben  und  nach 
der  Methode  von  Gram  sehr  gut.  Ihre  Widerstandsfähigkeit  gegen 
Hitze  ist  nicht  sehr  groß,  sie  werden  bei  85°  C in  3 Minuten,  bei 
75°  C in  5 Minuten  abgetötet.  Die  nicht  Sporen  tragende  Kultur 
stirbt  bei  60°  C in  3—5  Minuten  ab. 

Für  Tiere  (Kaninchen,  Meerschweinchen,  Mäuse,  Katzen)  ist 
die  Streptothrix  madurae  nicht  pathogen.  — In  Schnittprä- 
paraten von  den  Knötchen  erkennt  man  das  erkrankte  Gewebe  bei 
schwacher  Vergrößerung  daran,  daß  es  die  Farbe  weniger  stark  an- 
genommen hat  nnd  in  dessen  Mitte  das  Mycel,  gut  gefärbt,  liegt. 
Die  Knötchen  selbst  lassen  sich  mit  echten  Tuberkeln  vergleichen ; 
Riesenzellen  sind  sehr  selten.  — Die  Anschauung  englischer  Forscher, 
daß  es  sich  bei  der  Affektion  um  Aktinomykose  handelt,  wird  von 
Vincent  durch  unter  genau  denselben  Bedingungen  angelegte  und 
gehaltene  Parallelkulturen  widerlegt.  Gerl  ach  (Wiesbaden). 

Kanthack,  Madura  Disease  (Mycetoma)  and  Actyno- 
mycosis.  (Journal  of  Pathology  and  Bacteriology.  1892.  Oktober.) 

Die  Madurakrankheit  befällt  hauptsächlich  Hände  und  Füße  der 
Patienten.  Dieselben  sind  stark  geschwollen,  auf  ihnen  bemerkt  man 
zahlreiche  Fistelöffnungen,  aus'  welchen  entweder  gelbe,  Fischrogen 
ähnliche,  oder  schwarze,  schuppenartige  Körnchen  entleert  werden. 
Carter  hat  schon  1886  den  Gedanken  ausgesprochen,  daß  die  Pilze, 
welche  er  in  den  gelben  und  schwarzen  Körnchen  gefunden  hatte, 
Beziehungen  zum  Actinomyces  hätten.  Die  Untersuchungen  von 
Kanthack  bestätigen  diese  Ansicht.  Die  gelben  Körner  enthalten 
sicher  Actinomyceselemente,  die  schwarzen  sind  wahrscheinlich 
dieselben  Pilze,  aber  in  einem  Degenerationszustande.  Gelegentlich 
wurden  Degenerationsformen  in  den  gelben  Körnern  gefunden,  welche 
den  schwarzen  ähnelten,  also  wahrscheinlich  den  Uebergang  anbahnten. 

Abel  (Greifswald). 

r.  Linstow,  Helmiuthologische  Studien.  (Jen.  Zeitschr.  f. 
Naturw.  Bd.  XXVIII.  N.  F.  XXI.  1893.  p.  328—352.  Mit  2 Taf.) 

Zuerst  schildert  der  Verf.  den  Bau  der  sogenannten  Tetra  - 
cotyle  typ i ca,  einer  Larve  von  Holostomiden,  und  zwar  in 
mehreren  Entwickelungsstadien;  das  jüngste,  die  „bewegliche  Form“, 
scheint  uns  ein  sehr  interessanter  Fund  zu  sein,  auch  wenn 
es  nicht  allgemeine  Regel  sein  sollte,  daß  die  Miracidien  der  Holo- 
stomiden ihre  ersten  Entwickelungsphasen  wie  in  diesem  Falle  als 
Ektoparasiten  durchmachen  und  erst  als  Tetracotyle  in  den 
Zwischenträger  eindringen,  um  schließlich  in  diesem  sich  einzukapseln. 

61* 


968 


Tierische  Parasiten. 


Der  Autor  fand  die  bewegliche  Form  auf  dem  Körper  vou  Süßwasser- 
hirudineen,  niemals  im  Körper,  ist  aber  der  Meinung,  daß  alle  auf 
Hirudineen  lebenden  Exemplare  dem  Untergange  geweiht  seien.  Mit 
dieser  Annahme  kann  ich  mich  nicht  befreunden,  denn  in  hiesigen 
Nephelis  findet  man  in  manchen  Jahren  Dutzende  von  eiDgekapselten 
Tetracotylen,  deren  Zugehörigkeit  zu  der  Tetracotyle  typica 
freilich  dahingestellt  sein  mag,  wie  ich  denn  überhaupt  glauben  muß, 
daß  unter  diesem  Namen  spezifisch  verschiedene  Formen  gehen.  Jeden- 
falls kommen  Tetracotylen  im  Innern  des  Körpers  von  Nephelis  vor, 
wie  dies  schon  Schomburg  (Froriep’s  Neue  Notizen.  XXX.  No.  9. 
1844.  p.  136)  wußte;  es  besteht  kein  Grund  zu  der  Annahme,  daß 
dieselben,  in  geeignete  Tiere  eingeführt,  nicht  geschlechtsreif  werden 
sollten. 

Von  inneren  Organen  sah  v.  Lin  stow  in  dem  jüngsten  Stadium 
nur  einen  dunkleren  Körper  von  Stimmgabelform,  der  an  dem  spitzen 
Pole  der  Larve  ausmündete : unmöglich  wäre  es  nun  nicht,  daß  dieser 
Körper,  wie  der  Autor  annimmt,  ein  Exkretionsorgan  ist  — nach 
Allem  aber,  was  wir  über  so  jugendliche  Stadien  von  Trematoden 
wissen,  ist  mir  dies  nicht  wahrscheinlich,  ich  möchte  hierin  eher  den 
Darm  der  Larve  sehen,  diese  dann  also  umgekehrt  orientieren.  Auch 
mit  der  „Urniere“  der  späteren  Stadien  verhält  sich  die  Sache  anders; 
was  der  Autor  mit  „Urniere“  bezeichnet,  ist  ein  großer,  hinter  dem 
Bauchsaugnapf  gelegener,  zweilappiger  Körper,  den  ich  für  die  An- 
lage des  Haftapparates  halte,  während  die  Exkretionsblase  erst  hinter 
diesem  liegt,  oft  jedoch  von  demselben  mehr  oder  weniger  verdeckt 
wird. 

Des  weiteren  folgen  Beschreibungen  von  neuen  Arten  oder  Notizen 
zu  bereits  bekannten:  so  wird  Distornum  endolobum  der 
Frösche  encystiert  auch  in  der  Larve  von  Anabolia  nervosa, 
Ephemer»  vulgata  und  Chloeon  di  pt  er  um  gefunden,  Di- 
stomum  echinatum  encystiert  in  Bythinia  ventricosa, 
Physa  fontinalis,  Valvata  macrostoma  und  Limnaeus 
palustris;  von  neuen  Arten  werden  beschrieben:  Distornum 
(Echinost.)  pungens  — Darm  von  Podicepsminor,  Dist. 
macrolaimus  — Darm  von  Vesp e r ug o pipistrellus,  Taenia 
spinosissima  — Darm  von  Turdus  merula,  Filaria 
ochracea  — Magen  von  Thymallus  vulgaris,  und  Filaria 
pulicis,  eine  Larve  in  Gammarus  pulex.  Beschrieben  werden 
ferner  noch  der  bisher  nur  zweimal  beobachtete  Echinorhynchus 
clavula  Duj.  aus  Thymallus  vulgaris  und  Spiropterus 
crassicauda  Crepl.  zwischen  den  Magenhäuten  von  Colymbus 
arcticus.  M.  Braun  (Königsberg  i.  Pr.). 


Untersueliungsmethodeu,  Instrumente  etc. 


969 


Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Ermengem,  E.  raii,  Nouvelle  m6thode  de  coloration  des 
cils  des  b acte  ries.  [Travaux  du  Laboratoire  d’ Hygiene  et 
de  Bact6riologie  de  1’  Universit6  de  Gand.  Tome  I.  Fascicule  3.) 
(CommuDication  iaite  ä la  Sociötö  de  Mddecine  de  Gand,  le  2.  mai 
1893.) 

van  Er  men  gern  bestätigt,  daß  gewissenhafte  Arbeiter  mit  der 
Loeffl  er’schen  Geißelfärbungsmethode  sehr  zufriedenstellende  Re- 
sultate erhalten ; er  hebt  demgegenüber  aber  hervor,  daß  es  oft  vielen 
Probierens  bedarf,  namentlich  wenn  mau  die  Geißeln  von  Mikro- 
organismen färben  will,  von  denen  man  den  Aciditätsgrad  der  Beize, 
welchen  sie  zu  einer  guten  Färbung  verlangen,  nicht  kennt.  Eine 
sichere,  dabei  leicht  ausführbare  und  schnelle  Geißelfärbungsmethode, 
die  zudem  für  die  Mehrzahl  aller  Bakterienarten  ohne  weiteres  an- 
wendbar wäre,  sei  also  noch  ein  Desiderat  der  bakteriologischen 
Technik.  Er  beschreibt  nun  im  Folgenden  eine  neue,  im  wesentlichen 
auf  photographischen  Prinzipien  beruhende,  ziemlich  einfache  Geißel- 
färbungsmethode, welche  im  wesentlichen  allen  diesen  Forderungen 
entspricht. 

Hauptbedingung  sind  reine  Deckgläschen,  da  die  geringsten  Spuren 
fettiger  Substanzen  oder  organische  Verunreinigungen  Schleierbildungen 
verursachen  und  das  Präparat  verderben.  Er  kocht  die  Deckgläschen 
zur  Reinigung  in  einer  Mischung  von  Kali  bichromic.  und  Acid.  sul- 
furic.  conc.  ää  60,0  g,  Wasser  1000,0  g,  spült  mehrere  Male  mit 
Wasser,  dann  mit  Alcohol  absol.  und  läßt  sie,  ohne  abzuwischen,  in 
aufrechter  Stellung  unter  einer  Glocke  trocknen.  Zweitens  verwendet 
er  junge  (10 — 18-stündige)  Agarkulturen  und  verdünnt  die  Suspension 
sehr  stark,  um  isolierte  Bakterien  und  wenig  Niederschläge 
zu  erhalten. 

Das  lufttrockene  Präparat  wird  dreimal  zwischen  den  Fingern 
durch  die  Flamme  gezogen.  Als  „Bain  fixateur“  dient  ihm  eine  dunkel- 
schwarz-blaue Beize  von  Acid.  osmic.  (2-proz.  Lösung)  1 Teil,  Tannin, 
(10 — 25-proz.  Lösung1)  2 Theile.  Ein  Tropfen  dieser  Mischung  wird 
auf  das  Präparat  gebracht  und  muß  darauf  in  der  Kälte  eine  halbe 
Stunde,  bei  50 — 60°  5 Minuten  lang  wirken.  Die  so  behandelten 
Deckgläschen  werden  sehr  sorgfältig  mit  Wasser  und  Alkohol  ge- 
spült, dann  einige  Sekunden  in  ein  „Bain  sensibilisateur“,  eine  0,5 — 
0,25-prozentige  Silbernitratlösung,  getaucht.  Darauf  kommt  das  Prä- 
parat ohne  Abspülen  in  das  „Bain  r6ducteur  et  renforqateur“  aus 
Acid.  gallic.  5,0  g;  Tannin  3,0  g;  Kal.  acet.  fus.  10,0  g;  Aqu.  dest. 
350,0  g.  Nach  einigen  Augenblicken  bringt  man  die  Präparate  unter 
fortwährendem  Bewegen  des  Bades  in  die  schwache  0,5— 0, 25-proz. 
Siiberlösung  zurück,  bis  sich  dieses  Silberbad  zu  schwärzen  beginnt. 
Abspülen  in  viel  Wasser,  Abtrocknen  zwischen  Fließpapier  und  Mon- 
tieren in  Balsam. 


1)  Diese  Tanninlösung  kann  4 — 5 Tropfen  Eisessig  pro  100  ccm  erhalten. 


970  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Die  Bakterien  erscheinen,  nach  der  oben  beschriebenen  Methode 
behandelt,  dunkelbraun,  die  Geißeln  dunkelschwarz,  wohlerhalten  und 
scharf.  In  wohlgelungenen  Präparaten  zeigt  die  Mehrzahl  der  Indi- 
viduen die  Geißeln,  frei  von  Niederschlägen  und  Schleierbildung.  Die 
Färbung  kann  durch  ein  Goldbad  oder  Verstärkungen  mit  Queck- 
silber, Uran  etc.  beliebig  modifiziert  werden. 

Mit  dieser  einzigen  Methode,  ohne  irgend  welche  Säure-  etc. 
Zusätze,  gelang  ohne  weiteres  die  Färbung  von  B.  typhi,  B.  coli 
c o m m u n e (10  Varietäten),  B.  fluor.  liquefac.,  B.  der  blauen 
Milch,  Proteus  mirabilis  und  Zenkeri,  B.  p se udotube r cu- 
losis,  B.  enteritidis,  B.  subtilis  (verschiedene  Varietäten),  V. 
cholerae  asiaticae,  Finkler-Prior,  Deneke,  Spirill. 
concentricum  (Colfontaine)  spec.  nov.,  undula,  serpens, 
Micro c.  agilis,  B.  prodigiosus. 

Die  Methode  bietet  in  der  That  Ausgezeichnetes,  nur  scheint 
eben  auch  zu  ihr  Uebung  zu  gehören.  Mit  ihr  ist  für  dies  Gebiet 
ein  ganz  neuer  Weg  eröffnet  worden.  Vielleicht  läßt  sich  die 
Methode  noch  mehr  vereinfachen. 

Czaplewski  (Königsberg  i.  Pr.). 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 


Borrel,  Tuberculose  experimentale  du  rein.  [Travail  du 
laboratoire  de  M.  Metschnikoff  ä l’Institut  Pasteur.]  (Ann. 
de  l’Institut  Pasteur.  1894.  No.  2.) 

Nach  Injektion  von  Tuberkelbacillen  in  die  Ohrvene  lassen  sich 
an  dem  tuberkulösen  Prozesse  der  Lunge  zwei  wohl  verschiedene 
Stadien  feststellen.  Unmittelbar  nach  der  Impfung  liegen  die  Bacillen 
in  mehrkernige  Leukocyten  eingeschlossen  und  in  den  Lungen- 
kapillaren. In  einer  zweiten  Periode  aber,  anschließend  an  den  Ver- 
käsungsprozeß der  primären  Tuberkel,  wird  das  Lymphgefäßsystem 
ergriffen.  Diese  zweite  Periode,  welche  beim  Kaninchen  etwa  gegen 
den  20.  Tag  beginnt,  zeigt  sich  histologisch  durch  das  Auftreten 
einer  Masse  von  jungen  Tuberkeln  in  den  Lymphwegen.  In  regel- 
mäßigen Intervallen  vorgenommene  Sektionen  der  geimpften  Tiere 
zeigen  schon  vom  5.  Tage  ab  in  den  Lungen  mikroskopisch  sichtbare 
Veränderungen,  während  die  Leber  und  die  Nieren  noch  ganz  frei 
zu  sein  scheinen  oder  doch  nur  spärlich  Knötchen  zeigen.  Die 
Lunge  dient  hier  als  Filter  und  hält  die  meisten  Bacillen  zurück. 
Durch  Injektion  in  die  Ohrvene  ist  man  niemals  sicher,  eine  In- 
fektion der  Nieren  zu  erreichen  oder  vielmehr  so  früh  die  wenigen 
Bacillen  aufzufinden,  welche  die  Lunge  passiert  haben.  Erst  gegen 
den  20.  Tag  nach  der  Injektion  in  die  Ohrvene  tritt  in  der  Niere 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskraukheiten,  Entwickelung^hemmuug  etc.  971 


eine  Eruption  von  Tuberkeln  auf ; diese  entsprechen  aber,  wie  die 
histologische  Untersuchung  zeigt,  durchaus  nicht  der  primären  In- 
fektion, sie  sind  vielmehr  den  in  dem  Lymphgefäßsysteme  der  Lunge 
vorhandenen  sekundären  Bildungen  ähnlich.  Um  also  die  primäre 
Bildung  von  Tuberkeln  in  der  Niere  zu  studieren,  muß  man  zu 
einer  Methode  der  Impfung  greifen,  welche  das  durch  die  Lunge 
gebildete  Filter  umgeht.  Verf.  führt  zu  diesem  Zweck  eine  Kanüle 
durch  die  Carotis  bis  in  den  Aortabogen  und  injizirt  nun,  indem  er 
die  andere  Carotis  komprimiert.  Auf  diese  Weise  erhielt  jedes 
Kaninchen  2 Kubikcentimeter  einer  fein  zerriebenen  Aufschwemmung 
von  Tuberkelbacillen.  Auch  bei  Anwendung  dieser  Methode  muß 
man  oft  viele  Schnitte  machen,  um  die  Bacillen  in  der  Niere  anzu- 
treffen. Durch  den  Vergleich  der  auf  arteriellem  und  der  auf 
venösem  Wege  hergestellten  Infektion  gelingt  es  aber  nach  Borrel 
sehr  gut,  zwei  verschiedene  Arten  der  Tuberkulose  zu  konstatieren, 
und  zwar  1)  die  primitive  Tuberkulose,  welche  hauptsächlich  in  den 
Glomerulis  oder  der  Kortikalsubstanz  ihren  Sitz  hat,  und  2)  die 
disseminierte,  perivaskuläre  Form,  welche  über  die  ganze  Niere  aus- 
gebreitet ist.  — Die  histologischen  Untersuchungen  des  Verf’s.,  welche 
durch  sehr  schöne  Zeichnungen  illustriert  sind,  gipfeln  in  einer  Be- 
stätigung der  Anschauungen  Metschn  ikoff’s  über  die  Entstehung 
der  tuberkulösen  Bildungen. 

Gerl  ach  (Wiesbaden). 

Schmans  und  Uschinsky,  Ueber  den  Verlauf  der  Impf- 
tuberkulose bei  Einwirkung  von  A 1 ka  1 i a 1 b u m i n a t. 
(V  ircho  w’s  Archiv  f.  path.  Anatomie.  Bd.  CXXXVI.  1894.  Heft  2.) 

Angeregt  durch  die  Untersuchungen  Prof.  Büchner ’s  über  die 
neuen  Gesichtspunkte  in  der  Immunitätsfrage,  welche  die  Ein- 
wirkung von  Alkalialbuminat  und  Alkaliproteinen  auf  mit  luberkulose 
infizierte  Tiere  zum  Gegenstände  hatten  und  wobei  eine  starke 
chronische  Leukocytose,  sowie  eine  eigentümliche,  in  Erweichungs- 
prozessen bestehende  Umwandelung  der  tuberkulösen  Herde  gefunden 
wurde,  unternahmen  es  die  Verff.,  die  histologisch-pathologisch-ana- 
tomischen Vorgänge  genauer  zu  studieren.  Als  infektiöses  Material 
wurde  eine  Emulsion  von  Perlknoten  benutzt,  von  welcher  Meer- 
schweinchen circa  1/2  ccm,  Kaninchen  ein  paar  ccm  in  die  Muskulatur 
des  Oberschenkels  injiziert  erhielten.  Nach  8—14  Tagen  wurde  mit 
der  Injektion  von  Thymusextrakt  in  der  von  Büchner  (Die  neuen 
Gesichtspunkte  der  Immunitätsfrage.  Berlin  1893.  p.  19)  angegebenen 
Weise  begonnen  und  dieselbe  jeden  zweiten  Tag  wiederholt. 

Die  Untersuchungen  der  Verff.  sind  nicht  allein  von  patho- 
logischem, sondern  auch  von  nicht  geringem  bakteriologisch-histo- 
logischem Interesse.  Dieselben  sind  zwar  noch  nicht  abgeschlossen, 
doch  könnten  jetzt  schon  folgende  Schlußsätze  als  die  Resultate  der 
Studien  formuliert  werden : 

1)  Die  Erweichung  der  tuberkulösen  Herde  beruht  zum  Teil  auf 
zelliger  Wucherung  der  präexistierenden  Tuberkelzellen,  die  dabei 
KernfragmentieruDgen  aufweisen. 


972  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


2)  Ein  anderer  Teil  der  im  Erweichungsherde  enthaltenen  Zellen 
entspricht  ausgewanderten  Leukocyten. 

3)  Das  Verschwinden  der  Grundsubstanz,  soweit  dieselbe  dem 
von  Zellenausläufern  gebildeten  Reticulum  entspricht,  beruht  darauf, 
daß  jene  Ausläufer  bei  der  Zellteilung  verloren  gehen,  indem  die 
Zellen  sich  trennen  und  ihre  Abkömmlinge  eine  rundliche  Form  an* 
nehmen.  In  diesem  Sinne  könnte  man  von  einer  zelligen  Lösung  der 
Grundsubstanz,  von  einer  „zelligen  Erweichung“  sprechen. 

4)  Die  zellige  Erweichung  geht  neben  der  hyalinen  Umwandelung 
der  tuberkulösen  Massen  einher,  indem  ihr  nur  die  von  ersterer  frei 
gebliebenen  centralen  Teile  auheimfallen,  bezw.  da,  wo  Neigung  zu 
derselben  besteht,  eine  hyaline  Umwandlung  nicht  stattfindet. 

5)  Hyalin  umgewandelte  wie  zellig  erweichte  Stellen  können 
nachträglich  einer  käsigen  Nekrose  verfallen. 

6)  Die  Erweichung  der  tuberkulösen  Herde  ist  analog  einer 

echten  Eiterung.  M a a ß (Freiburg  i.  B.). 

Winkler,  Die  antituberkulöse  Wirkung  des  Guajakol- 
Jodoforms.  (Deutsche  med.  Wochenschr.  1893.  No.  32.) 

Im  Jahre  1891  empfahl  Picot  zur  Behandlung  der  Tuberkulose 
subkutane  Einspritzungen  eines  Gemisches,  welches  im  ccm  neben 
Olivenöl  und  Vaseline  0,005  cg  Guajakol  und  0,01  cg  Jodoform  ent- 
hielt. Die  Wirksamkeit  des  Verfahrens  wurde  von  Grasset  in 
Zweifel  gezogen;  dagegen  riet  auch  Pignol  zu  Injektionen  einer 
Mischung  von  14  Teilen  Eukalyptol,  1 Jodoform,  5 Kreosot  auf  100 
sterilisierten  Olivenöls  oder  Mandelöls  in  die  Gegend  des  Sulcus  re- 
trotrochantericus;  die  Tagesgabe  sollte  10  ccm  betragen.  Auch 
Peter  hat  nach  Injektionen  von  jedesmal  50  g einer  Lösung  von 
10  Teilen  Guajakol  und  1 Teil  Jodoform  in  100  Teilen  Mandelöl 
bei  Tuberkulose  seinem  Berichte  nach  günstige  Erfolge  gesehen. 

Verf.  prüfte  das  Guajakol-Jodoform  experimentell  auf  seine  Wir- 
kung den  Tuberkelbacillen  gegenüber.  Er  benutzte  dabei  ein  anderes 
öliges  Lösungsmittel  nicht,  da  das  Jodoform  sich  unter  Verschwinden 
des  charakteristischen  Geruches  in  Guajakol  allein  leicht  und  voll- 
kommen löst. 

Er  ließ  in  einem  Kulturgläschen  über  Glycerinagar,  welcher  mit 
reichlichem  Materiale  aus  einer  Tuberkelbacillenreinkultur  geimpft 
worden  war,  die  Dämpfe  der  Mischung  streichen,  indem  er  diese  in 
ein  am  Boden  des  Gefäßes  angebrachtes  kleines  Reservoir  füllte. 
8 Tage  später  an  Meerschweinchen  vorgenommene  Impfungen  zeigten, 
daß  die  Originalkultur  stark  virulent,  die  den  Dämpfen  ausgesetzte 
Kultur  aber  unwirksam  war.  Auf  Glycerinagar,  welches  mit  Material 
aus  der  letzteren  geimpft  wurde,  fand  eine  neue  Kulturentwickelung 
nicht  statt.  Injektionen  mit  einer  aus  Tuberkelbacillen  und  Guajakol- 
Jodoform  unter  Verreiben  hergestellten  Mischung  blieben  ebenfalls 
erfolglos.  Auf  einem  vor  dem  Erstarren  mit  Guajakol-Jodoform  ge- 
mischten oder  nach  dem  Erstarren  damit  übergossenen  Glycerin- 
agarmischboden gediehen  Tuberkelbacillen  nicht. 

Weniger  günstig  fielen  Heilversuche  an  Tieren  aus.  Wurden  die 
Versuchstiere  mit  Tuberkelbacillen  infiziert  und  gleichzeitig  mit 


Schutzimpfung,  künstl.  IniektionskrankheiteD,  Entwickelungshemmuug  etc.  973 


Guajakol- Jodoform  behandelt,  so  kam  die  Tuberkulose  dennoch  zur 
Entwickelung.  Das  Blutserum  von  Kaninchen , denen  1 Stunde  vor 
der  Entnahme  Guajakol-Jodoform  unter  die  Haut  gespritzt  war,  er- 
wies sich  bei  der  Üebertragung  von  Tuberkelbacillen  nicht  entwicke- 
lungshemmend. 

Diese  negativen  Versuchsergebnisse  entmutigten  den  Verf.  jedoch 
nicht,  die  Wirkung  der  Mischung  bei  örtlicher  Tuberkulose  zu  prüfen, 
da  er  hier  mit  Rücksicht  auf  die  Versuche  mit  Kulturen  bessere  Er- 
folge erwarten  zu  dürfen  hoffte.  In  der  That  nahmen  bei  Gelenk- 
tuberkulose die  Schwellungen  nach  von  Mosetig-Moorhof  aus- 
geführten Injektionen  schnell  ab.  Die  Sektion  eines  Patienten,  der 
eine  Stunde  nach  der  Einspritzung  verstarb , zeigte  die  „eminent 
austrockneude  Wirkung  des  Guajakol -Jodoforms  auf  das  fungös  er- 
weichte Knochengewebe“.  Zu  den  stets  schmerzlos  sich  vollziehenden 
Injektionen  waren  je  20  g einer  Mischung  von  Guajakol-Jodoform  5 : 1 
verwendet  worden.  Kübler  (Berlin). 

Kiseliensky,  Experimentelle  Untersuchungen  über  den 
Einfluß  der  Laparotomie  auf  die  Bauchfelltuber- 
kulose  der  Tiere.  (Centralbl.  für  allg.  Pathol.  u.  pathol.  Anat. 
1893.  Nov.  p.  865.) 

K.  suchte  die  Frage  nach  dem  Einflüsse  der  Laparotomie  auf 
die  Bauchfelltuberkulose  an  Meerschweinchen  und  Kaninchen  zu  lösen ; 
die  Infektion  erfolgte  durch  Reinkultur  oder  durch  Sputum.  Die 
operierten  Tiere  lebten  meist  länger  als  die  Kontrolliere:  4—5  Monate 
statt  1 — 3 Monate  nach  der  Infektion.  3—6  Tage  nach  der  Lapa- 
rotomie sah  K.  mäßige  Rundzelleninfiltration  in  der  Umgebung  der 
Tuberkel;  ferner  fanden  sich  verhältnismäßig  viele  Bacillen  innerhalb 
von  Zellen.  10—60  Tage  nach  der  Laparotomie  hatte  sich  junges 
Bindegewebe  in  den  Tuberkeln  entwickelt,  welches  später  an  Menge 
noch  zunahm.  In  den  späteren  Stadien  fanden  sich  meist  die  Knöt- 
chen umgeben  von  einem  Bindegewebswall.  K.  weist  nach  diesen 
Befunden  den  „Reaktionsprocessen“  [Rundzelleninfiltration,  Phagocytose, 
aktive  Bindegewebsentwickelung]  eine  Hauptrolle  bei  der  Heilwirkung 
der  Laparotomie  zu  [ebenso  wie  Zweifel,  Bumm  u.  A.].  Die  Bedeutung 
der  antiseptischen  Mittel,  der  Entfernung  des  Exsudates  etc.  schlägt 
er  sehr  gering  an.  W.  Peters en  (Zürich). 

Baas,  Experimentell-anatomische  Untersuchungen  über 
den  Einfluss  des  Tuberkulocidins  und  Tuberkulins 
auf  die  Impftuberkulose  des  Kaninchenauges.  (Habili- 
tationsschrift.) Leipzig  1893. 

Hat  das  Tuberkulocidin  oder  das  Tuberkulin  heilende  Eigen- 
schaften auf  die  Impftuberkulose  des  Auges,  welche  durch  mikro- 
skopisch als  rein  erkannte,  aus  dem  hygienischen  Institute  zu  Freiburg 
stammende  Tuberkelbacillenkulturen  erzeugt  war?  Verf.  infizirte 
meist  nur  ein  Auge  jedes  Versuchstieres,  indem  er,  nach  gründ- 
licher Desinfektion  der  Umgebung  desselben,  sowie  des  Konjunktival- 
sackes,  unterhalb  des  Ciliarrandes  von  oben  her  mit  der  Lanzette 


974  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


einstach  und  Teile  der  Kultur  in  die  vordere  Kammer  brachte. 
Hierauf  mehrmaliges  Abspülen  der  Lider  mit  Sublimatlösung  und 
Vernähen  der  Lider.  Wurde  die  Naht  nach  einem  Tage  geöffnet,  so 
zeigte  sich  die  Cornealwunde  verklebt  und  niemals  kam  es  zu  einer 
eitrigen  Infektion  derselben.  Nach  etwa  10  Tagen  waren  kleine 
Tuberkel  der  Iris  erkennbar  und  nun  wurden  kleine  bis  mittlere 
Dosen  des  Koch’schen  bezw.  Klebs’schen  Mittels  bei  langsamem 
Ansteigen  der  Dosis  injiziert,  und  zwar  nach  folgenden  3 Versuchs- 
reihen: 1)  6 Milligramm  bis  5 Centigramm  aufsteigend  in  6 Dosen, 
zusammen  0,5  Gramm ; 2)  5 Milligramm  bis  1 Decigramm  aufsteigend 
in  16  Injektionen,  zusammen  1,055  Gramm;  3)  Injektionen  von  je 
1 Decigramm  und  7 Injektionen  von  je  2 Decigramm,  aufsteigend  in 
10  Injektionen,  zusammen  1,7  Gramm.  Nach  Abschluß  der  Ver- 
suchsreihen wurde  der  Bulbus  unter  Zuhilfenahme  der  Cocain-An- 
ästhesie enukleiert.  Sämtliche  Tiere  lebten  bei  Abschluß  der  Arbeit 
noch.  Die  mikroskopische  Untersuchung  des  gehärteten  Bulbus 
zeigte  in  allen  Fällen,  daß  Conjunctiva,  Cornea,  Iris  und  Ciliar- 
körper entzündlich  infiltriert  und  von  Tuberkelknötchen  durchsetzt 
waren,  während  Sklera,  Glaskörper,  Choreoidea  und  Retina  davon 
frei  blieben.  In  dem  Inhalte  der  vorderen  Kammer  zeigten  sich  fast 
stets  Tuberkelbacillen,  in  der  Cornea  konnten  dieselben  einige  Mal 
nachgewiesen  werden,  während  sie  in  den  anderen  Geweben  nicht 
zu  finden  waren.  Verf.  kommt  zu  folgenden  Schlüssen: 

1)  Das  Tuberkulocidin  vermag  ebensowenig  wie  das  Tuberkulin 
die  einmal  ausgebrochene  Impftuberkulose  des  Kaninchenauges  auf- 
zuhalten, geschweige  denn  zu  heilen. 

2)  Ein  wesentlicher  Unterschied  in  dem  Verlaufe  des  tuber- 
kulösen Prozesses  bezüglich  langsameren  oder  rascheren  Fortschreitens 
der  Zerstörung  bei  Tuberkulin-  oder  Tuberkulocidin  an  Wendung  be- 
steht nicht. 

3)  Die  Zahl  der  Tuberkelbacillen  scheint  bei  den  behandelten 
Tieren  größer  gewesen  zu  sein,  als  bei  den  Kontrolltieren. 

4)  Eine  besondere,  auf  Zugrundegehen  der  Bacillen  hindeutende 
Erscheinung  im  Aussehen  derselben  konnte  bei  den  mit  Tuber- 
kulocidin behandelten  Tieren  nicht  nachgewiesen  werden. 

Ger  lach  (Wiesbaden). 

Binz,  Ueber  den  Vorgang  der  Heilung  des  Malaria- 
fiebers durch  Chinin.  (Deutsche  med.  Wochenschr.  1894. 
No.  6.) 

Abdruck  eines  in  der  medizinischen  Abteilung  der  Niederrhein. 
Gesellsch.  f.  Natur-  und  Heilkunde  in  Bonn  gehaltenen  Vortrages,  in 
welchem  Binz  den  Nachweis  führt,  daß  durch  die  Ergebnisse  der 
Arbeiten  Mannaberg’s  (vergl.  diese  Zeitschr.  Band  XIV.  p.  18) 
der  früher  von  ihm  selbst  aufgestellte  Satz,  nach  welchem  das  Chinin 
das  Malariafieber  durch  direktes  Einwirken  auf  dessen  Ursache  heilt, 
bestätigt  wird.  K üb ler  (Berlin). 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten  etc.  — Neue  Litteratur.  975 


Kesem-Beck,  Ueber  die  Behandlung  der  Malaria  mit 
Methylenblau  und  über  dessen  lokale  Anwendung 
bei  der  Diphtherie.  (Wratsch.  1893.  No.  23,  24,  25,26  und  27.) 

Auf  Grund  der  Anwendung  von  Methylenblau  bei  der  Behandlung 
von  30  Malariafällen,  in  welchen  aber  die  Diagnose  ohne  mikro- 
skopische Blutuntersuchungen  gestellt  wurde,  gelangt  K.  zu  folgenden 
Schlüssen:  Das  Methylenblau  ist  entschieden  ein  gutes  Mittel  gegen 
Malaria,  besonders  in  den  Fällen,  in  welchen  Chinin  nicht  vertragen 
wird  oder  wirkungslos  bleibt.  K.  empfiehlt  nicht  mehr  als  0,5  g 
pro  die  (für  Erwachsene,  für  Kinder  von  4 bis  8 Jahren  0,25  bis 
0.4  g)  zu  geben  und  diese  Quantität  in  mehreren  Dosen  zu  verteilen. 
Uebelkeit  und  Dysurie  sind  bei  solcher  Anwendungsweise  sehr  un- 
bedeutend. 

Indem  K.  in  14  Fällen  von  diphtheritischen  Rachen affektionen 
Pinselungen  mit  wässeriger  Methylenblaulösung  (1:10)  mittels  Watte- 
bäuschchen  bis  3mal  täglich  in  Anwendung  zog,  beobachtete  er  bei 
allen  seinen  Patienten  einen  günstigen  Verlauf  der  Krankheit,  die 
auch  in  Genesung  überging.  Daher  verdient  nach  K.  das  Methylen- 
blau den  Vorzug  vor  auderen  Mitteln  und  noch  deshalb,  weil  es 
auch  die  Gewebe  nicht  im  mindesten  reizt.  Sacharoff  (Tiflis). 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

De.  Akthub  Wübzbubg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 


Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Ball,  M.  V.,  Essentials  of  bacteriology.  2.  ed.  Illustr.  8°.  London  (Hirschfeld)  1894. 

4 sh. 

Fraenkel,  C.  u.  Pfeiffer,  E.,  Mikrophotographischer  Atlas  der  Bakterienkunde.  2.  Aufl. 
9.  u.  10.  Lfg.  gr.  8°.  10  Lichtdr.-Taf.  m.  10  Bl.  Erklärgn.  Berlin  (August  Hirsch- 
wald) 1894.  ä 4 M. 

Heim,  L.,  Lehrbuch  der  bakteriologischen  Untersuchung  und  Diagnostik.  Eine  An- 
leitung zur  Ausführung  bakteriologischer  Arbeiten  und  zur  Einrichtung  bakteriologischer 
Arbeitsstätten  mit  zahlreichen,  vielfach  nach  Original-Photogrammen  hergestellten 
Abbildungen  u.  8 Tafeln  in  Lichtdr.,  enth.  50  Photogramme  von  Mikroorganismen. 
(Bibliothek  des  Arztes.)  gr.  8°.  XIX,  528  p.  m.  8 Bl.  Erklärgn.  Stuttgart  (Enke) 
1894.  16  M- 


Morphologie  und  Syttematdc. 

Ager , L.  C. , A peculiar  chromatogenic  bacillus.  (New  York  med.  Journ.  1894. 
P-  265.) 

Bay,  J.  Ch.,  The  spore-forming  species  of  tke  genus  Saccharomyces.  (Amer.  naturalist. 
1893.  Aug.  p.  685 — 696.) 

Canestrini,  G.  e Massalongo,  C , Nuova  specie  di  fitoptidi  italiani.  (Atti  d.  soc.  veneto- 
trentino  di  scienze  nat.  in  Pavia.  1894.  Ser.  2.  Vol.  I.  fase.  2.) 


976 


Neue  Litteratur. 


Biologie. 

(Gärung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  usw.) 

Boyce,  R.  and  Evans,  A.  E.t  The  action  of  gravity  upon  bacterium  Zopfii.  (Proceed. 
of  the  Royal  soc.  of  London.  1893/94.  p.  300 — 312.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Luft,  Wasser,  Boden. 

Fischer,  B.,  Die  Bakterien  des  Meeres  nach  den  Untersuchungen  der  Plankton-Expedi- 
tion unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung  einiger  älterer  und  neuerer  Untersuchungen. 
83  p.  m.  3 Fig.  u.  1 Karte.  Kiel  (Lipsius  & Tischer)  1894. 

Subskr.-Pr.  5,40  M.  ;'Einzelpr.[_6  M. 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Aügemeinkrankheiten. 

Behring,  Bekämpfung  der  Infektionskrankheiten.  Infektion  und  Desinfektion.  Versuch 
einer  systematischen  Darstellung  der  Lehre  von  den  Infektionsstoffen  und  Desinfek- 
tionsmitteln. gr.  8°.  XII,  251  p.  Leipzig  (Georg  Thieme)  1894.  6 M. 

Janke,  H.,  Embryologie  und  Infektions-Krankheits-Uebertragung,  sowie  die  Blutserum- 
Therapie.  gr.  8°.  III,  104  p.  Neuwied  (Heuser)  1894.  2,50  M. 

Klemperer,  F.  u.  Levy,  E.,  Grundriß  der  klinischen  Bakteriologie  für  Aerzte  und  Stu- 
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Mecklenburg- Schwerin.  Maßregeln  zur  Bekämpfung  ansteckender  Krankheiten  betr. 
Vom  11.  September  1893.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  17. 
p.  267—268.) 


Malariakrankheiten. 

Golgi,  C.,  Ueber  die  römischen  Sommer-Herbst-Malariafieber.  (Dtsche  med.  Wchschr. 
1894.  No.  13,  14.  p.  291  — 292,  317—318.) 

Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Röteln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 
Grandmaison,  F.  de,  La  variole.  16°.  Paris  (Rueff  & Cie.)  1894.  3,50  fr. 

Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest 

Blachstein,  A.,  Ueber  die  Virulenz  des  Kommabacillus  in  ihrer  Beziehung  zum  Nähr- 
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Neue  Litteratur. 


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Mitteilungen  aus  Kliniken  und  medizinischen  Instituten  der  Schweiz.  I.  Reihe.  Heft  9. 
Ueber  die  Perforation  seröser  pleuritischer  Exsudate,  nebst  Bemerkungen  über  den 
Belund  von  Typhusbacillen  in  dem  serösen  Pleuraexsudat  eines  Typhuskranken.  Von 
Sahli.  Mit  5 sphygmograph.  Kurven  u.  1 Temperaturkurve.  21  p.  — Beiträge  zur 
Bakteriologie  der  Typhuskomplikationen.  Von  W.  Spirig.  p.  23 — 45.  Basel  (Sall- 
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W undinfektionskrankh  eiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Fischl,  R.,  Ueber  gastrointestinale  Sepsis.  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  1894.  Bd.  XXXVII. 
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Moissy,  V.,  Septicemie  puerperale;  mort;  enfant  atteint  d’erysipfele  de  la  face  et  d’oph- 
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—846.) 

Wright,  A.  H.,  Puerperal  septicaemia.  (Canad.  practit.,  Toronto  1894.  p.  1 — 8.) 

Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skrofulöse],  Syphilis  [und  die  anderen  venerischen 

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Bryce,  P.  H.,  Prophylaxis  in  tuberculosis.  (Canada  Lancet.  1893/94.  p.  101 — 104.) 

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Carr,  J.  W.,  An  analysis  of  100  post-mortem  examinations  on  children  suffering  from 
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Goldschmidt,  S.,  Die  Tuberkulose  und  Lungenschwindsucht,  ihre  Entstehung,  nebst  einer 
kritischen  Uebersicht  ihrer  neuesten  Behandlungs-Methoden  und  Anh.  über  Familien- 
erkrankungen an  Schwindsucht,  gr.  8°.  VII,  112  p.  Leipzig  (Verl.  d.  „Reichs- 
Medizinal-Anzeigers“  [B.  Konegen])  1894.  2,20  M. 

Hirschfeld,  E.,  On  the  modes  of  infection  in  tuberculosis.  (Report  of  the  Australas. 
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Klebs,  E , Die  kausale  Behandlung  der  Tuberkulose.  Experimentelle  und  klinische 
Studien.  Mit  1 Photograv.,  7 Farben-  u.  19  Kurventaf.,  4 Fig.  im  Text  u.  1 Statist. 
Beilage,  gr.  8°.  XVI,  629  p.  m.  1 Tab.  Hamburg  (Leopold  Voß)  1894.  30  M. 

van  Niessen,  M.,  Der  Krebserreger.  (Centralbl.  f.  d.  med.  Wissensch.  1894.  No.  21. 
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Petit,  L.  H.,  Congres  pour  l’etude  de  la  tuberculose  chez  l’homme  et  chez  les  animaux. 
3«  session  1893.  Av.  1 pl.  et  fig.  8°.  Paris  (Masson)  1894.  15  fr. 

Potain,  Syphilis  et  tuberculose  pulmonaire.  (Gaz.  d.  höpit.  1893.  p.  1375.) 


978 


Neue  Litteratur. 


Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische 
Genickstarre,  Mumps,  Kückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Duche,  C.,  Note  sur  l’epidemie  d’influenza  de  l’hiver  1891/92.  (Bullet,  de  la  soc.  med. 
de  l’Yonne.  1892,  1893.  p.  71—75.) 

Dukes,  C.,  Epidemie  roseola.  8°.  39  p.  London  (Churchill)  1894.  1 sh. 

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vännen.  1893.  p.  309 — 315.) 

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ano  de  1892.  (Crön.  med.  Lima  1893.  p.  372 — 374.) 

Greenley,  T.  B.,  Is  diphtheria  always  of  microbic  origin  and  due  to  contagion?  (Amer. 

practit.  and  news,  Louisville  1894.  p.  121 — 131.) 

Mitteilungen  aus  Kliniken  und  medizinischen  Instituten  der  Schweiz.  I.  Reihe.  7.  Heft. 
Aetiologische  und  klinische  Beiträge  zur  Diphtherie.  Aus  dem  Kinderspital  zu  Basel. 
Von  E.  Feer.  I.  Bakteriologische  Untersuchungen  Uber  Diphtherie.  II.  Die  Ver- 
breituDgsweise  der  Diphtherie.  HI.  Die  Tracheotomieen  des  Kinderspitals  zu  Basel 
und  ihre  Wundkomplikationen,  von  1873 — 1892;  Folgezustände  der  Tracheotomierten 
im  späteren  Leben,  gr.  8®.  191  p.  Basel  (Carl  Sallmann)  1894.  4 M. 

Pane,  N.,  Ripristinamento  della  virulenza  del  diplo-bacillo  pneumoniae  mediante  il  viros 
carbonchioso.  (Riforma  med.  1893.  pt.  4.  p.  147.) 

Roche,  L.,  Notes  sur  l’öpidemie  d'influenza  qui  a sevi  dans  la  circonscription  medicale 
de  Toucy  pendant  l’hiver  de  1891/92.  (Bullet,  de  la  soc.  med.  de  l’Yonne.  1892, 
1893.  p.  51—56.) 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

V erdauungsorgane. 

Lemiere,  G.,  Cholera  nostras  et  bacille  du  colon.  (Journ.  d.  scienc.  med.  de  Lille. 

1893.  p.  617,  651,  673.) 

Levi,  L.,  Contribution  ä l’etude  du  foie  infectieux.  D’une  hepatite  infectieuse  subaigue 
primitive.  (Arch.  gener.  de  med.  1894.  Mars,  Avril,  p.  257  — 269,  444 — 456.) 

Augen  und  Ohren. 

Wallace,  J.,  Gonorrheal  ophthalmia.  (Univ.  med.  magaz.  1893/94.  p.  235 — 245.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Galli-Valerio,  B.,  Zoonosi.  Malattie  trasmissibili  dagli  animali  all’uomo.  8°.  Mailand 
(Hoepli)  1894.  1.50  1. 

Aktinomykose. 

Guermonprez  et  Becue,  Actinomycose.  16°.  Paris  (Rueff  & Cie.)  1894.  3,50  fr. 

v.  Schröder,  Th.,  Actinomyces  im  unteren  Thränenröhrchen.  (Klin.  Mtsbl.  f.  Augenheilk. 

1894.  April,  p.  101—121.) 


Tollwut 

Goldschmidt,  J.,  The  acute  epizootic  and  epidemic  outbreak  of  hydrophobia  at  Madeira. 
(Veterin.  Journ.  1894.  April.  Vol.  XXXVIII.  p.  238 — 242.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Tieren. 

Säugetiere. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Stubbe,  L , Rapport  sur  l’etat  sanitaire  des  animaux  domestiques  en  1892.  (Bullet,  de 
l’agriculture.  1893.  T.  IX.  p.  149 — 249.) 

Uebersicht  über  die  Verbreitung  der  ansteckenden  Tierkrankheiten  in  Oesterreich^  wäh- 
rend des  1.  Vierteljahres  1894.  (Veröffentl.  d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  19. 
p.  306—307.) 


Neue  Litteratur. 


919 


Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

(Rinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälher,  Rauschbrand,  entozootisches  Verkalben.) 

Galtier,  V.,  De  la  pneumo-enterite  septique  ou  pleuropneumonie  septique.  Avec  6 fie 
8°.  Paris  1894.  2 fr 

Guinard,  L.  et  Morey,  A.,  Pseudo-tuberculose  microbienne  chez  le  mouton.  (Compt. 
reud.  de  la  soc.  de  biol.  1893.  p.  893 — 895.) 

Krankheiten  der  Vielhuf'er. 

(Rotlauf,  Schweineseuche,  Wildseuche.) 

Deutsches  Reich.  Bekanntmachung,  betr.  die  Anzeigepflicht  für  die  Schweineseuche,  die 
Schweinepest  und  den  Rotlauf  der  Schweine.  Vom  2.  April  1894.  (Veröffentl.  d. 
kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  15.  p.  230.) 

Preußen.  Minist erial -Verfügung,  betr.  die  Bekämpfung  der  Schweineseuche,  Schweine- 
pest und  des  Rotlaufs  der  Schweine.  Vom  7.  April  1894.  (VeröfFentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  16.  p.  250 — 252.) 

Krankheiten  der  Hunde. 

Fröhner,  Eiterige  Follikulärentzündung  der  Lippen  mit  eiteriger  Lymphangitis  und 
Lymphadewitis  — eine  drusenartige  Infektionskrankheit  heim  Hund.  (Mtsh.  f.  prakt. 
Tierheilk.  1894.  Bd.  V.  No.  7.  p.  301—305.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  hei  Pflanzen. 

Frank,  A.  B.,  Die  Krankheiten  der  Pflanzen.  Ein  Handbuch  für  Land-  und  Forstwirte, 
Gärtner,  Gartenfreunde,  Obstbauer  und  Botaniker.  2.  Aufl.  Mit  vielen  in  den  Text 
gedr.  Holzschn.  (In  10  Lfgn.)  1.  Lfg.  gr.  8°.  96  p.  Breslau  (Eduard  Trewendt) 

1894.  1,80  M. 

Küstenmacher,  M.,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Gallenbildungen  mit  Berücksichtigung  des 
Gerbstoffes.  (Jahrb.  f.  wissenschaftl.  Botanik.  1894.  Bd.  XXVI.  No.  1.  p.  82  — 1 85.) 

Schrenk,  H.,  Parasitism  of  Epiphegus  virginiana,  broom  rape,  cancer  root.  (Sep.-Abdr. 
a.  Proceed.  of  the  Amer.  microscop.  soc.  1894.  8°.  p.  91  — 128.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberculose. 

Acosta,  E.  et  Davalos,  J.  N.,  Consideraciones  sobre  el  muermo  ; experiencias  realizadas 
con  la  maleina.  (Crön.  med.-quir.  de  la  Habana.  1893.  p.  716 — 728.) 

Behring  u.  Ehrlich,  Zur  Diphtherieimmunisierungs-  und  Heilungsfrage.  (Dtsche  med. 
Wchschr.  1894.  No.  20.  p.  437 — 438.) 

Calmette,  A.,  Proprietes  du  serum  des  animaux  immunises  contre  les  venins  de  diverses 
espfeces  de  serpents.  (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  18.  p.  1004 — 1005.) 
Ewing,  Ch.  B.,  The  action  of  rattlesnake  venom  upon  the  bactericidal  power  of  the 
blood  serum.  (Lancet.  1894.  No.  20.  p.  1236  — 1238.) 

Laquerriere,  Note  relative  ä la  reglementation  officielle  de  l’emploi  de  la  malleine. 

(Recueil  de  med.  vdtdrin.  1894.  No.  2.  p.  602 — 616.) 

Peters,  Beiträge  zur  Wirkung  des  Mallei'n.  (Berl.  tierärztl.  Wchschr.  1893.  No.  43. 
p.  505—508.) 

Schmaus,  H.  u.  Uschinsky,  N , Ueber  den  Verlauf  der  Impftuberkulose  bei  Einwirkung 
von  Alkalialbuminat.  (Arch.  f.  pathol.  Anat.  u.  Physiol.  1894.  Bd.  CXXXVI.  No.  2. 
p.  264—292  ) 

Volpe,  A.,  Azione  del  siero  di  sangue  di  cane  sulla  virulenza  del  bacillo  tubercolare.. 
(Atti  d.  r.  Accad.  med.-chir.  di  Napoli.  1893.  p.  26 — 33.) 


980 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen. 

Kuprianow,  J.,  Ueber  die  desinfizierende 
Wirkung  des  Guajakols.  (Orig.),  p.  933. 

Walliczek,  Heinrich,  Zur  Technik  bei 
Desinfektionsversuchen.  (Orig  ),  p.  947. 

— — , Die  Resistenz  des  Bacterium  coli 
commune  gegen  Eintrocknung.  (Orig.), 
p.  949. 

Bakteriologische  und  parasitologische 
Kongresse. 

Sanarelli,  G.,  Mitteilungen  aus  dem  XI. 
internationalen  medizinischen  Kongresse 
in  Rom.  (Orig.),  p.  950. 

Babes,  V. , Ueber  Enterohepatitis  sup- 
purata  endemica,  p.  952. 

— — , Ueber  einen  bei  Skorbut  gefun- 
denen Bacillus,  p.  953. 

Pernice,  B.  u.  Scagliosi,  G.,  Beitrag  zur 
Kenntnis  der  Pathogenie  der  Nieren- 
veränderungen bei  der  asiatischen  Cho- 
lera, p.  950. 

Sirena,  S.  u.  Scagliosi,  G.,  Aehnlich- 
keiten  und  Verschiedenheiten  der  in 
den  verschiedenen  Teilen  Italiens  wäh- 
rend der  letzten  Choleraepidemie  iso- 
lierten Vibrionen,  p.  951. 

u. , Lebensdauer  des  Milz- 
brandbacillus in  der  Erde,  im  Trink- 
und  Meerwasser  und  in  den  Abfall- 
wässern, p.  952. 

Referate. 

Adamkiewicz , Zur  Krebsparasitenfrage, 
p.  962. 

Adenot,  De  l’origine  osseuse  de  certaines 
ulcerations  tuberculeuses  en  apparence 
exclusivement  cutanees.  (Frequence  et 
obscurite  de  cette  origine  dans  les  affec- 
tions  lupoides  des  extremites  des  mein- 
bres.),  p.  960. 

Babes,  V.,  Sur  les  associations  bacteriennes 
des  bacilles  de  la  tuberculose  avec  des 
microbes  hemorrhagiques,  p.  957. 

Bruice,  P.  J.  de , Ueber  einen  Fall  von 
akuter  Miliartuberkulose  mit  dem  aus- 
geprägten Bilde  des  Abdominaltyphus, 
p.  957. 

Frankenberger,  A.,  Beitrag  zur  Kasuistik 
und  Aetiologie  der  primären  Genital- 
tuberkulose des  Weibes,  p.  961. 


Kanthack,  Madura  Disease  (Mycetoma)  and 
Actinomycosis,  p.  967. 

v.  Linstow , Helminthologische  Studien, 
p.  967. 

Ribbert,  Die  neueren  Untersuchungen  über 
Krebsparasiten,  p.  962. 

Sacharoff,  Zur  Biologie  der  Malariapara- 
siten, p.  962. 

, Ueber  die  Struktur  des  Kernes  bei 

den  halbmondförmigen  Malariaparasiten 
des  Menschen,  p.  962. 

Titoff,  Ueber  die  Malariaparasiten  der  sog. 
halbmondförmigen  Varietät,  p.  961. 

Vincent,  Etüde  sur  le  parasite  du  „pied 
de  Madura'1,  p.  965. 

Weyl,  Handbuch  der  Hygiene,  p.  954. 
v.  Fodor,  Hygiene  des  Bodens.  Mit  be- 
sonderer Rücksicht  auf  Epidemiologie 
und  Bauwesen,  p.  954. 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Ermengem,  E.  van,  Nouvelle  methode  de 
coloration  des  cils  des  bactöries,  p.  969. 

Schutzimpfung , künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten. 

Baas,  Experimentell  - anatomische  Unter- 
suchungen über  den  Einfluß  des  Tuber  - 
kulocidins  und  Tuberkulins  auf  die  Impf- 
tuberkulose des  Kaninchenauges,  p.  973. 

Binz,  Ueber  den  Vorgang  der  Heilung  des 
Malariafiebers  durch  Chinin,  p.  974. 

Borrel,  Tuberculose  experimentale  du  rein, 
p.  970. 

Kesem-Beck,  Ueoer  die  Behandlung  der 
Malaria  mit  Methylenblau  und  über  des- 
sen lokale  Anwendung  bei  der  Diphthe- 
rie, p.  975. 

Kischensky,  Experimentelle  Untersuchun- 
gen über  den  Einfluß  der  Laparotomie 
auf  die  Bauchfelltuberkulose  der  Tiere, 
p.  973. 

Schmaus  u.  Uschinsky,  Ueber  den  Verlauf 
der  Impftuberkulose  bei  Einwirkung  von 
Alkalialbuminat,  p.  971. 

Winkler,  Die  antituberkulöse  Wirkung  des 
Guajakol-Jodoforms,  p.  972. 

Neue  Litteratur,  p.  975. 


Prommaunsche  Buchdruckerei  (Hermann  Bohle)  in  Jena, 


1894. 


Centralblatt  ■B1  xv- Na- 24- 


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Das  Laboratorium  besitzt  eine  zahlreiche  Sammlung  von  Kultur- 
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wilden  Hefen  (Krankheitshefen)  und  gärungserregenden  Bakterien. 

Lehrbücher:  Alfred  Jörgensen’ s „Die  Mikroorganismen  der 

Gärungsindustrie“,  3.  Ausg.,  1892  (P.  Parey,  Berlin). 

E.  Clir.  Hansen’ s „Untersuchungen  aus  der  Praxis  der  Gärungs- 
industrie (Beiträge  zur  Lebensgeschichte  der  Mikroorganismen)“, 
Heft  I— H,  1890 — 92  (R.  Oldenbourg,  München). 

Weitere  Auskunft  erteilt  der  Direktor. 


Verlag  von  R.  Friedländer  & Sohn,  Berlin  X.W.,  Carlstr.  n. 


Dr.  Alexis  Korotneff, 

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GetL  Hofr.  Prof.  Dr.  Lerntet  ui  Professor  Dr.  Loeffler 

ln  Leipzig  In  Greifswald 

herausgegeben  von 

Dr.  O.  Uhlworm  in  Cassel. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


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Preis  für  den  Band  (26  Nnmmern)  14  Mark. 

Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

— Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  und  Postanstalten. 

Die  Redaktion  des  „ Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um,  IÄefei'ung  von  besonderen  Abdrucken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabzüge  direkt  an 
den  Verleger , Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Original -Mittheilungen. 

Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 

[Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  zu  Greifswald.] 

Von 

Dr.  J.  Knprianow. 

(Schluß.) 

Auffallend  ist  der  große  Unterschied  der  Wirkungszeit  von 
Guajakol  auf  Aussaat  und  auf  entwickelte  Kulturen. 

2-proz.  Lösung  des  Guajakols  tötet  Aussaat  nach  20  Sek.,  Kult,  nach  1 Stunde 

4-proz.  „ „ „ >,  „ » 5 „ n » 20  Min. 

Die  Wirkung  der  2-proz.  Guajakollösung  auf  Kulturen  ist  nach 
der  Zeit  berechnet,  demnach  180mal  geringer  als  auf  Aussaat  und 
die  der  4-proz.  sogar  240mal.  Bei  Karbolsäure  und  Kresol  ist  der 
Unterschied  nicht  so  bedeutend. 


XV.  Bd. 


62 


982 


J.  Kuprianow, 


2-proz.  Lös.  Karbols,  tötet  Aussaat  in  5 Sek.,  Kult,  in  3 Min.,  d.  b.  in  36mal  kürzerer  Zeit 
»»  *>  i»  »>  5 „ „ },  1 ,,  ,,  ,,  12  „ „ ,, 

»*  Kresol  ,,  „ ,,  5 )f  ,,  ,,  5 ,,  ,,  ,,  60  ,,  ,,  ,, 

»i  »»  >»  j*  >»  »»  5 ,,  „ ,,  45  Sek.,  ,,  ,,  9 ,,  ,,  ,, 

Zum  Schluß  stelle  ich  sämtliche  erhaltene  Versuchsergebnisse 
zur  vergleichenden  Uebersicht  nochmals  in  einer  Tabelle  zusammen, 
(s.  Tabelle  X.  p.  983.) 

Ein  Blick  auf  diese  Tabelle  lehrt,  daß  mit  der  Zunahme  des 
Prozentgehaltes  der  Lösungen  an  chemischer  Substanz  und  an  Al- 
kohol die  Wirkungskraft  der  Lösung  steigt,  aber  nicht  in  gerader 
Proportion,  sondern  in  einem  viel  größeren  Verhältnis,  so  werden 
z.  B.  Aussaaten  des  Staphylococcus  aureus  abgetötet: 


durch  1-proz.  wässerige  Lösung  nach  3*/s  Stdn. 
11  ,,  ,,  ,,  ,,  1 V2  1» 

„ 2-  „ alkoholische  „ „ 30  Min. 

i*  *’  i»  ii  ii  ii  5 ,, 

d.  b.  „ 2-  ,,  wässerige  „ 2i/smal  schneller 

„ 2-  „ alkoholische  „ 7mal  „ 

ii  4 “ ii  ii  ,1  42mal  ,, 

als  durch  die  1-proz.  wässerige  Lösung. 


