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CENTRALBLATT
für
Bakteriologie und Parasitenkunde.
IX. Band.
CENTRALBLATT
für
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Geh. Hofrath Professor Dr. Leuckart
in Leipzig
und
Professor Dr. Loeffler
in Greifswald
herausgegeben von
LBBRARY
NEW YORK
BOTAN1CAL
Garden
Dr. Oscar UJilworm in Cassel.
IX. Band.
Mit 1 lithographischen Tafel und 27 Abbildungen im Texte.
-o c-
Jena,
Verlag von Gustav Fischer.
1891.
.
-
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
GeL Hoff. Frof. Br. Leaetart m Professor Dr. Loeffler
fc Ltipug (a QteiUvüli
heraosgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -o- Jena, den 8. Januar 1891. Ne. 1.
Prell für den. Band (26 Nmnmern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
-** Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. i$e*-
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten -
künde'" ticktet an die Herten Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
salze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
LfBRARY
NEW YORK
ßOTANICAi,
ÖARDSN
Original - föittheiiungen.
Der Einfluss der Koch 'scheu Impfungen auf die
Tuberkeibaeillen im Sputum.
Mittheilung aus dein bakteriologischen Laboratorium
von
J. Amann
in
Davos.
Seit dem 17. November werden in Davos ca. 100 Lungenkranke
mit dem Koch 'sehen Mittel behandelt. Es wäre gewiss verfrüht,
nach etwa drei Wochen über die erzielten Erfolge berichten zu
wollen, dies wird später von berufener Seite geschehen; es sei mir
dennoch gestattet, hier in Kurzem einige Beobachtungen zu ver-
öffentlichen, welche ich überden unverkennbaren Einfluss der Koch-
3Q sehen Impfungen auf die Tuberkelbacillen im Sputum gemacht habe,
ix. lid. 1
2
A m an n ,
Seit dem Beginne der Impfuogen habe ich, laut meinem Labora-
toriums-Journale, die Sputa von 288 Patienten untersucht, wovon
198 geimpft waren. Einige dieser Patienten lassen ihr Sputum jeden
Tag, andere alle zwei, drei, sechs etc. Tage untersuchen.
Die Veränderungen, welche die neue Behandlungs-
methode im phthisischen Sputum hervorruft, sind für
den erfahrenen Beobachter so auffallende, dass ap
eine tiefeingreifende Wirkung des Mittels auf das
tuberculöse Gewebe auch in der Lunge nicht zu zwei-
feln ist.
Diese Veränderungen finden in verschiedenen Richtungen statt,,
und zwar:
1) Die Quantität des Auswurfes wird, nach einge-
tretener Reaktion auf die Impfung, in der Regel ver-
mehrt. (In einem Falle von 30 ccm zu 140 ccm täglich.)
2) Die Zahl der Tuberkelbacillen im Sputum nimmt
in der Regel beträchtlich zu. Bei 17 Patienten, wo der
Nachweis der Bacillen im Sputum bisher trotz zahlreichen und sorg-
fältigsten Untersuchungen nie gelungen war, wurde der Auswurf nach
der Impfung bacillenhaltig.
Auch in dieser Richtung bewährt sich also die Koch’sche
Impfung als äusserst werthvolles diagnostisches Hülfsmittel.
Diese (oft enorme) Zuuahme der Bacillenzahl im Sputum nach
der Impfung habe ich bei ca 70°/o (134) der Geimpften beobachtet.
Dass dieselbe eine vorübergehende sein und nach einiger Zeit
eine Abnahme stattfinden wird, ist nach allem, was über die Wirkung
des Mittels bei Phthisikern bereits veröffentlicht worden ist, sehr
wahrscheinlich. Diese Abnahme habe ich, der kurzen Zeit ent-
sprechend, nur in ganz vereinzelten Fällen (2) beobachten können.
Bei 4 Patienten habe ich dagegen die merkwürdige Thatsache-
einer sofortigen und stetigen Abnahme der Bacillenmeßge im Sputum
nach der Impfung konstatirt.
Ich will hier beifügen, dass ich mich zur approximativen Schätzung
der Bacilienmenge im Sputum der in meiner „Mikroskopischen Sputum-
Untersuchung ')“ beschriebenen Methode bediene, welche mir ausge-
zeichnete Resultate liefert.
3) Auch auf die Form der Bacillen übt das Mittel
einen unverkennbaren Einfluss. Nach dem, was ich be-
obachtet, äussert sich derselbe durch einen aktiven Zerfall der Stäb-
chen in Mikrokokken (oder ganz kurze, oft punktförmige „Bacillen“),
welche formlose Häufchen bilden.
Bei einigen Sputis geht diese Veränderung bereits so weit, dass
das mikroskopische Bild nur noch solche Detritushäufchen 1 2) zeigt,
während die eigentlichen Bacillen, d. h. Stäbchen verschwuuden sind.
4) Eine weitere, sehr merkwürdige Thatsaehe habe ich in einigen
1) Davos bei Hugo Riehter, 1890.
2) Diese merkwürdige Involutionsform der Tuberkelbacillen habe ich bereits vor
zwei Jahren bei Patienten beobachtet, welche lange Zeit hindurch mit Arsenik behan-
delt worden waren, (conf. Amann, 1. c. p. 15).
Der Einfluss d. Koch 'sehen Impfungen auf die Tuberkelbacillen im Spntom. 3
Fällen feststellen können: diejenige nämlich, dass durch die Be-
handlung mit dem Koch’schen Mittel die spezifische
Widerstandsfähigkeit der gefärbten Tuberkelbacillen
gegen entfärbende Reagentien in einigen Fällen ent-
schieden ab geschwächt wurde.
Bisher habe ich mich zur Entfärbung der Präparate einer 20° |0
Schwefelsäure mit bestem Erfolg« bedient. (Die mit Schwefelsäure
entfärbten Präparate sind weit dauerhafter, als diejenigen, welche mit
Salpetersäure behandelt worden sind.) Nun ist es mir in letzter Zeit
bei der Untersuchung der Sputa von geimpften Patienten mehrfach
passirt, dass trotz einer sehr vorsichtigen Behandlung mit diesem
Entfärbungsmittel (so dass z. B. die Kerne der Pflasterepithelien
särnmtlich noch stark gefärbt erschienen), die Tuberkelbacillen nur
noch eine sehr schwache röthliche Färbung1 2) behalten hatten, so dass
es bei etwas kräftiger Grundfärbung mittelst Malachitgrün oder Me-
thylenblau vieler Aufmerksamkeit bedurfte, dieselben zu unterscheiden.
Durch die „Umfärbungsmethode“ gelang es mir, in einem Falle zahl-
reiche Tuberkelbaeilien in einer Hälfte eines Präparates nachzu weisen,
während die andere Hälfte desselben Präparates, welche mit H^SO^
entfärbt worden war, gar keine Bacillen zeigte. Der Einwand, dass
es eben möglich ist, dass die eine Hälfte eines Präparates zahlreiche
Bacillen, die andere Hälfte aber gar keine enthält, trifft hier nicht
zu. Seit etwa drei Jahren nräparire ich das Sputum nicht mehr auf
Deckgläschen, weil bei dem üblichen „Herauszupfen eines Minimal-
partikelchens“ der Zufall eine Hauptrolle spielen kann. Ich zerreibe
die sämmtlichen verdächtig aussehenden (vorzüglich die eiterigen)
Theile des Sputums s) zwischen zwei mattgeschliöenen Glasplatten,
bis die Masse vollkommen homogen erscheint; damit werden mehrere
(in der Regel 3) Objektträger englischen Formats möglichst gleich-
massig beschickt und im Luftbade bei 60 0 C getrocknet. Das Fixiren
auf freier Flamme ist nach dieser Methode überflüssig.
üebrigens will ich hier bemerken, dass es die langen und dünnen
(alten?) Bacillen sind (welche für alte tuberculöse Prozesse in der
Lunge geradezu charakteristisch sind), die am leichtesten entfärbt
werden.
5) Eine weitere Beobachtung, die ich bei etwa 40ü/0 der Ge-
impften gemacht habe, ist, dass einige Zeit nach der Reak-
tion die Menge der elastischen Alveolar fasern im
Sputum bedeutend zugenommen hat.
Es handelt sich hier offenbar um einen Zerfall des tuberculösen
Gewebes, welches expektorirt wird. Dies steht mit dem, was uns
Koch über die spezifische Wirkung seines Mittels gelehrt hat, voll-
kommen im Einklänge.
Davos, 7. Dezember 1890.
1) Zur Färbung dient mir die absolut zuverlässige kochendheisse Z i e h 1 'sehe
Lhsung.
2) Unter Umständen das ganze Sputum.
1*
4 Bajwid, Eine einfache Filtervori iclitung z. Filtriren sterilisirter Flüssigkeit.
Eine einfache Filtervorrichtung zum Filtriren
sterilisirter Flüssigkeit.
Von
Dr. 0. Bnjw!d
in
Warschau,
xm 1 Abbildung.
Das ganze Verfahren beruht auf dem Prinzipe des Pasteur-
schen Wassei filterß. Dazu dient eine ziemlich laDge und breite
Pasteur-Chamberland’sche Bougie (etwa 15 cm lang und
2 — 3 cm breit) (A) mit dem emaillirten Deckel (B), welcher mit einem
Röhrchen versehen ist ( C ). Eine solche Bougie stellt eine poröse
Eprouvette dar, welche leicht sterilisirbar mit heisser Luft oder mit
strömendem Wasserdampf ist. Sie darf aber, um ganz sichere Resul-
tate zu geben, nicht weniger als 3—5 mm dicke Wäude haben. Vor
dem Gebrauch muss sie, nachdem dieselbe mit einem W'attepfropf
versehen worden ist, je 6 Stunden während 30 Minuten mit Wasser-
dampf bei 100° dreimal oder sonst nach einer anderen Methode
sterilisirt worden sein.
Zum Gebrauch füllt man mit der Flüssigkeit, welche man steri-
lisiren will, eiue breite Eprouvette (D) und saugt mittelst einer
kleinen Luftpumpe oder Wra3serstrahlluftpurope die Luft aus der
Bougie ab. Die Flüssigkeit sammelt sich ziemlich bald in dem
Innern des Cylmders, und saugt sich mittelst der Röhrchen ( F) aus
dem Kölbchen (Cr) in die Eprouvette. Zwischen dem Boden der
Bougie und Eprouvette liegt ein Wattepfropfen. Wregen der grossen
Oberßäche des Fiiters bekommt man in kurzer Zeit ziemlich grosse
Kirchner, Ueber die Sputuaedesinfektien bei Lungentuberculose.
5
Quantitäten, selbst dicker, ei weissartiger Flüssigkeiten, welche sich
in den sterilisirten Kolben (if) sammeln. Wenn wir eine Wasser-
strahlluftpumpe an wenden, so stellen wir dazwischen eine Wut’ sehe
Flasche ein, in welcher sich zurückgeschlagenes Wasser von der
Luftpumpe ansammelt. Der Filter eignet sich am besten, um steri-
lisirte Produkte der Bakterienkulturen zu bekommen. Es handelt sich
nur darum, dass die Wände ziemlich dick und die Bougie genau
aterilisirt ist.
Ueber die Nothwendigkeit und die beste Axt der
Sputumdesinfektion bei Lungentuberculose.
[Aus der Hygienischen Untersuchungsstelle des X. Armeecorps zu
Hannover.]
Von
Dr. Martin Kirchner,
Stabsarzt.
Kit 1 Abbildung.
Dass die Schwindsucht eine ansteckende Krankheit sei, ist eine
früher vielfach behauptete Thatsache, an der jedoch erst seit der
Entdeckung des Tuberkelbacillus durch Robert Koch Niemand
mehr zweifelt. Da die Ausathmungsluft der Schwindsüchtigen, wie
die Untersuchungen von Charrin und Karth1 2), Grancher und
de Gennes8), Cadeac und Malet3) übereinstimmend ergeben
haben, ebenso wie der Schweiss4 5) frei von Bacillen ist, so hat sich,
namentlich in Folge der schönen Untersuchungen von Cor net6),
die Ueberzeugung allgemeine Anerkennung verschafft, dass wir als
den Hauptträger der Ansteckung den Auswurf der Schwindsüchtigen
zu betrachten haben.
Meist kommt dies in der Weise zu Stande, dass der Auswurf
austrocknet, verstäubt und direkt eingeathmet wird. Konnten doch
Koch6) selbst, dann Cornet, Hanau7) und Ne eisen8) Ver-
suchsthiere tuberculös machen, indem sie dieselben ver Aubte Sputa
einathmen Hessen, und konnte Cornet überzeugend naenweisen, dass
der Staub in Räumen, die Phthisikern zum Aufenthalt gedient hatten,
Tuberkelbacillen enthielt, allerdings nur, wenn mit dem Auswurfe
1) Revue de tn4d. 1885. No. 8.
2) Revue d’Hyg. X. 1888. S. 193.
8) Lyon inöd. 18o8. S. 229
4) De Matt ei, Sulla trasmissibilitk della tubercalosi per mezzo del sadore dei
tisici. Ricerche sperimcntali. (Areh. per le Science m£d. 1888. S. 893).
5) Cornet, G., Die Verbreitung der Tuberkelbacillen ausserhalb des Körpers.
(Zeitschr. f. Hyg. V. 1888.)
6) Mittheilungen a. d. kaiserl. Gesundheits-Amt. II. 1884.
7) Ueber die Lokalisation und die weitere Verbreitung der Tuberculose in der
Lunge. (Zeitschr. f. klin. Med. XII. 1887.)
8) Ueber Lungenschwindsucht. (Jahresbericht der Gesellsch. f. Nat. n. Heilkunde
so Dresden 18 7/88).
6
Kirchner,
unsauber verfahren worden war. Aber auch in Fällen, in denen die
Ansteckung scheinbar auf ganz andere Weise zu Stande kommt, ist
es doch bei genauerer Nachforschung schliesslich wieder der Lungen-
auswurf, der sich als eigentliche Quelle der Tuberkelbacillen heraus-
stellt. Die zahlreichen Fälle von Beschneidungstuberculose z. B.,
die vou Elsenberg1), Eve2), Hoffmokl8), Lehmann4),
Meyer5) u. A. beschrieben worden sind, kommen lediglich dadurch
zu Stande, dass der Rabbiner, welcher nach der Circumcision die
Blutung durch Aussaugeu zu stillen sucht, phthisisch ist und Reste
tuberkelbacillenhaltigen Auswurfs am Bart oder den Lippen hat.
Ansteckungen durch Wasche, wie sie von v. Lesser6), Stein-
thal7) u, A. berichtet sind, kommen gewiss Dur ausnahmsweise
durch Beschmutzung der Wäsche mit diarrhoischen Darmausleerungen,
viel häutiger durch Verunreinigungen mit Auswurf zu Stande. Ueber-
tragung von Tubereulose durch Fingerwunden nach Verletzungen
mit Gegenständen, an denen Auswurf haftete, als zerbrochenen Spei-
gläsern u. dergl. in., finden wir ausserordentlich zahlreich in der
Litteratur beschrieben, so vonv. Eiseisberg 8), Fl eur 9), Holst10),
Leser11), Merklen12), L. Pfeiffer13), Tscherning14), Ver-
neuil15) u. A. Verchere15) sah nach dem Biss eines tubercu-
lösen Menschen an der Stelle der Verletzung einen Knoten von dem
Aussehen eines Leichentuberkels entstehen. E. v. Düring16) be-
richtet von Geschwüren an den Ohrläppchen und beginnender Lungen-
tuberculose bei einem jungen Mädchen, welches seit i1/i Jahren die
Ohrringe einer an Schwindsucht verstorbenen Freundin trug. Dass
die Tuberculose durch Fliegen übertragbar ist, welche an dem Aus-
wurf Schwindsüchtiger genascht haben, ist eine durch verschiedene
Forscher, namentlich durch S p i 1 1 m a n n und Haushälter17), so-
wie durch Hofmann18) nachgewiesene Tbatsache.
Die früher vielfach geäusserte Behauptung, dass die Kranken-
pfleger gegen die Ansteckung mit Lungentuberculose gefeit oder der-
selben wenigstens nicht stärker ausgesetzt sind, als andere Leute,
1) Berl. klin. Wochenschr. 1886. No. 35.
2) The Lancet. 1S88 Jan. 28.
3) Wiener ined. Presse 1886. No. 22 u. 23.
4) Deutsche med. Woeheuschr. 1886. No. 9 — 13.
5) New-Yorker med. Presse. 1887. Juni.
6) Deutsche med. Wochenschr 1888. No. 29.
7) Deutsche med. Wochenschr. 1888. No. 10
8) Wiener med. Wochenschr. 1887. No. 53.
9) Etudes expdriment. et c!in. sur la tuberculose, publiöes sous la direction de
M. le prof Verne uil. II 1888.
10) The Lancet. II. No. 9 1886.
11) Fortschr. d. Med. 1887 No. 16.
12) Revue des Sciences mdd. 1888. No. 52.
13) Zeitscbr. r. Hyg, Ul. 1887.
14) Fortschr. d. Med. 1885 No 3.
15) Etudes experiment. et clin. II 1S88.
16) Monatsschr. f. prakt. Dermatologie 18S8. No. 22.
17) Compt. read. CV. 1887. No. 7.
18) Correspondenzbl. d. ärztl. Kr.- u. Bez. -Vereine im Kgr. Sachsen. 1888. No. 12.
Ueber die Sputumdesinfektion bei Lungentuberculose.
7
findet daher heute keinen Glauben mehr. Coro et’) konnte aus
den Sterbelisten der katholischen Krankenpflegerinnen-Orden nach-
weisen, dass von denselben ein wahrhaft erschreckender Prozentsatz
an Tuberculose zu Grunde geht. Grawitz1 2) weist aus den Sanitäts-
berichten der französischen Armee nach, dass die lüfirmiers die
grösste Schwindsuchtssterblichkeit haben, und zwar im Durchschnitt
4,34 °/ö0 der Iststärke gegenüber 1,83 °/00 Todesfällen der gesamten
französischen Infanterie und 1,11 °/oö des ganzen Heeres.
Ich habe mich bemüht, aus deu Preussischen Sanitätsberichteu
mir ein Urtheil über die Schwindsuchtssterblichkeit der Militär-
kranken Wärter und Lazarethgehülfen zu verschaffen. Bezüglich
der Lazarethgehülfen war dies leider unmöglich , da dieselben,
obwohl sie einen ganz andern Dienst und ganz andere Lebensbe-
diDgungen haben, als die Truppen, zu denen sie gehören, nicht für
sich allein, sondern bei ihren Truppentbeilen verrechnet werden.
Allein ich fand einige Zahlen, welche doch wenigstens einiges Licht
auf diese Verhältnisse zu werfen geeignet sind. In deu fünf Jahren
vom 1. April 1879 bis zum 31. 1884 starben von der Armee 1464
Mann an Schwindsucht. Unter ihnen befanden sich nicht weniger
als 34 Lazarethgehülfen, d. h. 2,3 °/0 aller an Schwindsucht Gestor-
benen. Auf 1000 Mann der Iststärke und den Jahresdurchschnitt
berechnet, hatte in diesem Zeiträume die preusslsche Armee eine
Schwindsuchtssterblichkeit von 0,83 ^ die Lazarethgehülfen aber eine
solche von 2,72°/öö, d. h. also: ein Lazarethgehülfe hat eine mehr als
dreimal so grosse Wahrscheinlichkeit, an Schwindsucht zu sterben,
a’3 jeder andere Soldat.
Was die Militärkrankenwärter betrifft, so werden sie zwar in
den Rapporten für sich verrechnet, sie treten jedoch nur in den all-
gemeinen Gruppen , nicht bei den einzelnen Krankheiten gesondert
hervor. Ihre Sterblichkeit an Schwindsucht ist daher ebensowenig
aus den Sanitätsberichten zu ersehen, wie diejenige der Lazarethge-
bülfen. Nur im Jahre 1881—82 findet sich ausdrücklich bemerkt,
dass unter den 276 an Schwindsucht Verstorbenen sich 2 Militär-
krankenwärter befanden, was einer Sterblichkeit von 5,l°/o0 derselben
entspricht, während die gesammte Armee nur O,78ö/0 0 der Iststärke durch
Tod an Schwindsucht verlor. Dass aber die Krankenwärter überhaupt An-
steckungen in hohem Grade ausgesetzt sind, geht schon daraus hervor,
dass ihre Sterblichkeit, abgesehen von den Invaliden, von keiner anderen
Waffengattung übertroffen wird. In dem neunjährigen Zeiträume vom
1. April 1873 bis zum 31. März 1882 war die durchschnittliche
jährliche Sterblichkeit an Krankheiten bei den Militärarbeiterabthei-
lungen 2,2 °/00, bei den Pioniren und Eisenbahntruppen 3,2ö/(>0,
bei der Infanterie 3,3 ü/00, bei der Kavallerie sowie bei der Artillerie
3,8 °/00, beim Train 4,4 0/fl0, bei den Militärfestungsgefangenen 5,3 °/OÖ,
und bei den Militärkrankenwärtern 11,0 °/00.
Diese Zahlen sprechen für sich selbst. Die Militärkrankenwärter,
die aus der Infanterie hervorgehen, haben eine mehr als dreimal so
1) Zeitschr. f. Hyg. VI 1889. Die Sterblichkeitsverhältnisse in den Kranken-
pflegeorden.
2) Die Tuberculose (Deutsche militärärztl. Zeitschr XVIII. 1889. No. 10.)
8
Kirchner, Ueber die Sputumdesinfektion bei Lungentuberculose.
grosse Sterblichkeit an Krankheiten, als diese Waffengattung; und
unter den Todesfällen der Militärkrankenwärter nehmen die Infek-
tionskrankheiten regelmässig die erste Stelle ein.
So wenig verwerthbare Zahlen uns aber auch die Statistik an
•die »Hand gibt, so fest dürfen wir doch davon überzeugt sein, dass
ein grosser Tbeil der an Schwindsucht zu Grunde gehenden Lazareth-
gehülfen und Krankenwärter den Krankheitskeim bei der Kranken-
pflege in sich aufnimmt und dass hierbei gerade die Beseitigung des
Luugenauswurfs eine wesentliche Rolle spielt.
Im Sanitätsbericht über die K. Preussische Armee für die Be-
richtjahre vom 1. April 1884 bis 31. März 1888 werden nicht weni-
ger als vier Fälle berichtet, in denen sich mit der Pflege von Phthi-
sikern beauftragte Lazarethgehülfen unzweifelhaft mit Tuberculose
infizirten.
T)ie von verschiedenen Forschern angestellten Desinfektionsver-
suche haben ergeben, dass die Tuberkelbacillen, obwohl sie allem
Anschein nach keine Sporen besitzen1), doch über eine sehr grosse
Widerstandsfähigkeit verfügen. Bei den Versuchen von H. Jaeger2)
stellte sich heraus, dass die Bacillen des Schweinerothlaufs, der
Schweineseuche, Mäuseseptikämie, des Rotzes, Typhus und des Milz-
brandes durch 33 x/3 % Kalkmilch vernichtet werden, dass die Tuber-
kelbacillen dagegen ebenso wie die Milzbrandsporen auch einer 50%
Kalkmilch widerstehen; dass Chlorkalk schon in 25% Lösung Milz-
brandsporen, dagegen Tuberkelbacillen im Sputum nicht einmal in
50% Lösung zu vernichten vermag; dass die Widerstandsfähigkeit
von Milzbrandsporen und Tuberkelbacillen gegen Steinkohlen- und
Holztheer gleich gross ist; 4% rohe Karbolsäure mit Zusatz von
2% Salzsäure, 2% und 5% rohe Schwefel - Karbolsäure (nach La-
Pl ace), 10% Kreolinlösung, 2%, 5% und 10% Kreolinlösung da-
gegen vernichteten die Tuberkelbacillen in verhältnissmässig kurzer
Zeit. Kali- und Natronlauge, gesättigte Sodalösung, 5% Lösung von
Kaliumpermanganat, 25% Eisenvitriollösung waren gegenüber den
Tuberkelbacillen ebenso unwirksam, wie gegenüber den Milzbrand-
sporen.
Schill und Fischer3) fanden, dass die Bacillen im Sputum
durch 3% Karbolsäurelösung schon in 20 Stunden zu Grunde gehen.
Das Sublimat in 1 °/00 Lösung erwies sich dagegen als unwirksam,
hauptsächlich, wie Behring4 5) und Laplace6) gezeigt haben, we-
gen des hohen Eiweissgehalts der Sputa.
1) C. Fraenkel, Grundriss der B&kterien'kunde. 3. Aufl. Berlin 1890. S. 309.
2) Untersuchungen über die Wirksamkeit verschiedener chemischer Desinfektions-
mittel bei kurz dauernder Einwirkung auf Infektionsstoffe. (Arb. a. d. kaiserl Gesund-
heitsamte, Bd V, S. 247 — 293.)
3) Mitth. a. d. kaiserl. Gesundheitsamte, Bd. II.
4) Ueber Quecksilbersublimat in eiweisshaltigen Flüssigkeiten. (Centralbl. f. B&kt.
u. Paras. III. 1888. Nr. 1 u. 2.)
5) Saure SublimatlösuBg als desinficirendes Mittel und ihre Verwendung in Ver -
bandstoffen. (Deutsche raed. Wochenschr. 1887. Nr. 40.)
(Schluss folgt.)
Danilewsky, Ueber die Myoparasiten der Amphibien and Reptilien.
9
Ueber die Myoparasiten der Amphibien und Reptilien.
Von
Prof. B. Danilewsky
in
Charkow.
Während meiner hämatozoologischen Studien ist es mir ge-
glückt, einige neue Fakta betreffs der Parasiten auch der Muskel-
gewebe zu bekommen, welche hier vorläufig in aller Kürze Platz
finden mögen.
Die Untersuchungen über die pathogenen Gregarinen und Spo-
ridien, besonders von L. Pfeiffer, deuten auf eine sehr grosse
Verbreitung dieser Parasiten bei verschiedenen Erkrankungen hin.
In letzterer Zeit hat dieser Gelehrte eine sehr wichtige Entdeckung
gemacht, nämlich — eine Infektion der Muskeln eines Fisches
(Barbe) mit Myxospor id ia, statt der Sarcosporidia, welche für
diese Gewebe bis jetzt als einzige parasitische Sporidien betrachtet
wurden. Es sind also diesbezügliche Myoparasiten für Fische und Mam-
malia schon bekannt 1). Im Anschluss hierzu bin ich jetzt nun im
Stande, hinzuzufügen, dass Myosporidien auch bei den Fröschen,
Eidechsen und Schildkröten von mir gefunden worden sind,
welche gewöhnlich gleichzeitig auch Haematozoa SDorozo'ica
(Haemagregarina, Drepanidium) enthalten. [Es ist höchst interessant,
dass bei den von mir untersuchten Schlangen undTritonen, welche über-
haupt keine Blutparasiten aus Sporozoen besitzen, auch keine Myo-
sporidien gefunden wurden.] — Bei der ersten vorläufigen Bekannt-
schaft mit den von mir untersuchten Myoparasiten der Amphibien
und Reptilien hielt ich sie für Sarcosporidien , was schon a priori
das Wahrscheinlichste schien. Durch die freundlichen Andeutungen
von Herrn Geh.-Rath Dr. L. Pfeiffer angeregt, habe ich mein
Material mit besseren mikroskopischen Objektiven aufs Neue durch-
mustert und nun hat es sich herausgestellt, dass die Muskel-
schläuche mit äusserst kleinen Sporen, die den Corn a 1 ia -Körperchen
oder den Pebrinesporen äusserst ähnlich sind, gefüllt sind. Auf
diese Weise darf man nun die Muskelinfektion bei den genannten Thieren
mit Mikrosporidien annehmen, welche bei den Insekten (B o m b y x
mori, neustria und and.) so verheerende Erkrankungen verursachen.
Die grössten Muskelschläuche sind gewöhnlich als weissliche, spindel-
förmige Streifchen sichtbar, ungefähr 1 — 1,5 mm lang; besonders häufig
findet mau sie beim Frosch in den Muskeln der hinteren Extremitäten. Das
parasitische Gebilde liegt im Innern des Sarkolemmschlauches und be-
steht aus kleinen (ca. 0.003 — 0,004 mm), ovalen, oder eiförmigen
Sporen, welche aus einer Hülle und protoplasmatischem Inhalte bestehen.
1) Es möge hier noch daran erinnert sein, dass die Myoparasiten bei Mammalia auoh
in anderen Klassen der Protozoa gehören können, z. B. Haplococcns reticu-
latus ( W. Zopf), aus Monadinen (Mycetozoen) im Schweinefleisch (s. Biolog Centrzl-
blatt. 1883).
10
Bakterien in Bier und Würze.
In den mehr reifen Sporen ist der centrale Theil mehr durchsichtig,
als bei jungen, bei welchen die IJiilie keinen doppelten Coritour
gibt. Es kommen auch rosenkrauzartige Muskelschläuche bisweilen
vor fSporoblastenstadium ?).
Es ergibt sich also, dass fast sämmtliche Klassen der Verte-
il rata (mit Ausnahme der Vögel?) die Myoparasiten , und zwar
Sporidien, besitzen können, welche zu allen 3 Genera von Sporidien:
Sarco-, Myxo- und Mikro-Sporidien gehören.
Nun drängt sich die Frage auf: Welcher Zusammenhang besteht
zwischen den Myosporidien und Haematozoa sporozoi'ca ? Sind sie ge-
netisch verwandt oder bloss zufällige Gefährten? Die Lösung dieser
Frage würde von grosser Tragweite sein, falls sie im positiven Sinne
aasfällt, weil es alsdann die ganze Lehre über die Sporozoen parasiten
des Blutes, der Muskelgewebe, der Nieren etc. vom synthetischen
Standpunkte aus zu bearbeiten zulasseu würde. In dieser Hinsicht
bietet die folgende Thatsache kein geringes Interesse: im Blute der
Vögel , welche Malariahämatozoen besitzen, fand ich mehrere
Male sehr kleine (ca. 3 Mikron), ovale Körperchen, äusserst ähnlich
— nach ihren optisch-morphologischen Eigenschaften — den Sporen
einiger Sporidien1). Diese Körperchen wurden von mir fast aus-
schliesslich nur während" ak u ter Malariaerkrankung der Vögel
(ein paar Tage) gefunden, welche dem Febris tertiana resp. quartana
des Menschen betreffs der Sporulation des Haemocytozoons ja selbst
in Betreff der KrankheiUverlaufe grosse Analogieen darbietet2).
Was nun aber meine Nachforschungen nach etwaigen Myosporidien
bei denselben Vögeln betrifft, so sind sie bis jetzt erfolglos geblieben.
Es ist wohl möglich, dass solche Aufsuchungen bei den Vögeln,
welche an chronischer Malariakachexie leiden (Nachweis im Blute
— Vorhandensein geisseltragender Polirnitus und Laverania sin.
Pseudovermiculus malariae, d. h. Mondsichel der Autoren), zu
mehr positiven Resultate lühren wird.
Charkow, im November 1890.
Referate.
Zeidler, Ä., Beiträge zur Kenntniss einiger in Würze
und Bier vor komme «den Bakterien. (Wochenschrift für
Brauerei. 1890. No. 47 — 48.)
Verf. untersuchte drei in Würze und Bier vovkemraende Bak-
terien, von welchen das erste theils mit Bacterium-Termo - Formen,
theiis auch mit Ketten und Fäden auftritt; es gibt der Würze
einen eigenthümiiehen selierieartigeu Geruch. Die zwei anderen
1) z. 15. Psörospsrmiss utriculitbrmes bei Otaria (Huett) s. Baibiani, I.cfons
sei* !es Sporozoaires. 1384. ili. fig 8i. 4 a t>.
2) Darüber s laeicea bald erscheinende.-! Aufsatz über die akute Malariainfektio»
der Vögel ia Aunsie* Je l’iusiitat Pasteur.
Lehrbücher der Bakteriologie.
11
Arten verursachen Essigsäuregährung; von diesen ist das eine mit
Eact. aceti identisch, das andere stimmt aber nicht mit den Be-
schreibungen von B. aceti, Pasteurianum und xylinum überein.
Reinkulturen dieser Bakterien wurden in sterile Würze und in
WTürze auf verschiedenen Stadien der alkoholischen Gähruug sowie
in gepresste Reinzuchthefe geimpft.
Die Hauptresultate dieser Versuche sind, dass die Bacterium-
Termo- ähnliche Art sehr bald abstirbt, sobald die alkoholische
Gährung eiuset.zt. In die Hefe eingeimpft, vermehren sich diese
Bakterien ausserordentlich stark, wodurch die Hefetnasse schnell in
Fäulniss übergeht; finden sich nur solche Bakterien in der Hefen-
masse, welche die alkoholische Gährung mit durcbgemacht haben,
so hält sich die Hefenmasse längere Zeit unverändert. — Unter den
Essigsäurebakterien bewirkte das eine, namentlich bei gewissen Tem-
peraturen, eine starke Schleimbildung im Biere, die andere dagegen
nicht. Eine gepresste Hefenmasse schien von diesen zwei Arten
nicht angegriffen zu werden. Jörgensen (Kopenhagen).
Günther, Carl, Einführung in das Studium der Bak-
teriologie mit besonderer Berücksichtigung der
mikroskopischen Technik, gr. 8°. 244 p. Leipzig (Georg
Thieme) 1890.
Verf. stellt im Vorwort als sein Programm auf, „dem Mediziner,
und zwar dem Studierenden ebenso wie dem Arzte, eine kurzge-
fasste, das Wesentliche vollständig bringende Einführung in das
praktische Studium der Bakterien Wissenschaft zu geben“, und
man muss gestehen, dass er seinem Programm gerecht geworden
ist. Aber nicht nur der Neuling in der Bakteriologie, sondern auch
der Geübtere, wird manches Schätzeuswerthe der Lektüre des fes-
selnd geschriebenen Buches entnehmen können. Besondere Berück-
sichtigung bat Verf. der elementaren manuellen Technik, speziell
der Behandlung des Mikroskopes zu Theil werden lasseu. 60, bis
auf 2, nach eigenen Präparaten hergestellte, fast durchweg muster-
gültige, vom Autor selbst aufgenommene Photogramme sind dem
Werk beigegeben.
In einem allgemeinen Theile behandelt Verf. zunächst 1) die
Morphologie und Systematik der Bakterien, 2) ihre Lebensbe-
dingungen, Desinfektion, Sterilisation,, Antiseptik, Aseptik, 3) die
allgemeinen Lebensäusserungen der Bakterien, 4) die allgemeine
Methodik der Bakterienbeobachtung und 5) Züchtung.
In den beiden folgenden speziellen Theilen bespricht Verf.
sodann die wichtigsten der als Krankheitserreger bekannten Bak-
terien und eine Anzahl der am genauesten studirten Saprophyten.
Letztere sind gegenüber den ersteren etwas stiefmütterlich bedacht,
was zu bedauern ist, da der Anfänger an ihnen wohl doch meist
seine Erstlingsstudien macht, ehe er zu den pathogenen Arten über-
geht. Am besten gelungen erscheint lief, der allgemeine Theil.
Speziell interessirt der Abschnitt über Färbung und Entfärbung.
Der Gram’schen Färbung und ihrer vom Verf. modifizirten Form,
die Ref. aus eigener Erfahrung gebührend würdigen geleimt hat,
12
Lebrbuch der Bakteriologie. — Hanger and Infektionskrankheiten.
ist mit Recht ausführlicher gedacht. Ueberall aber ersieht mau
aus kurzen Bemerkungen und kleinen eingestreuten praktischen
Winken, dass der durch seine früheren Arbeiten rühmlichst bekannte
Verf. vollkommen zu Hause ist und das, was er empfiehlt, auch
selbst erprobt hat.
Einige Kleinigkeiten möchte Ref. noch berühren. Yerf. sagt:
„Bei Mikrokokken kennt man Eigenbewegung nicht — mit einer
einzigen Ausnahme“ (M icroc. agilis, beschrieben von Ali Cohen,
diese Ztschr. Bd. VI. No. 2). Doch gibt in demselben Bande dieser
Zeitschrift (Bd. VI. S. 566) M endo za die Uebersetzung einer schon
früher von ihm veröffentlichten Beschreibung eines gern in Tetraden
auftretenden Coccus und macht damit Ali Cohen die Priorität
der Entdeckung von der Eigenbewegung der Mikrokokken streitig.
Soviel Ref. weiss, ist die Mendoza’sche Entdeckung nicht bezwei-
felt worden. Es dürfte wohl überhaupt noch mehr bewegliche
Mikrokokkenarten geben. — Bei dem Artikel Tuberkelbacillus wäre
in einer neuen Auflage nach den neuesten (wohl erst nach dem
Drucke des Buches bekannt gewordenen) Mittheilungen von Maf-
fucci und Koch der Bacillus der Hühnertuberculose als höchst-
wahrscheinlich eigene neue Art abzusondern.
Doch dies sind, wie gesagt, nur Kleinigkeiten. Ref. empfiehlt
das ausserdem von der Verlagsbuchhandlung würdigst ausgestattete
Buch allen Interessenten angelegentlichst — selbst zu lesen.
Czaplewski (Görbersdorf i/Schl.).
Canalis e Morpurgo, Intorno all’ influenza del digiuno
sulla disposizione alle mal attie infettive. (Laboratorio
di batteriologia e microscopia della Direzione di Sanitä Pubblica
del Regno d’Halia. Roma 1890.)
Die Verff. untersuchten den Einfluss des Hungerns auf die Dis-
position zur Milzbranderkrankung bei Thieren, die normalerweise
gegeu Milzbrand mehr oder weniger immun sind, wie Tauben, Hühner,
weisse Ratten. Ara ausgedehntesten sind die Versuche an Tauben.
Von 12 Kootrollthieren, die regelmässig gefüttert wurden, starben 2
nach 4 resp. 7 Tagen an Milzbrand. Es war dafür Sorge getragen,
hier wie in allen folgenden Experimenten, dass das zum Versuche
dienende Thiermaterial möglichst gleichmässig beschaffen war. Die
Infektionsmethode (eine Platinöse einer sporenreichen virulenten Agar-
kultur subkutau applizirt) blieb immer dieselbe.
In einer ersten Versuchsreihe wurden 16 Tauben, von denen
die Hälfte schon vorher einige Tage gefastet hatte, mit Milzbrand
geimpft und dann dem Hungern unterworfen (d. h. jedwede feste
oder flüssige Nahrung wurde ihnen entzogen). Mit Ausnahme eines
Falles (in dem das Thier nach 7-tägigem Fasten am 1. Tage nach
der Inoculation an Inanition zu Grunde ging), starben sämmtliche
Tauben 2—7 Tage nach der Impfung an Milzbrand. Zahlreiche Ba-
cillen fanden sich überall im Blut, Milz und Leber waren geschwollen,
am Orte der Infektion ein mehr oder weniger beträchtliches Oedem.
In einer zweiten Reihe wurde Tauben das Pankreas ganz, zu
drei Viertheilen, oder zur Häiite abgetragen. Die Thiere, die sich
Hunger und Infektionskrankheiten (Milzbrand).
13
von der Operation erholt hatten, wurden mit Milzbrand geimpft.
Obwohl die Zahl der Experimente nur klein war, glauben die Verff.
doch feststellen zu können, dass die totale oder partielle Exst'rpation
des Pankreas die Empfänglichkeit der Tauben für Milzbrand in
grösserem oder geringerem Maasse steigert, dass aber die Immunität
gegen denselben nach einiger Zeit zurückkehrt. [Es handelt sich
um die kurze Zeit von 14 Tagen, Die Thiere, die an Anthrax starben,
waren 2, 3, 7 resp, 11 Tage nach der Operation geimpft. Die Inter-
pretation dieser Versuche dürfte auf Schwierigkeiten stossen. Ref.]
In einer dritten Serie von Experimenten wurde festgestellt, dass
Tauben, die man längere Zeit hatte fasten lassen, gegen eine Impfung
mit Milzbrand sich refraktär verhielten, sobald dieselben gleichzeitig
mit der Inoculation wieder ernährt wurden. Erst wenn der Hunger-
zustand 8 oder 9 Tage gedauert hatte, ging die Immunität öfters
verloren.
In einer vierter Reihe Hessen die Verff. Tauben 2—5 Tage nach
der Infektion mit Anthrax hungern und begannen dann die regel-
mässige Ernährung. Es ergab sieb dass die Tbiere eine grössere
Resistenz an den Tag legten, indem sie meistentheils erst Dach län-
gerer Zeit (8 — 14 Tage) an Milzbrand zu Grunde gingen oder sogar
überlebten.
Aus allen diesen Versuchen ziehen die Autoren den Schluss,
dass der Verlust der Immunität bei den Tauben mehr abbängt voa
der Aufhebung der Zufuhr von Nahrungsstoffen, als von dem Ver-
brauch der Gewebselemente im Hungerzustande.
Es bot sich hier ein bequemes Mittel dar, zu erfahren, wie lange
das Infektionsmaterial im Körper von refraktären Tauben sich lebens-
kräftig und virulent erhält. Die Thiere wurden nach der Inoculation
verschieden lange Zeit regelmässig gefüttert und dann erst dem Hungern
unterworfen. Die Tauben, denen nach 2 — 5 Tagen die Nahrung
entzogen wurde, starben sämmtlich an Milzbrand. Diejenigen dagegen,
die nach 6—8 Tagen zu hungern anfingen, gingen nur zum Theil
an der Infektion zu Grunde, während die letztere nach noch späterer
Zeit sich gar nicht mehr bemerklich machte.
Die Verff. kamen so zu demselben Ergebniss, das Met sch ni-
koff auf anderem Wege erhalten batte, dass die Milzbrandkeirce in
refraktären Tauben bis zu 8 Tagen virulent bleiben können.
Experimente an Hübnern gaben erstlich ein Resultat, das mit
dem Pasteur’ s übereinstimmte, dass nämlich diese Thiere, wenn
man sie von dem Moment der Impfung an hungern liess, nicht an
Milzbrand starben , obwohl sie der Inanition lange genug, einmal
z. B. 18 Tage widerstanden. Wurde den Hühnern aber auch schon vor
der Inoculation die Nahrung entzogen (3 — 7 Tage), so erlag die Hälfte
an Anthrax.
Analoge Versuche an weissen Ratten (mit den Kontrollthiereu 15)
führteu nie zu einem positiven Ergebniss. Die Ratten erwiesen sich
als völlig refraktär.
Um dem Einwande zu begegnen, dass vielleicht die Temperatur-
erniedrigung, die nach Pasteur den Hühnern Empfänglichkeit für
Milzbrand verleiht, auch in den Experimenten der Verff. diesen Erfolg
14
Carcinoin.
hat haben könneD, wurden regelmässige Temperaturmessungen ange-
stellt. aus denen sich ergab, dass die Hühner, auch nachdem sie
7 Tage, gehungert hatten, nie mehr unter der Sonn hatten.
Nach Coliu genügt aber ein so schwaches Sinken der Körperwärme
nicht, um die Immunität der Thiere aufzuheben. Was die Tauben
anlangt, so schwankte die in einer Kontrollreihe beobachtete Tempe-
raturerniedrigung nach einer Fastenzeit vou 7 Tagen zwischen 1,8
bis 2,8°. Um dieselbe auf einem anderen Wege zu erzielen, wurden
9 Tauben iu Wasserbäder gebracht, deren Temperatur auf 32 — 36°
gehalten wurde; so gelang es, die Körperwärme um 2 — 3° herab-
zusetzen. Meist mussten die Thiere künstlich gefüttert werden, weil
sie die Nahrung verweigerten. Die Inoculation mit Milzbrand geschah,
um accidentelie Infektionen zu vermeiden, an einer trockenen Stelle
zwischen den Schulterblättern. Alle Tauben starben zwischen dem
2. und 7. Tage, wie eine genaue Prüfung zeigte, in keiuem Falle an
Milzbrand, sondern wahrscheinlich während der Nacht an Suffokatiou,
Zum Schluss gestehen die Verff., dass sie nicht im Stande sind,
die Frage zu beantworten, auf welchem Wege der Hungerzustand die
Empfänglichkeit der Tauben und Hühner für die Milzbrandinfektion
beeinflusst. Der verschiedene Effekt bei den 3 zum Versuch dienenden
Spezies scheint ihnen dafür zu sprechen, dass das Hungern entweder
bei differenten Thierarten eine differente Wirkung äussert, oder dass
der Mechanismus der Immunität ein verschiedener ist.
W. Kruse (Neapel).
Klebs, E., Ueber das Wesen und die Erkennung derCar-
cinombildung. (Deutsche Medicinische Wochenschrift. 1890.
No. 32.)
K.’s neue Untersuchungen lassen den parasitären Ursprung des
Carcinoms zum mindesten sehr zweifelhaft erscheinen. Er geht von
der UeberlegUDg aus, dass bei Uebertragung von menschlichen Car-
cinommassen auf zu Carcinom disponirte Thiere ein eventuell vor-
handener Parasit in den Epithelien des implantirten Stückes einer-
seits, in der Ernährungsflüssigkeit des disponirteu Impfthieres anderer-
seits die günstigsten Bedingungen zu seinem Fortkommen finden
müsse.
Auf Grund dessen wurden kleine keilförmige Stücke in die Peri-
tonealhöhle eingeführt, gegen die Milz- oder Lebergegend vorge-
schoben — 11 Versuche dieser Art — , 3 Impfungen unter die
Rückenhaut und 5 Fütterungsversuche mit Carcinomstücken , die
letzteren ohne allen Erfolg, gemacht.
Die Thiere wurden nach einem Zeitraum zwischen 3 und 188
Tagen getödtet; in der Hälfte der Versuche war das implanlirte
Stück noch vorhanden resp. eingewaehsen.
Von der nun erfolgten, sehr eingehenden histiologischen Unter-
suchung ist hier von Interesse, dass in dem Mammacarcinom, welchem
das implantirte Stück entnommen war, sich reichliche hyaline Ab-
lagerungen vorfanden, namentlich innerhalb der wuchernden Epithel-
schläuche, welche sie stellenweise in theils runden, mehr noch eckigen
Massen erfüllten, auch in dem erst seit 3 Tagen in der Bauchhöhle
Carcinom.
Malaria.
15
der Ratte implantirten Stücke fanden sich dieselben Bildungen in
den wuchernden Epithelmassen vor, theils zwischen den Zellen als
kleine kugelige Massen, theils innerhalb derselben, sie bildeten dann
bisweilen grosse, wurstförmige, vielleicht durch Verschmelzung hervor-
gegaugene Körper. Noch auffallender war der Umstand, dass diese
Bildungen vielfach in Hämatoxylin sich dunkelblau färbende, körnige
Massen enthielten , die meist in einem Haufen zusammenlagen.
Diese riefen den Eindruck fremder Körper — Parasiten? — her-
vor, welche Annahme jedoch bei genauer Prüfung von K. als ganz
unwahrscheinlich erklärt wird. Es konnten keine besonderen morpho-
logischen Eigenschaften an den Körpern wahrgenommen werden.
Eine Weitereutwickelung derselben findet nicht statt; viel-
mehr verschwinden sie spurlos, wenn die Epithelzeilen unter-
gehen, was trotz der anfänglichen Wucherung der letzteren niemals
auszubleiben scheint. Auch ist schou im Anfänge der epithelialen
Wucherung eine Abnahme dieser Körper zu konstatiren.
Aus diesen und anderen histiologisch begründeten Erwägungen
stellt K. den parasitären Charakter der Hyalinbildungen in Abrede,
welch’ letztere er für den Carcinomen eigene Exsudations- resp. Zell-
produkte hält.
In den gelungenen Versuchsfällen handelt es sich nicht um einen
Infektions- sondern um einen Transplantationsvorgang, es findet eine
Zellübertragung und keine parasitäre Einwirkung statt.
Kronacher (München).
Martin, L. , Ueber die Krankheitserreger der Malaria.
(Münch, med. Wochenschr. 1890. No. 3.)
Der durch seine Schrift über „Malaria in den Tropen“ bekannte
Verf. reiste, um die von Celli und Marchiafava beschriebenen
Plasmodien aus eigener Anschauung kennen zu lernen, nach Rom
und unterzog unter Anleitung dieser beiden Autoren eine Reihe von
Maluriakranken im Spitale Santo Spirito eingehenden Blutunter*-
suchungeu, die ihn, wie er bekeunt, zu einem überzeugten Anhänger
der Plasmodien gemacht haben. Er schildert genau die Technik
der Untersuchung und die Bilder, unter denen die Mikroorganismen
im Innern der Blutkörperchen sich darstellen, Schilderungen, auf die
als anderweitig bekannt hier nicht weiter einzugehen sein durfte.
Auch einen an Febris perniciosa comatosa Verstorbenen konnte
M. zusammen mit Bignami secireu und sich in Schnittprä-
paraten aus dem Gehirn von dem reichen Gehalt der strotzend ge-
füllten Kapillaren an Parasiten führenden rothen Blutkörperchen
überzeugen. Die Plasmodien waren hier massig mit Pigment erfüllt.
Den gleichen Befund zeigten Schnitte durch die Magen- und Darm-
schleimhaut der an Febris perniciosa cholerica Verstorbenen.
M. Kirchner (Hannover).
Xaveran, Del’examen du sang au point de vucdela
recherche deUhörnatozoaire dupaludisme. (Lasemaino
m6d. X. 1890. No. 53.)
Iu der Sitzung der Soci6t6 des höpitaux vom 28. November 1890
16
Malaria.
trug Verf. seine Erfahrungen über die Blutuntersuchung bei Malaria
vor. Man soll das Blut auf der Höhe der Fieberanfälle und bei
Kranken untersuchen, welche seit einiger Zeit kein Chinin bekommen
haben. Man entnimmt das Blut vermittelst eines Stiches, der in die
sorgfältig gereinigte Fingerkuppe mit einer Lancette gemacht wiTd.
Man fängt den Bluttropfen auf, auf einem Deckgläschen, welches
man sofort mit einem zweiten bedeckt. Das frische Blut untei sucht
man am besten bei Tageslicht und mit einem starken Trockensystem.
Man sieht dann die Geissein am häufigsten an den Rändern der runden
pigmentirten freien Körperchen. Will man ein Trockenpräparat unter-
suchen, so zieht man die beiden Deckgläschen von einander ab, lässt
das Blut trocknen und zieht die Gläschen dreimal durch die Flamme.
Man kann sie dann ungefärbt untersuchen, doch zieht L. die Färbung
mit konzentrirter wässeriger Lösung von Methylenblau vor, vor deren
Anwendung er die Deckgläschen mit Alkohol und Aether zu gleichen
Theilen abspült. Hierbei färben sich die Kerne der weissen Blut-
körperchen dunkelblau, die freien oder an rotben Blutzellen haftenden
rundlichen Körper färben sich blassblau, die im Wachsen begriffenen
Körperchen färben sich kaum. Auch für die Versuche der Trocken-
präparate empfiehlt L. Trockensysteme. Diese Untersuchungsmethode
enthält nichts Neues. L. scheint die Loeffler’sche Geisselfärbung
nicht zu kennen. M. Kirchner (Hannover).
Sacharoff, N., Malaria an derTranskaukasischenEisen-
bahn im Jahre 1889. Mikroskopische Beobachtungen;
mit Beilage von 12 Mikrophotogramraen. Von der
Kaiserlich kaukasischen medicinischen Gesellschaft gekrönte Preis-
schrift. Tiflis 1890. [Russisch.]
Verf. dieser Arbeit hatte sich zur Aufgabe gestellt, die Theorie
von Golgi, sowohl hinsichtlich der regelmässigen Tertiana und
Quartana, als auch die Quotidiana betreffend, nachzuprüfen. Er über-
zeugte sich davon, dass zwei verschiedene Arten des Parasiten existi-
ren, welche die 3- und 4-tägigen Fieber hervorrufen, und dass die
von Golgi gegebene Beschreibung von deren morphologischen Eigen-
thümlichk eiten — richtig ist.
Was den Zusammenhang zwischen den Entwickelungsstadien
dieser Parasiten und den Krankheitssymptomen betrifft, so äussert
sich derselbe dadurch, dass die Theilung des Parasiten während des
Anfanges des Paroxysmus stattfindet. Einen noch näheren Zusammen-
hang gelang es Verf. nicht zu finden, da während des ganzen Ver-
laufes der von ihm beschriebenen Fälle regelmässiger tertiärer und
quartaner Fieber im Blute zu gleicher Zeit mit Parasiten eines Alters
eine unbedeutende Anzahl von Parasiten ganz anderer Entwickelungs-
perioden gefunden wurden, so dass man Eines von Beiden zulassen
muss :
1) es können bei regelmässigen tertianen und quartanen Fie-
bers im Blute mehr als eine Generation der Parasiten leben, oder
2) die Parasiten anderer Stadien sind Parasiten derselben Ge-
neration, die nur in der Entwickelung zurückgeblieben sind und auf
den Krankeitsverlauf des Individuums keinen Einfluss haben.
Malaria. — Gelbfieber. — Tetanus.
17
Sehr selten beobachtete Verf. diese Arten von Parasiten bei
quotidiauen Fiebern, weshalb sich die Theorie Golgi’s hier nicht
anwenden lässt. Bei diesen Fiebern wurde vielmehr im Blute eine
besondere Parasitenart gefunden, welche sich von den von Golgi
beschriebenen durch ihre geringe Grösse unterschied, die nie diejenige
eines roihen Blutkörperchens erreichte, ferner durch eigentümliche
Lagerung des Pigmentes in Form eines Häufchens oder durch voll-
kommene Abwesenheit desselben während des ganzen Verlaufes der
Krankheit. (Siehe Photogramm No. 5, 1, 2.)
Zum Schluss beschreibt Verf. Fälle, in denen die im Anfänge
der Krankheit gefundenen Parasiten im weiteren Verlaufe derselben
verschwanden, das quotidiane Fieber aber fondauerte (zuweilen sehr
lange, ein ganzes Jahr), wobei die Kranken, in einem Zustande
schwerer Anämie, nicht selten starben. Solche chronische Malaria-
formen ohne Parasiten schlägt Verf. vor, secundäre zu nennen, in
der Voraussetzung, dass dieselben ihr Zustandekommen denjenigen
Veränderungen innerer Organe verdanken, welche durch die unter
der Chininwirkung verschwundenen Parasiten verursacht sind.
Bei diesen chronischen Malarien bleibt Chinin wirkungslos.
Reich (Tiflis).
Sau Martin, J., In vestigaciones espectroscöpicas sobre
la sangre, bilis y orina en la fiebre amariila. (Cröuica
mddico-quirürgica de la Habana. J890. Februar.)
Verf. hat eine ganze Reihe von spektroskopischen Untersuchungen
des Blutes, der Galle und des Harns von au Gelbfieber Erkrankten
oder Gestorbenen ausgeführt, ist aber nur in Bezug auf die Galle
zu einem abschliessenden Ergebniss gekommen, während er die Er-
forschung der beiden anderen Flüssigkeiten fortsetzen zu müssen
glaubt, um eine endgültige Schlussfolgerung machen zu können. In
der Galle hat er beständig Oxyhämosphärin gefunden und glaubt
nun, dass diese Thatsache dazu beitragen wird, die Frage nach dem
ausschliesslich iiepatogenen oder hämatogenen oder etwa kombinirten
Ursprung des Gelbfiebers zu entscheiden.
S e n t i ii o d (Barcelona).
Peyraud, Etiologie dutetanos; sa vaccinatio n chimique
par la strychuiue. (La semaiue m6d. X. 1890. No. 44.)
Verf. nahm eine Reihe von Impfungen mit Stoffen vor, die man
als Träger der Infektion mit Tetanus kennt: mit Pferdemist erhielt
er nur negative Resultate; mit Heustaub gelaug es ihm, 50°/o der ge-
impften Kaninchen tetanisch zu machen; mit nicht kuitivirter Erde
von einem Weinberge erhielt er in ö|6 der Fälle positive Ergebnisse.
Nocard, dem dieselbe Erde zugesandt war, gelang dies allerdings
unter 18 Kaninchen nur 2 mal.
Des weiteren hat P. den Nachweis versucht, dass es möglich
sei, durch Impfung Kaninchen gegen Tetanus immun zu machen.
Er ist der x\nsicht, dass dies durch Gewöhnung au ein Gift geschieht,
welches selbst dem Tetanus ähnliche Wirkungen hat, nämlich das
Strychnin. Er bringt au 5 bis 6 Tagen den Versuchstieren eine
IX. Bd. 2
18
T«tanu».
Dach dem Alter derselben wechselnde Strychninmenge unter die Haut
und impft sie dann mit Gaben des Tetanusvirus, die gross genug
sind, um alle nicht so vorbereiteten Thiere zu tödten. 4 Kontroll-
tbiere starben sämiutlich, von 10 geimpften Kaninchen aber nur 3
am 5. bis 7. Tage an Tetanus Zur Erklärung des Todes der drei
letzteren führt P. an, er habe noch am Tage nach der Impfung ihnen
l/2 mg Strychnin unter die Haut gespritzt, wodurch die Wirkung
des Tetanusgiftes gesteigert, statt verringert worden wäre.
In einer zweiten Versuchsreihe starben 14 Kontrollthiere sämmt-
lich, von den schutzgeimpften 7 dagegen nur 3. Aus diesen That-
sachen schliesst P. auf die Wirksamkeit seines Verfahrens.
Nocard, der P. ’s Versuche nicht mit der Weinbergserde, son-
dern mit Reinkulturen des Tetanusbacillus wiederholte, sah die mit
Strychnin behandelten Thiere sämmtlich in derselben Zeit — in 3
bis 5 Tagen — zu Grunde gehen, wie die nicht unter Strychnin-
wirkung gesetzten. (Acad^mie de m6d. S6ance du 7. Octobre 1890.)
M. Kirchner (Hannover).
Oapltan, Du bacille du t^tauos. (La semaine m(d. X. 1890.
No. 46.)
Verf. versetzte Bouillon mit dem Speichel eines mit Heu und
Mohrrüben gefütterten Kaninchens und injizirte 2 Tage darauf 1 ccm
dieser Bouillon demselben Kaninchen in die Ohrvene. 3 Tage später
erkrankte das Thier mit Convulsionen, bekam am 5. Tage Opisthoto-
nus und ging 24 Stunden darauf zu Grunde. Kulturen machte C. nicht
mit den Organen des Thieres, ist jedoch überzeugt, dass die Tetanus-
bacillen, unter deren Einwirkung das Kaninchen augenscheinlich zu
Grunde gegangen war, an der Nahrung gesessen hatten, deren
Aufnahme in den Darmkanal dem Thiere nicht geschadet hatte.
(Soci6t6 de biologie. S6ance du 18.* Octobre 1890.)
M. Kirchner (Hannover).
Sanchez Toledo et Veillon, De la pr6sence du bacille du
t6tanos dans les excr£ments du cheval et du boeuf ä
l’6tat sain. (La 3emaine med. X. 1890. No. 45.)
Der Tetanusbacillus ist bekanntlich ausser in der Gartenerde
noch in anderen Substanzen gefunden worden, so von Riet sch
im Heustaub, von Sormani in den Exkrementen verschiedener
Thiere, von Chicoli Nicola in den Exkrementen von Pferden.
Vertf. machten unter Leitung von Straus ähnliche Versuche, bei
denen sie übereinstimmend mit Sormani fanden, dass mit Tetanus-
kulturen gefütterte Ratten, Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen Ex-
kremente entleerten, mit denen man Tetanus erzeugen konnte, wäh-
rend sie selbst gesund büeben. Auf Grund dieser Versuche gingen
sie dazu über, die Exkremente gesunder Thiere auf Tetanusbacillen
zu untersuchen, und zwar bei Pferden und Rindern. Sie fingen
Pferdeäpfel im Augenblicke der Entleerung in sterilisirten Ge-
fässen auf. Von diesen Aepfeln brachten sie eine ziemlich be-
trächtliche, etwa nussgrosse Quantität in eine Hauttasche am Rücken
von Kaninchen. (Sie wählten Kaninchen, weil die für Tetanus ebenso
Tetanus.
19
empfänglichen Mäuse und Meerschweinchen zu empfänglich sind für
malignes Oedem, dessen Sporen im Staube so sehr verbreitet sind
und daher in der Regel an dieser Krankheit zu Grunde gehen, bevor
der Tetanus sich entwickeln kann.) Von den auf diese Weise ge-
impften Kaninchen starben die einen in 2 — 3 Tagen an Septikämie,
die andern, die Majorität, in 5 — 6 Tagen an deutlich ausgesproche-
nem Wundstarrkrampf; bei der mikroskopischen Untersuchung fand
sich im Eiter und Gewebssaft der Impfwunde neben andern Mikro-
organismen der Nicolai er’ sehe Tetanusbacillus. Durch Ueber-
impfung von Eiter aus der Wunde der Kaninchen auf Mäuse, weisse
Ratten und Meerschweinchen konnten die Vertf. typischen Tetanus
übertragen. Es gelang ihnen, auch aus dem Eiter und dem Gewebs-
saft der Kaninchen den Tetanusbacillus in Reinkultur zu gewinnen.
Bei 8 Impfungen von Kaninchen mit dem Koth von 6 Pferden be-
kamen sie 4 mal Tetanus. Zwei mit dem Mist einer Kuh geimpfte
Kaninchen gingen gleichfalls an Tetanus zu Grunde.
Verneuil hat bekanntlich behauptet, dass der Tetanus beson-
ders häufig nach Verwundungen von Leuten auftritt, welche mit Pfer-
den zu thun haben. Diese Thatsache findet durch die Versuche der
Verff. ihre Erklärung, Rinder und Pferde nehmen mit ihrem Futter
(Heu, Laub, Gräser) und mit dem auf demselben haftenden Staube
Tetanussporen in sich auf, ohne selbst zu erkranken, und geben die-
selben in virulentem Zustande in ihrem Kothe eingeschlossen an die
Aussenwelt wieder ab, wo sie dann den mit diesen Thieren verkeh-
renden Menschen verderblich werden können. — (Soci6t6 de biologie.
Sdance du 11. November 1890.) — M. Kirchner (Hannover).
Plä, E. F., Naturaleza infecciosa del tätanos. (Crönica
m^dico-quirurgica de la Habana. 1890. April.)
Verf. hat 8 Fälle von Wundstarrkrampf bakteriologisch mittelst
Kultur- und Tmpfungsversuchen studirt und obschon es ihm in keinem
Falle gelungen ist, den Nicolaier’ sehen Bacillus zu erhalten, hat
er sich doch von der infektiösen Natur des Tetanus überzeugt, be-
sonders in seinem 5. Falle, indem er durch Trepanation Kaninchen und
Meerschweinchen verlängertes Mark eines 2 Stunden vorher an Tetanus
verstorbenen 24-jährigen Hafenarbeiters beibrachte. Die Thiere star-
ben unter deutlichen Tetanussymptomen nach 18 — 25 Tagen und
wurde deren verlängertes Mark zu neuen Impfungen benutzt, wobei
die Thiere nach 5 — 7 Tagen an denselben Erscheinungen zu Grunde
gingen. Auch deren verlängertes Mark erwies sich als infektiös, da
es nach 7 Tagen den Tod unter Trismus und Zuckungen des Hinter-
viertels hervorbrachte. Als Beispiel der Ansteckungsfähigkeit des
Starrkrampfes führt Verf. einen ihm von Dr. Fors mitgetheilten
und eine Nichte desselben, Tochter eines Arztes, betreffenden Fall an.
Dieses Kind wird am 17. April 1888 gesund geboren, am 10. Juni
von Dr. Laguardia geimpft und am folgenden Tage von den El-
tern mit aufs Land genommen, wo es in demselben Zimmer und auf
derselben Stelle sein Bettchen aufgestellt bekommt, wo 5 Monate
vorher ein tetanuskrankes Kind gelegen hatte; während dieser Zeit
war die Wohnung ohne alle Lüftung verschlossen geblieben. Am 1 .
2*
20
Bleunorrhoea neonatorum. — Echinococcus der Leber.
Juli, wo noch der Schorf auf 2 Impfpusteln haftete, merkte die Mut-
ter, dass das Kind die Brust nicht ordentlich zu nehmen vermag,
der Vater stellt eineu leichten Trismus fest, und da ihm dabei das
vorher Passirte einfällt, leitet er sogleich eine energische Behandlung
ein, die jedoch nicht verhinderte, dass das Kind am 5. Juli unter
exquisiten Starrkrampferscheinungeu zu Grunde geht.
Seutiilon (Barcelona).
Schmidt - Ilimpler , Bemerkungen zur Aetiologie und
Therapie der Blennorrhoea neonatorum. (Dtscb. med.
Wocheuscbr. 1890. No. 31.)
Verf bekämpft die vielfach vertretene Ansicht, dass jede Blen-
norrhoea neonatorum durch Gonokokkemnfektion veranlasst sei,
und dass gerade die Tripperbakterieu die Bösartigkeit der Krank-
heit bedingten. Wie es bereits durch Bock hart erwiesen sei,
dass auch andere Mikroorganismen als Gouokokken heftige eitrige
Harnröhrenkatarrhe hervorbringen können, so kann beim neuge-
borenen Kinde, dessen Lidbindehaut besonders empfindlich gegen
Reize ist, ein der Blennorrhoe vollkommen gleichender heftiger
eitriger Koujunktivalkatarrh ohne Gonokokkeu zu Stande kommen.
Verf. hat mehrere derartige Fälle gesehen, und beschreibt einen der-
selben ausführlich. Eine andere Krankenbeobachtung führt er
zum Beweise, dafür an, dass Blennorrhöen, welche unzweifelhaft die
Folge von Tripperinfektiou sind, sehr milde verlaufen können.
Bezüglich der Therapie macht Schmidt-Rimpler keinen
Unterschied, ob Tripperinfektion vorliegc, oder nicht. In allen Fäl-
len empfiehlt er prophylaktische Einträufelungen von Chlorwasser
in das Aage der Neugeborenen. Dasselbe Mittel wandet ei auch
im ersten Stadium der ausgebildeten Blennorrhoe, so lange die Lider
steif sind, die Sekretion gering und die Schleimhaut noch nicht
weich ist, in Verbindung mit eiskalten Borsäure-Umschlägen an;
erst spater bei zunehmender Sekretion pinselt er lmal täglich die
Schleimhaut mit 2 °/0 Höllensteinlösung, die er gleich darauf mit
Kochsalz neutralisirt. Nur bei sehr profuser Sekretion und im
weiteren Verlaufe der Krankheit bedient er sich des gemilderten
oder reinen Höllensteiustiltes. K übler (Oldenburg).
Vierordt, Hermann. Der multilokulare Echinococcus der
Leber. (Berliner Klinik. Heft 28. 1890. IG 3.)
Der kleine Aufsatz behandelt das Wissens wertheste über den
schon durch seine eigentümliche geographische Verbreitung merk-
würdigen Parasiten, namentlich auch nach der klinischen Seite hin.
Die in demselben mitgetheilte Statistik ist durch 3 n eu e (bayerische)
Fälle zu vermehren (2 w., I m.), beschrieben: a) in einer Erlanger
Dissertation von M. Löwenstein „über die ulcerirende multilocu-
läre Echinokokkengeschwulst“ 1889, b) in einer ganz kürzlich er-
schienenen Münchener Dissertation von Weindel, „Fall vou Embolie
des Gehirns und Rückenmarks in Folsre von Thrombose der Vena
Echinococcus der Leber — Heterodera Schachtii und radicicola.
21
cava ascendens“. In diesem Fall hatte bei einer 46-jährigen Aus-
geherin eine durch Alveolarechinococcus hervorgerufene Vergrösserung
des rechten Leberlappens mittelst Druckwirkung die Thrombose ver-
anlasst.
Von den bis jetzt beobachteten Fällen haben die übergrosse
Mehrzahl (reichlich 5/K) geliefert Bayern, die Schweiz und Württem-
berg, nämlich 42, 21,20; es folgen Oesterreich mit 7, Russland mit 4,
Preussen mit 2 (1 aus Hokenzollern), Baden 1, Vereinigte Staaten 1
[und 1 Fall aus der Söm merri ng’schen Sammlung von unbekannter
Herkunft — München? Frankfurt a. M.??]. Trotzdem in letzter Zeit
mehr weibliche Fälle beobachtet wurden, überwiegen bis jetzt in der
Gesammtstatistik immer noch die Männer; 40 gegen 35 Weiber. Im
„Centralblatt für Bakteriologie“. Bd. I. p. 185 hat sich bei der Be
sprcchuDg der Monographie des Ref. „Abhandlung über den multilo-
culäreu Echinococcus“ (1886) irrthümlich eine gegen theilige, sogar
für die Identität beider Echinococcusformen (cystos und multilocular)
direkt verwertete Angabe eingeschlicben. Vor 4 Jahren war das
Verhältniss männlich : weiblich — 36:24. Autorreferat.
Yoigt, Infektionsversuche zur Unterscheidung von
Heterodera radicicola Greeff u. H. Schachtii Schm.
(Sitzgsb. der Niederrhein. Ges. zu Bonn. 1890. pg. 66—74.)
Es kan; dem Autor darauf an, durch Infektionsversuche zu
entscheiden, ob die Heterodera radicicola, welche in Gallen
an den Wurzeln von Kultur- und Wildpflanzen lebt, identisch ist
mit dem bekannten Rübennematoden, was Strubel! und Ritze-
ma Bos vermuthet hatten. Der Letztere hatte nämlich gezeigt,
dass eine Anzahl als verschieden beschriebener Ty 1 e n ch us-Arten,
die in oberirdischen Theilen verschiedener Pflanzen schmarotzen
und hier verschiedeneKrankheiten erregen, doch nur eine
einzige Art bilden Nun ruft H. radicicola Gallenbildung her-
vor, H. Schachtii nur ganz ausnahmsweise. Der Autor inflzirte
daher verschiedene Pflanzen, von denen es bekannt ist, dass sie
H Schachtii beherbergen können, mit K. radicicola und er-
hielt konstant Gallenbildungen; die gleichen Pflanzen wurden dann
mit H. Schachtii intizirt, doch entstand nicht die geringste Gal-
lenbildung — demnach hängt letztere nicht von einer Verschieden-
heit in der Reizbarkeit der pflanzlichen Gewebe ab, sondern allein
von der Natur des Parasiten. Ein genauer Vergleich der beiden
Formen liess auch eine Reihe von Verschiedenheiten aufflnden, wor-
über folgende Tabelle gegeben wird.
22
Beteroder* Schachtii and radicicoh». — Oncbocotyle.
Heterödera Schachtii
Schm.
Erzeugt keine Gallen.
Heterodera radicicola
Greeff.
Erzeugt Gallen.
Weibchen.
Aussen an den Wurzeln sitzend,
mit einem Eiersack, der nur we-
nige, häufig gar keine Eier ent-
hält.
Gewöhnlich von einer dünneren
oder dickeren Schicht der Wur-
zelrinde und immer am Hinter-
ende von dem viele oder alle Eier
enthaltenden Eiersaok bedeckt.
Länge 0, 8 — 1,3 mm.
Dicke 0,5 — 0,9 mm.
Citronenförmig; die Anschwel-
lung des Körpers beginnt ziemlich
unvermittelt in der Höhe des
Schlundbulbus.
Von einer runzelig-schuppigen
(sogen, subkrystallinischen) Schicht
umgeben.
Cuticula der angeschwollenen
Region des Körpers mit granulir-
ter Oberfläche, ohne deutliche
Querriugelung.
Länge 0,6 — 0,85 mm.
Dicke 0,3 — 0,5 mm.
Bimförmig ; die Anschwellung
des Körpers beginnt erst in der
zwei- bis vierfachen Entfernung
des Schlundbulbus vom Vorder-
ende, der halsartige Vordertheil
geht mehr allmählich in den an-
geschwollenen Körper über.
Nackt, fettig glänzend.
Cuticula mit ziemlich deutlicher
feiner Querringelung.
Länge 0,8 — 1 mm.
Dicke .0,03 mm
Männchen.
Länge 1 — 2 mm.
Dicke 0,03 — 0,05 mm.
Larve des Männchens.
Ohne deutlich abgesetzte» Mit deutlich vom Körper ab-
Schwanzende. gesetztem, zugespitztem Schwanz-
ende.
M. Braun (Rostock).
Saint-Remy, 0., Sur une espece nouvelle de Polystomien
du gen re Oncbocotyle Dies. (Rev. biol. du Nord de la
France. Ann. III. No. 2. nov. Lille 1890. pag. 41—43.)
Das Genus Onchocotyle beschränkt sich in seinem Vorkommen
auf Haie und Rochen, deren Kiemen vier Arten bewohnen ; der Autor
beschreibt als O. Preoanti n. sp. eine neue Art von den Kiemen
von Raja oxyrhynchus, die er im Juli und August d. J. in
Roscoff beobachtet hat. M. Braun (Rostock).
Kirchner, 0., Die Krankheiten und Beschädigungen
unsererlandwirthschaftlichenKulturpflanzen. Eine
Anleitung zu ihrer Erkeunung und Bekämpfung.
Für Landwirthe, Gärtner etc. 8°. X, 637 p. Stuttgart (Dimer) 1890.
Pflanzenkrankheit«n.
23
Die umfangreiche Arbeit besitzt nicht nur für die Fragen des
praktischen Betriebes des Laudwirths, des Försters, des Gärtners hohe
Bedeutung, sondern wird auch von Botanikern und Zoologen mit
warmer Anerkennung aufgenommen werden. Für die Erkennung und
Bekämpfung der Parasiten unserer Kulturpflanzen ist das Buch ein
ausgezeichnetes Hülfsmittel. Es soll nicht die ausführlichen Hand-
und Lehrbücher über Pflanzen krankheiten ersetzen, sondern vielmehr
für den Gebrauch derselben als Vorbereitung dienen. Auf das vor-
theilhafteste ist es durch die ganz eigenartige Anordnung des Stoffes
ausgezeichnet. Die zweckmässige Gruppirung desselben sowie die
grosse Vollständigkeit, mit der alle bisher beobachteten Parasiten,
Krankheiten und Beschädigungen berücksichtigt werden, gestaltet das
Buch zu einem Nachschlagewerk vou grösster Brauchbarkeit. Ein
weiterer, nicht zu unterschätzender Vorzug ist die gleichmässige Be-
arbeitung sowohl der schädlichen Pflanzen wie Thiere, so dass
hier in einem Werke die Arbeit des Botanikers mit der des Zoologen
zur Lösung einer sie beide angehenden Aufgabe glücklich vereinigt ist.
Das Buch zerfällt in zwei Haupttheile. Der erste: „Die land-
wirthschaftlichen Kulturpflanzen mit ihren Krankheiten und Beschädi-
gungen“ enthält die in Nord- nud Mittel-Europa feldraässig angebau-
ten Kulturgewächse und zerfällt in die Kapitel: Getreide, Hülsen-
früchte, Futtergräser, Futterkräuter, Wurzelgewächse, Handelsgewächse
(Tabak, Hopfen, Cichorie u. s. w.), Gemüse und Küchenpfianzen,
Obstbäume, Beerenobst — Gewächse, Weinstock. Man findet in ihm
die Anleitung, durch die an einer erkrankten Pflanze beobachteten
Merkmale das Wesen der Krankheit, deren Namen, ihre Ursachen
und die Mittel zur Bekämpfung aufzufinden. Die Diagnosen sind
scharf und kurz und mit grosser Sorgfalt aufgestellt.
Wünscht man eine nähere Beschreibung eines Parasiten oder
sucht man Belehrung über seine Lebensweise, so findet man beides
im zweiten Theile des Buches, welcher eine systematische Beschrei-
bung derjenigen Pflanzen und Thiere enthält, welche die im ersten
Theil beschriebenen Krankheiten verursachen.
Der Zusammenhang und die leichte Benutzung beider Theile ist
dadurch hergestellt, dass im ersten Theil hinter dem Namen des
Schädlings eine Zahl auf die Stelle verweist, an der im zweiten Ab-
schnitt die ausführliche Beschreibung gegeben ist. Der Ausarbeitung
des Buches sind die besten grösseren Werke zu Grunde gelegt; vieles
wurde aus Spezialabhandiungeu zusammengetragen, das Meiste aber
sorgfältig selbständig nachuntersucht. Den Schluss des Buches bildet
ein ausführliches, allgemeines alphabetisches Register sowie eiu
Verzeichniss der im Texte erklärten Kunstausdrücke. Vorange-
schickt sind auf vier Seiten Vorbemerkungen über den Gebrauch des
Ganzen.
Das Werk erfüllt seinen Zweck trefflich und kann aufs Wärmste
empföhlen werden. Max Scholtz (Breslau).
24
Untersuchuugitmelhoden, Instrumente etc.
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Despeignes , V. , Nouveau r&gulateur pour etuve
chauffäe au pötrole. (La Provioce möd. V. 1890. No. 23
p. 270.)
Dieser .Regulator besteht aus einer Uröhre, deren kurzer, am
Ende zugeschmolzener Schenkel etwas ausgebaucht Ist und mit dem
langen offenen Schenkel mittelst einer engeren Röhre kommunizirt.
Die Uröhre ist mit dem eigentlichen Regulator verbunden, dessen
Haupt tkei! ein Gummicylinder bildet, welcher von 2 Metallscheiben
verschlossen wird. Durch die eine der Scheiben mündet eine Rühre
in das innere des Cylinders, während an der anderen nicht durch-
bohrten Scheibe eine Zahnstange aus Metall befestigt ist, die in ein
Zahnrad eiugreift. Dieses trägt auf seiner vertikalen Axe die hori-
zontal gestellte Extinktionsscheibe. In den langen Schenkel der
Uröhre wird bis zu einer gewissen Höhe Quecksilber gebracht, hier-
auf in den kurzen Schenkel etwa 1 ccm Aethyläther eingeführt und
der noch leere Tkeil des laugen Schenkels, das Rohr, welches diesen
mit dem in den Cylinderraum führenden Rohre verbindet, sowie der
Gummicylinder selbst vollständig mit Wasser angefüllt. Die Uröhre
wird in den Brütofen oder zwischen die Doppelwände in der Wasser-
raum eingestellt, derart, dass der lange Schenkel durch eine der, für
die Thermometer angebrachten Oelfnungen ins Freie geführt wird.
Zum Erhitzen dient eine Petroleumlampe mit Flachbrenuer , deren
Docht mittelst Zahnstange leicht beweglich sein muss. Der Regu-
lator wird so aufgestellt, dass sich die Extinktionsscheibe 1 — 2 mm
oberhalb des Dochtes befindet.
Tritt eine Temperaturerhöhung im Brutofen ein, so wird bei
einer gewissen Spannung der Aetherdämpfe der Druck auf die Queck-
silber- und Wassersäule bezw. auf den Gummicylinder übertragen,
welcher seinerseits mittelst der Zahnstange und dem Zahnrade die
Extinktionsscheibe in Bewegung setzt Letztere wird durch einen
am I.ampenbrenner angebrachten Stift daran gehindert, die Lampe
völlig auszulöschen. Die Extinktionsscheibe ist an ihrer Axe mittelst
Stellschraube verstellbar, so dass es durch zwei Versuchsreihen
leicht gelingt, die Reguliruug für eine gegebene Temperatur in der-
selben Zeit wie bei Gasregulatoren vorzunehmen.
Das Petroleumniveau im Lampenkörper soll sich nicht wesent-
lich ändern, weshalb letzterer mit einem grösseren Vorratbsgefässe
verbunden wird.
Die Empfindlichkeit, Genauigkeit und konstante Funktionirung
des Apparates, dann die Billigkeit des Heizmateriales und die ver-
ringerte Explosionsgefahr gegenüber Gas werden besonders hervor-
gehoben. K r ä 1 (Prag).
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten. Entwickelungshemmung etc. 25
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Neuere Arbeiten über Immunisirungs- bezw,
Heilungsversuehe bei Thieren gegenüber der Infektion,
mit Milzbrand-, Tetanus- und Diphtherie-Bacillen,
Ref. Prof. Loeffler.
In den Mittheilungen der inedicinisehen Fakultät d. Kaiserl. Japan.
Universität Tokio ist vor einigen Monaten eine aus dem hygienischen
Institute in Tokio stammende Arbeit des Prof. M. Ogata und stud.
med. Jasuliara erschienen, welche ein besonderes Interesse in An-
spruch nimmt. Sie ist betitelt: Ueber die Einflüsse einiger
Thierblutarten auf Milz brandbacilleu.
Die Verff. gehen von der bekannten Thatsache aus, dass gewisse
Thierarten eine angeborene Immunität gegenüber dem Milzbrandvirus
besitzen. Die Theorieen zur Erklärung dieser Wirkung des immunen
Thierkörpers schienen nicht ausreichend. Sie suchten deshalb experi-
mentell die Frage zu studireu.
Der Frosch ist milzbrandimmun. In einer Froschbouillon wuch-
sen die Milzbrandbacillen (die Verff. hatten nur den sog. Mäusemilz-
brand zur Verfügung, d. h. Bacillen, welche wohl Mäuse, nicht aber
Meerschweinchen und Kaninchen tödteten), ohne in ihrer Virulenz
gegenüber der Maus beeinträchtigt zu werden. Da die immunisirende
Wirkung des Froschkörpers durch Siedehitze zerstört wird, so nah-
men die Verff. Froschblut als Nährsubstrat. Die 2 bis 3 Tage
darin gewacl senen Bacillen verimpften sie auf Mäuse. Diese wurden
etwas krank, starben aber nicht, während die Kontrollmäuse, welche
aus Gelatinekulturen geimpft waren, zu Grunde gingen. 26 Mäuse
mit Froschblutkultur geimpft, starben nicht, 13 Kontrollmäuse aus
Gelatinekultur starben prompt. Von den 26 Mäusen impften sie 10
nach einigen Wochen mit Kartoffelkulturen. Sie starben alle — aber
erst nach 3—6 Tagen, während die Kontrollthiere nach 2 Tagen
starben. Sie waren demnach etwas widerstandsfähiger geworden.
Die Verff. haben dann weiter in Froschblutserum und auf Frosch-
blutkuchen Milzbrandbacillen kultivirt und mit den Kulturen Mäuse
geimpft. Alle Thiere, welche mit den Kulturen geimpft wurden, blieben
am Leben bis auf eine, welche mit Blutkuchenkultur geimpft war.
Sie haben dann weiter Kulturen in Blut, Blutserum und Blut-
kuchen von weissen Ratten und Hunden (milzbrandimmun),
sowie von Kaninchen (nicht immun) angestellt und mit denselben
Mäuse geimpft. Die Kulturen in den Substraten aus den immunen
Thieren tödteten die Mäuse nicht, wohl aber die Kulturen in dem
Kaninchenblut.
26 Schutzimpfung, küustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc
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77
77
Nunmehr gingen sie dazu über, Mäusen gleichzeitig mit, vor und
nach der Infektion Blut oder Blutserum von immunen Thiereu subkutan
zu injiziren.
10 Tropfen und 4 Tropfen Froschblut wurden je 2 Mäusen nach
der Milzbrandimpfung injizirt. Alle Mäuse starben nach 1 — 2 Tagen,
doch fanden sich nur an der Impfstelle Bacillen, nicht aber in den
inneren OrganeD, wie bei den Kontrollthieren. Die Verff. gingen deshalb
mit der Dosis herab und nahmen nur 1 Tropfen Froschblut bzw. Frosch-
blutserum. Alle Thiere blieben am Leben. Ebenso wirksam
erwies sich 0,5 Tropfen Hundeblutserum. Alle Thiere überleb-
ten, wenn ihnen in der Zeit von 72 Stunden vor bis 5 Stunden nach
der Infektion die Blutinjektionen gemacht waren. Frühere, 120 Stun-
den z. B. vor, oder spätere, 7 Stunden nach der Infektion gemachte
Injektionen konnten die Thiere nicht retten. Die nebenstehende
Tabelle bietet eine vortreffliche Uebersicht der angestellten Versuche.
Wurde das Blut auf 45 0 1 Stunde erwärmt, so verlor es seine
heilende Kraft, ebenso wenn mit Magendarmsaft von Mäusen zu-
sammengebracht. In der Kälte aufbewahrt, behielt das Blutserum
seine Wirkung wochenlang.
Weiter konstatirten die Verff., dass von 7 durch Milzbrand-
impfung und Blutinjektion immun gemachten Mäusen, nachdem sie mit
wirksamem Milzbrand einige Wochen später geimpft waren, 6
am Leben blieben und nur eine starb.
2S Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemraung etc.
Das Blut der Rüsselschildkröte, ebenso wie das Rinderblut hatte
keine abschwächende Wirkung auf Milzbrandbacillen.
Die Verfl. schlossen aus ihren Versuchen: „dass das Blut
milzbrandiramuuer Thiere (Frosch, Hund, weisse Ratte) nicht nur die
Eigenschaft hat, im Thierkörper selbst Milzbrandgift abzuschwächen,
sondern auch ausserhalb des Thierkörpers und vor allem im fremden,
nicht immunen Thierkörper, der dadurch eine gewisse Zeit immun
wird.“
Auf welche Substanz jene milzbrandabschwächende Eigenschaft
des Blutes zurückzuführen ist, wissen die Verif. nicht.
Sie ziehen aber aus ihren Versuchen folgenden Schluss: „Da unsere
Versuche bei Mäusen innerhalb einer gewissen Zeit sowohl thera-
peutisch als prophylaktisch ziemlich sichere positive Resultate ergebeu,
so darf mau hoffen, dieselben in derselben Weise mit Nutzen bei
dem epidemischen Milzbrand anderer Thiere zu verwenden, wenn
man für die letzteren durch das Experiment die wirksame, aber nicht
schädliche Menge des Blutes oder Serums milzbrandimmuner Thiere
festgestcllt hat. Auch für andere Infektionskrankheiten dürfte das-
selbe Prinzip sich verwenden lassen.“
Weiter berichten dann die Verff. noch über Versuche an Ka-
ninchen und Meerschweinchen, nachdem sie in den Besitz von viru-
lentem Milzbrandmaterial gekommen waren. Ein Meerschweinchen
von 400 g erhielt 20 Tropfen mit physiolog. Kochsalzlösung ver-
dünnten Froschblutes (von 6 Fröschen) subkutan unmittelbar nach
einer Impfung mit virulentem Milzbrand. Es erkrankte leicht —
blieb gesund.
Ein zweites, 370 g, erhielt 2 ccm defibrinirten Hundeblutes
auf der anderen Seite nach der Infektion. — Es erkrankte leicht —
blieb gesund. Das Kontrollthier starb nach 2 Tagen an Milzbrand.
Ein Kaninchen , 1500 g. erhielt 8 ccm defibrinirtes Hundeblut,
ein zweites, 1600 g, 4 ccm desselben. Das erste erkrankte ganz
ieicht, das zweite etwas schwerer, am dritten bezw. vierten Tage
waren sie wieder munter.
Als sämmtliche Thiere nach einigen Wochen mit virulenten Milz-
brandbacillen wieder geimpft wurden, blieben alle gesund.
Endlich haben die Verff. noch die Menge Hundeblutserums be-
stimmt, welche bei Mäusen zum Schutze genügt. Von 4 Mäusen
erhielt unmittelbar nach der Impfung
die erste 0,5 Tropfen mit 0,6 NaCUösung doppelt, verdünnt
die zweite 0,25 „ „ 0,6 „ dreifach „
die dritte 0,125 „ „ 0,6 „ „ „
die vierte diente zur Kontrolle.
Maus 3 und 4 starben. Mithin erwiesen sich 0,25 Tropfen
Hundeblutserums auf 10 g Maus, d. h. 1 Theil : 800 Körpergewicht
als ausreichend, deD Tod an Milzbrand zu verhüten.
(Schluss folgt.)
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickeiangshemmang etc. 29
Petruscliky , J., Der Verlauf der Phagocyten-Contro-
verse. (Fortschritte d. Medicin. Bd. VIII. 1890. No. 12.)
Hueppe, F., Bemerkungen zu Petruschky’s Mittheilung
in No. 12 d. Zeitschrift über den Verlauf der Phago-
cytencontroverse. (Fortschr. d. Med. Bd. VII!. 1890. No. 13.)
Petruschky, J., Entgegnung auf F. Hueppe’s „Bemer-
kungen u. s. w.“ in No. 13 d. Zeitschrift. (Fortschr. d.
Med. Bd. VIII. 1890. No, 15.)
Hueppe hatte in No. 9 der Fortschritte der Medicin. Bd. VIII
ein Referat über 7 im Jahre 1889 erschienene Arbeiten, welche die
Frage der natürlichen Immunität behandeln, veröffentlicht und in
dessen Schlusssatz gesagt: „Nach den diesmal referirten Arbeiten
scheinen demnach extracelluläre Einflüsse bei der Vernichtung der
Bacillen im Innern des thierischen Körpers als allgemeine Schutz-
vorrichtungen gegen Mikroorganismen wirklich in Betracht zu kom-
men, aber diese Einflüsse sind zu allgemeiner Art, um die Immunität
oder Disposition von Rassen und Individuen irgendwie verständlich
zu machen. Ferner ergeben sich ganz zweifellos cellulare und spezi-
fisch ausgebildete Einflüsse, unter denen die von Metschnikoff
hervorgetretene uds als Ausgangspunkt hingestellte Phagocytose noch
immer zweifellos die erste Stelle einnimmt.“
Verf. wendet sich gegen diesen Passus, indem er nachzuweisen
sucht, dass die Bemerkungen Hueppe’s keineswegs die Ergebnisse
der referirten Arbeiten darstellen, und Hueppe’s Ansicht über die
Bedeutung der Metschnikoff 'sehen Theorie nicht im entferntesten
als Ergebniss der neueren Arbeiten gelten kann.
Schon die Arbeiten von Behring, Nuttall und G. Frank
hätten statt der Phagocytose biochemische Prozesse im Körper als
Grund der Immunität in Anspruch genommen. Verf. hätte dann ge-
zeigt, dass der blutleere Frosch auch ohne Phagocyten gegen Milz-
brand immun bleibt. Arbeiten von Nissen, Büchner, Verf.,
Lubarsch, Fahrenholtz, Baum garten, Czaplewski, Vos-
win kel hätten weiter dazu beigetragen, die Phagocytenlehre zu unter-
graben, deren Vertheidigungsversuche durch Metschnikoff nicht
glücklich gewesen wären. Auch die vermittelnde Ansicht Buchner’s,
dass die Fresszellen als Mitursache der Immunität neben den Ein-
flüssen der Körpersäfte ir Betracht kommen, hält Verf. nicht mehr
für zulässig, und zwar aus folgenden drei Gründen:
1) „weil in empfänglichen Thieren, in deren Säften die Bacillen
zu gedeihen vermögen, die Leukocyten überhaupt keinen Angriff auf
dieselben versuchen ;
2) weil in den immunen Thieren die Bacillen sich gewisser-
maassen in einer für sie irrespirablen Atmosphäre befinden, in der
sic auch ohne Leukocyten bald zu Grunde gehen, jedenfalls nicht im
Sinne Metschi ko ff ’s an irgend welchem „Kampfe“ mit den Leuko-
cyten befähigt sind;
3) weil in dern einzig bekannten Falle, in welchem die ur-
sprünglich irrespirabie Atmosphäre in eine für die Bakterien respirable
verwandelt werden kann — im erwärmten Frosch nämlich — die
noch nicht völlig abgestorbenen Bacillen wieder aus ihrer Starre er-
30 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungsbemmung etc.
wachen und trotz der Leukocyten, ja selbst in Leukocyten (wie schon
Koch nachwies) zu wachsen vermögen, ln diesem Zusammenhänge
wird das Hineingelangen noch lebender Baciiien iu Leukocyten, welche
die Gefährlichkeit der letzteren beweisen sollte, gerade umgekehrt
zum Beweise für ihre Harmlosigkeit" —
Hueppe bemerkt dagegen, dass er keineswegs über die Ar-
beiten des Jahrgangs 1889, sondern nur über einige Arbeiten aus
dem Jahre 1889 referirt habe, und dass er gegenüber der sehr ein-
seitigen Berücksichtigung, die der chemische Theii in einigen dieser
Arbeiten gefunden, es für angezeigt gehalten habe, „auf das celluläre
Moment besonders hinzuweisen, was ohne der Objektivität zu schaden
sehr wohl möglich war“.
H. gibt die chemischen Einflüsse der Gewebssäfte auf die Bak-
terien zu, behauptet aber, dass sie für sich allein das verschiedene
Verhalten der einzelnen Thierspezies zu den Bacillen nicht zu erklären
vermögen, sondern dass die Wirkungen der Zellen hinzukommen
müssen. Wäre das Serum allein bakterientödtend oder nicht, so
müsste das Serum der immunen Thiere auch ausserhalb des Körpers
derselben die Bakterien vernichten, dasjenige der nicht immunen ihnen
dagegeu Zusagen, während in Wirklichkeit auch das letztere den
Bakterien nicht günstig sei. Auf alle Fälle hält H. eine definitive
Stellungnahme für oder gegen die Phagocyteniehre für verfrüht.
Er weist ferner darauf hin, dass er für seine Person durchaus
nicht die biochemische Seite der Frage unterschätze, was schon daraus
zu schliesen sei, dass die Arbeiten von Holschewnikoff über
Schwefelwasserstoffbildung durch Bakterien und seine und Wood’s Ar-
beit über die Cholerabakterien ja aus seinem Laboratorium hervorge-
gangen seien.
H. ist entschieden der Ansicht, „dass die Phagocyten thatsäch-
lich lebende und vollvirulente Bakterien aufnehmen können, dass
nach dieser Hinsicht zweifellose Unterschiede zwischen immunen und
disponirten Thieren bestehen.“ .... „Die biochemischen Untersuchungen
von 1889“, bemerkt H. schliesslich, „lehren von Neuem, dass man
mit der chemischen Theorie allein auf Abwege geräth, wenn das
biologisch-cellulare zu sehr aus dem Gesichtskreis verschwindet.“
In seiner Entgegnung verzichtet Petruschky auf eine ausführ-
lichere Erwiderung gegenüber den Bemerkungen Hueppe’s und
wendet sich nur gegen dessen Ansicht, dass die Leukocyten lebhafter
lebende Bakterien aufzunehmen scheinen, als todte. Seinen Er-
fahrungen nach haben die lebenden Milzbrandbacillen eine gewisse
„Klebrigkeit“, die den todten, bez. den kürzlich abgetödteten fehlt,
eine Klebrigkeit, vermöge deren sie besonders leicht an den Leuko-
cyten haften bleiben. Dies genüge zur Erklärung der von Hueppe
hervorgehobenen Erscheinung. P. erklärt sieh durch die Wirkuug
der bakteriellen Stoffwechselprodukte das Ausbleiben der Phagocytose
in empfänglichen Thieren, während in immunen, wo die Bakterien
diese Stoffwechselprodukte nicht zu erzeugen vermögen, dieselben der
Phagocytose anheimfallen.
Bezüglich der von H. geleugneten Unterschiede in der bak-
Schutzimpfung, künstl Infektionskrankheiten, E.nfwickeluagshemtnung etc. 31
terientödtenden Wirkung des Serums immuner und nichtimmuner
Thiere weist P. auf die Arbeit von Behring und Nissen hin.
Ais Hauptargument gegen die Phagocytentheorie hebt P.
schliesslich nochmals den Umstand hervor, „dass die Bakterien nicht
nur im Blutserum des Reagirglases, sondern vor allem in der Säfte-
masse des immunen Thierkörpers auch ohne Zelleneinfiuss zu Grunde
gehen oder pathologische, dem Thiere unschädliche Wuchsformen
treiben.“ M. Kirchner (Hannover).
Lubarseh. ö.. Ueber die Ursachen der Immunität. (Fort-
schr. d. Med. Bd. VIII. 1890. No. 17.)
Die vom Bef. besprochenen Arbeiten Petrusch ky’s und
Hueppe’s über die Phagocytenkontroverse veranlassen den Verf.,
weil er sich von jenen Forschern missverstanden sieht, seinen
Standpunkt zu dieser Frage scharf zu präcisiren. Er sagt zunächst,
dass Petruschky „zwei Punkte vermengt, welche bisher von den
meisten Forschern mit Recht aus einander gehalten werden; nämlich
die Frage, ob wesentlich biochemische Einflüsse die Immunität ver-
mitteln oder nicht, und die, ob es sich bei der Widerstandsfähigkeit
eines Thieres gegen Bakterien um einen wirklichen Kampf handelt“.
Die Anschauung Baumgar ten’s und seiner Schüler, dass M e t s c h‘-
nikoff biochemische Einflüsse ganz leugne, weisst Verf. als unrich-
tig zurück und betont, dass ihm kein einziger Untersucher bekannt
sei, „welcher nicht stets und von vornherein zugegeben hätte, dass
biochemische Vorgänge eine wesentliche Rolle bei der Immunität
spielen“. Dass sich aber die chemische Theorie mit der Auflassung
der Immunität als eines Kampfes v/ohl vereinigen lassen, dafür führt
Verf. die Autoritäten von Flügge, Emmerich, di Mattei an.
Nach Ansicht L.’s sind die wichtigsten Streitfragen augenblicklich :
1) „Sind die die Immunität vermittelnden Stoffe in dem Körper
natürlich immuner oder immunisirter Thiere von vornherein bezw.
dauernd vorhanden oder werden sie erst erzeugt, wenn der Thier-
körper infiziri wird?“
2) „Werden diese Stoffe nur durch bestimmte Körperzelleu bereitet?“
Die erste Frage ist seiner Meinung nach vor der Hand allgemein
überhaupt nicht zu beantworten : einmal , weil unter den Begriff
der Immunität sehr komplizirte und verschiedenartige Vorgänge
zusauimeugefasst werden; zweitens, weil bei der einen Reihe von
Bakterienkrankbeiten wesentlich die chemischen Produkte der Bak-
terien die Erkrankung verursachen, bei anderen dagegen die Bak-
terien direkt die Zellen schädigen; endlich, weil die Dinge verschieden
liegen, je nachdem es sich um Allgemeininfektiou oder um l.okal-
krankheit handelt.
Die Behauptung Petrusc.hky’s, dass Verf. die Zellkampf-
theorie „mit besonderer Betonung“ völlig fallen gelassen habe, weist
Verf. energisch zurück und führt eine Reihe von Versuchen an , die
im Original nachzulesen sind, und die ihn veranlassen, zum min-
desten für die Immunität des Frosches gegen Milzbrand die Kampf-
iheorie für sehr wahrscheinlich zu halten.
32 Schutzimpfung, küustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungsbeinmuog etc.
Bezüglich der zweiten Frage hält Yerf. es für verfrüht, die bakterien-
tödtenden Eigenschaften des Serums für die Erklärung der Immunität
zu benutzen und nach der Natur der bakterientödtenden Substanzen
im Blute zu forschen. Verf. wendet sich hier gegen die Arbeiten
von Behring und Nissen, was im Orginal nachzulesen ist.
Er fasst seine Ansichten in die folgenden Schlusssätze zusammen:
1) „Erscheint es bis jetzt unmöglich, auch nur für eine Bakterien-
krankbeit eine allgemeine Erklärung der Immunität zu geben.“
2) „Für gewisse Fälle erscheint es sehr wahrscheinlich, dass die
Immunität durch eine Wechselwirkung zwischen Zellen und Bakterien
bedingt ist, wobei es, wie ich im Gegensätze zu Metschnikoff
annehme, wesentlich darauf ankommt, wie das Verhältniss bereits
ausserhalb der Zellen sich gestaltet.“
3) „Ist eine von den Körperzellen unabhängige bakterientödtende
Eigenschaft des zirkulirenden Blutes bis jetzt so gut wie unbewiesen.“
M. Kirchner (Hannover).
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Das Chrysarobin scheint nach des Verf.’s Untersuchungen auf
Schizo- und Blastomyceten keine entwickelungshemmende Wirkung
auszuüben.
Es wurden junge Kulturen mit dem in Terpentinöl oder in Aether
gelösten Mittel, mit Suspensionen in Wasser und mit dem trockenen
Pulver behandelt. Nur Sarcina lutea zeigte eine geringe Ver-
zögerung im Wachsthura gegenüber der Kontrollkultur. Die anderen
untersuchten Mikroorganismen: Staphylococcus pyogenes
aureus und citreus, rosa und schwarze Hefe, Bac. pyocyaneus,
cinnabareus, violaceus uDd einige andere chromogene Spalt-
pilze blieben vom Chrysarobin gänzlich unbeeinflusst.
Kräl (Prag).
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den Verlauf der Pbagocytencoutroveise,
p 29.
Petruschky, J., Entgegnung auf F. Huep-
pe’s ,, Bemerkungen u. s. w “ iu No. 13
d. Zeitschrift, p 29
Neue Litteratur, p. 32.
frommannsche Buchdruckere. (Hermann i’ohle) in Jena.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gei. Hofr. Prof. Dr. Lerntet ui Professor Dr. Löffler
in Leipzig in Greifswald
herausgegeben von
Dr. O. ühlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -O- Jena, den 19. Januar 1890. — &- No. 2.
Original - Mittheilungen.
Xfeber die Nothwendigkeit und die beste Art der
Sputumdesinfektion bei Lungentuberculose.
[Aus der Hygienischen Untersuchungsstelle des X Armeecorps zu
Hannover.]
Von
Dr. Martin Kirchner,
Stabsarzt.
Mit 1 Abbildung.
(Schluss.)
Wenn es daher auch seit dem Augenblicke, wo man die Gefähr-
lichkeit des tuberculösen Auswurfs erkannte, an mancherlei Vorschlä-
gen zur unschädlichen Beseitigung desselben nicht gefehlt hat, so
haben doch mancherlei Umstände allmählich dahin geführt, von einer
Desinfektion der Sputa ganz Abstand zu nehmen. Abgesehen von
der eben dargelegten Unwirksamkeit der meisten chemischen Des-
infektionsmittel kam in erster Linie in Betracht, dass bei einer so
langwierigen Krankheit, wie die Phthisis, die Beschaffung der Des-
infektionsmittel für die Mehrzahl der Kranken auf die Dauer zu
kostspielig wird, und dass die stetige Verwendung so grosser Mengen
der nicht indifferenten Mittel auch Gefahren mit sich bringt.
Der Coruet’sche Rath, den Auswurf in SpuckDäpfen oder Glä-
sern, die mit feuchten Sägespänen oder einfach mit Wasser gefüllt
sind, aufzufangen, hat jetzt wohl allgemeine Beachtung gefunden und
wird auch in Kasernen und Militärlazarethen strenge befolgt. Für
IX Bd. 4
42
Kirchner,
ambulante Kranke hat die bekannte Dett weiler’sche Spuckflasche
Anerkennung und vielfache Anwendung gefunden.
Die gewaltige Tenacität der in dem Auswurfe enthaltenen Tu-
berkelbacillen — sie widerstehen der Fäulniss nach Schill und
Fischer 43 Tage1), dem Eintrocknen 6 (Koch, Schill und Fi-
scher) bis 10 (de Torna)*) Monate, Chantemesse und Wi-
rt al3) fanden sie in sterilisirtem Seinewasser noch nach 70 Tagen
virulent — scheint mir indessen eine Desinfektion der Sputa mit
Not, h wendigkeit zu erheischen. Denn wenn auch ein Austrocknen,
Verstäuben, kurz ein Uebergang in die Luft den Bacillen nicht mög-
lich ist, so lange sie sich in der Flüssigkeit befinden, so sind sie
wohl in der Lage, infizirend zu wirken während und nach der Reini-
gung der Spuckflaschen, -näpfe und -gläser.
Einen Vorschlag zur Desinfektion der Sputa in den Athemwegeu
selbst vor ihrer Entleerung, den Petrescu4) gemacht hat, kann
man allerdings nur als ein Kuriosum bezeichnen. Er hat einen Ap-
parat angegeben, dessen Benutzung er für alle Phthisiker obligatorisch
gemacht wisseu will, der mit Desinfizientien gefüllt wird, und durch
den der Kranke aus- und einathmen soll, ein Apparat, der ebenso
unzweckmässig als lästig für den Kranken ist.
Für die Militärlazarethe ist zur Reinigung der Spuckgläser und
Spuckuäpfe Ausspülen derselben mit kochendem Wasser vorgeschrie-
ben. Dies genügt indessen bei der Klebrigkeit der meisten Sputa
zur unschädlichen Beseitigung derselben nicht. Meist sind die mit
der Reinigung beauftragten Wärter genöthigt, mit den Händen nach-
zuhellen, die dann bei mangelhafter Reinlichkeit zu Infektionsträgern
werden müssen, auch ist in der Regel das zum Ausspülen bestimmte
Wasser, welches kochend aus der Lazarethküche empfangen werden
soll, erheblich abgekühlt, wenn es mit den Speigläsern und deren
Inhalt iu Berührung kommt.
Die Angabe Yersin’s5), dass die Tuberkelbaciilen im Sputum
durch IO Minuten langes Erhitzen auf 70° C zu Grunde gehen sollen,
habe ich bei meinen Versuchen nicht bestätigt gefunden, dieselbe
stimmt auch mit den grundlegenden Versuchen von Schill und
Fischer6) nicht überein. Sie fanden, dass einmaliges, ja doppeltes
Aufkochen die Infektiosität der Tuberkelbacillen nicht aufhebt, dass
sie vielmehr erst nach 10 Minuten langer Einwirkung der Temperatur
von 100° C zu Grunde gehen.
Zur gefahrlosen Beseitigung der phthisischen Sputa ist daher
meines Erachtens die Desinfektion der Spuckgläser vermittelst strö-
menden Wasserdampfes unbedingt erforderlich.
Dieselben Erwägungen brachten 3chon 1888 Graue her und
de Gen n es") dahin, sich von Geoesteund Here her einen Spu-
1; 1. e.
2) Änuaii universali di ined. VoJ. 283. 1363
3) 1 Tub. Kongress za Paris. 1888. Juii.
4) Heber die Methode, um der Kontagiösitäl der uiherculösen Sputa voriubeugen.
(Ref. in Centralbl. f. Bakt. c. Paras. V. 188&.)
5) Annal. de l’Institut Pasteur. 1888. No. 2.
6) 1. c.
7) Sur la desinfeotion des chracfcoirs des luliereuieux. (Rsv. d’Eyg. 1888. No. 3.)
Heber die Sputamdesinfoktion bei Lungentuberculose.
43
tum-Desinfektionsapparat bauen zu lassen, der zwar zweckmässig und
wohlempfehlenswerth , aber für die allgemeinere Einführung viel zu
kostspielig ist. Auch hat die von diesen Forschern gegebene Anre-
gung meines Wissens nur wenig Beachtung gefunden.
Zwar drängt schon seit längerer Zeit, hauptsächlich aber seit
der herrlichen R. Koch’schen Entdeckung eines Specificums gegen
die Tuberculose, die öffentliche Meinung mit zunehmender Einmüthig-
keit auf Centralisirung der Phthisiker in eigenen Sanatorien hin, und
auch in der Armee ist man dazu übergegangen, die Tuberculösen
ganzer Arraeecorps in den grösseren Lazarethen an den Sitzen der
Generalkommandos zwecks planmässiger Behandlung zu sammeln.
So lange diese Maassregel aber nicht überall durchgeführt ist, muss
ein zur Sputumdesinfektion bestimmter Apparat bei voller Wirksam-
keit so einfach und billig wie möglich sein, um seine Einführung auch
in kleinen Krankenhäusern und in Privathaushai tungeu zu gestatten.
Einen derartigen Apparat anzugeben, schien mir eine dankens-
werte Aufgabe zu sein, die um so leichter zu lösen war, als wir in
dem Soxhl et’scheu Milchkochapparat ein sehr zweckmässiges Vor-
bild besitzen. Es kam nur darauf an, dieses Modell entsprechend zu
vergrössern und auf seine Wirksamkeit gegenüber den tuberculösen
Sputis zu erproben.
Ich liess mir von einem hiesigen Klempner aus festem Eisen-
blech einen Kessel anfertigen von 42 cm Höhe und 40,3 cm Durch-
messer, dessen unterster Theil jedoch, der zum Einsetzen in ein
Herdloch bestimmt ist, in der Höhe von 6 cm nur einen Durchmesser
von 29 cm hat. An dem Kessel befinden sich zwei derbe eiserne
Handgriffe. Der Deckel greift wie beim Koch’schen Dampfkochtopf
mit einer 3,2 cm langen Muffe in das Innere des Kessels ein und
trägt zwei knopfartige Handgriffe von Holz und einen Tubus zur
Aufnahme des Thermometers. Für die Speigläser sind zwei Einsätze
bestimmt, deren jeder fünf Speigläser aufzunehmen vermag. Die dem
Soxhlet’schen Flaschenträger sehr ähnlichen Einsätze haben drei
Füsse; die Höhe des Einsatzes einschliesslich der 4,8 cm hohen
Füsse beträgt 13,6 cm, der Durchmesser derselben 39 cm; er be-
steht aus zwei parallel über einander vermittelst sechs Säulen be-
festigten Blechscheiben , von denen die untere zahlreiche, 0,4 cm iin
Durchmesser haltende Löcher für den Durchtritt des Dampfes , die
obere fünf kreisförmige Ausschnitte von 12,6 cm Durchmesser zur
Aufnahme des Speiglases enthält.
Das 6 cm hohe Bodenstück fasst 4,4 1, der Kessel bis zum
Bodenbrett des ersten Einsatzes 11,6 1 Wasser.
Die im ganzen X. Arraeecorps eingeführten Speigläser sind aus
weissem Glase gefertigt, 12 cm hoch, haben einen oberen Durch-
messer von 11 und einen grössten Umfang von 37,5 cm; ihr grösster
Durchmesser in dem bauchartig verdickten unteren Theile be rägt
12 cm. Sie kosten beim Massenbezuge 11 Pfg. das Stück.
Für die Aufstellung des Apparates wurde mir vom Chefarzt des
hiesigen Garnisonlazareths, Herrn Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Stanj :ek,
eine Theeküche eingeräumt. Dort wurde der in derselben befir. che
ziemlich primitive Kochherd zur Aufstellung und Heizung des pa-
*■ 4:';
44
Kirchner;
Z9 Cm.
rates benutzt. Die Speigläser werden täg-
lich nach der Visite vermittelst der beiden
mit derben Handhaben versehenen Einsätze
von der inneren Station geholt und unter
Aufsicht eines zuverlässigen Lazarethgehül-
fen in dem Apparat desinhzirt. Nachdem
sie von dem Augenblicke ab, wo das Ther-
mometer 100° C zeigt, noch eine halbe
Stunde lang darin gewesen sind, werden
sie in die Wasserleitung entleert und mecha-
nisch mit grösster Leichtigkeit gereinigt.
Zur Früfung des Apparates verwendete ich zunächst Seidenfäden
mit Milzbrandsporen , deren Virulenz kurz vor dem Versuch durch
Impfung einer weissen Maus erprobt war. Vom Augenblicke ab, wo
die Temperatur des im Deckel befestigten Thermometers 100° C
zeigte, wurden die in den Kessel verbrachten Seidenfäden 15 Minuten
Ueber die Sputamdessnfektion bei Lungentubeiculose.
45
lang der Einwirkung des strömenden Wasserdampfes ausgesetzt.
Daun wurden je 2 in Bouillon in den Brütschrank gebracht, in flüs-
siger Nährgelatine zu Esra arch ’ sehen Rollplatten ausgerollt bzw.
einer weissen Maus unter die Haut au der Schwanzwurzel verimpft.
Die Bouillon- und Gelatinekulturen blieben steril, die Maus blieb
am Leben, während die zur Kontrolle verarbeiteten, nicht sterilisirten
Seidenfäden üppige Kulturen ergaben und die Maus in der üblichen
Zeit von 22 Stunden tödteten.
Nunmehr ging ich dazu über, den Apparat auf seine Wirksam-
keit gegenüber dein tuberculösen Sputum zu prüfen. Von einem
durch die mikroskopische Untersuchung als sehr bacilienrcieh fest-
gestellten Auswurf wurde ein etwa haselnussgrosser Ballen in sterili-
sirtem Wasser gründlich verrieben, und hiervon eine Koch’sche
Spritze voll einem Meerschweinchen in die Bauchhöhle iujizirt. Der
Fest wurde in den Kessel gebracht und 15 Minuten lang dem strö-
menden Wasserdarapf ausgesetzt. Nach Ablauf dieser Zeit wurde
eine Koch’sche Spritze davon einem zweiten Meerschweinchen in
die Bauchhöhle gespritzt. Das letztere Thier lebt noch und ist augen-
scheinlich gesund, während das erstere am 29. Tage nach der Im-
pfung an schwerer allgemeiner Tuherculose zu Grunde ging.
Die Wirksamkeit des Apparates ist durch diese Versuche zur
Genüge dargethau, und ist seine Zweckmässigkeit durch seinen nun-
mehr schon Wochen langen Gebrauch im hiesigen Garnisonlazareth
vollauf bewiesen. Wir verwenden ihn nicht nur zur Desinfektion der
Speigläser, sondern auch zu der der Det tw e il e r’schen Speiflaschen,
welche mit Genehmigung des Königlichen Kriegsministeriums, Medi-
cinalabtheilung, für das hiesige Lazareth angeschafft worden sind.
Bei der Desinfektion der letzteren dar! man, wie ich bemerken möchte,
nicht vergessen, von Beginn der Desinfektion den Deckel der Flaschen
zu öffnen, da dieselben sonst springen.
Die Anbringung eines Wasserstandsrohres an dem Apparat habe
ich nicht für nothwendig befunden, da auch bei mehr als einstündi-
ger Benutzung die Verdunstung des Wassers eine mässige ist und
die im Kessel enthaltene Wassermenge bei weitem nicht erschöpft.
Es genügt die Vorschrift, deu Apparat vor dem Anheizen bis zur
oberen Scheibe des unteren Einsatzes füllen und bei jeder folgenden
Benutzung das Verdampfte nachfüllen zu lassen.
Obwohl zur Desinfektion der Sputa 15, nach Schill und Fi-
scher sogar nur 10 Minuten genügen, lasse ich die Gläser vom
Augenblicke ab, wo das Thermometer 100° C zeigt, eine volle halbe
Stunde in dem Apparat.
Der Preis, für den der Klempnermeister G. Schulze hierselbst
mir den Apparat geliefert hat — 26 Mark — ist etwas hoch, doch
wird sich bei Anfertigung mehrerer derartiger Apparate der Einzel-
preis bedeutend billiger stellen.
Bezüglich der Einzelnheiten des Apparates verweise ich auf die
Zeichnung.
Als eine der Abhülfe dringend bedürftige hygienische Einrich-
tung möchte ich die Spucknäpfe bezeichnen. Mögen sie nun aus
Porzellan oder Eisen hergestellt,, mögen sie mit Sand, Sägespänen
46
Kirchner, Heber die Sputurmiesiafektion bei Lungentuberculose.
oder Wasser gefüllt sein, niemals sind sie meiner Ansicht nach im
Stande, die Sputa so aufzunehnien, dass die Verbreitung von Tuber-
kelbacillen sicher vermieden wird. In Wohnräumen von Privaten
dienen sie ja eigentlich nur als Zimmerschmuck, benutzt werden sie
fast nie. Wer aber in Krankenhäusern und Kasernen die Spuck-
näpfe gesehen hat, die auf vielbegangenen Fluren und Treppen ste-
hen, der wird von dem Anblick, den sie darbieten, wahrhaft entsetzt
sein. Da der am Boden stehende Spucknapf von dem Munde des-
jenigen, der ausspuckt, durchschnittlich 160 cm entfernt ist, so ge-
hört immer ein gewisser Grad von Aufmerksamkeit und Zielvermögen
dazu, den Auswurf so zu dirigiren, dass er in den Spucknapf und
nicht neben demselben auf den Fussboden gelangt. Häufig genug
habe ich Spucknäpfe gesehen, deren Ränder und deren Umgebung
einen wahrhaft ekelhaften Belag von Sputum zeigten. Dass die ge-
fahrlose Beseitigung dieser Verunreinigungen erhebliche Schwierig-
keiten bereiten muss, ist leicht einzusehen.
Aber auch reinlich gehaltene Spucknäpfe bereiten derartige Schwie-
rigkeiten. Sind sie, wie jetzt wohl allgemein üblich, mit Flüssigkeit
gefüllt, so kommt es in Folge der geringen Tiefe der Spucknäpfe häu-
fig genug vor, dass beim Aufheben derselben die in ihnen enthaltene,
mit Auswurf vermischte Flüssigkeit über den Rand hinwegschwappt
und auf den Fussboden gelangt. Dies könnte man wohl als unappetit-
lich, aber nicht als gefährlich ansehen, da es sich ja in der überwiegen-
den Mehrzahl der Fälle nicht um tuberculöses Sputum handeln wird,
dessen Verschmierung also nicht gefahrbringend für die Umgebung ist.
Dies ist kein Einwand. Im Gegentheil, bei der Verbreitung der
Phthisis müssen wir annehmen, dass gerade in öffentlichen Gebäuden
— Gerichten, Gefängnissen, Schulen, Kasernen — von den Personen,
die die dort aufgestellten Spucknäpfe benützen, eine viel grössere
Anzahl tuberculös ist, als man gewöhnlich denkt. Von den wegen
Tuberculose in Behandlung kommenden Soldaten wissen wir wenig-
stens genau, dass sie schon Wochen lang oder noch länger ihr Lei-
den mit sich herumtragen, ehe dasselbe zur Kenntniss des Arztes
gelangt. Und wenn dies schon beim Militär der Fall ist, bei dem
eine stetige ärztliche Ueberwachung jedes Mannes stattfindet, wie
viel mehr muss man dies dann von der Civilbevölkerung annehmen.
Spucknäpfe mit strömendem Wasserdampf zu desinfiziren erfor-
dert grosse und kostspielige Apparate uüd ist schwierig ausführbar.
Es erscheint mir daher am zweckmässigsten, in öffentlichen Ge-
bäuden, namentlich in Krankenhäusern, Schulen und Kasernen, über-
haupt keine Spucknäpfe aufzustellen , sondern an geeigneten Stellen
der Wand in etwa 1 m Höhe zweckmässig konstruirte, zur Aufnahme
von Spuckgläsern bestimmte Träger aus Eisen oder Messing anzu-
bringen. Eine derartige Einrichtung habe ich im hiesigen Clemen-
iinenhau.se, einem überhaupt höchst zweckmässig eingerichteten Kran-
kenhause, das unter der Leitung des Rothen Kreuzes steht, gesehen.
Die hier in der angegebenen Weise an den Wänden der Korridore
befestigten Spuckgläser sind aus Milchglas angefertigt und haben
einen mit einer centralen Durchbohrung versehenen abnehmbaren
Milchgiasdeckel. Eia am oberen Rande des Glases vorspriugender
K ! 8 i u , Ei« weiterer Hei trag' z. Keantniss d. Äetiologie d. Grouse Disease. 47
Rand ruht auf einem eisernen Ringe, der mittelst eines Annes in
der Wand befestigt ist. Ueber diesem Spuckglase befindet sich an
der Wand eine Tafel, die die Aufforderung trägt, zum Ausspucken
nur dieses Glas zu benützen. Das ist äusserst praktisch. Das ein-
zige, was ich an diesen Gläsern auszusetzen habe, ist der Umstand,
dass sie etwas zu gross und deswegen schwer mit Dampf desinfizir-
bar sind. Am meisten empfehlen würde sich meines Erachtens, wenn
die auf den Korridoren u. s. w. aufzustellenden Spückgläser, die auch
meiner Ansicht nach schon aus ästhetischen Gründen aus Milchglas
zu fertigen und mit Deckel zu versehen wären, dieselbe Grösse hät-
ten, wie die auf den Krankenstationen verwendeten Spuckgläser aus
durchsichtigem Glase. Sie könnten daun jeden Morgen gleichzeitig
mit den Spuckgläsern der Stationen in dem von mir angegebenen
Apparat mit strömendem Wasserdampf desinfizirt werden.
Die Anschaffung derartiger Gläser und des Desinfektionsappara-
tes in allen öffentlichen Gebäuden, wo erfahr ungsgemäss regelmässig
ein grösseres fluktuirendes Publikum verkehrt, halte ich für eine
höchst erstrebenswerthe Maassregel. Der Spucknapf hat seit der Ent-
deckung des Tuberkelbacillus seine Existenzberechtigung verloren.
Ein weiterer Beitrag zur Renntniss der Äetiologie
der Grouse Disease,
Von
Professor E. Klein
in
London.
Im VI. Band. No. 2 und im VII. Band. No. 3 dieser Zeitschrift
wurde gezeigt, dass diese die Moorhühner befallende akute Infektions-
krankheit während des Frühjahrs (zwischen Mitte April und Mitte
Juni) grosse Verheerungen anrichtet, und dass die spezifischen Mi-
kroben — Bacillus der Grouse Disease — stets in der entzündeten Lunge
und Leber und nur ausnahmsweise im Herzblute der an der Krank-
heit erlegenen Moorhühner nachweisbar sind. Ich habe im letzten
Jahre weitere Notizen über diese interessante Krankheit gesammelt,
die mir der Veröffentlichung werth scheinen. Das in obigen Mit-
theilungen (Bd, VI. No. 2) konstatirte Faktum, dass in den an der
Frühjahrsepidemie erlegenen Hühnern die spezifischen Bacillen kon-
stant aus den entzündeten Lungen in Reinkultur gezüchtet werden
können, wurde auch heuer bestätigt. In keinem dieser Thiere konnten
die Bacillen im Herzblute nachgewiesen werden. Die aus der Lunge
gewonnenen Kulturen wurden auf weisse Mäuse, Meerschweinchen,
Ammern und Finken verimpft und höchst virulent befunden. Sie be-
hielten ihre volle Virulenz in der Nährgelatine und auf dem Agar
oder der Bouillon nach mehrmonatlieher Abimpfung.
Während des abgelaufenen August, September, Oktober und An-
fang November erhielt ich aus mehreren Theiien Schottlands und
dein Norden Englands Moorbüliuer, die während dieser Monate starben ;
48
S in i th ;
bei der Sektion zeigten sie dieselbe doppelseitige Lungenhyperämie
und Lungenentzündung sowie auch die hochgradige Hyperämie der
Leber, die die Frühjahrsepidemie kennzeichnet. Es wurde jedoch in
Erfahrung gebracht, dass während des Spätsommers und Herbstes
nur wenige Hühner auf den Hochmooren erlagen und ferner, dass auf
einzelnen dieser Hochmoore die Frühjahrsepidemie gar nicht geherrscht
hat. Bei allen während des Spätsommers und Herbstes erlegenen Moor-
hühnern, die mir in gutem Zustande zugekommen — es sind deren
mehrere Dutzende untersucht worden — wurden die spezifischen Ba-
cillen der Grouse Disease von dem Herzblute in unzähligen Kolonieen
und in Keinkultui gewonnen. In kultureller und morphologischer
Beziehung unterscheiden sich diese Blutbacillen der Herbstepidemie
von den aus der Lunge der Moorhühner in der Frühjahrsepidemie
erhaltenen gar nicht, doch lassen sich in Bezug aut Virulenz be-
stimmte Unterschiede konstatiren. Während die mit Frühjahrsbacillen
geimpften Mäuse rasch an der Krankheit erliegen — das Blut ist
voll von den Bacillen — bleibt die grosse Mehrzahl der mit den
Hei bstbacillen geimpften Mäuse am Leben. Von 10 solchen Mäusen
staib eine nach 3 Tagen, eine nach 7 Tagen, die übrigen waren ruhig
und scheinbar krank während der ersten 2—3 Tage, erholten sich
aber darauf vollkommen. Auch bei Ammern wirken die Herbstkul-
turen schwächer, indem diese Thiere erst nach dem 4. oder 5. Tage
eingeheu; das Herzblut dieser Thiere enthält jedoch die Grouseba-
cillen sehr reichlich.
Mäuse, die die Impfung mit den Herbstbacillen überlebten (8
Thiere von 10) wurden mit Frühjahrskulturen wiedergeirnpft, doch
zeigten sic sich vollkommen refraktär, während alle Kontrollmäuse der
Impfung mit denselben Frühjahrskulturen in 20—40 Stunden erlagen.
Aus diesen Beobachtungen kann man mit Recht schliessen, dass
die Herbstepidemie einen leichteren Virulenzgrad, als die Frühjahrs-
epidemie besitzt uud dass die aus dem Herzblute der im Herbste er-
legenen Moorhühner gezüchteten Bacillen eine bedeutend geringere
Virulenz aufweisen, als die aus der Lunge der an der Frühlingsseuche
erlegenen Thiere gezüchteten Mikroben.
London, 22. November 1890.
Einige Bemerkungen zu dem Aufsätze „Eine Methode
der Blutentnahme beim Menschen“ l).
Von
Dr. Theobald Smith
in
Washington, U. S. A.
Die Mittheilung des Herrn Dr. Scheurlen veranlasst mich,
hier mit einigen Worten eine Pipette zu beschreiben, die derjenigen
1) Diese Zeitsehr. Ed. VIII. 1890. p. 2£tf.
Eine Methode der Blutentnahme beim Menschen.
49
Scheurlen’s identisch ist und die ich schon seit 1884 im Ge-
brauch habe und damals beschrieb und abbildete1).
Die Pipette verdankte ihre Entstehung der Thatsache, dass
ich, mit Untersuchungen infektiöser Thierkrankheiten beschäftigt,
oft weite Strecken zum Laboratorium zurücklegen musste und nur
wenig oder gar kein Nährmaterial bei mir hatte. Ihren Gebrauch
beschränkte ich auf die Flüssigkeiten in den serösen Höhlen und
auf das Herzblut. Sie unterscheidet sich von derjenigen Scheur-
len’s nur durch einen beliebig langen, ziemlich dünnen ausgezo-
genen Theil und eine Kautschukkappe.
Soll z. B, Flüssigkeit aus irgend einer Körperhöhle gesammelt
werden, so wird die Pipette mit der Kappe angefasst (welche da-
her ziemlich steif sein muss, um nicht durch das Gewicht der Pi-
pette gebogen zu werden), der ausgezogene Theil einigemale in
der Flamme hin und herbewegt, die Spitze abgebrochen und die
Kappe zusammengedrückt. Die Spitze wird dann in die Flüssig-
keit getaucht und der Druck auf die Kappe langsam nachgelassen.
Die Flüssigkeit steigt in die Kammer hinauf und wenn beinahe
genug aufgesogen worden ist, wird die Spitze zugeschmolzen. Bei
den meisten Pipetten ist das Zuschmelzen beinahe unmöglich wegen
der Flüssigkeit, die den kapillaren Theil der Pipette ganz ausfüllt.
Durch Regulirung des Druckes auf die Kappe kann mar. die
Flüssigkeitssäule weit genug von dem unteren Ende hin-
wegziehen, um das Zuschmelzen leicht von Statten
gehen zu lassen. Auf diesen Punkt lege ich den meisten
Werth des Gebrauchs der Kautschukkappe. Sollte sie nach dem
Auffüllen sich schon maximal ausgedehnt haben, so ist es leicht,
einige Tropfen auszudrücken und so sieb einen negativen Druck
zu schaffen, mit dem mau die Flüssigkeit von dem offenen Ende
bequem heben kann. Damit sie nicht in den Wattepfropf steigen
kann, wählt man den Inhalt der Kammer immer etwas grösser, als
denjenigen der Kappe.
Ueber die weitere Handhabung der Pipette kann ich noch Fol-
gendes hinzufügeu. Sollen weite Strecken zurückgeiegt werden,
empfiehlt es sich auch, die obere Verengerung zuzuschmelzen. Die
Röhre muss dann später aufgebrochen und der Inhalt mit einer
anderen Pipette oder Oese hervorgeholt werden.
Ist nur die Spitze zugeschmolzen, so stelle ich die Pipette in
1 °/o 0 Sublimatlösung für 5—10 Minuten, wasche dann mit Alko-
hol und schliesslich mit Aether ab. Die Spitze wird dann abge-
brochen und Nährmedien durch das Auspressen einiger Tropfen
infizirt. Die Spitze kann sodann wieder zugeschraolzeu und der
Inhalt aufgehoben werden. Ist die Flüssigkeit geronnen, so ist es
manchmal unmöglich , dieses Verfahren anzuweuden. Dann muss
man bei der oberen Verengung abbrechen und wie oben verfahren.
Washington, 14./10. 1890.
1) First Animal report of tht Bureau of Animal Industry, Department of Agri-
culture. 1885. p. 240.
50
S tein li a a a,
Cytophagus Tritonis.
Eine in den Darmepithelzellen parasitisch lebende Ooccidie.
(Aus dem pathologischen Laboratorium der k. Universität in
W arschau.)
Von
Julius Steinhaus,
Assistenten am pathologischen Laboratorium zu Warschau.
Im IX. Bande der „Archives de Zoologie experimentale“ hat
Aim6 Schneider1) eine neue Coccidienart — Orthospora
propria — (zugleich Repräsentant einer neuen Gattung), die er in
den Darmepithelzellen von Tritonen fand, beschrieben. Sie kommt in
Form einer hüllenlosen, kernhaltigen Protoplasmamasse zum Vorschein,
welche sich bald incystirt, die sie beherbergende Zelle sprengt und
in den Darm fällt. Hier erfolgt die Umbildung in eine Spore uud
die Entwickelung der sichelförmigen Körperchen (4 an der Zahl).
Das weitere Schicksal der Sichel gelang es Schneider nicht zu
verfolgen. Balbiaui'2) macht bei Wiedergabe der Schneide r-
schen Beschreibung in seinem Sporozoenwerke die Bemerkung, dass
er diesen Parasiten nicht wiederfiuden konnte.
Als ich vor einigen Monaten im Darme eines Tritons in den
Epithelzelleu Gebilde fand, welche schon auf den ersten Blick als
EntwickelungsstadieD eines Sporozoen (Coccidie) gedeutet werden
mussten, machte mich Herr Prof. S. M. Lukjanow auf den er-
wähnten Befand von Aim6 Schneider aufmerksam. Ich suchte
Schneider’s Arbeit wieder auf, doch überzeugte ich mich gleich,
dass die von mir gesehenen Formen der Orthospora propria
nicht entsprechen, und, soweit meine Litteraturkenntniss reicht, ent-
sprechen sie im Allgemeinen den bis jetzt bekannten Formen nicht.
Dieser Umstand bewegt mich , diese kurze Notiz zu veröffentlichen.
Die von mir gefundene Coccidie erscheint in den Darmepithelzellen
zwischen dem Kerne und dem Stäbchensaume in Form von winzigen
rundlichen Zellen, welche einen deutlichen, bläschenartigen Kern mit
einem Kernkörperchen und einige schwarze Pigmentkörner einscbliessen.
Eine besondere Zellenmembran ist nicht zu bemerken. Die Dimen-
sionen schwanken zwischen * ziemlich weiten Grenzen (2 — 9 <u im
Durchmesser für den Zellenleib, 0,7 — 1,6 fi für den Zelleokern), was
augenscheinlich mit dem Alter der Coccidie im Zusammenhänge steht,
da in den grössten Exemplaren die ersten Anzeichen von Prolife-
rationsvorgängen auftreten. Diese ersten Proliferationsanzeichen be-
stehen darin, dass der Kern der ausgewachsenen Coccidie eine Art
mitotischer Umwandlung erleidet. Ueber die Einzelheiten dieser Mi-
tose kann wegen der Kleinheit des Objektes nichts Genaueres er-
1) Ai me Schneider, Les Psorospermies oviformes ou Coccidies. (Archives
de Zoologie experimentale T. IX. 1881. pp. S89 — 391. Tab. XXII. Fig. 1 — J8-)
2) Balbiani, Leijons sur les Sporozoaires. Paris 1884. p. 76.
Cytophagus Tritonis.
51
rr-ittelt werden. Nur das steht für mich fest, dass wir es hier mit
einem Vorgänge zu thun haben, welcher komplizirter ist, als die
direkte Theilung: der Kern verliert sein bläschenartiges Aussehen
und sein Kemkörperehen, er wird zu einem Fadenklümpcheo.
Nach der Theilung des Kernes erfolgt Zellentheilung, worauf die
jungen Kerne resp. Zeilen sich in gleicher Weise wiederholt theilen,
bis au Steile der ersten Mutterselle sich eine ganze Anzahl (16) äusserst
kleiner Elemente mit knäuelförmigen Kernen gebildet hat. Dann
verwandeln sich alle — bisher rundlichen — Zellchen in sichel-
förmige Körperchen (6—7 u lang); nun kehren auch die Kerne zum
Ruhezustände zurück, d. b. sie werden wieder bläschenförmig und
nucleölenhaltig.
Die sichelförmigen Körperchen gruppiren sich meridional in der
Hohlkugel, welche durch die Anwesenheit des Parasiten im Leibe der
Epithelzelle entstanden ist, und alle Sichelkerne liegen in regelmässiger
Anordnung in der Aequatorialebene.
Nach dieser Phase folgt die Umwandlung der sichelförmigen
Körperchen in amöboide Zellen, welche von denjenigen, die erst zu
sichelförmigen Körperchen werden sollen, durch den Zustand ihrer
Kerne (Ruhezustand) scharf zu unterscheiden sind.
Soviel durch Zusammenstellung verschiedener Bilder an fixirten
Präparaten des Darmes ermittelt werden kaDn, wandern die jungen
amöboiden Zellen — junge Coccidien — aus der Epithelzeüe, deren
Protoplasma sie zum Theil verbraucht haben, aus, um in einer anderen
Zelle dasselbe Unheil anzurichten, welches die Muttereoccidie in der
sie bisher beherbergenden Zelle angerichtet hat
Während der ganzen Proliferationsperiode bleibt die Goccidie
cystenlos.
Suchen wir nun die systematische Stellung unserer Coccidie zu
bestimmen, so fallen uns vor Allem drei Merkmale auf, welche sie
von beinahe allen anderen, bisher bekannten unterscheiden und dem
von mir im Januarhefte 1890 des Virchow’ sehen Archivs be-
schriebenen Karyophagus salamaödrae l) nahe steilen; es
sind dieses nämlich : Ausbleiben von Incystirung bei der Proliferation,
Abwesenheit eines „Restkörpers“ bei der Sichelbildung und Prolife-
ration in derselöen Wirthszelle, die sie im vegetativen Stadium be-
herbergt.
Schon bei der Beschreibung des Karyophagus2) haben wir
die Nothwendigkeit hervorgehoben , die Coccidienklassifikation von
Aimö Schneider3) durch Eintheilung aller Coccidien in cysten-
bildende und cystenlose zu vervollständigen. Der Karyophagus
war damals der erste und einzige Repräsentant der cystenlosen; er
entsprach den monosporen mit vielen sichelförmigen Körperchen
(Gattung Eimeria) unter den cystenbildenden.
Mein Befund am T rito n e n darme liefert eine zweite cystenlose
1) Julius Steinhaus, Karyophagus salamandrae. (Virchow’s
Archiv. Bd. CXV. Heft 1. 1889. pp. 176 — 186. Taf. V.)
2) 1. c. p. 183.
3) 1. c. p. 388
52
Braun
Art, und zwar ebenfalls eine monospore mit vielen sichelförmigen
Körperchen.
Die Unterschiede zwischen dem Karyophagus und der neuen
Coccidie, die ich Cytophagus Tritonis zu nennen vorschlage,
bestehen : 1) in den verschiedenen Dimensionen der einzelnen Theile
in allen Entwickelungsphasen, 2) in der Anwesenheit von Pigment-
körnern im Cytophagusleibe , 3) in der Verschiedenheit des Wohn-
ortes — hier Zellenleib des Tritons, dort Zellenkern
vom Salamander — und endlich 4) in der Struktur des Zellen-
leibes im vegetativen Stadium — hier ist das Protoplasma grob-
körnig und vacuolenhaltig , beim Karyophagus — gleichmässig
feingranulirt. Diese Umstände genügen wohl, um beide Formen von
einander zu trennen.
Warschau, den 10. November 1890.
Helminthologische Mittheilungen.
Von
M. Braun
in
Rostock i. M.
Im Folgenden möchte ich kurz über die Resultate einiger Ar-
beiten berichten, die vor Kurzem im hiesigen zoologischen Institute
unter meiner Leitung ausgeführt worden sind. Die eine derselben,
welche unter dem Titel: „Chr. Di eck hoff: Beiträge zur Kenntniss
der ektoparasitischen Trematoden“ (mit 2 Taf.) erscheinen wird, be-
handelt zuerst den Canalis vitello -intestinalis. Mit diesem
Namen habe ich *) einen in seinen Beziehungen zuerst von J. Ij ima1 2)
richtig erkannten Kanal bezeichnet, der aus dem Keimleiter ent-
springt und in offener Verbindung mit dem Darm steht. An der
Angabe, dass bei einer Anzahl von ektoparasitischen Trematoden Keim-
leiter und Darm direkt verbunden sind, lässt sich nicht mehr zwei-
feln, wenn auch die Deutung dieses Verhältnisses schwierig ist.
Ijima fand den Canalis vitello-intestinalis bei Polystomum in-
tegerrimum, P. ocellatum, Diplozoon paradoxum und
einer Octobothr ium- Art; Di eckhoff ausser bei den genannten
Arten noch bei Octobothrium merlangi Kuhn, Oct. lanceo-
latum Lkt. und Axine belones Abildg. Bei einigen Vertretern
der Tristomeen ist vergeblich nach diesem Kanäle gesucht worden.
Die Temnocephalen besitzen ihn ebenfalls nicht, so dass er sich auf
Polystomeen beschränkt, wobei noch anzuführen ist, dass Wright
1) Bd. Vermes in H. G. Bronn’t Klassen .und Ordnungen des Thierreichs.
Leipzig 1890. pg 490.
2) Ueber den Zusammenhang des Eileiters mit dem Yerdauungskanal bei gewissen
Poiystomen. (Zool. Anz. Bd. VII. 1884. pg. 635.)
Helminthologisehe Mittbeilungen. 53
und Macall um1 2) die gleichen Verhältnisse von Sphyranura
0 sleri melden.
Die Geschichte des Canalis vitello-intestinalis ist mit den ange-
führten Arbeiten nicht abgethan; sie wird zeigen, welche Schwierig-
keiten sich der Untersuchung und der Deutung entgegenstellen.
Zeller, dem wir so erfolgreiche Studien nicht nur auf heimintho-
logischem Gebiete verdanken, erwähnt einen den Samen zuleitenden
Kanal von Polystomum integerrimum ä), dessen innere Ver-
bindung mit dem Eileiter er gesehen, dessen äussere Mündung er
anfangs auf der Rückenfläche des Thieres vermuthete ; in einer spä-
teren Arbeit3) verlegt Zeller das andere Ende des Ganges in die
männliche Keimdrüse und lässt dasselbe von dem seitlichen Um-
fange des Hodens entspringen. Obgleich Zeller selbst die Kopu-
lation zweier Polystomen gesehen und beschrieben hat, auch bei zu-
fällig isolirt lebenden Polystomen die Möglichkeit einer Selbstbegat-
tung zugibt, sieht er wegen des Ursprunges und Endes des Canalis
vitello-intestiualis in diesem ein Hülfsmittel, um unter gegebenen
Umständen eine innere Selbstbefruchtung mit dem eigenen Sperma
des betreffenden Individuums zu ermöglichen.
Die Angaben Ijima’s von der Einmündung des Kanales in
einen Darmschenkel, sowie die Deutung, dass der Gang die Aufgabe
habe, überflüssige Dottersubstanz dem Darm zuzuleiten, kann Zel 1er4 5)
in einer weiteren Notiz nicht acceptiren. Grund hierfür ist, dass
Zeller auch beim Diplozoon paradoxum einen Gang findet,
den er zuerst 6) als „den Samen zuleitenden Kanal“, später 6) als
Laurer’schen Kanal bezeichnet und folgendermassen beschreibt:
dieser Kanal schliesst sich unmittelbar an das Vas deferens des an-
deren Thieres an, öffnet sich nach kurzem Verlauf in den Dotter-
gang, verlässt denselben aber sofort auf der anderen Seite und zieht
in zahlreichen Schlängelungen über den Keimstock hinweg, um
schliesslich in den Ausführungsgang des letzteren einzumünden. Das
Sperma soll demnach aus dem Hoden des einen Thieres durch den
eigenen Samenleiter und den unmittelbar daran sich anschliessenden
Laurer’schen Kanal des zweiten Individuums, der den Dottergang
durchsetzt, schliesslich in den Keimgang des letzteren gelangen und
die austretenden Keimzellen befruchten. Doch liegen die Verhält-
nisse etwas anders: es ist richtig, dass von der Stelle, wo Keim-
leiter und Dottergang zusamraenstossen, auch (neben der Fortsetzung
des Keimleiters zum Ootyp) der geschlängelt verlaufende Kanal ent-
springt, der aber im weiteren nach vorn zu gerichteten Verlauf
schliesslich nicht zum Endtheil des Vas deferens des anderen Thieres,
sondern in den Darm desselben Thieres führt. Was Zeller als
Laurer’schen Kanal bezeichnet, sind zwei verschiedene Gänge; nur
1) Journ. of Morphol. Vol. I. 1886. pg. 1.
2) Untersuch, üb. Entw. u. Bau des Pol. int. (Zeitschr. f. -wiss. Zool. XXII. 1872.
pg. 20.)
3) Weitere Beitr. z. Keuntn. der Polystomen. '(Ibidem. XXVII. 1876. pg. 238.)
4) Ueber den Geschlechtsapparat von Diplozoon paradoxum. (Zeitschr. f. wiss.
Zool. Bd XLVI. 1888 pg. 237 Anm.)
5) Unters üb. d. Entwickl. der Diplozoon paradoxum. (Ibid. XXII. pg. 168.)
54
Braun,
für den einen derselben kann man deu Namen, den man besser durch
Vagina ersetzt, beibehalten, für den nämlich, der sich allerdings, wie
Zeller ganz richtig sieht, an das Vas deferens des anderen Thieres
unmittelbar anschliesst und in den Dottergang einmündet ; hier aber
findet der Gang sein Ende, und das Sperma des anderen Thieres ge-
langt mit Dotter gemengt in den Keimleiter. Die vermeintliche Fort-
setzung dieser Vagina, jenseits ihrer Einmündung in den Dotter-
gang, der geschlängelt verlaufende Kanal (unser Can. vit.-intest.) hat
mit der Vagina Nichts zu thun, sondern ist räumlich, wie Quer-
schuittserien lehren, von derselben getrennt, besitzt auch eine andere
Struktur und führt, wie gesagt, aus dem Keimleiter in den Darm.
Hat sich somit dieser Stützpunkt der Zel 1er ’ sehen Auffassung als
irrig ergeben, so muss die Aufklärung über einen anderen Punkt spä-
teren Untersuchungen Vorbehalten bleiben. Die schönen Studien Zel-
Ier’s haben uns mit einem eigen thümlichen Dimorphismus des Poly-
stomum integerrimum unserer Frösche bekannt gemacht ; unter
normalen Verhältnissen siedeln sich die Polystoraenlarven in der
Kiemeuhöhle älterer Froschlarven an und finden schliesslich, nach-
dem sie eine Metamorphose durchgemacht haben, bei dem Schwunde
der Kiemen ihrer Wirthe den Weg durch den Darm nach der Harn-
blase; hier werden sie zum Polystomum der gewöhnlichen Fora
(Harnblasen p ol y s to m u ra). Wenn die Polystomenlarven aber Ge-
legenheit haben , an ganz jungen Froschlarven sich anzusiedeln , so
wachsen sie nicht nur bedeutend schneller und werden bald geschlechts-
reif, sondern zeigen auch in ihrem Bau beträchtliche Verschiedenheiten
von den geschlechtsreifen Harnblasenpolystomen. Abgesehen davon,
dass sie nur einen Hoden besitzen, ist ihr männliches wie weibliches
Begattungsorgan (die zwei Seitenwülste) ganz rudimentär und funktions-
unfähig, eine Begattung demnach ausgeschlossen. Trotzdem produ-
ziren die Thiere Eier und findet sich Sperma in den weiblichen
Leitungswegen! Hier soll nun nach Zeller derselbe Kanal, den
wir bei den Harnblasenpolystomen und anderen Arten und Gattungen
als Canalis vitello-intestinalis kennen, den Hoden mit dem Keim-
leiter verbinden und so eine innere Selbstbefruchtung und damit
die Fortpflanzung ermöglichen. Wie gesagt, bedürfen die Verhält-
nisse hier erneuter Untersuchung, da es nicht anzuaehmen ist, dass
derselbe aus dem Keimleiter entspringende Kanal in der Mehrzahl
der Fälle nach dem Darm, in einem einzigen nach dem Hoden hinzieht.
Aus den weiteren Untersuchungen Dieckhoff’s will ich nur
kurz anführen, dass Octobothrium lanceolatum und Polysto-
mum ocellatum eine eingehende, anatomische Beschreibung er-
fahren, die manches Bemerkenswerthe , besonders in Bezug auf den
Genitalapparat vorbringt, ohne andere Systeme zu vernachlässigen.
Ein anderer Autor, Fr. Matz, beschäftigte sich mit der Unter-
suchung der im Rostocker zoologischen Institute vorhandenen Bo-
thriocephalen , um aus den topographischen Verhältnissen des Ge-
schlechtsapparates bessere Anhaltspunkte zur Unterscheidung der
Arten zu gewinnen, als wir sie zur Zeit haben; der Werth einer
beiläufig gesagt recht mühsamen Arbeit steigt natürlich mit der Zahl
der untersuchten Arten; deshalb habe ich nicht nur selbst während
Helraiothologische Mittheilungen.
55
der letzten vier Jahre hierorts eifrig nach Bothriocephalen gefahndet,
sondern auch versucht, das Material anderer Institute uns zugäng-
lich zu machen : als solche mussten in Betracht kommen das Berliner
zoologische Museum wegen der in demselben befindlichen Sammlung
von Rudolphi, das K. Hofmuseum in Wien (Die sing) und die
Sammlung Creplin’s in Greifswald; Berlin und Greifswald kamen
meinen Wünschen in liberalster Weise nach und gestatteten auch
eine anatomische Untersuchung bei Arten, die in einer grösseren An-
zahl von Doubletten vorhanden waren — Wien aber verhielt sich
schweigend.
Da nun das hiesige zoologische Institut selbst eine von Creplin
erworbene Helminthen Sammlung besitzt, die nicht besser und nicht
schlechter konservirt ist, als die Greifswalder , und da bei einer
Sichtung der Formen es sich bald herausstellte, dass die in genügend
grosser Anzahl in Berlin und Greifswald vorhandenen, demnach einer
anatomischen Untersuchung zugänglichen Arten auch uns zufälliger-
weise nicht fehlten, so konnten wir von dem bereitwilligen Entgegen-
kommen der genannten Anstalten für unsere Zwecke keinen grossen
Nutzen ziehen, was uns selbstredend nicht hindern kann, rühmend
und dankend der erhaltenen Unterstützung zu gedenken.
Die untersuchten Arten sind folgende:
1) Bothriocephalus hians Dies, aus Phoca vitulina
(Ostsee, Warnemünde, December 1887).
2) B. ditremus Crepl. aus Colymbus septentrion alis
(Warnemünde, December 1887).
3) B. dendriticus Nitzsch (Exemplar von Creplin gesammelt
und als B. ditremus bezeichnet).
4) B. punctatus Rud. aus Cottus scorp io (Ostsee, Warne-
münde, Mai 1888).
5) B. claviceps Rud. aus Anguilla vulgaris (Ostsee,
Warnemünde und Unterwarn ow-Rostock 1889/90).
6) B. infundibuliformis Zschokke (= B. inf. Rud. -f-
B. proboscideus Rud.) aus Salmo salar und Trutta trutta
von Warnemünde (und Nordsee).
7) B. rugosus Rud. aus Lota vulgaris, von Creplin ge-
sammelt.
8) B. microcephalus Rud. — Bruchstücke von Rudolphi-
schen Exemplaren.
9) B. fragilis Rud. — Exemplare von Creplin und Ru-
dolphi.
10) B. plicat us Rud. — Bruchstücke von Rudolphi’schen
Exemplaren.
11) B. rectan gulus Rud. aus Barbus fluviatilis, welche
Herr Dr. v. Lin stow uns freundlichst übersandt hatte.
Das ist ein bescheidener Bruchtheil von den etwa 50 bekannten
Arten, wobei die ungenügend beschriebenen und die Larvenformen
abgerechnet sind.
Die Untersuchung hat, wie das gelegentliche Angaben früherer
Autoren erwarten Hessen, eine Reihe von spezifischen Verschieden-
heiten im Geschlechtsapparat ergeben ; schon die Lage der Ge-
56
Gährung.
schleck tsöffoun gen ist verschieden : dieselben liegen entweder ventral,
wobei dann der Cirrus vor der Vaginamündung liegt, oder marginal,
in welchem Falle dann die Vagmamüadung vor dem Cirrus liegt,
oder dorsal mit dem Verhältniss vou Cirrus und Vagina wie im
ersten Falle. Die Uterusmündung wird stets als ventral liegend
angenommen, d. k. eben die Fläche, auf der der Uterus ausmündet,
als ventrale bezeichnet. Auch in der Zahl und Grösse der Hoden-
bläschen bestehen Verschiedenheiten, doch sind dieselben nicht sehr
beträchtliche. Die Dotterstocksfollikel liegen entweder ganz nach
aussen vou den Bündeln der Längsmuskelfasern oder rücken zwischen
dieselben , ja selbst noch weiter nach innen ; das sogenannte Mittel-
feld bleibt meist frei von Dotterstocksbläschen, doch gilt dies nicht
für alle Arten.
Wie bei den Hoden kann auch bei den Dotterstocksfollikeln eine
Trennung zwischen den Drüsen zweier auf einander folgender Pro-
glottiden bestehen oder nicht. Die Zahl der Uterusschlingen ist bald
grösser, bald kleiner, als beiBothriocephalus latus, von dem
immer ausgegangen wurde; nur bei Arten mit ventral gelegenen
Geschlechtsöffnungen bilden die Uterusschlingen die bekannte Rosette ;
bei den anderen ist der Endabschnitt vor der Mündung zu einer
grossen Höhle erweitert, in der die Eier sich anhäufen; der übrige
Theil des Uterus hat dann mehr den Charakter eines leitenden
Kaaales, als eines Fruchthälters Die Arbeit wird unter dem Titel:
„Beiträge zur Kenntniss der Bothriocephalen“ (mit 3 Taf.) erscheinen.
Referate.
Johan-Olsen, 0., Gjaering og Gjaeringsor ganismer. (Med-
delelser fra det gjaerings fysiologishe Laboratorium paa Ringnes
& Co. Bryggeri I. Christiania 1890.)
Die Einleitung des Buches gibt eine kurze Darstellung der ver-
schiedenen älteren und neueren Ansichten über Gährung, Verwesung
und Fäulniss; behandelt danach Fermentation und Gährung, ächte und
unächte Gährungen, zuckerbildende, peptonbildende, albuminbildende,
glycerinbildende und ammoniakbildende Fermente. Der folgende Ka-
pitel gibt eine Uebersicht über die Hefenpilze, die zymogenen Bak-
terien und die Schimmelpilze nach Hansen’s und Brefeld’s Ar-
beiten, sowie eine Darstellung der Methoden zur Reinkultur dieser
Organismen. Im letzten Kapitel werden die verschiedenen Gärungs-
prozesse behandelt: Alkoholgährung , Bierbrauerei, Weingährung,
Branntweinbrennerei , Brctgährung , japanische Bierbrauerei , Hefe-
fabrikation, Aethergährung , Essigsäuregährung , Milchsäuregährung,
ßuttersäuregährung, Uringährung, Schleimgährung , Salpetergährung,
Humusgährung, Kephirgährung, Käsegährung, Verwesung und Fäul-
niss, Verdauung, Bildung von Humus.
Jörgensen (Kopenhagen).
Fäulniss. 57
Sanfelice, Fr., Contributo alla biologia e morfologia
dei batterii saprogeni aerobi e anaerobi. (Istituto
d’Igiene sperimentale di Roma. — Atti della Accad. Medic. di
Roma. Anno XVI. Serie II. Vol. V.)
Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, die aöroben und anaöroben
Bakterien zu studiren, welche die Fäulniss, speciell in Fleischinfusen,
bewirken. Im allgemeinen wurden in nicht sterilisirte Gefässe mit
gewöhnlichem Wasser Fleischstiicke eingebracht und die Gefässe
mit Watte verschlossen.
Die aeroben Bakterien, die sich durch die Flattenmethode kon-
stant nachweisen Hessen, waren Proteus vulgaris, Proteus
mirabilis und Bacillus subtilis. Die übrigen Mikroorga-
nismen, die etwa noch zu isoliren waren, waren inkonstant und hatten
nicht die Fähigkeit, stinkende Fäulniss zu erregen. [Letztere Eigen-
schaft dürfte Verf. wohl auch nicht dem Bac. subtilis zuschreiben.]
Wurden die Fleischaufgüsse unter Sauerstoffabschluss gehalten,
so fanden sich die genannten 3 Species ebenfalls. Der Bac. sub-
tilis gelangte hierbei eher zur Sporenbildung, als bei freiem Sauer-
stoffzutritt.
Verf. erörtert die schon von andern Autoren bemerkte grosse
Variabilität der Proteus arten in Bezug auf Wachsthumsschnellig-
keit, Peptonisirungsvermögen u. s. w. und glaubt, viele bisher als
besondere Spezies beschriebene Bakterien als einfache Proteus-
varietäten auffassen zu müssen. So seien der Proteus Zenkeri
Hauser, der Bac. fluorescens liquefaciens, die Bac. liqui-
dus, arborescens, aquatilis Frankland mit dem Proteus
vulgaris, das Bacterium Zopfii mit dem Proteus mira-
bilis identisch. [Verf. geht hier wohl zu weit. Der Beweis müsste
im Einzelnen erbracht werden; speziell für das Bacterium Zopfii
haben die Untersuchungen Schedtler’s das Gegentheil wahrschein-
lich gemacht, Ref.J
Das Hauptinteresse der Arbeit liegt in der Isolirung der an-
aeroben Fäulnisserreger, von denen Verf. 9 Arten beschreibt. Die
Nährmedien, die angewandt wurden, waren Nährgelatine und -Agar
mit Zusatz von 1—2 °/0 Traubenzucker oder ameisensaurem Natron
(Kitasato und Weyl). Jedoch erwies sich das letztere für
einige Anaeroben als entwickelungshemmend.
Bei der Isolirung der anaeroben Bakterien leisteten folgende
Modifikationen der bekannten Methoden die besten Dienste:
Anstatt mit Glimmerscheiben wurden die in der üblichen Weise
angefertigten Originalplatten und Verdünnungen, nachdem sie kaum
fest geworden waren , je mit einer zweiten Glasplatte bedeckt. Um
die Ränder der Gelatine wurde Kalipermanganat gestreut oder anti-
septische Gelatine gegossen. Namentlich durch letztere wurde der
Luftabschluss noch vollkommener. Diese Doppelplatten waren für
die mikroskopische Beobachtung der Kolonieeu sehr geeignet, sie
konnten oft wochenlang (natürlich handelt es sich nier um die
letzten Verdünnungen) konservirt werden. Sollten Kolonieen ab-
geimpft werden, so wurden die Platten von einander gelöst, an
einer von beiden blieb die Gelatine haften.
IX. Bd.
B
68
Fäalniss.
Die zweite Methode bestand darin, dass Röhrchen mit Agar
in hoher Schicht mit dem Impfmaterial beschickt und Verdünnungen
davon hergestellt wurden. Nachdem dieselben einige Tage im Öfen
gehalten waren, zeigte sich gewöhnlich die 3. oder 4. Verdünnung
zu weiterer Behandlung geeignet : durch peripherische Erwärmung
wurde der Agar von der Glaswand gelöst, auf Glasplatten aus-
geschüttet und in Scheiben geschnitten, die der mikroskopischen
Untersuchung unterworfen werden konnten.
Indem wir betreffs der genaueren Beschreibung und der zuge-
hörigen Abbildungen auf das Original verweisen , geben wir hier
eine kurze Charakteristik der 9 isolirten Bacillenarten.
No. I verflüssigt die Gelatine nicht, erzeugt übelriechende Gase
in reichlicher Menge, ist beweglich, bildet keine Sporen, wohl aber
spindelförmige Auftreibungen, • die mit den gewöhnlichen Anilinfarben
tingibel sind. Auf der Platte erscheint er am 2. — 4. Tage. In
Stichkulturen (Zuckergelatine in hoher Schicht) Entwickelung von
unregelmässigen weissen Häufchen längs des Stichs , daneben zahl-
reiche Gasblasen.
No. II verflüssigt die Gelatine nichi, erzeugt Gas nur in ge-
ringer Menge, ist beweglich, bildet Köpfchensporen. Erscheint auf
der Platte am 8. — 10. Tage. In Stichkulturen zeigt er eine dop-
pelte Art des Wachsthums, für deren Verschiedenheit Verf. keinen
Grund anzugeben weiss. Entweder baumförmige Verästelung längs
des Stichs (wie Milzbrand) und wenige Gasblasen, oder isolirte resp.
zusammenfiiessende Massen ohne Gasbildung. Erinnert an den Bac.
polypiformis Liborius.
No. III verflüssigt die Gelatine Dicht, erzeugt kein Gas in
sichtbarer Menge, aber übelriechende Produkte, ist unbeweglich,
bildet keine Sporen. Erscheint auf der Platte am 10. — 15. Tage.
Im Impfstich punktförmige oder zart strichförmige Entwickelung.
Vom Bac. solidus Lüderitz durch den Mangel der Sporenbildung
unterschieden.
No. IV verflüssigt die Gelatine nicht, erzeugt reichlich Gas,
ist beweglich, bildet Köpfchensporeu. Erscheint auf der Platte am
3.-4. Tage. Längs des Impfstichs eine nebelartige Trübung, rings
herum isolirte Kolonieen.
No. V verflüssigt die Gelatine schneil, unter reichlicher Gas-
entwickelung, ist beweglich, bildet Köpfchensporen. Erscheint auf
der Platte am 4. — 5. Tage. In Stichkulturen zuerst getrennte Mas-
sen, die die Gelatine verflüssigen und dann mit einander verschmel-
zen. Dem Clostridium foetidum Liborius ähnlich.
No. VI verflüssigt die Gelatine schnell, ohne sichtbare Gas-
entwickelung, aber mit Gestank. Beweglich, bildet Köpfchenspuren.
Erscheint auf der Platte am 3. — 4. Tage in Kolonieen, die denen
des Proteus mirabilis ähneln. Längs des Stichs Trübung und
Verflüssigung. Die Gelatine bleibt trübe. Durch den Mangel jeg-
licher Gasbildung von Bac. liquefaciens magnus Lüderitz zu
unterscheiden.
No. VII verflüssigt weniger schnell, entwickelt nur üblen Ge-
ruch, ist beweglich, bildet Köpfchensporen. Kolonieen ähnlich
Füulniss. — Streptothrix Foerstsri.
59
denen des Proteus mirabilis. In Stichkulturen gehen Radien
vom Stich aus: Bac. radiatus Lüderitz?
No. VIII verflüssigt die Gelatine, entwickelt Gestank, ist be-
weglich, bildet Köpfchenspcren. Erscheint am 4. — 5. Tage auf der
Platte. Im Stich bilden sich Gentren mit dornartigen Fortsätzen.
Bac. spinös us Lüderitz?
No. IX verflüssigt die Gelatine, ohne Gasbildung. In geringem
Maasse übler Geruch. Wenig beweglich, bildet Köpfchensporen.
Erscheint auf der Platte am 6. — 7. Tage. Im Stich nebelartige
Trübung. Nach dem Verf. dem Tetanusbacillus ähnlich.
Als sicher differente Species fasst Verf. No. I, III, V, IX auL
No. II und IV einerseits und No. VI — VIII andererseits könn-
ten Varietäten einer Species vorstellen.
Alle diese Bakterien ordnet Verf. in das Genus Proteus ein.
Untersuchungen über die Verbreitung der Fäulnissbakterien
ergaben in Aufschwemmungen von Erdproben die Anwesenheit aller
beschriebenen aeroben und anaeroben Fäulnisserreger; im Kanal-
wasser fanden sich dieselben ebenfalls wieder, mit Ausnahme der
No. III und IX. W. Kruse (Neapel).
Gasperini, Recherches mor phol ogiques et biologiques
sur un microorganisme de Tatmosph^re, le Strepto-
thrix Foersteri Cohn, (Annaies de micrographie. Tome II.
1890. No. 10—11.)
Verf. beschreibt ausführlich die morphologischen und biologischen
Charaktere eines Organismus, den er mehrfach in der Luft in Pisa
gefunden hat, und deD er mit der von Cohn sog. Streptothrix
Foersteri identifizirt. Auf allen gebräuchlichen Nährböden ist dieser
Pilz bei gewöhnlicher und bei Körpertemperatur zum Wachsthum zu
bringen, besser auf alkalischen, als auf sauren ; er verflüssigt die Ge-
latine. Die Kolonieen setzen sich aus 1 /u dicken, unsegmentirten,
echt verzweigten Fäden zusammen, einer Art Mycel, das auf der Ober-
fläche der Nährmedien einen dichten, namentlich zur Zeit der „Spo-
rulation“ rein weissen Filz bildet. Die Sporulation kommt so zu
Stande, dass von dem horizontalen Fadeulager aus etwas dickere,
unverzweigte Fäden senkrecht in die Luft aufsteigen, die in erst
weiteren, daun immer engeren Zwischenräumen Scheidewände bilden.
Die Endglieder sind schliesslich so lang als breit, runden sich ab
und werden frei ; sie können zu Fäden und weiterhin zum Mycel
auswachsen. Sie nehmen die Anilinfarben noch leichter auf, als das
Mycel.
Während Cohn seine Streptothrix in Konkrementen des
Thränenkanals gefunden hatte, waren alle Versuche des Verf., den
Pilz im Thierkörper zu kultiviren, erfolglos.
[Die beschriebene Spezies Hesse sich mit den neuerdings von
A 1 m q u i s t gefundenen Streptothrix arten und dem Actinomyces-
pilz in die Zopf’sche Spaltpilzgruppe der Cladothricheen ein-
reihen. Nur müsste dann der von letzterem Autor in der Definition
gegebene Charakter der falschen Zweigbildung fallen gelassen werden.
Eine weitere wichtige Differenz gegenüber der Cladothrix besteht
60
Gangrän und Tetanus.
ferner in dem Mangel der Segmentirung des Mycels bei Strepto-
thrix. Wenn Verf. die Verwandtschaft mit den Fadenpilzen betont,
so ist dieselbe zweifellos anzuerkennen, es handelt sich hier um eine
Uebergangsgruppe. Ref.] W. Kruse (Neapel).
Verneuil, Note sur les rapports de la septic6mie gan-
gröneuse et du t6tanos, pour servir ä l’6tude des
associations microbiennes virulentes. (Lasemaine m6d.
X. 1890. No. 48.)
Gangrän und Tetanus wurden bekanntlich schon seit lauge von
den Chirurgen zusammen beobachtet, besonders nach Quetschwunden,
Abreissung von Gliedern, Komminutivbrüchen, Verbrennungen, Er-
frierungen u. s. w., doch gesellt sich erfahrungsgemäss der Wund-
starrkrampf viel häufiger zu leichten Verletzungen. Man musste
sich daher fragen, ob nicht das Zusamraenvorkommen von Gangrän
und Tetanus ein einfacher Zufall sei, oder ob, wie manche annehmen,
die Gangrän den Tetanus hervorruft bezw. begüustigt.
Impfungen mit Gartenerde, in der ja sowohl die Sporen des
malignen Oedems als diejenigen des Tetanusbacillus so häufig Vor-
kommen, pflegen bekanntlich bei Versuchsthieren entweder die eine
oder die andere, niemals aber beide Krankheiten zu erzeugen. V.
sieht den Grund dafür gewiss mit Recht in der Thatsache, dass die
Inkubationsdauer des malignen Oedems bei Versuchsthieren nur wenige
Tage oder gar Stunden beträgt, während der Tetanus erst am 4. oder 5.
Tage zum Ausbruch kommt. Sind also Sporen beider Mikroorganismen
in der überimpften Erde vorhanden, so kommen die des Tetanus
gar nicht erst zur Entwickelung, weil das Thier schon vorher an
malignem Oedem zu Grunde geht.
Beim Menschen ist die Inkubationsdauer beider Krankheiten
etwas länger, auch ist das maligne Oedem bei ihm nicht so schnell
tödtlich und wird zuweilen sogar geheilt. Daher kommt es, dass
beim Menschen in der That beide Krankheiten zusammen Vorkommen
können, wofür V. drei Beispiele mittheilt.
Den ersten Fall beobachtete Labit in Rouen 1885 bei einem
Chasseur ä cheval, der sich durch einen Sturz einfachen Bruch des
linken Radius und einen komplizirten Bruch beider linken Vorder-
armknochen zugezogen hatte, wobei die durch die zerrissenen Weich-
theile hervorschauenden Knochenenden mit dem Sande der Reitbahn
beschmutzt worden waren. Konservative Behandlung, Auswaschung
mit Karbollösung, immobilisirender antiseptischer Verband. In den
nächsten 40 Stunden ging alles vorzüglich. Am 3. Tage akut puru-
lentes Oedem. Amputation , durch die die Weiterverbreitung des
Oedems abgeschnitten wurde. Vier Tage später Tetanus. Tod am
22. Krankheitstage. Die Amputationswunde war inzwischen geheilt.
Die beiden anderen Fälle beobachtete F 6 d e n a t in Montpellier.
Der eine Kranke, ein 39 Jahre alter Mann, hatte bei einem Sturze
mit dem Pferde eine komplizirte Ellenbogenluxation erlitten, wobei
das Gelenkende des Humerus in einen Düngerhaufen gerathen war.
Schüttelfrost eine Stunde nachher. Am nächsten Tage Gasblasen
unter der Haut des Vorderarmes. Incisionen, permanentes antisep-
Gangrän und Tetanus. — Aktinomykose
61
tisches Armbad. Anscheinend Heilung. Am 8. Tage Tetanus, Tod
in 48 Stunden.
Ein junges Mädchen von 23 Jahren erlitt eine komplizirte Fuss-
gelenks- Verrenkung nach aussen , wobei das untere Ende der Tibia
sich in die Erde einbohrte. Karbolausspülung. Am 3. Tage akut
purulentes Oedem des Unterschenkels. Zahlreiche Einschnitte. Te-
tanus, der am 20. Tage heilt. Resektion. Heilung.
V. zieht folgende Schlüsse aus diesen Beobachtungen:
1) „Das Zusammenvorkommen gewisser Formen der Gangrän
und des Tetanus beim Menschen ist nichts zufälliges“;
2) „Es ist die Folge des gleichzeitigen Eindringens der beiden
wohlbekannten Mikrobien Pasteur’s und Nicolaier’s in die
Wunde, die ja so häufig zusammen Vorkommen, zumal in dem be-
bauten Erdreiche“;
3) „Die beiden Krankheiten, die gleichzeitig sind, was die Ent-
stehung betrifft, entwickeln sich in verschiedener Weise, entsprechend
der besonderen Wirksamkeit ihres Virus, und scheinbar ohne sich
gegenseitig zu beeinflussen“;
4) „Die Entwickelung brandiger Septikämie von einer mit Erde
verunreinigten Wunde aus muss die Befürchtung wecken, dass es
weiterhin zum Ausbruch des Tetanus kommen wird; aber die tat-
sächliche Unabhängigkeit der beiden Infektionen findet ihren Beweis
in der Thatsache, dass die vollständige Unterdrückung des Herdes
der ersten die zweite nicht am Ausbruch verhindert“;
5) „Alles scheint aber zu beweisen, dass es sich dabei um eine
reine und einfache Association von Krankheiten handelt, als Folge
des zufälligen Zusammentreffens der beiden Virus“. — (Acad. des
Sciences. 3. 11. 90.) M. Kirchner (Hannover).
Schreyer, Zwei Fälle von Aktinomykose der Bauch-
decken. [Inaug.-Diss.] Greifswald 1890.
Verf. berichtet, nachdem er eine Beschreibung des Strahlenpilzes
gegeben nebst kurzer Uebersicht über die bisher bekannt gewordenen
Fälle und nachdem er als die am meisten beobachtete Eingangspforte des
Pilzes die Mundhöhle bezeichnet und den unverkennbaren Zusammenhang
der Infektion mit Getreidegrannen und Holzsplittern betont hat, über
zwei auf der H elfe rieh’ sehen Klinik operirte Fälle von AJktino-
mykose der Bauchdecken, in welchen die Eingangspforte des Pilzes
eine ungewöhnliche war. Namentlich in Fall I konnte ein Zusammen-
hang des aktinomykotischcn Eiterherdes mit irgend welchen inneren
Organen nicht nachgewiesen werden. Patient war ein ländlicher
Tagelöhner, der viel mit Getreide, Stroh etc. in Berührung kam ; er
gibt an, beim Garbenbinden oft gefühlt zu haben, wie die scharfen
Spitzen der Aehren durch die leichte Erntebekleidung in die Bauch-
haut eindrangen. Es soll auch auf dem betreffenden Gute eine Kuh,
durch eine „Geschwulst am Unterkiefer“ verdächtig auf Aktinomykose,
sich befunden haben. Patient erkrankte nun ohne bekannte Ursache
an einer kleinen harten Geschwulst in der rechten Inguinalgegend,
die sich unter Fiebererscheinungen und Schmerzen langsam ver-
grösserte; im Laufe von zwei Monaten erreichte genaunte Geschwulst
62
Aktiaomykose.
die Grösse von einem silbernen Fünfmarkstück , die Baachhaut war
bis zum Nabel hin brettartig indurirt; in der Mitte dieser Indu-
ration fanden sich zwei Fistelöffnungen mit prominenten, harten,
narbigen Rändern, aus welchen sich dünner, gelblicher Eiter ent-
leerte, der jedoch keine Actinomyces körner enthielt. Bei Incision
der Geschwulst entleerte sich reichlicher dicker, gelber Eiter, in
welchem zahlreiche Körnchen als Actinomyces sicher mikroskopisch
erkannt wurden. Das derbe, schwielige Gewebe der Induration wurde
mit dem scharfen Löffel entfernt und die Fisteln bis zu ihrem Grunde
aufgeschnitten , wodurch sich konstatiren liess, dass diese Fisteln
weder mit dem aktinomykotischen Abscess, noch mit irgend einem
inneren Organe in Verbindung standen. Dasselbe erwies sich für den
aktinomykotischeu Abscess, der isolirt in der Bauchdecke sass. Heilung
sehr langsam. War hier die Infektion durch das beim Garbenbinden
erfolgte Trauma der Bauchhaut erfolgt? —
In Fall II, einer schweren Infektion, war ein Zusammenhang der
Bauchdecken-Aktinomykose mit dem Processus vermiformis nachweis-
bar. Patient, ein 45jähriger Schuhmacher, der die Gewohnheit hatte,
auf Spaziergängen Getreideähren zwischen den Fingern zu zerreiben
und die herausfallenden Körner zu essen, ausserdem Schweine und
Gänse mittelst Gerstenschrot aufzog, litt seit Jahren au hartnäckiger
Stuhlverstopfung und Verdauungsschwäche. Schliesslich bildete sich
ohne bekannte Ursache eine walnussgrosse Geschwulst in der rechten
Inguinalgegend, die langsam wuchs unter Schmerzhaftigkeit beim
Stuhlgang. Als der Tumor faustgross, die Umgebung bretthart wurde,
liess sich Patient auf der chirurgischen Klinik operiren. Ein hühner-
eigrosser Abscess mit starren Wandungen, gefüllt mit dickem Eiter,
in welchem zahllose Actinomyces körner gefunden wurden, wird
incidirt. Doch der Prozess ging weiter, unter dem Po apart’ sehen
Bande bildete sich im Laufe von drei Wochen ein neuer Abscess,
der bei Incision dicken, stark aktinomykotischen Eiter austreten liess;
bei dieser Operation stellte es sich aber heraus, dass das ganze Ge-
webe der Bauchdecken rechterseits unten in eine schwielige, derbe
Granulationsmasse verwandelt war, die von Fisteln und kleinen, mit
viel Actinomyceskörner enthaltendem Eiter gefüllten Abscessen
durchsetzt war. Namentlich war der rechte Muse, rectus abdom. ganz
unterminirt; im Grunde dieser grossen Wunde ragte der entzündlich
verdickte Proc. vermiformis herauf, welcher unterbunden und ex-
stirpirt wurde, sodsI bildeten den Grund die Fascia transversa und
das Peritoneum. Die darunter liegenden Darmschlingen waren mit
der Bauchwand verklebt. In dem exstirpirten schwieligen Granula-
tionsgewebe gelang es nicht, in auf dem Gefriermikrotom gemachten
Schnitten Actinomyces nachzuweisen, jedoch war aller in dieser
Gegend gesammelter Eiter sehr reich daran. Der exstirpirte Proc.
vermiformis zeigte im unteren Abschnitt entzündliche Erkrankung der
Mucosa mit grossen Substanzverlusten; derselbe soll nach Härtung
genau auf Actinomyces durchforscht werden.
Dieser Fall ist interessant nicht nur wegen seiner Schwere, son-
dern auch wegen des sichtlichen Hervorgehens aus einer Darm-Akti-
nomykose. Diese scheint sich im Blinddarm lokalisirt zu haben (eine
Aktinomykose.
ßn
bo
verschluckte Getreidegranne?), durch eine entzündliche Perforation
und nachträgliche Peritonitis mit Fixirung der verklebten Darm-
schlingen die chronische Verstopfung des Pat. verursachend , indem
sie schliesslich nach der Peripherie fortschreitend durch Fistel- und
Abscessbildung die Bauchdecken vollständig unterminirte.
B e r n h e i m ( W ürzburg).
Pretopopoü', N., und Hammer, BL, Ein Beitrag zur Keunt-
niss der Actinomyceskulio. ren. (Zeitschrift für Heilk.
Bd. XL 1890.)
Ausgebeud von einer Reinkultur von Prof. Afanassiew in
Petersburg, welche direkt aus Eiter eines an Aktinomykose
kranken Menschen gezüchtet worden war, haben die Verff. die
Wachsthumsverhältnisse des Strahlenpilzes , sowie eine Reihe an-
derer interessanter biologischer Verhältnisse dieses Pilzes studiren
können.
Gezüchtet wurde der Actin omyces auf Glycerinagar, Bouillon,
Kartoffel, Gelatine, in Milch und in Eiern. Die Impfungen wurden
so vorgenornmen, dass KörncheD der Agarkultur mit steriler Bouillon
in einer Glasschale zerrieben wurden uDd diese Emulsion erst
mit der Platinöse übertragen wurde. Bei diesem Verfahren war
das Wachsthum ein viel rascheres, als bei direkter Uebertragung
der Körnchen mit der Platinöse.
Auf Glycerinagar steilen die Kulturen eine Masse von miliaren
und höchstens bis hanfkorngrossen, dicht bei einander stehenden
Körnchen dar, welche eine gelblich weisse Farbe haben und sehr
fest dem Nährboden aufsitzen. Aehnlich ist das Wachsthum auf
Kartoffeln, auf denen der Actinomyces überhaupt üppig und ganz
typisch wächst, nur dass die Kulturen ein bedeutend trockeneres
Aussehen haben. In Bouillon entwickeln sich in kurzer Zeit miliare
Knötchen, die bis zu haselnussgrossen Ballen anwachsen können;
dabei bleibt die Bouillon klar. In Milch gedeiht der Strahlenpilz gut
u. z. werden die Ei weisskörper der Milch, ohne früher zu gerinnen,
anscheinend direkt peptonisirt. Gelatine verflüssigt den Actino-
myces langsam. Das Wachsthum in Eiern wurde gleichfalls an
vielen Versuchen geprüft.
Als obere Temperaturgrenze, bei der der Strahlenpilz nicht
mehr zu wachsen vermag, fanden die Verff. 52° C, obwohl auch
schon Temperaturen von 40 0 C das Wachsthum bedeutend beein-
trächtigen.
Weiter konnten die Verff. an den Kulturen mit einer gewissen
Regelmässigkeit beobachten , dass der Strahlenpilz bei seiner Ent-
wicklung in auf- und absteigender Richtung einen ganz bestimm-
ten Formenkreis durchmacht in der Art, dass die anfangs sich
gut färbenden, dichotomisch verzweigten Actinomycesfäden
mit der Zeit durch fortwährende Gliederung in der Längs- und
queren Richtung endlich Stäbchen- und Kokkenformen annehmen
können, aus denen sich wieder dieselben langgestreckten, verzweigten
Fäden heranzüchten lassen. Dieser Formenkreis konnte besonders
schön an Kartoffelkulturen gesehen werden. Ausser diesen Formen
64 Schutzimpfung, kfinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung et<\
können aber in alten Kulturen echte, regressive Metamorphosen,
Keulen-, Spirillen- und Kolbenforraen, schleimige Degeneration etc. zur
Beobachtung kommen. Die Drusenformen, wie sie sich in den Erkran-
kungsherden beim Menschen und Thier finden, sehen die Verff. als den
Ausdruck einer Art parasitischer Anpassung an den Thierkörper an.
An weiteren Versuchen konnte gezeigt werden, dass in alten
Kulturen in Folge der Anhäufung von Stoffwechselprodukten das
weitere Wachsthum der Kulturen sistiren kann.
Die Thierexperimente bleiben einer späteren Mittheilung Vor-
behalten und nur der Versuch von interperitonealer Injektion von
anaerob i. e. in Eiern gewachsenen Actin omyceskulturen bei Kanin-
chen unabhängig von J. Israel findet Erwähnung.
Dittrich (Prag).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Fortsetzung der Mittheilungen über ein Heilmittel
gegen Tuberculose.
Von
Professor ß. Koch
in
Berl in.
Seit der vor zwei Monaten erfolgten Veröffentlichung (cf. diese
Wochenschr. 1890. No. 46a) meiner Versuche mit einem neuen Heil-
verfahren gegen Tuberculose haben viele Aerzte das Mittel erhalten
und sind dadurch in den Stand gesetzt, sich durch eigene Versuche
mit den Eigenschaften desselben bekannt zu machen. Soweit ich die
bisher hierüber erschienenen Publikationen und die an mich gelaugten
brieflichen Mittheilungen übersehe, haben meine Angaben im Grossen
und Ganzen volle Bestätigung gefunden. Darüber, dass das Mittel
eine spezifische Wirkung auf tuberculöses Gewebe ausübt und in-
folgedessen als ein sehr feines und sicheres Reagens zum Nachweis
versteckter und zur Diagnose zweifelhafter tuberculöser Prozesse ver-
werthet werden kann, ist man wohl allgemein einig. Auch in Bezug
auf die Heilwirkung des Mittels wird von den meisten berichtet, dass
trotz der verhältnissmässig kurzen Dauer der Kur bei vielen Kranken
schon mehr oder weniger weitgehende Besserung eilige treten ist. In
nicht wenigen Fällen soll, wie mir berichtet wurde, selbst Heilung
erzielt sein. Nur ganz vereinzelt ist behauptet, dass das Mittel nicht
allein bei zu w'eit vorgeschrittenen Fällen gefährlich werden könne,
was man ohne weiteres zugeben wird, sondern dass es den tuber-
culösen Prozess geradezu befördere, also an und für sich schädlich
sei. Ich selbst habe seit anderthalb Monaten Gelegenheit gehabt,
an etwa 150 Kranken mit Tuberculose der verschiedensten Art im
städtischen Krankenhaus zu Moabit weitere Erfahrungen über die
Heilwirkung und die diagnostische Verwendung des Mittels zu sam-
meln, und kann nur sagen, dass alles, was ich in letzter Zeit gesehen
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 65
habe, mit meinen früheren Beobachtungen im Einklang steht, und
dass ich an dem, was ich früher berichtete, nichts zu ändern habe 1).
Solange es nur darauf ankam, meine Angaben auf ihre Rich-
tigkeit zu prüfen, war es nicht erforderlich, zu wissen, was das Mittel
enthält und woher es stammt. Es musste im Gegentheil die Nach-
prüfung um so unbefangener ausfallen, je weniger von dem Mittel
selbst bekannt war. Nachdem nun aber die Nachprüfung, wie mir
scheint, in hinreichendem Maasse stattgefunden und die Bedeutung
des Mittels ergeben hat, wird es die nächste Aufgabe sein, das Mittel
auch über den bisherigen Bereich der Anwendung hinaus zu studiren
und womöglich die Prinzipien, welche der Entdeckung desselben zu
Grunde liegen, auch auf andere Krankheiten anzuwenden. Diese
Aufgaben verlangen selbstverständlich die volle Kenntniss des Mittels,
und ich halte deswegen den Zeitpunkt für gekommen, dass nach
dieser Richtung hin die erforderlichen Angaben gemacht werden,
was in Folgendem geschehen soll.
Ehe ich auf das Mittel selbst eingehe, halte ich es zum besseren Yer-
ständniss der Wirkungsweise desselben für geboten, ganz kurz den Weg
anzugeben, auf welchem ich zur Entdeckung desselben gekommen bin.
Wenn man ein gesundes Meerschweinchen mit einer Reinkultur
von Tuberkelbacillen impft, dann verklebt in der Regel die Impf-
wunde und scheint in den ersten Tagen zu verheilen ; erst im Laufe
von 10 — 14 Tagen entsteht ein hartes Knötchen, welches bald aufbricht
und bis zum Tode des Thieres eine ulcerirende Stelle bildet. Aber
ganz anders verhält es sich, wenn ein bereits tuberculös erkranktes
Meerschweinchen geimpft wird. Am besten eignen sich hierzu Thiere,
welche 4 — 6 Wochen vorher erfolgreich geimpft wurden. Bei einem
solchen Thiere verklebt die kleine Impfwunde auch anfangs, aber es
bildet sich kein Knötchen, sondern schon am nächsten oder zweiten
Tage tritt eine eigen thümliche Veränderung an der Impfstelle ein.
Dieselbe wird hart und nimmt eine dunklere Färbung an, und
zwar beschränkt sich dies nicht allein auf die Impfstelle selbst,
sondern breitet sich auf die Umgebung bis zu einem Durchmesser
von 0,5 — 1 cm aus. An den nächsten Tagen stellt sich dann
immer deutlicher heraus, dass die so veränderte Haut nekrotisch
ist, sie wird schliesslich abgestossen, und es oleibt dann eine flache
Ulceration zurück, welche gewöhnlich schnell und dauernd heilt
ohne dass die benachbarten Lymphdrüsen infizirt werden. Die
verimpften Tuberkelbacillen wirken also ganz anders auf die Haut
eines gesunden, als auf diejenige eines tuberculösen Meerschweinchens.
Diese auffallende Wirkung kommt nun aber nicht etwa ausschliesslich
den lebenden Tuberkelbacillen zu, sondern findet sich ebenso bei den
abgetödteten, ganz gleich, ob man sie, wie ich es anfangs versuchte,
durch niedrige Temperaturen von längerer Dauer, oder durch Siede-
hitze , oder durch gewisse Chemikalien zum Absterben gebracht hat.
Nachdem diese eigenthümliche Thatsache gefunden war, habe
1) In Bezug auf die Dauer der Heilung möchte ich hier anführen, dass von den
KrankeD, welche von mir vorläufig als geheilt bezeichnet waren, zwei in das Kranken-
haus Moabit zur weiteren Beobachtung wieder aufgenommen sind, und dass sich seit
drei Monaten keine Bacillen im Sputum gezeigt haben ; auch die physikalischen Sym-
ptome sind bei denselben allmählich vollkommen verschwunden.
66 Schutzimpfung, küustl Infektionskrankheiten, Entwickehingaheininung etc.
ich sie nach allen Richtungen hin weiter verfolgt, und es ergab
sich dann weiter, dass abgetödtete Reinkulturen von Tuberkelba-
cillen, nachdem sie verrieben und in Wasser aufgeschwemmt sind,
bei gesunden Meerschweinchen in grosser Menge unter die Haut
gespritzt werden können, ohne dass etwas anderes als eine lokale
Eiterung entsteht1). Tuberculöse Meerschweinchen werden dagegen
schon durch die Injektion von sehr geringen Mengen solcher aufge-
schwemmten Kulturen getödtet, und zwar je nach der angewendeten
Dosis innerhalb von 6 —48 Stunden. Eine Dosis, welche eben nicht
mehr ausreicht, um das Thier zu tödten, kann eine ausgedehnte
Nekrose der Haut im Bereich der Injektionsstelle bewirken. Wird
die Aufschwemmung nun aber noch weiter verdünnt, so dass sie
kaum sichtbar getrübt ist, dann bleiben die Thiere am Leben, und
es tritt, wenn die Injektionen mit ein- bis zweitägigen Pausen fort-
gesetzt werden, bald eine merkliche Besserung im Zustande der-
selben ein; die ulcerirende Impfwuude verkleinert sich und vernarbt
schliesslich, was ohne eine derartige Behandlung niemals der Fall ist;
die geschwollenen Lymphdrüsen verkleinern sich ; der Ernährungszu-
stand wird besser, und der Krankheitsprozess kommt, wenn er nicht
bereits zu weit vorgeschritten ist und das Thier an Entkräftung zu
Grunde geht, zum Stillstand.
Damit war die Grundlage, für ein Heilverfahren gegen Tuber-
culose gegeben. Der praktischen Anwendung solcher Aufschwem-
mungen von abgetödteten Tuberkelbacillen stellte sich aber der Um-
stand entgegen, dass an den Injektionsstellen die Tuberkelbacillen
nicht etwa resorbirt werden oder in anderer Weise verschwinden,
sondern unverändert lange Zeit liegen bleiben und kleinere oder
grössere Eiterherde erzeugen.
Das, was bei diesem Verfahren heilend auf den tuberculösen Pro-
zess wirkt, musste also eine lösliche Substanz sein, welche von den
die Tuberkelbacillen umspülenden Flüssigkeiten des Körpers gewisser-
maassen ausgelaugt und ziemlich schnell in den Säftestrom überge-
führt wird, während das, was eitererzeugend wirkt, anscheinend in
den Tuberkelbacillen zurückbleibt oder doch nur sehr langsam in
Lösung geht.
Es kam also lediglich darauf an, den im Körper sich abspielen-
den Vorgang auch ausserhalb desselben durchzuführen und womög-
lich die heilend wirkende Substanz für sich allein aus den Tuberkel-
bacillen zu extrahiren. Diese Aufgabe hat viel Mühe und Zeit
beansprucht, bis es mir endlich gelang, mit Hülfe einer 40 bis
50%igen Glycerinlösung die wirksame Substanz aus den Tuberkel-
bacillen zu erhalten. So gewonnene Flüssigkeiten sind es gewesen,
mit denen ich die weiteren Versuche an Thieren und schliesslich
am Menschen gemacht habe, und welche zur Wiederholung der Ver-
suche an andere Aerzte abgegeben sind.
Das Mittel, mit welchem das neue Heilverfahren
gegen Tuberculöse ausgetibt wird, ist also ein Glyce-
rinextrakt aus den Reinkulturen der Tuberkelbacillen.
In das einfache Extrakt gehen aus den Tuberkelbacillen natür-
1) Derartige Injektionen gehören ze den einfachsten und sichersten Mitteln , urt»
Eiterungen zu erzeugen, welche frei von lebenden Bakterien sind.
Schutzimpfung, kiiustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. ß7
lieh neben der wirksamen Substanz auch alle übrigen in 50 %
Glycerin löslichen Stoffe über, und es finden sich deswegen darin
eine gewisse Menge von Mineralsalzen, färbende Substanzen und
andere unbekannte Extraktivstoffe. Einige dieser Stoffe lassen sich
ziemlich leicht daraus entfernen. Die wirksame Substanz ist näm-
lich unlöslich in absolutem Alkohol und kann durch denselben, aller-
dings nicht rein, sondern immer noch in Verbindung mit anderen
ebenfalls in Alkohol unlöslichen Extraktivstoffen ausgefällt werden.
Auch die Farbstoffe lassen sich beseitigen, so dass es möglich ist,
aus dem Extrakt eine farblose trockene Substanz zu erhalten, welche
das wirksame Prinzip in viel konzentrirterer Form enthält, als die
ursprüngliche Glycerinlösung. Für die Anwendung in der Praxis
bietet diese Reinigung des Glycerinextraktes indessen keinen Vortheil,
weil die so entfernten Stoffe für den menschlichen Organismus in-
different sind, und also der Reinigungsprozess das Mittel nur un-
nötigerweise verteuern würde.
Ueber die Konstitution der wirksamen Substanz lassen sich
vorläufig nur Vermutungen aussprechen. Dieselbe scheint mir ein
Derivat von Eiweisskörpern zu sein und diesen nahe zu stehen , ge-
hört aber nicht zur Gruppe der sogenannten Toxalbumine, da sie hohe
Temperaturen erträgt und im Dialysator leicht und schnell durch die
Membran geht. Das im Extrakt vorhandene Quantumder Substanz
ist allem Anscheine nach ein sehr geringes ; ich schätze es auf Bruch-
teile eines Prozents. Wir würden es, wenn meine Voraussetzung
richtig ist, also mit einem Stoffe zu thun haben, dessen Wirksamkeit
auf tuberculös erkrankte Organismen weit über das hinausgeht, was
uns von den am stärksten wirkenden Arzneistoffen bekannt ist.
Ueber die Art und Wreise, wie wir uns die spezifische Wirkung
des Mittels auf das tuberculöse Gewebe vorzustellen haben , lassen
sich selbstverständlich verschiedene Hypothesen aufstellen. Ich stelle
mir, ohne behaupten zu wollen, dass meine Ansicht die beste Er-
klärung abgibt, den Vorgang folgender maassen vor. Die Tuberkel-
bacillen produciren bei ihrem Wachsthum in den lebenden Geweben
ebenso wie in den künstlichen Kulturen gewisse Stoffe , welche die
lebenden Elemente ihrer Umgebung, die Zellen, in verschiedener
Weise und zwar nachtheilig beeinflussen. Darunter befindet sich ein
Stoff, welcher in einer gewissen Konzentration lebendes Protoplasma
tödtet und so verändert, dass es in den von Weigert als Koagula-
tionsnekrose bezeichneten Zustand übergeführt wird. In dem nekro-
tisch gewordenen Gewebe findet der Bacillus dann so ungünstige Er-
nährungsbedingungen, dass er nicht weiter zu wachsen vermag, unter
Umständen selbst schliesslich abstirbt. Auf diese Weise erkläre ich
mir die auffallende Erscheinung, dass man iu frisch tuberculös er-
krankten Organen, z. B. in der von grauen Knötchen durchsetzten
Milz oder Leber eines Meerschweinchens, zahlreiche Bacillen findet,
während letztere selten sind oder gar fehlen, wenn die kolossal ver-
grösserte Milz fast ganz aus weisslicher, im Zustande der Koagula-
tionsnekrose befindlicher Substanz besteht, wie man es häufig beim
natürlichen Tode tuberculöser Meerschweinchen findet. Auf grosse
Entfernung vermag der einzelne Bacillus deswegen auch nicht Ne-
krose zu bewirken; denn sobald die Nekrose eine gewisse Ausdeh-
{38 Schutzimpfung, kirnst). Infektionskrankheiten, Entwickelungsbemirmng etc.
nung erreicht hat, nimmt das Wachsthum des Bacillus und damit
die Produktion der nekrotisirenden Substanz ab, und es tritt so eine
Art von gegenseitiger Kompensation ein, welche bewirkt, dass die
Vegetation vereinzelter Bacillen eine so aufiallend beschränkte bleibt,
wie z. B. beim Lupus, in skrophulösen Drüsen u. s. w. In solchem
lalle erstreckt sich die Nekrose gewöhnlich nur über einen Theil
einer Zelle,- welche dann bei ihrem weiteren Wachsthum die eigent-
liche Form der Riesenzelle annimmt; ich folge also in dieser Auf-
fassung der zuerst von Weigert gegebenen Erklärung von dem
Zustandekommen der Riesenzellen.
Würde man nun künstlich in der Umgebung des Bacillus den
Gehalt des Gewebes an nekrotisirender Substanz steigern , dann
würde sich die Nekrose auf eine grössere Entfernung ausdehnen, und
es würden sich damit die Ernährungsverhältnisse für den Bacillus
viel ungünstiger gestalten, als dies gewöhnlich der Fall ist. Theils
würden alsdann die in grösserem Umfange nekrotisch gewordenen
Gewebe zerfallen, sich ablösen und, wo dies möglich ist, die ein-
geschlossenen Bacillen mit fortreissen und nach aussen befördern;
theils würden die Bacillen so weit in ihrer Vegetation gestört, dass
es viel eher zu einem Absterben derselben kommt, als dies unter
gewöhnlichen Verhältnissen geschieht.
Gerade in dem Hervorrufen solcher Veränderungen scheint mir
nun die Wirkung des Mittels zu bestehen. Es enthält eine gewisse
Menge der nekrotisirenden Substanz, von welcher eine entsprechend
grosse Dosis auch beim Gesunden bestimmte Gewebselemente, vielleicht
die weissen Blutkörperchen, oder ihnen nahestehende Zellen schädigt
und damit I’ieber und den ganzen eigentümlichen Symptomenkomplex
bewirkt. Beim Tuberculösen genügt aber schon eine sehr viel ge-
ringere Menge, um an bestimmten Stellen, nämlich da, wo Tuberkel-
bacillen vegetiren und bereits ihre Umgebung mit demselben nekro-
tisirenden Stoß’ imprägnirt haben, mehr oder weniger ausgedehnte
Nekrose von Zellen nebst den damit verbundenen Folgeerscheinungen
für den Gesammtorganismus zu veranlassen. Auf solche Weise lässt
sich , wenigstens vorläufig , ungezwungen der spezifische Einfluss,
welchen das Mittel in ganz bestimmten Dosen auf tuberculöses Ge-
wrebe ausübt, ferner die Möglichkeit, mit diesen Dosen so auffallend
schnell zu steigen, und die unter nur einigermaassen günstigen Ver-
hältnissen unverkennbar vorhandene Heilwirkung des Mittels erklären.
(Deutsche medic. Wochenschrift. 1891. No. 3.)
Neuere Arbeiten über Immunisirungs- bezw.
Heilungs versuche bei Thieren gegenüber der Infektion
mit Milzbrand-, Tetanus- und Diphtherie-Bacillen.
Ref. Frof. LoefHer.
(Schloss.)
Behring und Kitasato, üeber das Zustandekommen der
Diphtherie-Immunität und der Tetanus-Immunität
bei Thieren. — (Deutsche med. Wochenschrift. 1890. No. 49.)
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwiekelungshsmmung etc. ß9
Die beiden Verff. theilen die wichtige Thatsache mit, dass
es ihnen gelungen ist, bei beiden Infektionskrankheiten sowohl in-
fizirte Thiere zu heilen, wie die gesunden derartig vorzu-
behandeln, dass sie später nicht mehr an Diphtherie
bezw. am Tetanus erkranken.
Der Stoff, mit Hülfe welches diese Ergebnisse erzielt werden, ist
das Blut oder auch das Blutserum von Thieren, welche gegen Diph-
therie bezw. Tetanus immun gemacht sind. Lieber die Methoden der
Immunisirung berichten die Verfl. zunächst noch nicht. Sie wollen
dieselben später mittheilen. Sie berichten zunächst nur über die
Erfolge, welche sich mit dem Blute immunisirtes Thiere erzielen
lasset) in den beiden genannten Richtungen.
Ein gegen Tetanus immunisirtet Kaninchen erhielt 10 ccm einer
keimhaltigen virulenten Tefanusbacillenkultur, von welch«’ für
normale Kaninchen 0.5 ccm genügten, um dieselben ganz sicher an
Tetanus zu Grunde gehen zu lassen, eiugespritzt. Es blieb gesund.
Von dem flüssigen , aus der Carotis entnommenen Blute dieses Ka-
ninchens erhielt eine Maus 0,2 ccm, eine zweite 0,5 ccm in die Bauch-
höhle injizirt. Beide wurden nach 24 Stunden mit 2 Koutrollmausen
mit virulenten Tetanusbacillen geimpft. — Die beiden Kontrollmäuse
starben nach 36 Stunden an Tetanus, die injizirten blieben gesund.
Von dem Serum jenes Carotisblutes erhielten 6 Mäuse je 0,2 ccm
in die Bauchhöhle. Nach der 24 Stunden später erfolgten Infektion
blieben alle gesund, die Kontrollmäuse starben nach weniger als 48
Stunden an Tetanus.
Die Yerfi. haben ferner auch therapeutische Erfolge in der Weise
erzielt, dass sie die Thiere zuerst impften und hinterher das Serum
in die Bauchhöhle eiuspritzten. Nähere Angaben hierüber bringen
sie nicht.
Mit demselben Serum haben sie ferner Versuche angestellt,
welche eine enorme giftzerstörende Wirkung desselben beweisen.
Von einer 10-tägigen Tetanuskultur, welche durch Filtriren
keimfrei gemacht war, genügte 0,00005 ccm, um eine Maus nach
4 — 6 Tagen, und 0,0001 ccm. um eine solche nach weniger als 2 Tagen
sicher zu tödten. 1 ccm dieser Kultur wurde mit 5 ccm Serum des
tetanusimmunen Kaninchens vermischt. Nach 24-stündigem Stehen
erhielten von dieser Mischung 4 Mäuse je 0,2 ccm (0,033 ccm der
Kultur), mithin mehr als das 300 fache der sonst für Mäuse tödt-
lichen Dosis — sämmtliche 4 Mäuse blieben dauernd gesund, die
Kontrollmäuse starben an 0,0001 ccm der Kultur nach 36 Stunden.
Alle Mäuse haben sich dauernd immun erwiesen gegen
wiederholte Impfungen mit virulenten Tetanusbacillen, ja sie haben
auch nicht eine Spur von Erkrankung gezeigt.
Das Serum von Kindern, Kälbern, Pferden, Hammeln und nicht
tetanusimmunen Kaninchen erwies sich gänzlich unwirksam ; es
zeigte auch keine tetanusgiftzerstörenden Eigenschaften. Auch das
Blut innerhalb der Gefässe lebender, nicht immuner Thiere besitzt
keine t.etanusgiftzerstörenden Eigenschaften. Das Brusthöhlentrans-
sudat von Kaninchen, welche eiuer Injektion von 0,5 ccm einer giftigen,
aber keimfreien Tetanuskultur nach 5 — 6 Tagen erlegen sind, tödtet
in der Dosis von 0,3 ccm Mäuse unter tetaniseben Erscheinungen
70 Schutzimpfung, kür.stl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
ebenso wie die gleiche Dosis des Blutes des tetanusvergifteten Thieres.
Somit haben die Verth den an die Spitze ihrer hochwichtigen Mit-
theilung gestellten Satz bewiesen, dass nämlich „die Immunität von
Kaniuchen und Mäusen, die gegen Tetanus immunisirt sind, auf
der Fähigkeit der zellenfreien Blutflüssigkeit beruht, die toxischen
Substanzen, welche die Tetanusbacillen produziren, unschädlich zu
machen“.
Die diphtheriegiftzerstörende Wirkung des Blutes von diphtherie-
immunen Thieren, über welche freilich nichts mitgetheilt wird, hat die
Verff. auf die Richtung geführt, in welcher die Unempfänglichkeit für
Diphtherie zu suchen ist. Aber erst bei der Anwendung der bei
der Diphtherie gemachten Erfahrungen auf den Tetanus sind die
Verff. zu den geschilderten Ergebnissen gelangt, welche in der That
an Beweiskraft nichts zu wünschen übrig lassen.
Gleichzeitig mit der Arbeit von Bell ring und Kitasato
erschien in der Berliner klinischen Wochenschrift. No. 49 eine Mit-
theilung von L. Briegcr und 0. Fraenkel über Immuni-
sirungs versuch e bei Diphtherie.
Bekanntlich, sagen die Verff., gelingt es, Thiere gegen die Einwirkung
pathogener Bakterien zu festigen, auf zwei W egen, erstens durch ab-
geschwächte Kulturen der infektiösen Organismen und zweitens durch
die keimfreien Stoffwechselprodukte derselben. Beide WTege sind
von den Verff. eingeschlagen. Eine Abschwächung gelingt leicht
durch Züchtung bei höheren Temperaturen, sowie durch Zusätze von
antiseptischen Mitteln wie Kaliumbichromat und Gentianaviolett za
Nährlösungen. Die Abschwächung ist aber sehr unbeständig, da die
Kulturen in ganz unberechenbarer Weise plötzlich wieder virulent
werden. Die mit den abgeschwächten Kulturen geimpften Thiere
erkrankten und gingen langsam nach Tagen, Wochen, ja selbst nach
Monaten erst zu Grunde. Die Probeimpfungen mussten deshalb lange
hinausgeschoben werden. Das Ergebniss derselben war das, dass bei
den schutzgeimpfteu Thieren von einer irgendwie erhöhten
Widerstandskraft nicht die Rede war. Auch die Impfungen
mit natürlichen, d. h. durch längere Kultur auf Agar-Agar abge-
schwächten Diphtheriebacillen hatten keine immunisirende Wirkung.
Auch die Beibringung der aus den Kulturen gewonnenen giftigen
Toxalbumin e der Diphtheriebacillen führte zu keinem Resultat. Ja
die mit kleinen Mengen dieser Produkte geimpften Thiere schienen
sogar schneller bei der Probeimpfung einzugehen, als die Kontrollthiere.
Durch Beibringung der Kulturflüssigkeit selbst, nachdem
sie durch einstündiges Erhitzen auf 53 0 keimfrei gemacht war. liess
sich eine gewisse vermehrte Widerstandskraft bei den Meerschweinchen
erzielen. Die Thiere starben bei cler Probeimpfung später erst nach
3, 4, 6 oder selbst 9 Tagen.
Erst nach Beibringung grosser Mengen durch Erhitzen un-
wirksam gemachter Kulturflüssigkeit, 10 ccm einer auf 100 € eine
Stunde erhitzten Bouillonkultur, überstanden einige Thiere die Probe-
impfung, während die Mehrzahl noch erlag, freilich nach längerer
Zeit — bis nach 2 */2 W7ochen.
Weitere Versuche ergaben, dass 10 — 20 ccm — je nach der
Grösse des Thieres — einer drei Wochen alten, eine
Seüntzimpftiag, biinstl. Infektionskrankheiten, Entwickehingsheinniung etc. 71
Stunde auf 60—70° erwärmten Bouillonkultur der Diph-
theriebacillen, Meerschweinchen unter die Haut gespritzt, genügen,
um das Thier gegen die nachfolgende subkutane Impfung mit viru-
lenten Bakterien zu immunisiren, doch darf die Infektion mit dem
virulenten Material frühestens 14 Tage nach Ausführung
der Schutzimpfung stattfinden. In den ersten Tagen nach der-
selben ist die Empfänglichkeit gegen subkutane Impfungen fast noch
erhöht, dann nimmt die Widerstandskraft zu, so dass die geimpften
Thiere später sterben, um nach 14 Tagen endlich eine vollkommene
zu werden.
Bei der Probeimpfung auf die durch Zug eröffnete Vulva, wie
sie vom Ref. angegeben ist, erfolgten meist noch diphtheritische Ent-
zündungen bei den schutzgeimpften Thieren jedoch ging kein einziges
der so behandelten Thiere ein.
Der Verf. (C. Fraenkel) neigt sich der Auflassung zu, dass
das von den Diphtheriebacillen erzeugte Gift, die toxisch wirkende
und die immunisirende Substanz, zwei verschiedene Körper sind,
deren erstere durch Temperaturen von 55 — 60° ihrer spezifischen
Kraft beraubt werde, während letztere wesentlich höhere Hitze-
grade vertrage. Bei 60 — 70° werde die toxische Substanz gerade
vernichtet, die immunisirende noch nicht wesentlich beeinflusst, daher
sei diese Temperatur die geeignetste.
Therapeutisch ist die auf 60 — 70° erhitzte Kulturflüssigkeit
völlig machtlos. Irn Gegentheil, mit virulenten Bacillen geimpfte
Thiere, welchen man in Abständen von mehreren Stunden die auf
65° erhitzte Flüssigkeit einspritzt, gehen schneller zu Grunde, als
nicht behandelte Thiere.
Von dem höchsten Interesse ist nun die weitere Mittheilung von
Behring in der Deutschen med. Wochenschrift. Nr. 50: „Unter-
suchungen über das Zustandekommen der Diphtherie-
Immunität bei Thieren.“
Behring bestätigt zunächst die Angabe des Ref., dass es Thiere
giebt, Mäuse und Ratten, welche gegenüber dem Diphtheriebacillus
sich einer natürlichen Immunität erfreuen. Darauf geht er über zur
Besprechung der Methoden, mit Hülfe, welcher sich auch Thiere, welche
für Diphtherie sehr empfänglich sind, gegen dieselbe immun machen
lassen:
1) Die Methode von C. Fraenkel hat sich ihm ebenfalls als
probat erwiesen.
2) Zusatz von Jodtrichlorid zu 4 Wochen alten Kulturen im
Verhältniss von 1:500. Nach 16 ständiger Einwirkung desselben
Einspritzung von 2 ccm in die Bauchhöhle von 2 Meerschweinchen.
Nach 3 Wochen Injektion von 0,2 ccm einer Diphtheriekultur, die
4 Tage in Bouillon mit Jodtrichloridzusatz 1 : 5500 gewachsen war.
Nach weiteren 14 Tagen waren beide Thiere immun.
3) Immunisirung durch Stoffwechselprodukte, welche von den
Diphtheriebacillen im lebenden Körper erzeugt werden. Bei den
nach Impfung von Diphtheriebacillen gestorbenen Meerschweinchen
findet sich, wie Ref. zuerst mitgetheilt, sehr häufig ein mehr oder
weniger rötlilich gefärbtes bacilleafreies Transsudat in den Pleura-
höhlen 10 — 15 ccm davon tödten Meerschweinchen meist nach
72 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungibemmung etc.
mehreren Tagen. Die Thiere sind regelmässig sehr krank, sie sind
nicht, im Stande, auf den Rücken gelegt, sich schnell zu erheben, wie
gesunde Thiere. Wenn diese kranken Thiere sich erholt hatten, so
vertrugen sie Impfungen mit virulenten Bacillen , welche gesunde
Thiere nach 3 — 4 Tagen tödteten.
4) Immunisirung durch Impfen mit virulenten Bacillen und Auf-
hebung der deletären Wirkungen durch therapeutische Behandlung.
Diplitherieinfizirte Thiere zu heilen ist an einzelnen Indi-
viduen Behring in Gemeinschaft mit Hofarzt Dr. Bo er ge-
lungen durch Goldnatriumchlorid, Naphtylamin, Trichloressigsäure
und Karbolsäure. Am besten wirkte Jod tric hl orid. Von 8 Meer-
schweinchen, die mit 0,3 ccm Kultur geimpft waren, starben 2 nicht
behandelte nach 24 Stunden. 4 Thiere, welche je 2 ccm einer I °/0
bezw. 2ö/„ Jodtrichloridlösung sofort nach der Infektion au der In-
fektionsstelle erhalten hatten, blieben am Leben. Von 2 Thieren,
welche erst 6 Stunden nach der Infektion behandelt wurden,
starb eins nach 4 Tagen. Bei allen Thieren wurden an den 3 nächst-
folgenden Tagen neue Jodtrichlorideinspritzungen gemacht. Später
als 6 Stunden nach der Infektion gemachte Injektionen
gaben keine positiven Resultate mehr. Die überlebenden Thiere
waren stets längere Zeit krank; es bildete sich eine demarkirende
Entzündung, daun ein trockener Schorf, unter welchem sich noch
nach 3 Wochen lebende und virulente Bacillen nach weisen Hessen.
Erst nach vollkommener Vernarbung erwiesen sich mehrere
durch Jodtrichlorid geheilte und ein durch Goldnatrium geheiltes
Meerschweinchen gegeu Impfungen mit virulenten Bacillen immun.
Kaninchen gelingt es leichter durch Jodtrichlorid und auch ohne
Aet7schorfbilduug zu heilen. Die Behandlung ist noch 24 Stunden
nach der Infektion erfolgreich, wenn Kontrollthiere nach 4 Tagen
sterben. Ob die geheilten immun sind, ist noch nicht festgestellt.
Vorsichtige Versuche am Menschen ergaben, dass das Jodtrichlorid
als Heilmittel für den Menschen sich nicht verwerthen lässt.
Durch alleinige Vorbehandlung mit Jodtrichlorid war Behring
nicht im Stande, Diphtherie-Immunität bei Thieren zu erzeugen, wohl
aber
5) durch Wasserstoffsuperoxyd in schwach schwefel-
saurer 10°/0iger Lösung. Meerschweinchen vertragen davon
1 : 4000 bis 1 : 2500, Mäuse 1 : 2000 bis 1 : 800, Kaninchen weniger
als 1:15000 Körpergewicht. Therapeutische Wirkung besitzt das
Wasserstoffsuperoxyd nicht — im Gegeutheil, es macht die Impfung
schneller tödtlich und Kulturen giftiger. War aber das Mittel den
Thieren einige Tage vor der Infektion beigebracht, so zeigte
es sich, dass die Thiere einen mehr oder weniger ausgesprochenen
Grad von Immunität erreicht hatten. An der Infektionsstelle bildete
sich eine pralle Geschwulst, welche als eine schwartige, eine klare,
seröse Flüssigkeit enthaltende Cyste sich darstellte.
5 Kaninchen erhielten am 11., 12., 14. und 17. November je
0,5 ccm Wasserstoffsuperoxyd und am 20. November 0,5 ccm einer
vollvirulenten Bacillenkultur. Das Kontrollthier starb nach 24 Stunden.
Von den Geimpften starben eins nach 5 Tagen, 2 nach 7 Tagen,
eins nach 8 Tagen, eins blieb gesund.
Neue Litterattn*.
73
Die letzte Methode der Immunisirung hat bis jetzt noch kein
Analogon, wohl aber beruht eine der Immunisirungsmethoden gegen
Tetanus bei Kaninchen , wie Behring im Einverständnisse mit
Kitasato mittheilt, auf der Vorbehandlung derselben ausschliesslich
mit Jodtrichloridlösungen.
Alle 5 Methoden sind nach Ansicht der Verff.
für den Menschen nicht verwerthbar, sie sind aber im
Stande, zur Erklärung des Zustandekommens der Diphtherie-Immu-
nität beizutragen.
Verf. hat experimentell festgestellt, dass die diphtherie-immunen
Thiere sämmtlieh im Stande sind, das von virulenten Diphtherie-
bacillen in alkalischer Bouillon erzeugte Gift, i. e. durch Filtriren
keimfrei gemachte Kulturflüssigkeit in ihrem Blute sowohl inner-
halb des Körpers, als auch ausserhalb desselben zu zerstören. Die
Thiere, bei welchen die Immunität noch nicht ganz befestigt ist,
sind nun iveniger giftwiderstandsfähig, als die normalen. Durch
wiederholte Injektionen erheblicherer Giftmengen kann die Immunität
wieder verloren gehen. Von einer „Giftgewöhnung“ kann nicht die
Rede sein.
Diphtherie b a c i 1 1 e n feindliche Eigenschaften besitzt nach den
Untersuchungen Behring’s das Blut immuner Thiere nicht.
Ebenso wie bei der Diphtherie ist die giftzerstövende Wirkung des
Blutes tetanus-immuner Thiere die causa sufficiens für das Zustande-
kommen der Tetanus-Immunität. Mäuse werden durch das Blut
tetanus-immuner Kaninchen nicht bloss immunisirt, sie werden auch
nach der Infektion vor der Erkrankung an Tetanus bewahrt, und
zwar auch dann noch, wenn schon mehrere Extremitäten tetauisch
geworden sind und nach den sonstigen Erfahrungen der Tod der
Mäuse in wenigen Stunden zu erwarten ist . falls keine Behandlung
Eintritt. Selbst dann noch gelingt es mit grosser Sicherheit, die Hei-
lung herbeizuführen, und zwar so schnell, dass sphon in wenigen
Tagen nichts von der Erkrankung zu merken ist.
Die Möglichkeit der Heilung auch ganz akut verlaufender Krank-
heiten ist darnach nicht mehr in Abrede zu stellen.
Neue Litte ratur
zusammengesteilf von
Da. Aethdb Wüezbubö,
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p. 70.
Neue Litteratur, p. 69.
fVommanTische Bucbdruckerei (Hermann Poble) in Jena.
HBH?“ Dieser Nummer liegt ein Prospekt von W. Budenberg
in Dortmund , Fabrik von Desinfektions-Apparaten , bei.
In Verbindung mit
S®. Hoff. Prot Dr. Lenctart im Professor Dr. Loefler
ic Leipzig io Greifcvalß
her&üsgegeben von
Dr. Ö. UMr/orm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Bs-ftd. -o~ Jena, den 2. Februar 1891. No. 3/4»
Brrais für dea Baad (26 Hvjruaern) 24 Mark.
Jährlich erscheiueu zwei Bände.
— »* Zu beziehen durch alle Buchiandiungen und Fostanstaliea. jg«.—
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche nm Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger f Herrn Gustav Fischer in Jena , gelangen
zu lassen. Die. Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können .
Original - Miitheflunger?.
Ueber die Vernichtung von Mikroorganismen durch
die Induktionselektricität.
Von
W. Spilker unrl A. Gottstein, Dr. med.
in
B erlin.
Während in dem zehnjährigen Zeitraum der bakteriologischen
Aera die Einwirkung chemischer Agentien auf das Leben der
Bakterien durch rastlose Arbeit in nahezu erschöpfender Weise
Gegenstand des Studiums gewesen ist, hat die Forschung die Ver-
nichtung der Mikroorganismen durch physikalische Kräfte nicht
in demselben ausgiebigen Maasse berücksichtigt. Die Einwirkung der
EX. Bä. 6
78
S p i 1 k e r uud Gottstein
einen dieser Kräfte, nämlich der Wärme, ist zwar durch die be-
kannten Untersuchungen von Koch und seinen Schülern so voll-
ständig abgeschlossen, dass kaum etwas wesentliches mehr hinzuzu-
fügen ist, dass die Resultate dieser Untersuchungen die Grundlage
unserer wirksamsten Abwehrmaassregeln gegen die pathogenen Bak-
terien geworden ist, und dass auf ihnen die Hauptpunkte der Des-
infektionspraxis und eines speziellen Theiles derselben, der chirur-
gischen Asepsis, aufgebaut wurden. Die Wirkungen einer zweiten
physikalischen Kraft, des Lichtes, sind durch die Mittheilungen
von Duclaux, Koch u. A. noch nicht erschöpft, aber gerade in
jüngster Zeit Gegenstand eingehenderer Forschung geworden. Aber
gerade diejenige Kraft, welche der Technik unserer Zeit den beson-
deren Charakter gegeben, die Elektricität, hat bisher, soweit die
Mittheilungen in der Litteratur vorliegen, nicht die eingehende Be-
rücksichtigung erfahren, die ihr wohl zukommt. Es liegen zur Zeit,
soweit aus der Fachlitteratur uns bekannt geworden, nur die Mit-
theilungen von Cohn und Mendelsohn über die Einwirkung des
galvanischen Stromes aus älterer Periode der Bakteriologie und die
Veröffentlichungen von Apostoli und Laquerriere, wie von
Prochownfck aus jüngster Zeit vor, in beiden Mittheilungen han-
delt es sich aber weniger um die spezifische Einwirkung der Elektri-
cität, als um die chemische Wirkung der durch Elektrolyse der Flüssig-
keit entstandenen antibakteriellen Substanzeu. Ueber die Einwirkung
des der Elektricität verwandten Magnetismus auf Bakterien sind
uns einige höchst interessante, aber nicht erschöpfende Mittheilungen
von D’Arsonval undDubois1) bekannt. Schliesslich ist in jüngster
Zeit noch eine sehr alte, mit der Elektricitätswirkung eng verknüpfte
Frage, diejenige der Einwirkung des Ozons auf Bakterien, Gegen-
stand von Untersuchungen nach den modernen Methoden geworden;
da aber die in den Laboratorien von Binz und Wolffh ügel 2) über
die Ozonwirkung angestellten Untersuchungen zum Theil zu nicht aus-
sichtsvollen Ergebnissen gelangt sind, so ist auch hier ein ab-
schliessendes Urtheil gegenwärtig noch nicht erzielt.
Die in Folgendem wiedergegebenen Versuche beschäftigen sich
mit einer, soweit aus der Litteratur ersichtlich, noch nicht zur Unter-
suchung gekommenen Methode der Einwirkung der Elektricität auf
Mikroorganismen, bei welcher die Mitthätigkeit anderer Kräfte, wie
Wärme oder chemische, durch Elektrolyse entstandene Körper, aus-
zuschliessen ist. Die im Folgenden beschriebenen Resultate scheinen
zu der Folgerung zu berechtigen, dass es sich um eine ganz neue,
nicht magnetische Wirkung der Induktionselektricität handelt. Die
Veranlassung zu denselben war die , dass der Eine von uns
(W. Spilker) bei Gelegenheit von Versuchen, organische Flüssigkeit
durch Induktionselektricität zu behandeln, als Nebenwirkung das Ab-
sterben der in denselben vorhandenen Mikroorganismen beobachtete.
Auf Grund dieses Befundes haben wir dann in der elektrochemischen
Versuchsstation der Herren W. Spilker und C. Löwe hier diese
Frage nach bakteriologischen Methoden seit dem Juni vorigen Jahres
1) Compt. rend. soc. d. bioL 1686.
2) Referat in dieser Zeitscnr. Bd. VII. p. 360. Bd. V11L p. 778.
Ueber d. Vernichtung von Mikroorganismen durch die Induktionselektricitat.
io Angriff genommen. Wir sind mit dem experimentellen Theil der
Frage noch nicht zu völligem Abschluss gelangt und gegenwärtig be-
schäftigt, die Verwendung der Ergebnisse für hygienische und tech-
nische Zwecke festzustellen. Der Umstand, dass wir Kenntniss er-
halten haben, dass auch von anderer Seite ähnliche Untersuchungen
angestellt worden, veranlasst uns, schon jetzt mit den von uns er-
haltenen Resultaten hervorzutreten.
Die von uns benutzte Elektricität war die Induktionselek-
tricität, die geübte Versuchsanordnung diejenige, dass das zur
Prüfung gelangende Giasgefäss (Reagensglas oder Glasröhre) mit
Draht spiralig umwunden oder in eine frei hängende Drahtspirale
hineingestellt wurde, durch welche der Strom von einer Dynamo-
maschine oder von Accumulatoren aus hindurchging. Später benutzten
wir auch Thonröhren von grösserem Durchmesser, die mit dem Lei-
tungsdraht spiralig umwickelt wurden und in deren Inneres der zu
untersuchende Gegenstand eingebracht war. Bei dem Durchgang des
Stromes durch den Draht trat eine mit der gewählten Stromstärke
steigende Erwärmung der innerhalb der Spiralen befindlichen Sub-
stanz ein ; dieselbe überschritt aber bei den von uns verwendeten
Stromstärken niemals die für das Wachsthum der Bakterien zuläs-
sigen Grade; bei den von uns augestellten Versuchen mit pathogenen
Mikroorganismen betrug die höchste je beobachtete Temperatur 36,6° C.
Im Thonrohr verhinderten wir die bei den erforderlichen Stromstärken
nicht zu umgehende höhere Temperatur durch Einbringung von Eis-
stücken resp. Schnee oder Durcbfiiessenlassen kalten Wassers. Es
war somit bei den von uns erhaltenen Ergebnissen eine Mitwirkung
der Wärme mit Sicherheit auszusehliessen. — Es galt zunächst fest-
zustelleu, ob bei der von uns gewählten Behandlungsmethode über-
haupt eine Einwirkung auf Mikroorganismen stattfimlet. Zu dem
Zwecke wurden Versuche mit Aufschwemmung einer frischen Agar-
kolonie von Micrococcus prodi giosus in Wasser gemacht.
Versuch. In einem Kolben sterilisirten destillirien Wassers
wurden einige Oesen einer frischen Agarkultur von M. prodigiosus
aufgeschwemmt. Mit dieser Aufschwemmung wurden sterilisirte Glas-
röhren mit ca. 250 ccm Inhalt oder Reagensgläser gefüllt und mit
einer Stromenergie von 2,5 Ampere X 1?25 Volt durch 24 Stunden
behandelt. Die Temperatur überstieg niemals 30° C. Nach Schluss
der Behandlung wurden Proben mit dem Platindraht entnommen und
auf Gelatineröhrchen übertragen, dann diese in Petri’sche Schalen
ausgegossen. Es kam in den Platten zu keiner Entwickelung von
Prodigiosus, während dagegen die unmittelbar vor der Behand-
lung entnommenen Kontrollproben , wie die nach Beendigung des
Versuches aus dem Kolben, welcher die ursprüngliche Aufschwem-
mung enthielt, entnommenen Proben reichliche Entwickelung ergaben.
Ein zweiter in derselben Weise angestellter Versuch hatte das
gleiche Resultat. Dagegen galt das Ergebniss nur für die Auf-
schwemmung des Prodigiosus in Wasser; der Versuch, unter
Benutzung derselben Stromstärke den Prodigiosus in der Nähr-
substanz, Gelatine wie Agar, zu vernichten, misslang; die nach der
Behandlung entnommenen Proben ergaben Entwickelung.
«•
80
Spilkor und Gottsteia,
Da bei dieser Versuchsanordnung noch der Einwand möglich
war, dass das Fehlen von Nährsubstanz das Absterben des Pro-
digiosus im Wasser begünstige, wie das für einige Versuche mit
Rosahefe thatsächlich der Fall war, so wurden weitere Versuche in
der Weise angestellt, dass die Aufschwemmung des Bacillus zugleich
mit .Nährsubstanz dem Wasser zugesetzt, d. h. dass dem Stamm-
kolben mit sterilisirteui Wasser entweder eine ganze verflüssigte Ko-
lonie oder 10 g frische Nährgelatine hinzugefügt wurden. Bei Be-
ginn und Abschluss des Versuches wurden Kontroliproben aus dem
Stammkolben entnommen.
Versuch. 4 Röhrchen mit Aufschwemmung von Prodigio-
sus in Wasser bei Zusatz von Nährgelatine.
a) Behandlung 22 Stunden mit einer Stromenergie von 5 Amp. ^ 0,4 Volt.
t>) tj 21 ,, „ „ „ ,, 5 „ yC 0,4 ,,
c) »» ^ n >» >> >» ?» »» »>
d) ,, 1 ii 20 Min. ,, ,, ,, ,, 12,5 ,, 1,0 ,,
Als Resultat ergab sich übereinstimmend bei allen 4 Versuchen;
dass die entnommenen Proben auf der Platte vollkommen steril
blieben, während beide entnommenen Kontroliproben Entwickelung
ergaben. Schon makroskopisch stellte sich ein auffallender Unter-
schied heraus; während die behandelten Wasserproben im Reagens-
glas farblos blieben, zeigten die unbehandelten und der Stammkoiben
nach einigen Tagen eine deutliche Rosafärbung.
Die vier obigen Versuche waren um so beweisender, als zwei
weitere Röhren, in ganz gleicher Weise behandelt, nur dass sie ver-
suchsweise noch mit einer Eisenhülle umgeben waren, um welche
dann die Drähte gewickelt wurden, reichliche Entwickelung von Pro-
digiosus ergaben.
Durch diese Versuche ist einwandsfrei die Mög-
lichkeit bewiesen, Mikroorganismen in wässrigen
Aufschwemmungen durch Induktion s elektricität zu
vernichten.
Was aber für Wasser erwiesen wurde, hat nicht in demselben
Umfange ohne Weiteres für andere Flüssigkeiten Geltung. So gelang
es ans nicht, für Milch dasselbe Resultat zu erzielen. Da die An-
führung aller Einzelversuche bei dem negativen Resultat zu weit
führen würde, heben wir nur hervor, dass stets (in mehr als 30 Ver-
suchen) eine Verzögerung der Entwickelung gegenüber der Kontroll-
platte um ein bis einige Tage und eine durch Zählung der entstan-
denen Eolonieen nachweisbare Verminderung derselben sich ergab,
niemals aber eine Sterilisirung oder eine derselben nahekommende
Abnahme der zur Entwickelung gelangenden Eolonieen, Dagegen
ergab sich bei Behandlung von Weissbier nahezu das gleiche Resul-
tat wie bei Wasser, In alles Fällen war die Entwickelung eine höchst
spärliche und ausserdem auf Tage hinaus verzögert
Da für das Wasser die Möglichkeit der Sterilisirung mit Sicher-
heit bewiesen war. kam es weiter darauf an , den Einfluss der mit-
wirkenden Faktoren zu prüfen. Es kamen deren drei in Frage, dk
Votier d. Vernichtung von Mikroorganismen durch die ladaktionselektricittii. 81
Stärke des Stromes, die Dauer der Behandlung und der Zustand
der Flüssigkeit mit Bezug auf Buhe oder Bewegung.
Was die Stromstärke betrifft, so haben uns zahlreiche spätere
Versuche ergeben, dass man gut thut, nicht unter eine Stärke von
etwa 10—12 Ampere für den Querschnitt der von uns angewendeten
Röhren (3,5 cm) herabzugellen, welcher für weitere Querschnitte ent-
sprechend zu steigern ist. Ueber die Berechnung der antibakteriellen
Wirkung aus dem Querschnitt und der angewendeten Stromenergia
behalten wir uns vor, demnächst weitere Mittheilungen zu machen.
Von ganz wesentlichem Einfluss ist die Zeitdauer der Ein-
wirkung. Waren wir bei unseren ersten Versuchen mit Prodigio-
sus nicht unter die Zeit einer Stunde herabgegangen, so zeigte
sich in späteren zahlreichen, zum Studium des Einflusses der Zeit
angestellten Versuchen, bei denen wir bald bestimmte Bakterienarten
dem Wasser zusetzten, bald schon verunreinigtes (Kanal wasser) be-
nutzten, dass bei einer Behandlung un te rh al b der Zeit einer Stunde
niemals eine Sterilisirung des Wassers, sondern ähnlich wie bei
den obengenannten Versuchen an Miich , nur eine Verzögerung
der Entwickelung der Bakterien gegenüber der Kontrollplatte und
eine durch Zählung nachweisbare Verminderung ihrer Menge im Ver-
hältnis von 1:6:7 der Kolonieen in der*Kontrollplatte sich ergab.
Die angewendete Stromstärke betrug hierbei in allen Fällen höchstens
das Maximum der bei den vorigen Versuchen angewendeten, nämlich
ca. 12,5 Ampere. Der Querschnitt der Röhren war derselbe wie früher,
auch der zum Umwickeln benutzte Draht.
Es bestand nun noch die Möglichkeit, dass, wenn es auch nicht
gelang, durch die elektrische Behandlung die im Wasser befind-
lichen Bakterien bei kürzerer Einwirkungsdauer und derselben Strom-
stärke zu ^zernichten, sie durch diese Einwirkung in ihren Lebens-
eigenschaften ab geschwächt wurden. Zum Studium dieser Frage
wurde eine Versuchsreihe derart angestallt, dass dem zu behandelnden
Wasser geringe Mengen aus Kulturen von Hühnercholera, Mäusesep-
tikämie und M. tetragenus zugesetzt wurden. Vor der Behand-
lung wurde jedesmal eine Kontrollmaus mit dem Wasser geimpft,
nach der Behandlung des Wassers, welche zwischen 10 Minuten bis
zu 1 Stunde schwankte, wurden dann je zwei Mäuse in eine kleine
Hautwunde am Rücken geimpft. Diese Versuchsreihe erforderte das
Leben von mehr als 30 Mäusen; denn nur in einem einzigen Falle,
in welchem auf die grosse Menge von 10 Liter stenlisirten Wassers
der Inhalt einer Kolonie von M. tetragenus vertheilt wurde,
blieben 2 Mäuse am Leben, während die Kontrollmaus und zwei andere
mit behandeltem Wasser geimpfte Mäuse starben. Da die überlebenden
Mäuse zuerst geimpft waren, so ist der Ein wand berechtigt, dass
anfangs die Mischung noch nicht genügend war und die ersten
gar keine pathogenen Keime erhalten hatten, um so mehr, als in sämmt-
lichen übrigen Fällen die mit behandeltem Wasser geimpften Mäuse
gleich den Kontrollmäusen starben, mei3t gleichzeitig mit ihnen, selten
eine nicht in Betracht kommende Zeit später. Damit ist erwiesen,
dass bei kürzerer Behandlung die Zahl der im Wasser vorhandenen Keime
zwar vermindert, ihre Virulenz über nicht abgeschwächt wird.
82
Spilker und Gottstein,
Auch die Zahl der im Wasser ursprünglich vorhandenen Keime
ist ohne Einfluss auf das Ergebniss. Dies wurde erwiesen durch eine
Anzahl von Versuchen, die nach dem Muster des folgenden angestelll
waren.
Versuch. Eine Kultur von Mäuseseptikämie in Gelatine, 14
Tage alt, wird verflüssigt. Hiervon 10 Tropfen auf 10 gm sterilisirtes
Wasser in einem mit I bezeichneten Reagensglas. Von Glas I 10
Tropfen auf 10 g sterilisirtes Wasser in Glas No. II. Von Glas II
ebenfalls 10 Tropfen auf Glas No. III. Aus No. III eine Kontroll-
maus geimpft. Von Glas I, II und III je 2 Oesen auf Reagensgläser
gegossen und zur Konstatirung der Zahl der Kolonieen zu Platten
gegossen. Dann die drei Röhren bei 8,5 Ampere 1 Stunde lang be-
handelt. Die höchste hierbei erreichte Temperatur betrug nach Aus-
weis des Maximal thermometers 35,7 u C. Von jedem der drei Gläser
eine Maus geimpft. Nach drei Tagen sämratliche 4 Mäuse todt oder
sterbend.
Gleichwie sich erwiesen hatte , was im Folgenden noch klarer
wird, dass die Stromstärke und die Dauer der Behandlung von maass-
gebendem Einfluss auf das Ergebniss sind, so gilt das auch in hohem
Grade für den dritten Faktor , ob das der Behandlung unterworfene
Wasser in Ruhe oder in Bewegung ist. Hatten wir schon bei
den oben erwähnten Versuchen mit Milch und Weissbier gesehen,
dass die Verminderung der Zahl der Keime eine grössere wurde, wenn
die Flüssigkeit nicht in der Ruhe sich befand, sondern fliessend er-
balten wurde, so ergab sich für Wasser das Gleiche mit völliger
Regelmässigkeit. Wir ordneten die Versuche so an, dass das Wasser
aus einem 10 Liter fassenden Eimer mittelst Gummischlauchhebers
in ein System von 8 mit einander verbundenen Glasröhren geleitet
wurde, an deren letzter ein Gummischlauch mit einer Stellschraube
angebracht war, welche die Ausflussgeschwindigkeit regulirte. Die
Glasröhren waren mit dem Leitungsdraht spiralig umwickelt, sie
wurden durch Füllung mit siedendem Wasser, die Schläuche aber
im Trockenschrank sterilisirt. Die entnommenen Proben wurden mit
der stets gleichmässigen Platinöse oder mit der graduirten Stroschein-
schen Spritze entnommen und in Petri’schen Platteu oder Es-
march’scheu Rollröhren untersucht. Das gleichmässige Resultat
war, dass, wenn wir zunächst die Flüssigkeitsschicht ruhend bei ge-
schlossenem Hahn, dann fliessend behandelten, derart, dass das
fliessende Wasser, gleich lange der Behandlung ausgesetzt wurde,
wie das ruhende, in den letzten Proben die Kolonieen ausserordent-
lich viel spärlicher und verspäteter aufgingen. Mehrfach fiel es uns
hierbei auf, dass die in dem Ausgangswasser vorhandenen verflüssigen-
den Keime in den nach der Behandlung entnommenen Proben voll-
ständig fehlten. Zum Beweise diene die Anführung zweier Versuche:
Versuch. Zu 10 Liter Kanalwasser wird eine verflüssigte Ko-
lonie von M. tet ragen us hinzugesetzt. 8 Röhren in 2 parallel
geschalteten Paaren. 50 Ampere, d. h. je 25 Ampere, 4,8 Volt. Cir-
culation 3 Liter pro Minute. Kontrollproben vor der Behandlung.
Drei Tage später in Kontrollproben zahllose gut entwickelte
Kolonieen von tetrageuus und B. fluorescens liquefaciens,
Ueb«r d. Vernichtung von Mikroorganismen durch die Induktionselektrlcitfit. §3
in den behandelten Proben erst Zeichen der Entwickelung. Nach 8
Tagen in den behandelten fliessenden Probeu zu 50 resp. 70 fest'
lassende Kolonieen, Kontrollröhrchen fast ganz verflüssigt, im nicht
verflüssigten Tlieil der Gelatine unzählige kleine Kolonieen.
Versuch. Zu 10 Liter Wasser, in welchem aus später ange-
führten Gründen 4,5 g Ferr. album. gelöst sind, eine verflüssigte Kultur
von tetragenus, Kontrollprobe (C.). Eine Viertelstunde ruhend
behandelt (entnommene Probe R.), dann fliesst die ruhende Flüssigkeit
ab, darauf Behandlung fliessenden Wassers bei einer Geschwindigkeit
von 150 ccm in der Sekunde. 17 Ampere. Keine Erwärmung des
Wassers (entnommene Probe F.). 6 Tage später keine der behan-
delten Proben aufgegangen. Kontrollproben zahlreiche verflüssigende
und nicht verflüssigende Kolonieen seit 3 Tagen. Am 8. Tage erste
Entwickelung in R. und F. Nach 14 Tagen in R. etwa 5mal so viel
Kolonieen wie in F., keine einzige verflüssigende darunter. Menge
derselben durch Zählung bequem festzu stellen. Immerhin wurde
auch bei diesen Versuchen bei der Kürze der Einwirkungsdauer eine
Sterilisirung nicht erzielt.
Die obigen Versuche haben also festgestellt, dass die Einwirkuug
abhängig ist von der Stromstärke, der Dauer der Einwirkung und
der Bewegung. Sie haben aber auch das eine Resultat ergeben,
dass unsere ursprüngliche Hoffnung fiiessendes Wasser, wie Leitungs-
wasser, mittelst dieser Methode keimfrei machen zu können, sich
nicht bewahrheitet hat. Denn da zu diesem Zwecke eine Behand-
lung des Wassers von einer Stunde oder weniger nur eine Vermin-
dernng und ein verspätetes Wachsthum der Keime, aber nicht einmal
eine Abschwächung derselben erzeugt, eine länger dauernde Behand-
lung aber grössere Kosten verursachen musste , als die Aufgabe ver-
trägt, so haben wir uns mit der Feststellung obiger Thatsachen be-
gnügt , dass es thatsächlich möglich ist , bei genügend langer Ein-
wirkung Mikroorganismen in Wasser zu vernichten und das Wasser
steril zu machen.
Sind wir bisher bei diesen Was serversuchen nicht zu Resul-
taten gekommen, welche eine Uebertragung auf die Praxis gestatteten,
so haben wir (abgesehen von alkoholhaltigen Flüssigkeiten, über die
wir uns nähere Mittheilungen Vorbehalten) für eine andere Flüssigkeit
bei Gelegenheit dieser Versuche feststellen können, dass sie sich in
Bezug auf die Vernichtung der in ihr enthaltenen Mikroorganismen
durch Elektricität günstigerstellt, als das Wasser, eine Flüssigkeit,
deren so geartete Eigenschaft nicht bloss theoretisch, sondern auch
praktisch von bedeutendem Interesse erscheint, nämlich das Blut.
Gelegentlich unserer Thierversuche entdeckten wir diese Eigenschaft
des Blutes, dass in demselben pathogene Mikroorganismen schon in
verhältnissmässig kurzer Zeit durch dessen induktiouselektrische Be-
handlung unschädlich werden, und haben diese Thatsache in einer
grösseren Zahl von Versuchen verfolgt. Es gelang uns nicht nur
Blutwasser mit pathogenen Keimen bei elektrischer Behandlung von
der Dauer von 5 Minuten bis \ Stunde und der früher angewendeten
Stromstärke von ca. 12,5 Amp. derart zu verändern, dass die nach-
herige Impfung auf Mäuse dieselben nicht mehr erkranken liess. Auch
34
Spilker und Gottstein,
ganze Organstücke aus den Leichen von Mäusen, die durch Impfung
mit pathogenen Bakterien septikämisch getödtet waren, ergaben sich
nach entsprechend längerer Behandlung zwischen 12 und 24 Stunden
als nunmehr unschädlich für Mäuse. Wenn wir daran denken, dass
es bei 24stündiger Einwirkung und gleicher Stromstärke uns nicht
gelang, ganze Kulturen von Prodi giosus in Gelatine oder Agar
irgendwie zu beeinflussen, auch nicht einmal Milch oder Weissbier in
dieser Zeit ganz keimfrei zu machen, so springt der Unterschied bei
den Organstücken in die Augen. Wir wollen bekennen, dass bei den
von uns angestellten Versuchen eine ganze Versuchsreihe ein ab-
weichendes Resultat ergab, insofern, als uns alle oder fast alle der
jedesmal geimpften Thiere zu Gruude gingen. Die Ursache für dies
Scheitern halten wir uns berechtigt, in diesen Fällen in einer Misch-
iufektion durch malignes Oedem zu suchen, bedingt durch die äusseren
Umstände eines Neubaues, der (im Sommer) unseren Arbeitsraum und
die Mäusegläser mit einer dicken Kalk- oder Staubschicht bedeckte.
Während dieser Zeit gingen uns alle Mäuse, die eine Hautwunde
hatten, zu Grunde und wir konnten mehrfach, freilich nicht durch
die Kultur, sondern durch mikroskopische Untersuchung des Binde-
gewebssaftes, den Bacillus des malignen Oedems nachweisen. Wir
brachen deshalb damals die Versuche vorläufig ab, um später wieder
unter günstigeren Bedingungen bessere Erfolge zu habeu.
Zum Beweis führen wir einen Theil unserer Versuche an, sowohl
solche, in welchen wir sämmtliche Thiere am Leben erhielten, als solche,
in welchen das eine oder andere der Versuchsreihe dennoch erlag.
Versuch. Von einer mit Baci 11 u s muri septicus geimpften
und nach 3 Tagen erlegenen Maus wurde mit Herzblut eine Aufschwem-
mung in sterilisirtem Wasser gemacht und von dieser eine Koutroll-
maus geimpft. Dieses Blutwasser wurde in 2 Proben vertheilt und
No. 1 5 Minuten, No. 2 30 Minuten in der Spirale behandelt. Dar-
auf wurden geimpft von No. 1 1 Maus, von No. 2 2 Mäuse.
Kontrollmaus todt nach 3 Tagen an Mäuseseptikämie. Die
sämmtliehen drei anderen Mäuse blieben andauernd gesund.
Von der Maus, welche zu diesem Versuch das Material gegeben
hatte, wurde gleichzeitig die Milz 22 Stunden im Reagensglase be-
handelt und am nächsten Tage wurden von der Schnittfläche dieser
Milz zwei Mäuse geimpft, welche ebenfalls dauernd gesund blieben.
Versuch. Von einer durch Impfung mit Hühnerchoiera ge-
tödteten Maus wurde aus den Organen eine Aufschwemmung von
Blut in 10 ccm Wasser gemacht und hiervon eine Kontrollmaus ge-
impft. Das Blutwasser 5 Minuten behandelt und hiervon 2 Mäuse ge-
impft. Von diesen Mäusen starb die erste vor der Kontrollmaus,
sie war der erste Fall, bei welchen wir malignes Oedem fanden,
gleichzeitig enthielt das Blut sehr spärliche Hühnercholerabacillen.
Die Kontrollmaus starb vor Ablauf des zweiten Tages, sie hatte
ebenfalls neben der Hühnercholera malignes Oedem ; die zweite Maus
dagegen erkrankte nicht und lebte noch einen Monat nach der Impfung.
Versuch. Die Milz einer an Hühnercholera gestorbenen Maus
wurde 12 Stunden behandelt. Eine von ihr geimpfte Maus starb an
tJeber d. Vernichtung von Mikroorganismen durch die Induktionselehtrieität 35
Hühnercholera. Die Bebandluugsdauer von 12 Stunden ist also nicht
genügend gewesen, um die Milz unschädlich zu machen.
Bei Gelegenheit dieser Versuche war es auch, wo wir den oben
schon genannten Einfluss der Stromstärke auf die Wirkung kennen
lernten. Die nächsten hierher gehörigen Versuche machten wir der-
art, dass wir ein Thonrohr von 30 cm Durchmesser umwickelten und
in dessen Hohlraum die Reagensgläschen hiueinstellten. Hierbei
stellte sich heraus, dass für die Abtödtung von M. tetragenus
in Blutwasser eine Stromstärke erforderlich ist, welche für den
Durchmesser eines Reagensglases 10 Ampere überschreitet und für
den des Thonrohres dem entsprechend mehr zu betragen hat. Als
wir das Thonrohr mit einem Strom von 23 Ampere umgaben, fanden
wir, dass sowohl das Blutwasser wie die Organstücke einer an Tetra-
genus gestorbenen Maus ihre volle Virulenz bewahrt hatten und so-
wohl die Kontrollthiere, wie die mit den Proben geimpften Thiere
gleichmässig tödteteu. Als wir den Strom auf 34 Ampere verstärkten,
behielten wir bei gleicher Versuchsanordnung zwar nicht alle, aber
einen Theil der geimpften Thiere am Leben. Das Resultat eines
weiteren Versuchs mit Aufschwemmung des Blutes einer an Te tra-
gen us gestorbenen Maus, welches wir sowohl mit starkem Strom be-
handelt, als während der Behandlung bewegt hatten, war, dass die
Kontrollmaus nach 6 Tagen starb, von den 4 nach der Behandlung
geimpften Mäusen aber zwei am Leben blieben, zwei weitere starben.
Bei diesem Versuche hatte der durch die Erwärmung vermehrte
Widerstand ein rasches Absinken des Stromes von 45 Ampere auf 36 Am-
pere hervorgerufen.
Obwohl die Zahl der Blutversuche, welche noch fortgesetzt
werden, nicht besonders gross ist, so ist ihr Gewicht in Anbetracht
der bekannten und stets durch Kontrollversucne sichergesteilten
grossen Empfänglichkeit der benutzten Versuchsthiere für die ange-
wendeten Bakterienarten gross genug, um das auffallend günstigere
Verhalten des Blutes gegenüber der Beeinflussung der in ihm ent-
haltenen pathogenen Keime durch die Induktionse.lektricilät als sicher-
gestellt zu betrachten. Nur ist die Frage noch offen, ob es sich
in diesem Falle um Abschwächuug oder Abtödtung der im Blut-
wasser enthaltenen Mikroorganismen handele. Wir sind mit der
Beantwortung dieser Frage noch beschäftigt, und behalten uns vor,
das Ergebniss der nach dieser Richtung in Gang befindlichen Ver-
suche später zu beantworten.
Es lag nahe, den Ursachen dieses verschiedenen Verhaltens im
Blutwasser nachzugehen. An die seit einem Jahre bekannt gewordene
Eigenschaft des Blutserums, Bakterien zu tödten, war hier wohl
nicht zu denken, da eben die von derselben Flüssigkeit geimpften
Kontrollmäuse stets zu Grunde gingen. Man konnie eher ein phy-
sikalisches Moment annehmen. Da die letzten Ursachen dieser Wir-
kung der Elektricität vorläufig uns noch ganz unbekannt sind, die
Verwandtschaft, der elektrischen Induktionswirkung mit der des Mag-
netismus aber eine Thatsache ist, so lag es nicht allzufern, das be-
obachtete günstigere Verhalten des Blutes mit seinem Eisengehalt
in Zusammenhang zu bringen.
86
S p il k e r und tiottitein,
Wir gingen daher zu einer Versuchsreihe über, bei weicher wir
dem mit Bakterien versetzten Wasser verschiedene lösliche und un-
lösliche Eisensalze zusetzten und nun dieses selbe Wasser kürzere
Zeit in ruhendem oder strömendem Zustande behandelten. Hierbei
stellte sich heraus, dass die benutzten Salze, wie Ferr, sulfuricum,
1 a c t i c u m , c i t r i c u m , ohne jeden Einfluss blieben. Ganz anders
und eigentümlich war aber da» Verhalten von Ferrum a 1 b u m i n a -
tarn. Setzte man dasselbe in einer Verdünnung von 1 : 1000 einer
Aufschwemmung einer Bakterienart in Vtasser zu, bei welcher von
einer antäseptischen Wirkung, wie die Kontroliprobe ergab, auch
nicht die mindeste Rede sein konnte, und behandelte 10 Minuten
laug, so waren die Roliröhrchen oder die Platten noch acht Tage
nach Beginn des Versuches vollkommen steril, während die mit an-
deren Eisensalzen oder ohne solche angesetzten ebenfalls behandelten
Proben schon seit Tagen reichliche Entwickelung zeigten. Regel-
mässig aber etwa am 8. Tage Dach geschehener Ueberimpfung trat
eine Bildung einer geringen Zahl von Kolonieen ein, welche der Zahl
nach wenig hinter der in den andern Röhrchen, die ebenfalls elek-
trisch behandelt waren, zurückblieb. Einer der hierher gehörigen
Versuche ist ausführlicher auf S. 83 mitgetheiit.
Eklatant trat die Wirkung hei folgendem Versuch zu Tage, bei
welchem mit einer verhältnissmässig sehr hohen Stromstärke gear-
beitet wurde. Reagensröhrchen mit Leitungsdraht von 2 mm Durch-
messer umwickelt und ein Strom von etwa 60 Amp. hindurchgelassen.
Behandlungsdauer 6 resp. 10 Sec. Nach 3 Tagen zeigen sich bei
den üeberimpfungen auf Gelatine sowohl in dem Kontrollröhrchen
als in dem behandelten unzählbare Kolonieen. Derselbe Versuch
wiederholt, nur wurde dem zu behandelnden Wasser ein wenig Eisea-
albuminat zugesetzt. Kontroliprobe nach 3 Tagen sehr zahlreiche
Kolonieen, während die behandelten erst nach 8 Tagen sehr spär-
liche Kolonieen zeigten, die sich in der Folge auch nicht vermehrten.
Wir können für das Verhalten des Ferrum aibuminatum keine
Erklärung bringen, denken aber dabei an die von Pfeffer zuerst
beschriebene und neuerdings von Büchner besonders betonte che-
motaktische Eigenschaft einiger Bakterien und halten es nicht
für ausgeschlossen, dass unter der Einwirkung der induktionselektri-
cititt das gelöste Eisenalbuminat ganz andere Wechselbeziehungen
zu den aus Eiweiss bestehenden, in der Flüssigkeit suspendirten Mi-
kroorganismen eingeht, als vor der Behandlung, Beziehungen, welche
nach Aufhören der Behandlung, falls sie nicht anhaltend genug war,
wieder schwinden, aber immerhin die geschilderte bedeutende Ver-
zögerung der Entwickelung zur Folge haben. Wir sind ja überhaupt
nicht in der Lage, für die von uns beobachteten Erscheinungen eine
Erklärung zu geben, wir sind aber auf Grund von Erwägungen über
die Eigenschaft der wirkenden Kraft und auf Grund anderer Beobach-
tungen, über die zu berichten wir uns Vorbehalten, zu der Vermu-
thuog berechtigt, dass es in letzter Eigenschaft sich um Bewe-
g uo g s p h ä n o m e ne handelt.
Obwohl wir nicht behaupten, dass die mit der Eisenalbuminai-
lösung gemachte Erfahrung die einzige Ursache für das Verhalten
Uefcer d. Vernichtung von Mikroorg»u.;“'T'" lureb die induktionselektricitüt. £7
des Biutwassers ist, so liegt doch kein Grund vor, diese Eigenschaft
zur Erklärung nicht trat beranzuzieben, Eine so bedeutende Eut-
wickelungs Verzögerung der durchaus nicht abgetödteten Keime auf
dem neuen Nährboden dürfte für die Widerstandskraft des Organis-
mus schon genügen, um der eiagedrungeneu Feinde Herr zu werden,
« he sie sich vermehren. Es spricht für diese Erklärung auch der
oben angeführte Versuch mit Bühnercholera. Das eine der mit be-
handeltem Blutwasser geimpften Thiere ging vor dem Kontrolltkier
zu Grunde, int Blute fanden wir Hühnercholera, im Gewebssaft ma-
lignes Oedern.; die Mischinfektion hatte das Auskeimen der gewisser -
maassen gelähmter) Kühaercbolerabäcilien begünstigt; das zweite
Thier dagegen ist noch heute nach mehreren Monaten am Leben, Dar-
aus erklärt es sich auch, dass in anderen Versuchsreihen von
4 Thieren uns eins oder zwei doch manchmal zu Grunde gingen.
Jedenfalls lehren uns diese Versuche, dass wir bei Zusatz oder
Gehalt von Ferrum albumiuatum in organischen Flüssigkeiten und Ge-
weben durch die elektrische Behandlung ein wirksames Mittel haben,
die Entwickelung von Mikroorganismen aufzuhalten oder aufzuheben.
Es lag nahe, die erhaltenen Resultate für die Hygiene, zunächst
für die Konservirung organischer Produkte, wie Fische, Fleisch,
Butter, Milch u. s. w. zu erproben. Mit diesen Versuchen sind wir
gegenwärtig beschäftigt und behalten uns vor, nach Abschluss der-
selben über die erhaltenen Resultate zu berichten. Da die von uns
zu T hierversuchen benutzten Septikämiebakterien, nämlich Hübner-
cholera und Mäuseseptikämie, sehr nahe Verwandte der Erzeuger
der Seuchen gewisser Hausthiere, namentlich der Schweine sind,
welche in der Frage der Voiksernäkrung eine grosse Bedeutung er-
halten haben, so beabsichtigen wir, sobald es uns gelungen ist, ge-
eignetes Material zu erhalten, auch mit diesem Versuche zum Zwecke
der Abtödtung zu machen und es erscheint uns wahrscheinlich, dass
dasjenige, was wir für das Verhalten des Mauseseptikämiebacillus in der
Leber und Milz der Maus festgestellt haben, auch für die Organe
grösserer Thiere gelten muss. Denn wir haben festgestellt, dass, was
für das Reagensglas in enger Spirale erzielt wurde, auch für
das mit weitem Immen versehene Thonrohr bei entsprechend ver-
stärktem Strom zu Recht besteht.
Wenn wir uns die bis jetzt nach dieser Richtung erzielten Er-
gebnisse für eine spatere Mittheilung Vorbehalten und uns heute
darauf beschranken, die experimentellen Grundlagen eines Verfahrens
mitzutbeilen, von welchem wir uns die Möglichkeit heilsamer Folgen
für die Hygiene der Volksernähruug durch Konservirung leicht ver-
derblicher Nahrungsmittel oder Befreiung des Fleisches von patho-
genen Bakterien, sowie durch billige Herstellung bakterienfreieu
Wassers versprechen, so wollen wir doch von unseren bisherigen Beob-
achtungen schon jetzt einige Andeutungen machen.
Es liess sich voraussetzen, dass eine physikalische Kraft, welche
im Stande ist, Bakterien in Flüssigkeiten keimungsunfähig zu machen,
auch noch andere Einwirkungen auf organische Sub-
stanzen haben, muss. Wir haben dem entsprechend mehrfach
derartige Beobachtungen gemacht, für die wir ebenfalls vorläufig
88 Spilker a. Gottstein, Üeber d Vernichtung v. Mikroorganismen etc.
nicht in der Lage sind, eine Erklärung abzugeben, welche aber auch
von ganz unbeteiligter Seite bestätigt werden kounte.
So konnten wir nach weisen, dass in dieser Weise behandeltes
Weissbier ein viel klareres Aussehen, als nicht behandeltes hatte.
(Von etwaigen Geschmacksveränderungen wollen wir als rein subjek-
tiv absehen.) Dieses Weissbier wird selbst im Sommer bei offenem
Stehen viel später, oft 8 — 10 Tage später karnig, als das Kontroll-
bier. Ebenso behält Butter nach der Behandlung noch nach Wochen
frisches Aussehen, frischen Geruch und Geschmack. Von zwei
Hälften eines Stückes Butter zeigt die unbehandelte Hälfte nach
einigen Wochen einen bis zu 30°/0 grösseren Gehalt an freier Säure,
als die behandelte Es hält aber schwer, bei dieser Thatsache eben-
falls an eine Bakterienwirkung zu denken.
Ein ganz eigenthümliches Verhalten zeigt die Milch. Wir
haben bei derselben durch zahlreiche Versuche festgestellt, dass hier
das Casein früher ausfällt, als in den Kontrollgefässen , die bei
gleicher Temperatur gehalten wurden. Schon aus diesem Grunde
eignete sich das elektrische Verfahren also nicht zur Sterilisirung
der Milch. Da wir auf Grund dieser Erscheinung das allgemeinen
Prinzip der elektrischen Wirkung, auch in dem speziellen Falle der
Bakterienbeeinflussung, in einer Eiweissfällung suchten, behan-
delten wir eiweisshaltigen Urin in gleicher Weise; hier aber blieb das
Eiweiss in Lösung.
Eine weitere eigentümliche Einwirkung beobachteten wir mehr-
fach auf die Haare des Thierfelles. Das Haar des Mäusefelles fing
aD, nach bstündiger Behandlung sich aufzurichten und behielt diese
Sträubung auch nach der Entfernung aus der Spirale bei. Wir haben
uns durch genauere Kontrollversuche überzeugt, dass diese Wirkung
weder auf Rechnung der Austrocknung, noch der Temperatur kommen
konnte.
Zum Schluss möchten wir noch erwähnen , dass wir eine Ein-
wirkung auf das Leben der Thiere selbst nicht nachweisen konnten.
Im Anfang hatten wir freilich einige Todesfälle, aber dies war zu einer
Zeit, als wir die Temperaturwirkung noch nicht sicher ausschlossen.
Als wir später Mäuse ins abgekühlte umwickelte Thonrohr selbst für
mehrere Tage brachten, zeigten sie keine Spur von Erkrankung.
Ebenso mussten wir feststellen , dass , was für Bakterien in der
Flüssigkeit gilt, für solche im lebenden Körper wirkungslos bleibt.
Wir haben geimpfte Mäuse für mehrere Tage ins Thonrohr gebracht
oder deren Gefäss -mit Leitungsdrahtspiralen umwickelt; sie sind un-
beeinflusst von der Einwirkung stets zur vorschriftsmässigen Zeit zu
Grunde gegangen.
Berlin, 3. Januar 1891.
Tubeuf. Generatious- u. Wirthswechsel unserer eiDheira Gymuospor.-Artea. 89
Generations- und Wirthswechsel unserer einheimischen
Gymnosporangium-Arten und die hierbei auftretenden
Formveränderungen.
Von
Dr. C. von Tubeuf,
Privatdoceuten an der Universität München.
Mit 3 Abbildungen.
Ueber wenige Pilzgattuugen herrscht trotz vielfachster Bearbei-
tung immer noch eine so grosse Unklarheit, wie über die Gymno*
sporangien.
Die geringen mikroskopischen Unterschiede und das Bestreben,
die einzelnen Spezies, welche auf verschiedenen Wirtspflanzen
sich finden, nach dem Verhalten der Aecidienperidie zusammenzu-
fassen, hat diese Unklarheit jederzeit vermehrt. Der einzige Weg,
die Kenntniss der verschiedenen Spezies durch Kultur auf verschie-
denen Wirthen und unter anderen Verhältnissen kennen zu lernen,
wie die Beobachtung der Objekte in allen Stadien, kann nur zum
Ziele führen.
ßeess *), welcher in daukens werthester Weise die bis Jan. 1869
bekannten Thatsachen zusammenstellte und auf zahlreiche Lücken
aufmerksam machte, kam leider nicht dazu, selbst Infektionen aus-
zuführen. Es mochte dies auch weniger nötig erscheinen, daüeess
von der Gattung Gymaosporangium damals noch folgende An-
sicht haben konnte: „Die Gattung G ym nosporangium ist durch
Oersted’s Untersuchungen die bestumschriebene und vollständigst
gekannte nicht allein der Coniferen bewohnendeu, sondern fast sämmt-
licher Rostpilze geworden. Einem wohlcharakterisirlen , der Uredo
eigentümlicher Weise entbehrenden, fast ausschliesslich die Juni-
peru s-Ar teil bewohnenden Teleutosporenforrageuus mit einer auf
2 Jahre verteilten Entwickelung (Gym nosporangium DC.)
hat sich ein gleichfalls durch gemeinsame auffällige Eigentümlich-
keiten ausgezeichnetes A e c i d i e n formgenus (R o e s t e 1 i a im Sinne von
Fries S. V. 510), sämmtliche Pomaceen bewohnende Aeci dien um-
fassend, als metoecische 2. Generation angereiht. Auch innerhalb
der wohlbegrenzten Gattung sind die einzelnen Arten gut unter-
schieden und ist die Zusammengehörigkeit der entsprechenden Teleuto-
sporeu- und Aecidienformen durch Kulturversuche sicberge<tellt.
(Von einer einzigen in dieser Beziehung vielleicht noch offenen Frage
mag bei der speziell beteiligten Art die Rede sein).“
Den ersten Schritt zur exakten Erforschung machte durch zahl-
reiche Infektionsversuche, und Abbildungen Oersted1 2).
1) Oie Kostpilzfonnen der deutschen Conil'eren.
2) Xjitteratnr siehe am Schlüsse
90
Tubeiif,
In der Zusammenstellung von Reess finden wir die Gruppirung
hauptsächlich auf die Untersuchungen dieses Forschers gestützt.
Re e s s hatte damals io der Weise gruppirt, dass er zu G. fuscum
(Sa bin ae) auf J. Sabina (Oxycedrus, virginiana, phoe-
uieea, Pinus halepensis) die Roestelia canoellata auf
Pirus communis zog.
Er liess dabei die Frage oüen, ob auf den verschiedenen Wirthen
der Teieutospcrenforui nicht auch verschiedene Spezies stecken.
Zu G. c o n i c u. m auf J u n i p. c o m m. wurde die Roestelia
cornuta auf Sorbus Aucuparia. torminaiis und Aronia
rotundifolia gezogen. — Hier finden wir die Angabe, dass die
Ae ei dien flaschen auf Aronia kurz, auf S. Aucuparia lang
seien, worauf ich später noch zurückkommen werde. —
Zu G. clavariaeforme gehörten 2 Roestelien , nämlich die
R. p e n i c i 1 i a t a auf Pirus Malus, silvestris, Sorbus Aria
u. S, Chamaemespilus, wie die R, lacerata auf Crataegus
Oxyacantha, lobata und melanocarpa etc, wie auch Mes-
pilus germanica u. s, f.
Oersted warf R. penicillata und lacerata zusammen
zu G. clavariaeforme, weil er Spermogonien auf Apfel,
Aecidien auf Crataegus, beide von G. clavariaeforme, er-
halten hatte, — Dass dies unberechtigt war, werde ich noch zeigen. —
Durch die Verschiedenheiten der R. penicillata und lacerata
einerseits, wie die Beschreibung der Teleutosporen von G. conicum
(lang spindelförmig!) andererseits war R. H artig veranlasst, ein
Gymnosporangium, welehes er m den Alpen fand und mit
welchem die Diagnosen der beschriebenen Gymnosporangien nicht wohl
stimmen wollten, für eine neue Spezies zu halten, mit weicher er
Sorbus Aria infizirte und als Erfolg die R. penicillata erhielt.
Damit schien diese Roe st eliaform untergebracht zu sein, und
Hartig nannte den Pilz Gymnosporangium trem elloi des.
— Durch Infektions versuche, welche unterdessen von verschiedenen
Seiten ausgeführt wurden, zeigte es sich, dass mit demselben Gym-
nosporangium sowohl Sorbus Aria und Pirus Malus, wie
auch Aronia rotundifolia und Sorbus Aucuparia mit Er-
folg infizirt werden können.
Durch weitere ausgedehnte Versuche habe ich nun neuerdings
gefunden, dass bei Infektionen mit G. clavariaeforme der Erfolg
insofern ein wesentlich verschiedener ist, als bei der einen Pflanze,
welche erfolgreich inüzirt wurde, es nicht weiter wie bis zur
Spermogonienbildung, bei der anderen zu kurzen, stark zerschlitzten,
bei den dritten zu geschlossenen langhaisigen Aecidien kam. Kurz
es wurde von mir konstatirt, dass dasselbe Gymnosporangium
verschiedene Formen der Roestelia erzeugen kann, und dass ferner
verschiedene Gymnosporangien auf dieselbe Wirthspflanze mit Erfolg,
aber mit verschiedenem Erfolge infizirbar sind.
Nach diesen Thatsachen muss die Roes t e lia p en i ci 1 ia ta
auf Pirus Malus und Sorbus Aria und wohl auch Sorbus*
Chamaemespilus zu Gymnosporangium conicum— j u n i -
perinum —tremelloi des gezogen werden, und die neue Spezies
Generations- u. Wirthswechsel unserer einheim. Gyinnosporang'nnn- Arten. 9
G. tremelioides kann als solche nicht bestehen bleiben. Dagegen
möchte ich Vorschlägen, den Namen G. tremelioides beizubehalten,
nachdem sowohl G. conicum wie G. juniperinurn gerade durch
die Bedeutung des Namens schon zu so vielen Verwechselungen Ver-
anlassung war, nachdem der Name G. tremelioides am meisten
auf den Charakter des Pilzes hindeutet und so denselben Zweck er-
reicht, wie der Name des G. clavariaeforme — und nach-
dem endlich ein Blick auf das bei Reess aufgestelite Verzeichniss
der Synonyma und die Erklärung von Reess selbst zeigt, dass
er zum Theil unter Hintansetzung von Prioritätsansprüchen alle
den Wirtbspflanzen entnommenen Namen kassirt und dafür je den
ältesten anderweitig begründeten Speziesnamen einführte, und
zwar u m Verwechselungen zu verhüten. Aus demselben
Grunde aber möchte ich „conicum“ kassiren und „t re me Hol-
des“ einfübren.
Die Unterschiede der Gymnosporangien sind ganz leicht, an der
Teleutosporenform zu unterscheiden. Ebenso einfach ist es
aber, sie an der blossen äusseren Erscheinung zu erkennen.
Ein Blick auf die Figuren, welche sowohl die Sporen wie auch die
oft sehr verschiedenen Entwickelungsstadien der ganzen Pilzpolster
darstellen, kann uns hiervon schon überzeugen.
Zur genaueren Unterscheidung diene noch Folgendes:
Gvmnosporangium Sabinae kommt in Deutschland nur
auf Juni perus Sabina vor. Die einzeln aus den angeschwollenen
Zweigstellen (sie erscheinen auch an den jüngsten blattbedeckten
Trieben) kommenden chokoladebraunen , kegelförmigen Zäpfchen er-
scheinen schon im Mai, sie quellen bei Regen stark auf und sehen
dann gefeidert aus, weil die Sporen an der Oberfläche der Zapfen
beim Quellen von der helleren Masse der gequollenen Stiele in
kleinere Partieen aus einander gepresst werden, wie dies alle Figuren
bei O e r s t e d etc. deutlich zeigen.
Sie verquellen dann aber weiter zu einem gelbbraunen, zähen
Schleim, der mm grössere Astpartieen überzieht, bei gutem
Wetter zu einer dünneren, braunen Haut zusammentrocknet und
schliesslich abfällt.
Die Zäpfchen lösen sich schon beim ersten Quellen vom Zweige
ab und hinterlassen eine scharf umschriebene, runde, hellgelbe Narbe.
Die Sporen unterscheiden sich wie bei allen Gymnosporangien
in dunkle, dickwandige und hellere dünnwandige, welche Kienitz-
Gerloff als Teleuto- und Uredosporen auffasst. Alle sind aber der
Hauptform nach mehr breit kegelförmig, wie die von G. tremel-
ioides (conicum) und nicht lang spindelförmig, wie die von
G. clavariaeforme.
Die dickwandigen sind nach Reess 38—49^ lang und ca 2ö/j,
breit, die dünnwandigen bis 55 /t lang und 18 ^ breit, was ich un-
gefähr bestätigen kann. Ihre genauere Beschreibung wolle bei Reess
und Oersted nachgelesen werden, wie auch die Beschreibung der
Sporidien, Spermogorden und Aecidien (Gitterrost), welche auf Birn-
blättern erscheinen und nicht mit den anderen Gymnosporangien
verwechselt werden können. —
92
Tubeuf ,
Weniger gui bekannt sind G. clavariaefo rme undG. tremel-
] o i d e s (c o n i c u m).
Das erstere erscheint schon in den ersten Apriltagen in hell-
gelbe, einzelne Zäpfchen, die sich bald vergrössern, bei Regen
dann stark aufquellen und Zungenform annehmen; einzelne ver-
schmelzen mit einander zn breiteren Bändern, bei Trockenheit schrum-
pfen sie zu wurmförmig gekrümmten, einzelnen Figuren ein und fallen
ab. Sie erscheinen auf den stark angeschwollenen Zweigen. Die
Sporen sind viel heller, wie die der beiden anderen Arten und
sehr lang spindelförmig gestreckt. Die dickwandigen haben eine
Länge von 86 — 96 und eine Breite von 12 — 16^, die dünnwandigen
werden bis 106 /.i lang und sind 13 — 14 (x dick.
Abnorm kleinere und grössere Formen sind übrigens bei beiden
stets zu finden.
Die Keimung ist durch Kienitz-Gerloff (Butan. Ztg. 1888.
S. 389) und die Verschiedenheiten auch durch Körnike (Hedwigia.
Bd. XVI. S. 27) und V. Dietel » Hedwigia. Bd. XXVIII. S. 22 und 99)
bekannt. Eine Verbreitung der Sporen durch Ameisen, welche
Kienitz vermuthet, kann ich nicht bestätigen. —
Was nun vor Allem G. tremelloides (conicum, juni-
p er in um) anlangt, so ist sein Vorkommen hier bei München räum-
lich getrennt von dem des G. cla varia eform e. Es erscheint erst
bei Hessellohe, findet sich daselbst schon sehr häufig und ist im
Gebirge überall massenhaft zu sehen.
G. clavariaeforme findet sich hier nördlich von Gross-
hessellohe in den Isarauen rein und in Massen.
Das G. tremelloides verändert während seiner Entwickelungs-
zeit seinen Habitus weit stärker, wie irgend ein anderes Gymno-
sporangium, und können daher die Entwickelungsformen leicht
für verschiedene Spezies gehalten werden.
Schon Mitte April sind hier die dunkel-chokoladebraunen Polster
(nicht einzelne Zapfen, wie bei G. Sabinae) zu finden, welche zwi-
schen den Rindenschuppen hervorkommen und in diesem Stadium lange
Zeit verharren. Diese braunen Polster sind sehr zähe, schwer abzu-
lösen , trocken und wie kurzer , steifer Piuche an ihrer Ober-
fläche. Es finden sich hier zunächst nur Sporen mit derben Wän-
den auf langen Stielen, unter deren Schutz sich die dünnwandigen
dann bilden. Erst im Mai bis Anfang Juni tritt die Vergrösserung
und das Aufquellen der zusammenhängenden Polster zu grossen, galler-
tigen Klumpen und Lappen ein, welche au der Ober-(Aussen-)Seite
noch dunklere Punkte (die dickwandigen Sporen) , sonst aber eine
mehr gelbbraune Gallerte (besonders die Stiele) zeigen. Zu dieser
Zeit tritt, wie bei den anderen Gymnosporaugien, die Bildung von
Promyceiien und Sporidien im Polster ein. Die Gallerte trocknet
dann zusammen und hinterlässt grosse, hellgelbe Flecke auf den
knorpelig zu grossen Beulen aufgeschwollenen Aesten zurück.
Dieses Gymnosporangium wirkt pathologisch weit inten-
siver, wie die beiden anderen, denn während bei den anderen der
befallene Zweig sich meist noch sehr lauge am Leben erhält und
oft eine ganze Reihe von Beulen zeigt, tritt hier vielfach schon im
Generations- n. Wirthswechsel unserer einheim. Gymnosporanginm-Arten. 93
ersten Jahre der Tod bei dem betreffenden Zweige ein, so dass man
im Frühling sehr viele todte Zweige an den befallenen Wachholder-
btisehen findet; ein anderer Theil erhält sich allerdings am Leben
und entwickelt an den nicht abgestorbenen Theilen der Beule seine
Polster im nächsten Jahre wieder.
Die Aecldien der Gymnosporangien sind schwer an und
für sich zu unterscheiden. Das Bestreben, sie nach äusseren Merk-
malen verschiedenen Spezies zuzutheilen, führte zu ebenso falschen
Resultaten, wie die Annahme, durch einen Infektionsversuch bis zum
Auftreten der Spermogonien könne auf eine bestimmte Roestelienform
und die Zusammengehörigkeit dieser mit dem Infektionsmaterial ge-
schlossen werden.
Ich habe vielmehr gefunden, dass ich mit Gjmnosp. clava-
riaeforme auf Crataegus eine It o e s t e 1 i a erziehen kann, welche
man nach der äusseren Erscheinung sofort für R cornuta halten
müsste. Es ist ferner bekannt, dass die Roestelien auf Sorbus Aucu-
paria und Aronia zwar durch dasselbe Gymnosporangium
erzeugt, aber verschieden ausgebildet sind, und wiederum anders er-
scheinen dieselben auf P i ru s M alus. Ferner habeich gefunden,
dass das Gymnosp. clavariaeforme zwar Spermogonien auf
Sorbus Aueuparia entwickelt, aber nicht zur Aecidienbildung
schreitet, dass es auch auf Sorbu s latifolia sich entwickelt, aber
bis in den Juli hinein fast nur kleine, gelbe Erhebungen auf der
Blattunterseite und schliesslich einige Aecidien bildete mit nur
äusserst kurzer, unscheinbarer Peridie, dass also auch von
ihm nicht die R. cornuta auf dem Sorbus zu erwarten ist.
Aehnlich scheint es R ä t h a y mit der Infektion auf Sorbus tor-
rnin alis gegangen zu sein, von der Rath ay aber annahm, dass sie
zu der auf Sorb. torminalis sonst zu findenden Roestelia
gehöre. — Es sind daher die Roestelien nicht nach der Wirthspflanze
allein und nicht nach ihrer äusseren Gestalt allein zu unterscheiden.
Wie weit die Bemerkung Farlow’s hier von Bedeutung ist,
dass in Amerika an der Küste von Maine die typische R. cornuta
mit Gymnosporangium clavariaeforme (in Europa dagegen
mit G. conicum) auftrete, während G. conicum nicht da vor-
komme, wo die typische cornuta auftrete, ist nicht zu sagen.
Ich kann um so weniger Gewicht hierauf legen, weil im Referate der
Arbeit die Wirthspöanze der R. cornuta nicht angeführt wird.
Ueber die bisherigen Versuche kann man sich aus folgenden
Tabellen orientiren. (Siehe Tabellen auf Seite 94.)
Wir erhalten dagegen einfacher die Zugehörigkeit des
G. clavariaeforme zu den verschieden geformten Roeste-
lien (meist die Form R. lacerata) auf Crataegus-Arten (auf
welchen auch noch G. fuscum nach Plowright Vorkommen soll
[ob Aecidien bildend ?j).
G. conicum auf Sorbus Aueuparia, Pirus Malus,
S. Aria die R. cornuta und penicillata bildend, und zwar
auch hier in verschiedenen Formen Auch auf Cydonia eine
IX. Bd. 7
94
T u b e u ( ,
Infektionen mit den deutschen Gymnosporangien.
1) Gymnosporangium clavariae forme auf Juni perus
Auf Holzart:
com in. ergab :
Aecidienforro
Nach Autor
Crataegus Oxyacaut.ha |
resp. Spermogonien :
j
Plowright
Pirus communis j
Crataegus toment.
R. lacerata
Thaxter
,, Oxyac. und \
R. lacerata
R 4 1 b a v
mono gyn* J
Pirus comm.
Roestelia ?
n
Sorbus torm.
Spermogonien
91
Pirus Malus
t»
0 e r s t e d
Amelanchier
R. lacerata x
Thaxter
Crat. Oxyae.
R. lacer. und cornuta
Tubeuf
Crat. grandiö. 1
sanguiuea >
R. lacerata
»/
nigra J
Cydonia vulg.
Spermogonieu
»»
Sorbus Aucup.
Spermogonien
Sorb. latifolia
Spermog. und Aecidieu
»1
2) Gy ni n osp o r a n g i u m tremelloides (conicum) auf
Juniperus c o m m. - Zweigen und -Nadeln ergab:
Nach Autor:
Auf Holzart.
Sorbus Aucuparia
Aronia rotuudifolia
Pirus Malus 1
Sorbus Aria f
Cydonia vulg.
Sorb. Aucup.
Pir. Malus
Amelauchier eanadensis
Sorbus Aria
Pirus Malus
Sorbus torru.
Sorb. Cbarnaemesp.
Accidienform
resp Spermogonieu :
R. cor u uta
Kurze Aecidieu
Spermogonien
Roesteüa ?
?
Spermogonien
Roest. ecrcuta
R. penicillata
Aecid. penicillatuin
?
R. penieiilata
R ät b a y
ft)
Ritbayu. Plowright
Plowright
Thsxter
»
Hartig
Nawaschin
3) Gymnosporangium S a b i n a e (f u s c u m) auf J u n i p.
S a b i n a e ergab :
Auf Holzart:
Pirus communis
Cratasg Osyacaniba
Mespilus gern».
Nur Pirus comm.
Aecidieofortu :
resp. Spermogonieu :
?
R. canceilata
Nach Autor :
P iowrigh
Oersted, De Bary
R 4 tha y , Tubeuf u. a.
Pir. comm., Michauxii,
tomentosa.
cfr. Reess.
Zu den amerikanischen Gymnosporangien ist die Tabelle von
Thaxter zu vergleichen. ($*. bot. Centra.lbl. 1890.)
Generatioüs- u. Wirthswecbse! unserer einhaira. Gymcosporangiuai-Arten. 95
Roestelia bildend, ferner auf Aronia rotundifolia ebenfalls
Aoxidien bildend.
Ferner, dass G. clavariaeform e auf Ameianehier ebenfalls
zur Aecidienbildung (lacerata T hast er) kommt, dass es auf
Cydonia, So rbus- Arten red Pirus communis (?) (nach
Oersted, entgegen meinen Versuchen, auch auf Pirus Malus)
wenigstens bis zur Spennogonienbildung gedeihen kann.
Die Bezeichnung der Roestelien formen wird daher
am besten ganz kassirt werden.
Gemeinsam lasst sich dagegen sagen, dass die Peridienzellen des
G. clavariaeforme stets weitlurniger, heller, mit nur gekörnelten
Wänden versehen sind, und dass die eine am Ende in und über die
andere greift, was von der Fläche wie von der Seite zu erkennen ist.
Dass die Innenmembran bedeutend verdickt ist, was bei Verschieden-
heiten im Feuchtigkeitsgrade das Rückwärtsroilen der regelmässig
über einander gestellten Zellen veranlasst.
Bei der Peridie von R. cornuta auf S o r b u s sind die Zellen
mehr durch einander und weniger reihenweise angeordnet, sie haben
daher auch mehr seitlichen Halt. Bei R. peniciliata beim Apfel
reissen sie ebenso aus einander wie bei lacerata, die Aecidien sind
nur etwas breiter. Gemeinsam für G. conicum scheint nur zu sein,
dass die Zellwände mehr strichförmig zusammenhängende
Wacdverdick ungen zeigen.
Sehr viele Infektionen mit dem gleichen sonst so erfolgreich
wirkenden Materiale von G. clavariaeforme zu gleicher Zeit und
gleichen Verhältnissen hatten auf P ir u s Malus, S orb u s A r i a,
Sorbus Oh am aemespilus und Mespilus, ich möchte sagen
einen beweisend negativen Erfolg.
Wenn demnach Oersted’s Erzielung von Spermogonien auf
Apfel mit Gymnosp. clavar. richtig war, so zeigt dies jeden-
falls nur ein seltenes, schlechtes Gedeihen auf Apfel, deutet aber
gewiss nicht auf Aecidienbildung hin, welche beim Apfel wohl nur
von Gymn. conicum zu erwarten ist.
Wie es mit Räthay’s Beobachtung von besonderen Aecidien
auf Birnblättern und deren Zugehörigkeit zu Gymnosporangium
clavariaeforme steht, lässt sich aus den kurzes Angaben nicht
ersehen.
Ebenso steht es mit dem Infektionsversuche Plowright’s mit
G. clav. auf Pirus communis. Vielleicht ist es auch nicht an-
ders mit Piowright’s Infektionen des Gymnosp. Sabinae
(fuscum) auf Crataegus Oxyacantha und Mespilus ger-
manica, während Plow right glaubt, es seien in Gymnosp.
fuscum zwei Spezies versteckt.
Räthay erzielte ausdrücklichen Misserfolg auf diesen Holz-
arten. Mir ging es bis jetzt ebenso, während die Infektion von G.
sabinae auf Pirus communis sehr leicht gelingt. (Die Sper-
mogonien entwickelten sich bei mir in 14 Tagen.)
Von der Ansicht ausgehend, dass genauere Publikationen spe-
zieller Ini'ektioDSversuche und ihres Erfolges die Arbeit des Folgen-
7*
96
Tube uf,
den und seiDe Einsicht wesentlich erleichtern, will ich hier meine
Versuche mit Gymnosporangium clavariaefo rm e anführen.
Dieses Gymnosporangium kommt hier in den Isarauen in
grossen Massen vor; der eiu dichtes Unterholz in den mittel-
waldartig bewirthscbafteteu Auen bildende Wachholder zeigt oft eiu
Dutzend Beulen, welche die langen gelben Zungen radial abstehen
lassen. Sie erscheinen schon Anfangs April in kurzen Zäpfchen, wie
die gelbe Zunge eines grossen Käfers, etwa des Hirschkäfers; bei
feuchtem Wetter quellen sie gallertig an zu c 1 a v a r i a ähnlichen laugen
Bändern, die bei Trockenheit zu zierlich gelben Fäden zusammen-
schrumpfen. Mitte Mai waren dieselben noch in voller Entwickelung
an den Stämmchen zu finden. Mitte Juni war von den Sporen keine
Spur mehr zu entdecken.
Die ersten Infektionen führte ich am 7. April aus im Kalthause
unter Glasglocke. In 13 — 14 Tagen waren Blätter und Triebe von jun-
gen Crataegus Oxyacantha - Pflanzen auf beiden Seiten dicht
mit gelben Spermogonien besetzt, wo bis zum 6. Juni bereits Aeci-
dien reiften.
Der ganze Entwickelungsgang dieser Generation dauerte dem-
nach gerade 2 Monate
Gleichzeitig infizirte Sorbus Au cupar ja -Zweige zeigten erst
am 23./'24. April Spermogonien, also in 16—17 Tagen, somit später
wie bei Crataegus.
Die Spermogonien, welche ich auf 3 verschiedenen Zweigen unter
verschiedenen Glocken und später an einer Topfpflanze erhielt, stimmten
genau mit jenen auf Crataegus überein — es entwickelten sich
aber in keinem Falle Aecidien. Iufektionsversuche im Freien brachten
mir keinen Erfolg.
Infektionen am 17. April im Garten auf Crataegus- und Sor-
bus-Arten blieben ohne Erfolg, ebenso solche am 23. April auf ver-
schiedene Sorbus-, Crataegus- und Pirus- Arten. Gleich-
zeitig angestellte im Glashause förderten bis 3. Mai Spermogonien
auf Crataegus Oxyacantha, also in 11 Tagen.
Infektionen an Stöcken im Feuchtraume gaben auf Crataegus
Oxyacantha vom 2. — 10. Mai , auf Sorbus Aucuparia vom
2.— 12. Mai Spermogonien.
Die Aecidien dieses nun ira Zimmer gehaltenen Crataegus
wie eines unter der Glasglocke, gehaltenen Keimlings derselben Pflanze
lieferten Aecidien. welche grau, lang flaschenförmig und vielfach horn-
artig gekrümmt waren ; ich werde auf dieselben zurückkommen.
Mit demselben Infektionsmateriale wurde am 2. Mai im Garten
mit Erfolg infizirL
Crataegus nigra zeigte schon einige Spermqgonien am 10.
Mai, noch mehr dann am 13., an diesem Tage hatten sich solche
massenhaft auch auf Crataegus Oxyacantha, graudi-
flora, sanguinea und C y d o n i a vulgaris entwickelt, während
sich auf Sorbus latifolia (mehr Aria wie torminalis) we-
niger bildeten.
Die auf Cydonia wurden wie die auf Cr. gr an di fl. grössteu-
theils von Scnnecken und Raupen gefressen, welche, wie es schien,
Generations- n. Wirthswechsel unserer einheim. Gymnospor&ngium-Arten 97
gerade die gelben Stellen aufsuchten. (Die Uredosporengallerten da-
gegen werden selbst auf den höchsten Wachholderzweigen von Tau-
sendfüsslern noch aufgesucht.)
Den Zweig von Cr. sanguinea, welcher die infizirten Blätter
trug, brachte vorzeitig Nectria cinnabariua zum Verwelken.
Viele Exemplare von Cr. Oxyacantha und Cr. nigra da-
gegen entwickelten die allerdings langhalsige, dann aber sich bis zur
Basis zertheilende Peridie, welche am 8. Juni schon völlig geöffnet
war und stäubte.
Es hatte die Entwickelung von Anfang Mai bis Aufang Juni
gedauert.
Ein Besuch der Isarauen zeigte, dass Mitte Juni auch dort reife
Aecidieu zu finden waren, daneben aber auch unreife und viele gelbe,
geschwollene Flecken , auf denen es nicht zur Aecidienbildung ge-
kommen war.
Während es nun an fast allen Crata e guspflanzen zur über-
reichlichen Bildung von Aecidieu kam, bildeten die von Schnecken
verschonten, allerdings wenigen, jedoch dicht mit Spermogonien be-
setzten Cyd oniablätter und Sorbus Aucupariablätter weiter
nichts, die von Sorbus latifolia aber dicke, gelbe Zapfen auf
der Blattunterseite, welche theilweise Anfang Juli tief versenkte Ae-
cidien mit ganz kurzen und unscheinbaren Peridien bildeten.
Eine Infektion auf die Kotyledonen von Crataegus Oxya-
cantha ergab die Bildung von Spermogonien, aber keine Aecidien,
obwohl die Cotyledonen noch wobl erhalten waren, als die Aecidien
auf den Blättern erschienen.
Zu bemerken ist hier, dass die verschiedenen Blattseiten zur
Bildung von Spermogonien und Aecidien nicht, wie z. B. bei Rees s
angenommen wird, unterschieden werden, sondern dass beide auf bei-
den Blattseiten und rings um den Stengel und Blattstiel sich bilden.
Ebenso erschienen die Spermogonien auch auf beiden Kotyledonen-
fiächen.
Die Aecidien auf Crataegus Oxyacantha, welche durch
G. clavariaeforme erzogen waren, sind in der Natur und bei
meinen Infektionen im Freien nicht so langhalsig, wie solche der
Zimmerinfekticnen, sie sind auch nicht so sehr gekrümmt, wie hier
eine grosse Auzahl. Alsbald zerschlitzen sie in Längsfasern, welche
theils ziemlich regelmässig nach auswärts gekrümmt sind (wie bei
R. peu ici 11 ata), theils mehr wirr durch einander gelegen erscheinen
(mehr wie es für R. lacerata beschrieben wird). Die Peridie zer-
schlitzt aber grösstentheils bis zur Basis. Schliesslich rcissen die
äusseren Theile der Peridie vielfach ab, so dass nur ein kurzer Ba-
salkranz stehen bleibt. Bei den im Zimmer kultivirten Exemplaren
entwickelten sich die Aecidien zu sehr ianghalsigen (bis 10 mm
langen) und vielfach stark gekrümmten Flaschen (wie die Roeste-
1 i a cornuta sie bildet).
Nur wenige derselben öffneten sich mit einer runden Oeffnung
an der Spitze oder erhielten einzelne, kleine Längsrisse, die meisten
blieben vollkommen geschlossen und waren so noch im Juli. Die
feingekörnelte Peridienwand und das weite Lumen, sowie die regel-
98
Öährung.
massigere Anordnung der Peridienzellen , welche an der Basis kurz,
sonst langgestreckt waren, stimmte mit den laceraten Aecidien im
Freien überein.
Wasser auf dieselben gebracht, veranlasste ein sehr starkes Zer-
reissen der Peridie in lange Lappen. Es geht aus diesem Versuche
hervor, dass zur Oeffnung der Peridie der Regen nothwendig ist; die
Abwechselung von Regen und Trockenheit und speziell das Quellen
und Strecken veranlasst die stärkere Krümmung der verdickten Innen-
wand und somit das Auswärtsbiegen der einzelnen Streifen. Die
direkt über einander stehenden Peridienzellen haften aber dadurch
fest an einander, dass sie sebarnierartig in einander greifen. (Reess
sagt noch „die Zellen sitzen mit schiefen Wänden über einander, aber
ohne einwärts vorspringenden Wulst der oberen Kante“, welchen
Re ess nur für G. Sabi uae annimmt) Dies geschieht dadurch, dass
die untere Peridienzelle mit einem ausbiegenden Vorsprunge einen
Theil der nächst oberen bedeckt und dass vielfach ein zapfenähu-
liches Ende der oberen in das obere Ende der unteren noch einge-
senkt ist.
(Schluss folgt.)
Referate.
Hausen, Emil Ohr,, Untersuchungen aus der Praxis der
G äh r u ngsi n d us t rie. Zweite, vermehrte und neu bearbeitete
Auflage, mit 14 Abbildungen. Heft 1. München (Oidenbourg’s Verlag)
1890.
Im Jahre 1888 erschien die erste Auflage dieses Werkes1), worin
der Verf. die für die Praxis verwendbaren Resultate seiner ex-
perimentellen Studien über die Hefenarten niederlegte, indem er eine
ausführliche Darstellung der Reform in der Gährungsindustrie gab,
welche seine wissenschaftlichen Arbeiten hervorgerufen haben. Die
Hauptabschnitte des Buches behandeln ; Die Hefereinzucht m Dienste
der Industrie; die gewonnenen praktischen Resultate; die fabrik-
niüssige Darstellung reingezüchteter Hefen; die Reinzuchtapparate;
über die Filter; die Ueberfübrung der Hefe in den Reinzuchtapparat
und deren Verwendung; Beobachtungen über Brauereihefearten ; über
die praktische Untersuchung des Bieres in den Lagerfäßsern rück-
sichtlich seiner Haltbarkeit.
Die jetzt vorliegende neubearbeitete Auflage, weiche um 22 Seiten
vergrössert wurde, enthält eine Reihe von neuen Beobachtungen über
die Physiologie der Hefenarten. Aus diesen seien hervorgehoben die
Untersuchungen über die Lebeosdauerder Hefezellen in Bierwürze, in
Rohrzuckerlösung und is Filtrirpapier ; das Resultat des Verf. ’s ist
dieses, dass Kolben mit Saccharoselösung im allgemeinen als das beste
4) Bef. iu dieser Zeitscbr. Bd. IV. J888 No. 19. g. 582,
Dextrin bei der Gäbrung.
Ö9
AufbewahruRgsruittel für die verschiedenen Hefenarten anzusehen sind.
Die zymotechnische» Laboratorien können daher mit Sicherheit Samm-
lungen von den verschiedenen Heferassen auf diese Weise aufbewahren,
was auch schon bisher an vielen Orten geschah.
Von besonderem Interesse sind ferner des Verf.’s Beobachtungen
über den Einfluss weinsaurer, zuckerhaltiger Flüssigkeiten auf gewisse
Hefenarten. Die Methode Pasteur’s zur Reinigung der Hefe, so wie
sie von seinem Anhänger Velten angegeben wird, besteht darin, dass
man die Stellhefe längere Zeit in Zuckerlösung mit einem Zusätze von
Weinsäure kultivirt. Die Versuche, welche darüber von Hansen an-
gestellt wurden, haben nun festgestellt, dass diese Bebandlungsweise
zur Reinigung der Brauereihefe unbrauchbar ist, denn die Krankheits-
hefen werden dadurch in ihrer Entwickelung eben begünstigt, man
erreicht also das Gegentheil von dem, was man beabsichtigt.
Ein neuer Abschnitt im Werke bildet die übersichtliche Darstel-
lung des Verf.’s Untersuchungen über die bei den Hefenarten auftre-
tecden Variationserscheinungen und deren Bedingungen.
In Betreff der übrigen sehr vielen neuen Beobachtungen und
kritischen Bemerkungen sei auf das schöne, gediegene Werk selbst
hingewiesen. Jörgensen (Kopenhagen).
Bas, A., Ueber die scheinbare Zunahme des Dextrin-
gehaltes in Bierwürzen während der Gährung, so-
wie über die Bestimmung der Dextrose und des
Dextrins in ihnen. (Wochenscbr. f. Brauerei. 1890. No. 42.)
Die Beobachtung Hansen’s, dass es eine Gruppe von He-
fenpilzen gibt, welche nur eine geringe Aikoholmenge in der Bier-
würze hervorbringen und dass dies davon herrührt, dass sie wohl
den Invertzucker der Würze vergähren können, dagegen nicht, die
Maltose, wurde vom Verf. benutzt, um experimentell darzuthun,
dass die scheinbare Zunahme des Dextringehalts in der Würze im
Verlauf der Gährung durch die Gegenwart einer oder mehrerer
Zuckerarten bedingt ist, welche ein höheres Reduktionsvermögen
gegenüber Fehlin g’scher Lösung besitzen, als die Maltose, welche
beim Invertiren mittelst Salzsäure Dextrose bleiben oder in solche
übergeführt werden und welche von den nicht invertirenden He-
fen arten, z. B. Saccharomyces apiculatus, die nicht Maltose
vergährt, vergehreu werden.
Bei Anwendung der gewöhnlichen analytischen Methode für
die Bestimmung der Maltose in der Würze erhält man also immer
zu grosse Zahlen, indem man den ganzen Zuckerinhalt als Maltose
berechnet, und da die Dextrinbestimmung von der Maltosebestim-
mung abhängig ist, so erhält man durch die Dextrinbestimmung
in der nicht vergohrenen Würze zu niedrige Zahlen. Will man
eine genaue Dextrinbestimmung geben, so muss man also erst die
Würze für Dextrose untersuchen Da die cResusch- analytische
Methode hier nicht binreicht, so bat also der Verf, die genannten
Beobachtungen B a n sen’s für ein e physiologi s ch - analy-
tische Methode benutzt, indem er als analytisches Reagenz absolut
reiue Kulturen von %> a c<e fearomyces apreu I.at.u s verwendete,
1<30
T)extrin bei <3er Gährncp. — IJefetrübo Biere.
Die Würze wurde bei hoher Temperatur sterilisirt, welche Behand-
lung nach des Verfassers Untersuchungen — im Gegensätze zur
Behandlung durch Chamberland - Filter — keinen Einfluss
auf den Inhalt der Würze von Zucker und Dextrinen hatte Eine
Probe der sterilen Würze wurde nach der gewöhnlichen Methode
für Maltose nnd Dextrin untersucht; der Rest der Würze wurde
mit einer Reinkultur von Sacch. apiculatus geimpft und nach
vollendeter Gährung wieder analysirt.
Die Analysenbefunde, auf diesem neuen Wege erhalten, bestä-
tigen im Wesentlichen, dass die Zunahme des Dextrins in der
vergohrenen Würze nur eine scheinbare ist. Nach der Gährung der
sterilisirten Würze mittelst Sacch. apiculatus ist die schein-
bare Zunahme des Dextrins, ebenso gross, als bei Anwendung ge-
wöhnlicher Bierhefe.
Der Verf. schiiesst aus seinen Untersuchungen, dass die Haupt-
menge des durch den Sacch. apiculatus vergährbaren Zuckers
Dextrose ist, und dass dieser Pilz die vorhandene Dextrose voll-
ständig vergährt.
Da die Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Maltose
und anderen Zuckerarten in der Würze ohne Zweifel dazu beitragen
kann , gewisse Vorgänge in den alkoholischen GähruDgen zu be-
leuchten, so wird mit Recht vom Verf. hervorgehoben, dass die
Analyse der Würzen mittelst einer der von Hansen gefundenen,
die Maltose nicht vergährenden Hefenarten neben der wissenschaft-
lichen Erkenntniss der Zusammensetzung dieser Flüssigkeit auch
für die Praxis von Bedeutung sein wird.
Er schlägt daher vor, die Gährung der Würze durch Sacch.
apiculatus als ein Glied mit in die Analyse hineinzuziehen.
Jörgensen (Kopenhagen).
Schwallhäuser, Beitrag zur experimentellen Unter-
suchung der Ursache der Gesundheitsschädlich-
keit hefetrüber Biere. (Inaug.-Diss.) Greifswald 1890.
Verf. will durch seine Arbeit mitwirken an der Entscheidung
der neuerdings mehrfach aufgeworfenen Streitfrage: Ist die nach
Genuss sog. „hefetrüber“ Biere häufig, wenn auch durchaus nicht
immer, auftretende Gesundheitsstörung in Form einer akuten Gas tri-
tis und Gastro-Enteritis die Folge eiuer Beimischung von
Hefe in lebeDS- und entwickelungsfähigem Zustande und also eine
Reaktionserscheinung der Magen-Darmschleimhäute gegen den Reiz
der auf ihnen wuchernden Sprosspilzzellen, oder sind die genannten
Digestionsstörungen auf toxischem Wege erzeugt durch Einver-
leibung von un vergohrenen oder theüweise vergohrenen Resten der
Maltose, welche bei gewissen, disponirten Konstitutionen Magen-
Darmkatarrh verursachen können?
Verf. fixirt zuerst den Status praesens dieser Frage, indem
er die. bisher erschienene Litteratur, wie sie in der zuletzt erschienenen
Arbeit von Simanowsky (Archiv f. Hygiene. Bd. IV) zusammen-
getragen ist, kritisch resümirt. Die Autoren theilen sich in solche,
welche der Hefe eine ganz spezifische Wirkung auf den menschlichen
HefeUübe Biare.
10!
und thierlschen Organismus zuschreiben und nach Einverleibung per
cs resp. Injektion grösserer Mengen von Hefe ins Blut und ins Peri-
toneum Zustände ein treten sahen, welche, wie Grote, Strausa
and Popo ff behaupten, an Abdominaltyphus erinnern und durch
einen „den Fäulniseprozessen sehr nahestehenden Vorgang“ entstehen
sollen (Popo ff). Auch Simanowsky (s. oben) kam nach Ver-
suchen, welche er an sich und zwei Versuchspersonen mit hefetrübem
Biere machte, zu dem Resultate, dass bei Genuss derartigen Bieres
früher oder später stets gastrische Erscheinungen einträten, wobei
er allerdings zugeben muss, dass vorzugsweise Personen mit bereits
bestehendem Magenkatarrh hierzu besonders disponirt seien. Diese
Thatsache erklärt S. damit, dass nach Leube hei Magenkatarrhen
der Zucker sehr lange im Magen verweile, wodurch die Ansiedelung
von Hefepilzen begünstigt würde. Dem gegenüber nimmt Fetten-
kofer in einem Nachwort zu der S.’schen Arbeit eine entschieden
ablehnende Steilung ein, indem er daran erinnert, dass in Weissbieren
und gährendem, sog. „pitzelndem“ Weinmost enorme Quantitäten von
Hefe ohne eine nennenswerte Gesundheitsstörung konsumirt würden.
Es müssen also noch gewisse Nebenbedingungen erfüllt sein , um
ein hefetrübes Bier gesundheitsschädlich zu machen; ausserdem habe
Simanowsky ausschliesslich mit sehr jungen, wenig vergohrenen,
also noch maltosereichen Bieren seine Versuche angestellt, wodurch
er gleich mit der Hefe noch eine reichliche Menge einer vorzüg-
lichen Nährflüssigkeit dem Magen einverleibt habe. Es sei ferner
noch nicht bewiesen, dass ein ausreichend vergohreaes, hefehaltiges
Bier auch und dann nur wegen seines Hefegehaltes schädliche
Wirkungen haben könne. Und wenn schliesslich in der Hefebei-
mischung allein die Ursache des Gastricismus angenommen werden
sollte, so sei es noch ganz unbekannt, ob es sich hier um den Sac-
charomyces cerevisiae handele, oder ob nur gewisse „wilde“,
aus der Luft stammende Hefearten pathogen seien, die im trüben
Biere bald vorhanden wären, bald fehlten.
Letztere Frage durch das Platten- und Reinkulturverfahren zu
entscheiden, unternahm nun Schwanhäuser, in der Meinung, dass
bei gelungener Darstellung verschiedener Hefearten aus dem hefe-
trüben Biere in Reinkultur auch die für jede Hefeart charakteristi-
schen Gährungsprodukte gefunden und auf ihre pathologische Wirkung
einzeln geprüft werden könnten. Denn verschiedene Hefearten ver-
gähren Bierwürze verschieden und namentlich über die Gährungs-
produkte der sog. „wilden“ Hefen sei noch wenig bekannt.
S c h w, arbeitete mit dem Inhalte einer dem hygienischen Institute
Greifswald übergebenen Flasche hefetrüben Bieres, nach dessen Ge-
nuss eine Dame unter Erscheinungen lebhafter Verdauungsstörungen
erkrankt war. Aus diesem Biere, das in der Flasche einen Boden-
satz, wie auch eine Oberflächenhaut, bestehend aus Hefezellen von
verschiedener Form zeigte, isolirte nun Schw, mittelst des Platten-
kulturverfahrens auf Pflaumengelatine — Bakterien konnten nach
den üblichen Methoden nicht nachgewiesen werden — 2 scharf von
einander unterscheidbare Hefearten , von denen die eine sich als
Saccharomyces cerevisiae, die andere als eine fremde, anschei*
102
Hefetrabe Biere.
neml mit dem Saccharomyces Pastoriaiius III Hansen iden-
tische sich erwies. Verf. suchte nun zuerst nach differentiell-diaguosti-
schen Merkmalen, um das Vorhandensein der einen oder der anderen
dieser beiden Hefeformen auf kulturellem Wege ad oculos denion-
striren zu können , da morphologische Unterschiede nach Hansen
zur feineren Hefediagnose ohne Werth seien und auch die von Jör-
gensen (Gähruugsindustrie etc. 1880) angegebenen Differenzen der
Sptossuugsgrenze, sowie der Zeitgrenzen für die Ascosporeu-
Bildung nicht so gauz sicher, sowie schwer demonstrirbar seien.
Nachstehend die vom Verf. gefundenen, für die Differentialdiagnose
verwendbaren kulturellen etc. Unterschiede :
Nährböden Saccharomyces cerevisiae
Saccharomyces Pastor. Hl. H.
Pflaumengela-
tine
V erflüssigt nicht. Kultur gut ;
riecht nach Wein.
Starker Weingeruch.
Nicht gehopfte
Bierwürze
Bierwürzegela- Nacli 14 Tagen ist die Ko-
tiue lonie weiss, feuchtglänzend,
i über das Nährsubstrat her-
vorgewölbt. Auf der Ober-
; fläche fingerartig in die Höhe
gewachsen, biegt nach Er-
reichung von 2 — 3 mm Höhe
bogenbildend auf die Ober-
fläche des Nährbodens zu-
rück. Rand der Kultur scharf
abgesetzt , fast glatt im mi-
kroskop. B’lde; Strichkultu-
ren weiss , dick aufgetragen.
10 \ Nähr-
gelatine
1 °/o Trauben-'
zuckeragar j
Würzeagar
Auf Platteu und Strichkul-
turen Wach&tbum langsam,
schlecht.
Wachsthum gut.
Kartoffeln, ge-
kochte
0,5 °/0 Alkali-
Bierwürzege-
latine
Neutralisirte
Bierwürzege-
latine
Saure Bier-
würzegelatine
Kultur feucht, dick, schmu-
tzig , grauweiss av.ssehend ;
riecht nach Alkohol.
Kultur weiss, dick aufliegend.
Wachsthum ziemlich gut.
Auf dem Impfstrich in die
Hohe dick wachsend, mehr als
anf saurem Boden. Rand fein
gekerbt Geruch: Alkohol.
Bei 2,5 °/0 Acidität kein
Verflüssigt nach 10 Tagen Pflaumengela-
tine . Kultur vorzüglich ; riecht nach Käse
und Leim.
Geruch nach Käse und verdorbenem Leim.
Breitet sich der Fläche nach aus , kein
Dicken wachsthurn , von trockenem, grau-
weissem Aussehen, kreisrund, in der Mitte
eine kleine Kuppe, die nach dem Rande
treppenförmig abfällt und dort durchschei-
nend grau aussieht. Mikroskopisch zeigt
die Kultur am Rande kurze, körnige Vor-
sprünge. Strichknlturen flächeuhaft, grau-
weiss und trocken aussehend.
Aensserst schlechtes Wachsthum , oft gar
nicht.
Wachsthurn gut.
Wächst flach, trocken, helles Grauweiss;
riecht nach altem Käse.
Kultur wächst in die Fläche, trocken, grau-
weiss.
Wachsthurn schlecht.
Ausbreitung ohne Dicke , fläohenhsft zu
beiden Seiten des Impfstrichs.
Erträgt höhere Säuregrade, als der S. cerev-,
Wachsthum mehr; bei 0,8 0/0 ! üppige Kultur bei 2 ®/0 Acidität Gäbrungs-
Gährungsmasimum.
maximuin bei 1 °/0 Acidität
Hefetrübe Biere.
103
Morphologisch zeigten sich ebenfalls prägnante Unterschiede der
beiden Hefearten unter dem Mikroskop, namentlich an Präparaten,
welche Kartolfelkulturen entnommen waren: die Zellen des Sacch.
cerevisiae. erscheinen gross, kugelig oder oval; im Innern 7 — 8
Körnchen, zum Theil in den Vakuolen lebhaft tanzend. Die Zellen
des Pastorianus sind kleiner, meist wurstförmig und enthalten ent-
weder nur 1 Körnchen im Innern einer Vakuole tanzend oder 2 — 3
an den Polen der Zelle sich gegenüberliegend. Die Färbung (beide
Arten färben sich nach Gram, am Besten mit konz. alkohol. Fuchsiu-
lösung und 1 % Essigsäure cux ; Tuberkelbacillenfärbung nehmen beide
nicht an) ergab keine Differenzen. Nur in der Hautbildung waren
noch Unterschiede vorhanden, indem in 4 Tagen auf Kulturen des
Pastorianus in mit H3 P04 angesäuerter Peptonbouillon eine
Haut erschien, auf den Kulturen der Cerevisiae während 3 wöchent-
licher Beobachtung jedoch nicht.
Mit den Reinkulturen der bisher beschriebenen Hefearten, welche
man aus Gemischen derselben stets wieder rein gewinnen konnte,
wurden bei einer Reihe von Mäusen, Meerschweinchen und Katzen
Infektionsversuche theils durch subkutane Einführung in eine Haut-
tasche, theils durch Fütterung gemacht, alle jedoch mit negativem
Resultate. Verf. ging deswegen zu Versuchen mit Gemischen von
beiden Arten über , erhielt aber ebenfalls eiu negatives Resultat
Jetzt versetzte Verf., nachdem er ebenfalls resultatlos eine Würze-
kultur des Saccharomyces Pastorianus getrunken, 21 Fla-
schen Eldenaer Bier mit je 2 ccm der Würzekulturen von Saccha-
romyces Pastorianus und 12 Flaschen mit ebensoviel Sac-
charomyces cerevisiae. Nur das mit der ersteren Hefe versetzte
Bier wurde sofort trübe, zeigte auf allen Flaschen schon am zweiten
Tage Anfang der Hautbildung, welche nach weiteren 2 Tagen voll-
ständig war; dagegen wurden die mit Saccharomyces cere-
visiae geimpften Flaschen sofort wieder klar, indem sich ein weisser
Bodensatz von Hefe absetzte, von welchem einzelne klare Gasbläschen
aufstiegen. Von diesem Biere tranken Schw. und zwei Freunde
jeder täglich zwei Flaschen, ohne eine nennenswerthe Reaktion zu
spüren. Auch im Geschmack unterschied sich das geimpfte Bier
nicht von dem ungeimpften Kontrollbier.
Diese Versuche ergaben vor der Hand also keine definitive Ant-
wort auf die Frage nach der Grundursache der Gesundheitsstörungen
nach Genuss hefetrüber Biere. Immer bleibt noch für die Ansicht
freies Feld, dass es nicht ein Hefepilz oder andere Organismen sind,
welche hier pathogen wirken, sondern dass es sich um Intoxika-
tion durch unvergohrene oder nur theilweise vergohrene Reste der
Maltose, resp. um nicht genügend invertirtes Amylum und dessen
Derivate handelt, wie sie neuerdiugs in den gerichtlichen Gutachten
der Chemiker bei Weinverfälschungsprozessen unter dem Namen
„Amylose“ eine grosse Rolle spielen, weil sie als unvergährbare
toxische Stoße dem aus Trauben- oder Kartoffelzucker hergestellteu
„Weine“ beigemischt sind und als Ursache der nach Genuss der-
artiger Weine auftretenden gastrischen Erscheinungen mit Bestimmt-
heit angegeben zu werden pflegen. H. Bern heim (Würzburg).
104
Brotgsiirung und verdorbenes Brot.
UtapdiT, Sur uo bacille anaerobie de la. fermentation
paun&ire. [aus dem Laboratorium von Chamber! and im In-
stitut Pasteur.j (Annales de i’Iustitut Pasteur. 1830. No. 10.
o. 67 1)
BroUeig aus verschiedenen Bäckereien wurde in sterilem Wasser
vertheilt und zu. Plattenkukuren in Petri’schen Schälchen verar-
beitet. Die Kulturen wurden unter eine Glasglocke über Lösung
von Pyrogallussäure und Kalilauge gestellt und ergaben nach 2 —
4 Tagen kleine Kolouieen eines sehr kurzen, ovalen Bacillus, meist
paarweise zusammenhängend. Derselbe wächst — obwohl zur Ver-
mehrung bei Luftabschluss befähigt — übrigens auch bei Zutritt
von Sßuerstoff und scheint hier nur schwieriger zu isoliren.
Der Bacillus bevorzugt saure Nährsubstrate, bildet au der Oberfläche
der Gelatine, welche er nicht verflüssigt, sehr zarte, weisse Ausbrei-
tungen; auf Kartoffeln sind seine Kulturen fast unsichtbar. In
Bouillon bildet er einen weisslichen Niederschlag. Die Wuchsformen
werden in älteren Kulturen länger und es bilden sich Ketten.
Sporen wurden nicht beobachtet. Bei 80° erfolgt in 10 Minuten
Tödtung.
Der beschriebene Bacillus bildet Milchsäure und Gase, welche
noch nicht aualysirt wurden. Bei Zumischung einer Bouillon-Rein-
kultur zu Brotieig zeigen sich alle gewöhnlichen Zeichen der Brot-
gährung und es resultirt ein leichtes, sehr poröses Brot von gutem
Geschmack. Verf. glaubt daher, dem von ihm isolirten Bacillus, der
sich im Sauerteig stets findet,, eine wichtige Rolle bei der Brotgäh-
rung zuschreiben zu sollen, ebne damit zu behaupten, dass nicht
auch andere Bakterien dabei betheiiigt sein können.
Büchner (München).
Boeser, P.3 Note sur un mode de ccntamination du p a i n
par !e Muco: stolonifer. (Äreh. de indd. et de pharm, raili-
taires. 1890. No. 6. p. 462.)
Im August 1889 zeigte die Krume des aus der Versailler Mili-
tärbäckerei stammenden Brotes häufig grosse, schwärzliche Flecken,
welche sich bei der mikroskopischen Untersuchung und durch Kultur-
versuche als Rasen des Mucor stolonifer erwiesen. Bas sur
Bereitung des Brotes verwendete Mehl gab bei der Aussaat aller-
dings auch Piizrasen von M. stolonifer, sie waren jedoch nicht
so zahlreich, als jene von Penicillium gl au cum. Es war nun
wichtig, das Verhalten der Sporen des Piizes unter dem Einflüsse
höherer Temperaturen und unter den bei der Broterzeugung gegebenen
Bedingungen kennen zu lernen. Zu diesem Behufe wurden die Sporen
auf sterilisirtes Brot ausgesät und £ Stunden iang Temperaturen
von 70°, 80° und 100° 0 ausgesetzt. Dasselbe geschah mit Brot«
Stückchen mit reichlicher spontaner Pilzvegetation, ferner mit Teig
mit eiugesäten Pilzsporen. Aus jenen Kulturen, welche bei 70° ge-
halten wurden, konnte der Pilz noch gezüchtet werden, alle übrigen
blieben steril. Ebensowenig gelang es, aus Brotlaiben Kulturen au
Verdorbenes Brot — - feieler Wasse/o&cillns.
105
gewinsen, in welche vor dem Backen .Pilzsporen oder Brotstückchen
mit üppiger Püzvegetation eingeschlossen worden waren. Man musste
daher annehmen, dass die Infektion des Brotes auf einem anderen
Wege, als durch den Pilsgehalt des Mehles geschehe. Als an einem
verpißten Brote auch an der Auasenseite und zwar an einer jener
durch Anstossen entstehenden rauhen rissigen Stellen ein Pilzwachs-
thum wahrgenommen wurde, konnte festgestellt werden, dass das
Eindringen des Pilzes von der Oberfläche aus erfolgt sei. Gleich-
zeitig köüat&tirte man das Vorhandensein einer Unzahl von Fliegen
tu dem Saale der Militärbäekerei , wohin das Brot aus den Back-
ofen zum Abkühlen gebracht wird. Die Fliegen scheinen in der
That die Verbreiter des Pilzes gewesen zu sein, welchen sie von den
zahlreichen Düngerhaufen der nächsten Umgebung auf das noch
wanne Brot verschleppten und in das sie häufig recht tief durch die
Oeffnaugen der Anstossstelien eindringen können. Aus den ver-
schiedenen Theilen der Düngerhaufen konnte der Pilz durch Kultur
immer erhalten werden. Kral (Prag),
Laurent, Etüde sur la variabilitd du baciile rouge de
Kiel. (Annales de l’Institut Pasteur. 1890. No. 8, p. 465.)
Schon A r i o i n g hatte durch Einwirkung von Sonnenlicht
Milzbrandbaeillen abgeschwächt. Durch das gleiche Agens gelang es
Yerf., den von Breunig zuerst beschriebenen Kieler Wasser-
bacillus seines Farbstoffs zu berauben, während die gleiche
Veränderung beim M. prodigiosus durch Belichtung zwar
möglich ist, aber nicht zu dauerndem, erblichem Verlust des Farb-
stoffs führt — durch 5-stündige Einwirkung des Lichtes werden die
Prodigiosus zellen schon getödtet Dagegen zeigte sich die Verän-
derung beim Kieler Wasserbacillus als eine konstante, durch Gene-
rationen hindurch andauernde.
Ueber die allgemeinen biologischen Verhältnisse des letzteren
macht Verf. eine Reibe von Angaben, deren Detail im Original elm-
gesehen werden wolle. Der Farbstoff ist wenig löslich in Benzin,
löslicher in Wasser und Alkohol , unlöslich in Chloroform , Schwefel-
kohlenstoff u, s. w. Geringe Säuremengen machen die rotke Farbe
lebhafter, während Alkalien dieselbe verschwinden lassen; bei Säure-
zusatz kehrt sie wieder zurück. Alle diese Eigenschaften zeigt auch
der Farbstoff des M. prodigiosus. Der Kieler Wbsserbacillus ge-
deiht vortrefflich in einer blossen Lösung von Mineralsalzen mit einem
AmmoniaksaSz [auch vom Ref. konstatirt].
Die Temperaturgrenze für das Gedeihen liegt zwischen 10 und
42°, das Optimum zwischen 30 und 35°. Oberhalb 36" leidet die
Färbung, kehrt aber bei geringeren Temperaturgradea wieder zurück.
Bei Luftabschluss kann Wachsthum erfolgen, aber ohne Farbstoff.