Richtet  man  nun  seine  Aufmerksamkeit  auf  das  quantitative 
Verhältnis  zwischen  der  Wirkungskraft  des  Guajakols  und  der 
anderen  Mittel,  so  sieht  man,  daß  dasselbe  nicht  ein  konstantes  ist, 
sondern  innerhalb  weiter  Grenzen  schwankt.  Es  hängt  dies  ab  von 
der  Stärke  der  Lösung  und  der  Widerstandsfähigkeit  der  Bakterien- 
art. Wenn  wir  dieses  Verhältnis  in  Zahlen  ausdrücken  wollen,  so 
erhalten  wir  folgendes  Bild:  Es  wirkt  Karbolsäure  stärker  als 

Guajakol 


in  1-proz.  Lös.  auf  Aussaaten  von  Staph.  521/gtnal,  Pyocyaneus  4ömal, 
in  2 proz  Lös.  auf  Aussaaten  von  Staph.  30mal,  Pyocyaneus  26*/amal,  Typhus  lömal, 
Cholera  lömal, 

in  2-proz.  alk.  Lös.  auf  Aussaaten  von  Staph.  lömal,  Pyocyan.  6mal,  Typhus  13*/Smal, 
Cholera  lOmal,  Favus  4mal, 

in  4-proz.  alk  Lös.  auf  Aussaaten  von  Staph.  62/smal,  Pyocyan.  lmal,  Favus  lmal, 
in  2-proz.  wäss.  Lös.  auf  Kulturen  von  Staph.  4*/amal,  Pyocyaneus  3‘/3mal,  Typhus  4mal, 
Cholera  6mal, 

in  2-proz  alk.  Lös.  auf  Kulturen  von  Staph.  4mal,  Pyocyaneus  9mal,  Typhus  3mal, 
Cholera  3mal,  Favus  20mal, 

in  4-proz.  alk.  Lös.  auf  Kulturen  von  Staph.  8mal,  Pyocyaneus  12I/6mal,  Favus  26*/smal. 

Diese  Zahlen  lassen  uns  erkennen,  daß,  je  stärker  die  Lösung 
und  die  Widerstandsfähigkeit  der  Bakerien  ist,  um  so  geringer  der 
Unterschied  wird  zwischen  Guajakol  und  den  anderen  Mitteln  und 
daß  die  Unterschiede  größer  sind  gegenüber  den  Aussaaten,  geringer 
aber  erscheinen  gegenüber  den  Kulturen.  Besonders  deutlich  wird 
dies  Verhalten,  wenn  man  aus  den  vorstehenden  Zahlen  einen  Durch- 
schnitt berechnet.  Es  ergiebt  sich  dann,  daß  die  Karbolsäure  stärker 
wirkt  als  Guajakol. 

Auf  Aussaat  von  Staphylococcus  aureus  26mal,  Pyocyaneus  ^‘/„mal,  Typhus  14mal, 
Cholera  asiaticae  1 2*/smal,  Favus  21/Jmal. 

Auf  Kultur  aber  nur  von  Staphylococcus  aureus  6mal,  Pyocyaneus  lOmal, 
Typhus  3*/smal,  Cholera  asiaticae  4i/2mal,  Favus  23mal. 

Daß  bei  Typhusbacillus  und  V.  cholera  asiaticae, 
obwohl  sie  widerstandsfähiger  als  Pyocyaneus  sind,  doch  der 
Unterschied  zwischen  Guajakol  und  Karbolsäure  viel  kleiner  ist  als 


Tabelle  X. 

Zusammenstellung  aller  Versuche. 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


983 


K 

> 

Cl. 

naaniing 

jnu 

liazs3unq.n^ 

1 St. 
20  Min. 

3 Min. 

1 Min. 

5 Min. 
45  Sek. 

}«Bssny 

jns 

liazsSnnqj;^ 

20  Sek. 
5 Sek. 

5 Sek. 
5 Sek. 

5 Sek. 
5 Sek. 

Vibrio  Cholera 

uo|[inoa  i 'Smraaq 
-s3un[93)3iznng  z 
SI911!N  sap  afiuan 

1 ccm 
0,6  ccm 

0,4  ccm 
0,2  ccm 

0,4  ccm 
0,2  ccm 

uajnjing 

jn« 

liazsfiunqjijVV 

.5  0 o fl  .Sä 

s S SS  s.  S 

sf  g 2 2 « 2 

■jBBSsn  y 

jn« 

jiazsfiunqii^V 

30  Min. 
10  Min. 

2 Min. 

1 Min. 

2 Min. 
1 Min. 

Typhusbacillus 

uo||tnoa'!  'Sracuaq 
-sSuniaqaiiinag  z 
siajillM  sap  afiuajq 

2 ccm 
0,8  ccm 

0,5  ccm 
0,4  ccm 

0,5  ccm 
0,4  ccm 

uajnjjn^ 

jn« 

tjazsSunqa;^ 

2 St. 

1 St. 

30  Min. 
20  Min. 

30  Min. 
20  Min. 

^Bsssny 

jn« 

■jiazsfiunq-ii^ 

45  Min. 
20  Min. 

3 Min. 
21/,  Min. 

3 Min 
2 Min. 

. 

3 

© 

a 

flß 

© 

O 

Cm 

uoiimoa  "äiumaq 
-s3un[aqoizijuj[  -z 
SI9U!W  S9P  aäaew 

2 ccm 

0,4  ccm 
0,5  ccm 

0,1  ccm 
0,5  ccm 

0,1  ccm 

uejnjpi^ 

jnra 

^jazsäanjfji^ 

j««ssny 

jn« 

liazsSun^iiAV 

d .5  2 ä J4  d m 

« Jg  CO  SS  gj  CC 

-<  m oo  t-  >n  t- 

— 1 50  CO  »H^CO 

45  Min. 
20  Min. 
5 Min. 
5 Sek. 

1 Min. 
45  Sek. 
30  Sek. 
5 Sek. 
1 Min. 
45  Sek. 
30  Sek. 
5 Sek. 

Staphylococcus  aureus  |i 

aoi[tnoa  ! 'ämmaq 
-sSuniaqatAiiua  z 
SI911!N  S9P  92uai\[ 

7 ccm 

0,7  ccm 
4 ccm 

0,2  ccm 
4 ccm 

0,2  ccm 

ua-inunji 

jn« 

jiazsSunqji^ 

SS  - .2  .2  .2  | .2  .2  a 

„ * s s ss  2 aag 

sTN2  5 g =f  3S« 

jBBSsny 

jn« 

liazsäunqjjAV 

31/.  St- 

IV,  St. 
30  Min. 
5 Min. 

4 Min. 

3 Min. 

2 Min. 
30  Sek. 

5 Min. 

3 Min. 
2 Min. 
45  Sek. 

Sunsoq  jap  aq.i«lS 

:oS  :o3  & as  :oS  & c6  c6  :3  a «S 

®~  o~  =■  ® ®~  ®~  ° ° ®~  ®~  ° ° 

I9?1!W 

joqBfenf)  ajnissioqj«a  losaaj[ 

62* 


984 


J.  Eaprianow, 


bei  Pyocyaneus,  erklärt  sich  daraus,  daß  mit  diesen  beiden  Bak- 
terien keine  Versuche  mit  den  ganz  schwachen  und  ganz  starken 
Lösungen  gemacht  sind.  Die  Erscheinung,  daß  der  Unterschied  in 
der  Wirkung  von  Guajakol  und  Karbolsäure  auf  Aussaten  von  Favus 
viel  kleiner  ist  als  in  der  Wirkung  auf  Kulturen  dieses  Pilzes,  wird 
man  aber  so  deuten  müssen,  daß  die  Karbolsäure  eigentlich  nach 
theoretischer  Berechnung  auf  Aussaat  von  Favus  viel  schneller  hätte 
wirken  müssen,  als  wir  es  bei  unseren  Versuchen  gefunden  haben; 
wäre  man  imstande,  die  Sekundenteile  zu  bestimmen,  in  denen  wahr- 
scheinlich Karbolsäure  die  Aussaat  von  Favus  tötet,  so  würde  dieses 
Verhältnis  sich  vermutlich  umgestaltet  haben.  Eine  Vergleichung  von 
Guajakol  mit  Kresol  erscheint  überflüssig,  weil  Karbolsäure  und  Kresol 
wie  wir  schon  gesehen  haben,  nahezu  gleiche  Wirkung  haben,  was 
übrigens  bereits  früher  auch  von  Behring  festgestellt  ist1). 

Um  den  praktischen  Verhältnissen,  wie  sie  sich  bei  Operationen 
finden,  mit  meinen  Versuchen  näher  zu  kommen,  habe  ich  uun  noch 
Versuche  mit  Stap  hy  lococcus  aureus  und  Pyocyaneus  auf 
flüssigem  und  erstarrtem  Blutserum  als  Nährsubstanz  angestellt,  weil 
das  Blutserum  wesentlich  anders  zusammengesetzt  ist,  als  die  ge- 
brauchten Agarnährböden  und  weil  dasselbe  mehr  den  natürlichen 
Körpersäften  entspricht.  Diese  Versuche  wurden  mit  4-proz.  alko- 
holischer Lösung  gemacht  (s.  Tabelle  XI.  p.  985). 

Bei  Vergleichung  der  Resultate  dieser  Tabelle  mit  der  ent- 
sprechenden der  früheren  Versuche  erkennt  man  keinen  oder  nur 
ganz  geringe  Unterschiede  zwischen  der  Widerstandsfähigkeit  der 
Bakterien,  welche  auf  gewöhnlichem  Nährsubstrate  und  welche  auf 
Blutserum  ausgesät  sind.  Man  kann  im  Gegenteil  in  einigen  Fällen 
sehen,  daß  das  Blutserum  für  die  desinfizierende  Wirkung  der  Mittel 
günstiger  ist. 

Folgende  Zahlen  fassen  diese  Resultate  zusammen. 

4-proz.  alkoholische  Lösung  tötet  auf  erstarrtem  Blutserum 


von  Guajakol  Staph. -Aussaat  nach  3 Min.,  Kult,  nach  9*/s  Min. 


„ Pyoc- 

u ft 

5 Sek.,  ,, 

ff 

6 

Karbolsäure  Staph. - 

tt  ft 

30  „ 

ff 

3 

„ Pyoc.- 

>»  tt 

3 ,i  i» 

ft 

30  Sek. 

Kresol  Staph.- 

ff  ff 

1 Min.,  „ 

ff 

4 Min. 

„ Pyoc.-  „ „ 

Auf  gewöhnlichem  Nähragar: 

5 Sek.,  „ 

ff 

47  Sek. 

von  Guajakol  Staph. -Aussaat  nach 

5 Min.,  Kult. 

nach 

20  Min. 

„ Pyoc.- 

ff  ff 

5 Sek  , ,. 

„ 

7 * /2  Min. 

Karbolsäure  Staph.- 

ff  ff 

30  ,,  ,, 

21/,  „ 

„ Pyoc.- 

ff  ff 

3 t>  i> 

»» 

37  Sek. 

Kresol  Stapb.- 

ff  ff 

45  ,,  )i 

ft 

3 Min. 

„ Pyoc.- 

ff  ff 

5 ,,  i, 

ft 

37  Sek. 

Die  Menge  der  desinfizierenden  Mittel,  welche  Aufhebung  der 
Entwickelung  der  Bakterien  im  flüssigen  Blutserum  bewirkt,  ist  auch 
fast  gleich  der  für  Bouillon  benötigten. 

Bei  den  Versuchen  mit  Tuberkelbacillen  habe  ich  nur  die  4-proz. 


1)  Behring,  Ueber  Desinfektion  u s.  w.  (Zeitschr.  f Hygiene.  1891.  IX.  3. 
p.  395.) 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


985 


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Aussaat 

von 

Kulturen 

auf 

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Serum 

flüssig. 

Serum 

erstarrt. 

Serum 

flüssig. 

Serum 

erstarrt. 

Blutser. 

flüssig. 

1 Serum 

erstarrt. 

Serum 

flüssig. 

Serum 

erstarrt. 

Serum 

flüssig. 

Serum 

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+ 

o 

Bakterien 

Staphyloc. 

aureus 

Pyocyaneus 

Staphyloc. 

aureus 

Pyocyaneus 

Staphyloc. 

aureus 

Pyocyaneus 

ISU'K 

|0^et«nQ 

9an«sioqu«x 

losauyi 

986 


J.  Kuprianow, 


alkoholischen  Lösungen  angewandt  und  diese  verglichen  mit  der 
Wirkung  einer  4-proz.  alkoholischen  Kreosotlösung. 

Von  einer  gut  entwickelten  Kultur  wurden  etwa  stecknadelkopf- 
große Partikel  entnommen  und  auf  mehrere  Stellen  der  Glycerinagar- 
flächen übertragen.  Von  einem  Verreiben  der  Partikel  mit  phy- 
siologischer Kochsalzlösung,  so  daß  isolierte  Bacillen  etwa  gewonnen 
wären,  habe  ich  Abstand  genommen,  da  sehr  häufig  isolierte  Tuberkel- 
bacillen schon  an  und  für  sich  ohne  jede  Behandlung  nicht  weiter- 
wachsen auf  frischen  Glycerinagarflächen. 

In  die  besäten  Röhrchen  habe  ich  die  Lösungen  eingegossen. 
Die  Zeit  der  Einwirkung  der  Desinficientien  variierte  von  15  Sek.  bis 
2 Stunden.  Eine  Anzahl  der  besäten  Röhrchen  wurde  nicht  behandelt 
und  diente  zur  Kontrolle. 

Nach  Abgießen  und  vollkommenem  Ablaufen  der  Lösungen  wurden 
die  Röhrchen  im  Thermostaten  bei  37°  gehalten  und  1V2  Monaten 
beobachtet. 

Das  Ergebnis  war  nun  folgendes:  Sämtliche  Kontrollröhrchen 
zeigten  kräftiges  Wachstum,  sämtliche  behandelte  Röhrchen  waren 
steril  geblieben.  Die  auf  der  Oberfläche  der  Agarflächen  haftenden 
Kulturpartikelchen  hatten  sich  nicht  im  geringsten  vergrößert  und 
waren  etwas  dunkler  im  Farbenton  geworden. 

Demnach  zeigen  die  Tuberkelbacillen  selbst  in  dickeren  den  Kul- 
turen der  übrigen  Bakterien  an  Dicke  gleichen  Massen  eine  außer- 
ordentlich hohe  Empfindlichkeit  gegenüber  den  starken  alkoholischen 
Lösungen  des  Guajakols  und  Kreosots.  Py oc y an eus- Kulturen 
wurden  durch  die  gleiche  Lösung  erst  in  Minuten,  Staphylo- 
c o c c u s - und  Favus-  Kulturen  sogar  erst  in  20  Minuten  abgetötet. 

Leider  gestattete  es  meine  Zeit  nicht,  diesen  Versuch  zu  wieder- 
holen und  die  gleichen  Versuche  mit  schwächeren  Lösungen  anzu- 
stellen, da  jeder  Versuch  immer  einen  Zeitraum  von  mehreren  Monaten 
in  Anspruch  nimmt. 

Sollte  sich  durch  weitere  Versuche  die  hohe  Empfindlichheit  der 
Tuberkelbacillen  gegenüber  den  alkoholischen  Guajakollösungen  be- 
stätigen, so  würde  man,  bei  der  vollkommenen  Ungiftigkeit  dieser 
Lösungen,  in  denselben  ein  wertvolles  Mittel  besitzen,  um  lokale 
tuberkulöse  Prozesse,  namentlich  tuberkulöse  Eiterungen  damit  zu 
behandeln. 

Die  Versuche  mit  Krätze  wurden  in  der  Art  ausgeführt,  daß 
ein  kleines  Stück  einer  von  kranken  Meerschweinchen  entnommenen 
Kruste  auf  den  Objektträger  gelegt,  mit  Nadeln  zerzupft  und  mit 
schwacher  Vergrößerung  unter  dem  Mikroskope  beobachtet  wurde. 
Waren  die  Krätzmilben  aufgefunden,  so  wurden  einige  Tropfen  der 
Versuchsmittel  darauf  gegossen  und  nun  die  Bewegungen  der  Milben 
beobachtet.  Das  Aufhören  der  Bewegungen  wurde  als  Eintritt  des 
Todes  gedeutet. 

Gegen  alle  angewendeten  Mittel  hatte  die  Krätze  eine  sehr  geringe 
Widerstandsfähigkeit,  denn  schon  eine  1-proz.  und  sogar  0,5-proz. 
Lösungen  vernichteten  die  Bewegungen  der  Krätzmilben  fast  momentan. 
Dieselbe  Wirkung  hatte  auch  absoluter  Alkohol,  während  eine  33-proz. 
Lösung  von  Alkohol  erst  nach  einer  halben  Stunde  dasselbe  Resultat 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


987 


lieferten.  Danach  konnte  man  aunehmen,  daß  alle  diese  Mittel  sehr 
brauchbar  zur  Heilung  von  Krätze  sein  würden.  Infolgedessen  habe 
ich  Heilungsversuche  an  Tieren,  welche  an  Krätze  litten,  gemacht, 
und  zwar  mit  einer  4-proz.  alkoholischen  Lösung  der  Mittel.  Mit 
einem  Wattebausch,  welcher  mit  dieser  Lösung  getränkt  war,  wurden 
die  kranken  Stellen  stark  gerieben.  Die  Resultate  blieben  weit  hinter 
dem,  was  man  erwarten  konnte,  zurück.  Das  Guajakol  wirkte  nicht 
so  stark,  daß  sich  die  Krusten  ablösten.  Karbolsäure  und  Kresol 
wirkten  zwar  viel  energischer,  übten  aber  eine  sehr  starke  Reizung 
auf  die  Haut  aus,  das  Kresol  zeigte  sich  so  giftig,  daß  alle  mit  dem- 
selben behandelten  Tiere  nach  einigen  Stunden  zu  Grunde  gingen. 
Eine  so  starke  Giftigkeit  schließt  natürlich  die  Möglichkeit  eines  Ge- 
brauchs von  Kresol  vollkommen  aus.  Die  giftige  Eigenschaft  dieses 
Mittels  für  die  Behandlung  ist  übrigens  bereits  auch  von  anderen 
Forschern  konstatiert  worden.  So  fand  Werner  Meili1),  daß  bei 
Vergleichung  der  Kresole  mit  Karbolsäure  das  Ortho-  und  Parakresol 
viel  giftiger  und  nur  das  Metakresol  etwas  weniger  giftig  war  als  Kar- 
bolsäure. Bei  meinen  Versuchen  habe  ich  das  Kresolum  purum  lique- 
factum  Noerdlinger  verwendet,  welches  vielleicht  alle  drei  Kresole 
enthält. 

Zum  Schlüsse  habe  ich  noch  Versuche  über  Desinfektion  der 
Hände  gemacht,  wobei  so  vorgegangen  wurde,  wie  man  gewöhnlich  vor 
Operationen  verfährt.  Zuerst  wurden  die  Hände  tüchtig  mit  warmem 
Wasser  und  Seife  gewaschen  und  gebürstet,  der  Schmutz  unter  den 
Nägeln  sorgfältig  entfernt  und  dann  die  Hände  mit  absolutem  Al- 
kohol und  Aether  abgespült.  Dann  wurde  noch  einmal  das  unter 
den  Nägeln  gebliebene  Material  mit  sterilisiertem  Messer  abgekratzt 
und  etwas  davon  auf  Agar  in  Reageuzgläschen  ausgesät.  Diese 
Aussaat  diente  zur  Kontrolle.  Danach  wurden  die  Hände  eine  be- 
stimmte Zeit  in  die  Lösung  des  desinfizierenden  Mittels  gehalten, 
nachher  wurden  sie  mit  sterilisiertem  Wasser  abgespült,  um  von  der 
Oberfläche  der  Hände  das  desinfizierende  Mittel  möglichst  zu  ent- 
fernen und  nun  erst  mit  einem  sterilisierten  Messer  von  dem  unter 
den  Nägeln  gebliebenen  Materiale  ausgekratzt  und  auf  Agar  gesät. 

Die  zweite  Reihe  derartiger  Versuche  bestand  darin,  daß  die 
Hände  nach  Abwaschung  mit  Wasser  und  Seife  und  noch  Abspülung 
mit  Alkohol  und  Aether  mit  einer  Suspension  von  Staphylo- 
coccus  aureus  in  Wasser  begossen  und  nunmehr  eine  bestimmte 
Zeit  wieder  in  die  Lösung  des  desinfizierenden  Mittels  gehalten 
wurden.  Nachdem  sie  dann  ebenso,  wie  eben  beschrieben,  mit 
sterilisiertem  Wasser  abgespült  waren,  wurde  von  dem  unter  dem 
Nagel  entnommenen  Materiale  auf  Agar  ausgesät.  Zu  diesen  Unter- 
suchungen wurden  2-proz.  und  4-proz.  alkoholische  Lösungen  ver- 
wendet. Bei  der  2-proz.  wurden  die  Hände  5 und  10  Minuten,  bei 
der  4-proz.  3 und  5 Minuten  in  das  desinfizierende  Mittel  gehalten. 
Die  Versuche  habe  ich  zweimal  wiederholt,  jedesmal  mit  nahezu  dem 
gleichen  Resultate. 


1)  Dissertat.  Bern.  1891. 


988 


J.  Kuprianow, 


Tabelle  XII. 

Desinfektion  der  Hände. 


Stärke 

Ohne  Staphylococcus 

aureus 

Mit  Staphylococcus  aureus 

Mittel 

Lösung 

3 Min. 

5 Min. 

10  Min. 

3 Min. 

5 Min. 

10  Mii 

j 

2-proz.  al- 
koholische 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Guajakol  ^ 

4-proz.  al- 

1 

koholische 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Karbol- 

2-proz.  al- 

Wenige 

Einzelne 

Einzelne 

Wenige 

Einzelne 

koholische 

Kolon. 

Kolon. 

0 

Kolon 

+ 

Kolon. 

Kolon. 

säure  < 

4-proz.  al- 

Wenige 

Eine 

Einzelne 

1 

koholische 

Kolon. 

0 

Kolouie 

0 

Kolon. 

0 

0 

0 

1 

2-proz.  al- 

Wenige 

Einzelne 

koholische 

Kolon. 

0 

0 

0 

Kolon. 

0 

0 

Kresol  . 

4-proz.  al- 

Wenige 

Einzelne 

1 

koholische 

Kolon 

0 

0 

0 

Kolon. 

0 

0 

0 

Auch  bei  diesen  Versuchen  hat,  wie  zu  erwarten  war,  das  Gua- 
jakol  wieder  sehr  schwach  gewirkt,  weder  die  2-proz.  noch  auch  die 
4-proz.  Lösung  ist  imstande,  bei  5 und  10  Minuten  langer  Einwir- 
kung den  Staphylococcus  aureus  ebensowenig  wie  andere, 
saprophyte,  Bakterien  abzutöten.  In  allen  Versuchsröhrchen  zeigte 
sich  reichliches  Wachstum  verschiedener  Bakterien.  Karbolsäure  und 
Kresol  wirkten  dagegen  viel  stärker;  so  ließ  z.  B.  die  2-proz.  Lösung 
von  Karbolsäure  in  der  ersten  Versuchsreihe  schon  nach  5 Minuten 
in  einem  Falle  wenige,  in  einem  anderen  nur  einzelne  Kolonieen  zur 
Entwickelung  kommen  und  nach  10  Minuten  aus  einer  Probe  ein- 
zelne Kolonieen,  aus  einer  anderen  gar  keine  Kolonie  erwachsen.  Bei 
Anwendung  4-proz.  Lösung  wuchsen  nach  3 Minuten  in  einem  Falle 
vereinzelte  Kolonieen,  das  aus  einer  anderen  Schmutzprobe  besäte 
Agar  blieb  steril,  nach  5 Minuten  dauernder  Anwendung  kam  nur 
in  einem  Falle  eine  Kolonie  zur  Entwickelung,  die  Aussaat  einer 
anderen  Probe  blieb  steril.  Kresol  wirkte  fast  ganz  gleich  wie  Karbol- 
säure. 

Ebenso  wirkten  die  Karbolsäure  und  Kresol  auch  in  der  zweiten 
Versuchsreihe  bei  Infektion  der  Hände  mit  Staphylococcus 
aureus. 

Wenn  wir  die  Resultate  der  Desinfektion  der  Hände  in  der 
zweiten  Reihe  der  Versuche  mit  den  aus  den  früheren  Versuchen 
mit  Reinkulturen  des  Staphylococcus  aureus  erhaltenen  Resul- 
taten vergleichen,  so  finden  wir,  daß  die  Desinfektion  der  Hände 
erreicht  wurde  nach  einem  Zeiträume,  welcher  länger  war,  als  der  zum 
Abtöten  der  Aussaaten  notwendige  und  welcher  gleich  oder  nur 
um  ein  Kleines  geringer  war,  als  der  zum  Abtöten  der  Kulturen 
des  Staphylococcus  aureus  gefundene. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  die  Ergebnisse  meiner  Untersuchungen 
in  folgenden  Sätzen  zusammenfassen: 


Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des  Guajakols. 


989 


1)  Guajakol  wirkt  als  desinfizierendes  Mittel  schwächer  als 
Karbolsäure  und  Kresol.  Wegen  seiner  schwachen  Wirkung  ist  es 
als  äußerliches  Desinficiens  nicht  brauchbar. 

2)  Der  Unterschied  zwischen  der  Wirkung  des  Guajakols  und 
der  anderen  beiden  Mittel  wächst  mit  der  Abnahme  der  Stärke  der 
Lösung  und  verkleinert  sich  mit  der  Zunahme  derselben. 

3)  Die  Wirksamkeit  der  Mittel  steigt  nicht  im  gleichen  Verhält- 
nisse mit  der  Stärke  der  Lösungen,  sondern  in  einem  größeren. 

4)  Alkoholzusätze  (33-proz.)  erhöhen  die  Wirkungskraft  der 
Mittel  ganz  erheblich. 

5)  Karbolsäure  und  Kresol  haben  nahezu  gleiche  Wirkung. 

6)  Die  Aussaaten  der  Bakterien  werden  in  kürzerer  Zeit  und 
durch  schwächere  Lösungen  der  Mittel  abgetötet  als  die  Kulturen. 

7)  Auf  Tuberkelbacillen  wirken  Guajakol  und  Kreosot  sehr  stark 
ein,  doch  müssen  noch  weitere  Versuche  mit  Tuberkelbacillen  ange- 
stellt werden,  weil  die  von  mir  angestellten  nicht  genügen  zur  ge- 
nauen Feststellung  der  Wirkungskraft  des  Guajakols  auf  diese  Bak- 
terien. 

8)  Guajakol  tötet  Krätzmilben  bei  direkter  Einwirkung  fast 
momentan.  Bei  der  Behandlung  mit  Krätze  behafteter  Tiere  erweist 
sich  seine  Wirkung  gleichwohl  als  eine  sehr  schwache. 

9)  Das  chemisch  reine  Guajakol  besitzt  am  wenigsten  reizende 
Eigenschaften,  viel  stärkere  dagegen  haben  Karbolsäure  und  besonders 
Kresol.  Letzteres  wirkt  bei  äußerlicher  Anwendung  infolge  schneller 
Resorption  giftig  und  ist  deswegen  selbst  äußerlich  höchstens  in 
schwachen  Lösungen  verwendbar. 

10)  Das  Fehlen  der  giftigen  und  ätzenden  Eigenschaften,  welche 
die  anderen  Mittel  haben,  gestattet  die  innere  Anwendung  des 
chemisch  reinen  Guajakols.  Da  dasselbe  schon  im  Verhältnis 
von  1 :500  die  Ent  Wickelung  der  Cholerabakterien  voll- 
ständig zu  verhindern  vermag,  so  wäre  eine  innerliche 
Darreichung  dieses  Präparats  bei  der  Cholera  wohl 
zu  vers uchen. 

Zum  Schlüsse  ist  es  mir  eine  angenehme  Pflicht,  Herrn  Prof. 
Dr.Loeffler  für  die  gütige  Ueberweisung  des  Themas  und  die  liebens- 
würdige Unterstützung  bei  der  Bearbeitung  desselben  hier  noch  ein- 
mal meinen  herzlichen  Dank  auszusprechen. 

Greifswald,  im  Mai  1894. 


990 


G.  M.  Carasso, 


Neue  Methode  der  Behandlung  der  Lungentuberkulose'). 

Von 

Dr.  Gr.  M.  Carasso, 

Oberstabsarzt  und  Direktor  des  Militärlazaretts 
in 

Genua. 

Teil  I.  Uebersiclit  der  Erfolge  der  bisher  üblichen  Mittel  in 
der  Behandlung  der  Lungentuberkulose. 

Seitdem  man  durch  die  Entdeckung  Koch’s  den  Erreger  der 
Tuberkulose  kennt,  ist  die  Therapie  der  Lungentuberkulose  in  eine 
neue  Phase  eingetreten.  Die  Ziele,  welche  man  jetzt  zu  erreichen 
sucht,  sind:  Die  Bacillen  zu  vernichten,  wenigstens  ihre  toxischen 
Wirkungen  zu  neutralisieren  und  den  Organismus  widerstandsfähig 
gegen  ihre  Entwickelung  zu  machen.  Trotz  aller  Bemühungen  ist 
man  von  diesen  Zielen  noch  weit  entfernt.  Mittels  der  Antiseptika, 
welche  man  zur  Erreichung  der  beiden  ersten  Gesichtspunkte  in  An- 
wendung gezogen  hat,  ist  man  nicht  imstande  gewesen,  auf  die 
Bacillen  im  Körper  einen  wesentlichen  Effekt  auszuüben.  Man  kann 
bisher  nur  die  Infektionsquellen,  wie  sie  sich  in  den  tuberkulösen  Sputis, 
in  Milch  und  Fleisch  tuberkulöser  Kühe  darbieten,  ungefährlich 
machen.  Auch  das  dritte  Ziel,  den  Organismus  immun  gegen  den 
Tuberkelbacillus  zu  machen,  hat  man  noch  nicht  mit  Sicherheit 
zu  erreichen  gewußt. 

Bei  einem  sorgfältigen  Studium  der  Litteratur  über  die  am 
meisten  empfohlenen  Mittel  zur  Behandlung  der  Lungentuberkulose 
kommen  wir  zu  folgenden  Schlüssen  über  die  Bedeutung  und  Wirk- 
samkeit des  Tuberkulins: 

1)  Obgleich,  wie  aus  den  Zusammenstellungen  von  Guttstadt 
hervorgeht,  große  Uneinigkeit  zwischen  den  Autoren  betreffs  der 
diagnostischen  Bedeutung  des  Koch’schen  Tuberkulins  für  die 
Tuberkulose  innerer  Organe  besteht,  so  ist  es  doch  sicher,  daß  ihr 
eine  solche  zukommt  und  daß  die  sicher  vorhandenen  Ausnahmen 
nur  einen  verhältnismäßig  kleinen  Bruchteil  aller  Falle  darstellen. 

2)  Zufolge  Koch  wirkt  seine  Lymphe  nicht  auf  die  Bacillen, 
sondern  auf  die  tuberkulös  erkrankten  Gewebe.  Diesen  wichtigen 
Punkt  übergehen  die  meisten  Autoren  mit  Stillschweigen.  Schäfer 
behauptet,  die  Bacillen  verschwinden,  de  Renzi  aber  hat  ihre  Zahl 
in  einem  Falle  während  der  Behandlung  wachsen  gesehen.  Klebs 
behauptet  eine  direkte  Wirkung  des  Tuberkulocidins  auf  die  Bacillen, 
aber  es  fehlt  noch  die  Bestätigung  seiner  Angaben  seitens  der 
Kliniker.  Auf  jeden  Fall  darf  man  schließen,  daß  die  Koch’sche 
Lymphe  auf  die  Bacillen  keine  direkte,  von  allen  Klinikern  sicher 
konstatierte  Wirkung  besitzt.  Die  pathologisch-anatomischen  Unter- 
suchungen Virchow’s  stellten  ebenfalls  fest,  daß  eine  solche  Wir- 
kung fehlt. 


1)  Vergl.  die  vorläufige  Mitteilung  in  dieser  Zeitschr.  Bd.  XIV.  p.  719. 


Neue  Methode  der  Behandlung  der  Lungentuberkulose. 


991 


3)  Nach  Koch  kann  man  beginnende  Lungentuberkulose  und 
auch  fortgeschrittene,  wenn  nur  wenige  und  kleine  Kavernen  vor- 
handen sind,  mit  seinem  Mittel  heilen.  Lister,  Fraenkel, 
Singlair  Cogh  i 11  und  Ehrl  ich  erachten  das  Tuberkulin  für  das 
beste  Mittel  gegen  die  Tuberkulose.  Aber  Guttmann  erzielte  nur 
Besserungen,  Leyden  Heilungen  nur  bei  beginnender  Phthise  und 
dieselben  Resultate  bekam  man  in  Krankenhäusern  in  Rom  und 
Monaco.  Renvers  und  de  Renz i vermochten  überhaupt  keinen 
günstigen  Effekt  vom  Tuberkulin  zu  sehen,  Langermann  hält  das 
Tuberkulocidin  für  unschädllich,aber  auch  für  unwirksam.  Kinnicutt 
ist  geneigt,  zu  glauben,  daß  der  durch  das  Tuberkulin  angeregte 
Prozeß  nichts  ist,  als  eine  Erhöhung  der  Zellthätigkeit.  Virchow 
stellte  anatomisch  fest,  daß  die  Tuberkel  nicht  verändert  werden, 
sondern  daß  das  Tuberkulin  auf  das  entzündete  Gewebe  wirkt, 
welches  die  tuberkulösen  Herde  umgiebt. 

Was  das  Verhältnis  der  geheilten  Fälle  zu  den  behandelten  an- 
geht, so  ist  die  Statistik  von  Guttstadt  nicht  sehr  verführerisch. 
Von  932  Behandelten  wurden  nur  10  geheilt,  von  denen  9 an  be- 
ginnender, 1 an  mäßig  vorgeschrittener  Tuberkulose  litt;  es  war 
keiner  mit  Lungentuberkulose  mit  Kavernen  darunter.  Keine  Bes- 
serung wurde  bei  533  erzielt. 

Weniger  entmutigend  ist  die  Statistik  von  Vogl,  doch  ist  zu 
bemerken,  daß  gute  Resultate  nur  bei  beginnender  Tuberkulose  er- 
zielt wurden,  wobei  übrigens  nur  von  ziemlich  völlig  Geheilten  die 
Rede  ist,  während  von  9 Kranken  mit  vorgeschrittener  Tuberkulose 
5 starben  und  4 nicht  geheilt  wurden.  Noch  günstiger  ist  die 
Statistik  von  Schöfer,  weil  daraus  hervorgeht,  daß  die  wesentlich 
gebesserten  Patienten  nach  Jahren  keine  Krankheitssymptome  mehr 
zeigten  und  im  Auswurfe  keine  Bacillen  hatten.  Befriedigend  sind 
ferner  die  Resultate  von  Potschkowski,  da  von  14  Behandelten 
4 geheilt  und  7 gebessert  wurden.  Die  Zahl  der  von  den  letzten  3 
Beobachtern  Behandelten  beträgt  130,  ihren  Resultaten  kann  also 
im  Verhältnis  zu  der  Zusammenstellung  von  Guttstadt  nur  eine 
verhältnismäßig  geringe  Bedeutung  zuerkannt  werden.  Sehr  er- 
mutigend klingen  die  Angaben  von  Klebs  über  die  Wirkung  seines 
Tuberkulocidins. 

Aus  dem  Angegebenen  kann  man  schließen,  daß  man  mit  der 
Behandlung  nach  Koch  Heilungen  bei  beginnender  Lungentuberkulose, 
wenn  auch  in  sehr  beschränkter  Zahl,  erreichen  kann.  Dieselbe 
übt  aber  ganz  geringe  Wirkung  bei  vorgeschrittener,  keine  bei  aus- 
gebildeter Lungentuberkulose  aus. 

4)  Die  Anwendung  der  Koch’schen  Methode  bei  der  Lungen- 
tuberkulose scheint  zu  einem  schlechten  Resultate  in  manchen  Fällen 
dadurch  führen  zu  können,  daß  sie  das  eingekapselte  tuberkulöse 
Gewebe  in  Freiheit  setzt  und  damit  wieder  schädlich  macht.  Es 
entwickeln  sich  infolge  davon  metastatische  Tuberkel  aus  dem  ver- 
kästen pneumonischen  Herde  von  dem  resorbierten  Materiale  aus 
(Virchow).  So  kann  man  auch  die  Fälle  erklären,  in  welchen  der 
Zustand  des  Kranken,  anstatt  sich  zu  bessern,  sich  während  der  Kur 
verschlechtert. 


992 


G.  M.  C a r a s s o 


Die  Schlüsse,  welche  man  aus  den  Angaben  der  Kliniker  über 
die  Wirksamkeit  des  Kreosots  bei  der  Lungentuberkulose  ziehen  kann, 
sind  folgende: 

1)  Das  Kreosot  hat  keine  sicher  konstatierte  baktericide  Wir- 
kung auf  die  Tuberkelbacillen.  Nur  Ludwig  Frey  giebt  an,  bei 
Anwendung  desselben  eine  Verminderung  der  Bacillen  und  schließlich 
ein  völliges  Verschwinden  beobachtet  zu  haben.  Die  Ansicht  von 
Sommerbrodt  und  Warner,  daß  das  Kreosot  eine  spezifische 
Wirkung  auf  den  tuberkulösen  Prozeß  hat,  wird  von  anderen  Autoren 
nicht  geteilt,  Graham,  Kinnicutt  und  Albu  leugnen  sie  aus- 
drücklich. Der  Einfluß  des  Kreosots  wird  von  Graham  dadurch 
erklärt,  daß  es  die  Ernährung  verbessert,  von  Kinnicutt  damit, 
daß  es  die  katarrhalischen  Prozesse  günstig  beeinflußt.  Nach  Albu 
soll  es  eine  Wirkung  analog  den  hygienisch-diätetischen  Vorschriften 
ausüben;  ähnlich  spricht  sich  Beverley  aus,  nach  welchem  das 
Kreosot  auf  die  Ernährung  und  die  Allgemeinsymptome  wirkt, 
Fürbringer  und  Peter,  welcher  ihm  nur  Einfluß  auf  den  Husten, 
die  Expektoration  und  den  Allgemeinzustand  zuerkennt. 

2)  Trotzdem  von  den  meisten  Autoren  dem  Kreosot  keine  Wir- 
kung auf  die  Bacillen  und  die  erkrankten  Gewebe  zugeschrieben 
wird,  empfehlen  sie  doch  seine  Anwendung.  Flint  hat  gute  Resultate 
bei  beginnender  Tuberkulose,  weniger  gute  bei  vorgeschrittener  und  sehr 
wenig  gute,  wenn  große  Kavernen  vorhanden  waren,  erhalten.  Beverley 
sah  gute  Wirkung,  aber  von  93  Fällen  beginnender  Schwindsucht 
verloren  nur  2 alle  Krankheitssymptome.  Besser  sind  die  Resultate 
von  Sommerbrodt,  nach  welchen  Besserung  nicht  nur  in  9 Fällen 
beginnender  Phthise,  sondern  auch  in  3 schweren  Fällen  erzielt 
wurde.  Sehr  gut  ist  die  Statistik  von  Graham:  Ein  großer  Pro- 
zentsatz beginnender  Phthise  geheilt,  ein  kleinerer  dauernd  gebessert 
und  ein  geringer  ohne  Besserung.  Aehnlich  sprechen  sich  Ludwig 
Frey  und  Blanchard  aus.  Die  guten  Resultate  von  Warner 
sind  vielleicht  mit  durch  die  Anwendung  antiseptischer  Inhalationen 
bedingt.  Andere  Autoren  sahen  keine  oder  sehr  geringe  Wirkung 
vom  Kreosot. 

Das  Kreosot  kann  also  nach  Allem  bei  beginnender  Phthise 
durch  seine  indirekte  Wirkung  günstige  Resultate  vermitteln. 

3)  Mit  Vorsicht  angewendet  ist  es  unschädlich ; in  großen  Dosen 
führt  es  Störungen,  besonders  von  seiten  des  Verdauungstraktus, 
herbei. 

Die  Abkömmlinge  des  Kreosots  (Guajakol,  Beuzoyguajakol  etc.), 
welche  bei  der  Behandlung  der  Tuberkulose  verwendet  worden  sind, 
haben : 

1)  spezifische  Wirkung  weder  auf  die  Bacillen  noch  auf  die 
tuberkulösen  Gewebe. 

2)  Sie  haben  gute  Resultate  wie  das  Kreosot  infolge  günstigen 
Einflusses  auf  Verdauung,  Ernährung,  Allgemeinbefinden  und  sekun- 
däre Lokalsymptome  gegeben.  Das  Guajakol  wirkt  von  der  Haut 
aus  außerdem  als  gutes  Temperatur  herabsetzendes  Mittel. 

3)  Sie  haben  vor  dem  Kreosot  den  Vorteil,  ohne  störende  Er- 
scheinungen angewendet  werden  zu  können. 


Neue  Methode  der  Behandlung  der  Lungentuberkulose. 


993 


Außer  einer  großen  Zahl  von  anderen  Mitteln,  welche  keinen 
direkten  Einfluß  auf  Bacillen  und  tuberkulöses  Gewebe  haben  und 
nur  gelegentlich  in  beginnenden  Fällen  Besserungen  ergeben  haben, 
sind  noch  die  Behandlung  mit  Toxinen,  Blutserum  und  Ueberpflan- 
zungen  von  Thyreoideastücken  zu  erwähnen.  Es  ist  noch  nicht  ge- 
lungen, dadurch  Menschen  immun  zu  machen,  ebensowenig  wie  die 
Heilwirkung  dieser  Methoden  trotz  einiger  guter  Resultate  bei 
wenig  vorgeschrittener  Phthise  erwiesen  ist.  Die  Typhotoxine 
können  gefährlich  wirken,  Seruminjektionen  erfordern  viel  Geduld 
von  seiten  der  Kranken , Ueberpflanzungen  von  Thyreoideastücken 
sind  beim  Menschen  noch  nicht  versucht,  doch  erscheint  ihre  An- 
wendung schwierig  und  nicht  unbedenklich. 

Bei  den  bisher  versuchten  Inhalationskuren  hat  sich  noch 
keine  direkte  Einwirkung  auf  die  Bacillen  oder  die  tuberkulösen 
Gewebe  erweisen  lassen.  Näheres  darüber  siehe  im  zweiten  Teile. 

Im  ganzen  kann  man  sagen,  daß  bisher  noch  keine  Methode 
gefunden  ist,  welche  die  Tuberkelbacillen  sicher  und  in  jedem  Falle 
vernichtet,  daß  keine  Methode  dauernde  Heilungen  gegeben  hat,  wenn 
der  Prozeß  nicht  in  latentem  Stadium  oder  im  Beginne  war  und  daß 
bisher  noch  keine  Methode  existiert,  welche  den  Organismus  refraktär 
gegen  tuberkulöse  Infektion  zu  machen  gestattet. 

Teil  II.  Die  neue  Behandlungsweise. 

Bedeutung  der  Inhalationen,  besonders  von 
Essenzen. 

Nach  unserer  Ansicht  stellen  Inhalationen  das  am  direktesten 
angreifende  Mittel  dar,  wenn  man  die  Tuberkelbacillen  in  der  Lunge 
abtöten  will.  Die  Behandlung  mit  Inhalationen  hat  aber,  wie  Siemon 
sehr  richtig  bemerkt,  nicht  in  dem  Maße,  wie  sie  es  verdient,  An- 
wendung gefunden,  weil  sie  wegen  der  Unvollkommenheit  der  vorge- 
schlagenen Methoden  und  Apparate  schwer  durchzuführen  ist. 

Zu  Inhalationen  kann  man  flüssige  und  feste  Medikamente  in 
feinster  Verteilung  benutzen.  Krankhafte  Zustände  des  Pharynx, 
des  Kehlkopfes  und  der  großen  Bronchien  bessern  sich  bedeutend 
unter  solcher  Behandlung.  Einzelne  antiseptische  Substanzen,  welche 
in  pathologischen  Zuständen  der  oberen  Luftwege  gute  Dienste 
leisten,  wie  z.  B.  die  Karbolsäure,  können  in  der  Lungentherapie 
wegen  der  lokalen  Reizung,  welche  sie  hervorrufen,  nicht  Verwendung 
finden.  Dem  Kreosot  kommt  eine  beträchtliche  austrocknende  und 
sekretionsvermindernde  Wirkung  bei  katarrhalischen  Prozessen  zu. 

Inhalationen  können  ferner  mit  Gasen  ausgeführt  werden ; wegen 
ihrer  physikalischen  Eigenschaften  sind  diese  am  geeignetsten  für 
den  Zweck. 

Bei  der  Behandlung  der  Lungentuberkulose  hat  man  Einatmungen 
von  stickstoffreicher,  sauerstoffarmer  Luft  versucht.  Dieselben  sollen 
eine  reizmildernde  Wirkung  bei  irritativen  Zuständen  der  Respira- 
tionswege haben  und  sind  von  Nutzen  bei  auszehrenden  Krankheiten, 
weil  die  erhöhte  Stickstoffzufuhr  die  Lebhaftigkeit  des  Stoffwechsels 
herabsetzt.  Einatmungen  von  Fluorwasserstoffsäure , Chlor  und 


994 


G.  M.  C a r a s s o 


schwefeliger  Säure  haben  wegen  der  Schwierigkeit  ihrer  Ausführung 
wenig  Verbreitung  gefunden.  Inhalationen  von  kalter  und  heißer 
Luft  haben  sich  als  nutzlos  erwiesen.  Inhalationen  von  Dampf  oder 
heißem  Wasser  reizen  und  erhöhen  die  Blutcirkulation  in  den  Lungen 
und  verbessern  dadurch  die  Ernährungsverhältnisse  des  Parenchyms. 

Gut  zu  Inhalationen  zu  verwenden  sind  bei  niederer  Temperatur 
flüchtige  Substanzen,  wie  Alkohol  und  Chloroform,  welche  eine 
vasodilatatorische  Wirkung  besitzen  und  den  Hustenreiz  mildern 
(P a s s e r i n i ’s  Chlorphenol). 

Am  besten  aber  eignen  sich  die  ätherischen  Oele.  Ein  Teil 
derselben  ist  frei  von  Sauerstoff,  wie  z.  B.  diejenigen  aus  Kiefer, 
Tanne,  Wacholder,  ferner  Copaiva-,  Cubeben-,  Terpentinöl  und  die 
Oele  aus  den  Früchten  und  Blättern  verschiedener  Cedernarten.  Zu 
den  sauerstoffhaltigen  gehören  die  Oele  aus  Eukalyptus,  Pfeffermünze, 
Zimmt,  Nelke,  Thymian. 

Antiseptische  Wirkung  der  Essenzen. 

Die  ätherischen  Oele  oder  deren  Essenzen  besitzen  ein  deut- 
liches antiseptisches  Wirkungsvermögen.  Chamberland1)  studierte 
dasselbe  gegenüber  dem  Milzbrandbacillus  und  einem  stark 
bacillenhaltigen  Matexüale,  der  Gartenerde.  Von  115  untersuchten 
Essenzen  übten  nur  14  keine  entwickelungshemmende  Wirkung  auf 
den  Milzbrandbacillus  aus.  Vollständig  zu  vernichten  ver- 
mochten ihn  hingegen  nur  8 (nach  Verdunstung  der  Essenzen  fand 
keine  Entwickelung  im  Nährboden  mehr  statt).  In  Lösungen  von 
1:  13200  bis  1:24200  töteten  sieben  Essenzen  den  Milzbrand- 
bacillus ab,  sie  bewiesen  damit  eine  antiseptische  Kraft,  welche 
der  des  Kupfersulfates  sehr  ähnlich  ist.  Bei  den  Versuchen  mit 
Gartenerde  zeigte  sich  eine  deutliche  antiseptische  Wirkung  der 
Essenzen;  dieselben  erwiesen  sich  in  frischem  Zustande  wesentlich 
wirksamer,  als  wenn  sie  mit  der  Luft  in  Berührung  gewesen  und 
von  dieser  oxydiert  worden  waren. 

Champonniere2)  konnte  bestätigen,  daß  die  ätherischen 
Oele  sowohl  bei  direkter  Berührung  als  auch  mittels  ihrer  Dämpfe 
eine  mikrobicide  Wirkung  äußern,  welche  z.  B.  beim  Zimmtöl  nicht 
viel  geringer  ist,  als  diejenige  des  Sublimates.  Da  er  selbst  bei  der 
Behandlung  putrider  Prozesse  sehr  gute  Resultate  mit  ihrer  Anwen- 
dung bekommen  hatte,  so  glaubt  er,  daß  sie  in  vielen  Fällen  das 
Jodoform  ersetzen  und  nützliche  Dienste  in  der  chirurgischen  Praxis 
leisten  können. 

Aus  den  Arbeiten  von  Koch  geht  hervor,  daß  Mentha  piperita- 
Essenz  im  Verhältnis  von  10  : 300  die  Entwickelung  der  Milzbrand- 
sporen verhindert  und  daß  ihr  Dampf  schnell  nicht  nur  die  Milz- 
brandbacillen, sondern  auch  die  Sporen  vernichtet. 


1)  Journal  des  connaiss.  med.  1887.  3 Mai. 

2)  Bulletin  de  Therapie.  1893.  No.  20. 


Neue  Methode  der  Behandlung  der  Lungentuberkulose. 


995 


Ihre  Anwendung  bei  der  Behandlung  von  Lungen- 

affektionen. 

Leonard  Braddon1)  hat  die  Resultate  einiger  Experimente 
über  die  "Wirkung  der  Mentha  piperita-Essenz  bei  Inhalationen  auf 
die  Lungentuberkulose  veröffentlicht  und  versichert  Besserungen  er- 
zielt zu  haben  und  auch  einen  Fall  von  Heilung  mit  Verschwinden 
der  Bacillen  aus  dem  Sputum  und  jedes  physikalischen  Zeichens 
der  Lungenaffektion.  Auch  ein  Kranker  mit  Diphtherie  wurde  mit 
Menthainhalationen  geheilt. 

Neuerdings  hat  Kersch  berichtet,  er  habe  gute  Resultate  bei 
der  Behandlung  der  Schwindsucht  mit  ätherischen  Oelen  gehabt. 
Jeder  seiner  Kranken  trägt  auf  dem  Leibe  ein  Säckchen  mit  Watte, 
auf  welche  Fichten-  und  Wacholderöl  gegossen  ist,  so  daß  der 
Patient  beständig  mit  diesen  Substanzen  imprägnierte  Luft  einatmen 
muß.  In  dieser  Weise  verwendet  der  Verf.  das  Eukalyptusöl  und 
Thymol  mit  Eukalyptus  seit  5 Jahren.  Die  Wirkungen  dieses  Ver- 
fahrens sind  günstige,  der  gelbe  käsige  Auswurf  wird  weiß  und 
schaumig,  der  Husten  hört  auf,  die  Bacillen  im  Sputum  nehmen  an 
Zahl  ab  oder  verschwinden. 

Erklärung  der  Wahl  der  Men  t ha-Es  se  n z. 

Durch  die  Bekanntschaft  mit  den  erwähnten  Thatsachen,  d.  h. 
dem  Umstande,  daß  es  praktisch  ist,  bei  der  Behandlung  der  Lungen- 
tuberkulose Inhalationen  zu  verwenden,  und  zwar  mit  ätherischen 
Oelen,  der  Thatsache  der  antiseptischen  Wirksamkeit  derselben  und 
den  ermutigenden  Versuchen  von  Braddon  mit  der  Essenz  Mentha 
piperita,  ließen  wir  uns  Ende  1888  bestimmen,  Inhalationen  von 
Mentha  piperita  bei  der  Behandlung  der  Lungenschwindsucht  anzu- 
wenden, um  die  erste  Indikation  der  Therapie  derselben  zu  erfüllen, 
nämlich  die  Bacillen  abzutöten. 

Der  gasförmige  Zustand,  in  welchem  sich  die  Mentha  piperita 
bei  der  Inhalation  befindet,  muß  ihre  vollkommene  Mischung  mit 
dem  Inhalt  der  Bronchien  und  der  Lungenalveolen  erleichtern  und 
ihre  Resorption  von  seiten  einer  so  weiten  Eingangspforte,  wie  es 
die  Lunge  ist,  zu  einer  sehr  schnellen  gestalten,  zumal  bei  derselben 
kein  Hindernis  weiter  zu  überwinden  ist.  Die  von  den  Lungen  und 
den  Lungenvenen  aufgenommene  Mentha  verbreitet  sich  mit  dem 
Blute  durch  den  Kreislauf  und  kann  an  allen  Punkten  des  Körpers 
ihre  mächtige  antiseptische  Kraft  entfalten.  Ihre  besondere  Wir- 
kung auf  die  Lungen  indessen  erklärt  sich  daraus,  daß  sie  durch 
diese  besonders  leicht  wieder  mit  der  Expiration  eliminiert  werden 
kann2).  Außerdem  kann  die  Temperaturherabsetzung,  welche  Binz 
bei  ihrem  Gebrauche  bei  Kranken  und  Gesunden  hat  eintreten  sehen, 
gegen  das  hektische  Fieber  sich  nützlich  erweisen.  Die  Herabsetzung 
der  Reflexakte,  welche  Binz  beobachtet  hat,  kann  den  Husten  und 
die  sich  daraus  ergebenden  Unbequemlichkeiten  mildern. 


1)  The  Lancet.  1888.  März. 

2)  Vedi  Coletti,  La  cura  dei  veneficii  secondo  la  scuole  tossicologica  italiana. 


996 


G.  M.  Carasso, 


Erklärung  der  Verwendung  des  Kreosots. 

Die  gute  Wirkung  des  Kreosots  bei  der  Tuberkulose  besteht 
darin,  daß  es  in  den  meisten  Fällen  den  Appetit  anregt  und  Gärungs- 
prozesse im  Darme  verhindert.  Infolge  davon  wird  der  Ernährungs- 
zustand durch  seinen  Gebrauch  gehoben,  wodurch  die  Resorption  der 
sekundären  entzündlichen  Ausscheidungen  in  der  tuberkulösen  Lunge 
gefördert  wird.  Diese  Ausscheidungen  werden  außerdem  durch  das 
Kreosot  desinfiziert  und  ihre  Bildung  durch  den  auf  die  Zellen  ge- 
setzten Reiz  beschränkt.  Bei  dieser  Auffassung  haben  wir  es  für 
angezeigt  gehalten,  mit  den  Menthaeinatmungen  die  innerliche  Dar- 
reichung von  Kreosot  zu  vereinigen,  um  der  zweiten  Indikation  bei 
der  Therapie  der  Lungentuberkulose  zu  genügen,  d.  h.  die  toxische 
Wirkung  der  Bacillen  und  ihre  lokalen  Wirkungen  wett  zu  machen. 

Auffassung  der  Anwendung  reichlicher  Ernährung. 

Mit  der  Darreichung  des  Kreosots  trägt  man  mit  bei  zur 
Erreichung  der  dritten  Indikation,  d.  h.  den  Körper  zu  kräftigen 
gegen  die  Entwickelung  der  Krankheit,  da  ja  das  Kreosot  die  All- 
gemeinernährung günstig  beeinfiußt.  Dieses  Ziel  erreicht  man  in- 
dessen besonders  mit  den  einfachem  Mitteln,  wie  sie  eine  reichliche, 
kräftige  und  leicht  verdauliche  Kost  liefert  und  mit  der  Beobachtung 
aller  der  hygienischen  Regeln,  welche  sich  aus  den  modernen  Kennt- 
nissen über  die  Lungentuberkulose  ergeben. 

Beschreibung  der  angewendeten  Methode. 

1)  Der  Kranke  wird  fortwährenden  Einatmungen  von  Mentha 
piperita- Essenz  unterworfen. 

Der  höchst  einfache  Inhalationsapparat  wird  aus  einem  Stück- 
chen Leinwand  von  viereckiger  Form  hergestellt,  welches  10  cm 
Seitenlänge  besitzt  und  so  zusammengelegt  ist,  daß  es  ein  kleines 
Kissen  von  5 cm  Länge  und  2 cm  Breite  bildet.  Zwei  Bänder 
werden  an  den  Enden  des  Kissens  befestigt  und  am  Hinterkopfe  zu- 
sammengebunden, so  daß  sie  den  Inhalationsapparat  unter  den  Nasen- 
löchern festhalten.  Die  beiden  Bänder  köunen  auch  um  die  Ohr- 
muschel geschlungen  werden,  zu  welchem  Zwecke  man  sie  durch 
elastische  Metallhalter,  ähnlich  wie  sie  die  Brillen  haben,  ersetzen 
kann.  Das  Kissen  muß,  abgesehen  von  gelegentlichem  Wechsel,  be- 
ständig, Tag  und  Nacht  getragen  werden,  ausgenommen  während 
der  Mahlzeiten.  Wenn  die  Krankheit  noch  nicht  so  weit  vorge- 
schritten ist,  daß  sie  dem  Kranken  noch  gestattet,  seiner  Beschäftigung 
außerhalb  des  Hauses  nachzugehen,  so  empfiehlt  es  sich,  einen  Apparat, 
welcher  aus  einem  Stückchen  Gänsefederkiele  besteht,  worin  etwas 
hydrophile,  mit  Mentha  getränkte  Watte  steckt,  wie  eine  Cigarette 
oder  einen  Zahnstocher  zwischen  den  Lippen  zu  tragen. 

Das  Kissen  wird  mit  5 — 6 Tropfen  Menthaessenz  4 — 5mal  im 
Laufe  des  Tages  befeuchtet;  um  Reizung  zu  vermeiden,  salben  sich 
empfindliche  Personen  in  den  ersten  Tagen  des  Gebrauches  die  Nasen- 
gegend mit  Vaseline  ein.  Man  fordert  darauf  den  Patienten  auf, 
8 — 10  tiefe  Inspirationen  bei  geschlossenem  Munde  zu  machen  und 
nach  jeder  so  lange  wie  möglich  die  Luft  anzuhalten,  damit  die 


Neue  Methode  der  Behandlung  der  Lungentuberkulose. 


997 


mit  dem  flüchtigen  Oele  imprägnierte  Luft  so  lange  wie  möglich  mit 
der  Schleimhaut  der  Bronchien  und  den  Alveolen,  mit  dem  Inhalte 
der  Alveolen  und  Kavernen  in  Berührung  bleibt.  Dann  gönnt  man 
dem  Kranken  10 — 15  Minuten  Ruhe,  während  welcher  er  normal, 
immer  durch  das  Kissen,  atmet.  Dann  wiederholt  er  die  tiefen 
Inspirationen,  ruht  dann  wieder  u.  s.  w.  Muß  man  fürchten,  daß 
während  des  Schlafes  sich  das  Kissen  verschiebt,  so  befeuchtet  man 
das  Kopfkissen  mit  15 — 20  Tropfen  Menthaessenz. 

2)  Der  Kranke  nimmt  innerlich  eine  alkoholische  Kreosotlösung  nach 
folgendem  Rezept  Creosot.  pur.  e fago  8,0 

Alkohol  rectif.  550,0 
Glycerin,  pur.  250,0 
Chloroform  20,0 

Essentiae  menthae  8,0 

Von  dieser  Mischung,  welche  jedesmal  gut  umzuschütteln  ist, 
giebt  man  alle  drei  Stunden  am  Tage  einen  Eßlöffel  voll  in  V2  Glase 
Wasser.  Bisweilen  scheint  für  manche  Individuen  die  Mischung  zu 
konzentriert,  dann  kann  man  sie  mit  einem  Glase  Zuckerwasser  ver- 
dünnen und  allmählich  statt  auf  einen  Zug  trinken  lassen.  Bei  be- 
sonderer Intoleranz  ist  es  geraten,  in  den  ersten  Tagen  der  Kur  nur 
1 — 2 Löffel  der  Lösung  zu  geben  und  allmählich  auf  4 Löffel  zu 
steigen ; bisweilen  muß  man  auf  die  Derivate  des  Kreosots  zurück- 
greifen, welche  den  Vorteil  bieten,  daß  sie  selbst  in  großer  Dosis 
ohne  besondere  Beschwerden  vertragen  werden. 

3)  Der  Kranke  wird  einer  reichlichen  und  kräftigenden  Er- 
nährung, einer  wahren  Hyperalimentation  unterworfen. 