Saure Reaktion des Nährsubstrats verhindert die Entwickelung
(1 promille freie Weinsäure), während der Bacillus selbst bei seinem
Wachsthum eine nicht unbeträchtliche Säuremeuge (bei Anwesenheit
106
Kieler Wasserbacillus. — Geissein <ier Bakterien.
von Zucker) bildet, welche schliesslich seine weitere Vermehrung be-
hindert; schon vorher erlischt die Fähigkeit der Farbstoffbildung,
wahrend eine schwach saure Reaktion an und für sich die Färbung
lebhafter erscheinen lässt. Auch die Temperatur und die Einwirkung
der Kohlensäure bedingt gewisse Nuancirungen des Farbstoffs.
Gegen das Licht endlich zeigt sich der Bacillus sehr empfind-
lich. Kulturen, welche drei Stunden lang den senkrecht auffallenden
Sonnenstrahlen ausgesetzt wurden , gaben regelmässig ganz über-
wiegend farblose Kolonieen, welche bei fortgesetzter Kultur unter den
gleichen Bedingungeu wie vorher die Farbe nicht wiedergewannen.
Bei einstündiger Belichtung war der Effekt dagegen nur ein vorüber-
gehender; bei östündiger zeigten sich die Kulturen abgestorben.
Kontrollversuche mit Kulturen ! )i Luftausschluss oder in Wasserstoff
oder Kohlensäureatmosphäre ergaben, dass die verändernde Wirkung
der Sonnenstrahlen nur bei gleicnzeitiger Anwesenheit von Luft ein-
tritt. Wesentliche Unterschiede in der Wirksamkeit der einzelnen
Strahlen des leuchtenden Spektrums konnten übrigens nicht kon-
statirt werden.
Die durch Belichtung erhaltene farblose Rasse blieb bei 32maliger
Üebertragung auf Kartoffeln bis 25 — 35° farblos, während sie früher
unter diesen Bedingungeu stets eine violettrothe Färbung gezeigt
hatte. Ebenso blieb sie farblos bei Kultivirung in den verschieden-
artigsten Nährmedien , zeigte aber wieder Rothfärbung bei Ueber-
tragung auf Kartoffeln bei niederer Temperatur (10 — 25°).
Doch ist letztere Färbung keine konstante Eigenschaft , da sie bei
weiterer Kultur unter etwas höheren Teraperaturgraden wieder ver-
schwindet. Büchner (München).
Messea,AL, Con tribuzione allo Studio delie ciglia dei
batterii e proposta di una classificazione. [Bakterio-
logisches Laboratorium der Zoologischen Station zu Neapel.] (Rivista
d’Igiene e Sanitä Pubblica. Anno I. No. 14.)
Diese im Laboratorium des Ref. ausgeführte Arbeit wurde unter-
nommen, um die Loeffler’sche Methode der Färbung der Bakterien-
cilien nachzuprüfen. Die Angaben letzteren Forschers (dieses Cen-
tralbl. Bd. VII. No. 20) konnten bis ins Einzelne bestätigt werden, spe-
ziell was die als Zusatz zur Beizflüssigkeit (Tannin-Eisensulfat-Fuchsin)
nethwendige Menge Alkali resp. Säure anbetrifft. Von einigen von
Lo eff ler nicht beschriebenen Bakterien ist das interessanteste der
Proteus vulgaris. Dieser Bacillus ähnelt in gelungenen Präpa-
raten (2 Tropfen Säurezusatz auf 16 ccm Beize) einem Federbart,
so dicht gedrängt und zahlreich (60 — 100) stehen die Cilien. Die
4 — 8 seitlichen Geissein des B. Megaterium färben sich ebenso
gut bei Säure- als bei Akalizusatz (Petruschky macht keine An-
gaben über diesen Bacillus). Der Bacillus subtilis, der von
Cornil und Babes, Mac 6 u. a. nach einer älteren Angabe von
Koch mit einer Geissei an jedem Pole abgebildet wird , trägt nach
dem Verf. an jeder Längsseite statt dessen deren 4 — 5. Ein aus
Geiseln der Bakterien. — Ptomain®.
107
einem Typhusstuhl isolirter beweglicher Bacillus, der in Kultur ähn-
lich dem Typhusmikroben wächst , auch die Indolreaktion vermissen
lässt, unterscheidet sich von letzterem durch das Vorhandensein nur
einer Geissei (5 Tr. Alkali).
Rei unbeweglichen Bakterien gelingt es nie, Geissein sichtbar zu
machen, so auch nicht bei dem von manchen Autoren (Eisen berg)
fälschlich als beweglich bezeichneten Rotzbacillus.
Zur Anfertigung von Präparaten eignen sich besser auf festen
Nährböden gewachsene Bakterien ; bei denjenigen, weiche die Gelatine
verflüssigen, wählt man am besten Agar- oder Kartoffelkulturen.
Schliesslich schlägt Verf. folgende auf das Vorkommen und die
Vertheilung der Cilien gestützte systematische Klassifikation der Bak-
terien vor :
I. Gymnobacteria:
Mo n o trieb a.
Lophotricha.
Amphitricba.
Peritricha.
Die Monotricha haben eine Geisse! an dem einen Pole (z. B.
Bacillus pyoeyaneus). Die Lophotricha tragen ein Büschel
von Geissein an einem Pol (Baciilus der blauen Milch). Die Am-
phi t rieh a haben an jedem Pol eine Cilie (Spirillum volutans).
Die Peritricha sind rings von Geissein umgeben (Bacillus
Proteus vulgaris, Bacillus typhosus),
[Um gerechten Einwänden zu begegnen, erlaubt sich Ref, hier
folgende Bemerkungen. Die Klassifikation kann, wenn sie natürlich
sein soll, nur subsidiäre Bedeutung haben. Denn sonst müsste man
nabverwandte Bakterien, wie öenBaeillus anthracis und sub-
til is, den Fäces- und den Typhusbacillus in verschiedene Ord-
nungen unterbringen ; andererseits vereinigte die Familie der Mono-
tricha Angehörige aus allen drei natürlichen Gruppen, der Kokken,
Bacillen und Spirillen. Es dürfte unseren Ansichten von der na-
türlichen Verwandtschaft und Phylogenese der Bakterien mehr ent-
sprechen, wenn wir den Modus der Cilienbildung als sekundäres
Eiutheilungsprinzip verwertbeten. Z. B. Hesse sich die grosse
Masse der nicht sporenbildenden Bacillen nach obigem Schema ganz
gut klassitiziren. Ref.] W. Kruse (Neapel).
( 1.
I o
II. Trich obacteria: <
j
4.
Jaeqaemart, F., Les Ptomai'nes. Histoire et caract&res
chimiques. (Mdmoire couronn6 par la Socidtd royale des Scien-
ces mddicales et naturelles de Bruxelles. [Concours de chimie 1888
— 1889 ] — Journal de m6decine, de Chirurgie et de pharmacologie.
Bruxelles 1890. No. 18.)
Nach einer kurzen Einleitung, in welcher der Verf. unter an-
derem den Gegensatz zwischen den durch Mikroben bei der Zerstö-
rung des Gewebes gebildeten „Ptomainen“ und den von den lebenden
Zellen des thierischen Gewebes abgeschiedenen „Leukomaünen“ be-
spricht, wird eine gedrängte Uebereicht über die geschichtliche Ent-
108
Ptomaine.
Wickelung unserer Kenntnisse von den Ptomainen gegeben. Darauf
folgen die allgemeinen Eigenscbaften der Ptomaine. Es sind flüssige
oder feste, starke Basen, welche starke Säuren zu sättigen vermögen,
also keine Amide, wie Casali und Andere glaubten. Man hat zwei
Kategorien zu unterscheiden : flüssige, flüchtige mit eigenartigem Ge-
ruch ohne Sauerstoff und feste, nicht flüchtige, sauerstoffhaltige.
Die flüssigen Ptomaine besitzen einen durchdringenden und sehr
beständigen, widerlichen oder leichenhaften Geruch ; sie sind löslich
in Aether, z. Theii auch in Amylalkohol und Chloroform. Die festen
sind gewöhnlich krystallisirt, weiss, löslich in Wasser, unlöslich in
Alkohol, Benzin und Chloroform. Beide Gruppen sind unbeständig;
sie verbinden sieb mit Säuren, welche, im Ueberschuss zugesetzt, sie
zersetzen, indem sie sie zuerst roth färben und dann als braune,
harzartige Masse ausfällen. Als Chlorbydrate bilden sie mit Platin-
cblorid lösliche, mehr oder weniger krystallisirbare Salze. Durch
einen Ueberschuss von Platinchlorid werden sie ebenso wie durch
Licht zersetzt und durch eine grosse Anzahl von Reagentien, wie das
M ey e r ’sche, das Nes s 1 e r’sche, Jodjodkalium, Jodkalium, Wismuth-
jodür, phosphormolybdänsaures Natron werden sie ausgefällt. Queck-
silberchlorür fällt sie je nach der Konzentration bald aus, bald nicht
aus. Goldcblorid, Pikrinsäure, Tannin bilden entsprechende Verbin-
dungen; nur ein Körper, Phosphormolybdänsäure, wirkt ausnahmslos
auf alle Ptomaine ein. Die Farbenreaktionen waren früher, als man
die Ptomai'ne noch nicht rein darstellen konnte, wichtiger,, als jetzt,
unter den aufgezählten ist diejenige am wichtigsten, weiche die Pto-
maine wesentlich von vielen pflanzlichen Alkaloiden unterscheidet:
die Bildung von „P’reussisch Blau“ mit Blutlaugensalz, zu welcher
ein umfangreiches Citat aus einer Arbeit von Brouardei et Bout-
m y gegeben ist. Darauf werden eine Anzahl Alkaloide angeführt,
welche die gleiche Reaktion zeigen, wie die Ptomaine, so dass die
Unterscheidung durch dieses Reagens ohne praktischen Werth ist.
Ebensowenig seien die Methoden brauchbar, welche von Bettink
und von Dissel empfohlen seien. Dis Gegenwart von Ptomainen
kann die Reaktionen von pflanzlichen Alkaloiden in den Auszügen
der Eingeweide verdecken oder ungewiss machen.
Die meisten Chemiker, welche sich mit Ptomainen beschäftigt
haben, schlugen, um sie zu isoiircn, einen ähnlichen Weg ein, wie bei
der Isolirung der pflanzlichen Alkaloide, einige wendeten neue Me-
thoden an, von denen die von Gautier, Stas, Dragendorf
und B r i e g e r als die wichtigsten beschrieben werden ; die Me-
thoden von Gautier und Brieger sind nach der Ansicht des Verf.’s
die praktischsten und exaktesten und liefern die besten Resultate.
Hierauf folgt eine eingehende Beschreibung der einzelnen Ptc-
maine, welche in folgender Weise geordnet sind.
I. Sauerstofffreie Ptomaine.
Parvolin von der Formel C9Ii15N wurde 1881 von Gautier
und Ltard in den Produkten der bakteriellen Zersetzung der Ma-
krele und des Pferdefleisches entdeckt und aus den fauligen Sub-
stanzen durch Gautier’s Methode isoilrt. Eine ambrafarbige, öl-
Ptomain« .
109
artige Flüssigkeit, welche nach den Blüthen des Hagedornes riecht,
bei ca. 200° kocht und leicht löslich in Wasser, Alkohol, Aether und
Chloroform ist; an der Luft bräunt es sich und verharzt. Sein
Doppelsalz mit Platinchlorid ist wenig löslich, krystallisirt, fleisch-
farben, an der Luft rasch rosa werdend.
Hydrocollidin von der Formel C8H15N wurde 1881 von den
gleichen Forschern und in den gleichen Stoffen entdeckt, die häufigste
Base, welche sich bei der Fäulniss von Pferde- und Rindfleisch bildet.
Es ist eine fast farblose Flüssigkeit, etwas ölartig, durchdringend
nach Jasmin (Philadelphus) riechend, an der Luft sich bräunend
und unter Kohlensäureaufnahme klebrig werdend. Sein Doppelsalz
mit Platinchlorid ist blassgelb, leicht fleischfarben, krystallinisch,
wenig löslich ; es löst sich in der Hitze wieder auf und scheidet sich
in gekrümmten Nadeln ab. Es kocht bei ca 210°, ohne sich zu zer
setzen. Brie ge r hält dieses Hydrocollidin und ein von Cloaz
synthetisch dargestelltes Aethylendiamiu für identiseh, doch ist dieses
letztere in seinen Wirkungen auf Thiere ganz anders, als das sehr
giftige Hydrocollidin, welches schon in ? Milligramm starker Dosis
für einen Vogel tödtlich ist.
Beim Eindampfen der Mutterlauge des Hydrocollidins wurde
von Gautier undfitard noch eine Base von der Formel C17H38N4
erhalten.
Guareschi und M o s s o und später Oechsner deConinck
erhielten eine Base von der Formel Cl0HläN, welche ölig, stark al-
kalisch, von Pyridingeruch, wenig löslich in Wasser und leicht ver-
harzbar ist.
Collidin von der Formel CgHuN wurde 1876 von Nencki
bei Fäulniss der mit Pankreas versetzten Gelatine gefunden.
Gelbliche, leicht bewegliche Flüssigkeit von widerlichem Geruch,
schwer löslich in Wasser, leichter in Methyl- und Aethylalkohol und
in Aether.
Neuridinvon der Formel C5H14N2 wurde 1884 von B rieg er
in faulendem Fleisch entdeckt. Das Neuridin findet sich immer von
Cholin begleitet, nimmt aber mit der fortschreitenden Fäulniss zu,
während dieses abnimmt. Die Herstellung und Eigenschaften des
Neuridins werden nach Brieger citirt.
Kadaverin, ebenfalls von Brieger entdeckt, in unreinem
Zustande schon früher beschrieben, hat die Formel C5H16N2 und ist
aus menschlichen Leichen erhalten worden. Es ist eine dicke, trans-
parente, zwischen 120 und 150° kochende Flüssigkeit, welche unter
Aufnahme von Kohlensäure aus der Luft sich in Krystallc umwan-
delt und einen unangenehmen, dem Conicin ähnlichen Geruch besitzt.
Mit Schwefelsäure und Salzsäure gibt es schöne, in Aether und
absolutem Alkohol unlösliche, in Wasser, gewöhnlichem Alkohol
und Aether-Alkohol lösliche Krystalle. Das reine Kadaverin ist
nicht giftig.
P u t r e s c i u, mit dem vorigen von Brieger erbalteu, von der
Zusammensetzung Cj 4 als wasserhelle, leicht bewegliche Flüs-
sigkeit von einem Geruch der zugleich a*a Sperma und an Pyridin-
basen erinnert. Reines Putrescin ist nicht giftig.
IX. HA.
8
110
Ptomain«. — Kohlensäure n. Wasserfcakterien.
S a p r i n , ebenso wie voriges von Brieger entdeckt und dem
Kadaverin in der chemischen Zusammensetzung gleich, aber durch
einige Reaktionen von diesem unterschieden, besonders durch das
Verhalten des Doppelsalzes mit Platinchlorid. Es ist nicht giftig.
My da lein, von Brieger entdeckt in der Mutterlauge der
Platinsalze der vorigen, durch die ausserordentlich leichte Löslichkeit
seines Salzes mit Platinchlorid von jenen verschieden. Es ist sehr giftig.
II. Sauerstoffhaltige Ptomaine,
Dieselben sind, mit Ausnahme des Gadinins, f 3St : sie bilden den
Uebergang zwischen den Ptoroainen im engeren Sinne, d. h. den
Alkaloiden, welche bei den durch Bakterien herbeigeführten Zer-
setzungen auftreten, und den Leukomainen, den physiologischen Al-
kaloiden. Mau findet sie ebenso in normalen wie in faulenden Geweben.
„N6vrine put,r6fa ctive“, von der Formel C5Hj 2N(OH), ist
eine starke Base, in federn Verhältnis in Wasser löslich. Es wirkt
giftig, aber seine Wirkung ist für verschiedene Thiefe eine ungleiche.
Eine Menge, die hinreicht, eine Katze zu tödten, bleibt ohne Einfluss
auf ein Meerschweinchen. Das Gegenmittel ist Atropin, aber merk-
würdiger Weise ist es umgekehrt kein Gegenmittel gegen Atropin.
Cholin, von der Formel C5H5N02, ist dem vorigen ähnlich,
aber von jenem dadurch unterschieden, dass sein Chlorhydrat Tannin
nicht fällt, während das entsprechende Salz von Neurin Tannin fällt.
Auch ist seine toxische Wirkung zwar derjenigen des Neurins ähn-
lich. aber schwächer.
Muscarin, Cf(Hi5N03, wurde 1870 von Schmiedeberg und
Koppe aus dem Fliegenpilz erhalten, 1878 von Gautier
unter den Produkten der Fäulniss in faulendem Fischfleisch uaclige-
wieseB. Es bildet unregelmässige, leicht zerfliessliche Krystalle, ist
durch chemische Reaktionen und seine grosse Giftigkeit ausgezeichnet.
V30 °der V20 Milligramm genügt, um den Herzschlag eines Frosches
zu sistiren. Das Gegenmittel ist Atropin.
Gadinin, C7H1VN02, von Brieger entdeckt, aus der Mutter-
lauge des Chlorplatinsalzes des vorigen erhalten; es ist nicht giftig.
Schliesslich werden noch zwei Ptomaine von den Formeln
C7Hl3N2Os und C*H12N204 erwähnt, welche von Pouchet 1880
entdeckt wurden und giftig wirken.
In der Schlussbetrachtung wird darauf hingewiesen, dass der
thierische Körper fortwährend giftige Stoffe erzeugt, deren unvoll-
kommene Entfernung oder Zerstöruug durch den Sauerstoff des
Blutes die Ursache einer Selbstinfektion sei und dass eine ganze
Anzahl Krankheiten, die zum Theil aufgeführt werden, auf eine der-
artige Ursache zurückzuführen sei. Migula (Karlsruhe).
Scala e Sanfelice, Azione d e 1 1 ’ acido carbonico disciolto
nelle acque potabili su alcuni micr oorganismi pato-
g e n i. (Istituto d’igiene di Roma. — Bullettino della R. Accademia
Medica di Roma. Anno XVI. Fascic. VIII.)
Verff. legten sich zuerst die Frage vor, ob die im Trinkwasser
gewöhnlich in Lösung befindliche Kohlensäure auf pathogene Bak-
Kohlensäure u. W&sserbakterien. — Malaria.
111
terien schädlich wirkt. Zu dem Zwecke wurde das Wasser durch Cham-
berlandfilter filtrirt und dann zu je 200 — 300 ccm eine Bouillon-
kultur hinzugefügt. Durch Piattenkulturen wurde bis zum dritten
Tage konstatirt, ob eine Verminderung oder Vermehrung stattge-
funden hatte, und daraus auf die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit
der in Wasser gelösten Kohlensäure geschlossen. Es ergab sich auf
die Weise, dass die pathogenen Mikroorganismen (Cholera- und
Milzbrandbakterien, Staphy lococcus aureus und albus, Ty-
phus- und Kaninchenseptikämiebacillen) gegen das gewöhnliche Maass
von Kohlensäure bei der Temperatur von 15° unempfindlich waren.
[Streng genommen nur in der hier angewendeten sehr verdünnten
Nährlösung. Ref.J.
Wrurde das Wasser mittelst Durchleitung von Kohlensäure reich-
licher mit. diesem Gas gesättigt, so trat ein schädlicher Einfluss des
letzteren bei den Cholera- und Milzbrandbakterien hervor, während
die übrigen sich indifferent verhielten.
Die im Soda- und Selterwasser unter höherem Druck befindliche
Kohlensäure erwies sich schädlich gegenüber dem Bacillus sub-
tilis, nicht gegenüber dem Proteus vulgaris.
Die Sporen des Bac. subtilis und anthracis keimen, wenn
sie im kontinuirlichen Kohlensäurestrom gehalten werden, nicht aus.
W. Kruse (Neapel).
Celli e Marchiafava, II reperto del sangue nellefebbri
malariche invernali. (Bullettino delle R. Accad. Medic. di
Roma. Anno XVI. 1889 — 90. Fascicolo VI.)
Den klinischen Typen des Malariafiebers entsprechen verschiedene
Formen von Parasiten im Blut der Kranken. Der Terzana und
Quartana, die in Rom im Frühjahr vorwiegen, gehören die pig-
mentirten Plasmodien an, welche, wenn ihr Wachsthum beendigt ist,
fast das ganze rothe Blutkörperchen ausfüllen, „Sporen“ bilden
und als solche in andere Blutkörper eindringen, um denselben
Kreislauf von neuem durch zu machen. Die Quotidiana (des Sommers
und Herbstes), die klinisch eine Neigung zu irregulärem, sub-
kontinuirlichem Verlauf zeigt und manchmal perniciös auftritt, wird
durch die kleinen, amöboiden Formen gekennzeichnet, die kein oder
wenig Pigment bilden und nur einen Theil des Blutkörpers aus-
füllen, wenn sie zur Sporuiation übergehen. Neben den letzteren
finden sich namentlich, wenn die Infektion schon längere Zeit ge-
dauert hat, grössere pigmentirte Formen, deren Endstadien die
Halbmonde Laveran's vorstellen
Die Verff. haben im Laufe des W'inters 1889/90 öfters Gelegen-
heit gehabt, zu beobachten, dass entsprechend einer Veränderung
im Typus des Fiebers sich auch der Blutbefund bei einem und
demselben Kranken veränderte. In einem der citirteu Fälle dauerte
die Infektion fast ununterbrochen vom August bis zum März, der
Kranke verliess immer nur auf wenige Tage das Hospital. Die
Recidive entsprachen zuerst dem Typus der Quotidiana des Sommers,
später dem der doppelten Terzaua; der Blutbefund ging dem
.parallel. [Leider wurde die Blutuntersucliung hier nicht regel-
8*
112
Malaria.
massig durchgeführt, so dass nicht genau gesagt werden kann,
wann und in welcher Weise der Uebergang erfolgte. Allein der
klinische Vermerk Quotidiana oder Terzana doppia ist nicht ent-
scheidend, denn oft genug findet man bei einer scheinbaren Quoti-
diana eineu BlutbefuDd, der einer Terzana doppia entspricht. Ref.]
In einem andern Falle folgten nach dreimonatlichem Vorherrschen
des Quotidiantypus im Winter Fieber von der Form der doppelten
Terzana mit den entsprechenden Parasiten im Blute. Kaum aber
hatte Patient das Hospital als geheilt verlassen, so kehrte er auch
schon wieder zurück mit leichten täglichen Fiebererscheinungen.
Itn Blute fanden sich jetzt die kleinen amöboiden Formen und
Halbmonde. Nach 10 Tagen traten hierzu abermals die Parasiten
der Terzana, ohne dass Patient das Hospital verlassen hätte.
Nach weiteren 10 Tagen waren die letzteren nur noch allein ver-
treten, während das Fieber seinen leichten unregelmässigen Charakter
bewahrte.
Wie lassen sich diese Thatsachen deuten?
Entweder kann der Malariaparasit im Blute aus der einen in
die andere Form übergehen.
Oder es handelt sich um zwei verschiedene Genera (Grassi
und Feletti) oder verschiedene Spezies oder Varietäten von Para-
siten, die nach einander den Körper infiziren, oder zu derselben
Zeit in ihn eindringen, aber zum Theil latent bleiben.
Vor der endgültigen Lösung der Frage mittelst der Kultur
lassen sich für die eine oder andere Ansicht nur Wahrscheinlich-
keitsgründe angeben, denn auch die Ergebnisse der Versuche, in
denen Malariablut auf Gesunde mit Erfolg übertragen wurde, sind
einer verschiedenen Auslegung fähig. [Die bisherigen Resultate
derselben sprechen eher für die spezifische Identität der Formen
des Parasiten, als gegen dieselbe. Ref.]
Zu Gunsten der ersten Auffassung berufen sich die Verff.
einmal auf Gründe der Analogie, z. B. die vom Ref. (Virchow’s
Archiv CXX. Bd.) gefundenen Verhältnisse bei den Blutparasiten
des Frosches, ferner auf die Uebereinstimmung, die in Bezug auf
die jüngsten Stadien des Parasiten, seine Lebensweise, die Sporen-
bildung und gewisse andere Endphasen seiner Entwickelung un-
leugbar zwischen den Formen der Quotidiana und denen der Ter-
zana-Quartana besteht. Die wesentlichen Differenzen derselben
lassen sich nach den Verff-. durch die verschiedene Schnelligkeit
im Wachsthum der Parasiten erklären.
Am grössten ist die letztere bei einigen Formen von Perniciosa,
bei denen es gar nicht zur Bildung von Pigment kommt.
Schnell ist die Entwickelung auch noch, aber schon mit Bildung
von einigem Pigment verbunden, bei der Quotidiana des Sommers
und des Herbstes mit mehr oder weniger irregulärem, oft kontinuir-
lichem Verlauf und bei gewissen Formen von doppelter Terzana und
dreifacher Quartana. [? Ref]
Langsam geht die Entwickelung von Statten in der Terzana
und Quartana und ist hier mit reichlicher Pigmentbildung ver-
bunden.
Malaria
113
Diese Verschiedenheit in der Art des Wachsthums könnte
erstlich aus den variablen Bedingungen der Aussenwelt abgeleitet
werden, wie Temperatur und Feuchtigkeit. Daraus erklären sich
die Differenzen der Formen des Sommers und Herbstes von denen
des Winters und des Frühjahres, ferner die der geographischen
Zonen und Klimate. Zweitens spielen die Bedingungen eine Rolle,
die im Organismus selbst liegen, seien es erworbene oder ererbte.
L. Martin (Aerztliche Erfahrungen über die Malaria der Tropen-
länder. Berlin 1889) berichtet z. B., dass auf Sumatra neu ange-
kommene Europäer oder Chinesen an den schwersten Malariafiebern
erkranken, Malayen und Javanesen an Terzana und die Tamil ent-
weder gar nicht, oder an Quartana.
Welche Bedeutung die Halbmonde haben und in welcher Be-
ziehung sie zu den übrigen Formen stehen, lassen die Verff. vor-
läufig unbestimmt.
Andere Gründe für die Einheit der Malariaparasiten sind
klinischer Natur. Auch bei anderen Infektionen kennt man ver-
schiedene Formen, ohne doch an der Unität des Virus zu zweifeln.
Ferner werden die Fieber des Winters von allen Aerzten als Recidive
aufgefasst, während sie nach der dualistischen Theorie als nepe
Infektionen oder als lauge Zeit latent gebliebene angesehen werden
müssen. Nun ist aber die primäre Infektion nn Winter (in Rom)
eine Seltenheit. Ausserdem sind die Intervalle zwischen den Er-
krankungen im verschiedenen Typus häufig so kurz, dass man
nicht sagen kann, dass die vorhergehende vollständig geheilt war;
und oft ist eine so günstige Veränderung im Befinden des Kranken
in der Zwischenzeit eingetreten, dass man eher an eine Abschwächung
der alten Infektion durch den gekräftigten Körper, als an das Ein-
treten einer neuen glauben möchte.
Andererseits muss die lange Latenz eines andern Virus, die
nach der gegnerischen Theorie z. B. für den oben erzählten zweiten
Krankheitsfall anzunehmen wäre, unwahrscheinlich bleiben, da in
der ganzen Zwischenzeit trotz regelmässiger Beobachtung nie eine
von den so schwer zu übersehenden und persistenten Halbmond-
formen im Blute konstatirt werden konnte. W. Kruse (Neapel).
Antolisei, Enrico, Considerazioniintorno alla classifi-
cazione dei parassiti dellamalaria (La Riforma med.
1890. No. 99—103.)
Der leider zu früh dahingeschiedene Verf. hatte nicht mehr die
Genugthuung, seine im Vereine mit A. Augelini angestellten Un-
tersuchungen über die Malariaparasiten selbst veröffentlichen zu
können. Letzterer unterzog sich dieser anerkennenswerthen Aufgabe.
Verf. berichtet über die bisherigen Klassifikationsversuche bei den
Malariaparasiten, insbesondere über die Anschauungen von Mar-
chiafava und Celli, Me tsch nikoff, Council man, Celli
und Guarnieri u. A. mehr. Die halbmond- und sichelförmigen
Körper können nicht als Sporen angesehen werden, denn sie stellen
höhere Entwickelungsstufen der Amöbenform dar Sie besitzen weder
die Widerstandsfähigkeit noch die Membran von Sporen, sie werden
114
MaUna.
gleichzeitig neben der Amöbenform gefunden und die Halbmond-
formen zeigen immer Digestionsresidua. Dass die Sporozoen in Be-
ziehung zu den Malariaparasiten gebracht wurden, beruhte einzig
auf der Aehnlichkeit der Laveran’schen Halbmondformen mit den
sichelförmigen Körperchen der Sporozoen und auf einer irrthümlichen
Deutung der feineren Strukturverhältnisse der Halbmondformen. Es
gibt eben keine Berührungspunkte zwischen Sporozoen und Hämatozoen.
Bezüglich der Frage, ob es einen oder mehrere Malariaparasiteu
gäbe, kam Verf. bei seinen Untersuchungen zu den gleichen Ergeb-
nissen, wie Golgi: dass die Malariainfektion wirklich von drei ver-
schiedenen Parasiten erzeugt wird.
Die Hämatozoe der Quartana beginnt ihr Dasein als
Amöbe im rothen Blutkörperchen. Nach ihrer Pigmentirung sistirt
sie die Emission und Retraktion der Pseudopodien, es werden nur
noch langsame Deformationen des Konturs beobachtet. Mit der Zer-
störung des rothen Blutkörperchens ist auch die vegetative Phase
des Parasiten beendet und er tritt in die Reproduktioasphase ein.
Während der vegetativen Phase ist eine Strukturdifierenz im Proto-
plasma nicht wahrnehmbar, obzwar es sich in das Ektoplasma und
das Endoplasma scheidet, welche bei den amöboiden Formen durch
ihr verschiedenes Lichtbrechungsvermögen, bei den pigmentirten mit
der Färbungsraethode von Celli und Guarnieri zur Wahrnehmung
gelangen. Die Vermehrung geschieht endogen ohne Sporocysten und
durch Sporen, welche mit einer, im gefärbten und ungefärbten Zu-
stande gut sichtbaren Membran versehen sind. Aus den Sporen
treten wieder Amöben heraus , mit welchen eine neue Generation
beginnt.
Die Hämatozoe der Tertiana unterscheidet sich von der
vorangehenden dadurch, dass die Amöbe, auch wenn sie bereits pig-
mentirt ist, die Emission und Retraktion ihrer Pseudopodiea fort-
setzt. Man begegnet daher bei der Tertiana häufig sehr grossen pig-
mentirten Amöben, wie man sie bei keiner anderen Varietät der
Malariaparasiten findet. Die pigmentirten Formen der Tertiana
sind in rothen Blutkörperchen eingeschlossen, die immer grösser
sind, als die normalen und verschiedene Degenera tiooser schein ungen
zeigen. Ihre Pigmentgranula lassen eine sehr lebhafte Bewegung
sehen. Wenn das Blutkörperchen ganz zerstört ist, kann man sie
häufig Geissein von ihrer Peripherie aussenden sehen. Die Sporu-
lation findet auch hier endogen statt, und zwar sind die Sporen kleiner,
als bei dem Quartanaparasiten und häufig iu Doppelreihen um die
Pigmentmasse gelagert.
Die sichelförmige Hämatozoe bietet ein sehr wechseln-
des Bild ihrer morphologischen und biologischen Eigenschaften dar,
je nach der Intensität der Infektion und der Jahreszeit, in welcher
letztere geschah. Der Parasit lebt und vermehrt sich vornehmlich
in den inneren Organen iMilz, Leber, Gehirn, Knochenmark) und sein
amöboides Stadium bildet ausnahmsweise ein wichtiges diagnostisches
Hülfsmittel, da häufig Zweife’ über den Charakter der durch diesen
Parasiten erzeugten Infektionskrankheit bestehen können. Iu einer
im Sommer häufig auftreteuden Fiebergruppe, bei welcher die Biut-
Malaria.
115
Untersuchung eine enorme Anzahl beweglicher Amöben mach weist,
sind die pigmentirten Formen nur schwach vertreten und bestehen
aus einer rundlichen, weisslichen Frotoplasmamasse , in welcher das
Pigment zu einem Blöckchen kontrahirt uad central gelagert ist.
Dieser Befund ändert sich nicht die nächsten 2 — 3 Tage, auch nicht
bei letalem Ausgange. Bei der Untersuchung der Organe wird man
aber viele in Sporenbildung begriffene Formen finden. Wenn die
Erkrankten der Infektion nicht erliegen, so lässt sich nach mehreren
Tagen im circulirenden Blute immer das Vorhandensein sichelför-
miger oder auch halbmondförmiger Elemente nachweisen. Bei anderen
klinisch wenig verschiedenen Fällen tritt im Blute sofort eine grosse
Zahl Amöben und pigmentirter Formen gleichzeitig auf und bei
langsam vorwärtsschreitender Infektion auch die Laveran’sche
Halbmondform. Wenn sich die pigmentirten Formen zur halbmond-
förmigen Gestalt entwickeln, dann sind die ovoiden und rundlichen
Formen mit peripheren Körperchen und Geisselformen leicht auf-
findbar. Die Chininbehandlung bewirkt eine sehr starke Vermehrung
der Geisselformen.
Die sichelförmige Hämatozoe beginnt ihren Lebenslauf ebenfalls
als Amöbe, die aus ihr entstehenden pigmentirten Formen können
in ihrer Gestalt variiren, bald eine rundliche Form mit einem ein-
zigen Pigmentblöckchen, bald eine Spindelform mit zugespitzten Enden
und mit längsvertheiltem Pigment, bald die Halbraondform an-
nehmeD. ln jedem dieser Fälle ist die Sporulation jener der
Quartana ähnlich.
Um die Frage über den spezifischen Parasiten und sein Ver-
mögen, einen bestimmten Fiebertypus auszulösen, möglichst klar zu
stellen, wurden Uebertragungen auf den Menschen vorgenommeri.
Die ersten Versuche, bei welchen Malariabiut von einem Kranken
verimpft wurde, der schon früher au Fieber verschiedener Typen ge-
litten hatte, gaben Resultate, welche eher gegen die Muitiplizität
der Malariaparasiten sprachen. Erst bei der Verimpfung des Blutes
solcher Kranken, welche immer nur von primärer Malariainfektion
befallen waren, gelang es, denselben Typus zu erzeugen. Mit, pri-
märer Tertiana wurde wieder Tertiana, mit dem ausgesäten spezi-
fischen Parasiten wieder derselbe identische Parasit hervorgebracht,
ebenso wurde mit Quartana und den Halbmondformen wieder Quartana
bezw. unregelmässiges Fieber mit den spezifischen Varietäten er-
halten. Die Impfungen mit „Reinkulturen“ gewährten demnach ein-
deutige Resultate.
Ist der Kranke von mehreren Varietäten der Malariaparasiten
infizirt werden, so kann Heilung des Fiebers nach der einen Varie-
tät eintreten und das Individuum, trotzdem eine weitere Infektion
ausgeschlossen bleibt , nach einer gewissen Zeit an einer anderen
Varietät neuerdings erkranken. Die späten Recidive könne man
daher mit giosserer Berechtigung auf einen Latenzzustand der wider-
standsfähigen Sporen zurückführen, als auf das Vorhandensein wenig
wahrscheinlicher Dauerzustände.
Nach eingehender kritischer Vergleichung der biologischen Cha-
raktere der Varietäten der Malariaparasiten mit jenen der von
116
Malaria. — Perforirendes Geschwür in dar Nasen scheide* and.
L a n k e s t e r aufgestellten Klasseu , Arten uud Familien schliesst
Verf.: Die Parasiten der Malaria sind Protozoen, welche zur Ord-
nung Gytunomyxa gehören und die Klasse Proteorayxa bilden,
jene Klasse, von welcher die höheren Protozoen abstammen.
Kral (Prag).
Coronado, E. V., El microbio de la malaria ym evolu-
cion en la sangre de losintoxicados. (Crönica müdico-
quiicrgiürca de la Habana. 1890. Juni.)
Nach einer Einleitung über die Morphologie des normalen Blutes
geht Verf. zur Beschreibung der Untersuchungen über, die er an 7 1 Cuba-
nern von verschiedener Rasse, Alter uud Geschlecht angestellt hat, um sich
von der Richtigkeit der Angaben La v er an’ s auch für die Malaria der
Insel Cuba zu überzeugen. Ausser dem der Oberfläche entnommenen
Blute untersuchte er auch in 7 Fällen Proben aus dem Gewebe der
Milz. In ersterem fand er: bewegliche Körperchen 67mal, kugel-
förmige Körperchen Laveran’s 36mal, halbmondförmige Körper-
chen desselben 29mal, eine oder mehrere Geissei führende Kugeln
llmal; im Milzblut fand er seine beweglichen Körperchen in allen
7 Fällen, die Kugeln Laveran’s in 7 Fällen und die Halbmonde
in 5 Fällen; mit Geissein behaftete Körperchen fand er im Milzblute
nicht.
Aus seinen zahlreichen Blutuntersuchungen (Mikroskop von L e i t z,
Wetzlar) zieht Coronado den Schluss, dass das Vorkommen des
Lave r an’schen Parasiten im Blute der W'echselfieberkranken von
Cuba eine unbestreitbare Thatsache ist, dass aber die verschiedenen
Formen nicht besonderen Typen angehören, sondern nur Entwicke-
lungsphasen ein und desselben Microbiums sind, als deren Keime
er seine „beweglichen Körperchen“ (0,1 ju — 1,0 fi) ansieht, während
die Geissein (Spirillen) die vollendete Form darstellen.
Auf 4 lithographirten Tafeln finden sich die beobachteten und
in der verdienstvollen Arbeit beschriebenen Formen zur Anschauung
gebracht. Sentinon (Barcelona).
Hajek,3L, Das perforirende Geschwür der Nasen sc heide-
wand. Eine anatomisch-klinische Studie. (Aus dem
Laboratorium des Prof. Weichselbaum in Wien. — Virchow’s
Archiv. Bd. CXX. p. 497.)
Von den Untersuchungen können hier nur jene Erwähnung finden,
weiche das ätiologische Moment des perforirenden Geschwürs in dem
knorpeligen Theile der Nasenscheidewand berühren.
Nach den bisherigen direkten Untersuchungen hat dieser Er-
krankungsprozess mit Lues, Tuberculose und Diphtherie nichts zu
thun.
In den oberflächlichen Schichten der Pseudomembranen fand
Verf. mikroskopisch bedeutende Kokkenansammlungen, dazwischen nur
spärliche Bacillen von nicht konstanter Form. Bacillen , die Verf.
zuweilen ebenfalls in grösserer Menge fand, schreibt er nur die Rolle
einer sekundären Invasion zu.
Psrforirendes Geschwür in der Nasenscheidewand. — Koryza.
117
Niemals fand Verf. Bakterien im gesunden Gewebe.
Die Nekrose der Schleimhaut führt Verf. mit grösster Wahr-
scheinlichkeit auf die Einwirkung der Kokken zurück, weiche allem
Anscheine nach dem Streptococcus pyogenes aureus und
dem Streptococcus pyogenes entsprechen, welch letztere Arten
er aus solchen Geschwüren beim Lebenden züchten konnte.
D i 1 1 r i c. h (Prag).
Pasquale, AI., Ulteriori ricerche sugli streptococchi
delle m ucose a contributo dell’ etiologia della corizza.
[Aus dem bakteriologischen Laboratorium der zoologischen Station
zu Neapel.) (Giornale internazionale delle Scienze Mediche. Anno XII.
1890.)
In seinem Bericht über die zur Zeit der letzten Infiuenzaepi-
deraie ausgeführten Studien (dieses Centralbl. Bd. VII. No. 21) hatte
lief, eine Gruppe von Mikroorganismen, die fast konstant in dern
System der Influenzakranken vertreten war , als Schleimhaut-
streptokokken zusammengefasst. In dieselbe gehört auch der
Diplococcus pneumoniae Frankel- Weichselbaum, von
dem sich die übrigen durch gewisse morphologische Eigenschaften und
durch das Thierexperiment unterscheiden lassen. Die gemeinsamen
Charaktere sind : Wachsthum in Ketten oder als Diplokokken, Resistenz
gegen die Gram’ sehe Lösung, Neigung zu Kapselbildung, Aehnlich-
keit der Kolonieen in Agar und Bouillon, fehlende Entwickelung in
Gelatine bei 20", geringe Lebensfähigkeit der Kulturen. Schon in
dem obigen Bericht konnte mitgetheilt werden, dass der Befund dieser
Streptokokken für Influenza nicht charakteristisch ist. Ausgedehnte
weitere Untersuchungen haben uns jetzt gelehrt, dass dieselben im
Auswurf von Kranken aller Art einen konstanten Befund ausmachen
(S. Pansini, Virchow’s Archiv. Bd. 122).
Wie sich das katarrhalische Sekret der Nasenschleimbaut ver-
hält, dem Studium dieser Frage ist der Verf. auf Vorschlag des
Bef. näher getreten Obwohl erst 5 Fälle von Koryza genauer studirt
wurden (die Untersuchung musste äusserer Umstände wegen abge-
brochen werden), ist, das Ergebniss doch der Veröffentlichung werth.
Es fand sich konstant ein Streptococcus, der zu der obigen
Gruppe gestellt werden muss. Im Sekret erschien er als ein meist
mit Kapsel versehener kleiner Dipl ococ'cus , der nach der
Gram 'sehen Methode sich färben Hess, der nicht in Gelatine
bei 21°, schwach in Bouillon wuchs und auf Agar kleine Kolonieen
bildete, welche sich durch ausserordentliche Transparenz von denen
des Pneumococcus unterschieden. In 5 Tagen waren die
Kulturen abgestorben. Dieser Streptococcus, Verf. nennt ihn
Khinostreptococeus, war für das Kaninchen. Dicht für das Meer-
schweinchen pathogen, doch nahm die Virulenz sowohl in Kulturen
als im Sekret selbst ab. Subkutane Einspritzung von 1 ccm einer sehr
virulenten Bouillonkultur erzeugte eine ausgedehnte Gangrän der
Haut. Die mikroskopisch nachweisbaren Kokken waren im darunter-
liegenden Eiter am 4 Tage, wie die Kultur zeigte, schon abgestorben.
US
Koryza. — Dipteren bei Mussaualieber. — Alopecia.
auch andere Bakterien nicht vorhanden. Abgeschwächte Kulturen
bewirkten nur kleine Abscesse.
Während in den meisten (nicht ganz frischen) Fällen von Katarrh
die Kokken mit andern Mikroorganismen vermischt waren, zeigte
das Sekret eines akuten Katarrhs am 1. Tage der Erkrankung eine
Reinkultur von schönen Kapseldiplokokken , am 2. Tage waren die-
selben schon weniger zahlreich, am 3. Tage mit andern Bakterien
untermischt und später nur noch vereinzelt zu finden. Der mikro-
skopischen Beobachtung entsprach das Ergebniss der Piattenkultur.
lieber die ätiologische Bedeutung seines Rhino Streptococcus
für die untersuchten Fälle von Koryza spricht sich Verf, vor-
sichtig aus.
[Wie sich die Streptokokken der Schleimhäute zu einander ver-
halten, ob einige von ihnen oder alle auf experimentellem Wege etwa
auf eine Grundform zurückgeführt werden können , darüber sind
weitere Untersuchungen im hiesigen Laboratorium im Gange. Bis
dadurch ein positiver Beweis für die Variabilität erbracht ist, ist
uns mit dem Worte Varietät wenig geholfen. Ref.]
W. Kruse (Neapel).
Pasquale, Sulla presenza di larve di ditteri nell’ in-
testino di alcuni febbri citan ti di Massaua. (Gior-
nale internazion. delle scienze mediche. Anno XII. 1890.)
Nach der Besprechung der bereits recht ausgedehnten Litteratur
über das Vorkommen von Dipterenlarveu im Verdauungskanal des
Menschen berichtet Verf. über vier neue Fälle, bei denen er in den
frischen Fäces Fliegenlarven nachweisen konnte. Es handelte sich
um fieberkranke Soldaten in der italienischen Kolonie Massaua. Für
den ersten Fall, wo die Maden in grosser Menge und zu wieder-
holten Malen entleert wurden, macht es Verf. wahrscheinlich, dass
das Fieber ebenso wie starke Schmerzen direkt auf die Existenz der
Thiere im Darm zurückzuführen waren. Welchen Spezies — es
müssen zwei gewesen sein — die Larven angehörten, war Verf. nicht
im Stande zu bestimmen, da die Züchtung nicht gelang. Dagegen
konnte er dieselben auch ausserhalb, z. B. auf verdorbenen Kartoffelu,
nachweisen. Die bekannten Anthelmintica bewährten sich auch bei
der Austreibung der Maden. W. Kruse (Neapel).
Vaillard et Vincent, Sur une pseudopelade de nature
microbienne. (Annales de Tlnstitut Pasteur. 1890. No. 7.
p. 446.)
Die Verff. haben 44 Fälle einer Favus-äbnlichen eigentüm-
lichen Alopecie beobachtet und bei allen den nämlichen spezifischen
Mikroben aufgefunden, der sich leicht zur Demonstration und Kultur,
ja sogar zur erfolgreichen Uebertragung auf Thiere eignet und auch
hier Haarausfall verursacht.
Die Erkrankung tritt theils in Form von grösseren haarlosen
Stellen, theils disseminirt auf; die Haut behält meist ihre normale
Farbe; eine Neigung zum 'Weiterschreiten existirt nicht, wohl aber
Ansteckungsfähigkeit von Person zu Person, auch zu epidemischer
Alopeci». — Arthritis blennorrhoic». — Psnophthtlmi«.
119
Ausbreitung, z. B. innerhalb eines Regiments. Der Verlauf ist gün-
stig; nach 2 — 4 Monaten erfolgt meist vollkommene Heilung.
Bei Untersuchung ausgezogener Haarschäfte und Färbung nach
Gram finden sieb an deren Peripherie regelmässig Mikrokokken,
zu zwei oder in Haufen. Noch sicherer ist der Nachweis im Schnitt
bei Färbung mit Eosin und Pikrokarmin nach Orth, dann Gentiana-
violett nach Gram. Die Follikel erscheinen meist leer oder ent-
halten nur noch Reste von Haaren; alle enthalten aber beträchtliche
Mengen lebhaft gefärbter Mikrokokken.
Durch Abstreifen der unteren Schnittfläche exzidirter Haut-
stücke und Uebertragung auf Agar lassen sich Kuituren erhalten.
Den gleichen Zweck erzielt man durch Aussaat von etwas Blut aus
der erkrankten Partie. In 24 Stunden bilden sich runde , weisse,
glänzende Kolonieen, bestehend aus einem Micrococcus von 1 p Durch-
messer, weicher die Gelatine verflüssigt und auf Kartoffeln schlecht
gedeiht. Bei Mäusen, subkutan injizirt, zeigt sich derselbe pathogeu
und vermehrt sich in allen Organen , während Meerschweinchen bei
dieser Infektionsart kaum reagiren. Bei kutaner Anwendung dagegen,
Einreiben auf die von Haaren befreite Hautfläche (Verletzung der-
selben ist nicht nöthigj erzielt man eine Alopecie, ähnlich derjenigen
des Menschen. Dieses Resultat wurde bei 25 Kaninchen und Meer-
schweinchen erhalten. Am 2. Tag erscheint die Haut schwach ge-
röthet, am 8. Tag werden die Haare mürb und lassen sich leicht
ausziehen, später fallen sie von selbst aus; die Haut ist dann an-
fangs noch roth, später wird sie weiss. Nach 4 Wochen etwa er-
folgt Wiederersatz der Haare. Büchner (Münehen).
Deutädmiann , B., Arthritis blennorrhoica. (Archiv für
Ophthalmologie. Band XXXVI. 18Ö0. Seite 109.)
D. bekam ein 3 Wochen altes Kind mit Blenuorrhoea neona-
torum zur Behandlung, welches seit wenigen Tagen auch eine
starke Röthung und Schwellung des linken Kniegelenkes zeigte.
Im Bindebautsekrete und in dem durch Punktion gewonnenen
eiterigen Exsudate des Kniegelenkes wurden Gonokokken, in erstcrem
in grosser, in letzterem in massiger Menge naebgewiesen.
Yerf. ist der Ansicht, dass die Gonokokken von der Binde-
haut aus durch die Blut- und Lymp’nbahnen verschleppt wurden.
Dittrieb (Prag).
Poplawska, S., Zur Aetiologie der Panophthalmie nach
Verletzung durch Fremdkörper. (Fortschr. d. Med.
1890. No. 13.)
Prof. Ha ab in Zürich hatte in 2 Fällen von Panophthalmie
in dem Bulbus im Glaskörperexsudat einmal Baciilen, das andere
Mai Kokken gefunden. (Die Fälle sind beschrieben in der Inaug.-
Diss. von II. Weidmann: „Ueber die Verletzungen des Auges
durch Fremdkörper. Zürich 1888.) P. unterwarf 12 weitere von
Ha ab wegen Fremdkörperverletzung und folgender Panophthalmie
enukleirte Augen der mikroskopischen Untersuchung. Er legte
durch die Bulbi, die sofort nach der Enukleation in absoluten Al-
m
Panophthalmie. — Thierische Parasiten im Vogelblutd.
kohol gelegt worden waren, nach Eiubettung in Celloidin Schnitt-
serien an, die nach Graui, Loeffler und Weigert gefärbt
wurden. In 2 Bulbi, die sofort nach der Operation hatbirt worden
waren und in Folge dessen keinen Glaskörper mehr enthielten,
fanden sich keine Mikroorganismen. In den übrigen gelang es P.,
im Glaskörper, und zwar am meisten dicht in der Umgebung des
in denselben eingedrungenen Fremdkörpers, Bacillen zu finden, ver-
einzelt oder in Nestern und Haufen, die, wie P. mit Sicherheit be-
haupten zu können meint, sämmtlich und in allen Fällen nur einer
Art angehöreD. Meist lagen sie frei im Exsudat, in zwei Fällen
auch in weissen Blutkörperchen eingeschlossen. „Die Bacillen zeigen
alle Stadien der Entwickelung: Anordnung in lange Fäden, Auf-
treten von helleren ovalen Steilen im Inneren von einzelnen Indivi-
duen (Sporen?). Bildung von dunkleren runden Körnern innerhalb
der Bacillen oder Zerfall in viereckige kurze Stücke“. Kulturver-
suche konuteu nicht gemacht werden, da ja die Buibi schon ge-
härtet in P.’s Hände kamen. Trotzdem beansprucht P. für diese
Bacillen die Rolle der Eitererreger und sieht sie „in jedem einzelnen
Falle als spezifische Ursache der auftretenden Panophthalmie,,
an, eine Anschauung, die -ebenso kühn als überraschend ist. Dass
P. „eine Klassifikation der gefundenen Bacillen und eine Einrei-
hung in das Spaltpilzsystem vorläufig für ganz zwecklos“ hält, ist
nur anzuerkennen. Aus seiner Beschreibung ist ebensowenig ein
sicheres Bild von den Eigenschaften des Mikroorganismus als die
Ueberzeugung zu gewinnen, dass es sich dabei in der Tbat nur um
einen einzigen spezifischen handelt, wie Verf. meint. — Uebrigens be-
hält sich P. weitere Mittheilungen vor. M. Kirchner (Hannover).
Tlanliewsky, B., La parasitologi e compar6e du sang.
I. Nouvelies recherehes sur les parasites du sang
des oiseaux. 8°. 93 p. Avec trois planches. Charkow 18891).
In dem vorliegenden Werke gibt Verf. eine systematische Dar-
stellung der an seine früheren Publikationen (s. a. Ref. i. d. Cen-
tralbi. Bd. I. p. 352) anknüpfenden Untersuchungen über die Para-
siten des Vogelblutes unter kritischer Sichtung der einschlägigen
üntersuchungsergebnisse anderer Autoren. Wir müssen uns bei der
Fülle des dargebotenen Materiales auf die kurze Mittheilung einiger
morphologischer Merkmale der aufgestellten Arten beschränken und
bezüglich weiterer Details, sowie bezüglich der Biologie und der
Klassifikation auf das Original verweisen.
Die Hämatozoen konnten nur im Blute der Insessores, und zwar
insbesondere der Raptatores und Passerinae, nie aber bei den Äuto-
phagae nachgewiesen werdeu. Zur Untersuchung dienten meist frisch
gefangene oder angeschossene Exemplare, von weichen (300) hlos
4—5 in Folge von Blutparasitismus zu Grunde gingen. Letzterer
manifestirt sich durch ausserorde etliche Vermehrung der Hämatozoen,
Anschwellung von Milz und Leber und durch eine sehr reichliche
Ablagerung von schwarzem Pigment in diesen Organen.
I) Leider verspätet eiiigegjaDgei! ! Bed,
Tbieriscbe Psrasiteu im Vogelblnte.
121
Die Hämatözoen des Vogeiblutes umfassen folgende Gruppen:
1) Pseudovermiculi sanguiuis. Tu diese Gruppe gehört
ein fertig geformter und mit freier Eigenbewegung versehener Ver-
miculus, der am häufigsten im Blute des Würgers und der Nacht-
eule augetroffen wird. Seine Länge ist selten unter 10 fx, häufig be-
trägt sie noch etwas mehr als die des Blutkörperchens. Der Yermi-
culus ist mit einem central situirten Kern versehen und lässt nur
einen einzigen Kontur wahruehinen. Freie Pseudovermiculi werden
im Vergleiche zu anderen Hämatozoen selten gefunden. Eine andere,
dieser sehr ähnliche, Art kommt im Blute der Racke, des Würgers
und der Nachteule vor. Diese Hämatozoe bildet ein farbloses, durch-
sichtiges, sphärisches Protoplasmakörperchen von 7 — 9 /<, da3 von
einer zarten Membran umgeben ist und manchmal schwarzbräunliche
Körnchen enthält. Bei fortschreitendem Wachsthum bewirkt es Zer-
störung des Blutkörperchens und verwandelt sich schliesslich in einen
15 — 17 fx langen, beweglichen Verraiculus.
2) Pseudo vacu oi ae oder Cytozoa. Die Parasiten dieser
Gruppe entwickeln sich im Innern der Hämocyten. Es sind farblose,
verschieden gestaltete Gebilde, welche erst durch Tinktion oder auf
mikrochemischem Wege als protoplasmatische Körperchen erkannt,
sonst aber leicht mit den wahren Vakuolen verwechselt werden können
Häufig bedingen sie keine Lage- und Form Veränderung des Kernes
und Kouturs des rothen Blutkörperchens. Ihre Grösse schwankt
zwischen 2—4 und der Grösse der Liämocyten. Sie werden auch
in den Mikrocyten gefunden. Die Leukoeytozoen von sphärischer
oder ovaler Gestalt und der l1/* fachen Lauge der Hämocyten sind
am häufigsten in den Leukocyten der Eulen vorhanden. Eine andere
Form der Pseudovacuolae zeigt bei Abkühlung im Innern eine heftige
Bewegung der Granula, worauf die Pseudovacuole platzt und eine
Anzahl spirillenförmiger Körperchen frei werden lässt, die sich mit
grosser Schnelligkeit nach allen Seiten hin zerstreuen.
3) Polimitus sanguinis avium, eine sphärische, mit
Geissein versehene Hämatozoe. Ebenfalls am häufigsten bei Elstern,
Eulen und Würgern. Der Parasit erscheint unter der Form eines
wahren „Blutinfusoriums“ uud ist morphologisch und biologisch dem
Laveran’scheD Malariaparasiten sehr ähnlich. Er entwickelt sich
in den rothen Blutkörperchen vorerst als Pseudovakuole, die allmäh-
lich grösser wird uud eine spärliche Form annimmt. Ihre Substanz
ist. farblos und durchsichtig und enthält schwarze Granula. Bald
kann mau im Hämocyten eine intracelluläre Bewegung wahrnehmen,
nach \ — 1 Minute platzt derselbe und lässt ein sphärisches Cytozoon
austreteD, das mit 4—6, seltener 8 — 10 Geissein versehen ist und
eine starke Eigenbewegung besitzt. Die Grösse des Parasiten ist
bei der gleichen Vogelart konstant und variirt bei den verschiedenen
Arten von 6— IG Der freie Polimitus ist eine seltene Form, im
Kreislauf findet er sich nur intracellulär als Pseudo vakuole. Die
Geissein können eine Länge von 20 — 30 /.i erreichen , sind bei dem-
selben Iudividuum von verschiedener Länge uud jede von ihnen be-
sitzt ihre von den anderen unabhängige Eigen bewegung. Häufig ge-
Thierische Parasiten im Vogeiblate.
123
langt eine Theilung des freien Politnitus in zwei sphärische Körper
zur Beobachtung. Unter eigentümlichen stürmischen Bewegungen
der intracellulären Granula im Mutterleibe findet schliesslich die
Abtrennung der neugebildeten Hemisphäre statt. Die verschiedenen
Formen von Polimitus können durch das Vorhandensein der
schwarzen Körnchen und durch die Anzahl, Länge und Form ihrer
Geisselndifferenzirt werden.
4) Pseudospirilla. Die sehr beweglichen Spirillenformen
des Vogelblutes kann man in zwei Gruppen eintheilen ; in die feineren,
längeren und weniger beweglichen Formen, welche immer gleichzeitig
mit Polimitus auftreten und nichts anderes sind, als dessen abge-
trennte Geissein ; dann in diesen ähnliche Organismen mit mehr ab-
geflachtem Körper. Im Kreislauf findet eine Abtrennung der Geis-
sein nur selten statt, im extravascuiären Blute scheint es jedoch ein
normaler Vorgang mechanischer Natur zu sein, welcher bereits rach
10— 20 Minuten nach der Blutentnahme beobachtet werden kann.
Die vom Polimitus abgetrennten Fäden behalten vollständig ihre
Beweglichkeit uDd ihre morphologischen Eigenschaften bei. Die ty-
pische Form des Pseudo s pirillum ist fadenförmig cylindrisch,
.gewellt und von gleichmässiger Dicke, der grösste Durchmesser nicht
über 1—1,6 fi. Vermehrung, sowie Involutionsformen kamen nicht
zur Beobachtung.
5) Trypanosom a san guini s avium, zu welcher Gruppe
auch die Jugendformen der Trypanomonades gehören. Dieser
Parasit unterscheidet sich durch seine typische Organisirung wesent-
lich vcn den vorangehenden. Der protoplasrnatische Körper hat eine
cylindrische, sichelförmige Gestalt, erscheint grau, halbdurchsichtig,
vollständig homogen. Das vordere Ende verjüngt sich fast zur Spitze,
während das andere in eine, mehr oder weniger lange, undulirende
Geissei ausläuft, deren Durchmesser gegen das Ende hin immer
kleiner wird. Die Geisse! steht in unmittelbarer Verbindung mit der
undulirenden Membran, beide unterliegen gemeinschaftlicher Bewegung.
Die Membran stellt sich als farbloser hyaliner Rand dar. Der Kern wird
von einem rundlichen Körperchen gebildet, welches grau, homogen,
von einer helleren Randzone umgeben und meist central gestellt ist.
Nach der Grösse könnte man Trypanosoma majus und minus,
erstere von 65—60 ft, letztere von 18—22 fi Durchmesser, annehmen. Die
Bewegung ist spirillenförmig , mit der Geissei nach vorne gerichtet.
Im Vogelblute wurde nur eine einzige Form des Parasiten gefunden,
welche mit der sichelförmigen Trypanosoma der Fische identisch
zu sein scheint. Der Parasit ist bei den Vögeln am häufigsten im
Knochenmark vorhanden , wo er sich mit Vorliebe entsvickelt und
vermehrt. Unter ungünstigen Lebensbedingungen verliert die Try-
panosoma die undulirende Membran und die Geissei und nimmt eine
rundliche Gestalt an : sie geht gewissermassen in einen „Ruhezustand1'
über Eine andere Metamorphose führt zur Vermehrung des Parasiten.,
die im Allgemeinen auf dem Wege longitudinaler oder transversaler
Theilung oder durch Segmentation vor sich gehen kann. Bei der
Segmentation zerfällt die Trypanosoma im amoeboiden oder
Ruhezustände in eine Anzahl embryonaler Kügelchen.
Pseudoparas. — Dermatomykose d. Eidechsen — Thier. Paras. d. HeustMera in Japan. j23
Betreffs der Einwirkung der Blutparasiten auf die Gesundheit
der Thiere neigt sich Verf. der Auffassung zu, dass die Cytozoen
des Vogelblutes pathogene Organismen seien, welche unter gewissen Be-
dingungen bei Vögeln eine infektiöse Krankheit zu erzeugen vermögen.
Die auf 3 Tafeln beigefügten zahlreichen Abbildungen geben ein
klares Bild der Entwickelungsphasen der beschriebenen Blutparasiten.
Krai (Prag).
Blanehard, E., Pseudo-parasites’. (Extr. du „Dictiounaire
encvclopödique des Sciences medicalesu. Serie II. T. XXVII.
mai 1889.)
Verf. gibt eine fesselnd geschriebene und übersichtliche Zusam-
menstellung der Pseudoparasiten und erhärtet die einzelnen Erschei-
nungsformen durch drastische Beispiele. Es handelt sich entweder
um wirkliche Thiere, die, sei es aus gewisser Geschmacksrichtung,
oder um zu täuschen, von Kranken verschlungen oder in die Körper-
öffnungen — Urethra, Anus u. s. w. — eingeführt worden, oder die
durch Zerfall in dieselben hineingelangt sind. Oder es sind Parasiten
anderer Thierarten, der Hunde, Pferde, des Geflügels, die gelegent-
lich aber vorübergehend noch einmal beim Menschen Vorkommen.
Dann sind vielerlei Dinge — Speisereste, Pflanzen theile u. s. w. —
in den Ausleerungen fälschlich für Parasiten gehalten worden, Blatt-
nerven von Gemüse, Saftzellen von Apfelsinen u. dergl. in. Für
die Leichtgläubigkeit der Patienten, die zufällig in ihre Exkremente
gelangte Dinge der Art oder Insektenlarven für Parasiten gehalten
haben, führt B. zahlreiche, theiiweise ergötzliche Beispiele an. Schliess-
lich handelt B. die erfundenen und fabelhaften Parasiten ab , z. B.
die Furia infernalis, die nochLinnd zu den Nematoden zählte.
Neues bringt die Zusammenstellung B.’s übrigens nicht.
M. Kirchner (Hannover).
Blanchard, E,, Sur un nouveau type de dermatomycose.
(La semaine m6d. X. 1890. No. 44.)
Verf. fand bei einer grösseren Eidechse an der vorderen Hälfte
und an der Oberfläche des Schw-anzes drei dicke Hautauswüchse von
warzenartiger Beschaffenheit und rissiger Oberfläche. Es fand sieb,
dass alle drei erzeugt waren durch Wucherungen eines Pilzes, den
er als zum Genus Salenosporium gehörig bezeichnet. Alle Arten
dieser Gattung sind Saprophvten, die mit Vorliebe auf faulenden
Pflanzen resten hausen ; nur zwei Arten darunter sind als auf thie-
rischen Kadavern schmarotzend bekannt, dagegen als Parasit auf dem
lebenden Thiere kannte man bisher keine. Näher beschrieben hat
Verf. den Pilz, um den es sich hier handelt, nicht; wir haben es
mit einer Mucedinee zu tbun. (Acad des Sciences. Seance du 29. IX. 90.)
M. Kirchner (Hannover).
Eaillict, A., Les parasites des animaux domestiques au
Jap on. (Le Naturaliste. S6r. II. Ann.XII. No. 79. pag. 142—143.
Paris 1890.)
Die Veterinärsektion der land- und forstwirtschaftlichen Schule
124 Tbierischc Parasitei:- der Hausthiere ic Jayau — Echinococcus u. Coccidien,
zu Kemaba hatte auf der Pariser Ausstellung auch eine Kollektion der
in Japan vorkommenden Parasiten der Hausthiere ausgestellt, über
welche R folgende Liste publizirt:
1) Eehinococcus aus der Leber vorn Rind,
2) Taenia perfoliat® aus dem Dickdarm des Pferdes,
3) T. expansa aus dein Darm von Schafen,
4) T cuoumerina aus dem Dünndarm vom Hunde,
5) ö) 7) Drei unbestimmte Tänien aus Hund, Katze und Huhn,
8) Bothriocephalus latus vom Hunde,
9) Distoinum hepaticum Gitliengäugo vom Rind,
10) D. panereaticum n. sp. aus dem Ductus pancreaticus
von Schafen,
11) D. panereaticum var. Pankreas von Schafen, dürfte
■wohl zu Dist. lan ceolatum gehören,
12) D. pulmonale aus den Bronchien des Hundes,
13) D. endemicum Leber der Katze,
14) Amphistomum conieum Hagen des Rindes,
15) Ascaris sp. Darm vom Schwein (Asc. lumbricoides?),
16) A. megalocephala Darm des Pferdes,
17) A. sp. ebendaher,
18) 19) A. mystax Darm des Hundes und der Katze,
20) Eustrongylus gigas Niere vom Hund,
21) Strongylus armatus Colon des Pferdes,
22) St. filaria Bronchien der Schafe,
23) St. conlortu6 Labmagen des Schafes,
24) St. paradoxus Bronchien de« Schweines,
25) St. armatus (larvae) Beckenarterien der Pferde,
26) Dochmius sp. Darm des Hundes,
27) Filaria papillosa Leibeshöhle des Pferdes,
28) F. i m m i t i s Herz des Hundes,
29) Spiroptera sanguinolent.® Muskelhaut des Oesopha-
gus vom Hunde,
30) Sp microatoma Magen und Darm de» Pferdes,
31) Sp. m egastoma Magen des Pferdes,
32) Sp, sp. Aorta vom Hund,
33) Trichocephalus crenatus Colon vom Schwein,
34) Demodex foiliculorum vom Hund,
35) Sarcoptes sp. vom Schwein,
36) 37) Ixodes sp. vom Pferd und Hund,
38) 39) Läuse von Ziege und Schwein,
40) Gastrus e qui Magen des Pferdes. M. B ra U n (Rostock).
Lominsky, lieber Symbiose des Echinococcus mit Coc-
cidien. (Wratsch. 1890. No. 18.) (Russisch.]
Verf. fand in einem Stücke Schinken eine ziemlich grosse An-
zahl von Knötchen, welche ausschliesslich im Fleisch (nie im Speck)
lagen , von rundlicher bis ovaler Form und schmutzig-grauer bis
bräunlicher Farbe waren. Im Allgemeinen waren sie sehr klein ; die
grössten erreichten miliare Grösse
Echinococcus.
125
Die kleinsten Knötchen bestanden aus einer bindegewebigen Kap-
sel und feinkörnigem Inhalt, in welchem die ovoiden Coccidien sehr
scharf hervortraten. In den grösseren fand Verf. ebenfalls eine
bindegewebige Kapsel, der Inhalt war jedoch von komplizirterer Na-
tur. Inmitten des Knotens lag der Echinococcuskopf mit seinen
charakteristischen Haken. Zwischen Kopf und Membran, in einer
feinkörnigen Masse, lagen die Coccidien zum Thei! unregelmässig
zerstreut, zum Theil in regelmässigen Reihen an der Knotenwand,
zum Theil endlich auf der Oberfläche des Echinococcuskopfes. In
diesen Knoten fanden sich auch Kalkablagerungen sowohl im fein-
körnigen Inhalt liegend, als auch die Haken des Echiuococcuskopfes
inkrustirend.
Verf. hält die gefundenen Coccidien für Coccidium ovi-
forme, und glaubt, dass sie durch die Blutgefässe der Knotenwand
resp. Echinococcusblasen wan d in dieselbe eingewandert sind.
Steinhaus (Warschau).
KOnig, F., Der cystische Echinococcus der Bauchhöhle
und seine Eigentümlichkeiten vor, bei und nach
der Operation. (Göttinger Diss. inaug.) 8°. 55 pp. Leipzig 1890.
Diese unter dem Einfluss des gleichnamigen grossen Göttinger
Chirurgen entstandene Arbeit stützt sich auf die in den Jahren 1877
bis 1890 an dortiger chirurgischer Klinik vorgekommenen 19 Fälle.
Zunächst wird die Ruptur in die Bauchhöhle besprochen und
durch einen operativ geheilten Fall illustrirt. Die Ruptur wird als
sehr gefährliches Ereigniss aufgefasst.
Hierauf folgt „der vereiterte Echinococcus der Bauchhöhle“,
und vier Fälle werden berichtet. In drei derselben bot der Echino-
coccus nach latentem Dasein plötzlich alle Anzeichen eines akuten
Eiterungsprozesses. Punktion ist bisweilen Veranlassung. Im Ge-
folge der Eiterung kann es zur amyloiden Degeneration kommen (wie
Ref. auch am Falle eines Milzechinococcus gezeigt hat. Mün-
chener med. Wochenschrift. 1890. Januar), ferner zur Septikämic.
Bezüglich der Operationsmethoden empfiehlt Prof. König unter
Umständen dem weniger Geübten das Voikmann’sche Verfahren,
doch hat er selbst seit 1880 nur die einzeitige Operation gemacht.
Das Verfahren wird pag. 19 kurz beschrieben. Besonderes Gewicht
wird auf die Anlegung eines „sehr ausgiebigen Schnittes” gelegt, wie
Prof. König ja überhaupt bei seinen Operationen denselben mit
Recht auwendet.
An dieses Kapitel schliesst sich die genauere Erörterung der
„gleichzeitigen Operation mehrerer Echinococcus cysten“. Die
multipeln Cysten werden als nicht selten bezeichnet. Die Kenntniss
der grossen Arbeit von Masseron (These de Paris 1882 mit 92
Fällen) wäre hier von Nutzen gewesen. — Als praktisch wichtige Regel
ergibt sich für den Operateur, bei jedem Falle nach dem Dasein
weiterer Cysten zu suchen. Für die bei solchen Gelegenheiten vor-
kommenden Schwierigkeiten bietet der 12. Fall eine treffliche, lehr-
reiche Illustration
Die diagnostischen Schwierigkeiten (pag. 31 ff.) können recht
ix. Bd. 9
126
Kmuklieiten der Kulturpü&nzea.
erheblich sein. Das Fremisseinent wird nicht hoch angeschlagen,
doch wurde es dreimal wahrgetiommeu. Die Probepunktionen, selbst
mit Pr avaz scher Spritze werden verworfen und sind seit 1882 in
Göttingen proskribirt. Eröffnung der Bauchhöhle mit „grossem
Schnitt“ soll die Operation einleiteu.
Ausführlich besprochen wird (pag. 39—55) der Gallenausfluss
nach der Operation (5 Fälle). Die Gefahr desselben liege darin, dass
er die Leistungsfähigkeit des Organismus durch Nutritionsstöruug
sehr herabsetzt und schwächere Individuen gegen Komplikationen
widerstandslos macht.
Die Arbeit, eine reife Frucht aus der klinischen Thätigkeit eines
grossen Chirurgen, muss dringend empfohlen werden.
J. Ch. Huber (Memmingen).
Brios! , Giovanni, Rassegna delle principali malattie
sviluppatesi sulle piante culturali ne 11’ anno 1887,
delle quali si 6 occupato il Laboratorio Crittoga-
m i c o. ( Atti dell’ istituto botanico dell’ universitä di Pavia. Ser. II.
Vol. I. p. 289—292.)
Der berühmte italienische Phytopatholog gibt eine Uebersicht der
im Jahre 1887 von ihm untersuchten Krankheiten an Kulturpflanzen
seines Vaterlandes.
Krankheiten des Weins:
Peronospora (Peronospora viticola de Bary) trat
später und weniger intensiv auf, als im Jahre 1886, aber verbreitete
sich über grössere Gebiete, als in den Vorjahren, wie die folgende
Aufzählung der befallenen Orte zeigt.
Rot bianco (Con iothyrium diplodiella (Speg.) Sacc.)
wurde wegen seiner grossen Aehnlichkeit mit dem Black-Rot der
Amerikaner eingehend studirt (Phoma uvicola Berk, et Curt.);
die Schädlichkeit jenes steht derjenigen dieses sehr nach.
Antracnosi (Sphaceloma ampelinum de Bary).
Dieser Parasit hat nur geringe Verbreitung erlangt, ist aber ent-
schieden schädlich. Weisse Trauben haben sich nicht in höherem
Grade intizirbar erwiesen, als andere.
Macroplioma reniformis und Macrophoma flaccida
(Viala et Ravaz) fanden sich auf trockenen und kranken Trauben
von Stradella, Casteggio und Voghera.
Crittogama commune (Oidium Tuckeri Berk, et
Curt.). Obgleich dieser Parasit lange Zeit auf bestimmte Gebiete
eingeengt blieb, erschien er in diesem Jahre auch da, wo man die
Weinstöcke sich selbst überlassen hatte oder nur mit einfachen Lö-
sungen von Kupfervitriol behandelt hatte.
Fitoptosi (Pnytoptus viti^ Landois). Obgleich die
durch diesen Pilz zugefügten Schäden nicht schwere sind, so ist der
Schmarotzer doch fortwährend in Ausbreitung begriffen.
Von den übrigen beobachteten' Pflanzenkrankheiten seien fol-
gende angeführt:
Olivo (OleaEuropaea) da Vollano (Lueca) mit Fumago Oleae.
0 1 i v o (0 1 e a E ur o p a e a} da Vellano (Lucea) aut Coccus Oleae.
Kr&nklieiteu iler Kulturpflanzen
127
0 1 i v o (Olea Europaea) da Porto Maurizio mit Phlaeotrips
0 1 e ae.
Oliyo (Olea Europaea) da Roma mit Rogna.
Rosa (Rosa spec. coltivata) da Pavia mit Phragmidium in-
crassatum.
Rosa (Rosa spec. coltivata) da Pavia mit H y 1 o th orn a pagana.
Pesco (Amygdalus Persica) da Asti mit Gommosi.
Gelso (Morus alba) da Macerata mit Septoria Mori.
Agrumi(Cilru8 deliciosa)da Casale mit Larven von Cr y s opa
spec.
Agrumi spec. coltivata da Scio mit Coccus Hesperidum.
Pero (Pvrus communis) da Modena mit Phytoptus pyri.
Canepa (Cannabis sativa) da Forli mit P h y 11 o s t i c t a spec.
Canepa (Cannabis sativa) da Pavia mit Septoriacannabina.
Sorbo (Sorbus ancuparia) da Como mit Ceratitium cor-
n utum.
Trifoglio (Trifolium campestre) daPavia mitPolythri-
n ici um trif ol i i.
Batate (Solanum tuberosum) da Chioggia mit Phytoph-
thora infestans.
Frumento (Triticum vulgare) da Stradella mit Ustilago
Carbo.
Frumento (Triticum vulgare) da Pavia mit Puccinia gra-
min is.
Frumento (Triticum vulgare) da Roma mit CI ad o s p o ri um
herbarum.
Frumento (Triticum vulgare) da Roma mitSaperda gra-
cilis.
Rizo (Oryza sativa) da Pavia mit Brusone.
Cavolo (Brassica oleracea)da Pavia mit Alternaria bras-
sioae.
Spinacio (Spiuacia oleracea) da Barcellona mit Perono-
spora effusa. Kohl (Marburg).
Yarendorff, vt, Ueber die Kiefernachütte. (Forstliche
Blätter. 1890. Heft 4. p. 97—104)
Die Schütte ist bekanntlich eine die Kiefern bis etwa zum
10jährigen Alter befallende, überall verbreitete und häufig epidemisch
auftretende Krankheit, welche besonders aber die 2jährigen Kiefern-
pflänzchen ergreift. Sie äussert sich darin, dass die Nadeln beim
Erwachen der Vegetation meist ziemlich plötzlich roth werden, ein-
zelne dunklere Punkte, die Sporenlager eines Pilzes, zeigen und
im Laufe des Frühjahres und Sommers abfallen, während die
jungen, empfindlichen Knospen saftig und gesund sind. Verf.
schildert nach eigenen Beobachtungen den Verlauf der Krankheit
aus einer Reihe von Gegenden; in manchen derselben, z. B. Schles-
wig, ist durch sie der Anbau der Kiefer unmöglich geworden, in
anderen Revieren gelang ein leidlicher Kulturzustand der Saatkämpe
nur mit Hilfe der Fichte. Besonders gewüthet hat die Krankheit
von Anfang der siebziger Jahre bis zum Jahre 1885, wo ihre Heftig-
9*
128
Untersucbungsmethodeu, Instrumente etc.
keit und Verbreitung sehr nachliess. Ungeeignetes Klima wie nasse
und Winter kühle Sommer, Beschattung der Pflänzchen, Bodenarmuth
oder nasser, mooriger Boden, Schädigung der Wurzeln, gedrängterStand
der Pflanzen, Hinderung der Luftzirkulation, Graswuchs und Unkraut
begünstigen die Ausbreitung der Krankheit. Verf. vertheidigt die
Ansicht, dass Hysterium Pinastri der Erreger der Krankheit
ist und tritt den Erklärungen durch andere Ursachen, wie Boden-
armuth, Frost, gefrorener Boden, aus welchem die Verdunstung
der Blätter nicht ersetzt werden kann, u. s. w. entgegen. Ein
sicheres Mittel zur Bekämpfung gibt es nicht. Verhinderung der
erwähnten , die Schütte begünstigenden Umstände dient zur Ver-
minderung des Schadens. Br ick (Karlsruhe).
Tubeuf, K. v., Ueber eine neue Krankheit der Weisstanne
und ihre forstliche Bedeutung. Vorläufige Mittheilung.
Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen. 1890. Heft 5. p. 282 — 85).
Ausser den durch die Arbeiten von Hartig schon bekannten
Feinden des Holzes der Weisstanne (Pol ypor us fulvus, Tra-
raetes Pini, Tr. radiciperda und Agaricus melleus) hat
Verf. auch P oly por us sulphureus gefunden und einen bisher als
schädlichen Parasiten noch unbekannten Pilz, Agaricus adiposus
F r., welcher bisher nur an lebenden Buchen und gefälltem Holze
beobachtet worden ist. Derselbe bricht mit seinen sich häufig und
massenhaft bildenden und durch ihre schöne gelbe Farbe sich aus-
zeichnendeu Fruchtkörpern aus ' Wunden, Rindenrissen, Spechtlöchern
und besonders häufig aus den Krebsstellen von Aecidium ela-
tinum aus der Weisstanne hervor. Er bewirkt durch seine Holz-
zersetzung neben dem Polyporus fulvus das Brüchig werden
dieser Krebsstellen. Das zersetzte Holz hat einen gelben bis gelb-
braunen Ton und ist von dem Mycel nach allen Pachtungen durch-
setzt, besonders aber verbreiten sich dichte, weisse Mycelstränge
in der Jahresringfläche, und erscheint das Holz auf dieser inselartig
zerfressen. Die Endzersetzung zeigt uns ein in die Jahresringe
zerblättertes Holz, welches unregelmässig zart durchbrochen ist.
Br ick (Karlsruhe).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Kleinere Mitteilungen zur bakteriologischen Technik1).
Von
W. Prausnitz.
Mit 2 Abbildungen
I. Vorrichtung zum Abimpfen einzelner Kolonieen
von der Koch 'sehen Platte.
Unter den Manipulationen, die bei bakteriologischen Untersuchun-
gen auszuführen sind, befindet sich eine, welche öfters grosse Scbwie-
1) Nach einem Vortrag, gehalten ir. der Gesellschaft fUr Morphologie und Physiologie
su München am 28. Juli 1890. — Abdruck aus Münch, med. Woehenschr. 1890. No. 48,
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
129
rigkeiten bereitet, nämlich das Abimpfen einzelner Eolonieen von der
Koeh’schen Platte,
Zur Erleichterung desselben habe ich einen kleinen Apparat
konstruirt, der an jedes Objektiv eines Mikroskopes leicht UDd rasch
angeschraubt werden kann. Derselbe besteht aus einem Metall ring,
welcher an der einen Seite zusammengeschraubt werden kann. An
seiner anderen Seite ist ein Metallstück angesetzt, in welchem eine
Rinne verläuft, die zur Aufnahme eines kleinen fahnenförmigen Pla-
tinblecbes dient. Die Rinne ist so gearbeitet, dass das am oberen
Ende etwa 1 mm breit rechtwinklig abgebogene Platinblech leicht
eingesetzt und herausgezogen werden kann , wenn es aber eingefügt
ist, vollkommen fest sitzt.
Die Verwendung des Apparates ist aus der beiliegenden Zeich-
nung ersichtlich. Beim Abimplen wird die Platinnadel in den Aus-
schnitt des Platinbleches gelegt, so dass
das Ende der Nadel etwa 2 mm von
der abzuimpfenden Kolonie entfernt ist;
die den Glasstab haltende Hand stützt
sich auf den Rand des Objekttisches
oder auch auf eine kleine neben dem
Objekttisch in gleicher Höhe stehende
Holzbank. Dann kann man das Auge
dem Ocular nähern, ohne fürchten zu
müssen, dass der Platindraht aus der
ihm anfänglich gegebenen Lage verrückt
wird.
Beim Gebrauch des Apparates ist
das Abimpfen bedeutend erleichtert,
besonders ist die Gefahr in andere, als die gewünschte Kolonie ein-
zudringen, bei kurzer Einübung nicht mehr vorhanden.
Ein weiterer Vortheil ist es, dass man nun uicht mehr nach er-
folgter Abimpfung an das Objektiv anstossen kann.
Da das Platinblech mit einer Pincette leicht herausgezogen, in
der Flamme geglüht und dann wieder eingesetzt werden kann, ist
man vor zufälligen Verunreinigungen, wie sie früher durch Anstossen
au das Ocular möglich waren, gesichert.
Der kleine Apparat wird von Herrn Hofinstrumectenmacher
Katsch, München, Schillerstrasse, angefertigt. Bei Bestellung ist
entweder das Objektiv einzusenden, oder die Stärke desselben genau
anzugeben.
n. Apparat zur Anfertigung von Esmarch’scher Roll-
kulturen.
Der in nebenstehender Figur wiedergegebene Apparat besteht
aus einem 10 cm hohen, 23 cm breiten und 19 cm tiefen Blechkasten.
In der Mitte der beiden Schmalseiten ist am oberen Rande eine
kleine Vertiefung angebracht, in welche die Axe einer Rolle zu liegen
kommt. An der Axe sind in Entfernung von 14 cm von einander
2 runde Blechscheiben befestigt, in deren Peripherie 10 runde Löcher
eingeschnitten sind.
UutersuchuagsmetliodeD, Instrumente etc.
130
Beim Gebrauch wird der Kasten mit 10 — 12° warmem Wasser
gefüllt, in die Löcher der Rolle die mit der verflüssigten Gelatine
versehenen Reagensgläser eingelegt und die Kurbel so lange gedreht,
bis die Gelatine erstarrt ist.
Man erhält dann die Gela-
tineschicht an der Wand der
Gläser ganz gleichmässig
ausgebreitet, besonders wenn
man darauf achtet, dass der
Kasten horizontal steht und
dass in den Gläsern die ge-
hörige Gelatinemeuge vor-
handen. Am besten ist es,
wenn die Gläser bis zu l/*
der gesainmten Höhe, excl.
Wattestopfer, mit Gelatine gefüllt sind. Abgesehen von der Möglichkeit,
die Gelatine ganz gleichmässig auszubreiten, was besonders dann von
Yortheil, wenn die Kolonieen gezählt werden müssen, bietet der
Apparat noch die Annehmlichkeit, eine grössere Anzahl derartiger
Rollkulturen zu gleicher Zeit zu vollenden.
Der Apparat ist vollständig lackirt bei Ulrich und Reinig,
München, Zweigstrasse 6, für den Preis von 8 Mk. zu beziehen.
III. Apparat der bakteriologischen Wasserunter-
suchung.
Die Erfahrung, dass sich der Bakterien gehalt der Wässer, bald
nachdem sie ihren natürlichen Bedingungen entzogen, bedeutend
ändert, macht es nothwendig, die Wässer möglichst bald nach ihrer
Entnahme zu untersuchen und zwar werden diejenigen Untersuchungen
die genauesten Resultate ergeben, welche sofort nach der Entnahme
an Ort und Stelle ausgeführt sind.
Ich habe deshalb, da ich in den letzten Jahren vielfach ausser-
halb des Laboratoriums Wässer bakteriologisch zu untersuchen genöthigt
war, einen Apparat zusammengestellt, der in kompendiöser Form
alles das enthält, was man zu einer bakteriologischen Wasserunter-
suchung gebraucht.
Der Apparat besteht aus einem 22 cm breiten, 19 cm tiefen
und 12 cm hohen verschliessbaren Blechkasten. In diesen Kasten
ist ein zweiter eingefügt, welcher jedoch nur 8 cm hoch ist und in
3 Fächer getheilt ist. In dem ersten Fach liegt der Thermometer,
einige Glaspipetten und ein zum Schreiben auf Glas sehr gut ver-
wendbarer F a b e r ’ scher Fettstift. Das zweite bietet Platz für 20 Stück
19—20 nun weite und 17 cm hohe Gelatineröhren. Im dritten befindet
sieb ein kleines Blechgefäss, das man mittelst einer besonderen Vor-
richtung an einen Stock befestigen kann, um aus Flüssen vom Ufer
entfernt Wasserproben entnehmen zu können. Sodann enthält es ein
zweites Blechgefäss, mit Untersatz und Spiritusflamme zur Herstellung
von warmem Wasser für Verflüssigung der Gelatineröhren, weiterhin
eine Blechsehachtel mit Gummiklappen und 2 kleinen Glasflaschen
mit Spiritus.
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
131
Wird dieser zweite, die vorgenannten Utensilien enthaltende Kasten
aus dem ersten herausgenommen, so kann man letzteren zur An-
fertigung der Esmarch’ sehen Rollkulturen nach der weiter oben
beschriebenen Methode benutzen. Die zu diesem Zweck nothwendige
Rolle ist zusammenlegbar konstruirt, ihre einzelnen Theile haben
in dem unteren Theil des Kastens Platz gefunden.
Mit einem derartigen Apparat habe ich vielfache Wasserunter-
suchungen unter den ungünstigsten Verhältnissen ausgeführt. Ich
hatte dabei die Gewissheit, dass die von mir gefundenen Zahlen ab-
solut genau waren, da eine Veränderung des Bakteriengehalts des
Wassers bei den immer an Ort und Stelle vorgenommenen Unter-
suchungen ausgeschlossen war und weiterhin die Annehmlichkeit, für
die bakteriologische Wasseruntersuchung besonders aufgefangene , in
Eis transportirte Wasserproben nicht erst ins Laboratorium bringen
zu müssen.
Selbstverständlich kann der Apparat auch für anderweitige,
ausserhalb des Laboratoriums anzustellende bakteriologische Unter-
suchungen (Milch, Boden u. s. w.) gut verwerthet werden.
Der Apparat ist von der Firma Johannes Gr ein er in München,
Neuhauserstrasse 49, geschickt und sauber zusammeBgestellt für den
Preis von 18 M. zu haben.
IV. Eine neue Methode zur Anfertigung von Dauer-
kulturen.
Während die bisher zur Anfertigung von Dauerkulturen rnitge-
theilten Methoden sehr komplizirt waren und nur besonders für die-
sen Zweck hergestellte Kulturen zu konserviren gestatteten, verbindet
das vod mir versuchte Verfahren den Vorzug der Einfachheit mit
dem allgemeiner Verwendbarkeit.
Ich konservire die Roll- und Stichkulturen — auch verflüssigen-
der Arten, wenn die Verflüssigung noch nicht allzuweit vorgeschritten
— indem ich in die Röhrchen eine Gelatinelösung giesse, welcher
ein Desinficiens zugesetzt ist. Die Gläser, welche die zu konserviren-
den Kulturen enthalten, werden in Eiswasser gestellt, der Wattepfropf
entfernt und antiseptische, gerade noch flüssige Gelatinelösung mit-
telst einer tief ins Glas eingeführteu Pipette langsam bis oben ein-
gegossen. Das Glas wird dann mit einem Korkstopfen verschlossen,
der am Rande des Glases abgeschnitten und zur Vermeidung der
Austrocknung der Gelatine versiegelt wird.
Die Wahl des zuzusetzenden Desinficiens hat mir erst Schwierig-
keiten bereitet, da die zumeist gebrauchten Desinficientien die Gela-
tine entweder verflüssigen oder eine Trübung verursachen. Am ge-
eignetsten erwiesen sich eine 5-proz. Essigsäure und eine 1-proz. Kar-
bolsäuregelatine. Bei Bereitung derselben ist die Gelatine natürlich
ohne Zusatz von Fleischwasser und Pepton durch Kochen mit ge-
schlagenem Eiereiweiss zu klären und nach beendeter Filtration die
Säure zuzusetzen.
Das Verfahren hat den Vortheil, jede beliebige Kultur, die ge-
rade geeignet erscheint, konserviren zu können. Ich besitze derartige
Dauerkulturen, welche nunmehr 2 Jahre sich vollkommen unverändert
132 Schutzimpfung, kiiustl. Infektionskrankheiten, Gutwickelungshemmung etc.
erhalten haben. Wenn ich auch nicht verschweigen kann, dass bei
einem Theil derartig hergestellter Kulturen nach einem halben,
manchmal auch erst nach einem Jahre, aus mir übrigens unerklär-
lichem Grunde, Verflüssigung eiugetreten ist, so dürfte das Verfahren
dennoch besonders für Unterrichtszwecke als sehr zweckmässig zu
empfehlen seiu.
Botkm, S., Eine einfache Methode zur Isolirung auaerober Bakterien. (Zeitschr. f. Hy-
giene. Bd. IX. 1890. Heft 2. p. 383 — 388.)
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Steril, Rick., Ueber die Wirkung des menschlichen Blu-
tes und anderer Körperflüssigkeiten auf pathogene
Mikroorganismen. (Zeitschrift f. klin. Medicin. Bd. XVIII.
Heft 1 und 2.)
Verf. entnahm mittels sterilisirter Schröpfschnepper von der
desinfizirten Haut in desinfizirte Schröpfköpfe Blut. Es gelang fast
stets — wie sich der Autor durch das Plattenverfahren überzeugte
— steriles Blut zu erhalten. Das Blut wurde aus den Schröpfköpfen
in sterile Glasgefässe, die mit Glasstöpseln versehen waren, gegossen,
hier durch Schütteln mit sterilem Kies oder Glasperlen vollständig
defibrinirt, dann mittels steriler Pipetten in Portionen zu 6 — 8 Tro-
pfen in sterile, mit Wattepfropien versehene Reagensgläser einge-
füllt. Zur Impfung wurden meist Aufschwemmungen von Agar oder
Gelatinekulturen benutzt. Nur bei dem Versuche mit Milzbrand-
bacillen wurden Aufschwemmungen von der Milz einer eben an Milz-
brand verendeten Maus — oder ca, 8 Stunden alte Bouilloukulturen,
die sich mikroskopisch sporenfrei erwiesen — verwendet. Bei jedem
Versuche wurde ein Theil der Blutproben vor dem Impfen M2 Stunde
lang auf 55 Grad oder kurze Zeit auf 60 Grad erwärmt. Nach der
Impfung wurden die Reagensgläschen mit Gummikappen überzogen
und in den Thermostaten bei 37 Grad gestellt und nach verschieden
langer Zeit mit Agar-Agar oder Gelatine zu Platten ausgegossen.
Ferner wurden in derselben Art Versuche angestellt mit pleuriti-
schem Exsudat, peritonealem Transsudat, Hydroceleflüssigkeit und dem
Inhalt einer Brandblase. Aus den zahlreicben, in Tabeilenforrn be-
schriebenen Versuchen zieht der Verf. folgende Resultate:
1) Menschliches, defibrinirtes Blut ist im Stande, gewisse patho-
gene Bakterien abzutödten. Am stärksten wirkt dasselbe auf
den Bacillus cholerae asiaticae, etwas weniger auf
den Bacillus typhi abdominalis, noch weniger auf den
Fried länder ’schen Pneumoniebacillus ;
2) die Exsudate und Transsudate zeigen dieselben Eigenschaften
und zwar in derselben Intensität;
Schutzimpfung, kiinstl Infektionskrankheiten, Entwickelongshemmung etc. 133
3) die Wirkung des Blutes und anderer Körperflüssigkeiten scheint
bei verschiedenen Individuen und selbst bei denselben Indivi-
duen zu verschiedenen Zeiten nicht unerheblichen Schwankungen
in Bezug auf ihre Intensität zu unterliegen;
4) das Blut bei akuten Infektionskrankheiten (Typhus abdom.,
Pneumonie) zeigt, soweit die bisherigen Untersuchungen ein Ur-
theil gestatten, keine erhebliche Veränderung bezüglich seiner
antibakteriellen Wirkung;
5) andere pathogene Mikroorganismen (Bac. anthracis, Bae.
diphther., Staphyloc. pyog. alb. und aur., Streptoc.
pyog.) zeigen entweder sofort nach dem Eindringen in das
Blut oder nach einer anfänglichen Verzögerung reichliches
Wachsthum in demselben.
Die bakterientödtende Wirkung des menschlichen Blutes und
anderer Körperflüssigkeiten wird durch Bj-stündige Erwärmung auf
60 Grad vollständig aufgehoben
Der Verf. betont zum Schluss, dass nur die fortgesetzte Er-
forschung der Einzelthatsachen uns dem Verständniss der verschie-
denen Ursachen der Immunität näher bringen kann.
T renkmann (Eilsleben).
Gibier, Pani, Antirabic inoculations. Sensations ex-
perienced by inoculated persons. How immunity is
attained. (The Journ. of the Americ. Med. Ass. Vol. XV. 1890.
No. 11.)
Wie die Direktoren und Assistenten in Impfanstalten gegen die
Tollwuth sich impfen, um sich gegen eine zufällige Impfung bei
ihren täglichen Manipulationen mit virulentem Material zu schützen,
impfte der Verf. sowohl sich selbst, als auch zwei seiner Assistenten
und einen am Laboratorium beschäftigten Knaben. Der letztere
beklagte sich nur über lokale Empfindlichkeit, Mattigkeit und ge-
ringe nächtliche Störungen , während die Uebrigen , mehr geeignet
für Beobachtungen, auch thatsächlich solche machten, die dem Verf.
wertb zur Veröffentlichung schienen.
Die Reihe der Impfungen begann am 27. März 1890 mit 14
Tage altem Mark und endeten am 10. April mit 2 Tage altem Ma-
terial. Die subkutanen Injektionen riefen in den ersten vier Tagen
eine leichte Entzündung hervor, welche sich bei dem einen etwas
weiter ausbreitete, ohne aber hart zu werden. Während der Nacht
war der Schlaf etwas gestört durch Empfindlichkeit an der Impf-
stelle. Während der ersten 10 Tage waren die Symptome ziemlich
dieselben. Die Körpertemperatur stieg leicht, ohne dass sich jedoch
entscheiden Hess , ob diese Steigerung durch die injizirte Masse oder
durch die in Folge der Einspritzung selbst entstandene Entzündung
herbeigeführt war. Am 10. Tage schien sich das Gewebe an die
injizirte Flüssigkeit angepasst zu haben, die Reaktion war schwächer,
der Schmerz nahm ab und drei Tage nach der letzten Injektion
blieben nur noch Spuren der Einspritzungen zurück Auf die Frage,
ob nun hierdurch Immunität erlangt sei, geht der Verf. in einer
höchst eigenthümlichen Weise ein. Er gebt dabei zunächst auf eine
134 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
früher von ihm aufgestellte Hypothese (er nennt sie „Theorie“) ein,
in welcher er das Wesen der Immunität zu erklären sucht. Für ihn
ist die Immunität eine Erscheinung des Zellengedächtnisses.
„Die Zellen sind kleine individualisirte Wesen, im entsprechenden
Verhältniss mit den wesentlichen Prinzipien des lebenden Wesens,
so wie wir es erkennen, begabt. Als solche besitzen sie Gedächtniss-
vermögen und erinnern sich jeder Zeit, in der sie durch eine Krank-
heit angegriffen wurdeD, — wenn man will automatisch — , aber sie
erinnern sich, wie sie den Eindringling (ich meine das Mikro
.bion), welcher sie angriff, sich vom Halse schafften, und wenn
wiederum angegriffen , wissen sie nun sofort , welche Maassregeln
nötliig sind, um den Feind zu verhindern, festen Fuss in ihnen zu
fassen.“
Der Verf. verlangt zwar selbst nicht, dass man daran glauben
soll, weist aber doch darauf hin, dass die neuesten Arbeiten von
Metschnikoff dieser „Theorie“ zur Bestätigung dienen.
Verf. beschreibt nun noch eine Anzahl nervöser Erschei-
nungen, welche er und seine Assistenten während der Impfzeit an
sich wahrgenommen, welche zeigten, dass gewisse Gebiete des Nerven-
systems zu einer ungewöhnlichen Thätigkeit angeregt waren. IV,
Monat nach der letzten Impfung befanden sich alle drei in nur irgend
wünschenswerther Gesundheit. Zum Schluss wird noch erwähnt,
dass die 16 von tollen Hunden gebissenen und geimpften Personen
gesund blieben, während ein gebissener und nicht geimpfter Mann
und Hausthiere der Tollwuth erlagen. Migula (Karlsruhe),
Petersen, Ueber die antibakterielle Wirkung der Ani-
linfarben [Pyoktanin Merk’s]. (St. Petersburger med.
Wochenschr. 1890. Nr. 27.)
Fessler, Erfahrungen über die bakter ientödten d e Wir-
kung der Anilinfarben. (Münchener med. Wochenschrift.
1890. Nr. 25.)
darrt» und Troje, Chirurgische und bakteriologische
Erfahrungen über das Pyoktanin. (Münchener med.
Wochenscbr. 1890. Nr. 25.)
Stilling’s Aufsehen erregende Veröffentlichungen über die
desinfizirende Kraft der Anilinfarben, speziell des als Pyoktanin
bezeichneten Methylvioletts (Referat in dieser Zeitschrift. Bd. VHI.
Nr. 5) haben die 4 Verfasser der vorliegenden Aufsätze zu Ver-
suchen mH diesem Mittel angeregt.
Ein begeisterter Anhänger des Pyoktanins ist Petersen. Er
hat theils im städtischen Alexanderhospital und in einer Poliklinik zu
Petersburg, theils in seiner Privatpraxis zahlreiche Versuche damit
angestellt und rühmt besonders die Wirkung des Mittels bei Ulcus
molle. Gleichgültig, ob jenes in Form eines Stiftes oder als Streu-
pulver oder als Pinselwasser angewendet wurde, jedesmal heilten
die Schankergeschwüre nach wenigen Tagen auch in solchen Fäl-
len, wo das Jodoform erfolglos blieb. Der Verf. hebt ferner die
günstigen Erfolge, welche er mit dem Pyoktanin bei Ozaena syphi-
litica, bei der Desinfektion einer Operatiouswunde und bei Äugen-
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. ^35
leiden, wie Conjunctivitis, Keratitis , Iridocyclitis erreichte, hervor
und erwähnt endlich, dass die Flecken, welche das Mittel bei un-
vorsichtigem Gebrauch an den Händen und au der Wäsche erzeugt,
durch Acid. hydrochloric. dilut. leicht entfernt werden können.
Jedenfalls habe das Methylviolett in den von ihm behandelten
Fällen mindestens den gleichen Erfolg wie das Jodoform erzielt,
und besitze dasselbe vor dem letztgenannten Mittel den grossen
Vorzug der Geruchlosigkeit.
Auch Fessler lobt das Pyoktanin. Er hat in der chirurgi-
schen Klinik der Universität München eiternde Wunden, welche
z. Th. mit Knochennekrose komplizirt waren, mit 1 p. mille Lösung
des Mittels ausgewaschen und mit Pyoktaningaze verbunden und
erreichte dabei stets Stillstand der Eiterung, rasche Reinigung und
Heilung der Wunde. Seine klinischen Erfahrungen kontrollirte er
durch bakteriologische Versuche. In einer Nährbouillon , welche
auf 5 — 8 ccm lj l0 mgr des Farbstoffes enthielt, sah er kein Sta-
phylokokken-Wachsthum mehr eiutreten; Seidenfäden, welche in
einer Kultur der Eiterbakterien getränkt, getrocknet und demnächst
15 Minuten lang der Einwirkung einer 1 p. m. Pyoktanin-Lösung
ausgesetzt worden waren , erwiesen sich als vollkommen steril,
da in der mit ihnen beschickten Bouillon auch bei Brüttem-
peratur keine Bakterienentwickelung stattfand. Da indessen Verf.
nicht angiebt, ob er die Seidenfäden nach Entfernung aus der
Desinfektionsflüssigkeit ausgewaschen hat, bevor er sie in die Nähr-
lösung tibertrug, so ist es immerhin möglich, dass es sich auch
hier nur um Entwickelungshemmung, nicht um Vernichtung han-
delte, insofern die Seidenfäden auch in der Nährlösung noch mit
Methylviolett imprägnirt blieben. Fessler erklärt übrigens die
Färbekraft des Mittels für sehr unbequem bei dessen praktischer
Anwendung. Die Farbe liess sich durch Kaliseife zwar von den
Händen, nicht aber von der Wäsche entfernen.
Weit ungünstige’- klingt das Urtbeil, welches Gar re und
Troje über das Pyoktanin fällen. Ersterer behandelte damit eine
Reihe von Kranken der chirurgischen Universitätsklinik zu Tübin-
gen, indem er das Mittel sowohl als Stift, wie als Streupulver, wie
als Lösung in Anwendung brachte. Er konnte zwar in keinem
Falle giftige Nebenwirkungen von Seiten desselben beobachten, doch
fand er auch niemals Vorzüge seiner antiseptischen Wirkung vor
der desinfizirenden Kraft anderer gebräuchlicher Mittel. Tubercu-
löse Prozesse waren durch das Pyoktanin nicht zum Stillstand zu
bringen; ebensowenig wurde eine ausgesprochene Besserung des
Zustandes eitriger und jauchiger Geschwüre dadurch erzielt. Bei
einer Phlegmoue in der Nähe des Kreuzbeins kam es zu Senkungs-
abscessen trotz ausgiebiger Anwendung des Mittels. Dass die Dif-
fundirbarkeit des Methylvioletts bei weitem nicht so gross ist, wie
Stilling annimmt, bewies Gar re u. a. die gelegentliche Auto-
psie einer Frau, welche wegen jauchiger Absonderungen am Ober-
schenkel grössere Pyoktaniuinjektionen erhalten hatte und kurze
Zeit darauf an Lungenembolie starb. Bei der Oeffuung zeigte die
grosse Abscessköhle keine Verfärbung durch das Mittel.
136 Schutsimpfang, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
In einem Falle von Kniekehlenabscess schien das Methylviolett
günstiger gewirkt zu haben. Gleich nach der einer Punktion der
Abscesshöhle angeschlossenen Pyoktanininjektion fiel unter Nach-
lass der Schmerzen die Temperatur. Nach einigen Tagen näherte
sich indessen der Abscess dennoch dem Durchbruch, so dass eine
Incision gemacht werden musste, bei welcher sich dunkeltheep-
farbiger, mit Fetzen vermischter Eiter entleerte. In letzterem fand
Troje (im pathologischen Institut Tübingen) keine gefärbten Bak-
terien, dagegen konnte er das Vorhandensein zahlloser lebender
Staphylokokken durch Gram’sche Färbung und Kulturversuche
nachweisen. — Andere Versuche Troje’s bewiesen, dass eine
Methylviolettlösung 1 : 1000 wohl die Entwickelung der Eiterkokken
deutlich hemmt, aber selbst bei 12 Stunden langer Einwirkung
diese Bakterien noch nicht tödtet. Er übergoss frische Kulturen
von Staphylococcus aureus mit einer solchen Lösung, entnahm
nach einiger Zeit (bis zu 12 Stunden) mit einer Platinöse Spuren
der Kultur und übertrug sie auf Agar in der Weise, „dass die
Hauptmasse des Kultur-Farbstoff-Gemisches im oberen Theil der
Agarfiäche deponirt wurde, während die Platinöse bis unten hin
weitergeführt wurde, um noch etwa daran haftende Bakterien gänz-
lich abzustreifen“. In den unteren Theilen des Kulturglases fand
dann deutliche Kokkenentwickelung statt. Dem Einwand, dass
hier vielleicht Kokken übertragen worden waren, welche mit der
Farbstofflösung keine Berührung gehabt hatten, wurde dadurch be-
gegnet, dass in allen Deckglastrockenpräparaten, die aus den ver-
schiedensten Stellen der Kultur entnommen wurden, nur gefärbte
Kokken zu erkennen waren. — Im Uebrigen erinnert Troje daran,
dass dem Methylviolett von den Bakteriologen bisher stets nur
entwickelungshemmende Eigenschaften zugeschrieben worden seien.
Babes und Cornil hätten dasselbe sogar zur Beobachtung lebend-
gefärbter Bakterien empfohlen. Kübler (Oldenburg).
Liebreich, Oskar, Das Met.hylviolett (Pvoktanin). (Thera-
peut. Monatshefte. IV. No. 7. p. 344).
Verf. wendet sich gegen die Anwendung des neuerdings in
Mode gekommenen „PyoktaninV4. Zunächst sei es kein einheit-
licher Körper, sondern ein Gemenge von verschiedenen Farb-
stoffen , die als Methylviolette gemeinsam bezeichnet werden und
deren Herkunft und Darstellung er kurz skizzirt. Für Färberei-
zwecke und bakteriologische Färbung könne man wohl auch solche
Gemenge benutzen, nicht aber zu pharmakodynamischen Unter-
suchungen Hierzu müsste man die einzelnen Komponenten des
Gemenges gesondert betrachten. „Eine einfache Kasuistik, publi-
zirt auf Grund ungenauer Kenntniss der angewandten Substanz,
ist nicht im Stande Klarheit zu bringen“. Es sei daher unrichtig,
ein undefinirbares und in seiner Konstanz unkontrollirbares Ge-
menge verschiedener Körper mit dem einheitlichen Namen Pyok-
tanin zu belegen. Vielleicht seien aus der Inkonstanz des Prä-
parates die Verschiedenheiten der Resultate einzelner Beobachter
zu erklären Vielleicht seien in dem Pyoktanin benannten Gemenge
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshanunung etc. 137
nur eine oder wenige Substanzen „die Träger einer guten Wirkung'4,
falls man eine solche überhaupt annehmen wolle, andere dürften
vielleicht sogar schaden. Das Viktoriablau, ein dem Krystallviolett
sehr nahe stehender Farbstoff, sei gegen Mikrobien überhaupt
inaktiv. „Es liegt also die Möglichkeit vor, dass eines der Me-
thylpararosaniline günstig wirken kann, andere eine deletäre und
andere wieder gar keine Wirkung ausüben“. Verf. bespricht dann
die bisherigen Veröffentlichungen über das Py oktanin von Br es gen
(günstig) , die bakteriologischen Untersuchungen von J a e n i c k e
(ausführlicheres Referat cf. diese Ztschr.). Verf. knüpft an die be-
obachtete verschiedenartige Wirkung auf verschiedene Mikrobien die
Hoffnung, „dass es gelingen werde, spezifische Desinfektionsmittel
zn finden.“ Versuche mit Blutserum fielen aber viel ungünstiger
aus. Am energischsten zeigte sich immer die Wirkung auf Sta-
phylococcus pyogenes, welcher durch 1 : 5000 in Nähr-
bouillon schon nach | Minute getödtet wurde. Verf. geht dann zu
den ungünstigen Beobachtungen Braunschweig’s über, welcher
am Auge danach Brennen, aber auch heftige Schmerzen, ferner
dreimal bei parenchymatöser Keratitis eine pseudocroupöse Con-
junctivitis (auch bei Kaninchen einmal schon nach 3 Tropfen), ferner
bei gesunden Konjunctiven stets leichte BeizuDg, brennendes Ge-
fühl, Thränen beobachtete. Ob gewisse Hornhautaffektionen auch
dem Pyoktanin zur Last zu legen waren, blieb zweifelhaft. Ferner
erwähnt Verf. die negativen Resultate von Mauthner und Roe-
loffs, er schliesst daher, „dass das Methylviolett für die Praxis
vorläufig nicht als geeignet zu betrachten“ sei.
Czaplewski (Görbersdorf i. Schl.).
Chabarid, Antiseptique gazeuse, son action sur la bac-
tdrie pyogene de l’infection urinaire. (La semaine mdd.
X. 1890. No. 51.)
Verf. hat sich nurch Einwirkung von Fluorsilber auf Methylen-
chlorur Fluormethylen hergestellt und dieses Gas auf seine anti-
septischen Eigenschaften geprüft. Er fand, dass dasselbe im Stande
ist, das von Bouchard 1879 entdeckte Bacterium der urinösen In-
fektion nicht nur in seiner Entwickelung zu verhindern, sondern auch
in voller Entwickelung zu vernichten. Reizende Wirkungen besitzt
das Gas nicht. Auf die Schwimmhaut und das Mesenterium des
lebenden Frosches übte es keine anderen Wirkungen aus, wie ein ein-
facher Wasserstrahl. (Acaddmie des Sciences. 17. Nov. 1890.)
M. Kirchner (Hannover).
Bard, M. L., De la ddclar ation des maladies trans-
missibles et des Services de ddsinfection ä Lyon et
dans le ddp arte ment du Rhone. (Revue sanitaire de la
Province. VIII. 1890. No. 155. p. 72.)
Mit den dem allgemeinen Verkehre dienenden Transportmitteln,
wie Pferdebahnwagen, Omnibussen, Lokalschiffen etc., dürfen in Lyon
Kranke, mit alleiuiger Ausnahme von Verwundeten, nicht befördert wer-
den. Den Miethwagen ist der Krankentransport gestattet, doch werden
138 Schutzimpfung, kirnst). InfcktionskrRnkheitnn, Entwickelungshemmung etc
sie sofort einer gründlichen Desinfektion von Seite der betreffenden
Krankenhausverwaltung unterzogen, wenn der dienstthuende Arzt eine
infektiöse Krankheit bei dem transportirten Kranken konstatirt hat
Jedes Krankenhaus ist überdies mit speziellen Krankentransportwagen
versehen, welche derart gebaut sind, dass sie leicht und sicher des-
infizirt werden können. Wird der Wagen auf Grund eines ärztlichen
Zeugnisses oder auf behördliches Ansuchen verlangt, so werdeu die
Pferde eines herbeigeholten Miethwagens vorgespannt und der Trans-
port von dem Inhaber des letzteren zu dem festgesetzten Stadttarif
bewerkstelligt. Auf diese Weise reduziren sich die Transportkosten
auf ein Geringes und es entfällt die Desinfektion der Miethwagen.
In Frankreich ist die obligatorische Anzeigeptlicht der Aerzte
gesetzlich nicht zulässig. Es wurde daher, um die grösstmöglichste
Zahl der infizirten Lokalitäten kennen zu lernen, für Lyon und das
Rhönedepartement die Anzeigepöicht auf die Verwandten oder die
Umgebung des Kranken übertragen. Auch die Direktoren der öffent-
lichen Schulen wurden verpflichtet, alle Kinder dem Maire namhaft
zu machen, welche dem Schulbesuche wegen Erkrankung fern blieben,
und keines ohne ärztliches Zeugniss zum Schulbesuche zuzulassen,
welches mehr als eine WToche wegen einer nicht bekannten Krankheit
ausgeblieben war. Der städtische Desinfektionsdienst wird von einem
gut eiugeübten Personale mittelst eines mobilen Desinfektionsapparates
von Geneste und Herscher versehen. Die Desinfektion der
Wohnräume geschieht je nach Erforderniss durch Waschungen oder
Spray, mit 1 °/00 Sublimat oder 5 °/0 Karbolsäure, oder sie wird mit
schwefeliger Säure, 20 — 30 Gramm pro Kubikmeter, oder mit Chlor-
gas, 5 Gramm pro Kubikmeter, vorgenommen.
Für das Departement ist der Desinfektiousdienst kein kontinuir-
licher. Er wird nur von Fall zu Fall auf Kosten der betreffenden
Gemeinde, sonst aber ganz in derselben W7eise wie für Lyon ausge-
übt. Kral (Prag).
Juhel-Renoy, Traitement de la fi6vre typhoide par les
bains froids. (La semaine m6d. X. 1890. No. 48.)
Bouvezet und Tripier in Lyon hatten bei der Kaltwasser-
behandlung des Typhus von 233 Fällen 20 verloren, also eine Mor-
talität von 8,58% gehabt. Verf. verlor in Paris von 161 so behan-
delten Typhösen 14 = 8,8% durch den Tod. Auf Grund dieser
günstigen Ergebnisse in der Civilbevölkerung plädirt er warm für
Einführung der Brandt’schen Methode auch in der Armee. Durch
dieselbe wird nach seinen Erfahrungen nicht nur die Sterblichkeit,
sondern auch die durchschnittliche Behandlungsdauer des Typhus um
fast 50% herabgedrückt. (Soc. mdd. des hopitaux. 31./10. 1890.)
M. Kirchner (Hannover).
Brunner, Zur Behandlung von Diphtherie und Croup.
Andree, Das Resorcin bei Diphtheritis. (St. Petersburger
med. Wochenschr. 1890. No. 6 u. 20.)
Brunner verwirft die lokale Behandlung der Diphtherie mit
antiseptischen Mitteln. Alles Gurgeln, Pinseln, Aetzen u. s. w. sei
Schutzimpfung, kÜDstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmtuig etc. 139
nicht nur belästigend oder schmerzhaft für den Kranken, sondern
sogar gefährlich, da hierbei einerseits gesundes Gewebe verletzt
und somit der Einwirkung des diphtherischen Koutagiums zugäng-
lich gemacht werde, andererseits ein Verschlucken der oft giftigen
antiseptischen Mittel befürchtet werden müsse. Auch haben klinische
Erfahrungen allerorts bewiesen, dass durch solche Therapie that-
sächlich keine Erfolge erzielt werden. Brunner empfiehlt statt
dessen die Behandlung mit Wasserdampf, welchen er theils als
Diaphoreticum auf den gesammteu Körper des Kranken einwirken
lässt, theils als Inhalation anwendet. Er schliesst das Bett mit
dem Kranken durch eine Art Zelt aus wollenen Decken gegen das
Zimmer ab, legt unter die Bettstelle heisse Ziegelsteine und be-
giesst letztere mit Wasser, welches dann sofort verdampft. Dies
Verfahren setzt er bis 14 Stunden laDg fort. Er erreicht hier-
■ durch seiner Meinung nach:
1) Die lokale Reinigung der Nasen-, Rachen- und Kehlkopf-
schleimhaut. Der Wasserdampf lockert nicht nur Schleimballen
und Membranen, sondern er bewirkt auch Temperaturerhöhung
und stärkeren Blutzufluss in den erkrankten Theilen. Die Leuko-
cyten treten daher reichlicher aus, reissen die Diphtheriekeime
mit, befördern diese an die Oberfläche und werden mit ihnen aus-
gestossen, ohne dass die Keime sich von neuem festsetzen können,
da bei dieser Behandlung Schleimhautverletzungen ausgeschlossen sind.
2) Ein allgemeine Reaktion des Körpers in Folge des Schwitz-
bades.
Verf. erwähnt 13 schwere Fälle von Diphtherie, welche er auf
seine Weise behandelte. Nur 2mal blieb das Verfahren erfolglos.
Einer der beiden letzteren Patienten starb an Septikämie, der
andere an Erstickung.
Auch Andeer verwirft die lokale Behandlung mit den ge-
bräuchlichen autiseptischen Mitteln. Dagegen erblickt er in dem
Resoreiu ein Präparat, welches das gesammte erkrankte Gebiet zu
durchdringen und zu vernichten vermag, ohne das gesunde Gewebe
anzugreifen. Nach Pinselungen mit 10$ Resorcinglycerin soll meistens
bei Diphtherie eine schnelle Besserung eintreten und sich alsbald
durch Abschwellen der Lymphdrüsen verrathen. In schweren Fällen
von Kehlkopfdiphtherie emnfiehlt der Verf. perkutane Injektionen
von Resorcin-Vaselinöl durch das Ligamentum conioi'des vel laryngeo-
cricoideum. Wenn Nothnagel, Rossbach und Loeffler
die Erfolge der Resorcinbehandlung bezweifeln, so beruft sich der
Verf. ihnen gegenüber auf die Veröffentlichungen von Callias,
Leblond, Baudier, Besnier, Chenet, Fraignaud, Thoien
und Yvon, welche ebenso günstige Resultate mit dem genannten
Mittel erzielten, wie er selbst. Kübler (Oldenburg).
ria[xrcouy.Tj^, IT., liegt ano^v/u ävoe io g tüv mv o fiat <av vrjg
(pv[i avtwo eiu g ngo zrjg <o g avrcov. [Ueber Desinfi-
zirung der tuberculösen Sputa vor deren Färbung.] (lalnvog,
1890. No. 45.)
In der Sitzung vom 27. Okt. (8. Nov.) der „ärztlichen Gesell-
1 40 Bakteriol. vom X. internatioualen inedicinischeu Kongresse zu Berliu.
schaft zu Athen“ machte Verf. eine Mittheilung über die Art und
Weise, wie er im „mikrobiologischen Institut“ zur Beruhigung der
Studireuden die tuberculösen Sputa vor der Untersuchung desiufizirt,
was, wie er wohl ganz richtig bemerkt, bisher noch nirgends geschehen
ist. Er hat nun gefunden, dass durch das vorherige Sterilisiren im
Arzonval bei 120° die Färbungsfähigkeit der Sputa und Bacillen
nicht beeinträchtigt wird und daun auch durch Impfversuche an Ka-
ninchen sich von der Zuverlässigkeit der Desinfektion mit Wasser-
dampf von 120° überzeugt. Die Versuche des Verf.’s, ob nicht auch
durch Behandlung mit Sublimatlösung derselbe Zweck bequemer zu
erreichen ist, sind noch nicht zum Abschluss gelangt; bis dahin em-
pfiehlt er seine bisherige Methode zum allgemeinen Gebrauche.
S e n t i n o n (Barcelona).
Courmont et Dor, De la vaccination contre la tubercu-
lose aviaire. (La semaine inM. X. 1890. No. 52.)
Den Verü. gelang es, Kaninchen durch Impfung mit filtrirten
Kulturen Immunität gegen die GeÜügeltuberculose zu verleihen. Sie
impften 6 Kaninchen mit filtrirten Kulturen. Von zwei derselben,
die gleichzeitig mit virulenter Kultur geimpft worden waren, bekam
eines leichte tuberculöse Veränderungen, das -andere blieb gesund.
Von zwei anderen, die einige Tage später mit virulenter Kultur geimpft
waren, bekam das eine gleichfalls leichte Tuberculöse, während das
andere gesund blieb. Die zwei letzten Thiere, die nicht weiter geimpft
worden waren, blieben gesund. Zwei zur Kontrolle nur mit virulenten
Tuberkelbacillen geimpfte Kaninchen gingen in der üblichen Zeit an
Tuberculöse zu Grunde. (Soc. de Biologie. 22. Nov. 1890.)
M. Kirchner (Hannover).
Originalberiehte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4= — 9, August 1890,
(Fortsetzuug.)
Aus den Abtheilungs-Sitzungen.
III. Abtheilung: Allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie.
Herr Boilinger (München). Ueber die Infektionswege des
tuberculösen Giftes.
Die äussere Decke des menschlichen Körpers bietet wenig
günstige Bedingungen für die Ansiedelung und die Vermehrung des
Krankheitserregers, denn bei oberflächlichen oder tieferen Hautdefekten
entsteht durch Kontaktinfektion nur ausnahmsweise eine lokale
fiakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin. 241
Tuberculose, welche sich zumeist durch ihre Gutartigkeit und ihre
Neigung zum chronischen Verlauf und zur spontanen Heilung
charakterisirt. Bei Kindern ist die Empfänglichkeit der Haut für
die Aufnahme des tuberculösen Giftes eine grössere, als bei Erwachsenen,
insbesondere scheinen die Subcutis und die lockeren bindegewebigen
Theile eine geringe Resistenz gegen den Eintritt des Tuberkelbaeilius
zu bieten. Entzündliche Prozesse der Haut dürften die Disposition
derselben für Aufnahme und Durchgang des Virus erhöhen. Trauma-
tische Impftuberculose der Haut, hervorgebracht durch zerbrechende
Spucknäpfe, Biss u. dergl. kam zur Beobachtung. Dagegen ist die
Möglichkeit der Uebertragung des tuberculösen Giftes durch die
Vaccination entschieden zu verneinen. Auch durch die Drüsenaus-
führungsgänge vermag es — im Gegensätze zu den Eitererregern —
nicht einzudringen. Die der Haut angrenzenden Schleimhäute des
Kopfes besitzen eine grosse Neigung, das tuberculose Gift passiren
zu lassen, ohne selbst zu erkranken. Pathologische Veränderungen
der genannten Schleimhäute begünstigen diese Neigung. Sie führt
bei jugendlichen Individuen zunächst zu lokaler Drüsentuberculose.
Die Lunge bildet eine der vorzüglichsten Eintrittspforten für
das Virus. Die grosse Mehrzahl der Fälle von menschlicher Tuber-
culose beginnt fast gesetzmässig in der Lungenspitze als dem Locus
minimae resistentiae. Da aber in allen Lungenpartieen die gleiche
Menge des staubförmigen Tuberkelvirus inhalirt und deponirt wird,
so muss wohl die weitaus grösste Mehrzahl der in die Lungen ein-
dringenden Tuberkelkeime von den physiologischen Kräften des
Organismus vernichtet werden. Das tuberculose Gift vermag namentlich
bei Kindern das intakte Lungengewebe zu durchdringen, um sich in
den Bronchialdrüsen festzusetzen und von da aus weiter verschleppt
zu werden. Für die allgemeine Prädisposition der Lunge spricht
auch das Auftreten der metastatischen Tuberculose derselben, wobei das
Gift von beliebigen Organen aus in den Körper eingedrungen sein
kann , weshalb nicht jede Tuberculose der Lungen auf Inhalations-
infektion beruhen muss. Bei der primären Tuberculose des Hodens,
der Knochen und der Gelenke muss eine latente hämatogene Infektion
angenommen werden, wobei das Gift von irgend einem Organ aus
eindringt, ohne Spuren zu hinterlassen. Die Tuberculose des Kehl-
kopfes wird in der Regel auf dem Wege intrabronchialer und intra-
trachealer Autoinfektion erworben. Die obere Hälfte des Verdauungs-
traktus ist für die Ansiedelung des Tuberkelbacillus wenig disponirt;
die Prädiiektionsorgane bei der intestinalen Infektion sind die Lymph-
follikel des Ileums und des Dickdarmes, obwohl sie offenbar wider-
standsfähiger sind, als die Lungen. Die seltenere primäre Darm-
tuberculose dürfte auf den Genuss roher Milch von tuberculösen
Kühen zurückzuführen sein, bei Kindern ihre Entstehung auch zu-
fälliger lufektion während der künstlichen Ernährung verdanken.
Die sekundäre Darratuberculose entsteht durch Autoinfektion, indem
infektiöse Sputa in den Darm gelangen. Das tuberculose Gift ver-
mag das intakte Darmepithel zu passiren, es ist demnach das Vor-
handensein von Schleimhautläsionen für die Entstehung einer Darm-
infektiou nicht erforderlich. Der normale Magensaft tödtet auch bei
ix. na. 10
]4:2 Bakterie!, vom X. internationalen tnedicinischeu Kongresse *u Berlin.
voller Wirkung die Tuberkelbacillen nicht sicher. Die Tuberculose
des Bauchfells nimmt ihren Ursprung von tuberculösen Darmulcerationen
oder tuberculösen Lymphdrüsen oder dem Urogenitalsystem, auch von
Pleura und Lungen aus und ist am häutigsten tertiär.
In Betreti des Einflusses, welchen der Genuss der Milch uDd
des Fleisches tuberculöser Tbiere auf die Entstehung der menschlichen
Tuberculose hat, steht fest, dass die von Kühen mit Eutertuberculose
stammende Milch höchst gefährlich und dass die Milch tubercu-
löser Kühe mit normalem Euter in der Mehrzahl der Fälle virulent
ist. Auch die verschiedenen Milchprodukte bewahren nachgewiesener-
inassen ihre Infektiosität und künstlich infizirte Butter kann Monate
lang virulent bleiben, Untersuchungen über die Infektiosität der
Milch tuberculöser Frauen ergaben bisher nur negative Resultate.
Das Fleisch tuberculöser Thiere besitzt in gewissen Fällen pathogene
Eigenschaften und eine Infektionsgefahr ist für den Menschen ent-
schieden vorhanden, aber jedenfalls von geringerer Bedeutung, als
von Seiten der Milch tuberculöser Thiere. Sie kann durch sicher
keimtödtende Zubereitung des verdächtigen Fleisches vor dem Genüsse
vermieden werden. Dieses Palliativmitte! ist ungenügend , der
eigentliche Kampf soll gegen die Tuberculose der Sehlachtthiere ge-
führt werden.
Was die Disposition der verschiedenen Organe für die Aufnahme
und Vermehrung des tuberculösen Giftes betrifft, so verhalt sich ihre
Empfänglichkeit für die spontane menschliche Tuberculose nach
folgender absteigender Linie: Lunge, Lymphdrüsen. Darmschleimhaut,
seröse Häute, Kehlkopf, Milz, Gelenke, Knochen, Leber, Nieren,
Genitalien, äussere Haut, Gehirn und Rückenmark, Muskulatur
(fast immun). Für die künstliche Infektion (z. B. von der Subcutis
oder vom Peritoneum aus erzeugt): Lymphdrüsen, Milz, Lunge,
seröse Häute, Leber, Nieren, Genitalien, äussere Haut. Gelenke,
Knochen.
Schliesslich unterscheidet B. in Bezug auf die Formen der
Disposition 1) eine Disposition der Gattung und Art, 2) eine Dispo-
sition der Familie, 3) eine Disposition des Individuums, 4) eine Dispo-
sition der Organe und 5) eine Disposition der Zelle.
Herr PonSck (Breslau). Ueber die Wechselwirkungen
zwischen örtlicher und allgemeiner Tuberculose.
In der parasitären Natur der Tuberculose liegt es begründet,
dass sie zu Anfang lokal auftritt. Als Eintrittspforten werden haupt-
sächlich , neben anderen Invasionsarten , jene Organe anzunehmen
sein, die direkt mit der Aussenwelt kommuniziren. Die spezifischen
Bacillen dringen in die Athemwege ein und finden in dem Exsudate
des von ihnen verursachten „indifferenten Katarrhs“ einen adäquaten
Nährboden, von dem aus eine weitere centrifugale und centripetale
Verbreitung des Virus erfolgen kann. Aus dem Aufhören aller
KrankheitserscheinuugeR und dem zuletzt vollkommenen Verschwinden
der Bacillen aus dem Sputum kann auf eine Vernichtung aller para-
sitären Keime nicht sicher geschlossen werden. Ein kleiner Herd
mit lebensfähigen Bacillen kann vorhanden geblieben sein , welcher
öäkterid. vom X. internationalen medseiimehen Kongresse za Berlin. 143
durch Jahre und sogar Jahrzehnte latent bleibt, um bei einer geeig-
neten Gelegenheit mit einer Wiederholung der früheren Störungen
zu überraschen. Das Ausbleiben einer weiteren Verbreitung der la-
tenten Mikroorganismen beruht, was die Parenchyme anbelangt, auf
der Verstopfung ihrer Saftkanäle mit geronnenem Exsudat, mit
weissen Blutkörperchen, zusarnmengebaiiten Bacillen. Bei den Lymph-
röhrchen und den Vasa afferentia wird das Lumen durch dieselben
Bestandteile oder durch Endothelwucberung und entzündliche Ver-
dickung der Membran verlegt. In den Lymphdriisen wird das Hin-
derniss durch eine überreichliche Wucherung der in den Rindensinus
vorhandenen lymphoi'den Elemente hervorgebracht.
Neben der akuten muss auch eine „chronische11 Miliartuberculose
angenommen werden. Bei letzterer wird im Anschlüsse an eine
lokale Tuberculose die Säftemasse immerhin bereits mitbetheiiigt sein,
indess so, dass die Metastase zunächst weniger wichtige Organe be-
fällt; einen Zustand demnach, wo mangels Transportes virulenter
Keime in lebenswichtigere Organe keine unmittelbare Besorgniss ge-
hegt zu werden braucht, ln Wirklichkeit bilden die Fälle von chro-
nischer Miliartuberculose die Mehrheit.
P. schliesst mit den Thesen:
1) Die Tuberculose ist, weil stets durch einen ectogenen Bacillus
entstehend, eine zunächst örtliche Krankheit.
2) Demgemäss schlägt sie ihren ersten, allerdings mitunter ver-
borgen bleibenden Sitz in denjenigen Organsystemen auf, welche mit
der Aussenwelt in unmittelbarer Verbindung stehen und zwar (in
der Reihe der Häufigkeit) : dem Respiratioos-, Digestions-, Urogenital-
Apparat, den äusseren Hautdecken.
3) Jede an irgend welchem anderen System auftretende Tuber-
culose kann erst auf dem Wege des Lymph- oder Blutstromes aus
Selbstinfektion hervorgegangen sein.
4) Der Uebergang von der örtlichen zur allgemeinen Tuberculose
vollzieht sich bald gleichmässig — markirt durch bacilläre Nieder-
schläge und Tuberkeleruptionen auf der Innenfläche des Milchbrust-
ganges — , bald schubweise — vermittelt durch direkten Einbruch
des Virus in die Blutbahn.
5) Es gibt Verallgemeinerungen mit eigenartig modifizirtem Ver-
lauf, welcher uns zwingt, neben der akuten eine „chronische
Miliartuberculose“ aufzustellen.
Herr Heller (Kiel) vertritt die Ansicht, dass eine Art Dispo-
sition für die tuberculose Infektion vorhanden ist. Sie besteht in
der Verminderung derjenigen Widerstandsfähigkeit, die ursprünglich
alle Menschen in gleichem Maasse besitzen. Diese Verminderung der
Widerstandsfähigkeit kann eine örtliche sein und wesentlich die
Epithelien betreffen, welche in diesem Falle zum bevorzugten Nähr-
boden für die Tuberkelbacillen werden. Letztere vermögen das in-
takte Epithel durchzudringen; etwaige Läsionen des Epithels werden
noch günstigere Eintrittspforten für das Virus schaffen. In der
Regel wird sich nur eine geringe Anzahl der Bacillen ansiedeln,
welche sich aber rasch vermehren können, wenn die entsprechenden
Vegetationsbedingungen vorhanden sind. Bei einer allgemeinen
10*
144 Bakteriol. vom X. iutcrnfctionaleu madicinischen Kongresse zu Berlin.
Verminderung der Widerstandsfälligkeit gegen die tuberculöse In-
fektion ist der Ernährungszustand in Betracht zu ziehen , welchem
sich sehr jugendliches oder sehr hohes Alter, Ernährungsart , ver-
mehrte örtliche Disposition und Anderes mehr ais weitere beachtens-
werthe Faktoren anschliessen. Die aus gewissen Berufsarten resul-
tirenden Schädigungen bilden ein weiteres Moment für eine erhöhte
Disposition des männlichen Geschlechts. Die erbliche Uebertragung
der Tuberculöse kann stattfinden, hat aber ihrer Seltenheit wegen
nicht jene hervorragende Bedeutung, wie die vererbte Disposition.
Herr Bang (Kopenhagen). Ist dieMilch tuberculöser Kühe
virulent, wenn das Euter nicht ergriffen ist?
Durch eine Reihe Impfversuche mit der Milch tuberculöser Kühe,
welche keine wahrnehmbaren pathologischen Veränderungen des
Euters aufwiesen, wurde sichergestellt, dass die Milch solcher
Provenienz eine relativ geringe Pathogenität besitzt. Beim Schlach-
ten der Thiere zeigt sich jedoch , dass in dem scheinbar normalen
Euter nicht selten Tuberkelknötchen Vorkommen, weshalb auch die
Milch der tuberculösen Kühe mit anscheinend gesundem Euter als
verdächtig angesehen werden muss.
Herr Jürgens (Berlin). Ueber einen Fall von perlsucht-
ähnlicher Erkrankung beim Menschen.
J. demonstrirt Präparate von Perlsucht, beim Menschen, in
welchen die fest verkalkten körnigen Knoten den Perl suchtknoten
der Thiere sehr ähnlich sehen und ganz verschieden von der käsigen
Tuberculöse des Menschen erscheinen.
Herr Wyssoko witsch (Charkow). Ueber den Einfluss der
Quantität der verimpften Tuberkelbacillen auf den
Verlauf der Tuberculöse bei Kaninchen und Meer-
schweinchen.
Der chronische Verlauf der nach Verimpfung skrophulöser Drüsen-
raassen entstehenden Tuberculöse bei Meerschweinchen und der häufig
negativen Irnpfresultate bei Kaninchen dürfte, im Gegensätze zu A r 1 ö i n g
nicht au» einer verminderten Virulenz, sondern auf der geringen Menge
der eingeführten Tuberkelbacillen beruhen. Da diese keine septi-
kämischen Eigenschaften besitzen , so lässt sich a priori vermuthen,
dass Verschiedenheiten in der Schnelligkeit des Kiankheitsverlaufes
erhalten w-erden, je nachdem mau wenige oder aber tausende Ba-
cillen dem Thierkörper einverleibt. Um eine gleiehmässige Suspension
der Bacillen zu erzielen, wurden Sputum und Reinkultur-Bouillonauf-
schwenimungen durch sterilisirtes Fiitrirpapier filtrirt und im Filtrat
die Bacillenanzahl genau bestimmt. 6 Kaninchen und 8 Meer-
schweinchen erhielten je 8 — 150 Tuberkelbacillen theils subkutan und
intraperitoneal, theils intravenös verimpft und 3 Kontrollmeer-
schweinchen bekamen gleichzeitig grössere. Mengen desselben Mate-
riales.
Die Resultate ergaben in Ueberein Stimmung mit Hirschbergev
und Gebhardt, dass, je weniger Tnberkelbacillen den Meerschwein-
chen verimpft wurden, desto langsamer die Tuberculöse verlief. Bei
den nach 92--145 Tagen getödteten Kaninchen konnte keine tuber-
Baktefiol. vom X. intcri>Htionalen mediciniscTien Kongresse zu Berlin. 145
culöse Veränderung der inneren Organe oder der Lymphdrüsen nach-
gewiesen werden. Nur bei einem mit 20—30 Baciilen aus Sputum
geimpften Thiere waren in den Luugeu einige kleine harte Knötchen
vorhanden, weiche sich als Herde von interstitieller Pneumonie ohne
Spuren tuberkelalmlicher Bildung erwiesen, aber doch als tubercu-
lösen Ursprunges zu betrachten sind. Es übt demnach die Quantität
der verimpften Bacillen einen bedeutenden Einfluss auf die Ent-
wickelung der Tuberculose bei 'filieren aus , welcher namentlich bei
den weniger empfänglichen Thieren in prägnanter Weise auftritt.
Discussion:
Herr v, Zenker (Erlangen). Dass es ohne den Tuberkelbacillus
keine Tuberculose gibt, kann nicht bestritten werden. Doch gelangen
die Bacillen fast ununterbrochen in den menschlichen Organismus,
ohne die Krankheit hervorzubringeu. Es muss noch die Disposition
hinzutreten, welche bereits als lokale Disposition in den Lungeu-
spitzen und in den Spitzen der Unterlappeu , als den ruhigsten
Stellen des Organs vorhanden, und hier auf die langsamere Lungen-
circulation zurückzuführen ist.
Herr Woodhead (London) demonstrirt mikroskopische Ueber-
siehtsschnitte von ganzen tuberculösen Lungen, welche durch Här-
tung in Müller’scher Flüssigkeit, Einbettung in eine Traganth-
gummilösung und mittelst des Hamilton-Mikrotoms hergestellt
werden.
Herr Orth (Göttingen) sieht die käsigen Veränderungen der
Lunge nicht als einheitliche Erscheinung an, sie sind vielmehr in
Tuberkelgranulationen und exsudative Veränderungen zu trennen.
An der Peripherie der bronchopneumonisehen Herde ist Fibrin reich-
lich vorhanden und lässt sich mit dem Weigert’schen Färbungs-
verfahren leicht nachweisen.
Herr Genersieh (Klausenburg) schliesst sich der x\uffassung
nicht an , dass die Tuberculose eine rein bacilläre Krankheit sei.
Trotz der Aehnlichkeit des Bacillus der Perlsucbt mit dem Tuberkel-
bacillus in Gestalt und Färbbarkeit, trotz der Aehrdichkeit des Perl-
suchtknötchens mit dem miliaren Tuberkel ist die Identität der beiden
Mikroorganismen cioch in Zweifel zu ziehen. Abgesehen von der be-
kannten Verschiedenheit im Kraakheitsverlaufe, in der Lokalisation
und in der ganzen grob-anatomischen Erscheinung der Perlsucht des
Rindviehes gegenüber der Tuberculose des Menschen sei noch auf
einen Umstand aufmerksam gemacht In Deutschland ist die Per-
sucht des Rindes überaus häufig und ebenso die Tuberculose des
Menschen, dies würde ganz gut für die Identitätslehre stimmen. In
Siebenbürgen jedoch ist die Tuberculose des Menschen ebenso häufig,
als nur irgendwo in Deutschland, hingegen die Perlsucht des Rindes
ganz unbekannt. Nach den amtlichen Ausweisen des Klausenburger
Schlachthofes wurden von Juli 1887 bis Deceunber 1889 nahezu
37000 Stück Rinder (fast ausschliesslich von der grauweissen Landes-
rasse) geschlagen und darunter befand sieb kein einziger Fall von
Perlsucht. G. selbst und seine Schüler fahndeten vergebens nach
vier Krankheit. Dieser auffällige Gegensatz im Vorkommen der bei-
]4ü ßakteriol. vom X. iuternatiou&lea mediciuischeu Kongrejsa zu Berlin.
den Krankheiten spricht gegen jene Identitätslehre und berechtigt zu
derHoffnuBg, dass früher oder später spezifische Unterschiede zwischen
Tuberculose und Perlsucht aufgedeckt werden.
Herr Fraenkel (Hamburg) bemerkt, anknüpfend an die Aus-
einandersetzungen Bolliuger’s, dass er in Uebereinstimmung mit
diesem die Ansicht Derer für nicht genügend begründet erachtet,
welche für die Entstehung der Kehlkopftuberculose durch Invasion
des Virus von der Blutbahn aus plaidiren. F. hat sich mit dem
Studium dieser Frage eingehend befasst, zumal in der Lehre von
der Kehlkopftuberculose auch noch andere Punkte der Beantwortung
harren, wie z. B. der, ob alle im Verlauf der Lungenschwindsucht
im Larynx auftretenden Ulcerationen ätiologisch als tuberculose zu
betrachten und ob die Entstehung der Ulcerationen bei der Larvnx-
phthise ausschliesslich auf Rechnung der Tuberkelbacillen zu setzen
sei. Zur Entscheidung der Frage von der Genese der Kehlkopf-
schwindsucht muss man eben beginnende Geschwürsprozesse
untersuchen. Dabei lasse sich feststellen, dass die Bacillen in aller-
erster Linie sich im Oberflächenepithel ausiedein; in diesem finde
man die ersten Veränderungen. Allmählich dringen die Tuberkei-
bacillen dann in die Tiefe und führen weiterhin zu den bekannten
Zerstörungen. An weiter vorgeschrittenen tubercuiösen Erkrankungen
des Kehlkopfs ist die Frage nach der Genese nicht mehr zu Ibsen.
Ist der Bacillus einmal in die Gewebe hineingelangt, dann siedeln
sich häufig andere Mikrobenarten, überwiegend pyogene Staphylo-
und Streptokokken an und unterstützen den Tuberkelbacillus iß
seinem Zerstörungswerk. Diese Invasion ist aber eine sekundäre,
denn man findet Tuberkel bacillen immer in tieferen Gewebsiagen,
als die genannten Kokkenarteu.
Zum Schluss berichtet F r. über einen seltenen Fall von wah r-
scheinlich als primär aufzufassender schwerer tuber-
culöser Erkrankung der Schilddrüse. Das Organ war
bei der betr. Patientin in einen, namentlich die Trachea beeinträch-
tigenden erheblichen Tumor umgewandelt, über dessen Natur Zweifel
herrschten. Die Exstirpation liess sich nur mit gleichzeitiger Ent-
fernung eines grossen Theiles des Kehlkopfs und Rachens bewerk-
stelligen. Die mikroskopische Untersuchung ergab eine, durch den
Nachweis von riesenzellenhaltigen Tuberkeln und den Befund von,
die charakteristische Färbungsreaktion zeigenden Bacillen als solche
erkannte, schwere tuberculose Erkrankung der Schilddrüse, lieber
die Art, wie in diesem Falle die Infektion erfolgt ist, lässt sich
nichts Bestimmtes aussagen.
Herr Marehand (Marburg) wendet sich gegen die seit der Ent-
deckung des Tuberkelbacillus viel verbreitete Ansicht, dass die Ent-
stehung der Lungenphthise bei Erwachsenen stets oder besonders
häufig auf eine direkte Infektion von Tuberkelbacillen zurückzuführen
sei. M. hält diese Gefahr für sehr übertrieben. Seiner Meinung
nach, welche sich auf die Erfahrungen an der Leiche stützt, sind bei
Weitem die meisten Fälle von Lungenphthise auf Infektionen im
frühen kindlichen Alter zurückzuführen , wofür das ausserordentlich
häufige Vorkommen von Drüsenverkäsungen bei Kindern in den
Bf.kteriol. vom X. internationalen medicinUclien Kongresse zu Berlin. ]4?
ersten Lebensjahren , auch ohne LuDgenaffektionen , spricht. Man
muss aber annehmen, dass derartige Herde ausserordentlich lange
latent bleiben und dann durch eine gelegentliche Ursache zur weiteren
Entwickelung und Ausbreitung des Prozesses führen können. Die
pathologisch-anatomischen Thatsachen , welche das beweisen , sind
hinlänglich bekannt, werden aber doch bäuüg bei Beurtheilung der
Entstehung der Phthise ausser Acht gelassen , indem man geneigt
ist, Fälle von Tuberculose, welche z. B. Dach einer vorhergegangeneu
Erkrankung an Masern, Keuchhusten etc. zur Beobachtung gelangen,
auf eine frische Infektion der Atbmungsorgaue von aussen zurück-
zuführen. Bekommt man solche Fälle hinreichend früh zur Unter-
suchung, so zeigt sich, dass bereits eine Drüsenverkäsung vorhan-
den war, von welcher aus dann in Folge der frischen Hyperämie
und Succulenz im Anschlüsse an eine bronchitische oder pneu-
monische Affektion, die weitere Eruption von Tuberkeln in die Um-
gebung ausging. Für die Entstehung der primären Infektion des
kindlichen Organismus fehlt es ja in den ersten Zeiten des Lebens
nicht an Gelegenheiten durch direkte Uebertragung von Bacillen auf
die Schleimhäute.
Herr Meller glaubt nicht, dass die Tuberculose so lange Zeit-
perioden im latenten Zustande verharren kann, wie von Anderen an-
genommen wird , obzwar eine gewisse Latenz der Krankheit nicht
abgesprcchen werden kann.
Herr Ponffek macht wiederholt auf die Beziehungen zwischen
lokalen Kreisiaufverhältuissen und erhöhter Empfänglichkeit auf-
merksam.
Herr Bollinger kann die Perlsucht des Rindes nicht als her-
vorragendes ätiologisches Moment bei der Verbreitung der Tuber-
culose des Menschen ansehen.
XV. Abtheilang: Hygiene.
Herr Cornet (Berlin-Reichenhall). Derzeitiger Stand der Tu-
bercu lo 3 enfrage.
Die Entdeckung des Tuberkelbacillus als Ursache der Tubercu-
lose hat die früheren Anschauungen über das Wesen der Krankheit
mannigfach berichtigt, sie stellt die Möglichkeit einer Prophylaxe in
Aussicht und dürfte vielleicht auch zur Therapie der Tuberculose
führen.
Die Lungenschwindsucht bildet den Ausdruck für die deletäre
Wirkung des im Körper angesiedelten Tubcrkelbacillus. Die That-
sache, dass in den meisten Fällen der primäre Sitz des Leidens in den
Lungen oder den Bronchialdrüsen zu suchen ist, lässt auf die ge-
wöhnliche Eintrittspforte des Krankheitserregers schliessen. Die
Lunge erkrankt häufiger als andere Organe, weil sie vermehrte Ge-
legenheit hat, mit dem tuberculösen Virus in dauernde Berührung
zu kommen. Unzählige Thierexperimente haben gezeigt, dass vorerst
an der Infektionsgegend die Krankheitsveränderungen auftreten, wes-
halb denn auch das anatomische Bild je nach der Infektionsstelle
wechselt. Bei der experimentellen Iubalationstuberculose am Thiero
1 48 Bakterlol. vorn X internationalen modwinischen Kongresse ».u Berlin
erkranken zuerst und am ausgedehntesten die, Lunge und die Bron-
ehiaidrüsen, fortschreitend bis zur Kavernenbildung. Die Frage, ob
die Lungentuberculose in den weitaus meisteu Fällen eine Iuhalations-
tuberculose sei, ist durch die konstanten Resultate dieser in enormer
Zahl angestellten Versuche in positivem Sinne entschieden worden.
Die Lehre von der Heredität der Tuberculose in dem Sinne einer
intrauterinen Uebertragung ist nicht haltbar. Bei der menschlichen
Tuberculose, als einer vorwiegend lokalen Erkrankung, bleiben die
vom Krankheitsherde unabhängigen Se- und Exkrete fast immer
bacillenfrei und da bei phthisischen Eltern nur sehr selten tubereu-
iöse Prozesse im Genitalapparat beobachtet werden, so ist ohne solche
eine Infektion des Samens oder Eies unwahrscheinlich. Allerdings
kommen Fälle mit allgemeiner Bacilleninvasion yor, wie bei der Mi-
iiartubercuiose, oder andere, wo Hoden- oder weibliche Genitaltuber-
culose besteht. Aber diese Fälle sind seltene Ausnahmen und können
da nicht in Betracht kommen, wo es sich um die Aufstellung eines
allgemein geltenden Gesetzes für Erscheinungen handelt, die sich
millionenfach wiederholen. Zudem zeigen klinische und pathologisch-
anatomische Beobachtungen, dass die Tuberculose bei Neugeborenen
so gut wie niemals vorkommt. Die Tuberculosefrequenz nach Alters-
klassen spricht ebenfalls gegen die Vererbungstheorie. Aus den über-
einstimmenden Statistiken der verschiedensten Länder hat sich er-
geben, dass nicht die ersten Jahre der Kindheit und Jugend, welche
doch sonst für andere Infektionskrankheiten sehr empfänglich sind,
das Hauptkontingent stellen, sondern dass die Hauptsterblichkeit ge-
rade die späteren Jahre betrifft, die Zahl der Infektionen also mit
steigendem Alter wächst. Aehnlich verhält es sich bei den Schlacbt-
thieren. Die jungen Jahrgänge, z. B, die Kälber, sind ausserordent-
lich selten tuberculös, und auch hier nimmt die Tuberculose mit den
Aitersjahren zu. Ferner konnte experimentell festgestellt werden,
dass selbst unter jenen Thierspezies, die eine ausgesprochene Neigung
zur Generalisirung der Tuberculose haben und bei denen die Gewebs-
säfte gewissermaassen vou den Infektionskeimen direkt durchdrungen
sind, ein Uebergang der Bacillen auf den Fötus, eine Entwickelung
derselben, nicht zu beobachten war. Wenn aber thatsächlich die
Kinder tuberculöser Eltern häufiger, als andere Menschen an Tuber-
culose zu erkranken scheinen, so liegt hierfür die natürlichste Erklä-
rung wohl in der vermehrten und fortgesetzten Ansteckungsgelegen-
beit, keineswegs aber in der hereditären Disposition, was die Stati-
stiken der Waisenhäuser klar darlegen.
Die Annahme, dass in Folge der allgemeinen Verbreitung der
Tuberculose auch der Tuberkeibaciilus überall Vorkommen müsse, war
eine irrthümliche. Es zeigte sich, dass der Bacillus nur dort in einer
eine Infektion ermöglichenden Form und Zahl sich finde, wo Phthi-
siker sich dauernd aufhalten und ihre Sekrete auf irgend eine Weise
hatten vertrocknen lassen, während bei zweckmässiger Entleerung
der Sekrete, selbst in mit Tuberculösen belegten Krankenräumen,
niemals Bacillen nachgewiesen werden konnten. Ebensowenig finden
sich im Freien oder auf der Strasse zufolge der daselbst staUtindendeu
Verdünnung Tuberkelbacillen in einem eine Infektionsgefahr bedin-
Neue Litteratur.
149
genden Maasse vor. Diese neugewonnenen Thatsachen in Verbindung
mit der Kenntniss der biologischen Eigenschaften des Tuberkelbacillus
gewähren eine feste Basis für die prophylaktischen Maassnahmen.
Diese werden sich hauptsächlich damit zu befassen haben, das Spu-
tum feucht zu erhalten und im feuchten Zustande unschädlich zu
machen, womit wohl die Hauptursache für die Tuberculoseverbreitung
beseitigt wird, wenn auch nicht jede Möglichkeit einer Inhalatiens-
tuberculose, z. B. durch heftiges Anhusten, ausgeschlossen ist.
Praxis, Experiment und Statistik lassen die Tuberculose als emi-
nent kontagiöse Krankheit ansehen. Von den katholischen und evan-
gelischen Krankenpflegerinnen erliegt eine ungeheuere Prozentzahl
der Tuberculose. Dass hieran nicht die durch die Krankenpflege er-
zeugte Schwäche des Organismus Schuld trägt, zeigen die ähnlichen
Verhältnisse in der Armee — einer Auswahl gesunder und kräftiger
Menschen — , bei welcher gleichfalls ein höherer Prozentsatz an Tu-
berculose erkrankt, als in der gleichalterigen Civil bevölkerung.
Nächst der Lungentuberculose ist die Darmtuberculose eine sehr
häufige Lokalisation, die namentlich das kindliche Alter bedroht.
Hier dürfte die Infektion per os stattfinden und zunächst wohl von
den zugeführten Speisen und Getränken herrühren.
(Fortsetzung folgt.)
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Fronau4.iai»iclie Bachdruckerci (Hei mann Polilei in Jena.
und Parasitenkiinde
Bakteriologie
In Verbindung mit'
Csh. Hofr. Fror, Dr. Leitet im Professor Dr. Lceffter
ja Leipzig io Greifswald
kerausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -<*- Jena, den 9. Februar 1891. No. 5.
Preis für den Band (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— >»f Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postacglalten.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um IAeferung non besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den. Verleger , Herrn Gustav Fischer ln Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage, .später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können .
Original- Mittheilungen.
.Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
Von
Dr. Oscar Katz
in
Sydney.
In den Sitzungen der Linnean Society of New South Wales vom
29. Juni und 26. October 1887 gab ich einen vorläufigen Bericht mit
angeschlossener Demonstration von Vertretern von sechs Arten licht-
en t wickelnder Bakterien, die theils direkt aus Seewasser, theils von
todten, spontan leuchtenden Seethieren mittelst der Gelatineplatten,
resp. RoUröbrchenmethode in Reinkultur erhalten waren (Nr. 9
des am Ende dieses Aufsatzes befindlichen Verzeichnisses der be-
IX. Bd. 11
158
K atz ,
nutzten Litteratur). Ich hatte mir vorgenommen, diese Gruppe von
Bakterien einer näheren Untersuchung nach verschiedenen Richtungen
hin zu unterziehen, sowie über die Art und Weise ihrer Verbreitung
Ina Meerwasser in der Nabe von Sydney fortlaufende Beobachtungen
anzustellen. Dazu ist es jedoch, in Folge von anderweitigen Arbeiten,
nur zum Theil gekommen; seit dem Beginn von 1888 bis jetzt ist,
abgesehen von der Weiterführung der Reinkulturen und gelegentlichen
Beobachtungen, in der Sache verhältnissmässig wenig geschehen x).
Da es unbestimmt ist, wann ich den Gegenstand wieder aufuehmen
kann, so verölfentliche ich im Folgenden die Ergebnisse meiner bisherigen
Beobachtungen, die immerhin vollständig genug sind, um ein Urtheil
über die Beziehungen der von mir kultivirten Foirucn zu den unter
anderen Himmelsstrichen gefundenen zu ermöglichen.
Gemäss dem Befunde ihres Verhaltens, aus frischen Kulturen iß
den üblichen Nährmedien, unter dem Mikroskop, gehören die unten
beschriebenen Mikroben zu denen mitStähchenform, zu den ßakteria-
ceen im Sinne Hueppe’s, weicher in dieser Gruppe Bacterium,
mit Arthrosporen- oder doch ohne Endosporen-Bildung von Bacillus
mit Endosporenbiklung trennt. Ich möchte gleich bemerken, dass die
Frage, ob meine Bakterien Sporen bilden oder nicht, und falls sie
dies thun sollten, welcher .\rt dieselben sein und unter welchen Be-
dingungen sie entstehen, ihrer sicheren Entscheidung noch harrt.
Die Frage nach Sporenbildung ist auch bei den vou anderen Be-
obachtern untersuchten und beschriebenen Formen wohl kaum defiuitiv
beantwortet. Beyerinck (Nr. 1, a) giebt zwar von den ihm be-
kannten Arten an, dass sie niemals Sporen bilden, doch ist andrer-
seits in der Dubois’schen Mittheilung über Bacterium Pelagia
(No. 3) von Sporen bei dieser Art ausdrücklich die Rede. Wenn ich
die für jene Organismen in meinen früheren Notizen gebrauchte „ge-
nerische” Bezeichnung Bacillus im Folgenden Doch beibehalte, so
wolle man dieselbe als provisorisch gelten lassen. Sollte die von
Beyerinck (No. L, a) vorgeschlagene, an sich recht passende Be-
nennung Photobacter iu m ais Genus für die Abtheilung der
Phospborescenzbakterien allgemeinen Anklang finden, so wären der-
selben natürlich auch die nachstehend aufgeführten Arten unterzu-
ordnen.
Diese Arten sind:
1) Bacillus cy an eo- phosphor es eens*). Erhalten aus
einer Probe Seewassers von der Küste bei Little Bay, ungefähr
17 km südlich von Sydney. Ein an Ort und Stelle am 6. Juni 1887
aDgefertigtes Nährgelatine-Rollröhrchen, etwa 0,5 ccm des Seewassers
enthaltend, lieferte zwei Kolonieen des betreffenden Mikroben. Derselbe
ist, wenn auch nicht geradezu identisch, so doch jedenfalls nahe ver-
1) Beiläufig mag erwähnt sein , dass bei Gelegenheit der zweiten Zusammeu
kauft von Mitgliedern der ,,Aastralasian Association for the Advancement of Science*
in Melbourne, im Januar 1890, di« Leuchtbakterien den Gegenstand eiues mit Demou
strationen verbundenen populären Vortrages von mir in der Biologischen Sectio d jene*
Association bildeten.
2) Die Speziesnamen sind einstweilen aus der vorhin bereits erwähnten vorläufigen
Mittheilung herübergecommen.
Zu r Kenntnis» der Leuchtbakterien.
159
wandt mit dem Fische r’schen aus dem westindischen Meer (Ba-
cillus phospborescens Fischer — Photobacterium in-
dicum Beyerinck).
2) Bacillus smaragdino-phosphorescens. Isolirt vod
einem am 9. Mai 1887 vom Fischmarkte in Sydney u. A. bezogenen
Hering (Clupea hypselosoma Bleek.), welcher mit frischem See-
wasser befeuchtet und zwischen zwei Tellern aufbewahrt, bereits
nach kurzer Zeit an mehreren Stellen seiner Oberfläche leuchtete.
Diese Art erinnerte in gewissen Punkten sehr an die aus der Ostsee
bekannt gewordenen Formen (Photobacterium phosphore-
seens [Cohn] Beyer, und Ph. Pfiügeri [Ludw.] Beyer. [No. 1, a,
Referat] ).