Er  erhält  reichlich  Milch,  je  nachdem,  was  er  vertragen  kann, 
wenn  möglich  2 — 3 Liter  pro  Tag,  und  zwar  sterilisiert  oder  wenig- 
stens lange  gekocht.  Man  verordnet  Fleisch,  dessen  Zubereitung 
man  nach  dem  speziellen  Geschmacke  verändert,  damit  es  den  Appetit 
reizt,  doch  vermeidet  man  gewisse  gewürzte  Speisen  von  keinem 
oder  geringem  Nährwerte.  Erlaubt  sind  ferner  starke  Weine,  von 
welchen  wir  den  Marsala  in  einer  Tagesdose  von  4 — 500  g vorziehen. 

Bei  der  Behandlung  werden  alle  hygienischen  Regeln  befolgt, 
welche  empfohlen  und  bewährt  sind,  hinsichtlich  der  Wohnung,  der 
Beschäftigung  und  in  anderer  Beziehung,  wie  sie  die  Kenntnis  von 
der  Infektiosität  der  Krankheit  nötig  gemacht  hat.  Vor  allen  Dingen 
ist  für  eine  sorgfältige  Unschädlichmachung  des  Auswurfs  zu  sorgen, 
damit  der  Kranke  nicht,  nach  dessen  Austrocknung,  der  Gefahr  einer 
fortwährenden  oder  gelegentlichen  Einatmung  von  Bacillßn  oder 
Bacillensporen  und  damit  einer  neuen  Infektion  ausgesetzt  ist. 

Kasuistik. 

Bemerkungen  über  die  Zusammenstellungen  der 
klinischen  Fälle. 

In  den  Versuchen,  über  welche  berichtet  werden  soll,  wurde  die 
Kur  in  keinem  Falle  begonnen,  ehe  die  Koch’ sehen  Bacillen  im 
Auswurfe  nachgewiesen  worden  waren.  Bei  vielen  Kranken,  bei  welchen 
das  Ergebnis  der  physikalischen  Untersuchung  des  Thorax  und  der 

XV.  Bd.  63 


998  6-  M.  Carasso,  Neue  Methode  zur  Behandlung  der  Lungentuberkulose. 


Allocrueiuzustaud  des  Iudividuums  genügenden  Anhalt  zur  Stellung 
der  Diagnose  auf  Lungentuberkulose,  besonders  Spitzentuberkulose 
gaben,  wurde  die  vorerwähnte  Behandlungsmethode  nicht  angewendet, 
wenn  das  Mikroskop  nicht  Tuberkelbacillen  im  Sputum  aut'findeu 
ließ,  auch  wenn  in  demselben  elastische  Fasern,  ein  sicheres  Zeichen 
eines  destruktiven  Prozesses , sich  zeigten  und  wenn  die  hereditäre 
Disposition  für  tuberkulöse  Erkrankungen  konstatiert  war. 

In  dieser  Beziehung  ist  die  Thatsache  wichtig,  daß  diese  Kranken 
einer  einfachen  diätetischen  und  hygienischen  Behandlung  unterzogen, 
vollständig  von  jeder  subjektiven  Beschwerde  und  jedem  objektiv 
nachweisbaren  Krankheitssymptom  befreit  wurden.  Es  ist  nicht  un- 
wahrscheinlich, daß  man  einige  der  vielen  vorgeblichen  Heilungen 
von  Lungenschwindsucht  dieser  Kategorie  zurechnen  muß. 

Ausgenommen  in  den  ersten  Fällen,  welche  nicht  genau  ge- 
rechnet werden  können , wurden  von  jedem  Kranken  an  dem  Tage, 
an  welchem  die  Kur  begann,  der  physikalische  Befund,  die  Menge 
und  Beschaffenheit  des  Auswurfs,  die  Temperatur  und  das  Körper- 
gewicht aufgezeichnet. 

Alle  acht  Tage  wurden  die  erwähnten  Krankheitssymptome  im 
Journale  sorgfältig  registriert  und  die  Untersuchung  des  Sputums 
wiederholt.  Enthielt  dieses  keine  Bacillen  mehr,  so  wurde  die  mikro- 
skopische Untersuchung  wenigstens  die  drei  folgenden  Tage,  an 
mehreren  Präparaten  pro  Tag,  wiederholt,  um  sich  von  ihrem  wirk- 
lichen Verschwinden  zu  versichern.  In  der  Folgezeit  wurde  die 
Sputumuntersuchung  meistens  noch  alle  acht  Tage  wiederholt. 

Wenn  nicht  besondere  Umstände  es  unmöglich  machten,  wurde 
die  Kur  nicht  sofort  nach  Feststellung  des  Verschwindens  der 
Bacillen  im  Sputum  beendet,  sie  wurde  vielmehr  nicht  nur  bis  zur 
völligen  Wiederherstellung  des  vesikulären  Atmens  in  jeder  Lungen- 
partie, sondern  mindestens  noch  durch  einen  Monat  länger  fort- 
gesetzt. Wir  möchten  die  Aufmerksamkeit  der  Kollegen  auf  diese 
Bemerkung  von  fundamentaler  Wichtigkeit  lenken. 

Es  ist  empfehlenswert,  daß  die  erkrankten  Individuen  in  einem 
besonderen  Raume  sich  aufhalten  und  daß  die  größte  Sorgfalt  auf 
die  Sterilisation  und  Vernichtung  der  Sputa  verwendet  wird.  Wenn 
aber  sicher  konstatiert  ist,  daß  die  Patienten  keine  Bacillen  mehr 
im  Sputum  enthalten,  so  werden  sie  in  andere  Säle  verlegt,  in 
welchen  sich  kein  Gegenstand  befindet,  welcher  irgendwie  infiziert 
sein  könnte.  Von  der  Wichtigkeit  dieser  letzten  Bemerkung  sind  wir 
nicht  allein  durch  theoretische  Erwägungen,  sondern  auch  durch  eine 
weiter  unten  anzuiührende  Beobachtung  (Fall  II)  überzeugt  worden. 

Nur  die  größte  persönliche  Wachsamkeit  kann  die  Sicherheit 
geben,  daß  die  vorgeschriebene  Kur  skrupulös  im  Krankenhause  inne 
gehalten  wird,  besonders  was  die  fortwährende  Menthainhalation  an- 
belangt. Es  giebt  viele  Ausflüchte,  zu  denen  thörichte  Kranke 
greifen,  um  von  dem  Inhalationsapparate,  der  doch  so  wenig  Unbe- 
quemlichkeiten macht,  befreit  zu  werden  und  so  kann  der  Verlauf 
der  Kur  ungünstig  beeinflußt  werden  ohne  eine  sorgfältige  Ueber- 
wachung,  welche  wir  empfehlen,  um  gute  Resultate  garantieren  zu 
können.  (Schluß  folgt.) 


Influenza. 


999 


Referate. 

Griffiths,  A.-B.  et  Ladell,  B.  S.,  Sur  une  ptomai'ne  extraite 
de  l’urine  dans  la  grippe.  (Comptes  rendus  des  söances  de 
l’Acadömie  des  Sciences  de  Paris.  Tome  CXVII.  No.  22.  p.  744.) 

Die  Methode,  nach  welcher  das  Ptomain  ausgezogen  wurde, 
war  folgende: 

Eine  beträchtliche  Quantität  Harn  wurde  durch  Hinzufügung  einer 
geringen  Menge  von  kohlensaurem  Natron  alkalisch  gemacht  und 
hierauf  mit  der  Hälfte  ihres  Volumens  Schwefeläther  behandelt. 
Nach  Bildung  eines  Niederschlags  und  Filtration  wurde  der  Schwefel- 
äther mit  einer  Lösung  von  Weinsteinsäure,  die  sich  mit  den  Pto- 
mainen  zu  löslichen  Tartraten  verbindet,  weiter  behandelt.  Die  infolge 
des  kohlensauren  Natrons  noch  alkalische  Flüssigkeit  behandelt  man 
hierauf  mit  der  Hälfte  ihres  Volumens  Schwefeläther  und  läßt  sie 
verdunsten.  Als  Rückstand  erhält  man  die  Ptomai'ne. 

Das  Ptomain,  welches  man  aus  dem  während  der  Grippe  (In- 
fluenza) abgesonderten  Urin  erhält,  ist  eine  weiße  Substanz,  in  pris- 
matischen Nadeln  krystallisierend,  lösbar  im  Wasser,  mit  schwach 
alkalischer  Reaktion.  Es  bildet  in  krystallicrter  Form  ein  Chlor- 
hydrat, ein  Chloroplatinat  und  eine  Chlorgoldverbindung.  Mit  Phos- 
phorwolframsäure giebt  es  einen  bräunlichen,  mit  Phosphormolybdän- 
säure einen  gelblichen,  mit  Pikrinsäure  einen  gelben,  mit  Tanninsäure 
einen  roten  und  mit  Quecksilberchlorid  einen  weißen  Niederschlag. 
Das  Neßler’sche  Reagens  ruft  einen  braunen,  Zinkchlorür  jedoch 
überhaupt  keinen  Niederschlag  hervor. 

Die  Analysen  der  Base  ergaben  für  die  Zusammensetzung  der- 
selben die  Formel  C9H9Az04. 

Das  Ptomain  ist  giftig,  es  ruft  starkes  Fieber  hervor  und  wirkt 
tödlich  innerhalb  8 Stunden.  Im  normalen  Harne  findet  es  sich  nicht 
und  ist  also  anzunehmen,  daß  es  ein  Produkt  des  Stoffwechsels  wäh- 
rend der  Krankheit  ist. 

Die  Verff.  haben  nicht  untersucht,  ob  der  Bacillus  von 
Pfeiffer,  Kitasato  und  Canon  dasselbe  Ptomain  erzeugt,  wenn 
er  in  eine  Nährlösung  von  Agar-Agar  mit  Hinzufügung  von  Glycerin 
gebracht  wird.  Das  von  Griffiths  aus  dem  Urine  Pneumonie- 
leidender dargestellte  und  beschriebene  Ptomain  ist  nach  Angabe 
der  Verff.  von  dem  oben  beschriebenen  total  verschieden. 

Eber  dt  (Berlin). 


63* 


1000  Schutzimpfung,  küustl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwick- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  etc. 

Gärtner,  A.,  Verhütung  der  Uebertragung  und  Verbrei- 
tung ansteckender  Krankheiten.  (Erster  Abschnitt  in 
dem  „Handbuch  der  speziellen  Therapie  innerer  Krankheiten“  von 
Penzoldt  und  Stintzing.)  8°.  Jena  (G.  Fischer)  1894. 
Gärtner  giebt  nach  einer  Einleitung,  welche  sich  über  die 
Ansteckung  des  Individuums  sowie  das  Entstehen  und  Verschwinden 
der  Epidemieen  ergeht,  einen  Ueberblick  über  die  Schutzmaßregeln 
gegen  Ansteckung.  Dieselben  werden  eingeteilt  in  Maßnahmen  1)  in 
seuchefreien  Zeiten,  2)  beim  Herannahen  der  Seuchen,  3)  während 
des  Bestehens  der  Epidemieen.  Als  Maßnahmen  in  seuchefreien 
Zeiten  werden  genannt:  Die  Reinlichkeitsbestrebungen,  die  Ueber- 
wachung  des  Nahrungsmittelverkehrs,  die  Sorge  für  gute  Wohnungen, 
Errichtung  von  Leichenhäusern.  Von  den  Maßnahmen  beim  Heran- 
nahen der  Seuchen  werden  unterschieden  die  von  seiten  des  Staates, 
die  von  seiten  der  lokalen  Verwaltungen  und  die  seitens  der  Familien 
und  der  Einzelnen,  sowie  seitens  des  Arztes.  Die  Aufgabe  des 
Staates  beim  Herannahen  ansteckender  Krankheiten  ist  eine  ver- 
schiedene, je  nachdem  dieselben  im  Lande  selbst  auftreten  oder  vom 
Auslande  einzudringen  drohen.  Zu  letzteren  gehören  Pocken,  Fleck- 
typhus, Rückfallfieber,  Gelbfieber,  Pest  und  Cholera.  Die  erste  Maß- 
nahme der  Regierung  besteht  ihnen  gegenüber  in  der  Mitteilung  an 
die  Behörden  der  Grenzbezirke  über  den  Stand  der  Seuchen  jenseits 
der  Grenze;  darauf  sind  Bestimmungen  zu  erlassen  (oder  an  sie  zu 
erinnern)  über  den  Verkehr  über  die  Grenze  von  Personen  und  Waren. 
Es  wird  hier  an  die  Bestimmung  des  Reichskanzlers  vom  27.  Juli 
1893  erinnert,  nach  welcher  sich  aus  verseuchten  Orten  ankommende 
Fremde  binnen  der  nächsten  24  Stunden  bei  der  Behörde  zu  melden 
haben,  welche  bis  zum  Ende  der  Inkubationszeit,  ohne  sie  zu  be- 
lästigen, überwachen  läßt.  Bezüglich  der  Waren  gilt  nach  dem 
Dresdener  internationalen  Choleraregulativ  das  Prinzip,  deren  Einfuhr 
möglichst  nicht  zu  beschränken,  aber  die  Ausfuhr  von  wirklich  ver- 
dächtigen Gegenständen  aus  infizierten  Orten  zu  verhindern.  Bezüglich 
der  Verhütung  der  Ausbreitung  ansteckender  Krankheiten  durch  die 
Schulen  wird  auf  die  mustergiltige  preußische  Anordnung  vom  14.  Juli 
1884  hingewiesen.  Wiederzulassuug  zur  Schule  soll  erfolgen  dürfen, 
wenn  bei  Scharlach  und  Pocken  6 Wochen,  bei  Masern  und  Röteln 
4 Wochen,  bei  Diphtherie  gleichfalls  4 Wochen  nach  Beginn  der 
Genesung  verstrichen  sind,  während  Keuchhusten  nicht  mehr  an- 
steckend ist,  wenn  der  Krampfhusten  verschwunden  ist.  Mit  Recht 
wird  die  Forderung  aufgesteilt,  Schulärzte  zu  schaffen.  Bei  dem 
Herrschen  ansteckender  einheimischer  Krankheiten  ist  von  großem 
Werte  die  Meldepflicht  der  Aerzte,  Bildung  von  Sanitätskommissionen, 
Herstellung  genügender  Räume  in  Krankenhäusern,  Veröffentlichung 
des  Standes  der  Seuche,  Isolierung  der  Kranken  und  gründliche, 
kostenfreie  Desinfektion.  Der  letztem  ist  der  letzte  Abschnitt  des 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1001 

Buches  gewidmet,  welche  fast  die  Hälfte  des  dem  Verf.  zugemessenen 
Raumes  einnimmt.  Dieser  Abschnitt  zerfällt  in  3 Abteilungen, 
welche  die  chemischen  und  die  mechanischen  Desinfektionsmittel, 
sowie  die  Desinfektion  der  einzelnen  Gegenstände  behandeln. 

Die  Gärtne r’sche  Abhandluug  bildet  einen  würdigen  Anfang 
des  auf  6 Bände  berechneten  Handbuches.  Schill  (Dresden). 

Klebs,  Zur  Beurteilung  therapeutischer  Maßnahmen. 

Ein  Beitrag  zur  Antidiphtherinbehandlung.  (Dtsch. 

med.  Wochenschr.  1894.  No.  18.) 

Der  Aufsatz  ist  eine  Erwiderung  auf  die  Veröffentlichung  von 
Vulpius,  Kritische  Bemerkungen  und  praktische  Erfahrungen  über 
das  Antidiphtherin  Klebs,  über  welche  Ref.  in  dieser  Zeitschrift 
berichtet  hat.  Klebs  spricht  der  Statistik  von  Vulpius  eine 
Beweiskraft  ab.  Einerseits  sei  die  Zahl  von  19  Diphtheriefällen 
nicht  groß  genug,  um  danach  den  Wert  eines  Heilverfahrens  zu  be- 
urteilen. Dann  habe  es  sich  in  den  Fällen  von  Vulpius  durchweg 
um  besonders  schwere  und  vorgeschrittene  Erkrankungen  gehandelt; 
es  ergebe  sich  das  schon  daraus,  daß  dieselben  sämtlich  auf  der 
chirurgischen  Klinik  behandelt  worden  seien , welcher  in  der  Regel 
doch  nur  solche  Kranke  zugewiesen  würden,  die  der  Tracheotomie 
bedürften.  Diese  Operation  sei  denn  in  der  That  bei  16  der  Kranken 
notwendig  gewesen.  Von  den  übrigen  3 Fällen  sei  2mal  der  Er- 
folg eklalant  eingetreten,  obwohl  bereits  ernste  Symptome,  wie  „leichter 
Stridor“,  „ganz  geringe  Einziehung  der  Interkostalräume“,  nach  den 
Angaben  von  Vulpius  vorhanden  gewesen  seien.  Der  dritte  Fall, 
welcher  eine  bei  der  Pflege  erkrankte  Krankenwärterin  betraf,  sei 
dank  der  Energie  der  Patientin  und  des  Arztes  als  ein  Muster  erfolg- 
reicher Behandlung  mit  Antidiphtherin  zu  bezeichnen.  Am  3.  Tage 
sei  Entfieberung,  am  4.  Genesung  erfolgt. 

Wenn  von  den  16  Tracheotomierten  9 (einer  davon  an  einer  Nach- 
blutung aus  der  Trachea),  d.  i.  56,3  Proz.,  gestorben  seien,  so  sei 
dies  Ergebnis  immer  noch  günstiger,  als  das  Resultat  einer  auf  372 
in  Zürich  tracheotomierte  Fälle  gegründeten  Statistik  von  Neuko  ra  m, 
welche  62  Proz.  Mortalität  ergebe.  In  der  Züricher  chirurgischen 
Klinik  seien  von  den  der  Tracheotomie  unterworfenen  Diphtheriekranken 
1881/82  60,3,  1882/83  60,7,  1883/84  58,1  Proz.  gestorben. 

Klebs  giebt  indessen  zu,  daß  das  Ergebnis  von  Vulpius, 
wenngleich  immerhin  besser  als  in  der  Statistik  Neukomm’s,  den- 
noch auch  seinen  Erwartungen  nicht  entsprechend  sei.  Nur  macht 
er  dafür  nicht  eine  Unwirksamkeit  des  Antidiphtherins,  sondern  die 
ungenügende  Anwendung  des  Mittels  verantwortlich.  Einen  Fehler 
habe  Vulpius  damit  begangen,  daß  er  sich  eines  Haarpinsels  be- 
diente, welcher  bei  der  geringen  Kapillarität  der  Zwischenräume 
zwischen  seinen  Haaren  die  anhaftende  Flüssigkeit  bei  jedem  An- 
stoßen gegen  Lippen,  Mund  oder  Rachenwand  von  sich  giebt  und 
daher  nicht  in  ausreichender  Menge  bis  an  die  diphtherischen  Stellen 
trägt.  In  Erkenntnis  dieser  Mängel  des  Haarpinsels  habe  Klebs 
den  an  der  Sonde  gedrehten  Wattebausch  empfohlen,  welcher  dank 


1002  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


seiner  festen,  filzigen  Beschaffenheit  die  Heilflüssigkeit  länger  fest- 
hält. V ulpius  habe  diesen  bedeutsamen  Umstand  außer  acht  ge- 
lassen. Ferner  sei  in  Heidelberg  viel  zu  wenig  von  dem  Anti- 
diphtherin  Gebrauch  gemacht  worden.  Iu  Erwägung  des  außer- 
ordentlich kräftigen  und  raschen  Wachstums  der  Diphtheriebacillen 
in  ihren  Kulturen  in  vitro  habe  K 1 e b s gefordert,  daß  die  Einträufelungen 
mehrmals  täglich  zu  geschehen  haben;  Vulpius  habe  jedoch  ge- 
wöhnlich nur  einmal,  selten  zweimal  am  Tage  eingeträufelt. 

Schließlich  wendet  sich  Klebs  gegen  den  Einwand  von  Vul- 
pius, daß  die  etwaigen  günstigen  Wirkungen  des  Antidiphtherins 
durch  dessen  Zusatz  von  0,2  Proz.  Orthokresol  hervorgebracht  sein 
könnten.  In  einem  Nährboden  von  20  ccm  Glycerinagar  und  1 ccm 
Antidiphtherin  doppelter  Konzentration  ohne  Orthokresol  fand  nach 
seinen  Versuchen  ein  WTachstum  von  Diphtheriebacillen  nicht  statt, 
während  Kolon-  und  Kommabacillen  darauf  trefflich  gediehen. 

Kübler  (Berlin). 

Finkelnburg,  Der  Entwickelungsgang  und  der  heutige 
Stand  der  internationalen  Gesundheitspflege. 
(Deutsche  Vierteljahrsschrift  f.  offen  tl.  Gesundheitspflege.  Bd.  XXV. 
1893.  Heft  3.  p.  457  ff.) 

Verf.  giebt  uns  in  einer  historischen  Darstellung  eine  Uebersicht 
über  die  Entwickelung  und  über  den  Stand  der  internationalen  Ge- 
sundheitspflege bis  zur  Venediger  Konferenz.  Speziell  geht  er  natur- 
gemäß auf  die  Bestrebungen  der  Völker  zur  Abwehr  der  Cholera 
ein,  und  zwar  im  besonderen  auf  die  sanitären  Vorkehrungen,  welche 
in  Arabien,  Suezkanal  und  Aegypten  getroffen  sind.  Er  beginnt  mit  dem 
Jahre  1840  die  Thätigkeit  des  internationalen  Gesundheitsdienstes 
im  türkischen  Reiche  zu  schildern,  bespricht  die  Sanitätskonvention 
zur  Abwehr  der  Pest,  der  Cholera  und  des  Gelbfiebers  im  Jahre 
1851,  den  Zusammentritt  der  internationalen  Sanitätskonferenz  zu 
Konstantinopel  1865  und  die  zu  Wien  1874.  In  einer  beigefügten 
Karte  können  wir  uns  orientieren  über  die  verschiedenen  Stationen, 
deren  hygienische  Zustände  Gegenstand  der  Konferenzen  waren. 
Ferner  wird  berichtet  über  die  Thätigkeit  des  „ägyptischen  Seen  und- 
Quarantänegesundheitsrats“,  dann  über  das  Ergebnis  der  internatio- 
nalen Sanitätskonferenz  in  Rom  1885.  Endlich  wird  berichtet  über 
die  Konferenz  in  Venedig  1892.  Mit  dieser  schließt  der  Bericht; 
in  einem  kurzen  Nachtrage  wird  noch  in  Kürze  der  Dresdener  Konferenz 
Erwähnung  gethan.  Die  auf  den  verschiedenen  Konferenzen  gefaßten 
Beschlüsse,  die  von  den  einzelnen  Behörden  getroffenen  Maßnahmen 
sowie  auch  die  Zustände  im  Orient  werden  eingehend  geschildert. 
Es  würde  aber  den  Rahmen  eines  Referats  weit  überschreiten, 
wollten  wir  eingehend  über  alles  berichten. 

Daß  jedoch  trotz  aller  Verordnungen  noch  vieles  zu  wünschen 
übrig  bleibt,  darüber  hat  uns  erst  neulich  Karlin ski  in  seinem  Auf- 
sätze „Unter  der  gelben  Flagge“  (Hygienische  Rundschau.  1894)  Auf- 
klärung gegeben.  Wir  wollen  hoffen , daß  es  gelingen  möge,  auch 
diese  Uebelstände  zu  beseitigen.  O.  Voges  (Dan/.ig). 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungsheminung  etc.  1003 


Hobreclit,  J. , Sanitäre  Untersuchungen  in  Aegypten. 
(Deutsche  Yierteljahrsschrift  für  öffentliche  Gesundheitspflege. 
Bd.  XXV.  Heft  3.  p.  397  ff.) 

Verf.  bespricht  in  seinem  Aufsatze  die  Möglichkeit  einer  Assani- 
rung  der  Stadt  Kairo.  Die  Stadt  hatte  eine  Aufforderung  zur  Ein- 
reichung von  Projekten  in  bezeichneter  Richtung  erlassen  und  die 
Begutachtung  derselben  einer  aus  den  drei  Ingenieuren  Law,  Eng- 
land, Guörard,  Frankreich  und,  Verf.  Berlin  übertragen.  Den  Bericht 
dieser  internationalen  Kommission  teilt  Verf.  in  seinem  Aufsatze  mit. 
Wir  werden  bekannt  gemacht  mit  den  Boden-,  Regen-  und  Grund- 
wasserverhältnissen, dem  Straßen-  und  Wohnungsbau,  der  Wasser- 
leitung, der  Anlage  von  Aborten  und  der  Beseitigung  der  Fäkalien 
und  des  Unrats.  Im  Jahre  1882  betrug  die  Mortalität  46,1  °/00,  nur 
Madras  übertrifft  mit  48°/00  noch  diese  hohe  Mortalität,  während 
z.  B.  London  17,4  und  Berlin  23,7  °/00  aufwiesen.  Die  Kommission 
einigte  sich  nach  folgenden  Ratschlägen : 

1)  Die  öffentlichen  Bedürfnisanstalten  sollten,  namentlich  solange 
die  Wohnungsverhältnisse  nicht  umgestaltet  sind,  thunlichst  vermehrt 
werden. 

2)  Die  Einrichtungen  für  Bäder  und  Waschungen  in  den  Moscheen 
sollten,  so  wie  es  in  der  Moschee  Saidna-el-Hussein  bereits  geschehen, 
gebessert  werden. 

3)  Die  Sebiles  (Saugeröhren  für  Trinkwässer)  sollten  abgeändert 
und  verbessert  werden. 

4)  Die  Straßen  in  dem  Stadtgebiete  der  Araber  sollten  wieder 
auf  ihre  normale  Höhe  abgegraben  werden ; sie  sollten  gepflastert 
oder  chaussiert  werden , damit  die  Kanalisation  ausgeführt  werden 
könne. 

5)  In  diesen  Quartieren  sollten  auch  einige  große  Straßendurch- 
brüche zur  besseren  Cirkulation  und  Lufterneuerung  gemacht  werden. 

Verf.  konstatiert,  daß  nach  Verlauf  eines  Jahres  die  Mittel  für 
den  Bau  der  Kanalisation  zur  Disposition  gestellt  sind  und  daß  mit 
Aufstellung  der  Spezialprojekte  rüstig  vorangegangen  wird. 

0.  Voges  (Danzig). 

Lcwaseliow,  Die  bakteriologischen  Behandlungsmethoden 
der  Infektionskrankheiten  beim  Menschen  im  all- 
gemeinen und  die  Serumbehandlung  des  Flecktyphus 
im  besonderen.  (Wratsch.  1893.  No.  35,  36,  37  und  38.) 

Nach  einer  Darlegung  der  Geschichte  und  des  gegenwärtigen 
Standes  der  Lehre  von  der  Serotherapie  bei  Infektionskrankheiten 
beschreibt  L.  seine  eigenen  Beobachtungen  über  diese  Behandlungs- 
methode beim  Flecktyphus.  Im  ganzen  kam  letztere  in  Anwendung 
bei  32  Fällen,  in  welchen  aber  statt  Blutserum  defibriniertes  Blut 
benutzt  wurde.  Man  entnahm  das  Blut  von  Kranken,  welche  ebeu 
erst  den  Flecktyphus  durchgemacht  hatten,  sowie  7 bis  18  läge 
nach  der  Genesung,  und  führte  dasselbe  den  Patienten  in  verschiedenen 
Mengen  (von  15  bis  90  ccm)  mehrmals  im  Verlaufe  der  Krankheit 
(1-  bis  5mal)  in  die  Venen  ein.  Die  Resultate  faßt  L.  selbst  in 
folgender  Weise  zusammen:  „Das  Blut  und  das  Blutserum  von 


1004  Schutzimpfung,  kÜDstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Menschen,  welche  den  Flecktyphus  durchgemacht  haben,  besitzen 
nicht  die  Fähigkeit,  irgend  einen  merklichen  Einfluß  auf  die  Ent- 
wickelung schwerer  Formen  dieser  Krankheit  und  auf  die  Intensität 
der  Symptome  auszuüben.  Was  man  höchstens  auf  die  Behandlung 
zurückführen  darf,  ist  das  Vermögen  zuweilen,  ganz  am  Schlüsse 
der  Erkrankung  ein  Heruntergehen  der  Temperatur  hervorzurufen. 
Die  Dauer  der  Krankheit  wird  nicht  bloß  bei  solcher  Behandlung 
nicht  verkürzt,  sondern  sie  scheint  vielmehr  sich  verlängern  zu  können.“ 

Sacharoff  (Tiflis). 

Mefsner,  Experimentelle  Studien  über  die  Wundbe- 
handlung bei  infizierten  Wunden.  [Nach  einem  Vortrage 
gehalten  am  II.  Sitzungstage  des  23.  Kongresses  der  deutschen 
Gesellschaft  für  Chirurgie  zu  Berlin.]  (Münchener  med.  Wochen- 
schrift 1894.  No.  19.) 

Verf.  machte  zur  Beantwortung  der  Frage,  ob  für  infizierte 
Wunden  eine  aseptische  Behandlung  genüge  oder  ob  in  solchen 
Fällen  zur  antiseptischen  Wundbehandlung  zurückgegrilfen  werden 
müsse,  eine  Reihe  von  Untersuchungen.  Zunächst  wollte  er  feststellen, 
ob  es  mit  Hilfe  der  3-proz.  Karbolsäure  möglich  sei,  infizierte 
Wunden  zu  desinfizieren  und  Eiterungsprocesse,  die,  wenn  sie  nicht 
antiseptisch  behandelt  werden , einen  progredienten  phlegmonösen 
Charakter  annehmen,  zu  coupieren  oder  in  ihrem  Verlaufe  zu  mildern. 
Ferner  wollte  M.  die  Richtigkeit  der  Behauptung  der  Aseptiker 
prüfen,  daß  die  3-proz.  Karbolsäure  die  Lebenskraft  des  Gewebes  im 
Kampfe  mit  den  Mikroorganismen  herabsetze  und  das  Gewebe  zur 
Eiterung  disponiere. 

Zu  den  Versuchen  wurden  im  ganzen  23  Kaninchen  benutzt,  und 
zwar  in  der  Weise,  daß  immer  je  zwei  Tiere  von  einem  Wurfe 
gewählt  wurden,  welche  an  Farbe,  Größe  und  Gewicht  ganz  oder 
annähernd  gleich  waren.  An  einem  Vorderbeine  am  Oberschenkel 
wurde  eine  2 cm  lange  Wunde  angelegt,  welche  durch  Haut, 
Fascien  und  Muskulatur  ging.  Diese  Wunde  wurde  mit  frischem 
virulentem,  menschlichen  Eiter  oder  einer  bei  37°  gezüchteten,  2 Tage 
alten  Eiterbouillonkultur  infiziert  und  dann  nach  einer  gewissen  An- 
zahl von  Stunden  (von  4 — 18  Stunden)  bei  dem  einen  Tiere  aseptisch 
behandelt,  d.  h.  mit  3l4-proz.  sterilisierter  Kochsalzlösung  ausgewaschen, 
während  bei  dem  anderen  Tiere  die  Wunde  mit  3-proz.  Lysol-  und 
Karbolsäurelösung  desinfiziert  wurde.  Hierauf  wurde  die  Wunde 
aseptisch  oder  mit  einem  feuchten  Karbolumschlage  verbunden. 

Es  zeigte  sich  hierbei,  daß  von  denjenigen  Kaninchen,  welche 
aseptisch  behandelt  worden  waren,  alle  mit  Ausnahme  eines  einzigen 
an  progredienten  phlegmonösen  Eiterungen  innerhalb  8-14  Tagen 
zu  Grunde  gingen,  während  diejenigen,  welche  antiseptisch  behandelt 
worden  waren,  alle  mit  Ausnahme  eines  einzigen  am  Leben  blieben. 
Selbst  noch  18  Stunden  nach  der  Infektion  gelang  es,  mit  Eiterkokken 
infizierte  Wunden  mittels  3-proz.  Karbolsäure-  und  Lysollösung  zu 
desinfizieren  und  Eiterungsprozesse,  welche  Neigung  hatten,  einen 
progredienten  Charakter  anzunehmen  und  den  Tod  des  Versuchstieres 
herbeizuführen,  mit  Erfolg  zu  bekämpfen.  Außerdem  zeigte  sich  bei 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwicklungshemmung  etc.  1005 

den  Versuchen,  daß  die  3-proz.  Karbolsäure  keineswegs  das  tierische 
Gewebe  zur  Eiterung  prädisponierte,  daß  inj  Gegenteil  die  Behand- 
lung des  Gewebes  mit  Karbolsäure  innerhalb  vernünftiger  Grenzen 
demselben  einen  gewissen  Schutz  gegen  das  Fortschreiten  eiteriger 
Prozesse  verlieh.  Dieudonnö  (Berlin). 

Denys,  J.  et  Hayet,  J.,  Sur  la  part  des  leucocytes  dans 
le  pouvoir  bactöricide  du  sang  de  chien.  (La  Cellule. 
X.  1893.  Ir  fase.  p.  7.) 

Die  Beobachtung  bei  einem  gelegentlichen  Versuche  über  das 
mikrobicide  Vermögen  des  Hundeblutes  und  -serums,  daß  das  letztere 
in  wesentlich  geringerem  Maße  bakterientötend  wirkt,  als  das  Blut,  ver- 
anlaßte  die  Vertf.  zu  systematischen  Untersuchungen  über  die  Frage, 
welchen  Elementen  des  Hundeblutes  mikrobicide  Eigenschaften  zuzu- 
schreiben sind.  Verff.  prüften  das  Hundeblut,  das  mittels  Filtrieren 
durch  Papierfilter  — die  Einzelheiten  der  Versuchsanordnungen 
mögen  im  Original  eingesehen  werden  — von  den  aktiven  Leuko- 
cyten  befreite  Hundeblut,  Serum  mit  und  ohne  hinzugefügten  Leuko- 
cyten  (experimentell  erzeugtes  Pleuraexsudat  vom  Hunde),  filtriertes 
Blut  mit  Zusatz  von  centrifugiertem  Exsudate  u.  s.  w.  in  üblicher 
Weise  durch  Aussaat  verschiedener  Mikroorganismen  (B.  coli 
commune,  Heubacillussporen,  Staphylococc.  pyog.)  und 
das  in  bestimmten  Intervallen  folgende  Plattenverfahren  bei  gleich- 
zeitiger mikroskopischer  Untersuchung  der  Flüssigkeiten.  Aus  den 
Versuchsergebnissen  ziehen  Vertf.  die  folgenden  Schlüsse. 

Das  Hundeblut  verliert  durch  das  Filtrieren  fast  vollständig 
sein  baktericides  Vermögen.  Da  das  Filter  die  Leukocyten  zurück- 
hält, hingegen  die  übrigen  Elemente  des  Blutes  durchgehen  läßt,  muß 
angenommen  werden,  daß  beim  Hunde  der  hauptsächlichste  Teil 
dieses  Vermögens  den  weißen  Blutkörperchen  zukommt.  Die  energische 
Vernichtung  der  Mikroorganismen  im  Blute  wird  durch  die  Leuko- 
cyten selbst  und  nicht  durch  ihre  unter  der  Einwirkung  von  Bakterien 
im  Serum  secernierten  Produkte  bewerkstelligt.  Das  filtrierte  Blut 
erhält  sein  bakterientötendes  Vermögen  zurück,  wenn  demselben 
lebende  Eiterzellen  beigefügt  werden.  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung gestattet,  alle  Phasen  der  Phagocytose  zu  verfolgen.  Ein 
gewisser  und  zwar  der  kleinste  Teil  des  baktericiden  Vermögens 
des  Hundeblutes  gehört  dem  Serum  au.  Das  filtrierte  Blut  und  das 
Serum  vom  Menschen  wirken  nahezu  ebenso  keimtötend  auf  das  B. 
coli,  wie  das  nicht  filtrierte  Blut.  Das  Blut  von  der  Taube  und 
vom  Huhne  verhalten  sich  analog  dem  menschlichen  Blute.  Der 
Vernichtung  des  B.  coli  im  Serum  geht  ein  Proliferationsstadium 
voran.  Die  Stäbchen  weisen  beim  Absterben  deutliche  Degenerations- 
erscheinungen auf.  Das  baktericide  Vermögen  des  Serums  läßt  sich 
nicht  aus  dem  Vorhandensein  von  Kohlensäure  erklären. 

Weder  die  Theorie  der  Phagocytose,  noch  jene  der 


1006  Schutzimpfang,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


nach  der  Natur  der  Mikroorganismen  in  variabler 
Weise,  um  die  höheren  Organismen  gegen  die  Invasion 
der  Bakterien  zu  schützen.  Kral  (Prag). 

Havet,  J.,  Du  rapport  entre  le  pouvoir  bact6ricide  du 
sang  de  chien  et  sa  richesse  en  leucocytes.  (La  Cellule. 
X.  1893.  fase.  Ir  p.  221.) 

Verf.  hatte  mit  Denys  schon  früher1)  festzustellen  versucht, 
daß  der  Hauptanteil  am  bakterientötenden  Vermögen  des  Hundeblutes 
den  Leukocyten  zukommt.  Die  vorliegende  Arbeit  befasst  sich  mit 
den  Beziehungen  zwischen  dem  Reichtume  des  Blutes  an  Leukocyten 
und  dessen  baktericiden  Vermögen.  Deren  Untersuchungsresultate 
führen  zu  den  Schlüssen,  daß  beim  Hunde  das  teilweise  oder  gänz- 
liche Verschwinden  der  weißen  Blutkörperchen,  welches  einer  Injektion 
von  Bakterienprodukten  in  das  Blut  nachfolgt,  auch  das  teilweise 
oder  gänzliche  Verschwinden  des  bakterientötenden  Vermögens  herbei- 
führt. Das  Wiederauftreten  dieses  Vermögens  geht  Hand  in  Hand 
einher  mit  der  Rückkehr  der  Leukocyten  in  das  Blut.  Bei  den 
Infektionen  mittels  Injektion  von  lebenden  Kulturen  in  das  Gewebe 
wird  das  Stadium  der  Hypoleukocytose  von  einer  Verminderung,  das 
Stadium  der  Hyperleukocytose  von  einer  Erhöhung  des  mikrobiciden 
Vermögens  begleitet.  Diese  Erhöhung  ist  der  vermehrten  Anzahl 
der  Leukocyten  zuzuschreiben,  aber  keinesfalls  einer  neu  erworbenen 
Eigenschaft  des  Serums.  Indessen  läßt  sich  eine  absolut  feste  und 
konstante  Beziehung  zwischen  der  Energie  des  baktericiden  Ver- 
mögens uud  dem  Leukocytenreichtume  nicht  feststellen , da  die 
Leukocyten  durch  eine  vorangegangene  phagocytäre  Leistung  oder 
durch  das  von  den  Bakterien  secernierte  Gift  abgeschwächt  sein 
können.  Die  Leukocyten  können  von  zwei  Mikroorganismenarten,  mit 
welchen  sie  in  Kontakt  gesetzt  werden,  beide  aber  bloß  eine  Art 
aufnehmen,  je  nach  dem  Medium,  in  welchem  sie  ihre  Wirkung  ent- 
falten sollen.  Kral  (Prag). 

Hildebrandt,  H.,  Ueber  Immunisierungsversuche  mittels 
pharmakologischer  Agentien.  (Münchener  medizinische 
Wochenschrift.  1894.  No.  15.) 

Verf.,  welcher  in  den  letzten  Jahren  Untersuchungen  über  das 
Verhalten  von  ungeformten  hydrolitischen  Fermenten  (Emulsin, 
Diastase)  im  Organismus  angestellt  hat,  kommt  in  seinen  vor- 
läufigen Mitteilungen  über  die  besagte  Frage  zu  dem  Resultate, 
daß  sich  bei  einem  gewissen  Grade  von  Fermentfestigkeit  bei  einigen 
Tieren  eine  auffallend  längere  Dauer  des  Krankheitsprozesses 
(Kanincheuseptikämie)  bemerkbar  macht,  so  daß  der  Tod  von  Tieren, 
welche  schließlich  0,1— 0,2  g des  Fermentes  erhielten,  erst  am  über- 
nächsten Tage  oder  noch  später  nach  der  Infektion  eintrat,  während 
die  Kontrolltiere  16 — 20  Stunden  nach  der  Impfung  starben.  Einige 
hochgradig  immunisierte  Tiere  blieben  trotz  der  nachfolgenden  In- 
fektion dauernd  am  Leben,  wenn  es  auch  bei  diesen  zu  Panophthal- 


1)  Cf.  das  voranst.  Ref.  p. 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1007 

mitis  und  Schwund  des  Bulbus  — der  Infektionsstelle  — kam.  Eine 
einmalige,  an  sich  nicht  akut  tödliche  Fermentdosis  ist  nicht  imstande, 
die  Folgen  der  Infektion  mit  Kaninchenseptikämie  abzuwenden;  in 
einigen  Fällen  schien  sogar  der  Krankheitsprozeß  nach  vorherge- 
gangener einmaliger  Fermentinjektion  einen  rapideren  Verlauf  zu 
nehmen.  Das  Blutserum  der  mit  den  genannten  Fermenten  immuni- 
sierten Kaninchen  tötet  die  Bacillen  der  Kaninchenseptikämie  ab. 
Es  gelang  Verf.  auch,  durch  Serumübertragung  von  geschützten 
Tieren  — nach  überstandener  Infektion  — auf  normale,  letztere  bis 
zu  einem  gewissen  Grade  vor  den  Folgen  der  später  geschehenen 
Infektion  zu  schützen.  Das  Serum  fermentfester  Tiere,  welche  keine 
Infektion  mit  Kaninchenseptikämie  überstanden  haben,  gewährt  den 
unbehandelten  Tieren  keinen  Schutz  gegen  nachfolgende  Infektion. 

Gerlach  (Wiesbaden). 

Salvioli,  J.,  Ueber  die  physiologische  Wirkung  der  lös- 
lichen Produkte  einiger  Bakterien  und  besonders 
der  pyogenen  Staphylokokken.  (Berliner  klinische  Wochen- 
schrift. 1893.  No.  13.) 

Nachdem  Verf.  beobachtet  hatte,  daß  die  intrajugulare  Injek- 
tion von  Pepton  freier  Bouillon  oder  Serum,  aus  dem  die  in  der 
Wärme  gerinnbaren  Eiweißstoffe  entfernt  waren,  keinen  Einfluß  auf 
den  tierischen  Organismus  und  speziell  den  des  Hundes  ausübte, 
injizierte  er  in  dieses  flüssige  Medium  suspendierte  Kulturen  des 
S tap hy  lococcus  pyogenes  aureus,  so  daß  die  Dosis  etwa 
7—8  ccm  pro  Kilo  Körpergewicht  entsprach.  Es  trat  ein  bedeutendes 
Sinken  des  Blutdruckes  ein,  die  Atmung  wird  beschleunigt,  die  Tiere 
siud  aufgeregt,  es  erfolgt  Abgang  von  Kot  und  Urin,  sowie  Erbrechen. 
Das  Blut  verliert  seine  Koagulabilität  und  kann  mehrere  Stunden,  ja 
bis  es  gänzlich  in  Fäulnis  übergegangen  ist,  vollkommen  flüssig 
bleiben.  Abgetötete  Kulturen  sowie  keimfreie  Filtrate  hatten  die  gleiche 
Wirkung.  Auch  andere  verflüssigende  Bacillen,  wie  Proteus  vul- 
garis, Finkler-  Prior,  zeigten  dieselben  Wirkungen.  Verf.  nimmt 
an,  daß  diese  Erscheinungen  durch  Bakterienfermente  erhalten  werden 
und  konnte  solche  mittels  Alkoholniederschlag  aus  den  Filtraten  ge- 
winnen. Dieselben  zeigten  die  nämlichen  Wirkungen,  wie  die  Bak- 
terien. Kaninchen  waren  weniger  empfindlich.  Koagulabilität  und 
Sinken  des  Blutdrucks  stehen  nicht  zu  einander  in  einem  Verhältnis. 

Daß  neben  diesen  Enzymen  noch  andere  spezifische  Giftstoffe 
vorhanden  sind,  schließt  Verf.  nicht  aus,  glaubt  jedoch,  daß  deren 
Wirkungsweise  häufig  durch  die  Enzymreaktion  verschleiert  werden. 

O.  Voges  (Danzig). 

Pawlowsky  et  Maksutoff,  S u r la  phagocytose  dansl’Actino- 
mycose.  (Annales  de  l’Institut  Pasteur.  1893.) 

Nach  ihren  Untersuchungen  von  tierischer  und  menschlicher 
Aktinomykose  fassen  die  Autoren  die  Vorgänge  bei  der  Actino- 
m y c e s infektion  so  auf,  daß  sich  zunächst  um  den,  gleichgiltig  wie, 
eingedrungenen  Parasiten  Phagocyten  sammeln,  welche  sich  aus 
einkernigen  Leukocyten  und  jungen  Bindegewebszellen  rekrutieren. 


1008  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 

Dieselben  verwandeln  sich  in  große,  kernhaltige,  epitheloide  Zellen 
und  nehmen  einzelne  stäbchenförmige  Teile  oder  Mycelpartieen  des 
Actinomyces  auf.  Mit  diesem  Augenblicke  beginnt  der  Kampf 
zwischen  Parasit  und  Zellen.  Siegen  diese,  so  vernichten  sie  den 
Parasiten,  behält  jener  die  Oberhand,  so  entwickelt  er  sich  weiter, 
überschreitet  die  Grenzen  der  zu  Grunde  gehenden  Zelle  und  zieht 
durch  seine  chemotaktischen  Eigenschaften  neue  Phagocyten  her- 
bei. Nun  können  auch  diese  wieder  Elemente  des  Pilzes  aufnehmen 
und  sich  in  die  epitheloiden  Zellen  verwandeln,  in  welchen  allein 
der  Parasit  sich  zu  vermehren  vermag.  Oder  aber,  was  häufiger  ist 
und  woraus  sich  die  geringe  Ausdehnung,  welche  die  Pilzinfektion 
annimmt,  erklärt,  sie  vermögen  den  Actinomyces  aufzuhalten, 
indem  sie  seine  Kolbeu  aufnehmen  und  in  ähnliche  hyaline  Degene- 
rationsprodukte verwandeln,  wie  man  sie  beim  Rhinosklerom  be- 
obachtet. Die  Weiterverbreitung  der  Aktiuomykose  im  Körper  ge- 
schieht nach  den  Verfl.  ausschließlich  durch  Phagocyten,  welche 
entwickelungsfähige  Teile  der  Pilzfilamente  weiter  verschleppen. 

Abel  (Greifswald). 

Stern,  R.,  Ueber  die  Wirkung  des  menschlichen  Blut- 
serums auf  die  experimentelle  Typhusinfektion.  [Aus 
der  medizin.  Klinik  in  Breslau.]  (Zeitschr.  für  Hygiene.  XVI. 
p.  458.) 

Da  bekanntlich  das  einmalige  Ueberstehen  des  Abdominaltyphus 
meist  vor  nochmaliger  Erkrankung  schützt,  tritt  Verf.  der  Frage 
näher,  ob  das  Blut  natürlich  immunisierter  Menschen  ähnliche 
Veränderungen  zeigt,  wie  sie  bei  der  experimentell  erzeugten 
Immunität  für  eine  Anzahl  von  Infektionen  bekannt  sind. 

I.  Versuche  mit  dem  Serum  von  Menschen,  die  Ab- 
dominaltyphus überstanden  hatten,  wurden  an  Mäusen  und 
Meerschweinchen  angestellt.  Die  Mäuse  von  durchschnittlich  15  20  g 
Körpergewicht  erhielten  Typhusbouillonkulturen,  deren  tödliche  Dosis 
bei  0,1 — 0,3  ccm  lag;  die  Meerschweinchen  von  300 — 500  g Körper- 
gewicht erhielten  Aufschw'emm ungen  von  Typhus-Agarkulturen,  deren 
tödliche  Dosis  bei  0,75 — 1,5  ccm  lag,  während  die  für  Mäuse  ver- 
wandten Bouillonkulturen  erst  in  Menge  von  mehreren  Cubikcenti- 
metern  für  Meerschweinchen  tödlich  wurden.  Das  menschliche  Blut- 
serum, welches  von  Personen,  die  sicher  einen  Abdominaltyphus  über- 
standen hatten,  durch  Aderlaß  oder  mittelst  blutiger  Schröpfköpfe 
unter  aseptischen  Kauteleu  entnommen  war,  wurde  den  Mäusen  im 
Gemisch  mit  der  Kultur  (Verhältnis  1 : 1 bis  10  : 1)  intraperitoneal  in- 
jiziert, während  die  Injektion  bei  Meerschweinchen  16 — 24  Stunden 
vor  der  Infektion  in  die  Bauchhöhle  geschah.  Die  Verschiedenheit 
des  Verfahrens  mußte  eingeschlageu  werden,  weil  bei  weißen  Mäusen 
diejenige  Menge  Serum,  die,  gleichzeitig  mit  einer  sicher  töd- 
lichen Menge  Typhusbouillon  injiziert,  zur  Immunisierung  hinreicht, 
erheblich  kleiner  ist,  als  die  Menge,  welche  zum  Schutze  des  Tieres 
notwendig  ist,  wenn  dieselbe  16—24  Stunden  vor  der  Infektion  in- 
jiziert wird.  Bei  Meerschweinchen  zeigt  sich  das  gerade  umgekehrte 
Verhalten.  — Von  15  zur  Untersuchung  gezogenen  Fällen  zeigte  sich, 


Schutzimpfung,  kiinstl.  Infektionskrankheiten,  Eutwickclungshemmung  etc.  1009 


daß  iu  9 hallen  das  nach  überstandenem  Abdomiualtyphus  geprüfte 
Blutserum  immunisierende  Eigenschaften  besaß.  Zieht  man  die  Zeit 
der  Krankheit  bezw.  nach  Ablauf  der  Krankheit  in  Betracht,  so  er- 
giebt  sich  folgendes  Resultat: 


untersucht  positive  Resultate 

2—26  läge  nach  dem  letzten  Fiebertage  8 6 

1—10  Jahre  nach  der  Krankheit  5 3 

üeber  10  Jahre  nach  der  Krankheit  2 0 

Die  positiven  Resultate  werden  also  um  so  seltener,  je  weiter  die 
Krankheit  zurückliegt,  womit  allerdings  zunächst  nur  gesagt  ist,  daß 
die  verwandte  Serummenge  zum  Schutze  der  Versuchstiere  nicht  ge- 
nügte, während  eine  größere  Menge  des  Serums  vielleicht  Erfolg  ge- 
habt hätte.  Die  zur  Verwendung  gelangenden  Serummengen  erhalten 
ihre  Grenze  aber  dadurch,  daß  bei  Mäusen  2-3  ccm,  bei  Meer- 
schweinchen 7,5—10  ccm,  bei  intraperitouealer  Injektion  sicher  toxisch, 
häufig  tödlich  wirken.  — Ein  bestimmtes  gesetzmäßiges  Verhalten 
zwischen  der  Schwere  der  Erkrankung  und  dem  Immunisierungswerte 
des  Blutserums  ließ  sich  nicht  feststellen. 

II.  Versuche  mit  dem  Serum  von  Menschen,  die  au 
Abdominaltyphus  gestorben  waren.  Der  Tod  war  in 
den  beiden  untersuchten  Fällen  am  Ende  der  4.  Krankheits- 
woche eingetreten ; das  Blut  war'  1 bezw.  7 Stunden  post  mortem 
aus  einigen  Hautvenen  entnommen.  Die  kleinste  für  Meerschweinchen 
wirksame  Serummenge  lag  im  ersten  Falle  zwischen  0,2  und  0,05  ccm; 
im  zweiten  Falle  waren  0,1  ccm  imstande,  zu  schützen,  während 
0,025  ccm  das  Tier  doppelt  so  lange  am  Leben  ließ,  als  das  Kontroll- 
tier.  Aus  den  Versuchen  geht  hervor,  daß  das  Blutserum  von  an 
Abdominaltyphus  gestorbenen  Menschen  in  kleineren  Dosen  schützend 
wirkte,  als  dasjenige  der  Typhusrekonvalescenten. 


III.  Versuche  mit  dem  Serum  von  Menschen,  die 
nicht  an  Abdominaltyphus  erkrankt  waren.  Außer  dem 
Blute  von  Patienten  der  Klinik  wurde  zumeist  Blut  verwendet,  welches 
bei  der  Entbindung  unter  aseptischen  Kautelen  aus  der  Nabelschnur 
aufgefangen  wurde.  Die  Versuchsanordnung  entsprach  genau  der  in 
den  früheren  Abschnitten  eingehaltenen  und  mitgeteilten ; als  Ver- 
suchstiere dienten  weiße  Mäuse.  Das  Resultat  aus  13  verschiedenen 
Versuchen  läßt  sich  dahin  zusamraenfassen,  daß  auch  das  Blutserum 
von  Menschen,  welche,  soweit  dies  festzustellen  war,  niemals  an  Ab- 
dominaltyphus  erkrankt  waren,  öfters  eine  schützende  Wirkung  gegen 
die  experimentelle  Typhusinfektion  zeigte,  die  jedoch  nicht  so  häufig 
und  erst  bei  größeren  Serummengen  eintritt,  als  bei  den  Versuchen 
mit  Serum  von  Typhusrekonvalescenten. 

IV.  Wie  kommt  die  schützende  Wirkung  des  Serums 
zustande?  Daß  das  menschliche  Blutserum  beim  Tierexperimente 
die  schützende  Wirkung  vermöge  seiner  bakterientötenden  Kraft  aus- 
übt, ist  nach  Verf.  nicht  der  Fall;  an  bakterientötender  Kraft  ist 
das  Serum  von  Typhusrekonvalescenten  vielmehr  schwächer,  als  das- 
jenige anderer  Personen.  Das  schützende  Serum  hat  aber  auch  keine 
die  Virulenz  der  Bacillen  abschwächende  Wirkung,  vielmehr  ist  die 
Virulenz  von  Typhuskulturen,  die  im  schützenden  Serum  angelegt 


1010  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


waren,  ebenso  groß,  wie  die  derjenigen  Kulturen,  welche  in  unwirk- 
samem Serum  hergestellt  wurden.  Bei  der  Prüfung,  ob  wirksames 
Serum  die  Versuchstiere  auch  gegen  die  vom  Typhusbacillus  pro- 
duzierten Gifte  zu  schützen  vermag,  ergab  sich  unter  6 Fällen  viermal 
ein  positives  Resultat;  in  den  2 negativen  Fällen  wäre  vielleicht  mit 
größeren  Serummengen  ein  günstiges  Resultat  erzielt  worden.  Es 
wird  hier  vom  Verf.  aber  auch  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  bei 
der  Herstellung  keimfreier  Giftlösungen,  bei  welchen  man  die  Bakterien 
durch  Filtration  entfernt  oder  durch  Hitze  oder  durch  Antiseptika 
abtötet,  wohl  stets  eine  Aenderung  der  in  der  lebenden  Kultur  vor- 
handenen Gifte  stattfindet.  Ein  Serum,  welches  im  Tierexperimente 
immunisierende  Wirkung  zeigt,  gegenüber  sterilen  Giftlösungen  aber 
unwirksam  ist,  kann  trotzdem  gegenüber  den  in  der  lebenden  Kultur 
enthaltenen  Giften  eine  gewisse  Wirksamkeit  besitzen.  — Wenn  nun 
die  schützende  Kraft  des  Serums  nicht  auf  seiner  direkten  Einwirkung 
auf  die  Bakterien  beruht,  wenn  auch  eine  antitoxische  Wirkung  des 
Serums  fehlt,  was  allerdings  nur  für  einige  der  untersuchten  Fälle 
und  bei  der  gewählten  Versuchsanordnung  festgestellt  ist,  so  bleibt 
nur  die  Möglichkeit,  daß  das  Serum  auf  den  zu  schützenden 
Organismus  selbst  ein  wirkt,  ihn  befähigt,  die  einge- 
führten Bakterien  unschädlich  zu  machen. 

Gerl  ach  (Wiesbaden). 

Issaeff  und  Iyanoff,  Untersuchungen  über  die  Immunisie- 
rung der  Meerschweinchen  gegen  den  Vibrio  Ivanoff. 
[Aus  dem  Institute  für  Infektionskrankheiten  zu  Berlin.]  (Ztschr. 
f.  Hygiene.  XVII.  p.  117.) 

Der  von  Ivanoff  entdeckte  choleraähnliche  Vibrio  unter- 
scheidet sich  im  mikroskopischen  Bilde  vom  Koch’schen  Komma- 
bacillus durch  die  Neigung,  längere,  feine,  spiralige  Fäden  zu 
bilden,  zeigt  im  übrigen  aber  viele  Aehnlichkeiten  mit  diesem.  Er 
ruft  bei  Meerschweinchen,  intraperitoneal  beigebracht,  eine  tödliche 
Erkrankung  hervor,  welche  derjenigen  nach  Injektion  von  Cholera- 
bacillen sehr  ähnlich  ist.  Bei  subkutanen  Injektionen  tritt  nur  ein 
lokaler  Prozeß  auf,  wenn  die  Dosen  klein  sind,  während  sehr  große 
Dosen  auch  auf  diesem  Wege  zu  einer  tödlichen  Allgemeininfektion 
führen.  Die  Einverleibung  großer  Dosen  per  os,  nach  der  Koch- 
schen  Methode,  bewirkt  einen  Abfall  der  Körpertemperatur  bis  auf 
35°  oder  36°  C,  ohne  aber  die  Tiere  zu  töten.  Alle  anderen  Ver- 
suchstiere sind  unempfindlich  gegen  den  Vibrio  Ivanoff.  Am 
meisten  virulent  für  Meerschweinchen  sind  Agarkulturen,  die  etwa 
20  Stunden  bei  37  0 C gewachsen  sind;  der  Krankheitsverlauf  nach 
iutraperitonealer  Injektion  ist  ein  sehr  akuter.  Schon  in  den  ersten 
3 Stunden  nach  der  Infektion  kleiner  Dosen  steigt  die  Temperatur 
auf  40°  C,  um  dann  wieder  auf  29 — 30°  C abzufallen,  welches 
Minimum  etwa  in  der  17. — 18.  Stunde  erreicht  wird.  Größere  Dosen 
als  1 Platinöse  voll  (==  etwa  2 mg  der  Kultur)  bewirkt  den  Tod 
nach  8 — 9 Stunden.  Die  Vibrionen  finden  sich  in  dem  durchsichtigen 
intraperitonealen  Exsudate,  im  Blute  und  in  allen  Organen.  Der 
Krankheitsverlauf  entspricht  also  genau  den  Beschreibungen,  welche 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1011 

R.  Pfeiffer  von  der  Wirkung  intraperitonealer  Cholerainjektionen 
beim  Meerschweinchen  giebt. 

Zur  Immunisierung  der  Meerschweinchen  gegen  den  Vibrio 
Ivanoff  genügt  eine  einmalige  intraperitoneale  Einspritzung  des 
Virus  in  der  Menge  von  V 100— Vbo  .Oese.  Den  besten  Erfolg  erzielt 
mau  durch  Injektion  von  2 ccm  reiner  Bouillon  in  das  Peritoneum 
und  durch  24  Stunden  darauf  folgende  Injektion  von  1/2  Oese  der 
Vibrionenkultur.  Der  höchste  Iramunitätsgrad  tritt  nach  8—10  Virus- 
einspritzungen ein,  die  am  besten  in  4— 5-tägigen  Intervallen  gemacht 
werden.  Solche  Meerschweinchen  vertragen  24  Stunden  nach  der 
letzten  Injektion  sehr  große  Virusdosen,  welche  die  maximale,  für 
gesunde  Meerschweinchen  uoch  tödliche  Dosis  65 — 70mal  übersteigen. 
10 — 15  Tage  nach  der  letzten  Schutzimpfung  sinkt  der  Resistenzgrad 
auf  etwa  die  Hälfte  herab.  Die  gegen  Ivanoff’s  Vibrio  immuni- 
sierten Meerschweinchen  sind  auch  immun  gegen  Cholera. 