3) Bacillus a r gen teo - p h o sph o r escens I. Wiederholt
erhalten (1887) aus Proben von Seewasser bei Elizabeth Bay, an der
Südseite von Port Jackson (des Hafens von Sydney), zuerst anfangs
Mai jenes Jahres. Die Art lässt sich mit den unter 4) und 5) auf-
gezählten zwanglos zu einer engeren Gruppe vereinigen. Der mir
zugänglichen Litteratur über Leuchtbakterien nach zu urtheiien,
sind derartige Formen von anderswo noch nicht beschrieben ; mög-
licherweise steht in naher Beziehung zu denselben eine von Beye-
rinck (No. 1, a) eben angedeutete, aus der Ostsee stammende
Art, die nach ihm vielleicht als Varietät von Photobact.
Fischeri Beyer, (dem „einheimischen Leuchtbacillus‘‘ nach Fischer
[No. 5, c]) zu betrachten ist.
4) Bacillus argeuteo-ph osphorescens II, Isolirt Mitte
September 1887 von einem spontan leuchtenden Stücke einer Art
Tintenfisch (Genus Loligo), ausserdem von spontan leuchtenden
Stücken des „Gar-fish“ der hiesigen Fischerleute (H e m i rh a ni p h u s
intermedius Cant.). Sowohl dieses wie jenes Material war von
einigen aus einer Fischhand 'urig bezogenen und zu Kulturversucben
später verwendeten Exemplaren übrig geblieben. Die mit Seewasser
benetzten und bei Zimmertemperatur gehaltenen Ueberbleibsel leuchte-
ten über und über nach weniger als einem Tage.
5) Bacillus argen teo - phosphor escens III. Isolirt
neben der vorhergehenden Form aus dem leuchtenden üeberzuge
eines Fragmentes des oben erwähnten Tintenfisches.
6) Bacillus argen teo-phosphor escens liquefaciens.
Erhalten aus einer Probe Seewassers an der Küste bei Bondi Bay,
in geringer Entfernung Yon Sydney. Eine am 11. September 1887
daselbst angefertigte, etwa 0,5 ccm des Seewassers enthaltende Nähr-
gelatine-Rollplatte ergab späterhin vereinzelte Kolo ni een obiger Art.
Dieselbe scheint dem Photobacterium luminosum Beyer.
(No. 1, a) nahezukommen.
Morphologische Eigenschaften ’ ).
1) B. cyaneo-phosphor. ln gefärbten Deckglaspräparaten
von frischen Agarkulturen, gerade, an den Enden abgerundete Stäb-
1) Die Angaben unter dieser Ueberschrift beziehen sich auf Beobachtungen, welche
kurze Zeit nach der Gewinnung der verschiedenen Arten angestellt wurden.
11*
160
Ratz,
chen darstellend, bis zu circa 0,0026 mm Länge, welche circa 21/»
Mal die Dimension des Dick endurchmessers ist. Derartige Präparate mit
Lo eff ler ’s Methylenblaumischung oder anderen Auilinfarblösungen
behandelt, zeigen theilweise eine auf die Enden und Seiten der Ba-
cillen beschränkte Färbung. Material von einer frischen Kultur auf
alkalisch gemachter Kartoöelscheibe lieferte stattliche Stäbchen,
welche sich gleichmässig färbten, und vereinzelte Fäden. Gram’s
Methode ist für alle Fälle gut geeignet. Im hängenden Tropfen von
Nährbouillon im hohlgeschliffenen Objektträger 24 Stunden bei
20—22 0 C kultivirt, zeigten die einzeln oder zu zweien vorkommen-
den Stäbchen lebhafte Eigenbewegungen. Verhältnissmässig selten
waren Fäden, die dann aber hier und da eine beträchtliche Länge
aufwiesen; bei fortgesetzter Kultur sah man bis zu 0,8 mm lange
Fäden, die mannigfach gebogen und eingeknickt erschienen ; Lokomo-
tion wurde an ihnen nicht wahrgenommen.
2) B. smaragdino-phosphor. In gefärbten Deckglasprä-
paraten von frischen Kulturen auf (8 prozent.) Nährgelatine gedrungene
Stäbchen auf einem Längendurchmesser bis zu etwa 0,002 mm und
einer etwa halb so viel betragenden Breite. Enden etwas verjüngt.
Bei Behandlung mit Loeffler’s Methylenblaugemisch oder mit
Vesuvinlösung färbte sich fast nur die Peripherie, und auch dann
gewöhnlich unregelmässig, während der übrige grössere Theil der
Zellen sieb vakuolenartig, ungefärbt darstellte. Nach der Gram’schen
Methode färbte sich ein grösserer Antbeil der StäbcheD, als sonst.
Die auf alkalischer Kartoffelscheibe gezüchteten Bacillen waren nach
Anordnung und Grösse den von Gelatine entnommenen ähnlich, doch
war in den mir vorliegenden, mit dem erwähnten Methylenblau tin-
girten Präparaten die Färbung der Regel nach eine gleichmässige.
Im hängenden Tropfen von Nährbouillon wurde bei der von Zeit zu
Zeit vorgenommenen Untersuchung weder Eigenbeweguug noch
Fadenbildung beobachtet. Die Individuen waren entweder ein-
zeln oder zu zweien zusammenhängend; jung waren sie fast kokken-
gleich.
3) B. ar ge nteo- phosphor. I. In gefärbten Deckglasprä-
paraten von frischen Kulturen auf (8 prozent.) Nährgelatine schlanke,
gewöhnlich schwach gekrümmte, an den Enden verjüngte Stäbchen
von circa 0,0025 mm Länge und einer circa 1/3 der Länge betragenden
Dicke. Mit Loeffler’s Methylenblau färbten sie sich, obigem Nähr-
boden entnommen, nur schwach, durchschnittlich gut und gleichmässig
dagegen in frischem Kulturmaterial von alkalischer Kartoffelscheibe.
Gram’s Methode war anwendbar. Im hängenden Tropfen von Nähr-
bouillon deutliche Eigenbewegung; nach 24-stündigem Stehen bei
20—22 0 C sah man einzelne oder in Theilung begriffene, seltener
zu zweien zusammenhängende Stäbchen; bei fortgesetzter Kultur traten
vereinzelte, bis zu 0,1 mm lange, wellig verlaufende Fäden auf.
4) B. ar ge n teo- phosp h o r. II. In gefärbten Deckglasprä-
paraten von frischer Nährgelatinekultur gestreckte Stäbchen mit ab-
gerundeten Enden. Ihre Länge betrug bis zu ungefähr 0,0027 mm,
ibre Breite ungefähr 0,00067 c.m. Loeffler’s Methylenblau be-
wirkte eine homogene und gute Färbung. Im hängenden Tropfen
Zur Kenntnis« der Leuchtbakterien
161
wurden sie ohne Eigenbewegung gefunden; bei der Kultur entwickel-
ten sieb vereinzelte, kurze Fäden.
5) B. argeuteo-pbosphor. III. In gefärbten Deckglasprä-
parateu von frischer Nährgelatinekultur erschienen die Individuen
im Allgemeinen ein wenig diinncr, als diejenigen der vorigen Art, waren
den letzteren aber sonst ähnlich. Im hängenden Tropfen wurde
sehr deutliche Eigenbewegung konstatirt; bei fortgesetzter Kultur be-
obachtete man, ausser sehr häufigen Diploformen, kurze Fäden.
6) B. argen teo-phosp hör. liquef. In gefärbten Deckglas-
präparaten von frischen Agarkulturen entweder gerade oder leicht
gebogene Stäbchen, circa 0,002 mm lang und ein Drittel so breit;
Enden abgerundet. Mit Loeffler’s Methylenblau färbten sie sich
leicht und gleichmässig. Im hängenden Tropfen von Nährbouillon
zeigten sie sehr lebhafte Eigenbewegung ; es kam daselbst zur massen-
haften Bildung von längeren und kürzeren, gewundenen und gebogenen
Fäden.
Als den sechs Arten gemeinschaftlich gilt, dass Beweise für eine
etwaige Sporulation bei denselben bis jetzt noch fehlen; in dieser
Hinsicht mag erwähnt sein, dass besondere, nach der Neisser-
schen Sporenfärbungsmethode angestellte Versuche bei den unter
1—3 aufgeführten Arten negative Resultate ergaben; die Versuchs-
objekte waren Kulturen in Nährbouillon, nach 3-tägigem Stehen bti
20—23° C.
' Kulturinerkmale.
Plattenkulturen in öprozent. Nährgelatine *).
J) B. cyaneo- phosphor. Nach 18 Stunden, bei 21—22° C,
waren die Kolonieen bereits wohl bemerkbar. In der Grösse zwischen
den oberflächlichen und den im Innern der Gelatine befindlichen be-
stand um diese Zeit wenig Unterschied; von den letzteren waren
einige grösser, als die vor* vornherein oberflächlichen. Von der Se.ie
betrachtet liess die Gelatineobei fläche, den Stellen der letzteren Kolo-
nieen entsprechend, flache, kreisförmig umschriebene Einziehungen er-
kennen, auf deren Grunde die Kolonieen lagen. Der Anfang einer
Verflüssigung war damit gegeben. Der bei den kleineren Kolonieen
von etwa 0,2 mm Durchmesser noch scharf ausgeprägte uud kreis-
runde Kontour war bei den grösseren von 0,25—0,3 mm Durchmesser
bereits etwas verschwommen und durch eine wellig verlaufende Linie
gekennzeichnet. Der Inhalt war bei durchfallendem Lichte unter
schwacher Mikroskopvergrösserung hellgelblich-grau und homogen fein-
körnig. Die tiefen Kolonieen besassen vollständige Kreisgestalt im
optischen Durchschnitt, scharfen, glatten Kontour und ein dunkel-
graues Kolorit; Inhalt durchaus homogen und deutlich gekörnt;
Durchmesser 0,25—0,4 mm. An einigen der so beschaffenen tiefen
1) Wo immer von Näbrgelatine die Rede ist, ist damit das in der üblichen Weise
bergostclte Nährmedium gemeint; auf 100 ccm Kindflfiisehinfus kamen 1 g Pepton, sicc.,
0,6 — 0.7 g Kochsalz, und je nachdem 6 oder 8 oder 10 g bester Gelatine. D' : Reak-
tiou derselben, falls nicht gegenseitig bemerkt, war leicht alkalisch, hai-gestellt ttels!
Dinatriumkarbonatlösung.
162
Katz, Zur Keantniss der Leucbrbakterien.
Kolonieen zog eine lebhaft wimmelnde Bewegung ihres Inhalts, ohne
dass sieh der Kontour änderte, die Aufmerksamkeit auf sich. Die
Temperatur zur Zeit der Beobachtung war etwa 17 0 C (August 1887).
Diese Erscheinung deutet auf ausserordentliche Beweglichkeit der
individuellen Stäbchen hin, wie dieselbe denn auch in einer Probe
solcher Kolonieen bei starker Vergrösserung sogleich zu Tage trat.
Nach weiteren 24 Stunden — Temperatur 21—22° C — be-
rührten die von Anfang an oberflächlichen, jetzt circa 0,6 mm breiten,
unregelmässig grob ausgebuchteten, schmutzig bräunlich-gelben Ko-
lonieen die Glasplatte; sie waren umgeben von einem 0,5 — 0,7 mm
breiten Gürtel verflüssigter Geiatine (optischer Durchschnitt). Letztere
zeigte bei schwacher Mikroskopvergrösserung und durciifalleudem Licht
heilgraue oder gelblich-graue Färbung und köruelige Struktur und
enthielt hier und da Ansammlungen dichterer, daher dunkler als der
Rest erscheinender Köruermassen. Begrenzung der Verflüssigungszone
ziemlich verschwommen, im Grossen und Ganzen kreisförmig. Die
von vornherein in der Tiefe gelagerten Kolonieen waren jetzt schmutzig-
gelblich-braun mit einem Stich ins Grünliche; Kontour mit kurzen
und seichten Ausbuchtungen versehen, immerhin noch wohl ausge-
prägt; Durchmesser 0,3 — 0,5 mm. Sie waren umgeben von einer
0,05—0,1 mm starken Hülle verflüssigter Gelatine, von homogenem,
fein granulirtem, lichtbraunem oder lichtgrauem Inhalt und mit zier-
licher radiär verlaufender Streifung oder Strichelung. Die Begren-
zungslinie dieser Hülle gegen die noch solide Gelatine war ziemlich
scharf ausgeprägt.
Proportional dem energischen Wachsthum der räumlich gut ge-
trennten Kolonieen war auch die Verflüssigung der Gelatine eine
rasche. Die nach dem Herabgleiten der verflüssigten Massen auf der
Platte zurückbleibenden, ursprünglich oberflächlichen oder nahezu
oberflächlichen Kolonieen waren von aschgrauer Färbung und unregel-
mässig zerfetzter Berandung.
Bei dichtgedrängter Aussaat der Keime war die Gelatine auf
der Platte bereits nach 18 Stunden total verflüssigt.
Im Zustande der Verflüssigung gaben die Plattenkulturen einen
eigentümlich faden Geruch von sich, wie er auch bei anderen Bak-
terien, z. B. gewissen Wasserkulturen, angetroffen wird.
Noch ein Wort über die im Innern von Nährgelatine wachsenden
Kolonieen. In deu später zu erörternden Stichkulturen, falls nur ver-
einzelte Keime im Stichkanal abgelagert waren, oder nach Einbrin-
gung von wenigen Keimen in ein Reagensglas mit vorher verflüssig-
ter steriler Nährgelatine, welche man dann wieder säulenförmig er-
starren liess, war denselben Gelegenheit zur ungestörten Entwickelung
gegeben. Die resultirenden Kolonieen stellten schliesslich hyaline,
glatt-kontourirte, von verflüssigter Gelatine gebildete Kugeln dar, in
deren unterem Theile sich die gelblich-weissen, krümlicheu Kultur-
rnassen zu einem verhältnismässig kleinen Haufen aDgesammelt hatten.
Bei einer derartig beschaffenen Kugel, welche sich iD der Tiefe einer
Stichkultur in gewöhnlicher 6 prozent. Nährgelatine unbehindert von
dem übrigen Waebsibum entwickeln konnte — dieses war in Folge
der Art und Weise des Impfcns ein anormales, langsames, s. unten —
van Overbeek de Meyer, Ueber die Bereitung des Nähragars. 163
betrug der Durchmesser Dach 58 Tagen, während welcher die Kultur
bei etwa 20 — 22° C stand, ungefähr 6 mm.
Später wiederholt angelegte Platteukulturen in einer 10 prozent.
Nährgelatine ergaben ein dem von solchen Kulturen in der 6 prozent.
Nährgelatine im Grossen und Ganzen ähnliches Bild *).
(Fortsetzung folgt.)
Ueber die Bereitung des Nähragars.
(Mittheilungen aus dem hygienischen Laboratorium der Reichs-
Universität in Utrecht.)
Von
Professor Dr. van Overbeek de Meyer
in
Utrecht
Während die Anfertigung der Nährgelatine zu bakteriologischen
Untersuchungen wohl keinem Laboranten einige Mühe macht, ist die
Bereitung des Nähragars nicht so leicht und macht dieselbe Man-
chem einen ziemlich grossen Verdruss. Mein Assistent, der Militär-
arzt Herr J. A. Vrijheid, und ich, wir haben uns darum bestrebt,
das bisher allgemein übliche Verfahren sehr zu erleichtern, und wir
haben einen völlig befriedigenden Ausweg gefunden bei Benutzung
1) Die energische Verflüssigung der Gelatine durch diese Mikroorganismen beruht,
in ähnlicher Weise wie bei vielen anderen verflüssigenden, auf der Wirkung einer im
Stoffwechsel der Bacillen gebildeten, peptonisirenden Substanz. Dieses erhellt aus zwei
von mir angesteilten Versuchen: 1) Nachdem eine itn Beagensgias befindliche Emulsion
von frischer Kuitnr, auf sterilisirtem Fisch (s. anten), in sterilisirtem Seewasser — die
Emulsion leuchtete sehr stark — auf 45 Minuten in Wasser von 55° C eingetaucht er-
hallen war — diese Prozedur tödtete die Organismen — wurde von der nun dunklen,
gut dnrchgeschdttelteu Masse circa tji0 ccm mittelst sterilisirter Pipette mit zuvor ver-
flüssigter 6prozent. Kaniachenbrühe-Pepton-Kochsalz-Gelatine von leicht alkalischer Reak-
tion gemischt und die Mischung ohne Weiteres erstarren gelassen (2S. IX. 1888). Bei
Zimmertemperatur hingestellt, begann die Gelatiue sich laugsam zu verflüssigen; am
19. X war der ganze Inhalt dickflüssig; wieder angesehen am 16 XI dünnflüssig.
Sonst war das Aussehen ähnlich dem von Kontrollröhrchen. (11). Von einer der obigen
analogen, intensiv leuchtenden Emulsion wurde unter Zuhülfenehme eines Gebläse» eine
Portion durch eine C h a m b e rl a n d’sche Porzellanzelle filtrirt. Die Filtration ging sehr
langsam vor sich. Das Filtrat war wasserklar, nach Fisch riechend, Dicht leuchtend,
während das in der Filterzeile: zurüekbleibonae Material prächtig phorphoreszirte. Nach-
dem eine kleine Menge des Filtrats abgetropft war, wurden drei Tropfen in einem
Röhrchen mit zuvor verflüssigter Nährgelatine (wie oben) aufgefangeu , in derselben
vcrtheilt und darauf die Mischung erstarren gelassen (29. IX 1888). Dieselbe blieb
dauernd steril. Dahingegen zeigte sie sich am 19. X. oberflächlich zähflüssig, ohne
dass beim Neigen des Glases etwas berabfloss; wiederum angesehen am 16. XI., war
sie eine durchaus dünnflüssige, klare Masse. Die Temperatur während der Beobach-
tutigspcriode blieb von der für eine Verflüssigung d8r intakten Nährgei atiuo erforder-
lichen stets entfernt.
Für Photobacteriuui lum inosutn bringt B e y o r i n c k (No. 1 a. p. 408) einen
airikten Beweis von der Anwesenheit eines besonderen , leicht ditTundirbaren , die Lö-
sung der Gelatine bewirkenden Enzyms.
164 van Overbeek de Meyer, Uebflr die Beraitaug des Nähragars.
meines Desinfektionsofens, dessen Desiufektiousraum eine konstante
Temperatur vod etwas über 100 0 C bis lül 0 C sichert.
Das in möglichst kleine Stückchen zerschnittene Agar wird im
Verhältniss von l1/* — 2°/o iu 0,5 Liter der gewöhnlichen LoeflTer-
schen ßouilion eingeschüttet; sogleich erfolgt der Zusatz von 1%
Pepton uud 0,5% Kochsalz und man lässt das Agar in dieser Flüssig-
keit bloss eine Stunde quellen. Daun wird die Masse in meinem
Desinfektionsolen (kleinste, für Laboratorien passende Grösse) 3/4 Stunde
hindurch im strömenden Wasserdampf von etwas über 100° G gründ-
lich gekocht; das Agar wird somit gelöst uud die koagulablen Ei-
weisssubstanzeu werden ausgeschieden. Jetzt folgt die Neutralisirung,
resp. die Sorge für eine passende Reaktion. Die Mischung bleibt
einige Zeit hei&s stehen, bis die Klärung einigermassen erfolgt ist.
.Inzwischen wird in einem Glastrichter von über 0,5 Liter Inhalt ein
Filter angefertigt von starkem, einfach zusammengelegtem Fliesspapser
— die Sorte nämlich, welche in der Pharmacie zum Fiitrireu vou
Syrupen benutzt wird. Man kann es unterlassen, das Filter vou
vornherein mit kochendem Wasser anzufeuchten. Das Filter wird
auf einen einfach gereinigten, nicht sterilisirten Glaskolben aufgestellt,
mit Watteverschluss um den Hals des Trichters. Der bereit stehende,
durch Absetzung schon ziemlich geklärte und noch heisse Bouillon-
agar wird vorsichtig in das Filter abgegossen, und der Trichter
wird mit einem Uhrglase abgedeckt (die konvexe Seite nach obeu
und der Rand denjenigen des Trichters überragend). Dieser Apparat
muss 3/4- i Stunde abermals dem strömenden W asserd ampfe im
Desinfektionsofen übergeben bleiben uud man wird dann ungefähr
0,25 Liter recht schönen Bouillonagars fillrirt finden. Der Trichter
wird aus dem Kolben langsam herausgenommen und der Watte-
pfropfen bildet den gewünschten keimfreien Verschluss des Kolbens.
Soll eigentliümlichen Zwecken gedient werden durch besondere
Beimengungen, dann wird die erlangte Menge des Bouillonagars ge-
messen und erfolgt der Zusatz vou Traubenzucker, Glycerin u. s. w.
in dem gewünschten Verhältnisse. — Jedenfalls wird der erhaltene
Nähragar eine gute halbe Stunde im Desinfektionsofen sterilisirt und
diese Sterilisirung an den zwei folgenden lagen wiederholt.
Der Bodensatz, der bei der beschriebenen Klärung zurückbleibt,
kann natürlich in derselben Weise in einem zweiten Trichter zu-
gleich filtrirt werden; das Filtriren erfordert aber selbstverständ-
lich etwas, aber nicht viel, mehr Zeit. Im Ganzen wird immerhin
aus 500 g Fleischwasser ungefähr 0.5 Liter Nähragar erhalten. —
In meinem Laboratoriumsofen werden gewöhnlich vier Filtrirapparate
neben einander aufgestellt.
Auch die Füllung der Reagensgläscr, entweder mit Nährgelatine
oder mit Nähragar, machen wir viel einfacher, als es nach den
klassischen Vorschriften geschehen sollte. Neue (ungebrauchte) Gläser
werden nach Carl Fraenkel (Grundriss der Bakterienkunde, 3. Aufl.)
mit angesäuertem Wasser gereinigt. Alte Reagensglaser werden aber
ganz einfach mit Leitungswasser gereinigt, zum Trocknen umgekehrt
auf ein hölzernes Gestell gesetzt, dann mit eiutm Verschluss von ge-
wöhnlichen entfetteten Watten versehen, endlich in diesem völlig uu-
Kinnen, Eia neues KultorgeOiss.
165
sterilisirten Zustande gefüllt uud dann sofort im Desinfektionsofen
oder im Papin’schen Topfe (jedoch ohne Deberdruck) 25—30 Mi-
nuten laug sterilisirt; an zwei auf einander folgenden Tagen wird
diese Steriiisirung wiederholt, und die auf diese Weise präparirten
Gläser halten sieb Monate iasig gut; fast nie wird die beschriebene
Anfertigungsmethode ungenügend befunden.
Der Glycerinagar wird auch bei unseren bakteriologischen
Arbeiten sehr oft angewendet. Es kommen aber dabei einige Be-
sonderheiten heraus, welche ein näheres Studium verdienen; z„ B.
das auffallend rasche Vertrocknen einer Reinkultur von Spirillum
Fi a kl er Prior, das eigenthümliche Wacbsthum von Staphylo-
eoccus pyogenes citreus, die abnorme Färbung von Kulturen
des 8, cyanogenus, der Rosahefe u. s, w, — Dieser ausgezeich-
nete, feste und durchsichtige Nährboden hat übrigens auch bei uns
die Benutzung des durchsichtigen Blutserums in den Hinter-
grund gedrängt. Die umständliche fraktionirte Sterilisation haben
wir jedenfalls ganz verlassen. "Wir bedienen uns aber in bestimmten
Fällen recht gerne des — zwar weniger durchsichtigen — kalt
sterilisirten Blutserums, welches wir uns sehr bequem, rasch und gut
bereiten mittelst eines nach unseren Anweisungen konstruirten Appa-
rates, bestehend aus Cham beri and -Röhre, Druckpumpe, Behälter
und Manometer.
Utrecht, 8. Januar 1891.
Ein neues Kultegefass.
Yod
Regimen tsarzt Dr. Ludwig Kasten
in
C z e r now i t z.
Mit 1
Gelegentlich einer grösseren Reihe von Wasseruntersuchungen,
welche ich im Laufe des vorigen Jahres unternahm, hatte ich, um
Impfungen des Wassers und Ausgiessen der Platten an Ort und Stelle
vornehmen zu können, abwechselnd die Ko wal ski’schen trichter-
förmigen Kolben und Lipez’s Kulturgefässe benutzt. Es dürften
wohl Jedem, der sich mit Wasseruntersuch engen befasst, sowohl die
Vor- als auch Nachtheiie dieser Gcfasse bekannt sein, so dass ich
füglich von einer eingehenden Schilderung derselben absehen kann.
Die Schwierigkeit der Durchmusterung der aufgegangeaen Kolonieen
in den Ko wal ski’schen Kolben, namentlich bei Anwesenheit vieler
und rasch verflüssigender Keime einerseits und die ungleichmässige
Ausführung der Lipez’ sehen Kulturgefässe, welche wegen einer zu
starken Krümmung des Halstheiles mitunter selbst unter starker
Verbiegung der Platinnadel die am Grunde des Gefässes befindlichen
Koienieeu nicht erreichen liess, ohne dass man mit dem Ende des
166
Kamen, Ein neues Knlturgefäss.
Glasstabes andere Kolonieen berührte, als auch die Schwierigkeit der
Probenentnahme von den beim Halse befindlichen Winkeln anderer-
seits, veranlassten mich, nahezu gleichzeitig mit Herrn Dr. Johann
Petruschky und vollkommen unabhängig von inm, ein neues
Kulturgefäss zu konstruiren, welches frei von den Mängeln der oben-
erwähnten Gefässe deren meiste Vortheile verbinden sollte.
Die leitenden Gesichts-
punkte waren zum grössten
Theiie identisch mit denen,
welche Petrusch ky zur
Konstruktion seines in No. 20
dieses Blattes vom 6. Novem-
ber 1890 beschriebenen plat-
ten Kölbchens führtet) ; es
waren dies erstens die Be-
seitigung der Krümmung des
Halstheiles und zweitens die
der für die Entnahme un-
bequemen Winkel der Li-
pez ’ sehen Kulturgefässe un-
ter Beibehaltung der Eignung
für die Durchmusterung der
Gläser mit Hülfe der Lupe
und des Mikroskops. Mit
Rücksicht auf die letztere
beizubehaltende Eigenschaft
konnte die Form der Ko-
walski’ sehen Kolben über-
haupt nicht in Betracht kom-
meu und so ging ich an eine
wesentliche Modifikation der
Lipez’ sehen Kulturgläser.
Nach einigen unwesent-
lichen Aenderungen der ur-
sprünglich von mir angege-
benen Form lieferte mir die
Firma Dr. Hermann Rohr-
beck in Berlin, welche zwar schon Anfang Oktober die Herstellung
dieser neuen Gläser übernahm , aber in Folge einiger technischer
Schwierigkeiten in derselben und der daraus resultirenden, wenn auch
unwesentlichen Umgestaltung der Form erst im Dezember die definitive
Ausführung der Gläser bewirken konnte, eine Anzahl dieser von mir
angegebenen Kulturgefässe, deren Gestalt aus der beigegebenen Zeich-
nung ersichtlich ist.
Ich müsste mich rein der Worte des Herrn Dr. Petruschky
bedienen, welche er seinem platten Kölbchen, mit dem mein neues
Gefäss unstreitig viel Aehnlichkeit besitzt, auf den Weg gibt, um die
Vortheile meines Kulturglases, welches mit ca. 12 ccm Nährboden ge-
füllt wird, hervorzuheben. Es sei nur des an der unteren Fläche des
Gefässes befindlichen, in Form einer schiefen Ebene sanft abfallenden
T b b e n f , Üenersticas- u. Wirtbswechsel unserer einheim. Gymnospor.-Arteo. Jß7
Einschnittes erwähnt, der eine bequeme, ohne besondere Verkrümmung
der Platinnadel zu bewerkstelligende Entnahme von Kolonieen, die sich
in der Nähe des Halses entwickelt hatten, bezwecken soll.
Und so beschränke ich mich darauf, dasselbe behufs Erprobung
der Oeffectlichkeit zu übergeben, indem ich ausdrücklich betone,
dass ich mit der Konstruktion dieses neuen Kulturglases nur einen
brauchbaren Ersatz für die Kocb’sche Platten methode, die sich,
wie bekannt, vorzüglich für Laboratoriumarbeiten eignet, in allen
jenen Fällen zu bieten beabsichtigte, wo die letztere aus praktischen
Gründen nicht gut anwendbar ist.
Czernowitz, am 3. Januar 1891.
Generations- und Wirthswechsel unserer einheimischen
Gymnosporangium-Arten und die hierbei auftretenden
Formveränderungen.
Von
Dr. C. von Tuheuf,
Privatdocenten an der Universität München.
Kit 3 Abbildungen.
(Schluss.)
Zum Schluss muss übrigens bemerkt werden , dass auch auf
Crataegus Oxyacanthaeiu grosser Theil der Infektionen mit
Gy mnosporangium clavariaeforme in der Natur zwar dicke,
rothe Blatterhöhungen erzeugt, aber keine Aecidien bildet.
Es können somit die Infektionsversuche als nicht völlig abgeschlossen
betrachtet, sondern mögen zahlreich wiederholt und fortgesetzt werden.
Was die Verwechselung der Hendersonia foliicola Fuckel
mit Podisoma foliicolum Berk. = Podisoma Juniperi
a minor Corda anlangt, so ist zu konstatiren, dass Corda
jedenfalls Gymnosporangium conicum (= juniperi num
= tremelloides) auf den Nadeln von Junip. communis vor
sich hatte uud die 2-zelligen Sporen auf langen Stielen zeichnete.
Die eigenthümliche Felderung der Sporen ist jedenfalls durch die
schlechte Wiedergabe schaumigen Protoplasmas hervorgerufen. Das-
selbesieht. bei schwacher Vergrösserung der betreffenden Figur ähnlich.
Ganz mit Unrecht hat Fuckel die Hendersonia folii-
cola Berk, für identisch mit Corda’s Podisoma Juniperi a
miuor (Cd. Ic. I. 8. tab. II. fig. 122) erklärt.
Er schreibt von der Hendersonia, dass sie sehr selten auf
welken Blättern von Juniperus communis vorkomme.
Dem gegenüber ist zu bemerken, dass die Hendersonia sich
sehr häufig auf den Blättern des gemeinen Wachholders findet, und
zwar nicht erst auf den abgestorbenen, sondern schon auf den grünen
lebenden.
168
T u b e u f ,
Fig. 1. G y m a o s p o r a n g : um tr« m e 1 1 o i d e 3.
1. Junge Teleutosporenpolster, die Binde durchbrechend (April). 2. Späterer Zu-
stand, gequollen. 3 Ein Gallertlappen von oben mit umgeschlagenen Bändern , die
die Unterseite dieses SporenbaufeBs zeigen. 4. Eine Wachholdernadel mit 3 Sporen-
poistern. 5 Junge Pflanze mit Sporenpolstern auf den Nadeln. (Vom Würmsee). 8, 7,
8., 9 , 10. dick- und dünnwandige Sporen. 6 Die Theilsporen trennen sich (von der
Nadel). 11. Promyeel mit Sporidie. 12. Sporidie keimend.
Die SporeDhäufchen sind leicht mit blossem Auge als schwarze
Körnchen, die das Blatt auf der nach oben gewendeten Innenseite be-
decken, zu erkennen.
Ein mikroskopischer Schnitt zeigt uns die länglichen , braunen
und querseptirten Sporen auf der Oberfläche des Blattes von einem
Mycel abgeschnürt, welches sich weiter im Biattinnern verbreitet und
den Pilz als echten Parasiten charakterisirt. Somit ist die
Synonymie dieser beiden Pilze, welche sowohl in den neueren pa-
thologischen Werken, wie in den systematischen, sich findet, zu
streichen.
Ree ss wies zwar hierauf schon hin, aber seine vielleicht durch
das „wohl“ nicht genügend bestimmte Anmerkung ist bis jetzt nicht
durchgeörungen.
Was nun Corda’s Podisoma Juniperi a minor betrifft
so findet sich dasselbe schon bei Oersted, „Oversigt over det
kongeiige dauske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger. 1866. S. 184
in unverkennbarer Weise auf den Wachholdernadeln abgebildet Es
ist weiter nichts, als da3 auf die Nadeln übergegangene Gymno-
sporangium conieum (tremeiloides). Merkwürdiger Weise
wurde es spater nicht mehr auf Nadeln gefunden und nur die zweig-
Generation«- u. Wirthswechscl unserer einheim. Gymnosporangium-Arten, 169
Fig. 2. G y m n o sp oran gi u m clavariaeforme.
1, 2, 3. Sporenhaufen in verschiedenen Stadien der Entwickelung, 3. gequollen
und im Begriffe abznfallen. 4, 5, 6 dick- und dünnwandige Sporen 7. Gekeimte
Spore, auf dem Promycel Sporidien (8) abschnürend. 9. Sporidie keimend.
bewohnende Form bekannt. Mit dieser stimmt es aber besondere in
der Sporenform vollständig überein. Erst Nawaschin fand 1888
die nadelbewohnende Form, und zwar mehr wie die zweigbewohnende
bei Moskau. Er infizirte mit den Sporen (ob der nadei- oder zweig-
bewohnenden Sporenhaufen, ist nicht zu ersehen) Pirus Malus
und erhielt das Aeeidium penicillatura. Die Teleutosporen-
fcrm zeigte, dass er Gy mnosporangi um trem elloide s = co-
nicum=j uniperin um vor sich hatte. —
Für Deutschland war es mir in diesem Frühjahre (1890) und
zwar Anfang April möglich, die nadelbewohnende Form wieder auf-
zufinden, und zwar auf einem 3—4jährigcn, kaum verzweigten Pflänz-
chen, welches mehrere Nadeln und auch Nadelbasen mit den Polstern
der Teleutoäporen besetzt zeigte. Das Stämmchen dagegen war voll-
ständig frei von denselben geblieben.
Warum dasselbe so selten zu finden ist, scheint nicht ganz klar
zu sein. Ich kann mir nur denken, dass es sieb auf den Nadeln
frühzeitiger entwickelt und alsbald ganz abgestossen wird , worauf
zahlreiche braune Partieen der Wachholdernadeln an Stöcken, die
am Stamme das Gymnosporangium zeigen, hindeuten würden.
Infektionsversuche sind mir noch nicht geglückt. —
170 Tubeuf, Generations- u. Wirlhswe.chsel unserer einheim Oymnospor -Arten.
Die Zweig bewohnende Form dieses Gymuosporangium tre-
melloides auf Juniperus nana wurde uns kürzlich aus der
Schweiz zugeschickt. —
Als wichtigste Litteratur ist zu vergleichen:
Arbeiten mit Abbildungen :
1) Oersted, Gymnosporangiutn Sf.binae (auf 3 Tafein) auf Juniperus Sabine,
und Birnblättern (Kong, danske Videnskabernes Selskabs Skrifter Bd. VII. 1868.
p. 564.)
2) Gymnosporaugium juuiperinum = conicum = tremelloides. Auf Zweigen und
Jiadeln von Juuiperus communis und auf Blattern von Sorbus Aucuparia. (Oversigt
Pig. 3. Aecidie nformen von Gymnosporanginm tremelloides
(1 — 8 incl.), Gj mnosporangium elavariacfortne (9 — 18 inel.).
1 und 2 Aecidinm auf den Blättern von Sorbus Aria. 3 und 4 Aeeidien Ruf
Sorbus Aucuparia. 5 und 6 Aeeidien auf Pirus Malus. 7 und 8 Aeeidien auf Ame-
ianchier vulgaris.
9 und 10 Aeeidien auf Sorbus latifoliu. II, 12 und 16, Aecidieu auf Crataegus
Oxyacantha (Inf. im Freien). 14 Dieselben stärker vergrössert. 13, 15, 17 Aeeidien
auf Crataegus Oxyacantha (Zimmerinfektion). 18 Spermogonien auf Zweigen von Cra-
taegus Oxyacantha 19 und 20 Peridienstücke aus einem Aecidiutn (Pirus Mains) von
G. trem.
Influenza.
171
over det kong. danske Videnskabernea Selskabs Foi hsnblinger og dets Medleminers
Arbeider in Aaref 1868. p. 164 )
3) Gymnospoiaugiiisn elavariaeforme. Auf Zweigen von Janiperus communis.
(Ann. d sc. nac. Ser. 4. Bot. Tom. 2. 1854. Von Tulasne.)
Die übrige Litteratur, sowie die Synonyma sind bei Reess vollständig zusatnoieu-
gostellt. Man vergleiche daher vor Allem : Die Bostpilzformeu der deutschen Coniferen.
Zusammengeslellt and beschrieben von Dr. M. Beess. 1869.
Ferner Corda, Icones fung. Bd. I. Tfi.il Fig. 122. (Podisoma Juniperi aminor)
und Fuckel. Fuag rhen. 144
Feiner: R. Hurtig, Lehrbuch der Banmkrenkheiten mit einer Abbildung von
Gytnnosporangniin tremeiloides lirt.g. 1882 ouä 1888. Ueber die 'Verschiedenheiten der
SpoTeu vergl. P. Dietel (Hedwigia. 1889. S 22 und 99) und K i e n i tz - G er 1 o ff
(Bot. Ztg. 1888. S. 339 mit einer Tafel).
Ueber Infeklionsversuclie berichten besonders:
Vorläufige Mittheiluug über den Generationswechsel unserer einheimischen Gyrnno-
sporangien. Von E. Rdthay. (Oasterr bot. Ztg. 1880. S. 241). —
Podisoma juniperi and Boestelia lacerata. Vcu Cit. P low right. (Card. Chr.
1882. II. p. 553 und 1884. II. XXi£; raf. in Jnst. Jabrber Jahrgang 10. und 12.)
Note on the British Gymnosporangia. Von Ch. B. P low right. (Journ. of Bot.
XXII; ref in Just. Jb. Jabrg. 12.)
Notes on some speeies in rhe tliird oa eleventh centuries of Ellia North American
Fungi. (Proc. of the Am. Acad. of arts and. sc. 1883; ref. in Just. J, J&hrg. 11.)
Notes on some speeies of Gymnosporangiam. Von W. G. Farlow. (Proc. of
the Am. Ac. 3 885; ref. Just. Jb. Jahrg. 18.)
The development of tne Gymnosporaagia of tbe United States. Von W. G. Far-
low. (Bot Gaz XI. 1886; ref. Just Jb. Jahrg. 14.)
Experimental observatioos on certain british heteroecious Uredines. Von Ch. 8.
Plowright. (Journ. Linn. Soc. London. Vol XXIV. 1887; ref. in Just. Jb. Jahrg. 15.)
Notes on cultures of Gyninosporangium made in 1887 and 1888. Von R Thar-
ter (Bot. Orz. Bd. XIV, 1889; ref. Bot. Centralbl. 1889 )
Ueber das Vorkommen cea Gymncsporangiurn tremeiloides R. Htg. bei Moskau.
Von S. N a w a s c h i n.
Referate.
Bein, Bakteriologische Untersuchungen über Influenza.
(Zeitschrift für klinische Medicin. XVII. 1890. Heft 6.)
Das Hauptaugenmerk richtete Verf. darauf, zu entscheiden,
ob es sich in den Fällen von Lungenkomplikationen bei Influenza
um eine oder um verschiedene Formen bakterieller Erkrankung
handelt. Im Ganzen wurden 20 Fälle untersucht.
Im Sputum fand man nur einen Diplococcus, oder diesen
mit dem Streptococcus pyogenes oder mit Staphylokokken, oder
aber endlich bloss Streptokokken.
Die Untersuchung von vier pleuritischen Ergüssen ergab
einmal nur Diplokokken, einmal nur Streptokokken, einmal Diplo-
kokken und Streptokokken und einmal Diplokokken, Streptokokken
und Staphylokokken.
Die Untersuchung der Lungen selbst ergab in zwei Fällen
Diplokokken und Streptokokken , in einem Falle Diplokokken und
Staphylokokken, in zwei Fällen nur Staphylokokken.
172
Influenza.
Die Untersuchungen an der Leiche stimmten mit den entspre-
chenden Untersuchungen am Lebenden überein.
Einen spezifischen Coccus hat Verfasser bei den Influenza-
kranken nicht gefunden. Nach B.’s Untersuchungen müssen die
Lungenerkrankungen bei Influenza auf mehrere Arten von Bakterien
zurückgefübrt werden.
Die Vorgefundenen Diplokokken sieht Verf. zum Theil nicht
als identisch mit Fraenkei’s Pneumoniekokken, wohl aber als
denselben sehr nahe verwandt an.
Im Körperblute Iufluenzakranker konnte Verf. niemals Mikro-
organismen nach weisen. Dittrich (Prag).
Vogl, Mittheilungen über die Beziehungen der In-
fluenza zu den Athm ungsorgane n. (Münchener med.
Wochenschr. 1890. No. 23—25.)
Verf. berichtet über die letzte Influenza-Epidemie unter dem
Münchener Militär. Die Epidemie begann am 10. Dezember, erreichte
ihre Höhe am 23. Dezember 1889 und ihren Abschluss am 8. Fe-
bruar 1890. Bei einer Präsenzstärke der Garnison von 8823 Mann
erkrankten 1247 = 14,1 °/0. Die Krankheit hatte viel Aehnliches
mit einer Seuche, welche im Frühjahr 1887 in der Münchener Gar-
nison geherrscht hatte. Damals war eine grosse Anzahl der Mann-
schaften plötzlich mit Schüttelfrost, heftigem Stirn- und Hinterhaupt-
schmerz und hohem Fieber erkrankt. Letzteres währte circa 4 Tage
und fiel stufenweise ab. Daneben traten Katarrhe der Konjunktiven,
der Nase und der Respirationsorgane ein ; bei einer beschränkten An-
zahl der Erkrankten kam es zu ausgesprochenem Masernexanthem.
Alien gemeinsam war tiefste Prostration und Schlafsucht, welche eiwa
1 — 2 Tage währte. Der Verlauf war durchweg gutartig. Verf. lässt
es dahin gestellt, ob es sich damals um eine besondere Krankheit
oder um Influenza oder gar um Masern gehandelt habe, da ein bak-
teriologischer Nachweis der beiden letztgenannten Krankheiten z. Z.
noch unmöglich ist. Gegen Masern sprechen einmal die Seltenheit
des Exanthems, dann die Nebenerscheinungen, endlich die ausser-
ordentlich schnell (in 2 Tagen) erfolgende üebertraguog.
Während der Influenza-Epidemie 1889/SO entbehrte ein beträcht-
licher Theil der Patienten aller Krankbeitserscheinungen seitens der
Athmungswege, dagegen endeten 8 Fälle in Folge schwerer Er-
krankung der Respirationsorgane letal, 2mal handelte es sich um
eitrige Pleuritis ohne vorausgegangene Erkrankung der Bronchien,
3mal kam es zu eitrigen bez. nekrotischen Bronchopneumonien, ver-
bunden mit Empyem (2 Fälle) oder seröser exsudativer Pleuritis (1
Fall). In diesen b Fällen war der letalen Erkrankung nachweisbar
Influenza kurz vorausgegaagen. Sowohl dieser Umstand, als der
eitrig- nekrotische Charakter des Lungen-Brustfellieidens, welcher für
Influenzaerkrankung dieser Organe nach dem übereinstimmenden Gut-
achten vieler Autoren pathognomonisch ist, feiner das Fehlen des
pneumonischen Sputums und der von Beginn der Komplikation an
kleine, weiche Puls, endlich die Depression, Somnolenz, Prostratioc
InflueDza.
173
und die Delirien der Kranken bestimmten den Verf. zu der Annahme,
dass es sich hier nicht um eine neue Erkrankung handelte, welche
sich auf einem durch Influenza vorbereiteten Boden entwickeln konnte,
sondern dass das Infiuenzakontagium selbst die Ursache des Leidens
gewesen sei.
3 weitere Fälle, in denen es ohne nachweisbar vorausgegangene
Grippe zu fibrinöser Pneumonie kam, glaubte Verf. in Folge ihres
perniciösen Verlaufes gleichfalls als Influenza auifassen zu müssen.
In einem dieser Fälle entwickelte sich in 5 Tagen eitrige Infiltration
eines ganzen Lungenlappens, in einem anderen führte hämorrhagische
Pneumonie und hämorrhagische Pleuritis biuneu 36 Stunden den Tod
herbei, der dritte Fall war mit Pericarditis kornplizirt. Das Krank-
heitsbild war in allen 3 Fällen von typhoiden Symptomen, Prostration,
Delirien, Schmerzäusserungen, Cyanose beherrscht.
Vogl verbreitete sich endlich über die Beziehungen der Influenza
zur Tuberculose. Nach einem vergleichenden Rückblick auf die Aeus-
serungen zu dieser Frage von Guttmann, Leyden, GeorgMeyer,
Kernig, de la Croix, Mosler u. A. berichtet er über die Be-
obachtungen eines Landarztes Dr. Pauer, der in seinem Wirkungs-
kreis Ruhpolding, einem sonst von Tuberculose wenig heimgesuchten
Bezirk, bei 10 Patienten im Anschluss äd Influenza die Phthise hatte
rasch sich entwickeln sehen. — In der Münchener Garnison finden
stets genaue mikroskopische Untersuchungen der Sputa aller irgend-
wie auf Tuberculose verdächtigen Mannschaften unter Büchner ’s
Leitung statt. Nun ergab sich während der beiden Influenza- M o -
nate ein positives Resultat bei der Untersuchung von 81 Sputa,
einer Zahl, welche sich gegen die Resultate früherer Jahre wie
2 : 1 verhielt. Verf. hält es für nicht unwahrscheinlich, dass diese
plötzliche Steigerung der Tuberculose-Erkrankungen unter dem Ein-
fluss der Influenza-Epidemie erfolgt war, wenn sich auch nur bei 38
der betreffenden Kranken eine vorausgegangene Grippe nachweisen
Iie3s. 2/3 dieser 81 Phthisiker waren Infanteristen und zwar zur
grösseren Anzahl Soldaten des Leibregiments, welches sich aus be-
sonders grossen und schön gewachsenen Leuten zusammensetzt.
8/s dieser Mannschaften standen im ersten Dienstjahre, 70 derselben
hatten einen verhäitnissmässig schmalen Brustkorb. Fast bei Allen
Hessen sich Lungenspitzenerkrankungen physikalisch nachweisen; wo
dies nicht möglich war, verriethen die Patienten durch Atrophie,
Anämie, Drüsenanschwellungen ihr Leiden. In 56 Fallen war eine
Prädisposition zur Tuberculose durch Heredität, Skrophulose, voraus-
gegangene schwere Krankheiten oder Exzesse geschaffen worden.
Dagegen konnten die Strapazen des Dienstes weniger als ursäch-
liches Moment in Betracht kommen, weil die Mannschaften des ersten
Dienstjabres erst kurz vorher zur Fahne berufen worden waren und
weil ein Theil derselben kurz nach dem Dienstantritt dem Lazareth
zur Beobachtung zugeschickt wurde. Verf. nimmt hier Gelegenheit,
dem neuerdings (vergl. Schmidt, Tuberculose in der Armee. Ref.)
erhobenen Vorwurf, dass in der Armee eine grössere Verbreitung der
Tuberculose statthabe, als in der gleichaltrigen Civilbevölkerung,
entgegenzutreten. Ein grosser Theil der tuberculösen Soldaten be-
ix. Bd. 12
Influenza.
11 4
trifft Leute, deren bereits bestehendes Leiden bei der Musterung
nicht klar festgestelit ist und daher erst durch genaue Beobachtung
im Lazareth konstatirt werden muss. Kühler (Oldenburg).
Eraenkel, R., üeber Erkrankungen der oberen Luftwege
im Gefolge der Influenza. (Dtsch. med. Wochenschr. 1890.
No. 28.)
Die Anzahl der vom Verf. beobachteten bez. behandelten Falle
von Influenza ist verhäitnissmässig gering, da ihm in der Königlichen
Universitätsklinik zu Berlin nur 45 und in seiner Privatpraxis unge-
fähr ebenso viele Kranke dieser Art zugeführt wurden; jedoch han-
delte es sich meist um ausgesuchte Fälle, wo die Mehrzahl der be-
treffenden Kranken den Verf. wegen ihrer Erkrankung in den oberen
Luftwegen aufsuchte. Besonders hatte F rae nk el Gelegenheit, die
Influenza-Laryngitis genauer zu studiren. Dieselbe keunzeichuete sich
fast stets durch Heiserkeit, welche sich in einzelnen Fällen bis zur
Aphonie steigerte und durch hyperämische Schwellung der Stimm-
bänder sowie durch Bewegungsbeschränkung der Muskeln erklärt wurde.
Besonders charakteristisch erschienen dem Verf. die regelmässig vor-
handenen sehmierig-weissen Flecken auf den gerötheten Stimmbändern;
er bezeichnet dieselben geradezu als diagnostisches Merkmal der In-
fluenza und nimmt an, dass sie durch fibrinöse Ausschwitzungen be-
dingt seien. Auch sah er in einem Falle die Bildung von wirklich
fibrinösen Membranen, in einem anderen Borkenbildung au den Stimm-
bändern. — Von anderen Infiuenzaerkrankungen der oberen Luftwege
erwähnt Fraenkel noch die Rhinitis, welche er allerdings nur
seilen sah, und die Pharyngitis, bei der er die mehrfach beschriebene
fleckige Rothe vermisste.
Uebrigens hält der Verf. die Influenza für eite entschieden kon-
tagiöse Krankheit mit kurzem Inkubationsstadium. Er berichtet, wie
die Influenza durch einen Herrn von Berlin nach Thorn verschleppt
sei. Von dem \Vohnbau3e dieses Patienten, dessen Krankheit man
anfangs als ein einfach katarrhalisches Fieber auffasste, soll die Seuche
in Thorn ihren Ausgang genommen und ihre Verbreitung gefunden
haben. Kühler (Oldenburg).
Sirena, S., Sulla Influenza. (La Riforma med. VI. 1890. No. 114.
p. 680.)
Verf. fand im Sputum von Influenzakranken neben zahlreichen
anderen Mikroorganismen auch den Diplococcus Fraenkel.
In einem Falle hämorrhagischer Pneumonie war dieser Mikroorganis-
mus nahezu in Reinkultur im Sputum vorhanden. Hingegen konnten
im Nasensekret mittelst Gelatineplatten keine pathogenen Formen
nachgewiesen werden.
Besondere Sorgfalt wurde auf die Untersuchung des Blutes ver-
wendet. Im frischen Zustande gefärbt und ungefärbt enthielt es
weder Mikroorganismen noch sonstige anormale Elemente, ebenso
war die Untersuchung der mit wässerigen und alkoholischen Anilin- *
farblosungen tingirten Trockenpräparate erfolglos. Sämmtliche Kul-
Influenza.
175
turen, welche von dem Blute in Fleischbrühe, Nähragar, Glycerinagar
und Gelatine angelegt und bei Zimmer- und Körpertemperatur ge-
halten worden waren, blieben ausnahmslos steril.
Verf. kommt zu dem gleichen Schlüsse, wie die meisten der an-
deren Autoren, dass nämlich die in den Sputa und den entzündlichen
Sekreten und Exsudaten bei Influenza gefundenen bekannten Eiter
erreger und Diplokokken mit den gleichzeitig oder konsekutiv auf-
tretenden Komplikationen Zusammenhängen und dass der Influenza-
erreger bisher unbekannt sei. Kral (Prag).
Sfittheilungen über die in Berlin herrschende In-
fluenzaepidemie. (Dtscb. med. Wochenschr. 1890. No. 2 — 4.)
In seinen Sitzungen vom 16. December 1889 und 6. Januar
1890 beschäftigte sieb der Verein für innere Medicin zu Berlin
mit der zu dieser Zeit in der Reichshauptstadt wüthenden Influenza-
epidemie. Wiewohl die Discussion, an welcher sich viele der her-
vorragendsten Kliniker Berlins betheiligten, ein allseitig überein-
stimmendes Resultat nicht zu Stande brachte, so wurde doch der
Erwartung gemäss reichliches Material zur Erforschung und Er-
kenntniss der Seuche zusammengetragen.
Bezüglich der Symptomatik stellte Renvers bereits bei
Eröffnung der ersten Sitzung 3 Hauptformen der Krankheit auf,
je nachdem das Nervensystem, die Respirationsorgane oder die
Digestionsorgane vorwiegend betroffen seien, eine Beobachtung,
welcher im Wesentlichen Niemand widersprach. Die These Löwen -
stein’;;, dass ein bestimmter Rachenkatarrh mit Schiefstellung
der Uvula für Grippe pathognomisch sei, wurde von Leyden bis
zu einem gewissen Grade angenommen; sie rief dagegen den ent-
schiedenen Widerspruch Fürbringer ’s hervor. — Unter den
Komplikationen wurde natürlich besonders eingehend die In-
fluenzapneumonie besprochen. Leyden hat bereits 1875
bei Gelegenheit einer Grippeepidemie in Strassburg die Ansicht ge-
äussert, dass die Influenzapneumonie kroupöser Natur sei; es ist
ihm auch bei der neuen Epidemie stets gelungen, die Fraeukel-
schen Diplokokken im Sputum und Lunge nachzuweisen ; von anderer
Seite (Fürbringer u. A.) sind auch viele Bronchopneumonieen
beobachtet worden. — Unter weiteren selteneren Komplika-
tionen sei hier nur erwähnt, dass Ewald einen Fall von Menin-
gitis und Abscedirung in der Highmorshöhle und einen anderen
Fall von psychischer Störung bei Influenza beobachtete, und dass
Leyden die durch die Krankheit verursachte Neigung zu Blu-
tungen der verschiedensten Organe hervorhob.
Auf Leyden’s Anregung stellte man Vergleiche zwischen
Dengue und Influenza an, als deren Ergebniss wohl bezeich-
net werden darf, dass bei der geringen Kenntniss der ersterea
Krankheit in Berlin ihre Identität mit Grippe nicht ohne weiteres
geleugnet wurde, dass man dagegen betonte, wie die bei Dengue
typischen Exantheme nur in einzelnen Iufluenzafällen beobachtet
würden, und wie auch anderseits Katarrhe in den Respirations-
organen bei Dengue selten seien.
12*
176
Influenza.
In der Frage der Aetiologie konnte gar keine Einigkeit
erzielt werden. Wenngleich alle Itedner bis auf Strahler, der die
Epidemie lediglich Witte rungseinflüssen zur Last legen
wollte, der Ansicht waren, dass es sich um Infektion handele,
so wusste keiner das fragliche Virus zu nennen. Fürbringer
erwähnte nur kurz, dass eine Betbeiliguug der Seifert’ sehen
Kokken keineswegs erwiesen sei. Für die Annahme einer mias-
matischen Verbreitung traten unter Anderen Fürbringer,
Leyden, Fräntzel, Baer, für Contagium Hirsch (Char-
lottenburg) und He noch ein. Zu Gunsten der ersten bez. als
Beweis gegen die andere Ansicht wurde sowohl das Erkranken von
Menschen in abgeschlossenen Anstalten (Strafanstalt Plötzensee)
wie die geringe Anzahl von Influenzafällen in einem kasernirten
Regiment und das lange Verschontbleiben von Wärtern und Kranken
in Hospitälern trotz des Zudranges von Grippekranken (Friedrichs-
hain, Charit^), wie endlich die Häufigkeit der Krankheit bei Leuten,
welche dem Witterungswechsel besonders ausgesetzt sind, ange-
führt; für die Contagiontheorie dagegen machten Hirsch und
Henoch das Nichterkranken von Insassen eines von der Aussen-
welt abgeschlossenen Klosters in Charlottenburg und der kleinen
Patienten in der Kinderabtheiluug der Charitd, zu welchen keine
Influenzakranken eingedrungen waren, geltend. Auch fehlte es natür-
lich nicht an Mittheilungen einzelner Fälle von scheinbarer Ueber-
tragung der Krankheit.
Ueber die Berliner Epidemie selbst wurde festgestellt,
dass dieselbe Mitte November 1889 begann und bis Mitte December
bereits Vio (Leyden) oder gar >/ 3 (Renvers) der gesammten
Einwohnerschaft ergriffen hatte. Sie war im Allgemeinen gut-
artig, namentlich in ihrem Beginn, und befiel vorwiegend das
kräftigste Lebensalter.
Ais Resultat der Diskussion kam der Beschluss zu Stande,
eine grosse Enquete über die allseitig betreffs der Krankheit ge-
wonnenen Beobachtungen zu veranstalten. Die bezüglichen Arbeiten
wurden einer besonderen Kommission übertragen.
Kühler (Oldenburg).
Kartulis, Einiges überdas angebliche Verhältniss der
Influenza zum Dengue-Fieber. (Dtsch. raed. Wochenschr..
1890. No. 21.)
Verf. hatte in Alexandrien Gelegenheit, Beobachtungen über Epi-
demieen von Dengue und Influenza anzustelleD. Er gelangte dabei
zu der Ansicht, dass beide Krankheiten wesentlich von einander ver-
schieden seien. Als Unterscheidungsmerkmal führt er an :
1) den fast stets gutartigen Verlauf des Dengue-Fiebers gegen-
über den schweren Komplikationen und dem nicht selten letalen Aus-
gang bei Influenza;
2) das fast konstante Exanthem bei Dengue gegenüber dessen
Seltenheit bei Influenza ;
3) das Fehlen von katarrhalischen Symptomen bei DeDgue
gegenüber deren häufigem Vorkommen bei Influenza;
Influenza.
177
4) endlich das Gliederreissen bei Dengue, welches besonders in
den Knieen lokalisirt ist (der arabische Name der Krankheit lautet
Abon Rakaba = Kniekrankheit) gegenüber dem Vorherrschen von
Kopfschmerzen und Neuralgieen bei Influenza.
Bezüglich des Fiebers erklärt der Verf. seine Beobachtungen für
nicht ausreichend, um darin Unterscheidungsmomente beider Krank-
heiten zu finden. Mikroorganismen konnte er weder für Dengue
noch für Influenza nachweisen ; er will jedoch wahrgenommen haben,
dass bei der letzteren Krankheit die Leukccyten im Blute zahlreicher
sind, wie bei Dengue. K übler (Oldenburg).
Natanson, Ein Fall von Influenza mit Pleuropneumonie
und doppeltseitiger Iridochorioi'ditis embolica. (St.
Petersburger med. Wochenschr. 1890. No. 24).
Ein russischer Bauer erkrankte im November 1889 mit Influenza.
Die hervorstechendsten Symptome der Krankheit verloren sich in
8 Tagen, doch blieb Husten zurück, dessen Intensität beständig zu-
nahm, bis Mitte Januar unter Schüttelfrösten und hohem Fieber eine
heftige Lungenentzündung einsetzte, welche 5 Wochen anhielt. An-
fang März hatte Patient das Gefühl eines Schleiers vor den Augen
und die Empfindling von mouches volantes. Tags darauf erblindete
das eine Auge, wieder einen Tag später das andere. Bei einer
Untersuchung Anfangs April war die Hornhaut klar, die vordere
Augenkammer verstrichen. Die schmutzig verfärbte Iris und die
zunächst klare Linse lagen der hinteren Hornhautfläche unmittelbar
an. Allmählich gesellten sich Augenschmerzen und Linsentrübung
hinzu.
Verf. ist der Meinung, daß es sich hier um embolische Vorgänge
gehandelt habe, welche bei Influenza nicht selten seien. Die ver-
. schleppten Krankheitserreger hätten in dem dichten Gefäßnetz der
Chorioidea gehaftet und sich weiter entwickelt. Aehnliche Fälle
hatten auchA.dler, Hirschberg und Eversbusch beschrieben.
In dem Falle des letztgenannten Beobachters hätte auch eine Paeu-
monie das Bindeglied zwischen Influenza und Augenleiden dargesteüt.
IJehrigens übertraf der hier beschriebene Fall an Intensität und Ex-
tensität des Augenleidens alle anderen.
Verf. erinnert schliesslich daran, dass ähnliche Augenkrankheiten
auch nach Febris recurrens häufig vorkamen.
Kühler (Oldenburg).
Fraser, James W., On the occurrence of the Pneumo-
coccus iu the sputum from a case of Influenza. (The
Lancet. No. 3482. 1890. p. 1118.)
Im Sputum eines Falles von Influenza konnte Verf. mikrosko-
pisch und kultureil deD F riedlän der’schen Pneumococcus
nachweisen. [Da Gelatinestichkulturen direkt von dem Sputum an-
gelegt wurden und die derart erzielte Vegetation, in Platten ausgesät,
eine leichte Verflüssigung der Gelatine bewerkstelligte, so dürfte es
178
Pneumonie.
sich trotz der „charakteristischen“ Nagelkultur wohl um einen ande-
ren Mikroorganismus oder um eine Mischkultur gehandelt haben. R.J
Kr dl (Prag).
Walther, P., Ueber den Einfluss vod künstlichem Fieber
auf die mit Fraenkel-Weichselbaum’ sehen Pneu-
monie mikr ob ien infizirten Thier e. (Wratsch. 1890.
No. 37 — 40.) [Russisch.]
Durch entsprechende Versuche überzeugte sich der Verf., dass:
1) Kaninchen keine langdauernde Erwärmung im Thermostaten
vertragen; nach 3—4 Stunden müssen sie herausgenommen und
v/ährend */ 4 — */<, Stunde bei Zimmertemperatur abgekühlt werden;
diese kurze Zeit genügt, um ihre Körpertemperatur wieder auf die
Norm zurückzufnhreD.
2) Die Körpertemperatur von Kaninchen steigt bis auf 41 — 42 a,
wenn die Temperatur der Luft iru Thermostaten 35 — 38 0 C beträgt.
Die Individualität spielt dabei doch eine gewichtige Rolle, so dass
man immer darauf gefasst sein muss, dass die Temperatur der Ver-
suchstiere während der ersten 3—6 Stunden entweder gar nicht
zur gewünschten Höhe steigt, oder aber dieselbe übersteigt und das
Thier tödtet. Das Thier erwärmt sich im Thermostaten unter den
genannten Bedingungen auf 41 — 42 0 C schon während der ersten
Stunde, dann bleibt seine Temperatur eine gewisse Zeit lang unver-
ändert, worauf sie wieder zu steigen beginnt, und das Thier geht zu
Grunde, wenn es nicht herausgeuomraen wird. Diese sekundäre
Steigerung beginnt nach 3—4 Stunden, wie es die Erfahrung lehrt.
3) Kaninchen ertragen ein Erwärmen bis auf 43,5 und selbst
mehr, wenn es nur nicht lange anhalt.
Die bei den Versuchen ermittelten Thatsachen dienten dem Verf.
als Richtschnur bei den eigentlichen Versuchen an infizirten (mit
Pneumobakterien) Kaninchen.
Im Ganzen hat Verf. 5 Versuche ausgeführt; in 3 Versuchen
wurden die Thiere unmittelbar nach der Infektion erwärmt ; in zweien
begann sie erst 14 Stunden nach der Infektion. Jedesmal wurden
selbstverständlich Kontrollthiere (in gleicher Weise und mit gleichem
Material infizirt) bei Zimmertemperatur gehalten.
Die Versuche zeigen, dass Thiere, welche bald nach der In-
fektion eine gewisse Zeit lang (in einem Falle z. B. 32 Stunden mit
grossen Pausen) erwärmt werden, viel später der Infektion unterliegen,
als nicht erwärmte (z. B. in einem Falle starb das Versuchsthier nach
3 Tagen und 19 Stunden, das Kontrolltbier nach 19 Stunden; Differenz
volle 3 Tage). Dieses Ergebniss ist von grosser Wichtigkeit, wenn
man die verhängnisvolle Einwirkung der Erwärmung beachtet, welche
an und für sieb schon sehr leicht zum Tode führen kann.
Ferner ist hervorzuheben, dass bei jedesmaliger Herausnahme
der Versuchsthiere aus dem Brütofen ihre Körpertemperatur sehr
bald zur Norm wiederkehrte, während bei den Kontrollthieren eine
stetig bis zum Tode anwachsende Temperatursteigerung zu beobachten
war. Verf. ist geneigt, daraus zu schliesseo, dass durch die Er-
wärmung die Vermehrung der Mikrobien gehemmt und ihre Intektions-
Pneumonie.
179
kraft geschwächt wird. Nach endgültiger Herausnahme der Thiere
aus dem Brutofen steigt die Temperatur, jedoch ziemlich langsam,
und das Thier geht zu Grunde.
Viel schwächer traten die genannten Erscheinungen bei den-
jenigen Ibieren hervor, welche erst 14 Stunden nach der Infektion
in den ßrütofen gestellt worden sind ; sie gingen beinahe gleich-
zeitig mit den Kontrollthieren zu Gruüde. Es batten hier, meint Verf.,
die Mikroorganismen Zeit genug, um die Lebensthätigkeit der Organe
und Gewebe zu schwächen, so dass die künstliche Erwärmung ohn-
mächtig im Kampfe mit ihnen bleibt. Aus den Sektionsberichten
hebt der Verf. den Umstand hervor, dass bei den Kontrollthieren die
Diplobakterien in kolossaler Quantität im Blut und in den Geweben
zu finden waren, während sie bei den Versuchstieren nur spärlich
auftraten. Kulturen bestätigten dieses Ergebniss der mikroskopischen
Untersuchung. Steinhaus (Warschau).
Banti, Guido, Süll’ etiologia delle pneumoniti acute.
(La Sperimentale. XLIV. 1890. Fase. 4—6, pp. 349, 461, 573.)
Die Klassifikation der Pneumonieen nach ihren pathologisch-ana-
tomischen und klinischen Charakteren bildet die Einleitung der Ab-
handlung, welcher sich die Schilderung der Methoden anschliesst,
deren sich Verf. bei seinen Untersuchungen bediente. Im Ganzen
waren es 55 eingehend untersuchte, im Original genauer beschriebene
Falle, die sich auf die Jahre 1886 — 1890 vertheilen.
Bei den 47 fibrinösen Pleuropneumonieen , wovon 46 primäre
und 1 sekundäre nach Ileotyphus, wurde in allen Fällen in dem
Lungen- und Pleuraexsudate der Diplococcus lanceolatus
gefunden. Nur einmal waten neben letzterem Staphylococcus
pyogenes aureus und albus und viermal andere nicht pa-
thogene Mikroorganismen vorhanden. Der Friedlaender’sche
PDeumobacillus oder der Streptococcus pyogenes konnten
nie naebgewiesen werden.
Aus dem Verhalten in den Kulturen, noch mehr aus den Thier-
experimenten überzeugte sich Verf., dass die biologischen Eigen-
schaften des Diplococcus nicht immer die gleichen bleiben (s. a.
Ref. i. d. Centralbl. Bd. VII. p. 30), sondern sich dergestalt ändern,
dass 4 Varietäten der Spezies Diplococcus lanceolatus cap-
sulatu s anzunehmen seien, welche Verf. als Diplococcus
pneumoniae I — IV bezeichnet.
Diplococcus pneumoniae I ist mit dem Fraenkel-
Weichselbaum’schen Diplococcus identisch und erzeugt bei
Kaninchen die bekannte Speichelseptikämie. Seine Virulenz erhöht
sich in Serienimplungen an Kaninchen , geht dagegen in Kulturen
mehr oder weniger rasch verloren.
Diplococcus pneumoniae II verhält sich morphologisch
und kulturell wie I und verliert ebenfalls seine Virulenz in Kulturen.
Virulentes frisches Blut oder Kulturen erzeugen bei subkutaner Ver-
impfung an Kaninchen eine „Diplokokkenseptikämie“ mit klciuer
Milz und Zerstörung rother Blutkörperchen.
180
Pneumonie.
Diplocoecus pneumoniae III stimmt in seinem kulturellen
Verhalten gleichfalls mit den vorangehenden überein. Kultur oder
Blut bringen bei Kaninchen eine „Diplokokkenseptikämie“ hervor mit
mitteimässiger Miizschweliuug, Diffusion des Hämoglobins in den
rotken Blutkörperchen und Ablagerung einer granulirten pigmen-
tirten Substanz.
Diplocoecus pneumoniae IV weicht in Aussehen und
Form von den übrigen nicht ab. Der Virulenzverlust geht in den
Kulturen äusserst. rapid vor sich. Subkutane Injektion virulenten
Materiales erzeugt bei Kaninchen eine febrile Septikämie mit Albu-
minurie. Mittelmässige Vergrösserung der Milz. In allen Organen
lassen sich hyaline Degeneration der rothen Blutkörperchen und die
Bildung hyaliner Massen nachweisen, welche in den Nieren von den
Glomeruli eliminirt werden und in den Tubuli byaiine Cyliuder bilden
Das Blut enthält die Diplokokken. Reiheuirnpfüngeu gelingen nicht,
weil die Thiere trotz Einverleibung grosser Mengen den Eingriff
überstehen. Verf. bezeichnet die mit diesem Diplocoecus erzeugte
Krankheit als „Diplokokkeninfektion“.
Die vier Varietäten treten nicht gleichzeitig auf. In den Jahren
1886 und 1887 wurde in allen Fällen von Pneumonie nur der ge-
nuine Fraen k el’scbe Diplocoecus erhaltenen den beiden darauf-
folgenden Jahren die anderen Varietäten und 1890 wieder nahezu
ausschliesslich der Fraenkel’sche Diplocoecus. Die Pneumonieen
mit Varietät 1 zeigten vorwiegend einen benignen Charakter ; in die
Jahre 1888 und 1889, in welchen bei deu Pneumonieen nie der
Fraenkel’sche Diplocoecus gefunden werdeu konnte und bloss
die anderen Varietäten II, III und IV auftraten, fallen die schwersten
Erkrankungen. Eine Differenz in ihrer pathogenen Wirkung auf den
Menschen konnte bei den Varietäten II, III und IV nicht wahrge-
nommen werdeu.
Einige mitgetheilte Thierversuche bestätigen die auch von
Fraenkel, Weichselbaum, Monti und Patella gemachte
Beobachtung, dass der Diplocoecus lanceolatus in der Lunge
eine Abschwächung seiner Virulenz erleidet Die Abschwächung
scheint nicht durch eine schwach saure Reaktion des Lungengewebes
bewirkt zu werdeo, denn auch sin schwach alkalischen Pleuraexsudat
wurden vom Verf. Diplokokken ohne pathogenes Vermögen gefunden.
Eher könnten die Fiebertemperatur und die bakterientödtende Eigen-
schaft der Organsäfte die Attenuation bewirken.
Bei den 8 sekundären katarrhalischen Bronchopneumunieen siud
die bakteriologischen Resultate nicht konstant. Bald war der Diplo-
coccus lanceolatus allein, bald nnt uern Staphylococcus
pyogenes aureus gemeinschaftlich, oder letzterer war allein oder
mit dem Streptococcus pyogenes zusammen vorhanden.
Ausserdem fanden sich wieder ganz andere Mikroorganismen vor,
wie z. B. der Bacillus pneumoniae capsulatus (eine Varietät
des Fried laendei 'sehen Pneumobacillus).
Aus den Untersuchungen geht demnach hervor, dass bei den
lobären fibrinösen Pneumonieen der Diplocoecus lanceolatus
konstant gefunden vrird und dass er nicht nur im Pleura- und
Pneumonie.
181
Lungenexsudate, sondern auch häufig und wahrscheinlich immer im
Blute vorhanden ist. Seine biologischen Eigenschaften sind nicht
unveränderlich. Die verschiedenen Abstufungen seiner Virulenz
könnten auch mit der variireudea Schwere der Fälle und Epidemieen
in Beziehung gebracht werden. Die typhoiden Formen der fibrinösen
Pneumonieen werden von demselben Diplococcus iauceolatus
hervorgebracht, ihr schwerer Verlauf kann zum Theile von der
grösseren im Blute circulireuden Anzahl der Bakterien herrübreu.
Die Komplikationen, welche im Verlaufe der fibrinösen Pueumonieeu
auftreten, werden in der Regel von demselben Mikroorgauisi us er-
zeugt. Die katarrhalischen Pueumonieeu köuuen ätiologisch ver-
schiedenen Ursprungs sein.
Die Eintheiiung der akuten Pneumonieen auf ätiologischer Grund-
lage müsste in foigeude Gruppen stattfinden: 1. Gruppe. Reine
Di piokokk en pneu m on ie e n , bei weichen im Exsudat nur der
Diplococcus vorhanden ist und gemischte Diplococceu-
pneumonieen mit anderen Bakterien neben dem Diplococcus*
welche danu je nach der anatomischen Qualität des Exsudats in die
Unterabtheilungen fibrinöse und katarrhalische zerfallen
würden. 2. Gruppe. Pneumonieen, deren Erzeuger die Eiter-
erreger , der Friedländer ’sche Pneumobacillus , der Bacillus
pneumoniae capsulatus etc. sind, und die 3. Gruppe der
atypischen Pneumonieen, welche durch weniger verbreitete
Bakterien hervorgerufen werden. Kral (Prag),
Müller,Ad.? Beobachtungen und Erfahrungen über Pueu-
monia crouposa. (Münch, med. YVochenschr. 1800. No. 22 u. 23.)
Verf. berichtet über 444 Fälle von Pneumonia crouposa, welche
er während seiner 15jährigen ärztlichen Thätigkeit zu Gunzeuhausen
im Altmühlthal beobachtete, einer Gegend, in welcher diese Krankheit
endemisch sei. Müller hält die Pneumonie für eine Infektions-
krankheit, lässt es jedoeh dahingestellt, ob sie nicht durch verschie-
denartige Koutagien hervorgerufeu werde, da die einzelnen Fälle in
den Symptomen und im Verlauf oft sehr von einander abwichen.
Unter seinen 444 Patienten konnte Verf. 36 Gruppen von je
mehreren Fällen zusammenstellen, welche Familien-, Haus- oder Orts-
epidemieen betrafen. Die grösste Anzahl der Erkrankungen hatten
die Jahre, in welchen nicht gleichzeitig Epidemieen anderer Infektions-
krankheiten herrschten. Unter den Monateu brachte der Mai die
meisten (60), der Oktober die wenigsten (20) Fälle. Das männliche
Geschlecht war stärker (56,75%) betroffen, wie das weibliche (43,25)
und hatte auch entsprechend mehr Todesfälle (36:25, zusammen
13,7 %). Das jugendliche und das kräftigste Lebensalter lieferten
die meisten Kranken. Bezüglich der Lokalisation des Leidens stellte
Verf. fest, dass der rechte untere Lungenlappen weitaus am häufig-
sten betroffen wurde. Mehrfach kamen Wanderpneumonieen vor.
Müller glaubt, dass die Disposition in der Aetiologie der
Krankheit eine hervorragende Rolle spielt. Doch handele es sich
weniger um angeborene, als um erworbene Veranlagung. Insbesondere
182
Pneumonie. — Tuberculose.
würde die Disposition durch einmaliges Ueberstehec der Krankheit
vermehrt.
Unter den Komplikationen hält Verf. das Emphysem für beson-
ders gefährlich. Vou anderweitigen Nebeuerkraukungen sah er ex-
sudative Pleuritis 9mal , Tuberculose, Herzfehler je 4iuai , Lungen-
gangrän, Peritonitis, Parotitis, Periorchitis je Imal, Meningitis 2mal.
Kühler (Oldenburg).
Pernice, B., e Alessi, G., Sulla diffusione nell’ organismo
del pneumococco di Praenkel nella pneumonite cru-
pale. (La Riforma med. VI. 1890. No. 111, 112. pp. 662, 668.)
Verff. unterzogen 2 Fälle croupöser Pneumonie und den Kadaver
eines au spontaner Pneumonie verendeten Hundes einer mikroskopi-
schen uud bakteriologischen Untersuchung zu dem Zwecke, um fest-
zustellen, ob der Krankheitserreger durch Diffusion auch in die an-
scheinend gesunden Organe gelangen kann und somit zu einer
Allgemeininfektion führe, bei welcher der pneumonische Herd nur
das hauptsächlichste anatomische Symptom der spezifischen Infektions-
krankheit darstellen würde.
Mikroskopisch und kulturell konnte im Blute, im Knochenmark,
in Gelenksflüssigkeit und den anderen untersuchten Organsäften bei
allen Fällen der lanzettförmige Kapseldiplococcus nachgewiesen wer-
den. Thierversuche und Gelatinekulturen dienten als Gegenprobe.
Verff. ziehen aus den Ergebnissen ihrer Untersuchungen die
folgenden Schlüsse:
1) Dass bei der croupösen Pneumonie der Pneumococcus
Fraenkel in allen Orgauen vorhanden war, welche untersucht
wurden.
2) Das Vorhandensein des Pneumococcus in den ver-
schiedenen Organen ist nicht an die Existenz einer lokalen Ent-
zündung gebunden.
3) Die Pneumonie könnte als eine durch den Pneumo-
coccus erzeugte Allgemeininfektion mit häutiger Lokalisation in
der Lunge angesehen werden. Die Lokalisation kann auch in an-
deren Organen auftret en, daher der Diplococcus Fraenkel
nicht nur ein echter Pneumococcus, sondern auch ein phlogo-
genes Agens wäre, das Entzündungen in verschiedenen Organen her-
vorbringen kann.
4) Beim Hunde gibt es eine spontane Pneumonie, welche ebenfalls
durch den Fr ae d kel’ sehen Diplococcus mit denselben An-
zeichen einer Allgemeininfektion erzeugt wird. Kral (Prag).
Casado y Fernandez, F., Infeccion tuberculosa por ei
agua contaminada. (Revista de medecina y cirugia practica.
1890. Oktober 22.)
Im Dorfe Ataquiues starb eine tuberculose Frau an Metrorrhagie
in Folge eines Abortus, nachdem sie zwei Säuglinge an Meningitis
tuberculosa verloren hatte. Der Vater mit seinen Kindern verliess
das Haus, welches von da an verschlossen blieb, der Hof wurde
Tuberculos«.
1£3
einem Nachbarn zur Benutzung überlassen und blieb den ganzen
Tag über offen ; es befand sich darin eine seichte Pfütze von 3 ir
Durchmesser, um die herum die Nachbarskinder alltäglich zum Spieler
kamen. 2 '/a Monate nach dem Tode der Frau starb ein vorher
ganz gesunder Junge von 3J/2 Jahren aus ganz gesunder Familie an
Enteromesenterialtuberculose. Es entstand nun der Verdacht einer In-
fektion mit dem Wasser der Pfütze, das nun daraufhin untersucht
wurde, undVerf. fand wirklich den K och’ sehen Bacillus, isolirte und
züchtete ihn weiter, um Inoculationsversuche anzustellen, deren Er-
gebnis er demnächst veröffentlichen will.
S e n t i n o n (Barcelona).
Müller, Z ur Kenntniss der Kin d ertubercu lose. (Münch,
med. Wochenschr. 1890. No. 50 — 52.)
Verf. beginnt mit einer geschichtlichen Uebersicht über die
Anschauungen bezüglich des Verhältnisses zwischen Skrophulose
und Tuberculose; er selbst bezeichnet die skrophulösen Erschei-
nungen als eine Besonderheit, welche die Tuberculose der Kinder
ebenso charakterisirt, wie deren Häufigkeit und Verlauf.
Seine eigenen Anschauungen gründen sich auf die Ergebnisse
von 500 Kindersektiouen , weiche von 1881 — 88 im pathologischen
Institut zu München vorkamen; 150 mal war hierbei Tuberculose
als Todesursache, 59 mal als Nebenbefund festgesteilt worden. Die
meisten (76) der an Tuberculose gestorbenen Kinder standen in
den 5 ersten Lebensjahren, und bei diesen Patienten traten auch
die Sonderheiten der Kindertuberculose am deutlichsten hervor.
Für die Tuberculose der Kinder ist die Latenz, d. h. das Lo-
kalisirtbleiben der spezifischen Prozesse besonders charakteristisch.
Es kommt sehr häufig vor, dass die hierher gehörigen Erkran-
kungen in den Lymphdrüsen oder Gelenken entweder allmählich
verheilen oder auch den Tod herbeiführen, ohne dass eine Ver-
breitung der Krankheit auf die übrigen Organe des Körpers statt-
findet. Andererseits pflegt sich leicht Miliartuberculose anzu-
schliesseu, wenn einmal erst der Prozess auf andere Theile über-
gegriffen hat.
Die Ergebnisse von 173 der Sektionen, bei denen die Lungen
tuberculos erkrankt waren, zeigen, dass das Athmungsorgan auch
bei Kindern der tuberculösen Infektion besonders ausgesetzt ist;
doch erkranken seltener die Spitzen, als die mittleren und unteren
Partieen und diese besonders an den Stellen, welche den Bronchial-
drüsen zunächst liegen. Da letztere meist in Verkäsung gefunden
werden, und da auch die erkrankten Lungentheile vornehmlich im
Zustande der käsigen Pneumonie erscheinen, so ist anzunehmen,
dass die Bacillen zunächst die Lungen passiren, ohne sich dort
anzusiedeln, in den Bronchialdrüsen dagegen stecken bleiben und
von dort aus ihre verderbliche Wirkung beginnen.
Unter anderen Drüsen fand der Verf. die Cervicaldrüsen be-
sonders häufig erkrankt; er glaubt dieses scheinbar mit früheren
Befunden nicht ganz übereinstimmende Ergebniss einfach dadurch
erklären zu köunen, dass man im Allgemeinen die Cervicaldrüsen
184
Neue Litteratur.
ihrer Lage wegen bei Sektionen weniger berücksichtigt. Die tuber-
culösen Drüsen stellen sich meist in Form grosser käsiger Packete
dar, wie der Verf. überhaupt in der grossen Neigung zur Ver-
käsung eine Haupteigenthümlichkeit der Kindertuberculose sieht.
Erkrankungen der Meningen , welche ja bekanntlich häutig
den Tod der tuberculosen Kinder herbeiführen, fand der Verf.
40 mal. Bei der Besichtigung der übrigen Organe erwiesen sich
tuberculös; die Lymphdrüsen 170mal, Pleura 111, Milz 10, Nieren
68, Darm 58, Leber 51, Knochen 36, Peritoneum 27, Gehirn 12,
Herz 8, Magen 5, Herzbeutel und Larynx je 4, Tonsillen und Sub-
maxillaris je 3, Rückenmark und Nebennieren je 2, Oesophagus,
Parotis, Thymus, Tube und Ovarium, Nebenhode und Hode je ImaL
K üb ler (Oldenburg).
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I der Influenza zu den Athmungsorganen,
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lichem Fieber auf die mit Fraenkel-
Weiehselbaum’schen Fneumoniemikrobien
inflzirten Thiere, p. 178.
Neue Litteratur, p. 184.
Fronunannsche Bct-hdrucitcrei (II ermann Polilo) in Jera.
für
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In. Verbindung mit
Gell. Hofr. Prof. Dr. Lenckart und Professor Dr. Loeffler
ln Leipzig in lireifswald
herausgegeben tob
Dr. O. TThlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -®-
Jena, den 16. Februar 1891. -0-
No. 6.
Preis
Zu beziehen
für den Band (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände,
durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger-, Herrn Gustav Fischer in Jena , gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original - Mittheilungen.
Ueber die Art, einem Tbiere die Immunität gegen
Tetanus zu übertragen.
Von
Prof. Guido Tizzoni und Dr. Giusepplna Oattani
iu
Bologna.
Iu einer unserer früheren Arbeiten 1), in weicher wir die Re-
sultate unserer Untersuchungen über das Tetanusgift niedergelegt
haben, hatten wir auch erwähnt, dass unsere Versuche, Thiere gegen
dieses Gift empfänglich zu machen, zu keinem Erfolg geführt hätten,
und zwar weder mit abgeschwächten Kulturen, noch durch den Ver-
1) Tizzoni und Oattani, Untersuchungen über das Tetanusgift. (Archiv für
experimentelle Pathologie und Pharmakologie 3d XXVII. pg 482 folg.)
LX._Bd. 13
190
T i z z o n i und C * 1 1 & n i ,
such, den Orgauismus durch Iujektion minimaler Dosen an dieses
Gift zu gewöhnen, dazu gebrauchten wir filtrirte Kulturen, deren
Toxicität durch die Wärme, durch Mineralsäuren u. s. w. vermin-
dert war.
Seitdem haben wir nicht aufgehört, Untersuchungen über Immu-
nität und Heilung des Tetanus anzustellen, indem wir immer neue
Wege betraten, um das Ziel zu erreichen.
Ueber diese Untersuchungen wolleu wir in gegenwärtigem Auf-
sätze Rechnung ablegen, vorher jedoch, wie es unsere Pflicht ist,
über die Hauptfolgerungen einer wichtigen Mittheilung über den-
selben Gegenstand berichten, welche in den letzten Tagen von den
DDr. Behring und Kitasato veröffentlicht worden ist1). Den
Forschern ist es geglückt, durch vorherige Behandlung mit Jod-
Trichlorür ein Kaninchen für den Tetanus unempfänglich zu machen.
Sie haben gefunden, dass das Blut oder das Blutserum dieses Ka-
ninchens, wenn es mit öltrirter Tetanuskultur gemischt wird, dieselbe
nach 20 Stunden ihrer Toxicität beraubt. Wenn es Mäusen in ge-
ringer Menge (0,2 — 0,5) in die Brusthöhle injizirt wird, überträgt es
diesen Tbieren dauernde Immunität gegen spätere Einspritzung von
virulenten oder auch filtrirten Tetanuskulturen. Ausserdem hat dieses
Serum, wenn es schon tetanisirten Mäusen injizirt wird, das Ver-
mögen, auch schon sehr vorgeschrittene Tetanussymptome nach und
nach zum Verschwinden zu bringen, und in 4—5 Tagen den Thieren
die vollkommene Gesundheit wiederzugeben.
Unsere Untersuchungen lassen sich in zwei Serien theilen. In
einer ersten studirten wir in vitro die Wirkung verschiedener che-
mischen Substanzen auf das Tetanusgift und versuchten dann , oh
diejenigen Stoffe, welche die Toxicität zu vernichten im Stande waren,
eine ebenso günstige Wirkung ausiibten, wenn sie Thiereu einge-
spritzt wurden, um den experimentellen Tetanus zu verhüten oder
zu heilen.
In einer zweiten Serie von Untersuchungen benutzten wir die
geringere Empfänglichkeit für die Tetanus-Infektion, welche wir bei
gewissen Thierarten bemerkt hatten.
Bei der ersten Reihe dieser unserer Untersuchungen versuchten
wir eine sehr grosse Zahl von Stoffen ; aber fast alle (darunter auch
diejenigen, welche einen reichlichen Niederschlag geben, wie Silber-
uitrat, Sublimat, Jodwasserstoffsäure) veränderten die Toxicität fil-
trirter Tetanuskulturen auch nach langer Berührung durchaus nicht.
Die einzigen Stoffe, welche wir in dieser Beziehung als aktiv
befunden haben, sind Phenylsäure, Chlorwasser und Jod-Trichloriir.
Frisch bereitetes Chlorwasser und Jod-Trichlorür in zweiprozen-
tiger. wässriger Lösung, wenn man sie 24 Stunden lang auf gleiche
Mengen einer Tetanuskultur in Gelatine, welche man tiltrirt und
dann durch Abdampfung im leeren Raume auf ein Drittheil ihres
Volumens reduzirt hat, einwirken lässt, machen diese vollkommen
1) Behring und Eitasato, Ueber das Zustandekommen der Diphtherie-Immu-
nität und der Tetacus-Immnnität bei Thieren. (Deutscho medic. Wochenschrift. 1390.
No. 49. 4. Dez )
Ueber die Art, einem Thiere die Immunität gegen Tetanus zu übertragen. IQ)
unwirksam1). Fünfprozentige Phenylsäure, welche mit gleichem Vo-
lumen von filtrirter Tetanuskultur in Berührung gebracht wird, be-
raubt diese ihrer Toxicität in verhäitnissmässig kurzer Zeit (drei
Stunden z. B.), während schwächere Lösungen (3—4%) noch nach
24 ständiger Einwirkung die Toxicität dieser Kulturen nicht ver-
nichten.
Aber keine dieser drei Substanzen, wenn sie Mäusen oder Ka-
ninchen unter die Haut gespritzt wurde, sei es vor, sei es nach der
Injektion einer virulenten, filtrirten Tetanuskultur, vermochte bei
diesen Thieren die Entwickelung der tetauischen Erscheinungen zu
hindern.
In der zweiten Versuchsreihe haben wir danach getrachtet, ge-
wisse Thiere (Tauben, Hunde), welche sich schon seit langer Zeit
in unserem Laboratorium in Untersuchung befanden, und uns wenig
Empfänglichkeit für die tetanische Infektion gezeigt hatten, ganz und
gar gegen den Tetanus immun zu machen.
In der That starben Tauben, wenigstens die, an deuen wir ex-
perinrentirt haben, nicht nach Injektion einer massigen Menge höchst
virulenter Tetanuskultur, sondern zeigten nur örtliche, vorübergehende
Erscheinungen und geuasen nach mehr oder weniger langer Zeit-
vollständig.
Wenn man die Injektionen mit Tetanus-Virus oder Gift wieder-
holt, so zeigen die Tauben bei jeder folgenden Einspritzung immer
weniger schwere Erscheinungen und reagiren zuletzt gar nicht mehr
auf eine verhäitnissmässig bedeutende Menge von Virus oder teta-
nischem Gift.
Ebenso wie Tauben kann man auch Hunde durch wiederholte,
allmählich stärker werdende Unterhautinjektioncn von Tetanus-Virus
gegen Tetanus unempfänglich machen, wenn nur die Anfangsdosis
sehr klein ist, wie es zuerst von Dr. Pari et ti nachgewiesen wurde.
Auf diese Weise konnten wir 2 Tauben und 1 Hund gegen Te-
tanus unempfänglich machen und folgende Thatsachen feststellen ;
Das Blutserum des immunen Hundes, auf die gewöhnliche WTeise
gesammelt und in einem Glas mit filtrirter Tetanuskultur in Gelatiue
in Berührung gebracht, hat das Vermögen, die Toxicität derselben
vollständig zu vernichten, auch wenn die Menge des Serums sehr
gering ist (z. B. 1—2 Tropfen Serum auf */ä ccm Kultur), und die
Zeit der Berührung sehr kurz (15—20 Min.).
Die Unschädlichkeit der so behandelten Kulturen haben wir in
wiederholten Versuchen an Mäusen und Kaninchen erprobt.
Die Unterhautinjektion einer kleinen Menge vom Blutserum dieses
Hundes ist fähig, einem andern Hunde die Immunität gegen Tetanus
mitzutheilen, auch wenn man eine für unvorbereitete Hunde sicher
tödtliche Menge einer Kultur injizirt.
Weisse Mäuse werden durch subkutane oder endoperitoneale In-
jektion kleiner Mengen dieses Serums (*/* ccm) gegen die Wirkung
1) Wir wollen hier bemerken, dass, wenn wir in dieser Arbeit die Wenge von
filtrirten Kulturen angebeu, welche wir injizirt haben, wir immer vor, Kulturen sprechen,
welche auf ein Drittheil ihres ursprünglichen Volumens reduzirt worden sind
33*
192 Tizzoni und Cattani, Ueber dio Art, einem Thiere die Immunität etc.
von virulenten oder filtrirten Tetanuskulturen immun gemacht, auch
wenn die Einspritzungen in verschiedenen Zwischenräumen und in
höheren Dosen wiederholt werden, als die, welche genügen, um die
Kontrollrhiere in kurzer Zeit zu tödten. So z. B. während zwei Tropfen
filtrirter Tetanuskultur eine Maus in ungefähr 30 Stuudeu tödten,
übt 1ls ccm derselben Kultur auf Mäuse, welche vorher mit dem
Serum des immunen Hundes behandelt worden waren, durchaus keinen
Einfluss. Nur wenn die Menge der injizirten Kultur sehr gross
(1 ccm), oder wenn eine gewisse Zeit nach der Einspritzung des
Serums verflossen ist, sterben diese Thiere; aber auch in diesem
Falle haben die tetanischen Erscheinungen wenig Neigung, sich aus-
zubreiten und der Tod tritt spät ein (uach 4 — 5 Tagen ungefähr).
Dagegen zeigen ebenso mit dem Blut des immunen Hundes in
der Menge von 2 1j3 ccm vorbereitete Kaninchen bei Injektion von
Tetanus-Virus oder -Gift keinen grösseren Widerstand, als nicht vor-
bereitete Kaninchen.
Meerschweinchen verhalten sich wie Kaninchen, d. h. es gelingt
nicht, sie durch Injektion des Serums vom immunen Hunde in das
Peritoneum gegen Tetanus unempfänglich zu machen.
Mit dem Blutserum immuner Tauben haben wir bei Mäusen und
Kaninchen genau dieselben Resultate erhalten , wie mit dem vom
Hunde.
Was das therapeutische Vermögen der Injektion des Blutserums
vom immunen Hunde betrifft, so haben wir beobachtet, dass nicht
nur bei Kaninchen, sondern auch bei Mäusen, auch wenn die Tetanus-
Intoxikatiou mit kleinen Mengen des Giftes (1 — 2 Tropfen einer Kul-
tur) ausgeführt worden ist, die Entwickelung der tetanischen Er-
scheinungen sich nicht verhindern oder aufhalten lässt, wenn die
Einspritzung des Blutserums nicht vor dem Erscheinen der Te-
tanus-Symptome (z. B. 4 Stunden nach Injektion des Giftes) stattge-
fundeu hat.
Die von uns erhaltenen Resultate bringen keine einfache Bestä-
tigung derjenigen von Behring und Kitasato, sei es wegen der
direkten Bedingungen der Experimente (die Art, die Immunität heryor-
zubringen — das zuerst immun gemachte Thier), sei es, weil sie
einige neue Thatsachen aufweisen, nämlich, dass das Blutserum eines
immunen Tbieres auch in kleinster Menge und in sehr kurzer Zeit
die Toxicität der filtrirten Tetanuskulturen vernichten kann, was die
Hypothese sehr wahrscheinlich macht, dass ihr wirksamer Stoff ein
Ferment ist, und dass die sehr interessante Thatsache, dass die
Uebertragung der Immunität gegen Tetanus durch Transfusion des
Blutes oder Serums eines immunen Thieres nicht ohne Unterschied
für alle Thiere gilt, sondern selbst in derselben Thierklasse nur für
einige Arten stattfindet.
Bologna, am 10. Januar 1891.
§.anarelli, Heber einen neuen Mikroorganismus des Wassers.
193
Ueber einen neuen Mikroorganismus des Wassers,
welcher für Thiere mit veränderlicher und konstanter
Temperatur pathogen ist.
(Pathologisches Institut der Königl. Universität Siena1), Direktor
Prof. C. S a n q u i r i c o).
Von
Dr. Ginseppe San&reüi,
Assistenten.
Mit einer lithographischen 'Tafel.
Seit Anfang des laufenden Jahres hatte ich Untersuchungen an-
gestellt, um auf möglichst einfache und entscheidende Weise den
respektiven Werth der Lymphe und der Leukocyten in betreff der
bekannten Frage über die Immunität der Frösche gegen das Milz-
brandgift zu bestimmen.
Diese Aufgabe war mir von anderer Seite ziemlich einfach ge-
macht worden, da es mir gelungen war, eine leichte Methode zu finden,
welche mir erlaubte, bedeutende Mengen vod Froschlymphe zu er-
halten, welche vor. Keimen und Leukocyten ganz frei ist
Mit den aus der langen Reihe meiner Versuche erhaltenen Re-
sultaten und dem Verfahren, die Lymphe aus dem Unterhautrücken-
sack der Frösche zu gewinnen , werde ich mich in einer andern
Veröffentlichung beschäftigen.
Für jetzt beschränke ich mich blos darauf, eine Thatsache be-
kannt zu machen, welche, wie ich glaube, vom hygienischen und bio-
logischen Gesichtspunkte aus nicht uninteressant und zum Gegen-
stand mannigfacher Untersuchungen geworden ist : nämlich das Vor-
handensein eines Mikroorganismus, welcher sich entschieden pathogen
für Thiere mit konstanten , wie für solche mit veränderlicher Tem-
peratur verhält, in dem gewöhnlichen Trinkwasser.
In dem Verlaufe meiner Versuche über die durch Froschlymphe
auf die Milzbrandbacillen ausgeübte Wirkung habe ich sehr oft die
Beobachtung gemacht, dass diese letztere, welche einerseits unbe-
streitbare Mikrobien tödtende Wirkung auf die bekanntesten patho-
genen Mikroorganismen ausübt, andrerseits die üppigste Entwickelung
eines besonderen Schizomyceten erlaubt, dessen ausserordentlich in-
fektive Wirkung auf Thiere mir schon seit langer Zeit zweifellos ge-
worden war.
Die Methode meiner Untersuchungen bestand hauptsächlich
darin, dass ich bedeutende Mengen von Lymphe auf ebenfalls be-
deutende Mengen von Milzbrandsporen und Bacillen einwirken liess.
Aber oft musste ich eine Reihe von Inokulationen unterbrechen
1) Mitteilung und Demonstration darüber vor der medic. Chirurg. Gesellschaft von
Pavia in der Sitsung vom 12. Juli 1890.
194
Sanar e I Ii,
wegen zufälliger Verunreinigung der Lymphe mit dem genannten
Organismus, welcher sehr schnell bei den Thieren Septikämie her-
vorbrachte, die unfehlbar in weniger als zwölf Stunden den Tod
herbeiführte , ohne jedoch die vollkommene Entwickelung des Milz-
brandprozesses zu verhindern , welcher, wie bekannt, niemals in kür-
zerer Zeit, als 36 — 48 Stunden abläuft.
Ganz zu Anfang war ich der Meinung, die Verunreinigung der
Froschlymphe hänge von zufälligen und darum schwer zu entdecken-
den Ursachen ab, und hatte mich darum nicht bemüht, ihren Ur-
sprung genau zu erforschen. Aber die häufige Wiederholung dieser
Verunreinigung und die Beobachtung, dass dieselbe immer von dem-
selben Mikroorganismus herrührte, dessen Entwickelung auf den ge-
wöhnlichen Nährstoffen schon beim ersten Blick von der der be-
kanntesten pathogenen Bakterien ganz verschieden schien , veran-
lassten mich, die Ursache dieser unangenehmen Zufälle genau zu
untersuchen, welche einige Serien meiner Versuche bedrohten uud
nicht selten wirklich vereitelten.
Vor allen Dingen, wenn ich es für einen Augenblick uuterliess,
das Herkommen eines so virulenten Mikroorganismus zu erforschen,
hatte mich im höchsten Grade die Thatsache interessirt, dass die
Froschlymphe, welche der Entwickelung aller bis jetzt bekannten
Arten von pathogenen Bakterien so kräftig widersteht, die üppige
uud schnelle Entwickelung dieser Art erlauben konnte, welche doch
einen so ausgesprochen infektiösen Charakter besass.
Man begreift leicht, dass diese Beobachtung mich auf den Ge-
danken brachte, der neue Mikroorganismus könnte auch für den
Frosch selbst pathogen sein, ln der That überzeugten mich an
diesen Thieren ausgeführte Injektionen bald von der Richtigkeit dieser
Ansicht, sodass ich endlich eine wahrscheinliche Erklärung der wahr-
haft beunruhigenden Sterblichkeit fand, welche ich täglich im Aqua-
rium und den Glasglocken wahrnahm, worin ich die zur Lieferung der
Lymphe für meine Untersuchungen über den Milzbrand bestimmten
Frösche aufbewahrte. Diese Sterblichkeit hatte ich Anfangs auf ver-
schiedene Weise erklärt, musste sie aber nun auf eine wirkliche,
echte Infektion beziehen, hervorgerufen durch den Parasiten, welcher
den Iuhalt der gegenwärtigen Mittheilung ausmacht.
Als ich diese erste Thatsache festgestellt hatte , bemühte ich
mich, das Aquarium, die Glasglocken und alle andern Geräthe des
Laboratoriums, welche ich für verunreinigt halten konnte, zu des-
iufiziren ; aber darum hörte die Infektion der Frösche nicht auf, vor-
züglich unter den operirten. In der That überzeugten mich spätere
Untersuchungen, welche nur den Zweck hatten, die Ursache dieser
Infektion zu ergründen, dass der ausschliessliche Träger der An-
steckung das Wasser sei, welches ich für die gewöhnlichen Zwecke
des Laboratoriums benutzte und welches aus einem im Innern unseres
Instituts befindlichen Brunnen herrührte.
Die überzeugendste Bestätigung dieses Resultats wurde durch
folgenden Versuch geliefert: in zwei sterilisirte Glasgefässe, von denen
das eine gekochtes Brunnenwasser, das andere dasselbe, aber unge-
kocht enthielt, brachte ich Frösche, welche vorher mittelst weider-
üeber einen neuen Mikroorganismus des Wassers.
195
holter Waschungen in antiseptischen Lösungen und in sterilisirtem
Wasser einer genauen äussern Desinfektion unterzogen worden waren.
Ehe ich die Frösche in ihre respektiven Gefässe setzte, hatte
ich ihnen mit sterilisirten Instrumenten Hautwunden beigebracht
Nach kurzer Zeit starben alle in das nicht gekochte Wasser ge-
setzten Frösche au Infektion, während die andern, die man als
Kontroll thiere betrachten konnte, am Leben blieben.
In Folge dessen konnte eine genaue Untersuchung, welche nicht
nur in hygienischer Beziehung, sondern auch zu dem Zwecke ausge-
führt wurde, die biologischen Charaktere eines Organismus festzu-
stellen, welcher nicht nur für die sogenannten kaltblütigen , sondern
auch für die warmblütigen Thiere pathogenetisch ist, nur vollkommen
gerechtfertigt erscheinen.
I. Kultureil auf künstlichen Nährmitteln.
Die eisten Kulturen, welche ich auf Agarplattea erhielt, stammten
aus der Lymphe angesteckter Frösche oder aus dem Blute solcher
Thiere, welche wenige Stunden nach der Infektion mit Milzbrand-
lymphe gestorben waren.
Das Blut (besonders das von Meerschweinchen) wurde mit einer
kleinen Platinschlinge auf die Platte übertragen, und brachte immer
einige tausend Kolonieen hervor, weiche sich mit der grössten
Schnelligkeit in 18—24 Stunden entwickelten. Diese rundlichen, regel-
mässigen Kolonieen mit glatter Oberfläche zeigen, wenn sie auf einer
dunkeln, durchsichtigen Fläche untersucht werdeu, eine weiss-grauliche
Färbung, wenn aber direktes Licht durch sie hindurchgeht, so erscheint
in ihrem Umkreis eine schwache, bläuliche, ziemlich charakteristische
Refraktion.
Auch die Kulturen auf Geiatineplatten zeigen ungefähr dieselben
Charaktere wie die vorigen, aber die Schnelligkeit, mit welcher die
Gelatine sich verflüssigt, hindert durchaus die Verfolgung der allmäh-
lichen Entwickelung der Kolonieen.
Entwickelung in Agar mit Glycerin.
Schon wenige Stunden nach der Impfung (bei 37° C) erscheint
an der Oberfläche eine leichte bläuliche, diffuse Fluorescenz, worauf
sogleich das üppige Wachsthum der Kolonieen folgt, welche bald fast
den ganzen Nährstoff bedeckt und das Kondensationswasser trübt.
Nach 24—36 Stunden beginnen bisweilen sich grosse Gasblasea
in der Dicke des Agar zu bilden, und dies geschieht besonders, wenn
Ausläufer der Kultur in den Agar selbst haben eindringen können.
Im weitern Verlauf beginnt die bläuliche Fluorescenz allmählich an
zu verschwinden, die Kolonie wird dickerund reicher, und die schmutzig-
graue Farbe wird nach und nach bräunlich.
Die in Agar entwickelten Bacillen behalten ein ziemlich kon-
stantes Ansehen. Kleine, sehr bewegliche Stäbchen von 1 — 3 u
Länge sind immer vorherrschend Die kürzeren sind gewöhnlich
einförmig eiförmig, mit regelmässigem Umriss, die längeren dagegen
zeigen nicht selten eine leichte Mittelstreifung.
196
S a n * r c 1 1 ! ,
Entwickelung auf Nährgelatine.
Das Wachsthum des Parasiten ist hier ausserordentlich schnell,
auch bei der Temperatur der Umgebung (18 — 20° C). Nach 12 Stunden
ist längs dem Impfstriche die Gelatine verflüssigt, der Inhalt des
Kauaies ist trübe und reich an weisslichen Flocken. Nach 36 —
48 Stunden ist die Gelatine zur Hälfte verflüssigt, aber doch behält
die von der Kolonie besetzte Zone ein trichterförmiges Ansehen.
Nach drei bis vier Tagen ist das Nährsubstrat vollkommen verflüs-
sigt, und auf dem Boden der Röhre bildet sich eine dichte, weiss-
liche, flockige Schicht. Das Ansehen der auf Gelatine kultivirten
Bacillen ist, im Gegensatz zu den auf Agar gewachsenen, sehr ver-
schiedenartig. Denn wenn auch die Formen von 2 — 3 n Länge vor-
herrschen, so finden sich doch auch häufig solche von 12 — 20 j«, und
andre so kurze, dass sie ein eiförmiges oder kugliches Aussehen
annehmen. Auch in Bezug auf die Dicke finden sich Unterschiede
besonders in den kleinsten Formen, von denen viele einander ganz
unähnlich sind.
Entwickelung im Serum.
Auch dieser Nährboden ist der Entwickelung des Mikroorganis-
mus äusserst günstig.
Längs dem ganzen Impfetriche, auf welchem dieser sich ver-
mehrt, verflüssigt sich das Serum schnell; schon nach 12 Stunden
erscheint eine ziemlich tiefe Furche, welche sich, der Kondensations-
flüssigkeit entsprechend, ein gutes Stück weit erstreckt. Das Aus-
seheu der auf Serum entwickelten Bacillen unterscheidet sich nicht
wesentlich von dem, welches ich für die Gelatine-Kulturen beschrieben
habe.
Entwickelung auf Fleischbrühe.
Nach zwölf Stunden ist die Flüssigkeit vollkommen trübe ge-
worden, und mit der Zeit bildet sich auf ihrer Oberfläche ein dünner,
weisslicher Ueberzug.
Der Anblick der einzelnen Stäbchen ist den der bisher be-
schriebenen nicht unähnlich.
Entwickelung auf Kartoffel.
Diese ist am meisten charakteristisch. Schon nach zwölf Stunden
erscheint längs dem Impfstrich ein feines, mattes Häutchen von
strohgelber Farbe ; diese wird allmählich gelb und nimmt nach 4—5
Tagen ein so braunes Ansehen an, dass es vollkommen den Kartoffei-
kulturen des Rotzbaciilus gleicht. Die einzelnen vorherrschenden
Formen ähneln den auf Agar entwickelten; aber zum Unterschied
von diesen letzteren, welche mehr oder weniger einen konstanten
Typus einhalten, sind auch die verlängerten Formen nicht selten.
Es ist bekannt, dass die braungelbe Farbe der Kulturen des
Rotzbacillus auf Kartoffel ein Si-hr werthvolles Unterscheidungszeichen
abgibt, wenn es sich darum handelt, diese Krankheit frühzeitig zu
erkennen, wenn Unbekanntschaft mit der mikroskopischen Technik
lieber einen neuen Mikroorganismns des Wassers.
107
eine genaue Untersuchung unmöglich macht. In der That kannte
man ausserdem Spirillus ckolerigenus und dem Bacillus
pyocyaneus, welche auf Kartofl'elkulturen das Ansehen des Rotz-
bacillus annehmen können, bis jetzt keine andern Mikroorganismen
(mit Ausnahme einiger Arten von Mikrokokken, zu deren Erkennung
aber eine grosse Uebung am Mikroskop nicht nöthig ist), welche
einen Irrthum in der bakteriologischen Diagnose veranlassen könnten.
Aber die Cholera-Spirillen, abweichend von den Rotzbacillen , verän-
dern im Laufe der Zeit ihre graubräunliche Farbe durchaus nicht,
und für den Bacillus pyocyaneus kann man die gewöhnliche
Probe machen, welche dariu besteht, dass man über die Oberfläche
der Kartotfelkultur mit einem Stück Fliesspapiers streicht und dieses
dann Ammoniakdämpfen aussetzt : dann färbt sich das Papier blau-
grünlich. Da ich nun beobachtet hatte, dass die Kartoffelkulturen
dieses neuen Parasiten eine noch grössere Aehnlichkeit mit den Rotz-
bacillen darbieten, als die vorhergenannten , vorzüglich weil sie im
Laufe der Zeit eine immer braunere Farbe annehraen und wegen
ihres Verhaltens gegen Farbstoffe, so habe ich mich bemüht, ein leicht
anzuwendendes Verfahren zu finden, mittelst dessen man leicht eine
grobe Differentialuntersuchung anstellen könnte. So habe ich ge-
funden, dass, wenn man einigen Tropfen einer Sublimatlösung (die
von mir gebrauchte enthielt 20 &) auf Kartoffelkulturen des Rotz-
bacillus, des Bacillus pyocyaneus und des neuen, von mir auf-
gefundenen Mikrobiums fallen lässt, man ebensoviel verschiedene
Färbungen erhält, welche auch dem ungeübtesten Auge nicht ent-
gehen können.
Nach Einwirkung des Sublimats nehmen die Rotzkulturen ein
gelbliches, einigermassen dem des St aph y lo cocc u s aureus ähn-
liches Aussehen an; die pyocyanischen Kulturen, welche gewöhnlich
intensiv braun gefärbt sind, werden sogleich blaugrünlich, und die
des neu entdeckten Bacillus zeichnen sich durch ein milchiches, in
der Mitte etwas röthliches Ansehen aus.
Die Kulturen auf den verschiedenen künstlichen Nährsubstraten
habe ich in gleichem Masse infektiös gefunden und habe mich ihrer
ohne Unterschied bei den Experimenten an Thieren bedient.
B:s jetzt ist es mir nicht gelungen , die Erzeugung von Sporen
zu beobachten.
Fernere an Trinkwassern aus andern Brunnen nach derselben
von mir von Anfang an in diesem Laboratorium befolgten Methode
augestellte Versuche haben mir die Gegenwart dieses Mikroorganis-
mus noch zweimal unter 26 untersuchten Wassern dargethan.
In Folge davon, und mit Berücksichtigung des charakteristischen
Aussehens der Kartoffelkulturen, habe ich es für passend gehalten,
ihn Bacillus hydrophilus fuscus zu nennen.
II. Wirkung auf Thiere von veränderlicher Temperatur.
(Sogenannte kaltblütige Thiere.)
Ich habe mit Fröschen (R. temporaria und esculenta),
Kröten (Bufo cinereus), Salamandern (Triton cristatus),
198
SanArelli, Ueber einen neuen Mikroorganismus des Wassers.
Eidechsen (Lacerta agilis und viridis), Barben (Barbus
plebejus) und Süsswasseraalen (Anguilla vulg.) Versuche an-
gestellt, und habe bei allen diesen Thieren eine ausgesprochene Em-
pfänglichkeit für diese Infektion angetrotfen.
Ich will gleich anführen, dass Injektionen in’s Parenchym, be-
sonders bei Fröschen und Eidechsen, die Infektion schneller und
sicherer hervorbringen, als blosse Einspritzungen unter die Haut.
Bei Fröschen und Kröten folgt auf die Injektion einiger Tropfen
der bacillenreichen Flüssigkeit in die Muskeln eines Schenkels sehr
bald die Anschwellung der Stelle und des entsprechenden Gliedes
unter lebhafter Röthung.
Die Thiere, besonders die Frösche, verlieren ihre gewöhnliche
Lebhaftigkeit, bleiben unbeweglich, bisweilen halten sie das verwun-
dete Glied gestreckt und wenn sie ins Wasser gesetzt werden, wird
ihnen das Schwimmen schwer. Nach 8 — 10 Stunden findet man sie
fast immer todt.
Die Sektionsbefunde zeigen bisweilen Verschiedenheiten, aber im
Allgemeinen findet man mehr oder weniger folgende Erscheinungen:
Die Leber ist etwas mehr als gewöhnlich zerreiblich, die Milz ist
oft hyperämisch und bisweilen bedeutend vergrössert, die Nieren sind
immer sehr hyperämisch, sowie man auch beständig starke Injektion
der Darmgefasse bemerkt. Die Bauchmuskeln und die Zunge zeigen
hie und da kleine hyperämische Flecken; nicht selten habe ich
reichliche hämorrhagische Exsudate in der Bauch- und Perikardial-
höhle gefunden. Einmal waren die Lungen so hyperämisch und kol-
labirt, dass sie unfähig waren, zu schwimmen ; ein anderes Mal be-
obachtete ich auf dem Epikardium kleine, punktförmige, an Bacillen
reiche Vegetationen.
Die Impfstelle zeigt immer die Symptome einer heftigen, ent-
zündlichen Reaktion. Wenn sie sich zwischen den Schenkelmuskeln
befindet, so findet man, dass diese ihr normales, perlmutterartig-
weisses Ansehen verloren und eine schmutzigweiurothe Färbung an-
genommen haben. Die Muskelfasern zeigen unter dem Mikroskop
ihre charakteristische zarte Querstreifung nicht mehr deutlich. Nur
mit Hülfe von Essigsäure lasst sich ein wenig Langsstreifung deut-
lich machen; wohl aber findet man, dass grosse Abschnitte von Fa-
sern schon in körnige Entartung verfallen sind, und inr normales
Aussehen vollständig verändert haben.
Im Gross- und Kleinhirn habe ich niemals etwas Bemerkens-
werthes angetroffen.
Die Bacillen finden sich in grosser Menge im Blute und in
allen Organen, und die Probe durch Kulturen beweist, dass es sich
nur um den inokulirten Bacillus handelt. Eine charakteristische Er-
scheinung besteht darin, dass sie sich meistens in zooglöischen Massen
darstellen, und die verschiedenen Präparate, welche ich die Ehre
hatte, der Gesellschaft vorzulegen, zeigten deutlich diese besondere
Ordnung, besonders im Blute.
Zur Färbung dieses letzteren habe ich mich einer gesättigten
Lösung von Methylenblau in einprozentiger Osmiumsäi.re bedient. Diese
Methode scheint mir einen gewissen Vortheil gegenüber der gewöhn-
K a t z , Zur Kenntdss der Leuchtbakterien.
199
liehen Doppelfärbung zu bieten, aus dem einfachen Grunde, weil man
in derselben Zeit, während der sowohl die Bacillen, als auch die zelligen
Elemente durch eine sehr schnelle Behandlung sehr deutlich gemacht
werdeD, zugleich den gewünschten Farbenkontrast erhält; denn die
Gegenwart der Osmiumsaure bedingt nicht nur eine deutliche Blaufär-
bung der chromatischen Kern-Filamente, sondern theilt auch dem
Protoplasma der rothen Blutkügelchen eineu zart grünlichen Ton mit.
(Schluss folgt.)
Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
Von
Dr. Oscar Katz
in
Sydney.
(Fortsetzung.)
2) Bacillus smaragdino-phosphorescens. Nach 18
Stunden, bei 21 — 22° C, Hessen die Gelatinepiatten in der Tiefe graue
Punkte, an der Oberfläche weisshch - graue Tröpfchen erkennen.
Letztere waren um genannte Zeit dünn, ganz wenig gewölbt. Ihr Inhalt
war (unter schwacher Mikroskopvergrösserung) homogen feinkörnig,
hellgrau mit einem Stich ins Gelbliche, nach dem Rande zu wasserklar;
Kontour mit zähnchenartigen VorsprüDgen versehen ; Durchmesser
0,3—0,45 mm (in einer Kultur auf 8proz. Gelatine bis zu 0,6 mm).
Die tiefen Kolonieen waren im Grossen und Ganzen stumpf-eiförmig
oder citrorienförmig ; ihr Kontour war glatt und scharf, hier und da
buchtig. Sie massen durchschnittlich etwa 0,15 mm im grössten
Durchmesser. Inhalt graugelblich, etwas iüs Grünliche spielend;
Granulirung undeutlich (deutlicher in 8 proz. Gelatine gesehen). Es
waren drei Partieen zu unterscheiden : eine breite, centrale, der sich
eine schmale, mittlere Zone anschloss , welche ihrerseits von einer
noch schmaleren Randzone umgeben war (bei gleichalterigen Kolo-
nieen in 8proc. Gelatine Zonenbildung nicht beobachtet).
Nach weiteren 24 Stunden — Temperatur wie oben — waren
die feuchtglänzenden oberflächlichen Kolonieen bis zu 0,8 mm (bei
Anwendung von 8 prozent. Nährgelatine bis zu 1,2 mm) gross. Unter
schwacher Mikroskopvergrösserung zeigte der noch feinkörnige Inhalt
an den Rändern hellbraune Färbung, nach dem Centrum zu einen
dunkleren Farbenton (auf 8 prozent. Gelatine bestand um jene Zeit
an den Kolonieen eine dem unbewaflneten Auge sichtbare Zonen-
bildung, indem eine Randpartie sich von einer Innenpartie schied).
Begrenzungslinie war undeutlich kreislinig. In den jetzt 0,2—0,25
mm (bei Anwendung von 8 prozent. Gelatine 0,25—0,3 mm) grossen,
noch glattrandigen , tiefen Kolonieen war die früher beobachtete
Zonenbildung mehr oder weniger verwischt (während an den gleich-
alterigen Kolonieen in 8 prozent. Gelatine eiue Ausbildung vou zwei
Zonen jetzt ersichtlich war).
200
Satz,
Nach 20 Tagen untersucht, waren die oberflächlichen Kolonieen
etwa 2 nitu breit, flach, unregelmässig begrenzt.; ein verhältniss-
mässig kleines centrales Feld von gelblicher Färbung setzte sich
gegen den übrigen, schiefergrau gefärbten, grösseren Antheil ab. Die
tiefen Kolonieen, am 20. Tage angesehen, waren bis zu 0,6 mm
gross, makroskopisch von gelbliehweisser Färbung, strohgelb bei
schwacher Mikroskopvergrösserung.
Eine Erweichung oder Verflüssigung der Näbrgelatine wurde an
den innerhalb Mai bis August J887 angefertigten Platten- oder Roll-
röhrehenkulturen — auf die obige Beschreibung Geltung hat — nie-
mals beobachtet; auch nicht an Strich- oder Stichkulturen bis zu
einem, weiter unten zu erwähnenden Zeitpunkt. Aus dem Grunde
war die früher von mir mitgetheilte Angabe, dass die Nährgelatine
nicht verflüssigt werde, berechtigt. Diese Angabe muss jetzt dahin
erweitert werdeu , dass iu späteren Generationen , wie zuerst an
Strichkulturen beobachtet — wann und unter welchen Umständen,
darüber weiter unten — Verflüssigung eintrat. Hier mag Folgendes
kurze Erwähnung finden. Am 31. Juli a. c. wurden von einer im
Antang der Verflüssigung stehenden Stichkultur iu einer 2,7 % Koch-
salz enthaltenden 6 prozent. Nährgelatine (vgl. unten) vom 6. des-
selben Monats Rollplatten in gewöhnlicher 10 prozent. Gelatine an-
gelegt. Von den entstandenen Kolonieen wurden die oberflächlichen
bis zu 10 mm breit, und zwar liessen sich an ihnen zwei Partieen
unterscheiden : eine centrale, bis zu 3,5 mm breit, flach, bläulichgrau
im durchfallenden Licht, feuchtglänzend, mit unregelmässig gelapptem
oder gezähntem Kontour, und eine periphere Partie, wolkig, bläulich-
weiss durchscheinend, hier und da mit fädigen, lappigen oder ein-
geschnitten zähnigen Ausläufern. Im centralen Antheil waren hier
und da konzentrische Ringe ausgebildet. Weiterhin erschienen auf
den oberflächlichen Ausbreitungen fast ausnahmslos eine Anzahl neuer
oder sekundärer, minutiöser, oft dicht gedrängter Kolonieen, mit
denen jene wie bespickt waren. Sie fanden sich sowohl auf dem
centralen dichteren, als auf dem peripheren bauchartigen Theil, von
dem sie sich scharf abhoben. Die Stelle der Begrenzungslinie der
ursprünglichen Kolonieen nahm jetzt in mehreren Fällen ein Kranz
von meist dicht bei einander stehenden punktförmigen Kolonieen
ein1). Die Verflüssigung der Gelatine ging langsam vor sich. Nach
ungefähr 14 Tagen begann unter einzelnen oberflächlichen Kolonieen
die Gelatine zu erweichen, um nach und nach ganz zu verflüssigen
und mit den Kuiturmassen auf den Boden des Reagensglases zu
gleiteu; dort sieht man noch nach geraumer Zeit einige Kolonieen
an ihrem alten Platz, zumal im oberen, der Austrocknung zuerst aus-
gesetzten Theil des Röhrchens.
Ein solches gesteigertes Oberflächenwachsthum der Kolonieen,
so verschieden von dem früheren beschränkten, wurde auch schon,
abgesehen von der Erweichung der Gelatine, im April 1889 an einem
Rollröhrchen (6 prozent. Nährgelatine) beobachtet.
1) Ueber neue ,, sekundäre“ Kolonieen in alten Kulturen der anderen Bakterien
*. unten.
Zur Kenntniss der Lenchtb&kterien.
201
3) Bacillus argen teo-phosph. I. Nach etwa 20 Stun-
den, bei 21—22 ö C, waren die Kolouieen schon gut erkennbar. Die
oberflächlichen erschienen als starkglänzende, helle, flache Tröpfchen,
unter schwacher Mikroskopvergrösserung und bei durchfallendem
Licht fast wasserklar (nach der Mitte zu schwach gelblich) ; Inhalt
homogen, ohne deutliche Körnelung; Kontour mit kurzen, zahnartigen
Ausbuchtungen, im Grossen und Ganzen kreisförmig; Durchmesser
0,4 — 0,6 mm. Die tiefen Kolonieeu waren kugel- bis stumpf eiförmig ;
Jnbalt gleichmässig hellgelb; Kontour scharf und glatt; Durchmesser
0,15— 0,2ö mm. — Nach weiteren 24 Stunden — Temperatur die-
selbe — waren die oberflächlichen Kolonieen bis zu 1,25 mm breit;
Inhalt mit deutlicher Körnelung, hellgelb, nach dem Rande zu heller
werdend ; Kontour wellig. Die tiefen Kolonieen waren nun 0,2— 0,3
mm gross, ihr Inhalt im Allgemeinen erbsengelb und homogen
körnig. — Nach weiteren 3—4 Tagen angesehen, Hessen die tiefen
Kolonieen die Ausbildung von Zonen — im Ganzen drei — deutlich
erkennen. Bei den oberflächlichen trat eine ähnliche Erscheinung
erst im weiteren Verlauf der Entwickelung klar zu Tage. Fach 20
Tagen vom Beginn untersucht, zeigten sie unschwer zwei oder drei
Zonen. Durchmesser dieser oberflächlichen Kolonieen ca. 3 mm.
In einer mit 8 prozent. Nährgelatine angefertigten Plattenkultur
war bereits nach 2 Tagen an den eiförmigen, 0,45 : 0,35 mm grossen
eingepflaDzten Kolonieen die Anlage von drei scharf begrenzten
Zonen bemerkbar; bei den oberflächlichen trat die Erscheinung erst
zwischen dem 4. und 7. Tage ein. Letztere waren um die Zeit ca.
S mm breit, bei schwacher Mikroskopvergrösserung und durchfalleu-
dem Licht einen deutlich granulirten Inhalt von durchschnittlich
grünlich-gelber Farbe zeigend, die nach dem Rande zu in einen
helleren Ton überging. Die endgültige Breite derselben betrug bis
zu 7 mm; der Kontour war schliesslich unregelmässig, im Grossen
und Ganzen sich der Kreisform nähernd; die Färbung in der Mitte
hell-orangcgelb, nach dem Rande zu weisslich-grau. Von den ur-
sprünglich uuter der Gelatineoberfläche befindlichen, schliesslich theil-
weise über dieselbe hinausragenden , fast ausnahmslos eiförmigen,
glatt koutourirten , bernsteingelben Kolonieen wurde eine definitive
Grösse bis zu 1,5 mm erreicht.
Verflüssigung der Nährgelaline fand weder in obigen, innerhalb
Mai bis August 1887 erlangten Plattenkulturen, noch in solchen statt,
welche und soweit sie von Nachkommen späterer Generationen abge-
leitet wurden. Unter welchen Umständen bei Strichkulturen eine
Verflüssigung beobachtet wurde, und über sonstige Abweichungen in
Wachsthurn (und Wirkung), soll weiter unten berichtet werden.
4) Bacillus argenteo-phosph. II. Die Kolonieen bildeten
nach 24 Stunden, bei 18—20 0 C, an der Oberfläche bis zu 0,5 mm
breite, stearintröpfcbenartige Gebilde , mit scharfem , vollkommen
kreisrundem Kontour und homogeu hell gelblich-grauem Inhalt. Nach
weiteren 24 Stunden waren sie bis zu 1 mm gross, Inhalt feinkörnig,
grau-gelblich, nach dem Rande zu weisslich; Koutour zackig-wellig.
Die erheblich kleineren tiefen Kolonieen zeigten um die genannte
Zeit eineu deutlich körnigen, scharf und glatt begrenzten, grünlich-
202
K a tz ,
gelben Inhalt mit Andeutung von zwei Zonen. Die an die Gelatme-
oberfläche dringenden, ursprünglich unter deren Niveau gelagerten
Kolonieen bildeten auf derselben nachträglich (nach ca. 7 Tagen)
bläulich-graue, glänzende Ausbreitungen bis zu 6 mm Durchmesser.
Die Nährgelatine wurde weder in jenen, kurze Zeit nach der
Isolirung des Mikroben erlangten Kulturen, noch in solchen folgen-
der Generationen, im Mindesten verflüssigt. Einige weitere Angaben
über Kolonieen finden sich unter Strichkulturen.
Sowohl einzeln, wie in ihrem Ensemble, zeigten die Kolonieen
auffällige Unterschiede von denen der anderen nicht verflüssigenden
Arten.
5) B. argenteo-phosph. III. Nach 24 Stunden, bei 18 — 20° C,
zeigten die Platten an der Oberfläche unregelmässig ausgebuchtete
oder gelappte Schüppchen mit weisslichem Inhalt, der feine Striche-
lungen und Furchen aufwies; Durchmesser bis zu 0,45 mm. Die
tiefen Kolonieen, von Kugel-, Ei- oder Citronengestalt. waren um die
Zeit bik zu 0,15 mm gross; Kontour schail abgesetzt; Inhalt homogen
grünlich-gelb, mit undeutlicher Strichelung. Nach weiteren 24 Stun-
den besassen letztere einen feingranulirten Inhalt, der sich in zwei
Zonen schied. Die nach der genannten Zeit etwa 1 mm breiten
oberflächlichen Kolonieen boten wenig Besonderes. Nach etwa 7
Tagen vom Beginn waren sie bis zu 3 mm breit, von bläulich-grauer,
wolkiger Beschaffenheit, in der Mitte gelblich-grau, sehr wenig über
die Gelatine hervorragend; Begrenzungslinie gekerbt oder zackig
ausgeschweift. Nach dieser Zeit waren die von Anfang an tiefen Ko-
lonieen bis zu 0,4 mm gross; Inhalt deutlich granulirt, dunkelgrün-
lich-gelb, mit schmaler, hellerer, scharf abgesetzter Randzone.
Die Nährgelatine blieb stets fest, sowohl in den bald nach der
Isolirung der Bacillen angelegten Kulturen , auf die sich obige Be-
schreibung bezieht, als auch in denen späterer Generationen, wie
auch letztere in ihrem Aussehen von dem typischer Kulturen sich
unterscheiden mochten. (Vergl. Striehkultureu.)
6) B. argenteo-phosph. liquef. Nach 24 Stunden, bei
Zimmertemperatur (die des Tags über ca. 20° C betrug, des Nachts
auf 17 " C herunterging), wies die Platte an der Oberfläche hyaline
Scheibchen auf, von homogenem, sehr feinkörnigem, liebtbraunem In-
halt (schwache Mikroskop- Vergr. durchf. Licht); Kontour unregel-
mässig buchtig oder ausgeschweift, im Grossen und Ganzen kreis-
förmig; Durchmesser bis zu 0,7 mm. Die tiefen Kolonieen waren
nach jener Zeit 0,ü8 — 0,2 mm gross, die meisten etwa 0,15 mm;
Inhalt gleichmässig strohgelb, zerklüftet, derart, dass eine maulbeer-
aitige Anordnung resultirte, die besonders bei den grösseren der
Kolonieen sehr deutlich hervortrat; der Kontour erschien daher als
eine gewellte oder ausgebuchtete Linie. Bei deD allerkleinsten Ko-
lonieen, deren es nur vereinzelte gab, war der Inhalt noch homogen.
— Nach weiteren 24 Stunden (während welcher die Temperatur des
Nachts ein wenig höher war, als vorhin) bot die Platte ein gänzlich
verändertes Aussehen. Entsprechend der Lage der ursprünglich
oberflächlichen oder nahezu oberflächlichen Kolonieen gab es jetzt-
Zur Kenotniss der Leuchtbakterien.
203
kreisförmig begrenzte, bis zu 2 mm breite Aushöhlungen, nach Art
der Höhlung in einem Uhrglas; dieselben enthielten verflüssigte Ge-
latine mit flach konkaver Oberfläche, und am Grunde die nach oben
zu ebenfalls flach konkaven Kulturmassen. Die mikroskopische Ver-
grösserung ergab eine den Hauptantheil der Kolonieen darstellende
centrale Masse, von etwa strohgelbem Inhalt, mit deutlich ausge-
prägtem, buchtigem Kontour, und mit einem Durchmesser von ca.
0,75 mm. An dieselbe schloss sich ein etwa 0,15 mm starker Gür-
tel mit lichtbraunem, körnigem Inhalt, und an diesen eine periphere,
doppelt so breite, im Uebrigen gleichartige Zone, welche von ihrem
Rande aus gegen die noch feste Gelatine dichte, minutiöse, radiär
verlaufende Ausläufer richtete. Bei anderen Kolonieen, deren Keime
in der Gelatine nahe der Oberfläche fixirt waren , waren die Aus-
höhlungen ähnlich, nur kleiner; die Kolonieen hier bestanden aus
zwei Portionen ; einer centralen, mit feinkörnigem, strohgelbem Inhalt
und im Allgemeinen kreisförmigem Kontour, und einer peripheren
Portion mit im Allgemeinen hellbraunem, körnigem Inhalt. Die
tieferen Kolonieen waren nun 0,3 — 0,45 mm gross; Kontour mehr
oder weniger polygonal ; der strohgelbe Inhalt in zwei Partieen zer-
fallend: eine centrale, die Hauptmasse bildend, von feinkörnigem
Aussehen, und eine schmale, hin und wieder radiärgestrichelt er-
scheinende Randzone. — Nach weiteren 24 Stunden (während welcher
Zeit die Temperatur des Tags bis an 22° C betrug) — im Ganzen also
nach 3 Tagen, waren die von Anfang an oberflächlichen Kolonieen
bis zu 4,5 mm gross (Durchmesser des Verflüssigungsrandes). Dem
unbewaffneten Auge erkennbar war in ihnen ein gelblich weisser Kern,
und um denselben ein grauer, trüber Gürtel. Die in der Tiefe der
Gelatine sich entwickelnden Kolonieen waren (im optischen Durch-
schnitt) nicht mehr polygonal begrenzt; ihre Grösse war jetzt 0,4 bis
0,ö mm. Man bemerkte an ihnen, ähnlich wie an den oberflächlichen
zu einem früheren Zeitpunkt, einen kreislinig begrenzten Kern von
strohgelber Färbung, und an denselben sich anschliessend eine peri-
phere, lichtbraune, feinkörnige, an ihrem Rande wie mit lauter feinen
radiär gerichteten Streifen oder Linien besetzten Zone, mit ver-
flüssigter Gelatine.
Die nach der totalen Verflüssigung der Gelatine und nach deren
Herabgleiten von der Platte daselbst zurückbleibenden , den Kernen
der Kolonieen entsprechenden Kulturmassen waren makroskopisch von
citronengelber Färbung; die flüssige trübe Masse war von gelblicher
Färbung.
Obige Beschreibung der Kolonieen von Bacillus argenteo-
phosph. liquef. gilt für die Mikroben unmittelbar oder kurze
Zeit nach ihrer Isolirung. Als gegen Ende April 1889, nachdem
diese durch 41 Kulturgenerationen fortgeführt waren , wiederum
Platten (Rollröhrchen) in 6prozeut. Nährgelatine angelegt wurden,
war das Resultat von dem früheren verschieden, analog dem schon
früher beobachteten abweichenden Verhalten der Strichkulturen
(s. unten). Die oberflächlich gelegenen Keime wuchsen zu ansehn-
lichen, circular begrenzten, dünnen Auflagerungen heran; erst nach
ca. 8 Tagen, bei 21—23" C, begann die zunächst unter ihnen befind-
204
Atlas der ßakterienkunde.
liehe Gelatine zu erweichen, um erst verhältnissmässig spät herab
zufliessen, wobei die Kolonieen selbst am Glase haften blieben.
(Fortsetzung folgt.)
Referate.
Fraenkel, C., und Pfeiffer, R., Mikrophotographischer At-
las der Bakterienkunde. Lieferung 6., 7. und 8. Tfl. XXVII
— XLI mit Text. Berlin lte90.
An den Bacillus des malignen Oedems werden zwei andere anae-
robe Mikroorganismen angeschlossen, der Tetanus- und der Rausch-
brandbacillus. Wir sehen den bekanntlich zuerst von Kitasato
auf festem Nährboden gezüchteten Tetanusbacillus in Fig. 53 in hoher
Kultur im Reagensgiase; eine Kolonie wird uns dann in Fig. 54 bei
lOOfacher Vergrösserung vorgeführt, wobei ihre charakteristi^he An-
ordnung, die dichte festgeballte Mitte, von der aus zahllose feinste
Fäserchen strahlenförmig nach allen Seiten hin ziehen, ganz beson-
ders deutlich zu Tage tritt. Auch in der Siichkultur, die im näch-
sten Bilde Fig. 55 in natürlicher Grösse vorgeführt wird, verhält
sich der Bacillus ähnlich, wodurch die Kultur eine unverkennbare
Aeholichkeit mit einer Tanne bekommt. Dem Rauschbrandbacillus
sind drei Abbildungen gewidmet, Fig. 56 — 58. Auf der ersten sehen
wir ihn auf dem Deckglaspräparat; kurze, dicke, plumpe Stäbchen,
theils sporentragend, daneben freie SporeD. Das zweite Bild zeigt
eine Reinkultur in hoher Schicht: völlig runde Kolonieen von ver-
schiedener Giösse, die theilweise in einander fliessen, am Grunde
des Reageusglase8 ein langer Spalt im Nährboden, eine Folge der
durch den Bacillus bewirkten Gasentwickelung. Die von diesem Mi-
kroben mit Vorliebe gebildeten Involutionsformen, verkrüppelte, spin-
delförmige Gebilde, sehen wir auf der dritten Abbildung.
An die Anaöroben schliessen sich die Bakterien aus der Gruppe
der Infektionsgeschwülste: der Tuberkel-, der Lepra-, der Syphiiis-
und der Rotzbacillus. Besonders eingehend wird der Tuberkelbacillus
behandelt, dem zwölf Abbildungen gewidmet sind. Wir sehen ihn
im Deckglaspräparat vom Sputum eines Phthisikers; in Reinkultur
im Klatschpräparat oei 100- und bei IGOQfacher Vergrösserung und
in Kultur im Reagensglase. Dann wird er im Gewebe vorgeführt, im
miliaren Tuberkel und in der Riesenzelle, wobei die Dtkrobiotischen
Veränderungen, welche das Gewebe unter dem Einflüsse des Mikro-
organismus erleidet, durch Voriührung verschieden weit degenerirter
Gewebsschnitte erläutert wird.
Den dem Tuberkelbacillus so ähnlichen Leprahacillus sehen wir
in Fig. 71 im Ausstrichpräparat \on Gewebssaft aus einem Lepra-
knoten und in Fig. 72 und 73 in Schnitten durch die Haut und das
Unterhautzellgewebe des Menschen. Wir Anden, wie in der Beschrei-
bung hervorgehoben, die Bacillen in den Zellen und nicht, wie
Unna hat darthun wollen, in erweiterten Stellen von Lympbgängen,
Atlas der Bakterieukuode. — Milzbrand.
205
Eine Abbildung der ja immer noch mit einem Fragezeichen zu
versehenden Syphilisbacillen geben die Vertf. nicht, an seiner Stelle
führen sie den Smegmabacillus im Aasstrichpräparate vor (Fig. 74).
Fig. 75 und 76 zeigen, den Rotzbacillus in Reinkultur im Aus-
strichpräparat und im Scbnittpräparat in der Milz der Feldmaus;
der helle Hof, von dem sich die Stäbchen in der Regel umschlossen
zeigen, tritt auf dem ersten Bilde sehr schön zu Tage.
Die sieben folgenden Abbildungen führen den Diphtheriebacillus
vor und zwar Fig. 77 im Ausstrichpräparat von einer diphtheritischen
Membran aus der Trachea, Fig. 78, 79 uiid 80 im Schnittpräparat
in der diphtheritischen Schleimhaut der Trachea in 100- bezw. 500-
faeher Vergrösserung; Fig. 81 und 82 zeigen Kolonieen auf der Agar-
platte im Klatscbpräparat bei 100- bez. 1000-facher Vergrösserung.
Fig. 83 endlich zeigt die Bacillen im Ausstrichpräparat von der
Reinkultur auf erstarrtem Blutserum. Hier sehen wir die Bacillen
besonders gut wiedergegeben, und iiegen kurze und lange, gerade
und gebogene, gleichmässig gestaltete und keulenförmig angeschwollene
Stäbchen iü buntem Durcheinander.
Diese Inhaltsangabe zeigt zur Genüge, mit welcher Sorgfalt die
zur Wiedergabe geeignetsten und für den betreffenden Mikroorganismus
charakteristischsten Präparate ausgewählt worden sind. Die Klarheit
der Bilder und die Sauberkeit der Ausführung ist die vou den
früheren Lieferungen her bekannte. M. Kirchner (Hannover).
Osborne, A., Die Sporenbildung des Milzbrandbacillus
auf Nährböden von verschiedenem Gehalt an Nähr-
stoffen. [Aus dem hygienischen Institut zu Würzburg.] (Archiv
für Hygiene. Bd. XI. Heft 1. S. 51.)
Auf Veranlassung von K. B. Lehmann prüfte Verf. die Bil-
dung von Milzbrandsporeu auf Nährböden, welche entweder von vorn-
herein arm an Nährsubstanz oder durch vorhergegangenes Bewachsen
durch Milzbrandkultureu erschöpft waren.
Sämmtliche Versuche führen den Verf. zu dem Schlüsse, „dass von
einer Begünstigung der Sporenbildung durch Nährböden , deren Er-
schöpfung früher eintritt, keine Rede sein könne“, womit derselbe
die früher von Ref. aufgestellte Behauptung, dass die Ursache der
Sporenbildung beim Milzbrand „in dem eintretenden Mangel an Er-
nährungsmaterial“ gelegen ist, für widerlegt erachtet. [Die irrthüm-
liche Auffassung der Sporenbildungsfrage , welche die vorliegende
Arbeit cbarakterisirt, wurde vom Ref. in diesem Centralblatt bereits
gegenüber einer vorläufigen Mittheilung Lehmann ’s über die Re-
sultate derselben genügend nachgewiesen J). Ref.]
Büchner (München).
Jacobi, E., V i e r Fälle von Milzbrand beim Menschen.
(Zeitschrift für klinische Medicin. Bd. XVII. 1890. Heft 5.)
Bei 4 Patienten, bei deuen auf der N eis se r 'sehen Klinik zu
Breslau Arseniujektionen zu therapeutischen Zwecken gemacht wur-
1) Ccntralblatt f. Bakt. u. P. Bd. VUI. No. 1.
12. ua.
14
206
Milzbrand und Cholera.
den, entwickelte sich im Anschlüsse an eine bei allen diesen Indivi-
duen gleichzeitig vorgenommene derartige Injektion Milzbrand, wel-
cher durch bakteriologische Untersuchung konstatirt wurde.
Es war nicht zu bezweifeln, dass die Infektionen von den Arsen-
injektionen ausgegangen waren; auf welche Weise dieselben erfolgt
sind, liess sich jedoch nicht feststellen. Am meisten Wahrschein-
lichkeit hat nach den Ausführungen des Autors die Annahme für
sich, dass die Milzbrandkeime von dem einen Patienten, einem Trödler
und Kleiderreiniger, welcher der Infektion erlag, auf die anderen
übertragen wurden. Di tt rieh (Prag).
Manfredi und Scrafini, Ueber das Verhalten von Milz-
brand- und Cholerabacillen in reinem Quarz- und
reinem Marmorboden. [Aus dem hygienischen Institut in
München.] (Archiv für Hygiene. Bd. XI. Heft 1. S. 1.)
Reine und trockene Marmor- und Quarzstücke wurden zer-
schlagen und je in zweierlei Korngrösse (Feinkies von 2 — 4 mm,
Grobsand von 1—2 mm) in Blechcylinder von 20 cm Höhe fest ein-
gerüttelt Die gefüllten Cylinder wurden durch Dampf von 120°,
dann durch trockene Hitze von 160—170° sterilisirt, mit steriler
Bouillon imprägnirt, endlich mit Bouillon-Reinkulturen von Milz-
brand- resp. Cholerabakterien infizirt, nachdem eine vorhergehende
mehrtägige Durchsaugung von filtrirter und kohlensäurefreier Luft
erwiesen hatte, dass aus den sterilen Bodenproben selbst sich keine
Kohlensäure entwickelte. Spuren von Kohlensäure, die hierbei auf-
trateu, kounten von der Oberflächenanziehung fester Körper für Gase
abgeleitet werden.
Nach der Infektion der Bodenproben wurde durch die Cylinder
nuu fortwährend kohlensäurefreie Luft hindurchgeleitet und die Ab-
gabe von C02 aus denselben bestimmt. Bei 11 Versuchen ergab
sich hierbei eine wesentlich stärkere Kohlensäureproduktion
im Marmor-, als im Quarzboden und gleichzeitig auch eine
beträchtlichere Zunahme der Bakterienzahl während der Versuchs-
dauer in ersterem. Innerhalb jeder der beiden Bodenarten zeigte
sich ferner ein deutlicher Unterschied zu Gunsten der feinporigen
Proben gegenüber den mehr grobkörnigen; in ersteren war die Ent-
wickelung der Bakterien eine intensivere und auch längerdauernde.
Was die Ursache dieser Unterschiede betriflt, so kann die grössere
Kohlensäureproduktion im Marmorboden nicht durch ein Freiwer-
den von COg aus Calciumcarbonat erklärt werden , da es nicht
gelang, in den Bodenproben saure Reaktion oder in dem vorgelegteu
Barytwasser organische Säuren nachzuweisen. Dagegen spielt jeden-
falls die Grösse der Poren eine wesentliche Rolle, da der feinkörnige
Boden mehr Nährflüssigkeit zurückhielt. Der grobkörnige Boden
musste daher umgekehrt mehr Luft enthalten , stärker durchlüftet
sein, was nach Soyka die Sporenbildung und damit das Aufhören
der Bakterienentwickelung begünstigt. Hierin erblicken die Verff.
die Ursache der intensiveren und längerdauernden Bakterieuent
Wickelung im feinporigen Boden.
Milsbrand. — Metastatiscbe Ophthalmie. — Heterodera.
207
Den spezifischen Unterschied des Marmor* vom Quarzboden da-
gegen glauben die Verff. auf die theils bereits bekannte, theils für
die hier angewendeten Verhältnisse von ihnen neuerdings bestätigte
grössere Wärme leitu ngsfähigkeit des Quarzes zurückführen
zu sollen. Die Mikroorganismen werden im Marmor deshalb eine
ausgedehntere Entwickelung erreichen, weil die von ihnen selbst pro-
duzirte Wärmemenge sich besser in diesem, als im Quarz erhält,
welch letzterer im Gegentheil die zugeführte Wärme leicht wieder
abgibt. Büchner (München).
Xodge Fils, Samuel, La maladie des trieurs de laine
(c har hon broneho-pulmonaire). (Archives de mMecine
experimentale et d’anatomie pathologique. 1890. No. 6.)
Die wesentlichsten Symptome der sogen. Krankheit der Woll-
sortirer (maladie des trieurs de laine, woolsorters disease) bestehen
in Bronchopneumonieen und Erscheinungen von Seite des Darmes.
Bei der Sektion solcher Fälle findet man häufig Cyanose, Oedem
am Halse und im Mediastinum, Petechien in der Haut, Exsudation
in die Pleurahöhle, Bronchitis, Schwellung der Bronchialdrüsen,
pneumonische Herde in den Lungen, Pericarditis.
Die Beobachtungen des Verf.’s erstrecken sich auf 5 Fälle, von
denen 3 letal abliefen.
Aetiologisch fällt diese Krankheit mit der sogenannten Hadern-
krankheit zusammen, indem sie gleich dieser als echte Milzbrandin-
fektion sich darstellt.
Die Milzbrandbacillen finden sich in der Wand der Luftröhre
und der Bronchien, in den Bronchialdrüsen, in Leber, Milz und
Nieren.
Der Digestionstractus konnte in den vom Verf. beobachteten,
letal abgelaufenen Fällen weder anatomisch, noch bakteriologisch
untersucht werden. Di tt rieh (Prag).
Vossius, Ein Fall von einseitiger metastatischer Oph-
thalmie im Puerperium, bedingt durch Strepto-
kokkenembolie. [Aus dem Laboratorium der Königl. Univer-
sitäts-Augenklinik zu Königsberg i. Pr.] (Zeitschrift für Geburts-
hülfe und Gynäkologie. Bd. XVIII. Heft 2.)
Verf. untersuchte den Bulbus einer am 6. Tage des Puer-
periums an Pyämie verstorbenen 39jährigen IV para. Das Auge
bot anatomisch das Bild einer eiterigen Ophthalmie dar. Letztere
war bereits wenige Stunden post partum aufgetreten.
Im Inneren des Auges fanden sich allenthalben Streptokokken,
welche die Entzündung bewirkt hatten. Welcher Art diese Strepto-
kokken waren, wurde nicht untersucht. Dittrich (Prag).
Voigt, Ueber den Eiersack von Heterodera Schachtii
und H. radicicola. (Stzgsb. d. niederrh. Ges. in Bonn. 1890.
pg. 94—98.)
Bei Heterodera Schachtii entsteht aus einem der weib-
lichen Gcschlechtsöffnung entfliessenden Sekret der Uteruswaudung
14*
208
Unttrsu'ihungsmetboden, Instrumente etc.
unmittelbar oder kurz vor Beendigung der Begattung der sogenannte
Eiersack , in welchem nicht selten die Männchen, oder Reste der-
selben und eine relativ kleine Anzahl von Eiern eingeschlossen wer-
den , während die Hauptmasse der Eier nicht ausgestossen wird,
sondern innerhalb des zu Grunde gehenden mütterlichen Körpers ihre
Eutwickeluug durchmacht. Der Eiersack ist demnach bei H. S c h a c h t i i
ein nur selten und nicht in voller Ausnützung gebrauchtes Gebilde,
während H. radicicola, welche Art, wie Voigt entdeckte, ebenfalls
einen Eiersack bildet, alle oder die meisten Eier nach aussen ab-
legt, also noch die ursprünglichen Verhältnisse aufweist. Ein kleiner
Theil der Eier kommt gelegentlich auch in den Eiersack und ein
anderer bleibt mitunter in dem absterbenden Weibchen, wo er vor-
aussichtlich eine normale Entwickelung durchmachen wird. Während
also die Weibchen von H. Schach tii, dem Rübennematoden,
schliesslich zu Brutsäcken werden, finden sich diese Verhältnisse erst
in den Anfängen und als Ausnahme bei H. radicicola.
M. Braun (Rostock).
UntersuchuRgsmethoden, Instrumente etc.
Tiselmtkin, N., Eine vereinfachte Methode der Berei-
tung von Fl ei sch- Pepton- Agar. (W ratsch. 1890. No. 8.)
[Russisch.]
Verf. gibt folgende Methode an, welche die Bereitung von Fleisch-
Pepton-Agar samint Filtrirung in der kurzen Zeit von 2 — 2\ Stunden
ermöglicht. Er legt die nöthige Quantität Agar-Agar in eine ver-
dünnte Lösung von Essigsäure (5 ccm acidi acetici glacialis in 100 ccm
Aq. dest.) auf 15 Minuten. Das aufgequollene Agar-Agar wird dann
in reinem Wasser sorgfältig gewaschen (von der Säure befreit), wor-
auf es erst in die Bouiilon kommt. 3 — 5 Minuten langes Kochen
genügt dann , um das Agar-Agar in Bouillon zur vollständigen Lö-
sung zu bringen. Nach Neutralisirung und Abkühlung wird Eiweiss
von 2 Hühnereiern zugegossen und die Mischung \ — £ Stunden im
Koch ’schen Dampfapparat gehalten. Die Filtrirung durch Schulze’-
sches Papier erfolgt dann ohne Wärmetrichter in äusserst kurzer
Zeit. J. Steinhaus (Warschau).
Gasser, J., Culture du bacille typhique sur milieux.
nutritiis color6s. (Archive» de n ödecine experimentale et
d’anatornie pathologique. 1890. No. 6.)
Platten von Typhusbaciilen wurden mit Agar, welcher theils mit
No e g gerat h ’scher Lösung, bestehend aus gesättigter wässeriger
Lösung von Methylenblau (2 ccm), Gentianaviolett (4 ccm) , Methyl-
grün (1 ccm), Chrysoidin (4 ccm), Fuchsin (3 ccm) und aus 200 ccm
destillirteo Wassers, theils mit den einzelnen diese Lösung zusammen-
setzenden Farbstoffen gefärbt war, mittelst Impfstricheu angelegt
und die Platten bei 39° gehalten. Auf jenen Platten, deren Nähr-
Schutzimpfung, kSustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 209
boden mit Fuchsin gefärbt war, erfolgte bereits nach 24 Stunden
eine reichliche Entwickelung der Typhusbacillen, während das Agar
um die Kulturen herum sich zu entfärben begann. Die Kulturen
nahmen in den folgenden Tagen eine immer intensiver rothe Farbe
an, während der Nährboden selbst schliesslich vollständig entfärbt
wurde. Dasselbe Verhalten zeigte nur noch das Bacteriuin coli
commune. Während aber das Wachsthum des letzteren sich auf
den Impfstrich beschränkte und seine Kulturen geradlinig begrenzt
erschienen, wuchsen die Typhusbacillen über diese Impfstriche hinaus,
wobei die Kulturen derselben unregelmässig begrenzt erschienen.
Bei vielen anderen in dieser Richtung geprüften ßakterienarten
wurde kein dem Verhalten der Typhusbacillen analoges Verhalten
konstatirt.
Verf. bezeichnet das genannte Verhalten der Typhusbaciilen als
ein Merkmal, welches geeignet ist, neben anderen Merkmalen die
Typhusbacillen als solche erkennen zu lassen. Di t tri ch (Prag).
Bofkin, Eine einfache Methode zur Isolirung an aerober
Bakterien. [Aus dem hygienischen Institut der Universität
Breslau.] (Zeitschrift für Hygiene. Bd. IX. Heft 2.)
Botkin gibt ein Verfahren zur Kultivirung anaerober Bakte-
rien an. Dasselbe ist unter Benützung der gebräuchlichsten Labo-
ratoriumsutensilien ausführbar. Die Handhabung des vom Verf. an-
gegebenen und in der Originalarbeit abgebildeten Apparates ist eine
äusserst einfache. Dittrich (Prag).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Phisalix . Etüde experimentale sur le röle attribu6
aux cellules lymphatiques dans la protection de
l’organisme contre l’invasion du bacillus anthra-
cis et dans le möcanisme de l’immunite acquise. —
(La semaine m£d. X. 1890. No. 49.)
Zur Prüfung der Rolle, welche die Leukocytcn nach der Phago-
cytenlehre spielen, machte Ph. Milzbrandimpfungen bei Mausen, Ka-
ninchen und Meerschweinchen und untersuchte die der Impfstelle zu-
nächst gelegene Lymphdrüse. Er kam zu folgenden Resultaten :
Das Versuchsthier überlebt oder stirbt innerhalb einer Zeit, die
zwischen 10 und 72 Tagen wechselt.
In allen Fällen, in denen das Thier stirbt oder überlebt, wird
der Milzbrandbacillus in der Drüse nicht zerstört, denn eine Aussaat
desselben in Bouillon erzeugt eine reichliche Milzbrandentwickelung.
Im Blut dagegen hat er seine Entwickelungsfähigkeit vollkommen
verloren, denn alle Kulturen in Blut (Blutserum ?) bleiben steril.
Ph. schliesst daraus, dass die Lymphzelleu immerhin eine me-
chanische Rolle spielen, dass aber diese zur Zerstörung der Mikrobien
210 Schutzimpfung, künstl Infektionskrankheiten, Entwickelaagsheiumung etc.
Dicht genügt. Der Schutz des Organismus kommt vielmehr haupt-
sächlich durch die die Lebensfähigkeit des Milzbrandbacillus schä-
digenden Einflüsse des Blutes zu Stande. — [Acad. des Sciences.
10. Nov. 1890. J M. Kirchner (Hannover).
Malm.Sur la virulence de la bact6ridie charbonneuse
apres passage chez le chien et chez le lapin vac-
cin6. [Aus dem Laboratorium von Roux.] (Annales de l’lnsti-
tut Pasteur. 1890. No. 8. S. 520.)
Verf. gibt zunächst eine vollständige Lebersicht der bisherigen,
wesentlich widersprechenden Angaben über das Verhalten der Milz-
brandvirulenz bei Uebertragung auf nichtempfängliche Thiere.
Für die Methodik der Versuche von Wichtigkeit ist, dass nicht
direkt das Oedem, überhaupt die Körpersäfte des mit Milzbrand ge-
impften immunen Thieres zur Prüfung der Virulenz verimpft werden;
gewöhnlich ist die Menge der darin enthaltenen Bacillen eine zu
geringe, letztere müssen daher durch Eouillonkultur vermehrt und
dann erst verimpft werden. Die Unterlassung dieser Vorsichtsmass-
regel erklärt wohl hauptsächlich die durch verschiedene Autoreu ge-
fundene scheinbare Abnahme der Virulenz. Zur Prüfung dienten
Kaninchen von gleichem Gewicht; der Milzbrand galt um so wirk-
samer, je schneller dieselben erlagen.
Die Hauptversuche wurden an 24 meist ausgewachsenen Hun-
den angestellt; hiervon wurden 7 subkutan mit Milzbrand inokulirt,
von denen einer erlag, 17 wurden intravenös infizirt, von denen 7
erlagen. Die Prüfung der Virulenz der Milzbrandbacillen, zunächst
aus dem lokalen Oedem der subkutan inokulirten Hunde ergab nun
stets eine Steigerung derselben. Die damit geimpften Kaninchen
erlagen im Mittel in 42 Stunden, während der gleiche Milzbrand vor
der Passage dieselben erst in 72 Stunden getödtet hatte. Bei Meer-
schweinchen sank die Todeszeit ebenfalls von 36 auf 27—30 Stun-
den. Ebenso zeigten die durch intravenöse Injektion auf Huude
übertragenen Milzbrandbacilieu — von denjenigen Hunden, welche
sich immun erwiesen — eine wesentliche Erhöhung der Virulenz.
Es war dabei oft schwer, die Milzbrandbacilieu aus dem Blut und
den Organen, Milz und Leber der nach 2 — 3 Tagen getödteten Hunde
wieder herauszuzüchten, da dieselben grösstentheils sehr rasch im
Körper zu Grunde gingen. Aber die erlangten Kulturen tödteten
Kaninchen im Mittel in 32 Stunden.
Ebenfalls Steigerung der Virulenz trat ferner ein bei Ueber-
tragung des Milzbrandes auf künstlich immuuisirte Kaninchen. Bei
deD für Milzbrand empfänglichen Hunden dagegen erwies sich
die Steigerung der Virulenz als eine unregelmässige.