Zum  Studium  der  baktericiden  Eigenschaften  des  Blutes  im- 
munisierter Meerschweinchen  wurde  das  Serum  in  Quantitäten  von 
5—6  ccm  von  den  Formelementen  befreit  und  mit  dem  Vibrio 
besät.  — Zu  dem  Blutserum  eines  hochimmunisierten  Meerschwein- 
chens wurde  soviel  Kultur  des  Vibrio  gebracht,  daß  1 Tropfen 
derselben,  unmittelbar  nach  dessen  Impfung  auf  Gelatine  gebracht, 
950  Kolonieen  gab.  Nach  1 Stunde  augestellte  Proben  ergaben  keine 
Kolonieen  mehr  auf  Gelatine;  auf  nach  24  Stunden  gegossenen 
Platten  gingen  115  Kolonieen  auf.  Die  24-stündigen  Kulturen  im 
Blutserum  der  durch  einmalige  Schutzimpfung  immunisierten  Meer- 
schweinchen zeigen,  verglichen  mit  den  im  Blutserum  normaler  Meer- 
schweinchen gewachsenen  Vibrionenkulturen,  fast  den  gleichen  Viru- 
lenzgrad. Injiziert  man  die  im  Blutserum  hochimmunisierter  Tiere 
gewachsenen  Kulturen  Meerschweinchen  in  die  Bauchhöhle,  so  erzeugen 
dieselben  keine  Krankheitserscheinungen. 

Zur  Herstellung  von  Toxinen  dienten  18— 20 -ständige  Agar- 
kulturen, welche  durch  1 — 2-stündige  Einwirkung  von  Chloroform- 
dämpfen abgetötet  waren.  Gegen  diese  Toxine  sind  die  immuni- 
sierten Meerschweinchen  nicht  resistenter,  als  die  nicht  immunisierteu 
Tiere.  Das  Blut  der  vaccinierten  Meerschweinchen  besitzt  also  keine 
antitoxischen  Eigenschaften  gegen  das  Körpertoxin  des  Vibrio 
Ivanoff. 

Das  Blutserum  sorgfältig  immunisierter  Meerschweinchen  erwies 
sich  in  hohem  Maße  aktiv.  Seine  Immunisierungswirkung  ist  so 
stark,  daß  die  Tiere,  welche  mit  1 ccm  Blutserums  intraperitoneal 
vorbehandelt  waren,  nach  24  Stunden  Virusdosen  von  2 1 /2  Oesen 
pro  100  g Körpergewicht  vertrugen.  Das  hochimmune  Blutserum 
hat  auch  heilende  Eigenschaften.  Meerschweinchen,  welche  mit 
l/3  Oese  Agarkultur  infiziert  waren,  blieben  am  Leben,  wenn  sie 
1 — 1 1/2  Stunden  nach  der  Infektion  eine  intraperitoneale  Einspritzung 
von  IV*—  2 ccm  Blutserum  erhielten.  Solche  Heilungen  werden  nur 
erzielt,  wenn  die  Virusdosis  nicht  über  */3  Oese  hinausgeht  und 
wenn  im  Augenblicke  der  Blutseruminjektion  die  Körpertemperatur 
nicht  unter  37,6°  C herabgesunken  ist. 


1012  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Der  Vibrio  Ivanoff  ist  jedenfalls  als  ein  sehr  naher  Ver- 
wandter des  Koch’schen  Kommabacillus  zu  betrachten,  wenn 
er  nicht  gar  identisch  mit  demselben  ist.  Ger  lach  (Wiesbaden). 

Emmerich,  R.,  Ueber  die  Infektion,  Immunisierung  und 
Heilung  bei  krupöser  Pneumonie.  (Zeitschr.  f.  Hygiene 
und  Infektionskrankheiten.  XVII.  p.  167.) 

Verf.  hat  schon  früher  mitgeteilt,  daß  Pneumokokken  in  Bouillon 
viele  Monate  hiudurch  entwickelungsfähig  und  virulent  bleiben,  wenu 
man  zur  Uebertragung  in  neue  Bouillon  nicht  nur  1 Oese  voll  Kultur, 
sondern  den  gesamten  Bodensatz  verwendet  und  diesen  in  */2  bis 
1 Liter  Bouillon  einige  Tage  im  Thermostaten  hält,  dann  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  im  Dunkeln  aufbewahrt.  Aus  dieser  Thatsache 
geht  hervor,  daß  die  Pneumokokken  Sporen  bilden , wenn  auch  auf 
eine  große  Anzahl,  vielleicht  auf  einige  Hunderttausend,  vegetative 
Spaltpilzzellen  nur  eine  Spore  kommt.  Foä  glaubt,  daß  zwei 
Rassenvarietäteu  des  Pneumococcus  lauceolatus  bestehen. 
Nach  Emmerich  sind  die  Varietäten  viel  zahlreicher;  so  hat  in 
seinem  Laboratorium  Fa w i t z ky  einen  Pneumococcus  gefunden, 
welcher  große  Mengen  eines  blut-  oder  ziegelroten  Farbstoffes  pro- 
duziert, der  an  der  Bakterienzelle  selbst  haftet.  Wenn  Foä  (Ztschr. 
f.  Hyg.  XV.  p.  369  ff.)  angiebt,  daß  Tiere,  welche  nach  der  Methode 
von  Klemperer  vorbehandelt  sind,  nur  eine  Immunität  von  sehr 
kurzer  Dauer  aufweisen,  so  fügt  Emme  rieh  diesem  bei,  daß  solche 
Tiere  schon  nach  intravenöser  Injektion  von  4 ccm  vollvirulenter 
Kultur  zu  Grunde  gehen.  Für  ganz  ungeeignet  hält  Verf.  auch  die 
Immunisieningsmethode,  welche  in  der  Injektion  von  durch  Bakterien - 
filter  filtriertem  Blute  eines  der  Pneumokokkeninfektion  erlegenen 
Kaninchens  besteht.  — Kaninchen,  welche  durch  mehrfache  intravenöse 
Injektion  virulenter  Kulturen  derart  immunisiert  sind,  daß  sie  eine 
intravenöse  oder  intraperitoneale  Injektion  von  20  ccm  virulenter 
Bouillonkultur  gut  vertragen,  können  doch  zu  Grunde  gehen,  wenB 
man  3 — 4 Tage  nach  der  letzten  Schutzimpfung  25 — 30  ccm  viru- 
lenter Kultur  in  die  Vene  injiziert.  Auch  das  von  Bakterien  befreite 
Blut  dieser  hochimmunen  aber  trotzdem  zu  Grunde  gegangenen  Tiere 
ist  zu  Schutzimpfungen  oder  zu  Heilzwecken  unbrauchbar,  während 
das  Blutserum  von  Tieren,  welche  20  ccm  der  virulenten  Pneumo- 
kokkenkultur gut  vertragen  hatten  und  welche  einige  Tage  nach 
dieser  Injektion  getötet  wurden,  heilkräftig  war.  — Bei  allen  ein- 
schlägigen Fragen  sollte  nicht  vergessen  werden,  daß  es  sehr  ver- 
schiedene Immunitätsgrade  giebt  und  daß  man  zur  Erzielung  der 
sichersten  Resultate  das  Blutserum  komplett  immunisierter  Tiere 
verwenden  muß.  Unter  ko m pl ett  immunisierten  Tieren  ver- 
steht man  solche,  welche  die  Infektion  mit  möglichst  großen  Mengen 
der  betreffenden  pathogenen  Bakterienart  vertragen,  ohne  daran  zu 
Grunde  zu  gehen.  In  einzelnen  Fällen,  wie  z.  B.  bei  der  Pneumonie 
ist  dieser  Begriff  aber  soweit  zu  ziehen,  daß  man  als  komplett  im- 
munisiert die  Kaninchen  betrachtet,  welche  bei. 2 kg  Körpergewicht 
25 — 30  ccm  vollvirulenter  Bouillonkultur,  intravenös  injiziert,  gut  er- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1013 

tragen  und  namentlich  nach  dieser  Injektion  keine  länger  als  48 
Stunden  dauernde  Temperatursteigerung  zeigen. 

Emmerich  verwendet  zur  Immunisierung  hochgradig  verdünnte, 
virulente  Kulturen,  d.  h.  solche,  welche  direkt  aus  pneumonischem 
Sputum  oder  Lungen  erhalten  sind,  ohne  eine  künstliche  Abschwächung 
(durch  Erhitzen  u.  s.  w.)  erlitten  zu  haben  und  welche  so  hoch- 
gradig virulent  sind,  daß  die  intravenöse  Injektion  von  3 ccm  einer 
25 — 10  000  fach  verdünnten  Bouillonkultur  die  Versuchstiere  schwer 
krank  macht.  Haben  die  Versuchstiere  durch  mehrfache  Schutz- 
impfungen einen  ziemlich  hohen  Immunitätsgrad  erreicht,  dann  muß 
die  Immunisierung  gesteigert  werden  durch  Kulturen  höchster  Viru- 
lenz, von  welchen  eine  Bakterienzelle  beim  nicht  immunisierten  Tiere 
eine  tödliche  Infektion  veranlaßt.  Mit  solchen  Kulturen  ist  schließ- 
lich der  Immunitätsgrad  des  Tieres  festzustellen. 

Gleichwie  beim  Schweinerotlauf  beruht  der  Immunisierungs- 
und Heilungsvorgang  bei  der  Pneumonie  auf  der  Vernichtung  der 
Spaltpilze  durch  einen  Eiweißkörper  (Iiumuntoxinprotei'n),  nur  mit 
dem  Unterschiede,  daß  die  vollständige  Vernichtung  der  Pneumo- 
kokken im  immunisierten  Kaninchenkörper  erst  im  Verlaufe  einiger 
Tage,  also  langsamer  als  beim  Rotlaufe  erfolgt.  Nach  den  mitge- 
teilten Versuchen  giebt  das  Aufhören  des  Fiebers  den  Zeitpunkt  an, 
in  welchem  die  Vernichtung  der  Pneumokokken  zustande  ge- 
bracht ist. 

Das  Serum  immunisierter  Kaninchen  enthält  eine  antibakterielle 
Substanz,  welche  wahrscheinlich  eine  Verbindung  von  Globulin  mit 
einem  in  der  Bakterienzelle  enthaltenen  oder  von  dieser  ausge- 
schiedenen Bakteriengifte  eiweißartiger  Natur  darstellt.  Diese  hoch- 
molekulare Eiweißverbindung  dringt  in  die  Körperzellen  nur  sehr 
langsam  ein,  was  daraus  hervorgeht,  daß  sie  nur  sehr  langsam, 
im  Verlaufe  vieler  Monate,  aus  dem  Körper  verschwindet.  Dagegen 
dringt  dieselbe  schneller  in  die  Bakterienzelleu  ein,  woselbst  sie  in 
Toxin  und  Immunprotein  gespalten  wird,  welche  beide  Körper  den 
Tod  der  Bakterienzelle  bewirken. 

Wenn  man  dem  hochimmunisierten  Kaninchen  neuerdings  große 
Mengen  (30  ccm)  Pneumokokkenbouillon  injiziert,  so  zersetzen  die 
Kokken  das  im  Tierkörper  enthaltene  Immuntoxinprotein  in  Toxin 
und  Immunprotein.  Das  letztere  vereinigt  sich  mit  dem  bei  der 
letzten  Bakterieninjektion  eingeführten  Bakteriotoxin  und  erzeugt 
somit  wieder  hohe  Immunität.  Wenn  die  letzte  Pneumokokken- 
injektion sehr  reichlich  war,  so  kann  sich  zu  einem  bestimmten  Zeit- 
punkte (bei  Pneumonie  12 — 18  Stunden  nach  der  Injektion)  alles 
Immuntoxinprotein  in  den  Bakterienzellen  befinden.  Eine  zu  dieser 
Zeit  nochmals  vorgenommene  Injektion  von  20  oder  auch  nur  10  ccm 
Bouillonkultur  kann  das  hochimmunisierte  Tier  nun  trotzdem  töten, 
weil  nämlich  kein  freies  Immuntoxinprotein  im  Augenblicke  vorhanden 
ist,  um  die  Pneumokokken  abzutöten.  Gerlach  (Wiesbaden). 

Bonaduce,  Salvatore,  Betrachtungen  über  und  Versuche 
mit  einer  neuen  Behandlung  der  Syphilis.  (Monats- 
hefte für  praktische  Dermatologie.  Bd.  XVII.  1893.  No.  3.) 

XV.  Bd.  64 


1014  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Verf.  glaubt  ein  neues  Heilverfahren  bei  Syphilis  empfehlen  zu 
können.  Den  Weg,  auf  welchem  er  dazu  gekommen,  giebt  er  folgen- 
dermaßen an.  Im  lebenden  Organismus  produziert  während  der  In- 
fektionsperiode ein  großer  Teil  der  pathogenen  Mikroorganismen 
außer  den  betreffenden  Giften  auch  noch  einige  lösliche  Stoffe,  welche 
imstande  sind,  Immunität  zu  verleihen.  Dieselben  kreisen  im  Blute 
und  werden,  wie  es  scheint,  zum  Teil  mit  dem  Harne  ausgeschieden. 
So  gelang  es,  Kaninchen  immun  zu  machen  gegen  den  Bacillus 
pyocyaneus,  dadurch,  daß  man  sie  mit  dem  sterilen  Harne  anderer 
Kaninchen  impfte,  welche  vorher  mit  dem  B.  p.  geimpft  waren 
(Bouchard).  Diese  Impfstoffe  können  durch  den  uteroplacentaren 
Kreislauf  von  dem  mütterlichen  Organismus  auf  den  Fötus  über- 
gehen, andererseits,  wenn  nur  der  Fötus  durch  das  väterliche  Sperma 
infiziert  wurde,  kann  dieser  oder  die  Mutter  Immunität  erlangen. 
So  ist  die  Placenta  wie  die  Niere  als  eine  Art  Filter  anzusehen. 
Die  Impfung  der  Neugeborenen  ist  ohne  Erfolg,  wenn  die  Mutter  in 
der  Schwangerschaft  mit  Erfolg  geimpft  war  (Jenner).  Ein  ge- 
sundes Kind  läuft  keine  Gefahr,  von  seiner  syphilitischen  Mutter 
durch  Säugen  oder  durch  Küssen  angesteckt  zu  werden  (Profeta). 
Umgekehrt  überträgt  ein  kongenital  syphilitisches  Kind  die  Krank- 
heit nicht  auf  die  Mutter  (Co lies).  Der  mutmaßliche  Erreger  der 
Syphilis  muß  nun  außer  dem  Syphilisgifte  auch  ein  Antisyphilisgift 
erzeugen , d.  h.  Substanzen , welche  für  sich  allein  imstande  sind, 
Immunität  gegen  diese  Krankheit  zu  verleihen.  Eben  diese  Sub- 
stanzen bedingen  im  erwachsenen  Organismus  die  erworbene  Immuni- 
tät. Dies  führt  zu  dem  Schlüsse,  daß  sich  in  dem  Kreisläufe  von 
Individuen,  die  der  Syphilis  zum  Opfer  gefallen  sind,  in  einem  be- 
stimmten Zeitpunkte  der  Krankheit  jene  Elemente  finden  müssen, 
durch  deren  Imprägnation  der  Organismus  immun  wird;  schwierig 
ist  nur,  diesen  Zeitpunkt  zu  bestimmen. 

Es  unterliegt  nun  nach  dem  Verf.  keinem  Zweifel,  daß  in  dem 
Blute  syphilitisch  geborener  Kinder,  resp.  in  der  Placenta  sich  nicht 
allein  die  giftigen  Toxiue  vorfinden,  sondern  zugleich  auch  die  nutz- 
bringenden Substanzen  (Impfstoffe),  was  bei  dem  Kinde  um  so  wahr- 
scheinlicher sei,  da  während  des  uterinen  Lebens  die  Nieren  nicht 
funktionieren  und  die  löslichen  Produkte  der  Bacillen  nicht  aus- 
scheiden  können.  Durch  die  Hitze  können  die  schädlichen  Substanzen 
zerstört  werden. 

Von  diesen  Gedanken  ausgehend,  entnahm  Verf.  3 Kindern  mit 
hereditärer  Syphilis  Blut  vermittelst  Aderlaß.  Das  sterilisierte  und 
verdünnte  Serum  wurde  einem  Krankeu  injiziert  (12  Injektionen 
innerhalb  24  Tagen),  welcher  eiu  charakteristisches  Geschwür  im 
Sulcus  coronarius  sowie  Lymphdrüsenschwellungen  seit  14  Tagen 
hatte.  In  35  Tagen  war  das  Geschwür  verheilt,  die  Drüsen  merk- 
lich zurückgegangen. 

Dieser  eine  Fall  scheint  Ref.  absolut  nichts  Beweisendes  zu 
haben,  denn  abgesehen  davon,  daß  es  noch  fraglich  erscheint,  ob  der 
Patient  wirklich  Syphilis  gehabt,  ist  es  sehr  wohl  möglich,  daß  in 
35  Tagen  ein  Ulcus,  auch  ohne  Behandlung  heilt  und  Drüsen- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1015 

Schwellungen  sehen  wir  täglich  spontan  zurückgehen.  Wenn  Verf. 
annimmt,  daß  die  die  Immunität  bedingenden  „löslichen  Stoffe“,  die 
von  dem  Infektionsstoffe  neben  den  Giften  produziert  werden  sollen, 
wirklich  von  den  Infektionserregern  produziert  werden,  so  ist  diese 
Annahme  doch  sehr  gewagt,  denn  Fränkel  und  Sobernheim 
haben  erst  jüngst  für  die  Cholera  nachgewiesen , daß  die  Antitoxine 
ein  Eigenprodukt  des  infizierten  Individuums  uud  nicht  ein  Produkt 
der  Bakterien,  wie  Büchner  annimmt,  sind,  so  daß  die  entgegen- 
gesetzte Annahme  für  den  Syphilisvirus  noch  sehr  angefochten  werden 
kann.  0.  Yoges  (Danzig). 

Griuidolm,  Z u r Frage  der  Schutzpockenimpfung.  (Jahrbuch 
für  Kinderheilkunde  und  physische  Erziehung.  Band  XXXVII 
Heft  3.-4.) 

Die  Experimente  des  Verf.’s  sollen  dazu  dienen,  weitere  Schritte 
zu  thun  in  der  Erforschung  der  parasitären  Pockenerreger  und  eine 
Vaccinationsmethode  zu  finden,  die  gegenüber  der  bestehenden  ge- 
ringere Gefahren  bietet.  Er  stützt  sich  bei  seinen  Versuchen  auf 
die  Methode  Behrings  mit  immunisiertem  Blutserum  und  injizierte 
das  desinfizierte  Blut  geimpfter  Kälber  in  gesunde  Tiere. 

Die  in  der  Petersburger  Impfanstalt  vorgenommenen  Beobach- 
tungen ergaben  zwar  durchweg  positive  Resultate;  dieselben  sind 
aber  vorläufig  noch  viel  zu  gering  und  unvollkommen,  um  zu  irgend 
einem  Schlüsse  zu  berechtigen.  Vielleicht  dient  aber  diese  Mitteilung 
dazu,  weiter  für  die  Frage  zu  interessieren  und  durch  zahlreichere 
Versuche  dieselbe  der  Entscheidung  näher  zu  bringen. 

Maaß  (Freiburg  i.  B.). 

Pa'wlowsky,  Ueber  die  Behandlung  des  Rhinoskleroms 
mit  Rhinosklerin.  (Deutsch,  med.  Wochenschr.  1894.  No.  13 
und  14.) 

Auf  p.  742  des  IX.  Bandes  dieser  Zeitschrift  war  ein  Vortrag 
des  Verf.  referiert  worden,  in  welchem  ausgeführt  war,  daß  das 
Rhinosklerom  eine  von  der  Nase  ausgehende,  durch  die  Fritsc fa- 
schen Bacillen  verursachte  bösartige  Geschwulst  ist.  Bisher  sind  alle 
bekannten  Fälle  der  Krankheit  tödlich  verlaufen. 

Verf.  hat  nun  versucht,  die  Toxine  der  Fr  itsch’ sehen  Kapsel  - 
bacilllen  zur  Heilung  der  Krankheit  zu  verwenden.  Er  überzeugte 
sich,  daß  Nährböden  (Agar-Agar  und  Bouillon)  nach  Entfernung  der 
darauf  gewachsenen  Rhinosklerombacillenkulturen  und  Sterilisierung 
für  eine  erneute  Impfung  ein  fruchtbares  Feld  nicht  mehr  darbieten. 
Sterilisierte  und  eingedickte  Aufschwemmungen  von  Agarkulturen, 
zu  1 — 10  ccm  Kaninchen  subkutan  injiziert,  wurden  von  den  Tieren 
ohne  sichtbare  örtliche  oder  allgemeine  Erscheinungen  vertragen. 
Ebenso  unschädlich  erwies  sich  die  intraperitoneale  Einspritzung  von 
2,0  Wasserglycerinextrakt  und  die  subkutane  Injektion  von  10  ccm 
eines  spirituös-ätherischen  Extrakts  von  durch  Eindampfen  des  Agars 
eingedickten  Kulturen. 

Zu  Heilversuchen  bei  Menschen  behandelte  der  Verf.  je  200  ccm 
Fleischpeptonbouillonkultur  der  Bacillen  im  Alter  von  14  Tagen  in 

63* 


1016  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


folgender  Weise.  Das  bacillenfreie  Filtrat  der  einen  Hälfte  der 
Kultur  wurde  kalt  über  dem  Exsiccator  eingedickt;  von  der  anderen 
Hälfte  wurde  nach  Zusatz  von  25  abgeschabten  Agarkulturen  der  gleichen 
Bacillen  und  darauf  vollzogener  Sterilisierung  wieder  ein  Halbteil 
eingedampft,  24  Stunden  mit  50-proz.  Glycerin  behandelt  und  filtriert, 
der  andere  Halbteil  bis  auf  ein  Drittel  eingedampft,  mit  heißem 
Alkohol  behandelt  und  gleichfalls  filtriert.  Das  Filtrat  wurde  bis  zur 
Syrupkonsistenz  eingedampft  und  demnächst  in  sterilisiertem  Wasser 
gelöst.  Die  aus  beiden  Halbteilen  dann  gemischte  und  filtrierte 
Flüssigkeit  bildete  einen  wässerigen  Glycerinalkoholauszug  der  Rhino- 
sklerom  bacillentoxine. 

Mit  der  so  dargestellten  Flüssigkeit  wurde  eine  Patientin  durch  In- 
jektionen in  steigender  Dosis  von  0,002  —0,3  ähnlich  wie  bei  der  Tuberku- 
lintherapie längere  Zeit  behandelt.  Als  dann  jedoch  spätere  Versuche 
ergaben,  daß  die  wirksamen  Substanzen  hauptsächlich  in  den  wässerigen 
Glycerinextrakten  enthalten  und  demnach  mit  den  Leibern  der  Ba- 
cillen verbunden  waren,  wurde  zu  den  Einspritzungen  eine  Mischung 
aus  eingedickten  kalten  Filtraten  und  wässerigem  Glycerinextrakt 
der  Bacillen  des  „Rhinosklerins“  in  Dosen  bis  zu  3,5  g verwendet. 
Als  Resultat  der  Behandlung  in  2 Fällen,  deren  ausführliche  Kranken- 
geschichten im  Originale  nachzusehen  sind,  bezeichnet  der  Verf.  im 
wesentlichen : 

Bei  der  ersten  Kranken : Verschwinden,  vielleicht  auch  nur  zeit- 
weiser Stillstand  in  der  Entwickelung  der  diffusen  Rhinoskleromin- 
filtrate  in  den  Nasenflügeln  und  der  Nasenscheidewand  und  Ersatz 
derselben  durch  frische  Narben.  Verkleinerung  der  Nase.  Ein  Knoten 
auf  der  Oberlippe  unverändert.  Keine  Verbreitung  des  Prozesses  in 
der  Behandlungszeit. 

Bei  der  anderen  Kranken  (der  die  allmählich  erweichten  Ge- 
schwulstteile in  der  Nase  operativ  entfernt  worden  waren):  Keine 
Recidive  in  der  Nase.  Erweichung,  Lockerung  und  leichte  Ver- 
größerung eines  Knotens  auf  der  Lippe.  Keine  Verbreitung  des 
Prozesses. 

Die  Wirkung  des  Rhinoskleroms  war  bei  den  Kranken  der  des 
Tuberkulins  bei  Tuberkulösen  ähnlich  und  bestand  in  Symptomen 
allgemeiner  Art,  wie  Fieber,  Muskelschmerzen,  Kopfschmerzen,  Schüttel- 
frost, sowie  lokaler  Natur,  nämlich  Schmerzhaftigkeit,  Rötung,  Se- 
kretion und  Borkenbildung  in  der  Geschwulst.  K ü b 1 e r (Berlin). 

Christmas,  Sur  la  valeur  antiseptique  de  l’ozone.  (An- 
nales  de  l’Institut  Pasteur.  1893.  Nov.  p.  776.) 

Genauere  Untersuchungen  über  die  antiseptische  Kraft  des  Ozons, 
welche  vor  allem  in  früherer  Zeit  sehr  hoch  angeschlagen  wurde, 
lagen  bisher  nicht  vor.  Sonntag  beschränkte  sich  auf  die  Fest- 
stellung der  abtötenden  Kraft  gegenüber  Milzbrandsporen;  er  fand, 
daß  bei  3 mg  Ozon  : 1 1 Luft  die  Sporen  vollkommen  ungeschädigt 
bleiben,  daß  sie  bei  14  g : 1 1 Luft  erst  nach  24  Stunden  abgetötet 
werden.  Die  von  Chr.  gefundenen  Werte  sind  folgende:  1,5 — 2 mg 
Ozon  : 1 1 Luft  genügt,  um  die  Entwickelung  von  sporenfreien  Milz- 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1017 


brandbacillen,  sowie  von  Typhus-,  Diphtheriebacillen  und  Asper- 
gillus niger  zu  hindern.  In  48  Stunden  wurden  ausgebildete 
Kulturen  stark  geschädigt,  in  96  Stunden  abgetötet.  Sporen  von 
Bac.  subtilis  wurden  von  der  gleichen  Luft  in  8 — 10  Tagen  ab- 
getötet. Eine  Luft,  welche  0,5  mg  Ozon  : 1 1 Luft  enthielt  und  nur 
schwer  zu  atmen  war,  zeigte  sich  ohne  jede  Wirkung;  Früchte, 
Fleisch  u.  s.  w.  faulten  in  ihr  ebenso  schnell  wie  in  gewöhnlicher 
Luft;  das  Ozon  verliert  also  jede  antiseptische  Einwirkung,  sobald  es 
auf  0,05  Proz.  heruntergeht.  Seine  praktische  Anwendung  zur  Des- 
infektion von  Wohnungen,  Krankenzimmern  u.  s.  w,  erscheint  daher 
ausgeschlossen,  da  erstens  größere  Mengen  herzustellen  sehr  schwierig 
wäre  und  zweitens  die  Luft  irrespirabel  werden  würde. 

W.  Petersen  (Zürich). 

Bazy,  De  l’absorption  par  les  voies  urinaires.  (Comptes 
rendus  des  sdances  de  l’Academie  des  Sciences  de  Paris.  Tome 
CXVII.  No.  22.  p.  739—741.) 

Die  Harnblase  galt  bisher  als  das  einzige  mit  einem  Epithel 
versehene  Organ,  das  nicht  der  Absorption  fähig  war,  und  man  nahm 
an,  daß  sie  diese  Fähigkeit  erst  dann  erhalte,  nachdem  sie  ihres 
Epithels  verlustig  gegangen.  Klinische  Beobachtungen  brachten  dem 
Verf.  jedoch  die  gegenteilige  UeberzeuguDg  bei,  und  es  gelang  dem- 
selben auch,  für  seine  entgegengesetzte  Annahme  den  experimentellen 
Nachweis  zu  erbringen,  indem  er  durch  Injektionen  eines  Giftes  in 
die  gesuude  Harnblase  das  Tier  ebenso  gut  töten  konnte,  als  durch 
solche  unter  die  Haut  oder  in  das  Rectum. 

Bei  den  Injektionen  ließ  Verf.  ganz  besondere  Vorsicht  obwalten 
und  injizierte  überhaupt  nicht  mehr  als  2 ccm.  Er  verwandte  bei 
seinen  Untersuchungen  sowohl  chemische  als  auch  Bakteriengifte,  im 
letzteren  Falle  injizierte  er  neben  den  reinen  Giften  auch  Mikroben- 
kulturen. 

Von  chemischen  Giften  führten  Injektionen  von  Cocain  in  1/1 2, 
Strychnin  in  1/30  und  Cyanwasserstoffsäure  in  */i oo  Verdünnung  den 
Tod  der  Versuchstiere  im  Zeiträume  von  wenigen  Minuten  herbei. 
Belladonna,  Curare,  Pilocarpin  äußern  ihre  Wirkung  viel  langsamer, 
wie  es  scheint  erst  dann,  wenn  sie  im  Verlaufe  der  Ernährung  in  die 
Zellen  gelangen. 

Die  Injektion  von  Bakteriengiften  ruft  nicht  minder  bemerkens- 
werte Erscheinungen  hervor.  So  erhielten  6 Kaninchen  Injektionen 
von  Pneumococcus;  fünf  davon  starben  schon  nach  Verlauf  von 
wenigen  Tagen  unter  den  Erscheinungen  urinärer  Infektion.  Von  vier 
Kaninchen,  denen  eine  Kultur  des  Py ocy an bacillus  injiziert 
worden  war,  erlagen  zwei  nach  7 resp.  14  Tagen. 

Die  Harnröhrenabsorption  erschien  dem  Verf.  intensiver,  als  die 
der  Harnleiter.  In  allen  Fällen  jedoch  war  der  Tod  ein  plötzlicher. 

Verf.  weist  auf  die  Wichtigkeit  hin,  welche  die  in  Rede  stehenden 
Beobachtungen  für  die  Pathogenie  der  urinären  Infektionen  haben. 

Eber  dt  (Berlin). 


1018  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Kossel,  H.,  Ueber  die  Einwirkung  derNucle 'insäure  auf 
Bakterien.  (Sitzungsberichte  der  physiologischen  Gesellschaft  zu 
Berlin,  Sitzung  vom  8.  Dez.  1893.) 

H.  Kossel  stellte  sich  die  Aufgabe,  im  Anschluß  an  die  Unter- 
suchungen von  A.  Kossel  über  die  Chemie  der  Zelle,  die  einzelnen 
Bestandteile  der  Zelle  auf  ihr  Verhalten  gegenüber  Mikroorganismen 
zu  prüfen.  Die  vorliegenden  Versuche  wurden  angestellt  mit  Nuclein- 
säure  aus  den  Lymphzellen  des  Kalbes,  welche  A.  Kossel  aus  der 
Thymusdrüse  dargestellt  hatte.  Diese  Substanz,  welche  in  den 
Lymphzellen  in  besonders  lockerer  Bindung  vorkommt,  erwies  sich 
als  stark  baktericid. 

Eine  1j 2-proz.  Lösung  tötet  Choleravibrionen  in  3—5  Minuten, 
Typhusbacillen  in  1 — l1^  Stunden,  Streptokokken  in  ca.  2 Stunden, 
Staphylokokken  nach  6 Stunden,  Milzbrandsporen  dagegen  auch  nach 
24  Stunden  nicht. 

Als  Ursache  der  baktericiden  Wirkung  spricht  K.  die  Fähigkeit 
der  Säure,  Eiweiß  zu  fällen,  an.  Andere  eiweißfällende  Substanzen, 
wie  z.  B.  Tannin,  wirkten  weit  weniger  energisch,  ebenso  die  Lösungen 
anderer  Säuren. 

K.  meint,  daß  diese  Versuche  zur  Erklärung  der  Vorgänge  bei 
der  Abtötung  von  Bakterien  in  Zellen  herangezogen  werden  können. 

Autoreferat. 

Klein,  Ueber  das  System  Hermite.  (Hygienische  Rund- 
schau. 1894.  No.  8.) 

Da  das  elektrolytische  Verfahren  von  Hermite  zum  Behufe  der 
Sterilisation  von  Sewage  und  ähnlichen  Abfällen  in  England  und 
Frankreich  großes  Aufsehen  erregte,  ging  Verf.  an  die  Untersuchung. 
Durch  spezielle  elektrolytische  Behandlung  des  Seewassers  wird  dieses 
nicht  nur  selbst  sterilisiert,  sondern  die  so  behandelte  Flüssigkeit  soll 
auch  desinfizierende  Wirkung  haben.  Das  Magnesiumchlorid  wird 
zersetzt,  während  das  Kochsalz  nur  als  Leiter  wirkt,  das  desinfizierende 
Prinzip  der  elektrolysierten  Flüssigkeit  (Hermitelösung)  ist  eine 
oxydierte  Verbindung  des  Chlors.  Fäkalien  sollen  augenblicklich 
sterilisiert  werden,  wenn  sie  mit  der  elektrolysierten  Flüssigkeit  ver- 
mischt werden.  In  den  Bereich  seiner  Untersuchungen  zog  K.  so- 
wohl Seewasser  in  natürlichem  Zustande,  nahe  dem  Ufer  entnommen, 
sodann  nachdem  dieses  nach  dem  System  Hermite  behandelt,  und 
endlich  Fäkalienabfluß,  der  mit  elektrolysierten  Hermitelösung  ver- 
mischt war.  Während  in  1 ccm  des  natürlichen  Seewassers  unge- 
zählte Mengen  Bakterien  vorhanden  waren , war  das  durch  Elektro- 
lyse behandelte  Wasser  völlig  keimfrei,  auch  wenn  Verf.  den  Berke- 
feldfilterrückstand  von  100  ccm  zur  Aussaat  verwandte.  Durch  Be- 
handlung mit  Hermitelösung  wurden  in  Sewage  die  Bakterienmenge 
zwar  vermindert,  aber  dennoch  kounten  in  den  aufgegangenen  Kulturen 
Bacillus  coli,  subtilis,  ulna,  mesentericus,  Proteus 
vulgaris  und  mehrere  Kokkenarten  gefunden  werden.  In  einer 
gleichen  Mischung  von  Hermitelösung  mit  Bouillonkultur  von  Bacillus 
coli,  typhosus  und  Cholera,  war  nach  20  Minuten  keine 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1019 

Sterilisierung  der  Mikroben  erfolgt,  ja  selbst  nach  24  Stunden  sind 
Bacillus  coli  und  Choleravibrio  noch  wachstumsfähig.  Ob 
daher  für  die  Desinfektionspraxis  die  Hermitelösung  brauchbar  ist, 
erscheint  nach  dem  Ergebnis  dieser  Versuche  mehr  als  unwahr- 
scheinlich. 0.  Voges  (Danzig). 

Ward,  Marshall,  Further  experiments  on  the  actionof 
light  on  „Bacillus  anthracis“.  (Communic.  made  to  the 
Royal  Society.  1893.  Februar.) 

VV  ard  setzte  seine  Versuche  über  den  Einfluß  des  Lichtes  auf 
den  Bacillus  anthracis  und  seineSporen,  über  welche  in  dieser 
Zeitschrift  Bd.  XIII.  p.  568  bereits  berichtet  wurde,  fort.  Er 
exponierte  besäte  Schälchen  der  Sonne,  indem  er  vor  dieselben  ge- 
färbte Glasplatten  brachte  und  fand,  daß  die  baktericide  Kraft  der 
Sonnenstrahlen  ausgesprochen  sich  geltend  machte,  wenn  die  blauen 
und  violetten  Strahlen  allein  das  Glas  passierten,  dagegen  nicht  zu 
bemerken  war,  wenn  rote,  orange  und  gelbe  Strahlen  allein  einwirkten. 
Zu  demselben  Resultate,  daß  nur  die  blauen  und  violetten  Strahlen 
die  Bakterien  und  ihre  Sporen  zu  beeinflussen  vermögen,  kam  er, 
wenn  er  das  Licht  durch  Cuvetten  mit  Chemikalienlösungen,  z.  B.  von 
Kupferoxydammoniak  oder  Kaliumbichromat  fallen  ließ.  Um  zu  be- 
weisen, daß  wirkliche  Abtötung  der  Sporen  stattfinde  und  nicht  nur 
Veränderungen  der  sie  enthaltenden  Substrate  ihre  Entwickelung 
verhinderten,  hatte  Ward  früher  Aussaaten  vom  belichteten  Materiale 
in  neue  Nährböden  vorgenommen  und  dann  kein  Wachstum  bekommen. 
Zum  weiteren  Beweise  setzte  er  nun  weiterhin  bei  70 0 an  Petri- 
sche  Schälchen  getrocknete  Sporen  und  andererseits  unbesäte  Agar- 
platten dem  Sonnenlichte  aus,  übergoß  dann  erstere  mit  Nährboden 
und  besäte  das  Agar  mit  Sporen.  Infolge  nicht  besonders  gut  ge- 
wählter Versuchsanordnung  erhielt  er  wechselnde  Resultate,  nach  Ver- 
suchen mit  anderem  Arrangement,  deren  Einzelheiten  noch  nicht  mit- 
geteilt werden,  scheinen  aber  thatsächlich  nur  die  Organismen  ge- 
tötet, die  Nährböden  nicht  beeinflußt  zu  werden. 

Ward  dehnte  dann  seine  Untersuchungen  auch  auf  den  Einfluß 
des  Lichtes  auf  die  Sporen  der  Schimmelpilze  aus.  Er  erhielt  in 
einer  allerdings  noch  kleinen  Zahl  von  Versuchen  das  eigentümliche 
Resultat,  daß  die  gefärbten  Sporen  sich  widerstandsfähig  zeigten, 
ungefärbte  Sporen  nicht. 

Ward  ist  der  Ansicht,  daß  die  Sporen  eine  fettige  Substanz 
enthalten,  welche  durch  den  Einfluß  der  blauvioletten  Lichtstrahlen 
oxydiert  wird  und  glaubt,  gestützt  auf  die  in  der  Litteratur  aufzu- 
findenden Beobachtungen  und  die  mit  den  Schimmelpilzsporen  ge- 
machten Erfahrungen,  die  Hypothese  aufstellen  zu  können,  daß  keine 
Pflanze  ein  Fettreservoir  der  Gefahr  einer  längeren  Insolation  ohne 
einen  Schutz  von  Farbstoffen  aussetzt,  welche  die  blauvioletten  Licht- 
strahlen abhalten  sollen.  Eine  Uebersicht  über  die  Farbe  von  Pilz- 
sporen und  Pollen  im  Vergleich  mit  dem  mehr  oder  weniger  ge- 
schützten Standorte  der  Pflanzen  scheint  diese  Hypothese  im  ganzen 
zu  bestätigen. 


1020  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


Von  den  Schlüssen  auf  praktische  Verhältnisse,  welche  der  Verf. 
aus  seinen  Beobachtungen  zieht,  sei  erwähnt,  daß  er  Belichtung 
durch  die  Sonne  und  Seltenheit  oder  Häufigkeit  von  Bakterienkrank- 
heiten der  Pflanzen  in  Beziehung  bringen  und  daß  er  auch  dem 
Chlorophyll  schützende  Kraft  gegen  die  genannten  Strahlen  des 
Sonnenlichtes  zuschreiben  will.  Abel  (Greifswald). 

Scliickhardt,  Hermann.  Ueber  die  Einwirkung  des  Sonnen- 
lichtes auf  den  menschlichen  Organismus  und  auf 
Mikroorganismen  und  die  hygienische  Bedeutung 
desselben.  (Fried reich’s  Blätter  für  gerichtliche  Medizin 
und  Sanitätspolizei.  Jahrgang  44.  1893.  p.  350 — 392,  400 — 438.) 

Beschränken  wir  uns  hier  auf  den  Teil,  welcher  die  Mikro- 
organismen betrifft,  so  erschien  erst  1877  die  erste  Arbeit  über  diesen 
Gegenstand,  welche  hauptsächlich  von  Untersuchungen  berichtete, 
bei  denen  zufällig  in  die  Kulturflüssigkeit  hineingekommene  Keime 
auf  neutralisierte  Pasteur’sche  Lösung,  frischen  Urin,  Heuinfus, 
Runkelrübenaufguß  weiter  beobachtet  wurden.  Erst  später  ging 
man  in  direkte  Versuche  über  und  benutzte  z.  B.  Bacillus  termo 
in  Cohn’ scher  Flüssigkeit,  dann  werden  Kokken  und  andere  Bacillen 
herangezogen,  der  Anthraxbacillus  und  seine  Sporen  studiert 
u.  s.  w.  Jetzt  liegen  Arbeiten  vor  von  Janowski  über  die  Wir- 
kung des  Sonnenlichtes  auf  Typhusbacillen,  von  Pansini  auf 
Bacillus  prodigiosus,violaceus,pyocyaneus,anthracis, 
cholerae,  muri  septicus  und  S taphy  lococcus  aureus 
albus;  Geisler  beschäftigt  sich  speziell  mit  den  Typhusbacillen, 
Büchner  berichtet  in  diesem  Centralblatte  XI.  1891  und  XII.  1893 
selbst  über  seine  Beobachtungen  u.  s.  w. 

Schickhardt  glaubt  trotz  der  Widersprüche  einzelner  Autoren 
folgende  Schlüsse  ziehen  zu  dürfen: 

1)  Das  Sonnenlicht  übt  auf  die  meisten  Mikroorganismen  einen 
ungünstigen  Einfluß  aus  im  Sinne  einer  Hemmung  ihrer  Entwicke- 
lung, bez.  einer  völligen  Vernichtung. 

2)  Die  zur  Vernichtung  nötige  Dauer  der  Einwirkung  ist  ver- 
schieden je  nach  der  Natur  einzelner  Bakterien  und  ihres  Nähr- 
bodens und  ist  abhängig  von  der  Intensität  der  Lichtstrahlen  und 
der  Dauer  ihrer  Einwirkung. 

3)  Das  eigentlich  wirksame  Agens  scheint  in  den  sogenannten 
chemischen  Strahlen  (violette  und  ultraviolette)  zu  liegen. 

4)  Neben  der  direkt  bakterienfeindlichen  Wirkung  des  Lichtes 
findet  auch  eine  Beeinflussung  des  Nährbodens  statt;  wenigstens  ist 
das  für  auf  Gelatine  wachsende  Typhusbacillen  nachgewiesen. 

5)  Auf  Schimmelpilze  scheint  das  Sonnenlicht  ohne  Einfluß  zu  sein. 

6)  Aus  der  bakterienfeindlichen  Wirkung  des  Sonnenlichtes 
lassen  sich  interessante  Beziehungen  zum  praktischen  Leben  ableiten 
(Selbstreinigung  der  Flüsse,  Assanierung  von  Wohnungen,  Un- 
schädlichmachen der  mit  Anthrax  infizierten  Weideflächen  u.  s.  w.). 

E.  Roth  (Halle  a./S.). 


Schutzimpfung,  küustl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1021 

G ruber,  Gutachten  des  k.  k.  obersten  Sanitätsrates 
über  neuere  Desinfektionsmittel.  (Das  Österreich.  San.- 
Wesen.  1893.  No.  32,  33  u.  34.) 

Das  Gutachten  bezieht  sich  1)  auf  das  Wollmar’ sehe  Des- 
infektionsmittel, 2)  auf  das  Sanatol,  3)  auf  das  Rein-  und  Roh- 
solutol. 

1)  Das  Wollmar’ sehe  Desinfektionsmittel  kommt  teils 
als  Streupulver,  teils  als  Flüssigkeit  in  den  Handel.  Zu  seiner  Dar- 
stellung wird  ein  bestimmtes  eisenhaltiges  Mineral  mit  Salzsäure  und 
Sägemehl  zu  großen  Haufen  gemischt.  Unter  Erwärmung  bis  auf 
100°  C vollzieht  sich  ein  chemischer  Prozeß  in  dem  Gemenge.  Es 
sickert  daraus  die  schwarzbraune,  sauer  reagierende  Desinfektions- 
flüssigkeit aus,  in  welcher  Herr  Teich  unter  Grube r’s  Leitung 
33,09  Proz.  wasserfreies  Eisenchlorid , 1,63  Proz.  Eisenchlorür, 
11,77  Proz.  Gesamteisen  und  34,53  Proz.  Gesamtchlor  nachge- 
wiesen hat.  Den  Rückstand  bildet  das  schwarzbraune,  gleichfalls 
sauer  reagierende  und  etwas  säuerlich  riechende  Desinfektionspulver, 
in  welchem  der  gleiche  Untersucher  40,02  Proz.  Wasser,  11,44  Proz. 
Sägemehl,  9,99—10,91  Proz.  Gesamtchlor,  8,67—15,07  Proz.  Gesamt- 
eisen, 4,60  Proz.  wasserlösliches  Eisen,  13,55  Proz.  Eisenchlorid, 
3,54  Proz.  Eisenchlorür,  9,48  Proz.  in  Wasser  unlösliches  nur  in 
Salzsäure  lösliches  Eisen,  2,75  Proz.  Eisenoxydhydrat,  12,92  Proz. 
Eisenoxydulhydrat  fand.  Uebrigens  war  die  prozentische  Zusammen- 
setzung bei  den  verschiedenen  untersuchten  Proben  beider  Präparate 
nicht  gleich;  auch  sind  in  anderweitigen  hygienischen  Instituten 
quantitativ  abweichende  Analysen  erhalten  worden. 

Zur  Anwendung  in  weiteren  Kreisen  eignet  sich  die  Flüssigkeit 
der  ihr  anhaftenden  Aetzwirkung  wegen  nicht.  Der  abfiltrierte 
wässerige  Auszug  des  Streupulvers  (40  g auf  1 1 Wasser)  tötete  bei 
Vermischung  mit  gleichen  Mengen  filtrierter  Aufschwemmungen  von 
Bakterienkulturen  auf  Agar  (also  als  2 -proz.  Extrakt)  Cholera- 
vibrionen bezw.  Typhusbakterien  (24-stünd.  Kultur)  in  1 — 3 bezw. 
10 — 15  Minuten,  Typhusbakterien  in  4-tägiger  Kultur  in  höchstens 
10,  Bacterium  coli  commune  in  24-stünd.  Kultur  in  30—60  Mi- 
nuten. Das  Extrakt  stellte  im  wesentlichen  eine  Lösung  von  Eisen- 
chlorür und  Eisenchlorid  dar  und  übertraf  in  der  geschilderten  Art 
der  Anwendung  eine  5-proz.  Eisenvitriollösung  in  der  Desinfektions- 
wirkung. 

Versuche  über  die  Fähigkeit  des  W ol  1 mar’ sehen  Pulvers  zur 
Geruchstilgung  ergaben,  daß  ein  Zusatz  von  3 Proz.  desselben 
in  Gemischen  von  Faeces  und  Harn  die  Fäulnis  und  Gestanksent- 
wickelung  noch  nicht  völlig  hemmte.  Auch  durch  Zusatz  von  4 Proz. 
wurde  die  Zersetzung  nur  vorübergehend , etwa  3 Tage,  zurückge- 
halten , doch  ließen  es  die  Versuche  glaublich  erscheinen , daß  bei 
niedriger  Temperatur,  gute  Mischung  des  Desinfektionsmittels  mit 
den  faulenden  Massen  vorausgesetzt,  günstigere  Ergebnisse  erzielt 
werden  können. 

Der  Versuch,  Cholera-  oder  Typhusbakterien  in  Gemischen  mit 
Faeces  der  Wirkung  des  Mittels  auszusetzen,  schien  dein  Verf.  unvor- 


1022  Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc. 


teilhaft,  weil  jene  Bakterien  in  solchen  Gemischen  auch  sonst  häufig 
schnell  zu  Grunde  gehen.  Er  wählte  daher  zum  Versuche  das  Bac- 
terium  coli  commune.  Völlige  Desinfektion  wurde  in  bezüg- 
lichen Gemischen  selbst  bei  Zusatz  des  Pulvers  bis  zu  10  Proz.  nicht 
erreicht,  bei  Zusatz  bis  zu  5 Proz.  verminderte  sich  die  Zahl  der 
Bakterien  in  den  Fäkalien  innerhalb  52  Stunden  auf  etwa  1 Viertel 
(von  38,6  Millionen  Keimen  im  ccm  auf  10,66  Millionen).  Dagegen 
fand  sich  im  10-proz.  Gemische  das  Bact.  coli  schon  nach  4 Stunden 
nicht  mehr  vor;  es  ist  daher  anzunehmen,  daß  die  weniger  wider- 
standsfähigen Cholera-  und  Typhusbakterien  bei  Verwendung  des 
Mittels  in  gleichem  Mengenverhältnisse  und  bei  gutem  Umrühren 
binnen  weniger  Stunden  zuverlässig  vernichtet  werden  können. 

Das  Sanatol  stellt  eine  schwärzlichbraune,  ziemlich  dünne 
Flüssigkeit  von  Teergeruch  und  saurer  Reaktion  dar,  welche  sich 
unter  Entstehung  einer  milchigen  Trübung  und  späterer  Abscheidung 
harziger  Flöckchen  in  Wasser  löst.  Eine  von  Herrn  Teich  unter- 
suchte Probe  enthielt  nur  geringe  Verunreinigungen  durch  nicht 
flüchtige  Mineralstolfe,  färbte  sich  bei  Zusatz  von  Eisenchlorid  intensiv 
violett  und  enthielt  12,78  Proz.  freie  Säure.  Der  Gehalt  an  freier 
und  gebundener  Schwefelsäure  betrug  9,21  Proz.  Durch  ein  im 
Originale  nachzulesendes  Verfahren  wurden  aus  50  ccm  des  Präparates 
2 ccm  eines  grünlich-braunen,  stark  nach  Pyridin  riechenden  Oels 
gewonnen.  Weiterhin  wurde  in  dem  Präparate  ein  Gehalt  von 
27 — 29  Proz.  Phenolsulfosäure  n ach  gewiesen , deren  Desinfektions- 
wirkung auch  schon  früher  in  dem  Präparat  Aseptol  verwertet  worden 
ist.  Die  Wirkung  des  Sanatols  war  recht  kräftig.  In  Wasserauf- 
schwemmung wurden  durch  1-proz.  Lösung  Choleravibrionen  in  1/2, 
Bact.  coli  commune  in  1,  Micrococcus  pyogenes  aureus 
in  2 Minuten  getötet;  Milzbrandsporen  konnten  dagegen  auch  durch 
20-proz.  Lösung  erst  nach  6 Tagen  vernichtet  werden.  „Seiner 
äußeren  Eigenschaften  und  seines  Gehalts  an  freien  Säuren  wegen 
könnte  das  Sanatol  selbstverständlich  nur  zur  groben  Desinfektion 
benutzt  werden.“ 

Die  Solutole  sind  schwarzbraune,  alkalisch  reagierende,  in 
konzentriertem  Zustande  ätzende,  wasserlösliche  Flüssigkeiten.  Je 
100  ccm  enthalten  60,4  g Kresol  und  zwar  x/4  davon  frei,  3/4  an 
Natrium  gebunden.  Das  Rohsolutol  enthält  Verunreinigungen  durch 
Kohlenwasserstoffe , Pyridin  und  Naphthalin,  von  denen  das  Rein- 
solutol  ziemlich  frei  ist;  jenes  giebt  mit  Wasser  eine  milchige  Flüssig- 
keit von  starkem  Teergeruche;  klar  ist  auch  die  Lösung  des  Rein- 
solutols  nicht.  Beide  Präparate  sind  für  grobe  Desinfektion  (Fuß- 
boden, Ställe,  Aborte)  bestimmt  und  dementsprechend  wohlfeil. 

Die  Desinfektionswirkung  der  Solutole  wurde  durch  Heid  er 
geprüft.  Es  bestätigte  sich  dabei,  daß  beide  Präparate  eine  nicht 
unerhebliche  Wirksamkeit  besitzen,  doch  konnten  ihnen  gleich  gün- 
stige Erfolge,  wie  von  anderer  Seite  festgestellt  wurden,  nicht  zuge- 
sprochen werden.  Choleravibrionen  wurden  durch  beide  Präparate  in 
1-proz.  Lösung  binnen  2 Minuten  getötet. 

Bei  Anwendung  einer  0,83-proz.  Lösung  von  Rohsolutol  (Rein- 
solutol)  wurden  Bact.  coli  commune  in  5 (30),  Typhusbakterien 


Schutzimpfung,  künstl.  Infektionskrankheiten,  Entwickelungshemmung  etc.  1023 

in  3—5  (10—15)  Minuten,  Micrococcus  pyogenes  aureus  in 
1 1 /s  — 3 (5 — 6)  Stunden  getötet.  In  weiteren  Versuchen  zeigte  sich, 
daß  die  scheinbar  stärkere  Wirksamkeit  des  Rohsolutols  zum  Teil 
durch  ölige  und  harzige  Niederschläge  der  Lösung,  in  welche  die 
Mikroorganismen  eingehüllt  wurden,  vorgetäuscht  war;  denn  die 
filtrierten  Lösungen  desinfizierten  weit  schwächer,  als  die  nicht- 
filtrierten.  Durchgängig  erwies  sich  freies  Kresol  dem  Reinsolutol 
überlegen,  freie  Natronlauge  gleich  wirksam  wie  jenes.  Milzbrand- 
sporen gegenüber  hatte  Reinsolutol  einen  Desinfektionserfolg  so  gut 
wie  gar  nicht,  Rohsolutol  erst  bei  Anwendung  einer  10 — 16,6-proz. 
Lösung  und  einer  Wirkungsdauer  von  10—3  Tagen.  Bei  erhöhter 
Temperatur  desinfizierteu  beide  Präparate  energischer. 

Die  Solutole  sind  nach  den  Folgerungen  des  Gutachtens  weniger 
hoch  zu  schätzen,  als  Kresolseifenlösungen  oder  Kalkmilch. 

Kü  bl  er  (Berlin). 

Lenti,  P.,  Dell’  influenza  dell’  alcoole,  della  glicerina 
e dell’  olio  d’oliva  sull  azione  dei  disinfettan  ti. 
(Annali  dell’  istituto  d’igiene  sperimentale  della  Universitä  di  Roma. 
Vol.  III  [nuova  serie].  Fase.  IV.  1893.  p.  515.)  [Nach  der  franzö- 
sischen Uebersetzuns  in  Rev.  d’Hyg.  et  de  pol.  san.  1893.  p.  1025.] 

Da  nach  der  Arbeit  von  R.  Koch  „Ueber  Desinfektion“  Des- 
infektionsmittel, in  Alkohol  oder  Oel  gelöst,  keinerlei  desinfizierende 
Eigenschaften  besitzen  und  Wolffhügel  dasselbe  von  in  Oel  ge- 
löster Karbolsäure  feststellte,  suchte  Verf.  zu  bestimmen,  welchen 
Wassergehalt  Desinfektionsmittel  in  Lösungen  in  Alkohol,  Glycerin 
und  Oel  besitzen  müssen , um  bakterientötend  zu  wirken.  Bei 
diesen  Versuchen  prüfte  Verf.  die  Einwirkung  von  Sublimat-, 
Karbolsäure-  und  Lysollösungen  auf  Milzbrandsporen.  Er  fand  nun, 
daß  selbst  4°/00  Sublimat-  und  10%  Karbolsäurelösungen  in  wasser- 
freiem Alkohol  die  bakterientötende  Kraft  vollkommen  verlieren,  daß 
aber  ein  Zusatz  von  2 °/0  Wasser  zu  einer  alkoholischen  1%0  Sublimat- 
lösung und  ein  Zusatz  von  70%  Wasser  zu  einer  alkoholischen 
10%  Karbolsäurelösung  genügt,  um  Milzbrandsporen  in  24  resp. 
48  Stunden  zu  vernichten.  Eine  2%0  Sublimatlösung  und  eine 
10%  Karbolsäurelösung  in  Glycerin,  welche  ohne  Wasserzusatz  Milz- 
brandsporen nicht  abzutöten  vermögen,  wirken  bei  Zusatz  von  40 
resp.  80%  Wasser  sicher  abtötend  bei  einer  Einwirkung  von  24 
resp.  48  Stunden.  Karbolsäure-  und  Lysollösungen  in  Olivenöl  be- 
sitzen keine  bakterientötende  Kraft.  Lösen  er  (Berlin). 

Colasanti,  GL,  L’azione  battericida  dell’  euforina.  (La 
Rif.  med.  1894.  p.  16.) 

Das  Eupborin  (Phenylurethan  — Ref.)  übt  nach  den  auf  eine 
große  Reihe  von  Mikroorganismen  ausgedehnten  Untersuchungen  C.’s 
eine  milde,  desinfizierende  Wirkung  nur  auf  die  vegetativen  Formen 
aus.  Auf  Milzbrandsporen  |übt  eine  1-proz.  Lösung  dieses  Mittels 
keinerlei  Wirkung  aus.  Kamen  (Czernowitz). 


1024 


Neue  Litteratur. 


Neue  Litteratur 

zusammengestellt  von 

Da.  Aethüe  Würzburg, 

Bibliothekar  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamte  in  Berlin. 

Allgemeines  über  Bakterien  und  Parasiten. 

Babes,  V , L’dtat  en  face  des  nouvelles  recherches  bacteriologiques.  (Roumanie  med. 
1894  No.  2.  p.  33—60.) 

Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 

Bay,  J.  J.  Ch.,  Eine  neue  Infektiousnadel  für  mykologische  Studien  (Ber.  d.  dtsch. 
botan.  Gesellsch.  1894.  Heft  1.) 


Biologie. 

(Garung,  Fäulnis,  Stoffwechselprodukte  u.  s.  w.) 

d’Arsonval  et  Charrin,  Influence  des  agents  cosmiques  (61ectricit6,  pression,  lumiere, 
froid,  ozone  etc.)  sur  l’evolution  de  la  cellule  bacterienne.  (Arch.  de  physiol.  1894. 
No.  2.  p.  335  — 342.) 

Cramer,  E.,  Die  Zusammensetzung  der  Sporen  von  Penicillium  glaucum  und  ihre  Be- 
ziehung zu  der  Widerstandsfähigkeit  derselben  gegen  äußere  Einflüsse.  (Arch.  f. 
Hygiene.  1894  Bu.  XX.  No.  2.  p.  197  — 210.) 

Maddox,  R L , Remarks  on  some  progressive  phases  of  spirillum  volutans.  (Journ.  of 
the  Royal  microsc.  soc.  1893.  p.  715  — 719.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  unbelebten  Natur. 

Nahrungs • und  Genussmittel , Gebrauchsgegenstände. 

Hänlein,  F.  H , Bakterienstudien  im  Gebiete  der  Gerberei.  (Dtsche  Gerber-Ztg.  1894. 
No  18—23,  26,  29,  30,  32.) 

Herz,  Fr.  J. , Die  Bedeutung  der  Bakteriologie  für  die  Käsebereitung.  (Mitteil.  d. 
milchwirtschaftl.  Vereins  im  Allgäu.  1894.  Heft  5 p.  133  — 157.) 

Stutzer,  A.,  Neue  Vorrichtungen  zum  Sterilisieren  von  Milch,  sowie  zum  Konservieren 
von  Früchten  und  Gemüsen.  (Dtsche  landwirtschaftl.  Presse.  1894.  No.  27.  p.  265 
—266.) 

Beziehungen  der  Bakterien  und  Parasiten  zur  belebten  Natur. 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten. 

Barnard,  C.  E.,  Infection  in  disease.  (Rep  of  the  Australas.  assess  of  the  adv.  of 
Science  1892.  Hobart  1893.  p.  743 — -747.) 

Centanni,  E.,  Untersuchungen  über  das  Infektionsfieber.  Das  Fiebergift  der  Bakterien. 
(Dtsche  med.  Wchschr.  1894  No.  7,  8.  p.  148  — 150,  176  — 178  ) 

Centanni,  E.  e Bruschettini,  A.,  Studio  sulla  febbre  infettiva.  1.  II  veleno  della  febbre 
nei  batterii.  2 L’antitossina  della  febbre  batterica.  (Riforma  med.  1893.  pt.  4. 
p.  361  — 368,  374  — 378.) 

Holst,  P.,  Om  immunitetslaerens  nuvaerende  Standpunkt.  (Ugeskr.  f.  laeger,  Kjoben- 
havn  1893.  p.  422,  446.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Malariakrankheiten. 

Dock,  G.,  I’crnicious  malarial  fever.  (Amer.  Journ.  of  the  med.  scienc.  1894.  April, 
p.  379-398.) 

Typho-Malarialfieber. 