Von weiteren Ergebnissen ist zu erwähnen, dass beim Hunde
durch eine vorausgehende subkutane oder iutravenöse Milzbrand-
infektion die Immunität bis zur absoluten Unempfänglichkeit ver-
stärkt werden kann. Ferner zeigte sich die intravenöse Injektion
für Hunde gefährlicher, als die subkutane. Schwarze Hunde erwiesen
sich auffallender Weise weit empfänglicher für Milzbrand, als audere.
Manche Hunde erliegen in Folge von Milzbrandmokulation, ohne dass
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 211
man bei der Sektion Bacillen zu finden vermag. Bei absolut unem-
pfänglichen Hunden sind die Bacillen bereits nach 18 Stunden
völlig verschwunden, wahrend man sie bei dem gewöhnlichen Grade
von Immunität noch nach 24 Stunden im Blute, nach 3 Tagen in
der Milz nachzuweisen vermag. Büchner (München).
Blagovestchensky, Sur l’antagonisme entre les bacilles
du charbon et ceux du pus bleu. [Aus dem Laboratorium
von Metschnikoff im Institut Pasteur.] (Annales de lTustitut
Pasteur. 1890. No. 11. S. 689.)
Aus den Untersuchungen von Emmerich, Pawlowsky,
Bouchard u. s. w. geht hervor, dass die pathogene Wirkung von
Milzbrand bacillen durch gleichzeitige oder nachfolgende Impfung mit
anderen Bakterienarten aufgehoben werden kann. Verf. hat es unter-
nommen, den Mechanismus dieses Hernmungsvorganges, speziell für
Milzbrandbaciilen und Bacillus pyocyaneus, näher zu erforschen.
Zunächst wurden in die vordere Augenkammer von Kaninchen
und Meerschweinchen durch angelegte kleine Schnittöffnungen gleich-
zeitig je eine Platinöse von gleich alten Agarkulturen der beiden
Bakterienarten eingebracht. Das Auge wurde alsdann zwei- bis drei-
mal täglich mit destillirtem Wasser ausgewaschen, um eine sekun-
däre Infektion möglichst zu vermeiden. Die Folge dieser Impfungen
waren heftige entzündliche Erscheinungen, welche fast in allen Fällen
gegen Anfang der dritten Woche zu einer totalen Atrophie des
Bulbus führten. Während des Verlaufes des ganzen Prozesses wurden
nun mittelst kapillar ausgezogener Pipetten in verschiedenen Zeit-
räumen durch die erwähnten Schnittötfn ungen in der Cornea kleine
Flüssigkeitsproben aus der Augeukammer entnommen und theils
mikroskopisch, theils durch Agarkulturen untersucht.
Schon nach 6 und 12 Stunden fanden sich reichlich Leukocyten,
stellenweise auch Phagocyten mit aufgenommenen Milzbrandbaciilen,
während die Pyocyaneu s- Bacillen frei waren; nach 18 — 24 Stun-
den findet man Phagocyten vollgepfropft mit Milzbrandbaciilen, nach
36—48 Stunden beginnen letztere körnig zu degeneriren und ver-
schwinden allmählich. Nun beginneu die Phagocyten auch die Pyo-
cyaneus bacillen, weiche sich bis dahin vermehrt hatten, aufzu-
nehmen, und zwar in grossen Massen.
Von 11 auf diese Weise intizirten Kaninchen erlagen nur 3,
nach 70 Stunden bis 7 Tagen, und bei keinem konnten Milzbrand-
bacillen aus den Organen gezüchtet werden ; 8 Thiere blieben am
Leben, während 4 Kontrollthiere, mit gleichen Mengen der nämlichen
Änthraxkultur infizirt, innerhalb 58 Stunden bis 6 Tagen an Milz-
brand erlagen. Aehnlich waren die Resultate bei Meerschweinchen.
Die überlebenden Thiere erwiesen sich nicht immun gegen Anthrax.
Bei 5 anderen Kaninchen wurde der Milzbrandbacillus in das
eine, der Pyocyaneus in das andere Auge übertragen. 3 von
diesen Thieren erlagen an Anthrax, 2 an Pyocyan e u s-Infektion, ob-
wohl sich in mehreren Organen degenerirte Milzbrandbaciilen fänden.
Bei grösserer Entfernung des Bacillus pyocyaneus vom Anthrax-
bacillus wird die Wirkung somit geringer.
212 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Eutwickelungsbewmung etc.
Ferner wurden bei 4 Kaninchen Fäden mit angetrockneten Milz-
brandsporen gleichzeitig mit Bacillus pyocyaneus ins Auge ge-
bracht. Der Erfolg bewies eine direkt hemmende Wirkung des
Pyocyaneus, indem die Sporen nicht auskeimten, obwohl dieselben
sonst stets, auch bei immunen Thieren, in der Vorderkammer zu
keimen pflegen. Bei nachheriger Uebertragung in Bouillon dagegen
erfolgte ein Auswachsen der Sporen.
Es wurde nun zu Versuchen mit sterilisirten Py ocy an eus-
kulturen übergegangen. Von 8 Kaninchen, welche solche sterilisirte
Kulturen und gleichzeitig Milzbrand in die vordere Augenkammer
erhielten, erlagen jedoch 7 an Milzbrand. Besser wirkte die gleich-
zeitige subkutane Injektion von 1—2 ccm steriler Pyocyaneus-
kultur und ebenso viel Bouillonkultur von Anthrax an der näm-
lichen Stelle, indem von 6 Kaninchen nur eines am 23. Tage und
zwar ohne Anthraxsymptome erlag. Ebenfalls Hemmung des Milz-
brandes wurde noch bei einer Anzahl weiterer Versuche erzielt, bei
denen die sterile Pyocyaneuskultur rings um die Anthraxinoku-
iationsstelle wiederholt injizirt wurde. Ein Theil der so vor dem
Milzbrand geschützten Kaninchen (4 unter 9 Thieren) erwies sich
bei späterer Prüfung nach 1 — 2 Monaten immun gegen Anthrax.
Verf. bestätigt somit die von Wood und Woodhead erzielten
günstigen Hemmuugsresultate; aber es bedürfe sehr grosser Mengen
steriler Kultur. Deshalb erliegen die Thiere, wenn die Injektionen
in die Vorderkammer geschehen, weil hier nur minimale Quantitäten
angewendet werden können.
Schliesslich wurden nun Versuche über den Antagonismus von
Milzbrand- und Pyocyaneus -Bacillen ausserhalb des Körpers
angestellt. Agarplatten in Petri’schen Schalen wurden mit zwei
gekreuzten Streifen von Aussaatmaterial der beiden verschiedenen
Bakterienarten besät. Am Kreuzungspunkt der Streifen konnte sehr
deutlich die Einwirkung der Bacillen des blauen Eiters auf die An-
thraxbacillen beobachtet werden. Bei vielfach wiederholten Ver-
suchen ergab sich, dass diese Einwirkung stets eine stark hemmende
und nachtheilige war. Andere Versuche nach verschiedenen Me-
thoden Hessen sogar erkennen, dass die blosse Nachbarschaft der
Produkte der Lebensthätigkeit der Pyocyaneuskulturen — wobei
hauptsächlich eine flüchtige Substanz von üblem Geruch wirksam
sein soll — einen schädlichen Einfluss auf die Entwickelung der
Milzbrandbacillen ausüben.
In diesem Antagonismus der Pyocy aneusbacillen gegen die
Antliraxbacillen ausserhalb des Körpers erblickt Verf. die Erklärung
auch für die Hemmung der Milzbrandentwickelung im Innern des
Organismus, beschränkt aber vorsichtiger Weise diese theoretische
Auffassung [welche Ref. nicht zu theilen vermag] auf den speziell
vorliegenden Fall. [Die Hemmung des Milzbrandes durch Etysipel-
kokken, durch sterilisirte Kulturen des Pneumobacillus u. s. w. lassen
sich auf diese Weise nicht erklären. Ref.]
Büchner (München).
tS«klerioi. vom 5. internationalen medscinischen Kongresse zn Berlin 213
Originaiberishte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X5 internationaler- medicinischen
Kongresse m Berlin, 4— 8* August 1890«
(Forts elaung.)
Aus den AbtbeüuBgs-SitaBngen,
XV. Abtbsilimg: Hygiene.
Herr Cornet (Berlin-Reichenhali), Derzeitiger Stand der Tu-
bercu lose n frage.
Nach dem heutigen Stande der Taberculosen- speziell der Lungen-
tubercalosenfrage steht fest,
1) dass dieselbe durch den Bacillus und zwar durch die Kin-
athmung desselben entsteht;
2) dass wegen der eigenartigen Lebensbedingungen des Tuber-
kelbacillus ein Wachsthuni desselben ausserhalb des menschlichen
resp. thierischen Organismus unter natürlichen Verhältnissen unmög-
lich ist;
3) dass das Sputum wegen der in ihm repräsentirten grössten
Menge des ans Freie gesetzten tuberculösen Materials der schädlichste
Faktor ist;
4) dass das Sputum, trecken und zur Verstäubung geeignet, sehr
gefährlich ist, im leuchten Zustande die Gefahr einer Inhalation völlig
verliert;
5) dass darum mit Nothwendigkeit alles auf die Feuchterhaltung
aller Sputa und auf deren Unschädlichmachung in diesem Zustande
hindrängt.
Die Prophylaxe würde sich somit relativ einfach gestalten, obzwar
ein praktischer Erfolg nur dann zu erwarten ist, wenn die Grund-
sätze der Prophylaxe dem Volke geradezu anerzogen werden. Popu-
läre Anweisungen, wie sie Vortr. jedem seiner Patienten einhändigt,
und ähnliche publizistische Mittel können vieles zur Ausbreitung der
prophylaktischen Maassnahmen beitragen.
Unabweisliches Postulat wäre es, dass in allen öffentlichen Ge-
bäuden wassergefüllte, leicht und täglich zu entleerende Spucknäpfe
aufgestellt werden. Die Desinfektion des Sputums ist unnöthig und
nicht allgemein durchführbar, eine Füllung mit Sand oder Sägespänen
aber verwerflich. Der Inhalt der Näpfe soll in den Abort geschüttet
werden, da die Bacillen in Fäulnissgemengen in 35 Tagen zu Grunde
gehen. Die unentgeltliche Desinfektion von Räumen, in denen Tu-
berculöse lebten oder starben, ist gesetzlich zu fordern und die Er-
richtung von Desinfektionsanstalten obligatorisch zu machen. Die
Reinigung der Wobnräume finde stets auf feuchtem Wege statt. Es
möge die Gründung von Anstalten für Schwindsüchtige angestrebt
werden, denn in solchen Instituten hat der Schwindsüchtige die meiste
214 Bakteriol vom X. internationalen medieiniselien Kongresse 2u Berlin.
Aussicht auf Heilung und seine Familie oder Umgebung wird durch
seine Entfernung am sichersten vor Ansteckung geschützt. Die Milch
darf von Kindern, Kranken und Rekonvalescenten oder selbst von
Gesunden nur in gut gekochtem Zustande genossen werden. Sanitäts-
polizeiliche Vorschriften sind in dem Sinne zu treffen, dass einerseits
das Fleisch von Thieren, welche an mehr als einem Organe an Tu-
berculose leiden oder schon bereits abgemagert sind, vom Genüsse
gänzlich auszuschliessen bezw. zu vernichten und dass andererseits
das Fleisch von Thieren mit minderer lokalisirter 'l'uberculose zum
Verkauf nur unter der ausdrücklichen Bezeichnung als minderwerthig
zugelassen werden darf. Frühzeitiges, zwangsweises Schlachten tuber-
eulöser Thiere mit theilweiser Entschädigung der Besitzer ist gesetz-
lich anzubahnen.
Herr Sormani (Pavia), Internationale Maassregein gegen
die Tuberculose.
Die Prophylaxe der Tuberculose kann behördliche Vorsichts-
maassregeln internationalen Charakters beständig nötig machen;
denn es gibt vielerlei Wege, auf welchen das Tuberkelvirus leicht
von einem Lande in das andere übertragen und verbreitet wird.
Hauptsächlich gehören hierher
1) die Tuberculösen, welche sich behufs klimatischer Kur an ge-
wissen Orten in grösserer Zahl ansammeln;
2) die Eisenbahnwagen und Schiffe für den Personentransport;
3) die tuberculösen Schlachtthiere und einige Nahrungsmittel,
welche im Handel Vorkommen;
4) die grossen industriellen Etablissements, in welchen sich Ar-
beiter verschiedener Nationalität zusamraenfinden.
Italien und andere Mittelmeerländer beherbergen während der
Winter- und Frühlingsmonate eine grosse Anzahl Lungenkranker,
welche aus den nördlicher gelegenen Gegenden Europas nach dem
Süden kommen. Die Folgen dieser Anhäufungen Schwindsüchtiger
an einzelnen Punkten finden bereits ihren Ausdruck in der grösseren
Frequenz der Phthise in mehreren klimatischen Stationen des süd-
lichen Frankreichs, Italiens und Algiers. Für San Rerno hat Raser i
nachgewiesen, dass die Tuberculose iu kontinuirlicher Zunahme be-
griffen ist. Die Uebertragung der Tuberculose wird auch in den kli-
matischen Kurorten zumeist durch die Infizirung der Wohmäume
stattfinden, namentlich der Hotels, der raöblirten Mietwohnungen,
der Kaffeehäuser, Kirchen etc. Weniger Gefahr bringt die mögliche
Verunreinigung der Wege und Plätze, denn bei diesen trägt die keim-
tödtende Wirkung des Sonnenlichtes namhaft zu einer gewissen rela-
tiven Desinfektion des Bodens bei. Es wäre daher für die klima-
tischen Kurorte, wo so viele Brustkranke zusammenströmen, eine
unabweisliche Noth wendigkeit, einen regelmäesigen und strengen Des-
infektionsdienst für Wohnräume einzuführen, welcher sich besonders
auf die Gasthöfe, die an Kranke vermieteten Wohnungen und auf
die öffentlichen Lokale zu erstrecken hätte. Die Desinfektion dürfte
nicht den Privatparteien und Hotelbesitzern überlassen, sondern
müsste unter der Leitung der kompetenten Behörde durehgefübrt
Rakteriol. vom X internationalen medieiniseken Kongresse zu Berlin. 215
werden. Bei der Neuanffiihrung von Hotels, Sanatorien und ähn-
licher Gebäude soll auf eine möglichst leicht durchführbare Desin-
fektion der Fussböden und Wände Rücksicht genommen werden, da-
her soweit als thunlich Teppiche, Papiertapeten, Vorhänge etc. zu
vermeiden sind. Jedes Zimmer und die Treppenruheplätze, siud mit
den von Cornet empfohlenen Spucknäpfen zu versehen.
Die Eisenbahnpersonenwagen können ebenfalls wesentlich zur
Verbreitung des tuberculösen Virus beitragen. Die Sputa, welche die
Tuberculösen auf den Waggonfussboden deponiren, werden durch den
herrschenden Luftzug rasch getrocknet, durch das Reiben derFüsse in
Staub verwandelt und durch die kontinuirliche Luftbewegung im Innern
des rollenden Bahnwagens in der Luft suspendirt erhalten. Es wäre
demnach wünschenswert, wenn zum mindesten der Fussböden der
Personenwagen nach jeder Fahrt desinfizirt werden würde. Um dies
rasch und vollständig bewerkstelligen zu können, müsste der Fuss-
boden eine glatte Oberfläche besitzen und frei von Unebenheiten und
Ritzen sein. Grösser ist die Infektionsgefahr bei Seereisen, wenn
sich Tubereulöse an Bord befinden. Tausende von Auswanderern
kreuzen den Ocean. Das dichte Nebeneiaauderleben vieler Menschen
in einem beschränkten Raume bedingt es, dass unter solchen Um-
ständen die Tuberculösen eine grosse Gefahr für die Mitreisenden
bilden. Insbesondere ist dies bei den Rückfahrten von Amerika nach
Europa der Fall, weil die Ausgewanderten, welche an Phthise er-
kranken, fast immer die Rückkehr in die Heimath anstreben. Viele
dieser Unglücklichen sterben während der Ueberfahrt. Im Zwischen-
deck der Auswandererschiffe werden die Getränke in gemeinschaft-
lichen Gelassen gereicht, die Kabinen sind klein und dicht neben-
einander gelegen, das Wasser lässt an Reinheit viel zu wünschen
übrig: alles Momente, welche die Infektionsgefahr für die übrigen
Reisenden erhöhen. Die prophylaktischen Maassnahmen müssten
darin bestehen, dass entweder Tubereulöse übeihaupt nicht an Bord
genommen werden dürfen oder wenigstens die Fälle in vorgeschrit-
tenem Stadium ausgeschlossen bleiben; oder aber es wären die Tuber-
culösen in einem abgesonderten Raume, z. B. der Krankenabtheilung,
zurückzuhalten. Ferner wären noch die Benutzung von Spuckschalen,
Desinfektion und eine relative Isolirung zur Pflicht zu machen.
Zwischen den verschiedenen Ländern findet ein reger Handels-
verkehr mit Schlaehtthieren und Nahrungsmitteln, wie Milch, Natur-
und Kunstbutter, konservirtem Fleisch etc. statt, welche alle geeignet
sind, als Träger und Verbreiter des Tuberkelbacillus von einem
Lande in das andere zu fungiren. Man wird die gehörige Aufsicht
des Verkehrs mit derartigen Handelsprodukten nicht verabsäumen
dürfen. Wenn auch die Diagnose der Rindertuberculose intra vitam
schwierig ist, so muss dennoch von den Grenzthierärzten der Ueber-
tritt jener Thiere in jedem Falle verhindert werden, in welchem die
Diagnose möglich ist.
Der Schutz der Arbeiter gegen die Invasion der pathogenen Mi-
kroorganismen ist keineswegs eine der minderwerthigen Fragen. Viele
Arbeiter werden thatsächlich die Opfer von Infektionskrankheiten,
welche sie in deu Arbeitsstätten acquiriren, worunter die Tubereulöse
216
Neue Litteratur.
nicht gerade die seltenste ist. Ein Tuberculöser, welcher den Fuss-
boden rücksichtslos mit seinen Sekreten verunreinigt, kann zum In-
fektionsherde für viele seiner Geuossen werden, obzwar in den grossen
Etablissements ausserdem gewöhnlich auch noch andere, die Ueber-
tragung der Krankheit begünstigende Umstände hinzukommen, wie
das Einathmen von Staub und von irritirenden Gasen, verdorbene
Luft, Bewegungsmangel und plötzlicher Temperaturwechsel. Aehnliche
Verhältnisse herrschen auch in Militärkasernen. Diesen Zuständen
könnte durch eine hygienische Aufsicht der industriellen Etablisse-
ments und der obligatorischen Einführung jener Maassregeln, welche
die Prophylaxe der Tuberculose in der Familie bilden, abgeholfen
werden.
(Fortsetzung folgt.)
Neue Litteratur
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Inhalt.
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bakterien. (Orig.) (Fcrtsetz ), p. 199.
ß&rarelli, Giuseppe , Ueber einen neuen
Mikroorganismus des Wassers, welcher
für Tbiere mit veränderlicher und kon-
stanter Temperatur pathogen ist. Mit 1
lithographischen Tafel. (Orig), p 193.
Tizzoni, Guido, und Cattani, Giuseppina,
Ueber die Art, einem Thiere die Immu-
nität gegen Tetanus zu übertragen. (Ori-
gin.), p. 189.
Kefer&te.
Fr&enkei, C., und Pfsiffer, Ä., Mikropho-
tographischer Atlas der Bakterienkunde,
p 204.
Jacobi, E., Vier Fälle von Milzbrand beim
Menschen, p. 205.
Lodge Fils, Samuel, La maladie des trieurs
de laine (charbon broncho-pulmonaire),
p. 207.
Kanfrsdi und Serafini, Ueber das Ver-
halten von Milzbrand- und Choleraba-
uillen in reinem Quarz- und reinem Mar-
morboden, p. 206.
Osbome, A., Die Sporenbildung des Miiz-
brandbacillus auf Nährböden von ver-
schiedenem Gehalt an Nährstoffen, p. 205.
Voigt, Ueber den Eiersack von Heterodera
Schachtii und H. radicicola, p. 207
Vossius, Ein Fall von einseitiger metasta-
tischer Ophthalihie im Puerperium, be-
dingt durch Streptokokkenembolie, p. 207.
i Unterauchungsmethodes, Instrumente etc.
3otkiu , Eine einfache Methode zur Isoli-
i rung anaerober Bakterien, p. 209.
Gs.ssor, J., Culture du bacille typhique sur
milieux nutritifs colores, p 208.
Tischatkin, N., Eine vereinfachte Methode
der Bereitung von Fleisch-Pepton-Agar,
p. 208.
Schutsimpfung, künstliche Infektions-
krankheiten, Entwicklungshemmung
und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
! Blagovestehensky, Sur 1’aDtagonisme entre
les bacillea du charbon et ceux du pua
bleu, p. 211.
Malm , Sur la ciruleuce de la bacteridie
charbooneuse nprös passage chez le chien
et chez le lapin vaccine, p. 210.
! Fhisaliz, Etüde experimentale sur le röle
attribuö aux cellules iymphatiques dans
la protection de i’organisme contre l’in-
vasion du bacilius anthracis et dans le
mecanisme de l’immunitö acquise, p. 209.
Originalberichte über Kongresse.
I Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin,
4. — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
Cornet Derzeitiger Stand der Tuberculose,
! p. 213.
Sormani , Internationale Massregeln gegen
die Tuberculose, p 214.
i Neue Litterator, p. 216.
Prou mannsche Buch drucke rei (Hermann Pohle) in Jena.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gel Eafr. Prot, Dr. Lerntet ui Messer Dr. Loeffler
in Leipzig Io (•reifsvald
heraasgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -c- Jens,, den 21. Februar 1891. No. 7.
Preis für den Band (26 Nummern) 14 Marie.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— »K Zu beziehen durch aile Buchbaridlungen und Postanstalten. f<—
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
künde “ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Liefeming von besonderen A bdidiclcen ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger, Hemm Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original - Nlittheilungen.
Ueber die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln bei
höherer Temperatur.
Vorläufige Mittheilung
von
Dr. Adolf Heider,
Assistenten am hygien Institute der Wiener Universität.
Die Publikation Behring’s: Ueber Desinfektion, Desinfe’ äons-
mittel und Desinfektionsmethoden (Ztschr. f. Hygiene. Bd. IX. Heft 3.)
veranlasst mich zu einer kurzen Mittheilung über das wesentlichste
Resultat einer Reihe von Versuchen , welche ich, angeregt durch
meinen verehrten Lehrer, Herrn Prof. G ruber, unternommen habe,
um die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln bei erhöhter Tempera-
tur zu prüfen.
IX. B4,
15
222 Hei der, Die Wirksamkeit v. Desinfektionsmitteln bei höherer Temperatur.
Es hat sich hierbei auch mir die bemerkenswerthe und wohl
auch praktisch verwendbare Thatsache herausgestellt, dass bei einer
Anzahl von Desinfektionsmitteln schon durch eine massige Erhöhung
der Temperatur eine sehr bedeutende Erhöhung ihrer Wirksamkeit
erzielt werden kann.
Beispielsweise sollen im Folgenden die Zeiten angeführt werdeD,
welche nothweudig waren, um bei einer Temperatur vou 55 0 C Milz-
brandsporen abzutödten, deren Entwickelungsfähigkeit durch 36tägige
Einwirkung von 5°/o Karbolsäure bei Zimmertemperatur nicht ver-
nichtet wurde. Dieselben waren bei 5 % Karbolsäur e ca. 1 — 2 Stunden,
bei 5% Karbolschwefelsäure J Stunde, bei 3°/o Karboischwefelsäure
1 Stunde, bei 5% Kresol-Schmierseife 2 Stunden.
1 °/o und 3 % Karbolsäure, sowie 1 °/0 Karbolschwefelsäure waren
bei dieser Temperatur noch nach 7 — 8 Stunden ohne Wirkung, ebenso
3 °/0 Kresolschmierseife bei 5stündiger Einwirkung.
Eine weitere Steigerung der Temperatur um 20° C, also auf ca.
75°, kürzte die zur Tödtang der Sporen nöthige Zeit bei 5 °/o Karbol-
säure auf 3 Minuten, bei 3% Karbolsäure auf 15 Minuten, bei 1%
Karbolsäure auf 2— 2| Stunden, bei 5% Karbolschwefelsäure auf
1 Minute, bei 3% Karboischwefelsäure auf 10 Minuten, bei 5% Kre-
solschmierseife auf 5 Minuten, bei 3% Kresolschmierseife auf 15 Mi-
nuten ab.
Eine mehr oder weniger bedeutende Steigerung der Wirksamkeit
durch Erhöhung der Temperatur wurde auch bei Schwefelsäure. Kali-
lauge und Sodalösung beobachtet.
Dagegen waren 10% Pearson’sches Kreolin, 1% Pyoktanin,
gesättigtes Kalkwasser bei 55° (letzteres auch bei 75°) bei 7 — 8s tün-
ch ger Versuchsdauer ohne Einwirkung auf die Entwickelungsfähigkeit
der Milzbrandsporen.
Mit Versuchen über die Einwirkung warmer Desinfektionsmittel
auf sporenfreies Material, sowie über die praktische Verwendbarkeit
heisser Deainfektiousflüssigkeiten bin ich derzeit Doch beschäftigt und
behalte mir weitere Mittbeilungen vor.
Heber einen neuen Mikroorganismus des Wassers,
weicher Ihr Thiere mit veränderlicher und konstanter
Temperatur pathogen ist.
(Pathologisches Institut der Königl. Universität Siena, Direktor
Prof. C. Sanquirico.)
Von
Dr. Gfiaseppe Sanarelll,
Assistenten.
JSit einer lithographischen Tafel.
(Schluss. )
Die Schnitte aus den verschiedenen in Alkohol gehärteten und in
Ce'loiöin eingeschlossenen Organen wurden dann mit dem alkalischen
Sanarelli, Ueber einen neuen Mikroorganismus des Wassers.
223
Methylblau von Lo eff ler gefärbt, weil der B. hydrophil us fus-
cus sich nicht nach der Methode von Gram färben iässt.
Die Bacillen sind grösstentheils in den Blutgefässen oder in deren
Nähe angebäuft und behalten überall dieselbe Neigung, sich in zahl-
reiche Gruppen zu sammeln, welche sehr deutlich im Innern der Ge-
webe hervortreten.
Ausserdem fand ich häufig in dem cirkulirenden Blute selbst
zahlreiche riesige Leukocy ten , welche mehrere Bacillen in
ihrem Innern enthielten.
Auch die Eidechsen (L. agilis und viridis) sterben schnell
nach der Infektion mit dem B. hydrophilusfuscus, doch ist
bei ihnen die lokale Reaktion etwas weniger ausgesprochen , als bei
den Fröschen. Sie sterben gewöhnlich nach 7—8 Stunden, wenn
die Impfung an einem Bein ausgeführt wurde, nach zwölf Stunden
nach der Injektion unter die Haut. Die Bacillen finden sich in bedeu-
tender Menge sowohl im Blut, als in den Organen, welcher ausser der
oben beschriebenen Hyperämie nichts besonders Auffallendes zeigen,
das nicht im Allgemeinen dem bei Fröschen Angetroffenen analog
wäre. Auch die Salamander (Tr. cristatus) erliegen der An-
steckung bald und zeigen ungefähr dieselben makro- und mikrosko-
pischen Alterationen , welche ich für die anderen Thiere angegeben
habe.
Um die Infektion an Süsswasserfischen studiren zu können, welche
nicht ausserhalb des fliessenden Wassers leben können, musste ich zu
besondern Kunstgriffen meine Zuflucht nehmen, um sie hinreichend
lange am Leben zu erhalten, so dass ich den Ausgang der Inokulatiou
erwarten konnte, ohne ihren vorzeitigen Tod zu befürchten. Zu die-
sem Zweck brachte ich die Thiere in ein grosses Gefäss, in welches
ich beständig einen schwachen Wasserstrahl fliessen liess, so dass das
Wasser fortwährend bewegt und erneuert wurde. Auf diese Weise
lassen sich auch Süsswasserfische viele Tage lang am Leben er-
halten.
Die vorzugsweise gebrauchten Fische waren die Flussbarbe (B.
plebejus) und der Aal (A. vulgaris).
In Betracht der grossen Zartheit dieser Thiere gebrauchte ich
die Vorsicht, zugleich mit den inokulirten Thieren andere in’s Aqua-
rium zu setzen, denen ich nur einen einfachen Stich mit der sterili-
sirten Nadel beigebracht hatte.
Aber in allen Fällen blieben die letzteren am Leben , wä'hrend
die ersteren unfehlbar der Infektion binnen 8 — 26 Stunden erlagen.
Sehr hervorstechend ist bei den Fischen die Heftigkeit der örtlichen
Reaktion, und zwar ist diese um so stärker, je später der Tod ein tritt.
Im Allgemeinen erscheint an der Impfstelle eine ausgedehnte
Schwellung von bräunlicher Farbe, hie und da mit rothen, hämor-
rhagischen Punkten bestreut, welche man auch auf dem Reste der
Körperoberfläche wahrnimmt. Unter der Geschwulst sind die Gewebe
schlecht, fast gangränös, von weinrotber Farbe und mit Bacillen er-
füllt.
Die mikroskopische Untersuchung und die Kulturen des Bluts
lassen keinen Zweifel an der Natur der Infektion.
]5 *
224
S a na r el li,
Bei dem Aal besonders ist die lokale Reaktion so stark, dass sie
umfangreiche Geschwülste und wirkliche, ausgedehnte, brandige
Stellen längs einem grossen Theile des Körpers hervorbringt.
Diese tiefen Alterationen hängen auch zürn Theil von der grös-
seren Widerstandsfähigkeit ab, weiche diese Thiere in Vergleich mit
allen andern zeigen. Sie können die Infektion 36 — 48 Stunden über-
leben, ohne dass diese jemals stiilsteh r oder heilt; in solchen Fällen
ist es also Dicht schwer, grosse Ulceratiouen und tiefe Erosionen der
Gewebe anzutreften.
Ui. Wirkung auf Thiere mit konstanter Temperatur.
(Sogenannte vvarmbültige Thiere.)
Ich habe mit Meerschweinchen, KaniucheD , Hundeu , Katzen,
Mäusen, Fledermäusen , Igeln , Hühnern und Tauben experimentirt,
und festgestellt, dass alle diese Thiere in verschiedenem Grade, aber
auf positive Weise der ausserordentlich pathogenen Wirkung des
B. hydropkilus fuscus unterliegen.
Die Meerschweinchen zeigen sich auch gegen kleine Mengen des
Virus sehr empfindlich. Bei ihnen wie bei verschiedenen andern
Thierer. entwickelt sich die Infektion binnen sehr wenigen Stunden,
denn selten erreichen sie die zwölfte Stunde nach der subkutanen
Impfung.
Auch die mikro- und makroskopischen Befunde sind sehr ähn-
lich. Man findet fast immer alle Eingeweide hyperämisch, die Miiz
ist verdickt und geschwollen, die Leber zerreibbar, Leber und Nieren
stark injizirt; im Peritoneum, der Pleura und im Pericardium findeu
sich bisweilen hämorrhagische Exsudate, und nicht selten habe ich
auch ausgedehntes subkutanes Oedera in der Nähe der Inokulations-
stelle und im Unterhautbindegewebe der Bruch wände gefunden.
Die Bacillen finden sich immer in zahlloser Menge, wie man sich
an den Präparaten, welche ich der Gesellschaft verlegte, leicht über-
zeugen kann. Besonders in der Milz, im Blut und im Knochenmark
sind sie in grosser Menge nachweisbar und in Bezug auf Ansehen
und Anordnung unterscheiden sie sich nicht von den in Thieren mit
veränderlicher Temperatur Vorgefundenen, welche derselben Infektion
erlegen sind.
Auch die Kaninchen sterben bald nach der Infektion. Ein-
spritzungen in die Venen bringen immer in 5 — 6 Stunden den Tod
hervor, die Unterhautinjektionen nach etwas längerer Zeit Nur ein-
mal habe ich nach einer Unterbauteinspritzung ein kräftiges Ka-
ninchen nach nur 3 Stunden sterben sehen , und auch in diesem
Fälle enthielten das Blut und die verschiedenen Eingeweide eine be-
trächtliche Menge von Bacillen.
Die makro- und mikroskopischen Befunde sind jedoch etwas
weniger ausgesprochen, als bei Meerschweinchen. Vor Allem sind
die Bacillen, von denen einige sowohl im Blute , als im Innern der
Organe sich innerhalb der Zellen befinden, weniger zahlreich, als
beim Meerschweinchen; ausserdem ist es mir ausser dem nicht
häufigen Vorkommen der serös - hämorrhagischen Exsudate in den
Ueber einen neuen Mikroorganismus des \Vassers.
225
Eingeweiden, einer mehr oder weniger deutlichen örtlichen Reaktion
und einem sehr ausgesprochenen und konstanten Meteorisinus nie-
mals möglich gewesen, sonstige bedeutende Alterationen aufzufinden.
Bei erwachsenen Hunden bringen weder Einspritzungen
unter die Haut, noch solche in die Venen, weder örtlich, noch im All-
gemeinen, irgend eine merkliche Wirkung hervor; aber neugeborene
(3 — 4 Tage alte) Hunde erliegen unfehlbar auch nach Unterhautin-
jektionen von kleinen Mengen des Virus nach 12 — 36 Stunden. Die
anatomisch-pathologischen Alterationen, welche sich bei diesen letz-
teren finden, werden vorzüglich durch ausgedehnte, blutige Oedeme
unter der Haut dargestellt , weiche sich von dem Impfpunkte aus
weit erstrecken, sowie durch eine ausgesprochene Neigung der darüber
liegenden Haut, die Haare zu verlieren.
Die Baciilen finden sich in grosser Menge in den Organen und
im Blute, und mehr, als sonstwo, in dem subkutanen Oedem. Sie
sind im Allgemeinen zu zweien und dreien verbunden, bisweilen fast
kettenartig angeordnet.
Bei neugeborenen Katzen sind der Ausgang und die charak-
teristischen Symptome der Infektion ungefähr dieselben , wie bei
jungen Hunden. Aber auch bei erwachsenen Katzen bringen Unter-
hautinjektionen , wenn sie auch keine allgemeine Infektion erzeugen,
doch ausgedehnte Infiltrationen hervor, gefolgt von grossen Brand-
stellen und Geschwüren von schwieriger und langsamer Heilung in
der Umgebung der Impfstelle.
Auch weisse Mäuse und Fledermäuse (Plecotus auri-
tus) werden schnell infizirt. Die ersteren starben nach ungefähr 7 — 8
Stunden. Die Impfsteile ist in grosser Ausdehnung geschwollen und
geröthet, das Haar fällt leicht auf grossen Strecken aus und ent-
biösst eine breite Zone ödematöser, rothviolett gefärbter Haut; die
Milz ist etwas geschwollen und enthält, wie auch das Blut, zahlreiche
Bacillen.
Die zweiten starben nach nur 5 — 6 Stunden mit denselben An-
zeichen, wie die Mause.
Der Igel (Erinaceus europaeus) zeigt sich dagegen etwas
widerstandsfähiger. In Folge der Unterhautinjektion stirbt er erst
nach 18 — 24 — 36 Stunden. Auch in diesem Falle ist die Infektion
allgemein; die örtlichen Symptome sind ungefähr wie die früheren.
Auch Hühner und Tauben sind der allgemeinen Infektion
unterworfen, aber nur durch Einspritzung in die Venen.
Injektionen unter die Haut und inJs Parenchym (Brustmuskeln)
bleiben, auch bei Anwendung bedeutender Mengen von Virus, un-
wirksam, und verursachen nur vorübergehende, kurz dauernde Stö-
rungen, während intravenöse Einspritzungen den Tod auf 5 — 7 Stunden
zur Folge haben.
Die Bacillen finden sich im Blut und in den Organen, aber nicht
in so grosser Menge, wie bei einigen der oben genannten Thiere.
Bei andern von mir angestellten Versuchen an Hühnern und
Tauben hat es mir geschienen, als ob die pareuchymatösen Ein-
spritzungen gegen die Wirkung späterer intravenöser Injektionen
Schutz gewährten. Aber bis jetzt sind die beobachteten Fälle nicht
22Ö
S a n a r el 1 i ,
zahlreich genug, um dieses bemerkcnswerthe Resultat, das ich künf-
tig weiter zu verfolgen gedenke, als sicher hinzustellen.
Ein anderer auffallender Umstand ist die ausserordentliche Schnel-
ligkeit, mit der bei allen an dieser Infektion gestorbenen
Thieren der Fäulnissprozess verläuft.
Bis jetzt habe ich noch keine Gelegenheit gehabt, das Studium
dieses neuen und interessanten Mikroorganismus weiter zu verfolgen,
welcher mit so intensiv pathogener Kraft begabt ist, wie keiu anderer
unter den bis jetzt bekannten und beschriebenen.
Aber die gesammelten und kurz vorgetrageuen Thatsachen sind
scüon hinreichend , um den Werth dieses Bacillus in Bezug auf
Hygiene und Pathologie festzustellen. Denn wenn wir auch für den
Augenblick von der Wichtigkeit absehen, welche hinsichtlich der all-
gemeinen Infektionslehre ein Mikroorganismus haben kann, welcher so
hervorragend infektiöse Wirkung sowohl auf kalt- als auf warmblütige
Thiere ausübt, so bleibt doch noch seine ausserordentlich pathogene
Wirkung auf eine Anzahl von Individuen zu betrachten , welche den
verschiedensten Arten angehören, und nur der Mangel an direkten
Beweiseu verhindert uns für jetzt, diese Wirkung für viele andere
Thierarten, vielleicht sogar für den Menschen selbst anzunehmen.
Aber eine bis jetzt einzige Erscheinung in der Pathologie ist
die überraschende Schnelligkeit, mit welcher das allgemeine Bild des
infektiösen Prozesses abläuft.
Diese Thatsache hatte mich zuerst zu dem Glauben verleitet, die
Stotfwechselprodukte des B. hydrophilus fuscus seien mit
energischen toxischen Eigenschaften begabt. Um diese für meine
Untersuchung wichtige Frage zu entscheiden, öltrirte ich verschiedene
Kulturen auf Fleischbrühe und Gelatine, die ich vorher zwei bis drei
Wochen laug im Brutraume gehalten hatte, durch das Chamber -
1 and 'sehe Filter; aber ich bekenne freimüthig, dass die Injektionen
unter die Haut und in die Venen, welche ich mit reichlichen Mengen
der filtrirten Flüssigkeit machte, niemals bei Thieren irgend eine
Erscheinung hervorgebracht haben, welche mit der im Laufe meiner
verschiedenen Experimente an Thieren gemachten Untersuchungen
in Beziehung gebracht werden könnte.
Es blieb mir noch übrig, auf die Wichtigkeit hinzudeuten, welche
der B. hydrophilus fuscus aus dem speziellen Gesichtspunkte
der natürlichen Immunität zeigt, denn Niemandem kann der vorhan-
dene Zusammenhang zwischen den Bedingungen entgehen, welche in
den organischen Flüssigkeiten die Entwickelung der Bakterien be-
günstigen oder verhindern, und zwischen der Empfänglichkeit und
Immunität, welche die Thiere gegen dieselben zeigen.
Die Froschlymphe z. B. , welche die üppigste Entwickelung des
B. hydrophilus fuscus erlaubt, der für den Frosch pathogenisch
ist, während sie die des B. anthracis verhindert, der für denselben
wirkunkslos ist, bildet eines der schönsten Beispiele, die uns die Bak-
teriologie dargeboten hat.
Nota. Einige Tage, ehe ich -üese meine Studien der medizinisch-
chirurgischen Gesellschaft in Pavia, mittheilte, erschien in dem letzten
Ueber einen neuen Mikroorganismus des Wassers.
227
Heft von Ziegler ’s Beiträgen ein Aufsatz von P. Ernst1) in
Heidelberg, in welchem auf eine charakteristische Frühlingsepidemie
der Frösche hingewiesen wird.
Nach den Zeichnungen und einigen allgemeinen charakteristischen
Eigenschaften , welche Ernst angibt , zweifle ich durchaus nicht,
dass das von ihm studirte und B. ranicida genannte infektive
Agens dem meinigen vollkommen entspricht. Aber da seine Resultate
nicht ebenso gut mit den meinigen übereinstimmen, so ergreife ich
diese Gelegenheit, um die Hauptpunkte, in denen wir auseinander
gehen, anzudeuten und vielleicht zu erklären.
Die Untersuchung von Ernst hat zum Ausgangspunkte die
Beobachtung gehabt, dass die Frösche im Frühling wenig zu Experi-
menten geeignet sind, welche eine Hautwunde nöthig machen. Er
hat die Ursachen der Sterblichkeit untersucht, welche unter solchen
Umständen eintritt, und hat in dem Wasser, worin die Frösche ge-
halten werden, das Vorhandensein eines pathogenen Mikroorganismus
feststellen können, welcher ihre Infektion in der Gestalt einer wahren
Epidemie zur Folge hat, wenn ein Eingangsthor dem Parasiten den
Zutritt erleichtert. Nach der Feststellung dieser Thatsachen ist der
hauptsächlichste Zweck des Dr. Ernst gewesen, den Einfluss der
äusseren Temperatur auf den Verlauf und Ausgang der Infektion zu
verfolgen, und dies hat nichts mit meinen Untersuchungen zu thun,
welche sich nach einer andern Richtung gewendet haben.
Die zwischen den Untersuchungen des Dr. Ernst und den
meinigen vorhandenen Berührungspunkte scheinen sich nur auf die
pathogenen Wirkungen des Mikroorganismus auf die Thiere zu be-
ziehen, und gerade in diesem Punkte gehen unsere Resultate wesent-
lich aus einander.
Was die Infektion beim Frosch betrifft (die er allein studirt hat),
so behauptet Ernst zunächst , dass die Inokulationen des Virus
in den Lymphsack des Rückens immer positiv bleiben, während
ich nach wiederholten Versuchen mich habe überzeugen müssen, dass
dieser Weg immer trügerisch ist, und dass man, um ein sicheres
Resultat zu erhalten, ia’s Parenchym injiziren muss.
Ferner hatte er beobachtet, dass die zur Entwickelung des Pa-
rasiten günstigste Temperatur nicht 30° C überschreitet, und dass
derselbe über 30° C weniger üppig wächst. Daraus zieht er den
Schluss, dass er bei der Körpertemperatur warmblütige r
Thiere nicht gedeihen könne, und in der That hätten seine
an einer Maus und eiDem Kaninchen ausgeführten Inokulationen diese
Annahme bestätigt. Die einzige mit dem Blute des ersteren , einen
Tag nach der Impfung gestorbenen Thieres ausgeführte Kultur sei
unfruchtbar geblieben, und die Kultur des Blutes des Kaninchens
(gestorben 8 Stunden nach der Infektion) habe eine so geringe Au-
zahl von Kolonieen geliefert, dass Ernst annimmt, diese letzteren
rührten von den früher eingespritzten Keimen her, ohne sich im Blute
vermehrt zu haben. Um die Ursache des Todes beider Thiere zu
1) Die Frühlingsseuche der Frösche und ihre Abhängigkeit von Temperatureinflüssen.
(Bd. VIII, Heft 1 der Beiträge zur path. Anatomie und allgem. Pathologie, j>. 203. lbäO.)
228
Sanarelli, Ueber einen neuen Mikroorganismus des Wassers.
erklären, beruft er sich auf die Wirkung der toxischen Produkte,
welche aus den Kulturen mit den Bacillen in’s Blut übergeführt
worden seien.
Zum Beweis dafür werden die positiven Resultate angeführt,
welche durch Injektion von gekochten Kulturen in ein zweites Ka-
ninchen und iu drei weitere Mäuse erhalten wurden. Das Kaninchen
und eine Maus blieben am Leben , während die beiden andern am
folgenden Tage starben, und Ernst schliesst daraus wieder, für
warmblütige Thiere könne man diesen Mikroorganismus eher toxisch,
als infektiös nennen.
Die kurze, aber klare Darstellung meiner Versuche lässt es mir
unnöthig scheinen, mich weiter über die Punkte zu verbreiten, in
denen E rnst’s Resultate von den mehligen abweigen, und ich weise
nur kurz darauf bin :
1) dass der beschriebene Mikroorganismus auch über 30° C
üppig gedeiht und seine infektiösen Eigenschaften bewahrt;
2) dass er sich auch im Körper der sogenannten warmblütigen
Thiere schnell entwickelt;
3) dass filtrirte (nicht gekochte) Kulturen bei ihrer Infektion in
gewöhnlichen Dosen keine Vergiftung hervorbringen;
4) dass endlich der von Ernst gegebene Name B. ranicida
nicht mehr annehmbar ist, sobald derselbe auf Thiere mit konstanter
Temperatur ebenso oder mehr pathogen wirkt, als auf solche mit
veränderlicher. Als streng richtig bleibt also nur der von mir bei-
gelegte Name: Bacillus hydropbilus fuscus.
Mit diesen Bemerkungen will ich übrigens durchaus nicht die
Arbeiten des berühmten Heidelberger Observatoriums kritisiren; aus
meinen eignen Versuchen weiss ich, wieviel Einfluss die äussere
Temperatur auf diesen neuen, interessanten Mikroorganismus aus-
übt; daher ist es durchaus nicht unmöglich, dass andere von der
Untersuchungsmethode unabhängige Einflüsse, wie Klima, Jahreszeit,
etc. auf das Resultat unserer Studien einen bedeutenden Einfluss
ausgeübt haben.
Erklärung: der Abbildungen.
Fig. 1. Blnt von Triton, a rotbe, b weisse Blutkörperchen, e Bacillen, in kleine
Gruppen vereinigt (Keristka, Obj. hom. Imm. 1/,g- Oc. 3-) Färbung: Methylenblau-
Osmium säure.
Fig. 2. Blut vom neugeborenen Hunde, a rotbe , b weisse Blutkörperchen, c Ba-
cillen, kettenförmig.
Fig. 3. Taubenblut, a rothe, b weisse Blutkörperchen, c Bacillen (ebenso).
Fig. 4. Kultur vom 16 Stunden auf Nährgelatine.
Fig. 5. Kultur von 5 Tagen auf Kartoffel.
Fig. 6. Kultur von 2 Tagen auf Agar mit Glycerin.
Fig. 7. Froschleber. a Leberz^llen. b Pigment e Blutgefässe voll Bacillen.
(Koristka, Obj. 8. Oc. 3.) Färbung wie oben.
Fig. 8. Niere vom Meerschweinchen, a Glomeruli b. Canaliculi. o Bacillen (idem).
Fig. 9. Bacillus hydropbilus fuscus, in Gelatine entwickelt. (Koristka, Ohj.
Imm. hom. Ylg. Oo. 3.)
Sieua, am 5. Juli 1890.
Centralbl f BaclerioL. u. Pcu'asitenk. Bd.IX.
Taf. I.
DrG.Sanareili ad.nat.pinx
Veriv Gustav FisokpJcna
] llhAnst.v AGiltsch Jena.
K a t z , Zur Eenntniss der Leuchtbakterien.
229
Zur Kenntniss der Leucht bakterien.
Von
Dr. Oscar Katz
in
Sydney.
^Fortsetzung.)
Stich- und StriciLkultnreii in, resp. auf Jfälirgelatine.
1) Bacillus cy aneo -phosph. In Stichkultureu in 6proz.
Nährgelatiue bildete sich1) an der Oberfläche eine der Kolonieen-
bildung analoge, flach- napf oder uhrglasförmige, kreisförmig be-
randete Aushöhlung, die nach 2 Tagen — Temperatur 21 — 22° C —
ca. 5 mm breit war. Die Menge der nach dieser Zeit in jener Aus-
höhlung ersichtlichen verflüssigten Gelatine war etwas geringer, als
diejenige der ursprünglich festen Gelatine. Am Boden der Vertiefung
befand sich ein weisslich-graues Häutchen, von dem aus, als der
Basis, ein zunächst kegelförmiger, im weiteren Verlauf cylindrischer
Kulturstrang nach abwärts verlief. Derselbe war rings umgeben von
einer schmalen Zone verflüssigter Gelatine. Nach im Ganzen 3—4
Tagen hatte die Verflüssigung an der Oberfläche den Rand des ca.
18 mm weiten Reagensglases erreicht.
Die Oberfläche nahm ein grauweisses zusammenhängendes Häutchen
ein ; in dem entsprechend breiten Verflüssigungstrichter bestand die
Kultur aus grauweissen oder gelblichen , krümeligen oder flockigen
Massen , der grösste Theil am Boden. Die Entwickelung schritt
energisch vorwärts , bis schliesslich die ganze Gelatinemenge ver-
flüssigt war. Am Boden des Röhrchens lag der Hauptantheil der
Kultur als ansehnliche, gelbliche, fadenziehende Masse; die darüber
stehende, an der Oberfläche ein Kulturhäutchen tragende Flüssigkeit
war zunächst noch trübe, wurde aber nach und nach vollständig
klar; ihre Färbung, anfangs gelblich, wurde gemäss dem Fortschreiten
der Verdunstung der Flüssigkeit allmählich röthlich-braun , und war
schliesslich — in ganz abgetrockneten Kulturen — dunkel rothbraun.
Stichkulturen in lOproz. Nährgelatine verhielten sich, abge-
sehen von der etwas langsameren Entwickelung, wie solche in 6proz.
Nährgelatine. In 6proz. Nährgelatine, mit einem Gehalt von 2,7%
Kochsalz, war das Wachsthum ein besonders üppiges. Stichkulturen
in einem solchen Nährboden unterschieden sich von denen in gewöhn-
licher Nährgelatine sogleich dadurch, dass, während bei letzteren die
Begrenzung des Flüssigkeitstrichters gegen die noch feste Gelatine
dem unbewaffneten Auge oder bei Lupenbetrachtung glatt erschien,
bei ersteren in ausgesprochener Weise von der Peripherie des Ver-
1) Die Beschreibung von anomalen Stichkulturen, die dadurch entstanden, dass im
Stichkanal nach dem Impfen der Gelatine Luft zurückgehalten worden war , kann
füglich übergangen werden.
230
Ratz,
flüssigungsschlauches aus, gewöhnlich iu dessen ganzem Verlauf,
kurze wimperartige, mehr oder weniger dicht stehende Ausläufer
radiär in die noch feste Gelatine eindrangen.
In 8prozent. Nährgelatine, mit 2% Traubenzucker, war das
Wachsthum ein beschränktes. Nach etwas mehr als 14 Tagen,
nach welcher Zeit die Temperatur zuweilen 27° C betrug — Ende De-
zember 1887 bis Anfang Januar 1888 — zeigte sich im unteren
Theile von Stichkulturen eine schmale flüssige Säule, in derselben
suspendirt hier und da einige Kulturbröckchen und am Boden ein
gelblich-weisses, traubig-flockiges Präcipitat. Eine verhältnissmässig
niedrige Schicht verflüssigter Gelatine, mit einem Häutchen an der
Oberfläche, kennzeichnete den oberen Theil der Kultur.
Auf einer mit dem Infus von Meeräschen(Mugil)-Eleisch ohne
Kochsalzzusatz hergesteliten , die natürliche saure Reaktion zeigen-
den 8prozent. Pepton-Gelatine war Wachsthum und Verflüssigung
verlangsamt. Dagegen vollzog sich Wachsthum und Verflüssigung
in gewöhnlicher Weise auf jener Fischfleisch-Pepton-Gelatine, nach-
dem dieselbe mittelst Sodalösuug schwach alkalisch gemacht worden war.
2) Bacillus smaragd. -phosph. In stichweise geimpfter
6 prozent. Nährgelatine bildete sich entlang dem Verlaufe des Platin-
drahtes ein dünner weisslicher Faden, und oben eine flache, weisslich-
graue, stearin-glänzende Ausbreitung, mit nahezu kreisförmigem Um-
risse und schwach angedeuteter Ringbildung. Der Durchmesser der
fertigen Auflagerung betrug bis zu 5 mm. — Im Strich entwickelte
sich ein flaches Band, in Färbung und sonstiger Beschaffenheit analog
dem oberflächlichen Wachsthum iu Stichkulturen. Die Wandungen
des Reagensglases, selbst wenn dieses nur 12 mm weit war, wurden
von der Kultur niemals erreicht. — In oder auf 8- oder 10 prozent.
Nährgelatine wurden den obigen im Allgemeinen ähnliche Resultate
erzielt.
In 8 prozent. Nährgelatine, mit 2 g Traubenzucker, war das Wachs-
thum gehemmt. An der Oberfläche eines solchen, im Stich geimpften
Mediums bestand schliesslich ein dünnes, bläulich-graues, wenig aus-
gedehntes Häutchen; der Grad des Wachsthums im Stich war pro-
portional dem an der Oberfläche. Auf der natürlich sauer reagiren-
den, mit Fischinfusum , ohne Kochsalz hergestellten Peptongelatine
(s. oben) blieb die Entwickelung aus, währeud dieselbe Gelatine, nur
schwach alkalisirt, für die Bacillen einen guten Nährboden abgab.
Bei den in oder auf der gewöhnlichen Nährgelatine von Anfang
an bis etwa auf ein Jahr ausschliesslich, von Glas zu Glas fortge-
führten Kulturen, auf die sich obige Beschreibung bezieht, war vou
Verflüssigung oder selbst Erweichung des Substrats nicht die Rede,
wie Monate alte Kulturserien aus jener Zeit bewiesen. In den seit
Anfang April 1888 begonnenen und auf mehr als ein Jahr successive
fortgesetzten Uebertragungen auf eine 2,7 proz. Kochsalz enthaltende
6 prozent Nährgelatine — ein dem Gedeihen des Mikroorganismus
sehrzusagendes Nährmedium — trat eine bemerkenswerthe Veränderung
ein, derart, dass nach wenigen solchen Uebertragungen die Anzeichen
einer Verflüssigung des Nährsubstrats deutlich wurden. Nachdem
die Strichkultur den Höhepunkt ihres Wachsthums erreicht hatte,
Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
231
begann die zunächst unter ihr liegende Gelatine zu erweichen ; die
Oberfläche der Kulturmassen nahm ein verwaschenes Aussehen an,
sie senkte sich nach Art einer flachen Mulde, während mittler-
weile, vom Rande her , ein Herabgleiten von Kultur und Gelatine
seinen Anfang nahm. Nach und nach war der Inhalt des Röhrchens
eine zähflüssige, in einem späteren Zeitpunkte dünnflüssige Masse;
bei einer Temperatur von etwa + 25° C ging die Verflüssigung
rascher von statten, als bei einer von -f- 20° C. In Stichkulturen voll-
zog sich die Erweichung und Verflüssigung entsprechend langsamer,
als in Strichkulturen , und zwar nur von oben nach unten; den in
der Tiefe der Gelatine befindlichen, vereinzelten oder zu Reihen an-
geordneten Kolonieen kam die Eigenschaft des Verflüssigens nicht zu.
Sämmtliche seitdem erhaltenen Generationen auf 6- oder 10 Pro-
zent. Nährgelatine mit einem Gehalt von 0,6 % Kochsalz zeigten
mehr oder weniger vollständige Verflüssigung des Substrates; dieselbe
war, natürlicherweise, langsamer in der letzteren, als in der erstereu
Art von Gelatine. Am 4. August a. c. wurden von einer 3tägigen ober-
flächlichen (nichtleuchtenden und noch nicht verflüssigenden) Kolonie
im Rollröhrchen (10 prozent. Nährgelatine) je zwei Stich- und Strich-
kulturen in resp. auf gleichem Nährboden angelegt und in den Thermo-
staten bei ca. 21° C gestellt. Nach 14 Tagen beobachtete man an
den letzteren eine Erweichung der Gelatine, seichte Einsenkung der
Kultur und geringe Ansammlung von zähflüssiger Gelatine am Grunde.
Nach weiteren 14 Tagen bildete der Inhalt der beiden Röhrchen,
abgesehen von einer kleinen Portion noch fester Gelatine im unteren
Thei), eine dickflüssige Masse, auf deren Grunde sich der Hauptan-
theil der Kultur in Form von weisslieh- oder gelblich-grauen Fetzen
befand, während in der zähflüssigen Gelatine nach oben kleinere
Kulturfragmente zerstreut waren. Nach und nach wurde der Inhalt
dünnflüssig. An den Stichkulturen fiel zunächst nach etwa 14 Tagen
eine schüsselförmige Eiusenkung der Gelatine und der zerschlitzt-
randigen Kulturauflagerung auf; die Verflüssigung hatte noch nicht
begonnen. Nach weiteren 14 Tagen fand sich jene Auflagerung
schwebend auf einer 3 — 3,5 mm hohen Schicht trüber, zähflüssiger
Substanz , die im weiteren Verlaufe sehr langsam an Ausbreitung
zunahm, während die Kulturmassen sich zu Boden senkten'). —
1) Da die Eigenschaft des Verflüssigens zuerst iu der 2,7 % Kochsalz-Gelatine
beobachtet wurde, so lag der Gedanke nahe , dass der höhere Gehalt an Kochsalz in
der Nährgelatine auf die Ausbildung jener Eigenschaft möglicherweise von Einfluss war.
Der Umstand, dass alle späteren Generationen in Nährgelatine mit dem gewöhnlichen
Zusatz von 0,6 % Kochsalz verflüssigten , wäre sodann mit eiuer Vererbung jener
Eigenschaft in Zusammenhang zu bringen. — Dass geringe Differenzen in der, wie er-
wähnt, stets schwach alkalischen Reaktion der zu deD verschiedenen Zeiten benutzten
Nährgelatine mit der Ausscheidung eines peptonisirenden Fermentes etwas zu thuii
hatten — die Art des benutzten Ausgangsmaterials (Tafelgelatine bester (Qualität) war
übrigens von Anfang bis auf etwa l1/2 Jahre dieselbe — ist kaum wahrscheinlich
Wann und unter welchen Bedingungen Verflüssigung der Gelatine stattjindet , darüber
könnten nur bestimmte Versuche sicheren Aufschluss geben, zu dem Ende wäre der
Mikroorganismus aus seinem spontanen Aufenthaltsort wieder rein zu kultiviren. —
Dass eine etwaige Verunreinigung der verflüssigenden Kulturen von Anfang an
ausgeschlossen war, wurde durch das Ergebniss von Rollplattenkulturen wiederholt und
zur Genüge dargethan Die Kolonieen selbst verflüssigten die Gelatine. Alle soweit
232
K a 1 z
i
Die verflüssigte Gelatine mitsaramt Kultur reagirte ziemlich stark
alkalisch.
3) Bacillus argen t. -phosp h. I. Wie bei der vorhergehenden
und den beiden gleich folgenden Arten blieb in Stichkulturen das
Wachsthum im Innern der Nährgelatine auf einen durch hervor-
tretende Kolonieen hier und da körnigen oder knotigen Faden be-
schränkt. An der Oberfläche kam es zu einer flachen , glänzenden,
im Grossen und Ganzen kreislinig kontourirten Auflagerung yoii
grünlich-gelber oder wachsartiger Färbung und ca. 1 cm Durchmesser.
Strichkulturen ergaben einen dieser Ausbreitung in Färbung und Struk-
tur ähnlichen bandartigen Belag. In einer 8 prozent. Nährgelatine
mit 2% Traubenzucker war das Wachsthum noch geringer, als
bei 1 und 2.
Auf saurer Fischinfus-Pepton-Gelatine (vergl. 1 und 2) blieb das
Wachsthum aus; es war dagegen sehr lebhaft auf einer derartigen
Gelatine nach vorhergehender Alkalisirung.
Obige Beschreibung gilt für typische Kulturen. Im Laufe der
Zeit erwuchsen Generationen, die von jenen in Aussehen und Funk-
tion (s. unter „Leuchten“) abwichen. Das oberflächliche Wachsthum
war dünn, ohne die charakteristische Färbung. Alte Strichkulturen,
sowohl typische wie atypische, besassen die Tendenz einer Bildung
neuer „sekundärer“ Kolonieen (vergl. die übrigen Arten). Ich gebe
hier folgendes Beispiel neueren Datums. Am 17. August a. c. wurden
von einer am 25. Juni a. c. angefertigten Stichkultur in 2,7%
Kochsalz- Gelatine zwei Strichkulturen auf gleichartiger Gelatine an-
gelegt. Am 18. September waren auf den alten, dünnen, jetzt un-
scheinbaren Auflagerungen vereinzelte, hinter- oder nebeneinander,
unregelmässig reiheDförmig angeordnete — je eine Reihe nahe den
alten Impfstrichen — frische Kolonieen vorhanden, von starkem Glanz
und grünlich-gelber Färbung. Sie verhielten sich auch in sonstiger
Beziehung wie typische Kolonieen. Die von einer solchen Kolonie
abgeleiteten Stichkulturen waren durchaus typisch. Dieselbeu ver-
flüssigten die Gelatine ebensowenig wie die der allerersten Genera-
tionen. An ganz alten atypischen Strichkulturen in 6 prozent. Nähr-
gelatine mit 2,7 % Kochsalz habe ich beobachtet, dass Erweichung
mit nachfolgender Verflüssigung eintritt, wenn die Temperatur sich
derjenigen nähert, bei welcher die Verflüssigung der betr. Gelatine
von selbst erfolgt.
4) B. arg ent. - phosp h. II und 5) B. argen t. -phosp h. III.
Typische Strichkulturen dieser beiden Arten auf gewöhuliche 6 prozent.
Nährgelatine unterscheiden sich in Bezug auf das Wachsthum da-
durch, dass bei 4 ein verhältnissmässig schmales, gleichmässig dickes,
grau-weissliches, fettglänzendes Band entstand, bei 5 ein nach den
Rändern hin sehr dünn werdender, fast bis an die Wandungen des
Reagensglases reichender Belag. Auf der Oberfläche der Gelatine
in Stichkulturen erfolgte der Vorgang in analoger Weise. Verglichen
von isolirten , um die Zeit noch Dichtverflüssigenden Kolonieen abstammenden Geiatiue-
kultnren verflüssigten früher oder später. Die Befände wurden durch die früher oder
später eintretende Phosphoreseenz kontroUirt, von der unten mehr.
Zur Keuntniss der Leuebtbakterien.
233
mit typischen Obeiflächenkult uren von B. arg.-ph. I, unterschieden
sich diejenigen von B. arg.-ph. II und III sogieich durch die Ab-
wesenheit der jenen eigentümlichen Färbung (s. o.); die seitliche
Ausbreitung in Strichkulturen angehend, hielt B. arg.-ph. I die
Mitte zwischen jenen.
In Sprozent. Gelatine mit 2% Traubenzucker war das Wachs-
thum etwas ausgedehnter bei 5, als bei 4, in beiden Fällen jedoch
verhältnissmässig schwach.
In der Art und Weise des Wachsthums der jetzt vorliegenden
Generationen von B. arg.-ph. II besteht — gleiche Bedingungen
vorausgesetzt — kaum ein Unterschied von dem Modus des Wachs-
thums früherer und frühester Generationen. Ein neuerdings beobach-
tetes Vorkommen von „sekundären“ Kolonieen verdient hier erwähnt
zu werden. Am 17. August a. c. wurde von einer 4wöchentlichcn
Stichkultur in 2,7% Kochsalz- Gelatine (s. o.) eine Strichkultur auf
gewöhnlicher lüprozent. Nährgelatine angelegt (es wurden zwei Impf-
striche parallel zu einander ausgeführt). Die Entwickelung erfolgte
in der auf solchem Nährboden üblichen W?eise: bläulich-grauer, nach
den Rändern zu wolkiger Kulturrasen. Von Mitte bis Ende September
begannen neue Kolonieen zu erscheinen, im Ganzen etwa 30. Die-
selben waren über die Gelatineoberfläche, auf der alten, jetzt undeut-
lichen Kultur, regellos zerstreut. Sie bildetet] im ausgewachsenen
Zustande bis zu etwa 1,5 mm breite, nagelkopfförmige, glatt kon-
tourirte, stearin-glänzende Erhebungen von gelblich-grauer Färbung
bei durchfallendem Lichte. Man konnte glauben, eine Art Platten-
kultur vor sich zu haben. (Weiteres über diese Kolonieen s. unter
„Leuchten“.)
B. arg.-ph. III. erwies sich nach W7achsthum (und Wirkung)
im Laufe der Zeit weniger konstant, als B. arg.-ph. II. In einer
am 25. August a. c. unter ähnlichen Verhältnissen wie im vorigen
Falle angefertigten Strichkultur auf lOprozent. Nährgelatine wurden
ebenfalls „sekundäre“, wenn auch weniger markante Kolonieen später-
hin beobachtet. Dieselben waren in ungefähr derselben Zahl wie vor-
hin, fast alle klein, nur eine oder zwei etwa 1 mm an Breite er-
reichend. Letztere, wiewohl flacher, ähnelten sonst den oben be-
schriebenen Kolonieen sekundären Ursprunges bei B. arg.-ph. II
(vergl. ausserdem das unter „Leuchten“ Gesagte).
Verflüssigung der Nährgelatine fand weder bei der einen, noch
der anderen Art statt.
6) B. argen t.- ph o sph. liquef. In typischen Stichkulturen
war die Entwickelung an der Oberfläche zunächst analog derjenigen
von oberflächlichen typischen Kolonieen. Im weiteren Verlauf glichen
die Kulturen, abgesehen von einer geringeren Wachsthumsenergie,
denen von B. cyaneo-phosph. Stichkulturen in 6 prozent. Nähr-
gelatine mit 2,7% Kochsalz blieben in der Geschwindigkeit des
Wachsens und Verflüssigens ebenfalls hinter ähnlichen Kulturen von
B. cyaneo-ph. zurück, von welchen sie sich überdies durch den
Mangel von wimperartigen Ausläufern an der Peripherie des Vcr-
flüssigungsschlauches oder -trichters unterschieden.
234 Scbeurlen, Zusatz zu: Eine Methode d. Blutentnahme beim Menschen.
Bei Beschreibung der Plattenkulturen wurde gesagt, dass die
Kolouieen in späteren Generationen einen von denen anfänglicher
Generationen verschiedenen Habitus aufwiesen. Gleiches galt auch
für die Stichkulturen jener Generationen, insofern, als der Beginn der
Verflüssigung der Gelatine unter den üblichen Kulturbedingungen
erheblich verzögert, dafür jedoch die Ausbreitung der Kultur an der
Gelatineoberfläche vor dem Beginn der Verflüssigung um so beträcht-
licher war (vergl. die Notizen unter „Leuchten“).
Ein Zusatz von 2 % Traubenzucker zu einer 8 prozeut. Nähr-
gelatine wirkte, wie bei den andren Arten, entwickelungshenimend.
(Fortsetzung folgt.)
Zusatz zu dem Aufsatze „Eine Methode der Blutent-
nahme beim Menschen“1 2).
Von
Dr. Seheurlen
in
Berlin.
Die „Bemerkungen zu dem Aufsatze Eine Methode der Blutent-
nahme beim Menschen von Dr. Th. Smith“*) veranlassen mich zu
der Annahme, dass ich mich in diesem Aufsatze zu kurz ausgedrückt
habe, verleitet durch die geringe Wichtigkeit, die ich dem gewiss
nur Wenige interessirenden Inhalt meiner Mittheilung beilegen zu
müssen glaubte.
Nicht die Gestalt und Grösse der Glasröhre, sondern die Art der
Blutentnahme am lebenden Menschen war es, durch deren Ver-
öffentlichung ich mir den Dank des einen oder anderen Blutunter-
suchers zu erwerben hofite, und die bis jetzt meines Wissens noch
nicht geübt wurde.
Glasröhren oder daraus hergestellte Gefässe, die nach der Fül-
lung zugeschmolzen werden, sind zur Entnahme, zum Transport und
zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten in der Bakteriologie schon seit
längerer Zeit im Gebrauch ; ich erinnere nur an die Glaskugeln und
Glasröhren von Flügge und Heraeus, die bei der Wasserunter-
suchung früher beliebt waren ; heutzutage hält man ein Glaskölbchen
oder Reagensröhrchen mit Watteverschluss für zweckentsprechender.
Bei meinen Blutuntersuchungen kam es mir darauf an, eine Me-
thode der Blutentnahme am lebenden Menschen zu erhalten, die
etwas mehr Blut liefert, als der übliche Nadelstich, und ein geringerer
Eingriff ist, als der Aderlass. Zugleich musste bei dieser Manipu-
lation die Möglichkeit eiuer Verunreinigung des Blutes ausgeschlossen
werden. Es durfte also das Blut unter keinen Umständen mit der
1) Diese Zeitschr. Bd. VIII. 1890. p 257
2) Diese Zeitschr. Bd IX. 1891. p AS.
Reduktion von Nitraten durch Bakterien.
235
Hautoberfläche und nicht mit der äusseren Luft in Berührung kommen,
beides Nachtheile der zwei erwähnten Methoden. Dieses Postulat war
erfüllt, als ich die Beobachtung gemacht hatte, dass sich die Haut
mit einer ausgezogeneu, etwas kräftigen Glasröhre sehr leicht bis in
eine oberflächliche Vene durchstechen lässt und dass dieser Eingriff
keinerlei Gefahr für den Menschen mit sich bringt.
Wie ich in meiner ersten Mittheilung erwähnte, zeigte es sich
als das zweckmässigste, nach der Entnahme das Blut möglichst bald
in irgend ein steriles, verschliessbares Gefäss zu entleeren , da die
Gerinnung in der Röhre die Untersuchung und weitere Verarbeitung
des Blutes erschwerte.
Mir diente also dieses beschriebene Glasrohr fast lediglich als
Operationsinstrument am lebenden Menschen; dasselbe mag mit
dem Smith 'sehen äusserlich vollkommen übereinstimmen, innerlich
d.h. ihrem Zweck und ihrer Verwendung nach, sind sie grundverschieden.
Referate.
Laurent, Experiences sur la rßduction des nitrates par
les veg^taux. (Annales de l’Institut Pasteur. 1890. No. 11.
p. 722.)
Von vorstehender Arbeit, deren Ergebniss auch für die Physio-
logie der Bakterien von Interesse ist, seien zunächst die Schlusssätze
angeführt:
1) Die Fähigkeit der Reduktion von Nitraten existirt bei den
höheren Pflanzen, den Algen und Pilzen ebenso, wie bei den Bakterien.
2) Auch bei keimenden Samenkörnern und Wurzelknollen lässt
sich das gleiche Vermögen leicht nachweisen.
3) Bei den höheren Pflanzen kommen Substanzen vor, deneu die
Fähigkeit der Reduktion von Nitraten auch nach dem Tode der Zellen
innewohnt.
4) Die Fähigkeit der Reduktion der Nitrate bei den Pflanzen ist,
wie die alkoholische Gährung, eine blosse Aeusserung der Lebens-
thätigkeit, welche in einem sauerstofffreien Medium andauert.
Verf. betrachtet demnach die Reduktion von Nitraten als einen
allgemeinen, weit verbreiteten Vorgang. Nach einer früheren Arbeit
desselben kommt sogar dem blossen Sonnenlicht, auch bei mittlerer
Intensität, die Fähigkeit zu, die Nitrate von Kalium, Natrium un i
Calcium zu reduziren, und zwar ebenso bei Luftzutritt, wie im lurr-
leeren Raum.
Was die Methodik der Versuche betrifft, so war das Verfahr m
z. B. bei den Getreidekörnern folgendes: Um alle anhaftenden Bak-
terien sicher abzuschliessen, wurden dieselben für | Stunde in e .e
1 promille Sublimatiösung in sterilen Röhren eingelegt und wieder-
holt kräftig geschüttelt, um die anhaftenden Luftbläschen zu e. -
fernen. Hierauf folgte dreimaliges Abwaschen mit sterilem Wasser,
236
Lepra.
von dem man zuletzt eine kleine Quantität ia der Rohre zurück lässt,
uir. die Keimung zu ermöglichen. Den Röhren gibt mau eine nahezu
horizontale Lage, so da^s die Körner mit dem Wasser in Berührung
sind, ohne untergetaucht zu sein. Bei höherer Temperatur erfolgt
rasch die Keimung. Nun wird mit steriler Pipette 1 proz. Nitrat-
lösuug zugegebeu. Stets ist darauf zu achten, dass das verwendete
destillirte Wasser frei von Nitriten sei, was in Laboratorien keines-
wegs immer der Fall ist. Zum Nachweis des gebildeten Nitrits diente
als höchst empfindliches Reagens Naphthylaminchlorür bei Gegenwart
von Salzsäure und Sulfanilsäure, welches bei Spuren von Nitrit Roth-
färbung ergibt. Die Zeit, innerhalb deren die Reaktion eintrat, war
eine verschiedene.
Schliesslich erwähnt Verf. Versuche mit Bakterien. In Ueber-
einstimmung mit anderen Autoren konnte er bei verschiedenen patho-
genen, chromogeneu und anderen Bakterienarten reduzirende Eigen-
schaften nachweiseD. Dagegen erwiesen sich die streng aerobischen
Bacillus subtilis, Tyrothrix tenuis und B. niesen teri-
cus in Kalbsbouillon mit Zusatz von Nitrat unfähig zur Reduktion,
was Verf. als einen weiteren Beweis dafür betrachtet, dass die Re-
duktion an das Leben ohne Sauerstoff gebunden sei. Eine der redu-
zirendcn Arten wurde einerseits mit reichlichem, andererseits mit
sehr beschränktem SauerstoÜ'zutritt gezüchtet und gab nur in letzterem
Fall Reduktion. Die reduzirende Wirkung bei den Bakterien tritt
übrigens nur relativ langsam auf, beruht somit nach Verf. nicht auf
der Aktion eines schon vorgebildeten Enzym-artigen Körpers.
Büchner (M ünchcn).
Ramon y Cajal, S., Sobre las c61ulas gigantes de la le-
pra y sus relaciones con las colonias del bacilo le-
pros o. (Gaceta sanitaria de Barcelona. 1890. Juli.)
Verf. beschreibt seine Untersuchungen der Leprakuoten, die
zwei Kranken aus der Wange ausgeschnitten worden waren und in
denen er ganz typische Riesenzellen in grosser Anzahl gefundeu hat,
während ihm das bei früheren Untersuchungen ebensowenig gelungen
war, als Baumgarten, Unna, Lutz und andern. Die Knoten
waren rasch in absoluten Alkohol gebracht worden. Die Präparate
wurden theils nach Ehrlich- Weigert, theils nach Unna ange-
fertigt und mit Z ei ss, Apochr. 1/3 ö und dem älteren lj 18 untersucht.
Verf. erläutert seine Beschreibung mit 3 Figuren, wovon eine farbig,
und fasst schliesslich seine Beobachtungen in folgenden Schlüssen
zusammen :
1) Die Lepragranulome enthalten, wenigstens an gewissen Stellen,
echte vielkernige Riesenzellen, die alle Merkmale der Langhaus-
sehen Tuberkelriesenzellen darbieten.
2) Diese Zellen besitzen wenig oder gar keine Protoplasmavar
kuolen, zum Unterschiede von den gewöhnlichen epithelartigen Zellen,
bei denen dieselben reichlich zu finden sind.
3) Die Ricsenzellen beherbergen vereinzelte und zu Kolonieen ver-
einigte Bacillen, die während ihres Wachsthums in das Protoplasma
Lepra.
237
einzudringen scheinen und dessen Vakuolen sammt den Kernen in
sich aufneimien.
4) Auch die kleinsten Kolonieen besitzen eine Central vakuole,
was darauf hinzudeuten scheint, dass die Vermehrung der Bacillen
um eine Vakuole herum stattgefunden hat.
5) Die grossen Kolonieen der Riesenzellen, wie auch die der epi-
thelartigen, können die ganze Zelle mit Einschluss der Membran
zerstören und erscheinen dann frei in den Bindegewebstrümmern,
6) Auf die Lepra findet der Phagocytismus keine Anwendung, wie
auch schou andere Forscher angegeben haben; die Zellen liefern
gerade den besten und fast ausschliesslichen Nährboden für die Mi-
krobien.
7) Die Lepra-Riesenzellen scheinen üppig entwickelte Bindege-
webselemente zu sein. Sentinon (Barcelona).
Lima, Azcvedo, und Havelburg, Hospital dosLazaros. Re-
latoros de 1890; ferner Brazii-Medico. S. 281. No. 35. 1890. Mit 3
Figuren. Rio de Janeiro. 1890. Autorreferat.
Verff. berichten über die namentlich in den Staaten Minas,
S. Paulo und in der Hauptstadt Rio de Janeiro zu beobachtende
Zunahme von Lepra-Erkrankungen. Zu früheren Beobachtungen über
die Ansteckungsfahigkeit kommt eine neue, dass ein Koch, der 30
Jahre hindurch Dienste im Hospital leistete, dessen Herkunft unbe-
lastet ist, schliesslich doch eine Leprainfaktion acquirirte. Ausführ-
licher wird ein Krankheitsfall, der sechs Jahre hindurch beobachtet
wurde, berichtet. Es handelt sich um eine theils tuberöse, theils
anästhetische Form, die schliesslich zur Kachexie und damit zum
Tode führte. Die Sektion ergab zerfallene lepröse Knoten in der
Nase, im Pharynx, in den Lungen, Volumsvergrösserung der Milz
und Leber, Atrophie der Herzmuskulatur, der Magenwände und des
Darms. Leprabacillen wurden in allen Lepraknoten, in der Milz und
der Leber konstatirt. Besonders hervorgehoben wird der Befund der
spezifischen Bacillen in den von interstitieller Entzündung ergriffenen
Nieren ; die Bacillen wurden nur in den Glomerulis angetrotfen.
Leprabacillen in deu Nieren wurden von Cornil und Babes be-
obachtet, von anderen Forschern in diesen Organen vermisst. Somit
würde das, wenn auch seltenere Vorkommen von Leprabacillen in den
Nieren eine Bestätigung finden. — Die Therapie in dem Hospital
besteht neben prophylaktischen, hygienischen und roborirenden Maass-
nahmen in der Anwendung von Pyrogallussäure, Ichthyol, Chrysaro-
biu, Salben von Karbolsäure, Sublimat, Salicylsäure, der internen
Darreichung von Karbolsäure, Gynocardiumsäure und der eventuellen
Zerstörung durch das Thermocautenum. Die Therapie ist nicht ganz
resultatlos, jedoch keineswegs von durchschlagendem Erfolg. — Bei
dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass der angeblich geheilte Lepra-
fall Unna’s (s. IV. Kongr. für innere Medicin. 1885) auf Irrthum
beruht. Zum Mindesten nahm die Lepra bei der nach Rio zurück-
gekehrten Patientin die gewöhnliche weitere Entwickelung und erlag die
Kranke, unter qualvollen Leiden einer durch disseminirte Lepra verur-
sachten Kachexie vor ca. 2 Jahren. H a v e 1 b u rg (Rio de Janeiro),
ix. iw. 16
238
Knochenmark and Infektionen.
Sanfelice , Fr. , Contributo alla fisiopatologia d e 1 rai-
doll o d e 1 1 e o s s a. (Bolletino della Societä di Naturalisti in Napoli.
Serie I. Anno IV. Vol. IV. 1890. Fascic. 1.)
Diese Arbeit ist die Fortsetzung einer früheren über die Ent-
stehung der rotheu Blutkörper im Knochenmark der Wirbelthiere ;
nur derjenige Abschnitt, der sich mit dem Verhalten des Knochen-
marks bei einer Reihe von künstlichen Infektionen beschäftigt, kann
hier referirt werden. Die Untersuchungen umfassen von akuten Er-
krankungen den Milzbrand und die Mäuseseptikäraie, von chronischen
die Tuberculose. Die Methode bestand in Untersuchung der Schnitte
nach Fixirung des Knochenmarks durch kaltgesattigte Sublimatlösung,
der einige Tropfen Essigsäure zugesetzt waren; Färbung in Häma-
toxylin, das auch die Anthraxbacillen färbt, bezüglich in Lithion-
karmin und Nachfärbung nach der Grara’schen Methode oder (bei
der Tuberculose) Färbung theils uut Ilämatoxylin, theils mit Karbol-
fuchsin und Methylenblau.
Die Hauptveränderung im Knochenmark bei an Milzbrand ge-
storbenen Thieren (Kaninchen, Meerschweinchen, Igel) besteht in un-
gewöhnlicher Vermehrung der Zellen mit irregulären oder fragmen-
tirten Kernen, und zwar sowohl der gewöhnlichen Leukocyten, als
der Erythroblasteu (die der Verf. mit Löwit als Vorstufen der
kernhaltigen rothen Blutkörper ansieht, wenn er sie auch abweichend
von diesem Autor von den Leukocyten herleitet), als auch der kern-
haltigen rothen Blutkörper. Die Kernfragmentation in den Leuko-
cyten kann namentlich an Stellen, wo die Bacillen massenhaft liegen,
soweit gehen, dass der Kern in einen Detritus zerfällt. Manchmal
verschmelzen derartig degenerirte Zellen zu grösseren Massen.
Der Verf. bemerkt, dass der Kernzerfall in geringerem Grade
physiologisch ist, hier nur ausserordentlich häufig wird.
Das Knochenmark, namentlich das rothe oder „funktionirende“,
ist sehr reich an Bacillen , die nicht nur innerhalb der Bluträume,
sondern auch im Gewebe liegen. Die Bacillen sind niemals in Leu-
kocyten eingeschlossen, sehr selten finden sie sich in Riesenzellen
und auch dann stets gut gefärbt. Da der Verf. zudem die
Riesenzellen mit Löwit u. a. als regressive Formen auffasst, die
durch Verschmelzung entstanden sind, kann er hier dem Phagocytis-
mus keine Rolle zuschreiben. Die Zahl der Leukocyten innerhalb
der Blutgefässe des Marks ist in gleicher Weise wie im übrigen Blute
erheblich vermehrt.
Bei der Mäuseseptikämie finden sich dieselben Verhältnisse, wie
beim Milzbrand. Nur liegen hier viele Bacillen in Leukocyten . nie-
mals in Riesenzellen.
Der Befund bei der Tuberculose ist folgender: Das Fett ist
zum grossen Theil in lymphoides Mark übergegangen, doch sind die
Erythroblasten und kernhaltigen rothen Blutkörper sehr spärlich ver-
treten, während die Leukocyten in ziemlicher Menge Mitosen dar-
bieten. Die Formen mit fragmentirtem Kern sind viel seltener, als
bei den akuten Erkrankungen, häufiger ist die Kernform der Leuko-
cyten eine unregelmässige. Von den Riesenzellen des Marks, die der
Verf. eintheilt in solche, die aus der Verschmelzung von kernhaltigen
Cysticerken im Schweine.
239
rothen Blutkörperchen hervorgehen , sind die letzteren reichlicher
vorhanden.
Verf. zieht aus diesen Beobachtungen den Schluss, dass die
Blutbildung, wenn nicht völlig zum Stillstand gekommen, so doch
erheblich verlangsamt ist.
Die Genese des Tuberkels beginnt nach dem Verf. damit, dass
Leukocyten eine Veränderung ihres Kernes erleiden , der chromatin-
ärmer erscheint, dann mit ihrem Zellkörper unter einander ver-
schmelzen und so zur Bildung von Riesenzellen Anlass geben , die
ohne Ausläufer sind und meist peripherische Anordnung der Kerne
zeigen. Rings herum bildet sich durch gleiche Veränderung der
Leukocyten die Epitheloidzellenzone, die ihrerseits von Leukocyten
mit fragmentirten Kernen umgeben wird. In den Riesenzellen sind
selten Bacillen zu sehen, in reichlicher Menge in der Zone der Epi-
theloidzellen. In älteren Tuberkeln ist das verkäste Centrum von
jungen Riesen- und Epitheloidzellen, diese wieder von einem dichten
Kranz von Leukocyten umgeben. [Kern- und Zelltheilungen scheint
Verf. demnach bei der Tuberkelbildung nicht gesehen zu haben. Ref.]
W. Kruse (Neapel).
Morot, Quelques considörations sur 1 a d6gene rescen ce
des cysticerques ladriques du porc. (Journal de uföd.
v6t. et de zootechnie. 1890. Octobre. p. 529/32.)
Verf. beschäftigt sich in vorliegender Arbeit mit den Degenera-
tionserscheinungen, welche er bei Schweinefinnen zu beobachten Ge-
legenheit hatte. Er unterscheidet 4 verschiedene Grade: a) Erster
Grad. Veränderung der äusseren Haut durch Auflagerung eines kä-
sigen Stoffes; der Bläscheninhalt ist dabei vollkommen klar und der
Skolex zeigt vollkommen unveränderte Struktur, b) Zweiter Grad.
Der Innenraum der Finne ist ganz mit käsigem Inhalte gefüllt. Am
Skolex kann man die Saugnäpfe nicht mehr erkennen, dagegen ist
der Hakenkranz noch intakt. c> Dritter Grad. Die Häkchen finden
sich nicht mehr in kranzförmiger Anordnung, sondern zerstreut in
wechselnder Zahl in dem käsig veränderten Finnenknötchen vor.
d) Der vierte Grad endlich zeichnet sich dadurch aus, dass in der
käsigen Masse keine Spur der Skolexmembran oder von Häkchen
mehr zu entdecken ist.
M. weist darauf hin, dass bei einem und demselben Schweine
neben degenerirten auch ganz normale Finnen Vorkommen können (La-
drerie mixte), und dass die Degeneration der Finne nicht nur nach
vollständiger Entwickelung, sondern auch während derselben be-
obachtet werde Ferner erklärt M., dass beim Fehlen der Haken in
degenerirten Schweinefinnen die Natur der Gebilde mit Sicherheit
nicht festgestellt werden könne. (Im Gegensatz zu dieser Annahme
hat Ref. in den „Kalkkörperchen“ ein ausgezeichnetes diagnostisches
Merkmal für abgestorbene Cysticerken gefunden. — Vergl. „Monats-
hefte f. prakt. Thier heil künde. Bd. I. S. 64/70.) Zum Schlüsse wirft
Verf. die Frage auf, ob cs nicht möglich sei, durch Erforschung der
Ursachen des Absterbens der Schweinefinnen ein Mittel zu finden,
durch welches die Schweine gegen Finneninvasion immun gemacht,
16*
240
bezw. die bereits eingedrungeneu Finnen getödtet werden könnten.
Irgend einen positiven Anhaltspunkt hierzu vermag jedoch M. nicht
Guiliebeau, Ein neuer Fall von Cysticercus der Taenia
s a g i n a t a b e i m R i n d. (Schweizer Archiv f. Thierheilkunde. 1 890.
Heft 4. S. 174/9.)
Die Taenia saginata, muss als ein nicht allzuseltencr Gast
des menschlichen Darmes bezeichnet werden. Nach einer Statistik
von Z äs lein (Korrespondenzblatt f. Schweizer Aerzte. Bd. XI. S.
673) fand Prof. Roth in Basel bei 1526 Sektionen llmal Taenia
saginata, kein einziges Mal aber Taenia so 1 i u m. Mit Benutzung
aller zuverlässigen Quellen konnte Zäslein in der Schweiz im Gan-
zen 160 Falle von Taenia saginata und 19 Fälle an Taenia
soli um feststeilen. Dieses Verhältnis entspricht vollkommen den
an anderen Orten (Wien, Holstein, Italien) gewonnenen Zählungs-
ergebnissen, und es muss auf Grund dieser Statistik angenommen
werden, dass sich heute ein Umschwung in Bezug auf die Häufigkeit
des Vorkommens der beiden Bandwurmarten geltend gemacht hat.
Denn früher war Taenia solium häufiger oder ebenso häufig, als
Taenia saginata.
Bis vor kurzem konnte man sich diese Thatsache angesichts des
seltenen Vorkommens des Cysticercus der Taenia saginata,
der Rindsfiune, nicht recht erklären. Seitdem aber auf dem Central-
schlachthofe zu Berlin die Entdeckung gemacht ist, dass die Kau-
muskeln Lieblingssitze der Rindsfinnen vorstellen, liegt dieses Ver-
hältnis anders. Im Jahre 1887 fand man in Berlin unter 130733
Rindern nur 2 und unter 99185 Kälbern nur 1 mit diesem Parasiten
behaftet, im Berichtsjahre 1888/9 dagegen, nach obiger Entdeckung,
nicht weniger als 113 Rinder unter der Gesammtsumme von 141814
und im Jahre 1889/90 389 Rinder unter 154218 überhaupt unter-
suchten. In Zürich waren schon im Jahre 1886 in Folge der genauen
Untersuchung der Herzen der Schlachtthiere (Z s c h o k ke) 19 Rinder
und 38 Kälber als Träger von Finnen erkannt worden.
Verf. beschreibt nach dieser Einleitung einen Fall von Finnen
bei einem 3 Wochen alten Kalbe. Die Muskulatur dieses Thieres war
mit hellweissen, eiförmigen Knötchen von 6 mm Länge und 4 mm
Breite durchsetzt. Die histologische Untersuchung der Knötchen er-
gab Folgendes: In der Mitte liegt der Embryo als leicht herausfal-
lendes Kügelchen von l/2 mm Breite; in dem Innern desselben lässt
sich bereits Flüssigkeit nachweisen. Neben dem Embryo liegt nekro-
tisches Rundzellengewebe, welches stets von Blutextravasaten durch-
setzt. ist. Die Hauptmasse des Knötchens bilden gut erhaltene epi-
tlieüoide und spindelförmige Zellen , welche allmählich in das Pe-
rimysium übergehen Obwohl die Vorgefundenen Gebilde des für
die Systematik so wichtigen Kopfes entbehren, ist, wie G. näher be-
gründet, unzweifelhaft, dass es sich in seinem Falle um Cysticer-
ken von Taenia saginata gehandelt hat.
zu geben.
Ost er tag (Berlin).
Ostertag (Berlin).
Cysticerkeii. — Distomum tylindracaurri.
241
Labonlb&ne, Sur les raoyens de reconnaltre les Cysti-
cerques du Taenia sagin ata, produisant la ladrerie
du veau et du boeuf, malgr6 leur rapide dispari-
tion a l’air atmospherique. (Compt. rend. des S6ar.ces
de l’Acad. des Sciences de Paris. 1890. No. 3. p. 155/7.)
L. hatte ein Kalb mit reifen Gliedern von Taenia saginata ge-
füttert und dasselbe nach 21|ä Monaten gewerbsmässig, wie zum Ver-
kaufe, ausschlachteu lassen. Hierbei fand er in ziemlich reich-
licher Zahl Finnen über die Muskulatur zerstreut, machte aber die
Entdeckung, dass die Finnen sowohl in ihrer natürlichen Lage als
isolirt durch die Berührung mit der Luft sich rasch verkleinerten
und zwar so, dass sie kaum mehr wahrnehmbar wurden. Die Cysti-
cerken konnten indessen wieder deutlich sichtbar gemacht werden,
wenn L. die ausgetrockneten Fleischstücke in Essigsäure- oder Sal-
petersäurewasser oder in eine Mischung von Wasser, Glycerin und
Essigsäure legte. Das Verschwinden der Finnen erklärt Verf. durch
Verdunstung ihres flüssigen Inhalts; unter Aponeurosen und in der
Tiefe der Muskelmassen bleiben dieselben unversehrt.
Ostertag (Berlin),
Linstow, y., Deber den Bau und die Entwickelung des
Distomum cylindraceum Zed. (Arch. f. mikr. Anal
Bd. XXXVI. 1890. pg. 173-191. 2 Tat.)
Obgleich D i s tom u m cylindraceum aus der Lunge unserer
Frösche und Kröten (Bufo) sehr lange bekannt ist und in vielen
Gegenden zu den häufigsten Parasiten der Batrachier gehört, sind
unsere Kenntnisse über seinen Bau und Entwickelung recht dürftige.
Diese Lücke wird durch die vorliegende Arbeit des bekannten Göt-
tinger Helmintbologen ausgefüllt; sie beschäftigt sich mit der Ana-
tomie des Thieres, die wegen der enormen Entwickelung des Uterus
in späterem Alter und der dabei stattfindenden Verödung der keim-
bereitenden Drüsen an jüngeren Individuen zu studiren ist, und klärt
die Entwickelung auf. Aus dem ersten Theile der Arbeit heben wir
nur eine Beobachtung hervor: obgleich Distomum cylindra-
ceum einen Laurer’schen Kanal besitzt, wird dieser nicht als
Vagina benutzt, sondern der Endtheil des Uterus, wie zwei in Copula
beobachtete Thiere, die auch beim Konserviren vereinigt blieben, bei
der späteren Untersuchung auf Schnitten ergaben. Da es sich um
zwei ältere Thiere handelt, die schon zahlreiche befruchtete Eier
entwickelt hatten, muss angenommen werden, dass die Begattung
des öfteren wiederholt wird. Das eingeführte Sperma macht den
umgekehrten Weg, den die Eier zurücklegen, d. h. es dringt im Uterus
zuerst nach hinten und von da wieder in den Anfangstheil des Or-
ganes, das strotzend mit Samen angefüllt ist.
Der Embryo, der den grössten Theil seiner Entwickelung im
mütterlichen Uterus durchraacht, bedarf nach dem Freiwerden der
Eier immer noch einige Wochen bis mehrere Monate, ehe er die Ei-
schale verlässt und mit Hülfe seiner fast den ganzen Körper be-
deckenden Wimpern im Wasser umherschwimmt. Der erste Zwischen-
wirth, in den die Larve unter Verlust ihrer Wimperhülle einwandert
242
Fichtenritzenschorf.
uud zu einem Keimscklauche auswächst, ist eine Schnecke, Lim-
naeus ovatus, die zu den häufigsten Bewohnern unserer Gräben
und Tümpel gehört.
Etwa Mitte Juni sind in den Keimschläuchen die Cercarien ent-
wickelt und schwärmen aus; ihr feinbedornter Körper ist 0,33 mm
lang, 0,12 inm breit uud besitzt einen stabförmigen, keine Verdickung
zeigenden Bohrstachel im Mundsauguapfe; der Ruderschwanz hat
ungefähr gleiche Länge mit dem Körper. Die Bewegungen dieser
Cercarien sind theils schwimmende, theils kriechende.
Eine Einwanderung der Cercarien in einen zweiten Zwischeu-
wirth hat v. L. nicht beobachtet, wohl aber die späteren einge-
kapselteu Stadien in einem Schwimmkäfer (1 1 y b i u s fuliginosusF.)
gefunden. Bei der grossen Uebereinstiinmung zwischen den in einer
dicken Cyste befindlichen und auf 0,65 mm gewachsenen Distomen
und dem Körper der Cercarien ist an der Identität beider wohl
kaum zu zweifeln. Uebrigens vermuthet v. L. ganz mit Recht, dass
die Infektion der Käfer nicht auf passivem Wege mit der Nahrung
geschieht, sondern dass die Cercarien einwandern und zwar schon in
die Larven des Ilybius.
Frösche gemessen diese wie andere Käfer, die ihnen bei ihren
verhältnissmässig langsamen Schwimmbewegungen leicht zur Beute
werdeu, und importiren auf diese Weise die eingekapselten Di-
stomen, welche wahrscheinlich, nachdem sie im Magen der Frösche
ihre Kapsel verlasseu haben , durch den Oesophagus in die Mund-
höhle und von da durch den Kehlkopf und die ganz kurze Trachea
in die weite Lungenhöhle einwandern. Die kleinsten Distomen, welche
v. L. in der Lunge von Fröschen fand, waren 0,63 mm lang. 0,35 mm
breit, auch ganz bedornt und Hessen die bei den Cercarien vorkom-
menden Hautdrüsen in der gleichen Form und Anordnung noch er-
kennen. M. Braun. (Rostock).
Lommatzsch , W. , Beobachtungen über den Fichten-
ri tz en sc ho rf (Hysterium macrosporum Hrtg.). (Tha-
rander forstliches Jahrbuch. 1890. Heft 3. S. 144 — 150.)
Hysterium macrosporum Hg. fügt alljährlich seit 1885
den Fichtenbeständen in Sachsen umfangreichere Beschädigungen zu.
Die Nadeln werden unter dem Einfluss des Pilzes erst röthüch, ver-
gilben dann und sterben ab, indem die schwarzen Fruchtpolster her-
vorbrecheu. Fichten von 20 — 70jährigem Alter gehen so einzeln oder
in kleineren Gruppen zu Grunde. Die Krankheit tritt an den west-
lichen Bestandesraudern zuerst und am stärksten auf und ferner auch
bei nassen Bodenlagen.
Die bisher vorgeschlageneu Bekämpfungsmaassregelu, bestehend
in Fällung der erkrankten Bäume, Verbrennung des Reisigs und der
Nadelstreu mit den Perithecien des Pilzes sind zu weitgehend, da es
einerseits unmöglich ist, alle Ansteckungskeime mit der Verbrennung
zu vernichten, indem unzählige derselben am Boden und an be-
nachbarten Fichten Zurückbleiben, durch die Fällung vieler Bäume
aber grosse Gefahren für Wald und Boden heraufbeschworen werden ;
schliesslich erholen sich viele Fichten auch wieder von der Infektion,
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 243
Dagegen empfiehlt Verf., nur die absterbenden Bäume he rauszu nehmen
und die weniger stark befallenen nur dann, wenn diese Durchforstungs-
weise ohne bedenkliche Unterbrechung des Schlusses möglich er-
scheint, während die Verbrennung des Reisigs und der Nadelstreu
als zu mühsam und nutzlos zu unterlassen ist. Als Vorbeugungs-
mittel sind anzuwenden: Entwässerung nasser Bodenpartieen resp.
Bebauen derselben mit passenden Laubhölzern , kräftige Durch-
forstung der durch den Pilz gefährdeten Fichtenbestände, Mischung
der Fichtenbestände mit anderen Nadel- oder Laubhölzern und An-
legung von mindestens 30 m breiten Schutzstreifen von Kiefern oder
Laubhölzern an den gefährdeten westlichen Bestaudesräudern gegen
die Infektion des Pilzes. Br ick (Karlsruhe).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Gärtner, F., Beitrag zur Aufklärung des Wesens der
sogen. Prädisposition durch Impfversuche mit
Staphylokokken. [Gekrönte Preisschrift der Universität Hei-
delberg. — Aus dem Laboratorium des Prof. Kehrer.] (Z i e g 1 e r’s
Beiträge zur pathologischen Anatomie und zur allgemeinen Patho-
logie. Band IX. 1890. Heft 2.)
Verf. erwähnt znnächst einige Besonderheiten des Staphylococ-
cus pyogenes aureus, die ihm bei seinen Untersuchungen auf-
gefallen sind. Hier verdient besonders der Umstand hervorgehoben
zu werden, dass der Staphylococcus pyogenes aureus
unter verschiedenen Verhältnissen verschiedene Pigmentbilduug zeigt.
Letztere ist um so intensiver, je grösser der Sauerstoffgehalt ist.
Bei gleichbleibender Impfmenge von Staphylococcus pyogenes
aureus war auch die Wirkung stets dieselbe.
Verf. versuchte nun weiter die Bedingungen zu erproben, welche
die Pilzentwickelung in den Säften und Geweben begünstigen.
Bei künstlich hergestellter allgemeiner Anämie zeigten die
anämischen Thiere in den folgenden Tagen nach der Impfung viel
raschere Abscessbildung, als normale und diese war auch ausgebrei-
teter. Auch der Allgemeinbestand der anämischen Thiere war ver-
ändert. Von den anämischen, geimpften Thieren starben einige. Durch
Impfung von Herzblut auf Agar erhielt man Staphylokokkenkulturen.
Bei lokaler Anämie erfolgte nach Staphy iococcusimpfungen
die Abscessbildung langsamer, als bei normalen Thieren.
Nach Gärtner’s Anschauung wirkt bei der allgemeinen Anä-
mie wahrscheinlich die qualitative Veränderung des Blutes, die Hy-
drämie, günstig auf das Wachsthum der Kokkeu. Eigene Versuche
zeigten in der That, dass der Staphylococcus pyogenes
aureus auf hydrämischem Nährboden besser sich entwickelte, als
auf normalem, wobei namentlich das hydrämische Blutserum eiDq
wesentliche Rolle spielt.
244 Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, EntwiekelungshemmunH etc
Es ist, sonach nach Gärtner ’s Untersuchungen die Hydrämie
ein Prädispositionsmoment für die Entstehung von Infektionskrank-
heiten. D itt r i c h (Prag).
Leubuscher, (*., Einfluss von Verdauungssekreten auf
Bakterien. [Aus dein hygienischen Institute zu Jena] (Zeit-
schrift für klinische Medicin. Band XVII. 1890. Heft. 5.)
Verf. prüfte experimentell den Einfluss des Darmsaftes, des pan-
kreatischen Saftes und der Galle auf Bakterien.
Zunächst wurde das Verhalten des Darmsaftes gegen Bakterien
geprüft und untersucht, ob sich Differenzen der Wirkung zwischen
dem vom Jejunum und dem vom Ileum abgesonderten Sekrete fest-
stellen lassen.
Der Darmsaft erwies sich hei Einhaltung der nothwendigen Vor-
sichtsmaassregeln als vollständig keimfrei. Die Prüfung der Einwir-
kung desselben auf Bakterien erstreckte sich auf Typhusbacillen,
Cholerabacillen, Finkler-Prior’ sehe Bacillen, Kartotfelbacillen und
Milzbrandbacillen.
Im allgemeinen erfolgte nach einer Stunde häufig eine geringe
Verminderung des Bakteriengehaltes im Darmsafte. Dann aber be-
gann bei sämmtlic'hen untersuchten Bakterienarten eine enorme Ver-
mehrung des Wachsthums. Der Darmsaft besitzt sonach keine des-
infizirenden Eigenschaften, gibt vielmehr einen günstigen Nährboden
für die zur Untersuchung gelangten Bakterienarten ab. Im Allge-
meinen entwickelten sich die Mikroorganismen besser im Jejunum-
safte, als in dem aus dem Ileum stammenden Darmsafte.
Trypsinlösungen gaben ein noch besseres Nährsubstrat für Bak-
terien ab, als der Darmsaft, insbesondere für Cholera- und Typhus-
bacillen.
Ferner wurde der Einfluss von frischer Schweinegalle, Rindsgalle
und Menschengalle auf Bakterien geprüft. Die frische Galle selbst
war stets steril. Hier wurden Versuche angestellt mit Milzbrand-,
Typhus-, Cholera-, Finkler-Prio r ’ scheu Bacillen, mit Bacteriuin
coli commune, Proteus vulgaris, Bacillus butyricus,
Bacillus acidi lactici, Saccharomyces cer evisiae und
Saccharomyces ellipsoideus.
Cholera- und Typhusbacillen, ferner P ro t e us vulgaris, Bac-
terium coli commune und Milchsäurebacillen entwickelten sich
in der Galle sehr gut, der Bacillus butyricus und die Hefe-
arten dagegen schlecht.
Gallensäurelösungcn tödteten im Gegensatz zur Galle Typhusba-
cillen, Cholerabacillen, F i n k 1 er - P r io r ’sche Bacillen und Milzbrand-
bacillen binnen 4 bis 15 Stunden, Proteus in 10 Stunden, Milch-
säurebacülen in 5 Stunden, Buttersäurebacillen in \ Stunde. Die
Entwickelung der Hefepilze war in Gallensäurelösungen zwar gehemmt,
aber nicht vollständig aufgehoben. Milzbrandsporen wuchsen in diesen
Lösungen zu Bacillen aus.
Verf. kommt zu folgenden Resultaten:
1) Im Darmsaft und im pankreatischen Saft entwickeln sich
Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Eütwickehingshemmung ete. 245
Bakterien verschiedenster Art ausserordentlich gut. Fermente ver-
dauender Natur haben keinen Einfluss auf die lebenden Organismen.
2) Die frische Galle ist ohne antiseptische Wirkung. Gut ver-
mögen dagegen die freien Gallensäuren zu desinfiziren, und der alte
Satz von der antiseptischen Wirkung der Galle würde damit zu
Recht bestehen — vorausgesetzt, dass auch im weiteren Verlaufe des
Darmrohres Bedingungen, die das Freibleiben der Säuren ermöglichen,
vorhanden sind. Dittrich (Prag).
Babes et Kalind£ro, Sur la röaction produite par le re -
mede de Koch chez les lepreux. (La semaine m6d. 1891.
No. 3.)
Die Verff. haben 7 Fälle vou Lepra dem Koch’schen Heilver-
fahren gegen Tuberculose unterworfen, wie dies M. J. Gold Schmidt
in Madeira mit 5 Fällen gethan hat. Sie beobachteten in allen
Fällen eine allgemeine Reaktion , welche aber von der bei Tubercu-
lösen durchaus verschieden war Sie wendeten dieselben oder etwas
stärkere Dosen, als die bei Tuberculösen üblichen an. Die Unter-
schiede in der Reaktion waren folgende:
1. Bei der Tuberculose beginnt die allgemeine Reaktion unge-
fähr 6 Stunden nach der Impfung; beim Aussatz in der Regel 24,
ausnahmsweise 12 und nur einmal 2 Stunden nach der Einspritzung.
2. Dauer und Begleitsymptonie des Fiebers wechseln beim Aus-
satz ebenso wie bei der Tuberculose, ihre Dauer ist aber gewöhnlich
bei der Lepra länger.
3. Nach einer ersten Reaktion erfolgt eine zweite am folgenden
und häufig eine dritte am dritten Tage nach der Impfung; während
diese Wiederholungen bei der Tuberculose Ausnahmen sind.
4. Entgegengesetzt von dem Verhalten bei Tuberculose beob-
achtet man beim Aussatz eine Steigerung der Wirkung des Mittels,
wenn man die Impfungen täglich wiederholt.
5. Während man bei der Tuberculose fast immer gleichzeitig
mit der allgemeinen eine deutlich ausgesprochene lokale Reaktion
beobachtet, fehlt die letztere bei der I^epra gewöhnlich gänzlich oder
tritt erst später nach stärkeren Einspritzungen ein.
6. Die lokale Reaktion bei der Tuberculose zieht gewöhnlich eine
reichliche Ausstossung der tuberculösen Produkte und eine merk-
liche Besserung nach sich. Bei der Lepra besteht die Reaktion in
einer starken Injektion der infiltrirten Hautpartieen und ihrer Nach-
barschaft und führt zu einer langsamen Bildung kleiner Krusten und
einem wenig ausgesprochenen Eintrocknen der leprösen Produkte.
Also auch bei Lepra kommt es zu einer Besserung, die in einem
Falle sogar zur Wiederkehr der verloreu gegangenen Stimme führte.
7. Bei nervöser Lepra beobachteten die Verff. nur in einem Falle
mit Sicherheit eine örtliche Reaktion, bestehend in dem Auftreten
von Hyperästhesie an Stelle von Anästhesie und in dem Erscheinen
von rothen Flecken ; aber auch in den anderen Fällen kam es nach
fortgesetzten Injektionen zu einer Besserung des Allgemeinbefindens,
zu einer Hebung der Intelligenz sowie der Sensibilität imd Motilität
der erkrankten Gliedmassen.
246 B&ktoriol. vom X. internationalen mediciimchen Kongresse zu Berlin.
Die Verfl. glauben daher, dass die Koch’sche Behandlung in
zweifelhaften Fällen die Differentialdiagnose zwischen Tuberculose
und Lepra ermöglicht bezw. die Entscheidung, ob Tuberculose und
Lepra gleichzeitig, oder ob die letztere oder ein anderes nicht tuber-
culöses Leiden vorliegt, und halten weitere Untersuchungen für
wünschenswert!! zur Entscheidung der Frage, ob das Koch’sche
Heilverfahren auch bei Lepra dauernde Heilwirkungen ermöglicht.
M. Kirchner (Hannover).
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4. — 9. August 1890.
( Fortsetzung.)
Aus den Abtheilungs - Sitzungen.
XV. Abtheiluag; Hygiene.
Herr Sormani (Pavia), Internationale Massregeln gegen
die T uberculose.
Zu einer internationalen Prophylaxe der Tuberculose dürften
relativer Weise folgende Maassregeln führen.
1) In Städten, welche wegen ihrer geographischen und topogra-
phischen Lage als klimatische Kurorte für Phthisiker dienen, ist eine
fleissige Desinfektion der Hotels, Mietwohnungen, überhaupt aller
Räume, in welchen sich Lungenkranke aufhalten, anzuempfehlen. Die
Desinfektion muss von einem technisch geschulten Personale uDter
Aufsicht der Sanitätsbehörde vorgenommen werden.
2) Die Eisenbahupersonen wagen sollen derart konstruirt sein,
dass die Fussböden leicht gereinigt und desinfizirt werden können.
Auf Seeschiffen, insbesondere in der 3. Klasse der Auswandererschiffe,
muss auf gewissenhafte Reinlichkeit und Desinfektion gesehen werden.
Schwer Tuberculose sollten nicht eingeschifft oder wenigstens getrennt
von den übrigen Reisenden gehalten werden.
3) Auch gewisse zur Nahrung dienende Waaren, ebenso die zur
Schlachtung bestimmten Thiere sollen im Interesse der Prophylaxe
einer Ueberwachung unterzogen werden.
4) Wünschenswert ist ferner die Kontrolle aller grossen indu-
striellen Etablissements, in welchen zahlreiche Arbeiter verschiedener
Nationalität beschäftigt werden, und die obligatorische Beobachtung
der von C or n e t vorgeschlagenen prophylaktischen Maassregeln seitens
der Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Discussiou: Herr Härtner (Jena) führt aus:
Die immer wieder von Neuem hervortretende Annahme der Erb-
lichkeit der Tuberculose, d. h. der Uebertragung des Krankheits-
Baktenol vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin. 24 7
keimeä von den Eltern auf die Frucht, habe ihn veranlasst, dieser
Frage experimentell näher zu treten. Die Statistik uud vor Allem
die Befunde der pathologischen Anatomie Hessen erwarten, dass,
wenn überhaupt ererbte Tuberculose vorkomme, diese sehr selten
sein müsse; es wurden daher zunächst bei den Versuchen die gün-
stigsten Bedingungen für die Uebertragung gewählt, d. h. wenig
empfänglichen Thieren, weissen Mäusen uud Kanarienvögeln wurde
etwa 1 Theilstrich einer trüben Aufschwemmung von Tuberkelba-
cillen in die Bauchhöhle injizirt.
Hierbei bestand die Möglichkeit, dass Tuberkelbacillen direkt und in-
direkt in das Ovarium eindrangen oder dass das ausgetretene Ei
sich bei seinem Uebergang in den Eileiter infizire, ebenfalls war eine
Infektion auf placentarem Wege möglich.
Die frisch geborenen Jungen der Mäuse wurden in siedendes
Wasser getaucht, die dann leicht ablösbare Oberhaut abgezogen,
der Magen und Darm entfernt, ebenso die Maulschleimb&ut (durch
Einbringen einer heissen Pincettenbranche), die Nase, der Schwanz
und die 4 Füsse abgeknifi'en, dann die Thiere in sterilisirtem Mörser
zerstampft und meist zu dreien je einem Meerschweinchen in die
Bauchhöhle injizirt. Die Meerschweinchen wurden gesondert ge-
halten, sie waren einer spontanen Infektion nicht ausgesetzf.
Im Ganzen wurden geimpft 102 Mäuse, darunter 71 Weibchen,
von diesen gebaren 20 Stück in 25 Würfen 116 Junge, die Jungen
wurden 36 Meerschweinchen injizirt. Davon starben 6 an Sepsis.
Diese repräsentiren 6 Würfe mit 20 Jungen. Die restirenden
30 Meerschweinchen repr.äsentiren 19 Würfe mit 96 Jungen.
3 von den 30 Meerschweinchen sind an Tuberculose gestorben.
Zwei waren am 15. März 1890 geimpft mit dem Brei von 6 Jungen.
Die letzteren stammten von einer tuberculösen Maus, welche früher
bereits 6 Junge geworfen hatte; die mit denselben geimpften Meer-
schweinchen waren gesund geblieben. Das erste der Meerschweinchen
starb 6 Wochen, das zweite 8 Wochen nach der Injektion an exqui-
siter Abdominaltubereulose.
Das dritte Meerschweinchen war geimpft mit einem kleinen
Thei! des Breies von 6 Jungen eines Wurfes vom 8. März. Auch
in diesem Falle hatte die tuberculose Mutter in einem ersten
Wurfe gesunde Junge geworfen. Das Meerschweinchen starb
am 24. Juli an ausgesprochener abdomineller Tuberculose. Das
zweite Meerschweinchen war kurz nach der Injektion an Sepsis eiu-
gegangen.
Eine Reihe von Versuchen an Hühnern verlief resoltatlos, da
es nicht gelang, dieselben trotz intravenöser Injektion grosser Mengen
von Tuberkelbacilleri, die vom Menschen stammten, zu infiziren.
Von 12 intraabdominal geimpften Kanarienvögeln wurden im
Ganzen 9 Eier erzielt, die 9 Meerschweinchen injizirt wurden. Wenn
das Ei aus dem Nest genommen war, wurde es iu Sublimat abge-
waschen, mit sterilisirtem Messer in geringem Umfange geöffnet,
durch die Oeffnung die Kanüle einer Spritze eingeführt, der Eiinhalt
aufgesogen und sofort dem Meerschweinchen injizirt.
248 Bakteriol. vom X. internationalen me'liciniiclien Kongresse za Berlin
Zwei der Meerschweinchen starben an Tuberculose und zwar
an exquisirter Abdominaltuberculose.
„Weun man auch sagen könnte, bei den Versuchen mit den
Mäusen sei eine Verunreinigung durch Zufall immerhin denkbar, so
fällt dieser Einwand bei den Eierversucheu völlig fort; meines Er-
achtens sind diese Versuche einwandsfrei.“
Um zu sehen, ob auf placentarem Wege eine Infektion möglich
ist, wurden 10 trächtigen Kaninchen ein Gramm einer dünnen Auf-
schwemmung der Kultur in die Ohrvene injizirt. Von den 38 Jungen
wurden, wenn sie durch sectio caesar. aus dem Uterus entfernt
waren, unter entsprechenden Kautelen die Leber, Milz, Niere und
Lungen, — wenn sie geboren waren, die gleichen Organe ohne die
Lungen zerstampft und injizirt. Nur eines der 38 injizirten Meer-
schweinchen starb au Sepsis, dahingegen starben 3 au Tuberculose,
welche von dt-ui Abdomen ausgegangen war. Die Jungen entstammten
3 verschiedenen Würfen.
Um zu sehen, ob vom Vater die Tuberculose übertragbar sei,
wurden 30 Kaninchen -Weibchen im Laufe der Zeit mit 11 Männchen
zusammengebracht, welche Tuberkelinjektionen in beide Testikel er-
halten hatten.
Nur 4 Thiere warfen, und zwar 16 Junge. Keines derselben
war tuberculös, dahingegen starben 2 Kaninchen an einer Tubercu-
lose, welche zweifellos von der Vagina und dem unteren Theile des
Uterus ausgegangeo war.
61 Meerschweinchen- Weibchen erhielten nach und nach 18 Männ-
chen zugesetzt, welchen ebenfalls die Hoden tuberculös gemacht
waren. Es war wiederum die Zahl der Geburten sehr gering. Von
den 20 Früchten war keines tuberculös, dahingegen zeigte ein Meer-
schweinchen primäre Vaginaltubercuiose.
Der Experimentator folgert aus seinen Versuchen:
1 Bei hochgradiger abdomineller Tuberculose kann man bei Mäu-
sen und Kanarienvögeln tuberculose Nachkommen erzielen.
2. Für die menschliche Tuberculose kommt dieser Uebertragungs-
modus nur sehr selten in Betracht, da bei der an und für sich seltenen
abdominellen Tuberculose entweder keine Konzeption eintritt oder
meistens Abort erfolgt.
3. Die Placenta des Kaninchens ist für Tuberkelbaeiilen durch-
gängig, wenD sie in grösserer Masse in die Blutbahn injizirt werden.
Man solle sich indessen hüten, hieraus Schlüsse auf den Men-
schen zu ziehen, da die menschliche und Kaninchenplacenta nicht
gleichartig sind.
4. Die üebertragung von Tuberculose vom Vater auf die Frucht
kommt bei Kaninchen und Meerschweinchen auch dann nicht vor,
wenn die Testikel hochgradig tuberculös sind.
5) Dahingegen findet bei Kaninchen häufiger, bei Meerschweinchen
anscheinend seltener eine Üebertragung der Krankheit durch den
Coitus statt, weun der Samen Tuberkelbacillen enthält.
(Fortsetzung folgt.)
Neue Litieratur.
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Neue Litteratur. p. 249
iboiuicauusche Buchen! ckerei (Hermann Pohle) in Jena,
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Geh. Hefr. Prof. Dr. Leociart im Professor Dr. Loefc
ln Leipzig Id Greifswald
herausgegeben von
Dr. O. Dhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. Jana, den i, März 1891. No. 8.
Preis für den Sand (26 Nummern) £4 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten (e»
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , spüter
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original - Mittheiiungen.
Zur Kenntniss des Hogcholerabacillus 1 2).
(Aus dem bakteriologischen Laboratorium des Bureau of Animal
Industry, Washington U. S. A.*).
Von
Dr. Theobald. Smith,
Vorstand.
1) Biologische und pathogene Eigenschaften.
Hogcholera tritt auf in verheerenden Epizootieeu, in welchen oft
90°/o der infizirten Thiere der Krankheit erliegen. Man kann eine
1) Bei der Absendung dieser Mittheilung gebt mir Koch ’s Artikel über die ameri-
kanische Schweinesauche (Zeitschr. t'. Hygiene. IX. S. 235) zu, auf den ich später zurück-
kommen werde, da es unmöglich ist, ihn in Betracht zu ziehen, ohne diese Mittheilung
gänzlich nmzugestalten.
2) Die Untersuchungen des Bureau of Animal Industry über infektiöse Kruak-
!X. BO. j7
254
Smith
akute und eine chronische Fotm unterscheiden. Erstere besteht in
einer Septikämie, die sich durch Hämorrhagieen auszeichnet. Diese
findet man in den Lungen, Nieren, auf den serösen Häuten, uu
Magen und in den Gedärmen. Besonders ist die Rinde und manch-
mal die ganze Marksubstanz der verschiedenen Lympbdrüsen blutig
infiltrirt. Die Milz ist immer vergrössert, schwärzlich, weich. Selbst-
verständlich verläuft diese Krankheit sehr schnell tödtlich, sodass
Schweine, die am Morgen anscheinend gesund, Abends todt sind.
Die Bakterien befinden sich oft in grosser Menge in der Milz. Diesen
Typus habe ich nur einmal (1885) rein beobachtet. Er war durch
eine hohe Virulenz der Bakterien bedingt, der ich seither nicht be-
gegnet bin.
Die mehr chronische Form dauert 2 — 4 Wochen , manchmal
länger. Die Thiere magern ab, liegen viel und wackeln mit den
Hintertheilen. Nach dem Tode findet man die meisten Veränderungen
im Darmtractus. Auf den Lippen, am Gaumen und auf der Zunge
befinden sich kleine und grössere, gelbliche, nekrotische Stellen und
seichte Geschwüre. Die Schleimhaut des Magenfundus ist intensiv
geröthet, stellenweise mit Ekchymosen besetzt. Im Dünndarm sind
selten grössere Veränderungen vorhanden, die dann denen des Dick-
darmes gleich sind. Im Blinddarm und Kolon, abnehmend nach
unten zu und im Rectum selten zu sehen, sind nekrotische Herde,
die bald als runde, harte Kuöpfe iu der Schleimhaut sitzend , aus
derselben mehr oder weniger hervorragen, bald als flache diphtheri-
tische Ausbreitungen den grössten Theil der Mucosa zerstört haben.
Die Knöpfe zeigen im Durchschnitt eine sehr feste, gelblich-weise
Masse, die oft bis an das Peritoneum reicht und zu Verwachsungen
mit anderen Bauchorganen Veranlassung gibt. Die Lungen sind
meistens gesund. Nach langer Kraukheit befinden sich manchmal
die kleinen ventralen Lappen im Zustande der Atelektase oder sel-
tener der Bronchopneumonie. Die Nieren sind fast immer erkrankt.
Im Harn sind Eiweiss und Cylinder anwesend.
Die hämorrhagische und die nekrotische Form der Krankheit
finden sich oft bei derselben Heerde. Die hämorrhagische Form zeigt
sich zuerst und weicht später der mehr chronischen Form. Es ist
leicht möglich, dass alle Thiere einer Herde beinahe zur selben Zeit
infizirt werden und dass die hämorrhagische Infektion zuerst in den
am meisten disponirten Thieren zum Ausbruch kommt, während die
mehr immunen dem Krankheitsgifte länger widerstehen und später
beiten (hog cholera und swine plague} seheineu nur unvollständig bekannt zu sein.
Dieses mag theils der Art der Publikation , theils der Sprache zugeschrieben werden.
Jedenfalls sind die Referate nicht immer glücklich ausgefallen In einigen sind die
zwei Krankheiten als identisch erklärt worden, obwohl die Bakterien sehr leicht zu
unterscheiden und auch gänzlich verschieden in ihrer Wirkungsweise sind. Dr. D. E.
Salinon, Chef des Bureau of Animal Industry, übergab mir die bakteriologischen Ar-
beiten 3chon im Jahre 1884 und es schien angezeigt, dass ich in Kürze eine Uebersicht
der wichtigsten Punkte hie. gebe, um zukünftigen Missdeutungen keine Veranlassung
zu geben Auf die andere Schweinekrankheit komme ich ein ander Mal zurück t da
viele neuere Untersuchungen vorliegen , die die früheren durchaus bestätigen. Eine
vollständige Uebersicht über Hog-cholera- Untersuchungen bis zu 1889 ist in ,,Hog-
cboiera, its Cause, Nature and Treatment, Washington 1889“ zu finden.
Zur Kenntniss des Hogeholeralacillus.
256
nicht selten an Mischinfektionen (Peritonitis, Pleuritis, Pericarditis)
zu Grunde gehen. Es mag aber auch sein, dass eine langsame Ab-
schwächung der Bakterien von Thier zu Thier stattfindet, die durch
Kultur und Thierexperiment nicht scharf zum Ausdruck kommt.
Den Hogcholerabacillus l) habe ich aus den Milzen von mehr
als 500 Schweinen züchten können, die 15 — 20 verschiedenen Epi-
zootieen angehörten. Die Bacillen erscheinen in Schnitten der Milz
und anderen Organen der Schweine und kleinen Versuchsthieren
in Klumpen, in dieser Hinsicht den Typhusbacillen ähnlich. In sehr
seltenen Fällen sind sie nicht in der Miiz zu finden. Zu diesen sind
zu rechnen solche Thiere, die an Komplikationen zu Grunde gingen.
Die Bacillen sind in fast allen Organen zu finden, doch nicht in jedem
Thiere. Im Harn habe ich sie in zehn untersuchten Fällen durch
Rollkulturen demonstriren können. Die Blase wurde nach dem Tode
unterbunden, herausgenommen und mit einem Platinspatel ein Loch
durch die Wand gebrannt. Aus diesem Loche wurden einige Tropfen
mit einer sterilen Pipette in Nährmedien übertragen. Andere Bak-
terien waren nicht zugegen.
Obwohl die Bakterien aus dem Darme durch Kaninchenimpfung
isolirt werden können, so sind doch Platten k ul turen meistens negativ
oder durch andere Bakterien überwuchert. Schnitte durch die diph-
theritische Darmwand zeigen Einnistungen der verschiedenartigsten
Bakterien. Im Gründe alter Geschwüre waren oft T r i c h o -
cephaluseier zu sehen
Die Hogcholerabacillen sind Kurzstäbchen mit abgerundeten
Enden, 1,2 — 1,5 /t laug und 6 — 7 p breit. Die Grösse schwankt
etwas, je nachdem die Bacillen aus verschiedenen Kulturen oder in
Schnitten gemessen werden. Sporen oder irgendwelche Dauerzu-
stände habe ich nicht beobachtet. Die Bacillen sind durch eine
grosse Beweglichkeit ausgezeichnet, die Wochen und Monate lang
in Kulturen erhalten bleibt. Im bangenden Tropfen bewegen sie sich
rasch durch das Gesichtsfeld. Meist zu zweien vereinigt bewegen sie
sich zur selben Zeit um den Verbindungspunkt, indem jeder Bacillus
die Oberfläche eines Kegels beschreibt. Die Bacillen nehmen verschie-
dene Färbung leicht an, entfärben sich aber bei Anwendung der (irani-
schen Methode. In Schnitten habe ich oft schöne Bilder erhalten,
indem ich die Schnitte einige Stunden in Anilinwassermethylviolett
legte und dann mit 1 °/0 Eisessig leicht entfärbte. Die Bacillen
lassen sich sehr leicht kultiviren. Auf Gelatineplatten werden die
1) Dieser Bacillus wurde zuerst von E. Klein beschrieben. (Virchow’s Archiv.
XCV. [1884] S 468.) Er fand nach der Impfung von Kaninchen und Mäusen die
durchaus charakteristischen Nekrosen in der Leber. Unvereinbar mit meincu Unter-
suchungen ist seine Beschreibung von Sporen, die ich nie gefunden habe. In Involutions-
formen in Gelatine habe ich allerdings manchmal Lücken in den Bacillen gesehen, die
Sporen vortäuschten Auch fand Klein Peritonitis und Pericarditis bei der geimpften
Kaninchen, welche bei Impfung mit Reinkulturen sonst nicht auftreten. ln der Milz
sind seine Bacillen 2 bis 5 p lang, in Flüssigkeiten 2 bis 3 p. Da Klein damai~
nicht mit Plattenkulturen arbeitete, so waren unreine Kulturen nicht ausgeschlossen
Meine Beschreibung kam Mitte 1886 zur Ausgabe, zu welcher Zeit J. S. Billing-,
der sich kürzlich als Entdecker des Bacillus ankündigte, erst anfing, auf diesem Gebiete
zu arbeiten.
17»
256
S nii t b ,
Kolonieen je Dach der umgebenden Temperatur in 24 — 48 Stunden
sichtbar. Die tiefen Kolonieen sind kreisrund, haben einen scharfen
Rand, die Fläche ist bräunlich bei durchfallendem Lichte, ohne Mar-
kirungeu. Sie werden selten grösser, als ] mm im Durchmesser. Die
oberflächlichen Kolonieen breiten sich wenig aus, höchstens bis zu
2 mm im Durchmesser. Ueberliaupt geben die Kolonieen nur wenige
charakteristische Unterscheidungsmerkmale. Auf Agar erreichen die
oberflächlichen Kolonieen bis zu 4 mm im Durchmesser; sie haben
ein graues, durchscheinendes Aussehen, mit spiegelnder Oberfläche,
und sind kreisrund, leicht gewölbt. Auf Kartoffeln kommt es im
Thermostaten zu leicht gelblichen Auflagerungen. Leicht alkalische
Bouillon mit oder ohne Pepton wird in 24 Stunden schwach getrübt.
Nach ein oder zwei Wochen , wenn das Glas ruhig stehen bleibt,
kommt es oft zu einem dünnen fragmentirten Häutchen. Milch wird
makroskopisch nicht verändert.
Ueber die Gährungsthätigkeit des Hogcholerabacillus habe ich
in dieser Zeitschrift an anderer Stelle kurze Mittheilungen gemacht 1 ).
Sie sind fakultative Anaerobier. Im Gährunpskölbchen wird Glykose
gespalten und eine Säure frei, die bald entwickelungshemmend wirkt.
Das Gas besteht aus einem Theile COg und zwei Theilen eines brenn-
baren Gases, vielleicht H. Sie sind Alkalibildner, denn leicht saure
Bouillon wird mit der Zeit alkalisch.
Obwohl nicht eine dieser verschiedenen morphologischen und
biologischen Eigenschaften als charakteristisch bezeichnet werden
kann und jede von anderen Bakterien getheiit wird, so habe ich doch
noch keine Bakterien ausserhalb des kranken Thierkörpers gefunden,
welche zu dieser Beschreibung genau passten. Die spezifische Natur
dieser Bacillen wird besonders durch Thierexperimente in ein klares
Licht gestellt.
Impft mau ein Kaninchen subkutan aus einer Reinkultur mit
Oese oder Spritze, so erscheint das Thier in den ersten 3 oder 4
Tagen ganz munter. Später sitzt es ruhig im Käfig und isst wenig
oder gar nichts, bis der Tod 7—12 Tage nach der Impfung ein-
tritt. Mit einer Verdünnung bis zu lji Ooooooccm Bouillonkultur
habe ich positive Resultate erhalten. Ueberhaupt entspricht diese
Beschreibung nur ganz kleinen Impfquantitäten. 3 — 5 Tage vor dem
Tode steigt die Temperatur plötzlich um 2° — 3° C und bleibt hoch bis
zum Tode. Grössere Quantitäten Bouillonkultur tödten in 5 Tagen.
Intravenös in sehr kleinen Dosen bewirken die Bacillen den Tod in
48 Stunden. Wenn der Tod nach einer Krankheitsdauer von 7—12
Tagen eintritt, findet man die Milz vergrössert, fest, dunkelroth.
Die Leber ist mit kleinen, gelblichweissen nekrotischen Herden besetzt,
die manchmal einen, manchmal mehrere Acini umfassen, manchmal
den interlobulären Gefässen entsprechen. Die Nieren sind parenchy-
matös erkrankt, der Harn eiweissreich. Die Herzmusculatur ist fleckig
grau, fettig. Im Bereich des Darmtractus sind die Veränderungen
grösser, je nach der Krankheitsdauer. Der Inhalt des Dünndarms
ist gelblich, wässerig und schleimig, die Plaques sind meist geröthet
1) Diese Zeitschrift. VII. S. 502 ; VID. S. 389.
Zur Kenntniss des Hogcholerabacillus.
257
und leicht geschwollen. Im Zwölffingerdarm nahe der Pylorusklappe
sind sehr oft Ekchymosen und grössere Extravasate vorhanden. Im
unteren Dickdarm findet man manchmal Ekchymosen und glasigen
Schleim, der aus dem After in langen Bändern hervorhängt. Die
Bacillen finden sich in allen Organen.
Bei grauen Hausmäusen ist die Krankheit ungefähr dieselbe.
Meerschweinchen verlangen ungefähr 1/10 ccm Bouillonkultur subkutan,
wenn sie der Impfung unterliegen sollen. Tauben sind noch mehr
refraktär. Ich fand, dass f ccm Bouillonkultur in die Brustmuskeln
ganz oberflächlich eingespritzt, fast immer tödtlich wirkten. Die Impf-
resultate schwankten etwas, je nach der Virulenz der Kultur. Die
soeben mitgetheilten entsprechen den Erscheinungen, die ich mit Ba-
cillen aus fast allen Epifcootieen erhielt, so lange die Kulturen nicht
zu alt waren ; in lange fortgesetzten Kulturen geht die Virulenz all-
mählich etwas zurück.
Schweine sind ziemlich refraktär gegen subkutane Injektionen,
doch sterben sie fast immer nach einer intravenösen Injektion von
I — 2 ccm Bouillonkultur. Fütterung mit 200—300 ccm Bouillonkultur
nach eintägigem Fasten oder mit ganz kleinen täglichen Quantitäten
bedingt eine schwere, ausgebreitete, dipbtheritische Entzündung des
Dikdarmes und des Magens. Auch in diesen Versuchen ist die
Virulenz der Kulturen von Einfluss auf die Intensität und Ausbrei-
tung der Schleimhautveräuderungen. Fütterung mit den Organen
gefallener Schweine bedingt dieselben Läsionen wie solche mit Kul-
turen.
Nach dieser kurzen Beschreibung ist es wohl kaum noch nothwendig,
auf die grossen Unterschiede zwischen den Hogcholerabaeillen und
den Swineplaguebakterien hinzuweisen. Die Swineplaguebakterien
sind identisch mit denjenigen der Schweineseuche, wie ich mich
selbst überzeugen konnte1). Die ersten Untersuchungen der Swine-
plague lieferten mir eine abgeschwächte Rasse der Swineplague-
bakterien, die in Kaninchen nach subkutaner Impfung hauptsächlich
Peritonitis erzeugten und sie nach 5 — 8 Tagen tödteten. Später
fand ich die mehr virulente Rasse, die Kaninchen in 16 Stunden
tödtet. Üeber die Identität der Hogcholerabaeillen mit denjenigen
der schwedischen und französischen Schweinepest gehe ich hinweg,
indem ich nur hinzufüge , dass die Beschreibungen dieser Bakterien
viel zu wünschen übrig lassen. Sie scheinen mir der später zu be-
schreibenden Spielart des Hogcholerabacillus nahe zu stehen2).
1) Diese Sckweinseuchekulturen verdanke ick der Güte des Herrn Pro f. Dr. Welch
in Baltimore, der sie aus Berlin mitbrackte.
2) Die Kulturen aus Frankreich (Dr. Rietseh) und Schweden (Prof. Dr. Luid-
gren), die mir Dr. Salmon zur Untersuchung übergab, erschienen dem Bacillus
coli, der dem Hogcholerabacillus sehr nahe steht, sehr ähnlich. Beide waren nicht
pathogen bei Kaninchen und Schweinen.
(Fortsetzung folgt.)
258
K a t z ,
Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
Von
Dr. Oscar Katz
in
Sydney.
(Fortsetzung.)
Agarkulturen.
Auf Nähragar1) liesseu sich leicht Kulturen erzielen, jedoch er-
wies sich dieses Nährsubstrat weniger günstig für B. smar.-ph. und
arg. -ph. I, als fürB. arg. -ph. II und III; sehr üppig gediehen auf
demselben B. cyaneo-ph. und arg.-ph. liquef.2). Die auf der Ober-
fläche des Nähragars rasch entstehenden Kulturrasen von B. cyaneo-
ph. — es sind vorzugsweise Strichkulturen gemeint — von weiss-
lich-grauer Färbung und glasig- viscider Konsistenz boten, abgesehen
von dem Leuchten, zunächst wenig Auöälliges. Nachdem jedoch diese
ursprüngliche Kulturdecke, in Folge von Abtrocknung, mehr oder
weniger hyalin geworden und an Schärfe der Begrenzung abgenommen
hatte — nach 14 Tagen bis zu einigen Wochen — begann ein neues
Wachsthum in Form von isolirten Kolonieen, welche über die alte
Kultur in grösserer oder geringer Zahl regellos zerstreut, zunächst
als aschgraue, flachgewölbte, feucht-glänzende, mehr oder weniger
kreislinig begrenzte, von ihrer Unterlage sich scharf abhebende Ge-
bilde erschienen. Vereinzelte dieser Kolonieen brachten es hin
und wieder zu etwa 3 mm Grösse; in dem Falle waren sie abge-
flacht und vou unregelmässiger, gekerbter oder gelappter Berandung.
Die Kolonieen traten oft succesive auf, derart, dass, nachdem eine
Abtheilung das Maximum ihrer Entwickelung (und ihres Leuchtens)
hinter sich hatte, eine neue auf den Schauplatz trat. In zwei am
l./VIII. a. c. angelegten Strichkulturen war eine massige Anzahl am
besten entwickelt gegen Mitte September; einige andere Anfangs
Oktober, und schliesslich eine oder zwei Mitte Oktober.
Das Wachsthum von B. arg.-ph. liquef. auf Nähragar war ähn-
lich dem beiß, cyaneo-ph. Auch dort kam es zur Ausbildung von
„sekundären“ Kolonieen. Ein vor Kurzem beobachteter Fall sei hier
angeführt. Am 5./TX. a. c. wurden zwei Stichkulturen angefertigt
(mit Material von einer gut entwickelten Strichkultur in 2,7 °/0 Koch-
salz-Gelatine). Gegenwärtig (Ende Oktober) angesehen, erweist sich
1) Anstatt der Gelatine enthielt die Nährmischung 1 °/0 Agar-Agar, und zwar die
von Japan ans in den Handel gebrachte, Kanten genannte Sorte; die Reaktion war
leicht alkalisch.
2) AgarkuUuren von B. cyaneo-ph. wurden am häufigsten angefertigt, da dieselben
wegen ihres konstant wiederkehrenaen prächtigen Leuchteffekts (wovon später mehr)
zu Demonstrations- und anderen Zwecken sehr geeignet waren. Weniger zahlreich
waren Agarkulturen von B. arg.-ph. liquef. Diejenigen der vier auderen Arten datiren
von 18S7 und Anfang 1888
Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
259
die ursprüngliche bandartige Auflagerung als sehr dünn und in ihrer
Begrenzung soeben noch erkennbar. Auf oder entlang dem alten
Impfstrich jedoch besteht eine Reihe von theils confluirenden, theils
vereinzelten, sehr scharf hervortretenden Kolonieen, die etwa einen
Monat alt waren. Die meisten derselben waren etwa 1 mm gross,
eine oder zwei etwa 2 mm. In Gestalt und Anordnung ähnelten sie
den oben beschriebenen „sekundären“ Kolonieen von B. cyaneo-ph.
Ob ähnliche Bildungen in Agarkulturen der vier übrigen Formen
Vorkommen oder nicht, kann ich nicht mit Sicherheit angeben, da
die betreffenden, während der oben genannten Zeit erhaltenen Kul-
turen nicht lange genug beobachtet wurden. Auf Nährgelatine jedoch,
wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, wurde bei den vier das
Vorhandensein von sekundärem Wachsthum festgestellt1).
B ouillonkul turen.
In gewöhnlicher Nährbouillon2) bewirkten die Leuchtbakterien
zunächst eine gleichmässige diffuse Trübung. Dieselbe war für B.
c y a n e o-ph. und a r g.-p h. 1 i q u e f. stärker, als für die andern. Bei B.
cyaneo-ph., arg.-ph. liquef., arg.-ph. I und III erfolgte,
neben Absetzen von Kultur am Boden, oberflächliche Häutchenbildung,
am raschesten bei der erstgenannten Art; die Trübung der Nähr-
flüssigkeit verschwand im Laufe der Zeit, am ehesten, wie es schien,
bei B. arg.-ph. III. Alte Kulturen von B. cyaneo-ph. glichen
in ihrem Aussehen alten Gelatinekulturen dieser Spezies, insofern als
die anfänglich gelbliche Bouillon schliesslich rothbraun gefärbt war.
— Bei B. smar. -ph. und arg.-ph. II kam es zu einer oberfläch-
lichen Häutchenbildung überhaupt nicht.
Impfungen in eine ohne Zusatz von Pepton und Kochsalz her-
gestellte, nur leicht alkalisch gemachte Kaninchenfleischbrühe, in der
Hühnercholera- oder Milzbrandbacillen gut gediehen, blieben in
jedem Fall ohne Erfolg. Für B. cyaneo-ph., B. 3mar.-ph. und
B. arg.-ph. I wurde in Bezug auf Bouillonkulturen noch das Fol-
gende ermittelt. Gewöhnliche Nährbouillou von amphoterer Reaktion
gestattete den drei Arten Vermehrung, wie an der deutlichen Trü-
bung sogleich kenntlich war. Weder in Fleischinfus als solchem, d. h.
ohne jeglichen Zusatz und die natürliche schwach saure Reaktion
zeigend, noch in dem mittelst Sodalösung schwach alkalisirten
Fleischinfus, trat Entwickelung ein. In einem der Infuse der letz-
teren Kategorie mit Zusatz von 0,5% Kochsalz wuchs von den drei
Arten nur die erstere, und zwar ganz gut; ein Zusatz von 2,5%
Kochsalz bewirkte bei allen kräftiges Wacbsthum. (Ueber „Leuchten“
von Bouillonkulturen s. unten).
1) Vorderhand muss ich mich damit begnügen, diese Thatsachen einfach mitzu-
theilen. Das Vorkommen eines oftmals sehr ausgesprochenen „sekundären“ Kolonieen-
wachsthums auf dem alten Kulturterrain beweist, dass letzteres, fUr Individuen derselben
Spezies auf jeden Fall, nicht „vaccinirt“ war, im Gegensatz zu anderen Bakterien-
arten, für welche eine „Vaccination“ des Nährbodens in dem gedachten Siune erzielt
wurde.
2) RiuJdeischiofus -f 1 ^/o Pepton + 0,6 — 0,7% Kochsalz; Reaktion leicht al-
kalisch.
260
Katz
Fisch- und ähnliche Kulturen.
Das vornehmste Material zum Züchten der Leuchtbakterien bil-
deten ohne Zweifel gewisse marine Thiere, besonders Fische, im ge-
kochten Zustande, wie zuerst Fisc h er für den westindischen Leucht-
mikroben demonstrirte. In meinen Versuchen bediente ich mich sol-
cher Fische, wie Meeräschen (Gen. M u gil), Meerbrassen (Gen. Chry-
sophrys), des „Wkiting“ des Sydneyer Fischmarktes (Gen. Sillago,
Fam. Tr ac hi ni dae), des „Gartish“ (Gen. H e m i r h am ph us, Farn.
Scombresocidae). Alle diese entsprachen meinen Zwecken vollkom-
men. Auch das gekochte Fleisch von Stechrochen eignete sich ziemlich
gut, hingegen dasjenige von einem jungen Exemplar des sog. Port
Jackson-Haies (Heterodontus Phillip i) nur in geringem Maasse.
Einen vorzüglichen Nährboden lieferte ferner, abgesehen von Fischen,
die Oberfläche von gekochten Exemplaren einer Tintenfischart (Gen.
Loligo), welche in den hiesigen Fischhandlungen häufig feilgeboten,
als Köder beim Fischfang benutzt, von gewissen Kreisen der Bevöl-
kerung auch wohl gegessen wird. Auch gekochte Krabben (Gen.
Scylla; Neptunus) kamen ein paar Mal mit Erfolg zur Anwen-
dung, während gekochte Garneelen sich für die Kultur der Bakterien,
einem gleichzeitigen Versuchen nach, als unbrauchbar erwiesen.
Die der Eingeweide und Schuppen entledigten Fische, die Tin-
tenfische und Krabben, wurden, nachdem sie in frischem Seewasser
abgespült waren, in entsprechenden, bis zu etwa 23 cm hohen und
6,5 cm weiten Reagensgläsern untergebracht, und in denselben, unter
Watteverschluss, dem strömenden Dampf im gewöhnlichen Sterili-
sirungsapparat 1/2 Stunde oder länger ausgesetzt. Das so behan-
delte Material konnte nach dem Abkühlen entweder ohne Weiteres
benutzt werden, oder — besser noch — nachdem eine diskontinuir-
liche Sterilisation, nach Art anderer Nährmedien, durchlaufen war.
Nach strichweiser Impfung der Oberfläche der Fische oder Tin-
tenfische ging, bei geeigneter Temperatur (20 — 24° C), die Entwicke-
lung rasch vor sich. Innerhalb zweier Tage war oft die ganze freie
Oberfläche derselben mit Kultur kontinuirlich bedeckt. Andere Male
blieb das Konfluiren aus; statt dessen bildeten sich isolirte Streifen,
oder ebensolche verästelte oder verzweigte, grössere oder kleinere
Flecke aus. Der Ausfall der Kulturen war in gewissem Grade ab-
hängig von der Zahl der Impfstriche, der relativen Menge von Impf-
material, und dem jeweiligen Grade der Feuchtigkeit au der Fisch-
oberfiäche. Auf den Krabben erfolgte das Wachsthum nur an den
mit genügender Feuchtigkeit versehenen Stellen.
Den frischen Kulturen auf Fischen u. s. w. kam, für jede Art
der Bakterien, eine f< licht-glänzende Oberfläche, klebrige Konsistenz
und im allgemeinen wachsartige Färbung zu; die Kulturaufiagerungen
waren von massiger Dicke. An einer Serie von 6 tägigen Kulturen
der Bakterien auf Meerbrassen war die Farbe bei B. cyaneo-ph.
gelblich, oder gelblich-braun an den Stellen, wo die Kultur ein wenig
dicker aufgelagert war ; beiß, sm ar. - p h.: creme-artig; bei B. arg.-
ph. I hellgelb, mit einem Stich ins Grünliche; bei B. arg.-ph, II
2m KenntnioS der Leuchtbakterien. 261
gelblich, hie und da citronengelb; bei arg.-ph. 111: gelblich; bei
B. a r g. * p b. 1 i q u e f. gelblich-grau.
Andere Kal tu rv er suche.
Bezüglich der drei zuerst isolirteu Arten, nämlich B. cyaneo-
p h., B. s m a r. - p h. und B. a r g. - p h. I wurden einige andere Kul-
turversuche angestellt mit den folgenden Resultaten :
Auf koagulirtem Blutserum, und zwar koagulirter Hydro-
fchoraxäüssigkeit (vom Menschen), fand, einem gleichzeitigen Versuche
nach, nur spärliche Entwickelung statt, am besten noch bei B. cya-
neo-ph.; das Substrat wurde von der Kultur desselben langsam
verflüssigt.
Auf Scheiben von gekochten Eiern wuchs (und leuchtete) von den
drei Arten B. cyaneo-ph. am besten. In diesem Falle bildete
sich ein unterbrochener schleimiger Belag, dessen Farbe auf dem
Dotter hellbraun, auf dem Weissen hell-grünlich-gelb war, Die Kul-
turen von B. smar.-ph, und B. arg.-ph. I erschienen als dünne,
grauweissliche, unterbrochene Ueherzüge.
In resp. auf sterilisirter (gekochter) Milch, an und für sich,
blieb die Entwickelung aus (wenigstens makroskopischer Beobachtung
nach zu urtheilen). Dagegen erfolgte auf einer mit etwas Kochsalz
versetzten und steriiisirten Milch unzweifelhaft Vermehrung bei B,
cyaneo-ph. und B. smar.-ph.; auf einer mit ei was Dinatrium-
phosphat versehenen und steriiisirten Probe entwickelten sich B.
cyaneo-ph. und B. arg-pb. I spärlich (ein analoger Versuch mit
B. srnar-ph. verunglückte in Folge vorzeitigen Zerbrechens des
Reagenzglases).
Kulturversuche auf Scheiben gekochter Kartoffeln fielen
negativ aus. Die Versuche gelangen dagegen, nachdem die
Kartoffeischeiben mit Dinatriumphosphatlösung übergossen wareD.
wodurch alkalische Reaktion, wenigstens aa der Oberfläche jener, ent-
stand. Bei B. cyaneo-ph. bildete sich auf dem unteren Theii der
Scheiben — dieselben befanden sich in weiten Reagensröhren —
eine ansehnliche, schmierig-gelatinöse, zusammenhängende Auflage-
rung, in der Mitte von röthlich-brauner, nach der Peripherie hin von
geiblich- grauer Färbung. Für B. smar-pb. ergab sich, ebenfalls
auf der unteren Hälfte der Scheibeuoberfiäche, ein düDner, hell-bräun-
lieh-gelber Belag. Auf der mit B. arg.-ph. I geimpften, wie oben
rnodifizirfen Kartoffelscheibe konnte, weder makroskopisch, noch der
Wirkung nach — dieselbe, das Leuchten, war hier null, im Gegensatz
zu den Versuchen mit den beiden anderen Arten — ein Wachsthum
nachgewiesen werden; die mikroskopische Untersuchung jedoch er-
gab, dass eine gewisse Vermehrung stattgefunden haben musste.
ln sterilisirtem Harn, auch nachdem derselbe mittelst Sodalö-
sung leicht alkalisch gemacht worden war, gelang die Züchtung der
Bakterien nicht, ebensowenig auf gekochtem Reisbrei, auf Scheiben
roher oder gekochter Bananen und Ananas, auf der Schnitt-
fläche des zartgewebigen Embryo der Cocosnuss, in Cocos-
wilch, auf Seetang (Laminaria). Die Versuche in Cocosrailcb
262
Katz
wurden erweitert, und zwar wurde ein Theil dieser Flüssigkeit mit
Dinatriumphosphatlösung versetzt, bis leicht alkalische Reaktion ent-
stand; ein anderer Theil erhielt obendrein einen Zusatz von 1 °/0 Koch-
salz; ein dritter neben genannten Stoffen 1 °/0 Pepton. Die in den
zwei letztgenannten Fällen filtrirten und darauf sterilisirten, im ersten
Falle ohne Weiteres sterilisirten Mischungen waren alle geeignet für
ein Fortkommen der Leuchtorganismen, am besten die Kochsalz und
Pepton, oder Kochsalz allein enthaltenden Präparate. Die entste-
henden Trübungen waren denen in Bouillonkulturen ähnlich1). (Ihrer
Wirkung nach differirten die Cocosmilchkulturen der drei Arten von
einander, wie unter „Leuchten“ angedeutet ist.)
Weitere biologische Merkmale.
Dem atmosphärischen Sauerstoff gegenüber verhielten sich die
verschiedenen Arten, ihrem Wachsthum in gewöhnlicher Nährgelatine
nach zu urtheilen, etwas verschieden. Darnach gehören B. s mar -pli.,
arg. -ph. I, II und III zu den Aeroben, B. cyaneo-ph. und arg.-
ph. liquef. zu den fakultativen Anaeroben. Bei jenen vier blieb
die Entwickelung der Kolonieen im Innern des genannten Nährme-
diums auf einen verhältnissmässig geringen Umfang beschränkt, wie
bereits Platten- und Stichkulturen lehrten. Nach gleichmässiger Ver-
theilung einer nicht zu grossen Anzahl lebenskraltiger Keime von
B. smar.-ph. und arg. -ph. I — die beiden anderen wurden auf
diese Weise nicht behandelt — in Nährgelatine in einem Reagenz-
glase, entstanden, abgesehen von denen an der Oberfläche, in der
Gelatinesäule Kolonieen, welche in Bezug auf ihre Dimensionen,
weiche unbedeutend waren, sich vou einander nicht unterschieden.
Aehulich war es, nachdem eine Schicht steriler Gelatine oder sterilen
Leinsaraenöls über einer analog geimpften Gelatinemasse angebracht
war. — B. cyaneo-ph. und arg. -ph. liquef. gediehen zwar
auch am kräftigsten an den der atmosphärischen Luft zugänglichen
Theilen der Nährgelatiue, doch war immerhiu die Entwickelung in
den tieferen, von dem Zutritt der Luft abgeschnittenen Schichten des
genannten Nährbodens, gegenüber der unter gleichen Umständen
stattfindenden Entwickelung bei den übrigen Arten, unvergleichlich
1) Bei dieser Gelegenheit sei auf eine kleine Verbesserung in Bezug auf die Tech-
nik des Impteus der Kulturmedien die Aufmerksamkeit gelenkt. Seit einiger Zeit be-
nutze ich Platindrähte, welche anstatt, wie üblich in Glasstäbe mit oder ohne Email
oingeschmolzen zu sein, an entsprechend lauge und ca. 2,6 mm dicke Stäbe von Silber,
als Handhaben, in das eine Ende vermittelst Hartloth eingelöthet sind. Wie misslich es
ist, bei Anwendung des alten Vertabreus den Platindraht sich im kritischen Augenblick
von dem Glasstabe loslösen zu sehen, wird wohl schon Mancher erfahren haben. Der
Metallstab lässt sich überdies durch Erhitzen in der Flamme natürlich rascher sterili-
siren und nach dem Erhitzen in einem früheren Zeitpunkt benutzen , als dies unter
analogen Verhältnissen beim Glasstab der Fall ist: jener lässt sich auch rasch in jede
gewünschte Form biegen, was zuweilen, z. B. beim Impfen der Oberfläche von Fischen
in Reagensgläsern, beachtenswerth ist. — Es könnten natürlich auch andre Metalle,
z. B. Nickel, in Drahtform, als Handhaben verwendet werden, der Gebrauch von ent-
sprechend dickem Platindraht zu dem Zweck dürfte vielleicht weniger V erbreilung
ftndeu.
Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
263
beträchtlicher. Dies geht schon aus dem hervor, was bei der Be-
schreibung der Kolonieen der beiden Arten näher angegeben wurde.
Sehr anschaulich war ein ,iu dieser Hinsicht angestellter Versuch mit
B. cyaneo-ph. Eine massige Anzahl von einer frischen Kultur,
genauer gesagt einer Aufschwemmung derselben in steriler 0,6 °/0
Kochsalzlösung, entnommenen Keimen wurde in vorher verflüssigter
Nährgelatine in einem Reagensglas vorsichtig vertheilt, letztere
wieder erstarren gelassen und unmittelbar nachher mit einer 5 cm
hohen Schicht vou sterilem Leinsamenöl bedeckt. Die Vermehrung
der Keime ging stetig, wenn auch langsam, vor sich. Die ent-
stehenden Veröüssigungskugeln griffen schliesslich in einander über,
und die körnerartigen, grau-gelben Kolonieen sammelten sich all-
mählich am Boden des Glases an, über sich eine fast durchaus
klare flüssige Masse lassend.
Ob die eine oder andere der sechs Arten in geeigneten gähr-
fähigen Substraten Gährthätigkeit ausüben kann, oder ob eine be-
stimmte Gährung die eine oder andere erst zu einer anaeroben Ver-
mehrung befähigt oder dieselbe begünstigt, darüber fehlen die Ver-
suche noch.
Ueber den Einfluss der Temperatur auf das Wachsthum der
Leuchtbakterien wurde Folgendes ermittelt.
Als sämmtlichen Arten gemeinschaftlich erwies sich, in einem
Versuche, deren Vermehrungsunfähigkeit bei niederer, dem Gefrier-
punkt nahe stehender Temperatur. Gewöhnliche 6 prozent. Nährge-
latine in Reagensgläsern wurde (April 1889) mit geringen Mengen
von entwickelungsfähigen Individuen aus Aufschwemmungen von Kul-
tur der sechs Arten — Stichkulturen bei B. cyaneo-ph. undarg.-
ph. liquef. etwa 4 Wochen alt; Strichkulturen bei den übrigen etwa
8 Tage alt — in 0,6 % Kochsalzlösung geimpft; die Keime wurden
in der (vorher verflüssigten) Gelatine gleichmässig vertheilt, und
nachdem, zur Kontrolle, aus jedem der Versuchsgläser mittelst ste-
riler Pipette eine Probe entnommen und in sterile Reagenzröhrchen
übertragen war, wurden „Roliplatten“ angefertigt. Mit Gummikappe
versehen, wurden sie alsbald in einem Eisspind auf Eis gelegt,
welches täglich erneuert wurde. Während in den ebenfals ausge-
rollten, mit Gummikappe verschlossenen und bei Zimmertemperatur
aufgestellten Kontrollröhrchen die Kolonieen in der üblichen Zeit zum
Vorschein kamen und sich weiter entsprechend entwickelten, fehlte
in den auf Eis befindlichen Röhrchen, nach Verlauf von 8 Tagen,
jegliche Andeutung von Kolonieenbildung. Die Keime mussten binnen
dieser Zeit entweder abgestorben oder doch wenigstens in einem be-
stimmten Grade abgeschwächt sein, da auch später, nachdem die
Röhrchen einer Temperatur von -f- 20° C oder etwas darüber aus-
gesetzt waren, die Entwickelung ausblieb. Der Versuch ist allerdings
der Wiederholung und Variirung bedürftig, denn es wäre nicht aus-
geschlossen, dass die zu demselben verwendeten Individuen nicht
lebenskräftig genug waren, um einem 8 tägigen Aufenthalt in eisig-
kalter Umgebung Stand zu halten, geschweige um zu wachsen, wie-
wohl sie unter normalen Bedingungen rasch zu Kolonieen heran-
wuchsen. Es ist jedoch a priori unwahrscheinlich, dass die aus dem
B r & u d e S ,
2Ö4
Meerwasser unter diesen Breitengraden stammenden Leuchtbakterien
bei solch niedrigen Temperaturen wie den obigen, eine, wenn auch
nur minimale Vermehrung ohne Weiteres eingehen sollten.
{Fortsetzung folgt.)
Zur Frage des Begattungsa.ktes bei den entoparasitischen
Treinatodec.
Kritische Bemerkungen zu Pintner’s Aufsatz1).
Von
Dr. Gr. Brandes,
Assistenten am zoologiscnen Institut zu Halle a. S.
Dass „die Frage nach der Art, wie die männlichen Fortpfianzungs-
zellen bei den parasitischen Plathelminthen in die weiblichen Lei-
tungswege gelangen“, bisher eine offene zu nennen gewesen wäre, wie
Fiutner meint, vermag ich nicht zuzugeben, wenigstens würde sie
mir dann jetzt ebensowenig beantwortet scheinen, als vorher. Denn
das Resultat, das Pintnev’s Arbeit zu Tage fördert, ist etwa das-
selbe, wie es Leuckart, in der zweiten Auflage seines Parasiten-
werkes zusammenfasst, nur hütet, sich Leuckart vorsichtiger Weise
zu schematisiren, sondern sucht mit den einzelnen Beobachtungen
als mit Thatsachen zu rechnen. Und diese widersprechen sich
durchaus nicht, wenn auch Pintner dies so darzustellen beliebt,
Abzusehen ist natürlich ohne weiteres von einer beiläufigen Be-
merkung aus dem Cestodentheil des Werkes, wo Leuckart es für
einen Irrthum erklärt, wenn man gemeint hätte, der Uterus der Tre-
matoden vermittle Begattung und Eiablage. Diese Bemerkung wurde
im Jahre 1881 veröffentlicht und, wie scheu gesagt, ganz beiläufig,
zu einer Zeit, ais der Verf. durchaus nicht mit Untersuchung der
Trematoden-Anatomie beschäftigt war. Als aber Leuckart sich
in den Jahren 1885, 86 etc. von neuem intensiv mit diesen Fragen
zu beschäftigen hatte, waren inzwischen die Beobachtungen von
Z&ddach und Looss bekannt geworden und diese im Verein mit
den Resultaten der von ihm angestellten Untersuchungen ergaben
eine Auffassung, die ihn die betreffenden Verhältnisse etwa in folgender
Weise schildern lässt:
Bei den Trematoden muss Selbsthegattung Vorkommen, da
wir einzeln in Cysten ein geschlossene Können befruchtet finden,
sie kann auch statthaben , da die Mündung des männlichen
Geschlechtstraktus meist dicht neben der üterusmündung ge-
legen ist. Hiermit stimmt Zaddach’s Beobachtung überein, der
Bistoraum cirrigerum in Selbstbegattung antraf, indem der Penis
tief in den Uterus versenkt war und Samen überfliessen liess. Dafür
dass in derselben Weise auch eine W echseibegattung stattfinden
kann, geben uns die Beobachtungen von Nitzsch an Hciostomum
1) Pi nt Ui , Th, Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwuraikörpers. (Ar-
beiten des zoe- I istiL zu Wien. Bd. IX. Heft I.) Vergl. dks Referat auf p. 286 dieser
Num »er.
Zur Frage des Begattungsaktes bei den entopa rasstiscbeu Tremetoden 265
scrpens und besonders von Looss an Distomum cla vigerum
direkte Beweise. Dagegen ist weder die Selbst- noch die Kreuzbe-
gattung mit Benutzung des Lau rer 'sehen Kanals jemals mit
Sicherheit beobachtet. Für eine derartige Begattung wird der Um-
stand ins Feld geführt, dass in dem Laurer’schen Kanal hier und
da Samenfäden angetroffen werden , aber unser Altmeister der Hel-
minthologie sagt sehr einleuchtend , dass auch häufig Dotterniaterial
und Ovarialeier dort gefunden würden; so gut wie dies Material aus
dem Ovidukt in den Kanal hereiugepresst sei, könne auch der Samen
aus dem Uterus stammen. Er führt noch die Beobachtung von Looss
an, der einmal den Uterus von Di st om um trfgonocep lialum
mit Samenfäden gefüllt, das Receptaculum seminis dagegen
leer fand, ein Umstand, der wiederum auf Begattung durch den
Uterus hinweist, und schliesat endlich mit der Erklärung, dass der
Lau rer 'sehe Kanal wohl morphologisch der Scheide der Cestoden
entspreche, dass es aber nur wenig wahrscheinlich sei, dass er bei
den Distomeen auch physiologisch als solche funkiiouire; „Unter
gewissen Umständen möge es aber immerhin möglich
s e i n.“ Bei der Besprechung von Distomum s p a t h u 1 a t u m ändert
der Befund eines sehr weiten L a u rer’schen Kanals, der sehr häufig mit
Spermamasseu prall gefüllt ist, nichts an Leuckart’s früherer Auf-
fassung, da derselbe den Laurer’schen Kanal durchaus nicht mit Be-
stimmtheit für eine Scheide hält, wie Pintner in Anm. 4 auf S. 6
seiner Arbeit anführt, sondern lediglich zugibt, dass die Vermutbung,
der Laurer’scbe Kanal möge in diesem Falle als Vagina funktioniren,
immerhin einige Wahrscheinlichkeit hat. Wir sehen, Wider-
sprüche sind bei dieser Art der Darstellung nicht vorhanden.
Wie will nun P i u tu e r die Frage des Begatiungsaktes beantworten?
Mir scheint, als ob er im Grunde genommen keineswegs zu einem
andern Resultate kommt: leugnen kann er weder die Möglichkeit
der Benutzung des Uterus bei der Selbst- und bei der Wechselbe-
gattung, noch die dementsprechend beobachteten Fälle solcher Be-
gattungen, es kommt ihm also nur darauf an, auch für die Begat-
tung vermittels des Laurer’schen Kanals schwerwiegende That-
Sachen ins Feld zu führen. Aber hiermit sieht es eben nicht allzu
günstig aus. Wenn Kerbert für Distomum pulmonale,
Miesch er für Monostomum bijugum und Fischer für
Opisthotrema cochleare gegenseitige Begattung und zwar
unter Funktion des Laurer’schen Kanals als Vagina angeben, so
geschieht dies doch nur auf Grund theoretischer Betrachtungen ; die
unmittelbare Beobachtung des Kopulationsvorganges steht noch bei
allen drei Formen aus. Ebens.owenig beweisend sind die eigenthüm-
lichen anatomischen Geschlechtsverhäitnisse von Eurycoelurn
Sluiteri, einem Trematoden eines Percoiden von Java, den Brock
in ganz kurzen Zügen ohne Abbildung beschreibt. Brock selber
möchte eine Befruchtung durch den Laurer’schen Kanal annehmen,
da er weder eine Uterusöflnung noch einen innern Samengang vor-
fand, aber er konnte auch keinen Laurer’scheu Kanal nachweisen;
einmal beobachtete er einen feinen Kanal, der vom Rücken aus gegen
eine üterusschlinge zog, jedoch, ohne dieselbe zu erreichen, im Paren-
26 0
Brandes,
chym blind eudigte. Um diesen Kanal als Laurer’schen an-
sprechen zu können, nimmt Bruck seine Zuflucht zu einer Erklä-
rung, die er aber nur mit aller Reserve gibt: er meint, es möchte
vielleicht nach der Begattung durch den Laurer’schen Kanal
letzterer sich schliessen. — Ein Urtheil , in diesen schwierigen
Verhältnissen zu fällen, können wir uns um so weniger zumuthen,
als der anatomische Bau des Thieres durchaus noch nicht als ge-
nügend bekannt zu betrachten ist. Aber es Hesse sich sehr wohl
denken, dass bei so eigenthümlich orgauisirten Formen auch ein ab-
normer Kopulationsprozess zu verzeichnen wäre. — Zum Schluss
führt Pintner noch die Ansicht Zeller ’s an, der von der Ver-
wachsung der beiden Diporpen zum Diplozoon, die in der Weise
geschieht, dass die Mündung des Vas deferens eines jeden Thieres
sich auf die Vagina des anderen legt , auf die Begattung bei den
Trematoden überhaupt schliessen will. Dieser letzte Punkt scheint
mir, besonders bezüglich seiner Verallgemeinerung, so
hypothetisch zu sein, dass er keiner weiteren Erörterung bedarf, nach
Braun sind aber auch selbst die t h a ts äc h i j che n Ergebnisse
der Zeller’schen Untersuchungen durchaus nicht einwandsfrei1).
Wir sehen, dass der direkte Nachweis auch nur eines einzigen
Falles von Begattung durch den Laurer’schen Kanal noch fehlt, wie
zuvor; aber wenn solcher mit Sicherheit für einen Fall (z. B. Eury-
coelum) erbracht würde, so hätten wir doch noch keinen Grund,
von der Auffassung, wie sie Le uckart vertritt, abzuweichen: „unter
gewissen Umständen“ kann eben der Laurer’sche Kanal vielleicht
als Scheide funktioniren, als Regel ist aber jedenfalls für die augen-
blickliche Entwickelungsstufe der metastatischen und digeuetischen
Trematoden die Begattung zu erachten, die durch Einführung des
Penis in die Uterusmündung erfolgt. Und zwar glaube ich, dass die
Selbstbegattung häufiger ist, als die Wechselkreuzung. Denn während
man etwaige Kopulation bei der Oeffnung des Darmes gleich auf den
ersten Blick wird konstatiren können , entgeht die Selbstbegattung
für gewöhnlich auch wohl dem schärfsten Auge. Da trotzdem ebenso
viele Fälle von Selbstbegattung wie von Kreuzung zur Beobachtung
gekommen sind, so glaube, ich daraus schliessen zu dürfen, dass
Selbstbegattung als der gewöhnlichere Modus anzusehen ist.
Dass der Laurer’sche Kanal morphologisch der Vagina der
Cestoden und ektoparasitischen Trematoden entspricht, ihr also homo-
log ist. hat bisher meines Wissens noch Niemand bezweifelt, aber da-
mit ist doch nicht gesagt, dass Laure r’scher Kanal und Vagina die
gleichen Funktionen haben müssen. Nach Anführung eines Citates
von Monticelli, das die Homologie des Laurer’schen Kanals und
der Vagina zum Gegenstand hat, schreibt Pintner nämlich: „Ich
für meinen Theil schliesse mich diesen Anschauungen Monticelli ’s
durchaus an, umsomehr, als mir sämmtiiehe wider die Deutung des
Laurer ’schen Kanals als funktionirende Scheide vorgebrachten
Einwendungen vollständig unsticbhaltig erscheinen.“ Mir scheint hier
1) Vergl. hierzu die Mittheilung Braun’s über die Ergebnisse einer diesbezüg-
lichen in seinem Laboratorium »ngestellten Untersuchung von Dieckkoff (Dies. Cen-
tralblatt. Bd. IX. No. 2 p. 58.)
Zur Frage des Begattungsaktes bei den entoparasitischen Trematoden. 267
von Seiten Pintner’s eine Verwechselung der Analogieen und
Homologieen vorzuliegen. Der Arm des Menschen ist dem Flügel
des Vogels homolog, aber nicht analog; der Flügel des Vogels ist dem
Flügel der Insekten analog, aber nicht homolog. Aehnlich hier. Der
Laurer’sche Kanal der entoparasitischen Trematoden ist der Vagina
der ektoparasitischen Trematoden und der Cestoden homolog, aber
nicht analog, die Vagina der letzteren ist der Uterusmündung der
ersteren analog, aber nicht homolog1 *). Wenn der Laurer’sche Kanal
nun für gewöhnlich der Vagina nicht analog ist, so fragt es sich,
welche Funktion er sonst haben kann. Sommer und Landois
haben ihn als Sicherheitsventil für die Schalendrüse, das Ovarium
und die Dotterstöcke angesprochen. Ich habe diese Erklärung schon
an anderer Stelle*) bekämpft; es sei mir gestattet, den Passus hier
einzuschalten. ,,Dass Dottermaterial und Schalensubstanz zufällig
aus ihm heraustreten können , wird Niemand bestreiten , aber dass
der Kanal die Betimmung hätte, überflüssige Massen nach aussen
zu befördern, will mir durchaus nicht plausibel erscheinen. Ich kann
überhaupt nicht recht an die Möglichkeit einer Ueberproduktion von
Seiten der zum Genitalapparate gehörigen Drüsen glauben, sollte
vielmehr denken, dass sich unter guten Lebensbedingungen alle Ge-
schlechtsdrüsen in gleicher Weise kräftig entwickeln, und die Bildung
der Eier um so beschleunigter vor sich geht, je mehr Material die
Drüsen produziren. Auf jeden Fall, meine ich, darf man annehmen,
dass bei dem Bedürfnisse eines Abflussrohres für überschüssiges Ma-
terial sich die Vagina der Cestoden in besserer Weise den neuen
Verhältnissen angepasst haben würde: vor allem würde man ihre Ur-
sprungsstelle i m m e r in allernächster Nähe der Eibereitungsstätte
zu suchen haben und auch i mm er eine kräftige Entwickelung voraus-
setzen dürfen, während der L au rer’sche Kanal bei den Trematoden
nur einen sehr rudimentären Eindruck macht, ja verschiedentlich
noch gar nicht hat aufgefunden werden können?3) Mir scheint eben
dieser rudimentäre Charakter und das gänzliche Fehlen darauf hin-
zudeuten, dass die entoparasitischen Trematoden in Begriff sind, den
Laurer’schen Kanal, der ein Erbtheil der cestodenartig organisirten
Vorfahren ist, allmählich zu verlieren. Formen, die einen stark ent-
wickelten Laurer’schen Kanal mit einem Receptaculum se-
in in is beim Uebergange in den Ovidukt aufweisen, werden als ur-
sprünglicher, den Stammeseltern näher stehend aufgefasst werden
müssen, während andererseits die Formen ohne Receptaculum
oder gar ohne Laurer’schen Kanal am längsten sich vou den
Stammelten] abgezweigt haben werden.“
Halle, 28. Januar 1891.
1) Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch benennt man die analogen Orrane, die
die gleiche Funktion verrichten, mit derselben Bezeichnung, man würde also am besten
das Uterusendstück als Vagina bezeichnen.
*<ä) Die Familie der Holostomeae. Leipzig 1888, oder Die Familie der IIo: 'storaiden.
(Zool. Jahrbücher, Abth. f. Systematik etc. Bd. V. p. 565.)
3) So behauptet Monticelli mit grosser Bestimmtheit das Fehlen des Laurer’-
schen Kanales boi Distoraura Richardii aus der Leibeshöhle eine» H.i is Auch
bei dem Genus Apohlema wird das Fehle/i desselben von Juel besonders 'ne. not.
2ÖS
Umschlagen des Weines. — Entzündungen,
Referate.
Kramer, E., Bakteriologische Untersuchungen über das
„Umschlagen“ des Weines. (Landwirtschaftliche Versuchs-
Stationen. Bd. XXXVII. S. 325.)
Die „faulige“ Gährung des Weines oder das „Umschlagen“ des
Weines wurde zwar schon von Mul der untersucht, aber erst Pa-
steur entdeckte die Ursache der Gährung und beschrieb 1866 zwei
Formen von Stäbchenbakterien1), von denen die grössere 1 — (i
dick und 3—5 u lang war. Diese vergähren zunächst die Weinsäure
und den Weinstein unter Produktion flüchtiger Fettsäuren und Koh-
lensäure; hierauf werden auch die weiteren Bestandtheile, wie Glyce-
rin, Gerbstoff, Pepton, verändert. Kramer nahm nun mit den
verbesserten Methoden der Neuzeit die Untersuchung „umgeschlage-
ner“ Weine von Neuem auf, und zwar mit 32 verschiedenen Sorten
aus Kroatien, Steiermark und Krain, und konnte 7 verschiedene For-
men von Bacillen und 2 Kokkenarten isoliren, welche sämmtliche
Arten ziemlich schnell Gelatine verflüssigten. Die Züchtung erfolgte
in Fleischbrühe, welcher noch 0.05% Pepton und 0,5% Glycerin und
Wein bis zui sauren Reaktion zugesetzt war. Als fester Nährboden
diente mit Wein sauer gemachte Nährgelatine.
Die Bacillen nannte er Bacillus sapro genes vini Nr. I —
VII, die Kokken: Micro coccus sa progenes vini Nr. I uud
II. — Der Bacilius Nr. I ist jedenfalls identisch mit dem grossen
Bacillus Pasteur’s. Nr. III ist sporenbildend, die Sporen begin-
nen an den Enden der Stäbchen; diese Form ist nicht identisch mit
dem Bacillus putrificus coli. Nr. IV sind sehr feine und
lange Stäbchen und wurden nur in stark zersetzten Weinen ge-
funden. Nr. V kommt nur in wenigen Weinsorten vor, Nr. VI ist
wieder sporenbildend, und Nr. VII könnte möglicherweise nur eine
etwas grössere Form von Nr. I sein.
Der Micrococcus I hat im Durchschnitt nur 0,5 /x, Nr. II
1 — 1,5 /u Durchmesser; letzterer bildet Dipplokokken, ersterer nicht.
Beim „Umschlagen“ wird die Weinsäure jedenfalls in mehrfacher
Art vergohren; als Endprodukte sind nachgewiesen: Kohlensäure,
Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, etwas Bern-
steinsäure und Milchsäure und nach Gautier soll auch Tartron-
säure gebildet werden, Loew (München).
Lewin. Ä., Zur P athologie der akuten bakteriellen Ent-
zündungen. (Wratsch. 1890. Nr. 38—39.) [Russisch.]
Verf. stellte sich die Aufgabe, mittelst der neuesten Methoden
der mikroskopischen Forschung die Histogenese der akuten bakteriel-
len Entzündungen einer erneuerten Untersuchung zu unterwerfen.
Als Typus einer rein serösen Entzündung wählte er die nach
1) Etüde sur le via, Paris 1806.
Entzündungen.
269
Milzbrandimpfung an der Infektionsstelle (Subcutis) zu Stande kom-
mende Entzündung, während Eiterung durch Staphylococcus
pyogenes aureus erzeugt wurde. Mit Milzbrand experimentirte
er an Meerschweinchen und weissen Ratten, mit den Eiterkokken
an Kaninchen, Meerschweinchen und zum Theil auch an weisseu
Ratten.
Zur Untersuchung kamen die Gewebe 4 bis 127 Stunden nach
der Infektion.
Die ersten Veränderungen im Bindegewebe nach Milzbrandinfek-
tion (4. Stunde) bestehen in Durchtränkung mit einer hyalinen Sub-
stanz, welche die Maschen des Bindegewebes stark erweitert und die
einzelnen Fasern auseinandertreibt. Gleichzeitig unterliegen auch die
Bindegewebszellen und Kerne der hydropischen Degeneration
(Ziegler).
Zugleich findet auch Leukocyteninfiltration (polynukleäre Leuko-
cyten) statt, die stets zunimmt, so dass es nach 12 Stunden den
Eindruck machen kann, als ob sich mikroskopische Abscesse gebildet
hätten. Zur eigentlichen Eiterung kommt es aber nie.
Das Verhalten der Leukocyten gegenüber den Milzbrandbacillen
ist sehr verschieden : entweder gruppiren sich die letzteren herd-
weise und zwischen ihnen liegen nur einzelne Leukocyten , oder im
Gegentheil liegen die Leukocyten in Herden, in welchen nur einzelne
Bacillen zu finden sind ; endlich kommt es auch vor, dass Bacillen-
gruppen von einer dichten Leukocytenschaar umgeben werden. Nie-
mals konnte der Verf. Phagocytose sehen; die Bacillen gingen zu
Grunde, erlitten bedeutende Veränderungen, aber extracellulär.
24 Stunden nach der Infektion kann man schon viele Bacillen
in dem Zustande der Degeneration finden, welcher in alten Kulturen
eine regelmässige Erscheinung bildet und allgemein bekannt ist. Nur
ein kleiner Theil der Bacillen giebt neue Generationen, aber diese
letzteren gehen auch bald zu Grunde, nachdem sie folgende eigen-
artige Umwandlung erlitten haben. Die peripherischen Schichten
der Bacillen schwellen stark an, so dass der Dickendurchmesser bis
2,2 // beträgt; bei Safraninfärbung erscheint diese peripherische
Schicht rosa gefärbt, während die centrale Zone dunkelroth, beinahe
schwarz ist. Verf. ist geneigt, diese Umwandlung als Verschleimung
resp. Bildung einer schleimigen Kapsel zu betrachten Nicht selten
kommen auch solche geschwellte Bacillen zu Gesicht, in deren Mitte
nur Reste, oder selbst gar keine Spur der dunkel sich färbenden
Zone mehr zu sehen ist.
Die Gewebsveränderungen während des zweiten Tages nach der
Infektion bleiben dieselben, wie früher, nur sind ausser polynukleären
auch uninukleäre Leukocyten zu beobachten. Von Phagocytose —
keine Spur.
Im Verlaufe des zweiten Tages erscheinen auch die ersten ka-
ryokinetischen Figuren, und zwar im Endothel kleiner Venen; später
sieht man gleiche Figuren auch in den Bindegewebszelleu.
Deu weiteren Verlauf konnte Verf. nur an weissen Ratten beob-
achten, da die Meerschweinchen gewöhnlich schon zu Ende des zwei-
ten Tages zu Grunde gehen. An Ratten fängt das entzündliche
IX. Bd. 13
270
Entzündungen. — Darmkatarrh der Kinder.
Oedem nach 48 Stunden schon zu schwinden an. Die Zahl der Ba-
cillen wird immer geringer und in der Umgebung von Gefässen er-
scheinen Inseln von jungem Bindegewebe, dessen Kerne sehr oft im
Zustande der karyokinetischen Theilung zu finden sind.
Im weiteren Verlauf des Prozesses schwinden allmählich die
eingewanderten Leukocyten, und zwar meistentheils dadurch, dass
sie von den Bindegewebszellen aufgenommen und verzehrt werden.
In den nächsten Tagen verschwindet das Oedem vollständig, das
Bindegewebe kehrt zum normalen Zustande zurück, Karyokinese wird
immer seltener, die Bacillen sind vollständig verschwunden, mit einem
Worte, der entzündliche Prozess kann als abgeschlossen betrachtet
werden.
Die Versuche mit Staphylokokkeninfektion gaben im Allgemeinen
Ergebnisse, die mit deu H o h n feld ’schen (Ziegler’s Beiträge.
Band III) übereinstimmen.
Hervorgehoben sei, dass Verf. die Staphylokokken nach 8 Stun-
den sowohl in den immigrirten Leukocyten, wie in deu Bindegewebs-
zellen reichlich fand, während er sie im Gefässendothel vermisste.
Nach 24 Stunden sah er die ersten karyokinetischen Figuren,
und zwar auch hier im Venenendothel; erst später erscheinen sie
auch im Bindegewebe.
Nach 3 Tagen beginnt um den Abscess herum die Bildung von
jungem Bindegewebe, dessen Zellen von Kokken vollgepfropft sind.
Die Bedeutung der Kokken in diesen Zellen versucht Verf. durch
folgende Hypothesen zu erklären: entweder haben die Kokken im
Organismus ihre Giftigkeit verloren, sind von den Zellen als gewöhn-
liche Fremdkörper aufgenomraen worden und stören sie in ihrem
Proliferationsgeschäfte nicht, oder aber ihre Giftigkeit ist nur abge-
schwächt und sie bilden in diesem Zustande einen Impuls zur Pro-
liferation.
lieber den weiteren Verlauf der Entzündung bis zur Narbeu-
blldung spricht der Verf. nicht. Steinhaus (Warschau).
Dein me, R., Ueber das Vorkommen ein es rot hen Spross-
pilzes in der Milch und im Käse und das Auftreten
von Darmkatarrh bei Kindern frühesten Alters
durch den Genuss derartig infizirter roher oder
unvollständig gekochter Milch. Mit 1 Tafel. (Pädiatrische
Arbeiten. Festschrift, Herrn Eduard Henoch gewidmet. Berlin
[Hirschwald] 1890)
Im Monat Juni 1888 erhielt Verf. ein Stück Quarkes, d. h. von
der Molke möglichst befreiten Käsestoffes, das auf der Oberfläche
wie im Durchschnitt zahlreiche himbeerrothe Stellen aufwies, die sich
aus kleinen punktförmigen Farbstoffherdeu entwickelt batten. Die
mikroskopische Untersuchung ergab, dass die rotheu Farbstoffmassen
zum grössten Theile aus einem in üppiger Wucherung begriffenen
Sprosspilze bestanden. Die meist runden bis ovaleren Zellen bil-
deten Sprossverbände von 2 — 3 Zellen und zeigten einen mittleren
Durchmesser von 4,5 fi. Mittels Gelatineplattcn gelang es, den Pilz
zu isoliren. Am vierten Tage zeigten die Kolonieen Hirsekorngrösse
Rcther Sprosspilz in Milch und Darmkfttarrh der Kinder.
271
die Rothfärbung ist erst vom 6. — 10. Tage an deutlich zu erkennen.
Die Gelatine wird durch dieselben nicht verflüssigt. Auch auf den
Gelatinestichkulturen wird der erste leicht röthliche Schimmer nicht
vor dem 6. — 8. Tage wahrnehmbar.
Die Entwickelung erfolgt vorwiegend auf der Oberfläche und
bildet dort eine konvexe, nagelförmige Erhebung, während im Stich-
kanal das Wachsthum sehr gering bleibt. Im Verlaufe von Wochen
sinkt, die Kolonie in den trichterförmig erweiterten Stichkanal ein ;
8 — 10 Monate alte, bei Zimmertemperatur aufbewahrte Gelatine-
kulturen lassen eine Verflüssigung der obersten Gelatineschicht in
der Höhe von 1—2 cm wahrnehmen. Die Kulturmassen sinken zu
Boden und bilden dort ein tiefrothes Sediment, während die darüber
befindliche Gelatine sich in eine gleichmässig gelbbraune Flüssigkeit
verwandelt. Auf Agar und Blutserum bietet das Wachsthum nichts
Charakteristisches. Kartoffelscheiben sind nach 8—12 Tagen mit
einem himbeerrothen Rasen von 2—4 mm Dicke bedeckt.
Sterilisirte Milch, sowie der Eingangs erwähnte Quark stellen
ebenfalls einen sehr guten Nährboden für den Sprosspilz dar, jedoch
vermag derselbe deu Zucker nicht zu vergähren. Auf feuchter Gar-
tenerde und altem Holze gelang es nur zuweilen und im Verlaufe von
WTochen, kleine Kulturrasen zu erzeugen. Die günstigste Temperatur
liegt zwischen 18 — 22° C. Bei 60° sistirt das Wachsthum; jedoch
erst durch während 8—10 Minuten fortgesetztes Kochen wird die
Lebensfähigkeit des Pilzes vernichtet. Auch gegenüber den antisep-
tischen Mitteln erweist er sich als resistent ; so bedarf es von Sublimat
einer Lösung von 1 : 10000, Phenol 15 : 10000, um die Fortpflan-
zungsfähigkeit desselben zu vernichten. Aller Wahrscheinlichkeit
nach gelangte der Pilz mit der dazu verwendeten Milch in den Käse;
dafür spricht, dass jdesmal nur die frischen Fabrikate und auch
diese in sehr beschränkter Ausdehnung ergriffen wurden. Nach ener-
gischer Desinfektion der benutzten Kellerräumlichkeiten und Gelasse
blieb die Erkrankung aus.
Im Oktober 1889 begegnete Verf. dem rothen Sprosspilze zum zweiten
Male. Auf einem Bauernhöfe waren 7 im Alter zwischen 3 — 30 Monaten
stehende Kinder, die sämmtlich mit roher oder ungenügend gekochter
Milch ernährt wurden, plötzlich und ziemlich gleichzeitig an Diarrhöe,
theilweise auch an Erbrechen erkrankt. Die älteren Kinder, sowie
die Erwachsenen blieben von der Krankheit verschont. Es wurde
darauf hin die Milch einer bakteriologischen Untersuchung unter-
zogen, um so mehr, als bemerkt wurde, dass in den hölzernen Milch-
gefässen in letzter Zeit, seit dürre Buchenblätter als Streuung ver-
wendet wurden, sich regelmässig ein röthlicher Bodensatz bilde, der
sich in den Spalten und Ritzen der Gefässe festsetzte. Dieselbe er-
gab, dass die diesen Gefässen entnommene Milch den beschriebenen
rothen Sprosspilz enthielt, während die direkt dem Euter entnom-
mene frei von demselben war. Desgleichen wurde der Pilz in den
untersten Schichten des als Streuung dienenden Blätterhaufens uach-
gewiesen, und war vermuthlich von dort aus in die Milch gelangt.
Die gründliche Desinfektion der Räumlichkeiten (Abwaschen der
Holztheile mit koDzentrirter Lösung von roher Karbolsäure und nach-
18*
272
Tuberculose.
heriger Einwirkung von schwefliger Säure), Beschaffung neuer Holzge-
fässe beseitigte das Uebel dauernd.
Die Anwesenheit dieses Sprosspilzes in der Milch ist wahrschein-
lich auch als die Ursache der katarrhalischen Darmerkrankung der
Kinder zu betrachten. Die Pilze gelangten in lebensfähigem Zu-
stande in den Darmkanal der Kinder und wurden von D. aus den
diarrhoischen Ausleerungen isolirt. Bei subkutaner und intravenöser
Injektion erweisen sie sich zwar als nicht pathogen, jedochterkrankten
zwei junge Hunde, die mit infizirter Milch gefüttert wurden, mit ähn-
lichen Darmerscheinungen, wie sie die Kinder dargeboten batten.
D. glaubt, dass der Pilz, dem ja pathogene Eigenschaften im eigent-
lichen Sinne des Wortes fehlen, durch die mechanische Reizung,
welche er auf die Schleimhaut des Darmkauals ausübt, zu Erkran-
kungen Veranlassung gibt. Er schlägt für denselben den Namen
Saccharomyces ruber vor, da er von den bisher beschriebenen
Arten, insbesondere der bekannten Rosahefe deutliche Unterschiede
aufweist. Escherich (Graz).
Hammersclilag, Albert, Bakteriologisch-chemische U nter-
suchungen über Tuberkelbacillen. (Centralblatt für klin.
Medicin. 1891. No. 1.)
Der Verf. rekapitulirt in Kürze die Ergebnisse seiner in den
Monatsheften für Chemie 1889 publizirten Untersuchung, und be-
richtet über seine neu gewonnenen Resultate. Die chemische Zusam-
mensetzung der Leibess u bst an z der Tuberkelbacillen ergab, dass
die Menge der in Alkohol und Aether löslichen Substanzen mit im
Mittel 27% bei Weitem alle bei anderen Bakterien gefundenen
Zahlen übersteigt (gegen 7,3 bis 10,1 ü/0). In diesem Alkohol- und
Aetherextrakt befindet sich Fett, Lecithin und ein — aus der Leibes-
substanz gewonnenes) — Gift, welches bei Kaninchen und Meer-
schweinchen Krämpfe mit schliesslichem Exitus erzeugt. Der in Al-
kohol und Aether unlösliche Rückstand der Leibessubstanz enthält
einen mit Kalilauge ausziehbaren, durch die Reaktionen charakteri-
sirten Eiweisskörper und Cellulose.
Das tinktorielle Verhalten der Tuberkelbacillen während der ver-
schiedenen Phasen der chemischen Behandlung ist sehr interessant.
Die Form hatten die Bacillen sowohl nach der Extraktion mit Aether
und Alkohol, als auch nach der Behandlung mit KOH beibehalten.
Die Färbbarkeit nach der Methode von Ehrlich geht jedoch ver-
loren, sobald sie mit Kalilauge behandelt wurden, und zwar entfärben
sich die durch Karbolfuchsin etc. färbbaren Bakterienreste, sobald
man sie mit Säure differenzirt. In der Meinung, der extrahirte
Eiweisskörper sei der Träger der Reaktion, hat der Verf. denselben
nach dessen Vertheilung auf Deckgläser gefärbt, dabei aber gefunden,
dass auch der isolirte Eiweisskörper den Farbstoff leicht aufnimmt,
ihn jedoch an die Salpetersäure abgibt. Verf. kommt demnach zu
dem Schlüsse, dass die gegenseitige Anordnung der Eiweiss-
und Cellulosetheilcben im Bakrerienleibe das tinktorielle Verhalten
bedinge.
Taberculose.
273
Betreffs des Wachsthums der Bakterien und ihres Stoff-
wechsels hat Verf. gefunden, dass dieselben nur auf Glycerin oder
kohlehydrathaltigen Nährböden (Bouillon mit Traubenzucker, Rohr-
zucker, Milchzucker, Glykogen, Dextrin) sehr gut wachsen, am besten
allerdings bei Glycerinzusatz. Der Verbrauch an Kohlehydrat (Verf.
hat zur Bestimmung desselben quantitative Untersuchungen an
Bouillontraubenzuckerkulturen gemacht) ist jedoch ein so geringer,
dass eine Vergährung desselben durch die Tuberkelbacillen nicht an-
genommen werden kann. Es dürfte vielmehr nur zur Bildung der
nothwendigen Wärme und der Cellulose verbraucht werden. Bemer-
kenswerth ist, dass die Tuherkelbacillen Kohlehydrate oder Glycerin
nothwendig zu ihrem Wachsthum benöthigen im Gegensätze zu
den bisher bekannten Arten.
Die nach Chamberland’s Methode gewonnenen Filtrate der
Bouillon kulturen erwiesen sich bei wiederholten Versuchen als un-
giftig.
Auch gelang es dem Verf. nicht, bei Versuchen nach Bri eger’s
Methode auf Ptomaine zu kommen, wenn er auch giftige Extrakte
erhalten konnte. Dagegen gelang es ihm, nach den bekannten Me-
thoden ein Toxalbumin darzustellen, welches nach subkutaner In-
jektion bei Kaninchen 1 — 2 Tage anhaltende Temperatursteigerung
um 1 — 2n C hervorrief.
Die Versuche, welche der Verf. über Abschwächung der Bak-
terien und Immunisirung der Versuchsthiere anstellte, ergaben, dass
Glycerinbouillonkulturen nach 8 Monaten ihre Virulenz verlieren,
ohne ihre Lebensfähigkeit einzubüssen, dass aber eine Immunisiruug
durch Verimpfung dieser abgeschwächten Kulturen ohne Erfolg bleibt.
Behufs weiterer Details sei auf die Originalabhandlung verwiesen.
Kerry (Wien).
Dubreuilli et Auch4, De la tuberculose cutan^e primi-
tive par inoculation direct e. (Archives de mödecine expe-
rimentale et d’anatomie pathologique. 1890. No. 5.)
Im Anschlüsse an einen selbstbeobachteten Fall von primärer
Inokulationstuberculose der Haut besprechen Verff. eingehend die
anatomischen und bakteriologischen Befunde dieses sowie anderer
bisher veröffentlichter Fälle dieser Art.
Sie unterscheiden an der Hand der bisher beobachteten und in
der vorliegenden Publikation zusammengestellten Fälle fünf verschie-
dene Formen von Hauttuberculose, und zwar 1) das sekundäre tuber-
culöse Geschwür, 2) die skrophulös-tuberculösen Herde, 3) die pri-
märe Inokulationstuberculose der Haut, 4) den Lupus tuberculosus,
5) das primäre tuberculose Hautgeschwür, und besprechen die Ver-
hältnisse, unter denen diese verschiedenen Formen der Hauttuber-
culose aufzutreten pflegen. Di tt rieh (Prag).
Granchcr et Ledoux-Lebard , La tuberculose zoogldique.
(Deuxieme mdmoire.) (Archives de mödecine experimentale et d’ana-
tomie pathologique. 1890. No. 5.)
Verff. treten in der vorliegenden Mittheilung für die Identität
274
Tuberculose. — Pseudotuberculose.
der sogen. Pseudotuberculose und der „tuberculose zoogl6ique“ ein.
(Vergl. auch das Referat über die erste Mittheilung der beiden
Autoren in diesem Centralblatte. Band VII. No. 1.)
Dittrich (Prag).
Eppifiger, H., Ueber eine pathogene Cladothrix und eine
durch sie hervorgerufene Pseudotuberculosis (cla-
dothrichica). (Ziegler’ s Beiträge zur pathologischen Ana-
tomie und zur allgemeinen Pathologie. Baud IX. Heft 2.)
Eppinger konnte bei einem an Meningitis cerebrospinalis nach
Durchbruch eines chronischen, metastatischen Gehirnabscesses ver-
storbenen, älteren Glasschleifer, bei dem sich ausserdem obsolete
Lymphdrüsenabscesse und Pseudotuberculose der Lungen und Pleura
vorfanden, als Erreger der ersteren Erkrankung eine bis jetzt unbe-
kannte pathogene Cladothrix nachweisen. Dieselbe wurde rein-
gezüchtet, zeigte charakteristische Wachsthumsverhältnisse auf künst-
lichen Nährböden. Wegen der Sternform bezeichnet Eppinger diese
Cladothrix als Cladothrix asteroides. Bei Meerschwein-
chen und Kaninchen erzeugt sie die Pseudotuberculosis cladothrichica.
Aus den Erkrankungsherden der Pseudotuberculosis cladothrichica Hess
sich die Cladothrix asteroides rein züchten.
Dittrich (Prag).
Cadlot, Gilbert et Roger, Tuberculose du chien. (La semaine
m^dicale. XI. 1891. No. 4.)
Bekanntlich ist der Hund fast vollständig unempfänglich für
Tuberculose; kommt doch einmal Infektion zu Stande, so pflegt die
Krankheit sich auf ein Organ und besonders auf die Lunge zu be-
schränken. Mit Rücksicht auf die Seltenheit des Vorkommens ver-
öffentlichen die Verff. einen von ihnen beobachteten Fall von Ilunde-
tuberculose. Es handelte sich um einen Schäferhund, welcher seit 3
Monaten angefangen hatte zu husten und sehr schnell abgemagert
war. Als sie das Thier tödteten, fanden sie in der linken Brusthöhle
einen Erguss von 2 Litern. Die Serosa war stark hypertrophisch,
besonders in dem mediastinalen Theile, wo sie eine Dicke von 1 bis
zu 3 cm erreichte. Im Unterlappen der Lunge fand sich ein käsiger
Herd von der Grösse einer Nuss, der von kleinen Hohlräumen durch-
setzt war, in denen sich schleimigeitrige Flüssigkeit befand. Die übrigen
Organe waren gesund. Bei der mikroskopischen Untersuchung stellte
sich die Lungenaffektion als käsige Pneumonie heraus, bedingt durch
die Gegenwart einer Anzahl von Bacillen, die denen der menschlichen
Tuberculose ähnlich, aber etwas schlanker und länger waren. Die
Neubildung au der Pleura erwies sich als ein Lymphosarkom. Die
Verff. verrauthen, dass der Hund, der mit Phthisikern nicht in Be-
rührung gekommen war, sich auf dem Schlachthofe, wohin er seinen
Herrn häufig zu begleiten pflegte, durch den Genuss von Abfällen
tnberculöser Thiere infizirt habe. Ueber Impfversuche, welche die
Verfi. mit den Bacillen gemacht haben, werden sie des Weiteren
berichten. (Soc. de biol. 17. Januar 1891.)
M. Kirchner (Hannover).
Taberculose. — Pueumonie.
275
Tang!, Fr», Ueber die Aetiologie des Chalazion. Ein
Beitrag zur Keuntniss der Tuberculose. [Aus dem pa-
thologischen Institute der Universität Tübingen.] (Ziegler’s
Beiträge zur pathologischen Anatomie und zur allgemeinen Patho-
logie. Band IX. Heft 2.)
Verf. konnte in einem Chalazionknoten beim Menschen Tuberkel-
bacillen und die für Tuberculose typischen histologischen Verände-
rungen nachweisen, wodurch er die tuberculose Natur dieses Pro-
zesses als erwiesen betrachtet. Verf. ist der Ansicht, dass die In-
fektion des Tarsusgewebes auf dem Wege der Blutbahn erfolge. Er
stellt sich vor, dass die Tuberkelbacillen zuerst in das Bindegewebe
gelangen, hier eine Proliferation der Bindegewebszellen anregen, die
dann wahrscheinlich erst sekundär das Parenchym der Meibom’schen
Drüsen in Mitleidenschaft zieht. Dittrich (Prag).
Haegier, C., Zur pyogenen Eigenschaft von Pneumococ-
cus Fraenkel-Weichselbaum. (Fortschr. d. Med. VIII.
1890. No. 10.)
Die von H. Neumann in No. 6 Bd. VH dieser Zeitschrift
aufgeworfene Frage: „Ist der Micrococcus pyogenes tenuis
(Rosenbach) mit dem Pneumoniecoccus (Fraenkel-Weich-
selbaum) identisch?“ veranlasst den Verf., die von ihm gemachte
Beobachtung eines spontanen Weichtheilabscesses mitzutheilen, welcher
im Verlaufe einer Pleuropneumonie und Pericarditis entstanden und,
wie Platten und Thierversuche ergaben, lediglich durch einen Mikro-
organismus veranlasst war, der sich morphologisch und biologisch ge-
nau so wie der Pneumoniecoccus verhielt. Er sucht im An-
schluss an diese Beobachtung Fälle aus der Litteratur zusammen, in
denen Kapselkokken bisher als Eitererreger gefunden wurden, und kann
eigentlich nur 2 Fälle von Passet und einige Beobachtungen von
Guarnieri und Orthmann anführen. Sein eigener Fall scheint
ihm die Neumann’sche Ansicht, dass der Micrococcus pyo-
genes tenuis mit dem Pseuinococcus identisch ist, zu unter-
stützen. M. Kirchner (Hannover).
Banti, Sopra alcune localizzazioni extrapulmonari del
diplococco lanceolato capsulato. (Istituto di sludi su-
periori pratici e di perfezionamento in Firenze. Firenze 1890.)
Verf. berichtet über die bakteriologische Untersuchung von 45
Fällen einfacher oder mit einander resp. mit serösen Entzündungen
kombinirter Pneumonie und Cerebrospinalmeningitis. Darunter sind
3 katarrhalische Pneumonieen und 3 Fälle von „Polyserositis“ begriffen ;
als Begleitaffektion war 3mal Endocarditis vorhanden. In diesen
Fällen wurde in allen genannten Lokalisationen der Krankheit der
Diplococcus lanceolatus capsulatus gefunden. Jedoch glaubt
Verf., gestützt auf Kulturmerkmale und namentlich auf die auch in
anatomischer Beziehung genau studirteu Ergebnisse der Thierver-
suche, folgende 4 Varietäten dieses Parasiten unterscheiden zu
müssen :
276
Pneumonie.
Diplococcus No. I entspricht wesentlich dem Pneumonie-
coccus Fraenkel’s, dem M en i n goc occu s Foä und Bor-
doni-Uffreduzzi’s. Er erscheint in pathologischen Produkten
und Kulturen als Diplococcus oder in kurzen Ketten, ist in Kul-
turen ohne Kapsel, wächst in Gelatine erst bei 24° , aber auch da
nicht, wenn die Impfung direkt aus dem Blute erfolgt. In saurer
Bouillon gedeiht er nicht, macht aber alkalische Bouillon sauer, koagu-
Jirt die Milch , wächst ebenso gut als Aerobe wie als Anaerobe.
Die Kulturen verlieren nach 4 — 10 Tagen ihre Virulenz ; wenn sie
jeden oder jeden zweiten Tag erneuert werden , erst später.
Von den Thieren sind am meisten empfänglich die Mäuse, dann die
Kaninchen , am wenigsten die Meerschweinchen. Aber auch die letz-
teren gehen regelmässig zu Grunde, wenn man ihnen virulentes Ma-
terial in die Bauchhöhle spritzt, während sie der subkutanen Injektion
widerstehen. Kaninchen zeigen ein verschiedenes Verhalten je nach
der Menge und Virulenz — der Herkunft des injizirten Materials —
dem Orte der Applikation.
I a) Bei subkutaner Injektion der krankhaften Produkte
oder aerober Kulturen sterben die Kaninchen in 1, 2 — 5,
5 — 7 Tagen an JSepticaemia acutissima, acuta, subacuta, oder
später an chronischem Marasmus (d. h. ohne dass die Bakterien im
Körper der Thiere mehr nachweisbar wären). Verläuft die Krank-
heit subakut, so sind die lokalen Veränderungen meist beträchtlicher
(Hantödem, Peritonitis, Pleuritis etc.), die Milz kaum vergrössert
und ohne die charakteristischen Veränderungen, die bei den akuten
und sehr akuten Infektionen ins Auge fallen. Während nämlich hier
die Lokalisationen am Ort der Injektion und auf den serösen Häuten
ganz fehlen, oder wenigstens unbedeutender sind, erreicht die Ver-
grösserung der Milz ein bedeutendes Maass. Dabei erscheint dieselbe
hart, auf dem Schnitt blutleer. Mikroskopisch sieht man die venösen
Lakunen erfüllt von einem dichten Netz von Fibrin: „Milza fibri-
nosa“.
lb) Bei subkutaner Injektion anaerob gewachsener
Kulturen (Buchner’sche Methode) sterben die Kaninchen in
1 — 2 Tagen. Die Milz ist klein; es findet sich mikroskopisch kein
Fibrin. Wohl aber eine mehr oder weniger homogene Substanz, die
Verf. von entfärbten und verschmelzenden rothen Blutkörperchen ab-
leitet.
lc) Bei intraperitonealer Injektion erfolgt der Tod in
1—2 Tagen. Die Milz ist kaum vergrössert, weich und zerreisslich,
ohne Fibrin und ohne homogene Thromben. In anderen Fällen hat
Verf. aber auch eine vergrösserte, harte, „fibrinöse“, Milz gefunden (1).
Blut oder aerobe Kulturen von Thieren, die nach der Methode
b) und c) infizirt waren, erzeugen, subkutan injizirt, wieder die Sep-
tikämie nach dem Typus Ia), oder wie Verf. sie nennt: Septi-
caemia salivare.
Der Diplococcus No. II unterscheidet sich von No. I mor-
phologisch dadurch, dass er in Agar und anaerober Bouillon lange
zierliche Ketten bildet und in Präparaten aus dem Kondensations-
wasser der Agarkulturen eine färbbare Kapsel besitzt. Ferner wächst
Pneumonie.
277
er in Gelatine bei 20° (nicht bei direkter Impfung aus dem Blute).
Die Kulturen, namentlich in Bouillon, verlieren früher ihre Virulenz.
Das Blut von Kaninchen, die, mit diesem Diplococcus infizirt,
sterben, ist weniger virulent, als im Fall von No. I. (Dagegen waren
die Pneumonieen , die durch No. II beim Menschen hervorgerufen
wurden, entschieden perniciöser, als die durch No. I.). Mäuse und Meer-
schweinchen lassen sich ähnlich infiziren, wie mit No. I. Beim Ka-
ninchen unterscheidet Verf.
II a) die subkutane Injektion aerober Kulturen oder
frischen virulenten Blutes. Die Thiere sterben nach 1—5 Tagen an
Septikämie. Die Milz ist wenig vergrössert, weich, enthält keine
fibrinöse Thromben, ist dagegen durch die reichliche Zerstörung rother
Blutkörperchen unter Bildung von gelbem oder braunem Pigment
charakterisirt.
II b) Die subkutane Injektion anaerober Kulturen
oder virulenten Blutes, das längere Zeit (bis 24 Stunden nach dem
Tode) im Körper des gestorbenen Thiers gelassen worden ist, tödtet eben-
falls in 1—5 Tagen. Die Milz ist erheblich vergrössert und hart
durch Fibrinthromben, ohne dass jedoch diese beiden Merkmale so
stark ausgesprochen wären, wie bei der fibrinösen Milz No. la).
II c. Die intraperitoneale Injektion tödtet meist in
1—2 Tagen. Die Milz ist ziemlich klein udö weich. Bei der mikro-
skopischen Untersuchung zeigt sich Dur wenig Fibrin.
Auch hier erlangt der Diplococcus, wenn er von Neuem in
aeroben Kulturen und subkutan eingespritzt wird, seine typischen
Eigenschaften wieder, d. h. erzeugt die Septikämie II a): Septi-
caemia diplococcic a“.
Diplococcus No. III verhält sich morphologisch und in Kul-
turen, wie No. II. Die Virulenz dieses Bacteriums für die Versuchs-
thiere ist geringer, als die von No. II, d. h. man bedarf grösserer
Mengen Kulturmaterials, um den Tod hervorzurufen. Auch hier
unterscheidet Verf. beim Kaninchen
lila) die subkutane Injektion aerober Kulturen
oder frischer Krankheitsprodukte. Die Thiere sterben nach 1—5
Tagen an Septikämie. Die Milz ist wenig vergrössert, weich, ent-
hält homogene thrombotische Massen, die Verf. aus den rothen Blut-
körperchen hervorgehen lässt, kein Pigment (vergl. Ib).
III b) Die subku tane Injektion anaerober Kulturen
ruft in 1—5 Tagen den Tod der Kaninchen an Septikämie hervor.
Die Milz ist sehr vergrössert, aber nicht ganz so hart und so trocken
auf der Schnittfläche, wie in Ia); sie enthält Fibrin und ausserdem
die hyalinähnlichen Thromben.
Ille) Die intraperitoneale Injektion tödtet ebenfalls
durch Septikämie. Der Milzbefund ist ähnlich wie bei III b), nur
ist die Alteration nicht so stark ausgeprägt. Auch diese Infektion
bezeichnet Verf. mit dem Namen Septicaemia diplococcic a.
Diplococcus No. IV bildet schon in den Organen des Men-
schen häufiger kleine Ketten, in Kulturen sind dieselben lang, aber
nicht gewunden, wie bei II und III, sondern gestreckt; im Thier-
körper erscheint er wesentlich als Diplococcus. ln Kulturen
27g
Pneumonie.
kann man keine Kapseln nachweisen. Die Färbung nach Gram ge-
lingt hier, wie übrigens auch bei No. I — III. Bei 20° findet in Ge-
latine kein Wachsthum statt, wohl aber bei 24° (aber nicht bei direkter
Impfung aus dem Blute). Die Virulenz dieses Diplococcus ist noch
geringer, als die von No. III; der Verlust derselben in den Kulturen,
aber auch im Thierkörper, tritt ausserordentlich schnell ein; auch die
Lebensfähigkeit ist eine sehr beschränkte: trotz täglicher Erneuerung
der Kulturen erlischt sie schliesslich nach 20—40 Generationen. Die
Infektion von Meerschweinchen gelingt auch hier auf dem peritonealen
Wege, nur verläuft sie öfter chronisch (2 Fälle von Lebercirrhose, die
au die biliäre Form erinnern).
Die Milz (sowie die übrigen Organe) von Kaninchen (Meer-
schweinchen und Mäusen), die durch Injektion grosser Mengen des
diplokokkenhaltigen Materials getödtet worden sind (in 1 — 5 Tagen)
ist charakterisirt durch geringe Volumzunahme, weiche Konsistenz
und eine ausgedehnte hyaline Degeneration der rothen Blutkörperchen,
die zur Bildung hyaliner Thromben führt. Ueberleben die Kaninchen,
so manifestirt sich diese Diplokokkeninfektion durch eine
fieberhafte Erkrankung, die, was Dauer, Ansteigen und Abfallen der
Temperatur betrifft, viel Aehnlicbkeit hat mit der menschlichen Pneu-
monie.
Um die Verschiedenheit der beschriebenen Varietäten des Di-
plococcus lanceolatus capsulatus weiter zu demonstriren,
berichtet Verf. folgende Erfahrungen : Kaninchen , welche die In-
fektion mit No. I überstanden haben, sind unempfänglich gegen eine
neue Einimpfung desselben Coccus, erliegen dagegen dem Diplo-
coccus No. II. Andererseits gelingt es nicht, Thiere, die eine ein-
malige Infektion mit No. IV überstanden haben, gegen diese letztere
refraktär zu machen; dieselben sterben bei neuer Infektion mit No. IV
ebenso, wie bei Einimpfung von No. II oder III.
Beim Menschen scheint jede der verschiedenen Varietäten (viel-
leicht mit Ausnahme von No. III, der bisher nur in 5 Fällen ein-
facher Pneumonie gefunden wurde) sowohl Pneumonie wie Meningitis,
wie seröse Entzündungen hervorrufen zu können. Stets wurde übrigens
bei Komplikationen, in älteren sowie frischen Lokalisationen aus einer
und derselben Leiche nur eine einzige Varietät gezüchtet.
Im Jahre 1886 und 1887 wurde nur der Diplococcus No. I,
1888 und 1889 nur No. II, III und IV, Ende 1889 und Anfang
1890 wieder nur No. I gefunden.
Verf. glaubt durch die Verschiedenheit des Virus, wie sie in
diesen Zahlen einen Ausdruck findet, die sog. epidemischen Konstitu-
tionen erklären zu müssen. Die Diplokokken II — IV entsprachen bös-
artigen Pneumonie-Epidemieen, No. I gutartigen.
Den Ort, an dem das Variiren desPneumoniecoccus statt-
findet, hat man nach Ansicht des Verf.’s ausserhalb des menschlichen
Körpers zu suchen.
[Verf. schliesst seine Arbeit mit der Bemerkung, dass er nicht
glaube, alle Varietäten des in Rede stehenden Diplococcus beschrie-
ben zu haben, und dass man sich nicht damit begnügen solle, die
Gegenwart des Bacteriuras festzustellen, sondern genauer in jedem
Lepra. — Typhus.
279
einzelnen Falle die Eigenschaften desselben zu studiren habe, eine
Wahrheit, die schon einleuchtet, wenn man die von den früheren
Forschern gegebenen Charakteristiken des Fraen kel’schen Coccus
mit einander vergleicht. Ref.] W. Kruse (Neapel).
Hicks, Edward H., Lepros y in the republic Columbia,
South America. (Brit. Med. Journ. No. 1558. 1890. p. 1060.)
In Columbia hat die Lepra in der letzten Zeit eine erschreckende
Verbreitung erfahren und nach der dermaligen niedrigsten Schätzung
beläuft sich die Zahl der Leprösen auf 18000 oder 3 pro mille der
Bevölkerung. Am häufigsten kommt die Krankheit in den feuchten,
niedrig gelegenen Gegenden vor, deren Temperaturen zwischen 17,5
und 23° C schwanken. Hingegen ist sie in den wärmeren Land-
strichen seltener anzutreffen. Für die kontagiöse Natur der Krank-
heit sprechen kräftige Beweise. In Gegenden, wo Lepra früher un-
bekannt war, erschien sie plötzlich, und zwar traten die ersten Fälle
kurz nach der Rückkehr von Einheimischen auf, welche Lepra in
einem anderen fernen Distrikte acquirirt hatten. Die Infektion scheint
aber nur dort stattzufinden, wo Gesunde und Lepröse im intimen
Familienverkehr Zusammenleben. Es ist kein Fall von der Geburt
eines leprösen Kindes bekannt. Obzwar die Kinder Lepröser im All-
gemeinen in den Pubertätsjahren oder noch später ebenfalls leprös
werden, so mögen doch viele dieser sogenannten hereditären Fälle
durch Ansteckung entstehen. Fische sind in den am meisten heim-
gesuchten Bezirken des Landes nicht erhältlich. Am empfänglichsten
für die Krankheit zeigen sich die Weissen, die Mischlinge von Weissen
und Indianern, dann die reinen Indianer, während Neger am selten-
sten von Lepra befallen werden. Kral (Prag).
Vincent, Prösence du bacille typhique dans l’eau de
Seine pendant le mois de juillet 1890. (Annales de l’In-
stitut Pasteur. 1890. No. 12. S. 772.)
Zur Isolirung der Typhusbacillen bediente sich Verf. eines schon
früher von ihm angegebenen Verfahrens. 6 Röhrchen von Pepton-
bouillon mit Zusatz von 0,7 promille Karbolsäure werden besät mit
5 — 50 Tropfen des zu untersuchenden Wassers und dann in einem
Thermostaten bis 42 0 belassen. Gewöhnlich genügen zwei Passagen in
dieser Lösung. Es können sich zwar in der karbolisirten Bouillon
auch verschiedene andere Arten entwickeln, aber diese sind leicht
vom Typhusbacillus zu unterscheiden, mit Ausnahme des Bacterium
coli commune. Zur Isolirung von letzterem dient schliesslich die
Plattenkultur.
Auf diese Weise untersuchte Verf. im Laufe des Juli 1890 sechsmal
das Seinewasser, fand jedesmal das Bacterium coli commune
in demselben und zweimal den Typhusbacillus, der vollständig die ihm
zugehörenden Charaktere aufwies. Zur Kontrolle verglich Verf. drei,
kürzlich von Cassedebat als „Pseudotyphusbacillen“ beschriebene,
ebenfalls aus Seinewasser stammende Arten. [Bei letzteren war
eine Verwechselung allerdings ausgeschlossen, da die eine derselben
280
Typhus.
die Gelatine verflüssigt, die andere auf Kartoffeln braun wächst, die
letzte auf Bouillon ein dichtes Häutchen bildet. Ref.]
Büchner (München).
Anbert, Relation d’une 6 p i d 6 m i e de fievre typhoide
qui a s 6 v i sur le 23« r 6 g i m e n t d’infanterie et sur la
Population de la ville de Bourg, en dücembre et en
j an vier 1888 — 1889. (Arch. de m6d. et de pharm, milit. 1890.
No. 2. p. 81.)
Die Typhusepidemie ergriff gleichzeitig die Civil- und Militär-
bevölkerung der Stadt Bourg-en-Bresse (Ain) mit ca. 7000 Einwoh-
nern, und zwar erkrankten während der beiden Monate Dezember 1888
und Januar 1889 22 Soldaten vom 23. Infanterie-Regiment (mit
einem Effektivstande von 910 Mann) und in den verschiedenen Stadt-
theilen 52 Personen aus allen Gesellschaftsklassen. Die Stadt wird
mit dem Wasser der Quellen von Lent versorgt, zum Theil wird
Grundwasser benutzt. Diejenigen Strassen und Etablissements mit
einer Bewohnerzahl von 4500 Seelen, welche auf das Grundwasser
angewiesen sind, hatten keinen einzigen Typhusfall zu verzeichnen.
Das Quell wasser wurde an verschiedenen Stellen der Wasserleitung
unmittelbar in der Autfanggallerie, aus dem Reservoir, in der Stadt
und in der Kaserne entnommen und von Chantemesse, Vail-
lard und von Ogi er zu wiederholten Malen einer bakteriologischen
Untersuchung unterzogen. Nur einmal konnte in dem Wasser, das
aus der Kaserne, und zwar aus dem neueren Gebäude derselben her-
rührte, in einer am 28. Dezember entnommenen Probe von Vail-
lard der Typhusbacillus neben 17000 (zumeist aus Fäkalien stam-
menden) Keimen pro ccm konstatirt werden. In dem Wasser des
älteren Kasernengebäudes fanden sich sogar 30900 Keime pro ccm
vor, der Typbusbacillus war indes hier nicht nachzuweisen. Ogier
erhielt aus demselben Wasser nur mehr 5000 Kolonieen pro ccm,
nach den etwas spärlichen Angaben zu schliessen, wahrscheinlich von
den gewöhnlichen Wasserbakterien herrührend. In weiteren, am
18. Februar entnommenen Wasserproben von den sämmtlichen früher
erwähnten Stellen war die Keimzahl nach Vaillard eine sehr ge-
ringe geworden und nur das Wasser aus der Kaserne enthielt noch
eine namhaft grössere Anzahl von Bakterien. Trotz der einander
widersprechenden Resultate der bakteriologischen Untersuchungen
muss das Quellwasser von Lent als der Träger und Verbreiter des
infektiösen Agens angesehen werden. Wahrscheinlich geschah die
Verunreinigung des Wasser bereits an den Quellen selbst, da die
Wiese, auf welcher sie entspringen, zur Deponirung von Dünger be-
nutzt wurde und ihrer Lage zufolge auch die atmosphärischen
Niederschläge der Nachbarschaft aufnimmt und zurückbehält. [Die
so auffällig verschiedenen Resultate der bakteriologischen Untersu-
chung scheinen wohl auch darauf zurückgeführt werden zu können,
dass zwischen Entnahme und Untersuchung bezw. dem Plattengiessen
eine verschieden und unbekannt lange Zeit verstrich, während welcher
eine nicht kontrollirbare Vermehrung oder Verminderung der Keime
eintreten konnte, selbst wenn alle sonstigen Vorsichtsmaassregeln
Typhus. — Malaria.
281
streng beobachtet wurden. Nur sofortiges Plattengiessen oder An-
legen Es mar ch’ scher Röhrchen unmittelbar bei der Entnahme an
Ort und Stelle sichert ein einwandfreies Resultat. Ref.]
Kral (Prag).
Cassedebat, Le bacille d’Eberth-Gaffky etlesbacilles
pseudo-typhiques dans les eaux de ri viere. (Annales
de T Institut Pasteur. 1890. No. 10. p. 625.)
Im Wasser der Durance, welches den grössten Theil des oft en-
demisch und epidemisch von Typhus ergriffenen Marseille versorgt,
gelang es Yerf. nicht, den Bacillus von Eberth aufzufinden. Da-
gegen fanden sich oft Mikroben, welche grosse Aehnlichkeit zeigten
und nur durch ein sorgfältiges Studium vom Typhusbacillus unter-
schieden werden konnten. Hauptsächlich drei derartige Formen wur-
den isolirt, von Verf. insgesammt als „bacilles pseudo-typhi-
ques“ bezeichnet, und diese wurden nach den verschiedensten Rich-
tungen, namentlich durch Kultivirung in allen möglichen Nahrme-
dien mit dem echten Typhusbacillus in Vergleich gesetzt. Dieselben
zeigten eine Reihe von Verschiedenheiten, theils von letzterem, theils
auch unter sich, konnten aber auch mit anderen ähnlichen, bereits
beschriebenen Bacillenarten nicht identifizirt werden. Uebereinstim-
mend mit dem echten Typhusbacillus verhielten sie sich unter aoderm
bezüglich des Wachsthums auf Kartoffeln und der Kolon ieenform auf
Gelatineplatten.
Schliesslich studirte Verf. das Verhalten des ächten Typhusbacil-
lus im Wasser. In sterilem Wasser konnte derselbe 44 Tage nach
der Aussaat noch nachgewiesen werden. Bei Zugabe von 6 ver-
schiedenen Arten von Wasserbakterien gelang der Nachweis noch nach
16 Tagen. Verf. hält demnach dafür, dass der Typhusbacillus einige
Zeit im Wasser leben kann, aber er ist weit davon entfernt, das
Wasser etwa als ein günstiges Medium für denselben zu betrachten,
und er warnt vor den Angaben verschiedener Autoren, welche den
Typhusbacillus in grossen Mengen im Wasser gefunden haben wollen.
Die Kolonieen der Pseudo-Typhusbacillen und verschiedener anderer
Mikroben seien zu leicht mit jenen der echten Typhusbacillen zu ver-
wechseln. Auch der Befund von Typhusbacillen im Wasser der Seine
zu Ivry durch Thoinot sei nicht absolut gesichert, ebensowenig
die Angaben von Chantemesse und Widal. Man müsse daher,
in Uebereinstimmung mit W eichs el bäum , gegen alle Behaup-
tungen von positiven Befunden im Wasser misstrauisch sein, sofern
dabei gründliche vergleichende Studien fehlen.
Büchner (München).
Bignaini , Ricerche sull’ anatomia patologica delle
perniciose. [Istituto d’anatomia patologica di Roma.] (Atti
della R. Aceademia Medica di Roma. Anno XVI. Serie II. Vol. V.)
Ein grosser Theil der in dieser Arbeit niedergelegten Resultate
wurde schon auf dem 2. italienischen Kongress für innere Medicin
(in Rom 1889) durch Marchiafava bekannt gegeben. Man sehe
das Referat darüber in No. 13 des VIII. Bandes dieses Central-
282
Malaria.
blattes. Einiges ist hier nachzutragen. Es handelt sich um die
Leichenuntersuchung von 20 Fällen von Malaria perniciosa,
von denen in 14 Fällen alle wichtigen Organe (Gehirn, Milz, Leber,
Nieren, Lungen, z. Th. auch Knochenmark, Magen und Darm) genau
mikroskopisch studirt wurden. Die Untersuchung konnte meist (nach
einer Privatmittheilung an den Ref.) wenige Stunden nach dem Tode
vorgenommen worden. Als Fixationsmittel dienten vorzüglich Alko-
hol absol. oder eine l°/oige wässerige Sublimatlösung, der 0,75 °/o
wässeriges Chlornatrium und 1 % Essigsäure zugefügt waren
(| bis einige Stunden in dieser Lösung, je nach der Grösse des
Stücks, dann in jodhaltigen Alkohol und Alkoh. absol.). Zur Färbung
der Schnitte wurde wässrige Safraninlösung (A d am k ie w icz),
L o e f f 1 e r ’sches alkalisches Methylenblau, wässrige Bismarckbraun- oder
Magentarothlösung benutzt. Diese letzteren beiden Substanzen er-
wiesen sich besonders nützlich zur Hervorhebung der Plasmodien,
namentlich der amöboiden kleinen Formen und der Sporen. Die
Halbmonde Laveran’s färbten sich weniger gut, manchmal gar
nicht.
Was die einzelnen Organe angeht, so bezieht sich der von
M a r c h i a f a v a beschriebene Befund (vergl. obiges Referat) im, Gehirn
nur auf die Fälle von Perniciosa comatosa. In einem Fall von
Perniciosa algida fehlte hingegen die charakteristische Injektion
der Kapillaren der grauen Substanz mit parasitenhaltigen rothen
Blutkörperchen und ebenso die Degeneration der Kapillarendothelien.
Desgleichen in einem Fall von Quartana.
In der Milz wiegt der Prozess der Phagocytose im Allgemeinen
vor. Die Zahl der Makrophagen, die Pigment öfters in der für den
Parasiten charakteristischen Anordnung, oder plasmodienhaltige ent-
färbte Blutkörperchen, nicht selten auch Sporulationsformen (Rosetten)
einschliessen , ist m der Milzpulpa ausserordentlich gross, daneben
sehr beträchtlich die Zahl der freien plasmodienhaltigen Blutkörper,
während die zuführenden Kapillaren nur freie rothe Blutkörperchen
mit Parasiten im Innern enthalten, und die Venen oft nur normale
Blutkörperchen nebst Phagocyten aufweisen. In einigen wenigen
Fällen ist die Phagocytose nicht deutlich.
Das Knochenmark zeigt eine enorme Anhäufung von Parasiten
im fortgeschrittenen Stadium und ausgesprochene Phagocytose.
Was die Vertheil ung der Parasiten im Gefässsystem betrifft, so
ist ihre Zahl im Gebiet der Kapillaren und kleinen Arterien immer
viel grösser, als in den Venen und grösseren Gefässen. Die weiter
vorgeschrittenen Formen und die Sporulationsstadien finden sich be-
sonders in einzelnen Kapillargebieten. Obenan hierin steht das Ge-
hirn, dann folgen die Lungen, die Milz, das Knochenmark, die Leber,
der Darm, welcher letztere nur in einigen Fällen (Perniciosa colerica)
die übrigen Organe übertrifft. Die Halbmonde und verwandte Formen
sind in der Milz und im Knochenmark am reichlichsten zu treffen,
nur in einem Fall (Perniciosa apyretica comatosa) wurden sie auch
im Gehirn gefunden. Dieser Fall ist auch dadurch interes-
sant, dass im Blute fast ausschliesslich und in reichlichster Weise
Parasiten, die in den Cyklus der Halbmonde gehören, vorhanden
Malaria.
283
waren, dabei aber die Sporulationen in keiner Weise von den ge-
wöhnlich im Entwickelungsgang der kleinen amöboiden Formen auf-
tretenden sich unterschieden, wie Verf. gegenüber der von Canal is
gegebenen abweichenden Schilderung der Sporenbildung hervorhebt.
Anlangend die vielumstrittene Frage nach der Entwickelung und
Bedeutung der Halbmonde glaubt Verf. die Thatsachen der kli-
nischen und mikroskopischen Beobachtung am besten folgender-
maassen erklären zu können:
Die Halbmonde sind Zustände des Parasiten, die dem Tode, der
Degeneration verfallen, keiner weiteren Entwickelung fähig sind.
Sie gehen aus Sporen hervor, die von den gewöhnlich im Lebens-
kreislauf der kleinen amöboiden Formen auftretenden anscheinend
nicht abweichen, sich aber durch eine langsamere Entwickelung in-
nerhalb des Blutkörperchens auszeichnen. Dieses langsame Wachs-
thum führt durch ein Zwischenstadiurn (endoglobuläre, kleinere, ovale,
oder runde, pigmentirte Körper) eben zu den grossen Halbmonden
(oder ovalen Formen), oder aber auch zu einer ganz der gewöhn-
lichen Sporenbildung entsprechenden Fruktifikation. Die Fähigkeit
der Sporen, die sie im Anfang der Krankheit haben, sich rapid im
Innern der rothen Blutkörperchen zu entwickeln und immer neue
ebenso aktive Generationen zu bilden, geht ihnen durch eine längere
Dauer der Infektion verloren oder wird ihnen durch Chinin genom-
men. Daher finden sich Halbmonde regelmässig erst im späteren
Stadium der Malariainfektion resp. in den fieberlosen Intervallen, die
zwischen den Recidiven liegen. Das Material für ihre Bildung lie-
fern Sporen, die in gewissen Organen (Milz, Knochenmark) einge-
schlossen, vielleicht in Phagocyten, die nicht im Stande sind, sie zu
vernichten, aufgespeichert liegen. Dadurch, dass die einschliessenden
Zellen früher oder später der Nekrose verfallen, werden die Sporen
frei und können sich entwickeln.
[Es handelt sich hier, wie auch Verf. zugibt, natürlich um Hy-
pothesen, deren eine, grundlegende, eine sehr erhebliche Resistenz
der „Sporen“ voraussetzt. Die Bezeichnung der Halbmonde geradezu
als nekrotischer Formen dürfte von Dem nicht acceptirt werden, der
die aus diesen hervorgehenden Geisselformen und freien Geissein
stundenlang in aktivster Bewegung gesehen hat. Ref.J
Auf die Ausführungen des Verf.’s, welche die Erklärung der
klinischen Symptome durch den anatomischen Befund bezwecken,
ist hier nicht der Ort, einzugehen. W. Kruse (Neapel).
Baker, Henry, Malaria and the causation of intermittent
fever. (Journ. of the Americ. Med. Assoc. Vol. XV. No. 16.
Chicago 1890.)
Der Verf. sucht zu zeigen, dass die Malaria wesentlich von
atmosphärischen Verhältnissen abhängig ist, insbesondere von der
Temperatur, und glaubt, dass sich diese Anschauung sehr leicht mit
derjenigen vereinigen lässt, nach welcher die Malaria durch Mikro-
organismen hervorgerufen wird. Doch scheint der Verf.“ mehr
der Ansicht zu sein, dass die Organismen nicht die Ursache der
284
Malaria.
Krankheit sind, sondern dass diese vielmehr in der Einwirkung
raschen Temperaturwechsels auf den Körper zu suchen ist. Die
Veränderungen an den rothen Blutkörperchen schreibt er der Ent-
ziehung des Chlornatriums durch den Schweiss zu. Er ist der An-
sicht, dass alle Krankheitserscheinungen ebenso gut mit als ohne
Parasiten erklärt werden können und kleidet seine Ansicht in die
Worte: „Es scheint eine allgemeine Thatsache zu sein, dass in der
That überall, wo ein höher organisirtes Wesen dem Verfall entgegen-
geht, Orgauismen auf diese Gelegenheit lauern, und dass dies in den
Fällen, wo der Verfallsprozess Elemente von mikroskopischer Grösse
betrifft, wie ich glaube, Mikroorganismen sind.“
Durch 3 statistische Kurventabellen erläutert der Verf. seine An-
sicht über die Beziehungen zwischen Temperatur und Malaria; hiernach
ist das Verhaltniss zwischen Temperatursteigerung und Zunahme der
Malaria allerdings ein auffallendes. Migula (Karlsruhe).
Titoff, H., Die diagnostische Bedeutung der Malaria-
parasiten. (Iuaug.-Diss.) St. Petersburg 1890. [Russisch.]
Verf. hatte Gelegenheit, 12 Fälle von Malaria genauer zu studiren,
die er folgendermaassen gruppirt: 1) 4 Fälle, in welchen es während
der ganzen Krankheitsdauer nicht gelungen ist, die Anwesenheit der
Plasmodien zu konstatiren; 2) 3 Falle, die, allem Anschein nach,
durch die halbmondförmige Varietät verursacht waren, und 3) 5 Fälle,
welche durch die für die Febris tertiana charakteristische Varie-
tät erzeugt waren.
Die Ergebnisse seiner Studien formulirt Verf. folgermaassen :
1) In gewissen Fällen von Malaria, in welchen die Chininbehand-
lung schon eingeleitet ist, gelingt es während der ganzen Krankheits-
dauer nicht, im Blute Plasmodien zu entdecken.
2) Die einzelnen Entwickelungsstadien der Plasmodien bei F e b ris
tertiana entsprechen den Phasen des Fiebers, obgleich nicht so
genau, wie es Golgi in seinem Schema angiebt.
3) Die beiden Generationen der Parasiten bei Febris tertiana
duplex können kurz vor Beginn des Anfalls mehr oder weniger
genau von einander unterschieden werden.
4) Längere Zeit vor Beginn des Anfalls ist eine derartige Unter-
scheidung schwer durchzuführen.
5) Das nach Golgi für den Parasiten der Febris tertiana
charakteristische Entfärben der rothen Blutkörperchen proportional
dem Wachsthuin des Parasiten bestätigt sich vollständig.
6) Einige Tage vor jedem Anfälle erscheinen die Parasiten im
Blute und sind somit beständige Vorboten.
7) Um hartnäckige Fälle von Malaria gründlich zu heilen, muss
die Chininbehandlung noch ca. 6 Tage nach Aufhören der Anfälle
audauern.
8) Die Malariaparasiten, welche iD gemässigtem Klima beobachtet
werden , unterscheiden sich nicht, von denjenigen , welche im süd-
lichen Klima. gefunden worden sind. Steinhaus (Warschau).
.Empyem. — Protozoen in Krebszellen.
285
Koplik, Henry, The Etiology of Empyema iß Children.
(Archive« of Pediatrics. 1800. October,)
Nach dem Vorgänge FraenkePs theilt Verf. die von ihm
bakteriologisch untersuchten Empyemfälle in 4 Gruppen. Bei den
3 Fällen der ersten Gruppe wurden die Eiterkokken, zweimal der
Streptococcus, einmal der Stapbylococcus pyogenes ge-
funden. Da dieser Befund keinen Rückschluss auf die Natur des der
Erkrankung zu Grunde liegenden Prozesses zulässt, blieb die Aetio-
logie dieser Fälle unaufgeklärt. Die 7 Fälle umfassende zweite Gruppe
enthielt ausschliesslich den Fraenkel-Weichseibaum’ sehen
Diplococcus pneumoniae in sehr virulentem Zustande. Zwei
derselben waren zur Zeit der Punktion noch serös; das Deckglas-
präparat zeigte neben zahlreichen Kapselkokken nur einzelne Eiter-
zeilen. Verf. nimmt mit Recht an, dass bei solchen Exsudate« die
eitrige Umwandlung in Bälde eiatreten wird und dass man früher
fälschlicherweise die Produktion als Ursache derselben beschuldigt hat.
Die dritte Gruppe bilden die Empyeme tuberculösen Ursprunges,
wohin auch diejenigen zu rechnen sind, in denen Mikroorganismen
überhaupt vermisst werden. In einigen Fällen wurden neben den
Tuberkelbaciilen noch Streptokokken im Eiter gefunden. Dies war
auch bei dem vom Verf. beobachteten Patienten, einem 8-jährigen
Knaben, der Fall. Die Höhle schloss sich auch nach Resektion meh-
rerer Rippen nicht.
Die vierte Gruppe, sekundäre Empyeme, ausgehend von einem
ausserhalb der Lunge gelegenen Infektionsherde, ist gleichfalls nur
durch einen Fall, ein viermonatliches Brustkind, repräsentirt. Dasselbe
litt schon seit längerer Zeit an einer Eiterung am Fuss, als das
Empyem diagnostizirt wurde. Der Eiter enthielt K.ettenkokken, -die,
auf Thiere (weiche? Ref.) veriropft, multiple Abscesse in Leber und
Lunge, Gelbsucht, Miiztumor, Tod hervorriefen. Auch der kleine
Patient erlag zwei Tage nach der Operation unter Erscheinungen
der Pyämie. Escherick (Graz).
Schlitz , U e b e r die Protozoen- und Coccidienartigen
Mikroorganismen in Krebszellen. (Münch. roed. Wochensch.
1890. No. 35.)
Verf. hat die von Siegenbeek van Heukelora und Nils
Sjö bring kürzlich in Krebszellen nachgewiesenen amöboiden Formen,
welche nach der Vorstellung jener Forscher organisirte Lebewesen
sind und die epithelioide Proliferation des Karcinomgewebes in ähn-
licher Weise bedingen, wie gewisse Coccidien beim Salamander
W ucherungen im Darmepithel hervorrufen (Steinhaus. Vi r c h o w 1 s
Arch. Bd. XV. Heft 1), gleichfalls gesehen. Er vermochte aber fest-
zustellen, dass diese Bildungen sich der F 1 emmi n g’ sehen Färbuug
gegenüber vollkommen wie rothe Blutkörperchen verhalten. Er hält
es daher nicht für ausgeschlossen, dass es sich bei den erwähnten
Beobachtungen um eine Verwechselung mit rothen Blutkörperchen ge-
handelt bat, zumal diese nach den Beobachtungen von Klebs und
dem Verf. selbst bei Karciuow nicht selten aus den Gefissen aus-
treten, in Zellen eindriegen und bei dieser Wanderung die mannig-
IX. Bd.
286
Pfeilgift (Tetanus). — Thierisehe Parasiten.
fachsten Formveränderaugen erfahren. Die als Sporencysten be-
schriebenen Gebilde hält Verf. für eigenthümlich veränderte Leuko-
cyten. Er sieht sich in seiner Auffassung durch die Thatsache be-
stärkt, dass durch Beobachtung von ungefärbten» und ungehärtetem
Krebsgewebe die fraglichen Mikroorganismen im lebendigen Zustande
bisher noch nicht nachgewiesen seien. Kübler (Oldenburg).
Ledantec, Origine tellurique du poison des fleches des
naturels des N ouve lies- H6bri des (Oc6anie). (Annales
de l’Institut Pasteur. 1890. No. 11. p. 71G.)
Die vergifteten Pfeile der Eingebornen der Neuen Hebriden er-
zeugen Tetanus, wie aus einer Reihe bekannt gewordener Fälle sich
ergibt. Verf. hatte als Marinearzt Gelegenheit, im Laboratorium zu
Noumea Versuche über die Natur des verwendeten Gift- resp. In-
fektionsstoffes anzustellen. . Die subkutanen Impfungen mit abgeschab-
tem Gift von Pfeilen älterer Herkunft hatten anfangs (bei Hunden,
Kaninchen und Ratten) keinen Erfolg, waren aber bei den für Te-
tanus am meisten empfänglichen Meerschweinchen erfolgreich. Gleich-
zeitig gelang es auch, durch einen Kanaken von den Neuen Hebriden
Näheres über die Herstellung der Giftpfeile zu erfahren. Die Pfeil-
spitze, welche gewöhnlich aus einem menschlichen Knochen besteht,
wird zuerst mit Baumharz überzogen und dann, wenn dieses an der
Luft eingedickt ist, mit Sumpfschlamm bestrichen, den man antrocknen
lässt. Die so bereiteten Pfeile verlieren mit der Zeit, vermuthlich
durch Einwirkung vou Trockenheit und Licht, an Wirksamkeit und
werden schliesslich ungiftig. Büchner (München).
Pintner, Th., Neue Beiträge zur Kenntniss des Band-
wurmkörpers. (Arbeiten aus d. zool. Inst. d. Universität Wien.
Bd. IX. Heft 1. 28 Seiten. Mit 2 Tafeln.)
II. Zur Frage des Begattungsaktes bei den Band-
würmern. (p. 1 — 17.)
Verf. gibt eine ausführliche Zusammenstellung der Litteratur
über die Begattung bei den Trematoden und kommt zu dem Schlüsse,
dass der Laurer’sche Kanal für gewöhnlich als Vagina funktionire,
und die Selbst- oder Kreuzbegattung durch die Uterusmündung nur
nebenbei statthabe1)- Betreffs der Begattung bei den Cestoden theilt
er zwei interessante Beobachtungen mit: erstens sah er 2 Glieder
von Anthobothrium Musteli van Ben. in Wechselkreuzung, sodass
der Penis des Einen in die Vagina des Andern geführt war und um-
gekehrt, und ausserdem ein Glied desselben Bandwurmes in Selbst-
begattung.
III. Einiges über die weiblichen Geschlechtsorgane
derTetrabothrien. (p. 17 — 26.)
Verf. beschreibt eine schon von R. Moni eza) beobachtete, aber
seitdem in den Cestodenarbeiten nicht berücksichtigte Bildung des
1) Ref. ist anderer Meinung, wie er in der Originalmittheilung dieser Nummer des
weiteren auseinandergesotzt bat.
Moniez, R, Mdmoires sur les Cestoides Premiere partie. Pari» 1881.
Thicrisebe Parasiten.
287
weiblichen Geschlechtstractus , die er als Schluckapparat anspricht.
Es ist ein muskulöses Gebilde, das hart am Ovarium am Anfänge des
Ovidukts seinen Ursprung nimmt und dazu dienen soll, die reifen
Eier aus dem Ovarium in den Eileiter zu pumpen. Vorhanden ist
dieser Apparat nach Verf.’s Vermuthung bei allen Bandwürmern, aber
bei Echinobothrien und Tetrabothrien stärker entwickelt, als bei Te-
tr&rhynchen, Taenien, Bothriocephaliden und Liguliden.
G. Brandes (Halle a. S.).
Monticclli, Fr. Lay., Elenco degli elminti studiati a
Wimereux nella primavera del 1889. (Bull, scientif. de la
France et de la Belgique. Tom. XXII. 1890. pg. 417—444. 1 pl.)
Die Arbeit bringt theils fatalistische, theils anatomische Daten
und behandelt:
A. Trematodes:
1) Tristomum molae B!. — Bemerkung über die Anordnung
der Muskeln im hinteren Saugnapfc.
2) Epibdella soleae v. Ben. et Hesse; ursprünglich als Pliyl-
lonella soleae beschrieben, kann diese Form von der Gattung
Epibdella nicht abgetrennt werden; das Genus Pkyllonella ist
also zu streichen.
3) Pseudocotyle squatinae v. Ben. et Hesse auf Squa
tin a an gelus.
4) Udonella lupi v. Ben. Hesse auf Caligus von Labrax
1 u p u S.
5) Udonella n. sp. (?) auf Caligus von Platessa fl esu s.
6) Octoeotyle merlangi Kuhn auf Gadus merlangus
(Kiemen).
7) Octoeotyle scorabri Kuhn auf Scomber scombrus
(Kiemen).
8) Onohocotyle appendiculata Kuhn auf den Kiemen
von Galeus canis.
9) Diplozoon paradox um Nordm. auf den Kiemen von
Gasterosteus aculeatus.
10) Axine belones Ab. auf den Kiemen von Bolone vul-
garis.
11) Distomum laticolle Rud. in Caranx trachurus;
ausgezeichnet durch einen Krauz von blattförmigen Anhängen um die
Mundöffnung und durch je sechs schröpfkopfartige Anhänge au deu
Seiten des Halses.
12) Distomum varicum 0. F. Müll, in Trigla gurnar-
dus, auch an den Kiemen.
13) Distomum luteum v. Ben. in Scyllium stellare;
wird ausführlich beschrieben ; das Thier ist ganz bedornt, besitzt sehr
kurze Darmsehenkel, zwei vor dem Keimstock gelegene Hoden und
linksseitigen Genitalporus
14) Distomum megastomum Rud. aus dem Magen vou
Mustelus vulgaris und der 1 eibeshökle eines Krebses (Maja)
15) Didymozoon scombri Taschbg. am Gaumen von S c o m
ber scombrus.
19*
288
Thferiscbe Parasiten
B. Ceßtodes.
1) Sehistocephalus dimorph us Crepl. in Gastercsteus
aculeatus.
2) Bothriocephalus microcephalus Rud. aus Orthago-
r i s c u s m o 1 a,
3) Bothr. punctatus Rud. iu Rhombus maximus.
4) Bothr. belones Duj. im Belore vulgaris uud neuer-
dings von Lönnberg (cf. dies. Centralbl. Bd. VI. pag. 611) zum \ er-
treter eines neuen Genus P t y c h o bo t hr i uin erhoben, wogegen Mon-
ti colli opponirt.
6) E cliincbothriuin typus v. Bea. im Magen von Raja
elavata, wohin dieser Wurm wahrscheinlich durch Amphipoden
eingefiihrt wird; die aus Mollusken (Nassa, Solen) bekannten Plero-
cercoiden von Echinobothrium gehören einer anderen Art an.
6) Tetrabothrium m&crocephalum Rud. im Darm von
Colymbus s ep t6 u t r i o n al i s.
7 An t h o bo t h li um cornucopiae v. Ben. im Darm von
Gaieus canis.
8) Echeneibothrium variabile v. Ben. im Darm von
Raja cla va t a.
9) Phyllobothrium tri da x v. Ben. im Darm von 8qua-
tina angelus.
10) Phyllobothrium lactuca v. Ben. im Dann von Mu-
stelus v ulgaris.
11) Mouorygma gracile Oie. im Darm von Acanthias
yulgaris.
12) 0 ry gm atob o th r ium rersatile Dies, im Darm von
Mustelus vulgaris.
13) Calliobothrium uacinatum Rud. im Dann von Raja
cl a v a t a.
14) Calliobothrium verticillatum Rud. Finne in Can-
cer m oenas.
15) Calliobothrium Leuckartii v. Ben. in Mustelus
vulgaris.
16) Calliobothrium eorollatum Ab. in Scyllium ca-
n i c ul a.
17) Calliobothrium filicolle Zsch. Finne in Pl6uro-
b r achi a pi 1 eus.
18) Tetrabotbriorhynchus affinis Dies, in Aoanthias
vulgaris.
19) Dibothriorhynchus tenuis Wedl. Jugendstadium in
Ammodytes t o b i a n u s.
20) Dibothriorhynchus ruficoliis Eys. in Mustelus vul-
garis, die Larve in Pilum a u 8 hirtellus. M. Brau n (Rostock).
Montieelli, Fr. Lav., Note elmint ologiche. (Boll. soc. di na-
turalisti in Napoli. Ser. I. 1890. pg. 189 — 208. c. 1 tav.)
Diese Note bringt eine Reihe kleinerer Mittheiluagen über ver-
schiedene Trematodeu und Cestcden; zuerst erhalten wir eine kurze
Charakteristik des neuen Genus Acan thocotyle, welches zu den
Thierisclie Parasiten.
289
Tristomeen gehört und von anderen Gattungen dieser Gruppe durch
die Anordnung des Genitalapparates und durch das Verhalten des
hinteren Saugnapfes sich unterscheidet. Es liegt nämlich die männ-
liche Genitalöffnung bauchseitig und in der Mittellinie hinter der
Bifurkation des Darmes, die Geburtsöffnung ist am rechten Körper-
rande und die Mündung der Vagina rechts von der männlichen öeffnung
gelegen, wogegen der hintere Saugnapf statt, der bei den Tristomen
so häufigen musculösen Radien etwa 20 radiär angeordnete Haken-
reihen trägt. Zwei Arten werden erwähnt: Ac. Lobianchi und
A. ei eg ans, die erstere auf der heilen Bauch-, die letztere auf der
dunklen Rückenseite von Raja clavata lebend und von einander
durch die Grösse sowie die Form der Haken im Saugnapf unterschieden.
Darauf folgt die Beschreibung von Pseudo cotyle minor
d. sp., auf der Rückenfläche eines Haifisches, Scyllium canicula
lebend.
In Bezug auf Amphibdella torpedinis, deren Zugehörig-
keit zu den Gy r od a c ty i i d e n Monticelli zuerst erkannt hat
(ci. dies. Centralbl. Bd. VII. p. 517), geht der Autor noch weiter als
Parona und Perugia (cf. dies. Centralbl. Bd. VII p. 776), da er
für diese Form nicht einmal ein besonderes Genus beibehalten wissen,
sondern sie direkt zu Tetracnchus stellen will. Zweifellos sind
die Beziehungen von Amphibdella zu Tetraonchus sehr nahe,
doch finden sich Differenzen genug, welche die generische Trennung
vorläufig rechtfertigen.
Von Rexa cotyle wird konstatirt, dass ausser den sechs
grossen Saugnäpfen des Hiuterendes noch zwei kleine, median gele-
gene und oft übersehene Vorkommen.
im Darm von C entrolophus pompilius kommen zwei Bo-
thriocephaiusartee vor, die schon Diesing und Wagener kann-
ten, aber in ihren verschiedenen Publikationen verwechselten; M. entwirrt
die Synonymie und gibt die Differentialdiagnose für Amphicotyle
typica Dies. (== Bothr. centr clophi Dies. = Dibothrium
h eteropleur u m Dies, und Wagener) und Bothriocep’nalus
Wageneri Mont. (— Di bothr. heteropleurum Dies. p. p, =
Dibr. Centrolophi porapilii (Wagen.) Dies.
Des Weiteren folgt eine eingehende Beschreibung de3 von Ley-
dig 1853 in Polyp terus bichir endeckten Teirabothrium
poly p teri Leyd., Jas Di csi ng als Poiyo n ch o bo t hri um sep-
t i c o 1 1 e in sein System der Cephalocotyleen aufgenommen
hat. Die Untersuchung der D i esi n g’schen Originale ergab nun,
dass gar nicht ein Teirabotbride, sondern ein Bothr iocephalus
im weiteren Sinne vorliegt, der mit B. microcephalus den Besitz
von Stacheln auf der Scheitelfiache des Scolex gemein hat. Mon-
ticelli schlägt nun vor, diese beiden Arten (B. microcephalus
Rud. und Tetrab. polyp teri ~ Polyonchobothrium sep-
ticolie Dies.) zu einem Genus zu vereinigen, das er Anchi-
strocephalus nennen will.
Von der Taenia phocarum des Fabricius (1791) — aus
dem Darme von Phoca barbata, welche Rudolphi als Tae-
nia anthocephala, Diesing alsTetrabothriumanthocepha-
290
Botbriocepbalus microcephalus.
lum und Krabbe als Bothriocephalus phocarura anführen,
ergab die Untersuchung der Krabbe’schen Originale, dass dieselben
wegen ihrer Kopfform von Bothriocephalus zu trennen ist; M.
bildet für sie ein neues Genus: Pyr amicocephal us.
Endlich folgen Angaben über die Krabbe’sche Gattung Dip lo-
co tyle, einen nicht gegliederten, zu den Bothriocephalen gehö-
rigen Cestoden, von dem ein Vertreter aus dem Darm von Salrno
carpio (D. Olriki Kr.), und einer (D. Kudolphi Mont.) aus
Solea vulgaris und impar beschrieben werden.
M. Braun (Rostock).
Montlcelli, Fr. Lav., Di una forma teratologica di Bo-
thriocephalus microcephalus. (Boll. della societä di Na-
turalist! in Napoli. Ser. I. 1890. pg. 128—130. c. 3 üg.)
Von diesem in Orthagoriscus mola lebenden Bandwurme
wird eine interessante Missbildung beschrieben; der ganze Wurm
misst 1 1,3 cm. Der hintere Theil, an dem die Endproglottis vor-
handen ist, ist normal gebildet; an der Grenze des vorderen Drit-
tels gabelt sich die Strobila in zwei ungleiche und völlig getrennte
Stücke. Das eine ist nur kurz und besteht aus 4—5 Gliedern, das
andere ist lang und trägt am Ende den Kopf.
Derartige Gabeiungeh nach vorn zu sind nocht nicht beobachtet
worden, doch kennt man solche des Hintereudes bei verschiedenen
Cestoden, die zum Theil wenigstens durch eine weitgehende Fen-
sterung der Strobila entstanden sind. Auch Monticelli nimmt
zur Erklärung des vorliegenden Falles an, dass der normale Ab-
schnitt ursprünglich gefenstert war, dass dann ein Weiterschreiten
des Schwundes bestimmter Abschnitte der Proglottiden eine völlige
Trenuung dieser Strecke der Länge nach bewirkte, und dass endlich
der grössere Theil der einen Hälfte abgestossen wurde.
M. Braun (Rostock).
Sonsino, P., Notizie di trematodi della collezioue del
museo di Pisa. (Extr. Proc. verb. Soc. Tose. d. scienz. nat. G
luglio 1890. 6 pg. 8°.)
Die vom Autor früher beschriebene Octocotyle arcuata (vou
den Kiemen von Lichia amia) erkennt derselbe als identisch mit
Vallisia striata Par. et Per. (cf. d. Centralbl. VII. pg. 774) an,
kann sich jedoch nicht entschliessen, die Nothwendigkeit. der Kreirung
einer neuen Gattung zuzugeben, da nach seiner Meinung die sonder-
bare Körpergestalt dieser zu den Octobothrien gehörigen Termatoden
allein durch eine abnorme Kontraktion hervorgerufen ist. Original-
exemplare dieser Form haben den Ref. überzeugt, dass von einer
abnormen Kontraktion nicht die Rede sein kann; es ist aller Grund
für die generische Abtrennung vorhanden.
Des Weiteren folgen kurze Notizen über Distomum fraotum
Rud. (aus Box salpa), D. contortum R. (aus Orthagoriscus
mola), D. nigroflavum R. (ebendaher), D. fasciatum Rud. (aus
Serranusscriba), D. microsomum R, (ebendaher), D. capitel-
latum R. (aus UranoscopuB sc aber), D. Polonii Mol. (aus
Untersuebunesmethodeu, Instrumente etc.
291
Caranx trachurus), D. Fabenii Mol, (aus Cantharus linea-
tu s) und Kollikeria filicollis Cobb. (von Brama ßaji).
M. Braun (Rostock).
Sonsino, P., Un nuovo Distoma del sotto-genere Polyor-
chis Stoss. (Proc. verb. della Soc. Tose. d. scienze natur. 6
luglio 1890. 8U. 3 pg.)
Der Autor beschreibt unter dem Namen Distomum formo-
sum n. sp. ein zur Untergattung Polyorchis Stossich gehörendes
Distomum aus dem Darmkanal von Grus cinerea Bechst., das
mehr als 200 Hoden und eine Länge von etwa 30 mm besitzt. Die
Saugnäpfe sind gross, besonders der Bauchsaug napf, welcher 1,5 mmr
die Hälfte der ganzen Breite des Thieres erreicht.
M. Braun (Rostock).
Sousiiio, P., Un nuovo Heterakis del Gallus domesticus.
(Extr. Proc. verb. Soc. Toscan. di scienz. nat. 6 luglio 1890.
8°. 2 pg.)
Die neue, im Darm des Haushuhnes zu wiederholten Malen in
Pisa gefundene Art (H. differens n. sp.) ähnelt der bekannten
Heterakis vesicularis Fröl. desselben Wirthes, ist aber grösser
(bis 15 mm), entbehrt der drei Mundlippen, besitzt zwei gleiche
Spicula, einen deutlich abgegrenzten Pharynx und entbehrt der Flügel
in der Bursa, sowie des verdickten Ringes im Saugnapf; auch die
Eier bieten Differenzen. M. Braun (Rostock).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Nikiforoff, Michael, Ein Beitrag zu den Kulturmethoden
der An aeroben. (Zeitschr. für Hygiene. Bd. VIII. S. 489.)
Verf. bediente sich zu seinen im Ga ffky’ sehen Laboratorium
ausgeführten Untersuchungen der Büchner 'sehen Methode der Züch-
tung der Anaeroben mit Erfolg im hängenden Tropfen, indem
er zwischen den Rand des Hohlschliffes des Objektträgers und dem-
jenigen des mit dem geimpften Bouillontropfen versehenen und mittelst
einer Vaselinschicht bereits anhaftenden Deckgläschens auf der einen
Seite eine Platinöse voll starker Pyrogallussäurelösung und nach der
Verschiebung des Deckgläschens auf der entgegengesetzten Seite eine
gleiche Menge Kalilösung einffiessen liess, worauf sich nach richtiger
Lagerung des Objektes die an der Berührungsstelle beider Gläser
hinfliessenden Lösungen, eventuell durch leichte Neigung des Präpa-
rates, mischten. Zur Vermeidung der Störungen, welche das beim
Herausnehmen solcher Präparate aus dem Brütschrank entstehende
Kondenswasser verursacht, empfiehlt N. die Verwendung von Objekt-
trägern mit eingeschliffener Rinne und als noch besser den von F. E.
Schulze angegebenen. Der im Innern der feuchten Kammer durch
die Luftverdüunung erfolgenden Verdunstung und Konzentrations-
Yenaehrung des Bouillontröpfchens begegnet Verf. durch Verwendung
292
Untcrauchungsmetlioden, Jostrumente etc»
frisch gekochter, mit J/4 bis J/3 destillirten Wassers verdünnter Pep-
tonbouillon.
Ferner beschreibt N. eine Kultivirungsraethode der Anaerobien
in Bouillon resp. in anderen flüssigen Nährböden, unter Luftausschluss.
Ein Reagensröhrchen wird zu beiden Seiten in einem Abstand von
3 — 5 cm zu" je einer gleichmässig dünnen, etwa 1 — 2 mm im Durch-
messer haltenden Röhre ausgezogen. Die untere Kapillare wird
3 — 4 cm vom weiteren Tboile entfernt, abgeschraolzen, und die obere,
etwa 25 cm lange, in einer Entfernung von 8—10 cm umgebogen,
nach vorgäugiger Erwärmung der Luft des ganzen Rohres etwas
steriles Wasser einslrömen lassen und dana dadurch mit Bouillon,
verflüssigter Gelatine, Milch u. dgl. beschickt, dass man das umge-
bogene Kapillarrohr dicht über die Oberfläche der in einem Reagens-
glas befindlichen Nährflüssigkeit hält, das im Rohre befindliche Wasser
zum Kochen bringt, bis es fast verdampft ist, und dann das Kapiliar-
rohr in die Nährflüssigkeit taucht, welche alsbald ins Kulturgefäss
stürzt, worauf die Abschrnelzung des umgebogenen Theiles erfolgt.
Blutserum muss mit Hülfe eines an beiden Enden offenen Kulturge-
fässes eingesogen werden [ähnlich einem der von Roux1) ange-
gebenen Verfahren, Ref.'J. Zur Beiropfung wird das abgeschmolzene
Ende wieder abgebrochen, ein kurzes, ganz feines, mit dein Impf-
material gefülltes Haarröhrchen eingeführt, mit der Platinnadel weiter
geschoben und das Ende von Neuem zugesehmoizen. Die Prüfung mit
alkalischer Pyrogallussäurelösung, sowie mit aeroben und auaernben
Bakterien bestand der Apparat. Dabei beobachtete Verf., dass flüssiges
Blutserum durch die in ihm gezüchteten Tclanusbacillen unter Ab-
Scheidung von wenigem, klaren Serum koaguiirte, auch gelang ihm
eine Züchtung dieser Bakterien in Bouillon und Milch, weich letztere
dabei nicht gerann. Weisse Hefe wuchs unter Luftabschluss nicht.
Bei Verwendung von Gelatine dessen sich die im kapillaren Theil des
Rohres zur Entwickelung gekommenen Keime gut mit dem Mikroskop
beobachten. Heim (Würzburg)
Blücher, Hans, Eine Methode zur Plattenkultur anae-
rober Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. VIII. S. 499.)
Eine zur Aufnahme des besäten Nährmaterials bestimmte Glas-
schale wird in einem federnden Drahtring, welcher 3 als Füsse dienende
Ausläufer hat, befestigt, in eine zweite grössere Glasschale gesetzt und
mit einem mit Blei beschwerten, im Halse mit Wattepfropf versehenen
Glockentrichter, der auf den Füssen des Drahtrings zu ruhen kommt,
bedeckt. Wenn der ganze Apparat im Trockeuschrank sterihsirt und
die Kulturschale mit dem iulizirten Nährboden beschickt ist, wird
der Raum zwischen Trichter und äusserer Schale mit einer Glycerin-
mischung (1:3—4 Wasser) ausgefüllt, der Trichterhals mit dem Gss-
entwickeler durch Gummischlauch verbunden und nun 10 Min. H ein-
geleitet, welcher durch die Glycerinmischung nach aussen durch-
brechend die Luft verdrängt. Nach Verschluss mittelst Scbrauben-
quetscbhahu wird der Gummischlauch abgeschnitten. Die Brauch-
1) Annales de l’Institut Pasteur. 1887. No. 2. — Vergl. dieses Centralbl. Bd. II.
p. 327.
Untersucbungsmethoden, Instrumente etc.
293
barkeit des Apparates wurde u. A. durch Aussaat von Oedemflü3sig-
keit eines nach Impfung mit Gartenerde verstorbenen Meerschweinchens
geprüft, wobei sich ausser den Bacillen des malignen Oedems noch
2 obligate, aber nicht pathogene Anaeroben gewinnen Hessen, von
welchen sich die eine morphologisch wie kulturell den erstgenannten
sehr ähnlich erwies.
Bei einer anderen Methode der Plattenkultur zog Verf., welcher
unter Gaffky arbeitete, das Buchner’sche Verfahren in Anwen-
dung. Eine Glasschale von 6 cm Durchmesser, kam mit dem ge-
impften Nährboden in eine grössere Krystallisationsschale , deren
Deckel nach vorherigem Einbringen von Pyrogallussäure und Kali-
lauge mit Vaselin gedichtet wurde. Die durch die entstehende Luft-
verdünnung verursachte Eintrocknung des Nährbodens erwies sich
hier als Nachtheil.
Endlich gibt B. noch eine Methode zur Anfertigung von Stich-
kulturen in Agar und für nicht verflüssigende Bakterien in Gelatine
an. Das geimpfte Röhrchen wird ohne Wattepfropf mit der Mün-
dung nach unten in ein zur Hälfte mit verdünntem Glycerin gefülltes
Becherglas gesetzt und mittelst U-förmigen Glasrohres H eingeleitet,
welches nach 5 Min. etwa den 0 verdrängt hat. Tetanusbacillen
wuchsen u. A. darin kräftig. Heim (WTürzburg).
Holz, Max, Experimentelle Untersuchungen über den
Nachweis der TyphusbacilleD. {Zeitschr. für Hygiene.
Bd. VIII. S. 143.)
Verf. konnte, unter Lo e ff ler’s Leitung arbeitend, zunächst die
Angaben von Ghantemesse und W i d a 1 , denen zufolge Typhusba-
cillen noch in 0,25 °/ö Karbol-Gelatine zur Entwickelung kommen sollen,
nicht bestätigen, fand vielmehr als zulässige Grenze des Karbolzu-
satzes zum Nährboden 0,1 %. Zur Differenzirung des Typhusbacilius
von anderen Bakterien sei das genannte Verfahren nicht zu ver-
wenden. Etwas besser, jedoch auch nicht zuverlässig, erwies sich
ihm das Verfahren nach T hoi not (Zusatz von 20 Tropfen, bezw.
0,25%, reiner Karbolsäure zu 500 ccm des verdächtigen Wassers).
Auch der Zusatz von Jodtrichiorid (Riedel) zum Nährboden liess
die Typhusbakterien nicht von andern unterscheiden. Dagegen sei
die Anwendung der nach Noeggerath1) gefärbten Bacillen, zumal
bei schwach saurer Reaktion, und von ebenso gefärbter Mflch als
ein werthvolles diflerentialdiagnostisehes Hülfsmitte! zwischen Typhus-
und diesen ähnlich wachsenden Bacillen anzusehen, jedoch müsse
stets eine unzweifelhafte Reinkultur echter Typhusbacillen zum Ver-
gleich herangezogen werden. Nun fand Holz, dass letztere in einer
Kartofl'elgeiatiue, von der 10 gr 2,4 bis 3,2 ccm Zebntel-Normai-
alkali zur Sättigung gebrauchen, in ganz charakteristischer, sie Yon
ähnlich wachsenden Bacillen unterscheidender Wreise gedeihen. Dieser
Nährboden ist gleichzeitig der Entwickelung anderer Bakterien mehr
oder weniger ungünstig, und es gelang dem Verf., mittelst desselben
in zwei bakterienreichen Wässern Typhusbacillen, welche ihnen zu-
1) s. dieses Centralbl. Bd. III S. 481.
294 SchutaimpfuDg, künstl. Infektionskraukheiteu, Entwicklungshemmung etc.
gesetzt waren, noch nach 14 und 18 Tagen nachzuweisen. Durch
Zusatz von 0,05 °/0 Karbolsäure gelang es weiterhin, ohne nennens-
werthe Schädigung der Typhusbacillen störende Ansiedelungen von
Schimmelpilzen und verflüssigenden Bakterienarten soweit zu be-
hindern, dass das Auffinden der ersteren in Erde- und Schmutz-
proben leichter ermöglicht wurde ; waren die fraglichen Bacillen stark
bakterienhaltigen Wässern zugesetzt, so gelang ihr Nachweis am
besten durch dreistündige Behandlung derselben mit Karbol (0,25 °/0)
und folgende Aussaat auf Kartoflelgelatine. Sie wird nach Holz
folgendermaassen bereitet:
Reinigen, Schälen, Abwaschen der Kartoffeln.
Zerkleinerung auf einem Küchenreibeisen.
Durchpressen des Saftes und Breies durch ein Tuch.
24stündiges Aufbewahren des Saftes in verschlossener Flasche.
Filtriren.
*/2 stündiges Erhitzen im Dampftopf und abermaliges Filtriren.
Zusatz von 10 °/0 Gelatine.
*/4 stündiges Erhitzen im Dampftopf.
Filtriren; Abfüllen in Reagensgläser; diskontinuirliche Sterili-
sation.
In den Verdünnungsplatten von solcher Gelatine wurden die
tiefer liegenden, anfänglich stark lichtbrechenden, selten kreisrunden
Kolonieen der Typhusbacillen nach einigen Tagen etwas mehr gelb-
lich-braun, später braun-gelb, grünlich schimmernd, von ganz gleich-
mässiger, feiner Zeichnung; einigemale zeigten sie auch in der Mitte
einen dunkleren, bräunlichen, stets unregelmässig begrenzten Fleck.
Die Oberflächeukolouieen blieben meistens kleiner, als 1 qmm, wurden
selten bis 1,5 qmm gross; gegen das Licht betrachtet erschienen sie
leicht irisirend; das auffallendste Merkmal an ihnen war ihre Durch-
sichtigkeit. Mikroskopisch wiesen sie in der Mitte leicht gelbliche
Färbung, aber niemals eine grössere Erhöhung auf.
[Ref. kann die Angaben des Verf.’s sowohl hinsichtlich dieser
Punkte, als auch bezüglich der Nachprüfung der Chantemesse-
Widal’schen Versuche aus eigener Anschauung bestätigen. Die
Kartoffelgelatine verwendet Ref. mit Vorliebe zur Fortzüchtung von
Hefen-Reinkulturen, welche auf ihr besonders üppig gedeihen.]
Heim (Würzburg).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
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Mittel wesentlich beschränkt werden. Hierzu gehört vor Allem die
Abtödtung der Bacillen in den Sputis der Tuberculösen, welche am
sichersten erreicht werden soll, wenn man die Kranken ihre Sputa
auf entsprechende Abschnitte Zeitungspapiere deponiren und letztere
Neue Litteratur.
295
zusammengefaltet sofort und direkt ins Feuer oder in Sammelgefässe
werfen lässt. Der Inhalt dieser letzteren soll jede 3. Stunde gleich-
falls verbrannt werden. Spucknäpfe sind — wenigstens für den
Sommer — nicht anzurathen, weil das Virus durch die Stubenfliegen
verschleppt werden kann. Als weitere prophylaktische Maassnahmen
werden eine periodische Kontrolle der Milchwirthschaften von Seite
der Sanitätsbehörden und eine ebenfalls amtliche Fleischschau em-
pfohlen. Kral (Prag).
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Wendt, E. C., Observations on the use of Koch’s lymph in sixteen children. (Med.
News 1891. No. 3. p. 70—73 )
300
Inhalt.
Inhalt,
Originalmittheilungen.
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aktes bei den entoparasitiechen Trema-
toden. (Orig.), p. 2S4.)
Katz, Oscar, Zur Kouatniss der Leucht-
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Cadiot, Gilbert et Roger, Tnbereulose du
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Casse-ebat, Le bacille d’Eberth-Gaffky et
les bacilles pseudo-typhiques dans les
eaux de rivifere, p. 281.
Bemme, R., Ueber das Vorkommen eines
rothen Sprosspilzes in der Milch nnd im
Käse und das Auftreten von Darmkatarrh
bei Kindern frühesten Alters durch den
Genuss derartig ii Szirter roher oder un-
vollständig gekochter Milch, p. 270.
Bubrenilh et Aache, De la tubercnlose cu-
tanee primitive par inocolation directe,
p. 273.
Eppinger, H., Ueber eine pathogene Cla-
dothrix und eine durch sie hervorgeru-
fene Pseudotuberculosis (cladothrichica),
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Grancher et Ledxoux-Leb&rd, La tubercu-
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Koplik, Henry, The etiology of Empyem»
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— — , Note elmintologiche, p 288.
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tbriocepbalus microcepbalus, p. 290.
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1’eau de Seine pendant le mois de juillet
18£0, p. 279.
i
TJntercuchungsmethoden, Instrumente etc.
Blücher, Hans, Eine Methode zur Platten-
kuitur anaerober Bakterien, p. 292
j Holx, Max, Experimentelle Untersuchungen
über den Nachweis der Typhusbacillen,
p 293.
Nikiforofi. Michael , Ein Beitrag zu deu
liulturtrathoden der Anaeroben, p. 291.
; Schutzimpfung, künstliche Infektions-
krankheiten, Entwicklungshemmung
und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
Stroheil, C. W , Prophylaxis of tubercu-
losis, p. 294
Neue Litteratur, p. 295.
Frommanosche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena,
Dieser Nummer liegt eiu Prospekt des graphischen Instituts von
Julius Klinkhardt in Leipzig über Vervielfältigung wissenschaft-
licher Abbildungen bei.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
fleli Hott. Prot, Dr. IMart m Professur Dr. Loelter
Id Leipzig In (irelfrwtli
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band.
-o- Jena, den 7. März 1891. -0-
No. 9.
— *f Zn
Preis für den Band (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände,
beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger , Herrn Gustav Fischer in Jena , gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage, später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original - Mittheüungen.
Ueber einen Befund von Typhusbacillen im Brunnen-
wasser, nebst Bemerkungen über die Sedimentirmethode
der Untersuchung auf pathogene Bakterien in
Flüssigkeiten.
Von
Geh.- Rath Prof. Dr. Finkelnburg
io
Bonn.
In dem Dorfe N. des Kreises Ahrweiler, Reg.-Bezirk Koblenz,
erkrankte, nachdem mehrere gleichartige Erkrankungsfälle in einer
benachbarten Häusergruppe vorhergegangen, der Schüler eines Knaben-
IX. Bd, 20
302 Finkelnburg, Ueb. einen Befund v . Typhusbacillen im Brunnenwasser.
instituts an Unterleibstyphus, und die von der Ortsbehörde vorge-
nommene Orlsbesichtigung ergab eine bedenkliche unmittelbare Nähe
des Fumpbruunens bei der Abtrittsgrube im Hofe der Anstalt. Die
Ortsbebörde übersandte dem Unterzeichneten eine vorschriftsmässig
durch den Apotheker aus dem Pumpbrunnen entnommene Wasser-
probe, welche zunächst nach der üblichen Methode mittelst Mischung
von je 1 ccm des Wassers mit Nährgelatiue und Anlegung graduirt
verdünnter Plattenkulturen uutersucht wurde, ohne dass es bei wieder-
holten Versuchen gelang, in einer der Kulturen den Eberth’schen
Bacillus nachzuweisen. Schon im Begriffe, über das negative Ergeb-
nis gutachtlich zu berichten, legte Referent versuchshalber noch eine
weitere Reihe vou Plattenkulturen an, zu welchen der Nieder-
schlag des Probewassers mittels des von ihm seit Jahren zu
mikroskopischen Wasseruntersuchungen konstruirt.en Sedimeritirappa-
rates (beschrieben im Corresp.-Blatt des niederrhein. Vereins f. öff.
Ges.-Pflege, Bd. II. S. 30) unter vorgängiger Sterilisirung durch ab-
soluten Alkohol benutzt wurde. In den so angelegten Kulturen
erschienen neben anderen, bei der vorherigen Untersuchung nicht zur
Entwickelung gelangten Kolonieenformen auch die für den Eberth’-
schen Bacillus charakteristischen Rasenkolonieen , deren weitere Ver-
impfung, Färbung und mikroskopische Beobachtung dann alle Eigen-
schaften des Typhuspilzes als unzweifelhaft vor-
handen erwiesen.
Referent, welcher in den letzten Jahren etwa 15 typhusverdäch-
tige Brunnenwässer nach der bisher üblichen Methode mit stets nega-
tivem Ergebniss untersucht hat und bei der ersten Anwendung der
Niederschlagsmethode zu dem vorstehenden Ergebniss gelangte, hält
die Annahme für berechtigt, dass bei regelmässiger Anwendung der
letzteren man weit häufiger zum Befunde pathogener Spaltpilze in
Brunnenwässern gelangen werde, als es bis jetzt der Fall ist. Es
bedarf kaum des Hinweises darauf, wie viel wahrscheinlicher das
Antreffen vorhandener Keime in dem mechanisch erzielten Nieder-
schlag der suspendirten Wasserbestandtheile sein muss, als in den
kleinen, zu Kulturen verwerthbaren Mengen des Wassers selbst. Na-
mentlich wird dies bei Untersuchung versandter Wasserproben
Geltung verdienen. Die Methode der Niederschlagsuntersuchung ver-
dient daher im Vereine mit den bisher üblichen Verfahren eine all-
gemeine Einführung bei sanitätspolizeilichen Untersuchungen von
Flüssigkeiten überhaupt auf pathogene Mikroorganismen.
Bonn, 17. Februar 1891.
van Cott, Das Vorkommen der Baciilen des Oedems in der Moecliustinktur 303
Untersuchungen über das Vorkommen der Bacillen des
malignen Oedems in der Moschustinktur.
[Aus dem hygienischen Institut zu Berlin.]
Von
Dr. J. van Cott jr.,
Assistenten am Hoagland Laborator, in Brooklyn.
Bekanntlich sind in der Litteratur schon mehrere Fälle mitge-
theilt, in denen nach subkutaner Injektion von Moschustink-
tur der Tod der betreffenden Patienten in Folge von malignem
Oedem eingetreten ist. Im Hinblick auf diese Thatsache glaubte
ich deshalb, einmal den Versuch machen zu sollen, ob die Bacillen des
malignen Oedems unmittelbar im Moschus nachzuweisen waren.
Auf Rath des Herrn Professor C. F ra e n k e 1 , unter dessen Leitung
ich diese Arbeit ausgefühi * habe, verschaffte ich mir zunächst eine An-
zahl von unverarbeiteten Moschusbeuteln, deren Oberfläche noch
etwa zur Hälfte mit dem Fell des Thieres bekleidet und also mit
dichten Haaren bedeckt war, die schon von vornherein wohl ge-
eignet schienen, Schmutz etc. festzuhalten. Diese Beutel wurden nun
zunächst unter Beobachtung der üblichen Vorsichtsmaassregeln zer-
schnitten und die Stücke mit sterilisirtem Wasser aufgeschwemmt.
Nach 24stündigem Stehen bei Zimmertemperatur hatte sich eine
schmutziggraue Flüssigkeit gebildet, von welcher dann je 2 ccm einer
Anzahl von Meerschweinchen theils in das Unterhautzellgewebe,
theils in die Bauchhöhle injizirt wurden. Von drei auf diese Weise
präparirten und untersuchten Moschusbeuteln fanden sich bei zweien
die Oedembacillen in den Infusionen: die infizirteu Meerschweinchen
gingen an typischem Oedem zu Grunde und aus der Milz Hessen
sich die anaeroben Bakterien ohne Mübe kultiviren.
Auf den aus den Infusionen hergestellten Gelatineplatteu ent-
wickelten sich natürlich zahlreiche verschiedenartige Mikroorganismen,
unter denen jedoch nur ein einziger — eiD kleines, lebhaft beweg-
liches Stäbchen — auch bei höherer Temperatur zu gedeihen ver-
mochte, sich im Thierversuch jedoch als nicht pathogen erwies.
Impfungen von Meerschweinchen mit je 2 ccm reiner Mo-
schustinktur, die in einer grossen Anzahl einzelner Proben aus
verschiedenen Apotheken bezogen wurde, blieben erfolglos. Trotz-
dem wird man deshalb die Möglichkeit, dass die Oedembacillen
resp. ihre Sporen in der Moschustinktur Vorkommen können, nicht
bestreiten dürfen, und zwar namentlich deshalb nicht, weil dieMwschus-
tinktur aus den Beuteln ohne Einwirkung der Hitze gewonnen wird
und zu ihrer Herstellung nur verhältnissuiässig geringe Mengen yer-
dünuten Alkohols verwendet werden.
20*
304
Ne n c ki,
Die isomeren Milchsäuren als Erkennungsmittel
einzelner Spaltpilzarten.
Von
M. Nencki
in
B e rn.
In den Wiener Akademieberichten (Monatshefte für Chemie. Bd. X.
Jahrgang 1889) habe ich gemeinschaftlich mit N. Sieber die Be-
obachtung veröffentlicht, dass in den Geschwülsten der mit Rausch-
brand infizirten Meerschweinchen wir ausser den Rauschbrandbacillen
auch eineu fakultativ anaeroben Micrococcus fanden, welcher
Traubenzucker vergährt, wobei aber als Hauptprodukt nicht die
inaktive, sondern die, das polarisirte Licht nach rechts drehende,
mit der aus Fleisch erhaltenen, identische Milchsäure entsteht; wes-
halb wir diesen Micrococcus: Micrococcus acidi para-
lactici benannten. Seither sind wir wiederholt Spaltpilzeu be-
gegnet, die aus Kohlehydraten die optisch aktive Milchsäure bilden.
Von Dr. Sieber wurde UDter den Gährungsprodukten der Glukose,
durch einen von Dr. F r e u d e n r e i c h im Käse gefundenen Bacillus,
aktive Milchsäure erhalten (Annales de Micrographie. 1889. p. 1), und
gelegentlich unserer Untersuchung „über die chemischen Vorgänge
im menschlichen Dünndarm“, wobei auch die im Ileum vorkommen-
den Mikroben berücksichtigt wurden, fanden wir, dass unter sechs,
Zucker vergährenden Spaltpilzarten drei die optisch aktive Säure
bilden.
Vor Kurzem hat Dr. F. Schardinger (Wiener Akademie-
berichte, Sitzung vom 4. Dezember 1890) in einem sanitär beanstan-
deten Wasser ein Kurzstäbchen gefunden , das Rohrzucker und Dex-
trose unter Bildung von Milchsäure vergährt. Die erhaltene Milch-
säure hat alle chemischen Eigenschaften der Para- oder Fieiscbmilch-
säure, und ihre Salze haben auch dieselbe Zusammensetzung, d. h.
das Zinksalz (C3H50.,)2Zn krystallisirt mit 2 Mol. H20, das Cal-
ciumsalz mit Mol. H20. Optisch dagegen zeigen die Säure und
ihre Salze einen gegensätzlichen Unterschied zur bekannten Para-
milchsäure; während nämlich letztere die Polarisationsebene rechts
als Anhydrid und in ihren Salzen aber links dreht, dreht umgekehrt
die von Schardinger erhaltene Säure im freien Zustande in
wässeriger Lösung lmks als Anhydrid und in den Salzen aber rechts.
Er erkannte daher in seiner Säure die bisher unbekannte optisch
linksdrehende Säure und nennt sie Linksmilchsäure. Schar-
dinger hat ferner festgestellt, dass durch Mischung von molekularen
Mengen des neuen milchsauren Zinks mit paramilchsaurem Zink ein
Zinklaktat erhalten wird, welches inaktiv ist, mit 3 Mol. H20 krystal-
lisirt, und daher mit dem bis daher als „gährungsmilchsaures Zink“
bezeichneten Salze identisch ist. Es sind dies also Verhältnisse, wie
wir sie bei der WTeinsäure und anderen organischen Verbindungen
Die isomeren MilehsSirren als Erkennungsmitte! einzelner Spaltpflzartcn. 305
kennen und die durch das asymmetrische Kohienstoffatom in der
Aethylidenmilchsäure bedingt sind.
Da die meisten fakultativen, sowie obligaten Anaeroben, welche
Kohlehydrate vergähren, daraus in wechselnden Mengen Milchsäure
bilden, so erwächst bei bakteriologisch -chemischen Untersuchungen
die Nothwendigkeit, nicht allein zu konstatiren, dass eine bestimmte
Spaltpilzspezies Zucker in Milchsäure umwandelt, sondern auch genau
anzugeben, ob die entstandene Säure die optisch inaktive oder die
Rechts- resp. Linksmilchsäure ist. Anlässlich der oben citirten Arbeit
isolirten wir aus dem menschlichen Dünndarroinhalt ein Kurzstabchen,
das in seinem ganzen Verhalten die grösste Aehnlichkeit mit dem
Bacterium coli commune hatte. Die in unserem Laboratorium
von ür, Bischler genau ausgeführte Untersuchung der Gährungs-
produkte aus Zucker durch die beiden Mikroben belehrte uns aber,
dass sie nicht identisch sind. Das Bacterium coli commune
bildet aus Glukose die Rechtsmiiehsäure, das aus dem Reum isolirte
Bacterium, das wir Bacterium Bischleri nennen, die optisch
inaktive Milchsäure. Einzig und allein durch diesen Befund wurde
die Verschiedenheit der beiden Spaltpilze bewiesen; denn dass ein
und derselbe Mikrobe stets die gleiche Milchsäure bildet, das haben
wir bei dem Micrococcus acidi paralactici in mehr als ein
Dutzend Gährversuehen gesehen. Selbst als wir in einem Falle Glu-
kose durch ein Gemenge von Rauschbrandbacillen, die daraus die
inaktive Milchsäure bilden und den Micrococcus der Paramilch-
säure vergähren liessen, erhielten wir nach vollendeter Gährung ein
Gemisch, aus der optisch inaktiven und der Rechtsmilchsäure be-
stehend.
Um die Zersetzungsprodukte der Kohlehydrate durch Bakterien
zu ermitteln, hat sich nach Versuchen in meinem Laboratorium fol-
gendes Verfahren als das zweckraässigste erwiesen:
In einem Liter Rinderbouillon oder 1 prozent. Lösung von Pep-
ton Chapoteau werden 50—80 g des zu untersuchenden Kohlehy-
drates, Glycerins oder mehratomigen Alkohols gelöst — für gewöhn-
lich werden die ersten Versuche mit dem käuflichen, krystallisirten,
sogenannten amerikanischen Traubenzucker gemacht — sodann auf
je ein Liter der Lösung 20— 30g schwach geglühter, kohlensaurer
Kalk gegeben und die Flüssigkeit durch Erhitzen im Autoklaven
während 20 Minuten auf 115° sterilisirt, nach dem Erkalten geimpft
und der Kolben entweder mit Wattepfropf bei Bruttemperatur stehen
gelassen , oder, falls der Versuch anaerobiotisch ausgeführt werden
soll, mit sterilisirtem , doppelt durchbohrtem und mit Zu- und Ab-
leitungsrohr versehenem Kautschukkork verschlossen. Die Luft
wird durch Kohlensäure oder Stickstoff ausgetrieben und der
Kolben bei Bruttemperatur gelassen. Nach etwa zwei Wochen bei
Luftzutritt, und — da die anaerobiotischen Gährungen, wenn auch
anfangs manchmal stürmisch, später doch langsamer verlaufen —
nach ungefähr doppelt so langer Zeit bei Luftausschluss, wird der
Kolbeninhalt zunächst auf die Reinheit der Kultur mikroskopisch
untersucht, in einer Probe der Flüssigkeit der Gehalt an unzer-
setztem Zucker titrimetrisch bestimmt, hierauf die Lösung vom
306 Nencki, Die isomeren Milchsäuren als Erkennungsmittel einz. Spaltpilzarten.
Bodensatz abgegossen und mit Oxalsäurelösung im Ueberscbusse
gefallt. Der Bodensatz besteht manchmal nicht allein aus Kalk-
karbonat, sondern enthält auch bernsteinsauren Kalk. Ei wird daher
in wenig Salzsäure gelöst und die Bernsteinsäure durch Aikoholäther
(2 Theile Aether, 1 Th. Alkohol) daraus extrahirt.
Nachdem der gelöste Kalk durch Oxalsäure vollkommen ausge-
fällt worden, wird die vom Kalkoxalat filtrirte Lösung destiilirt, wobei
sowohl flüchtige Fettsäuren, als wie Alkohole, in das Destillat über-
gehen. Das Destillat wird bis zur schwach alkalischen Reaktion mit
Soda versetzt und destiilirt. Die flüchtigen Fettsäuren bleiben als
Natronsalze zurück und nur die Alkohole gehen mit den Wasser-
dämpfen über. Die verflüchtigten Alkohole werden durch wiederholte
Destillation konzentrirt, schliesslich mit gebrannter Pottasche ausge-
salzen, über Aetzkalk getrocknet und rektifizirt.
Der von flüchtigen Fettsäuren und Alkoholen befreite Retorten-
rückstand wird auf dem Wasserbade bis zur syrupigen Konsistenz
eingedampft und mit Aether extrahirt. ln den Aether geht über-
schüssig zugesetzte Oxalsäure, die Milchsäure und die etwa vorhan-
dene Bernsteiusäure über. Nach Abdestilliren des Aethers hinterbleibt
em syrupiger Rückstand, der durch Kochen mit wenig Wasser unter
Zusatz von Thierkohle entfärbt und sofort polaristrobometrisch unter-
sucht werden kaun. Durch Kochen mit Zinkhydroxyd bleibt von den
3 Säuren die Oxalsäure als im Wasser unlösliches Zinkoxalat zurück
und aus dem heissen Filtrate kann das schwerlösliche, bernsteinsaure
Zink von dem viel leichter löslichen Zinklaktat dadurch getrennt
werden, dass das Filtrat auf dem Wasserbade zur Trockne verdunstet
und der Rückstand aus wenig heissem Wasser umkrystallisirt wird,
wobei das bernsteinsaure Zink ungelöst zurückbleibt. Ist keine Bern-
steinsäure vorhanden, so hat man im Filtrate vom Zinkoxalat nur
das milchsaure Zink, das dann durch ümkrystallisiren aus Wasser
event. unter Zusatz von Thierkohle leicht analytisch rein erhalten
wird. War der saure Aetherauszug optisch aktiv, so ist auch ein
Zinklaktat mit 12,9 °/0 Krystallwasser zu erwarten. Die völlige
Gewissheit über die Natur der Milchsäure gibt die polaristrobometrische
Untersuchung des Zinksalzes. Da die Drehung der kalkgesättigten
Lösung des Salzes nur eine schwache ist — in einer 2 dem laugen
Schicht etwa 2/3 eines Grades — so ist auf möglichst farblose Lösung
des Salzes zu achten. Wie ich schon oben erwähnte, bilden die rein-
gezüchteten Mikroben stets die gleiche Milchsäure; dagegen habeich
die Beobachtung gemacht, dass einzelne Spaltpilze, wie z. B. derMi-
crococcus acidi paralactici, längere Zeit auf den festen Nähr-
böden, wie Gelatine oder Agar kultivirt, allmählich ihre Gährtüchtigkeit
verlieren, d. h. sie zersetzen mit der Zeit ceteris paribus viel geringere
Mengen des Zuckers. Es verhält sich also mit der Gährtüchtigkeit
ähnlich, wie mit der Abnahme der Virulenz verschiedener pathogener
Spaltpilze.
Bern, 5. Februar 1891.
Smith, Zur Kenntniss des Kogcholerabacillus.
307
Zur Kenntniss des Hogcholerabacillus.
(Aus dem bakteriologischen Laboratorium des Bureau of Animal
Industry, Washington U. S. A.).
Von
Dr. Theobald Smith,
Vorstand.
(Fortsetzung.)
2. Die Lebensfähigkeit der Bacillen.
Om die Lebensdauer angetrockneter Bacillen zu bestimmen,
Wurde folgende Methode angewandt:
Kulturmaterial von verschiedenen Substraten wurde in ganz
dünner Schicht auf Deckgläser ausgebreitet, die auf einer Glasplatte
lagen und mit einem Trichter zugedeckt waren. Die Oeffnung des
Trichters war mit einem Wattepfropf versehen. Die Deckgläser,
Trichter u. s. w. waren selbstverständlich vorher im Trockenschrauk
sterilisirt. Von Zeit zu Zeit wurden diese Deckgläser in Pepton-
bouillon’) gelegt, um eine etwaige Vermehrung der Bakterien wahr-
nehmen zu können.
Angetrocknete Milzpulpa gab noch Reinkulturen nach 21 resp.
49 Tagen. Getrocknete Bacillen aus Agarkulturen waren auf einigen
Deckgläsern schon nach 17 Tagen getödtet, auf anderen noch nach
4 Monaten lebensfähig. Im Bouillontropfen getrocknet, waren die Ba-
cillen in einem Falle schon nach 9 Tagen todt. (Das Austrocknen
der Kultur an Fäden und nachheriges Legen auf Gelatine wurde zu-
erst angewandt, doch später aufgegeben.) Die grossen Schwankungen
in der Lebensdauer der getrockneten Bacillen sind wohl auf die ver-
schiedene Dicke der Schicht zurückzuführen, da die Agarkulturen am
längsten Widerstand leisteten. Getrocknete Bacillen massen aus
Agarkulturen mit sterilem Wasser öfters befeuchtet, waren schon
nach 3 resp. 5 Wochen abgestorben.
Um die Lebensfähigkeit der Bacillen in der oberflächlichen Erd-
schicht zu bestimmen, wurde folgender Versuch ausgeführt:
Gartenerde wurde unter Dampfdruck bei 110° C sterilisirt, mit
Bouillonkultur getränkt und in einen Blumentopf gefüllt. Dieser
wurde in die Erde eines Gartens versenkt, bis seine Oberfläche der-
jenigen der umgebenden Erde gleich war. Von Zeit zu Zeit wurde
entweder von der Oberfläche, oder von den tieferen Schichten durch
das Loch im Boden des Topfes mit einem Korkbohrer Erde entnom-
men und eine Suspension derselben in Bouillon Kaninchen subkutan
verimpft Frische Töpfe wurden von Zeit zu Zeit hergestellt, so dass
die Untersuchung ungefähr ein Jahr dauerte.
1) Die Kulturgläser oder Kölbchen, die bei diesen Versuchen gebraucht wurden
und die zum Erfolg der angegebenen Methoden wesentlich beitrageu, sind zuerst von Dr.
Salmon konstruirt und in Hüppe ’s Bakterienforschnug, 3. Auflage, S. 119 etwas
modifizirt abgebildet. Die letzte Auflage dieses Werkes isf mir nicht zur Hand.
308
Smith,
Die Bacillen blieben in einigen Fällen zwischen 2 und 3 Monaten,
in den meisten zwischen l und 2 Monaten infektionsfähig. Das Aus-
trocknen der obersten Schicht schien den Bacillen gefährlicher, als
Frost. Bedeutende Unterschiede zwischen Sommer und Winter konnten
nicht konstatirt werden.
Mit sterilem Flusswasser wurden folgende Versuche gemacht:
10 ccm, mit einer Oese Bouillonkultur geimpft, enthielt gleich nach-
her 26000 Keime im ccm, 5 Tage spater 2.6 Millionen, 2 Monate
später 225 Keime. Nach 4 Monaten waren alle Bacillen verschwunden.
Nach einem zweiten Versuche, in welchem das Wasser von einer
Agarkultur geimpft und kein Nährmaterial dabei übertragen wurde,
blieben die Bacilleu nur 2 Tage am Leben. Der erste Versuch wurde
im Herbste und Winter, der zweite im Hochsommer gemacht.
In konzentrirtem Salzwasser waren sammtliche Bacillen schon nach
4 Wochen getödtet.
3. Vernichtung der Bacillen ausserhalb des Thierkörpers.
In Bouillonkulturen, enthaltend 10 ccm Flüssigkeit werden im
Wasserbade bei 100° C die Bacillen augenblicklich getödtet.
Bei 70° C sind geimpfte Bouillonkulturen steril nach 4 Minuten,
„ 58° C ., sie steril nach 15 Miuuten,
„ 54« C n „ „ „ 60 „
„ 49° C „ „ noch lebensfähig nach 2 Stunden.
Bei den vier letzteren Temperaturen ist die Erhitzungszeit der Bouillon
mit eingerechnet. Diese beträgt ungefähr 5 Minuten bei 58° C.
Bei der Prüfung bakterientödtender Mittel gebrauchte ich fol-
gende Methode:
Einer gewissen Verdünnung des zu prüfenden Mittels in einer
sterilen Glasschale unter einer Glocke wurden einige Tropfen Bouillon-
kultur zugesetzt. Nach bestimmten Zeiträumen wurden mit eiuer
Oese dieser Flüssigkeit Kulturgläser, enthaltend 10 ccm Peptonbouillon,
geimpft und in den Brutschrank gestellt. Die entwickelungshemmende
Eigenschaft des übertragenen Desinhciens wurde öfters in denjenigen
Gläsern, welche klar blieben, geprüft. Diese Methode kann ich für
sporenfreie Bakterien als durchaus zuverlässig empfehlen. Die Ge-
fahren der Verunreinigung der Bouillon sind durch den Gebrauch
der beschriebenen Kulturgläser fast gänzlich ausgeschlossen. Für
sporenbiideude Bakterien wäre es nicht unmöglich, dass die übertragene
Flüssigkeit, indem sie die Sporen tödtet, in seltenen Fällen sich als ent-
wickelungshemmend erweisen würde. Rechnet man die Kapazität der Oese
auf höchstens V 5 0 ccm, so ist die Verdünnung der desinfizirenden Flüssig-
keit in lOccm Bouillon schon 1/& 00,für 1 Pro mille Sublimatetwa 1li o0()e.
Durch diese Methode wird die Anwesenheit auch nur eines ein-
zigen überlebenden vermehrungsfähigen Bacillus angezeigt. Das über-
tragene Desinficiens ist nicht an einigen Punkten angehäuft, wie bei
festen Kulturmedien, sondern gleiehmässig vertheilt. Es darf aber
auch nicht vergessen werden, dass die erhaltenen Zahlen uns nur die
maximale Leistungsfähigkeit der Desinfektionsfiüssigkeit bei fast totaler
Abwesenheit organischer Substanzen anzeigt. Auf diesen Punkt
Zar Kemitniss des Hogcholerabacillns.
309
komme ick später zurück. Um die Leistungsfähigkeit dieser Methode
zu zeigen, sei folgender Versuch mitgetneiit:
5 ccm einer l°/oigeu Lösung Sublimat wird mit einigen Tropfen
einer Bouillonkultur versetzt Nach 2, 4, 6, 8 und lü-Minuten wird
frische Bouillon mit einer Oese dieser Flüssigkeit geimpft. Alle Gläser
bleiben klar. Einige nachträglich geimpfte trübten sieb in 24 Stunden.
Ebenso wird eine 0,05 %ige Lösung geprüft. Alle Gläser bleiben klar.
Eine 0,01 und eine 0 005°/oige Lösung geben das gleiche Resultat. Bei
Prüfung einer 0,002%igen Lösung bleiben die 2. 4. 8 und 10-Minuten-
Gläser klar, das 6 - Minuten - Glas trübt sich. Bei Prüfung einer
0,00l%igen Lösung wurden Gläser nach 5, 10, 15, 20, 25 und 30
Minuten geimpft. Die 5 und 10-Minuten-Gläser waren am folgenden
Tage getrübt. Am zweiten Tage waren auch die 15, 20 und 25-Mi-
nuten-Gläser getrübt Nur das 30- Minuten -Glas blieb klar Alle
anderen enthielten Reinkulturen des Hogcholerabacilius. Somit haben
wir durch eine 3 : 100000 Lösung Sublimat die Vernichtung der Ba-
cillen in 30 Minuten erzielt. Folgende Resultate wurden durch die-
selbe Methode erhalten:
HgJj, in 2 Theilen KJ gelöst, vernichtet die Bacillen in Lö-
sungen von 1:200000 in 2 Minuten, in Lösungen voa 1:1000000
in 10 Minuten.
Jodwasser wirkt desiniizirend in 15 Minuten,
Die hohe Veruichtungskraft des übermangansauren Kalis bei Abwesen-
heit organischer Substanz war besonders auffallend. Bei diesem Ver-
suche wurden der Reihe nach 5, 2'/2, i, :/2, 1U, V i0 und 1 /2 0 °/o igs
Lösungen geprüft; alle Gläser blieben klar. Zuletzt wurde eine
Lösung von 1:5000 geprüft; die 2, 4, 6 und 10-Minuten-Gläser
trübten sich.
Den störenden Einfluss, den grosse Quantitäten organischer Sub-
stanzen auf die bakterien vernichtende Eigenschaften ausüben, konnte
ich nur genauer beim Kalk prüfen, da Kalk als Desinäciens bei in-
fektiösen Thierkrankheiten besonders leicht zur Anwendung kom-
men kann. Ich gebrauchte hierbei die Methode von Liborius3),
indem ich Gelatinerollkulturen statt Bouillon impfte. Ich fand
dabei z. B. , dass Bacillen schon nach 3 Stunden in 0,019% Kalk-
wasser abgestorben waren , während 0,08% dazu nöthig war, wenn
3/3 der Desinfektionsfiüssigkeit aus Bouillon bestand. Wenn nach
Liborius das Gerinnsel in der Bouillon verbleibt und dazu noch
etwas Eiweiss kommt, so steigt der nöthige Kalkgehalt auf0,32°/o Bei
diesen Untersuchungen machte ich die Beobachtung, welche schon von
Anderen erwähnt ist, dass die entwickelungshemmende Kraft des
Kalkes mit der bakterientödtenden erlischt. Ist z. B. in einem Kolben
Bouillon mit Gerinnsel Kalk genug zugesetzt, um alle Bakterien mit
CuS0.4 1:200
„ 1:1000
H2S04 1:2000
Karbolsäure 1 : 100
ZnCl2 1:10
5—10
1) Zeitschrift f. Hygiene. II. S. 15
310
Smith, Zar Kenntnis* das Hogcholerabp.rillu».
niederzureissen, so dass die Flüssigkeit oben klar wird und es den
Anschein hat, als ob sie sterilisirt sei, so trübt sie sich wieder in den
folgenden Tagen, wenn nicht alle Bakterien vernichtet worden sind
Zu den Untersuchungen mit Karbolschwefelsäure gebrauchte ich
dieselbe Versuchsanordnung. Zu 150 ccm Bouillon, enthaltend Ge-
rinnsel und etwas Eiweiss, wurden verschiedene Quantitäten zugesetzt.
1la Volumprozent sterilisirte in einer Stunde. Als ich den Einfluss
der Schwefelsäure gesondert prüfte, fand ich, dass 0,26 Volumprozent
fast dieselbe Desinfektionskraft besass. Ein zweiter Versuch, über ein
Jahr später ausgeführt, zeigte, dass 0,48 Gewichtsprozent Schwefelsäure
ungefähr dieselbe Vernichtungskraft besassen als Karbolschwefelsäure,
enthaltend 0,28 Schwefelsäureprozent. Diese Versuche waren ausge-
führt, ehe die Arbeit Frankels1) erschien. Die Flüssigkeit war
daher nicht kalt zubereitet. Immerhin glaube ich aber, dass der
Werth der Karbolschwefelsäure zum grossen Theil auf der Anwesen-
heit der Schwefelsäure beruht.
Ueber eine Spielart des Qogcholerabacillas.
Alle Fragen über die Veränderlichkeit pathogener Bakterien,
denen bisher einige Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, kann man
folgend ermas'sen eintheilen :
1. Die künstliche Veränderung der biologischen Eigenschaften
irgend einer Art durch Hitze, komprimirten Sauerstoff, Passage durch
eine Reihe empfänglicher Thiere (Pasteur, Chauveau u. A. m.)
2. Das Auftreten von echten Spielarten in der Natur.
3. Die Beziehungen von Bakterien zu einander, die keine kon-
stanten Unterschiede zeigen, aber Krankheiten bei verschiedenen Thier-
arten hervorrufen (Wildseuche, Schweineseuche [Swine plague], Hühner-
cholera, Kaninchenseptikämie).
Ueber das Auftreten von Spielarten bei pathogenen Bakterien
oddr, anders ausgedrückt, über das Auftreten von grösseren oder
geringeren Schwankungen der biologischen Eigenschaften einer ge-
wissen Art liegen jetzt schon viele Beobachtungen vor. Nach Brie-
ger und Frankel, Loeffler und E. Klein sollen Diphtherie-
bacillen in ihrer Virulenz sowohl wie in ihrer Wachsthumsenergie
variiren. Ich selbst habe bedeutende Schwankungen in der Virulenz
der Schweineseuchebakterien gesehen. Bei Kulturen von Rotzba-
cillen2) habe ich von Fall zu Fall Schwankungen in der Stärke des
Pigments und der Wachsthumsenergie beobachtet. Auch Saprophyten
zeigen diese Eigenschaft des Variirens in noch grösserem Maasse.
Dieses ist ganz besonders bemerkbar, wenn man sich z. B. dem Stu-
dium der Darmbakterien irgend eines Thieres zuwendet.
Schon im Jahre 1886 beschrieb ich Hogcholerabacilien 3), die
sich von den zuerst beschriebenen durch ihre Fähigkeit auszeichneten,
auf Bouillonkulturen eine Membran zu bilden. Dieser Unterschied
1) Die desinfiairenden Eigenschaften der Kresoie. (Zeiiachr f. Hygiene. VI. S. 521.)
2) Journal Comparative Medieine. 1890. S. 158.
8) American Montbly Micr. Journal. 1686.
Satz, Zur Kenatniss der Leachtbaktorien.
311
war kein vorübergehender, sondern erhielt sich nach Passirung vieler
Versuchstbiere. Das Häutchen erschien, sobald die Bouillon getrübt
war, während auf Kulturen der echten Bacillen eine schwache An-
deutung einer Membran erst nach ein oder zwei Wochen sich zeigte.
Im Anfänge des Jahres 1889 kam ich in die Lage, eine Hogcholera-
epizootie zu untersuchen, deren Ursache ein Bacillus war, der als
eine ausgesprochene Spielart des Hogcholerabacillus angesehen werden
muss. Diese Krankheit unter den Schweinen unterschied sich von den
früher untersuchten Ausbrüchen nur durch einen etwas langsameren Ver-
lauf (die Thiere starben ungefähr vier Wochen, nachdem sie mit den
kranken in dieselbe Stallung gebracht wurden) und durch eine, in
den meisten Fällen gefundene diphtheritische Entzündung des Magens.
(Bei der echten Hogcholera ist eine hämorrhagische Entzündung der
Schleimhaut vorhanden.) Auch waren Hämorrhagieen in den ver-
schiedenen Organen nicht zu sehen. Um den Vergleich der Ba-
cillen zu erleichtern, werde ich den erstbeschriebenen a, den zweiten
ß nennen.
In der Form sind die beiden Bacillen einander gleich, doch ist ß
in Kulturen etwas grösser. Beide sind lebhaft beweglich.
Auf Gelatine bildet ß Kolonieen, die 2— 3 mal grösser sind, als
diejenigen von a. Die tiefen Kolonieen sind kreisrund, mit scharfem
Rande, bräunlich bei durchfallendem Lichte. Sie können bis 2 mm
gross werden, wenn sie weit von einander abstehen. Die oberfläch-
lichen Kolonieen sind weisslich, glänzend, etwas erhaben im Centrum
(konvex) und erreichen einen Durchmesser von 2 — 4 mm. Die Ko-
lonieen von a bleiben, wie gesagt, sehr klein. Pepton bouillon wird
durch ß viel stärker getrübt, als durch a. Andere biologische Unter-
schiede konnte ich nicht konstatiren.
(Schluss folgt.)
Zar Kenntniss der Leuchtbakterien.
Von
Dr. Oscar Satz
in
Sydney.
(Fortsetzung.)
Auf der andern Seite scheint ein längerer Aufenthalt bei einer
Temperatur von -j~ 33 — 36° C auf die Keime der sechs Arten tödtlich
oder mindestens stark abschwächend zu wirken, wie aus folgendem,
allerdings wiederholuugsbedürftigem Versuche hervorgeht, gegen
dessen Resultat der Einwand erhoben werden kann, dass die dem
Versuch unterworfenen Individuen vielleicht von vornherein etwas ab-
geschwächt waren. Schräg erstarrter Nähragar in Probirröhrchen
wurde mit (entwickelungsfähigen) Keimen aus lOtägigen Kulturen in
10 prozent. Nährgelatine geimpft (25. März 1888) und in einen Brut-
ofen gestellt, dessen Innentemperatur in den beiden ersten Tagen
312
K at i ,
zwischen 34— 36° C schwankte, am dritten Tage aber bis auf 33° C her-
unterging. Nach Ablauf dieser drei Tage war das Aussehen der Röhr-
chen noch unverändert; dieselben wurden nun in Zimmertem-
peratur gebracht, doch blieben sie sämmtlicb steril. — Das Tempera-
turoptimum für das Wachsthum umd Leuchten, s. u.) bei den diffe-
renten Arten stellte sich etwa, wie folgt, heraus: Für B. cyaneo-
phosph. liegt dasselbe nahe oder etwas oberhalb der natürlichen
Verflüssigungstemperatur für die gewöhnliche Nährgelatine, indem
einerseits Platten- oder Stichkulturen in solchem Nährboden sich am
lebhaftesten bei ca. 26° C entwickelten, andererseits das Wachsthum
auf schräg erstarrtem, mit Material von einer 4tägigen Gelatinekultur ge-
impftem Nähragar, nach etwa 2\ tägigem Verweilen bei 32— 34° C,
ein ganz spärliches war , verglichen mit Nähragar-Kontroliröhrchen
bei 26° C. Bei 4-13 — 15" C war das Wachsthum durchaus nicht
aufgehoben, sondern nur verzögert; so zeigte beispielsweise eine
solcher Temperatur ausgesetzte Stichkultur in 2,7% Kochsalzgelatine
iu einem 12 mm weiten Röhrchen nach ca. 12 Tagen oben eine 6 mm
hohe Schicht verflüssigter trüber Gelatine, im fiebrigen ein ähnliches
Verhalten, wie jüngere, bei höheren Temperaturen erzielte Stichkul-
turen. — B. smar. - phosph. wuchs am besten bei -f 20—24° C.
Eine Temperatur von 4-32 — 34° C wirkte entwickelungshemmend,
wie ein mit frischem typischem Material geimpftes und bei jener Tem-
peratur während etwa 2| Tagen aufgestelltes Nähragarröhrchen bewies;
entwickelungshemmend, jedoch in geringerem Grade, als 4- 32—34° C,
zeigte sich auch eine Temperatur von -t— 13 — 15° 0. — Das Optimum
für B. argen t-p hos ph. 1 lag zwischen 14 und ungefähr 23 0 C.
Bei 4-13 — 15° C war das Wachsthum, zumal in Kulturen der An-
fangsgenerationen, nur wenig langsamer, als bei 4-20°C. In einem
Röhrchen mit Nähragar, welches mit lebenskräftigen Individuen von
einer frischen Gelatinekultur geimpft war, trat, bei -{-32— 34 0 C, eine
deutliche Vermehrung nicht ein , auch nicht nach Tagen. Für
B. arg.- phosph. II und III war das Optimum ungefähr dasselbe,
wie für B. sm ar. -phosph. Bei 4*32 — 34° C erfolgte auf Nähr-
agar deutliches Yvachsthum, wiewohl hinter dem auf gleichem Nähr-
boden bei 23 — 26° C beträchtlich zurückbleibend. Eine Temperatur
von 4-13 — 15° C hemmte ebenfalls die Entwickeluug, und zwar et-
was mehr bei III, als bei II. — Für B. arg. -phosph. liquef. end-
lich ergab sich das Temperaturoptimum, wie es schien, ein wenig
niedriger, als für B. cyaneo- phosph.; es bewegte sich um25"C.
Auf schräg erstarrtem , mit 4tägiger typischer GelatinekuJtur ge-
impftem Nähragar war nach 24 tägigem Verweilen bei 4~ 32 — 34° C
eine Vermehrung noch nicht erfolgt. Eine Temperatur von 4- 13 — 15° C
wirkte entwickelungsheminend ; eine Stichkultur in 2,7 % Kochsalz-
gelatine — die Kultur war von einer allerdings frischen, jedoch aty-
pischen Stammkultur angelegtes, c. — zeigte nach etwa 12 Tagen
(Juni — Juli 1889) bei jener Temperatur an der Oberfläche einen
dünnen, weisslich-grauen , ca. 7 mm weiten Belag, aber nur wenig
vou Verflüssigung.
Ein auf die Wirkung des Eintrocknens abgezielter Versuch
bei B. cyaneo-ph., sraar.-pb und arg.-ph. I war dieser; Steri-
Zur Kenntniss der Lsnchtbakterien.
313
lisirte Seidenfäden mit Material von typischen, 4tägigen Xährbouiüon-
kulturen beiaden, wurden auf 6 Stunden bei Zimmertemperatur im
Exsiccator über Chiorcalcium belassen und sodann in weiten Ab-
ständen von einander auf eine mit flüssiger Nährgelatine bedeckte
Glasplatte gelegt. Diese wurde nach dem Erstarren der Gelatine in
einer feuchten Kammer bei günstiger Temperatur aufgestellt. Es
kamen nicht zur Entwickelung: B. smar.-ph. und arg. -ph. I,
während cyan.-ph. die Gelatine (unter intensivem Leuchten) rasch
zu verflüssigen begann.
Sterilisirtes destillirtes Wasser vernichtete, einem Versuche
nach, die Leuchtbakterien in verhältnissmässig kurzer Zeit. Von
jungen, kräftigen Fischkultureu — mit Ausnahme von B. arg. -ph. I,
dessen Kulturen damals gerade nicht besonders zum Experimentiren
geeignet waren — wurde eine Probe in einer bestimmten Menge
sterilisirten destillirien Wassers in Probirröhrchen gleichmässig ver-
theilt und letztere 14 Stunden bei Zimmertemperatur über Nacht
stehen gelassen. Zur Kontrolle dienten Röhrchen mit steriler 0,6 °/Cl
Kochsalzlösung, in welcher, wie oben, Fischkultur vertheilt war.
Nach der angegebenen Zeit wurde eine kleine Menge der vorher
durcbgeschtittelten Emulsionen auf erstarrte Nährgelatine auf Glas-
platten ausgebreitet und diese in feuchter Kammer bei günstiger
Temperatur hingestellt. Die Gelatine mit den Proben der Bakterien
aus dem destillirien Wasser blieb durchaus steril, während diejenigen
aus der schwachen Kochsalzlösung in jedem Falle sich in gewohnter
Weise entwickelten.
Ueber die Lebensdauer der Individuen der verschiedenen Arteu
in Kulturen finden sich einige Bemerkungen im Zusammenhang mit
der Beschreibung der Erscheinung des Leuchtens.
Bas Leuchten.
lu Uebereinstimmung mit dem, was für die soweit bekannten
Formen von Leuchtbakterien ermittelt wurde, sind die Bedingungen
für ein Zustandekommen des Leuchtens zweierlei, vornämlich die An-
wesenheit erstens von gewissen Salzen, vornehmlich Kochsalz, in einem
sonst geeigneten Medium, und zweitens von freiem Sauerstoff. Die
Anwesenheit von Salzen, wie Chlornatrium, Diuatriumphosphat u. a.
ist für den Grad der Kulturfähigkeit der Leuchtbakterieu — welche
bis jetzt bloss im Meerwasser, direkt oder indirekt, gefunden sind —
an und für sich von hoher Bedeutung; beispielsweise wachsen sie in
gewöhnlichem neutralisirten oder schwach alkalischem Fleischinfus
nicht; ein Zusatz von 0,5 °/0 Kochsalz genügte noch nicht für alle
Fälle ; nach Zusatz grösserer Dosen trat Vermehrung ein. Der
Reaktion des Nährbodens kommt unmittelbar weder in Bezug auf
Wachsthum noch auf Funktion der Bakterien eine solche allgemeine
Bedeutung zu, was z. B. daraus ersichtlich ist, dass bei Anwendung
von gelatinirten Nährsubstanzen eine leicht alkalische Reaktion der-
selben dem Wachsthum und dem Leuchten am förderlichsten war.
während andererseits die schwach sauer reagirende Oberfläche ge-
kochter Seewasserfische z. B. als ein Mittel zur Kultur der Orga-
314
K » 1 1
nismen weder in Bezug auf Gedeihen noch auf Wirkung derselben
das Mindeste zu wünschen übrig lässt. Als das idealste, weil na-
türlichste, Substrat zur Erzielung der Phosphorescenz, wenn auch
nicht der Vermehrung der Phosphorescenzmikroben, besteht, wie zu-
erst Fischer für seinen Bacillus phosphorescens (Photo-
bacterium indicum Beyer.) mit Hülfe von Reinkulturen nach-
wies, das Meerwasser mit der ihm eigenen Kombination von Salzen.
Es ist erstaunlich, zu sehen, welch geringe Menge von gut leuchten-
den Kulturen — ich experimentirte besonders mit B. cyaneo-ph.,
sraar.-ph. und a r g. - p h. II — genügen, um eine verhältuissmässig ko-
lossale Menge Seewassers in den Zustand eines prächtigen Leuchtens
zu versetzen. Seitdem mittelst Reinkulturen eines aus dem Meere
stammenden bakteriellen Mikroorganismus die Nachahmung eines
Meerleuchtens gelang, lässt sich au dem ursächlichen Zusammenhang
der verschiedenen Arten von Leuchtbakterien mit gewissen Arten
jenes Phänomens nicht mehr zweifeln.
Was das zweite Postulat für ein Zustandekommen des Leuchtens,
nämlich den freien Zutritt von Sauerstoff anbetriti't, so genügt es, denke
ich, zu erwähnen, dass die im Laufe der Zeit hinsichtlich dieses Punktes
angesteilten Beobachtungen, sei es bei Kulturversucben in festen oder
flüssigen Nährmedien, sei es nach der Uebertragung von leuchtenden
Kulturen im Meerwasser, hinreichend überzeugend waren. Allerdings
konnte es fast so scheinen, als ob im Falle der nicht-verflüssigenden
Arten und des in den späteren Generationen oberflächlich verflüssi-
genden B. smar. -ph., diese Abhängigkeit vom freien Sauerstoff etwas
hinfällig würde, indem Stichkulturen, ausser an der freien Oberfläche,
manchmal auch nach abwärts leuchteten, doch konnte diese Erschei-
nung — wenn sie sich zeigte, so war es in nicht mehr ganz jungen
Kulturen — wohl auf Rechnung einer, wenn auch ohne Weiteres
nicht oder kaum erkennbaren Kommunikation der leuchtenden Partieeri
mit der atmosphärischen Luft gesetzt werden. Ein ähnlicher Grund
musste auch vorliegen, wenn in einer Gelatiue-Mischkultur von B.
s mar. -p b osp h. nach 18-tägigem Verweilen bei 4- 16—20° C die
Kolonieen bis zu 8 mm Entfernung von der Oberfläche leuchteten ;
nach weiteren 10 Tagen leuchteten sie bis zu 3 cm nach abwärts,
doch waren nach dieser Zeit deutliche Spalten in der Gelatinesäule
vorhanden. Gelatine-Mischkulturen, mit steriler Gelatine oder sterilem
Oel bedeckt, leuchteten überhaupt nicht. Nicht zu junge Nährbouillon-
kulturen oder Aufschwemmungen von Kultur in Seewasser leuch-
teten bei ruhigem Stehen nur oberflächlich; bei B. smar. -phosph.
und arg. -phosph. II, bei denen die Nährflüssigkeit lange diffus
getrübt blieb und ,die Bildung einer Kalturdecke fehlte, fand sich,
selbst bei ruhigem Stehen der Kulturgläser, das Leuchten gewöhnlich
etwas nach abwärts reichend ; bei c y a n e o - p h o s p h., argent.-
pbosph. I und III leuchtete nach der Ausbildung des oberfläch-
lichen Kulturhäutcheus nur dieses.
Indessen war, seihst nach Erfüllung obiger Bedingungen, das
Leuchten unserer Bakterien nicht in ailen Fällen eine Begleiterschei-
nung ihres W'achsihums. Während in einer mit Dinatriumphosphat,
«'der Dinatriumphosphat und Kochsalz, oder diesen beiden plus Pepton
Ztu- Kenntniss der Leuchtbakterien.