Sim,  F.  L.,  Is  typbo-malarial  fever  a diseaso  per  se?  (Memphis  med.  monthly.  1894. 
p.  49 — 55.) 


Neue  Litteratur. 


1025 


Exanthematische  Krankheiten. 

(Pocken  [Impfung],  Flecktyphus,  Masern,  Rötheln,  Scharlach,  Friesei,  Windpocken.) 


Bondesen,  J , Erfaringer  om  den  animale  vakcination.  (Ugeskr.  f.  laeger.  1893  p 213 
237,  261,  288  ) ’ 

Davies , S.  H.  , Epidemie  measles  at  Samoa.  (Brit.  med.  Journ.  1894.  No.  1742. 

Dnncan.  E , Four  hundred  and  filtcen  cases  of  small-pox  treated  in  Belvidere  fever 
hospital , Glasgow,  between  August  6‘h  1892  and  June  1 7»h  (893  (Sanit  Journ 
1893/94.  p.  295.)  v 


Gundobin , N , Zur  Frage  der  Schutzpockenimpfung.  (Jahrb.  f.  Kinderheilk  1894 
Bd.  XXXVII.  No  3/4.  p.  345 — 347  ) 

Hoel,  H,  Le  typhus  k Reims.  (Union  med.  du  nord-est.  1893.  p.  229,  386.) 

Sevestre,  Une  epideinie  de  rubeole.  (Bullet,  et  memoir.  de  la  soc  med.  d.  hopit  de 
Paris.  1893.  p.  667—672.) 


Violi,  J.  B.,  Sulla  profilassi  del  vajuolo  colla  vaccinazione.  (Arch.  ital.  di  pediatr  1893 
p.  175  — 177.)  V 

Walford.  E , Notes  on  an  outbreak  of  typhus  fever  in  Cardiff.  (Public  liealth  1893/94 
p.  72—77.)  V 7 ‘ 


Cholera,  Typhus,  Ruhr,  Gelbfieber,  Pest. 

Baiser,  Ueber  das  Vorkommen  von  Typhus  abdominalis  im  Kreise  Alsfeld  in  den 
Jahren  1892  und  1893.  (Korrspdzbl.  d ärztl  Vereine  d.  Großhrzgth  Ilessen  1894 
No.  2.  p.  21—25.) 

Bronardel,  P , L’etiologie  de  la  fievre  typhoide  au  Havre.  (Bullet,  de  l’acad  de  med 
1894.  No.  16.  p.  376—411.) 

Chaltin  et  Eenrotay,  Lesions  rencontrees  sous  le  microscope  dans  des  cas  de  dysenterie 
epidemique.  (Annal.  de  la  soc.  de  med.  d’Anvers.  1893.  p.  211.) 

Chantemesse  et  Widal,  Des  suppuratinns  froides,  consdcutives  k la  fievre  typhoide ; 
spdcificite  clinique  et  bacteriologiqne  de  fosteomyelite  typhique.  (Bullet  et  memoir. 
de  la  soc  med.  d.  hopit  de  Paris.  1893.  p.  779 — 792.) 

Felix,  Despre  epidemia  de  Cholera  din  acest  an.  (Spitalul,  Bukarest  1893  p 479 
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Galanin,  M.  J. , Beulenpest;  ihre  historisch  - geographische  Verbreitung;  Aetiologie, 
Symptomatologie  und  Prophylaxe.  (Westnik  obsh.  hig.  sudeb  i prakt  med.  1892. 
Bd.  XV.  Teil  3.  p.  212;  Bd.  XVI.  Teil  1.  p.  11.)  [Russisch.] 

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1893  p.  384—398.) 

Mordtmann,  Die  Cholera  in  der  Türkei  und  Konstantinopel  im  Jahre  1893.  (Hygien. 
Rundschau.  1894.  No.  7,  8.  p.  289  — 294,  342-353.) 

Petrescu,  Z.,  Epidemia  de  febra  tifoidä  ce  a bäntuit  garnizona  Bucuresci  de  la  5 Junie 
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Koche,  L.,  Une  epideinie  de  fifevre  typhoide.  (Bullet,  de  la  soc.  m6d.  de  l'Yonne  1892, 
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Seibert,  A.,  Disinfection  during  cholera  in  Berlin  and  Hamburg.  (Transact.  of  the 
New  York  acad.  of  med.  [1892]  1893.  p.  314 — 328  ) 

Streett,  D , Amoebic  coli;  or  the  report  of  a case  of  amoebic  dysentery.  (Maryland 
med.  Journ.  1893/94.  p.  92 — 99.) 

Zambaco,  La  valeur  du  bacille  de  Koch  d’aprfes  les  travaux  recents  des  plus  eminents 
cliniciens  et  des  plus  grands  bacteriologues.  Le  bacille  virgule  n'est  pas  l’adequate 
du  cholera.  (Gaz.  med.  d’Orient.  1894.  No.  3,  4.  p.  33 — 48,  49 — 63.) 

W undinfektionskrankheiten. 

(Eiterung,  Phlegmone,  Erysipel,  akutes  purulentes  Oedem,  Pyämie,  Septikämie, 
Tetanus,  Hospitalbrand,  Puerperalkrankheiten,  Wundfäulnis.) 

Salomoni,  A.,  Sepsi,  setticemia,  pioemie.  (Riforma  med  1893.  pt.  3.  p.  373,  385.) 

Thring,  E.  T.,  Notes  on  puerperal  septicaemia.  (Australas.  med.  Gaz.  1893.  p.  365 
—370.) 


1026 


Neue  Litteratur. 


Infektionsgeschwülste. 

(Lepra,  Tuberkulose  [Lupus,  Skropbulose],  Syphilis  [und  die  aDdereu  venerischen 

Krankheiten].) 

BAnti,  G.,  Sui  parassiti  del  carcinoma.  (Riforma  med.  1893.  pt.  3.  p.  361 — 364.) 
Ehlers , E. , Den  spedalske  sygdom  paa  Island.  (Hosp.-Tidende.  Kjebenhavn  1893. 
p.  985,  1015.) 

Etienne,  G.,  Hereditd  syphilitique  h la  deuxifeme  g^neratiou.  (Annal.  de  dermatol.  et 
de  syphiligr.  1894.  No.  3.  p.  302 — 305.) 

Fabre-Domergue,  Discussion  de  l’origine  coccidienne  du  cancer.  (Annal.  de  inicrogr. 
1894.  No.  2,  3.  p.  39—67,  97—101.) 

Guidone,  P.,  La  simbiosi  del  processo  sifilitico  e tubercolare.  (Riforma  med.  1893. 
pt.  4.  p.  50 — 56.) 

Krynski,  L,  Etyologia  raka  w s'wietle  bad&n  nojnowszycb.  (Przeglad  lek.  1893.  p.  181, 
192,  204,  218,  232.) 

ScheiniB,  L.  J.,  Bakteriologie  des  weichen  Schankers.  (Wratsch.  1893.  p.  1327 — 1330.) 
[Russisch.] 

Vickery,  H.  F.,  The  prevention  of  tuberculosis.  (Bostou  med.  and  surg.  Journ.  1894. 
p.  5.) 

Diphtherie  und  Krupp,  Keuchhusten,  Grippe,  Pneumonie,  epidemische  Genickstarre, 
Mumps,  Rückfallsfieber,  Osteomyelitis. 

Bruschettini,  A.,  Alcune  questioni  intorno  al  bacillo  dell’  influenza.  (Riforma  med. 
1893.  pt  3.  p.  421—425.) 

Cochran,  J.,  An  experiment  in  disinfection ; how  an  epidemic  of  pneumonia  was  checked. 

(Alabama  med.  and  surg.  age.  1892/93.  p.  629 — 635.) 

Jdsefowicz,  J.,  Obustronne  obrzmienie  jader  i przyjadrzy  w przebiega  influenzy.  (Gaz. 
lekarska.  1893.  p.  1318  ) 

Simon,  R.  M.,  Pneumonia  (Birmingh.  med.  Rev.  1894.  p.  1 — 13.) 

Pellagra,  Beri-beri. 

Kirchberg,  E.,  Trois  cas  de  beriberi  observös  k la  salle  9 de  l’Hotel-Dieu  (Gaz.  m£d. 
de  Nantes.  1893/94  p.  10 — 16.) 

B.  Infektiöse  Lokalkrankheiten. 

Atmungsorgane. 

Araoz  Alfaro,  G.  , Pleuresias  pneumocdccicas  primitivas.  (An.  d.  Cfrc.  m£d.  argent., 
Buenos  Aires.  1893.  p.  541  — 550.) 

Augen  und  Ohren. 

Berry,  G.  A.,  Conjunctivitis  set  up  by  flies.  (Trausact.  of  the  ophthalmol.  soc.  of  the 
Unit.  Kingdom,  London  1892/93.  p.  218.) 

Graddy,  L B , Cause  and  prevention  of  ophthalmia  neonatorum  (South,  practit , Nash- 
ville  1893.  p.  489—493.) 


0.  Entozootischc  Krankheiten. 

(Finnen,  Bandwürmer,  Trichinen,  Echinokokken,  Filaria,  Oestruslarve,  Ascaris, 
Ancbylostomum,  Trichocephalus,  Oxyuris.) 

Laveran,  A.,  Sur  un  cas  de  filariose.  (Bullet,  et  m^moir.  de  la  soc.  m£d.  d.  höpit.  de 
Paris.  1893.  p.  738—746.) 

Fositano>Spada,  D.,  Contributo  allo  Studio  del  Dochmius  trigonocephalus-Duj.  (Spallanzani. 
1893.  p.  58  — 62.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Menschen  und  Tieren. 

Milzbrand. 

Le  Roy  des  Barres,  Note  sur  cinq  cas  de  pustule  maligne.  (Rev.  d’hygikne.  1894. 
No.  4 p.  344—354.) 


Neue  Litteratur. 


1027 


Tollwut. 

Bybicki,  S.,  O zapobiegawczem  leczeniu  wscieklizny  u czlowieka  z krytycznym  pogladem 
na  metode  Pasteur’a.  (Pam.  towarz.  lek.,  Warschau  1893.  p.  395,  815.) 

Krankheitserregend«  Bakterien  und  Parasiten  bei  Thieren 
Säugethiere. 

A.  Infektiöse  Allgemeinkrankheiten. 

Kapport  general  sur  la  police  sanitaire  des  auimaux  domestiques  pendant  l'annee  1892 
(Bullet,  de  l’agriculture.  1893.  T.  IX.  p.  137 147.) 

Stand  der  Tierseuchen  in  Norwegen  im  1.  Vierteljahr  1894.  (Veröffentl.  d.  kaiserl. 
Gesundheits-A.  1894.  No.  17.  p.  271.) 

Krankheiten  der  Wiederkäuer. 

(Rinderpest,  Lungenseuche,  Texasseuche,  Genickstarre,  Ruhr  und  Diphtherie  der 
Kälber,  Rauschbrand,  entozootisches  Verkalben.) 

Rinderpest,  die,  und  die  sibirische  Pest  in  Rußland  im  2.  Halbjahr  1893.  (Veröffentl. 
d.  kaiserl.  Gesundheits-A.  1894.  No.  16.  p.  255.) 

Krankheiten  der  Einhufer. 

(Typhus,  Influenza,  Beschälkrankheit,  Septikämie,  Druse.) 

Theiler,  A.,  Ueber  südafrikanische  Zoonosen.  Die  Pferdeseucheu.  (Schweizer  Arch.  f. 
Tierheilk.  1894.  Bd.  XXXV.  No.  4.  p.  145 — 162.) 

Krankheitserregende  Bakterien  und  Parasiten  bei  Pflanzen. 

Bonnier , G. , Recherches  physiologiques  sur  les  plantes  vertes  parasites.  (Bullet 
scientif.  de  la  France  et  de  la  Belgique.  1893.  p.  77 — 92.) 

Mangin,  L.,  Sur  le  parasitisme  d’une  espfece  de  Botrytis.  (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII 
No.  16.  p.  882—884.) 

Vuillemin,  P , Sur  des  tumeurs  ligneuses  produites  par  une  ustilagin^e  chez  les  Euca- 
lyptus. (Compt.  rend.  1894.  T.  CXVIII.  No.  17.  p.  933 — 935.) 


Schutzimpfungen,  künstliche  Infektionskrankheiten,  Entwicke- 
lungshemmung und  Vernichtung  der  Bakterien  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Arbeiten  über  das  Koch’sche 
Heilverfahren  gegen  Tuberkulose. 

Behring  u.  Boer,  0.,  Ueber  die  quantitative  Bestimmung  von  Diphtherieantitoxin- 
Lösungen  (Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  21.  p.  453 — 455.) 

Courmont,  J.  et  Doyon,  De  la  production  du  tetanos  chez  la  poule  et  de  la  creatiou 
artificielle  de  l’immunite  chez  cet  animal.  (Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  1893. 
p.  841—844.) 

Enriquez  et  Hallion,  Ulcfere  gastrique  experimental  par  toxine  diphteritique.  (Compt. 
rend.  de  la  soc.  de  biol.  1893.  p.  1025 — 1028.) 

Jacobi . W.  , Beitrag  zur  Pasteur’schen  Schutzimpfung  gegen  Rotlauf  der  Schweine. 
(Berl.  tierärztl.  Wchschr.  1894.  No.  20.  p.  234.) 

Keirle,  N.  G.,  The  bacillus  of  rabbit  septicaemia  obtained  from  the  medulla  oblongata 
of  a supposed  rabid  dog;  the  bacillus  coli  communis,  causing  human  septicaemia,  in 
pistol-shot  wound  of  the  liver.  (Maryland  med.  Journ.  1893/94.  p.  67  — 71.) 

Klemperer,  G.,  Zur  Kenntnis  der  natürlichen  Immunität  gegen  asiatische  Cholera 
(Dtsche  med.  Wchschr.  1894.  No.  20.  p.  435 — 437  ) 

Roncali.  D B , Contributo  allo  Studio  dell’  infezione  tetanica  sperimentale  negli  animali. 
(Riforma  med.  1893.  pt.  3.  p.  169 — 176.) 

Tedeschi,  A.,  Sulla  trasmissibilitä  della  lebbra  agli  animali.  (Comment.  clin.  d.  mal. 
cutan.  e genito-urin.,  Siena  1893.  p.  111 — 118.) 

Voges,  0.,  Ueber  die  intraperitoneale  Cholerainfektion  der  Meerschweinchen.  (Ztschr. 
f.  Hygiene.  1894  Bd.  XVII.  No.  1.  p.  195 — 208.) 


1028 


Inhalt. 


Inhalt. 


Originalmitteilungen . 

Carasso.  G M..  Neue  Methode  der  Behand- 
lung der  Lungentuberkulose.  (Orig.), 
p.  990. 

Kuprianow,  J.,  Ueber  die  desinfizierende 
Wirkung  des  Guajakols.  (Orig.)  [Schluß], 
p.  981. 

Referate. 

Griffiths.  A.-B.  et  Ladell,  R.  S , Sur  une 
ptoma'ine  extraite  de  l’urine  daus  la 
grippe,  p.  999. 

Schutzimpfung , künstliche  Infektions- 
krankheiten. Entwickelungshemmung 
und  Vernichtung  der  Bakterien 
und  Parasiten 

Bazy,  De  l’absorption  par  les  voies  uri- 
naires.  p.  1017. 

Bonaduce.  Salvatore,  Betrachtungen  über 
und  Versuche  mit  einer  neuen  Behand- 
lung der  Syphilis,  p.  1013. 

Colasanti , G , L’azione  battericida  dell’ 
euforina,  p 1023. 

Christmas,  Sur  la  valeur  antiseptique  de 
l’ozone.  p.  1016 

Denys,  J et  Havet,  J.,  Sur  la  part  des 
leucocyles  dans  le  pouvoir  bactericide 
du  sang  de  chien,  p.  1005. 

Emmerich,  R.,  Ueber  die  Infektion,  Im- 
munisierung und  Heilung  bei  krupöser 
Pneumonie,  p.  1012. 

Finkelnburg,  Der  Entwickelungsgang  und 
der  heutige  Stand  der  internationalen 
Gesundheitspflege,  p.  1002 

Gärtner,  A.,  Verhütung  der  Uebertragung 
und  Verbreitung  ansteckender  Krank- 
heiten, p.  1000. 

Gruber,  Gutachten  des  k.  k.  obersten  Sa- 
nitätsrates über  neuere  Desinfektions- 
mittel, p.  1021. 

Gundolin,  Zur  Frage  der  Schutzpocken- 
impfung, p.  1015. 

Havet,  J. , Du  rapport  entre  le  pouvoir 
bactericide  du  sang  de  chien  et  sa 
richesse  en  leucocytes,  p.  1006. 


Hildebrandt,  H.  , Ueber  Immunisierungs- 
versuche mittels  pharmakologischer  Agen- 
tien,  p.  1006. 

Hobrecht,  J.,  Sanitäre  Untersuchungen  in 
Aegypten,  p.  1003. 

Issaeff  und  Ivanoff,  Untersuchungen  über 
die  Immunisierung  der  Meerschweinchen 
gegen  den  Vibrio  Ivanoff,  p.  1010. 

Klebs , Zur  Beurteilung  therapeutischer 
Maßnahmen.  Ein  Beitrag  zur  Anti- 
diphtherinbehandlung,  p.  1001. 

Klein , C.  , Ueber  das  System  Hermite, 

p.  1018 

Kossei,  H.,  Ueber  die  Einwirkung  der 
Nucleinsäure  auf  Bakterien,  p.  1018. 

Lenti , P. , Dell’  influenza  dell’  alcoole, 
della  glicerina  e dell’  olio  d’oliva  sull 
azione  dei  disinfettanti,  p.  1023. 

Lewaschow,  Die  bakteriologischen  Behand- 
lungsmethoden der  Infektionskrankheiten 
beim  Menschen  im  allgemeinen  und  die 
Serumbehandlung  des  Flecktyphus  im 
besonderen,  p.  1003. 

Mefsner,  Experimentelle  Studien  über  die 
Wundbehandlung  bei  infizierten  Wunden, 
p.  1004. 

Pawlowsky , Ueber  die  Behandlung  des 
Rhinoskleroms  mit  Rhinosklerin,  p.  1015. 

Pawlowsky  et  Maksutoflf,  Sur  la  phago- 
cytose  dans  l’Actinomycose,  p.  1007. 

Salvioli.  J.,  Ueber  die  physiologische  Wir- 
kung der  löslichen  Produkte  einiger 
Bakterien  und  besonders  der  pyogenen 
Staphylokokken,  p.  1007. 

Schickhardt.  Hermann.  Ueber  die  Ein- 
wirkung des  Sonnenlichtes  auf  den 
menschlichen  Organismus  und  auf  Mikro- 
organismen und  die  hygienische  Bedeu- 
tung desselben,  p.  1020. 

Stern,  R , Ueber  die  Wirkung  des  mensch- 
lichen Blutserums  auf  die  experimentelle 
Typhusinfektion,  p 1008. 

Ward,  Marshall,  Further  experiments  on 
tbe  action  of  light  ou  „Bacillus  anthra- 
cis“,  p 1019. 

Neue  Litteratnr,  p.  1024. 


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Leiden,  sowie  bei  entzündlichen  und  rheu- 
matischen Affectionen  aller  Art,  theils  in  Folge  seiner  durch  ex- 
perimentelle und  klinische  Beobachtungen  erwiesenen  reducirciiden, 
sedativen  und  antiparasitären  Eigenschaften,  andemtheils  durch  seine 
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herausgegeben  von 

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Jährlich  erscheinen  zwei  Bände. 

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Die  Redaktion  des  „Centralblatts  für  Bakteriologie  und  Parasiten- 
kunde“ richtet  an  die  Herren  Mitarbeiter  die  ergebene  Bitte,  etwaige 
Wünsche  um  Lieferung  von  besonderen  Abdrücken  ihrer  Auf- 
sätze entweder  bei  der  Einsendung  der  Abhandlungen  an  die 
Redaktion  auf  das  Manuskript  schreiben  zu  wollen  oder  spä- 
testens nach  Empfang  der  ersten  Korrekturabziige  direkt  an 
den  Verleger , Herrn  Gustav  Fischer  in  Jena , gelangen  zu 
lassen.  Die  Verlagshandlung  ist  leider  nicht  in  der  Lage , später 
eingehende  Wünsche  berücksichtigen  zu  können. 


Systematisches  Inhaltsverzeichniss. 


L Original-Mittheilungen. 


Abel,  Ueber  das  Vorkommen  feiner  Spi- 
rillen in  Dejektionen.  213 

Aleisi,  Ueber  Fäulnisgase  als  prädisponie- 
rende Ursache  der  Tetanusinfektion.  228 
Ar  ent,  Eine  Methode  zur  Plattenkultur  der 
Anaeroben.  15 

Askanaxy,  Zur  Lehre  von  der  Trichino- 
sis.  225 

Aufrecht , Ueber  den  Befund  feiner  Spi- 
rillen in  den  Dejektionen  einer  unter 
Cholerasymptomen  gestorbenen  Frau.  405 
Bentheim,  Ueber  Invasion  von  Hautkokken 
bei  Ekzem.  141 


Beyerinck,  Notiz  über  den  Nachweis  von  Pro- 
tozoen und  Spirillen  in  Trinkwasser.  10 
— , Ueber  die  Natur  der  Fäden  der  Papi- 
jionaceenknöllchen.  728 

— .,  Ueber  Thermotaxis  bei  Bacterium 
Zopfii.  799 

Bochicchio,  Ueber  einen  Milchzucker  ver- 
gährenden  und  Käseblähungen  hervor- 
rufeuden  neuen  Hefepilz.  546 

Braun,  Helminthologische  Notizen.  409.  680 
— , Ueber  ein  für  den  Menschen  neues 
Distomum  der  Leber.  602 

Carasso,  Neue  Methode  der  Behandlung  der 
Lungentuberkulose.  990 


XV.  Bd. 


65 


1030 


Register. 


Celli  u.  Fiocca , Beiträge  zur  Amöben- 
forschung. 470 

— u.  Santori , Ueber  eine  transitorische 

Varietät  vom  Choleravibrio.  789 

Cholodkowsky,  Ueber  eine  neue  Species  von 
Taenia.  552 

bmochowsky  u.  Janoicsky , Beitrag  zur 
Lehre  von  den  pyogenen  Eigenschaften 
des  Typhusbacillus.  216 

— Beitrag  zur  Lehre  über  die  pathogenen 
Eigenschaften  des  Friedländer’schen 
Pneumococcus.  581 

Escherich , Notiz  zu  dem  Vorkommen 
feiner  Spirillen  in  diarrhöischen  Dejek- 
tionen.  408 

Fermi  u.  Mcmtesano , Ueber  die  Dekom- 
position des  Amygdalins  durch  Mikro- 
organismen. 722 

— u.  Pemossi,  Ueber  die  Enzyme.  229 

— — , Ueber  das  Tetanusgift.  303 

Frankland , Die  Bakteriologie  in  eini- 
gen ihrer  Beziehungen  zur  chemischen 
Wissenschaft.  101 

v.  Freudenreich , Ueber  eine  Verbesserung 
des  Plattenverfahrens.  643 

Gärtner,  Ein  neuer  gasbildender  Bacillus.  1 
Gottstein,  Eine  historische  Bemerkung  zu 
dem  Aufsatze  von  Fermi  und  Monte- 
sano  ,, Ueber  die  Dekomposition  des  Amyg- 
dalins durch  Mikroorganismen“.  896 
Gruber,  Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin 
Kirchner  in  Sachen  der  Prüfung  von 
Wasserfiltern.  165 

de  Haan  u.  Huysse,  Die  Koagulation  der 
Milch  durch  Cbolerabakterien.  268 

Ilkewitsch,  Eine  neue  Methode  zur  Ent- 
deckung von  Tuberkelbacillen  iin  Spu- 
tum Schwindsüchtiger.  162 

— , Ueber  die  Kerne  der  Milzbrand- 
sporen. 261 

Kahane,  Ueber  das  Vorkommen  lebender 
Parasiten  im  Blute  und  in  Geschwulst- 
zellen bei  Carcinomatösen.  413 

— , Weitere  Mitteilungen  über  das  Vor- 
kommen lebender  Parasiten  im  Blute 
und  in  den  Geschwulstzellen  bei  Car- 
cinomatösen. 629 

Eerez,  Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks  auf 
den  Tuberkelbacillus.  37 

Klein,  Ueber  den  von  Gärtner  beschriebe- 
nen neuen  gasbildenden  Bacillus.  276 
— , Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
intracellulären  Bakteriengifte.  598 

v.  Klecki , Ueber  einige  aus  ranzi- 
ger Butter  kultivierte  Mikroorganis- 
men. 354 

Krückmann,  Eine  Methode  zur  Herstellung 
bakteriologischer  Museen  und  Konser- 
vierung von  Bakterien.  851 

Kruse,  Eine  allgemein  anwendbare  Ver- 
besserung des  Plattenverfahrens.  419 


Kuprianow,  Zur  Methodik  der  keimfreien 
Gewinnung  des  Blutserums.  458 

— , Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des 
Guajakols.  933.  981 

Kurloff,  Zur  Lehre  von  den  Carciuom- 
parasiten.  341 

Kutscher,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
den  Choleravibriouen  ähnlichen  Wasser- 
bakterien. 44 

Laser,  Ueber  die  praktische  Verwertbarkeit 
des  Bacillus  der  Mäuseseuche-Laser.  33 
Lehmann,  Ueber  die  Sauerteiggärung  und 
die  Beziehungen  des  Bacillus  levans 
zum  Bacillus  coli  communis.  350 

v.  Linstow,  Heterakis  Sonsiuoi.  733 

Lönnberg,  Ueber  eine  neue  Tetrabothrium- 
species  und  die  Verwandtschal tsverhält- 
nisse  der  Ichthyotänien.  801 

Lorenz , Schutzimpfungsversuche  gegen 
Schweinerotlauf  mit  Anwendung  eines 
aus  Blutserum  immunisierter  Tiere  her- 
gestellten Impfpräparates.  278 

Lunkewicz,  Beitrag  zur  bakteriologischen 
Technik.  42 

— , Beitrag  zur  Biologie  des  Bacillus  typhi 
murium  (Loeffler)  und  seine  Virulenz 
gegen  die  Feld-  und  Hausmäuse.  845 
Lustig  u.  De  Giaxa,  Ueber  das  Vorkommen 
von  feinen  Spirillen  in  den  Ausleerungen 
von  Cholerakranken.  721 

Marchand,  Ueber  das  Vorkommen  von 
Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes, 
nebst  Bemerkungen  über  Trichomonas 
vaginalis.  709 

Marek,  Kleine  Mitteilungen  zur  bakterio- 
logischen Technik.  112 

Marpmann,  Mitteilungen  aus  Marpmann’s 
hygien.  Laboratorium.  634 

Miller,  Einige  kurze  Notizen  in  Bezug  auf 
bakteriologische  Untersucbungsmethoden. 

894 

Mühlmann,  Zur  Mischinfektionsfrage.  885 
Müller,  Der  jetzige  Stand  der  Eiterungs- 
frage von  bakteriologischem  Standpunkte 
aus.  735.  804 

Nicolaier,  Bemerkung  zu  der  Arbeit  von 
Prof.  F.  G.  Novy  „Die  Kultur  anaerober 
Bakterien“.  227 

Oker-Blom,  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Ein- 
dringens des  Bacterium  coli  commuue 
in  die  Darmwand  in  pathologischen  Zu- 
ständen. 588 

Perroncito , Ueber  die  Entwickelung  der 
Taenia  mediocanellata  800 

Rechtsamer,  Ueber  die  feinen  Spirillen  in 
Dejektionen  Cholerakranker.  795 

Reichenbach,  Ueber  eineu  neuen  Brütofen 
für  beliebiges  Heizmaterial.  847 

Remesoff  u .Fedoroff,  Zwei  Fälle  von  Tetanus 
traumaticus  behandelt  und  der  eine  von 
ihnen  geheilt  durch  das  Blutserum  immun 
gemachter  Tiere  (Hunde).  115 


Register. 


1031 


Sabolotny , Infektions-  und  Immunisierungs- 
versuehe  am  Ziesel  (Spermophilus  gutta- 
tus)  gegen  den  Cholera vibrio.  150 

Sacharoff,  Ueber  den  Einfluß  der  Kalte 
auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malaria- 
parasiten. 158 

Schewiakoff ',  Ein  abnorm  gebauter  weib- 
licher Genitalapparat  von  Ascaris  lum- 
bricoides  L.  473 

Schnitzler , Ueber  den  Befund  virulenter 
Staphylokokken  in  einem  seit  35  Jahren 
geschlossenen  osteomyelitischen  Herde. 

270 

Steinmetz , Kurze  Mitteilungen  über  einige 
Versuche  zur  Frage  der  fäulniswidrigen 
Eigenschaften  der  Kohlensäure.  677 
Stiles,  Bemerkungen  über  Parasiten.  — 
Ueber  die  Erhaltung  von  Typen.  477 
Tictin,  Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der 
Milz  bei  Febris  recurrens.  840 

Timpe,  Erklärung  zur  Frage  der  Gelatine- 
bereitung. 364 

— , Zur  Frage  der  Gelatinebereitung.  644 
Ußelmann,  Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen 
Trocknung  und  über  die  Möglichkeit 
ihrer  Verschleppung  durch  die  Luft. 

133 


Voges,  Ueber  die  Verwendung  des  Uschins- 
ky’schen  Nährbodens  zur  Choleradia- 
gnose. 453 

Waldvogel,  Ueber  das  Wachstum  des  Strepto- 
coccus longus  in  Bouillon.  837 

Walliczek,  Die  baktericiden  Eigenschaften 
der  Gerbsäure  (Tannin  der  Apotheken.) 

891 

— , Zur  Technik  bei  Desinfektionsversuchen. 

947 

— , Die  Resistenz  des  Bacterium  coli  com- 
mune gegen  Eintrocknung.  949 

Ward , Ueber  das  Vorkommen  von 
Distoma  Westermanni  in  den  Vereinigten 
Staaten.  362 

Wehmer,  Ueber  die  Beziehungen  der  Bak- 
teriologie zur  allgemeinen  Mykologie 
und  Physiologie.  533 

Weigmann  u.  Zim,  Ueber  das  Verhalten 
der  Cholerabakterien  in  Milch  und  Mol- 
kereiprodukten. 286 

— , Ueber  „seifige“  Milch.  463 

Woljfhügel , Zur  Frage  der  Gelatineberei- 
tung. 167.  421 

Zctlnow,  Reinigung  verschmutzter  Objekt- 
träger und  Deckgläser.  555 

— , Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober 
Bacillen.  638 


II.  Zusammenfassende  Uebersichten. 

Müller,  Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage  von  bakteriologischem  Standpunkte  aus. 
( Orig .)  735.  804 


III.  Original-Referate  aus  bakteriologischen  Instituten  etc. 


Alessi,  Ueber  Fäulnisgase  als  prädispo- 
nierende Ursache  zur  Typhusinfektion. 

228 

Baumgarten,  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der 
pathologischen  Anatomie  und  Bakterio- 
logie aus  dem  pathologisch-anatomischen 
Institute  zu  Tübingen.  367 

Fermi  u.  Pemossi,  Ueber  die  Enzyme. 
Vergleichende  Studien.  229 


Fermi  u.  Pemossi,  Ueber  das  Tetanusgift. 

303 

Fischer,  Die  Bakterien  des  Meeres  nach 
den  Untersuchungen  der  Planktonexpe- 
dition unter  gleichzeitiger  Berücksichti- 
gung einiger  älterer  und  neuerer  Unter- 
suchungen. 657 

Kutscher,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
den  Choleravibrionen  ähnlichen  Wasser- 
bakterien. 44 


IV.  Pflanzliche  Mikroorganismen. 


Allgemeines  über  Bakterien  und 
andere  pflanzliche  Mikro- 
organismen. 

Frankland,  Die  Bakteriologie  in  einigen 
ihrer  Beziehungen  zur  chemischen 
Wissenschaft.  101 

Kirchner,  Grundriß  der  Militärgesundheits- 
pflege. Lief.  2 — 8.  17 


Rappin,  Sur  les  microorganismes  des  voies 
digestives.  429 

Russell,  Bacteria  in  their  relation  to  vege- 
table  tissue.  169 

Schrank,  Anleitung  zur  Ausführung  bak- 
teriologischer Untersuchungen.  197 

Sclav o,  Di  un  rapido  processo  per  le  colo- 
razione  delle  ciglie  di  alcuni  microorga- 
nismi.  507 


65 


1032 


Register. 


Wehmer,  Ueber  die  Beziehungen  der  Bak- 
teriologie zur  allgemeinen  Mykologie  und 
Physiologie.  (Orig.)  633 

Zinru> , Contributo  allo  Studio  dei  processi 
biochimici  dei  batteri  con  speciale  rigu- 
ardo  alla  diagnosi  differenziale  fra  varii 
microorganismi  simiglianti.  428 

Schriften  zur  Systematik  und 
Biologie  der  Bakterien  und  anderer 
pflanzlicher  Mikroorganismen. 

Abel,  Ueber  das  Vorkommen  feiner  Spi- 
rillen in  Dejektionen.  (Orig.)  213 

Agro,  Dei  rapporti  patogeni  fra  il  Bacillo 
dei  Tifo  e il  Bacterium  coli  commune. 

745 

Almquist,  Zur  Biologie  der  Typhusbakterie 
und  der  Escherich’schen  Bakterie.  63 
Arloing  und  Chantre , Ueber  chirurgische 
Eiterinfektion  und  über  die  morphologi- 
schen und  pathologischen  Veränderungen 
ihres  Erregers.  901 

Aufrecht,  Ueber  den  Befund  feiner  Spirillen 
in  den  Dejektionen  einer  unter  Cholera- 
symptomen gestorbenen  Frau.  (Orig.) 

405 

Babe t , Ueber  einen  die  Gingivitis  und 
Hämorrbagieen  verursachenden  Bacillus 
bei  Skorbut.  72 

Beck,  Der  Bacillus  der  Brustseuche  beim 
Kaninchen.  246 

Bernabeo,  L’autodifesa  dell’  organismo 
contro  i germi  infettivi  in  rapporto  colle 
suppurazioni.  614 

Bernheim , Ueber  Invasion  von  Hautkokken 
bei  Ekzem.  141 

Beyerinck,  Notiz  über  den  Nachweis  von 
Protozoen  und  Spirillen  in  Trinkwasser. 
(Orig.)  10 

— , Ueber  die  Butylalkoholgärung  und 
das  Butylferment.  171 

— , Ueber  die  Natur  der  Fäden  der  Papi- 
lionaceenknöllchen.  (Orig.)  728 

— , Ueber  Tbermotaxis  bei  Bacterium  Zopfii. 

(Orig.)  799 

Biro,  Untersuchungen  über  den  Favuspilz. 

69 

Blachstein,  Contribution  ä l’6tude  micro- 
bique  de  l’eau.  235 

— , Ueber  die  Virulenz  des  Kommabacillus 
in  ihrer  Beziehung  zum  Nährboden.  915 
Bochicchio,  Ueber  einen  Milchzucker  ver- 
gärenden und  Käseblähungen  hervorrufen- 
den neuen  Hefepilz.  (Orig.)  546 

Bonhoff,  Ueber  zwei  neue  in  Wasser  ge- 
fundene Kommabacillenarten.  562 

Bordoni-  Uffreduzzi,  Ein  Fall  von  fuchsin- 
ähnlicher Bakterienfärbung  des  Fleisches. 

666 

— und  Abba,  Ueber  eine  aus  dem  Men- 
schen isolierte  Varietät  des  Cholera- 


bacillus und  über  die  bakteriologische 
Diagnose  der  Cholera.  863 

Bouchard  und  Charrin,  Ueber  die  Gründe 
der  Unschädlichkeit  einiger  Parasiten. 

652 

Boyce  and  Evans,  Upon  the  action  of  gra- 
vity  on  Bacterium  Zopfii.  568 

Brick , Ueber  Nectria  cinnabarina  (Tode) 
Fr.  774 

Bruce,  On  the  etiology  of  Malta  fever. 

382 

Büchner,  Ueber  den  Einfluß  des  Lichtes 
auf  Bakterien  und  über  die  Selbstreini- 
gung der  Flüsse.  515 

ßurri,  Ueber  einige  zum  Zwecke  der  Art- 
charakterisierung anzuwendende  bakterio- 
logische Untersuchungsmethoden  nebst 
Beschreibung  von  zwei  neuen,  aus  Rhein- 
wasser isolierten  Bakterien.  88 

Cacace,  Dell’  azione  dei  prodotti  di  ricam- 
bio  dei  bacterium  coli  commune  sullo 
sviluppo  dei  bacillo  dei  colera  e di 
quello  dei  bacillo  dei  colera  sullo  svi- 
luppo dei  bacterium  coli.  242 

Cavara,  Ueber  einige  parasitische  Pilze  auf 
dem  Getreide.  329 

Celli  und  Santori,  Ueber  eine  transitorische 
Varietät  vom  Choleravibrio.  (Orig.)  789 
Cesaris-Demd  und  Orlandi,  Sulla  equiva- 
lenza  biologica  dei  prodotti  dei  ,,B  coli“ 
e dei  „B.  tiphi“.  62 

Charrin,  Einfluß  der  Atmosphärilien  auf 
die  Mikroorganismen.  859 

— et  Teissier,  Modification  de  la  pression 
arterielle  sous  l’influence  des  toxines 
pyocyaniques.  608 

Cohn,  Ueber  thermogene  Bakterien.  424 
Dietel,  Descriptions  of  new  species  of  Ure- 
dineae  and  Ustilagiueae,  witb  remarks 
on  some  otber  species.  88 

Dixon , Involution  form  of  the  Tubercle 
Bacillus  and  the  effect  of  subcutaneous 
injections  of  organic  substances  on  in- 
flammations.  492 

Dmochowski,  Beitrag  zur  Lehre  über  die 
pathogenen  Eigenschaften  des  Fried- 
länder’schen  Pneumococcus.  581 

Dömberger,  Ueber  das  Vorkommen  der 
Streptokokken  in  der  normalen  und 
kranken  Mundhöhle  des  Kindes.  764 
Donath,  Ueber  fiebererregende  Bakterien- 
produkte. 898 

Dreyfufs,  Ueber  das  Vorkommen  von  Cellu- 
lose in  Bacillen,  Schimmel-  und  anderen 
Pilzen.  909 

Emst,  The  Bacillus  pyocyaneus  pericarditis. 

608 

Escherich,  Notiz  zu  dem  Vorkommen  feiner 
Spirillen  in  diarrhöischen  Dejektionen. 
(Orig.)  408 

v.  Esmarch , Ueber  Sonnendesinfektion 

510 


Register. 


1033 


Fermi  u.  Pernossi , Ueber  die  Enzyme. 
Vergleichende  Studien.  (Orig.)  229 

— — , üeber  das  Tetanusgiftt.  (Orig  ) 303 

— u.  Montesano , Ueber  die  Dekomposition 

des  Amygdalins  durch  Mikroorganismen. 
(Orig.)  722 

Fischer,  Die  Bakterien  des  Meeres  nach 
den  Untersuchungen  der  Planktouexpe- 
dition  unter  gleichzeitiger  Berücksichti- 
gung einiger  älterer  und  neuerer  Unter- 
suchungen. (Orig.)  657 

Frank , Ueber  ein  parasitisches  Clado- 
sporium  auf  Gurken.  440 

— Ueber  die  Befallung  des  Getreides  durch 

Cladosporium  und  Phoma.  440 

Frankland,  Die  Bakteriologie  in  einigen 
ihrer  Beziehungen  zur  chemischen 
Wissenschaft.  101 

Fremlin , Vergleichende  Studien  an  Bact. 
coli  commune  verschiedener  Provenienz. 

693 

Friedrich,  Vergleichende  Untersuchungen 
über  den  Vibrio  cholerae  asiaticae  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  diagno- 
stischen Merkmale  desselben.  434 

Gärtner,  Ein  neuer  gasbildender  Bacillus. 

(Orig.)  1 

— , Identischer  Bakterienbefund  bei  zwei 
Melaenafällen  Neugeborener.  865 

Gamaleia,  Ueber  das  Leben  der  Cholera- 
bacillen im  Wasser,  unter  dem  Einflüsse 
des  Eintrocknens  und  der  Feuchtigkeit. 

240 

Gasperini,  Versuche  über  das  Genus  ,,Acti- 
nomyces“.  684 

Germano  und  Maurea,  Vergleichende  Unter- 
suchungen über  den  Typhusbacillus  und 
ähnliche  Bakterien.  60 

de  Giaxa  e Lenti,  Studi  sulla  virulenza, 
sul  contenuto  d’  azota  e sul  reciproco 
potere  immunizzante  del  baciilo  del 
colera  a seconda  della  varia  provenienza. 

617 

Griffilths  et  Ladell , Sur  une  ptomaine 
extraite  de  l’urine  dans  la  grippe.  999 
Hartig,  Eine  krebsartige  Rindenkrankheit 
der  Eiche  , erzeugt  durch  Aglaospora 
Talola  700 

Heim,  Ueber  Streptococcus  longus  pyo- 
thoracus.  897 

Heyse,  Ueber  Pneumaturie,  hervorgerufen 
durch  Bacterium  lactis  aerogenes , und 
über  pathologische  Gasbildung  im  tie- 
rischen Organismus.  322 

Huber,  Ueber  den  Influenzabacillus.  439 
Ilkewicz,  Ueber  die  Kerne  der  Milzbrand- 
sporen. (Orig.)  261 

Inghüleri,  Ueber  das  Verhalten  einiger  Mikro- 
organismen in  Bouillonkulturen,  welche 
die  Bujwid’sche  Reaktion  geben.  688 

— e Rolando . Beitrag  zur  Kenntnis  der 

Choleraspirillen.  819 


Inghüleri  e Rolando,  Ueber  das  Verhalten 
des  Milzbrandbacillus  in  unsterilisierter 
Milch.  820 

, Ueber  das  verschiedene  Verhalten  des 

B.  coli  und  des  Typhusbacillus  in  am- 
ygdalinhaltiger Bouillon.  821 

Issaeff  und  Ivanoff,  Untersuchungen  über 
die  Immunisierung  der  Meerschweinchen 
gegen  den  Vibrio  Ivanoff.  1010 

Iwänoß',  Ueber  eine  neue  choleraähnliche 
Vibrionenart.  433 

Jaeger , Die  Aetiologie  des  infektiösen  fieber- 
haften Ikterus  (Weil’sche  Krankheit). 
Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  septischer  Er- 
krankungen und  der  Pathogenität  der 
Proteusarten.  74 

Jakowski,  Beiträge  zur  Lehre  von  den 
Bakterien  des  blauen  Eiters  (Bacillus 
pyocyaneus).  431 

Je/sner,  Favusstudien.  II.  71 

Karlinski,  Kleine  Beiträge  zur  Aetiologie 
der  Cholera.  751 

Kiefsling,  Das  Bacterium  coli  commune. 

559 

v.  Klecki,  Ueber  einige  aus  ranziger  Butter 
kultivierte  Mikroorganismen.  ( Orig .)  354 
Klein , Ueber  den  von  Gärtner  beschriebenen 
neuen  gasbildenden  Bacillus.  (Orig.) 

276 

— , Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
intracellulären  Bakteriengifte.  598 

— , Beobachtungen  über  die  Cholera  in 
England.  756 

Kohn , Ein  Fall  von  Pneumonomycosis 
aspergillina.  565 

Koplik , Urogenital  Blennorrhoea  in  child- 
ren.  184 

Krannhals , Ueber  Pyocyaneusinfektionen. 

431 

Krilckmann,  Eine  Methode  zur  Herstellung 
bakteriologischer  Museen  und  Konser- 
vierung von  Bakterien.  (Orig.)  851 
Kuprianow,  Beiträge  zur  Biologie  der  Vi- 
brionen. 489 

Kurth,  Bakteriologische  Untersuchungen  hei 
Maul-  und  Klauenseuche.  123 

Kutscher , Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
den  Choleravibrionen  ähnlichen  Wasser- 
bakterien. 44 

Lehmann,  Ueber  die  Sauerteiggärung  und 
die  Beziehungen  des  Bacillus  levans  zum 
Bacillus  coli  communis.  (Orig.)  350 
bunkevyitsch,  Beitrag  zur  Biologie  des  Ba- 
cillus typhi  murium  (Loeflfler)  und  seine 
Virulenz  gegen  die  Feld-  und  Haus- 
mäuse. (Orig.)  845 

Lustig  und  De  Giaxa,  Ueber  das  Vor- 
kommen von  feinen  Spirillen  in  den 
Ausleerungen  von  Cholerakranken.  (Orig.) 

721 

Maaf/en , Beiträge  zur  Differenzierung  eini- 
ger dem  Vibrio  der  asiatischen  Cholera  ver- 


10B4 


Register. 


wandter  Vibrionen  und  kurze  Angaben 
über  eiweißfreie  Nährböden  von  allge- 
meiner Anwendbarkeit.  922 

Marchand , Ueber  einen  noch  nicht  näher 
bekannten  Kapselbacillus.  428 

Marianeüi , Sul  Trichophyton  tonsurans. 

867 

Marot,  Sur  un  Streptocoque.  317 

Marpmann , Mitteilungen  aus  Mnrpmann’s 
hygien.  Laboratorium.  [Orig.)  634 
Martin.  Goulstonian  lectures  on  the  Che- 
mical pathology  of  diphtheria,  compared 
with  that  of  anthrax,  infective  endocar- 
ditis  and  tetanus.  757 

Mer , Recherches  sur  la  maladie  des  bran- 
ches  de  Sapin , causee  par  le  Phoma 
abietina  R.  Hartig  (Fusicoccum  abietinum 
Prill.  et  Delacr.).  829 

Moreau , Coutributiou  ä l’etude  de  l’ctio- 
logie  de  la  fievre  typhoide  et  de  la 
vitalite  dans  le  sol  du  bacille  d’Eberth 

690 

Mühsam  u.  Schimmelbusch,  Ueber  die  Farben- 
produktion des  Bacillus  pyocyaneus  bei 
der  Symbiose  mit  anderen  Mikroorga- 
nismen. 430 

Müller,  Ueber  akute  Osteomyelitis.  78 
— , Zur  Kenntnis  des  Runzelschorfes  und 
der  ihm  ähnlichen  Pilze.  828 

Neebe  und  Unna , Kritische  Bemerkungen 
zum  Pleochroismus  der  Achoriouarten. 

68 

Neifser,  Untersuchungen  über  den  Typhus- 
bacillus und  das  Bacterium  coli  com- 
mune. 695 

Oker-Blom,  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Ein- 
dringens des  Bacterium  coli  commune  in 
die  Darmwand  in  pathologischen  Zu- 
ständen. 588 

Pasquale , Vergleichende  Untersuchungen 
über  Streptokokken.  761 

Petri  und  Maa/sen,  Beiträge  zur  Biologie 
der  krankheitserregenden  Bakterien,  ins- 
besondere über  die  Bildung  von  Schwefel- 
wasserstoff durch  dieselben  unter  vernehm- 
licher Berücksichtigung  des  Schweinerot- 
laufs. 905 

— , Weitere  Beiträge  zur  Schwefelwasser- 
stoffbildung aerober  Bakterien  und  kurze 
Angaben  über  Merkaptanbildung  dersel- 
ben. 908 

Rappin,  Sur  les  microorganismes  des  voies 
digestives.  429 

Rechtsamer,  Ueber  die  feinen  Spirillen  in 
Dejektionen  Cholerakranker.  {Orig.)  795 
Renault,  Du  Bacterium  coli  commune  dans 
l’infection  urinaire  696 

Russell,  Bacteria  in  their  relation  to  vege- 
table  tissue.  169 

— , The  bacterial  flora  of  the  Atlantic 
Ocean  in  the  vicinity  of  Woods  Holl, 
Mass.  558 


Russell,  Bacterial  investigation  of  the  sea 
and  its  flor.  823 

Sabouraud,  Sur  une  mycose  innomin^e  de 
l’homme.  La  teigne  tondante  speciale 
de  Gruby,  Microsporon  Audouini.  868 
Sadebeck,  Die  parasitischen  Exoasceen.  503 
Salus,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera- 
vibrionen im  Taubenkörper  und  ihre 
Beziehungen  zum  Vibrio  Metschnikovi. 

446 

Salvioli,  Ueber  die  physiologische  Wirkung 
der  löslichen  Produkte  einiger  Bakterien 
und  besonders  der  pyogenen  Staphylo- 
kokken 1007 

Sanarelli,  Les  vibrions  des  eaux  et  1’  etio- 
logie  du  choldra.  240 

Sanfelice , Untersuchungen  über  auaerobe 
Mikroorganismen.  488 

Savor , Zur  Aetiologie  der  akuten  Pyelo- 
nephritis. 824 

Schäfer,  Die  Typhusepidemie  des  Jahres 
1891  im  Kreise  Niederbarnim.  691 
Schickhardt,  Ueber  die  Einwirkung  des 
Sonnenlichtes  auf  den  menschlichen 
Organismus  und  auf  Mikroorganismen 
und  die  hygienische  Bedeutung  desselben. 

1020 

Schild,  Eine  Typhusepidemie  mit  nach- 
weisbarer Entstehnngsursache  und  die 
Diagnose  des  Typhusbacillus  692 

Schimmelbusch,  Ueber  grünen  Eiter  und  die 
pathogene  Bedeutung  des  Bacillus  pyo- 
cyaneus. 315 

Schmidt,  Ueber  die  Benutzung  verschiedener 
Sputa  als  Nährböden  und  das  Wachstum 
der  Pneumokokken  auf  denselben.  90 

— u.  Aschoff,  Die  Pyelonephritis  in  ana- 

tomischer und  bakteriologischer  Bezieh- 
ung und  die  ursächliche  Bedeutung  des 
Bacterium  coli  commune  für  die  Er- 
krankung der  Harnorgane.  697 

Seemann-  Varel , Ueber  den  Einfluß  des  Ge- 
witterregens auf  die  Anzahl  der  Keime 
in  abgeschlossenen  Gewässern  52 

Sirena  und  Scagliosi,  Aehnlichkeiten  und 
Verschiedenheiten  der  in  den  verschie- 
denen Teilen  Italiens  während  der  letz- 
ten Choleraepidemie  isolierten  Vibrionen. 

951 

— — , Lebensdauer  des  Milzbrandbacillus 

im  Boden,  im  Trink-  und  Meerwasser 
und  in  den  Abfallwässern.  952 

Sittmann  und  Bamow,  Ueber  einen  Befund 
von  Bacterium  coli  im  lebenden  Blute.  694 
Spronck,  Over  cholera-bacillen,  onlangs  io 
Nederland  uit  rivier-,  vaart-,  gracht-  en 
slootwater  gekweekt.  55 

Stutzer  und  Burri,  Untersuchungen  über  die 
Bakterien  der  Cholera  asiatica.  53 

Temi,  La  diagnosi  differenziale  del  bacillo 
del  tifo  249 


Register. 


1035 


Temi,  Le  fermentazioni  dei  tnicrococchi  pio- 
geni.  606 

Thaxter,  New  species  of  Laboulbeuiaceac 
from  various  localities.  569 

Timpe,  Ueber  die  Beziehungen  der  Phos- 
phate und  des  Kaseins  zur  Milchsäure- 
gärung. 425 

Trambusti,  Ueber  die  physiologische  Wir- 
kung der  Stoffwechselprodukte  des  Hy- 
drophilus  fuscus.  607 

Uffelmann , Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen  Trock- 
nung und  über  die  Möglichkeit  ihrer 
Verschleppung  durch  die  Luft  (Orig.)  133 
Unna,  Natürliche  Reinkulturen  der  Ober- 
bautpilze. 701 

Vincent,  Resultats  experimentaux  de  l’as- 
sociation  du  streptocoque  et  du  bacille 
typhique.  64 

— , Etüde  sur  le  parasite  du  „pied  de 
Madura“.  965 

Waldvogel,  Ueber  das  Wachstum  des  Strepto- 
coccus longus  in  Bouillon.  (Orig.)  837 
Walliczek,  Die  Resistenz  des  Baeterium 
coli  commune  gegen  Eintrocknung  (Orig.) 

949 

Ward,  Further  experiments  on  the  action 
of  light  on  ,, Bacillus  anthracis“.  1019 
Wassermann,  Ueber  differentielle  Diagnostik 
von  entzündlichen  Lungenaffektionen. 

177 

Wehmer,  Ueber  Citronensäuregärung.  426 
— , Beiträge  zur  Kenntnis  einheimischer 
Pilze.  1.  Zwei  neue  Schimmelpilze  als 
Erreger  einer  Citronensäuregärung.  427 
— , Ueber  die  Beziehungen  der  Bakterio- 
logie zur  allgemeinen  Mykologie  und 
Physiologie  (Orig)  533 

Weigmann  u.  Zirn.  Ueber  „seifige*“  Milch. 

(Orig.)  463 

Wolffhügel.  Zur  Frage  der  Gelatineberei- 
tung. (Orig.)  167 

Zenthöfer,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera- 
kulturen in  Hühnereiern.  752 

Zeitnöte,  Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober 
Bacillen.  (Orig ) 638 

Zimmermann.  Die  Bakterien  unserer  Trink- 
und  Nutzwässer,  insbesondere  der  Chem- 
nitzer Wasserleitung.  II.  47 

Zinno , Contributo  allo  Studio  dei  processi 
biochimici  dei  batteri  con  speciale  riguardo 
alla  diagnosi  differenziale  fra  varii  micro- 
organismi  simiglianti.  428 

Zopf,  Zur  Kenntnis  der  Färbungsursachen 
niederer  Organismen  (Vierte  Mitteilung). 
Basidiom  ycetenfärbungen.  875 

Fäulnis. 

Alesti,  Ueber  Fäulnisgase  als  prädisponie- 
rende Ursache  zur  Typhusinfektion. 
(Orig ) 228 


Steinmetz,  Kurze  Mitteilungen  über  einige 
Versuche  zur  Frage  der  fäulniswidrigen 
Eigenschaften  der  Kohlensäure.  (Orig.) 

677 

Gärung. 

Beijerinck,  Ueber  die  Butylalkoholgärung 
und  das  Butylferment.  171 

Bochicchio,  Ueber  einen  Milchzucker  ver- 
gäreuden  und  Käseblähungen  hervor- 
rufenden neuen  Hefepilz.  (Orig.)  546 
Cohn,  Ueber  therinogene  Bakterien.  424 
Fermi  u.  Montesano,  Ueber  die  Dekompo- 
sition des  Amygdalins  durch  Mikro- 
orgauismen.  (Orig.)  722 

Frankland,  Die  Bakteriologie  in  einigeu 
ihrer  Beziehungen  zur  chemischen  Wis- 
senschaft. ioi 

Gärtner,  Ein  neuer  gasbildender  Bacillus. 

(Orig.)  i 

Gottstein,  Eine  historische  Bemerkung  zu 
dem  Aufsatze  von  Fermi  und  Monte- 
sano „Ueber  die  Dekomposition  des 
Amygdalins  durch  Mikroorganismen“. 
(Orig.)  896 

Greg,  Fermentation  in  rum  distilleries.  46 
de  Haan  u.  Huysse,  Die  Koagulation  der 
Milch  durch  Cholerabakterien  (Orig.) 

268 

v.  Klecki,  Ueber  einige  aus  ranziger  Butter 
kultivierte  Mikroorgauismen.  (Orig.) 

354 

Kuprianow,  Beiträge  zur  Biologie  der  Vi- 
brionen. 489 

Lehmann,  Ueber  die  Sauerteiggäruug  und 
die  Beziehungen  des  Bacillus  levans  zum 
Bacillus  coli  communis.  (Orig.)  350 
— , Qualitative  und  quantitative  Unter- 
suchungen über  den  Säuregehalt  des 
Brotes.  556 

Schardinger,  Ueber  das  Vorkommen  Gärung 
erregender  Spaltpilze  im  Trinkwasser 
und  ihre  Bedeutung  für  die  hygienische 
Beurteilung  desselben.  48 

Sigismund,  Untersuchungen  über  die  Ran- 
cidität  der  Butter  unter  Berücksichtigung 
der  Marktverhältnisse  in  Halle  a.  S.  379. 
Temi,  La  diagnosi  differenziale  dei  bacillo 
dei  tifo.  249 

— , Le  fermentazioni  dei  micrococchi  pio- 
geni.  608 

Timpe,  Ueber  die  Beziehungen  der  Phos- 
phate und  des  Kaseins  zur  Milchsäure- 
gärung. 425 

Wehmer,  Ueber  Citronensäuregärung.  426 
— , Beiträge  zur  Kenntnis  einheimischer 
Pilze-  I.  Zwei  neue  Schimmelpilze  als 
Erreger  einer  Citronensäuregärung.  427 
— , Ueber  die  Beziehungen  der  Bakterio- 
loge zur  allgemeinen  Mykologie  und 
Physiologie.  (Orig.)  533 


1036 


Register. 


PhoBphorescenz. 

Kutscher,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
den  Choleravibrionen  ähnlichen  Wasser- 
bakterien. 44 

Selbsterhitzung. 

Cohn , Ueber  thermogene  Bakterien  424 

Luft. 

Chatin,  Contribution  ä la  recherche  des 
streptocoques  dans  l’air  atmosph£rique. 

764 

Kirchner,  Grundriß  der  Militärgesundheits- 
pflege. Lief.  2 — 8.  17 

Tassinari,  Ricerche  sull’  aria  di  una  fabrica 
di  tessuti  rispetto  al  contenuto  in  micro- 
organismi  ed  osservazioni  sul  numero 
loro  in  rapporto  alle  condizioni  dell’  aria 
ambiente  con  speciale  riguardo  al  bacillo 
della  tuberculosi.  492 

üffelmann.  Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen  Trock- 
nung und  über  die  Möglichkeit  ihrer 
Verschleppung  durch  die  Luft.  (Orig.) 

133 

Boden. 

Almquist,  Zur  Biologie  der  Typhusbakterie 
und  der  Escherich’schen  Bakterie.  63 
Kirchner,  Grundriß  der  Militärgesundheits- 
pflege. Lief.  2 — 8.  17 

Moreau,  Contribution  ä l’etude  de  l’Ätio- 
logie  de  la  fifevre  typhoide  et  de  la 
vitalite  dans  le  sol  du  bacille  d’Eberth. 

690 

Sirena  und  Scagliosi , Lebensdauer  des 
Milzbrandbacillus  im  Boden,  im  Trink- 
und  Meerwasser  und  in  den  Abfall- 
wässern. 952 

üffelmann,  Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen  Trock- 
nung und  über  die  Möglichkeit  ihrer 
Verschleppung  durch  die  Luft.  (Orig.) 

133 

Wcyl,  Handbuch  der  Hygiene.  4.  Liefe- 
rung : v.  Fodor,  Hygiene  des  Bodens. 
Mit  besonderer  Rücksicht  auf  Epide- 
miologie und  Bauwesen.  954 

Wasser. 

BeyerincJc,  Notiz  über  den  Nachweis  von 
Protozoen  und  Spirillen  in  Trinkwasser. 
( Orig.)  1 0 

Blachstein,  Contribution  ä l’etude  microbi- 
que  de  l’eau  235 

Bogdan , Versuche  über  die  Leistungs- 
fähigkeit der  Freiherr  von  Kuhn’schen 
Asbestfilter  878 


Bonhoß,  Ueber  zwei  neue  in  Wasser  ge- 
fundene Kommabacillenarten.  562 

Büchner,  Ueber  den  Einfluß  des  Lichtes 
auf  Bakterien  und  über  die  Selbstreini- 
gung der  Flüsse  515 

Burri,  Ueber  einige  zum  Zwecke  der  Art- 
charakterisierung anzuwendende  bakte- 
riologische Untersuchungsmethoden  nebst 
Beschreibung  von  zwei  neuen,  aus  Rhein- 
wasser isolierten  Bakterien.  88 

Chantemesse,  L’4pid4mie  cholerique  de  Con- 
stantinople.  753 

Choleraepidemie,  Die,  in  der  Türkei  und 
speziell  in  Konstantinopel.  752 

Drotsbach,  Methode  der  bakteriologischen 
Wasseruntersuchung.  775 

Edel,  Untersuchungen  über  den  Bakterien- 
gehalt des  Badewassers.  235 

Eischer,  Die  Bakterien  des  Meeres  nach 
den  Untersuchungen  der  Planktonexpedi- 
tion unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung 
einiger  älterer  und  neuerer  Untersuchun- 
gen. (Orig.)  657 

ßamaleia , Ueber  das  Leben  der  Cholera- 
bacillen im  Wasser,  unter  dem  Einflüsse 
des  Eintrocknens  und  der  Feuchtigkeit. 