315
versetzten Kokosmilch B. smar.-ph. nicht allein gut wuchs, sondern
auch gut leuchtete, unterblieb in jenen Flüssigkeiten das Leuchten
bei B. cyaneo-ph. und arg.-ph. 1, obwohl die Vermehrung, wie
dort, eine lebhafte und zum Impfen gut leuchtendes Material beuntzt
worden war. — Von fundamentaler Bedeutung für das Leuchten
innerhalb der einzelnen Spezies erwies sich deren sonstiges Verhalten
unter dem Einfluss der successiven Kultur auf oder in den künst-
lichen Nährsubstraten. Von diesem Gesichtspunkt aus mag folgende
Uebersicht über das Leuchten bei den verschiedenen Arten gegeben
werden ’):
1) B. cyaneo-phosph. Durch mehr als 70 Kulturgenera-
tionen fortgeführt, hat sich diese Art in kultureller und physiolo-
gischer Beziehung als konstant, vielleicht als die konstanteste von allen,
erwiesen. Zwischen Wachsthum und Leuchten von heute und Wachs-
thum und Leuchten der ersten Generationen besteht ein merklicher
Unterschied nicht. Die Farbe des von frischen Kulturen oder gut
leuchtendem Seewasser bei geeigneten Temperaturen abgegebenen
Lichtes ist bläulich mit einem Stich ins Grünliche; in Fischkulturen
trat die Beimischung des grünlichen Lichtes, zumal unter der Wir-
kung des Kontrastes mit typischen Kulturen von B. smar.-phosph.
(s. unten) merklich zurück. Neben solchen Fischkulturen oder Emul-
sionen derselben mit Seewasser gaben Agarkulturen einen pracht-
vollen Leuchteffekt; die Intensität des Lichtes einer auf der Höhe
ihrer Entwickelung stehenden Agar-Strichkultur, in einem gewöhn-
lichen Reagensglase, war derartig, dass man mit dessen Hilfe z. B.
eine gewöhnliche, aus ca. 2 mm grossen Buchstaben oder Zahlen be-
stehende Schrift auf Etiquetten, in sonst dunkler Umgebung, abzu-
lesen vermochte. Das Leuchten trat rasch in die Erscheinung, an
Kolonieen auf festem Nährboden, sobald sie sichtbar wurden. Die
1) Die Ansichten über das Wesen der Phosphorescenz bei Bakterien sind noch ge-
theilt. Ludwig hält es für wahrscheinlich, dass die Lichtentwickciung nicht von den
Bakterien als solchen , sondern von einer im Verlaufe ihres Stoffweebsels gebildeten
Substanz ausgehe (Photogentheorie). Nach D u b o i s besitzen die Individuen der von
ihm beobachteten Arten (Bact Pholas und Bxct. P e 1 a g i a) die Eigenschaften eines Fer-
mentes schlechthin, durch dessen Wirkung eiue in den Geweben der lebenden Thiere
(Pholas dactylus und P e 1 a g i a n o c t i 1 u c a) — zu deueD jene Mikroorganismen itn
Verbäitniss der Symbiose stehen — abgesonderte, „Luciferin“ genannte Substanz, in den
Zustand der Phosphorescenz versetzt werden könne; in analoger Weise sei auch das
Leuchten von Bouillonkultureu und Meerwasser zu erklären. Diese Ansicht steht aber
mit der L u d w i g ’s auf einer Stufe. Dagegen sind Lehmann und Tollhausen,
Beyerinck u. a. geneigt, das Leuchten der von ihnen studirten Arten als einen intra-
cellulären oder doch wenigstens als einen an das lebende Protoplasma der Individuei
unmittelbar gebundenen Vorgang anzuseben, nach Analogie des Vorganges des Leuch-
tens der Leuchtorge.ne gewisser Thiere. Diese durch sorgfältige Experimente gestützte
Ansicht hat in der That Vieles für sich. Dass das Optimum der Temperatur für das
Wachsthum gleichbedeutend ist mit dem für das Leuchten , und jedwede Schädigung
oder Vernichtung der Artindividuen eine Schädigung oder Vernichtung des Leuchtens
in entsprechender Weise zur Folge hat, spricht gewiss sehr zu Guusten dieser Ansicht.
Diese Thatsachen gelten ailem Anschein nach auch für die von mir gefundenen Formen ;
Genauere Versuche bezüglich des Einflusses verschiedener Temperaturen auf das Leuch-
ten bei B. cy a n eo - p b o s p h. führten mich zu ähnlichen Schlüssen, wie diejenigen sind,
welche L e h tu a n n und Tollbausen für Bact. phosphor escens aufstellen.
Ein wio auch immer beschaffenes Leuchten ist unter allen Umständen ein direkter Be-
weis von der Anwesenheit lebensfähiger Individuen.
316
Katz, Zur Kcnutuiss der l.euchibaktenen.
Dauer des maximalen Leucbtens in Kulturen war proportional der
Dauer der grössten Waebsthumsenergie ; sie betrug nur einige Tage.
Mit der Sislit ung oder Beschränkung des oberflächlichen Wachsthums
begann die Abnahme der Leuchtkraft, doch war im Allgemeinen die
Dauer des Leuchtens überhaupt bei dieser Art sehr bomerkenswerth.
Eine am 1t. September 1888 in Tprozent., 2,7 °/0 Kochsalz enthal-
tender Nährgelatme angelegte Stichkultur zeigte noch schwaches,
silberiges Leuchten am 9. Mai 1889, d. b. nach 8 Monaten; während
dieser Zeit befand sich die Kultur in Zimmertemperatur, die 2o° C
zuweilen überstieg und die (verflüssigte) Gelatine war auf weniger
als die Hälfte zusammeugeschrumpft ; nach weiteren 3 Tagen war das
Leuchten erloschen. — Eine am 14. Sept. 1887 auf gekochtem Tinten-
fisch angelegte Kultur leuchtete noch lan einer Stelle) am 5. Okt. 1887,
nach weiteren 6 Tagen nicht mehr. — Nachdem in den Agarkulturen
im Verlaufe von 14 Tagen bis zu einigen Wochen das Leuchten schwach
geworden, oder hier und da nur noch ersichtlich, oder auch ganz und
gar verschwunden war — die Dauer des intensivsten Leuchteüs be-
trug, wie bei Eischkulturen, nur etwa 2 oder 3 Tage — erschien es
wiederum an den früher erwähnten „sekundären“ Kolonieen, und zwar
mit einer, wie es schien, länger dauernden maximalen Intensität, als die-
jenige der „primären“ Kultur war ; sie erlöschen gewöhnlich erst nach
einigen Wochen ganz, und da, wie früher angegeben und an einem frap-
panten Beispiel (Stnchkultur) gezeigt wurde, diese „sekundären“ Kolo-
nieen oftmals in verschiedenen mehr oder weniger weit von einander
entfernten Zeitpunkten auftraten, so könnte mau dementsprechend ein
successives Leuchten in ein und demselben Glase beobachten. Soweit
sich beurtheilen Hess, waren die von solchen Kolonieen abgeleiteten
neuen Kulturen denen, welche von dem „primären“ Kulturrasen her-
stammten, in morphologischer und physiologischer Hinsicht ähnlich. —
Iu Kulturen in Nährbouillon ging die Phosphorescenz früher, als auf
den vorhergehenden Nährmedien verloren, in einem Falle sogar nach
Verlauf von zwei Tagen, während welcher sie übrigens schwächer, als
gewöhnlich war. Dahingegen wurde in der nämlichen Kultur — sie
war am 13. August 1887 angelegt — nach etwa 3 Wochen (am 2.
September) an dem oberflächlichen membranösen Theil wiederum
Leuchten konstatirt, welches stärker, als Anfangs war, so dass man
jetzt mit dessen Hülfe, im Gegensatz zu früher, im Dunklen die
Taschenuhr leicht ablesen konnte. Es wurde dann allmählich
schwächer und erwies sich am 11. Oktober 1887 als gänzlich erloschen.
(Schluss folgt.)
Tubereuios«!.
317
Referate.
Brügsrer s Oscar , U e b e r Tuberculosis verrucosa cutis.
(Virchow’s Archiv. Bd. CX1X.)
Verf. theilt eineu Kali jener seltenen tubereulösen Hautaffektion
mit, welche 1888 von Riehl und Pal tauf zuerst als Tuberculosis
verrucosa cutis beschrieben wurde.
Derselbe betrifft einen ziemlich kräftigen Mann aus angeblich
hereditär nicht belasteter Familie; sein Leiden soll seit 15—18
Jahren bestanden haben. Die Erkrankung beschränkte sich auf das
rechte Bein des Patienten. Nach Entfernung des makroskopisch
Kranken mit scharfem Löffel resp. Hohltneissel erfolgte Heilung
unter antiseptischem Verbände. Das allgemeine Krankheitsbild skiz-
zirt Verf. wie folgt: „Die erkrankten Hautstellen bilden entweder
rundliche oder ovale Plaques oder zeigen durch gegenseitiges Kou-
fluiren serpiginöse Formen. Bei beiden Erscheinungsformen findet
inan die morphologisch jüngsten Partieen stets am peripherischen
Bande, während gegen das Centrum der Piaques zu allmählich die.
Akme und schliesslich Zeichen des abgelaufenen Krankheitspro-
zesses, die Farben, zu beobachten sind. Diese Erscheinungen kommen
dadurch zu Stande, dass die Nachschübe der Krankheit stets an
der Peripherie der Plaques gegen die gesuuden Hautpartieeü zu
stattfinden, ohne jemals in den alten, vernarbten, schon einmal von
der Krankheit befallenen Hautstelien zu rezidiviren. Die Plaques
selbst haben gewöhnlich eine braumöthliche oder iivide Farbe, während
sie von einem hellrotheD , erytbeniatösen Hofe umgeben sind. Auch
sind sie häufig mit braungelben Krusten bedeckt, die wohl als Ueber-
bleibsel von geplatzten Pustelchen , wie sie häufig auf den Plaques
beobachtet werden, anzuseheu sind. Die Narben, die von den all-
mählich flacher werdenden und zuletzt ganz verschwindenden papil-
lomatösen Wucherungen hinterlassen werden, sitzen nur in den oberen
Cutislagen und sind , wie die Plaques selbst , auf ihrer Unterlage
leicht verschieblich. Die Narbenstränge glänzen weiss und die da-
zwischen liegenden Haut, partieen treten mit ihrer röthlichen Farbe
um so deutlicher hervor, so dass das Ganze ein eigentümlich ge-
stricktes Aussehen bekommt.“
Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigte sich das Stratum
corneum unregelmässig entwickelt, bald sehr dünn „bald als dick
geschichtetes lockeres Hornlager. Im Stratum granulosum fehlte an
manchen Stellen die Schicht der stark lichtbrechenden Körner. Die
Stachelzcllenschicht zeigte sich unregelmässig verdickt, so dass oft
kolbige lnterpapillarzapfen entstehen. In den basalen Retezellen leb-
hafte Zellneubildung. In der Cutis herdförmige Infiltration um ge-
wisse Centreri herum, welche sich als Tuberkel mit Riesenzellen er-
wiesen. In der Umgebung derselben ausserdem noch öfters multiple
miliare Abscesschen. (Nach Durchbruch derselben wird die Abscess-
höhle durch hineinwuchernde Epidermismassen ausgefüllt, wodurch
IX. Bd. 21
.318
Ta'oerculos«. — Traclioin
die Bildung gewisser kryptenförmiger Höhlungen zu erklären sei.
Der die gelockerten Epidermisschuppen durchtränkende Eiter kann
Krusten bilden. Talgdrüsen und Haarbälge fehlten im erkrankten
Bezirk vollständig; die Sehweissdrüsen waren meist intakt, da der
Prozess nicht so tief greift.
In einzelnen von zahlreichen Schnitten Hessen sich typische
Tuberkelbacillen in geringer Zahl nachweisen, theils in epithelioiden,
theiis in Riesenzellen , theils auch im Granulationsgewebe. Durch
einen Impfversuch an einem mit 2 excidirten Stückchen geimpften
Meerschweinchen, welches nach 8 Wochen an typischer Miliartuber-
culose starb, wurde die tuberculöse Natur der beschriebenen Haut-
affektion vollends sicher gestellt. In den Organen des gestorbenen
Meerschweinchens fanden sich zahlreiche Bacillen. Der positive Aus-
fall des Impfexperiments ist um so bemerkenswerther , da dies
der erste veröffentlichte Impfversuch bei Tuberculosis verrucosa cu-
tis ist.
Ausser den Tuberkelbacillen fanden sich noch zahlreiche Kokken,
theils frei, theils im Gewebe, deren Natur aber leider nicht weiter
studirt wurde.
Die Tuberculosis verrucosa cutis dürfte demnach wohl als eine
tuberculöse Mischinfektion zu betrachten sein.
Im Schlüsse der Arbeit erörtert Verf. die Differentialdiagnose
und verweilt besonders bei den bis dahin bekannt gewordenen
Fällen nachgewiesener tuberculöser Infektion durch die Haut.
Czaplewski (Görbersdorf i. Schl.).
Nolszewski, K., Der Mikroorganismus des Trachoms,
Microsporon trachomatosum s. jagium. (Gazeta lekarska.
1890. No. 50.) [Polnisch.]
Seit 1888 hatte Verf. schon mehrmals bei Trachom einen Pilz
beobachtet, den er als Ursache dieser Krankheit betrachtet und M i-
crosporon trachomatosum nennt.
In der letzten Zeit gelang es ihm, Kulturen des Pilzes aus exci-
dirten Stückchen der trachomatös entarteten Bindehaut zu erhalten.
Als Nährboden diente dem Verf. eine gelatinöse Substanz, die er
durch Auskochen von Kalbsaugen erhielt.
Der Pilz entwickelt sich gut auf schwach saurem Boden, und
zwar nicht auf der Oberfläche desselben, sondern in der Tiefe, zwischen
der Gefässwand und dem Nährmedium. Die Fäden des Pilzes sind
ungegliedert, sehr lang und verzweigen sich zumeist rechtwinkelig.
Am meisten ähnelt das Microsporon trachomatosum
dem Microsporon furfur, doch sind die Conidien bedeutend
kleiner, als diejenigen des letzteren. Am Ende der Fäden befinden
sich zahlreiche Sporangien. Die Trachomkörner sind von Conidien-
klümpchen an ihrer ganzen Oberfläche bedeckt.
Thierversuche sind im Gange, jedoch noch nicht abgeschlossen.
Steinhaus (Warschau).
Thieri6chf Parasiten.
319
Parona, C., e Perngla, A., Intorno ad alcune polystomeae
e cons id erazion i sulla sistematica di questafami-
glia. (Atti della societä ligust. di sc. natur. e geogr. Yol. I.
Fase. HI. Genova 1890. 8Ö. 20 p. c. 1 tav.)
Die Autoren geben zuerst eine Beschreibung des seit J. P. van
Beneden nicht untersuchten ektoparasitischen Trematoden Gastro-
cotyle trachuri, den sie dreimal in je einem Exemplar auf den
Kiemen von Caraux trachurus in Genua gefunden haben. Derselbe
trägt rechts einen schmalen , die zwei hinteren Drittel des Körpers
einnehmenden Anhang, an dessen Rand in einer Reihe etwa 35 Saug-
näpfchen stehen. Das Hinterende des Körpers trägt drei Paar kleiner
Häkchen. Seitlich stehen neben der Mundöffnung, wie bei so vielen
Polystomeen, zwei Mundsaugnäpfe, aber keine gezähnelte Membran,
welche die ersten Beschreiber gesehen haben wollten. Der Oeso-
phagus ist lang und wie die beiden am Hinterende kommunizirenden
Darmschenkel mit Seitenblindsäckchen besetzt. Ganz hinten liegen
eine Anzahl Hodenbläschen, vor ihnen der Keimstock; da nun die
von 12 Häkchen umstellte Genitalöffnung dicht hinter der Bifurkation
des Darmes gelegen ist, so ist das Vas deferens und der Uterus
ungemein lang.
Von dem interessanten Genus Pleurocotyle (scombri) er-
fahren wir, dass dasselbe am Hinterende nicht nur vier kleine
Häkchen, sondern auch noch einen kleinen fünften Saugnapf trägt,
der gegenüber den vier lange bekannten Saugnäpfen liegt, und zwar
dicht vor dem Hinterende.
Ferner wird von den Kiemen des Caraux trachuri ein neuer
Trematode: Pseudaxine trachuri n. g. n. sp. beschrieben. Wie
der Gattungsname andeutet, steht dieses Genus der Gattung Axine
unsrer Hornhechte (Belone vulgaris) sehr nahe, unterscheidet sich
aber von derselben dadurch, dass am Hinterrande des axtförmig ge-
stalteten Leibesendes nur eine Reihe von Saugnäpfchen (24 — 32)
stehen, und dass das hinterste Ende zwei Paar Haken führt. Die
Darmschenkel sind lang, hinten jedoch nicht zusammemiiessend und
tragen breite Blindsäckchen.
Endlich machen die Autoren den Vorschlag, die Gattungen
Pleurocotyle, Phyllocotyle, Plectanocotyle, Poly-
stomum, Erpocotyle, Diplobothrium, Platocotyle und
Sphyranura, die inan bisher mit anderen zur Familie Octo-
cotylidae vereinigte, abzutrennen, da sie weniger als 8 Saug-
näpfe am Hinterende tragen, und für sie eine neue Familie (resp.
Subfamilie) „Oligocotylidae“ zu schaffen; bei den Octocoty-
1 i d a e s. str. würden dann verbleiben Octocotyle oder Octo-
bothrium mit mehreren Untergattungen, Anthocotyle, Val-
lisia, Hexacotyle (wo trotz des Namens 8 Saugnäpfe Vor-
kommen) und D i p l o z o o n. M B r a u n (Rostock).
2i*
320 Schutzimpfung, kiiustl. ' nfektior.sl rank heilen Entwickelungshemtnuog etc.
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
iiankiu. E. II., Report on the conflict between the Or-
gan i s m andthemicrobe. jErom the Pathological Laboratory,
Cambridge.] (British Med. Jourii. No. 1541. 1890. p. 65.)
Der erste Thei! der interessanten Arbeit befasst, sich mit jenen
Substanzen, welche bei der Hervorbringung erworbener Immunität
betheiligt sind. Es gelang, chemische Immunität mit den Stofiwechsel-
prodnkten verschiedener bakterieller Krankheitserreger zu erzeugen
und aus ihnen auch eine Reihe von Ptomaiuen zu isoliren. ohne dass
indes mit den letzteren Immunität hätte produzirt werden können.
Die Ursache des Misserfolges möge darin liegen, dass nicht die Pto-
inaüne, sondern Gifte gänzlich verschiedener Natur bei der Schutzim-
pfung auf chemischem Wege in Frage kommen. Bei der erworbenen
Immunität handelt es sich zumeist um Tolerirung eines Giftes. Sie
wird durch eine einzige oder doch nur wenige Dosen hervorgebracht
und kann Monate bis Jahre lang andauern, im Gegensätze zu jener
so häufig zur Beobachtung gelangenden Immunität gegen Alkaloide,
die aus lang andauernden Gabenfolgen in beschränktem Grade hervor-
geht. Analoge Eigenschaften mit dem hypothetischen, die Immunität
bewirkenden Gifte besitzen die uns bekannten toxischen Proteide, wie
es von Sewall für das Schlangengift an Tauben nachgewiesen wurde.
Die Thatsaehe, dass jene Gifte, welche die Eigenschaft besitzen, das
bakterientödtcnde Vermögen des Organismus zu unterdrücken, wie
der Saft des Papainbaumes, Jequiritysamen und das Schlangengift,
Albumosen enthalten, wies ebenfalls darauf hin, dass es nicht Pto-
maYne, sondern giftige Proteine seien, welche den Eintritt pathogener
Bakterien in den Körper begünstigen und demnach bei erworbener
Tolerirung derselben Immunität gegen die Krankheit verleihen können.
Diese Ueberlegungen führten Verf. zu dem Versuche, die Albu-
mose der Anthraxkulturen zu isoliren, worüber hier (Bd. VI. p. 617)
s. Z. berichtet wurde. Dass bei der Anthraxalbumose, ebenso auch
bei dem Bricger und Fraenkel’schen Toxalbumine aus Diphtherie-
kulturen keine Fermentwirkung mitthätig sei, konnte rachgewiesen
werden, als einer Anthraxalbumoselösung Kalkwasser zugesetzt und
der Kalk wieder ausgefällt wurde, wobei etwa vorhandene Fermente,
ihrem bekannten Verhalten gemäss, rairgerissen werden. Mit der ab-
filtrirten Albumoselösung wurden bessere Immunisirungsresultate er-
halten. als mit einer nicht so behandelter; Lösung, woraus geschlossen
werden kann, dass die Immunität hier nicht durch ein Ferment be-
dingt war. Weitere Bestätigungen dieser Ansichten bringen Si d n ey
Martin, welcher aus Anthraxkulturen ein giftiges Alkaloid und zwei
giftige Albumosen darstellte, mit welchen er alle Symptome der Krank-
heit zu erzeugen im Stande war, undBabes, der unter anderem im
centralen Nervensystem von an Tollwuth verendeten Thieren eine
Albumose und iu Taubendiphtheriekulturen zwei ähnliche Substanzen
entdeckte.
Schutzimpfung, kiinsll Infektionskrank’rieittn, Entvrickelungsheinnnutig etc. 321
Hierauf beschreibt Verf. eingehender sein Verfahren der Dar-
stellung der Antkraxalbumose. Als Nährmedium diente nicht pepto-
nisirte Bouillun, aus Fleischextrakt bereitet, welchen) nach dem Ste-
rilisiren Fibrin zugesetzt und die dann nochmals frak tionirt sterilisirt
wurde. Die Entwickelung der Kultur geschah bei Zimmertemperatur,
weil bei höherer Temperatur die sich bildende Aibumose durch das
vorhandene Anthraxferment zerlegt wird. Nach einer Woche wurde
filtrirt, die Aibumose durch Saturation des Filtrats mit Aintnonium-
sulfat als Niederschlag gewonnen, dieser mittelst Dialyse gegen Wasser
salzfrei in Lösung erhalten und letztere wieder durch Dialyse gegen
Weingeist rasch konzentrirt. Sehliessiiches Ausfällen mit absolutem
Alkohol liefert die Aibumose in ziemlich reinem Zustande.
Cm die Frage zu lösen, ob der abgeschwächte Milzbraudbacillus
noch die Eigenschaft, wenn auch in geringerem Grade, besitze, Ai-
bumose!! zu bilden, wie es vorauszusetzen wäre, wenn die Virulenz
des Anthraxbacillus von seinem Vermögen abhinge, eine Aibumose
zu erzeugen, stellte Verf. den folgenden Versuch an: Zwei Kolben
der erwähnten Fibrinbouillon wurden mit virulentem Anthrax und
premier vaccin geimpft, die Kulturen nach dem Auftreten typischen
Wachsthums 1/2 Stunde lang im Schüttelapparai geschüttelt, die An-
zahl Bacillen pro ccm in jedem Kolben festgestellt und durch Zusatz
des entsprechenden Quantums physiologischer Kochsalzlösung zur
virulenten Kultur in beiden Kolben auf die gleiche Hohe pro ccm
gebracht. Nun wurden zwei gleichgrosse Köhren mit den beiden
Kulturfiiissigkeiten angefüllt, gleiche Theile koagulirtes Proteid, durch
Kochen einer verdünnten, schwach angesäuerten Lösung von Eier-
alhumin gewonnen, hinzugefügt und durch 2 Stunden centrifugirt.
In dem erhaltenen Präcipitat waren die gleiche Anzahl Bacillen mit
der gleichen Menge koagulirten Proteids vorhanden. Die darüber
stehende Flüssigkeit wurde zum grösseren Theile abgegossen und er-
wies sich im Plattenverfahren als steril. Die zurückgebliebene Masse
verblieb 24 Stunden bei 37° C, dann wurde sie aufgeschüttelt, filtrirt
und auf Pepton und Albumosen untersucht. Die von der virulenten
Kultur stammende Flüssigkeit gab eine, einer 0,25% Peptonlösung
nahe kommende Reaktion, während die vom premier vaccin stammende
überhaupt keine Biuretreaktion zeigte. Soweit es mit dieser Methode
nachweisbar ist, besitzt demnach abgeschwächter Milzbrand keine
peptonisirenden Eigenschaften.
Im zweiten Theile „Ueber schützende Proteide“ rekapitulirt Verl,
seine früheren Publikationen über Zellglobuliu (s. auch Ref. in diesem
Oentralbl. Bd. VIII. p. 215) und tlieilt Versuche mit über die Ein-
wirkung des Blutegelextraktes auf die bakterientödtende Eigenschaft
des Zellglobulins, ßlutegelextrakt enthält eine Substanz, die nach
Dick in so n zu den Albumosen gehört. Diese Aibumose zerstört
nach Ilaycraft Fibrinferment, weshalb das bakterientödtende Ver-
mögen einer Zellglobulinlösung durch Hinzufügen von Blutegelextrakt
vermindert werden müsste, wenn es von der Gegenwart des Fibrin-
fermentes abhängig wäre. Die Versuche ergaben, dass eine kleine
Menge Blutegelextrates die keimtödtende Kraft des Zellglobulins nicht
aufhebt und dass das beobachtete Resultat auch nicht von einer
322 Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwickeiiingshominnni; etc.
etwaigen antiseptischen Wirkung des Blutegelextraktes beeinflusst
wurde. Die bakterientödtende Eigenschaft des Zellglobulins verhält
sich ähnlich jener des frischen Blutserums. In sehr verdünnter Lö-
sung tritt nach einer anfänglichen Verminderung eine Vermehrung
der eingebrachten Mikroorganismen auf, eine mit Anthrax geimpfte
und steril gebliebene Lösung zeigt üppiges Wachsthum, wenn sie
neuerdings mit Anthraxsporen geimpft wird und auch die von
Büchner festgestellte Thatsache über das Verlieren oder Bewahren
der bakterientödtenden Eigenschaft des Blutserums beim Dialysiren
gegen Wasser oder normale Kochsalzlösung weist darauf hin, dass
das Globulin die keimtödtende Kraft darstellt.
Die Ergebnisse der W ool r i d ge’schen Untersuchungen über
Immunität gegen Anthrax lassen sich aus den Resultaten des Verf.’s
erklären, wogegen bei der Hervorbringung einer vergrösserteu Wider-
standsfähigkeit bei Kaninchen gegen Anthraxinfektion durch Injektion
einer einfachen Fibrinogenlösung an ein schützendes Protein gedacht
werden könnte. Nach Fokker besitzt frische Milch ein bakterien-
tödtendes Vermögen, das durch Kochen verloren geht, was ebenfalls
auf das Vorhandensein eines ähnlichen Stoffes hiuweist.
Kral (Prag).
Wagner, K., Zur Lehre von der Bedeutung der Tempe-
ratur bei den Infektionskrankheiten. (Wratsch. 1890.
No. 39 — 40.) [Russisch.]
Verf. studirte die Wirkung der Milzbrandinfektion an Hühnern,
und zwar sowohl an normalen, wie an abgekühlten (mittelst kaltem
Wasser und Antipyreticis) und narkotisirten.
Geimpft wurden die Milzbrandbacillen, resp. Sporen in die vordere
Augenkammer, unter die Haut und ins Blut.
Als Vorversuche führte Verf. eine Reihe von Kulturproben der
Milzbrandbacillen im Blutserum, im defibrinirten Blute und im Humor
aqueus des Auges von Hühnern aus; diese Kulturen zeigten, dass
die Hühnersäfte nicht anthraxfeindlich sind; die Bacillen entwickelten
sich schön und, auf Kaninchen und Meerschweinchen veriinpft, zeigten
sie ungeschwächte Virulenz. Die Ursache der Immunität gesunder,
normaler Hühner gegen Milzbrand ist also uicht darin zu suchen,
dass die Körpersäfte dieses Thieres einen ungeeigneten Boden für
die Entwickelung der Antbraxbacilien darstellen. Worin sie aber
zu suchen ist, zeigten die Ergebnisse der ersten Versuchsreihe (In-
fektion normaler Hühner). Die eingeführten Bacillen entwickeln sich
während des ersten Tages an der Impfstelle energisch; am zweiten
Tage begann hier schon eine Phagocytose, welche in der Mehrzahl
der Fälle dazu führte, dass man am dritten Tage keine Bacillen mehr
an der Impfstelle entdecken konnte; sie waren alle eliminirt.
Die Versuche mit Injektion ins Blut führten zum Schlüsse, dass
sich der Organismus auch in diesem Falle mittelst Phagocytose von
den Bacillen befreit.
Die Temperatur der infizirten Hühner überstieg die Norm um
1— 2£UC, hielt auf dieser Höhe einige Tage an und kehrte zur Norm
Schutzimpfung, künsti Infektionskrankheiten, Eiitwickeiungsheuomung «tc. 323
zurück zu der Zeit, da keine Bacillen mehr an der Impfstelle zu
finden waren.
Sämmtliche Hühner, welche vermittelst Eintauchung der unteren
Körperhälfte in Wasser (25" C) abgekühlt wurden, gingen zu Grunde.
Der Verlauf der Krankheit war der für den Milzbrand typische;
Phagocytose war auf ein Minimum reduzirt. Alle Kontrollthiere, so-
wohl diejenigen, die abgekühit wurden, ohne infizirt zu sein, wie die
infizirten, jedoch nicht abgekühlten, blieben am Leben.
Aus den 11 Versuchsthieren, bei welchen die Abkühlung mittelst
Antipynninjektionen erzielt worden war, erkrankten 6. 5 von ihnen
gingen zu Grunde, während eines von ihnen die Krankheit über-
stand. Dieses Ergebniss erklärt sich dadurch, :dass die Antipyrin-
injektion nur auf eiuige Stunden abkühlt, des Nachts die Injektionen
nicht wiederholt waren, so dass die Immunität nur theilweise auf-
gehoben war. Auch diese Versuche zeigten, dass die Aufhebung der
Immunität durch Abschwächung der phagoeytären Energie der Leu-
kocyten zu Stande kommt.
Dieses Ergebniss führte den Verf. auf den Gedanken, durch
Narcotica die Leukocyten zu schwächen, ohne die Körpertemperatur
zu ändern. Aus 8 Hühnern, welche nach der Infektion der Wirkung
von Chloralhydrat ausgesetzt waren , ging eins an Milzbrand zu
Grunde (nach ca. 60 Stunden). Von den übrigen gingen 3 wegen
Intoxikation mit Chloralhydrat zu Grunde und 4 blieben am Leben.
Auch bei diesen war die lokale Reaktion (Oedem) aufaugs bedeutend,
später ging sie aber zurück. Verf. erklärt die schwache Wirkung
von Chloralhydrat auf die Resistenzfähigkeit der Hühner gegen Milz-
brand dadurch, dass die Gaben, welche eine volle Aufhebung der
phagoeytären Thäligkeit der Leukocyten nach sich ziehen würden,
gleichzeitig auch das Thier durch Paralyse des Nervensystems tödten
würden. Steinhaus (Warschau).
Thoinot, £tude sur la valeur d^sinfectante de l’acide
sulfureux. (Annales de l’Institut Pasteur. 1890. No. 8. S. 500.)
Eine Reihe von Infektionserregern wurde der direkten Ein-
wirkung der gasförmigen schwefligen Säure (durch Verbrennen von
Schwefelblumen erzeugt) in einem Zimmer von 50 cbm Inhalt aus-
gesetzt, dessen Fugen mit Kitt möglichst luftdicht verschlossen waren.
Die Prüfung der Wirksamkeit geschah, soweit möglich, durch nach-
trägliche Verimpfung der Infektionserreger auf Thiere, in anderen
Fällen durch Uebertragung auf Nährsubsttate, nach vorhergehender
Abspülung der oberflächlich anhaftenden schwefligen Säure in ste-
rilem Wasser. Die Infektionserreger selbst wurden theils in Form
pathologischer Sekrete und Organe (Tuberkelsputum , Rotzeiter,
pulverisirter getrockneter Rauschbrandmuskel etc.) angewendet, theils
waren sie auf testen Nährböden herangezüchtet.
Das Gesammtresultat geht dahin, dass man unter den Infek-
tionserregern bezüglich ihres Verhaltens zur schwefligen Säure zwei
Gruppen zu unterscheiden habe. Die eine Gruppe — Bacillus des
malignen Oedems, Rauschbrand, Milzbrand — zeigt absolute Resistenz
selbst gegen die stärkste und längste Einwirkung der schwefligen
.'J24 Schutzimpfung, Ltiust). InlVkUonskruokheitan, EntTvickelungshemciUriß etc
Säure [offenbar wegen der Dauersporen, Ref.]; während die andere
Gruppe — Tuberculose, Hot/. Wurm des Rindes, Typhus, Cholera,
Diphtherie — eine lüdtende Einwirkung der schwefligen Säure er-
kennen hisst. Die hicr/u erforderliche Dosis ist im Fmzelfatle ver-
schieden, aber die Quantität von 60 g verbranntem Schwefel per Kubik
meter bei 24 ständiger Einwirkung in einem wo’hi verschlossenen
Zimmer gibt nach Verf. absolute Sicherheit. (? Ref.) Es wird daher
dieses Verfahren für die Praxis empfohlen.
Bemerkt sei. dass die Tuberkelbacillen theils als Reinkultur,
theiis in Sputum, und zwar letzteres in feuchter sowohl als getrock-
neter Form angewendet wurden. Die nachträgliche Veninpfung auf
Meerschweinchen blieb erfolglos. Feber die Dicke der angewendeten
Schicht, beim Sputum ist eine Angabe nicht, gemacht. [Es lässt
sich allerdings kaum bestreiten, dass die früheren Anforderungen an die
Desinfektionskraft des schwefligen Säure im Verhältnis» zu den ge-
wöhnlichen praktischen Aufgaben zu hoch gespannte waren, da man
immer die so äusserst widerstandsfähigen Milzbrandsporen als Test-
objekt benutzte. Ref.] Büchner (München).
Proch<mniek , Die Behandlung des frischen Trippers
beim Weibe mit dem konstanten Strom. (Münch, med.
Wochenschr. 1890. No. 27.)
Procliow nick und Spnetli. Heber die keimtödtende Wirkung
des galvanischen Stromes. (Dtsch. med. Wochenschr.
1890. No. 20.)
Die günstigen Wirkungen, welche Apostoli seit 1886 durch
Einwirkung des konstanten galvanischen Stromes bei Endometritiden
erzielt haben will, wurden durch therapeutische Versuche Prochow-
n ick ’s bestätigt. Wenngleich dieselben auch noch nicht in jeder
Beziehung abgeschlossen sind, so hält Prochownick doch die-
jenigen, welche sich auf die Behandlung des frischen Scheidentrippers
bezogen, bereits für so weit gediehen, dass er mit deren Veröffent-
lichung nicht mehr zögern zu müssen glaubt. Er führte mehreren
Frauen, deren frische Tripperinfektion durch die Anamnese und den
Gonokokkennachweis ausser Zweifel gestellt war, die durch eine
Kupfersonde dargestellte positive Elektrode eines galvanischen Stromes
durch die Scheide bis in den Cervixkanal ein, schloss den Strom
und liess ihn in einer Kraft von 80 — 100 Milliamperes ungefähr 10
Minuten lang einwirken. Schon nach drei derartigen Sitzungen ver-
schwanden die Gonokokken gänzlich aus dem Sekret; dasselbe wurde
bald serös und verminderte sich so schnell, . dass die Patientinnen
nach weiteren vier Sitzungen iür geheilt angesehen werden konnten,
ohne dass es zu Recidiveu kam. Für die Harnröhre liess sich die
Methode nicht durchführen, weil gleich starke Ströme in derselben
nicht vertragen wurden. Der gleichzeitig bestehende Harnröhren-
tripper wurde daher durch eine Abortivkur mit dem Höllensteinstift
erfolgreich behandelt. Die gesammte Behandlung dauerte jedesmal
2 — 3 Wochen. Während derselben war den Patientinnen die Coha-
bitation streng untersagt, auch mussten dieselben nach jeder galva-
nischen Sitzung ca. 2 Stunden vollkommen Ruhe halten.
ßafeteriol. vom X. internationalen mediciniscben Kongresse zu Berlin 325
Zur Kontrolle und Erklärung seiner klinischen Erfolge prüfte
Prochownick gemeinschaftlich mit Spaeth die antibakterielle
Wirkung des galvanischen Stromes durch das Experiment. Die Ver-
suche ergaben anfangs ein fast gänzlich negatives Resultat, so
lange die Verff. ihre Elektroden einfach in Kulturlösungen ein-
tauchen liessen. Sie bedienten sich daher später kupferner Elek-
troden, welche, mit Agar übergossen, selbst als Nährboden für Bak-
terien gedient hatten und während der Einwirkung des Stromes in
Kochsalzlösung getaucht wurden. Hierbei fand am positiven
Pol stets starke Bakterien Vernichtung statt Kulturen
von Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes
wurden bei \ ständiger Einwirkung einer Stromstärke von 60—80
Milliamperes getödtet. Zur Vernichtung von Milzbrandkulturen be-
durfte es der £ — lstündigen Einwirkung eines Stromes von 200 — 230
M.-A. Die Verff. schieben diese Wirkung des galvanischen Stromes
auf die an der Anode in der Kochsalzlösung stattfindende Chlorent-
wickelung, da das Chlorgas in statu nascendi jedenfalls eine beson-
ders stark antiparasitäre Eigenschaft besitze. Als Beweis dafür
geben sie an, dass die Kupfersonde, deren sich Prochownick bei
seinen klinischen Versuchen bediente , nach jeder Sitzung ninen
grünen Ueberzug zeigte, der bei chemischer Untersuchung als Kupfer-
chlorür erkannt wurde. Sie finden auf diese Weise auch eine Er-
klärung dafür, dass nur der positive Pol des galvanischen Stroms
bakterientödtende Eigenschaften besitzt und weisen auf A p o s to 1 i’s
neueste Veröffentlichung in No. 19 des laufenden Jahrgangs der
Münchener mediciniscben Wochenschrift hin, durch welche der letz-
tere Satz bestätigt wird. K übler (Oldenburg).
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X, internationalen mediciniscben
Kongresse zu Berlin, 4. — 9. August 1890.
(Fortsetzung.)
Aus den Abtheilungs - Sitzungen.
XV. Abtheilung: Hygiene.
Herr Felix (Bukarest). Man schenkt der Tuberculose in Schulen
zu wenig Aufmerksamkeit, die Schule gibt mannigfache Gelegenheit
zur Verbreitung der Krankheit, die Sputa tubercuRser Schüler ge-
rathen zwischen und unter die Schulbänke, wo sie eintrocknen und
in Staub umgewandelt in die Atmosphäre gerathen. Bei aller Dis-
ziplin wird man die kranken Kinder nicht dazu bringen, nur in den
Spucknapf zu spucken, somit die Eintrocknung und Verstaubung des
Auswurfs nicht hintanhalten. Deshalb ist es angezeigt, dass kranke
Schüler, die expektoriren, rücksichtslos aus der Schule entfernt werden:
326 Bakteriol. vom X internationalen medicinisehen Kongresse zu Berlin.
jedem Schüler, der Sputa auswirft, ohne Unterschied, ob dieselben
Tuberkelbacillen enthalten oder nicht , sei die Schule verschlossen,
und um sowohl die Ansteckungsgefahr als auch den moralischen
Einfluss dieser Maassregel auf die Kranken zu beseitigen, darf eben
kein Unterschied zwischen den verschiedenen chronischen Krankheiten
der Luftwege gemacht werden, welche Auswurf erzeugen So hart
auch die Durchführung dieses Vorschlages scheinen mag, ist sie doch
dringend geboten, wir opfern den Unterricht des Einzelnen dem
physischen Wohle der Gesammtheit.
Obwohl die Tuberculose des Menschen nur in äusserst seltenen
Fällen durch den Genuss des Fleisches tuberculöser Thiere entsteht
und die gewöhnliche Zubereitung des Fleisches die Ansteckungsge-
fahr beseitigt , ist es doch wünschenswert!) , dass in den Schlacht-
häusern der verschiedenen Staaten die tuberculösen Thiere nach
gleich massigen, einheitlichen Grundsätzen behandelt werden mögen.
So wie das Gebaren in verschiedenen Schlachthäusern verschieden
ist, sind es auch die Ergebnisse der Tuberculosestatistik der Haus-
thiere. Diese Umstände zeugen für die Nothwendigkeit einer inter-
nationalen Reglementation, nicht bloss vom administrativen , sondern
auch vom wissenschaftlichen Standpunkte.
XI. Abthcilung: Ohrenheilkunde.
Herr Zaufal (Prag). Ueber die Beziehungen der Mikro-
organismen zu der akuten (primären) Mittelohrent-
zündung und ihren Komplikationen und der chro-
nischen Mittelohrentzündung und ihren Kompli-
kationen.
Zur Proklamirung eines Mikroorganismus als Erreger der akuten
Mittelohrentzündung muss die Erfüllung der drei Koch’scheD Be-
dingungen (häufiges Vorkommen bes. im Anfänge des Prozesses,
Nachweis im entzündeten Gewebe und künstliches Hervorrufen der
Entzündung durch tJeberimpfen einer Reinkultur) durchgeführt
werden. Nur beim Bacillus Friedländer sind diese Anfor-
derungen erfüllt, bei den anderen aber sind in der Beweisführung noch
Lücken. Unzweifelhaft sind Mittelohrentzündungserreger der Diplo-
coccus pneumoniae Frankel - Weichselbaum, der Strep-
tococcus pyogenes, der Staphylococcuspyogenes albus
uud aureus und der Bacillus Fried lande r, bei den andern,
dem Staphylococcus cereus albus, Staphylococcus
tenuis, Bacillus tenuis, Micrococcus tetragenus, Ba-
cillus pyocyaueus und beim Soorpilz ist es mehr oder weniger
zweifelhaft. Die genannten Erreger können ebenso bei den primären
wie sekundären Entzündungen Vorkommen. Die akute Mittelohrent-
zündung ist kein ätiologisch einheitlicher Prozess, sondern kann durch
verschiedene Mikroparasiten hervorgerufen werden. Bei den Ver-
kühluugsotitiden findet sich häufiger der Diplococcus pneu-
moniae, bei den sekundären häufiger die pyogenen Mikroparasiten
sensu strictiori, doch müssen auch der Bacillus Fried-
länder und der Diplococcus pneumoniae zu den Eitcrbildnern
Neue Litteratur
327
gezählt werden. Nach Bordoni-Uffreduzzi und Gradenigo
erhält der Diplococcus pneumoniae seine eiterbildende Kraft
durch die Abschwächung in seiner Virulenz. Bei Mittelohrentzündung
durch Fremdkörper, nach Operationen im Cavum pharyngo-
nasale und Rhinorrhagieen fand Z. bisher den Streptococcus
pyogenes. Der Verlauf der akuten Mittelohrentzündung ist in der
Regel ein typischer, entsprechend dem cyklischen Entwickelungsgang
des Mikroparasiten, sehr häufig pneumouieartig mit kritischem Ab-
fall der Temperatur und Resorption des Exsudats. Häufig findet sich
nur ein pathogener Mikroorganismus im Exsudat, seltener zwei oder
mehrere auch nicht pathogene. Der Erreger der akuten Entzündung
wird häufig auch bei den Komplikationen gefunden , doch können
letztere auch durch Sekundärinvasion pathogener Mikroorganismen
herbeigeführt werden. Die Komplikation kann Zusammenhängen mit
der Art des Erregers, so sind Pyostreptokokkenotitiden komplikations-
reich , ferner mit hochgradiger Virulenz des Entzündungserregers
u. s. w. Unter Umständen (lokalen und pathol.-anatomiscben günstigen
Bedingungen bei sekundären Otitiden etc.) kann jeder Otitis media
hervorrufende Mikrobe Komplikationen erzeugen. Bisher wurden
folgende Komplikationen gefunden :
Beim Bacillus Frie dlän der Facialparalyse (Zaufal); Ab-
scess des Proc. mastoid. und Allgemeininfektion (W ei c h se 1 b au m) ;
Meningitis (Netter);
beim Diplococcus pneumoniae Abscess des Proc. mastoid.
(Za uf a i , Ver neui 1, Netter), Meningitis cerebrospinalis (W eich-
selbaum);
beim Streptococcus pyogenes Meuiugitis (N etter), Ab-
scess des Proc. mast. (Zaufal, Netter), Sinusthrombose und
Pyoseptikämie, dann Pyoseptikämie ohne Sinusthrombose und Lungen-
gaugrän (Netter), Facialparalysis (Zaufal);
beim Staphylococcus pyogenes Abscess des Proc. mastoid.
(Bordoni-Uffreduzzi und Gradenigo);
beim Staphylococcus cereus albus Abscess des Proc.
mast. (Levy und Schräder).
(Fortsetzung folgt.)
Neue Litteratur
zusammengestellt von
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Bibliothekar im Kaiserliche» Gesnndheitaarate in Berlin.
Allgemeines über Bakterien und Parasiten.
Domergue, F., Mat^riaux pour servir k l’histoire des infusoires. (Auual. de microgr.
T. III. 1891. No. 2. p. 49—61.)
Morphologie und Systematik.
Newoombe, F. C. , Perennial myceüum of the fungos of blackberry rast. (Journ. of
Myool 1891. Vol. VI No. 3. p 106—107.)
328
Neue Litteratur.
Biologie.
(Gährung, Fäulniss, Stoffwechselprodukte usw.) ,
Hansen, E. C., Nouvelles recherches sur la circulation du Saccharomyces apiculatus daos
la nature. (Annal. de mierogr. T. III 1891 No. 2. p. 76 — 82.)
laurent. E.. E'xperienees sur la reduetion des nitrates par '.es vegetaux. (Annal. de
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Zülaser, W., lieber eiu Alkaloid der Taberkelbacillen. (Berlin. k!in Wochensehr. 18S1.
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Krankheitserregende Bakterien und Parasiten hei Pflanzen.
Bolle, J., Welche Vorkehrungen wären zu treffen, um dii Einschleppung und Ver-
breitung der in Oberitalien verheerend aufgetretenen Blattlaus des Maulbeerbaumes
(Diaspis pentagona Targ ) hintanzuhalten '? Internat, land- u. forstwirthschaftl. Kon-
gress zu Wien. 1890. Heft 72. Wien (Frick) 1891 20 kr.
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Frühaui, Th., In welcher Weise lässt sich die Bekämpfung der Peronospora am
sichersten durchführen ? Internat, land- u. forstwirthschaftl. Kongress zu Wien.
1890. Heft 79. Wien (Frick) 1891. 40 kr.
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Hartig, Was ist in den europäischen Staaten von Seite derselben bis jetzt gethan
worden, um die Erforschung der in forstlicher Hinsicht wichtigen Pfiauzenkrankbeiten
zu fördern und die zerstörenden Wirkungen derselben zu reduciren und was kann
und muss in solcher Richtung noch gethnn werden? Internat land- u. forstwirthschaftl.
Kongress zu Wien. 1890. Heft 10. Wien (Frick) 1891.
Lagerheis), G de, The relationship of puccinia and phragmidium. (Journ. of Mycol.
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Schutzimpfungen, künstliche Infektionskrankheiten, Entwicke-
Inngshemninng und Vernichtung der Bakterien mit besonderer
Berücksichtigung der Arbeiten Uber das Koch’sche
Heilverfahren gegen Tnberculose.
Auerbach, B., lieber einige regelwidrige Erscheinungen nach den Koch’schen Injektionen
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332
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Bütimeyer, L., Ein Fall von akuter Meningitis tubercuiosa nach Koch’scher Behand-
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Bonnenburg, E., Weitere Mittbeilungen über die chirurgische Behandlung der Lungen-
cavernen. (Deutsche medic. Wochenschr. 1891. No 6. p. 238 —240 )
Inhalt.
Originalmitth eil ungen.
Vas Cott, J. jr , Untersuchungen Uber das
Vorkommen der Bacillen des malignen
Oedems in der Moschustinktur. (Orig.),
p. 303.
Finkelnburg, Ueber einen Befund von Ty-
phnsbacillen im Brunnenwasser, nebst
Bemerkungeu Uber die Sedimentirraethode
der Untersuchung auf pathogene Bakte-
rien in Flüssigkeiten. (Orig.), p. 301.
Kats, Oscar, Zur Kenntniss der Leucht-
bakterien. (Orig.) (Fortsetz.), p. 311.
Nhnsld, M., Die isomeren Milchsäuren als
Erkennungsmittel einzelner Spaltpilzar- j
ten. (Orig.), p. 304.
Smith, Theobald, Zur Kenntniss des Hog- ,
cholerabacilius. (Orig.) (Fortsetz.), p. 307.
Referate.
Brugger, Oscar, Leber Tuberculosis verru-
cosa cutis, p. 317.
Noiszewski, K., Der Mikroorganismus des
Trachoms. Microsporou trachomatosum
s. jagiuru, p. 318.
Parona, C., e Perugia, A., Intorno ad al- |
cune polystomeae e considerazioni sulla
sistematica di questa famiglia, p. 319.
I Schutzimpfung, künstliche Infektions-
krankheiten, Entwicklungshemmung
und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
H&nkin, E. H , Report on the eonflict be-
tween the organism and the microbe,
p. 320.
Proehownik, Die Behandlung des frischen
Trippers beim Weibe mit dem konstan-
ten Strom, p. 324.
Prochownick und Spaeth, Ueber die keim-
tödtende Wirkung des galvanischen Stro-
mes, p. 324.
Thoinot, Etüde sur la vaiear dösiufectante
de i’aeide sulfureuz, p. 323.
Wagner, K., Zur Lehre von der Bedeutung
der Temperatur hei den Infektionskrank-
heiten, p. 322.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen medicioi. sehen
Kongresse zu Berlin,
4. — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
Z&ufal, Ueber die Beziehungen der Mikro-
organismen zu der akuten (primären)
Mittelohrentzündung und ihren Kompli-
kationen und der chronischen Mittelohr-
entzündung und ihren Komplikationen,
p. 326.
Neue Litter&tur, p. 327.
fioiwuimnsche Buchdruckerei (Her dann Folilej in Jena.
Dieser Nummer liegt ein Prospekt von Di*. Robert Mueneke
in Berlin NW. bei,
pp
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Geb. Holt. Prof. Dr. Leacbart nt Professor Dr. Loefler
Id Leipzig Io Graifgvaid
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. Jena, den 13. März 1891. -o- No. 10.
Freia für den Band (26 Hämmern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postaustalten.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde “ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original - Mittheilungen.
Zur Biochemie der Bakterien»
Von
Dr. E. Nickel
in
Berlin.
Den chemischen Lebensbedingungen der Bakterien innerhalb und
ausserhalb anderer Organismen wird immer allgemeiner die grösste
Beachtung geschenkt. Durch die Wei gert-Koch’sche Theorie
über die Wirkungsweise der T u b e r k e 1 b a c i 11 en ist die Richtung
gegeben, in welcher sich die weiteren Forschungen zu bewegen haben.
Wenn ich es versuche, auf die chemischen Lebensbedingungen
der Bakterien eine mathematisch-abstrakte Betrachtungsweise an-
zuwenden, so glaube ich, dass sich durch dieselbe gewisse Beziehungen
IX. Bd. 22
334
Nickel
leichter klarlegen lasseD. Als typisches Beispiel mögen uns hier-
für die Tuberkelbacillen dienen. Dieselben bilden nach Koch1) aus
dem Eiweiss einen Stoff, dessen Lösungen in einer gewissen Kon-
zentration das Protoplasmas in den von Weigertals Koagu-
lationsDekrose bezeichneten Zustand überführen. Zur kurzen
Bezeichnung jener Substanz diene uns das WTort Nekrosin. Er-
reicht der Nekrosingehalt des Protoplasmas eine gewisse Höhe, so
wird dieser Zustand nicht nur dem Protoplasma, sondern indirekt
auch den Tuberkelbacillen verhängnissvoll , indem durch die mit der
Koagulationsnekrose verbundene chemische Umwandlung der Nähr-
boden für die Tuberkelbacillen an Nährfähigkeit einbüsst. Der
Zahlen werth dieser kritischen Konzentration ist noch nicht be-
kannt. Das Symbol derselben sei k, bezogen auf die Gewichtsein-
heit Protoplasma.
Wir setzen für unsere weiteren Betrachtungen der Einfachheit
halber zunächst einen Organismus mit einem überall chemisch ho-
mogenen Protoplasma voraus, in welchem in verschiedenen Gebieten
(?nff2,6rj Kolonieen verschiedenen Alters vorhanden sind.
Da die Menge der Zersetzungsprodukte der Bakterien mit der Zeit
wächst, so wird auch die Menge x des Nekrosins in den verschiedenen
Gebieten GXl Gs, G3 je nach dem Alter verschieden seien.
Es sei
xt y* x3 . . .
Die Mengen, welche an der kritischen Konzentration fehlen,
seien entsprechend ^,1/,,^, Dann ist
k = xv + yx = xa + y2 = x3 + y3 =
Mithin yL < y, < y3 . . . .
Liegt der Werth von xt sehr nahe bei der kritischen Konzen-
tration k , so wird die Hinzuführung einer unendlich kleinen Menge
yx genügen, um den Nekrosezustand im Gebiete Gr, zu bewirken,
und in der That sind, wie bekannt, bei der Koch’schen Behand-
lung der tuberculösen Erkrankungen unter gewissen Umständen fabel-
haft geringe Mengen wirksam. Aber diese grössere Wirksamkeit bei
Tuberculösen liegt vornehmlich , was dem Anschein nach bis jetzt
noch nicht beachtet ist, nicht in dem Stoff selbst, sondern in
der Art seiner Anwendung-
Es sei zur weiteren Erläuterung ein Vergleich gestattet, wenn
derselbe auch nicht ganz zutrifft. Bei der Neutralisation von Säuren
durch Basen genügt, sobald die Grenze der Neutralisation nahe er-
reicht ist, ein einziger Tropfen , um den Umschlag der Reaktion zu
bewirken, aber dieser Tropfen hat vor den übrigen Tropfen keine
besondere Wirksamkeit voraus.
Ob die Menge des Nekrosins, welche in dem Gebiet G an der
kritischen Konzentration fehlt, von aussen zugeführt oder durch die
Bakterien des Gebietes G selbst hervorgebracht wird, ist für den
Effekt der Koagulation gleichgültig. Der Werth von k ist in beiden
Fällen gleich gross.
1) Diese Zeitschrift. Bd. IX. S 67.
Zur Biochemie der Bakterien.
335
Durch das Absterben des Gebietes G werden in dem Organismus
sekundäre Erscheinungen ausgelöst. Cm nun bei dem künstlich be-
wirkten Absterben der verschiedenen Infektionsgebiete den Umfang
der sekundären Erscheinungen nicht zu gross werden zu lassen, muss
der Dosirung des Nekrosins besondere Auimerksamkeit gewidmet
werden. Wenn nämlich die Gebiete Glx G2, Gs nicht gleich-
zeitig, sondern nach einander zum Absterben gebracht werden sollen,
so muss die Dosirung von yx auf yt, dann auf y?i u. s. w. ansteigen.
Da die Werthe von #,, x3, x3 . . . unbekannt sind, so ist dadurch
die Nothwendigkeit einer rein empirischen Ermittelung der y- Werthe,
der Dosirung bedingt. Liegen die Werthe xlx xa, x3 .... ihrer
Grösse nach weiter aus einander, so wird sich das dadurch bemerk-
lich machen, dass eine schnelle Steigerung der Dosen gut vertragen
wird, ohne dass dabei eine Angewöhnung des Organismus wesent-
lich in Frage kommt. Im Hinblick auf die Entwickelungszustände
der Krankheit bei verschiedenen Individuen ergibt sich aus den
obigen Gleichungen, dass die Dosirung den Zuständen umgekehrt
arithmetisch (!) proportional sein muss.
Bei homogenen Protoplasmagebieten können also durch steigende
Nekrosinzuführung nach einander die verschiedenen Infektionsgebiete
zum vollständigen Absterben gebracht werden. Auders gestaltet sich
jedoch die Sache, wenn das einzelne Infektionsgebiet nach verschie-
denen Richtungen chemisch ungleichartig ist und mithin die kritische
Konzentration an verschiedenen Punkten verschiedene Werthe hat.
In diesem Falle wird bei Zuführung von Nekrosin in dem Zeitpunkte
t0 das Infektionsgebiet nur an denjenigen Theilen T absterben, für
welche die kritische Konzentration gerade erreicht ist, während die
weniger empfindlichen Stellen am Leben bleiben und den Tuberkel-
bacillen der bedrohten Kolonie durch die Erhaltung gewisser Nähr-
gebiete die Möglichkeit der Weiterentwickelung gewähren.
Betrachten wir nun die Erscheinungen, welche eintreten
würden, wenn kein Nekrosin von aussen zugeführt worden wäre.
Die Weiterentwickelung der Kolonie würde, wenn ein Zeitpunkt
C erreicht ist, den Nekrosingehalt des Gebiets so steigern, dass die
oben erwähnten Theile T dadurch der Nekrose verfallen. In dem
Zeitraum tl—t0 hat sich aber im Vergleich zum Zeitpunkt t0 die
Anzahl der Bacillen vermehrt. Es zeigt sich also, dass bei gleichem
Verlust an Protoplasma, welcher in jedem der beiden Fälle mit
Nothwendigkeit eintritt, durch die Zuführung von Nekrosin die-
selbe Zustandsänderung des Organismus ohne Vermehrung der Ba-
cillenzahl erreicht wird und dass durch Wiederholung desselben Ver-
fahrens der erkrankte Organismus dem Zustand der Heilung ent-
gegengeführt wird. Zum Schluss sei noch eines besonderen Falls
gedacht. In einem chemisch n ich t homogenen Infektionsgebiet kann
die auf verschiedene Theile beschränkte Koagulationsnekrose zu einem
Zerfall desselben führen. Liegt das Infektionsgebiet im Bereich der
Gefässsysteme , so köunen unter diesen Umständen an anderen
Stellen neue Infektionen entstehen. Die künstliche Zuführung von
Nekrosin kann jedoch diesen Zustand nie verschulden , sondern
höchstens die Zeit seines Eintretens beschleunigen. Sache
22*
336
H.a n k i n ,
der histologischen und mikrochemischen Forschung wird es sein, die
Bedingungen für die in Rede stehenden Erscheinungen genau zu er-
gründen.
Berlin, im Februar 1891.
Nach schrift. Seit der Einsendung des Manuscripts sind mehrere
Mittheilungen erschienen, die sich in anderer Form in demselben
Sinne äussern. So kennzeichnet Thorner die behandelten Er-
scheinungen als „Additions Wirkungen“.
Die inzwischen eingeführte Bezeichnung Tuberkulin bezieht
sich nicht auf eine chemisch einheitliche Substanz, sondern auf eine
glycerinische Lösung von Nekrosin und Nebenbestandtheilen.
Ueber den schützenden Eiweisskörper der Ratte1),
(Aus dem hygienischen Institut zu Berlin und dem Pathological
Laboratory Cambridge.)
Von
E. H. Hankin,
Junior George Henry Leweis Student, Fellow of St. John's College Cambridge.
In einer neulich erschienenen Veröffentlichung2 3) habe ich über
eine Klasse von Eiweisskörpern berichtet, die eine bakterienver-
nichtende Wirkung besitzen ; dieselbe habe ich ,, defensive proteids“
(schützende Eiweisskörper) genannt. Es ist möglich, dass diese
Körper die Ursache der bakterieutödtenden Wirkung des Blutserums
sind, und es ist deshalb nicht nöthig, sich der Buchner’schen An-
schauung auzuscbiiessen , dass es sich hier um einen spezifisch
aktiven Zustand der bis jetzt bekannten Serumalbuminate handelt.
Wenn meine Vermuthung richtig wäre, so könnte man erwarten, dass
das Serum der Ratte einem ähnlichen Stoffe seine bakterientödtende
Eigenschaft verdankt; Behring“) aber schreibt dieselbe seiner
hohen Alkalescenz zu und gelangt zu dem Schlüsse, dass es einen
unbekannten basischen Körper gibt, der (wie Pentamethylendiamin)
die Milzbrandbacillen in seinen Versuchen vernichtet hat.
Ist es möglich, dass diese beiden Anschauungen richtig siud,
mit anderen Worten, dass es sich hier um einen alkalisch reagiren-
den Körper handelt und dass derselbe eine bakterientödtende Ei-
weissart ist?
Es sind bereits mindestens drei alkalisch reagirende Eiweisskörper
bekannt. Alle drei sind Albumosen. Kühne uud Chitteuden4 5)
haben unter den Verdauungsprodukten von Myosin gefunden, dass
Protomyosinose und Deuteromyosinose nach Dialysirung eine schwache,
aber unbestreitbar alkalische Reaktion zeigen. Sidney Martin6)
1) Eine ausführlichere Veröffentlichung unter dem Titel ,,On Defensive Proteids“
wird in Kürze in englischer Sprache erscheinen.
2) On the c.onäict ketween tha nrganism and the microbe. (British Medical Jour-
nal. XII. 1890. Jitly.) Siehe auch: A Bacteria killing Globulin. (Proceedings of the
Royal Society of London. Vol. XLVIII. 1890. S. 93. Mai 21.)
3) Ueber die Ursache der Immunität von Ratten gegen Milzbrand. (Centralblatt
£. klinische Medicin. 1888. Ko. 38. S. 1.)
4) Zeitschrift für Biologie. Bd. XXV. S. 273.
5) Proceedings of the Royal Society of London. Vol XLVIII. 1890. May 21. Siehe
Deber den schützenden Eiweisskörper der Gatte.
337
erwähnt, dass nach verlängerter Dialysirung eine Lösung von den
zwei Milzbrand-Albumosen noch alkalisch reagirt. Dies ist die einzige
chemische Reaktion, in welcher sich diese giftigen Albumosen von
den gewöhnlichen Proto- und Deuteroalbumosen der peptischen Ver-
dauung unterscheiden.
Nach derselben Methode, die ich benutzt habe, um schützende
Eiweisskörper aus anderen Thieren zu isoliren, habe ich eine Eiweiss-
art, welche Bakterien vernichtet und eine alkalische Reaktion zeigt,
aus Rattenmilzen isolirt.
Dass dieser Stoff bakterientödtend wirkt, geht aus folgenden
Versuchen hervor:
Die Milz einer Ratte wurde unmittelbar nach dem Tode ausge-
schnitten und mit Alkohol verrieben. Nach Stunde wurde der
Alkohol abfiltrirt und zum Rückstände 30 ccm 2% Na 2S04-Lösung
zugesetzt. Nach 24 Stunden wurde die sehr trübe Flüssigkeit filtrirt
und Alkohol im Ueberschuss zugesetzt. Der so entstandene Nieder-
schlag von Eiweisskörpern und Salzen wurde abfiltrirt , bei 37 u ge-
trocknet und mit ungefähr 10 ccm destillirten Wassers gemischt.
Dadurch wurden die Salze und ein Theil der Eiweisskörper gelöst.
Der unlösliche Rückstand wurde abfiltrirt, und die so erhaltene klare
Lösung eine Stunde lang in strömendem Wasser von 37 — 40°
dialysirt. Nach dieser Behandlung zeigt die Lösung eine alkalische
Reaktion und eine bakteriell tödtende Wirkung, welche durch die ge-
wöhnliche Plattenkulturen -Methode geprüft wurde. Für diesen
Zweck wurde eine frisch bereitete Milzbrandbouillonkultur benutzt;
das Resultat ergibt sich aus der folgenden Tabelle:
Versuchs-
Nummer
Kontrollplatte
sofort ausge-
gossen
Platte nach */2
Stunde ausge-
gossen
Platte nach
1 Stunde ausge-
gossen
V
660
351
413
VI
656
20
116
m ■;
568
728
996
784
776
800
“ b*:
700
740
316
256
?600
365
Zum Versuche VI bemerke ich, dass die Milz in 10 ccm einer
Mischung von gleichen Theilen Glycerin und 75% Na2S04 zerrieben
war. Sonst war der Versuch ganz nach derselben Methode durch-
gefübrt, wie Versuch V. In vielen meiner Versuche aber, von welchen
lila als Typus gilt, war keine Verminderung der Zahl der Kolo-
nieen zu konstatiren. Oefters war zuerst eine Zunahme, 1 Stunde
später aber eine Abnahme der Zahl der Kolonieen nachzuweisen
(Versuch II). Bemerkenswerth ist es aber, dass vom nächsten Tage
an diese Lösungen steril geblieben sind, und nur ausnahmsweise
mikroskopisch unbedeutendes Wachsthum beobachtet werden konnte.
auch die Aum. Ilankin in British medical Journal. Oct. 12. 1889. On lunmunity
produced by an albumose isolated from Anthrax culture3.
338
H i n k i n , Ueber den schützenden Eiw eisskörper der Rette.
Natürlich wird die bakterientödtende resp. wachstumshemmende
Kraft einer solchen Lösung durch Kochen völlig zerstört. Auffallend
ist es, dass es mir nur ganz ausnahmsweise geglückt ist, von Ratten-
railzen eine so schnell die Bakterien tödtende Lösung zu ge-
winnen, wie solche aus den Milzen der für Milzbrand empfänglicheren
Meerschweinchen und Kaninchen mit Leichtigkeit hergestellt werden
können. Von diesem Gesichtspunkte aus kann man einen sehr in-
teressanten Unterschied zwischen den schützenden Eiweisskörpern
beider Thiergattungen bemerken.
Wenn man in eine aus Kaninchen gewonnene schützende Eiweiss-
körperlösung Milzbrandbacillen einsäet, so wird ein grosser Theil
derselben rasch getödtet. Die übrigen aber werden, entweder weil
sie sich den umgebenden Bedingungen angepasst haben, oder wahr-
scheinlicher, weil die bakterientödtende Kraft zerstört wird, nach
einigen Stunden rasch sich entwickeln und ein üppiges Wachsthum
entfalten.
Der Ratten schützende Eiweisskörper resp. das Rattenserum aber
bietet kein gutes Nährraedium für solche Bacillen , die nicht sofort
getödtet wurden. Hier darf man nicht an „Angewöhnung“ oder
Ausnutzung der bakterienzerstörenden Kraft denken.
Ein ähnlicher Unterschied ist in dem Verhalten der Sporen zu
diesen beiden Serumarten zu bemerken. Wie Lubarsch für
Hundeserum und ich für Kaninchen schützende Eiweisskörperlösun-
gen gefunden habe, entfalten Milzbrandsporen, in solche Flüssig-
keiten eingesäet, sofort ein üppiges Wachsthum, als ob sie im Aus-
keimungsakte eine Widerstandsfähigkeit gegen die bakterienfeindlichen
Einflüsse des Mediums erworben hätten. Mit Rattenserum dagegen
kommt eine ähnliche Erscheinung, wie Behring bemerkt hat, nie
vor. Weder Sporen noch Bacillen können in diesem Medium eine
Kultur hervorbringen. Vielleicht steht im Zusammenhang mit diesen
Verschiedenheiten die Thatsache, dass es mir möglich gewesen ist,
Heilung resp. Immunisirung gegen Milzbrand nicht nur durch Ratten-
serum, sondern auch durch den isolirten schützenden Eiweisskörper
der Ratten zu erzeugen. Ein solches Resultat habe ich durch andere
schützende Eiweissarten nur äusserst selten erzielt.
Dass das Serum selbst seine bakterientödtende Kraft innerhalb des
tbierischen Körpers ausüben kann, erhellt aus folgenden Versuchen:
Acht Mäuse wurden mit einer Mischung von Rattenserum und
äusserst virulenten Milzbrandsporen, von einer frischen Agarkultur
stammend, geimpft. Zwei Mäusen wurden 0,01, den anderen 0,02 bis
0,15 ccm von dieser Mischung subkutan injizirt. Während diese 8
Mäuse sämmtlich am Leben blieben, sind 2 Kontrollmäuse innerhalb
18 Stunden zu Grunde gegangen1).
Dass dieses Resultat nicht auf der Erzeugung einer gewissen
„fieberhaften Reaktion“ beruht, wird wahrscheinlich gemacht durch
folgenden Versuch :
1) Behring (Zeitschrift für Hygiene. Bd. IX. 1890. S. 473) erwähnt auch, dass
er Milzbrandheilung durch Rattenserum bekommen hat, ohne aber die benutzten Dosen
genau zu präcisiren. Ogata und Jasubara haben auch durch verschiedene Serum-
arten Heilung von abgeschwächtem Milzbrand erzeugt. (Siehe Ref. in diesem Central-
blatt. Bd. IX. S. 25 )
Smith. Zur Kenntniss des Hogcholerabficillus.
339
6 Mäuse wurden mit je 0,01 resp. 0,02 Rattenserum subkutan
injizirt und an einer anderen Körperstelle mit virulentem
Milzbrand geimpft, um die Lokalwirkung des schützenden Eiweiss-
körpers auszuschliessen. Zwei zur Kontrolle infizirte Mäuse starben
innerhalb 18 Stunden. Alle 6 Versuchsmäuse starben, und zwar 2
nach 36 Stunden, 1 nach 60 Stunden und 3 nach 84 Stunden. Es
ist interessant zu bemerken, dass in diesen letzten drei Fällen sich
ein ungeheueres Oedem entwickelte, das bei so virulentem Milzbrand
sonst gewöhnlich nicht vorkommt. 4 weitere Koutrollmäuse, welche
mit 0,02 bis 0,04 ccm Kaninchenserum und virulentem Milzbrand ge-
impft wurden, starben innerhalb 36 Stunden.
(Schluss folgt.)
Zur Kenntniss des Hogcholerabacilius.
(Aus dem bakteriologischen Laboratorium des Bureau of Auimal
Industry, Washington U. S. A.)
Von
Dr. Theobald Smith,
Vorstand.
(Schluss.)
Wir haben somit wenige Anhaltspunkte, urn diese Bacillen a und ß
als zwei verschiedene Arten zu erkennen. Im Grossen und Ganzen
können wir annehraen, dass ß näher dem saprophytischen Stadium
steht, indem er eine grössere Wachsthumsenergie auf den verschiedenen
Nährsubstraten entfaltet. Diese Vorstellung, auf Kulturstudieu be-
ruhend, wird besonders durch Kaninchenimpfungen bestätigt. Bringt
man kleine Dosen (*/ 8 — V4 ccm Bouillonkultur) unter die Haut von
Kaninchen, so entsteht ein leichtes Fieber mit Temperaturerhöhung
von 1 — 2° C. An der Impfstelle entwickelt sich ein kleiner Abscess,
der später aufbricht und heilt. Das Thier ist nach 2 bis 3 Wochen
wieder gesund. Werden grössere Quantitäten injizirt, so entsteht
eine purulente Infiltration des Unterlnmtzellgewebes, welche sich lang-
sam ausbreitet, in 1 bis 2 Wochen den Tod herbeiführt und meistens
auch die Läsionen bedingt, die im Folgenden beschrieben sind.
Werden sehr kleine Dosen ('/50 — ‘/„o ccm Bouillonkultur ent-
sprechend verdünnt) in die Ohrvene eingespritzt, so entsteht ein
Fieber, welches l’/2 bis 2 Wochen dauert und mit dem Tode des
Thieres endigt. Bei der Sektion findet man parenchymatöse Erkran-
kung des Herzens und der Nieren. Wie schon oben angegeben, haben
wir bei Impfungen mit a immer Milztumor erhalten, bei Impfungen mit
ß ist die Milz klein. Bei a sind immer Nekrosen in der Leber
zu finden, bei ß aber nicht. Bei a finden sich nicht selten Hä-
morrhagieen im Duodenum und im unteren Dickdarm, geröthete
und geschwollene Plaques, während bei ß das Bild anders ist. Die Plaques
im Dünndarm und im Blinddarm und der Klappe sind sehr stark
geschwollen und mehrere oder alle Follikel erscheinen als vergrösserte
weisse Punkte. Die Schleimhaut darüber ist manchmai unversehrt,
340
S m i t b ,
öfters nekrotisirt und mit einem gelblichen Schorfe bedeckt. Der
Appendix zeigt immer einige infiltrirte Follikel. In manchen Fällen
bietet sich ein interessantes Bild, indem alle Follikel vergrössert, weiss-
lich sind und somit der Appendix wie damit besät aussieht. Die be-
deckende Schleimhaut ist meistens erhalten und etwas höckerig durch
die vergrösserten Follikel, in seltenen Fällen mit Geschwüren bedeckt.
In einigen Fällen waren neben den beschriebenen Läsionen viele
oberflächliche Nekrosen auf und zwischen den Schleimhautfalten des
Blinddarms. Es ist möglich, dass diese letzteren Nekrosen durch
Ansiedelung der Bakterien verursacht wurden, die von den Schleim-
hautgeschwüren über den Plaques ausgeschiedeu worden waren.
Schnitte durch die Plaques zeigen eine zöllige Infiltration der Follikel
und hie und da Haufen von Bacillen zwischen den Zellen. Neben
den Darmveränderungen finden sich solche gleicher Natur in den
mesenterialen Lymphdrüsen. Dass diese modifizirte Krankheit in
Wirklichkeit durch ein und dasselbe Bakteriengift hervorgerufen wird,,
ist durch folgende Thatsachen bewiesen:
1) Wenn durch künstliche Abschwächung des Bacillus u (durch
Hitze nach Pasteur) die Krankheit in Kaninchen verlängert wird,
haben wir fast genau dieselben Erscheinungen, wie bei ß. Die Leber-
nekrosen bleiben aus. Die Plaques sind infiltrirt und ulcerirt.
2) Wenn durch partielle Immunisirung des Versuchsthieres die
Dauer der Impikrankheit des Bacillus a verlängert wird, sind die
Darmveränderungen vorhanden.
3) Eine Reihe Versuche haben gezeigt, dass Kaninchen, mit ß
zweimal geimpft, sich a gegenüber refraktär verhalten.
Fassen wir nun die Resultate dieser Untersuchungen zusammen,
so ergibt sich, dass o dieselben Veränderungen erzielen würde,
die wir durch Impfung mit ß erhalten, wenn das Thier lange genug
am Leben bliebe; ß bewirkt somit eine mehr chronische Form der
ö- Krankheit. Bacillus a gedeiht besser in den inneren Organen und
bewirkt Nekrosen in der Leber. Eine Eiteransaramlung findet nicht
statt. Bei ß kommt es zu keinen bemerkenswerthen Ansiedelungen
in den inneren Organen, ausser in dem lymphatischen Apparat und
Eiterung begleitet sie. Die Beziehung zwischen Nekrose und ge-
steigerter Virulenz auf der einen Seite und Eiterung und Ab-
schwächung auf der anderen ist mir schon früher bei Untersuchung
der Impfstelle bei Kaninchen aufgefallen. Der lymphatische Apparat
des Darmes und die dazu gehörenden Lymphdrüsen können als
ein locus minoris resistentiae angesehen werden, indem hier der
Kampf am längsten dauert und die Zerstörung am grössten ist. Die
Bacillen sind hier nicht lokalisirt, sondern bleiben nur am längsten
wirkungsfähig. Eine Lokalisation in diesem Sinne würde bedeuten,
dass die Bacillen, durch die Blutbahn (Ohrveneninjektion) im ganzen
Körper verbreitet, nur hier festen Fuss gefasst haben, während sie
anderswo in ihrer Vermehrung gehemmt worden sind. Eine solche
Lokalisation im lymphatischen \pparat des Darmes ist daher keine
Ansscheidungskrankheit; die Ausscheidung ist vielmehr rein zufällig.
Nach vergleichenden, noch nicht beendeten Untersuchungen bin
ich geneigt, den Begcholerabatillu3 mit dem morphologisch ähnlichen
Zur Kenntniss des Hogcbolerabacillus.
341
Bacillus coli commuuis in eine Gruppe zu vereinigen. Der
stark saproph) tische ß kann als ein Verbindungsglied zwischen dem
mehr parasitischen a und dem Kolonbacillus gelten. Doch soll dieses
durchaus nicht bedeuten, dass letzterer je in den Hogcholerabacillus
übergehen kann. Vergleicht man Bacillus coli mit dem nächst-
stehenden ß, so findet man eine Reihe Unterscheidungsmerkmale.
Der Kolonbacillus ist etwas grösser in Kulturen, auf Gelatine breiten
sich seine Kolonieen mehr aus und haben überhaupt eine andere
Gestalt. Seine Bewegungen, besonders in Flüssigkeiten, sind mehr
träge, manchmal scheinbar auf einzelne Bacillen beschränkt. In
Bouillonkuitur erzeugt er einen widerlichen Geruch, der bei ß sehr
schwach ist. Durch Säureausscheid ung macht er Milch zu einem festeu
Kuchen gerinnen. Die pathogenen oder parasitären Eigenschaften
fehlen fast ganz, obwohl toxische Kräfte nicht fehlen, wie schon von
Anderen berichtet worden ist. Ich habe mehrmals Kaninchen durch
intravenöse Injektion von 1 ccm Bouillonkultur getödtet, während
3/4 ccm keine Wirkung zeigte *). Gegenüber diesen Abweichungen
haben wir die gleiche Morphologie (Form, Beweglichkeit, Mangel der
Sporenbildung), die gleiche Gährungsfähigkeit, Alkalibildung und
Mangel an peptonisirendem Ferment. Ohne auf andere Verwandt-
schaftsmerkrnale hier einzugehen, bin ich daher geneigt, die Hog-
cholerabaeillen mit B. coli als distinkte Arten in eine Gattung
unterzubringen.
Auf die grosse Bedeutung des Vorkommens von Spielarten unter
pathogenen Bakterien für die Diagnostik brauche ich hier wohl nicht
aufmerksam zu machen. Sie fordert ein genaues Studium der bio-
logischen Eigenschaften der pathogenen wie auch der saprophytischen
Arten und eine Gruppirung dieser Arten, ob pathogen oder nicht,
nach biologischen Merkmalen. Zugleich wird es auch nöthig sein,
den relativen Werth dieser verschiedenen Merkmale durch ver-
gleichende Studien zu bestimmen, da die meisten jetzt bekannten
auf oberflächlichen, kulturellen Kennzeichen beruhen und ungeeignet
sind, ohne bedeutende Modifikation eine korrekte Klassifikation ein-
zuleiten. Es gehört ebensoviel Umsicht dazu, Bakterienformen nicht
aus einander zu halten, die wirklich nahe verwandt sind, als solche
nicht zusammenzuwerfen , die nicht zus&mmengehören. Obwohl,
wie Lo eff ler1 2) treffend bemerkt, es „unsere Aufgabe ist, die kon-
stanten kleinen Unterschiede fest zu fixiren und, wenn möglich, zu
vermehren“, so müssen wir zugleich nicht ausser Acht lassen, den
relativen Werth dieser Abweichungen wenn möglich zu ergründen,
1) Diese Unterschiede, obwohl bei oberflächlicher Betrachtung ziemlich bedeutend,
sind doch mehr quantitativer als qualitativer Natur. Dass die eine Art z B. Milch
zur Gerinnung bringen kann und die audere nicht, beruht hier auf der Menge der pro-
duzirten Säure, und diese hängt wesentlich von der Empfindlichkeit der Art gegen
Säure ab. Auf die entwicklungshemmende Eigenschaft des gährfähigon Zuckers in
Nährflüssigkeiten habe ich schon früher hingedeutet (diese Zeitschrift VIII. 8. 388).
Impft man Gährungskölbchen , enthaltend Peptonbouillon und Milchzucker mit Ba-
cillus coli, a und ß. so findet man nach einigen Tagen ungefähr halb so viel Gas
in den a- und ß-Kölbchen, als bei B. coli. Die Gäbrung ist bei a und ß nicht aus—
geblieben, sondern hat nur schneller aufgehört.
2) Deutsche med. Wochenschr. 1890. 8. 84.
342
Smith, Zur Kenntniss des Hogcholerabacillus.
um uns eine tiefere Einsicht in die Verwandtschaft der Bakterien zu
verschaffen.
Das Vorkommen von Spielarten hat eine praktische Seite, die
manchmal von weittragender Bedeutung werden kann1). Es ist
nicht unwahrscheinlich, dass andere pathogene Bakterien 2) als Spiel-
arten auftreten können. Es ist möglich, dass ähnliche Abweichungen
in der Virulenz und dem Wachsthum auf Nährböden bei dem Typhus-
bacillus Vorkommen können, und dass die verschiedenen Impferfolge
bei Versuchsthieren , über die Seitz, Beumer und Peiper,
FraeDkel und Simmonds und Andere in den letzten Jahren be-
richtet haben, der schwankenden Virulenz zugeschrieben werden
müssen. Solche Schwankungen würden auf der einen Seite die Er-
kennung der Typhusbacillen ausserhalb des Körpers bedeutend er-
schweren, auf der anderen Seite das Krankheitsbild in verschiedenen
Orten und Klimaten modifiziren. Ueberhaupt kommen bei der Be-
trachtung dieses Themas eine Reihe Möglichkeiten zum Vorschein,
welche einer besonderen Erörterung werth sind.
Die Hogcholerauntersuchungen haben uns mit Bakterien bekannt
gemacht, die, ähnlich den Typhusbacillen, schwere Veränderungen im
Darm bewirken und immer nach dem Tode in der Milz ausschliess-
lich angetroffen werden. Die Aetiologie des Typhus gewinnt dadurch
an Beweiskraft, indem auch hier die Bacillen immer in der Milz
angetroffen werden. Die Vermuthungen von Rodet und Roux3),
dass die Kolonbakterien die Form der Typhusbacillen in der Milz
annehmen, sind durchaus unvereinbar mit den Resultaten der bakte-
riologischen Forschung des letzten Jahrzehnts. Die Kolonbakterien
habe ich in den inneren Organen nicht selten bei Schweinekrank-
heiten und beim Texasfieber des Rindes augetroffeu. In beiden
Thierarten sind sie konstante Bewohner des Darmes, und Gelatine-
rollkulturen zeigen fast ausschliesslich Kolonieen dieser Bakterien.
Selbst bei ausgebreiteter Nekrose des Dickdarmes und den darnieder-
liegenden Funktionen habe ich sie fast ausschliesslich gefunden. So-
mit ist es leicht möglich, dass sie in den inneren Organen ange-
troffen werden, obwohl sie mit der Krankheit in keiner Beziehung
stehen. Dasselbe mag für den Menschen gelten. Wenigstens ist
die Anwesenheit dieser Bakterien in der Milz durchaus kein Be-
weis für die.se grosse Umwandlung des B. coli in den Typhusbaciilus.
Zum Schlüsse ergreife ich die Gelegenheit, meinem Chef, Herrn
Dr. Salmon, für die gütige Unterstützung zu danken, die er diesen
Arbeiten fortwährend leistete.
1) Einige Jahre früher untersuchte ich eine kleine Epizootie und isolirte aus der
Milz von zwei Schweinen einen Bacillus, der dem Hogcholerabacillus sehr ähnlich war,
aber Kaninchen nach subkutauer Impfung Dicht todtete. Zur Zeit konnte ich über die
Natur dieser Bacillen nicht ins Klara kommen. Ueber ein Jahr später, als ich ß in
den Händen hatte, verglich ich leine früheren Aufzeichnungen, und war überzeugt, ob-
wohl ich die Kulturen nicht mehr besa»3, dass ich es damals mit ß oder einer ähnlichen
■Spielart zu thun hatte.
2) Vergleiche K o e h , Ueber Hühnertubereulose. Vortrag auf dem X. intern. Kon-
gress zu Berlin.
3} Compt. rend. Soc. Etoicgie. 1890. No. 7.
Katz, Zur Kemitniss der Leuchtbakterier..
S43
Anhang.
Um die pathogene Wirkung des Bacillus ß auf Schweine zu er-
proben, wurden fünf zu verschiedenen Zeiten mit Bouillonkultur ge-
füttert. Jedem Schweine wurde das Futter einen Tag vorenthalten und
dann 300 bis 600 ccm Kultur verabreicht. Alle wurden krank. Die
Kothentleerungen waren vermehrt, die Futteraufnahme für einige
Tage ganz dahin. Einige blieben 3 — 4 Tage liegen, ohne sich erheben
zu wollen. Nach 10 Tagen waren sie alle wieder hergestellt. Einem
sechsten Schweine wurde nach dem Fasten eine 4prozentige Lösung
kryst. NaäC03 hingestellt, von welchem es ungefähr 200 ccm ver-
zehrte und dann 400 ccm Bouillonkultur eingegeben. Am nächsten
Tage zeigte es Durchfall und Brechen. Am 4. Tage wurde es todfc
gefunden. Bei der Sektion konstatirte ich Röthung und Schwellung
der Magenschleimhaut und Röthung der Dünndarmschleimhaut, die nach
unten zunahm. Peyer’sche Plaques geschwollen. Ira untersten Ab-
schnitt des ileums war ein gelblich-weisses, weiches Exsudat, ganz
lose im Darmrohr, vorhanden. Im Dickdarm war die Schleimhaut
fleckig geröthet und die Darmwand infiltrirt. Kulturen aus der
Milz blieben steril, Rollkulturen sowie auch andere Kulturen aus den
Mesenterialdrüsen enthielten die verfütterten Bacillen und diese allein.
Washington, Ende Dezember 1890.
Zur Xenntniss der Leuchtbakterien.
Von
Dr. Oscar Katz
in
Sydney.
(Schloss.)
2) B. smaragd. -phosp h. Die Zahl der bis jetzt durch-
laufenen Kulturgenerationen ist ungefähr dieselbe wie vorhin. Die
Farbe des Lichtes von typischen frischen Kulturen (auf Nährgela-
tine, gekochten Fischen, in Nährbouillon, Cocosmilch) oder von
starken Emulsionen derselben mit Seewasser, näherte sich dem
Smaragdgrün ; an Intensität war es, unter solchen Bedingungen, dem
der vorhergehenden Art überlegen. In Nähragarkulturen war die
Farbe des Lichtes von vornherein mehr weisslich und die Intensität
derselben verhältnissmässig gering. Das Absinken der Leuchtinten-
sität — dieselbe war, in typischer Weise, am grössten in ganz
frischen Kulturen — erfolgte langsam, an den Koionieen und den
zusammenhängenden Auflagerungen auf festen Nährböden von der
Mitte nach dem Rande hin, im Gegensatz zu dem Vorgänge bei Kul-
turen von B. cy a n eo-p h o s p h. (auf Agar oder Fisch), wo die
Abnahme des Leuchtens mehr oder weniger gleiclmiässig über die
ganze Fläche der Kultur stattfand. Die Dauer des Leuchtens über-
344
K &t z ,
haupt war unter Umständen eine ziemlich beträchtliche. Eine am
2. August 1887 in 6 prozent. Nährgelatine angelegte Stichkultur
leuchtete noch schwach an einzelnen Stellen der Oberfläche und
eine Strecke weit abwärts, nach etwa 5 Monaten (29. Dezember 1887);
einen Monat früher war das Licht noch von ziemlich erheblicher
Stärke, bläulich-grün. — Fisch- und Tintenfischkulturen, angelegt
am 14. September 1887, leuchteten noch ein wenig am 5. Okt. 1887,
sechs Tage darauf nicht mehr. — Eine Kultur auf Milch mit Zusatz
von Kochsalz, vom 12. September 1887, leuchtete noch ein wenig am
29. Dezember 1887. Das Leuchten von Bouillonkulturen zeigte in
zwei beobachteten Fällen, nachdem es schon in Abnahme begriffen
war, zunächst wieder eine Zunahme der Intensität. An einer die-
ser Kulturen vom 13. August 1887 fiel mir am 12. September 1887
auf, dass sie stärker leuchtete, als kurz zuvor, ohne dass etwa die
Temperatur daran Schuld hatte. In einer anderen ähnlichen Kultur
vom 13. Oktober 1887 zeigte sich bei der Untersuchung am 20. Jan.
1888 wieder intensives Leuchten, mit grünlich-blauem Lichte; ob das
Leuchten vorher gänzlich erloschen war oder nicht, vermag ich nicht
anzugeben.
Bei der Beschreibung der Kulturmerkmale wurde gesagt, dass
die Bakterien, als sie späterhin in eine 2,7 % Kochsalz enthaltende
Nährgelatine übertragen und auf gleichem Nährboden weitergezüchtet
wurden, denselben allmählich verflüssigten , nnd die so erworbene
Eigenschaft auch fernerhin in der gewöhnlichen Nährgelatine be-
wahrten. Diesem Wechsel proportional vollzog sich eine merkliche
Abschwächung der Intensität des Leuchtens, welches, während es
früher dem von B. cyaneo-ph. an Stärke überlegen war, von dem-
selben jetzt übertrotfen wurde. In gewöhnlicher 6 prozent. Nähr-
gelaline, welche Mitte April 1889 mit Individuen von einer 8 tägigen
Kultur auf der stark kochsalzhaltigen Gelatine geimpft und alsdann
ausgerollt wurde, entwickelten sich die Kolonieen, wie früher ange-
deutet. Das Leuchten derselben trat erst nach 2 — 3 Tagen bei
günstiger Temperatur ein; die Farbe des von den in sehr geringer
Zahl vorhandenen oberflächlichen Kolonieen abgegebenen Lichtes war
silberweiss, mit Ausnahme von einer mit grünlich-silbernem Licht.
Anfangs Januar a. c. wurde Material von Kulturen auf gewöhnlicher
Nährgelatine — auf oder in welcher die Bakterien seit Ende No-
vember 1889 und weiterhin bis Ende Mai a. c. ausschliesslich ge-
züchtet wurden — auf gekochte See wasserfische in mehreren Ver-
suchen übertragen; das sich einstellende Leuchten war sporadisch,
schwach und unverhältnissmässig rasch vorübergehend. Die Kulturen
auf der Gelatine mit 2,7% Kochsalz zeigten wiederholt das Maximum
ihres Leuchtens erst, nachdem der Nährboden theilweise oder ganz
verflüssigt war. Die Dauer des Leuchtens überhaupt an den aty-
pischen Kulturen war, ähnlich der bei typischen (s. oben), im Allgemeinen
nicht unbeträchtlich; so z. B. leuchtet eine am 20. Mai a. c. ange-
fertigte Stichkultur (Nährgelatine, -f- 2,7 °/0 Kochsalz) gegenwärtig
noch recht deutlich. Die Farbe «lös Lichtes des maximalen Leuchtens
war bläuiich, ähnlich wie bei Gelaiinekulturenvon B. cyaneo-phosph.
In den seit einigen Monaten wiederholt angefertigten Kulturen auf ge-
Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
345
•wohnlicher lOproz. Nährgelatine war der Eintritt des Leuch tens sehr
unregelmässig und in die Länge geschoben. In einer am 31. Juli a. c.
angefertigten, von einer etwas mehr als 3wöchcntlichen, leuchtenden
Stichkultur in 2, 7°/rt Kochsalzgelatine herstammenden Rollplattenkultur,
welche früher beschrieben wurde, zeigten einige der oberflächlichen
Kolonieen ein schwaches Leuchten erst nach ca. 3 Wochen, bei günstigen
Temperaturverhältnissen ; mit der allmählich in den Gang kommenden
Verflüssigung der Gelatine — dieselbe trocknete theilweise ein — be-
gannen andere Kolonieen, auch ursprünglich tiefe, zu leuchten ; einige
leuchteten stärker, als andere, doch wurde der Grad des Leuchtens der
früheren typischen Kulturen niemals erreicht. Ob sämmtliche Kolo-
nieen in deu Röhrchen, wenigstens die oberflächlichen, früher oder
später leuchteten, kann ich nicht mit Sicherheit sagen ; Abimpfungen
von einer, wie es schien, ganz dunklen Kolonie an der Oberfläche, auf
resp. in frische Nährgelatine von ähnlicher Zusammensetzung (im
Ganzen 4 Probirröhrchen) riefen Kulturen hervor, von denen zwei
(Strichkulturen) erst nach ca. 2 Monaten (sie waren alsdann ver-
flüssigt) ein ausserordentlich schwaches Leuchten aufwiesen; die an-
deren zwei (Stichkulturen) waren nach jener Zeit (die Verflüssigung
war theilweise erfolgt) noch dunkel ; sie sind es auch gegenwärtig
noch. Der Umstand, dass in einer und derselben Kultur einige Ko-
lonieen stärker leuchteten, als andere, weist auf die Möglichkeit hin
dass durch rationelle Zuchtwahl eine Rehabiiitirung des typiscnen
Verhaltens dieser Art erreichoar sei.
3) B. argen t.-p ho sph. I. Diese Art steht hinsichtlich der
Zahl der erhaltenen Generationen mit den beiden vorhergehenden
auf gleicher Stufe. Die Farbe des von den (typischen) Kulturen
oder von Emulsionen derselben mit Seewasser ausgestrahlten Lichtes
war ein mildes Silberweiss, und von solcher Stärke, dass z. B. mit-
telst einer gut entwickelten jungen Gelatine-Strichkultur , in sonst
dunkler Umgebung, die Taschenuhr bequem abzulesen war. Das
Leuchten an und für sich war durchschnittlich von nicht unerheb
licher Dauer, wie einige Beispiele illustriren mögen. Von den Ko-
lonieen in einem am 10. Juni 1887 angelegten Rollröhrchen mit
8 prozent. Nährgelatine leuchteten einige derselben, und zwar die im
unteren Theile desselben befindlichen , noch lebhaft nach 76 Tagen
(am 25. August); die höher gelegenen leuchteten nach jener Zeit
schwach (die Gelatine war an den betr. Stellen mehr eingetrocknet) ;
vier Tage darauf war alles Leuchten verschwunden. Während der
ganzen Zeit war die Temperatur eine günstige. — Eine am 2. Juni 1887
angelegte Stichkultur in 6 prozent. Nährgelatine leuchtete noch in-
tensiv am 23. Nov. 1887, obwohl der Nährboden tief eingesunken (ein-
getrocknet) war. — An den Kulturen in Nährbouillon trat, abgesehen
vielleicht von einer temporären Lichtentwickelung im Anfang, das
Leuchten erst spät in die Erscheinung. Eine solche Kultur vom
13. August 1887 zeigte nach 8 Stunden allerdings ein schwaches
Leuchten, doch war dasselbe nach einem Tage wieder verschwunden;
auch nach 11 Tagen, während welcher sie oft angesehen wurde, war
sie noch dunkel. Als sie am 12. September, d. h. nach ungefähr
einem Monat seit dem Beginne, wieder hervorgeholt wurde , über-
346
K atz ,
raschte ein von der oberflächlichen Hautbildung ausgehendes, schönes
Leuchten, vermittelst dessen man die Taschenuhr ohne Mühe ablesen
konnte. Dasselbe hielt in ungefähr demselben Grade bis Mitte Ok-
tober desselben Jahres an; der Zeitpunkt, wann es gänzlich erlosch,
wurde in diesem Falle nicht festgestellt. — Ein anderes Mal kam
eine ähnliche, in einem Er 1 en m ey e r ’schen Kölbchen am 17. Juni
1887 angelegte Kultur zur Beobachtung. Sie war anfangs ohne Leuch-
ten und wurde dann zurückgestellt. Nach etwa 3 Monaten (13. Sep-
tember), wahrscheinlich schon früher, war die auf der Oberfläche
der Kulturflüssigkeit fiottirende Haut intensiv silberig leuchtend.
Dieser Zustand hielt einige Zeit an. Am 1 1. Oktober war das Leuch-
ten schwächer, am 15. Oktober wieder stärker, am 9. November
schwach, am 23. November wieder etwas stärker, am 28. November
vollständig erloschen. Während der ganzen Zeit befand sich die
Kultur bei Zimmertemperatur, die, obwohl innerhalb mehrerer Grade
sich bewegend, für Wachsthura und Leuchten durchweg günstig war.
Endlich sei noch erwähnt, dass eine Kultur auf gekochtem Tinten-
fisch vom 14. September 1887 noch einige Funken zeigte am 16. No-
vember 1887; nach einer weiteren Woche waren auch diese er-
loschen.
Die Weiterzüchtung von B. arg. -ph. I erfolgte wie bei den
anderen Arten , und wie des Näheren im vorhergehenden Falle an-
gegeben. Proportional den sich einstellenden, früher berichteten Ab-
weichungen in kultureller Beziehung, veränderte sieb das Leuchten,
dasselbe erfuhr eine Abschwächung. Letztere trat schon nach
einigen Uebertragungen auf die mehrfach erwähnte 2,7% Koch-
salzgelatine ein. Als Mitte April 1889 wiederum auf ge-
wöhnliche Nährgelatine abgeimpft wurde, blieb das LeuchteD,
unter mehrwöchentlicher Beobachtung der Röhrchen, ganz aus (Roll-
röhrchen und Strichkulturen); Impfungen von letzteren auf die 2,7 °/„
Kochsalzgelatine ergaben wieder deutlich leuchtende Kulturen. —
Die Anfangs Januar a. c. auf gekochten Fischen erhaltenen, von
eiuer schwach leuchtenden Kultur in gewöhnlicher Gelatine abstam-
mendeu Kulturen zeigteu sich in ihrem Leuchten abgeschwächt —
Unter dem Abschnitt „Kulturmerkrnale“ wurde auf die Tendenz der
Ausbildung „sekundärer“ Koionieen in alten Gelatin.-strichkulturen
hingewiesen , und ein vor Kurzem beobachtetes Vorkommen dieser
Art in atypischen Strichkulturen besonders hervorgehoben. Nach
Aussehen und Funktion war dieses auf dem atypischen Kulturrasen
entstehende neue Wachsthum von typischer Beschaffenheit; in den
betreffenden Strichkulturen vom 17. August a. c. leuchteten die
neuen Koionieen am besten Mitte September ; ein schwaches Leuchten
besteht noch gegenwärtig. Die am 28. September von einer solchen
Kolonie angelegten Stichkulturen in 2,7 % Kochsalzgeiatine wuchsen
und leuchteten wie typische Kulturen.
4) B. argen t. -phosph. II. Diese Art bat sich, unter sonst
ähnlichen Bedingungen, soweit konstanter erwiesen , als die beiden
unmittelbar vorhergehenden und die beiden folgenden. In der jetzt
vorliegenden 62. Generation ist das Leuchten, allem Anschein nach,
dasselbe wie in den Anfangsgenerationen, obwohl merkwürdigerweise
Zur Kenntuiss der Leuchtbakterien.
347
die auf der 2,7 % Kochsalz-Gelatine erzielten Generationen vor denen
auf gewöhnlicher Nährgelatine an Leuchtkraft durchschnittlich zurück-
standen. Die seit der Gewinnung dieses Mikroorganismus wiederholt
angefertigten Fischkulturen — die jüngsten im Januar a. c. — waren
stets von ähnlicher Beschaffenheit in Bezug auf Wachsthum und
Leuchten. Letzteres war intensiver, als dasjenige von B. arg.-ph. I,
dagegen schwächer, als dasjenige von B. cyaneo-ph. und das
typische Leuchten von B. smar. -ph. Die Farbe des Lichtes von
Fischkulturen war, in ganz dunkler Umgebung, grünlich- silbern ;
in Gelatine-, Agar- und Bouillonkulturen war es, unter derselben
Bedingung, mehr oder weniger glänzend silberweiss, im Halbdunkel
jedoch meist auch mit einem grünlichen Schimmer. — Das Leuchten
war früh bemerkbar, an den Kolonieen z. B., sobald sie sichtbar
wurden. Die Dauer des Leuchtens im Allgeneinen war durch-
schnittlich beschränkter, als bei den drei vorhergehenden Arten. Das
Leuchten von Gelatinekulturen erlosch früher, als das von korrespon-
direnden Kulturen jener. Dagegen bewahrte eine Fischkultur das
Leuchten auf geraume Zeit; ein am 24. Oktober 1887 geimpftes, vor-
her gekochtes Stück eines Stechrochens leuchtete noch hier und da,
wenn auch schwach, am 29. Dezember 1887.
Auf die Beobachtung von markanten, sekundären Kolonieen in
einer alten Strichkultur auf 10 prozent. Nährgelatine wurde früher
aufmerksam gemacht. Diese Kolonieen leuchteten einige Zeit intensiv;
der Anblick ähnelte dem, welchen Plattenkulturen mit räumlich gut
getrennten Kolonieen darboten; noch gegenwärtig ist an ihnen ein
schwacher Lichtschimmer erkennbar. Abimpfungen von einer der-
artigen Kulouie am 28. November in frische Nährgeiatine (gewöhn-
liche 10 prozent. und 6 prozent. -j- 2,7% Kochsalz) ergaben Kulturen,
in denen, allen Anzeichen nach, die Art des Wachsthums und Leuch-
tens sich von dem vorhergehender, nicht von vereinzelten Kolonieen
abstammender Generationen, kaum unterschied.
5) B. argen t.-phosph. III. Die Zahl der bis jetzt durch-
laufenen Generationen stimmt mit derjenigen bei B. argen t.-ph. II
überein. Anfangs war das Leuchten dem bei der letztgenannten Art
ähnlich; späterhin erfuhr dasselbe eine Abschwächung. Dieselbe
wurde zunächst in Kulturen auf 2,7% Kochsalz-Gelatine beobachtet,
auf welcher die Bakterien von Mitte April 1888 bis Ende November
1889 ausschliesslich gezüchtet wurden. In den wiederum auf ge-
wöhnlicher Nährgelatine angelegten Kulturen erschien das Leuchten
nicht so stark, wie in den Anfangsgenerationen ; ähnlich war es mit
den von einer solchen Gelatinekultur stammenden Fischkulturen (An-
fangs Januar a. c.). Neuerdings blieben ein paar Mal Strichkulturen
auf der 2,7% Kochsalz-Gelatine sogar ganz dunkel, während korre-
spondirende Kulturen auf gewöhnlicher Nährgelatine schwach leuch-
teten. Bei einer der letzteren Kategorie traten, wie früher ange-
deutet, nach einigen Wochen vereinzelte „sekundäre“ Kolonieen auf,
die, wie es mir schien, verhältnissmässig besser leuchteten, als der
„primäre“ Rasen, auf dem sie entstanden. Weitere Versuche mit
einem derartigen Nachwuchs stehen noch aus.
Nach dem Resultate eines jüngst ausgeführteu Versuches bewirkte
348
K a t z ,
die erneute Züchtung der Mikroben in gewöhnlicher Nährbouillon
eine sofortige Rehabiiitirung des alten Leuchtens. An» 28. September
a. c. wurde von einer etwa vierwöchentlichen nicht-leuchtenden Strich-
kultur auf 2,7% Kochsalz-Gelatine in Nährbouillon (0,6% Na CI ent-
haltend) abgeimpft. Mit der beginnenden Bildung des oberfläch-
lichen Häutchens, am 4. oder 5. Tage, bei ca. 20° C, stellte sich
das Leuchten ein ; etwa am 8. Tage war die an der Oberfläche der
Nährflüssigkeit tiottirende Kulturmembran voll entwickelt; dieselbe
gab jetzt im Dunkeln ein intensives, bläulich-grünlich-weisses Licht
von sich, stark genug, um die Taschenuhr auf einige Entfernung hin
ablesen zu können. — Am 14. Oktober, wo das Leuchten schon ab-
genommen hatte, wurden von dieser Kultur zwei Röhrchen mit frischer,
ähnlicher Nährbouillon und zwei Röhrchen mit 10 prozent. Nährgela-
tine im Stich geimpft. Das Leuchten in den entstandenen Boudlon-
kulturen verhielt sich, wie zu erwarten war, wie in der Stammknltur;
gegenwärtig (28. Oktober) ist dasselbe noch recht deutlich ; dagegen
war das von vornherein sehr schwache Leuchten in den Gelatine-
röhrchen schon nach kurzer Zeit erloschen.
6) B. argen t.-ph os ph. liquef. Von dieser Art liegt gegen-
wärtig die 53. Generation vor. Das Leuchten war schon in den
allerersten Generationen schwächer und von beschränkterer Dauer, als
dasjenige von irgend einer der anderen Arten, unter sonst gleichen
Kulturbedingungen. Im Laufe der Zeit nahm es zusehends ab ; nach
einem Jahre, seit der Isolirung des Organismus, war es in einer
frischen Strichkultur auf Nähragar — einem für die Kultur desselben
sehr geeigneten Medium, s. o. — derart, dass eine Minute oder mehr
verging, ehe man, nach dem Heraustreten aus einem mit Gas er-
leuchteten in einen völlig duuklen Raum, das auf die Randpartieen
des Kulturbelages beschränkte Leuchten wahrnahm, Seit mehr als
einem Jahr blieben alle Kulturen in Nährgelatine (einschliesslich der
mit 2,7 % Kochsalz), Nährbouillon oder auf Nähragar dunkel, auch
der Nachwuchs der ansehnlichen Kolonieen, welche sich, wie früher
erwähnt, auf alten Strichkulturen auf letzterem Nährboden ent-
wickelten. Dagegen wurde in einer von zwei Kulturen auf gekochtem
„Gar-fish“, welche am 5. September a. c. aus einer etwa l9tägigeu
(stets dunklen) Stichkultur in 2,7% Kochsalz-Gelatine angelegt waren,
nach etwa 14 Tagen an einer Stelle geringes Leuchten beobachtet,
das bald verschwand ; die Fischoberfläche war übrigens von der Kul-
tur in gewohnter Weise fast ganz bedeckt. — Es steht demnach
wohl ausser Zweifel, dass sich aus nicht-leuchtenden Kulturen auch
bei dieser Art leuchtende wieder erziehen lassen können >)•
A n h a n g. Abgesehen von den Eingangs erwähnten, mit Proben
See wassers angestellten Kulturversuchen, welche zur Isolirung und
Weiterzüchtung von drei verschiedenen Leuchtbakterien führten, habe
i) Die iun Obigen kurz 'viedergegebenen Beobachtungen über schwach-leuchtende
oder nicht-leuchtende Kulturen schliessen sich an diejenigen von B e y e r i n c k an,
weicher das Phänomen der Abschwächtuig oder Obliteration des Leuchtens bei Photo -
b s c t itidicuua und Ph. iuminosum häutig, bei Pb phos phorescens selten
anfireten sah, ferner an die diesbezüglichen Beobachtungen von Bi 11 et und Giard
*n B a c t. G i a r a i.
Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
349
ich im Ganzen etwa zwei Dutzend anderer derartiger Versuche, fast
alle aus dem Jahre 1887 datirend, unternommen, und zwar mit See-
wasser von verschiedenen Punkten des Port Jackson, von einigen
Stellen an der unmittelbaren Küste und von ßotany Bay, nahe bei
Sidney. Mein Zweck war lediglich der, über die relative Anzahl von
entwickelungsfähigen Leuchtbakterien in deD Proben einen ungefähren
Anhaltspunkt zu gewinnen. Diese Proben, in Mengen von 1 bis zu
20 Tropfen, wurden, wie gewöhnlich, mit vorher verflüssigter 8- oder
lOprozent. Fleischwasser-Pepton-Kochsalz-Gelatine in Reagensgläsern
gemischt, und diese nachher ausgerollt. Unter den resultirenden,
meist zahlreichen Kolonieen wurden leuchtende Kolonieen in noch
nicht der Hälfte der Fälle koustatirt, und dann auch nur in unver-
hältnissmässig geringer Anzahl. Darnach scheint das Seewasser an
den genannten Orten, unter gewöhnlichen Umständen, verhältniss-
mässig arm an Leuchtbakterien zu sein.
Verz.eichniss der benutzten Litteratur!
1) M. W., Beyerinck.
8) Le Photobacterium luminosum, bactdrie lumineuse de la mer du nord. (Archiven
Neerlandaises des Sciences exactes et naturelles. T. XXIII. 1889. p. 401 — 415; Re-
ferat mit Zusätzen, dieses Centralblatt. Bd. VII. 1890. No. 11.)
(b) Les Bactdries lnmineuses dans leurs rapports avec l’oxyg&ne. (Ibid. pp. 416 — 427.)
2. Billet, A., Contribution ä l’etude de la morphologie et du developpement des
Bacteriaeees. (Extrait du Bulletin scientifique de la France et de la Belgique , publi4
par Giard, Note 2., p. 144 [Bacterium Giardi Billet].)
3. D u b o i s , R., Sur le röle de la Symbiose eher eertains animaux marins lumineux.
(Ccmpt. rend. de l'Aead. des sciencos de Paris. T. CVII. 1888. p. 502 — 504.)
4. Dnclaux, Sur les microbes phosphorescents. Revue critique. (Annales de l’Inst.
Pasteur. T. I. 1887. No. 10 )
5. Fischer.
a) Bakteriologisch«* Untersuchungen auf einer Reise nach Westindien. II. Ueber
einen lichtentwickelnden, im Meerwasser gefundenen Spaltpilz. (Zeitsehr f. .Hygiene.
Bd. II. 1887 p. 54—92.)
b) Anhang (1. c. p. 92 — 95).
c) Ueber einen neuen Jichtentwickclnden Bacillus. (Dieses Centralblatt. Bd. IIL
1888. No. 4 und 5.)
d) Bakterienwachsthum bei 0°C. (Dieses Centralblatt. Bd. IV. 1888. No. 3.)
6. Förster, J., Ueber einige Eigenschaften leuchtender Bacterien. (Dieses Cen-
tralbl. Bd II. 1887. No. 12.)
7. Giard, A. und Billet, A. a) Observations sur la maladie phosphorescente
des Talitres et autres Crustaces. (Compt. rend. de la Soc. de Biologie, sdanee 19. oc-
tobre 1889.)
b) Giard, A., Nouvelles recherches sur les bactdries lumineuses pathogbnes.
(Compt. rend. de la Soc. de Biologie. 1890 No. 14; nach Referat: Dieses Centralbl.
Bd. VIII. 1890. No. 6.)
8 Hermes, O., Demonstration des leuchtenden Nordsee-Bacillus [Bacterium
phosphorescens]. (Tagebl. d. 60. Versamml. deutsch. Naturf. and Aerzte in Wiesbaden.
1887. p. 254 ; aus Baumgarten’s Jahresbericht . . . Jahrgang III. 1887. p. 344,
und nach anderweitigen Notizen.)
9. Katz, O., Preliminary remarks on phosphorescent Bacteria. (Proceedings of
the Linnean Society of New South Wales. Serie II. Vol. II. 1887. Part. 2. p. 331
—336, 414—415; Part. 4. p. 627—630, 680.)
10 I, eh mann, K. 15, Studien über Bacterium phosphorescens Fischer. (Dieses
Centralbl. Bd. V. 1889. No. 24.)
IX. Bd.
23
350
Invertin.
11. Ludwig, F. , Die bisherigen Untersuchungen über photogene Bakterien.
(Dieses Centralbl. Bd. II. 1887. No. 13 und 14.)
Sydney, Ende Oktober 1890.
Referate.
Fernbach, A. , Sur Pinvertine ou sucrase de la levure.
(Annales de l’Institut Pasteur. Tome IV. 1890. p. 641.)
Bei der Herstellung seiner Reinkulturen ging der Verf. von der
einzelnen Zelle aus. Die Versuche wurden mit dem Aspergillus
niger, mit einer Brauerei-Unterhefe, einer Hefeart der Gruppe Sac-
charomyces Pa storianus, einer Brauerei-Oberhefe und einer Wein-
hefe angestellt. Je jünger die Zelien waren , desto länger dauerte
es, bis das Invertin in das Macerationswasser ausgetreten war; Dif-
fusions-Phänome zeigten sich erst dann deutlich, wenn die Zellen
alt geworden waren und angefangen hatten , die Reserveuahrungs-
stoffe zu verbrauchen.
FulgeudeDitferenzeu wurden zwischen dem Invertin der genannten
Hefearten einerseits und dem Invertin des Aspergillus niger
andererseits wahrgenomraen : Das Invertin der Hefearten ging voll-
ständig oder beinahe vollständig durch C ii am b e rl a u d’s Porzellan-
filter, während dagegen das Invertin des Aspergillus niger zum
grössten T heil zurückgehalten wurde; das Invertin der Hefearten
war ferner der Einwirkung von Essigsäure gegenüber empfindlicher, als
das von dem Aspergillus n i ge r ausgesonderte Invertin. Der Verf.
hebt deshalb hervor, dass das Invertin bei dem genannten Schimmel-
pilz mit dem gedachten Ferment bei den Alkoholgährungspilzen nicht
identisch ist.
Aber auch die von den genannten Hefearten entwickelten Fer-
mente erwiesen sich als von einander verschieden, z. B. in dem Ver-
halten gegenüber der Essigsäure ; namentlich war das Quantum Essig-
säure, unter dessen Einwirkung die höchste invertirende Wirkung
eintrat, wenn die Versuche bei 55° C angestellt wurden, für mehrere
Arten verschieden.
Um zu bestimmen , wieviel Invertin eine gegebene Hefeart ent-
hält, stellte Verf. den Versuch unter den für die Inversion günstig-
sten Bedingungen an. Als Einheit für seine Bestimmungen (Puoit6
de sucrase) wählte er die Quantität Invertin , welche — bei einer
Temperatur von 54 bis 56° C und beim Vorhandensein der für die
Wirkung des zu bestimmenden Invertins günstigsten Essigsäuremenge
— im Verlauf einer Stunde 20 Centigramm Rohrzucker invertirt.
Es handelt sich dann darum, die Grösse des dazu erforderlichen Vo-
lumens der betreffenden Invertinflüssigkeit zu ermitteln.
Als iVlacerationsflüssigkeit wurde sterilisirtes Wasser, 30—35° C,
benutzt. Durch wiederholte Wasserauszüge gelang es zuletzt, jede
Spur von Invertin in den betreffenden Hefezellen auszuziehen. Es
Invertin. — Nitrifikation.
351
wurde die ganze Zeit derart gearbeitet, dass die Reinkultur bewahrt
wurde und dass eine Oxydation nicht stattfinden konnte ; im letz-
teren Falle würde nämlich ein Verlust an Invertin eintreten. Die
Menge des in den auf die beschriebene Weise zu verschiedenen
Zeiten erhaltenen Wasserauszügen vorhandenen Invertins wird be-
stimmt, und die Summe dieser einzelnen Iuvertinquauta ist die ganze
Invertinmenge, welche die betreifende Hefe enthalten hat.
Unter den verschiedenen Nahrungsflüssigkeiten, welche geprüft
wurden, erwies sich gewöhnliche gehopfte Bierwürze als die beste,
wenn es sich darum handelte, eine an Invertin reiche Hefen Vegetation
zu erzeugen. Weder Maltose noch Saccharose schien in der ge-
nannten Beziehung Bedeutung zu haben ; die Erzeugung von Invertin
beruht vielmehr darauf, daß das betreftende Nahrungssubstrat einen
passenden Stickstotfgebalt enthält oder nicht; eine quantitative Ana-
lyse hilft jedoch hier wie in ähnlichen Fällen nichts, nur die quali-
tative Bestimmung kann uns Aufklärung geben. Die Untersuchungen
des Verf.’s zeigen somit, dass eine Nahrungsflüssigkeit, deren Stick -
stotfgehalt ebenso gross als der der Bierwürze war, dennoch eiue
wenig oder kein Invertin enthaltende Hefenvegetation entwickeln
konnte, während ebendieselbe Hefe, wenn sie in der Bierwürze kul-
tivirt wurde, eine reichliche Menge Invertin bildete; in anderen Be-
ziehungen dagegen war die für die Entwickelung des Invertins un-
günstige Nahruugsflüssigkeit für die Entwickelung der Hefenvegetation
sehr günstig. Man kann durch solches Züchten eine kräftige Hefe-
vegetation erhalten, deren Zeilen an Stickstoff reich sind, aber den-
noch nur in geringem Maasse Invertin entwickeln. Ein Zusatz von
Pepton befördert unter solchen Umständen die Bildung dieses Fer-
ments.
Die Bedingungen für die Bildung des oftgeuannten Ferments
scheinen überhaupt für jede Hefeart verschieden zu sein , gemein-
gültige Gesetze lassen sich daher vorläufig nicht aufstellen. Es
zeigte sich z. B., dass Hefeabsude eiuer Bier unterhefeart gegenüber
dieser Art selbst in vorzüglichem Grade dazu dienten , eine bedeu-
tende Entwickelung von Invertin hervorzurufen, während eben die-
selbe Nährlösung anderen Hefearten gegenüber nur geringen Werth
in der genannten Beziehung hatte.
Hier wie an mehreren Stellen warnt der Verf. vor der bei den
Chemikern allgemein herrschenden Neigung, aus den durch wenige spe-
zielle Untersuchungen erhaltenen Resultaten gemeingültige Gesetze
ziehen zu wollen, und er hebt hervor, dass die fermentative Funk-
tion nicht nur bei den verschiedenen Arten verschieden ist, sondern
auch bei den Individuen einer und derselben Art nach Maassgabe
des Ernährungszustandes derselben variirt.
Emil Chr. Hansen (Kopenhagen).
lViuogradsky, Recherches sur les organismes de la nitri-
fication. [3e m6moire.] (Annales de l’Institut Pasteur. 1890.
No. 12. S. 760.)
Verf. hatte in den Kulturen des von ihm entdeckten, in den
früheren Mittheilungen besohl iebenen Nitratbildners („N itromona s“)
23*
352
Nitrifikation.
stets auch die Gegenwart von salpetriger Säure nach weisen können,
hielt dies aber, entsprechend der Auffassung von Schloesing und
Müntz für ein abnormales Vorkommen. Neuerdings überzeugte er
sich jedoch von dem Gegentheil; die vorliegende Mittheilung gibt
Aufschluss über die relative Grösse der Bildung von Salpeter- und
salpetriger Säure beim künstlichen Nitrifizirungsprozess.
Die Kulturen des Nitratbildners wurden in der nämlichen Weise
wie früher (2. Mittheilung) in mit Watte verschlossenen Kolben mit
flachem Boden in niederer Schichte angesetzt. Die Lösung enthielt
1 g Kaliumphosphat und 0,5 g Magnesiumsulfat auf 1000 ccm Züricher
Seewasser. Das zur Unterhaltung des Oxydationsprozesses dienende
Ammonsulfat wurde während der mehrere Monate dauernden Versuche
stets in kleinen Mengen zugefügt, je nach Bedarf, d. h. so oft alles
vorher zugesetzte oxydirt war. Um hierbei die Konzentration der
Nitrite oder Nitrate in der Lösung nicht allzu sehr zu erhöhen, wo-
durch das Anwachsen der gebildeten organischen Kohlenstoffverbin-
dungen — die gleichzeitig bestimmt werden sollten — behindert
worden wäre, wurde von Zeit zu Zeit die Lösung erneuert. Die
Kultur wurde durch einen kleinen geglühten Asbestpfropf abfiltrirt,
und letzterer diente als Aussaat in neue Lösung. Die alte Lösung
wurde dann sofort auf ihren Gehalt an Salpeter- und salpetriger
Säure verarbeitet, die Hälfte davon aber in sterilisirtem Zustand zur
schliesslichen Bestimmung der gelösten organischen Kohlenstoffver-
bindungen aufbewahrt. Obwohl bei dieser Art des Verfahrens eine
Verunreinigung der Kulturen durch Luftstäubchen nicht ausgeschlossen
ist, so konnte doch kein wesentlicher Fehler entstehen, da die Er-
nährungsbedingungen für alle Arten der gewöhnlichen Bakterien mit
Ausnahme des Nitratbildners zu ungünstig waren.
Die Oxydationsprodukte des Stickstoffes werden zunächst mittelst
Eisenchlorür in toto und dann die salpetrige Säure allein mittelst
Kaliumpermanganats bestimmt; die Salpetersäure wird nicht direkt
ermittelt, sondern aus der Differenz berechnet. Verf. theilt die Zahlen
von vier Versuchen mit, bei denen jeweils von Zeit zu Zeit, meist
nach etwa 40 Tagen, Bestimmungen ausgeführt wurden. Die Resul-
tate lehren übereinstimmend, dass bei der Nitrifizirung des Ammo-
niaks die Bildung von salpetriger Säure gegen jene von Salpeter-
säure so bedeutend überwiegt, dass letztere beinahe verschwindet.
Der in Salpetersäure umgewandelte Stickstoff betrug im Mittel nur
3,6% des gesammten oxydirten Stickstoffs.
Gleichzeitig wurden, wie erwähnt, die in den Kulturen der Nitro-
rnonas (aus Kohlensäure und Ammoniak synthetisch) gebildeten orga-
nischen Kohlenstofi'verbindungen bestimmt. Die betreffenden Zahlen
wurden gewonnen durch Ermittelung des Kohlenstoffgehalts in der
Kulturmasse selbst („depot“) und des Kohlenstoffgehalts der Lösung,
abzüglich des in der angewendeten Nährflüssigkeit ursprünglich ent-
haltenen Kohlenstoffs. Es fand sich, dass dieser „assirnilirte Kohlen-
stoff“, dessen Menge in den einzelnen Versuchen 15,2 — 26,4 mg be-
trug, jeweils in einem bestimmten Verhältnisse stand zur Menge des
oxydirten Stickstoffs (in minimo: 1:33, in maximo: 1:37). Nach
Verf. war dies vorauszusehen: da die Oxydation des Ammoniaks die
Nitrifikation. — Urin bei Malaria.
353
einzige Kraftquelle in diesem Falle darstellt, so müsse die synthe-
tische Leistung nothwendig hiervon abhängen. Ausserdem könne die
Uebereinstimmung kein Zufall sein, da die Versuche selbst unter ver-
schiedenen Bedingungen augestellt waren. Aus dieser Abhängigkeit
der Assimilation von der Oxydation (im Mittel ist nach den Versuchen
die Assimilation von 1 mg Kohlenstoff bedingt durch die Oxydation
von 35,4 mg Stickstoff, entsprechend 96 mg salpetriger Säure) erkläre
sich auch das ausserordentlich langsame Wachsthum des Nitratbildners.
Es erhebt sich nun die Frage, weshalb im Boden die Nitrifika-
tion beinahe stets zur Salpeterbildung führt, während in den Ver-
suchen mit dem reinkultivirten Nitratbildner die salpetrige Säure
vorherrscht. Verf. ist mit Studien hierüber beschäftigt und theilt
vorerst nur einige Versuche mit, welche darthun, dass Aenderung der
Kulturbedingungen im Sinne erhöhter Luftzufuhr wohl eine Steigerung
der Oxydation überhaupt, aber keine Erhöhung der Nitratbildung be-
wirkt. Demnach handelt es sich um einen komplizirteren Vorgang.
Büchner (München).
Boque et Lemoine, G-., Recherches sur la toxicite uri-
naire da ns l’impaludisme. (Revue de Med. 1890. Nov.)
Die Verff. beobachteten bei einem Intermittenskranken mit drei-
tägigem Typus bei jedem Anfalle vor, während und nach demselben
Veränderungen in der Giftigkeit seines Urins; besonders giftig war
derselbe zu Ende des Anfalls, und die Giftigkeit stand im Verhält-
niss zur Schwere des Anfalls. Vor einem Anfall z. ß. wurde der
Koefficient der Giftigkeit auf 0,13 bestimmt, nach demselben auf
0,684, vor einem anderen sehr heftigen Anfall auf 0,274, nach dem-
selben auf 1,276. Verff. schliessen aus diesen Beobachtungen mit
Recht, von welcher Wichtigkeit gesuude Nieren für Malariakranke
sind. Sie beobachteten zwei Kranke, welche schon in Algier an Ma-
laria gelitten batten und nach ihrer Rückkehr nach Frankreich in
Folge von Alkoholmissbrauch Albuminurie bekommen hatten. Sie
wurden aufs Neue von Wechselfieber befallen und bekamen Tempera-
tursteigerungen bis 40 bezw. 41,2 Die im Urin ausgeschiedene
Giftmenge war gering. Erst nach energischen Dosen von Chinin fiel
das Fieber, und der Giftgehalt des Urins stieg bei dem ersten
Kranken auf 0,9, bei dem zweiten auf 0,8. Jener genas bei fortge-
setztem Chiningebrauch und Milchdiät, während dieser zu Grunde
ging. Die Verff'. ziehen folgende Schlüsse aus ihren Beobachtungen :
Die Erreger der Malaria erzeugen im Blute eine grosse Menge
toxischer Produkte; diese Produkte werden zum grössten Theile durch
den Urin ausgeschieden, und die Ausscheidung erreicht ihr Maximum
unmittelbar nach dem Anfall.
Schwefelsaures Chinin begünstigt imd steigert diese Ausscheidung.
Die Schwere des Anfalls und gewisse perniciöse Formen stehen
in umgekehrtem Verhältniss zu der Menge der ausgeschiedene u Toxine
und scheinen in Folge dessen abhängig zu sein von Störungen der
Niere und Leber.
Das Verschwindeu der Anfälle steht wahrscheinlich in Beziehung
zur Menge der ausgeschiedeneu toxischen Produkte, in dem Sinne,
354
Parotitis mit Pneumokokken. — Drüsenentzündung.
dass eine energischere Ausscheidung dem Ende der Krankheit vorher
zu gehen scheint.
Leider erfahren wir über die Natur und den Nachweis dieser
Toxine nichts. M. Kirchner (Hannover).
Puplay, Parotide a pneumocoques. (La Semaine inöd. 1891.
No. 2.)
Ein 47 Jahre alter Arbeiter, der am 12. Dezember vorigen Jahres
mit einer linksseitigen Lungenentzündung erkrankt war und am 18.
Morgens eine regelrechte Krisis durchgernacht hatte, erkrankte an
demselben Abend aufs Neue mit heftigem Fieber uud einer mäch-
tigen Anschwellung der ganzen Umgebung der linken Ohrspeichel-
drüse. Die anfangs brettharte Geschwulst ging bald in Eiterung über,
der Eiter entleerte sich theils durch den Steno n’schen Kanal in
die Mundhöhle, theils brach er in den äusseren Gehörgang, theils
unterhalb des Ohrläppchens, theils vor dem Tragus nach aussen
durch. In dem Eiter wurde mehrmals als einziger Mikroorganismus
der F r a e n k e 1 ’sclie Pneumoniecoccus von K a z i u durch Kultur
und Impfversuche nachgewiesen. Fälle dieser Art, die Verf. wohl
sehr richtig durch Einwanderung der Diplokokken in die Drüse von
der Mundhöhle aus erklärt, sind bekanntlich sehr selten.
Bei der Anführung der Litteratur sind dem Verf. einige Ver-
sehen passirt. Einmal lässt er den Pneumococcus zuerst von
Pasteur, dann von Friedländer, schliesslich von Talamond
und Fraenkel entdeckt sein, während doch der Friedländer’sche
und der Fr aen keTsche ganz verschiedene Mikroorganismen sind;
dann gibt er als den Autor einer früheren Pneumokokkenparotitis
den Italiener Testina an, der aber Test! heisst.
Der etwas lauge und clfenbar für Anfänger geschriebene Aufsatz
hat übrigens hauptsächlich klinisches Interesse.
M. Kirchner (Hannover).
Roux, G., et Lannois, M., Sur un cas d’adönie infectieuse
due au staphylococc.us pyogenes aureus. (Rev. demöd.,
döcembre 1890.)
Die Verff. beobachteten bei einem 8jährigen Kinde eine Drüsen-
erkrankung, die an den Halsdrüsen begann, sich schnell verallgemei-
nerte und alle Erscheinungen der Pseudoleukämie darbot. Der Tod
erfolgte ganz unter dem Bilde einer akuten Infektionskrankheit:
enormes Fieber, Purpura, vielfache Blutungen. Bei der Obduktion
fanden sich Drüsen- und Milztumoren ohne Entartung, Blutungen in
verschiedenen Organen , typische interstitielle Nierenentzündung,
Schwellung der Leber und sehr zahlreiche hirsekorngrosse Eiter-
herde in den LungeD. Aus dem Blute, welches während des Lebens
entnommen, und aus dem Safte einer Drüse, die nach dem Tode her-
ausgeschält war, gelang es, den Staphylococcus pyogenes
aureus in Reinkultur zu gewinnen. In diesem Falle also war eine
einfach hypertrophische, nicht eitrige Drüsenentzündung durch den
Staphylococcus pyogenes aureus erzeugt worden.
Auf Grund dieser Beobachtung wünschen die Verff. die verschie-
denen Drüsenaffektionen, welche unter dem Namen der Pseudoleu-
Verdauung der Protozoen,
355
kämie zusammengefasst werden, in zwei Gruppen getheilt zu sehen,
in die Lymphosarkome und in die infektiösen Drüsenentzündungen,
welch letztere ihrer Ansicht nach verschiedenen Mikroorganismen
ihre Entstehung verdanken können. M. Kirchner (Hannover).
Le Dantec, Re ch er ches sur la digestion intracellulaire
chez les protozoaires. [lfa partie.] (Annales de l’Institut
Pasteur. 1890. No. 12. p. 776.)
Die vorliegenden, unter Leitung von Metsehnikoff im Institut
Pasteur ausgeführten Untersuchungen beschäftigen sich mit dem
Mechanismus der Verdauung im Zellinnern verschiedener Protozoen.
Zunächst handelt es sich dabei um die chemische Reaktion des In-
halts der Vakuolen, welche die vom Protozoenleib aufgenommenen
Körperchen umschliessen. Metsehnikoff hatte schou vor einem
Jahre nachgewiesen, dass diese Vakuolen saure, das Protoplasma da-
gegen alkalische Reaktion besitzen.
Die neuen Versuche, wie die früheren mit Lakmuskörnchen an-
gestellt (von Engelmann zuerst in dieser Absicht angewendet),
ergaben namentlich beweisende Resultate bei Stentor poiy-
morphus. Die aufgenommenen Körperchen befinden sich hier nach
einiger Zeit in einem sauren Medium, dessen saure Reaktion wächst,
wie wenn sie durch eine Sekretion bedingt wäre ; gleichzeitig wiesen
die Versuche darauf hin, dass es sich um eine starke Säure handle.
Weitere Versuche mit anderen Ciiiaten ergaben wesentlich analoge,
aber weniger prägnante Resultate. Die Sekretion der Säure scheint
je nach der Spezies mehr oder weniger rasch zu erfolgen, die Säure
selbst jedoch überall die nämliche zu sein.
Der Lakmusfarbstoff zeigt den Nachtheil einer zu langsamen
Farbenänderung, wenn er etwas alkalisch ist. Zu den weiteren Ver-
suchen wurde deshalb ein anderer, weit empfindlicherer Farbstoff
angewendet, die vou Ehr lieh, zu diesem Zweck empfohlene Ali-
zarinsulf osäure („alizarine sulfoconjuguöe“)- Dieser braune, in
Wasser (1 : 500) genügend lösliche Farbstoff geht bei Anwesenheit
von Alkalien in Violett, durch Säuren in Gelb über. Der Uebergang
vollzieht sich durch Rosa, und kann durch vorsichtigen Zusatz von
Alkalien resp. Säuren der Farbstoff ausserordentlich empfindlich ge-
macht werden , so dass die geringsten Aenderungen der Reaktion
sich durch einen neuen Farbenton kenntlich machen. Unter dem
Mikroskop sind diese Farbenänderungen ebenso sichtbar wie mit
blossem Auge.
Die Versuche mit diesem Farbstoff wurden hauptsächlich an
zwei Arten von Amöben angestellt, und zwar mit direkter Beobach-
tung unter dem Mikroskop. Stets zeigte sich daun, dass unmittel-
bar nach der Aufnahme die Farbstoffkörrichen nicht direkt im Pro-
toplasma, sondern in Vakuolen liegen, deren wässeriger Inhalt genau
den nämlichen Farbenton zeigt, wie die umgebende Flüssigkeit, so-
nach offenbar aus letzterer entstammt. Nach einigen Minuten tritt
dann aber in den Vakuolen — auch hier, wo es sich nicht um Nähr-
stoffe handelt — eine saure Sekretion auf, wodurch der ursprünglich
violette Farbenton des Inhalts bis zu rosa, manchmal bis zu gell]
356 Schutzimpfung, kiiustl. Infektiouskraukheiten, Kutwickelungshenimung etc.
verändert wird. Schliesslich erfolgt meist ein Wiederaus werfen des
aufgeriommenen Farbstoffkörnchens , wobei dasselbe den nämlichen
Farbenton zeigt, den es in der Vakuole angenommen hatte.
Büchner (München).
Wettstein, Richard, Ritter von, Die wichtigsten pflanz-
lichen Feinde unserer Forste. (Vorträge des Ver. zur Vei-
breitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien. Jahrg. XXX.
Heft 10. Wien 1890. 33 Seiten. Mit 9 Figuren.)
Ausgehend von der früheren Verbreitung der Lärche in der
Gegend von Wien — der „Stock im Eisen“ in der Mitte der Stadt
ist ein Deberbleibsel einer Lärche — schildert Verf. in anregendster,
allgemein verständlicher Weise einige der schädlichsten, durch ihre
parasitische Lebensweise unsere Waldbäuine gefährdenden pflanz-
lichen Krankheitserreger, sowie das Wesen des Parasitismus selbst
und seine Folgen. Es werden geschildert und durch treffliche Ein-
zel- und Habitusbilder illustrirt die folgenden Krankheitserreger :
Viscum album (mit tödtlicher Wirkung tritt dieselbe häufig auf
Obstbäumen, in den Tannenwäldern des Wiener Wraldes, in den Pap-
pelaueu des Wiener Praters etc. auf), Loranthus europ'aeus
(erwähnt werden auch die auf anderen Loranthaceen schmarotzenden
Arten, die brasilianische Deudropbthora Epiviscum auf D.
buxifolia, das indische Viscum monili forme auf V. orien-
tale etc., sowie das Schmarotzen von Viscum auf Viscum und
von Viscum auf Loranthus), der Buchenschwamm (Polyporus
fomentarius), Feuerschwamm (P. igniarius), Kieferbaum-
schwamm (Trametes Pini), Wurzeischwamm (Trametes raüi-
c i p e r d a), Lärchenschwamm (Polyporus sulfureus), Hallimasch
(Agaricus melleus), Lärchenkrebspilz (Helotium Will-
kommii), Herpotrichia nigra, Rosellinia quercina etc.;
die Hexenbesenpilze Aecidium elatinum, Exoascus, Coleo-
sporium Senecionis [bezüglich Cronartium asclepiadeum],
ferner die heteröcischen Roste Chrysomyxa Rhododeudri,
Gymnosporangium Sabina e, G. clavariaeforme,G. juni-
perinum, Melampsora Goeppertiana, die zu Caeoma pini-
torquum und C- Laricis gehörigen Melampsoren.
Ludwig (Greiz).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Glöckner und Keiler, Ein Beitrag zur Asepsis in der Ge-
burtshülfe. (Btsch. med. Wocbeuschr. 1890. No. 32.)
Die Ansicht, dass die puerperale Infektion durch Mikroorga-
nismen zu Stande kommen kann, welche bereits zur Zeit der Ent-
bindung im GenitalkaDal der Kreissenden vorhanden sind, ist kürz-
lich von Steffeck im XV. Band der Zeitschrift für Geburtshüife
Bakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin. 357
und Gynäkologie durch einen Aufsatz: „Ueber Desinfektion des weib-
lichen Genitalkanals“ vertreten worden. Steffeck empfiehlt die
wiederholte gründlichste Desinfektion der Geburtswege durch Aus-
spülungen und Auswaschungen beim Eintritt und während des Ver-
laufes der Geburt und hofft, dadurch Wochenbetterkrankungen zu
vermeiden.
Dem gegenüber betonen die Verff. des vorliegenden Aufsatzes,
dass derartige Manipulationen doch zu umständlich und zu schwierig
siDd, um der Gewissenhaftigkeit und Kunstfertigkeit einer Hebamme
überlassen zu werden. Sie befürchten davon , wohl in Ueberein-
stimmung mit der gegenwärtig am meisten gültigen Ansicht, eher
Schaden als Nutzen, und empfehlen zur Herbeiführung eines asep-
tischen Wochenbettverlaufs den Haupt werth auf die Desinfektion der
Hände und Instrumente von Aerzten und Hebammen zu legen, die
Desinfektion der Wöchnerin dagegen auf die Reinigung der äusseren
Geschlechtstheile zu beschränken.
Aus einer von ihnen zum Beweise für die letzte Ansicht ange-
führten Statistik über Entbindungen in der Königlichen Frauenklinik
zu Berlin ergibt sich, dass unter 302 Geburten, bei denen Vaginal-
ausspülungen mit lauwarmem Wasser stattgefunden hatten, 35 mal
bald leichtere, bald schwerere Fieberbewegungen im Wochenbett ein-
getreten waren, während von 120 Geburten, bei denen keine Schei-
denausspülungen gemacht wurden, 113 ein ganz fieberloses Wochen-
bett hatten. Eine wirklich ernste Wochenbetterkrankung war auf
keine der 422 Entbindungen gefolgt. Kübler (Oldenburg).
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4. — 9. August 1890.
(Fortsetzung.)
Aus den Abtheil augs-Sitzungen.
XI. Abtheilung: Ohrenheilkunde.
Ile?.-: Zaufal (Prag). Ueber die Beziehungen der Mikro-
organismen zu der akuten (primären) Mittelohrent-
zündung und ihren Komplikationen und der chro-
nischen Mittelohrentzündung und ihren Kompli-
kationen.
Das Abhängigkeitsverhältniss der akuten Mittelohrentzündung
von den benachbarten Höhlen (Nasen, Nasenracheu- und Muudhöhle
ist durch die neueren bakteriologischen Untersuchungen vollständig
klar gelegt worden. Die bisher bekannten, Otitis media erregenden
Mikroparasiten sind nicht bloss unter pathologischen , sondern auch
Haktcriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin.
unter normalen Verhältnissen in diesen Höhlen aufgefunden worden,
so der Bacillus Friedländer, der Üiplococcus pneumoniae
und die pyogenen Strepto- und Staphylokokken. Ob sie auch auf
der normalen Paukenhöhlenschleimhaut Vorkommen, ist noch nicht
erwiesen. Da aber nach Z.’s Untersuchungen beim Kaninchen in der
normalen Paukenhöhle Keime Vorkommen, so dürfte auch die Existenz
pathogener Keime daselbst nicht ausgeschlossen sein. Die normale
Tuba bietet also keinen Schutz gegen das Eindringen von Mikroor-
ganismen in die Paukenhöhle, um so weniger, wenn eine grössere vis a
tergo einwirkt, wie Plus Valsalva, das Pölitz er 'sehe Verfahren mit
seinen Unterarten, Cathetrismus, Bougiren, Würgen und Erbrechen,
Ausspritzen der Nase, Durchspritzungen per tubam, Rhinorrhagieen,
Bell oequ 'sehe Tamponade etc., besonders dann, wenn das Trommel-
fell perforirt ist. Z. beobachtete in Folge von Plus Valsalva eine
Pneumodiplokokkenotitis in Folge des Poli tzer’schen Verfahrens,
nach dem Auskratzen einer Pharynxtonsille beiderseitige Pyostrepto-
kokkenotitis mit Facialparalyse, nach Rhinorrhagie gleichfalls beider-
seitige Pyostreptokokkenotitis. Die Infektion der Paukenhöhlen-
schleimhaut geschieht am häufigsten durch das Eindringen pathogener
Keime durch den Tubenkanal besonders bei Zwangsaktionen , kann
aber auch erfolgen durch Fortkriechen der Mikroparasiten im Ge-
webe der Tuba bis in die Paukenhöhleuschleimhaut, oder auf häma-
togenem Wege (Endocarditis, Pyämie, Diphtheritis) , vom äusseren
Gehörgang aus nur bei bei Entzündung des Trommelfells und Kon-
tinuitätstrennungen desselben , im letzteren Falle mischen sich be-
sonders bei Otorrhöen pathogene und Fäulnissbakterien dem Sekrete
bei, welche beim Absterben des primären Entzündungserregers be-
sonders günstige Bedingungen zu ihrer Ernährung finden können.
Von den Ursachen der Chronizität einer Paukenhöhlenentzündung
kennen wir bei Weitem noch nicht alle. Chronisch kann die Ent-
zündung werden durch Sekundär-, Tertiär- etc. Infektion des primären
Entzündungsheerdes; nach Pio Foä und Bordoni-Uffreduzzi
kann eine akute Entzündung chronisch werden in Folge der durch den
halb siegreichen Kampf der organischen Elemente hervorgerufenen Ab-
schwächung des Virus und in Folge der Heilmittel. In einem Fall von
Pneumodiplokokkenotitis, wo Z. den Diplococcus pneumoniae
noch am 181. Tag im Empyemeiter des Proc. mast, lebensfähig faud,
glaubt Z. diese Ursache anDehmen zu können. Im Eiter bei chronischen
Paukenhöhlenentzündung findet sich selten nur ein einziger Mikroor-
ganismus, meist ein Gemisch von verschiedenartigen, theils Fäulniss-,
theils pathogenen Bakterien. Z. zählt nun alle bei Otitis media supp,
chron. bisher gefundenen Bakterien auf, wie sie Loewy und Schrä-
der, Bordoni-Uffreduzzi und Gradenigo, E. Levy und
Zaufal angegeben haben, darunter ein für Mäuse und Kaninchen
pathogener schillernder Bacillus (Zaufal), Bacillus sa progenes
Rosenbach, Staphylococcus pyogenes, Streptococcus
pyogenes, Bacillen, deren Kulturen wie das otorrhöische Sekret
riechen, ein dem Diplococcus pneumoniae ähnlicher Kapsel-
Diplococcus, sämmtlich durch Loewy und Schräder aufge-
funden; ferner ein pathogener Bacillus, durch E. Levy, Micro-
Bakteriol. vom X. internationalen medicinUchen Kongresse zu Berlin. 359
coccus tetragenus durch Gaffky und Zaufal; Proteus vul-
garis Hauser, Staphylo coccus pyogenes albus und
aureus und ein dem Bacillus Friedländer ähnlicher Ba-
cillus durch Bordoni-Uffreduzzi und Gradenigo. Doch
verlangt Z. auch für die neugefundenen Mikroorganismen die strikte
Erfüllung der Koch’schen Postulate, da besonders in den Fällen,
wo neben den neugefundenen noch notorisch pathogene Mikroorga-
nismen gefunden werden, z. B. die pyogenen , die Annahme nicht
ausgeschlossen ist, dass diese die Ursache der Entzündung und der
Komplikationen sind, und wenn letztere nicht mehr gefunden werden,
so könnten sie bereits abgestorben sein , wie dies Z. in einem Fall
von Gehirnabscess und Meningitis annehmen muss, da trotz sorg-
fältiger bakteriologischer Untersuchung keine Mikroorganismen im
Eiter aufgefunden werden konnten.
Herr Moos (Heidelberg), Korreferent. Bei den bakteriellen
Mittelohrerkrankungen kommen hauptsächlich die folgenden Mikro-
organismen in Betracht: der Streptococcus pyogenes, der
Staphylococcus albus, aureus und citreus, der Diplo-
coccus pneuomniae Fraenkel- Weichselbaum und der
Friedländer’sche Bacillus. Die Mikroorganismen gelangen auf
verschiedenen Invasionswegen in das mittlere Ohr: es gibt eine häma-
togene angeborene Otitis media und die hämatogene nach der Ge-
burt. Diese kommt durch Vermittelung der Lymphgefässe zu Stande,
besonders bei den Infektionskrankheiten. Ein anderer Weg ist der
durch die Tuba und zwar ganz direkt oder indirekt durch die Saft-
spalteri des Bindegewebes bei Scharlachnekrose der Rachengebilde
mit Umgehung des Ostium pharyngeum. Auch das früher unver-
letzte Trommelfell (nach M.’s Beobachtung bei Erysipel) ebenso wie
das perforirte bilden Eintrittspforten. Endlich können die Mikroben
auch von der Schädelhöhle aus durch die Fissura petrosquamosa in
das mittlere Ohr gelangen. Der Durafortsatz übernimmt die Vermit-
telung, so z. B. bei der epidemischen Cerebrospinalmeningitis, doch
fehlt noch der bakteriologische Nachweis.
Weiterhin bespricht M. sämratliche Komplikationen der eiterigen
Mittelohraffektionen : das Erysipel, die Facialislahmung, die Meningitis,
den Gehirnabscess, die Thrombophlebitis, die Pyäinie, ihre Genese,
die verschiedenen Mikroorganismen, welche dabei eine Rolle spielen
— es können mehrere zugleich sein — , der Hauptantheil gebührt
jedoch dem Streptococcus pyogenes.
(Fortsetzung folgt.)
360
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Geber die in den Dresdener Krankenanstalten bei Anwendung des Koch'scben Ver-
fahrens gemachten Beobachtungen. [Mittheilungen und Besprechung in der Gesell-
schaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden ] (Korrespondenzbl. der ärztl. Kreis-
und Bezirksvereine im Königreich Sachsen. 1891 No. 4. p. 48 — 50 )
Uhthoff, W , Ein Beitrag zur Behandlung Augenkranker nach dem Koch’scben In-
jectionsverfahren. (Berlin klin. Wochenschr. 1891. No. 7. p 173 — 175,)
Wirksamkeit, die, des Koch’schen Heilmittels gegen Tuberkulose. Amtliche Berichte
der Kliniken , Polikliniken und pathologisch-anatomischen Institute der preussischen
üniversitäten. (Klinisches Jahrbuch, im Aufträge Sr. Excellenz des Ministers der
geistlichen pp. Angelegenheiten, hrsgeg. von A. Gutt Stadt. Ergänzungsband)
8. X. 906 p. Berlin (Springer) 1891.
Inhalt.
Original mittheilangen.
Hankin, E. H. , Geber den schützenden
Eiweisskörper der Ratte. (Orig.), p. 336.
X&ts, Oscar, Zur Kenntniss der Leucht-
bakterien. (Orig.) (Schluss), p 343.
Nickel, E. , Zur Biochemie der Bakterien.
(Orig.), p. 333.
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cus pyogenes aureus, p. 354.
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tigsten pflanzlichen Feinde unserer Forste,
p 356
Wmogradsky, Recherches sur les organis-
mcs de la nitrification, p. 351.
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krackhoiten, Entwicklungshemmung
und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
Glöckner und Keller, Ein Beitrag zur Asep-
sis in der Geburtshülfe, p 356.
Originalbelichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin,
4. — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
I Zaufal. Geber die Beziehungen der Mikro-
organismen zu der akuten (primären)
Mittelohrentzündung und ihren Kompli-
! kationen und der chronischen Mittelobr*
' sn!2Ündung und ihren Komplikationen,
I p 357,
Neue Litteralur, p. 360.
F'^otnmar;n»e1»c Buc^dvucfcerei i'ITcrmann Pohl«} in J«nn.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Geb. Hoff, Prof. Br. Leacbart um Professor Dr. Loeßler
ln Leipzig in lireif.wald
herausgegeben von
Dr, O. Uhl worin in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -o- Jena, den 21. März 1891. -o- No. 11.
Freia für den Band (26 Nummern) 14 Hark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
Zn beziehen durch »Ile Buchhandlungen und Postanstalten.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger , Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage, später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original -Mittheilungen.
Einiges über die Pathogenese der Dysenterieamöben.
Von
Dr. Eartulis
in
Alexandrien.
Durch die weitere Bestätigung der Amöben bei Dysenterie auch
in anderen Ländern, ausser Aegypten, sowie in Böhmen, Griechen-
land, Russland und Amerika1) dürfte man erwarten, dass diesem
Parasiten eine grössere Aufmerksamkeit seitens der Fachmänner be-
willigt wäre. In einer Reihe von Berichten aber, die in der letzten Zeit
1) 8. die Litter&tur am Schluss.
IX. Bd.
24
366
K ar t uli a ,
veröffentlicht wurden, wird den Amöben als Erregern der Dysenterie
entweder keine Wichtigkeit beigelegt, oder es werden dieselben als
gewöhnliche Darmschmarotzer bezeichnet. Geheimrath L. Pfeiffer
in Weimar, einer der besten Kenner der pathogenen Protozoen, sagt
von den Amöben in seinen mir bekannten Veröffentlichungen nur*
dass „sie einigemal im Darm vou kranken Kindern — von Ruhr-
kranken — gefunden wurden.,, R. Blanchard, Grassi und Ca-
landruccio, um nur die bekanntesten Namen auf diesem Gebiete
zu nennen, sprechen den Darmamöben jede Pathogenität ab1).
Es ist anzuuehmen, dass unsere noch geringe Kenntniss über die
Naturgeschichte der Protozoen und die grosse Schwierigkeit, die-
selben nach den bei Bakterien üblichen Methoden zu züchten, uud
nach Koch’schen Priuzipien zu erforschen, es vielen Beobachtern er-
schwert, verschiedene dieser Amöben von einander zu unterscheiden,
besonders wenn sie morphologisch ähnlich aussehen. Dass es Proto-
zoen gibt, einige sogar, die den Dysenterieamöben ähnlich sehen und
auch bei anderweitigen Darmerkrankungen zu finden sind, kann nicht
in Abrede gestellt werden. Malmeston, Grassi, Normand,
Lexis und Cunningham haben derartige Thierchen einigemal
beobachtet. Man darf aber nicht jedes Protozoon mit einem be-
stimmten Organismus verwechseln, wie man dies ja auch früher in
ähnlichen Fällen mit Bakterien zu thun pflegte. Ob es zu viel gesagt
ist, fragt L. Pfeiffer2), dass ein vertieftes Studium der bisher
arg vernachlässigten Protozoen-Scbmarotzer einen Fortschritt bringen
wird, ähnlich dem, welcher vor 15 Jahren durch die energische Be-
schäftigung mit den Bakterien eingeleitet worden ist? Bei den
Protozoen fehlen uns bis jetzt, wie gesagt, die für die Bakterien cha-
rakteristischen Merkmale, insonderheit die Kultur und der Thierver-
such. Es sei mir deshalb hier gestattet, einige meiner den letzteren
Punkt berührenden Ergebnisse, die zwar noch nicht gauz abge-
schlossen sind, in gedrängten Zügen bekannt zu machen.
Vorausschicken möchte ich einige Bemerkungen über den Befund
der Amöben bei Dysenterie und Leberabscessen. In meinem letzten
Bericht (Geber tropische Leberabscesse und ihr Verhältnis zur
Dysenterie) 3) habe ich versucht, den Nachweis zu führen, dass die
Amöben nicht nur bei allen echten Dysenterieen Vorkommen,
sondern dass sie auch stets bei deu dysenterischen Leberabscessen
zu finden sind. Der Bestätigung dieses Befundes bei Dysenterie
wurde schon oben Erwähnung gethan. W. Osler in Amerika hat
noch später die Amöben bei Leberabscessen beobachtet. Ich habe
wiederholt in Hunderten von Fällen von anderen Darmaö'ektionen
nach Amöben gefahndet und im letzten Jahre setzte ich meine Unter-
suchungen wieder fort, aber niemals habe ich vermocht, diese Para-
1) In der letzten Sitzung der französischen Sociätä de Biologie äusserte sieh
Laveran folgendermaassen : On ignore encore la natnre des abcfes du foie, conseeutits
& la dysenterie, toutes les recfcerches sont restäes jusqu'k pr&ent stäriles. 10. Ja-
nuar 1S91. Tribüne Medicale. No. 3.
2) Centralblatt f. Bakteriol. Bd. VIII. No. 24.
3) Virchow’s Archiv. Bd. CXYIII.
Einiges über die Pathogenese der Dysenterieamöben.
367
siten wieder zu finden. Nur einigemal sah ich Mimidinen bei chro-
nischen Diarrhöen, aber keine den Amöben ähnliche Organismen.
Die Kultur der Amöben.
Da ich früher die Amöben in Fleischwasser , flüssigem Blut-
serum und flüssiger Gelatine nicht züchten konnte, versuchte ich die-
selben auf anderen geeigneten Nährflüssigkeiten zu kultiviren. Da
bei gesunder Kaninchen- und Taubenausleerung einigemal bei Ver-
dünnung des Stuhles mit sterilem Wasser im Brütofen amöbenähn-
liche Gebilde sich entwickelten, machte ich den Versuch, in solchen
sterilisirten Verdünnungen unsere Amöben zu züchten. Es gelang
mir oft, in dieser Flüssigkeit eine Veimehrung der Amöben zu be-
obachten. Die gleichzeitige enorme Entwickelung von Bakterien aber
trübte so sehr die Kultur, dass ich bald dieses Verfahren nicht mehr
für das weitere Studium der Parasiten geeignet hielt. Einmal gelang
es mir, die Amöben nach besonderer Art zu züchten :
Ich nahm gewöhnliches Brunnenwasser und beschickte es mit
kleinen Mengen von alkalischer Bouillon, sterilisirte die Flüssigkeit und
vertheilte dieselbe in drei Er ler meyer’sche Kolben, alsdann besäte
ich dieselben mit je 3 Oesen von frischer dysenterischer Stuhlausleerung.
No. 1 wurde offen gelassen, zu No. 2 wurden kleine Mengen von Agar-
Agar gefügt und mit Watte verschlossen, No. 3 nur mit Watte ver-
schlossen. Nach 48 Stunden entwickelten sich in den beiden letzteren
Kolben nur Bakterien, in Nr. 1 aber auch gleichzeitig Amöben, ähnlich
den abgeimpften Thierchen. Keine Schwärmerform, aber am 5. Tage
schon deutliche Sporenbildung. Da die Amöbenentwickelung in die-
sem Nährstoff eine nicht zu grosse und für Thierversuche nach meiner
Ansicht nicht geeignet war, suchte ich nach einem Nährsubstrat, welches
die Amöben ohne gleichzeitige enorme Bakterievermehrung zur Ent-
wickelung bringen konnte. Ich hatte nämlich die Beobachtung gemacht,
dass, in welcher sich viele Bakterienarten rasch entwickeln, die Amö-
benzucht gar nicht gedeiht. Allmählich gelang es mir, eine Nährflüssig-
keit herzustellen, in der die Bakterienentwickelung verhältnissmässig
langsam vor sich geht, die Amöben hingegen sich üppiger fortpflanzen
können. Es wurde zu diesem Zweck gewöhnliches Stroh genommen
und davon eine Abkochung gemacht, in welcher die eingeimpften Dysen-
terieamöben in den meisten Fällen sich züchten lassen. Die Abkochung
ist leicht hergestellt. Man wählt am besten frisches Stroh, 20 — 30 g
zu 2 Liter Wasser, und lässt dasselbe über der Flamme 1(i Stunde
lang kochen. Alsdann filtrirt man die Flüssigkeit und sterilisirt die-
selbe nach dem bekannten Verfahren. Erlenmeyer’sche Kolben
oder gewöhnliche weithalsige Gläser von 50 — 100 ccm Inhalt werden
damit gefüllt. Zur Beschickung derselben nehme ich aus frisch
entleertem dysenterischen Stuhl einige Tropfen der schleimigen Massen
und mische sie mittelst eines Glasstabs mit der Flüssigkeit zusammen.
Die Gefässe kommen in den Brutschrank. Die Amöben wachsen
nach meiner Erfahrung nicht unter 20 °, am besten in einer Tempe-
ratur von 30—38 °.
Nach 24 — 48 Stunden sieht man an der Oberfläche der Kultur-
gefässe eine spinnengewebeartige Haut, die neben vielen Bakterien
24*
368
K a r t u 1 is ,
aus jung entwickelten Amöben besteht. Die Gefässe werden offen
gelassen, weil so die Zucht leichter gelingt, als bei denjenigen,
die mit Watte verschlossen sind. Im hängenden Tropfen beobachtet,
zeigt die Amöbenbrut folgendes : Die Thierchen sind viel kleiner, als
die geimpften Amöben, bewegen sich sehr lebhaft in Schwärmerform,
stossen aber keine Pseudopodien aus. Geissein fehlten, jedoch sind
Kern und Vakuolen, besonders wenn die Thierchen mit Anilinfarben
gefärbt werden, sehr deutlich. Mitunter findet man in diesen Kulturen
auch einige Amöben, die nach Form und Grösse den eingesäten Thier-
chen ähnlich sind. Sehr oft sieht man auch kleine Gebilde, rund,
homogen, glänzend, die rasch und lebhaft tanzende Bewegungen aus-
führen , durch Anilinfarben sich intensiv färben und welche ich mir
als freie Kerne zu erklären erlaube.