240 

Qruber , Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin 
Kirchner  in  Sachen  der  Prüfung  von 
Wasserfiltern.  (Orig.)  165 

Heerwagen,  Die  Cholera  in  Riga  1892. 

59.  127 

Heider,  Untersuchungen  über  die  Verun- 
reinigung der  Donau  durch  die  Abwässer 
der  Stadt  Wien.  20 

Iwanoff,  Versuche  über  die  Desinfektion 
der  städtischen  Abwässer  mit  Schwefel- 
säure. 94 

Jaeger,  Die  Aetiologie  des  infektiösen  fieber- 
haften Ikterus  (Weil’sche  Krankheit). 
Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  septischer  Er- 
krankungen und  der  Pathogenität  der 
Proteusarten.  74 

Karlinski,  Unter  der  gelben  Flagge.  Er- 
innerungen und  Eindrücke  von  meiner 
Reise  nach  Arabien  und  Kleinasien.  436 
Kirchner,  Grundriß  der  Militärgesundheits- 
pflege. Lief.  2 — 8.  17 

Kielt,  Die  Frage  der  Flußwasserreinigung. 

51 

Kutscher,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
den  Choleravibrionen  ähnlichen  Wasser- 
bakterien. 44 

Lacour-Eymard,  Experiences  sur  le  filtre 
Chamberland,  Systeme  Pasteur  ä netto- 
yeur  m^canique  O.  Andre  621 

Lindner,  Beitrag  zur  Kenntnis  parasitischer 
Vorticellen.  84 

Loetcy,  Die  Typhusepidemie  in  Fünfkirchen, 
verursacht  durch  Infektion  der  Wasser- 
leitung. 236 


Register. 


1037 


Mally,  Combination  hot  filter  and  steam 
sterilizer ; a handy  incubating  cage. 

877 

Moreau,  Contribution  ä l'etude  de  l’6tio- 
logie  de  la  fifevre  typhoide  et  de  la  vi- 
talite  daos  le  sol  du  bacille  d’Eberth. 

690 

v.  PettenJcofer,  Maßregeln  gegen  die  Cholera 
hier , die  sanitären  Verhältnisse  der 
Irrenanstalten,  Siechenhäuser,  Arbeits- 
häuser, Gefangen-  und  Strafanstalten. 

776 

— , Choleraexplosionen  und  Trinkwasser. 

910 

Piefke,  Ueber  die  Betriebsführung  von 
Sandfiltern  auf  Grundlage  der  zur  Zeit 
gütigen  sanitätspolizeilichen  Vorschriften. 

878 

Pinna,  üeher  die  Wirkung  des  Meerwas- 
sers auf  die  Virulenz  der  Milzbrand- 
bacillen. 816 

Pouiklo,  Ueber  eine  die  Nachweisung  von 
Choleravibrionen  im  Wasser  erleichternde 
Untersuchungsmethode.  27 

Radiguet,  Contribution  ä l’etude  de  l’origine 
hydrique  de  la  fievre  typhoide.  Fifevre 
typhoide  et  eau  de  Seine  dans  les  pri- 
sons  de  Paris.  691 

Renault,  Du  Bacterium  coli  commune  dans 
l’infection  urinaire.  696 

Renvers , Die  Choleraerkrankungen  im 
städtischen  Krankenhause  Moabit.  434 
Rutseil,  The  hacterial  flora  of  the  Atlantic 
Ocean  in  the  vicinity  of  Woods  Holl, 
Mass.  558 

— , Bacterial  investigation  of  the  sea  and 
its  flor.  823 

Sanarelli,  Les  vibrions  des  eaux  et  l'etio- 
logie  du  cholera.  240 

Schäfer , Die  Typhusepidemie  des  Jahres 
1891  im  Kreise  Niederbarnim  691 

Schardinger,  Ueber  das  Vorkommen  Gärung 
erregender  Spaltpilze  im  Trinkwasser 
und  ihre  Bedeutung  tür  die  hygienische 
Beurteilung  derselben.  48 

Schild,  Eine  Typhusepidemie  mit  nach- 
weisbarer Entstehungsursache  und  die 
Diagnose  des  Typhusbacillus.  692 

Sclavo , Di  un  nuovo  apparechio  per  la 
pressa  dell’  acqua  a profondith.  507 
Seemann-  Varel , Ueber  den  Einfluß  des 
Gewitterregens  auf  die  Anzahl  der  Keime 
in  abgeschlossenen  Gewässern.  52 

Sirena  und  Scagliosi , Lebensdauer  des 
Milzbrandbacillus  im  Boden,  im  Trink- 
und  RIeerwasser  und  in  den  Abfall- 
wässern. 952 

Spronck , Over  cholera-bacillen , onlangs 
in  Nederland  uit  rivier-,  vaart-,  gracht- 
en  slootwater  gekweekt.  55 


Steuemagel,  Untersuchungen  über  die  Ver- 
unreinigung des  Rheins  durch  die  Kölner 
Kanalwässer , sowie  die  Selbstreinigung 
desselben.  49 

Traube,  Einfaches  Verfahren,  Wasser  in 
großen  Mengen  keimfrei  zu  machen. 

879 

Zimmermann , Die  Bakterien  unserer  Trink- 
und  Nutzwässer,  insbesondere  der  Chem- 
nitzer Wasserleitung.  II.  47 

Nahrungsmittel. 

Abbot,  The  results  of  inoculations  of  milk 
cows  with  cultures  of  the  Bacillus  diph- 
theriae.  780 

Bochicchio,  Ueber  einen  Milchzucker  ver- 
gärenden und  Käseblähungen  hervor- 
rufenden neuen  Hefepilz.  (Orig.)  546 
Bordoni- Ufreduzzi,  Ein  Fall  von  fuchsin- 
ähnlicher  Bakterienfärbung  des  Fleisches. 

666 

Carstens,  Ueber  Fehlerquellen  bei  der  Er- 
nährung der  Säuglinge  mit  sterilisierter 
Milch.  526 

v.  Freudenreich,  Die  Bakteriologie  in  der 
Milchwirtschaft.  745 

Oemhardt,  Quantitative  Spaltpilzunter- 
suchungen der  Milch.  313 

Greg,  Fermentation  in  rum  distilleries. 

46 

Haan  und  Huysse,  Die  Koagulation  der 
Milch  durch  Cholerabakterien.  (Orig.) 

268 

Hesse , Ueber  die  Beziehungen  zwischen 
Kuhmilch  und  dem  Cholerabacillus.  858 
Inghilleri,  Ueber  das  Verhalten  des  Milz- 
brandbacillus in  unsterilisierter  Milch. 

820 

Kerez,  Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks  auf 
den  Tuberkelbacillus.  (Orig.)  37 

v.  Klecki,  Ueber  einige  aus  ranziger  Butter 
kultivierte  Mikroorganismen.  (Orig)  353 
Knochenstiema,  Ueber  den  Keimgebalt  der 
Dorpater  Marktmilch  nebst  einigen  bakte- 
riologischen Untersuchungen  von  Frauen- 
milch. 313 

Kramsztyk,  Sterilisation  oder  Pasteurisation. 

880 

Lehmann,  Ueber  die  Sauerteiggärung  und 
die  Beziehungen  des  Bacillus  levans  zum 
Bacillus  coli  communis.  (Orig.)  350 
— , Qualitative  und  quantitative  Unter- 
suchungen über  den  Säuregehalt  des 
Brotes.  556 

Hontefusco,  11  latte  in  Napoli.  235 

Palleske,  Ueber  den  Keimgehalt  der  Milch 
gesunder  Wöchnerinnen.  120 


1038 


Register. 


Schmidt , Milch,  die  Quelle  einer  Typhus- 
epidemie. 63 

Schneidemühl , Ueber  die  wissenschaftlichen 
Grundsätze  und  die  praktische  Regelung 
der  Fleischbeschau.  396 

Schroeder , Die  Fleisch-  und  Wurstvergif- 
tung in  U.  und  Umgegend  des  Kreises 
Weißenfels  im  Jahre  1892.  314 

Sigismund , Untersuchungen  über  die  Ran- 
cidität  der  Butter  unter  Berücksichtigung 
der  Marktverhältnisse  in  Halle  a.  S. 

379 

Solbrig,  Ueber  die  Prophylaxis  der  Diph- 
theritis  vom  sanitätspolizeilichen  Stand- 
punkte. 571 

Timpe,  Ueber  die  Beziehungen  der  Phos- 
phate und  des  Kaseins  zur  Milchsäure- 
gärung. 425 

Weigmann,  Ueber  „seifige  Milch.  (Orig.)  463 


Weigmann,  Die  Methoden  der  Milchkonser- 
vierung, speziell  das  Pasteurisieren  und 
Sterilisieren  der  Milch.  509 

— und  Zim,  Ueber  das  Verhalten  der 
Cholerabakterien  in  Milch  und  Molkerei- 
produkten. (Orig.)  286 

Wemicke,  Ueber  das  Verhalten  der  Komma- 
bacillen auf  Tabaksblättern.  898 

Zenthöfer,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera- 
kulturen in  Hühnereiern.  752 

Gebrauchsgegenstände. 

XJffelmann,  Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen  Trock- 
nung und  über  die  Möglichkeit  ihrer 
Verschleppung  durch  die  Luft.  (Orig.) 

133 

Pfuhl , Ueber  die  Infektion  der  Schußwun- 
den durch  mitgerissene  Kleiderfetzen.  176 


V.  Tierische  Parasiten. 


Adamkiewicz,  Zur  Reaktion  der  Carcinome. 

771 

— , Zur  Krebsparasitenfrage.  962 

Amann,  Notiz  über  einen  Plasmodien-Be- 
fund  in  einem  atypischen  Falle  von 
Malaria.  384 

D'  Arcy  Power , Some  eflfects  of  chronic 
irritation  upon  living  tissues,  being  first 
steps  in  a rational  study  of  cancer.  771 
Ashmead , Monographie  der  nordamerika- 
nischen Proctotrypiden.  613 

Askanazy,  Zur  Lehre  von  der  Trichinosis. 

(Orig.)  225 

Babes  et  Gheorghiu,  Etüde  sur  les  diffe- 
rentes formes  du  parasite  de  la  Malaria 
en  rapport  avec  les  differentes  mani- 
festations  cliniques  de  la  maladie  et  sur 
les  modifications  des  elements  figures  du 
sang  dans  cette  maladie.  81 

Banti,  Sui  parassiti  del  carcinoma.  381 
Beyerinek,  Notiz  über  den  Nachweis  von 
Protozoen  und  Spirillen  in  Trinkwasser. 
(Orig)  10 

Billings , Southern  Cattle  Plague  (Texas 
fever).  700 

Binz,  Ueber  den  Vorgang  der  Heilung  des 
Malariafiebers  durch  Chinin.  974 

Bouzian , Recherches  sur  l’hematozoaire  du 
paludisme  faites  ä l'höpital  civil  de 
Mustapha-Alger.  384 

Braun,  Helminthologische  Notizen.  (Orig.) 

409.  680 

— , Ueber  ein  für  den  Menschen  neues 
Distomum  der  Leber.  602 


Brock,  Anatomy  and  physiology  of  the 
Bilharzia  comm.  774 

Büchner,  Ueber  Choleratheorieen  und  die 
Notwendigkeit  weiterer  Choleraforschun- 
gen. 750 

Burdin,  Phthiriase  des  paupieres.  827 
Cattle  und  Mülar,  On  certain  Gregarinidae 
and  the  possible  connexion  of  allied 
forms  with  tissue-changes  (cancer)  in 
man.  329 

Celli  u.  Fiocca,  Beiträge  zur  Amöbenfrage. 

(Orig ) 470 

Chiari.  Ueber  einen  in  Prag  sezierten  Fall 
von  Ankylostomiasis  bei  einem  Kruneger. 

327 

Cholodkowsky , Ueber  eine  neue  Species  von 
Taenia.  (Orig.)  552 

Claus,  Eingeweidewürmer  des  Menschen. 

394 

Cucco,  Ueber  die  Wirkung  des  Phenocollum 
hydrochloricum  bei  Malaria.  399 

Danilewsky , Ueber  die  Hämatozoen  bei 
Tieren  , welche  analog  den  Malaria- 
Hämatozoen  beim  Menschen  sind.  480 
Delepine  and  Cooper,  A few  facts  concern- 
ing  Psorospermosis  or  Gregarinosis.  123 
Diamare , Le  funzioni  dell’  ovario  nella 
Davainea  tetragona  Mol.  393 

Felsenthal  und  Stamm,  Die  Veränderungen 
in  Leber  und  Darm  bei  der  Coccidien- 
kraukheit  der  Kaninchen.  82 

Foä , Ueber  die  Aetiologie  des  Krebses. 

816 

Friedeberg,  Ein  Fall  von  Rückenmarks- 
kompression durch  Echinokokken  im 
Wirbelkanale.  825 


Register. 


1039 


Giarrl,  Grave  infezione  da  ascaridi  in 
bambina  geofaga.  388 

Gibbes,  On  the  parasitic  nature  of  Cancer. 

770 

Geelvink , Ein  Fall  von  Echinococcus  hypo- 
phrenicus.  392 

Glogner , Die  Stellung  der  Beri-Beri  unter 
den  Infektionskraukheiten.  192 

Golgi,  Sülle  febbri  malariche  estivo-autun- 
nali  di  Roma.  384 

Goltz,  Ueber  Schwarzfärbung  des  Rostel- 
lum  und  Fehlen  des  Hakenkranzes  bei 
Cysticercus  cellulosae.  392 

Gurley,  Ou  the  Classification  of  the  Myxo- 
sporidia,  a group  of  protozoan  parasites 
infesting  fishes.  86 

Heisig,  Beitrag  zur  Statistik  menschlicher 
Entozoen.  326 

Uoullier,  Contribution  ä l’etude  de  la  filariose 
et  en  particulier  de  l’hemato-chylurie 
endemique  des  pays  cbauds,  une  de  ses 
principales  mauifestations.  825 

Jägerskiöld , Bidrag  tili  kännedomen  om 
Nematoderna.  125 

Janson,  Die  Krankheiten  der  Haustiere  in 
Japan.  394 

Kahane,  Ueber  das  Vorkommen  lebender 
Parasiten  im  Blute  und  in  Geschwulst- 
zellen bei  Carcinomatösen.  (Orig.)  413 
— , Weitere  Mitteilungen  über  das  Vor- 
kommen lebender  Parasiten  im  Blute 
und  in  den  Geschwulstzellen  bei  Carci- 
nomatösen. (Orig.)  629 

Resem-Beck,  Ueber  die  Behandlung  der 
Malaria  mit  Methylenblau  und  über  dessen 
lokale  Anwendung  bei  der  Diphtherie. 

975 

Küchel,  Eine  Drillingsmißbildung  der  Taenia 
saginata.  393 

Kurloff,  Zur  Lehre  von  den  Carcinom- 
parasiten.  (Orig.)  341 

Labbi,  Sur  les  Coccidies  des  oiseaux.  773. 
— , Dimorphisme  dans  le  developpement 
des  h^mosporidies.  773 

— , Coccidium  Delagei,  coccidie  nouvelle 
parasite  des  tortues  d’eau  douce.  827 
Laveran,  Etiologie  de  la  dysenterie.  26 
Leuckart,  Die  Parasiten  des  Menschen  und 
die  von  ihnen  herrührenden  Krankheiten. 

247 

Lindner,  Beitrag  zur  Kenntnis  parasitischer 
Vorticellen.  84 

v.  Linstow,  Zur  Anatomie  und  Entwicke- 
lungsgeschichte der  Tänien.  612 

— , Heterakis  Sonsinoi.  (Orig.)  733 

— , Zur  Anatomie  und  Entwickelungsge- 
schichte der  Tänien.  772 

— , Helminthologische  Studien.  967 


Lönnberg,  Ueber  eine  neue  Tetrabothrium- 
species  und  die  Verwandtschaftsverhält- 
nisse der  Ichthyotänien.  (Orig.)  801 
Lnicas , Des  manifestations  pathologiques 
dues  ä la  pr£sence  de  la  Filaria  sanguinis 
hominis  dans  l’organisme  humain.  826 
de  Magalhaes,  Notes  d’helminthologie  br6- 
silienne.  II.  700 

Marchand,  Ueber  das  Vorkommen  von 
Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes, 
nebst  Bemerkungen  über  Trichomonas 
vaginalis.  (Orig.)  709 

Miller,  Ueber  die  Krebsparasiten  bei  Carci- 
noma Uteri.  487 

MorUicelli,  Studii  sui  Trematodi  endo- 
parassiti ; primo  contributo  di  osserva- 
zioni  sui  Distomidi.  872 

Müller,  Zur  Kasuistik  und  Symptomato- 
logie der  Muskelechinokokken.  389 
Neumann,  Sur  un  Echinocoque  du  Chat.  392 
Nöggerath,  Beiträge  zur  Struktur  und  Ent- 
wickelung des  Carcinoms.  244 

Perles,  Beobachtungen  über  perniciöse  Anä- 
mie. 23 

Perroncito , Ueber  die  Entwickelung  der 
Taenia  mediocanellata.  (Orig.)  800 
Podxcyssozky,  Entwickelungsgeschichte  des 
Coccidium  oviforme  im  Zusammenhänge 
mit  der  Lehre  von  den  Krebsparasiten. 

481 

Quincke  u.  Roos,  Amöben-Enteritis.  26 
Railliet,  Traite  de  Zoologie  m^dicale  et 
agricole.  871 

Reinbach,  Ueber  das  Verhalten  der  Leuko- 
cyten  bei  malignen  Tumoren.  243 

Ribbert,  Die  neueren  Untersuchungen  über 
Krebsparasiten.  962 

Roos,  Ueber  Iufusoriendiarrhöe.  610 

Rosin,  Einfluß  von  Chinin  und  Methylen- 
blau auf  lebende  Malariaplasmodien. 

207 

Rossi,  I corpuscoli-fucsina  di  W.  Rüssel. 

771 

Sacharoff,  Ueber  den  Einfluß  der  Kälte 
auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malaria- 
parasiten. (Orig.)  158 

— , Zur  Biologie  des  Malariaparasiten.  962 
— , Ueber  die  Struktur  des  Kernes  bei 
den  halbmondförmigen  Malariaparasiten 
des  Menschen.  962 

Sajö,  Das  Getreidehähnchen  (Leina  meln- 
nopus  L.).  126 

Saictschenko,  Weitere  Untersuchungen  über 
die  Krebsparasiten  (zur  Entwickelungs- 
geschichte derselben).  485 

Schewiakoß,  Ein  abnorm  gebauter  weiblicher 
Genitalapparat  von  Ascaris  lumbricoides 
L.  (Ore'p.)  473 

Schmidt,  Ueber  Echinococcus  im  weiblichen 
Becken.  Im  Anschlüsse  an  einen  in  der 


1040 


Register. 


hiesigen  gynäkologischen  Klinik  beob- 
achteten Fall.  328 

Schwarz,  Zur  Unterscheidung  des  Cysti- 
cercus cellulosae  von  dem  Cysticercus 
tenuicollis.  388 

Smith,  Preliminary  notes  on  a Sporozoon 
in  the  intestinal  vills  of  cattle.  388 
Snow,  The  so-called  „parasitic  protozoa*1 
of  mammary  carcinoma.  243 

Steven  and  Brown,  On  the  so-called  para- 
sitic Protozoa  of  Cancer.  382 

Stiles,  Bemerkungen  über  Parasiten.  — 
Ueber  die  Erhaltung  von  Typen.  (Orig.) 

477 

— , On  the  presence  of  Sarcosporidia  in 
birds.  611 

— , Notes  on  parasites.  18 

Storch , Echinococcusblase  in  der  Herz- 
kammerscheidewand. 389 

Titoff,  Ueber  die  Malariaparasiten  der  sog. 
halbmondförmigen  Varietät.  961 


v.  Tubeuf \ Mitteilungen  über  einige  Pflanzen- 
krankheiten. 195 

— , Empusa  Aulicae  Reich,  und  die  durch 
diesen  Pilz  verursachte  Krankheit  der 
Kieferneulenraupe.  248 

Unna , Zur  Kenntnis  der  hyalinen  Degene- 
ration der  Carcinomepithelien.  246 

Vayssüre,  Etüde  su  le  Temnocephala , pa- 
rasite  de  l’Astacoides  madagascariensis. 

389 

Ward,  Ueber  das  Vorkommen  von  Distoma 
Westermanni  in  den  Vereinigten  Staaten. 
(Orig.)  362 

v.  Wasieleicski,  Herpes  zoster  und  dessen 
Einreihung  unter  die  Infektionskrank- 
h eiten.  79 

Wesener,  Unsere  gegenwärtigen  Kenntnisse 
über  Dysenterie  in  anatomischer  und 
ätiologischer  Hinsicht.  25 

Willach,  Eine  durch  Infusorien  verursachte 
Taubenepizootie.  83 

— , Monostoma  hepaticum  suis.  874 


VI.  Bakterien  und  andere  Parasiten  als  Krankheitserreger 
bei  Menschen  und  Thieren. 

a.  Infektiöse  Krankheiten  im  Allgemeinen. 


Bazy,  De  l’absorption  par  les  voies  uri- 
naires.  1017 

Bemabeo  , L'autodifesa  dell’  organismo 
contro  i germi  infettivi  in  rapporto  colle 
suppurazioni.  614 

Bonaduce,  Ueber  Beziehungen  des  Blut- 
serums von  Tieren  zur  natürlichen  Im- 
munität. 441 

Boretius,  Die  Beseitigung  der  Ansteckungs- 
stoffe, insbesondere  der  flüssigen,  bei 
Infektionskrankheiten.  333 

Bomträger,  Desinfektion  oder  Verhütung 
und  Vertreibung  ansteckender  Krank- 
heiten. 252 

Bouchard  und  Charrin,  Ueber  die  Gründe 
der  Unschädlichkeit  einiger  Parasiten. 

652 

Cazeneuve  und  Rollet,  Zur  l’action  micro- 
bicide  du  Gallanol.  574 

Centanni,  Die  specifische  Immunisation  der 
Elemente  der  Gewebe  202 

Corzolino.  La  microcidina  ed  il  cloruro 
di  sodia  per  i processi  microbici  mas- 
sime  piogeni  dell’  orecchio,  del  naso  e 
della  gola.  441 

Denys,  Widerstandsfähigkeit  des  Organis- 
mus gegen  die  Mikroben.  817 

— et  JJavet,  Sur  la  part  des  leucocytes 
dans  le  pouvoir  bactericide  du  sang  de 
chien.  1005 


Donath,  Ueber  fiebererregende  Stoffe.  857 
— , Ueber  fiebererregende  Bakterienpro- 
dukte. 898 

o.  Esmarch,  Ueber  Sonnendesinfektion. 

510 

Finkelnburg,  Geschichtliche  Entwickelung 
und  Organisation  der  öffentlichen  Ge- 
sundheitspflege in  den  Kulturstaaten. 

311 

— , Der  Entwickelungsgang  und  der  heu- 
tige Stand  der  internationalen  Gesund- 
heitspflege. 1002 

Gärtner,  Verhütung  der  Uebertragung  und 
Verbreitung  ansteckender  Krankheiten. 

1000 

Gatti,  Süll’  aumento  del  potere  microbicida 
del  sangue  durante  la  infezione.  441 
Gley  und  Charrin,  Die  Wirkung  der  Bak- 
teriengifte auf  die  vasomotorischen  Or- 
gane und  diejenigen  des  Blutkreislaufs. 

688 

Havet,  Du  rapport  entre  le  pouvoir  bac- 
tericide du  sang  de  chien  et  sa  richesse 
en  leucocytes.  1006 

Hüdebrandt , Ueber  Immunisierungsver- 
suche mittels  pharmakologischer  Agen- 
den. 1006 

Hobrecht,  Sanitäre  Untersuchungen  in  Ae- 
gypten. 1003 


Register. 


1041 


Jatoein , Zur  Frage  von  den  Toxinen  des 
tierischen  Harns  bei  akuten  Infektions- 
krankheiten. 175 

Kirchner,  Grundriß  der  Militärgesundheits- 
pflege. Lief.  2 — 8.  17 

Klebs , Zur  Beurteilung  therapeutischer 
Maßnahmen.  Ein  Beitrag  zur  Antidiphthe- 
rinbehandlung.  1001 

Kossel,  Ueber  die  Einwirkung  der  Nucle'in- 
säure  auf  Bakterien.  1018 

Kruse , Bemerkungen  über  Infektion,  Im- 
munität und  Heilung.  199 

Kühler,  Die  Gesetzgebung  zur  Bekämpfung 
gemeingefährlicher  Krankheiten  in  eini- 
gen Staaten  des  Auslandes.  254 

Lenti,  Dell’  influenza  dell’  alcoole,  della 
glicerina  e dell’  olio  d’oliva  sull  azione 
dei  disinfettanti.  1023 

Letnaschow,  Die  bakteriologischen  Behand- 
lungsmethoden der  Infektionskrankheiten 
beim  Menschen  im  allgemeinen  und  die 
Serumbehandlung  des  Flecktyphus  im 
besonderen.  1003 

Maiselis,  Ueber  die  erworbene  Immunität 
nach  menschlichen  Infektionskrankheiten. 

256 

Me/sner,  Experimentelle  Studien  über  die 
Wundbehandlung  bei  infizierten  Wunden. 

1004 

Mühlmann,  Zur  Mischinfektionsfrage.  ( Orig .) 

885 

Pernice  and  Pollaci,  Ueber  den  Einfluß 
der  Absonderungen  im  Verlaufe  der  In- 
fektionskrankheiten. 860 


Petri  und  Maafsen,  Beiträge  zur  Biologie 
der  krankheitserregenden  Bakterien,  ins- 
besondere über  die  Bildung  von  Schwe- 
felwasserstoff durch  dieselben  unter 
vornehmlicher  Berücksichtigung  des 
Schweinerotlaufs.  905 

Petri  und  Maafsen,  Weitere  Beiträge  zur 
Schwefelwasserstofifbildung  aerober  Bak- 
terien und  kurze  Angaben  überMerkaptan- 
bildung  derselben.  908 

Biclcards,  Presidential  address  on  infec- 
tious  diseases  with  especial  reference  to 
their  treatment  by  vaccine.  208 

Bighi,  L’immunitä  nei  suoi  rapporti  con 
la  funzione  della  milza.  336 

Schickhardt,  Ueber  die  Einwirkung  des 
Sonnenlichtes  auf  den  menschlichen 
Organismus  und  auf  Mikroorganismen 
und  die  hygienische  Bedeutung  desselben. 

1020 

Sclavo,  Della  conservazione  dei  virus  in 
glicerina.  507 

Stern,  Ueber  einige  Beziehungen  zwischen 
menschlichem  Blutserum  und  pathogenen 
Bakterien.  335 

Vaughan,  The  principles  of  immunity  and 
eure  in  the  infectious  diseases.  518 
— and  Mc.  Clintock,  The  nature  of  the 
germicidal  constituents  of  blood  serum. 

520 

Verpflichtung  zur  Anzeige  von  anstecken- 
den Krankheiten  in  Frankreich.  208 
Weyl,  Handbuch  der  Hygiene.  310.  954 


b.  Einzelne  durch  Bakterien  und  andere  Parasiten  hervorgerufene 

Krankheiten. 


Aktinomykose. 

Gasperini,  Versuche  über  das  Genus  „Acti- 
nomyces“.  864 

Kanthack,  Madura  Disease  (Mycetoma)  and 
Actinomycosis.  967 

Netter,  De  l’actinomycose  pulmonaire.  566 
Ostertag,  Zur  Jodtherapie  der  Aktinomy- 
kose. 574 

Pawlowsky  et  Maksutoff,  Sur  la  phago- 
cytose  dans  l’Actinomycose.  1007 

Bedtenbacher,  Ein  Fall  von  Actinomycosis 
abdominalis.  567 

Perniciöse  ADämie. 

Fischei  und  Adler,  Zur  Kenntnis  der  per- 
nieiösen  Anämie.  24 

Perles,  Beobachtungen  über  perniciöse 
Anämie.  93 


Angina. 

Dornberger,  Ueber  das  Vorkommen  der 
Streptokokken  in  der  normalen  und 
kranken  Mundhöhle  des  Kindes.  764 

Sedzcak , Ein  Fall  der  sogenannten  An- 
gina ulcerosa  benigna  (Heryng).  565 

Arthritis. 

Bordoni-  Uffreduzzi,  Ueber  die  Lokalisation 
des  Gonococcus  im  Innern  des  Organis- 
mus (durch  den  Gonococcus  hervorge- 
rufene Pleuritis  und  Arthritis).  742 

Baelz’sche  Krankheit. 

Broes  van  Dort,  Ein  Fall  von  Baelz’scher 
Krankheit.  769 


1042 


Register. 


Bartholinitis. 

Basse,  Der  Gonococcns  Neißer,  sein  Vor- 
kommen bei  Urethritis  und  Bartholinitis. 

188 

Beri-Beri. 

Glogner,  Die  Stellung  der  Beri-Beri  unter 
den  Infektionskrankheiten.  192 

Blennorrhoe. 

Koplüc , Urogenital  Blennorrhoea  'in  child- 
ren.  184 

Brustseuche  der  Kaninchen. 

Beck,  Der  Bacillus  der  Brutsseuche  beim 
Kaninchen.  246 

Carcinom. 

Adamkiewicz,  Zur  Reaktion  der  Carcinome. 

771 

— , Zur  Krebsparasitenfrage.  962 

D?  Ar  cy  Power,  Some  effects  of  chronic 
irritation  upon  living  tissues,  being  first 
steps  in  a rational  study  of  cancer. 

771 

Banti,  Sui  parassiti  del  carcinoma.  381 
Baumgarten,  Ueber  eiu  Kehlkopfcarcinom 
kombiniert  mit  den  histologischen  Er- 
scheinungen der  Tuberkulose.  37  7 

Cattle  und  Miliar,  On  certain  Gregarinidae 
and  the  possible  connexion  of  allied 
forms  with  tissue-changes  (cancer)  in 
man.  329 

Crone,  Ein  Beitrag  zur  Lehre  vom  Lupus- 
Carcinom  (Tuberculo-Carcinom).  377 
Foh,  Ueber  die  Aetiologie  des  Krebses. 

816 

Oibbes,  On  the  parasitic  nature  of  Cancer. 

770 

Kahane,  Ueber  das  Vorkommen  lebender 
Parasiten  im  Blute  und  in  Geschwulst- 
zellen bei  Carcinomatösen.  {Orig.)  413 
— , Weitere  Mitteilungen  über  das  Vor- 
kommen lebender  Parasiten  im  Blute 
und  in  den  Geschwulstzellen  bei  Carci- 
nomatösen. ( Orig .)  629 

Kurloff,  Zur  Lehre  von  den  Carcinom- 
parasiten.  {Orig.)  341 

Miller,  Ueber  die  Krebsparasiten  bei  Car- 
cinoma Uteri.  487 

Nöggerath,  Beiträge  zur  Struktur  und  Ent- 
wickelung des  Carcinoms.  244 

Podwyssozky,  Entwicklungsgeschichte  des 
Coccidium  oviforme  im  Zusammenhänge 
mit  der  Lehre  von  den  Krebsparasiten. 

481 


Reinbach , Verhalten  der  Leukocyten  bei 
malignen  Tumoren.  243 

Ribbert,  Die  neueren  Untersuchungen  über 
Krebsparasiten.  962 

Rossi,  I corpuscoli  fucsina  di  W.  Rüssel. 

771 

Sawtschenko,  Weitere  Untersuchungen  über 
die  Krebsparasiten  (zur  Entwickelungs- 
geschichte derselben).  485 

Snow,  The  so-called  „parasitic  protozoa11 
of  mammary  carcinoma.  243 

Steven  and  Brown,  On  the  so-called  para- 
sitic Protozoa  of  Cancer.  382 

Strauer,  Systematische  Blutuntersuchungen 
bei  Schwindsüchtigen  und  Krebskranken. 

772 

Unna,  Zur  Kenntnis  der  hyalinen  Degene- 
ration der  Carcinomepithelien.  246 

Cholera. 

Abel,  Ueber  das  Vorkommen  feiner  Spi- 
rillen in  Dejektionen.  {Orig.)  213 

Aufrecht,  Ueber  den  Befund  feiner  Spirillen 
in  den  Dejektionen  einer  unter  Cholera- 
symptomen gestorbenen  Frau.  {Orig.) 

405 

Blachstein,  Ueber  die  Virulenz  des  Komma- 
bacillus in  ihrer  Beziehung  zum  Nähr- 
boden. 915 

Bordoni-Uffreduzzi  und  Abba,  Ueber  eine 
aus  dem  Menschen  isolierte  Varietät  des 
Cholerabacillus  und  über  die  bakterio- 
logische Diagnose  der  Cholera.  863 
Brouardel,  La  defense  contre  le  chol6ra : 
valeur  comparee  du  Systeme  quarante- 
naire  aucien  et  du  Systeme  adopt6  ä la 
Conference  de  Dresde  pour  la  defense 
des  divers  pays  contre  le  chol6ra.  95 
Büchner,  Ueber  Choleratheorieen  und  die 
Notwendigkeit  weiterer  Choleraforschun- 
gen. 750 

Cacace,  Dell’  azione  dei  prodotti  di  ricam- 
bio  del  bacterium  coli  commune  sullo 
sviluppo  del  bacillo  del  colera  e di 
quello  del  bacillo  del  colera  sullo  svi- 
luppo del  bacterium  coli.  242 

Celli  und  Santori,  Ueber  eine  transitorische 
Varietät  vom  Choleravibrio.  {Orig.)  789 
Chantemesse,  L’epidemie  cholerique  de  Con- 
stantinople.  753 

Choleraepidemie , Die,  in  der  Türkei  und 
speziell  in  Konstantiopel.  752 

Denys,  Diagnose  der  asiatischen  Cholera 
vermittelst  des  Mikroskops.  818 

— et  Sluyts , Du  mecanisme  des  sym- 
ptomes  gastro-intestinaux  dans  le  Cholera 
asiatique.  914 

Elsner,  Zur  Plattendiagnose  des  Cholera- 
bacillus. 877 


Register. 


1043 


Escherich,  Notiz  zu  dem  Vorkommen 
feiner  Spirillen  in  diarrhöischen  Dejek- 
tionen.  (Orig.)  408 

Fedoroff,  Zur  Blutserumtberapie  der  Cho- 
lera asiatica.  572 

Friedrich , Vergleichende  Untersuchungen 
über  den  Vibrio  cholerae  asiaticae  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  dia- 
gnostischen Merkmale  desselben.  434 
Fraenkel  und  Sobemheim , Versuche  über 
das  Zustandekommen  der  künstlichen 
Immunität.  511 

Freymuth  und  Lickfett , Nochmals  zur  Dia- 
gnose der  Cholera  mittelst  Agrarplatten. 

250 

Gamaleia,  Ueber  das  Leben  der  Cholera- 
bacillen im  Wasser,  unter  dem  Einflüsse 
des  Eintrocknens  und  der  Feuchtigkeit. 

240 

de  Oiaxa  e Lenti,  Studi  sulla  virulenza, 
sul  contenuto  d’azota  e sul  reciproco 
potere  immunizzante  del  bacillo  del 
colera  a seconda  della  varia  provenienza. 

617 

de  Haan  und  Huysse,  Die  Koagulation  der 
Milch  durch  Cholerabakterien.  (Orig.) 

268 

Heerwagen,  Die  Cholera  in  Riga  1892. 

59.  127 

Hesse , Ueber  die  Beziehungen  zwischen 
Kuhmilch  und  dem  Cholerabacillus.  858 
Hubencald,  Zur  Behandlung  der  Cholera. 

924 

Inghüleri , Ueber  das  Verhalten  einiger  Mikro- 
organismen in  Bouillonkulturen,  welche 
die  Bujwid’sche  Reaktion  geben.  688 
— , e Bolando,  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
Choleraspirillen.  819 

lssaeff,  Untersuchungen  über  die  künstliche 
Immunität  gegen  Cholera.  777 

Iwanoff,  Ueber  eine  neue  choleraähnliche 
Vibrionenart.  433 

Jawein,  Zur  Frage  von  den  Toxinen  des 
tierischen  Harns  bei  akuten  Infektions- 
krankheiten. 175 

Jolles,  Ueber  die  Desinfektionsfähigkeit  von 
Seifenlösungen  gegen  Cholerakeime.  448 
Karlinski,  Unter  der  gelben  Flagge.  Er- 
innerungen nnd  Eindrücke  von  meiner 
Reise  nach  Arabien  und  Kleinasien. 

436 

— , Kleine  Beiträge  zur  Aetiologie  der 
Cholera.  751 

Klein , Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis 
der  intracellulären  Bakteriengifte.  598 
— . Beobachtungen  über  die  Cholera  in 
England.  756 

Klippstein,  Ueber  das  Verhaltender  Cholera- 
und  Typhusbakterien  im  Torfmull  mit 
Säurezusätzen.  445 

Kölle,  Beiträge  zu  den  experimentellen 
Cholerastudien  an  Meerschweinchen.  749 


Kupiianow,  Beiträge  zur  Biologie  der  Vi- 
brionen. 489 

— , Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des 
Guajakols.  (Orig.)  933.  981 

Lustig  und  De  Oiaxa , Ueber  das  Vor- 
kommen von  feinen  Spirillen  in  den 
Ausleerungen  von  Cholerakranken.  721 
Haafsen,  Zur  bakteriologischen  Diagnose 
der  asiatischen  Cholera.  Ein  neues  An- 
reicherungsverfahren für  Spirillen  und 
Vibrionen.  251 

— , Beiträge  zur  Differenzierung  einiger 
dem  Vibrio  der  asiatischen  Cholera  ver- 
wandter Vibrionen  und  kurze  Angaben 
über  eiweißfreie  Nährböden  von  allge- 
meiner Anwendbarkeit.  922 

Hontefusco,  Azione  delle  basse  temperature 
sulla  virulenza  degli  spirilli  del  colera. 

254 

Hordtmann,  Die  Cholera  in  der  Türkei 
und  Konstantinopel  im  Jahre  1893.  911 

Nanu,  Notes  sur  le  cholera  de  1892  ob- 
servö  ä l’hopita!  Necker.  437 

Palmirski,  Notatki  z.  epidemii  cholery  w 
Odessie  i okolicach.  (Beobachtungen 
ans  der  Choleraepidemie  in  Odessa  und 
Umgebungen.)  19 

Pemice  und  Scagliosi,  Beitrag  zur  Kennt- 
nis der  Pathogenie  der  Nierenverände- 
rungen bei  der  asiatischen  Cholera.  950 
v.  Pettenkofer,  Maßregeln  gegen  die  Cholera 
hier,  die  sanitären  Verhältnisse  der 
Irrenanstalten,  Siechenhäuser,  Arbeits- 
häuser , Gefangen-  und  Strafanstalten. 

776 

— , Choleraexplosionen  und  Trinkwasser. 

910 

Pfeifer,  Studien  zur  Choleraätiologie.  748 
— und  lssaeff,  Ueber  die  Spezifität  der 
Choleraimmunisierung  778 

Pouiklo,  Ueber  eine  die  Nachweisung  von 
Choleravibrionen  im  Wasser  erleichternde 
Untersuchungsmethode.  27 

Prozorotnski,  Ueber  die  Wirkung  von  Kaffee 
und  von  einigen  Kaffeesurrogaten  auf 
pathogene  Mikroorganismen.  398 

Rechtsamer , Ueber  die  feinen  Spirillen  in 
Dejektionen  Cholerakranker.  (Orig.)  795 
Renvers , Die  Choleraerkrankungen  im 
städtischen  Krankenhause  Moabit.  434 
Righi,  L’immunitä  nei  suoi  rapporti  con  la 
funzione  della  milza.  336 

Sabolotny,  Infektions-  und  Immunisierungs- 
versuche am  Ziesel  (Spermophilus  gutta- 
tus)  gegen  den  Choleravibrio.  (Orig.) 

150 

Salus,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera- 
vibrionen im  Taubenkörper  und  ihre 
Beziehungen  zum  Vibrio  Metschnikovi. 

446 

SanareUi,  Les  vibrions  des  eaux  et  l'etio- 
logie  du  cholera.  240 


1044 


Register. 


Sawtschenko  und  Sobolotny,  Versuch  einer 
Immunisation  des  Menschen  gegen  Cholera. 

28 

Sirena  und  Scagliosi,  Aehnlichkeiten  und 
Verschiedenheiten  der  in  den  verschie- 
denen Teilen  Italiens  während  der  letz- 
ten Choleraepidemie  isolierten  Vibrionen. 

951 

Sluyts,  Etüde  sur  les  proprietes  du  poison 
du  Cholera  asiatique.  913 

Sormani , Ueber  die  den  Cholerabacillus 
neutralisierenden  Mittel.  861 

Sobemheim,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  Choleragift  uud  Choleraschutz.  780 
Spronck  , Over  cholera-bacillen  , onlangs 
in  Nederland  uit  rivier-,  vaart-,  gracht- 
en  slootwater  gekweekt.  55 

Stutzer  und  Burri,  Untersuchungen  über 
die  Bakterien  der  Cholera  asiatica.  53 
Thomas , Ueber  die  Erzeugung  der  Cholera 
von  der  Blutbahn  aus  und  die  prädis- 
ponierende Rolle  des  Alkohols.  55 

Tsuboi , Die  Cholera  asiatica  als  eine  Nitrit- 
vergiftung 649 

Turrö  Reacciön  del  indol  en  las  deyeccio- 
nes  colericas.  877 

Di  Vestea,  Einiges  über  die  neuen  An- 
sichten von  Emmerich  und  Tsuboi,  die 
Pathogenesis  der  Cholera  betreffend. 

687 

Vidguth , Vorschlag  zur  Choleradesinfektion. 

923 

Vülard,  De  quelques  mesures  prophylac- 
tiques  prises  pendant  l’epidemie  de 
cholera  de  1892.  448 

Voges,  Ueber  die  Verwendung  des  Uschinsky- 
schen  Nährbodens  zur  Choleradiagnose. 
(Orig ) 453 

Weigmann  und  Zim,  Ueber  das  Verhalten 
der  Cbolerabakterien  in  Milch-  und 
Molkereiprodukten  (Orig.)  286 

Wtmicke , Ueber  das  Verhalten  der  Komma- 
bacillen auf  Tabaksblättern.  898 

v.  Witkowski , Ueber  Cholerabehandlung. 

254 

WoBcowitsch , Ueber  den  therapeutischen 
Wert  des  Salols  bei  der  Choleradiarrhöe. 

573 

Zabolotny,  Zur  Frage  der  raschen  Bak- 
teriendiagnose der  Cholera.  250 

Zenthöfer , Ueber  das  Verhalten  der 
Cholerakulturen  in  Hühnereiern.  752 

CoccidieDkrankheit. 

Felsenthal  und  Stamm,  Die  Veränderungen 
in  Leber  und  Darm  bei  der  Coccidien- 
krankheit  der  Kaninchen.  82 

Cystitie. 

Bary,  Des  cystites  par  infection  descen- 
dante.  568 


Casper,  Ueber  Cystitis  colli  gonorrhoica. 

432 

Escherieh,  Das  Bacterium  coli  als  Cystitis- 
erreger.  901 

Reymond,  Cystites  chez  les  malades  non 
sondds.  121 

Dermatitis. 

Russell,  The  bacteriology  of  epidemic  ex- 
foliative  dermatltis.  324 

Diarrhöe. 

Boos,  Ueber  Infusoriendiarrhöe.  610 

Diphtherie. 

Abbott,  The  result«  of  inoculations  of  milk 
cows  with  cultures  of  the  Bacillus  diphthe- 
riae.  780 

Aronson,  Zur  Diphtberieheilungsfrage.  Ent- 
gegnung auf  den  Artikel  des  Herrn  Prof. 
Behring.  926 

— , Weitere  Untersuchungen  über  Diph- 
therie und  das  Diphtherie  - Antitoxin, 
I.  Ueber  die  Art  und  Weise  der  Anti- 
toxinwirkung. 926 

Barbier,  Sur  une  forme  de  septicdmie  dans 
la  diphtherie  et  en  particulier  dans  le 
croup.  129 

Behring,  Zur  Diphtheriebeilungsfrage.  926 
— , Bemerkung  zu  vorstehender  Entgeg- 
nung. 926 

Bergmann,  Ein  neuer  Vorschlag  zur  Pro- 
phylaxe gegen  Diphtherie.  781 

Booker , As  to  the  aetiology  of  primary 
pseudomembranous  inflammation  of  the 
larynx  and  trachea  etc.  756 

Brunner,  Eine  weitere  Beobachtung  von 
Wunddiphtherie.  760 

Councilman,  The  pathology  and  diagnosis 
of  Diphtheria.  760 

Ehrlich,  Rossel  und  Wassermann,  Ueber 
Gewinnung  und  Verwendung  des  Diph- 
theriebeilserums. 924 

Eigenbrodt , Ueber  den  Einfluß  der  Familien- 
disposition auf  die  Verbreitung  der  Diph- 
therie. 759 

Elschnig,  Ein  Fall  von  Diphtherie  der 
Bindehaut.  565 

Escherich,  Zur  Pathogenese  der  Diphtherie. 

900 

v.  Esmarch , Ueber  Sonnendesinfektion. 

510 

Kesem-Beck , Ueber  die  Behandlung  der 
Malaria  mit  Methylenblau  und  über  dessen 
lokale  Anwendung  bei  der  Diphtherie. 

975 

Klebs , Zur  Beurteilung  therapeutischer 
Maßnahmen.  Ein  Beitrag  zur  Antidiphthe- 
rinbehandlung.  1001 


Register. 


1045 


Klein,  Ein  weiterer  Betrag  zur  Kenntnis 
der  intracellulären  Bakteriengifte.  598 
Laser,  Ueber  den  Einfluß  der  Citronensäure 
auf  den  Diphtheriebacillus.  524 

Martin , Goulstonian  lectures  on  the  Chemi- 
cal pathology  of  diphtheria,  compared 
with  that  of  anthrax , infective  endocar- 
ditis  and  tetanus.  757 

Mya,  Ueber  die  Pathologie  der  Diphtherie- 
infektion. 682 

S ’olbrig,  Ueber  die  Prophylaxis  der  Diph- 
theritis  vom  sanitätspolizeilichen  Stand- 
punkte. 571 

Sormani,  Ueber  die  den  Diphtheriebacillus 
neutralisierenden  Mittel.  862 

Vvipius,  Kritische  Bemerkungen  und  prak- 
tische Erfahrungen  über  das  Antidiph- 
therin  Klebs.  781 

Wemicke,  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Loeffler- 
schen  Dipbtheriebacillus  und  zur  Blut- 
serumtherapie bei  Diphtherie.  898 

Williams,  Diphtheria  and  other  membranous 
affections  of  the  throat.  613 

Dochmienkrankheit. 

v.  Ratz,  Ueber  die  Dochmienkrankheit  der 
Hunde.  387 

Dysenterie. 

Laveran,  Etiologie  de  la  dysenterie.  26 
Quincke  u.  Roos,  Amöben-Enteritis.  26 
Weiener,  Unsere  gegenwärtigen  Kenntnisse 
über  Dysenterie  in  anatomischer  und 
ätiologischer  Hinsicht.  25 

Eiterung. 

Arloing  und  Chantre,  Ueber  chirurgische 
Eiterinfektion  und  über  die  morphologi- 
schen und  pathologischen  Veränderungen 
ihres  Erregers.  901 

Arribat,  Des  associations  microbiennes  de 
la  tuberculose.  491 

Bary , Des  cystites  par  infection  descen- 
dante.  568 

Bernabeo,  L’autodifesa  dell’  organismo  contro 
i germi  infettivi  in  rapporto  colle  suppu- 
razioni.  614 

Brots  van  Dort,  Ein  Fall  von  Baelz’scher 
Krankheit.  769 

Canon,  Bakteriologische  Blutuntersuchungen 
bei  Sepsis.  19 

Cazeneuve,  Rollet  et  Nicolas , Sur  l’action 
microbicide  du  Gallanol.  574 

Charrin  et  Teissier,  Modification  de  la  pres- 
sion  arterielle  sous  l’iufluence  des  toxines 
pyocyaniques.  608 

XV.  Bd. 


Dihu,  Etüde  sur  le  röle  du  bacille  d’Eberth 
dans  les  complications  de  la  fifevre 
typhoide.  689 

Dmochcncski,  Beitrag  zur  Lehre  über  die 
pathogenen  Eigenschaften  des  Friedlän- 
der’schen  Pneumococcus.  581 

— und  Janowski,  Beitrag  zur  Lehre  von 
den  pyogenen  Eigenschaften  des  Ty- 
phusbacillus. {Orig.)  216 

Donath,  Ueber  fiebererregende  Stoffe.  857 
— , Ueber  fiebererregeode  Bakterienpro- 
dukte. 898 

Emst,  The  Bacillus  pyocyaneus  pericar- 
ditis.  608 

Fischt,  Ueber  septische  Infektion  des  Säug- 
lings mit  gastrointestinalen  resp.  pul- 
monalen Symptomen.  765 

Oley  und  Chanin , Die  Wirkung  der  Bak- 
teriengifte auf  die  vasomotorischen  Organe 
und  diejenigen  des  Blutkreislaufs.  688 
Oruber,  Ueber  die  Löslichkeit  der  Kresole 
in  Wasser  und  über  die  Verwendung 
ihrer  wässerigen  Lösungen  zur  Desin- 
fektion. 525 

Harold,  The  Bacillus  pyocyaneus  pericar- 
ditidis.  559 

Heim,  Ueber  Streptococcus  longus  pyo- 
thoracus.  897 

Jakowski,  Beiträge  zur  Lehre  von  den 
Bakterien  des  blauen  Eiters  (Bacillus 
pyocyaneus).  431 

Krannhals  , Ueber  Pyocyaneusinfektionen. 

431 

Kuprianow,  Ueber  die  desinfizierende  Wir- 
kung des  Guajakols.  (Orig.)  933.  981 
Leloir,  Lupus  et  anthrax.  Revue  des  cours 
et  des  cliniques.  499 

Marot,  Sur  un  Streptocoque.  317 

Mefsner,  Experimentelle  Studien  über  die 
Wundbehandlung  bei  infizierten  Wunden. 

1004 

Mühsam  u.  Schimmelbusch,  Ueber  die  Far- 
benproduktion des  Bacillus  pyocyaneus 
bei  der  Symbiose  mit  anderen  Mikro- 
organismen. 430 

Müller,  Ueber  akute  Osteomyelitis.  78 
— , Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage 
von  bakteriologischem  Standpunkte  aus. 
(Orig.)  735.  804 

Nannotti,  Ueber  die  Wirkung  der  sterili- 
sierten Eitersubstanzen  bei  Impfungen. 

649 

Pemice  und  Scagliosi,  Experimentelle  Ne- 
phritis bakterischen  Ursprungs.  904 
Pfuhl,  Zur  Wirkung  des  Saprols.  208 
Posner  u.  Lewin,  Farbenanalytische  Unter- 
suchungen über  gonorrhoischen  Eiter  432 
Quincke  und  Stühlen,  Zur  Pathologie  des 
Abdominaltyphus.  689 

Roger,  Die  Leber  in  den  Infektionskrank- 
heiten. 651 


66 


1040 


Register. 


Salvioli,  Ueber  die  physiologische  Wirkung 
der  löslichen  Produkte  einiger  Bakterien 
und  besonders  der  pyogenen  Staphylo- 
kokken. 1007 

Schimmelbusch,  Ueber  grünen  Eiter  und  die 
pathogene  Bedeutung  des  Bacillus  pyocya- 
neus.  315 

Schmidt  und  Aschoff , Die  Pyelonephritis 
in  anatomischer  und  bakteriologischer 
Beziehung  und  die  ursächliche  Bedeu- 
tung des  Bacterium  coli  commune  für 
die  Erkrankung  der  Harnorgane.  697 
Schnitzler , Ueber  den  Befund  virulenter 
Staphylokokken  in  einem  seit  35  Jahren 
geschlossenen  osteomyelitischen  Herde. 
(Orig.)  270 

— , Chirurgisch-bakteriologische  Mitteilun- 
gen. 667 

Schrank  , Zwei  Fälle  von  Periostitis  albu- 
minosa“  (Ollier).  696 

Scdzcak,  Ein  Fall  der  sogenannten  Angina 
ulcerosa  benigna  (Heryng).  565 

Singer,  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Strepto- 
kokken-Infektion.  320 

Ttrni,  Le  fermentazioni  dei  micrococchi 
piogeni.  608 

Vincent , Resultats  exp^rimentaux  de  l’asso- 
ciation  du  streptocoque  et  du  bacille 
typhique.  64 

Ekzem. 

Bemheim,  Ueber  Invasion  von  Hautkokken 
bei  Ekzem.  (Orig.)  141 

Endocarditis. 

Martin,  Goulstonian  lectures  on  the  Chemi- 
cal pathology  of  diphtheria,  compared 
with  that  of  anthrax,  infective  endocar- 
ditis and  tetanus.  757 

Enterohepatitis. 

Babes , Ueber  Enterohepatitis  suppurata 
endemica.  952 

Erysipel. 

Hallopeau,  Des  treves  dans  les  manifesta- 
tions  cutanees  de  la  tuberculose.  494 
Marot,  Sur  un  Streptocoque.  317 

Radcltffe,  Ichtyol  as  a remedy  for  facial 
erysipelas.  575 

Stern,  Ueber  einige  Beziehungen  zwischen 
menschlichem  Blutserum  und  pathogenen 
Bakterien.  335 


Erythema  vaecinosum. 

Epstein,  Beiträge  zu  den  Impfkrankheiten. 

22 

F avus. 

Biro,  Untersuchungen  über  den  Favuspilz. 

69 

Delassus , De  Ja  teigne  faveuse  dans  le 
d£partement  de  l’Herauld  et  ä la  clini- 
que  des  enfants  ä l’hopital  general  de 
Montpellier.  870 

Jefsner,  Favusstudien.  H.  71 

Neebt  und  Unna,  Kritische  Bemerkungen 
zum  Pleochroismus  der  Achorionarten.. 

68 

Febris  recurrens. 

Tictin,  Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der 
Milz  bei  Febris  recurrens.  (Orig.)  840 

Gingivitis. 

Babes,  Ueber  einen  die  Gingivitis  und 
Hämorrhagieen  verursachenden  Bacillus 
bei  Skorbut.  72 

Gonorrhöe. 

Bordoni-Uffreduzzi,  Ueber  die  Lokalisation 
des  Gonococcus  im  Innern  des  Organis- 
mus (durch  den  Gonococcus  hervorge- 
rufene Pleuritis  und  Arthritis).  742 
Casper,  Ueber  Cystitis  colli  gonorrhoica, 

432 

Councüman,  Gonorrhoeal  myocarditis.  186 
Bock , Gonorrhea  of  the  rectum.  190 

Hasse,  Der  Gonococcus  Neißer,  sein  Vor- 
kommen bei  Urethritis  und  Bartholinitis. 

188 

Janet , Traitement  abortif  de  la  bleunor- 
rhagie  par  le  permanganate  de  potasse, 
mode  d’action  de  ce  produit.  200 

KoUmann,  Zur  Diagnostik  und  Therapie 
der  männlichen  Gonorrhöe.  183 

Koplik , Urogenital  Blennorrhoea  in  child- 
ren.  184 

Lanz,  Ein  neues  Verfahren  der  Gonokokken- 
färbung. 776 

Löwenhardt,  Wann  dürfen  Gonorrhöiker 
heiraten.  189 

Posner  u.  Lewin,  Farbenanalytische  Unter- 
suchungen über  gonorrhoischen  Eiter. 

432 

v.  Sehlen,  Zur  Diagnostik  und  Therapie 
der  Prostatitis  chronica.  325 


Register. 


1047 


Veit,  Frische  Gonorrhöe  bei  Frauen.  609 
Weinrich,  Die  bakteriologischen  Unter- 
suchnngsmethoden  bei  chronischer  Go- 
norrhöe des  Mannes.  198 

Gruby’sohe  Krankheit. 

Sabouraud,  Sur  une  mycose  innominee 
de  l’homme.  La  teigne  tondante  speciale 
de  Gruby,  Microsporon  Audouini.  868 

Hämorrhagie. 

Babel , Ueber  einen  die  Gingivitis  und 
Hämorrhagieen  verursachenden  Bacillus 
bei  Skorbut.  72 

— , Sur  les  associations  bacteriennes  des 
bacilles  de  la  tuberculose  avec  des  mi- 
crobes  hdmorrhagiques.  957 

— et  Kalindero , Lesions  tuberculeuses 
comme  porte  d’entree  de  lafifevre  typhoide, 
l’entdro-h6patite  suppuree  et  l’infection 
bdmorrhagique.  65 

Epstein,  Beiträge  zu  den  Impfkrankheiten. 

22 

Herpes. 

Althausen,  Ueber  Verbreitung  und  Behand- 
lung des  Herpes  tonsurans.  81 

MavianeUi,  Sul  Trichophyton  tonsurans. 

867 

von  Wasieletcski,  Herpes  zoster  und  dessen 
Einreihung  unter  die  Infektionskrank- 
heiten. 79 

Hogcholera. 

Jatcein,  Zur  Frage  von  den  Toxinen  des 
tierischen  Harns  bei  akuten  Infektions- 
krankheiten. 175 

Hühnercholera. 

Klein,  Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis 
der  intracellulären  Bakteriengifte.  598 
ßchönwerth,  Abhängigkeit  der  erfolgreichen 
Infektion  mit  Hühnercholera  von  der 
Anzahl  der  dem  Tiere  einverleibten  Ba- 
cillen , sowohl  bei  intramuskulärer  In- 
jektion, als  bei  Fütterung.  503 

Hühnertuberkulose. 

Kruse,  Ueber  das  Vorkommen  der  sogen. 
Hühnertuberkulose  beim  Menschen  und 
bei  Säugetieren.  501 

Hydrops. 

Hamburger,  Hydrops  von  bakteriellem  Ur- 
sprung. 193 


Ikterus. 

Jaeger,  Die  Aetiologie  des  infektiösen  fieber- 
haften Ikterus  (Weil’sche  Krankheit). 
Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  septischer  Er- 
krankungen und  der  Pathogenität  der 
Proteusarten.  74 

Influenza. 

Bruschettini,  L’immunitä  sperimentale  nell' 
infiuenza.  448 

Griffiths  et  LadeU , Sur  une  ptomaine 
extraite  de  l’urine  dans  la  grippe.  999 
Huber,  Ueber  den  Influenzabacillus.  439 
Harpmann,  Mitteilungen  aus  Marpmann’s 
hygien.  Laboratorium.  (Orig.)  634 
Wassermann,  Ueber  differentielle  Diagno- 
stik von  entzündlichen  Lungenaffektionen. 

177 

Kahlköpfigkeit. 

Glaenz,  Ueber  die  Kahlköpfigkeit  mit  be- 
sonderer Berücksichtigung  der  frühzei- 
zigen,  idiopathischen  Form.  324 

Krupp. 

Barbier , Sur  une  forme  de  septicemie 
dans  la  dipbth6rie  et  en  particulier  dans 
le  croup.  129 

Booker,  As  to  tbe  aetiology  of  primary 
pseudomembranous  inflammation  of  the 
larynx  and  trachea  etc.  756 

Leberentzündung. 

Scagliosi,  Ueber  die  mikrobischen  Leber- 
entzündungen. 861 

Lepra. 

Armauer  Hansen , On  the  report  of  the 
Leprosy-Commission  in  India  1830 — 
1831 ; a criticism.  698 

v.  Düring,  Lepra  und  Syringomyelie.  824 
FisichtUa , Sulla  tossicitä  dell’  urina  dei 
lebbrosi.  667 

Goldschmidt,  Die  Behandlung  und  Heilung 
der  Lepra  tuberosa  mit  Europhen.  574 
Joelsohn,  Ueber  die  Erkrankung  des  Gefäß- 
systems bei  der  Lepra.  193 

Pindikowski,  Ueber  eine  in  Deutschland 
bestehende  Lepraendemie.  72 

Leukämie. 

Grösst,  Su  di  un  caso  raro  die  pseudo- 
leucemia  acuta.  182 

Koväcs,  Zur  Frage  der  Beeinflussung  des 
leukämischen  Krankheitsbildes  durch  kom- 
plizierende Infektionskrankheiten.  181 
66* 


1048 


Register. 


Traversa,  Un  caso  acutissimo  di  pseudo- 
leucemia  linfatica.  182 


Lupus. 


Leloir,  Lupus  et  anthrax.  Revue  des  cours 
et  des  cliniques.  499 

Schütz , Zur  Behandlung  des  Lupus  vulga- 
ris. 522 

Secchi,  Di  un  caso  di  lupus  eritematoso 
guarito  con  le  injezioni  ipodermiche  di 
tubercolina  Koch.  522 


Madurafufs. 

Kanthack , Madura  Disease  (Mycetoma)  and 
Actinomycosis.  967 

Vincent , Etüde  sur  le  parasite  du  ,,pied 
de  Madura“.  965 

Mäuseseuche. 

Lunkeicitsch,  Beitrag  zur  Biologie  des  Ba- 
cillus typhi  murium  (Loeffler)  und  seine 
Virulenz  gegen  die  Feld-  und  Hausmäuse. 
{Orig.)  845 

Later , Ueber  die  praktische  Verwertbar- 
keit des  Bacillus  der  Mäuseseuche-Laser. 
{Orig.)  33 


Malaria. 

Amann , Notiz  über  einen  Plasmodien-Befund 
in  einem  atypischen  Falle  von  Malaria. 

384 

Bähet  et  Gheorghiu,  Etüde  sur  les  diffe- 
rentes formes  du  parasite  de  la  Malaria 
en  rapport  avec  les  differentes  mani- 
festations  cliniques  de  la  maladie  et  sur 
les  modifications  des  elements  figures  du 
sang  dans  cette  maladie.  81 

Binz , Ueber  den  Vorgang  der  Heilung  des 
Malariafiebers  durch  Chinin.  974 

Bouzian,  Recherches  sur  l’hematozoaire  du 
paludisme  faites  ä l’höpital  civil  de  Mu- 
stapha-Alger.  384 

Bruch , De  la  fifevre  typhoide  chez  les  Arabes 
en  Algdrie.  693 

Cucco,  Ueber  die  Wirkung  des  Phenocollum 
hydrochloricum  bei  Malaria.  399 

Danilewski , Ueber  die  Hämatozoen  bei 
Tieren , welche  analog  den  Malaria-Hä- 
matozoen  beim  Menschen  sind.  480 
Golgi,  Sülle  febbri  malariche  estivoautun- 
nali  di  Roma.  384 

Inghilleri,  Ueber  eine  neue  rasche  Doppel- 
färbungsmethode bei  den  bakteriologi- 
schen Untersuchungen  des  Blutes  und 
der  anderen  Gewebe.  820 


Kesem-Beck  , Ueber  die  Behandlung  der 
Malaria  mit  Methylenblau  und  Uber  dessen 
lokale  Anwendung  bei  der  Diphtherie. 

975 

Rosin,  Einfluß  von  Chinin  und  Methylen- 
blau auf  lebende  Malariaplasmodien. 

207 

Sacharoff , Ueber  den  Einfluß  der  Kälte 
auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malaria- 
parasiten. {Orig.)  168 

— , Zur  Biologie  der  Malariaparasiten. 

962 

— , Ueber  die  Struktur  des  Kernes  bei  den 
halbmondförmigen  Malariaparasiten  des 
Menschen.  962 

Titoff,  Ueber  die  Malariaparasiten  der  sog. 
halbmondförmigen  Varietät.  961 

Maltafieber. 

Bruce , On  the  etiology  of  Malta  fever. 

382 


Maul-  und  Klauenseuche. 

Kurth , Bakteriologische  Untersuchungen 
bei  Maul-  und  Klauenseuche.  123 


Melaena. 

Gärtner , Identischer  Bakterienbefund  bei 
zwei  Melaenafällen  Neugeborener.  865 


Meningitis. 

Beck,  Ueber  eine  durch  Streptokokken  her- 
vorgerufene Meningitis.  317 

Dmochotcski,  Beitrag  zur  Lehre  über  die 
pathogenen  Eigenschaften  des  Fried- 
länder’schen  Pneumococcus.  581 

Quincke  und  Stühlen , Zur  Pathologie  des 
Abdominaltyphus.  689 

Milzbrand. 

Bonaduce,  Ueber  Beziehungen  des  Blut- 
serums von  Tieren  zur  natürlichen  Im- 
munität. 441 

Bordoni-Uffreduzzi,  Ueber  den  Wert  eini- 
ger für  die  Desinfektion  geschlossener 
Räume  vorgeschlagenen  gasförmigen  Des- 
infektionsmittel. 862 

Büchner,  Ueber  den  Einfluß  der  Neutral- 
salze auf  Serumalexine,  Enzyme,  Tox- 
albumine,  Blutkörperchen  und  Milzbrand- 
sporen. 514 

Cazeneuve , Rollet  et  Nicolas,  Sur  l’action 
microbicide  du  Gallonol.  574 

Donath,  Ueber  fiebererregende  Stoffe.  857 
— , Ueber  fiebererregende  Bakterienpro- 
dukte. 898 


Register. 


1049 


Frankland,  Die  Bakteriologie  in  einigen 
ihrer  Beziehungen  zur  chemischen  Wis- 
senschaft. (Orig.)  101 

Qatti , Süll’  aumento  del  potere  microbicida 
del  sangue  durante  la  infezione.  441 
IPcetcicz,  Deber  die  Kerne  der  Milzbrand- 
sporen. (Orig.)  261 

InghMeri,  Ueber  das  Verhalten  des  Milz- 
brandbacillns  in  unsterilisierter  Milch. 

820 

Klein,  Ein  weiterer  Beitrag  zur  Kenntnis 
der  intracellulären  Bakteriengifte.  598 
Lazarus  und  Weyl,  Weitere  Beiträge  zur 
Theorie  der  Immunität  gegen  Milzbrand. 

204 

Leloir,  Lupus  et  anthrax.  Revue  des  cours 
et  des  cliniqües.  499 

Martin,  Goulstonian  lectures  on  the  Chemi- 
cal pathology  of  dipbtberia , compared 
with  that  of  anthrax , infective  endocar- 
ditis  and  tetanus.  757 

Mühlmann,  Zur  Mischinfektionsfrage.  (Orig.) 

885 

Pane,  Ripristinamento  della  virulenza  del 
diplobacillo  pneumoniae  mediante  il  virus 
carbonchioso.  781 

Pernice  and  Pollaci,  Ueber  den  Einfluß  der 
Absonderungen  im  Verlaufe  der  Infek- 
tionskrankheiten. 860 

— und  Scagliosi,  Experimentelle  Nephritis 
bakterischen  Ursprungs.  904 

Pfuhl,  Zur  Wirkung  des  Saprols.  208 
Pinna , Ueber  die  Wirkung  des  Meerwassers 
auf  die  Virulenz  der  Miizbrandbacillen. 

816 

Prozorotcski , Ueber  die  Wirkung  von 
Kaffee  und  von  einigen  Kaffeesurrogaten 
auf  pathogene  Mikroorganismen.  398 
Roger,  Die  Leber  in  den  Infektionskrank- 
heiten. 651 

— , Sur  les  variations  de  la  glycog^nie 
dans  l’infection  charbonneuse.  668 

Sirena  und  Scagliosi,  Lebensdauer  des 
Milzbrandbacillus  im  Boden,  im  Trink- 
und  Meerwasser  und  in  den  Abfall- 
wässern. 952 

Temi,  Das  Serum  der  kaltblütigen  Tiere 
bei  der  Milzbrandinfektion.  863 

Vaughan  and  Mc  Clintock , The  nature  of  the 
germicidal  constituents  of  blood  serum. 

520 

Ward,  Further  experiments  on  the  action 
of  light  on  „Bacillus  anthracis“.  1019 
Werigo,  Developpement  du  charbon  chez 
le  lapin.  D’aprfes  les  tableaux  micro- 
scopiques  du  foie  et  de  la  rate.  766 

Myocarditis. 

Councilman,  Gonorrhoeal  myocarditis.  186 


Nephritis. 

Pernice  und  Scagliosi,  Experimentelle  Ne- 
phritis bakterischen  Ursprungs.  904 

Otitis. 

Dmochowski,  Beitrag  zur  Lehre  über  die 
pathogenen  Eigenschaften  des  Fried- 
länder’schen  Pneumococcus.  581 

Malignes  Oedem. 

Sanfelice,  Untersuchungen  über  anaerobe 
Mikroorganismen.  488 

Osteomyelitis. 

Marpmann,  Mitteilungen  aus  Marpmann’s 
hygien.  Laboratorium.  (Orig.)  634 

Müller,  Ueber  akute  Osteomyelitis.  78 

— , Der  jetzige  Stand  der  Eiterungsfrage 
von  bakteriologischem  Standpunkte  aus. 
(Orig.)  735.  804 

Schnitzler , Ueber  den  Befund  virulenter 
Staphylokokken  in  einem  seit  35  Jahren 
geschlossenen  osteomyelitischen  Herde. 
(Orig.)  270 

Panophthalmitis. 

Randolph,  A case  of  Panophthalmitis,  caused 
by  the  Bacillus  coli  communis.  769 

Paralysis  ascendens  acuta. 

Albu,  Zur  Aetiologie  der  Paralysis  ascen- 
dens acuta , nebst  Bemerkungen  zur 
Theorie  der  infektiösen  Erkrankungen 
des  Centralnervensystems.  321 

Pellagra. 

Mircoli , Sülle  alterazione  spinali  ed  etio- 
logia  della  Pellagra.  824 

Periearditis. 

Emst , The  Bacillus  pyocyaneus  periearditis. 

608 

Harold,  The  Bacillus  pyocyaneus  pericar- 
ditidis.  559 

Oddo,  Pericardite  complication  de  colique 
hepatique.  429 

Peritonitis. 

Adossides,  Ueber  den  heutigen  Stand  der 
Therapie  der  Peritonitis  tuberculosa. 

523 


1050 


Register. 


Nannotti  und  Baciocchi,  üeber  den  Mechanis- 
mus und  über  den  Genesungsprozeä  der 
tuberkulösen  Peritonitis  durch  die  Lapa- 
rotomie. 65U 

Schnitzler,  Chirurgisch-bakteriologische  Mit- 
teilungen. 667 

Periostitis. 

Schrank , Zwei  Fälle  von  ,, Periostitis  albu* 
minosa“  (Ollier).  696 

Schreier , Zur  Aetiologie  und  Pathogenese 
der  Periostitis  dentalis.  440 

Pleuritis. 

Bordoni-Üffreduzzi,  Ueber  die  Lokalisation 
des  Gonococcus  im  Innern  des  Organis- 
mus (durch  den  Gonococcus  hervorge- 
rufene Pleuritis  und  Arthritis).  742 
Prudden.  A study  on  the  aetiology  of 
exsudative  Pleuritis.  502 

Schlenker , Beiträge  zur  Lehre  von  der 
menschlichen  Tuberkulose.  Ueber  Tu- 
berkulose als  Ursache  pleuritischer  Ad- 
häsionen. 493 

Pneumaturie. 

Heyse,  Ueber  Pneumaturie  , hervorgerufen 
durch  Bacterium  lactis  aerogenes , und 
über  pathologische  Gasbildung  im  tie- 
rischen Organismus.  322 

Pneumonie. 

Arribat,  Des  associations  microbiennes  de 
la  tuberculose.  491 

Bazy,  De  l’absorptiou  par  les  voies  uri- 
naires.  1017 

Bunzl-Federn,  Ueber  einen  für  Tiere  patho- 
genen Mikroorganismus  aus  dem  Sputum. 

609 

Capobianco,  La  pneumonite  da  tiroidectomia 
e quella  da  recisione  del  vago  nei  conigli. 

179 

Dmochotcski , Beitrag  zur  Lehre  über  die 
pathogenen  Eigenschaften  des  Friedlän- 
der’scben  Pneumococcus.  (Orig.)  581 
Emmerich,  Ueber  die  Infektion , Immuni- 
sierung und  Heilung  bei  krupöser  Pneu- 
monie. 1012 

Foä , Sur  l’infection  par  le  Diplococcus 
lanceolatus.  206 

Gatti,  Süll’  aumento  del  potere  microbicida 
del  sangue  durante  la  infezione.  441 
Marchand,  Ueber  einen  noch  nicht  näher 
bekannten  Kapselbacillus.  428 

Mühlmann,  Zur  Mischinfektionsfrage.  (Orig  ) 

885 


Ortner,  Die  Lungentuberkulose  als  Misch- 
infektion. 490 

Pane , Ripristinamento  della  virulenza  del 
diplobacillo  pneumoniae  mediante  il  virus 
carbonchioso.  781 

Pansini,  Weitere  Untersuchungen  über  das 
Verhalten  des  Serums  gegenüber  den 
Mikroorganismen,  insbesondere  über  seine 
Heilkraft  bei  der  Pneumokokkeninfektion. 

204 

Schmidt,  Ueber  die  Benutzung  verschiedener 
Sputa  als  Nährboden  und  das  Wachs- 
tum der  Pneumokokken  auf  denselben. 

90 

Wassermann,  Ueber  differentielle  Diagno- 
stik von  entzündlichen  Lungenaffektionen. 

177 

Pneumonomycosis. 

Kohn,  Ein  Fall  von  Pneumonomycosis 
aspergillina.  565 

Pocken. 

Bemheim,  Cow-Pox  und  Tuberkulose.  653 
Buttenack,  Ueber  Vaccine.  91 

Cramer  and  Boyce,  The  nature  of  vaccine 
immunity.  94 

Gundolin , Zur  Frage  der  Schutzpocken- 
impfung. 1015 

Leoni,  Ueber  die  Faktoren  der  spezifischen 
und  pathogenen  Aktivität  der  Pocken- 
lymphe. 815 

Oettinger,  De  la  specifite  de  la  varicelle. 

866 

Porter,  Notes  and  queries  on  small-pox. 

22 

Richards,  Presidential  address  on  infectious 
diseases  with  especial  reference  to  their 
treatment  by  vaccine.  208 

Sdavo,  Della  conservazione  dei  virus  in 
glicerina.  507 

Sobotka,  Zur  Kenntnis  des  Vaccinepro- 
zesses. 93 

Prostatitis. 

v.  Sehlen,  Zur  Diagnostik  und  Therapie 
der  Prostatitis  chronica.  325 

Pseudoleukämie. 

Grossi,  Su  di  un  caso  raro  di  pseudoleucemia 
acuta.  182 

Traversa,  Un  caso  acutissimo  di  pseudo- 
leucemia linfatica.  182 

Pseudotuberkulose. 

Plancard , Des  pseudotuberculoses  micro- 
biennes. 501 


Register. 


1051 


Psorospermose. 

Delipint  and  Cooptry  A few'  facts  concer- 
niug  psorospermosis  or  gregarinosis. 

123 

Puerperalfieber. 

Burekhardt,  Ueber  den  Einfluß  der  Scheiden- 
bakterien auf  den  Verlauf  des  Wochen- 
bettes. 379 

Pyelitis. 

Baduel , Nota  clinica  e batteriologica  sopra 
un  caso  di  Pielite  bilaterale  suppurativa. 

824 

Pyelonephritis. 

Savor,  Zur  Aetiologie  der  akuten  Pyelo- 
nephritis. 824 

Schmidt  und  Aschof , Die  Pyelonephritis 
in  anatomischer  und  bakteriologischer 
Beziehung  und  die  ursächliche  Bedeu- 
tung des  Bacterium  coli  commune  für 
die  Erkrankung  der  Harnorgane.  697 

Pyonephrose. 

Schnitzler,  Chirurgisch-bakteriologische  Mit- 
teilungen. 667 

Babies. 

Bujuhd,  üeber  die  antirabische  Behand- 
lung nach  der  Pasteur’schen  Methode 
und  die  Veränderungen  der  Nervenzellen 
bei  der  Tollwut.  863 

Sclavo,  Deila  conservazione  dei  virus  in 
glicerina.  507 

Tizzoni  und  Centanni,  Serum  gegen  Rabies, 
von  hoher,  immunisierender  Kraft,  auf 
den  Menschen  anwendbar.  830 


Tedetchi , Untersuchungen  über  die  Wir- 
kung der  Einimpfung  des  Rotzes  auf 
die  Nervencentren.  242 

Bhinosklerom. 

Patclowsky , Ueber  die  Behandlung  des 
Rhinoskleroms  mit  Rhinosklerin.  1015 

Schweinerotlauf. 

Donath , Ueber  fiebererregende  Bakterien- 
produkte. 898 

Lorenz , Schutzimpfungsversuche  gegen 
Schweinerotlauf  mit  Anwendung  eines 
aus  Blutserum  immunisierter  Tiere  her- 
gestellten Impfpräparates.  (Orig.)  278 
Petri  und  Maaften,  Beiträge  zur  Biologie 
der  krankheitserregenden  Bakterien,  ins- 
besondere über  die  Bildung  von  Schwefel- 
wasserstoff durch  dieselben  unter  vernehm- 
licher Berücksichtigung  des  Schweinerot- 
laufs. 905 

Schneidemühl,  Ueber  die  wissenschaftlichen 
Grundsätze  und  die  praktische  Regelung 
der  Fleischbeschau.  396 

Septikämie. 

Barbier,  Sur  une  forme  de  septic^mie  dans 
le  croup.  129 

Bunzl-Fedem,  Ueber  einen  für  Tiere  patho- 
genen Mikroorganismus  aus  dem  Sputum. 

609 

Palleike,  Ueber  den  Keimgehalt  der  Milch 
gesunder  Wöchnerinnen.  120 


Canon,  Bakteriologische  Blutuntersuchungen 
bei  Sepsis.  19 

Fischl,  Ueber  septische  Infektion  des  Säug- 
lings mit  gastrointestinalen  resp.  pulmo- 
nalen Symptomen.  765 


Bauschbrand. 

Banfeliee,  Untersuchungen  über  anaerobe 
Mikroorganismen.  488 

Botz. 

Bonome , Neue  Beobachtungen  über  die 
diagnostische  und  Heilwirksamkeit  des 
Malleins  gegen  Rotz  bei  den  Menschen 
und  den  Tieren.  686 

Ddvalos,  El  muermo  en  la  Habana.  870 
Semmer,  Ueber  gutartige  heilbare  Formen 
des  Rotzes.  917 

Sittmann , Ein  Fall  akuter  Rotzinfektion 
beim  Menschen.  699 


Septico-Pyämie. 

Arloing  et  Chantre  Etüde  sur  l’origine 
microbienne  de  l’infection  purulente  chi- 
rurgicale.  315 

Siebourg , Zur  Casuistik  der  krypte gene- 
tischen Septicopyämie.  316 

8korbut. 

Babes,  Ueber  einen  die  Gingivitis  und 
Hämorrhagieen  verursachenden  Bacillus 
bei  Skorbut.  72 

— , Ueber  einen  bei  Skorbut  gefundenen 
Bacillus.  953 

Bomträger,  Skorbut  auf  Schiffen.  323 


1052 


Register. 


Stomatitis. 

Foote , Report  of  a case  of  gangrenous 
Stomatitis,  with  a bacteriological  exami- 
nation.  122 

Strumitis. 

Schnitzler , Chirurgisch-bakteriologische  Mit- 
teilungen. 667 

Syphilis. 

Binz,  Die  Einschleppung  der  Syphilis  in 
Europa,  190 

Bonaduce,  Betrachtungen  über  und  Ver- 
suche mit  einer  neuen  Behandlung  der 
Syphilis.  1013 

Gold,  Sechs  Fälle  von  extragenitaler  Syphilis- 
infektion. 191 

Kollmann,  Ueber  Lammbluttransfusion  bei 
Syphilis.  208 

Mauriac,  Ce  que  devraient  etre  le  traite- 
ment  specifique  et  la  prophylaxie  de  la 
Syphilis.  201 

Schirren,  Ceber  Lungensyphilis.  867 

Wolff,  Die  Syphilis  unter  den  Urvölkern 
Amerikas  mit  besonderer  Bezugnahme 
auf  ihr  Bestehen  daselbst  vor  der  Ent- 
deckung Amerikas  durch  Columbus.  866 

Syringomyelie. 

v.  Düring,  Lepra  und  Syringomyelie.  824 

Taubenseuche. 

Willach,  Eine  durch  Infusorien  verursachte 
Taubenepizootie.  83 

Tetanus. 

Brieger  u.  Cohn,  Beiträge  zur  Konzentrierung 
der  gegen  Wundstarrkrampf  schützenden 
Substanz  aus  der  Milch.  442 

Brunner,  Die  bisherigen  Resultate  experi- 
menteller Untersuchungen  über  die  Art 
der  Wirkung  des  Tetanusgiftes  auf  das 
Nervensystem.  438 

Büchner,  Beruht  die  Wirkung  des  Behring- 
schen  Heilserums  auf  Giftzerstörung? 

517 

Buschke,  Ueber  die  Immunisierung  eines 
Menschen  gegen  Tetanus.  255 

Fermi  und  Pemossi,  Ueber  das  Tetanusgift. 

(Orig.)  303 

v.  Hehler,  Mitteilung  über  zwei  Tetanus- 
fälle nebst  Demonstrationen.  181 

Kartuli» , Untersuchungen  über  das  Ver- 
halten des  Tetanusgiftes  im  Körper.  180 
Martin,  Goulstonian  lectures  on  the  Chemical 
pathology  of  diphtheria,  compared  with 


that  of  anthrax,  infective  endocarditis 
and  tetanus.  757 

Rtmetoff  und  Fedoroff,  Zwei  Fälle  von 
Tetanus  traumaticus  behandelt  und  der 
eine  von  ihnen  geheilt  durch  das  Blut- 
serum immun  gemachter  Tiere  (Hunde). 

115 

Righi,  L’immunitk  nei  suoi  rapporti  con  la 
funzione  deila  milza.  336 

Roncali,  Contributo  allo  Studio  dell’  infe- 
zione  tetanica  sperimentale  negli  animali. 

439 

Rummo,  Sulla  immunitä  alle  infezioni  per 
assuefacione  farmacologica.  (Mitrida- 
tismo.)  Stricnina  e tetano.  513 

San/elice,  Untersuchungen  über  anaerobe 
Mikroorganismen.  488 

Tizzoni  e Cattani,  Sulla  importanza  deila 
milza  nell’  immunizzazione  sperimentale 
del  coniglio  contro  il  tetano.  236 

— — , Ulteriori  ricerche  sperimentali  sulla 
immunitä  contro  il  tetano.  669 

Vulpius,  Ueber  einen  Fall  von  Wundstarr- 
krampf mit  Tierversuchen.  180 

Wemiclce,  Ueber  Behring’s  Blutserumthera- 
pie bei  Tetanus.  898 

Wladimir  off Ueber  die  antitoxinerzeugende 
und  immunisierende  Wirkung  des  Teta- 
nusgiftes bei  Tieren.  444 

Texasfieber. 

Billings , Southern  Cattle  Plague  (Texas 
fever).  700 

Trachom. 

Truc,  Contagion  du  trachome  (ophthalmie 
granulöse)  380 

Trichinose. 

Aslcanazy , Zur  Lehre  von  der  Trichinosis. 
(Orig.)  225 

Tuberculose. 

Adenot,  De  l’origine  osseuse  de  certaines 
ulcerations  tuberculeuses  en  apparence 
exclusivement  cutan4es.  (Frequence  et 
obscuritd  de  cette  origine  dans  les 
affections  lupoides  des  extr6mit6s  des 
membres.)  960 

Adossides,  Ueber  den  heutigen  Stand  der 
Therapie  der  Peritonitis  tuberculosn. 

523 

Arribat,  Des  associations  microbiennes  de 
la  tuberculose.  491 

Baas,  Experimentell-anatomische  Unter- 
suchungen über  den  Einfluß  des  Tuber- 
kulocidins  und  Tuberkulins  auf  die  Impf- 
tuberkulose des  Kaninchenauges.  973 


Register. 


1053 


Babes  et  Kalindero  , Lesions  tuberculeuses 
comme  porte  d’entree  de  ln  fievre  typhoide, 
l’entero-h£patite  suppuree  et  l’infection 
hemorrhagique.  $5 

— , Sur  les  associations  bacteriennes  des 
bacilles  de  la  tuberculose  avec  des  mi- 
erobes  hemorrhagiques.  957 

Bärlund , 2 fall  af  medfödd  tuberkulös. 
[Zwei  Fälle  von  angeborener  Tuberku- 
lose], 498 

Baumgarten,  Ueber  recidivierende  Tuber- 
kulose nach  Behandlung  mittelst  Tuber- 
kulins. 373 

— , Ueber  ein  Kehlkopfcarcinom  kombi- 
niert mit  den  histologischen  Erschei- 
nungen der  Tuberkulose.  377 

Bentheim,  Cow-Pox  und  Tuberkulose.  653 
— , Die  Behandlung  der  Tuberkulose  mit 
immunisiertem  Serum.  654 

— , Vorgängige  Diagnose  der  Tuberkulose. 

655 

— , Erblichkeit  und  Ansteckung  der  Tuber- 
kulose. 656 

Boüinger,  Ueber  die  Infektiosität  des  Blutes 
tuberkulöser  Rinder.  499 

— , Ueber  die  Identität  der  Perlsucht  der 
Rinder  mit  der  menschlichen  Tuberkulose. 

500 

Borrel,  Tuberculose  experimentale  du  rein. 

970 

de  Bruice,  Ueber  einen  Fall  von  akuter 
Miliartuberkulose  mit  dem  ausgeprägten 
Bilde  des  Abdominaltyphus.  957 

Carasso,  Neue  Methode  der  Behandlung  der 
Lungentuberkulose.  (Orig.)  990 

Crone,  Ein  Beitrag  zur  Lehre  vom  Lupus- 
carcinom  (Tuberculo-Carcinom).  377 
Czaplewski  u.  Roloff,  Ueber  den  Heilwert 
des  Tuberkulins  nach  Experimenten  an 
tuberkulös  infizierten  Meerschweinchen 

367 

Dixon , Involution  form  of  the  tubercle 
Bacillus  and  the  effect  of  subcutaneous 
iDjections  of  organic  substances  on  in- 
flammations  492 

Ducamp,  Les  tuberculoses  atypiques.  497 
Frankenberger , Beitrag  zur  Kasuistik  und 
Aetiologie  der  primären  Genitaltuber- 
kulose des  Weibes.  961 

Gibney,  Final  results  in  tubercular  ostitis 
of  the  knee  in  cbildren  — commonly 
known  as  ,, white  swelling'1.  496 

Gockel,  Zur  Aetiologie  des  Leichentuberkels. 

500 

de  Grazia  e Cassaretti,  I derivati  del  creosoto 
nella  cura  della  tisi  polmonare.  (Ben- 
zoilguaiacolo , carbonato  di  guaiacolo, 
acido  guaiacol-carbonico,  carbonato  di 
creosoto.)  522 

Hallopeau,  Des  treves  dans  les  manifesta- 
tions  cutanees  de  la  tuberculose.  494 


Haupt,  Die  möglichen  und  erlaubten  Gren- 
zen einer  Prophylaxe  der  Tuberkulose 
vom  Standpunkte  der  praktischen  ärzt- 
lichen Erfahrung.  858 

llkewitsch,  Eine  neue  Methode  zur  Ent- 
deckung von  Tuberkelbacillen  im  Spu- 
tum Schwindsüchtiger.  (Orig.)  162 
Kerez,  Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks  auf 
den  Tuberkelbacillus.  (Orig.)  37 

Küchensky,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  den  Einfluß  der  Laparotomie  auf 
die  Bauchfelltuberkulose  der  Tiere.  973 
Kotlar,  Ueber  Herzthrombentuberkulose. 

498 

Kruse,  Ueber  das  Vorkommen  der  sogen. 
Hühnertuberkulose  beim  Menschen  und 
bei  Säugetieren.  501 

Kuprianow,  Ueber  die  desinfizierende  Wir- 
kung des  Guajakols.  (Orig.)  933.  981 
Malevot,  De  la  tuberculose  de  la  verge. 

495 

Nannotti  und  Baciocchi,  Ueber  den  Mecha- 
nismus und  über  den  Genesungsprozeß 
der  tuberkulösen  Peritonitis  durch  die 
Laparotomie.  650 

Ortner,  Die  Lungentuberkulose  als  Misch- 
infektion. 490 

Plancard,  Des  pseudotuberculoses  micro- 
biennes.  501 

Richter,  Ueber  neuere  Behandlungsmethoden 
der  Tuberkulose  vom  pathologisch-ana- 
tomischen Standpunkte.  521 

Schlenker , Beiträge  zur  Lehre  von  der 
menschlichen  Tuberkulose.  Ueber  Tu- 
berkulose als  Ursache  pleuritischer  Ad- 
häsionen. 493 

— , Beiträge  zur  Lehre  von  der  mensch- 
lichen Tuberkulose.  Ueber  die  Häufigkeit 
tuberkulöser  Veränderungen  in  mensch- 
lichen Leichen.  493 

Schmaus  und  Utchinsky,  Ueber  den  Verlauf 
der  Impftuberkulose  bei  Einwirkung  von 
Alkalialbuminat.  971 

Schneidemühl,  Ueber  die  wissenschaftlichen 
Grundsätze  und  die  praktische  Regelung 
der  Fleischbeschau  396 

Schütz,  Zur  Behandlung  des  Lupus  vulgaris. 

522 

Secchi,  Di  un  caso  di  lupus  eritematoso 
guarito  con  le  injezioni  ipodermiche  di 
tubercolina  Koch.  522 

Spina,  Einige  Versuche  über  die  Wirkung 
von  intraparenchymatösen  Injektionen 
von  Giften  in  die  verkästen  Knoten  bei 
der  Impftuberkulose  der  Meerschwein- 
chen. 702 

Strauer , Systematische  Blutuntersuchungen 
bei  Schwindsüchtigen  und  Krebskranken. 

772 

Tassinari,  Ricerche  sull’  aria  di  una  fabrica 
di  tessuti  rispetto  al  contenuto  in  micro- 
organismi  ed  osservazioni  sul  numero 


1054 


Register. 


loro  in  rapporto  alle  condizioni  dell’  aria 
ambiente  con  speciale  riguardo  al  bacillo 
della  tuberculosi.  492 

Winkler,  Die  antituberkulöse  Wirkung  des 
Guajakol-Jodoforms.  972 

Zappert , Ueber  das  Vorkommen  der  eosi- 
nophilen Zellen  im  menschlichen  Blute. 

334 

Typhus. 

Agro,  Dei  rapporti  patogeni  fra  il  Bacillo 
del  Tifo  e il  Bacterium  coli  commune. 

745 

Alessi,  Ueber  Fäuluisgase  als  prädisponie- 
rende Ursache  zur  Typhusinfektion. 
(Orig.)  228 

Almquist,  Zur  Biologie  der  Typhusbakterie 
und  der  Escherich’schen  Bakterie.  63 
Babes  et  Ealindero,  L6sions  tuberculeuses 
comme  porte  d'entr6e  de  la  fievre  typhoide, 
l’entero-b6patite  suppuröe  et  l’infection 
hemorrhagique.  65 

Bruch , De  la  fievre  typhoide  chez  les  Arabes 
en  Algerie.  693 

de  Bruice,  Ueber  einen  Fall  von  akuter 
Miliartuberkulose  mit  dem  ausgeprägten 
Bilde  des  Abdominaltyphus.  957 

Cazeneuvt , Rollet  et  Nicolas,  Sur  l’action 
microbicide  du  Gallanol.  574 

Cesarit-Demel  und  Orlandi , Sulla  equiva- 
lenza  biologica  dei  prodotti  del  „B.  coli“ 
e del  „B.  tiphi“.  62 

Chiari,  Ueber  das  Vorkommen  von  Typhus- 
bacillen in  der  Gallenblase  bei  Typhus 
abdominalis.  648 

Dihu,  Etüde  sur  le  röle  du  bacille  d’Eberth 
dans  les  complications  de  la  fievre 
typhoide.  689 

Dmochowski  u.  Janowski,  Beitrag  zur  Lehre 
von  den  pyogenen  Eigenschaften  des 
Typhusbacillus.  (Orig.)  216 

Fremlin,  Vergleichende  Studien  an  Bact. 
coli  commune  verschiedener  Provenienz. 

693 

Germano  und  Maurea,  Vergleichende  Unter- 
suchungen über  den  Typhusbacillus  und 
ähnliche  Bakterien.  60 

InghxUeri,  Ueber  das  Verhalten  einiger 
Mikroorganismen  in  Bouillonkulturen, 
welche  die  Bujwid’sche  Reaktion  geben. 

688 

— , Ueber  das  verschiedene  Verhalten  des 
B.  coli  und  des  Typbusbacillus  in  amyg- 
dalinhaltiger Bouillon.  821 

Kiefsling,  Das  Bacterium  coli  commune. 

559 

Klemm , Die  Knochenerkrankungen  im 
Typhus.  237 

Khpsttin , Ueber  das  Verhalten  der  Cholera- 
und  Typhusbakterien  im  Torfmull  mit 
Säurezuaätzen.  445 


Lewaschow,  Die  bakteriologischen  Behand- 
lungsmethoden der  Infektionskrankheiten 
beim  Menschen  im  allgemeinen  und  die 
Serumbehandlung  des  Flecktyphus  im 
besonderen.  1003 

Loewy,  Die  Typhusepidemie  in  Fünfkirchen, 
verursacht  durch  Infektion  der  Wasser- 
leitung. 236 

Moreau,  Contribution  ä l’etude  de  l’6tio- 
logie  de  la  fifevre  typhoide  et  de  la  vitalite 
dans  le  sol  du  bacille  d’Eberth.  690 
Nei/ser,  Untersuchungen  über  den  Typhus- 
bacillus und  das  Bacterium  coli  com- 
mune. 695 

v.  Pettenkofer,  Maßregeln  gegen  die  Cholera 
hier,  die  sanitären  Verhältnisse  der 
Irrenanstalten,  Siechenhäuser,  Arbeits- 
häuser, Gefangen-  und  Strafanstalten.  776 
Prozorowski,  Ueber  die  Wirkung  von  Kaffee 
und  von  einigen  Kafifeesurrogaten  auf 
pathogene  Mikroorganismen.  398 

Quincke  und  Stühlen , Zur  Pathologie  des 
Abdominaltyphus.  689 

Radiguet,  Contribution  ä l’6tude  de  l’origine 
hydrique  de  la  fiövre  typhoide.  Fifevre 
typhoide  et  eau  de  Seine  dans  les  prisons 
de  Paris.  691 

Righi,  L'immunitä  nei  suoi  rapporti  con  la 
funzione  della  milza.  336 

Schäfer , Die  Typhusepidemie  des  Jahres 
1891  im  Kreise  Niederbarnim.  691 
Schardinger,  Ueber  das  Vorkommen  Gärung 
erregender  Spaltpilze  im  Trinkwasser 
und  ihre  Bedeutung  für  die  hygienische 
Beurteilung  derselben.  48 

Schild,  Eine  Typhusepidemie  mit  nach- 
weisbarer Entstehungsursache  und  die 
Diagnose  des  Typhusbacillus.  692 

Schmidt,  Milch,  die  Quelle  einer  Typhus- 
epidemie. 63 

Scholl,  Bakteriologische  und  chemische 
Studien  über  das  Hühnereiweiß.  511 
Stern,  Ueber  einige  Beziehungen  zwischen 
menschlichem  Blutserum  und  pathogenen 
Bakterien.  335 

— , Ueber  die  Wirkung  des  menschlichen 
Blutserums  auf  die  experimentelle  Ty- 
phusinfektion. 1008 

Temi,  La  diagnosi  differenziale  del  bacillo 
del  tifo.  249 

ü\ felmann,  Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen  Trock- 
nung und  über  die  Möglichkeit  ihrer 
Verschleppung  durch  die  Luft.  (Orig.) 

133 

Vincent,  Resultats  exp^rimentaux  de  l’asso- 
ciation  du  streptocoque  et  du  bacille 
typhique  64 

Zinno,  Contributo  allo  Studio  dei  processi 
biochimici  dei  batteri  con  speciale  riguardo 
alle  diagnosi  differenziale  fra  varii  mi- 
croorganismi  simiglianti.  428 


Register. 


1055 


Urethritis. 

Haue,  Der  Gonococcas  Neißer,  sein  Vor- 
kommen bei  Urethritis  und  Bartholinitis. 

188 

Varicellen. 

Oettinger,  De  la  specifite  de  la  varicelle. 

866 


Weil’sche  Krankheit. 

Jaeger,  Die  Aetiologie  des  infektiösen  fieber- 
haften Ikterus  (Weil’sche  Krankheit). 
Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  septischer 
Erkrankungen  und  der  Pathogenität  der 
Proteusarten.  74 

W undinfektion. 

Pfuhl,  Ueber  die  Infektion  der  Schußwunden 
durch  mitgerissene  Kleiderfetsen.  176 


c.  Durch  Bakterien  und  andere  Parasiten  hervorgerufene 
Krankheiten  einzelner  Organe  etc. 


Augen. 

Fisching,  Ein  Fall  von  Diphtherie  der 
Bindehaut.  565 

Franke,  Untersuchungen  über  die  Desin- 
fektion des  Bindehautsackes  nebst  Be- 
merkungen zur  Bakteriologie  desselben. 

128 

Levingon , Etüde  clinique,  bacteriologique 
et  critique  sur  les  maladies  des  voies 
lacrymales  produisant  le  larmoiement 

770 

Marttun,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  Antisepsis  hei  Augenoperationen 
und  die  Bakteriologie  des  Konjunktival- 
sackes  127 

Randolph,  A case  of  Panophthalmitis,  cau- 
sed  by  the  Bacillus  coli  communis.  769 
Truc,  Contagion  du  trachome  (ophthalmie 
granuleuse).  380 

Bauch. 

Redtenbacher,  Ein  Fall  von  Actinomycosis 
abdominalis.  567 

Becken. 

Schmidt,  Ueber  Echinococcus  im  weiblichen 
Becken.  Im  Anschlüsse  an  einen  in  der 
hiesigen  gynäkologischen  Klinik  beob- 
achteten Fall.  328 

Blut. 

Canon , Bakteriologische  Blutuntersuchungen 
bei  Sepsis.  19 

Koväcs,  Zur  Frage  der  Beeinflussung  des 
leukämiscbenKrankbeitsbildes  durch  kom- 
plizierende Infektionskrankheiten.  181 
Perles,  Beobachtungen  über  perniciöse  Anä- 
mie. 23 

Straiur,  Systematische  Blutuntersuchungen 
bei  Schwindsüchtigen  und  Krebskranken. 

7T2 


Darm. 

Dtnys  et  Sluyts , Du  m4canisme  des  sym- 
ptömes  gastro-intestinaux  dans  le  Cholera 
asiatique.  914 

Felsenthal  und  Stamm,  Die  Veränderungen 
in  Leber  und  Darm  bei  der  Coccidien- 
krankbeit  der  Kaninchen.  82 

Eiefslmg , Das  Bacterium  coli  commune. 

559 

Oker-Blom,  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Ein- 
dringens des  Bacterium  coli  commune 
in  die  Darmwand  in  pathologischen  Zu- 
ständen. 588 

Sluyts,  Etüde  sur  les  proprieies  du  poison 
du  Cholöra  asiatique.  913 

Galle. 

Chiari , Ueber  das  Vorkommen  von  Typhus- 
bacillen in  der  Gallenblase  bei  Typhus 
abdominalis.  648 

Oddo,  Pericardite  complication  de  colique 
bepatique.  429 

Geschlechtsorgane. 

Burckhardt,  Ueber  den  Einfluß  der  Scheideu- 
bakterien  auf  den  Verlauf  des  Wochen- 
bettes. 379 

Frankenberger,  Beitrag  zur  Kasuistik  und 
Aetiologie  der  primären  Genitaltuber- 
kulose des  Weibes.  961 

Henke,  Ueber  die  Desinfektion  infizierter 
Hände  und  die  Notwendigkeit  der  geburts- 
hilflichen Abstinenz.  374 

Koümann,  Zur  Diagnostik  und  Therapie 
der  männlichen  Gonorrhöe.  183 

Koplik,  Urogenital  Blennorrhoea  in  child- 
ren.  184 

MaUcot,  De  la  tuberculose  de  la  verge.  495 
Beymond,  Cystites  chez  les  malades  non 
sondes.  121 

Schmidt  und  Aschoß , Die  Pyelonephritis 
in  anatomischer  und  bakteriologischer 


1056 


Register. 


Beziehung  und  die  ursächliche  Bedeu- 
tung des  Bacterium  coli  commune  für 
die  Erkrankung  der  Harnorgane.  697 

Harn. 

Bazy,  De  l’absorption  par  les  voies  uri- 
naires.  1017 

Fisichella , Sulla  tossicitä  dell’  urina  dei 
lebbrosi.  567 

Jawein,  Zur  Frage  von  den  Toxinen  des 
tierischen  Harns  bei  akuten  Infektions- 
krankheiten. 175 

Kartulis,  Untersuchungen  über  das  Ver- 
halten des  Tetanusgiftes  im  Körper. 

180 

Marchand,  Ueber  das  Vorkommen  von 
Trichomonas  im  Harne  eines  Mannes, 
nebst  Bemerkungen  über  Trichomonas 
vaginalis.  (Orig.)  709 

Marpmann , Mitteilungen  aus  Marpmann’s 
hygien.  Laboratorium.  (Orig.)  634 
Renault,  Du  bacterium  coli  commune  dans 
l’infection  urinaire.  696 

Haut. 

Althausen,  Ueber  Verbreitung  und  Behand- 
lung des  Herpes  tonsurans.  81 

Bemheim,  Ueber  Invasion  von  Hautkokken 
bei  Ekzem.  (Orig.)  141 

Biro,  Untersuchungen  über  den  Favuspilz. 

69 

Delassus , De  la  teigne  faveuse  dans  le 
departement  de  l’Herault  et  ä la  clinique 
des  enfans  ä l’hopital  general  de  Mont- 
pellier. 870 

Hallopeau,  Des  treves  dans  les  manifesta- 
tions  cutanees  de  la  tuberculose.  494 
Jefsner,  Favusstudien.  II.  71 

Marianelli,  Sul  Trichophyton  tonsurans. 

857 

Neebe  und  Unna , Kritische  Bemerkungen 
zum  Pleochroismus  der  Achorionarten. 

68 

Russell,  Tbe  bacteriology  of  epidemic  ex- 
foliativa dermatitis.  324 

Sabouraud,  Sur  une  mycose  innominee  de 
l’homme.  La  teigne  tondante  spüciale 
de  Gruby,  Microsporon  Audouini.  868 
Unna,  Natürliche  Reinkulturen  der  Ober- 
hautpilze. 701 

von  Wasielewski,  Herpes  zoster  und  dessen 
Einreihung  unter  die  Infektionskrank- 
heiten. 79 

Herz. 

Kotlar,  Ueber  Herzthrombentuberkulose. 

498 

Roger,  Ueber  die  Wirkung  der  Bakterien- 
gifte aufs  Herz.  651 


Knie. 

Oibney , Final  results  in  tubercular  ostitis 
of  the  knee  in  children  — commonly 
known  as  „white  swelling“.  496 

Oockel,  Zur  Aetiologie  des  Leichentuberkels. 

500 

Knochen. 

Adenot,  De  l’origine  osseuse  de  certaines 
ulcerations  tuberculeuses  en  apparence 
exclusivement  cutanöes.  (Fr6quence  et 
obscurite  de  cette  orgine  dans  les 
affections  lupoides  des  extr4mit4s  des 
membres.)  960 

Klemm,  Die  Kuochenerkrankungen  im  Ty- 
phus. 237 

Müller,  Ueber  akute  Osteomyelitis.  78 
Quincke  und  Stühlen,  Zur  Pathologie  des 
Abdominaltyphus.  689 

Schnitzler , Ueber  den  Befund  virulenter 
Staphylokokken  in  einem  seit  35  Jahren 
geschlossenen  osteomyelitischen  Herde. 
(Orig.)  270 

Schrank,  Zwei  Fälle  von  „Periostitis  albu- 
minosa“  (Ollier).  696 

Leber. 

Babes , Ueber  Enterohepatitis  suppurata 
endemica.  952 

— et  Kalindero , Lesions  tuberculeuses 
comme  porte  d’entrde  de  la  fifevre  typhoide, 
l’entero-hepatite  suppur6e  et  l’infection 
bemorrhagique.  65 

Braun,  Ueber  ein  für  den  Menschen  neues 
Distomum  der  Leber.  602 

Felsenthal  und  Stamm,  Die  Veränderungen 
in  Leber  und  Darm  bei  der  Coccidien- 
krankheit  der  Kaninchen.  82 

Scagliosi,  Ueber  die  mikrobischen  Leber- 
entzündungen. 861 

Lunge. 

Kohn,  Ein  Fall  von  Pneumonomycosis 


aspergillina.  565 

Netter , De  l’actinomycose  pulmonaire.  566 
Ortner,  Die  Lungentuberkulose  als  Misch- 
infektion. 490 

Schirren,  Ueber  Lungensyphilis.  867 


Wassermann,  Ueber  differentielle  Diagno- 
stik von  entzündlichen  Lungenaffektionen. 

177 

Milz. 

Righi,  L’immunitä  nei  suoi  rapporti  con 
la  funzione  della  milza.  336 

Tizzoni  e C'attani,  Sulla  importanza  della 
milza  nell’  immunizzazione  sperimentale 
del  coniglio  contro  il  tetano.  236 


Register. 


1057 


Mund. 

Broes  van  Dort,  Ein  Fall  von  Baelz'scher 
Krankheit.  769 

Dornberger,  Ueber  das  Vorkommen  der 
Streptokokken  in  der  normalen  und 
kranken  Mundhöhle  des  Kindes.  764 
Rappin,  Sur  les  microorganismes  des  voies 
digestives.  429 

Nase. 

Corzolino,  La  microcidina  et  il  cloruro  di 
sodia  per  i proeessi  microbici  massime 
piogeni  dell’  orecchio,  del  naso  e della 
gola.  441 

Nerven. 

Brunner,  Die  bisherigen  Resultate  experi- 
menteller Untersuchungen  über  die  Art 
der  Wirkung  des  Tetanusgiftes  auf  das 
Nervensystem.  438 

Bujwid , Ueber  die  antirabische  Behand- 
lung nach  der  Pasteur’schen  Methode 
und  die  Veränderungen  der  Nervenzellen 
bei  der  Tollwut.  863 


Tedeschi,  Untersuchungen  über  die  Wir- 
kung der  Einimpfuug  des  Rotzes  auf 
die  Nervencentra.  242 

Nieren. 

Borrel,  Tuberculose  experimentale  du  rein. 

970 

Pernice  und  Scagliosi,  Beitrag  zur  Kennt- 
nis der  Pathogenie  der  Nierenver- 
änderungen bei  der  asiatischen  Cholera. 

950 

Ohren. 

Corzolino,  La  microcidina  ed  il  cloruro  di 
sodia  per  i proeessi  microbici  massime 
piogeni  dell’  orecchio,  del  naso  e della 
gola.  441 

Rectum. 

Dock,  Gonorrhea  of  the  rectum.  190 

Zähne. 

Schreier,  Zur  Aetiologie  und  Pathogenese 
der  Periostitis  dentalis.  440 


VII.  Durch,  pflanzliche  und  tierische  Parasiten  verursachte 
Krankheiten  der  Tiere. 


Abbot,  The  results  of  inoculations  of  milk 
cows  with  cultures  of  the  bacillus  diph- 
theriae.  780 

Baas,  Experimentell-anatomische  Unter- 
suchungen über  den  Einfluß  des  Tuber- 
kulocidins  und  Tuberkulins  auf  die  Impf- 
tuberkulose des  Kauinchenauges.  973 
Bärlund,  2 fall  af  medfödd  tuberkulös. 
[Zwei  Fälle  von  angeborener  Tuberkulose], 

498 

Baumgarten,  Ueber  recidivierende  Tuber- 
kulose nach  Behandlung  mittelst  Tuber- 
kulins. 373 

Beck , Der  Bacillus  der  Brustseuche  beim 
Kaninchen.  246 

Bernheim,  Cow-Pox  und  Tuberkulose.  653 
Billings , Southern  Cattle  Plague  (Texas 
fever).  700 

— , The  Com  Fodder  Disease  in  Cattle 
and  other  Farm  Animais  etc.  700 

Bollinger,  Ueber  die  Infektiosität  des  Blutes 
tuberkulöser  Rinder.  499 

— , Ueber  die  Identität  der  Perlsucht  der 
Rinder  mit  der  menschlichen  Tuberku- 
lose. 500 

Bonome , Neue  Beobachtungen  über  die 
diagnostische  und  Heilwirksamkeit  des 
Mallei'ns  gegen  Rotz  bei  den  Menschen 
und  den  Tieren.  686 


Braun,  Helminthologische  Notizen.  (Orig.) 

409.  680 

Brieger  und  Cohn,  Beiträge  zur  Konzen- 
trierung der  gegen  Wundstarrkrampf 
schützenden  Substanz  aus  der  Milch. 

442 

Brunner,  Die  bisherigen  Resultate  experi- 
menteller Untersuchungen  über  die  Art 
der  Wirkung  des  Tetanusgiftes  auf  das 
Nervensystem.  438 

Bunzl-Fedem  , Ueber  einen  für  Tiere  pa- 
thogenen Mikroorganismus  aus  dem 
Sputum.  609 

Capobianco,  La  pneumonite  da  tiroidecto- 
mia  e quella  da  recisione  del  vago  nei 
conigli.  179 

Cholodkowsky,  Ueber  eine  neue  Species  von 
Taenia.  (Orig.)  552 

Czaplewski  und  Rolojf,  Ueber  den  Heilwert 
des  Tuberkulins  nach  Experimenten  an 
tuberkulös  infizierten  Meerschweinchen. 

367 

Danilewsky,  Ueber  die  Hämatozoen  bei 
Tieren,  welche  analog  den  Malariahäma- 
tozoen  beim  Menschen  sind.  480 

Dmochowski  und  Janowski,  Beitrag  zur 
Lehre  von  den  pyogenen  Eigenschaften 
des  Typhusbacillus.  (Orig)  216 

Donath , Ueber  fiebererregende  Stoffe.  857 


1058 


Register. 


Felsenthal  und  Stamm , Die  Veränderungen 
in  Leber  und  Darm  bei  der  Coccidien- 
krankbeit  der  Kaninchen.  82 

Gasperini,  Versuche  über  das  Genus  ,,Ac- 
tinomyces“.  684 

Goltz,  Ueber  Schwarzfärbung  des  Rostel- 
lum  und  Fehlen  des  Hakenkranzes  bei 
Cysticercus  cellulosae.  392 

Gurley,  On  the  Classification  of  the  Myxo- 
sporidia,  a group  of  protozoan  parasites 
infesting  fishes.  86 

Issaeff,  Untersuchungen  über  die  künstliche 
Immunität  gegen  Cholera.  777 

— und  Ivanof,  Untersuchungen  über  die 
Immunisierung  der  Meerschweinchen  ge- 
gen den  Vibrio  Ivanoff.  1010 

Jaeger , Die  Aetiologie  des  infektiösen 
fieberhaften  Ikterus  (Weil’sche  Krank- 
heit). Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  septi- 
scher Erkrankungen  und  der  Pathogeni- 
tät der  Proteusarten.  74 

Jägerskiöld,  Bidrag  tili  kännedomen  om 
Nematoderna.  125 

Janson.  Die  Krankheiten  der  Haustiere  in 
Japan.  394 

Kischensky,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  den  Einfluß  der  Laparotomie  auf 
die  Bauchfelltuberkulose  der  Tiere.  973 
Kupriancnc , Ueber  die  desinfizierende  Wir- 
kung des  Guajakols.  (Orig.)  933.  981 
Kurth , Bakteriologische  Untersuchungen 
bei  Maul-  und  Klauenseuche.  123 

Labbi,  Sur  les  Coccidies  des  oiseaux.  773 
— , Dimorphisme  dans  le  depeloppement 
des  hemosporidies.  773 

— , Coccidium  Delagei , coccidie  nouvelle 
parasite  des  tortues  d’eau  douce.  827 
Laser , Ueber  die  praktische  Verwertbarkeit 
des  Bacillus  der  Mäuseseuche-Laser. 
(Orig.)  33 

Lazarus  und  Weyl , Weitere  Beiträge  zur 
Theorie  der  Immunität  gegen  Milzbrand. 

204 

v.  Linstow,  Zur  Anatomie  and  Entwicke- 
lungsgeschichte der  Tänien.  612.  772 
— , Heterakis  Sonsinoi.  (Orig.)  733 

— , Helminthologische  Studien.  967 

Lönnberg,  Ueber  eine  neue  Tetrabothrium- 
species  und  die  Verwandtschaftsverhält- 
nisse  der  Ichthyotänien.  (Ori<7.)  801 

Lorenz , Schutzimpfungsversuche  gegen 
Schweinerotlauf  mit  Anwendung  eines 
aus  Blutserum  immunisierter  Tiere  her- 
gestellten Impfpräparates.  (Orig.)  278 
Lunkewitsch,  Beitrag  zur  Biologie  des  Ba- 
cillus typhi  murium  (Loeffler)  und  seine 
Virulenz  gegen  die  Feld-  und  Haus- 
mäuse (Orig.)  845 

de  Magalhaes,  Notes  d’helminthologie  br6- 
silienne.  II.  700 


MontieeUi,  Studii  sui  Trematodi  endoparas- 
siti ; primo  contributo  di  osservazioni 
sui  Distomidi.  872 

Neumann,  Sur  un  Ecbinocoque  du  Chat. 

392 

Pfeifer  und  Istaef,  Ueber  die  Spezifität 
der  Choleraimmunisierung.  778 

Raüliet,  Traite  de  Zoologie  mödicale  et 
agricole.  871 

v.  Rdtz,  Ueber  die  Dochmienkrankheit  der 
Hunde.  387 

Remesof  und  Fedoroß , Zwei  Fälle  von 
Tetanus  traumaticus  behandelt  und  der 
eine  von  ihnen  geheilt  durch  das  Blut- 
serum immun  gemachter  Tiere  (Hunde). 

115 

Roncali,  Contributo  allo  Studio  dell’  infe- 
zione  tetanica  sperimentale  negli  animali. 

439 

Sabolotny,  Infektions-  und  Immunisierungs- 
versuche am  Ziesel  (Spermophilus  gutta- 
tus)  gegen  den  Choleravibrio.  (Orig.) 

150 

Sacharoß,  Ueber  den  Einfluß  der  Kälte 
auf  die  Lebensfähigkeit  der  Malaria- 
parasiten. (Orig)  158 

Schönwerth,  Abhängigkeit  der  erfolgreichen 
Infektion  mit  Hühnercholera  von  der 
Anzahl  der  dem  Tiere  einverleibten  Ba- 
cillen , sowohl  bei  intramuskulärer  In- 
jektion, als  bei  Fütterung.  503 

Semmer,  Ueber  gutartige  heilbare  Formen 
des  Rotzes.  917 

Smith,  Preliminary  notes  on  a Sporozoon 
in  tbe  intestinal  vills  of  cattle.  388 
Sobemheim,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  Choleragift  und  Choleraschutz. 

780 

Spina,  Einige  Versuche  über  die  Wirkung 
von  intraparenchymatösen  Injektionen 
von  Giften  in  die  verkästen  Knoten  bei 
der  Impftuberkulose  der  Meerschweinchen. 

702 

Stiles,  Notes  on  parasites.  — 18:  On  the 
presence  of  Sarcosporidia  in  birds.  611 
Temi,  Das  Serum  der  kaltblütigen  Tiere 
bei  der  Milzbrandinfektion.  863 

Thaxter,  New  species  of  Laboulbeniaceae 
from  various  localities.  569 

Tictin,  Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der 
Milz  bei  Febris  recurrens.  (Orig.)  840 
Tizzoni  e Cattani,  Sulla  importanza  della 
milza  nell’  immunizzazione  sperimentale 
del  coniglio  contro  il  tetano.  236 

— — , Ulteriori  ricerche  sperimentali  sulla 
immunitä  contro  il  tetano.  669 

Trambutti,  Ueber  die  physiologische  Wir- 
kung der  Stoflwechselprodukte  des  Hydro- 
philus  fuscus.  607 


Register. 


1059 


Vayssilre,  Etüde  sur  le  Temnocephala, 
parasite  de  l’Astacoides  madagascarien- 
sis.  389 

Tulpius,  Ueber  einen  Fall  von  Wundstarr- 
krampf mit  Tierversuchen.  180 

Ward,  Ueber  das  Vorkommen  von  Distoma 
Westermanni  in  den  Vereinigten  Staaten. 
{Orig.)  362 


VIII.  Durch  pflanzliche  und 
Krankheiten 

Beyerinck,  Ueber  die  Natur  der  Fäden  der 
Papilionaceenknöllchen.  (Orig.)  728 
Brich , Ueber  Nectria  cinnabarina  (Tode)  Fr. 

774 

Cavara,  Ueber  einige  parasitische  Pilze 
auf  dem  Getreide.  329 

Dietel,  Descriptions  of  new  species  of 
Uredineae  and  Ustilagineae,  with  remarks 
on  some  otber  species.  88 

Frank,  Ueber  ein  parasitisches  Clado- 
sporium  auf  Gurken.  440 

— , Ueber  die  Befallung  des  Getreides 
durch  Cladosporium  und  Phoma  440 
Hurtig,  Eine  krebsartige  Rindenkrankheit 
der  Eiche , erzeugt  durch  Aglaospora 
Talola.  700 

Kirchner,  Ueber  die  Behandlung  des  Saat- 
getreides mit  warmem  Wasser  als  Mittel 
gegen  den  Flug-  und  Steinbrand.  622 
Lindau,  Der  Epheukrebs.  506 

Mer,  Recherches  sur  la  maladie  des  bran- 
ches  de  Sapin , causee  par  le  Phoma 


Werigo,  Developpemeut  du  charbon  chez 
le  lapin.  Däprfes  les  tableaux  micro- 
scopiques  du  foie  et  de  la  rate.  766 
Willach,  Eine  durch  Infusorien  verursachte 
Taubenepizootie.  83 

— , Monostoma  hepaticum  suis.  874 

Wladimiroff,  Ueber  die  antitoxinerzeugende 
und  immunisierende  Wirkung  des  Teta- 
nusgiftes bei  Tieren.  444 


tierische  Parasiten  verursachte 
der  Pflanzen. 

abietina  R.  Hartig  (Fusicoccum  abietinum 
Prill.  et  Delacr.)  829 

Müller,  Zur  Kenntnis  des  Runzelschorfes 
und  der  ihm  ähnlichen  Pilze.  828 

Russell,  Bacteria  in  their  relation  to  vege- 
table  tissue.  169 

Sadebeck,  Die  parasitischen  Exoasceen.  503 
Sajö,  Das  Getreidehähnchen  (Lema  mela- 
uopus  L.)  126 

Sorauer , Einige  Beobachtungen  bei  der 
Anwendung  von  Kupfermitteln  gegen 
die  Kartoffelkrankheit.  57ff 

— , Populäre  Anleitung  für  den  Landwirt 
zur  Unterscheidung  der  im  Getreide 
vorkommenden  Stein-  und  Staubbrand- 
arten. 774 

v.  Tubeuf,  Mitteilungen  über  einige  Pflan- 
zenkrankheiten. 195 

— , Empusa  Aulicae  Reich,  und  die  durch 
diesen  Pilz  verursachte  Krankheit  der 
Kieferneulenraupe.  248 

— , Hexenbtsen  der  Lärche.  701 


IX.  Untersuchungsmethoden,  Instrumente  etc. 


Agosta  y Grande  Rossi,  Tdcnica  bacterio- 
lögica.  876 

Aren 8,  Eine  Methode  zur  Plattenkultur  der 
Anaeroben.  (Orig.)  15 

Bark,  Aural  catheter  steam  sterilizer.  256 
Beyerinck,  Notiz  über  den  Nachweis  von 
Protozoen  und  Spirillen  in  Trinkwasser. 
(Orig.)  10 

— , Ueber  die  Natur  der  Fäden  der  Papi- 
lionaceenknöllchen. (Orig.)  728 

— , Ueber  Thermotaxis  bei  Bacterium 
Zopfii.  (Orig.)  799 

Biro,  Untersuchungen  über  den  Favuspilz. 

69 

Blachstein,  Ueber  die  Virulenz  des  Komma- 
bacillus in  ihrer  Beziehung  zum  Nähr- 
boden. 915 


Bogdan,  Versuche  über  die  Leistungsfähig- 
keit der  Freiherr  von  Kuhn’scben  Abest- 
filter.  878 

Bordoni-  Uffreduzzi,  Ein  Fall  von  fuchsin- 
ähnlicher Bakterienfärbung  des  Fleisches. 

666- 

Bordoni- Uffreduzzi  und  Abba,  Ueber  eine 
aus  dem  Menschen  isolierte  Varietät  des 
Cholerabacillus  und  über  die  bakterio- 
logische Diagnose  der  Cholera.  863 
Boyce  and  Evans,  Upon  the  action  of 
gravity  on  Bacterium  Zopfii.  568 

Brieger  und  Cohn,  Beiträge  zur  Konzen- 
trierung der  gegen  Wundstarrkrampf 
schützenden  Substanz  aus  der  Milch. 

442 

Bruschettini,  L’immunitä  sperimentale  nell’ 
influenza.  445 


1060 


Register. 


Burri,  Ueber  einige  zum  Zwecke  der  Art- 
charakterisieruDg  anzuwendende  bakte- 
riologische Untersnchungsmetboden  nebst 
Beschreibung  von  zwei  neuen  , aus 
Rheinwasser  isolierten  Bakterien.  88 
Carasso , Neue  Methode  der  Behandlung  der 
Lungentuberkulose.  (Orig.)  990 

Chatin , Contribution  k la  recherche  des 
streptocoques  dans  l’air  atmospherique. 

764 

Councilman,  The  pathology  and  diagnosis 
of  Diphtberia  760 

Denyt , Diagnose  der  asiatischen  Cholera 
vermittelst  des  Mikroskops.  818 

Dräer , Ueber  den  Wert  des  Duncker’sehen 
Dampffeuchtigkeitsmessers.  508 

Dreyfufs,  Ueber  das  Vorkommen  von  Cellu- 
lose in  Bacillen.  Schimmel-  und  anderen 
Pilzen.  909 

Drofsbach,  Methode  der  bakteriologischen 
Wasseruntersuchung.  775 

Ehrlich , Rossel  und  W assermann  , Ueber 
Gewinnung  und  Verwendung  des  Diph- 
therieheilserums. 924 

Elsner,  Zur  Plattendiagnose  des  Cholera- 
bacillus. 877 

van  Ermengem.  Nouvelle  methode  de  colo- 
ration  des  cils  des  bacteries.  969 

Eermi  und  Montesano , Ueber  die  De- 
komposition des  Amygdalins  durch  Mi- 
kroorganismen. (Orig.)  722 

v.  Freudenreich , Ueber  eine  Verbesserung 
des  Plattenverfahrens.  (Orig.)  643 
Freymutk  und  Lickfett , Nochmals  zur 
Diagnose  der  Cholera  mittelst  Agarplatten. 

250 

Friedrich , Vergleichende  Untersuchungen 
über  den  Vibrio  cholerae  asiaticae  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  dia- 
gnostischen Merkmale  desselben  434 
Gärtner,  Ein  neuer  gasbildender  Bacillus. 

(Orig.)  1 

Gibbes,  On  the  parasitic  nature  of  Cancer. 

770 

Gruber , Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin 
Kirchner  in  Sachen  der  Prüfung  von 
Wasserfiltern.  (Orig.)  165 

de  Haan  und  Hvysse,  Die  Koagulation  der 
Milch  durch  Cholerabakterien.  (Orig.) 

268 

Huber,  Ueber  den  Influenzabacillus.  439 
Ilkeicitsch,  Eine  neue  Methode  zur  Ent- 
deckung von  Tuberkelbacillen  im  Spu- 
tum Schwindsüchtiger.  (Orig.)  162 
— , Ueber  die  Kerne  der  Milzbrand- 
sporen. (Orig.)  261 

Inghilleri,  Ueber  eine  neue  rasche  Doppel- 
farbungsmethode  bei  den  bakteriologi- 
schen Untersuchungen  des  Blutes  und 
der  anderen  Gewebe.  820 


Kahane,  Ueber  das  Vorkommen  lebender 
Parasiten  im  Blute  und  in  Geschwulst- 
zellen bei  Carcinomatösen.  (Orig.)  413 
Kiefsling,  Das  Bacterium  coli  commune. 

559 

Korber,  Studien  über  die  Verteilung  der 
Bakterienkolonieen  in  Esmarch’schen 
Rollröhrchen.  921 

Krückmann,  Eine  Methode  zur  Herstellung 
bakteriologischer  Museen  und  Konser- 
vierung von  Bakterien.  (Orig)  851 
Kruse,  Eine  allgemein  anwendbare  Verbesse- 
rung des  Plattenverfahrens.  (Orig.)  419 
Kuprianorc,  Zur  Methodik  der  keimfreien 
Gewinnung  des  Blutserums.  (Orig.)  458 
Kurloff,  Zur  Lehre  von  den  Carcinompara- 
siten.  (Orig.)  341 

Lacour-Eymard,  Experiences  sur  le  filtre 
Chamberland,  Systeme  Pasteur  k netto- 
veur  mecanique  O.  Andre.  621 

Lafar,  Eine  neue  Zählvorrichtung  für 
Plattenkulturen  in  Petrischalen.  331 
Lanz,  Ein  neues  Verfahren  der  Gonokokken- 
färbung. 776 

Lunkeicicz,  Beitrag  zur  bakteriologischen 
Technik.  (Orig.)  42 

Maafsen,  Zur  bakteriologischen  Diagnose 
des  asiatischen  Cholera.  Ein  neues  An- 
reicherungsverfahren für  Spirillen  und 
Vibrionen.  251 

— , Beiträge  zur  Differenzierung  einiger 
dem  Vibrio  der  asiatischen  Cholera  ver- 
wandter Vibrionen  und  kurze  Angaben 
über  eiweißfreie  Nährböden  von  allge- 
meiner Anwendbarkeit.  922 

Mally,  Combination  hot  filter  and  steam 
sterilizer;  a handy  incubating  cage.  877 
Marek.  Kleine  Mitteilungen  zur  bakterio- 
logischen Technik.  112 

Marpmann.  Mitteilungen  aus  Marpmann’s 
hygien.  Laboratorium.  (Orig.)  634 
Mie,  Eine  Modifikation  des  WolfFhügel’scben 
Kolonieen-Zählapparates.  876 

Miller,  Einige  kurze  Notizen  in  Bezug  auf 
bakteriologische  Untersuchungsmethoden. 
(Orig)  894 

Kicolaier,  Bemerkung  zu  der  Arbeit  von 
Prof  F.  G.  Novy  ,,Die  Kultur  anaerober 
Bakterien“.  (Ort<7.)  227 

Panmcitz,  Der  Desinfektionsapparat  als 
Haushaltungsgegenstand.  620 

Pasquale,  Vergleichende  Untersuchungen 
über  Streptokokken.  761 

Petri  und  Maafsen,  Beiträge  zur  Biologie 
der  krankheitserregenden  Bakterien,  ins- 
besondere über  die  Bildung  von  Schwefel- 
wasserstoff durch  dieselben  unter  vernehm- 
licher Berücksichtigung  des  Schweinerot- 
laufs. 905 


Register. 


1061 


Piefke , Ueber  die  Betriebsführung  von 
Sandfiltern  auf  Grundlage  der  zur  Zeit 
gütigen  sanitätspolizeiliehen  Vorschriften. 

878 

Posner  u.  Lewin , Farbenanalytische  Unter- 
suchungen über  gonorrhoischen  Eiter.  432 
Pouiklo,  Ueber  eine  die  Nachweisung  von 
Choleravibrionen  im  Wasser  erleichternde 
Untersuchungsmethode.  27 

Reichenbach , Ueber  einen  neuen  Brütofen 
für  beliebiges  Heizmaterial.  (Orig.)  847 
Sabouraud,  Sur  une  mycose  innominee  de 
l’bomme.  La  teigne  tondante  speciale 
de  Gruby,  Microsporon  Audouini.  868 
San/elice , Untersuchungen  über  auaerobe 
Mikroorganismen.  488 

Sawtschenko,  Weitere  Untersuchungen  über 
die  Erebsparasiten  (zur  Entwickelungs- 
geschichte derselben).  485 

Schild,  Eine  Typhusepidemie  mit  nachweis- 
barer Entstehungsursaehe  und  die  Dia- 
gnose des  Typhusbacillus.  692 

Schmidt,  Ueber  die  Benutzung  verschiedener 
Sputa  als  Nährböden  und  das  Wachs- 
tum der  Pneumokokken  auf  denselben.  90 
Schrank,  Anleitung  zur  Ausführung  bak- 
teriologischer Untersuchungen.  197 
Sclavo,  Deila  conservazione  dei  virus  in 
glicerina.  507 

— , Die  un  nuovo  apparechio  per  la  presa 
dell’  acqua  a profonditä.  507 

— , Di  un  rapido  processo  per  le  colo- 
razione  della  ciglia  di  alcuni  microorga- 
nismi.  507 

Stutzer  und  Burri,  Untersuchungen  über 
die  Bakterien  der  Cholera  asiatiea.  53 
Terni,  La  diagnosi  differenziale  del  bacillo 
del  tifo.  249 

Timpe,  Erklärung  zur  Frage  der  Gelatine- 
bereitung. (Orig.)  364.  644 

Trambusti,  Ueber  die  physiologische  Wir- 
kung der  Stoffwechselprodukte  des  Hydro- 
philus  fuscus.  607 


Traube,  Einfaches  Verfahren,  Wasser  in 
großen  Mengen  keimfrei  zu  machen. 

879 

Turrö,  Reacciön  del  indol  en  las  deyeccio- 
nes  colericas.  877 

Uffelmann,  Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen  Trock- 
nung und  über  die  Möglichkeit  ihrer 
Verschleppung  durch  die  Luft.  (Orig.) 

133 

Unna,  Natürliche  Reinkulturen  der  Ober- 
hautpilze. 701 

Vincent,  Etüde  sur  le  parasite  du  ,,pied 
de  Madura“.  965 

Voges,  Ueber  die  Verwendung  des  Uschinsky- 
schen  Nährbodens  zur  Cboleradiagnose. 
(Orig.)  453 

11 alliczek,  Zur  Technik  bei  Desinfektions- 
versuchen. (Orig.)  947 

Weigmann,  Die  Methoden  der  Milchkon- 
servierung, speziell  das  Pasteurisieren 
und  Sterilisieren  der  Milch.  509 

— und  Zirn , Ueber  das  Verhalten  der 
Cholerabakterien  in  Milch  und  Molke- 
reiprodukten. (Orig.)  286 

Weinrich,  Die  bakteriologischen  Unter- 
suchungsmethoden bei  chronischer  Go- 
norrhöe des  Mannes.  198 

Wolffhügel,  Zur  Frage  der  Gelatinebereitung. 

(Orig.)  167.  421 

Zabolotng,  Zur  Frage  der  raschen  Bakte- 
riendiagnose der  Cholera.  250 

Zettnoio,  Reinigung  verschmutzter  Objekt- 
träger. (Orig.)  555 

— , Ein  Apparat  zur  Kultur  anaerober 
Bacillen.  (Orig.)  638 

Zinno,  Contributo  allo  Studio  dei  processi 
biochimici  dei  batteri  con  speciale  riguardo 
alla  diagnosi  differenziale  fra  varii  micro- 
organismi  simiglianti.  428 

Zopf,  Zur  Kenntnis  der  Färbungsursachen 
niederer  Organismen.  (Vierte  Mitteilung.) 
Basidiomycetenfärbungen.  875 


X.  Schutzimpfung,  künstliche  Infektionskrankheiten, 
Entwickelungshemmung  und  Vernichtung  der  Bakterien  und 
anderer  Parasiten. 


Abbott,  The  results  of  inoculations  of  milk 
cows  with  cultures  of  the  Bacillus  diph- 
theriae.  780 

A coeta  y Grande  Rossi,  Tecnic  bacteriolögica. 

876 

Adamkiewicz,  Zur  Reaktion  der  Carcinome. 

771 

Adostides,  Ueber  den  heutigen  Stand  der 
Therapie  der  Peritonitis  tuberculosa. 

523 


Agro,  Dei  rapporti  patogeni  fra  il  Bacillo 
del  Tifo  e il  Bacterium  coli  commune. 

745 

Aronaon,  Zur  Diphtherieheilungsfrage.  Ent- 
gegnung auf  den  Artikel  des  Herrn  Prof. 
Behring.  926 

— , Weitere  Untersuchungen  über  Diph- 
therie und  das  Diphtherie  - Antitoxin, 
I.  Ueber  die  Art  und  Weise  der  Anti- 
toxinwirkung. 926 


XV.  Bd. 


67 


1062 


Register. 


Baas , Experimentell-anatomische  Unter- 
suchungen über  den  Einfluß  des  Tuber- 
kulocidins  und  Tuberkulins  auf  die  Impf- 
tuberkulose des  Kaninchenauges.  973 
Barle , Aural  catheter  steam  sterilizer.  256 
Baumgarten,  Ueber  recidivierende  Tuber- 
kulose nach  Behandlung  mittelst  Tuber- 
kulins. 373 

Bazy,  De  l’absorption  par  les  voies  uri- 
naires.  1017 

Behring,  Zur  Diphtherieheilungsfrage.  926 
— , Bemerkung  zu  vorstehender  Entgeg- 
nung. 926 

Bergmann,  Ein  neuer  Vorschlag  zur  Pro- 
phylaxe gegen  Diphtherie.  781 

Bemabeo , L’autodifesa  dell’  organismo 
contro  i germi  infettivi  in  rapporto  colle 
suppurazioni.  614 

Bemheim,  Die  Behandlung  der  Tuberkulose 
mit  immunisiertem  Serum.  654 

Binz,  Ueber  den  Vorgang  der  Heilung  des 
Malariafiebers  durch  Chinin.  974 

Biro,  Untersuchungen  über  den  Favuspilz. 

69 

Bogdan,  Versuche  über  die  Leistungsfähig- 
keit der  Freiherr  von  Kuhn’scheu  Asbest- 
filter. 878 

Bonaduce,  Ueber  Beziehungen  des  Blut- 
serums von  Tieren  zur  natürlichen  Im- 
munität. 441 

— , Betrachtungen  über  und  Versuche  mit 
einer  neuen  Behandlung  der  Syphilis. 

1013 

Bonome , Neue  Beobachtungen  über  die 
diagnostische  und  Heilwirksamkeit  des 
Malleins  gegen  Rotz  bei  den  Menschen 
und  den  Tieren.  686 

Bordom-Üfreduzzi,  Ueber  den  Wert  einiger 
für  die  Desinfektion  geschlossener  Räume 
vorgeschlagenen  gasförmigen  Desinfek- 
tionsmittel. 862 

Boretius,  Die  Beseitigung  der  Ansteckungs- 
stoffe , insbesondere  der  flüssigen  , bei 
Infektionskrankheiten.  333 

Bornträger,  Desinfektion  oder  Verhütung 
und  Vertreibung  ansteckender  Krank- 
heiten. 252 

Briegero.  Cohn,  Beiträge  zur  Konzentrierung 
der  gegen  Wundstarrkrampf  schützenden 
Substanz  aus  der  Milch.  442 

Brouardel,  La  defense  contre  le  cholera: 
valeur  comparee  du  Systeme  quarante- 
naire  ancien  et  du  systfeme  adopte  ä la 
Conference  de  Dresde  pour  la  defense 
des  divers  pays  contre  le  cholera  95 
Brunner,  Die  bisherigen  Resultate  experi- 
menteller Untersuchungen  über  die  Art 
der  Wirkung  des  Tetanusgiftes  auf  das 
Nervensystem.  438 


Büchner,  Ueber  den  Einfluß  der  Neutral- 
salze auf  Serumalexine,  Enzyme,  Tox- 
albumine,  Blutkörperchen  und  Milzbrand- 
sporen. 514 

— , Ueber  den  Einfluß  des  Lichtes  auf 
Bakterien  und  Uber  die  Selbstreinigung 
der  Flüsse.  515 

— , Beruht  die  Wirkung  des  Behring’schen 
Heilserums  auf  Giftzerstörung?  517 
Bujwid,  Ueber  die  antirabische  Behandlung 
nach  der  Pasteur’schen  Methode  und  die 
Veränderungen  der  Nervenzellen  bei  der 
Tollwut.  863 

Bruschettini,  L’immunitä  sperimentale  nell’ 
infiuenza.  445 

Buschke,  Ueber  die  Immunisierung  eines 
Menschen  gegen  Tetanus.  255 

Buttersack,  Ueber  Vaccine.  91 

Carasso,  Neue  Methode  der  Behandlung  der 
Lungentuberkulose.  ( Orig .)  990 

Carstens,  Ueber  Fehlerquellen  bei  der  Er- 
nährung der  Säuglinge  mit  sterilisierter 
Milch.  526 

Cazeneuve,  Rollet  et  Nicolas,  Sur  l’action 
microbicide  du  Gallanol.  574 

Centanni,  Die  spezifische  Immunisation  der 
Elemente  der  Gewebe.  202 

Cesaris-Demel  und  Orlandi,  Sulla  equiva- 
lenza  biologica  dei  prodotti  del  ,,B.  coli“  e 
del  ,,B.  typhi“.  62 

Chantemesse,  L’epidemie  cholerique  de  Con- 
stantinople.  753 

Charrin,  Einfluß  der  Atmosphärilien  auf 
die  Mikroorganismen.  859 

Christmas,  Sur  la  valeur  antiseptique  de 
l’ozone.  1016 

Colasanti,  Die  bakterientötende  Wirkung 
des  Euforins.  822 

— , L’azione  battericida  dell’  euforina.  1023 
Corzolino,  La  microcidina  ed  il  cloruro  di 
sodia  per  i processi  microbici  massime 
piogeni  dell’  orecchio,  del  naso  e della 
gola.  441 

Cramer  and  Boyce,  The  nature  of  vaccine 
immunity.  94 

Cucco,  Ueber  die  Wirkung  des  Phenocollum 
hydrochloricum  bei  Malaria.  399 

Czaplewski  u.  Roloff,  Ueber  den  Heilwert 
des  Tuberkulins  nach  Experimenten  an 
tuberkulös  infizierten  Meerschweinchen. 

367 

Denys,  Widerstandsfähigkeit  des  Organis- 
mus gegen  die  Mikroben.  817 

— et  Havet,  Sur  la  part  des  leucocytes 
daus  le  pouvoir  bactericide  du  sang  de 
chien.  1005 

Bixon  , Involution  form  of  the  tubercle 
Bacillus  and  the  effect  of  subcutaneous 
injections  of  organic  substances  on  in- 
flammations.  492 


Register. 


1063 


Dixon,  Possibility  of  establishing  tolerance 
for  tbe  tubercle  Bacillus.  521 

Dmochowski  u.  Janowski,  Beitrag  zur  Lehre 
von  den  pyogenen  Eigenschaften  des 
Typhusbacillus.  (Orig.)  216 

Donath , Ueber  fiebererregende  Bakterien- 
produkte. 898 

Ehrlich,  Kossel  und  Wassermann,  Ueber 
Gewinnung  und  Verwendung  des  Diph- 
therieheilserums. 924 

Emmerich , Ueber  die  Infektion,  Immuni- 
sierung und  Heilung  bei  krupöser  Pneu- 
monie. 1012 

Epstein , Beiträge  zu  den  Impfkrankheiten. 

22 

v.  Esmarch,  Ueber  Sonnendesinfektion.  510 
ledoroff,  Zur  Blutserumtherapie  der  Cho- 
lera asiatica.  572 

Eermi , Claudi  und  Pemossi,  Ueber  das 
Tetanusgift.  (Orig.)  303 

Einlcelnburg , Geschichtliche  Entwickelung 
und  Organisation  der  öffentlichen  Gesund- 
heitspflege in  den  Kulturstaaten.  311 
— , Der  Entwickelungsgang  und  der  heu- 
tige Stand  der  internationalen  Gesund- 
heitspflege. 1002 

Foa,  Sur  l’infection  par  le  Diplococcus 
lanceolatus.  206 

Fraenkel  und  Sobemheim , Versuche  über  das 
Zustandekommen  der  künstlichen  Immu- 
nität. 511 

Franke,  Untersuchungen  über  die  Des- 
infektion des  Bindehautsackes  nebst  Be- 
merkungen zur  Bakteriologie  desselben. 

128 

Frankland,  Die  Bakteriologie  in  einigen 
ihrer  Beziehungen  zur  chemischen  Wis- 
senschaft. 101 

Gärtner,  Verhütung  der  Uebertragung  und 
Verbreitung  ansteckender  Krankheiten. 

1000 

Gamaleia,  Ueber  das  Leben  der  Cholera- 
bacillen im  Wasser,  unter  dem  Einflüsse 
des  Eintrocknens  und  der  Feuchtigkeit. 

240 

Gatti,  Süll’  aumento  del  potere  raicro- 
bicida  del  sangue  durante  la  infezione. 

441 

Germano  e Colucci.  Süll’  azione  della  cura 
Pasteur  negli  epilettici.  831 

de  Giaxa  e Lenti , Studi  sulla  virulenza, 
sul  contenuto  d’azota  e sul  reciproco 
potere  immunizzante  del  bacillo  del  colera 
a seconda  della  varia  provenienza.  617 
Gdmey , Final  results  in  tubercular  ostitis 
of  the  knee  in  children  — commonly 
as  „white  swelling“.  496 

Goldschmidt,  Die  Behandlung  und  Heilung 
der  Lepra  tuberosa  mit  Europhen.  574 


de  Grazia  e CasareUi,  I derivati  del  creosoto 
nella  cura  della  tisi  polmonare.  (Benzoil- 
guaiacolo,  carbonato  di  guaiacolo,  acido 
guaiacol-carbonico,  carbonato  di  creosoto. 

522 

Grober , Antwort  an  Herrn  Dr.  Martin 
Kirchner  in  Sachen  der  Prüfung  von 
Wasserfiltern.  (Orig)  165 

— , Ueber  die  Löslichkeit  der  Kresole  in 
Wasser  und  über  die  Verwendung  ihrer 
wässerigen  Lösungen  zur  Desinfektion 

525 

— , Gutachten  des  k.  k.  obersten  Sanitäts- 
rates über  neuere  Desinfektionsmittel.  1021 
Gundolin,  Zur  Frage  der  Schutzpocken- 
impfung. 1015 

Hallopeau,  Des  treves  dans  les  manifesta- 
tions  cutan^es  de  la  tuberculose.  494 
Haupt , Die  möglichen  und  erlaubten  Gren- 
zen einer  Prophylaxe  der  Tuberkulose 
vom  Standpunkte  der  praktischen  ärzt- 
lichen Erfahrung.  858 

Havet,  Du  rapport  entre  le  pouvoir  bac- 
tericide  du  sang  de  chien  et  sa  richesse 
en  leucocytes.  1006 

Heerwagen.  Die  Cholera  in  Riga  1892.  127 

Henke,  Ueber  die  Desinfektion  infizierter 
Hände  und  die  Notwendigkeit  der  geburts- 
hilflichen Abstinenz.  374 

Hildebrandt , Ueber  Immunisierungsver- 
suche mittels  pharmakologischer  Agen- 
tien.  1006 

Hobrecht,  Sanitäre  Untersuchungen  in  Ae- 
gypten. 1003 

Hubencald,  Zur  Behandlung  der  Cholera. 

924 

Inghilleri,  Ueber  das  Verhalten  des  Milz- 
brandbacillus in  unsterilisierter  Milch. 

820 

— e Rolando,  Beitrag  zur  Kenntnis  der 

Choleraspirillen.  819 

— , Ueber  das  verschiedene  Verhal- 
ten des  B.  coli  und  des  Typhusbacillus 
in  amygdalinhaltiger  Bouillon.  821 

Issaeff,  Untersuchungen  über  die  künst- 
liche Immunität  gegen  Cholera.  777 

— und  Ivanoff,  Untersuchungen  über  die 

Immunisierung  der  Meerschweinchen  ge- 
gen den  Vibrio  Ivanoff.  1010 

Iwanoff,  Versuche  über  die  Desinfektion 
der  städtischen  Abwässer  mit  Schwefel- 
säure. 94 

Janet , Traitemeut  abortif  de  la  blennor- 
rhagie  par  le  permanganate  de  potasse, 
mode  d’aetion  de  ce  produit.  200 

Jawem,  Zur  Frage  von  den  Toxinen  des 
tierischen  Harns  bei  akuten  Infektions- 
krankheiten. 175 

Jtfsner , Favusstudien.  II.  71 

67* 


1064 


Register. 


Jollet,  Ueber  die  Desinfektionsfahigkeit 
von  Seifenlösungen  gegen  Cholerakeime. 

448 

Karlinski,  Kleine  Beiträge  zur  Aetiologie 
der  Cholera.  751 

Kerez,  Ueber  den  Einfluß  des  Tabaks  auf 
den  ruberkelbacillus.  ( Orig .)  37 

Kesem-Beck , Ueber  die  Behandlung  der 
Malaria  mit  Methylenblau  und  über  dessen 
lokale  Anwendung  bei  der  Diphtherie. 

975 

Kirchner,  Grundriß  der  Militärgesundheits- 
pflege. Lief.  2 — 8.  17 

— , Ueber  die  Behandlung  des  Saatge- 
treides mit  warmem  Wasser  als  Mittel 
gegen  den  Flug-  und  Steinbrand.  622 
Kischenslcy , Experimentelle  Untersuchungen 
über  den  Einfluß  der  Laparotomie  auf 
die  Bauchfelltuberkulose  der  Tiere.  973 
Klebt , Zur  Beurteilung  therapeutischer 
Maßnahmen.  Ein  Beitrag  zur  Antidiphthe- 
rinbehandlung.  1001 

Klein , Ueber  das  System  Hermite.  1018 
Kotsei,  Ueber  die  Einwirkung  der  Nuclei'n- 
säure  auf  Bakterien.  1018 

Klett , Die  Frage  der  Flußwasserreinigung 

51 

Klipstein,  Ueber  das  Verhalten  derCbolera- 
und  Typhusbakterien  im  Torfmull  mit 
Säurezusätzen.  445 

KoUmann,  Zur  Diagnostik  und  Therapie 
der  männlichen  Gonorrhöe.  183 

— , Ueber  Lammbluttransfusion  bei  Syphilis. 

208 

Kocäct,  Zur  Erage  der  Beeinflussung  des 
leukämischen  Krankheitsbildes  durch 
komplizierende  Infektionskrankheiten. 

181 

Kramsztylc,  Sterilisation  oder  Pasteurisation  ? 

880 

Krückmann,  Eine  Methode  zur  Herstellung 
bakteriologischer  Museen  und  Konser- 
vierung von  Bakterien.  {Orig.)  851 
Kruse,  Bemerkungen  über  Infektion,  Im- 
munität und  Heilung.  199 

Kühler,  Die  Gesetzgebung  zur  Bekämpfung 
gemeingefährlicher  Krankheiten  in  eini- 
gen Staaten  des  Auslandes.  254 

Kuprianow,  Zur  Methodik  der  keimfreien 
Gewinnung  des  Blutserums.  (Orig)  458 
— , Ueber  die  desinfizierende  Wirkung  des 
Guajakols.  (Orig.)  933.  981 

Lacour-Eymard,  Experiences  sur  le  filtre 
Chamberland,  Systeme  Pasteur  h netto- 
yeur  mecanique  O.  Andre.  621 

Laser,  Ueber  die  praktische  Verwertbar- 
keit des  Bacillus  der  Mäuseseuche-Laser. 
(Orig)  33 

— , Ueber  den  Einfluß  der  Citronensäure 
auf  den  Diphtheriebacillus.  524 


Lazarus  und  Weyl,  Weitere  Beiträge  zur 
Theorie  der  Immunität  gegen  Milzbrand. 

204 

Lenti,  Dell’  influenza  delT  alcoolo,  della 
glicerina  e dell’  olio  d’oliva  sull’  azione 
dei  disinfettanti.  1023 

Leoni,  Ueber  die  Faktoren  der  spezifischen 
und  pathogenen  Aktivität  der  Pocken- 
lymphe. 815 

Leicaschow,  Die  bakteriologischen  Behand- 
lungsmethoden der  Infektionskrankheiten 
beim  Menschen  im  allgemeinen  und  die 
Serumbehandlung  des  Flecktyphus  im 
besonderen.  1003 

Lorenz , Schutzimpfungsversuche  gegen 
Schweinerotlauf  mit  Anwendung  eines 
aus  Blutserum  immunisierter  Tiere  her- 
gestellten Impfpräparates.  (Orig.)  278 
Lunkewitsch,  Beitrag  zur  Biologie  des  Ba- 
cillus typhi  murium  (Loeffler)  und  seine 
Virulenz  gegen  die  Feld-  und  Haus- 
mäuse. (Orig.)  845 

Maiselis,  Ueber  die  erworbene  Immunität 
nach  menschlichen  Infektionskrankheiten. 

256 

Mally,  Combination  hot  filter  and  steam 
sterilizer ; a handy  incubating  cage.  877 
Marthen , Experimentelle  Untersuchungen 
über  Antisepsis  bei  Augenoperationen 
und  die  Bakteriologie  des  Konjunktival- 
sackes.  127 

Mauriac,  Ce  que  devraient  etre  le  traite- 
ment  specifique  et  la  prophylaxie  de  la 
Syphilis.  201 

Me/sner,  Experimentelle  Studien  über  die 
Wundbehandlung  bei  infizierten  Wunden. 

1004 

Montefusco , Azione  delle  basse  temperature 
sulla  virulenza  degli  spirilli  del  colera. 

254 

Mühlmann,  Zur  Mischinfektionsfrage.  (Orig.) 

885 

Mya,  Ueber  die  Pathologie  der  Diphtherie- 
infektion. 682 

Nannotti,  Ueber  die  Wirkung  der  sterili- 
sierten Eitersubstanzen  bei  Impfungen. 

649 

Nei/ser,  Untersuchungen  über  den  Typhus- 
bacillus und  das  Bacterium  coli  commune. 

695 

Netter,  De  l’actinomycose  pulmonaire.  566 
Ostertag,  Zur  Jodtberapie  der  Aktinomy- 
kose.  574 

Pagano,  L’azione  tossica  della  linfa  e del 
sangue.  702 

Pane,  Ripristinamento  della  virulenza  del 
diplobacillo  pneumoniae  mediante  il  vi- 
rus  carbonchioso.  781 

Pannwitz,  Der  Desinfektionsapparat  als 
Haushaltungsgegenstand.  620 


Register. 


1065 


Pansini,  Weitere  Untersuchungen  über  das 
Verhalten  des  Serums  gegenüber  den 
Mikroorganismen,  insbesondere  über  seine 
Heilkraft  bei  der  Pneumokokkeninfektion. 

204 

Pasquale,  Vergleichende  Untersuchungen 
über  Streptokokken.  761 

Pawlowsky  et  Maksutoff,  Sur  la  phago- 
cytose  dans  l'Actinomycose.  1007 

— , Ueber  die  Behandlung  des  Rhino- 
skleroms  mit  Rhinosklerin.  1015 

Peinice  and  Pollaci , Ueber  den  Einfluß 
der  Absonderungen  im  Verlaufe  der  In- 
fektionskrankheiten. 860 

Pettenkofer,  Maßregeln  gegen  die  Cholera 
hier,  die  sanitären  Verhältnisse  der 
Irrenanstalten,  Siechenhäuser,  Arbeits- 
häuser, Gelängen-  und  Strafanstalten. 

776 

Pfeifer , Studien  zur  Choleraätiologie.  748 
— und  Pssaef,  Ueber  die  Spezifität  der 
Choleraimmunisierung.  778 

Pfuhl,  Zur  Wirkung  des  Saprols.  208 
Piefke , Ueber  die  Betriebsführung  von  Sand- 
filtern auf  Grundlage  der  zur  Zeit  gü- 
tigen sanitätspolizeilichen  Vorschriften. 

878 

Pinna,  Ueber  die  Wirkung  des  Meerwassers 
auf  die  Virulenz  der  Milzbrandbacillen. 

816 

Porter,  Notes  and  queries  on  small-pox. 

22 

Prozorowski,  Ueber  die  Wirkung  von  Kaffee 
und  von  einigen  Kaffeesurrogaten  auf 
pathogene  Mikroorganismen.  398 

Radclife,  Ichtyol  as  a remedy  for  facial 
erysipelas.  575 

Reinbach,  Ueber  das  Verhalten  der  Leuko- 
cyten  bei  malignen  Tumoren.  243 

Remesoff  und  Fedorof , Zwei  Fälle  von 
Tetauus  traumaticus  behandelt  und  der 
eine  von  ihnen  geheilt  durch  das  Blut- 
serum immun  gemachter  Tiere  (Hunde). 

115 

Richter,  Ueber  neue  Behandlungsmethoden 
der  Tuberkulose  vom  pathologisch-ana- 
tomischen Standpunkte.  521 

Richards,  Presidential  address  on  infectious 
diseases  with  especial  reference  to  their 
treatment  by  vaccine.  208 

Righi,  L’immunitä  nei  suoi  rapporti  con  la 
funzione  della  milza.  336 

Roger,  Die  Leber  in  den  Infektionskrank- 
heiten. 651 

— , Ueber  die  Wirkung  der  Bakteriengifte 
aufs  Herz.  651 

Rosin,  Einfluß  von  Chinin  und  Methylen- 
blau auf  lebende  Malariaplasmodien. 

207 

Rummo,  Sulla  immunitä  alle  infezioni  per 
assuefazione  farmacologica  (Mitridatis- 
mo.)  Stricnina  e tetano.  513 


Sabolotny,  Infektions-  und  Immunisierungs- 
versuche am  Ziesel  (Spermophilus  gutta- 
tus)  gegen  den  Choleravibrio.  (Orig.) 

150 

Salut,  Ueber  das  Verhalten  der  Cholera- 
vibrionen im  Taubeukörper  und  ihre 
Beziehungen  zum  Vibrio  Metschnikovi. 

446 

Salvioli,  Ueber  die  physiologische  Wirkung 
der  löslichen  Produkte  einiger  Bakterien 
und  besonders  der  pyogenen  Staphylo- 
kokken 1007 

Sawtschenko  u.  Sabolotny,  Versuch  einer  Im- 
munisation  des  Menschen  gegen  Cholera. 

28 

Schickhardt,  Ueber  die  Einwirkung  des 
Sonnenlichtes  auf  den  menschlichen 
Organismus  und  auf  Mikroorganismen 
und  die  hygienische  Bedeutung  desselben. 

1020 

Schmaus  und  Uschinsky,  Ueber  den  Verlauf 
der  Impftuberkulose  bei  Einwirkung  von 
Alkalialbuminat.  971 

Schneidemühl,  Ueber  die  wissenschaftlichen 
Grundsätze  und  die  praktische  Regelung 
der  Fleischbeschau.  396 

Scholl,  Bakteriologische  und  chemische 
Studien  über  das  Hühnereiweiß.  511 
Schönwerth,  Abhängigkeit  der  erfolgreichen 
Infektion  mit  Hühnercholera  von  der 
Anzahl  der  dem  Tiere  einverleibten  Ba- 
cillen , sowohl  bei  intramuskulärer  In- 
jektion, als  bei  Fütterung.  503 

Schütz,  Zur  Behandlung  des  Lupus  vulga- 
ris. 522 

Sclavo,  Deila  conservazione  dei  virus  in 
glicerina.  507 

Secchi,  Di  un  caso  di  lupus  eritematoso 
guarito  con  le  injezioni  ipodermiche  di 
tubercolina  Koch.  522 

Semmer,  Ueber  gutartige  heilbare  Formen 
des  Rotzes.  917 

Sobernheim,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  Choleragift  und  Choleraschutz. 

780 

Sobotka , Zur  Kenntnis  des  Vaccinepro- 
zesses. 93 

Solbrig,  Ueber  die  Prophylaxis  der  Diph- 
theritis  vom  sanitätspolizeilichen  Stand- 
punkte. 571 

Sorauer,  Einige  Beobachtungen  bei  der 
Anwendung  von  Kupfermitteln  gegen  die 
KartofFelkrankheit.  570 

Sormani,  Ueber  die  den  Cholerabacillus 
neutralisierenden  Mittel.  861 

— Ueber  die  den  Diphtheriebacillus  neu- 
tralisierenden Mittel.  862 

Spina,  Einige  Versuche  über  die  Wirkung 
von  intraparenchymatösen  Injektionen 
von  Giften  in  die  verkästen  Knoten  bei 
der  Impftuberkulose  der  Meerschwein- 
chen. 702 


1066 


Register. 


Steinmetz , Kurze  Mitteilungen  über  einige 
Versuche  zur  Frage  der  faulniswidrigen 
Eigenschaften  der  Kohlensäure.  ( Orig  ) 

677 

Stern,  Ueber  einige  Beziehungen  zwischen 
menschlichem  Blutserum  und  pathogenen 
Bakterien.  335 

— , Ueber  die  Wirkung  des  menschlichen 
Blutserums  auf  die  experimentelle  Typhus- 
infektion. 1008 

Steuernagel,  Untersuchungen  über  die  Ver- 
unreinigung des  Rheins  durch  die  Kölner 
Kanalwässer,  sowie  die  Selbstreinigung 
desselben.  49 

Stutzer  und  Burri , Untersuchungen  über 
die  Bakterien  der  Cholera  asiatica.  53 
Temi,  Das  Serum  der  kaltblütigen  Tiere 
bei  der  Milzbrandinfektion.  863 

Tictin,  Zur  Frage  über  die  Bedeutung  der 
Milz  bei  Febris  recurrens.  [Orig.)  840 
Tizzoni  e Cattani,  Sulla  importanza  della 
milza  nell’  immunizzazione  sperimentale 
del  coniglio  contro  il  tetano.  236 

— — , Ulteriori  ricerche  sperimentali  sulla 

immunitä  contro  il  tetano.  669 

— und  Centanni , Serum  gegen  Rabies,  von 

hoher,  immunisierender  Kraft , auf  den 
Menschen  anwendbar.  830 

Traube,  Einfaches  Verfahren , Wasser  in 
großen  Mengen  keimfrei  zu  machen. 

879 

Truc , Contagion  du  trachome  (ophthalmie 
granuleuse).  380 

Ufelmann,  Versuche  über  die  Widerstands- 
fähigkeit der  Typhusbacillen  gegen  Trock- 
nung und  über  die  Möglichkeit  ihrer 
Verschleppung  durch  die  Luft.  (Orig.) 

133 

Vaughan,  The  principles  of  immunity  and 
eure  in  the  infectious  diseases.  518 

— and  Clintock,  The  nature  of  the  ger- 
micidal  constituents  of  blood  serum. 

520 

Veit,  Frische  Gonorrhöe  bei  Frauen.  609 
Verpflichtung  zur  Anzeige  von  anstecken- 
den Krankheiten  in  Frankreich.  208 


Vielguth,  Vorschlag  zur  Choleradesinfek- 
tion. 923 

Villard,  De  quelques  mesures  prophylacti- 
ques  prises  pendant  l’epidemie  de  cholera 
de  1892.  448 

Vulpius,  Kritische  Bemerkungen  und  prak- 
tische Erfahrungen  über  das  Antidiph- 
therin  Klebs.  781 

Walliczek,  Die  baktericiden  Eigenschaften 
der  Gerbsäure.  (Tannin  der  Apotheken.) 
(Orig.)  891 

— , Zur  Technik  bei  Desinfektionsversuchen. 

(Orig.)  947 

— , Die  Resistenz  des  Bacterium  coli  com- 
mune gegen  Eintrocknung.  (Orig.)  949 
Ward , Further  experiments  on  the  action 
of  light  on  „Bacillus  antbracis“.  1019 
Weigmann  und  Zim,  Ueber  „seifige“  Milch. 

(Orig.)  463 

— , Die  Methoden  der  Milchkonservierung, 
speziell  das  Pasteurisieren  und  Sterili- 
sieren der  Milch.  509 

Wehmer,  Abdeckereiwesen.  312 

Werigo,  Developpement  du  charbon  chez 
le  Japin.  D’apres  les  tableaux  micro- 
scopiques  du  foie  et  de  la  rate.  766 
Wernich,  Leichenwesen  einschließlich  der 
Feuerbestattung.  312 

Wemicke,  Ueber  das  Verhalten  der  Komma- 
bacillen auf  Tabaksblättern.  898 

— , Ueber  Behring’s  Blutserumtherapie  bei 
Tetanus.  898 

— , Beitrag  zur  Kenntnis  des  Loeffler’schen 
Diphtheriebacillus  und  zur  Blutserum- 
therapie bei  Diphtherie.  898 

Weiß,  Handbuch  der  Hygiene.  310.  954 
Winkler,  Die  antituberkulöse  Wirkung  des 
Guajakol- Jodoforms.  972 

v.  Witkoicski,  Ueber  Cholerabehandlung.  254 
Wladimiroff,  Ueber  die  antitoxinerzeugende 
und  immunisierende  Wirkung  des  Teta- 
nusgiftes bei  Tieren.  444 

Wolkowitsch , Ueber  den  therapeutischen 
Wert  des  Salols  bei  der  Choleradiarrhöe. 

573 

Zappert,  Ueber  das  Vorkommen  der  eosi- 
nophilen Zellen  im  menschlichen  Blute. 

334 


XI.  Bakteriologische  und  parasitologische  Kongresse. 


Podicyssozky , Parasitologisches  und  Bak- 
teriologisches vom  V.  Pirogow’schen 
Kongresse  der  russischen  Aerzte  zu  St. 
Petersburg,  27.  Dezember  1893  bis 
3.  Januar  1894.  (Orig.)  480 


Sanarelli,  Mitteilungen  aus  dem  XI.  inter- 
nationalen medizinischen  Kongresse  in 
Rom.  (Orig.)  648.  682.  742.  815.  857. 

897.  950 


Corrigendum  336.  575.  623. 


Autorenverzeiclinis. 


1067 


XII.  Sammlungen. 

Stiles,  Bemerkungen  über  Parasiten.  — Ueber  die  Erhaltung  von  Typen.  (Orig.)  477 


XIII.  Neue  Litteratur. 

29.  95.  129.  209.  257.  337.  400.  449.  528.  576.  624.  672.  704.  783.  832.  880.  928. 

975.  1024. 


XIV.  Autorenverzeiehnis. 


Abba  863 
Abbott,  A.  C.  780 
Abel,  Rudolf  213 
Acosta  876 
Adamkiewicz  771.  962 
Adenot  960 
Adler  24 

Adossides,  Alex  523 

Agro,  Eug.  745 

Albu,  A.  321 

Alessi,  Giuseppe  228 

Almquist,  E.  63 

Althausen,  Matthias  Joseph  81 

Amann  384 

D’Arcy  Power  771 

Arens  15 

Arloing  315.  901 

Armauer  Hansen  698 

Aronson  926 

Arribat,  Manius  491 

Aschoff,  Ludwig  697 

Ashmead,  W.  H.  613 

Askanazy,  M.  225 

Aufrecht  405 

Baas  973 

Babes,  V.  65.  72.  81.  952.  953.  957 

Baciocchi  650 

Baduel,  C.  824 

Bärlund,  A.  498 

Banti,  G.  381 

Bahr,  Hans  391 

Barbier  129 

Bark,  J.  256 

Barnow  694 

Bary  568 

Baumgarten,  P.  367.  373.  377 

Bazy  1017 

Beck,  M.  246.  317 

Behring  926 

Bergmann,  J.  781 

Bernabeo,  Gaetano  614 

Bernheim,  Jakob  141 

Bernheim,  S.  653.  654.  655.  656 

Beyerinck,  M.  W.  10.  171.  728.  799. 

Billings,  Frank  S.  700 

Binz  190.  974 

Biro  69 


Blachstein  235.  915 
Bochicchio,  Nicola  646 
Bogdan  878 
Bollinger,  O.  499.  500 
Bonaduce  441.  1013 
Bonhoff  562 
Bonome,  A.  686 
Booker,  W.  D.  756 

Bordoni-Uftreduzzi,  666.  742  862.  863 

Boretius  333 

Bornträger  252.  323 

Borrel  970 

Bouchard  652 

Bouzian,  Abdel  Kader  Onlit  384 

Boyce  94.  568 

Braun,  M.  409.  602.  680 

Brick,  C.  774 

Brieger,  L.  442 

Brock,  Sandison  774 

Brofis  van  Dort  769 

Brouardel  95 

Brown,  J.  382 

Bruce  382 

Bruch,  Alfred  693 

Bruice,  P.  J.  de  957 

Brunner  760 

Brunner,  C.  438 

Bruschettini,  A.  445 

Büchner,  H.  514.  515,  517.  750 

Bujwid,  O.  863 

Bunzl-Federn  609 

Burckhardt,  Louis  379 

Burdin,  Lucien  827 

Burri,  R.  53.  88 

Buschke  255 

Buttersack  91 

Cacace,  E.  242 
Canon  19 
Capobianco,  F.  179 
Carasso,  G.  M.  990 
Carstens,  Andr.  526 
Casaretti,  V.  522 
Casper  432 
Cattani,  G.  236.  669 
Cattle  329 
Cavara,  F.  329 
Cazeneuve,  P.  574 


1068 


Autorenverzeichnis. 


Celli,  A.  470.  789 
Centanni  202.  830 
Cesaris-Demel  62 
Chantemesse  753 
Chantre  315.  901 
Charrin,  608.  652.  688.  859 
Chatin,  Paul  764 
Chiari,  H.  327.  648 
Choleraepidemie  752 
Cholodkowsky,  N.  552 
Christmas  1016 
Claus,  C.  394 
Mc.  Clintock,  C.  T.  520 
Cohn,  F.  424 
Cohn,  G.  442 
Colasanti,  G.  822.  1023 
Colucci,  C.  831 
Cooper  123 
Corzolino,  V.  441 
Councilman,  W.  186.  760 
Cramer  94 
Crone,  W.  377 
Cucco,  Giovanni  399 
Czaplewski,  E.  367 

Danilowsky,  W.  480 
Dävalos,  J.  N.  870 
Dühu,  Paul  689 
Delassus,  P.  870 
D6lüpine  123 

Denys,  J.  817.  818.  914.  1005 
Diamare,  V.  393 
Dietel,  P.  88 
Dixon  492.  521 
Dmochowski,  Z.  216.  581 
Dock,  190 

Donath,  J.  857.  898 
Dörnberger  764 
Dräer,  Arthur  508 
Dreyfufs,  J.  909 
Drossbach,  G.  P.  775 
Ducamp  497 
v.  Düring  824 

Edel  235 
Ehrlich  924 
Eigenbrodt  759 
Elschnig  565 
Elsner  877 
Emmerich,  R.  1012 
Epstein,  E.  22 
Ermengem,  E.  van  969 
Ernst,  H.  C.  608 
Escherich,  E.  408.  900.  901 
v.  Esmarch,  E.  510 
Evans  568 

Fedoroff,  115.  572 
Felsenthal  82 

Fermi,  Claudio  229.  303.  722 
Finkelnburg  311.  1002 
Fiocca,  R.  470 
Fischei  24 


Fischer,  Bernhard  657 
Fischl,  R.  765 
Fisichella,  V.  567 
Foä,  P.  206.  816 
v.  Fodor  954 
Foote,  Charles  J.  122 
Fraenkel,  C.  511 
Frank,  B.  440. 

Franke,  E.  128 
Frankenberger,  A.  961 
Frankland,  Percy  101 
Fremlin  693 

Freudenreich,  Ed.  v.  643.  745 
Freymuth  250 
Friedeberg  825 
Friedrich  434 

Gärtner  865 
Gärtner,  A.  1000 
Gärtner,  F.  1 
Gamaleia  240 
Gasperini,  G.  684 
Gatti,  G.  441 

Geelvink,  Conrad  Wilhelm  392 

Germano,  E.  60.  831 

Gernhardt,  Eugen  313 

Gheorghiu,  D.  81 

Giarre,  C.  388 

Giaxa,  V.  de  617.  721 

Gibbes,  H.  770 

Gibney,  P.  496 

Glaenz,  Emil  324 

Gley  688 

Glogner,  M.  192 

Gockel,  Mathieu  500 

Gold,  L.  191 

Goldschmidt,  J.  574 

Golgi,  C.  384 

Goltz  392 

Gottstein,  A.  896 

Grande  Rossi  876 

Grazia,  F.  de  522 

Greg,  Percival  H.  46 

Griffiths,  A.-B.  999 

Grossi,  C.  182 

Gruber,  Max  165.  525.  1021 

Gurley,  R.  R.  86 

Gundolin  1015 

Haan,  J.  de  268 
Hallopeau  494 
Hamburger  193 
Harold,  C.  Ernst  559 
Hartig,  R.  700 
Hasse,  Carl  188 
Haupt,  A.  858 
Havet,  J.  1005.  1006 
Heerwagen  59.  127 
Heider,  A.  20 
Heim  897 
Heisig,  Oswald  326 
Henke,  F.  374 
Hesse,  W.  858 


Autorenverzeichnis, 


1069 


Heyse  322 
Hibler,  E.  von  181 
Hildebrandt,  H.  1006 
Hobrecht,  J.  1003 
Houllier,  G.  825 
Huber  439 
Huberwald  924 
Huysse,  A.  C.  268 

Hkewicz,  W.  261 
Hkewitsch,  K.  162 
Inghilleri  688.  819.  820.  821 
Issaeff  777  778.  1010 
Ivanoff  1010 
Iwanoff  94 
Iwänof£  M.  433 

Jaeger,  H.  74 
Jägerskiöld,  L.  A.  125 
Jakowski,  M.  431 
Janet  200 
Janowski,  W.  216 
Janson  394 
Jaweln  175 
Jessner  71 
Joelsohn,  B.  193 
Jolles,  Maximilian  448 

Kahane,  Max  413  629 
Kalindero,  N.  65 
Kanthack  967 
Karlinski  436.  751 
Kartulis,  Stamatios  180  * 

Kerez,  H.  371 
Kesem  Beck  975 
Kiefsling  559 
Kirchner,  Martin  17 
Kirchner,  O.  622 
Kischensky  973 
Klebs  1001 

Klecki,  Valerian  v.  354 
Klein,  C.  1018 
Klein,  E.  276.  598.  756 
Klemm  237 
Klett,  Adolf  51 
Klipstein,  E.  445 
Knochenstierna,  Hugo  313 
Körber,  B.  921 
Kohn  565 
Kolle  749 
Kollmann  183.  208 
Koplik  184 
Kossel  924 
Kossel,  H.  1018 
Kotlar  498 
Koväcs  181 
Kramsztyk,  J.  880 
Krannhals  431 
Krückmann,  E.  851 
Kruse,  W.  199.  419.  501 
Kübler  254 
Küchel,  B.  393 

Kuprianow,  J™458.  489.  933.  981 


Kurlofi;  M.  341 
Kurth,  H.  123 
Kutscher  44 

Labbö,  A.  773.  827 
Lacour-Eymard,  M.  621 
Ladell,  R.  S.  999 
Lafar,  Franz  331 
Lanz  776 

Laser,  Hugo  33.  524 
Laveran  26 
Lazarus,  A.  204 
Lehmann,  K.  B.  350.  656 
Leloir  499 
Lenti,  P.  617.  1023 
Leoni,  O.  815 
Leuckart,  Rudolf,  247 
Levin?on,  J.  770 
Lewaschow  1003 
Lewin  432 
Lickfett  250 
Lindau,  G.  506 
Lindner  84 

v.  Linstow  612.  733.  772.  967 
Lönnberg,  Einar  801 
Löwenhardt  189 
Loewy  236 
Lorenz  278 

Lucas,  Jean  Alexis  Marie  826 
Lunkewicz,  M.  42.  845 
Lustig,  A.  721 

Maafsen,  A.  251.  906  908.  922 

Hagalhäes,  P.  S.  de  700 

Maiselis,  Issai  256 

Maksutoff  1007 

Mal^vot  495 

Mally,  F.  W.  877 

Marchand  428 

Marchand,  F.  709 

Marek,  J.  112 

Marianelli,  A.  867 

Marot,  Felix  317 

Marpmann  634 

Marthen  127 

Martin  757 

Maurea  60 

Mauriac  201 

Mer,  E.  829 

Meißner  1004 

Mie,  G.  876 

Miliar  329 

Miller  894 

Miller,  W.  487 

Mircoh  824 

Montefusco  235.  254 

Montesano,  Giuseppe  722 

Moreau,  Auguste  Charles  Joseph  690 

Monticelli,  Fr.  Sav.  872 

Mordtmann  911 

Mühlmann,  M.  885 

Mühsam,  R.  430 

Müller,  Julius  828 


1070 


Antorenverzeichnis. 


Müller,  Kurt  78.  735.  804 
Müller,  Martin  389 
Munk  311 
Mya,  G.  682 

Nanu,  Jean  Georges  437 
Nannotti,  A.  649.  650 
Neebe,  C.  H.  68 
Neifser  695 
Netter  566 
Neumann,  G.  392 
Nicolaier  227 
Nicolas,  C.  574 
Nöggerath  244 

Oddo  429 
Oettinger  866 
Oker-Blom,  Max  588 
Orlandi  62 
Ortner,  N.  490 
Ostertag  574 

Pagano  702 
Palleske,  A.  120 
Palmirski,  W.  19 
Pane,  N.  781 
Pannwitz  620 
Pansini,  Sergio  204 
Pasquale,  Alessandro  761 
Pawlowsky  1007.  1015 
Perles,  Max  23 
Pernice,  B.  860.  904.  950 
Pernossi,  Leone  229.  303 
Perroncito,  E.  800 
Pettenkofer,  M.  v.  776.  910 
Petri,  R.  J.  905.  908 
Pfeiffer,  R.  748.  778 
Pfuhl  176 
Pfuhl,  A.  208 
Piefke,  C.  878 
Pindikowski  72 
Pinna,  G.  816 
Plancard,  Antonin  501 
Podwyssozky  480.  481 
Pollaci,  G.  860 
Porter  22 
Posner  432 
Pouiklo,  S.  27 
Prozorowski  398 
Prudden,  Mitchell  502 

Quincke,  H.  26.  689 

Radcliffe  575 

Radiguet,  Henry  Edouard  Michel  691 

Railliet,  A.  871 

Randolph,  R.  L.  769 

Rappin  429 

Ratz,  St  v.  387 

Rochtsamer,  M.  795 

Redtenbacher,  Leo  567 

Reichenbach,  Hans  847 

Reinbach,  G.  243 


Remesoff  TL  115 
Renault,  Jules  696 
Renvers  434 
Reymond  121 
Ribbert  962 
Richter,  P.  521 
Richards  208 
Righi,  J.  336 
Roger,  S.  651.  668 
Roloff,  F 367 
Roncali,  D.  B.  439 
Roos  26.  610 
Rosin  207.  208 
Rossi,  E.  771 
Rummo,  G.  513 

Russell,  H.  L.  169.  324.  558.  823 

Sabolotny.  D.  150 
Sabouraud  868 
Sacharoff  N.  158.  962 
Sadebeck,  R.  503 
Sajd,  K.  126 
Salus,  H.  446 
Salvioli,  J.  1007 

Sanarelli , G.  240.  648.  682.  742.  815. 

857.  897.  950 
Sanfelice  488 
Santori,  S.  789 
Savor,  Rudolf  824 
Sawtschenko,  J.  28.  485 
Scagliosi,  G.  861.  904.  950.  951.  952 
Schäfer  691 
Schardinger  48 
Schewiakoff,  W.  473 
Schickhardt,  Hermann  1020 
Schild  692 

Schimmelbusch  315.  430 
Schirren  867 
Schlenker  493 
Schmaus  971 
Schmidt,  A.  90 
Schmidt,  Ferdinand  328 
Schmidt,  MartiD  697 
Schmidt,  Paul  63 
Schneidemühl  396 
Schnitzler,  Julius  270.  66 
Schönwerth  503 
Scholl,  H 511 
Schrank  197 
Schrank,  W.  696 
Schreier,  E.  440 
Schroeder  314 
Schütz  522 
Schwarz  388 
Sclavo  507 
Secchi,  T.  522 
Sedzcak,  J 565 
Seemann-Varel  52 
v.  Sehlen  325 
Semmer,  E.  917 
Siebourg,  Leonh.  316 
Sigismund,  Olaf  379 
Singer,  Karl  320 


Autoren  Verzeichnis. 


1071 


Sirena,  S.  951.  952 
Sittmann,  G.  694.  699 
Sluyts,  Ch.  913.  914 
Smith,  Th.  388 
Snow  243 

Sobemheim  511.  780 
Sobolotny,  D.  28 
Sobotka,  J.  93 
Solbrig  571 
Sormani,  G.  861.  862 
Sorauer,  P.  570.  774 
Spina  702 

Spronck,  C.  H.  H.  55 
Stamm  82 
Steinmetz,  C.  677 
Stern  335 
Stern,  R.  1008 
Steuernagel  49 
Steven,  J.  382 
Stiles,  C.  W.  477.  611 
Storch,  A.  389 
Strauer  772 
Stutzer,  A.  53 
Stühlen  689 


Tassinari  492 
Tedeschi,  A.  242 
Teissier  608 
Terni,  C.  249.  608.  863 
Thaxter,  Roland  569 
Thomas  55 
Tictin,  J.  840 
Timpe,  H.  364.  425.  644 
Titoff  961 

Tizzoni,  G.  236.  669.  830 
Trambusti,  A.  607 
Traube,  Moritz  879 
Traversa,  F.  182 
Truc  380 
Tsuhoi,  Jiro  649 
Tubeuf,  C.  v.  195.  248.  701 
Turrö,  R.  877 

Uffelmann,  J.  133 


Unna,  P.  G.  68.  246.  701 
Uschinsky  971 

Vaughan,  V.  G.  518.  520 
Vayssiöre,  A.  389 
Veit  609 

Di  Yestea,  A.  687 
Vielguth,  Ferd.  923 
Villard,  Fernand  448 
Vincent  965 
Vincent,  H.  64 
Voges,  O.  453 
Vulpius  180.  781 

Waldvogel,  R.  837 

Walliczek,  Heinrich  891.  947.  949 

Ward,  Henry  B.  362 

Ward,  Marshall  1019 

Wasielewski,  von  79 

Wassermann  177.  924 

Webmer,  C.  312.  426,  427.  533 

Weigmann,  H.  286.  463.  509 

Weinrich,  Max  198 

Werigo.  M.  766 

Wernich  312 

Wernicke  898 

Wesener  25 

Winkler  972 

Weyl,  Th.  204.  310.  954 

Willach,  P.  84.  874 

Williams,  F.  H.  613 

Witkowski,  Stanislaus  von  254 

Wladimiroff  444 

Wolff  866 

Wolffhügel,  G.  167.  421 
Wolko witsch  573 

Zabolotny  250 
Zappert,  J.  334 
Zenthöfer  752 
Zettnow  555.  638 
Zimmermann,  O.  E.  R.  47 
Zinno,  A.  428 
Zirn,  Gg.  286.  463 
Zopf,  W.  875 


Fn-mmanusche  buchdruckerei  (Hermann  Pohle)  in  Jena. 


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