Allmählich findet man dann in den nachfolgenden Tagen die
Schwärmer zu grossen Amöben herangewachsen. Die Thierchen führen
aisdann Bewegungen durch Ausstossung von Pseudopodien aus. Gegen
den 4. und. 5. Tag sieht man zwischen den lebhaften Amöben
Formen, die viel kleiner sind, ungefähr in der Grösse eines weissen
Blutkörperchens. Es sind das runde, ruhende Körper mit einem feinen
Kontour, kleinem Kern und feinem Protoplasma. Die Gebilde wer-
den allmählich kleiner, es bilden sich zwei Kontouren, die gelblich
aussehen, mit dunklerem Protoplasma ; ihre Grösse schwankt zwischen
5—7 fx.
Da aus diesen Gebilden Amöben zur Entwickelung kommen,
unterliegt es keinem Zweifel, dass es sich hier um Sporen handelt.
Binnen 8—11 Tagen vermehren sich die Sporen, die Amöben sind,
sehr spärlich vorhanden. Vorläufig kann ich die verschiedenen Ent-
wickelungsstationen nicht genau bestimmen. Die technischen Schwie-
rigkeiten, die hier obwalten, können nur vom Zoologen beseitigt
werden. Zur weiteren Umzüchtung der Sporen bietet die Strohab-
kochung keinen geeigneten Nährstoff mehr. Die Entwickelung der
Amöben ist sehr gering, oder bleibt ganz aus. Ich habe deshalb den
Nährstoff durch Bouillon zu verstärken versucht, und es gelang da-
durch mit Leichtigkeit, die weitere Fortpflanzung der Thierchen zu
erreichen. Man braucht nur der mit Sporen beschickten Strohab-
kochung kleine Mengen von neutraler oder leicht alkalischer Bouillon
hinzuzufügen. Das Gleiche erfolgt, wenn in das ursprünglich sporen-
haltige Kulturgefäss Bouillon hineingegossen wird. Ich habe auf
diese Weise alte Sporen — seit 4 Monaten bei Zimmertemperatur
aufbewahrt — zu Amöben sich weiterentwickeln sehen. Dieser Fort-
pflauzungsprozess ist mir in mehreren Fällen gelungen, seltener nur
ist es aber auch vorgekommen, wie bei meinen ersten Versuchen mit
Wasser, dass die Schwärmerentwickelung ausblieb und gleich erwachsene
Amöben sich züchten liessen. Stuhlausleerungen von Gesunden so-
wie von mit Diarrhöe behafteten Kranken dienten mir als Kontroll-
versuche. Das Resultat war stets, dass in den Kulturgefässen keine
Amöben zur Entwickelung kamen.
Mehrere Versuche, die Amöben bez. die Sporen rein zu gewinnen,
durch Verdünnung der Aussaat oder durch Aufsuchen der Amöben
bezw. der Spore# in der verdünnten Flüssigkeit mit der mit flüssiger
Einiges über die Pathogenese der Dysenterieamöben.
369
steriler Gelatine befeuchteten Platinnadel — blieben erfolglos. Ein
einziges Mal nur gelang es wir, die Amöben durch drei Umzüchtungen
frei von anderen Mikroorganismen zu halten. Die Thierchen stammten
aus dem Inhalt eines dysenterischen Leberabscesses, welcher, wie die
bakteriologische Untersuchung herausstellte, keine andern Organismen
enthielt. Die Zucht, in Erlenmey er’schen Kolben kultivirt, glich
dem schon besprochenen Entwickelungsmodus.
Thierversuche.
Mit Kaninchen und Meerschweinchen, die entweder mit frischen
dysenterischen Ausleerungen oder mit Amöbenkulturen in den Darm
geimpft waren, bin ich zu negativen Resultaten gelangt. Es war
Lösch zuerst, welcher die Dejektionen eines Dysenterikers 4 Hunden
in das Rectum eingespritzt hat. Ein Thier ist davon erkrankt, und
in seinen Stühlen fanden sich die Amöben. Der Hund wurde ge-
tödtet und bei der Obduktion sah man Entzündung der Schleimhaut
des Darmes und oberflächliche Geschwüre. Ich habe das Experi-
ment auch bei Hunden wiederholt, aber bis jetzt konnte ich keinen
Hund weder mit frischer amöbenhaltiger Ausleerung noch mit Amöben-
kulturen deutlich krank machen. Dass Hunde aber hier wenigstens
an Dysenterie erkranken, sah ich neulich bei einem irischen Hund, der
nicht nur alle Symptome bot, sondern in seinen blutig-schleimigen
Stühlen fast Reinkulturen von Amöben zeigte. Als der Hund starb,
fanden sich die Amöben wieder in den Darmgeschwüren, sie waren
von den menschlichen Dysenterieamöben nicht zu unterscheiden.
Dieser Fall überzeugte mich, dass man auch bei Hunden, vielleicht bei
gewissen Rassen, mit den Impfuugen positive Resultate erhalten kann.
Als geeignetes Versuchsthier wählte ich die Katze aus, da
ich von verschiedenen Thierärzten vernommen habe, dass ausser
Hunden noch Katzen und Ratten an Dysenterie erkrankten. Obwohl
ich früher auch mit Katzen keinen positiven Erfolg hatte, wiederholte
ich meine Experimente diesmal mit grösserer Vorsicht, und zwar mit
Glück. Vor der Einspritzung wurden die Stühle der Thiere auf das
sorgfältigste nach Amöben untersucht. Niemals enthielt der Darm
derselben Amöben oder andere Protozoen.
Die Katzen wurden geimpft
1) mit frisch entleerten amöbenhaltigen Stuhlausleerungen von
Dysenteriekranken ;
2) mit gezüchteten Amöben in Strohabkochung.
3) mit Reinkulturen von Amöben (aus Leberabscesseiter) und
4) mit Amöbensporen.
Ad 1. 10 ccm eines amöbenhaltigen Stuhles wurden in das
Rectum der Katzen eingespritzt: (3 Versuchsthiere).
Katze A. Zwei Monate alt, erhielt am 6. VI. 1890 10 ccm der Aus-
leerung eines seit 1 Monat an Dysenterie erkrankten Mannes in das
Rectum eingespritzt.
7. VI. 1890. Thier munter.
8. VI. 1890. Das Thier ist weniger munter, bewegt sich wenig.
Aus dem Darm wird durch einen sterilen Glasstab etwas von schlei-
miger Stuhlflüssigkeit herau3geholt, die viele Amöben enthält.
370
K a r t u 1 i s ,
9. VI. 1890.
10. VI. 1890.
lebhafte Amöben.
12. VI. 1890.
15. VI. 1890.
20. VI. 1890.
21. VI. 1890.
blass und locker.
Der gleiche Befund.
Das Thier hat heute diarrhöische Stöhle. Viele
Dünne Stühle mit Amöben,
Thier magert rasch ab und frisst wenig.
Tod.
Autopsie. Die Schleimhaut des Dünndarms ist
Ira Dickdarm flüssig- schleimiger Inhalt. (Viele
todte Amöben.) Keine deutlichen Geschwüre, mehrere Erosionen der
Schleimhaut. Hie und da punktförmige Hämorrhagieen.
Den Katzen B. und T. floss jedesmal die Flüssigkeit aus dem
Rectum heraus, sie erkrankten nicht.
Ad 2. Einer 2 Monate alten Katze M. wurden 10 ccm einer
3tägigen 3. Umzüchtung von Dysenterieamöben (unreine Kultur) ins
Rectum eingespritzt. Da die Flüssigkeit vom Thier im Rectum nicht
behalten werden konnte, spritzte ich wieder nach zwei Tagen 10 ccm
von der gleichen Kultur ein und schloss den After durch Catgutnaht.
Zwei Tage später wurde die Naht entfernt, der durch Glasstab
herausbeförderte Darminhalt enthielt keine Amöben. Erst am 6. Tage
nach der Einspritzung erfolgte schleimiger Stuhl, in dem sich viele,
kaum 12ju messende Amöben mit lebhaften amöboiden Bewegungen
vorfanden. Am 11. Tag erschienen die Amöben etwas grösser.
Am 12. Tag Prolapsus recti. Viele Amöben ira Schleim der
Stühle. Thier magert ab. Am 18. Tage verendet das Thier. (Wegen
Krankheit des Autors keine Autopsie.)
Katze N., 40 Tage alt, wird wie Katze M. geimpft, zwei Tage
darauf noch einmal. Am 3. Tage lebende Amöben im schleimigen
Stuhl, etwas grösser, als bei der Katze M. Am 6. Tage Tod. Autopsie:
Nur der Dickdarm leicht entzündet, es fanden sich jedoch weder
Geschwüre nach Erosionen der Darmschleimhaut. Die übrigen Organe
unverändert. Die Ursache des raschen Todes ist nicht aufzuhuden.
Ad 3. Katze E., 2 Monate alt, wurden 10 ccm Reinkultur einer
3. Umzüchtung in das Rectum eingespritzt. Zwei Tage nach der Ein-
spritzung fand sich im Käfig schleimiger Stuhl, der lebende Amöben
enthielt. In den nachfolgenden Tagen schien das Thier munter, je-
doch magerte es ab ; leider lief es am 14. Tage aus dem Käfig weg.
Katze P., einen Monat alt, wurde am 1 ./IV. 1890 auf einmal mit 20 ccm
Amöbenreinkullur in das Rectum geimpft. Da die Flüssigkeit heraus-
gedrängt wurde, ist der After mit Catgutnaht geschlossen worden.
Nach 3 Tagen wurde die Naht entfernt. Schleimige Stühle mit Biut
gemengt (ob von den Nadelstichen, schwer nachzuweisen). In der Aus-
leerung sind viele lebende Amöben zu sehen, dieselben besitzen grob-
körniges Protoplasma, ihr Leib ist frei von Bakterien und fremden
Stoffen. Sie stossen lebhaft ihre Pseudopodien aus. Der gleiche Befund
lässt sich in den folgenden Tagen nachweiscn. Die Abmagerung erfolgt,
rasch. Ara 16. Tage findet man im Käfig ungefähr 50 ccm milchig-
blutigen Stuhles. Am 19. Tage Tod. Obduktion 2 Stunden darauf.
Leiche sehr abgemagert. Bauchdecken eingezogen. Magen voll
Lungen sehr blass, die linke zeigt Adhäsionen mit der Pleura. Leber
blassroth, leicht fettig degenerirt. Vena portarum strotzend von
Einiges über die Pathogeuese der Djsenteriesmöben.
371
schwarzrothem Blut. Nieren leicht kyperäraisch. Milz unverändert.
Dünndarm blutarm, leer, Dickdarm 12 cm lang, voll von einem schwarz-
braunen schleimflüssigeu Inhalt. Schleimhaut locker aufgequollen.
Ueber die ganze Länge des Dickdarms findet man mehrere punkt-
förmige Hamorrhagieen und Geschwüre von Stecknadelkopf- bis Lein-
samengrösse, viele rund, andere wieder oval und zackig. Eine Rosa-
färbuug der Schleimhaut reicht 2 cm über die Klappe in den Dünn-
darm. Der Darminhalt erweist sich aus Zellenpigment, rothen Blut-
körperchen, Leukocyten und vielen Amöben bestehend. Letztere sind
gar nicht von den menschlichen Dysenterieamöben zu unterscheiden.
An dem in Spiritus gehärteten Darm kann mau die Ver-
schwärungen nach einigen Tagen nicht mehr wahrnehmen. In den
mitEhrlich’schem Hämatoxylin oder mit Loeffler’scher Methylen-
blaulösung gefärbten Schnitten finden sich die Amöben wieder in
den erkrankten Schleimhautabschnitten. In Serienschnitten gewahrt
man das Kineinarbeiten der Amöben. Nach Abstossung des Epithels
dringen die Tbierchen zwischen die Tubuli der Schleimdrüsen,
und zwar, wie mir ein Präparat gezeigt hat, keilförmig ein.
Durch grössere Ansammlung werden die Epithelzellen des Drüsen-
gerüstes abgestossen, um das Geschwür zu bilden. Dasselbe ist je-
doch hier oberflächlich und geht nicht bis in die Submucosa, wie es
bei der menschlichen Dysenterie in weit vorgeschrittenen Fällen vorzu-
kommen pflegt. In unserem Falle haben die Amöben nur einen kleinen
Theil der Drüse zerstört und blieben auch mehr oberflächlich liegen.
Ad 4. Drei Katzen wurden mit Amöben bezw. Amöbensporen
mehrere Tage lang gefüttert. In den normalen Stuhlausleerungen
vermochte ich niemals Amöben zu finden.
Es folgt aus diesen Versuchen, dass die Dysenterieamöben allein
als die Ursache der Dysenterie anzusehen sind. Die Behauptung
einiger Forscher , dass anderweitige Mikroorganismen oder ein be-
stimmtes Bacterium, so z. B. der Chantemesse-Widarsche
Bacillus, die Ursache der Dysenterie sei, veranlasste mich, durch
folgende Kontrollversuche meine Ueberzeugung zu bekräftigen :
1) Ich züchtete mehrere Bakterienarten aus dysenterischen Stuhl-
ausleerungen, darunter Bacterium coli und den grünen Ba-
cillus der sog. Diarr6e verte von Lessage, öfters und spritzte
dieselben in den Darm von jungen Katzen.
2) Ich züchtete auf Gelatineplatten aus dysenterischen Stühlen
mehrere Mikroorganismen , und nachdem ich mich überzeugt hatte,
dass nach einigen Tagen keine Amöben mehr lebten, brachte ich die-
selben en masse durch Einspritzung in den Darm von jungen Katzen.
3) Ich filtrirte dysenterische Stühle durch ein Flanelltuch, in
welchem die Amöben hafteu blieben, und spritzte die Flüssigkeit in
das Rectum von Katzen.
4) Eine Reinkultur des Cha n te m e sse- W i dal ’schen Ba-
cillus (aus dem Laboratorium des Herrn Chante messe durch
einen Kollegen freundlichst zur Verfügung gestellt) wurde in Auf-
schwemmung in den Dann von jungen Katzen eingespritzt, und
5) wurden Katzen mit den erwähnten Organismen gefüttert.
Alle diese Versuche schlugen negativ aus, keins der Thiere erkrankte
372
H a n k i n ,
an Dysenterie , nur einigemal erfolgte eine leicht vorübergehende
Diarrhöe.
Meine Versuche über das Wesen der Dysenterieamöben betrachte
ich noch nicht, wie schon oben angedeutet wurde, als abgeschlossen.
Es bleibt besonders noch übrig, die Dysenterieamöben ausserhalb des
Körpers zu tiuden. Dass dieser Organismus auch im Wasser zu suchen
ist, halte ich für sehr wahrscheinlich. Meistentheils wird das Wasser als
Ursache der Erkrankung beschuldigt und ich habe schon in derartigen
verdächtigen Wässern ein paar Mal denVersuch gemacht, Amöben zu
züchten. Es gelang mir einmal, eine Amöbe in Strohdekokt zu kul-
tiviren, die den Dysenterieamöben auf den ersten Blick ähnlich aus-
sah, jedoch etwas kleiner war, ihre Bewegungen waren durch un-
regelmässige Ausstossung der Pseudopodien verschieden, der Kern
liess sich mit Lo eff ler’scher Methylenblaulösung rothviolett färben.
Thierversuche habe ich wegen raschen Absterbens der Zucht nicht
machen können.
Litteratu r :
Koch R., Gaffky’s Bericht zur Erforschung der Cholera in 1883. p. 65.
Hlava, Referat im Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. II. No. 25.
Kartulis, Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. VII. No. 25.
Maschiutin, Centralblatt f. Bakteriologie, ßd. VJ. No. 16 — 17.
Osler, Centralbl. f. Bakteriologie. Bd. VII. No. 23.
Calandruccio. Atti dell’ Accademia Gioenia. (4) II. 1889.
Grassi, Accademia dei Lincei. IV. p. 83 — 88.
Blanchard, R., Les auimaux parasites. 1890.
Pfeiffer, L., Zeitschrift f. Hygiene. Bd. III, IV, V, VI, VIII.
Derselbe, Die Protozoen als Krankheitserreger. Jena 1890.
Derselbe, Die pathogenen Protozoen. Centralbl. für Bakt. Bd. VIIL No. 24 — 25.
Kartulis, Virchow’s Archiv. Bd. CV.
Derselbe, Virchow’s Archiv. Bd. CV.
Derselbe, Centralblatt für Bakteriologie. Bd. II. No. 25.
Lösch, Virchow’s Archiv. Bd. LXV. 1875.
Chantemesse et Widal, Semaine mödicale. April 1888.
Alexandria, Ende Januar 1891.
lieber den schützenden Eiweisskörper der Ratte.
[Aus dem hygienischen Institut zu Berlin und dem Pathological
Laboratory Cambridge.]
Von
E. H. Hankin,
Junior George Henry Leweis Student, Fellow of St. John’s College Cambridge.
(Schluss.)
Da es mir nicht ge’angen ist, die bakterientödtende Substanz
in ganz unverändertem Zustande aus ßattenmilz resp. Serum zu ge-
winnen, so sind meine Resultate mit den isolirten schützenden Ei-
weisskörpern kaum so befriedigende. Eine Rattenmilz wurde aus-
Ueber den schützenden Eiweisskörper der Ratte
373
geschnitten und mit 10 ccm einer Mischung von gleichen Theilen
Glycerin und 75% Na2S04 -Lösung extrahirt. Die so gewonnene
trübe Lösung wurde mit 200 ccm Alkohol gemischt und der Nieder-
schlag abfiltrirt, getrocknet und mit 5 ccm 0,75% NaCl-Lösung ex-
trahirt und wieder filtrirt.. Milzbrandsporen wurden mit dieser Lösung
gemischt und damit 5 Mäuse geimpft, von denen 3 nach 60 Stunden
starben , während 2 am Leben blieben. Die eingespritzte Menge
betrug 0,01 bis 0,03 ccm. Die Kontrollmaus ist nach 36 Stunden
zu Grunde gegangen. Ferner wurden ungefähr 10 ccm Rattenserura
mit Alkohol gefällt, der so entstandene Niederschlag wurde abfiltrirt
und mit physiologischer Kochsalzlösung extrahirt. Von diesem
Auszuge wurden 0,01 bis 0,07 ccm (mit Milzbrandsporen) 10 Mäusen
injizirt. 5 davon sind lebend geblieben, 5 nach 60—84 Stunden
gestorben. In einem anderen Versuche wurden 6 Mäusen 0,02
bis 0,11 ccm einer ähnlichen Lösung mit Milzbrand injizirt. Alle
sind gestorben und zwar 4 erst nach 60 Stunden. Von diesen zeigte
die Milz der Maus, welche die grösste Dosis (0,11 ccm) bekommen
hatte, viele bacillenhaltige Phagocyten, was ich bislang in keinem
einzigen Falle bei Mäusen nach Milzbrandimpfung mit Sicherheit
beobachtet habe, obschon ich fast 300 Mäusemilze nach Milzbrand-
impfung unter allen möglichen Bedingungen durchforscht habe.
Eine zweite Maus dieses Versuches, welcher 0,1 ccm eingespritzt
worden war, zeigte keine bacillenhaltigen Phagocyten, aber auch
überhaupt keine Bacillen in ihrer Milz. Die übrigen 4 Mäuse hatten
viel kleinere Mengen von dem „Heilmittel“ bekommen und boten
nichts Besonderes dar; deshalb glaube ich, dass dieser Misserfolg
von der zu geringen Dosis abhängt. Die Kontrollmäuse sind nach
18 resp. 36 Stundeu gestorben.
Ueber die chemische Beschaffenheit dieses Körpers kann ich vor-
läufig nur berichten, dass es ein Globulin ist, das sich von der
Mehrzahl der anderen Globuline wohl unterscheidet, indem es durch
Alkoholfällung nicht dauernd unlöslich gemacht wird, und zweitens,
dass seine Lösungen eine alkalische Reaktion besitzen, wie aus Fol-
gendem hervorgeht:
4 Ratten wurden mit Chloroform getcdtet, ihre Milz wurde rasch
ausgeschnitten und mit ungefähr 30 ccm einer 2 °/0 Na2S04-Lösung
zerrieben. Nach 24 Stunden wurde die Flüssigkeit, die schwach alka-
lisch reagirte, mit einem Ueberschuss von Alkohol gemischt; eine
halbe Stunde darauf der entstandene Niederschlag, der das Glo-
bulin und die vorhandenen Salze enthielt, abfiltrirt und mit einem
Ueberschuss von Thymol in einem Pergamentpapierschlauch dia-
lysirt. Die Dialysirung wurde in strömendem Wasser von 37—40°
ausgeführt *).
Sobald etwas Wasser durch die Membran gedrungen war,
löste sich sofort da3 Na2S04, und in Folge dessen wurde ein Theil
der vorhandenen Eiweissarten (Globuline) gleichfalls gelöst. Die
1) ln anderen ähnlichen Versuchen betrug die Temperatur 45 — 50 °, um die Mög-
lichkeit der FSnlnlss auszuschliessen.
374
Hank in. (Jeber den schützenden Eiweisskörper der Ratte.
Lösung reagirt nunmehr alkalisch. Nach 14 Tagen wurde die Lösung
wieder auf ihre Reaktion geprüft; sie blaute nun nicht mehr Lackmus-
papier. Etwas Kochsalz (dessen Lösung sich als neutral erwies)
wurde zugesetzt, und nach einigen Minuten trat eiue ziemlich starke
alkalische Reaktion hervor.
Die Erklärung dieser Erscheinung ist einfach. Durch die ver-
längerte Dialysirung wurden das Na2S04 und andere Salze entfeint.
Dadurch war der Eiweisskörper niedergeschlagen, weil er in Wasser
unlöslich und nur in verdünnten Salzlösungen löslich ist, mit anderen
Worten, weil er zu den Globulinen gehört.
In anderen Versuchen wurde die Eiweisslösung nicht gegen
Brunnenwasser (das in Cambridge sehr schwach alkalisch reagirt),
sondern gegen ganz neutrales destillirtes Wasser dialysirt. Dieses
Verschwinden der Reaktion nach Wegdialysirung des Salzes und
ihr Wiederauftreten nach NaCl-Zusatz kann wiederholt beobachtet
werden. In einem weiteren Versuche war das durch Dialysirung nie-
dergeschlagene Globulin mit destillirtem Wasser ausgewaschen und
dann wieder in NaCl-Lösung gelöst, worauf von neuem seine alka-
lische Reaktion hervortrat.
Merkwürdig ist es, dass die Bläuung des Lackmuspapiers immer
nur sehr langsam stattfindet. Auf den ersten Blick scheint es, dass
eine solche Lösung neutral reagirt; nach einigen Minuten aber ist
eine schwache Biäuung wahrnehmar und nach ‘/4 Stunde zeigt sich
eine ziemlich intensive Blaufärbung. Meines Erachtens haben wir hier
einen Beweis dafür, dass es ein alkalisch reagirender Eiweisskörper
ist. Die auffallende Thatsache jedoch, dass die Blaufärbung des Lack-
muspapiers so langsam eintritt, kann durch die geringe Beweglich-
keit der grossen, schwer dialysirbaren Eiweissmoleküle erklärt werfen.
Wenn mau Lackmuspapier in Rattenserum bringt, so tritt so-
fort eine starke Bläuung ein. Diese Erscheinung muss der Gegen-
wart von alkalisch reagirenden Kohlensäuren Salzen zugeschrieben
werden., weil die alkalische Reaktion dieses Serums beim Dialysiren
gegen destillirtes Wasser vollständig verschwindet. Wenn man jetzt
etwas Kochsalz zusetzt und stark schüttelt, dann tritt sehr langsam
die Blaufärbung ein. Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass im
Rattenserum ein alkalisch reagirendes Globulin vorkommt.
Meine Versuche lassen daher folgende Schlüsse als wahrschein-
lich zu:
1) Aus Rattenmilz und Serum lässt sich ein basischer Körper
darstellen, der sich von allen bis jetzt bekannten Basen dadurch
unterscheidet, dass er in Alkohol uuq destillirtem Wasser unlöslich
ist und dass er nicht dialysirt.
2) Dieser basische Körper gehört zu den Eiweissarten, und zwar
zu den Globulinen.
3) Dieses Globulin besitzt eine bakterientödtende Wirkung; seiner
Gegenwart verdankt das Serum von Ratten seine Milzbrandbacillen
tödtende Kraft.
4) Wahrscheinlich ist die Immunität der Ratten gegen Milzbrand
und Diphtheritis durch das Vermögen des Rattenkörpers , diesen
Stoff zu erzeugen, mindestens tueilweise hervorgebracht.
Braun, Ueber Echinorhynchus polymorphus und filicollis.
575
5) Die bakterientödtende Eigenschaft dieses Körpers tritt nicht
nur ausserhalb, sondern auch innerhalb des Körpers der für Milz-
brand empfänglichen Thiere hervor. Es ist daher möglich, dass der
Ratten schützende Eiweisskörper als Heilmittel gegen Milzbrand ge-
braucht werden könnte.
Cambridge, 3. Februar 1891.
Ueber Echinorhynchus polymorphus und filicollis.
Von
31. Braun
in
Rostock.
Bei der Bestimmung der von mir im Rostocker zoologischen
Institut zusammengebrachten Helminthensammlung habe ich
Beobachtungen gemacht, welche es rechtfertigen, die bisher zu Echi-
norhynchus polymorphus Brems, gezogenen Echinorhyn-
chus filicollis Rud. wiederum als selbständige Art zu be-
trachten.
In seiner ,,Entozoorum sive vermium intestinalium historia na-
turalis“ (vol. II. p. I. pg. 283. Arastelod. 1809) beschreibt nämlich
Rudolphi unter dem Namen Echinorhynchus filicollis
einen Kratzer, der ihm aus dem Darm von Anas fuligula durch
Albers, von Anas sponsa durch Braun und vou Fulica
atra durch Nitzsch zugeschickt worden war; er selbst fand den
Wurm bei Fulica atra im Juli und bei Anas boschas fera
im September.
Die Lange der in Rede stehenden Art beträgt nach Rudolphi
4 — 1, seltener Zoll, die Dicke bis zwei Linien; die Färbung ist
weisslich. Bei mehr als 30 untersuchten Exemplaren war der Rüssel
niemals ausgestülpt, vielmehr erschien als vorderster Körpertheil
eine ein bis zwei Linien dicke, kuglige Blase (Bulla), an deren Scheitel-
flache eine kleine Erhöhung (punctum eminens) zu erkennen war.
Von dieser erstreckten sich zarte Linien über die durchscheinende
Bulla divergirend hin. Auf die Bulla folgte ein dünner, fadenförmiger
Hals, zwei bis drei Linien lang und mit gieichmässigen Kontuuren.
Der Körper selbst war ziemlich dick, an beiden Enden verjüngt, oft
wie abgestutzt und bald gedreht oder beiderseits zugespitzt.
Diese Echinorhynchen sassen im Darm der genannten Vögel
derart, dass der Hals tief in die Darmwandung eingesenkt war und die
Bulla, nur vom Peritoneum überzogen, auf der Aussenseite des Darmes
ein Knötchen bildete, so dass oft ein grosser Theil des Darmtractus
mit Höckern besetzt erschien. Wenn man einen solchen Höcker von
aussen öffnete, stiess man auf die Bulla, die mit dem zugehörigen
Halse leicht vom Körper des Kratzers abriss; ging man dagegen von
der Innenfläche des Darmes aus vor, so gelang es leicht, den Wurm
376
Brann,
intakt herauszuziehen ; man bemerkte dann einen kleinen Kanal in
der Darmwandung, in welchem der dünne Hals des Wurmes lag.
Die Berechtigung der von Rudolphi filicollis genannten
Art ist jedoch bald in Zweifel gezogen worden und zwar zuerst
durch Bremser, der (in Jassoy: Diss. inaug. de Echinorhyncho
polym. etc. Herbipoli 1820. 4°.c. una tab.) eine Reihe vor ihm als
besondere Arten beschriebener Kratzer zusammenzog und den Ech.
filicollis mit anderen Arten zu der neuen Spezies Ech. poly-
morphus vereinigte, weil er den verschiedenen Habitus dieser Formen
als durch Altersveränderungen bedingt erkannt haben wollte. Die diese
Veränderungen darstellende, der erwähnten Dissertation beigegebene
Tafel hat Bremser noch vor ihrer Publikation an R u d ol p h i mit-
getheilt., der jedoch höchstens seinen Echinorhynchus tere-
ticollis aus Fischen mit Ech. filicollis in Enten etc. zu ver-
einen geneigt ist (Entozoorum synopsis. Berol. 1819. p. 327).
Aehnliche Beobachtungen wie Bremser machte auch West-
rumb (de helminth. acauthocephalis Hannov. 1821. p. 33), und auch
er zog Ech. filicollis Rud. zu Ech. polymorphus Brems.
Die von ihm glücklicherweise gegebene Abbildung der Eier (Tab. III.
Fig. 14) wird, wie unten gezeigt wird, über die Art, welche West-
rum b Vorgelegen hat, sicher entscheiden lassen.
Unter dem Gewicht dieser durch zahlreiche Beobachtungen ge-
stützten Ausführungen verschwand daher Rudolphi’s Ech. fili-
collis aus den Katalogen und erscheint z. B. bei Diesing (Syst,
helminthum. Vindob. 1850. Tom. II. p. 49) nur unter den Synonymen
zu Ech. polymorphus.
So blieb die Sache, bis G. Wagen er (Zeitschr. f. wiss. Zool.
IX. 1858. p. 78) die Rudolphi’sche Art wieder aufnahm, die er
zusammen mit Echinorhynchus polymorphus „in grossen
Schaaren“ im Darm von Enten sowohl des Berliner Marktes wie
aus der Provinz Posen antraf. Dass Ech. filicollis Rud. von
Ech. polymorp hus Brems, verschieden ist, dafür führt Wagen er
die nicht unbeträchtliche Differenz in der Grösse und der Form der
reifen Eier sowie der in ihnen eingeschlossenen Embryonen an. Lei-
der hat aber Wagen er die Eier beider Arten verwechselt , wie ich
zeigen kaun , und so konnte es kommen, dass später R. G ree ff
(Arch. f. Naturgesch. Jahrg. XXX. Bd. I. Berlin 1864. p. 133 — 114)
über die Artfrage nicht ins Reine kam. G ree ff hatte nämlich
durch Verfütterung der in Gammarus pul ex lebenden Jugend-
form (Ech. miliaris) an Enten den echten Ech. polymorphus
Brems, erzogen ; die Eier dieser Art wichen aber beträchtlich von den-
jenigen Eiern ab, welche Wagen er als von Ech. polymorphus
herrührend bezeichnete, während sie den Eiern von Ech. filicol-
lis Wagener’s glichen.
Wegen der Differenz in den Eiformen hat dann wohl auch
v. Lin stow (Compend. d. Helrninthol. Har.nov. 1878. p. 154) den
Ech. filicollis Rud. neben Ech. polymorphus Brems, als
Parasiten der Hausente aufgenommen, bei den übrigen von Ru-
dolphi aufgezählten Wirthen aber nur die letztere Art.
Neuerdings hat O Hamann nicht nur die Eier und die Ent-
Ueber Echinorhynchus polymorphus und filicollis.
377
wickeluDg des Ech. polymorphus behandelt, sondern auch dessen
Haken genau beschrieben und abgebildet. (DieNemathelminthen. I. Heft.
Monogr. d. Acanthoceph. Januar 1891)
Ich selbst glaube nun beide in Rede stehenden Arten gefunden
zu haben, und zwar Echinorhy uchus polymorphus Brems,
im Darm von Anas clangula (Warnemünde. Januar 1888) und
Somateria molli^sima, der Eiderente, welche ebenfalls bei Warne-
münde im Dezember 1887 erlegt worden ist; Echinorhynchus
filicollis Rud. fand ich im Herbst 1889 und 1890 im Darm von
Hausenten, welche hierorts auf einem Teiche unserer Promenaden,
der sogenannten Dreiwallskuhle, während des ganzen Jahres gehalten
und gezüchtet werden. Die von Rudolph i gegebene Beschreibung
des Wurmes selbst sowie der Veränderungen, die er im Darm der
befallenen Thiere hervorruft, passen vollständig zu meinen Beobach-
tungen. Nun würde dies an und für sich nicht entscheidend sein,
wenn nicht greifbare Unterschiede gemeldet werden könnten.
Vor Allem ist hierbei auf die verschiedene Grösse und Form der
Eier beider Arten zu verweisen, wie sie uns zuerst Wagen er (1. c.)
gemeldet hat; die Eier von Ech. filicollis aus dem Darm der
Hausente sind, wie die der meisten Echinorhynchen, von drei
Schalen umgeben, von denen, wie gewöhnlich, die mittlere die dickste
ist. Die ihr anliegende äussere Schale ist dünn und hebt sich an
den beiden Polen des Eies von der dicken, mittleren Schale ab; die
Form ist langgestreckt elliptisch; der Längsdurchmesser des ganzen
Eies beträgt 0,062 — 0,070 mm, der Querdurchmesser 0,019 — 0,023 mm ;
die mittlere Eischale , welche abgerundetere Pole besitzt , als die
äussere, misst in der Länge 0,056—0,061 mm, in der Breite 0,019
bis 0,023, die Schalendicke selbst beträgt etwa 0,004 mm. An keiner
Stelle ist die mittlere Schale verdickt oder ausgebuchtet und namentlich
sind die Pole ganz konstant abgerundet. Diese Eiform entspricht der
Zeichnung, die Wagen er (1. c. Taf. VI. Fig. 13) von den Eiern
von Ech. polymorphus gibtl
Die Eier von Echinorhynchus polymorphus dagegen finde
ich, wie Greeff und Hamann sie schildern und abzeichnen;
die Gestalt ist spindel- oder wetzsteinförmig; die mittlere, dicke
Eischale ist an ihren Polen nicht einfach abgerundet , sondern
geht jederseits in einen ziemlich langen Fortsatz über (vergl. Arcb,
f. Naturgesch. XXX. 1864. Taf. II. Fig. 1, Hamann 1. c. Taf. I.
Fig. 21 und 31 und Wagen er 1. c. Fig. 16). Diese Eier sind fast
noch einmal so lang, wie die von Ech. filicollis, nämlich 0,1 10 mm,
und 0,019 mm breit; der Längsdurchmesser der mittleren Schale
beträgt 0,103 mm, ihre Dicke dagegen nur 0,0013 bis 0,002 mm;
jeder der beiden Verlängerungen an den Polen ist etwa
0,023 mm lang, so dass für die mittlere Partie der Schale etwa 0,064
mm an Länge bleiben. In diesen hohlen , dem oberen Tlieile eines
Kegels ähnlichen Verlängerungen trifft man gewöhnlich, wie es auch
Wagener zeichnet, einige Partikelchen von Schalensubstanz. Die
innerste, den Embryo umgebende Schale zeigt gewöhnlich ebenfalls
au ihren Polen einen, jedoch kleinen und zugespitzten Fortsatz.
Zu diesen recht beträchtlichen Unterschieden in der Form und
378
Braun,
Grösse der Eischalen kommen nicht minder beachtenswerte bei den
Embryonen selbst; die Körperoberfläche ist allerdings bei beiden von
einem Stachelkleide bedeckt, doch tragen die von Ech. polymor-
ph us an der Scheitelfläche einen doppelten, die von filicollis
einen einfachen Hakenkranz; auch bestehen Unterschiede in der
Hakenform bei beiden Arten !
Bei der so grossen Differenz in den Eiern und in den Em-
bryonen wird Niemand zweifeln können, dass zwei verschiedene Arten
vorliegen ; ich nenne in Uebereinstimmung mit H a m a n n und
Greeff die Art mit den spindelförmigen Eiern Ech. poiy-
morphus Brems, und die Art mit den elliptischen Eiern Ech
filicollis Rud., weil die von mir gesehenen Exemplare in Allem
den Angaben, welche Rudolphi über Ech. filicollis macht,
entsprechen. Dagegen nehme ich an, dass Wagen er beide Arten
mit einander verwechselt hat, und dass Westrumb, der ovale Eier
von Ech. polymorph us abbildet (1. c. Tab. III. Fig. 14), in Wirk-
lichkeit Ech. filicollis vor sich gehabt hat, wenigstens in dem
Exemplar, dessen Eier er darsteilt.
Beide Arten (Ech. po I y m o rph us und Ech. filicollis)
haben viele Beziehungen zu einander; sie gehören mit Ech. pro-
teus und sphaerocephalus jener Gruppe von Kratzern an, an
denen mit zunehmendem Alter Veränderungen auftreten, welche
Creplin (Ersch und Gruber’s Encykiopädie d. Wiss. u. Künste
1. Sekt. 32. Thl. 1838. Artikel Eingeweidewürmer, pg. 284) nach den
Beobachtungen von Bremser und W'estrumb dahin erläutert,
dass der Rüssel wie der theilweise mit Stacheln besetzte Körper
Haken und Stacheln verlieren, was ja unseren Erfahrungen auch bei
anderen Helminthen, z. B. Distomen, Tänien entspricht, und sich
dann in eine um Vieles grössere, glatte Kugel umbilden kann. Ferner
entsteht vielleicht auch bei einigen Arten am vordersten Ende des
Halses ein kugelförmiger Behälter, in den sich der Rüssel, der dann
nie seine Haken verliert, zurückzieben kann. Das letztere gilt für
den in Fischen lebenden Ech. proteus, bei dem ich au den hier
gefundenen Exemplaren, sowie an solchen, die von Creplin (aus
Greifswald) stammen, den Rüssel mit seinen Haken vor der kugligen
Auftreibung der Bulla leicht auffinden konnte. Der erste Fall —
völliger Verlust der Stacheln — soll bei Ech. sphaerocephalus
(aus Vögelu) eintreten, die Umwandlung des Rüssels selbst in eine
glatte Kugel bei Ech. polymorphus, der in seiner Jugend als
Ech. versicoior, im Alter als Ech. filicollis erscheint.
Nun ist es aber ein Irrthum, wenn angenommen wird , dass bei
Echinorhynchus filicollis die Haken des sicherlich auch hier
ursprünglich vorhandenen Rüssels verloren gehen; schon Rudolphi
erwähnt auf der Scheitelfläche der kugligen Bulla ein Punctum pro-
minens, von dem aus Streifen radiär über die Bulla sich hin er-
strecken. Diese Streifen sind nichts Anderes, als die Hakenreihen
des deformirten Rüssels! Ich zähle 18 solche Reihen, welche von dem
Centrum der Scheitelfläche der Bulla ausgehen, sich divergirend eine
Strecke weit über die Bulla fortsetzen und eine regelmässige Strahlen-
figur bilden. Jede Reihe führt 12, selten 13 Haken, so dass im
Ueber Eehinorhyncbus polymorph as und filcollis.
379
Ganzen etwa 216 Haken vorhanden sind. Die Haken bestehen aus
einer schmalen, stäbcheuförmigen Basalplatte, an deren vorderem
Ende sich eine krallenförmig gebogene, nach hinten gerichtete Spitze
erhebt. Die Basalplatte liegt in den Geweben des Rüssels resp. der
Bulla, die Spitze sieht über dieselben hervor; die hintersten Haken
sind kleiner uud weniger gebogen — doch ist der Uebergang ein
allmählicher. Ich finde die Basalplatte der vorderen Haken 0,023 mm
lang, die Spitzen 0,031 mm, wogegen die hinteren Haken nur 0,019 mm
lang sind. Andere Haken kommen auf der kugligen Bulla nicht vor;
somit erweist sich diese als der aufgetriebene Rüssel. Ihr folgt der
3—4 mm lange, kaum 0,5 mm dicke Hais, der fast nur aus längs-
verlaufenden Muskelfasern gebildet wird; seine Oberfläche besitzt
keine Haken oder Stacheln , sondern ist ganz glatt. Wohl aber
stehen auf dem vorderen Körperabschnitte, also hinter dem Halse,
wenige abgeflachte und gerade Stacheln , deren Zahl ich wegen der
grossen Undurchsichtigkeit des Körpers nicht angeben kann.
Im Echinorhynchus polymorphus findet Hamann
(1. c. pg. 100) die Haken zu je 8 in einer Reihe stehend und den
Endtheil (d. h. wohl den vorderen Theil) des Rüssels in 8 Reihen
besetzend; demnach sind hier nur 64 Haken am Rüssel, die aber
0,06 mm lang sind. Die Haken des vorderen Körpertheiles stehen
ebenfalls in 8 Reihen; ihre Länge beträgt 0,04 mm.
Nun erwähnt Hamann leider nicht, ob die von ihm beobach-
teten Thiere, deren Haken er schildert, Männchen oder Weibchen
waren , und inwieweit bei ihnen die Umwandlung des Kopfes vor-
geschritten war. Ich finde nämlich, dass nur die Weibchen des
Ech. fili colli s die eigenthümliche Bulla gebildet hatten, dass da-
gegen alle Männchen diese Umwandlung nicht zeigten; junge
Weibchen, die voraussichtlich sich im Rüssel wie die Männchen ver-
halten werden, habe ich nicht gefunden.
Die Männchen von Ech. filicollis, die bisher überhaupt
noch nicht beschrieben wurden, sind 7 — 8 mm lang, von weisser
Farbe und spindelförmiger Körpergestalt; man unterscheidet an ihnen
den 0,354 mm laugen und 0,0288 mm breiten Kopf, den darauf
folgenden, etwa 0,6 mm langen Hals und den eigentlichen Körper,
dessen vorderer, etwa 0,8 mm langer Abschnitt mit Stacheln besetzt
ist. Der Kopf ist umgekehrt bimförmig , sein grösster Querdurch-
messer liegt hinter dem Mittelpunkt der Längsachse. Auf ihm sind
in 18 Längsreihen die Haken angeordnet und zwar finden sich 11
bis 12 Haken in jeder solchen Reihe, so dass die Hakenzahl mit
derjenigen weiblicher Thiere fast vollständig stimmt; doch sind die
Haken und ihre Basalplatten etwas kräftiger uud gedrungener, als
bei den Weibchen und im Ganzen ein wenig grösser — im Uebrigen
ist dasselbe Verhalten zu registriren.
Der Hals ist hakenlos, in seiner Achse erkennt man leicht das
Receptaculum proboscidis, welches sich bei den W eibchen
so lang auszieht.
Der vordere Körperabschnitt trägt wieder Stacheln. Es sind
kurze, an der Spitze ein wenig gekrümmte Bildungen, deren ich 14
hinter einander am Körperrande zählen kann ; demnach dürften etwa
380
Gäbruog des HarDs. — Bakterien im Wasser.
14 Querreihen vorhanden sein; wieviel Längsreihen, kann ich nicht
angeben; ihre Länge beträgt nur 0,023 mm.
Wenn man schliesslich noch erwähnt, dass Ech. polymor-
ph us durchschnittlich kleiner zu bleiben scheint, als Ech. fili-
collis, und dass ersterer konstant orangeroth, letzterer in den
Weibchen gelblich weiss, in den Männchen weiss ist, so dürfte Alles
erschöpft sein, was sich zur Zeit zur Unterscheidung der beiden
Arten sagen lässt. Aufgabe weiterer Untersuchung wird es sein,
besonders auch den Zwischenwirth für Echinorhynchus fili-
collis zu suchen, was hierorts, wo der Parasit Jahr aus Jahr ein mit
seinen Trägern auf einem kleinen Wasserloche gezüchtet wird, nicht
allzu schwierig sein kann. Dagegen dürfte es von vornherein als
vergebliche Aufgabe bezeichnet werden, aus den älteren Angaben
diejenigen herauszusuchen, welche zu der einen resp. anderen Art
gehören; hierzu will ich nur noch erwähnen, dass unter den Vor-
räthen des hiesigen zoologischen Institutes sich ein Glas mit zwei
Ech inorhynchus filicollis Rud. befindet, die am 23. Juni 1842
im Darm von Anas tadorna gefunden wurden; leider fehlten An-
gaben über den Ort und den Sammler.
Rostock, 5. Februar 1891.
Referate.
Sestini, L. und Scstini, F. , Ueber die am mo niak alis che
Gährung der Harnsäure. (Landwirtschaftliche Versuchs-
stationen. ßd. XXXVIII. S. 157).
Wird Harnsäure, iu viel Wasser suspendirt (lg auf 1 Lit.), einige
ccm fauler Urin zugesetzt und bei 25° öfters Luft durch die Flüssigkeit
getrieben , so verschwindet nach 7 — 8 Tagen die Harnsäure unter
Bildung von Harnstoff, Kohlensäure und Ammoniak. Nach einigen
weiteren Tagen ist auch der Harnstoff in Kohlensäure und Ammoniak
gespalten. Das Endresultat kann durch folgende Gleichung inter-
pretirt werden:
C5H4N403 + 8H,0 + 30 = 4NH3 + 5C0S -f 4H20
Harnsäure.
Von den vorhandenen Gährungsorganismen wurden Bacillus
ureae und Bacillus fluorescens identifizirt. Die durch sie
hervorgerufene Harnsäuregährung ist zugleich Oxydations- und Spal-
tungsgährung. Loew (München).
Celli e Scala, Süll’ acqua delTevere. Studio dal punto di
vista dell’ Igiene. Roma 1890.
Diese Arbeit ist für den Hygieniker wichtig. Namentlich finden
sich auch interessante historische Daten darin. Das Endresultat
lautet, dass chemisch und bakteriologisch betrachtet, das Wasser der
Bakterie!) uud Wasser.
381
Tiber bei Rom reiner ist, als das der Spree bei Berlin und der Seine
bei Paris, obwohl alles Kanalwasser innerhalb der Stadt in den Strom
fliesst. Die Erklärung dafür ergibt sich aus der geringeren Ein-
wohnerzahl Roms (400,000 Seelen) uud der grösseren Wassermasse
des Tiber. Was die Selbstreinigung des Stroms anbetrifft, so wollen
die Verff. der Decantation keine Rolle zugestehen.
W. Kruse (Neapel).
Tils, Bakteriologische Untersuchung der Freiburger
Leitungswässer. [Aus dem hygienischen Institut der Univer-
sität Freiburg i. B ] (Zeitschrift für Hygiene. Band IX. Heft 2.)
Verf. hat die Leitungswässer von Freiburg, woselbst drei ver-
schiedene Wasserleitungen in Benutzung sind, bakteriologisch unter-
sucht. Im Ganzen konnte er 59 verschiedene Spaltpilzsorten aus
diesen drei Leitungen isoliren uud unter diesen vier, welche sich als
bis jetzt unbekannt herausstellten. [Die letzteren sind im Folgenden
durch fetten Druck markirt. Ref.]
Der Bakteriengehalt des Wassers war im Sommer höher, als im
Winter; besonders während der Gewittermonate waren die Schwan-
kungen grösser und plötzlicher, als in der kälteren Jahreszeit.
Am häufigsten wurden in allen Leitungen gefunden: Micro -
coccuscandicans, M. versicolor, der weisse Streptococcus,
der weisse, der gasbildende, der verflüssigende Bacillus, der Wurzel-
bacillus, B. fluorescens liquefacie ns, B. pyocyaneus,
B. fluorescens putidus. Seltener fanden sich: Micrococ-
cus candidus, M. aurantiacus, M. Iuteus, M. cereus
albus, M. ureae, M. flavus liquefaciens, M. flavus de-
sidens, Diplococcus Iuteus, wurmförmiger Streptococcus,
Sarciua lutea, Bacterium luteum, Bacillus vermicu-
laris, Proteus vulgaris, Proteus mirabilis, Proteus
Zenkeri, rother Wasserbacillus, blaugrün fluorescireuder Ba-
cillus, Bacillus pyocyaneus ß, B. viridis pallesceus,
B. arborescens, B. uubilus, B. janthinus, B. Iuteus, B.
subtilis, B. tremelloides, B. cuticularis , B. filiforinis,
verflüssigender brauner Bacillus, weisser Bacillus Maschek,
B. mesentericus fuscus, B. mesentericus vulgatus,
B. liodermos, Kartotfelbacillus , citronengelber Bacillus , gold-
gelber Bacillus.
Selten und vereinzelt kamen vor: Cremefarbiger Micrococcus,
M. fervitosus, Bac. acidi lactici, B. Megaterium, B.
prodigiosus, B. ureae, B. muscoides, fleischfarbiger
Bacillus, Perlschnurbaciilus, Micrococcus aerogenes, Sta-
phylococcus pyogeues aureus, B. putrificus coli, B.
saprogenes II, Bacterium graveoleus.
Anaerobe Mikroorganismen wurden nicht vorgefunden.
Verf. kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu folgenden Re-
sultaten :
1) Je nach Anlage einer Wasserleitung ist der Spaltpilzgehalt des
Wassers wesentlichen Schwankungen unterworfen, und zwar um so
IX. Ltd. 25
382 Bakt. u. Wasser. — Keuchhusten. — Dysenter. Leberabscesse. — Typhus.
grösseren, je mehr die Leitung dem Wechsel der Lufttemperatur aus-
gesetzt ist.
2) Auch in den besten Leitungswässern fiudeu sich ständig
Spaltpilze, deren verschiedene Arten noch nicht hinlänglich genau
bekannt sind, um eine vollständige systematische Zusammenstellung
derselben zu geben. Auf Grund der hier angestellten Untersuchungen
konnten zu den bekannten Arten vier neue, nämlich: Bacillus tre-
melloi'des, Bacillus cuticularis, fleischfarbiger Bacillus,
Bacillus filiformis hinzugefügt werden.
3) Ausser den bisher im Wasser nachgewiesenen pathogenen
Mikroorganismen kommen auch noch andere gesundheitsschädliche in
demselben vor. So wurde in einer der untersuchten Leitungen
mehrfach der Staphylococcus pyogenes aureus gefunden.
Dittrich (Prag).
Haushalter, P., Trois cas d’infection par le Staphylo -
coque dord dans le cours de la coqueluche. ( Archive«
de m6d. experimentale et d’anatomie pathologique. 1890. No. 5.)
Verf. fand im Blute mehrerer an Keuchhusten erkrankter Kin-
der, bei denen sich sekundär eine Bronchopneumonie entwickelt hatte,
den Staphylococcus pyogenes aureus und hält sowohl die
Allgemeininfektion als auch die Bronchopneumonie für durch
diesen Mikroorganismus bedingt.
Mit Rücksicht auf die klinischen Erscheinungen spricht sich
Verf. dahin aus, dass die Bronchopneumonie früher aufgetreten war,
als die Allgemeininfektion , welch letztere erst durch die Broncho-
pneumonie bedingt war. Dittrich (Prag).
Veillou et Jayle, Prßsence du Bacterium coli commune
dans un sbsces dysent6rique du foie. (La Semaine raed.
1891. No. 2.)
Bei einem Kranken mit einem dysenterischen Leberabscess hatte
die erste von N etter angestellte Untersuchung die Abwesenheit eines
jeden Bakteriums ergeben. Einen Monat später fanden die Vertf. in
dem Absoesseiter einen Mikroorganismus in Reinkultur, der alle bio-
logischen und morphologischen Eigenschaften des Bacterium coli
commune hatte. Sie fassen denselben jedoch nicht als Erreger der
Eiterung auf, sondern nehmen an, dass er nachträglich durch die
erkrankte Darmwand in den Abscess eingewandert sei, dessen Hei-
lung er allerdings verzögert habe. (Soc. de Biol. 10./I. 1891.)
M. Kirchner (Hannover).
Dionis des Carrieres, Des relations de la fievre typhoide
avec le bacille d’ Eberth et avec les variations
du niveau de la nappe d’eau souterraine. (La Semaine
mdd. XI. 1891. No. 6.)
Auf einem Hof in Auxerre herrschte seit 9 Jahren Typhus en-
demisch. Etwa die Hälfte der Bewohner des Hofes wurden während
dieser Zeit von der Krankheit betroffen: von 21 Männern 10, von
denen 3 starben ; von 13 Frauen 6, von denen keine starb. Die bak-
teriologische Untersuchung des Wassers aus dem Brunnen, aus dem
Typhus. — Rotz. — Epithelkrebse.
383
die Bewohner des Hofes ihr Trinkwasser entnahmen, ergab die An-
wesenheit von Typhusbacillen in ziemlich beträchtlicher Anzahl. D.
hebt hervor, dass die Typhusfälle jedesmal mit reichlichen Nieder-
schlägen zusammentrafen, durch welche das Niveau des Brunnens
stieg. Uns ist diese Beobachtung noch deswegen interessant, weil
sie dem bekannten Buhl-Pettenkofer ’schen Gesetz von der Be-
ziehung des fallenden Grundwassers zur Zunahme der Typhussterb-
lichkeit widerspricht. (Soc. m6d. des hopitaux. 31/1. 1891.)
M. Kirchner (Hannover).
Arrufat, E., Un caso demuermoComprobacion bacterio-
lögica. (Crönica mödico-quirurgica de la Habana. 1890. Juni.)
Ein 28jähriger Wagenaustreicher erkrankt am 8. April d. J. an
Eieber, von dem ihn einige Gaben Chinin und Antipyrin scheinbar
heilen; am 13. April stellt sich das Fieber wieder heftiger ein(T. 41°.
P. 120) und Verf. bemerkt unter anderm rothe Flecken auf dem
Rumpfe und den Gliedmassen, eine grosse gelblichweisse Eiterblase
auf dem linken Vorderarm und verschiedene kleinere an der Vorder-
und Rückseite des Rumpfes, sowie bedeutende Anschwellung der
Leisten- und Halsdrüsen. Eine Rotzansteckung vermuthend, zieht
er E. Pia, der kürzlich mehrere Fälle von akutem Rotz beob-
achtet hatte, hinzu und beide entnehmen der grossen Pustel am
14. Morgens das nöthige Untersuchungsmaterial , in dem sie mit
einem Zeiss’schen Apochromaten die charakteristischen Stäbchen in
grosser Menge entdecken. Einem Hunde in die Stirn eiugeimpft,
bringt der Eiter am 5. Tage die charakteristische Verschwärung zu
Stande. Nach zahlreicher Vermehrung der Pusteln und Flecken
starb der Kranke am 18. April. Als Quelle der Ansteckung konnte
nur berausgefuuden werdeu, dass der Mann sich mit dem Wasser aus
dem Stalle der Pferde der Omnibusgesellschaft, für die er arbeitete,
zu waschen pflegte und sich in der Tränke dieser Pferde badete, unter
denen einige mit Rotz behaftet gefunden wurden. Auch soll der
Mann vor einiger Zeit von einem Pferde angeniest worden sein. Verf.
glaubt in diesem Falle eine Bestätigung der Versuche von Babes
über das Eindringen des Bacillus mal lei durch die unversehrte
Haut zu sehen. Sentinon (Barcelona).
Vincent, Sur la prßsence d’61ements semblables aux
p so r osper m ies dans l’dpithelioma pavimenteux. (An-
nales de micrographie. Tome II 1890. No. 10 — 11.)
Verf. hat in Plattenepithelkrebsen verschiedenen Ursprungs oft
Dinge gefunden, die er, wie schon verschiedene Autoren vor ihm
— ohne Discussion — als Psorospermicn anspricht. [Genauere An-
gaben über die Häufigkeit resp. Konstanz des Befundes werden ver-
misst.] Die betreffenden Körper, die etwa so gross sind, wie die
Zellen der M a 1 p i g h i ’schen Schicht, sind von einer ,.je nach dem
Alter der Parasiten“ bald dünneren, bald dickeren, stark licht-
brechenden Membran umgeben. Das Protoplasma ist selten homogen,
meist körnig und enthält öfters grosse Pigmentkörner.
25*
384
Epithelkreb&e. — Cysticercus.
Der Kern, der auch fehlen oder doppelt vertreten sein kann, hat
verschiedene Formen und ist manchmal aus einer Anzahl runder
Stücke zusammengesetzt.
Ab und zu finden sich mehrere dieser Körper in derselben
Membran eiugeschlossen; ihre Form ist rundlich oder durch Kom-
pressiou modifizirt.
Die Cysten liegen in einer Epithelialzelle, deren Kern auf die
Seite gedrängt erscheint; sie finden sich im Centrum der Läppchen
und Zapfen des Epithelialkrebses, einzeln oder gehäuft.
Die Färbung dieser Körper gelingt nur schwer, am besten hat
sich folgendes Verfahren bewährt. Die sehr dünnen Schnitte werden
flüchtig mit Ammoniak behandelt, in Wasser abgewaschen, 5 Minuten
lang in einer konzentrirteu alkoholischen Safrauinlösung gelassen, mit
1 °/0iger Essigsäure partiell entfärbt, wieder in Wasser ausgewaschen
und schliesslich in Alkohol so lange entfärbt, bis sie einen rosigen
Thon angenommen haben. Einschluss in Oel und Balsam. Die Pso-
rospermien heben sich lebhaft roth gefärbt von der gelben oder vio-
letten Epithelzelle ab. Zwischen beiden ist oft ein heller Zwischen-
raum entstanden durch die Einwirkung der Reagentien auf den „Para-
siten“. Einige der Körper sind — wegeu der Dicke der Membran
— ungefärbt geblieben.
Von einer Sporenbildung scheint Verf. bei seinen „Psorospermien“
nichts gesehen zu haben.
Kulturversuche blieben resultatlos. W. Kruse (Neapel).
Blessig, E., Z u r Kasuistik der subkonjunktivalen Cysti-
cerken. [Aus der St. Petersburger Augenheilanstalt. J (St. Peters-
burger medicinische Wochenschrift. 1890. No. 40.)
Verf berichtet über einen subkonjunktivalen Cysticercus bei
einer 23jährigen Frauensperson, welcher eiue erbsengrosse, ovoide,
sehr pralle Cyste darstellte, deren Wand 1 — 2 mm dick, sehr derb
und innen glatt war. Di tt rieh (Prag).
Schleich, Cf., Ein Fall von Cysticercus cellulosae sub-
retinalis nebst Bemerkungen über das Vorkommen
des Cysticercus cellulosae im Auge und seinen Ne-
benorganen in Württemberg. (Medicinisches Korrespon-
denzblatt des Württembergischen ärztlichen Landesvereins. 1890.
No. 22.)
Aus dieser Mittheilung eines Falles von Cysticercus cellu-
losae subretinalis sei nur die Angabe des Autors hervorge-
hoben, dass bei Württembergern bisher im Ganzen nur vier Fälle von
Cysticercus im Auge und zwei Fälle von Cysticercus sub-
conjunctivalis beobachtet worden sind. Verf. nimmt Anlass, zu
einer Ermittelung der Gründe der wechselnden Verbreitung de3
Cysticercus im Auge und seinen Adnexen und des Vorkommens
des Cysticercus cellulosae überhaupt und damit auch der
Taenia solium anzuregen. Dittrich (Prag).
Cestoden Norwegens. — Entozoen im Seefisch.
385
Lönnberg, E., Helm in tholo gi scli e Beobachtungen von
der "Westküste Norwegens. Theil I. Cestoden. (Bi-
hang tili K. svenska Vet.-Akad. Handlingar. Bd. XVI. Afd. IV.
No. 5. p. 1-47.) 8°. Stockholm 1890.
Verf. untersuchte im Juli und August 1889 in der Gegend von
Bergen 281 Seevögel und 352 Fische in Bezug auf Helminthen
und später bei Stavanger und Jäderen wiederum 240 Vögel.
Bei den Vögeln wurden 22 Arten von Cestoden gefunden,
meist hakentragende Tänien, welche bereits früher bekannt waren;
aber für mehrere derselben werden neue Wirthe angegeben, wie auch
sonst bemerkenswerthe Einzelheiten bezüglich derselben mitgetheilt
werden. Die bei den T ri n g a- Arten häufig vorkommende Taeni a
brachyph allos Kr. hält Verf. nur für eine Abart der T. filum.
Von Tänien mit unbewaffnetem Rostellum werden zwei neue Arten
beschrieben :T. erostris von Larus marinus,fuscus, argen-
tatus, canus, Sterna hirundo und arctiea, und T. tetra-
bothrioi d e s von Tringa alpin a. Vom Genus Ophryoco-
tyle Fries fand Verf. eine neue Art, 0. insignis, im Haema-
topus ostrilegus.
In den Fischen wurden 10 schon früher bekannte Arten gefunden,
zu den Familien Phyl lobothridae, Phyllacanthidae, Phyl-
lorhynchidae, Bothriocephalidae gehörig ; ausserdem G y -
rocotyle ürna und drei Arten von Cestoden in geschlechtslosem
Zustande. Es werden über dieselben spezielle Notizen mitgetheilt.
H. Krabbe (Kopenhagen).
Linton, Edw., Notes on Entozoa of marine fishes of
New-England with descriptions of several new spe-
cies. (Un. St. corum. of fish and fisheries. Part. XIV. Report
of the comm. for 1886. Washington 1889. p. 453 — 498. With 6pl.)
Die Untersuchungen wurden in den Sommern 1884 und 1885 in
der Station der U. St. Fishcommission zu Wood’s Holl, Mass., an
den häufigeren Fischarten angestellt. Cestoden im erwachsenen Zu-
stande fanden sich in sehr grosser Zahl bei allen untersuchten Se-
lachiern, eingekapselte Stadien vorzugsweise bei den Knochenfischen,
besonders in der Submucosa des Darmkanales, doch auch in Peritoneum,
Leber, Milz, Geschlechtsdrüsen etc. Bei einigen Arten (Pomatom us
saltatrix, Cynoscion regale, Roccus lineatus etc.) war die
Darmwandung ganz mit Cysten von Rhynchobothrium durch-
setzt. In der Gallenblase von Cynoscion regale fanden sich
Hunderte von larvalen Tetrabothrien. Nematoden wurden auch ziemlich
häufig gefunden, seltner Trematoden. Die einzigen Fische, die relativ
frei von Parasiten waren, sind Prionotus und Acipenser sturio.
Im Text werden folgende Arten näher beschrieben :
1) Dibothrium man ubriforme n. sp. Darm von T e tra-
pturn s albiduß.
2) D. aluterae n. sp. Darm von Alutera Schoepfii.
3) Echeneibothrium varia bile v. Ben. Enddarm von Raja
erinacea.
386
Eutozoen vou Seefisclieu. — Isaria. — PflaozeDkraokheiteu.
4) Spongiobothrium variabile n. gen. n. sp. aus dem Darm
von Trygon centrur a; GesehlechtsöfFnungen marginal, Scolex ohne
Haken, ohne Saugnäpfe, mit vier gestielten Bothndien , deren freier
Rand von einer quergerippten Falte besetzt ist; zwischen Echenei-
bothrium und Phyllobothrium stehend.
5) Phyllobothrium thysanocephalum d. sp. Darm von
Galeocerdo tigrinus.
6) Orygmatobothrium angustum n. sp. Darm von Car*
charias obscurus.
7) C r o s s o b o thr i u in laoiniatuin n. gen. n. sp. Aus dem
Darm von Odontaspis littoralis; Geschlechtsöffuungen marginal;
vier gestielte, unbewaffnete Bothridien, jedes mit einem Hiiifsacetabulum
am vordem Rande; Hals fehlt.
8) Phoreiobothrium lasium n. gen. n. sp. aus dem Darm
von Carcharias obscurus Geschlei htsoffnungen marginal; kleine
Haken am Hals und auch am Körper; Scolex mit vier grossen, ganz-
randigen, dem Kopf parallel aufliegenden Sauggruben, die am Vorder-
rande mit Zusammengesetzen Haken und einem Hüifssaugnapf bewehrt sind.
9) Calliobothrium verticillatum Rud. aus dem Darm von
Mustelus canis.
10) Rhynohobothrium bisuloatum n. sp. im Darm von
Carcharias obscurus, encystirt in der Submucosa des Magens und
im Peritoneum beiCynoscion regale und Pomatomus saltatrix.
11) Rh. tenuicoile Rud. Darm von Mustelus canis.
12) Taenia dilatata n. sp. aus dem Darm vom Aal.
13) Echinorhyuchus agilis Rud. aus dem Darm vom Aal
und von Carcharias obscurus.
14) Ech. acus Rud. Darm von P s e u d o p 1 e ur o n ec te s ameri-
c a u u 6.
15) Ech. sagittifer n. sp. Darm von Paralichthys den-
tatus, Cynoscion regale uud Pomatomus saltatrix.
16) Ech, proteus Westr. Darm von Roccus lineatu s.
M. Braun (Rostock).
Mac Milia« , Conway, Note on a Minnesota species of
Isaria aud an attendant Paehybasium. (Journ. of Myco-
logy. Washington. Vol. VI. No. II. p. 75 — 76.)
Verf. fand auf der Puppe von Orgyia leucostigma eine
Isaria, die er vorläufig zu IsariaSphingum Schw., der Conidien-
form von Cordyceps Sphingunt Tul., stellt. In Nährgelatine
zog er, nachdem er Conidienhäufchen von den Puppen in dieselbe
gebracht, in eiuetn Falle ein Macrosporium, in einem anderen
Piptocephalis — deren Sporen mit den Conidien der Isaria in
die Kultur gekommen waren — , regelmässig aber ein Pachyba-
sium, vielleicht Paehybasium hamatum (Bon.) Sacc. , das er
daher als in den Entwickeluugskreis der Isaria gehörig betrachtet.
Ludwig (Greiz).
Farlow, W. G. and Seymour,
d e x of thefungi of the
mopetalae — Apetalae.
A. B,s A provisional host-in-
United States. Part. II. Ga-
Cambridge 1890.
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, EntwickelungshemmuDg etc. 387
Die Fortsetzung des Verzeichnisses der amerikanischen Pilz-
parasiten nach Wirthspflanzen geordnet, erstreckt sich auf die Ga-
mopetalen und Apetalen. Wie umfangreich das Verzeichniss ist,
beweist z. B. die Liste der Eichenpilze, die allein 22 Spalten
(über 500 Arten) umfasst. Ludwig (Greiz).
Anderson and Kelsey, Erysipheae upon Phytoptus dis-
tortions. (The Journal of Mycology. Vol. V. p. 209 u. 210.)
Nach den Beobachtungen der Verff. zeigen auf verschiedenen
Wirthspflanzen die Erysipheen bei gleichzeitiger Anwesenheit anima-
lischer Parasiten eine kräftigere Entwickelung.
Zimmer mann (Tübingen).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Houston, Francis T. and Tischborno, Charles R,, A non-poi-
s o n o u s , non-irritative, antiseptic d r e s s i n g. (Brit.
Med. Journ. No. 1558. 1890. p. 1063.)
Nach den Erfahrungen der Verfl. besitzt ein mit Zinksulfid im-
prägnirter Verbandstoff in hohem Maasse die im Titel angeführten
Eigenschaften. Die Anfertigung ist einfach. Der Verbandstoff wird
behufs Reinigung und Sterilisirung vorerst in Wasser gekocht un i
daun mit einer heissen Lösung übergossen, welche aus gleiche:.
Theilen Zinksulfat and Natriumsulfid besteht. Nach gründlicher
Durchmischung überlässt man das Ganze einer 12stündigen Ruhe.
Das sich ausscheidende, im Wasser kaum lösliche Zinksulfid wird
während dieser Zeit in mikroskopisch kieinen Krystallen auf die
Gewebsfaser deponirt. Hierauf wird der Verbandstoff noch zweimal
mit Wasser behandelt, um das in Lösung gebliebene Natriumsulfat
gänzlich zu entfernen, und schliesslich getrocknet. Die antiseptische
Wirkung des Zinksulfids beruht auf der Eigenschaft, sich im feuchten
Zustande langsam zu oxydiren, während es sich im trockenen Zu-
stande nicht zersetzt. Demzufolge können solche Verbaudstoffe eine
lauge Zeit aufbewahrt werden, ohne au Wirksamkeit zu verlieren.
K r ä 1 (Prag).
JasinskI, R., Py oktan in in der Chirurgie. (Gazeta lekarska.
1890. No. 39.) [Polnisch.]
In seinem Bericht über die Erfolge der Anwendung des Pyokta-
nins in der chirurgischen Praxis beschreibt Verf. folgende von ihm
ausgeführte bakteriologische Versuche mit dem Merk’schen blauen
Pyokianin.
Er tauchte kleine Bröckel aus einem frisch inzidirten Abscesse auf
5 Minuten in 1 °/0o und 2°/'o0 Pyoktaninlösung, spülte sie daun in
338 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Kniwickelungshominnng etc.
sterilisirtem Wasser aus und impfte auf F.P.A. und F.P.G. Es ent-
wickelten sich in keinem Probirglase Bakterien, während Kontroll-
kulturen aus dem Inhalte desselben Abscesses schöne Kulturen von
Staphylococcus pyogenes albus gaben. In einigen Probir-
gläsern bemerkte Verf. Schimmelvegetation.
Diese Beobachtung bewog ihn, die Wirkung des Pyoktanins auf
Schimmelpilze zu untersuchen.
Zu diesem Zwecke nahm er Reinkulturen von Mucor sp. auf
F.P.A. und Pcnicillium sp. auf F.P.A. und F.P.G. und begoss sie
mit grossen Quantitäten des blauen Pyoktanins (Lösungen 1 und 2 °/ö0).
Nach drei Tagen übertrug er die in dieser Weise behandelten
Pilze auf reine F.P.G. und erhielt üppige Schimmelvegetation.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte, dass die Sporen und
Fäden den Anilinfarbstoff aufnehmen: sie waren ziemlich stark blau
gefärbt.
Ausserdem liess Verf. Pyoktaninlösungen in offenen Gefässen
24 Stunden im Laboratorium stehen und impfte mit Proben dieser
Lösungen F.P.G. — in allen Probirgläsern entwickelten sich Schimmel-
pilze. St ei n h au s (Warschau).
Oalezowski, De la pyoct an ine et de la benzo-ph6no-
n6ide. (La Semaine med. X. 1890. No. 58.)
Die chemische Zusammensetzung des Pyoktanins ist nicht be-
kannt, doch gelang es G. im Verein mit Petit, durch Zersetzung
der Anilinfarbe einen Körper darzustellen, dessen Eigenschaften mit
denen des Pyoktanins absolut identisch sind. Es ist ein Tetramethvl-
diamidobenzophenoid, das G. einfach Benzophenoneid zu nennen vor-
schlägt, es löst sich in Wasser im Verhältniss von 1 : 100. Diese
Lösung ist weder ätzend, noch reizend und besitzt ausserdem sehr
ausgesprochene desirifizirende Eigenschaften. G. fand sie sehr wirk-
sam bei Hornhautaffektion verschiedener Art. (Soc. de Bioi. 27. 12.
1890.) M. Kirchner (Hannover).
Carl, A>, üeber die Anwendung der Anilinfarbstoffe
als Antiseptika. (Fortschr. d. Med. VIII. 1890. No. 10.)
Die bekannte Schrift J. Stilling’s, in der derselbe eine be-
geisterte Schilderung der antiseptischen Wirkungen gewisser Anilin-
farbstoffe, besonders des Methylvioletts, entwirft, veranlasst den Verf.,
eigene Beobachtungen über diesen Gegenstand raitzutheilen , welche
freilich genau entgegengesetzt lauten. Nach seinen Erfahrungen muss
Schleimhauterkrankungen gegenüber dem Methylviolett ein die Hei-
lung begünstigender Einfluss durchaus abgesprochen werden. Leichte
Fälle von Bindehautentzündung und dergl. verliefen mit Methyl-
violett nicht anders wie bei einfacher Reinhaltung. Schwere Formen,
intensive Katarrhe konnten durch den Farbstoff nicht in irgend er-
kennbarer Weise beeinflusst werden. Bei Hornhautentzündungen
konnte niemals die von Still in g gerühmte „coupirende“ Wirkung
beobachtet werden. In einem Fall von Ulcus corneae serpens
ist aber nach Ansicht des Verf.’s die Methylviolettlösung Ursache des
ungünstigen Ausganges, Einschmelzung der Cornea, gewesen. Bak-
Schutzimpfang, künstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc. 389
teriologische Untersuchungen hat Verf. allerdings nicht gemacht, was
gegenüber den sehr ungenügenden Stilli ng’schen recht wünschens-
wert gewesen wäre. M. Kirchner (Hannover).
Lehrnbecher, Zur Behandlung des Gesichtsrothlaufs.
(Münch, med. Wochenschr. 1890. No. 37.)
Verf. gibt seiner Verwunderung Ausdruck, dass trotz der gegen-
wärtig allgemein gültigen Ansicht von der Entstehung jedes Erysipels
durch örtliche Infektion die lokale Behandlung der von Nasen-
katarrhen ausgehenden Gesichtsrose vielfach vernachlässigt wird. Er
empfiehlt, in geeigneten Fällen die Nasenhöhlen mit 3 °/0 Borsäure-
lösung mehrfach gründlich auszuspülen und später mit Borvaseline-
tampons zu behandeln. Eine grosse Reihe von Fällen , welche der
Verf. dieser Therapie unterzog, gab ihm Gelegenheit zu beobachten,
dass hierbei oft bedeutende Mengen eitrigen Nasensekrets heraus-
gespült wurden, während die Krankheit stets günstig verlief.
K übler (Oldenburg).
Frßmbling, Wie ist den Schädigungen desAgaricus mel-
leus vorzubeugen? (Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen.
1890. Heft 8. p. 469-464.)
Verf. beschreibt die Schädigungen des Agaricus melleus
in einem Reviere, in welchem Buchenbestände in Nadelholz (Fichte)
übergeführt werden sollten. Das in den Buchenstumpfen wuchernde
Mycel des Pilzes befiel auch die jungen Fichtenpfiänzchen und zwar
erst nach 4 Jahren. Die Schädigungen dauerten dann 6—8 Jahre
und erloschen allmählich, dabei ca. 30°/o der Pflanzen vernichtend.
Verf. glaubt nun, dass der Pilz bei einem gewissen Fäulnissgrad
der BucheDstöcke seine besten Ernährungsverhältnisse findet, dass er
aber, wenn ein bestimmtes Stadium des Zersetzungsprozesses über-
schritten ist, allmählich verschwindet. Daraus werden nun in wald-
baulicher Hinsicht Schlüsse zur Verminderung des Uebels gezogen:
Der Umfang der Schädigung steht mit der Menge der den Pilz be-
herbergenden Buchenstöcke im Verhältniss. Vermeidet man daher
die Kahlhiebe und die darauffolgende Anpflanzung der abgetriebenen
Flächen mit Fichten, führt dagegen zunächst Lichtungshiebe aus,
haut z. B. | des Buchenbestandes heraus und schiebt die Pflanzung
bis zu der Zeit hinaus, in welcher die Stöcke und Wurzeln der
herausgenommenen Stämme den das Wachsthum des Pilzes begün-
stigenden Fäulnissgrad überschritten haben, so ist die Gefahr um -f
verringert, der Verlust nur noch des früheren (statt 30% nur
10%). Als geeignetste Kulturmethoda hierfür wird nicht die
Pflanzung, sondern die Saat der Fichten empfohlen, weil der Pilz
sehr häufig die Pflanzen nur vereinzelt tödtet und eine dichte Saat
einen Eingang von 10% und mehr schon ertragen kann.
Br ick (Karlsruhe).
390 Bakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4, — 9. August 1890=
(Fortsetzung.)
Aus den Abtheiiungs - Sitzungen.
XI. Abtheüung: Ohrenheilkunde.
Discussion:
Herr Gradenigo (Turin) hat im Vereine mit Bordoni-Uffreduzzi
und Fenzo das Sekret hei der akuten und chronischen Mittelohr-
entzündung bakteriologisch untersucht. Sowohl bei den gemeinen
Formen der akuten Otitis media als auch bei jenen durch Iufluenza
verursachten wurden immer dieselben Mikroorganismen gefunden.
Bei den 10 untersuchten Fällen war der Diplo-Streptococcus
(Diplococcus pne umoniaeFraenkel-Weichselbaura) ömal
in Reinkultur vorhanden; der Diplo-Streptococcus und der
Staphylococ cu s albus und aureus in 1 Falle; der Staphy-
lococcus pyogenes albus in 2 Fällen; der Staphylococcus
pyogenes albus mit dem aureus in einem Falle.
Der reingezüchtete Diplo-Streptococcus besass alle charak-
teristischen Eigenschaften des Diplococcus lanceolatus cap-
su latus im abgeschwächten Zustande und wuchs überdies nicht
oder kaum in flüssigem oder auf schräg erstarrtem Kälberblutserum.
Er entwickelte sich auf Agar in Kettenform und im Blute der ge-
impfteu Thiere als mit Kapsel versehener Diplococcus, was bei den
anderen bisher bekannten Streptokokken nicht der Fall ist. Die
Agarkulturen verlieren ihre Lebensfähigkeit schon nach 2—3 Tagen,
selbst wenn sie unter den günstigsten Entwickelungsbedingungen ge-
halten werden.
Diese Eigenthümlichkeit des sich im abgeschwächten Zustande
befindlichen F r a e n k e l’schen Diplococcus könnte vielleicht zur Er-
klärung der verschiedenen Resultate dienen, welche bei der bakterio-
logischen Untersuchung der Influenza und ihrer Komplikationen er-
halten wurden, bei welcher Einige dem F r a e n k el ’sclien Diplo-
coccus und Andere wieder einen Streptococcus fanden.
Bei den chronischen eiterigen Mittelohrentzündungen waren
gleichzeitig neben den Eiterkokken auch zahlreiche saprophytische
Formen vorhanden, darunter der Hause r’sche Proteus vulgaris.
Durch Kulturversuche konnte festgestellt werden, dass bei den eiterigen
Mittelohrentzündungen häufige Waschungen mit | und l°/00 Subli-
matlßsung die Anzahl der Mikroorganismen im Sekrete ausserordent-
lich vermindern, wodurch die Wirksamkeit der Sublimatbehandlung
bewiesen wurde.
Herr Politzer (Wien). Beim Katheterismus können trotz in-
takten Trommelfells Schleimmassen vom Nasenrachenräume iu die
Baktenol. vom X. internationalen tnedicinischcn Kongresse zu Berlin. 391
Trommelhöhle getrieben werden und auf diese Weise InfektioasstoSs
in das Cavum tympani gelangen, nicht aber bei dem V a 1 s av a l’scben
Versuche und dem Pölitz er’schea Verfahren. Hier findet mehr eine
Luftverdichtung im Cavum tympani statt, die Luftmasse kann nur
um so viel vorrücken, als das Trommelfell nach aussen gewölbt wird.
Herr OrubcF (Wien) wendet sich entschieden gegen die Ansicht,
dass durch den V a 1 s a 1 v a ’schen Versuch und das P o 1 i t z e r’sche Ver-
fahren keine Mikroorganismen in das Mittelohr transportirt werden
können. Es handelt sich hierbei auch um individuelle anatomische
Verhältnisse des Mitteiohres, welche G.’s Erfahrung nach den Ein-
tritt von Mikroorganismen begünstigen. G. habe bereits in den
sechziger Jahren auf die Schädlichkeit zu kräftiger Luftdouchen
bei eiteriger Mittelohrentzündung hiugewiesen und sehe nun seine
Ansicht bestätigt. Was die Verbreitung der Mikroorganismen durch
den Blutkreislauf betrifft, so sind hiefür jene Fälle beweisführend, wo
bei Mittelohrentzündungen verschiedener Schwere häufig cirkumskripte
Eiterhöhlen im Warzenfortsatze gefunden wurden, trotzdem zwischen
Trommelfell und Warzenzellen keine Kommunikation bestand. Der-
artige Fälle kamen während der letzten Influenzaepidemie sehr häufig
zur Beobachtung.
Herr Jacobson (Berlin) ist der Ansicht, dass nicht nur beim
Katheterismus, sondern auch bei den Ersatzverfahren desselben Mi-
kroorganismen aus dem Nasenrachenraum in das Mittelohr getrieben
werden können. Wodurch wird denn beim Pol i tzer’schen Verfahren
die Luft in der Paukenhöhle verdichtet? Doch nur dadurch, dass
zu der in ihr bereits befindlichen Luft neue hinzukoramt. Diese nun
passirt den Nasenrachenraum und so werden also auch bei den Er-
satzverfahren des Katheterismus Mikroorganismen in die Paukenhöhle
hineingeblasen werden können. Dazu kommt, dass sehr häufig und
gerade bei den Erkrankungen des Pdittelohres eiDe Tronimeifellper-
foration besteht und dass bei solchen während des Politzer’sehen
Verfahrens Luft in die Paukenhöhle einströme, bedarf keines weiteren
Beweises. Man werde also daran festhalten müssen , dass nicht nur
beim Katheterismus tubae , sondern auch bei den Ersatzverfahren
desselben, dem Valsalva’schen Versuch, dem P o li t z e r’schen Ver-
fahren etc. Mikroorganismen in das Mittelohr hineingeblaseu werden
können.
Politzer bemerkt gegenüber Gräber, dass er (P.) nur von Luft,
nicht aber von Flüssigkeitsdouchen gesprochen habe. Es seibekanut,
dass bei der Webe r’schen Nasendouche, sowie bei Injektionen in die
Nasenhöhle Flüssigkeiten in die Trommelhöhle gelangen können.
Ferner war Dur von Lufteintreibungen bei intaktem Trommelfelle die
Rede, denn bei perforirtem Trommelfelle findet bei Anwendung des
Valsalva’sehen und des Pol i tzer’schen Verfahrens selbstverständ-
lich eine wahrnehmbare Luftströmung durch das Ohr statt, was eigens
zu erwähnen überfiüssig schien.
Zaufal. Im Initialstadium der akuten Paukenböblenentzündung
sollte die Luftdouche gar nicht in Anwendung kommen.
(Fortsetzung folgt )
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Nene Litteratur, p. 392.
l-'iommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena.
Bakteriologie und ParasitenkuEde.
La Verbindung mit
GeL Holr. Prof. Dr. Leackart m Mn Er. Loefiler
tu Leipzig In tireifrwald
herausgegeben von
Dr. O. Ulüworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX» Band. Jena, den 28. März 1891. -o- No. 12.
Preis für den Band (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Baude
Za beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten -
künde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage, später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu Jcönnen.
Original -Mittheilungen.
Ueber den Polymitus malariae1).
Von
Prof. B. Danilewsky
in
Charkow.
Mit 6 Abbildungen.
Im Blute bei Vögeln und beim Menschen kommt bei Malaria-
infektion ein kugelförmiger protoplasmatischer Parasit mit mehreren
(4 — 6 und mehr) sehr beweglichen Geissein vor (Laveran, Dani-
lewsky). Auf seiner Oberfläche kann man stets einige sehr dunkle
1) Bezüglich der ausführlichen Beschreibung seiner morphologischen und biologischen
Eigenschaften vgl. meine Parasitologie comparce du sang. 1. 1888. paß 23- 52
IX. a«. ‘4Ö
398
Dauilowsky,
Melauinkörner finden. Einige Minuten nach Anfertigung des Prä-
parats reissen die Geissein sich los und setzen Ihre Bewegung — nun
frei im Plasma — als „Pseudospirilla“ weiter fort. Innerhalb des kugel-
förmigen Körpers des Parasiten lässt sich nun eine intensive Be-
wegung wahrnehmen; bisweilen sieht man gleichsam den Beginn
einer Theilung, man erhält einen zweigetheilten Körper; darauf kon-
fluiren aber beide Hemisphären wieder in einen gemeinsamen, grösseren
Körper (mit Aufquellung), die endoglobuläre Bewegung nimmt zu
und endlich zerreisst die Kugel; das Endoplasma fliesst aus. Auf
der Stelle bleibt bloss die aus dem Ektoplasma bestehende Kapsel
mit nun schon unbeweglichen Melaninkörnern. Inwieweit diese Me-
tamorphose im Körper des Wirthes in situ Platz hat, bleibt vor-
läufig eine offene Frage. Meine Untersuchungen haben zuerst ge-
zeigt, dass bei dem oben beschriebenen Zerreissen des Polymitus
zugleich mit dem verdünnten Endoplasma feine, verlängerte, spirillen-
förmige Theilchen oder gleichsam Körner mit einer Geissei austreten.
Die von mir bisher angestellte Untersuchung dieser Körperchen hat
den Bau derselben noch nicht aufgeklärt. — Ferner habe ich bereits
vor einigen Jahren zuerst nachgewiesen, dass dieser geisseltrageude,
Malariaparasit seinem Ursprung nach ein Hämocytozoon ist,
ri h. er entwickelt sich innerhalb der Hämocyten (— rothe Blut-
körperchen) aus einer sehr kleinen, jedoch rasch wachsenden, proto-
plasmatischen Pseudovakuole und wird erst bei einer gewissen Reife,
wenn die Geissein schon gebildet werden, reif.
An reifen Polymitus malariae lässt sich deutlich ein mehr
festes Ekto-, ein mehr flüssiges Endoplasma und ein runder, ziem-
lich grosser, grauer, matter Kern unterscheiden. Letzteren kann man
bereits in der jungen endoglobulären Phase der Entwickelung (noch
als Pseudovakuole) dieses Parasiten erkennen. Da die künstliche
Kultur dieses Parasiten bisher nicht gelungen ist, so kann bei der
Beobachtung desselben im freien Blute stets Verdacht in Bezug auf
Einwirkung postmortaler Veränderungen — Involutions- und Desinte-
grationserscheinungen — entstehen, und zwar sind solche Zweifel in
Bezug auf Bildung der beweglichen Geissein des Polymitus laut ge-
worden. Letztere werden von einigen Autoren als Degenerationser-
scheinung oder Phänomen des Todeskampfes oder Zerfall vorkomm-
niss etc. angesehen. Die in meinem Buche (1. c.) angeführte Be-
schreibung widerlegt meiner Meinung nach genügend diese Zweifel.
Da übrigens die Frage betreffs der Bedeutung der Geissein für die Bio-
logie des Polymitus äusserst wichtig ist, und da viele Autoren noch
immer sich dieser Parasitenform gegenüber zweifelnd verhalten, so halte
ich es für nothwendig, hier Beweisgründe zu Gunsten der Anschauung
anzufiibren, wonach die Geissein normal e organische Bestand-
teile des Polymitus sind. Bei dieser Gelegenheit sei hier be-
merkt, dass das Studium desselben am besten und bequemsten am
Blute bei Vögeln und nicht beim Menschen anzustellen ist,
da dieser Parasit, den Beobachtungsbedingungen sowohl als auch
den Eigenschaften des Blutes gemäss, bei ersteren, wie es scheint,
mehr Widerstand zeigt und weniger der Involution ausgesetzt ist
(ausserdem ist er bei Vögeln grösser).
lieber den Polytnitus malariae.
399
1) Der erste Einwand besteht darin, dass zum Erscheinen des
Polymitus frei im Blute (bei Vögeln und beim Menschen) eine
Vorbereitungsperiode von einigen Minuten nothwendig ist; in dem
eben ausgetretenen Blute ist derselbe nicht vorhanden (Laveran,
Danilewsky, Marchiafava und Celli, Councilman u. A.).
Hieraus schliesst man, dass die Bildung der Geissei eine post-
mortale Erscheinung ist. Dieselbe Pause ist aber auch nötlrig
zum Erscheinen freier beweglicher Hämogregarinen im Blute der
Frösche („Blutwürmchen“ Gaule), der Eidechsen, Fische, Schild-
kröten und Vögel, doch hält Niemand deswegen diese Parasiten für
Zerfalls- oder Absterbungsbildungen. Die Vorbereitungsperiode ist
zur Exkapsulation dieser Parasiten nöthig, d. i. zur Befreiung aus
den Hämocyten, da augenscheinlich in situ ein Reiz fehlt, welcher
erst beim Austreten des Blutes auftritt (Abnahme der Temperatur
und des Sauerstoffs) und die kontraktilen Kräfte auslöst.
2) Die Entfaltung der Geissei, d. h. die Umwandlung des un-
beweglichen Polyraituskörpers in eine bewegliche geisseltragende
Kugel geschieht oft so rasch, momentan, dass mau zur Erklärung
derselben unumgänglich ein Vorbestehen der Geissein annehmen muss,
welche in der unbeweglichen reifen Kugel präformirt waren und dem
centralen kugelförmigen Körper bloss dicht anlagen. Man hat nicht
den geringsten Grund, solch ein momentanes Auftreten resp. „Bil-
dung“ der Geissein als Absterbungs- oder Desintegrationsvorgang an-
zusehen. Analoge Bildungen bei Rhizopoden, Flagellaten, Hämocyten,
epithelialen Zellen geschehen im Laufe von Stunden und Tagen und
zeigen niemals eine solche Regelmässigkeit der Form, Identität der
Grösse und symmetrischen Anordnung (meist oft bei Vögeln) der sich
bildenden Fortsätze.
3) Zu Gunsten unserer Anschauung spricht auch noch der Um-
stand, dass die Körperform des Polymitus sowohl vor der Entfal-
tung der Geissein als auch nach derselben gewöhnlich ganz regel-
mässig kugelförmig bleibt, was nicht mit den typischen De-
generations- und Zerfal’serscheinungen der zelligen Elemente der
„Auto- und Histocyten“ im Einklänge steht1).
4) Die ungewöhnliche Geschwindigkeit, Dauer und Energie
der Bewegung dieser Geissein (V2— 1 Stunde und noch mehr)
widerspricht ebenso der Deutung derselben als AbsterbuDgs-
produkte des Protoplasmas. Der von einigen Autoren angeführte
Vergleich und die ldentifizirung der Bewegung der Geissein des
Polymitus mit den Bewegungen der Fortsätze (in Form von Stäb-
chen, Fäden, Keulen, eines Rosenkranzes etc.) der desintegrirten Hä-
mocyten hält in Anbetracht der Energie und Art der Bewegung keine
Kritik aus. Der Unterschied derselben ist zu prägnant.
5) Als weiteren Beweis kann man die Thatsache anführen, dass
die Entfaltung der lebhaft beweglichen Geisseln bisweilen noch inner-
halb des Hämocyten geschieht, welcher auf diese Weise sich in eine
hohle Kugel umwandclt, die in ihrem Inneren den sich energisch
1) L. Pfeiffer hat sich neuerdings auch zu Gunsten unserer Anschauung nus-
gesprochen (s. Fortschritte der Medicin. 18D0. No. 24. S. 944.)
26*
400
Danilewsky,
bewegenden Parasiten einschliesst. Nicht selten dringen die Geissein
durch die Wand des Hämocyteu, während der Körper des Parasiten
noch innen steckt; wir erhalten in solchem Falle ein äusserst origi-
nelles Bild — ein beweglicher Hämocyt mit Geissein l1)
Das von mir Angeführte dürfte wohl genügen, um die Geissein
des Po ly mit us als organische normale Bestandteile des Parasiten
anzuerkenneu. Wenn man nun die für das Blut der Vögel (cf. meine
Arbeiten) und des Menschen (L ave ran u. A.) gegebenen Beschrei-
bungen mit einander vergleicht, so lässt sich wederin morpho-
logischer noch biologischer Hinsicht irgend ein
wesentlicher Unterschied finden, welchen mau als
wesentliches Kennzeichen zur Unterscheidung des Polymitus
malariae avium und hominis anführen könnte. Und da un-
zweifelhaft dieser Parasit die höchste, mehr komplizirte Entwicke-
lungsform der Malariamikroben (Laveran, Canalis) darstellt, so
hat er selbstverständlich eine besondere Bedeutung sowohl in patho-
logischer als auch in zoologischer Hinsicht. Bei Vögeln kommt ein
grösserer Polymitus (als Leukocytozoon) vor; der erstere, grössere,
hat keine Melaninkörner. Der Unterschied ist nicht wesentlich: er
hängt von der Entwickelungsbedingung ab. Unser Parasit ist ein
in gewissem Sinne polymorpher Organismus, der sich leicht den
äusseren Existenzbedingungen adaptirt. Dies charakterisirt eben auch
die Hämoparasiten.
Bevor ich zur Frage von der zoologischen Individualität dieser
Parasiteuform übergehe, halte ich es für nothwendig, einige neue,
dieselbe betreffende Data aus einander zu setzen.
Bezüglich der Entwickelung des Polymitus habe ich mich, das
Blut einiger Vögel (Elstern u. A.) von Beginn der Malariablutänfektion
(d. h. vom ersten Erscheinen der Uämocytozoa-Pseudovakuolen) Tag
für Tag beobachtend, davon überzeugt, dass der Polymitus ebenso
wie auch die Haemogregarina avium sich aus den Pseudo-
vakuolen ohne Zwischenstadium, das sog. Moudsichelstadium der
Autoren, innerhalb 6 —7 Tagen entwickelt. Anfangs bemerkt man feine
Pseudovakuolen von unregelmässiger Form ohne Pigment und ohne
deutliche amöboide Bewegung; darauf, nach 16—24 Stunden, er-
scheinen feine Melaninkörner, wobei das Cytozoon wächst u. s. f. bis
zur Bildung eines grossen kugelförmigen Cytozoons, welches im Blut-
präparat sich exkapsulirt und ais beweglicher Polymitus erscheint.
In meinem Buch (1. c.) und sodann in den Annales de JTnstitut
Pasteur. 1890. No. 7. pag. 427 habe ich die endoglobuläre, einfache
Entwickelung des Polymitus innerhalb der Hämo- und Leukocyten
beschrieben. In letzterer Zeit gelang es mir, ein neues Faktum zu
konstatiren, und zwar die iutracell uläre Entwickelung
mehrerer Individuen des Polymitus innerhalb einer
grossen Zelle (bei der grauen Krähe), und zwar degenerirter
1) Solche Beobachtungen wurden auch von anderen Forschern angestellt, z, B.
L. Pfeiffer, Unsere heutige Kenutuiss von den pathogenen Protozoen. (Central-
blatt für Bakteriologie. VIII. 1890. Ko. 24) und Ceili und March iafava, Sülle
febbri a&laricbe ... in Itoina. (Eslratto dagli Atti della K. Aecadeinia mediea dl iioaaa.
Anno X.VI. Vol. V. Serie II. 1389 Tavcla 1. Fig. 28.)
Ueber der» Polymitas malariae.
401
Leukocyten (Leukocy tozoa). Das erste Stadium erscheint in
Form einer grossen, regelmässigen, matt-grauen Kugel; innerhalb
derselben bemerkt man, bisweilen selbst in vivo, einen hellen, runden,
kleinen Fleck — Nucleus; die Substanz desselben besteht aus fein-
körnigem Protoplasma. Sodann kommt ein weiteres Stadium vor:
innerhalb des Körpers findet eine Art Segmentation statt — Bildung
mehrerer kugelförmiger Körper, neben welchen man noch Pteste der
körnigen ursprünglichen Substanz findet. Die Segmentationskugeln
Erklärung der Abbildungen, n Nucleus des Blutkörperchens.
Fig. 1. Doppeltes Leukocytozoon j seltene Form des degenerirten Nucleus des
Leukocyts.
Fig. 2 Leukocytozoon mit centralem hellem Fleck (Nucleus).
Fig. 3. Drei Segmentationskugeln ; m Rest des ursprünglichen Protoplasma.
Fig. 4. Mehrere Segmentationskugein (Polymitus).
Fig. 5. Dasselbe mit beweglichen Geissein.
Fig. 6. Polymitus avium mit dem in vivo sichtbaren Nucleus.
sind deutlich kontourirt und erscheinen nicht körnig, sondern matt
homogen. Endlich kommt im Blute desselben Vogels daneben gleich-
zeitig oder nach 1— 2 Tagen ein degenerirter, feinkontourirter Leu-
kocyt vor, dessen Inhalt aus 4 — 6 homogenen parasitären Kugeln
besteht, deren Grösse nicht immer gleich ist, und zwischen welchen
bisweilen glänzende, ovale, stark lichtbrechende Körner zu sehen sind.
Sämmtliche Kontotiren sowohl der Leukocyten, als auch der Para-
sitenkügelchen sind äusserst zart; am meisten tritt der doppelt kon-
tourirte Kern des degenerirten Leukocyten hervor. Letzterer dient
nun gleichsam als Cyste für den sich vermehrenden Parasiten. Einige
Minuten nach Anfertigung des Präparates kann man die Bildung
resp. Entfaltung der heftig beweglichen Geissein an diesen intraglobu-
lären kugligen Körperchen (Polymitus) noch innerhalb des Leuko-
cyten bemerken. Daselbst reissen dieselben sich ab und . bewegen
sich als „Pseudospirillen“ (1. c.) innerhalb der Cytokapsel fort; an
dem einen Ende derselben bildet sich nicht selten eine Verdickung,
und dann nimmt so eine „Pseudospirille“ ein monadenförmiges Aus-
sehen an. Ausserdem sieht man innerhalb derselben dünnen Cyto-
kapsel auch noch homogene, helle Kugeln, aber weit kleinere.
Dieselben entstehen wahrscheinlich durch Theilung der grossen
Kugeln.
Es entwickelt sich somit der Polymitus im Organismus bei
Malariainfektion desselben auf zweierlei Art: 1) die weit häufigere
Art ist die einfache solitäre Bildung innerhalb eines Hämocytcn aus
einem sehr kleinen Keim — „Pseudovakuole“ oder Hämocytozoon ;
2) der Polymitus entwickelt sich durch Segmentation aus dem kör-
402
Dauilewsky, Ueber deu Polymitus malariae.
nigen Protoplasma eines kugelförmigen Leukocytozoon, an Zahl mehrere
gleichzeitig.
Eine ganz analoge Erscheinung finden wir bei den Hämogrega-
riuen bei Fröschen, Eidechsen, Schildkröten (z. Th. auch bei Fischen),
ganz ebeuso können auch diese würmchenartigen Parasiten sich in-
tracellulär einzeln innerhalb (1er Hämocyteu , als auch mehrfach
durch Sporulation innerhalb der von mir zuerst beschriebenen Cy-
tocysten *) entwickeln (d. h. innerhalb der Blutkörperchen, welche
eine Umwandlung in eine cysteDförmige Kapsel erfahren).
Dasselbe wiederholt sich wahrscheinlich auch im Blute des
Menschen bei heftiger Malariainfektion : die halbmondförmigen Körper2)
entwickeln sich sowohl einzeln, als auch durch Cytocysten resp.
Schwärmersporenbildung, worauf z. B. die sehr interessanten Beobach-
tungen von P. Canal i s (Fortschrilte der Medizin. 1890. No. 8und9)
hinweiseu.
Was nun die zoologische Bestimmung dieses Parasiten betrifft,
so kann ich auch jetzt das von mir vor zwei Jahren Gesagte nur
wiederholen (1. c. 44): „il faut convenir que nous manquons de faits
pour öclaircir la nature zoologique du Polymitus . . . . neanmoins
S’individualit6 zoologique de ce parasite est indubitable“. Vor Allem
muss man im Auge behalten , dass nach meinen Beobachtungen die
Geissein des Polymitus unzweifelhaft protoplasmatische pseudo-
podiale Bildungen sind: ihre selbständige Beweglichkeit nach dem
Abreissen derselben 3), ihr Vermögen, sich eiuzuzichen, ihre Form zu
ändern und Pigmentkörner fortzubewegen, unterscheidet sie scharf
von den Geissein der höheren Flagellaten. Andererseits kann der
Polymitus eine Aehnlichkeit mit dem vegetativen Stadium einiger
S p o r i d i a darbieten, und zwar derjenigen Myxosporidia, bei denen
dieses Stadium bewegliche pseudopodiale Fortsätze besitzt. Wenn
man hierzu hinzufügt, dass der genetische Zusammenhang des Poly-
mitus mit dem würmchenförmigen Stadium (Mondsichel) des Malaria-
mikroben nach gewissen Autoren als bewiesen betrachtet werden
kann, wenn man sich ferner der grossen Annäherung des letzteren
an die Gregarinen, resp. Coccidien und selbst Mycetozoen 4 ) erinnert,
so wird es augenscheinlich , dass wir es im gegebenen Falle mit einer
sehr eigentümlichen intraglobulären Mikrobenform zu thun haben,
deren Bestimmungen kompetenten Fachspezialisten überlassen werden
1>- 1 c. II p 52 (Cytocystes gre gar i n i q u e s). Ueber die Bedeutung dieser
Scbwärmereysten für die Systeraatisirung der Coccidien (auch Hämo-) s. die Mitthei-
lungen von L. Pfeiffer in Centralbl. f. Bakteriologie. VIII. 1890. Unsere heutige
Kenntniss von den pathogenen Protozoen“ und Fortschr. der Medizin. 1890. S. 939.
„Vergleichende Untersuchungen über Schwärmsporen und Danersporen bei den Cocci-
dieninfektionen und hei Intermittens“.
2) Dieselben stehen den Hämogregarinen der Thiere nahe ; namentlich nach
Chenzinsky sind dieselben auch bewegt : eh : ihr Körper krümmt sich S-förmig, legt
sich von einer Seite auf die andere über — dasselbe gilt auch für Hämocytozoon
= Hämogregarina bei Eidechsen !
3) Diese merkwürdige Thatsache hat nur sehr seltene Analogien , z. B. spontane
Beweglichkeit der abgerissenen Schwänze von Spermatozoen und der abgelösten „Film*
mercilien“ bei Sipunculus nudus (Alez. Brandt in Memoires de l’Acad&nic
imp^r. des Sciences de St. P4tersbourg. XVI. 1890. S. 12.)
4) cf. Celli und Guarnieri.
Grassi und Feletti, Malariaparasiten in den Vögeln.
403
muss. Dabei muss im Auge behalten werden, dass dieser Organismus,
resp. dieses geisseltrageode Stadium , höchstwahrscheinlich an sich
ein obligates parasitisches Gebilde darstellt, welches unzweifel-
haft der transformirenden Einwirkung des Blutes auf seine physio-
logischen Eigenschaften unterworfen worden ist. Nur so allein lassen
sich die eigenthümliehen biologischen Eigenschaften unserer Parasiten
im Vergleich mit den frei lebenden Protozoen erklären (hierauf ist
vou mir ausführlicher hingewiesen, 1. c.).
Was nun die von mir gegebene Bezeichnung Polyinitus ma*
lariae betrifft , welche keiner günstigen Aufnahme sich rühmen
kann, so beziehe ich dieselbe in gleicher Weise auf den Blutparasiten
der Vögel und des Menschen, da — in biologischer Hinsicht — zwi-
schen ihnen kein wesentlicher Unterschied vorhanden ist (es
lässt sich eine genügende Unterscheidung durch Hinzusetzung der
Worte avium resp. hominis geben). Obgleich man schon in der Be-
nennung „Polymitus“ eine Tendenz, denselben zu den Flagellaten
(Analogie: Hexamitus, Phylomitus, Tetramitus etc.)
zuzuzählen finden könnte, so kann doch dieselbe provisorisch den
Parasiten auch als Vertreter der Haemo-Sporidia oder -Coc-
cidia resp. ihrer Phase, welche mit vielen Geissein versehen ist
vollkommen charakterisiren.
Um allen Missverständnissen vorzubeugen, halte ich es für nüthig,
hier zu bemerken, dass ich die Polymitus form und „Mondsichel“ im
Vogclblut unter einander scharf unterscheide : den letzteren Parasiten,
welcher aus einem kugelförmigen Hämocytozoon ad oculos sich ent-
wickelt1 2)) nenne ich Laverauia avium. Er ist ein bewegliches
„Blutwürmchen“, den Pseudovermiculi gregarinici an-
derer Thiere äusserst ähnlich und unzweifelhaft zu den Hämo-
gregarinen überhaupt -Sporozoen gehörend.
Es ist kaum zu bezweifeln, dass die scharfe Unterscheidung der
Polymitus- und La ve rani a formen bei Malariainfektion auch
für das Menschenblut gelten soll, worauf in der Litteratur schon
mehrere Hinweise sich finden.
Was nun die Frage über die zoologische Individualität der Ma-
laria-Blutmikroben betrifft, so habe ich mich darüber am anderen
Orte ausgesprochen 3).
Malariaparasiten in den Vögeln.
Vorläufige Mittheilungen
der Professoren B. Grassi und R. Feletti
in
C atan i a 3).
Wir wollen hier eine kurze Uebersicht unserer Malariastudien
geben; sie sind die Fortsetzung unserer Mittheilung, welche wir im
1) Ich habe ihu ausführlich beschrieben 1. c. 1. S. 16 — 21.
2) Annales do l’Institut Pasteur. 1890. Decembre. (Vergl. Ref. in dies. C.B1. Bd. X.
P- 411.)
3) In unserer Mittheilung, welche im vergangenen Jahre in diesem Blatte erschien.
404
Grassi and Feletti,
vergangenen Jahre in diesem Blatte veröffentlichten. Das ausführ-
liche Werk wird in Bälde erscheinen. Ein Theil der hier referirten
Studien wurde schon in italienischer Sprache veröffentlicht, doch da
dies in einem, im Auslande wenig verbreiteten Blatte geschah, halten
wir es für angemessen, sie hier, und zwar mit den Daten nochmals wie-
derzugeben, um uns die Priorität unserer Untersuchungen zu sichern.
I* 1 2).
Danilewsky fand in Russland im Blute vieler Vogelarten ver-
schiedene Parasiten, unter ihnen einige, welche er mit denjenigen
der Malaria zu identifiziren suchte.
Während er bedeutende biologische Beobachtungen an diesen
vermutlichen Malariaparasiten machte, konnte er dieselben jedoch,
wie es scheint, nicht gut spezifisch unterscheiden und klassifiziren.
Ausserdem fällt es auf, dass es ihm nicht gelungen ist, die Reproduktion
derselben zu verfolgen, ein doch scheinbar leicht zu beobachtendes
Phänomen, wenigstens wenn wir nach dem urtheilen, was sich für
die Malariaparasiten im Menschen bewahrheitet.
Es war daher nothwendig, das Argument wieder aufzunehmen,
und so thaten wir denn auch.
Unsere erste Aufgabe war, die in Rede stehenden Hämatozoen
im Blute sehr gewöhnlicher, leicht zu beschaffender und lebendig zu
erhaltender Vögel zu suchen. Obige drei Bedingungen bewahrhei-
teten sich, wenigstens hier bei uns in Sicilien, nicht in jenen Vögeln,
in welchen Danilewsky seine Entdeckung gemacht hatte.
Diese vorläufigen Forschungen Hessen uns die Danilewsky-
schen Parasiten in unseren Sperlingen (Passer Hispaniolensis)
und in den Haustauben finden*). Sowohl Sperlinge wie Tauben sind
ein sehr bequemes Material.
Alsdann versuchten wir die von uns gefundenen Parasiten zu
bestimmen.
Indem wir die Trypanosoma, welche mit der Malaria gewiss
nichts zu thun haben, beiseite lassen, können wir behaupten, bis jetzt
in den Vögeln nur zwei Formen gefunden zu haben, und zwar:
a) eine den Mondsicheln sehr nahe Form,
b) eine der Haemamoeba sehr ähnliche Form, die sich gleich
dieser endogen fortpfianzt, und zwar schon, wenn ein grosser Theil
des rothen Blutkörperchens noch unversehrt erscheint.
Die Form b) ähnelt sehr derjenigen Form, welche wir im Men-
schen als eine von der Haemamoeba der Terzana und Quartana
spezifisch verschiedene Haemamoeba gehalten habeD, da sie sich
frühzeitig fortpflanzt und Quotidiana und subkontinuirende Fieber etc.
verursacht.
ist ein Druckfehler stehen geblieben, anstatt : „Wir haben uns überzeugt, dass es sich
um eine direkte KerntheiluDg handelt“ muss es heissen : „Wir haben uns fast über-
zeugt etc.“ Siehe Seite 4 der Mittheilung.
1) Diese Note erschien Ende März des vergangenen Jahres im Bolletino mensile
dell’ Accademia Gioenia di Scienze Naturali in Catania. (Monat März 1890)
2) Wir fanden sie auch in Oer Emberiza (Miliaria) projer und in der
Fringilla coelebs.
MaisriapArasiten in den Vögeln.
403
So haben wir in den Vögeln ein ausserordentlich ähnliches Re-
pertum wie dasjenige, welches Marchiafava, Celli etc. in dem
Typus der vorwiegend im Sommer und Herbst in Rom herrschenden
Malariafieber gehabt haben. Die täglich von unseren Vögeln darge-
botenen Befunde finden bis zu einem gewissen Punkte ein evidentes
Gegenstück in den Tageblättern der Kranken , welche das Unter-
suchungsmaterial der trefflichen Abhandlung unserer Kollegen in Rom
bildeten.
Somit sind es die Vögel, welche uns gestatteten , einen noch
ziemlich unklaren und vielfach bestrittenen Punkt des Malariaproblems
zu erhellen.
Hierin wenigen Worten das, was wir bis jetzt beobachten konnten:
1) Viele Vögel zeigen mehr oder weniger zahlreiche, sich in ver-
schiedenen Entwickelungsstadien befindende oder schon zu ihrer
höchsten Entwickelung gelaugte Mondsicheln. Diese Mondsicheln
gehören der Gattung Laverania (nobis) an und werden von
nun an von uns Laverania Danilewskvi n. sp. genannt werden ;
sie sind, wie jene, bilateral symmetrisch mit gleichen vorderen und
hinteren Enden (Polen), unterscheiden sich aber hauptsächlich da-
durch, dass beide Enden gewöhnlich relativ dick sind (was besonders
auffällt , wenn man sie mit der Laverania malariae nobis
vergleicht) und dass ihr Pigment niemals, wie in denjenigen der
Menschen, gleichmässig um das Centrum geordnet, sondern häufig
unregelmässig verstreut und nicht selten auch nur in der Nähe der
beiden Pole der Mondsicheln erscheint.
2) Nicht wenige andere Vögel beherbergen ausser zahlreichen
Mondsicheln auch in spärlicher Anzahl jene Formen , weiche wir
weiter oben mit den Hämamöben verglichen und welche wir von
dud an einfach Hämamöben nennen werden 1).
Sie unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, dass fast niemals eine
ihrer Achsen viel länger als die andere ist (sie sind homaxon, d. h.
centrisch gebaut); im Allgemeinen streben diese Hämamöben nach
unregelmässig rundlichen, fast dreieckigen Formen. Gewöhnlich ent-
wickeln sich die Hämamöben in der Nähe der Pole und die Mond-
sicheln an den Seitentheilen der rothen Blutkörperchen.
3) Wenige Vögel bieten, ausser mehr oder weniger spärlichen
Mondsicheln, auch mehr oder weniger zahlreiche, oben erwähnte
Hämamöben dar. Wir haben noch nie einen Vogel angetroffen, der
nur diese Hämamöben aufwies.
4) Wenn die Hämamöben zahlreich sind, begegnet man fast
immer einigen derselben jand zuweilen auch sehr vielen, die in en-
dogener Reproduktion begriffen sind. Dieser Vorgang bewahrheitet
sich bereits, wenn ein grosser Theil des rothen Blutkörperchens noch
unversehrt erscheint.
Die Reproduktion verläuft wie im Menschen , indem ein mit
Pigment belasteter Nucleus de reliquat zarückbleibt. In einem
jeden Bluttropfen finden sich häufig Hämamöben aller Altersstufen.
1) Haemamoeba praecox der folgenden Note.
406
Grassi und Feletti,
5) Die Mondsicheln werden unter dem Mikroskop, wenn bereits
zu genügender Entwickelung gelangt, rund, versehen sich mit Geissein
und erweisen sich mithin als identisch mit den Geisselträgern (Geissel-
körpern) der Malaria, wie bereits Danilewsky beobachtet hatte.
Für die Hämamöben haben wir dies nicht bestätigen können. Ausser
den Geisselu stossen die abgerundeten Mondsicheln auch jene Kör-
perchen aus, welche Celli und G uarni er i für Gemmulae hielten.
Wir bestätigen hiermit auch das, was schon Danilewsky bewahr-
heitete, d. h. wir haben die Existenz der Geisselkörper im zirku-
lirenden Blute nicht beweisen können.
6) In Sperlingen finden sich Mondsicheln von hyalinem und ho-
mogenem Aussehen und andere, welche ungemein körnig sind ; etwas
Aehnliches zeigt sich auch in den Mondsicheln des Menschen,
wenn auch weit weniger deutlich.
7) Die Mondsicheln haben schon , bevor sie dunkle Körner ent-
halten, fast die Form, welche ihnen ihren Namen gab; nur wenn sie
noch ganz klein sind, sind sie von den Hämamöben ununterscheidbar.
8) Entgegengesetzt von dem, was sich im Menschen zeigt,
weisen nicht wenige Vögel für lange Zeit nur zahllose, zur
höchsten Entwickelung gelangte Mondsicheln auf. So besitzen wir
z. B. 9 Vögel, welche diesen Befund schon seit mehr als einem
Monate darbieten 1).
9) Wir besitzen keinen Beweis, dass die Mondsicheln fähig sind,
sich fortzupflanzen. Bis jetzt ergaben alle unsere Versuche, die Mond-
sicheln von einem Vogel auf den anderen zu verimpfen, negative Re-
sultate 2). Dass die oben erwähnten , in endogener Reproduktion
(Segmentation) begriffenen Hämamöbeu nicht aus den Mondsicheln
henübren, ist klar.
10) Unsern Voraussetzungen entgegen, ergab die Untersuchung
der Milz, der Leber, des Knochenmarkes, der Gehirngefässe etc. uns
bis jetzt nichts Neues.
11) Die Mondsicheln und Hämamöben enthaltenden Vögel stammen
aus Malariaregionen (Plaia, Piana); die nur Mondsicheln Enthaltenden
können auch aus Orten stammen, welche an die Malariaregioneu
grenzen (Centrum von Catania, der sogenannte Borgo etc.).
Wir fanden weder Hämamöben noch Mondsicheln in vielen Sper-
lingen, welche aus nicht malarischen Orten (z. B. auf dem Aetna)
gefangen wurden, noch fanden wir dieselben in an nicht raalarischen
Orten aufgezogenen Tauben.
12) Auf die Frage, ob die Formen, welche wir in dieser Note
Hämamöben genannt haben, dem Cyklus der Mondsicheln und mithin
anstatt dem Genus Haemamoeba dem Genus Laverania ange-
boren, können wir bis jetzt noch keine definitive Antwort gebeD.
Catania, im März 1890.
1) Dieser Zustand dauerte mehr als 2 Monate; daun verschwanden die grossen Mond-
sicheln und nach einigen Tagen erschienen deren viele kleine. (Späterer Zusatz der Verff.)
2) Negativ war auch das Resultat eines Experimentes, in welchem wir einen Falken
mit' stark mit Mondsicheln infizirteu Sperlingen Däbrten. Ein ähnliches negatives Re-
sultat hatten wir auch in einem Menschen, der mit Laverania mal&riae geschwänger-
tes Blut trank. Alle diese Experimente ’ .‘dürfen jedoch der Wiederholung.
M&iariaparasiten in den Vögeln.
407
II1).
Wir können dem, was wir in vorstehender ersten Note gesagt,
von morphologischer Seite hinzufügen , dass auch in den Malaria-
parasiten der Vögel sich ein Kern befindet, wie in denjenigen der
Menschen. Diese Tbatsache muss auch dre Skeptischsten überzeugen,
dass es sich hier wirklich um Parasiten und nicht um Alterationen
der rothen Blutkörperchen handelt, um so mehr, da auch in den
Vögeln die in Rede stehenden Parasiten das Protoplasma des rothen
Blutkörperchens bewohnen, und der Kern folglich scheinbar unver-
sehrt zurückbleibt.
In systematischer Beziehung haben wir uns jetzt überzeugt, dass
in den Vögeln zwei verschiedene Arten existiren, deren eine (schon
Haemamoeba in unserer ersten Note genannt) dem Genus
Haemamoeba zuzuschreiben ist, während die andere, wie schon
in derselben Note gesagt, dem Gen. Laverania angehört.
Wir werden die erste Haemamoeba praecox nennen, da
sie sich frühzeitig fortpflanzt; die zweite wurde schon früher von
uns Laverania Danilewskyi benannt.
Die Tbatsachen, welche uns bewogen, die zwei in Rede stehen-
den Formen spezifisch zu unterscheiden, sind folgende:
1) Im Monat Februar und in der ersten Hälfte des Monat März
waren die mit Malariaparasiten iufizirten Sperlinge (aus Catania,
von der Plaia und der Piana) nicht sehr zahlreich, ungefähr 20%.
Nach der ersten Hälfte des Monat März nahm die Zahl der iDfizirten
immer mehr zu und schon Ende April waren alle, unbedingt alle
(wir untersuchten deren mehr denn 500), mehr oder minder iofizirt;
in diesem Zustande erhielten sie sich den ganzen Monat Mai hin-
durch und so befinden sie sich auch noch jetzt, im Monat Juni.
(Wir sprechen hier nicht von jungen, in diesen Monaten geborenen
Sperlingen. Siehe weiter unten.) Es infizirten sich also eine grosse
Anzahl von Sperlingen im Frühling; diese neue lufektion hätte uds,
wenn die Hämamöben wirklich, wie aus der Arbeit von Canal is her-
vorgeht, die erste Periode der Mondsichelinfektion darstellen , unbe-
dingt Fälle darbieten müssen, in welchen sich nur oder doch wenig-
stens fast nur dieselben Hämamöben auffiuden liessen. Dies war je-
doch niemals der Fall. Wir können sogar hinzufügen , dass särmnt-
liche von uns untersuchten Sperlinge Mondsicheln beherbergten
und nur einige wenige derselben ausser diesen auch noch Häma-
möben besassen.
2) In den Monaten Mai und Juni brüten die Sperlinge; und
doch begegneten wir niemals in den in der Entwickelung begriffenen
Eiern und in der noch ganz jungen Brut den Malariaparasiten. Wir
fanden sie dagegen in einigen wenigen jungen Sperlingen, welche noch
im Neste, aber bereits flügge waren; am häufigsten fanden wir sie
in denjenigen jungen Sperlingen, welche das Nest schon seit einigen
1) Diese zweite und die folgende dritte Note wurden im Monat April in der Accad.
Gioenia in Catania mitgetheilt und mit einigen wenigen Zusätzen im Bollett. meuaile
dell’ Accad. Gioenia di Scienze Naturali in Catania. Fascicolo XIV. Ende Juni 1890
abgedruckt.
408
ßrassi und Feletti,
Tagen verlassen hatten. In gewissen Fällen waren sie sehr spärlich
vertreten und wir sahen deren Zahl zunehmen, nachdem wir die sie be-
herbergenden Vögelchen für einige Zeit in Käfigen gefangen gehalten
hatten.
Diese Ansteckung ist ganz gewiss nicht erblich, sei es nun, weil
alle ausgewachsenen Sperlinge Malariaparasiten beherbergen udö sich
dagegen nur sehr wenige Junge infizirt erweisen, sei es, weil weder
in den Embryonen, noch in den noch unreifen Jungen sich jemals
eine Spur von den in Rede stehenden Parasiten vorfinden lässt.
Die Ansteckung kann auch nicht, wie Danilewsky annimmt,
während der Aufziehung von den Eltern auf die Jungen übertragen
worden sein, und zwar aus den soeben erwähnten Gründen und auch
weil viele, für lange Zeit fortgesetzte Versuche, die wir gemacht, in-
dem wir einen nicht infizirten aber infizirbaren Circus aerugi-
nosus (Danilewsky rechnet ihn unter die der malarischen An-
steckung am meisten unterworfenen Formen) mit infizirten Sper-
lingen fütterten, beständig negative Resultate ergaben x). Auch be-
merken wir, dass die infizirten (in der Piana stattgehabte Infektion),
aber in nicht malarischem Orte (Universitätsgebäude) von uns ge-
haltenen Tauben stets vollständig von Malariaparasiten freie Nach-
kommen hatten.
Die beiden obenerwähnten Wege unbedingt ausgeschlossen, bleibt
uns nur noch ein möglicher Weg: neue Ansteckung durch die Um-
gebung. —
Nun wohl, diese neue Ansteckung fing in den von uns gehaltenen
dreissig infizirten Jungen immer nur mit Mondsicheln an, ohne auch
nur ein einziges Mal eine Haemamoeba aufzuw'eisen.
3) Beim ersten Anblick lässt die obenerwähnte Thatsache, dass
jene wenigen Sperlinge, welche Hämamöben zeigten auch Mondsicheln
beherbergten, Zweifel an der von uns behaupteten Unterscheidung
der Formen entstehen. Doch erscheinen diese Zweifel bald als unbe-
gründet, wenn man sich der ungeheuren Häufigkeit der Mondsicheln
erinnert. Wenn sich ein bestimmter Parasit in fast allen Individuen
einer gewissen Art vorfindet und man in irgend einem zweiten Indi-
viduum einen zweiten mit dem ersten koexistirenden Parasiten ent-
deckt, ist es recht, diesen zweiten für einen Verwandten des ersten zu
halten? Wenn ja, könnte man auch die Filaria-Embryonen des Blutes,
welche sich in 20 — 30 ö/0 der Sperlinge vorfinden, zum Entwicke-
lungscyklus der Mondsicheln rechnen. Und noch mehr: die Tauben
lieferten uns stets nur Mondsicheln und niemals Hämamöben. Auch in
den in bestimmten Orten gefangenen Sperlingen, fanden wir niemals
auch nur eine Haemamoeba. Viele Monate lang im Universitätsge-
bäude gehaltene Tauben und Sperlinge erhielten sich beständig nur
von Mondsicheln infizirt, ohne auch nur ein einziges Mal irgendwo
eine Haemamoeba aufzuweisen. Schliesslich boten uns, wie bereits
weiter oben erwähnt wurde, die jungen Sperlinge bis jetzt auch nur
Mondsicheln.
1) Im November 1890 wiederholten wir dies Experiment mit verschiedenen Raub-
vögeln, aber ebenfalls stets mit negativem Resultat. (Späterer Zusatz der Verfasser.)
Malariaparasiten in den Vögeln.
409
4) Dass die erwachsenen Mondsicheln zu Hämamöben werden
könnten, ist leicht auszuschliessen,
a) weil die Mondsicheln sich in der Regel an einer Seite des ro-
then Blutkörperchens entwickeln und dann nach und nach die beiden
Pole einDehmen, während sich die Hämamöben gewöhnlich auf die
Nähe eines Poles beschränken.
b) weil die Haemamoeba sich theilt, wenn ein grosser Theil
des rcthen Blutkörperchens noch unversehrt erscheint, während die
Mondsichel in ihrer höchsten Entwickelung nur den Kern des rothen
Bluthörperchens unversehrt lässt.
5) Nach dem, was wir unter 4) gesagt, ist nur noch eine Diskus-
sion über die Möglichkeit, dass die Hämamöben und die Mondsicheln
zwei verschiedene Formen ein und desselben Wesens seien, zulässig;
es handelte sich alsdann um eine Dimorphie.
Kaum ist das Gymnosporenstadium überschritten, so werden die
Laveranien mehr oder weniger deutlich bilateral symmetrisch und
bleiben die Hämomöben homaxon : die gedachte Dimorphie wäre somit
sehr auffallend.
Um diese jedoch annehmen zu können, finden wir kein günstiges
Argument, wohl aber spricht sehr vieles dagegen.
Das hauptsächlichste widersprechende Argument ist die That-
sache, dass beide Formen in ein und demselben Sperling Monate lang
mit einander, koexistiren können (in einigen unserer Fälle bestehen sie
seit mehr als drei Monaten). Wäre wenigstens eine Form einge-
kapselt und die andere nicht, so könnte man denken, dass jene, das
Bedürfniss nach . langer Ruhe und diese den Mangel eines solchen
Bedürfnisses repräsentire. Aber diese Formverschiedenheit fand sich nie.
Es ist wahr, dass wir in den von uns hier im Universitätsge-
bäude, d. h. also in einem nicht malarischen Orte, gehaltenen Vögeln
manchmal die Hämamöben spärlich werden und die Mondsicheln zahl-
reich bleiben sahen. Doch darf uns dies nicht in Erstaunen setzen,
nach dem, was wir von den Mondsicheln und den Hämamöben im
Menschen wissen.
Andererseits ist
I. die Verminderung der Hämamöben nicht von einer entspre-
chenden Vermehrung der Mondsicheln begleitet;
II. vermindern sich zuweilen nicht nur die Hämamöben, sondern
auch die Mondsicheln (dies letztere geschieht leicht in der E m b e r i z a
m i 1 i a r i a) ;
III. werden die Mondsicheln in diesen Verminderungsfällen nach
8 — 10 Tagen wieder so zahlreich, wie zuvor, und zuweilen geschieht
dies auch mit den Hämamöben.
IV. Als wir die vorherstehende Note veröffentlichten, waren wir noch
im Zweifel über den Unterschied der Formen, schon darum, weil uns
die Beweise der Fortpflanzung der Mondsicheln im Körper der Vögel
noch fehlten. Diese Beweise hatten wir später und sind dieselben
sehr deutlich.
(Fortsetzung folgt.)
410
Malaria
Referate.
Antolisei, L’eroatozoo della qua r tan a. (Riforma medica.
1890. No. 12 u. 13.)
Diese Beobachtungen Antolisei’s bestätigen im Allgemeinen, was
G o 1 gi bezüglich der Evolutionsphasen der Quartanfieber-Parasiten an-
gegeben hat, nur mit dem Unterschiede, dass nach A. die Theilungsphase
stets eiuige Stunden vor dem Fieberanfall statthabe, und dieser nicht
durch die Invasion der neuen Parasiten in die rothen Blutkörper-
chen bestimmt werde, sondern durch die Infektion des Blutes mittelst
der bei der Theilung der reifen Amöben freigewordenen Sporen.
Die Intensität des Fiebers würde demnach im Verhältniss zur Zahl
der Parasiten stehen, aber genauer gesagt stände sie im Verhältniss
zur Quantität der in Theilung begriffenen Formen, die sich im zirku-
lirenden Blute befinden.
A. hat sodann beobachtet, dass in einigen Fällen von Febris
subcontinua der Quartanfieberparasit seinen Entwickelungscyklus
schneller durchläuft und zur Sporulation gelangt, ehe er das ganze
rothe Blutkörperchen zerstört hat, wenn er kaum einige Pigment-
körnchen enthält. Bordoni-Uffreduzzi (Turin).
Antolisei, S u 11’ ematozoo della terzana. (Riforma medica.
1890. No. 26 u. 27.)
Die Beobachtungen Antolisei’s betreffs der Malariaparasiten
des Tertianfiebers weichen etwas von jenen Golgi’s ab. Nach A
sollen die pigmentirten Formen des Tertianfiebers, statt kleiner zu
sein, als die des Quartanfiebers, zuweilen sogar die doppelte Grösse
der rothen Blutkörperchen haben und soll sich der Entwickelungscy-
klus des Parasiten beim Tertianfieber vorzugsweise in den Organen
vollziehen, statt im zirkulirenden Blute, wie dies beim Quartanfieber
der Fall ist. (Verf. sagt nicht, worauf er diese seine Ansicht stützt, ßef.)
A. hat beobachtet, dass bei einigen pigmentirten Formen des
Tertiaufiebers eine Umbildung des Protoplasmas in lauter kleine,
glänzende Kügelchen mit deutlichen Umrissen und dazwischen lie-
gendem Pigment erfolgt. Zuweilen treten aus diesen Körpern Proto-
plasmafäden heraus und so entstehen die geisselförmigen Körper La-
veran’s. Solange diese Bildung kleiner Kügelchen fortdauert, ist
das Protoplasma in thätiger Bewegung und wenn die ganze Proto-
plasmamasse in einen Kugelhaufen umgebildet ist, hört jede Bewe-
gung auf. A. meint nun, dass dieser Vorgang das Absterben des
Parasiten darstelle und dass die geisselförmigen Körper eine patho-
logische Form desselben seien. Bordoni-Uffreduzzi (Turin).
Antolisei e Angelini, Nota sul ciclo biologico de 11’ ema-
tozoo falci forme. (Riforma medica. 1890. No. 54, 55 u. 56.)
Verff. bestätigen, was bereits durch die Beobachtungen Ca-
nal is’, Celli’s und March iafava’s bewiesen worden ist, dass
Malaria.
411
sich nämlich bei den unregelmässigen intermittirenden Fiebern, die
im Sommer und im Herbste vorherrschen, im Blute eine besondere
Malaria- Parasitenvarietät findet, die von der des Tertian- und Quartan-
fiebers verschieden ist und sich durch die Halbmondformen Lave-
ran’s unterscheidet. Wie Canalis beobachtet hat, so haben auch
Verff. bestätigt, dass dieselbe Varietät zuweilen ihren Entwicke-
lungscyklus schnell durchläuft und alsdann von der Phase der nicht
pigmentirten Amöbe zu jener der rundlich geformten mit einem ein-
zigen Pigmenthaufen und zur Sporulationsphase übergeht, oder die
Sporulation auch erfolgt, ehe der Parasit eine Pigmentspur aufweist,
dass aber zuweilen auch die Entwickelung eine langsamere ist und
der Parasit alsdann zur Spindel- oder Halbmondform gelangt, ehe
er sich reproduzirt. Diese letzteren Formen finden sich eher in dem
aus der Milz extrahirten Blute, als im zirkulirenden (aus dem Finger
extrahirten). Im Blute der Milz trifft man immer mehr Entwicke-
lungsphasen an, als in dem des Fingers, und im Allgemeinen herr-
schen dort die vorgeschrittensten (nicht pigmentirten) Entwickelungs-
formen und die Sporulationsformen vor.
Bordoni-Uffreduzzi (Turin).
Danilewsky, B., Ueber die Mikroben der akuten und
chronischen M al a r i ai nt ek t i on bei Vögeln. (Annales
de llustitut Pasteur. 1890. No. 12.)
Die Reihe seiner hochinteressanten Studien über Blutparasiten
verschiedener Wirbelthiere hat B. Daniiewsky durch den Befund
einer akuten Malariakrankheit bei einigen Vögeln vervollständigt.
Entsprechend dem menschlichen Sumpffieber, welches sich in seiner
akuten Form durch amöboid gestaltete, pigmentiose, sowie pigment-
haltige Parasiten, welche, der Tneilung fähig, ein gänseblumenähn-
liches Stadium durchlaufen, charakterisirt, während es in seiner chro-
nischen Form sich durch den Parasitismus von halbmondförmigen Kör-
pern (P s e u d o v e r m i c u 1 i von Danilewsky oder Laverania von
Grassi und Feletti) und geisseltragenden Stadien (Polymitus
Dan.) auszeichnet, kommen beide Arten analoger Erkrankungen auch
bei den Vögeln vor. Neben dem analogen Befunde von Blutpara-
siten zeigen die beiden Malariaformen auch eine Analogie in Bezug
auf den Krankheitsverlauf. So z. B. zeigen die an chronischer Ma-
laria erkrankten Vögel keine Temperaturerhöhung und erscheinen in
ihrem Habitus und Gewohnheiten den normalen Thieren vollkommen
gleich, weshalb sie auch früher vom Verf. als „gesunde“ ange-
sprochen wurden.
Während diese chronische Malaria der Vögel vom Verf. bereits
früher näher studirt worden ist, konnte derselbe erst kürzlich eine
akute Krankheitsform bei diesen Thieren auffinden. Die dabei
beobachteten Parasiten sind denjenigen ganz analog, welche bei
der Febris tertiana oder quartana des Menschen bekannt geworden
sind. Die Temperatur des erkrankten Vogels steigt um 1 — 1;5° C
und mehr; er verliert den Appetit, wird schläfrig und theilnahmslos ;
seine Befiederung verdirbt und bisweilen treten sogar Krämpt auf.
Der Vogel wird auffällig krank, zumal er auch an Gcwich; ver-
412
Malaria.
liert. Diese Krankheitssymptome gehen parallel mit der Vermehrung
der Parasiten. Der ganze Cyklus verläuft ungefähr in 4 — 6 Tagen
und endigt mit spontaner Heilung, welche durch das Verschwinden
der Mikroben aus dem Blute resp. durch das Zurückgehen zur Norm
dokumentirt wird. Indessen gehen auch einige erkrankte Vögel zu
Grunde, und zwar gerade während der Periode der stärksten Ver-
mehrung der Parasiten.
Im Beginn der Erkrankung erscheint der in den rothen Blut-
körperchen befindliche Mikrobe in Gestalt eines kleinen unbeweglichen
Körperchens (Pseudovakuole Dan ile wsky) von einer unregelmässigen,
eckigen oder abgerundeten Form und dabei ohne Melaninkörnchen. Das
Fehlen amöboider Bewegungen zeigt den auffallendsten Unterschied
von dem entsprechenden Stadium des menschlichen Malariaparasiteu.
Am zweiten Krankheitstage erscheinen die endoglobulären Mi-
krobeu bedeutend vergrössert und bereits melaninhaltig; am dritten
oder vierten Tage sammeln sich die MelaDinkörnchen zu einem cen-
tralen Haufen, worauf nun die Vermehrung des Parasiten erfolgt.
Es bilden sich in dem letzteren radiär verlaufende Furchen, welche,
sich in die Substanz vertiefend, denselben in mehrere Sprösslinge theileu.
Die Zahl der letzteren beläuft sich auf 8 — 10, nicht selten aber 20
und mehr. Der ganze Sporenhaufen erscheint nunmehr gänseblumen-
artig oder auch maul beerförmig. Die Theilungssprösslinge halten sich
nicht lange zusammen, sondern gehen bald aus einander und gelangen
dann in freiem Zustande in das Blutplasma. Solche freien „Sporen“
erscheinen in Form sehr kleiner, ovaler oder rundlicher Körperchen
mit einem scharfen, an den Polen verdickten Kontour. Im Ganzen
zeigen solche Sporen grosse Aehnlichkeit mit denjenigen eiuiger Spo-
rozoen (der Sarko-, besonders aber der Mikrosporidien).
Die Ausbildung der halbmondförmigen und geisseltragenden
Formen aus ursprünglich ganz gleichen rundlichen Körperchen
(Pseudovakuolen) nimmt bei einigen Vögeln gewöhnlich mehr Zeit in
Anspruch (6 — 7 Tage), als die Entwickelung der Parasiten der akuten
Fieberform. Bei der Elster und der Saatkrähe verläuft dagegen die
ganze Krankheit in einer fünftägigen Periode, nach deren Ablauf die
Zahl der Blutparasiten sich rasch vermindert. In anderen Fällen
bleiben freilich die Laverania- und Polyraitusformen längere
Zeit, bis 20 Tage, im Blute, worauf sie schliesslich doch verschwinden.
Nach einer kürzeren oder längeren Pause kommen die Parasiten von
Neuem zum Vorschein, so dass eine bestimmte Periodizität der Er-
scheinungen unbedingt angenommen werden muss.
Im Ganzen siebt Verf. in seinen bei Vögeln gemachten Befunden
eine Bestätigung seiner früheren Ansicht von der nahen Verwandt-
schaft der Parasiten des menschlichen Sumpffiebers und der Malaria
der Vögel, so dass beide in ein und dasselbe Genus untergebracht
werden müssen. Obwohl die Frage, ob die halbmondförmigen , die
geisseltragenden, die gänscblumeuähnlichen und kugeligen Formen
nur Stadien eines und desselben Organismus oder verschiedene
Spezies repräsentiren, zur Zeit noch nicht entschieden werden kann,
so neigt der Verf., und wohl mit Recht, der ersteren Ansicht zu.
El. Metschnikoff (Paris).
Gallenblaser.entzündang. — Sympathische Ophthalmie.
413
Gilbert A., etGfrode, J., Contribution a l’6tude bactörio-
logique des voies biliaires. (La Sem. med. X. 1890. No. 58.)
Die Verff. hatten Gelegenheit, 2 Fälle von eitriger Gallenblasen-
entzündang, die im Verlauf von Gallensteinkrankheit entstanden
waren, bakteriologisch zu untersuchen. Bei der einen Kranken schnitt
Brocat mit Erfolg die Gallenblase heraus. Die andere ging un-
mittelbar nach ihrer Aufnahme ins Krankenhaus zu Grunde; bei der
Autopsie fand sich nicht allein die Gallenblase, sondern auch die
grossen und kleinen Gallengänge mit Gallensteinen und Eiter ange-
füllt. In beiden Fällen konnten die Verff. nur einen, und zwar den-
selben Mikroorganismus aus dem Eiter züchten, der, wie sich bei
Kulturen auf festen und flüssigen Nährböden unzweifelhaft ergab, mit
dem Escherich’schen Bacterium coli commune identisch war.
Vermuthlich finden sich für gewöhnlich in den Gallenwegen keine
Mikroorganismen , wenigstens haben die Verft. bei allen gesunden
Thieren, die sie zum Zweck dieser Untersuchung tödteten, keine Mikro-
organismen in der Gallenblase gefunden. Unter 8 menschlichen Leichen,
die sie 24 Stunden nach dem Tode öffneten, fanden sie nur zweimal
Mikroorganismen in der Gallenblase, mussten es aber natürlich unent-
schieden lassen, ob sie schon während des Lebens dort waren oder
ob sie erst nach dem Tode eiDgewandert sind. Doch vermuthen sie,
dass alle schweren oder tödtlichen Krankheiten, welche eine Vermin-
derung oder eine Veränderung der Galle herbeiführen oder mit einer
Herabsetzung der Kontraktilität der Gallenwege verbunden sind, das
Eindringen von Darmbakterien begünstigen. Sie fanden aber auch, ab-
weichend von dieser Annahme , bei einem Fall von Typhus mit
Cholecystitis diese Veränderung bedingt durch den Typhusbacillus
und nicht durch Darmbakterien.
Die günstigste Bedingung für das Eindringen von Darmbakterien
in die Gallenwege wird durch mechanische Behinderung der Gallen-
bewegung, zumal durch Gallensteine, gegeben.
Dass übrigens das Eindringen des Escherich’schen Bacillus
in die Gallenblase nicht nothwendig eitrige Entzündung derselben be-
dingen muss, lehrt die Beobachtung, dass die Verff. in einer wegen
Choleiithiasis herausgeschnittenen Gallenblase grosse Mengen dieses
Mikroorganismus fanden, ohne sonstige krankhafte Veränderungen.
(Soc. de Biol. 27. Dez. 1890.) M. Kirchner (Hannover).
Llmbourg und Levy, Untersuchungen über sympathische
Ophthalmie. [Aus dem Laboratorium der medicinischen Klinik
und der Augenklinik zu Strassburg.] (Archiv für experimentelle
Pathologie und Pharmakologie. Bd. XXVIII. Seite 153.)
Verff'. versuchten, an Thieren die sympathische Ophthalmie künst-
lich zu erzeugen.
In vier Fällen von sympathischer Ophthalmie beim Menschen
gelang es ihnen, eine und dieselbe Staph ylococcusart reinzu-
züchten, darunter einmal in Mischinfektion mit Streptokokken.
Die Vorgefundenen Staphylokokken stimmten mit dem Staphylo-
coccus cereus albus von Rosenbach überein.
IX. Bd.
87
414
Sympathische Ophthalmie. — Bakterien in den Lochien.
Ausser mit diesen Staphylokokken experimentirten Verff. auch
noch mit dem Staphy loeoccus pyogenes aureus und albus
und einem noch nicht beschriebenen Bacillus, ferner mit dem Diplo-
coccus pneumoniae Fraenkel, mit Staphylokokken anderer
Provenienz und einem pyogenen Bacillus, welcher von Levy in einem
Falle von Pyämie im Blute gefunden worden war. (Vgl. dieses Cen-
tralblatt. Bd, VII.)
Im Ganzen wurden 25 Kaninchen und 17 Meerschweinchen theils
in den Glaskörper, theils in die vordere Augenkarnmer geimpft.
Allgezneininfektion wurde nur selten bei den Versuchstieren
beobachtet, nur in einigen Fällen bedeutende Veränderungen in der
Umgebung des Auges. Die Reaktioo war in hohem Grade von der
Virulenz der injizirten Mikroorganismen abhängig
In den Sehnervenbahnen konnten durch Kulturen niemals Mi-
kroorganismen nachgewiesen weiden.
Nach den bisherigen Untersuchungen ist mau nicht berechtigt,
eine bestimmte Bakterienart als spezifische Ursache der sympathischen
Ophthalmie anzusehen. Dittrich (Prag).
Artemieff , Ueber die mikro- und bakterioskopische
Untersuchung der Lochien. (Zeitschrift für Geburtshülfe
und Gynäkologie. Band XVII. Heft 2).
Verf. untersuchte die Lochien gesunder Wöchnerinnen in den
ersten neun Tagen des Wochenbettes und kam dabei zu folgenden
Resultaten :
1) Die Lochien gesunder Wöchnerinnen bestehen aus rothen Blut-
körperchen, Locheiocyten, Plattenepithel, Schleimkörperchen und fettig
degenerirten Zellen.
2) In den ersten Tagen des Wochenbetts prävaliren die rothen
Blutkörperchen (Lo ch i a ru b ra) , darauf nimmt nach und nach
ihre Zahl ab (Lochia serosa) und die der Locheiocyten zu, die
am siebenten, achten und den folgenden Tagen den Hauptbestand-
theil der Lochien bilden (Lochia alba), mir mit Beimischung von
Plattenepithel, Schleimkörperchen und fettig degenerirten Zellen.
3) In den meisten Fällen ist die Reaktion der Lochien anfangs
neutral, später (am 7., 8. und an den folgenden Tagen) wird sie schwach
sauer. Bei schwangeren Frauen war die Sekretion der Scheide
immer von saurer Reaktion.
4) Eiterkörperchen in den Lochien sind als pathologisches Pro-
dukt zu betrachten, da normale Lochien vollkommen gesunder Wöch-
nerinnen sie nicht enthalten.
5) Locheiocyten und Eiterkörperchen sind durch ihre Grösse
leicht von einanderzu unterscheiden; die ersteren sind gleich 12 — 14//,
die letzteren kommen gleich 8—9//.
6) Bei Färbung sowohl von Präparaten aus Eiter, als auch von
solchen aus Lochien erscheinen die Locheiocyten als aus intensiv ge-
färbten Kernen (2, 3, 4 und mehr), von einem hell und deutlich
markirteu Kreise umgeben, bestehend, während die Eiterkörperchen
Dermatophiius penetrans. — Holostomiden.
415
vollständig gefärbt erscheinen und in ihrem Protoplasma nicht die
Gegenwart von Perekörperehen entdecken lassen.
7) Die Lochien vollkommen gesunder Wöchnerinnen enthalten
keine Mikroorganismen. Dittrick (Prag).
Coronadö? E. Y.s Dermatophiius peaetrans de los paises
cäiidos-Nigua. (Crönica m6dico-quirürgica de la Habana. 1890,
April.)
Nach Aufzählung der verschiedenen Namen, unter denen der
Sandfloh bei Weissen, Rothen und Schwarzen bekannt ist und Kon-
statirung, dass es auf der Insel Cuba kaum eine Stelle gibt, wo das
Insekt nicht vorkäme und dass die Anzahl desselben auf dem sog.
staubrothen Boden geradezu ungeheuer ist, beschreibt Verf. das
Thierchen des genaueren, wobei er auf die bekannte Thatsache auf-
merksam macht, dass nur das harmlose Männchen dem gewöhnlichen
Floh gleicht, während das Weibchen viel heller ist. Er gibt an, dass
das Weibchen zwar für seine Eier einen Wirth im Körper irgend eines
Thieres, besonders des Schweines und der Maus, dann auch des
Hundes und des Affen sowie des Menschen ohne Unterschied der
Rasse sucht, die Vermehrung aber nicht an diesen Parasitismus ge-
bunden ist, da das Insekt sich zu Tausenden im Staube längst ver-
lassener Wohnungen findet. Dann beschreibt Verf. die Pathologie
des durch das Insekt hervorgerufenen Zustandes und unterscheidet
dabei das Stadium des Eindringens, des Brütens und des Ausstossens
der Brut. Krankheitserscheinungen werden gewöhnlich dadurch nicht
hervorgerufen, besonders nicht bei den sog. „Flohmatzen“, die ihre
Nester au Füssen, Händen, Scrotum, Nabel etc. ruhig dulden. Da-
gegen kommen allerlei Wundkrankheiten, selbst Starrkrampf, dann
häufig zur Beobachtung, wenn ungehörige Entfernungsversuche mit
unreinen Händen und Instrumenten gemacht werden. Die beste Behand-
lung i3t die antiseptisch chirurgische Ausziehung der einzelnen Sand-
llöhe. Bei bedeutender Anzahl haben Verf. Sublimatbäder, zweimal
täglich drei bis vier Tage nach einander oder auch Einreibungen mit
2% Karbolvaselin gute Dienste geleistet. Volksmittel sind Terpen-
tinöl und Petroleum. Wirksame Vorkehrungsmaassregel ist das Fort-
schwemmen alles Staubes durch reichliches Begiessen des Bodens.
S e n t i n o n (Barcelona).
Brandes, Gh, Die Familie der Holostomiden. (Zoologische
Jahrbücher, Abtheilung für Systematik etc. Band V. Heft 4. p. 549 —
604. Mit 3 Tafeln.)
Diese Trematodenfamilie ist durch Ausmündung der männlichen
und weiblichen Geschlechtswege am hinteren Körperpole sowie durch
Entwickelung eines sehr eigentümlich und mannigfaltig gebauten
Haftapparates und eines mit ihm in Verbindung stehenden Drüsen-
komplexes unterhalb des Bauchsaugnapfes scharf charakterisirt. Auch
die Gliederung in 3 Unterfamilien ergibt sich nach den Resultaten
der anatomischen Untersuchung des Haltapparates sehr zwanglos,
da derselbe nach 3 leicht aus einander zu haltenden Prinzipien
27*
416
Untersuchungsmetboden, Instrumente etc. — Schutzimpfung etc.
gebaut ist Die Diplostomeen ^mit dem Genus Di plos tom u m1 2)
und Polycotyle umfassen Formen, bei denen der Haftapparat in
Form einer mit drüsigen Papillen besetzten Höhle auftritt. Dasselbe
Organ stellt bei den Hem is to m een (Genus Hemistomum 3Species)
einen massiven Zapfen dar, der durch Uebergreifen seiner mehr oder
weniger lamellösen Ränder zum Anheften geschickt ist, während die
Holostomeen (Gen. Holostomum) 3) ein sehr koroplizirtes Ge-
bilde aufweisen, bestehend aus einem bedeutend entwickelten, tief
ausgehöhlten und mannigfach zerschlitzten Zapfen mit einer cylin-
drischen Umhüllung, die als durch Verwachsen der Ränder des abge-
platteten vorderen Körpertheiles entstanden zu denken ist. Betreffs
der weiteren Anatomie, der Entwickelungsgeschichte und der syste-
matischen Details sehe man die Arbeit selbst ein.
G. Brandes (Halle a. S.).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Alessi, Cr., Metode di colorazione dei bacilli della tubercolosi nel latte. (Bullett. d. r.
accad med. di Roma. 1890. No. 6/7. p. 428 — 430.)
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Büchner, H., Die chemische Reizbarkeit der Leuko-
cyten und deren Beziehung zur Entzündung und
Eiterung. [Nach einem Vortrage in der morphologisch-physio-
logischen Gesellschaft zu München am 11. November 1890.] (Berliner
klin. Wochenschr. 1890. No. 47.)
Die hier mitgetheilten , in Gemeinschaft mit Friedrich
Lang und Friedrich Römer ausgeführten Untersuchungen
schliessen sich an jene des Verf.’s über pyogene Stoffe in der Bak-
terienzelle (Berl. klin. Wochenschr. 1890. No. 20) an.
Bereits durch Leber, Massart und Bordet und Gabrit-
schewsky ist nachgewiesen worden, dass die Emigration der Leuko-
cyten und ihre Anhäufung am Entzündungsherde durch anlockende
1) Nach den Abmachungen auf dem internationalen Kongress (Paris 1889) wird die
Endung idae für die Familie und die Endung eae für die Unterfamilie angewendet.
2) Hierbei ist zu bemerken, dass dieses Genus Diplostomum mit 8 Species
neu ist und nichts zu thun hat mit dem von v. Nordmann aufgestellten, das jetzt
Buszumerzen ist, da es in Unkenntniss der Sachlage für Jugendstadien von Holosto-
mi d e n geschaffen wurde, die am besten sämmtlich alsTetracotyle bezeichnet werden.
3) 28 Species. Auch aas Diesing’sche Genus Eu stemm a ist eine Holo-
st o m u m - Species.
Schutzimpfung, künst). Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmuug etc. ^17
chemische Reize, die von hier ausgehen, bedingt ist (Chemo-
taxis [Pfeffer]). Aus den genannten Versuchen hat man auch
erfahren, dass Bakterienkulturen am stärksten von allen geprüften
Substanzen anlockend auf Leukocyten wirken. Entgegen der gewöhn-
lichen Annahme, dass die Zersetzungsprodukte der Bakterien die
Träger der chemotaktischen Wirkung seien, hat Verf. in der
früheren Mittheilung gezeigt, dass diese Eigenschaft den Ei weiss-
körpern des Inhaltes der Bakterienzelle zukommt.
In analoger Weise, wie früher aus Kulturen von Fried-
länder’s Pneumobacillus, suchte Verf. Proteine aus anderen Kul-
turen nach Nencki’s Verfahren zu erhalten. Nicht aus allen Bak-
terienarten konnten die Eiweisskörper durch stark verdünnte Kali-
lauge in genügender Menge extrahirt werden. Die beste Ausbeute
an Proteinen wurde aus Kartoffelkultureu des B. pyocyaneus er-
halten. Die Vegetation, mit etwas Wasser und dem ca. 50 fachen
0,5 °/0 Kalilauge in der Reibschale verrieben, quillt zu einem zähen
Schleim, der sich bei Digestion im Wasserbade verflüssigt. Nach
einigen Stunden ist der grösste Theil der Bakterien inasse gelöst.
Man filtrirt durch kleine Papierfilter.
Das klare, von Pyocyanin gefärbte Filtrat gibt bei vorsichtigem
Ansäuern mit verdünnter Essigsäure oder Salzsäure einen volumi-
nösen Niederschlag von Protein. Dieses wird mit Wasser ausge-
waschen, dann in Wasser vertheilt und durch Zusatz einiger Tropfen
Sodalösung aufgelöst. Die (ca. 10 °/0 ige) Lösung zeigt dunkelbraune
Farbe und die Neigung, in der Kälte zu gelatiniren. Die chemischen
Reaktionen des Pyocyaneusproteins stellen es wie das Pneu-
mobacillenprotein den Pflanzenkaseinen an die Seite. Die Protein-
ausbeute (mit 11,52% Asche, grösstentheils Kochsalz) aus Pyo-
cyaneus beträgt bis nahezu 20% der Trockensubstanz. — Auch
aus Kulturen von Mi er. pyogenes aureus, B. typhi abdom.,
subtilis, acidi lactici, solani tuberosi ruber konnten
genügende Mengen von Protein hergestellt werden. — Aile diese
Bakterienp rote Ine wirkten nun stark anlockend auf
Leukocyten. Die Versuche wurden so angestellt, dass die ge-
lösten Proteine in spindelförmige, mehrere Millimeter weite Glas-
röhrchen eingeschmolzen, durch längeres Auskochen sterilisirt und
unter die Rückenhaut von Kaninchen eingeschoben wurden. Subkutan
wurden schliesslich die Spitzen der Röhrchen abgebrochen. — Auf
Asepsis wurde dabei das grösste Gewicht gelegt und jedesmal wurde
experimentell konstatirt, dass lebende Bakterien bei der nun folgenden
Leukocytenansammlung (Eiterbildung) unbetheiligt waren. — 2 bis 3
Tage nach der Einführung fanden sich in den freien Enden der Röhr-
chen stets mehrere Millimeter starke Pfropfen von faserstoffhaltigem
Eiter mit zahllosen Rundzellen. Besonders intensiv anlockend wirkte
das Typhusbacillenprotein, bei welchem sich auch die Umgebung der
Druckstelle mit Leukocyten infiltrirt erwies.
Ist durch vorstehende Versuche bewiesen, dass die Eiweisskörper
der Bakterienzelle anlockend auf Leukocyten wirken, so lehrten
weitere Versuche mit chemischen Substanzen, die als Zers etzun gs-
stoffe der Bakterien bekannt sind, wohl in Betracht kommen
418 Schutzimpfung, kiiusil Infektionskrankheiten, Entwichelungshemnaung etc.
konnten (buttersaure3 uoc» valeriansaures Ammon, Trimethylamin,
Ammoniak, Leucin, Tyrosin, salzsaures Glykokoll, Harnstoff, harn-
saures Ammon, Skatol in 1—5% Lösung in Kapillaren sterilisirt unter
die Haut gebracht und durch 24 Stunden hier liegen gelassen), da9S
die meisten negative Chemotaxis zeigen, einige sich indifferent ver-
halten und nur Leucin und Glykokoll anlockend wirkten , aber in
unvergleichlich geringerem Maasse, als die gleichzeitig geprüften
Proteine. (Kadaverin [Putresoin, Phlogosin. Ref.] stand nicht zur
Verfügung.)
Verf. zeigt weiterhin, dass nicht bioss die Bakterien die spezi-
fischen Lockstoffe für Leukoeyten enthalten. Die Versuche lehrten,
dass Glutinkasein aus W eizenkleber, ebenso Legumin aus
Erbsen in schwach alkalischer, 5 — 10%iger Lösung stark positiv
chemotaktisch für Leukoeyten sind. — Ebenso bewirkte Injektion
von Weizenmehlbrei und Erbseumehlbrei enorme Leukocytenanhäufung.
— Koutrollversuche mit Kieselguhremulsion in 0,7 °/0iger Kochsalz-
lösung, mit Stärkemehl und 1 °/0 Dinatriumphosphat lehrten, dass
bei der Wirkung der Mehlbreie der „taktile“ Reiz sowie die ge-
nannten Stoffe nicht betheiligt smd. Diese Wirkung dürfte also auf
die Pfianzenkaseine zu beziehen sein, die iu den Samen der Cerea-
lien und Leguminosen als vorhanden angenommen werden. Verf.
vermuthet per analogiam, dass die von ihm dargestellten Bakterieu-
protei'ne in der Bakterienzelle präexisteut seien und von ihnen daher
auch die pyogene Wirkung der sterilisirten Kulturen ausgehe.
Verf. weist darauf hin, dass hiermit auch die Aufklärung ange-
bahnt sei, warum die Leukoeyten — wie seit Langem bekannt —
jene Orte im Organismus aufsuchen , wo Resorptionsprozesse patho-
logischer oder physiologischer Natur vor sich gehen. Mit Rücksicht
auf derartige Vorgänge physiologischer Art wurden vom Verf. auch
Umwandlungsprodukte thierischer Gewebe gegen Leukoeyten geprüft.
— Pepton (Grübler) zeigte keine Lockwirkung, eine starke
dagegen Leim aus Knochen (10%) und Hausenblase, ferner
5 — 10%ige, schwach alkalische Lösungen von Alkalialbumi-
naten, die aus M us kel f lei s ch, Leber, Niere und Lunge
von Kaninchen durch Behandlung mit 3°/0iger Kalilauge, fällig mit
verdünnter Säure u. s. w. erhalten worden waren. Schwächer
anlockend wirkten die Alkalialb uminate aus Blut und
Eidotter; ohne Wirkung blieben die Albuminate aus Fibrin und
Eierei w eis s. — Stark anlockend wirkte Hemialbumose
(Grübler). — Nach allen diesen Versuchen scheint es also, dass
die allerersten, wenigst modifizirten Umwandlungs-
und Ze r fall s pr o d u k te der tbierischen Gewebe chemotaktisch
auf die Leukoeyten wirken.
Nach neueren Versuchen, besonders denen v. Limbeck's, ist
allgemeine Leukocytose eine Theilerscheinung einer Reihe
fieberhafter, entzündlicher Prozesse.
Versuche ßömer’s zeigten nun, dass direkte, intravenöse In-
jektion (in die Ohrvene von Kaninchen) der Leukocyter.reizstoffe
beträchtliche Zunahme der Leukocytenzahl im Blute
Schutzimpfung, küustl. Infektionskrankheiten, Entwickeiungsbemasung etc. 419
bewirkt. Die Zunahme trat gewöhnlich erst nach 8 Stunden deut-
lich hervor, hielt aber dann bis zum nächsten Tage an und konnte
durch erneute Injektion gesteigert werden. So ging das ursprüng-
liche Verhältuiss der weissen zu den rotheri Blutkörperchen von
1 : 318 bei täglicher Injektion von je 2 ccm 8°/0iger Pyocyaneus-
protein-Lösung endlich am Abend des 4. Tages in das Verhältuiss
I : 38 über. Diese Veränderung ist nicht, auf Abnahme der Zahl der
rothen Blutkörperchen zu beziehen. Diese blieb fast unverändert.
Die Berechnung ergab fast 7 fache Vermehrung der Leukocyten. Die
weissen Blutkörperchen fanden sich dabei sehr häufig in Gruppen
von 2, 4, ja 10 und 20 an einander haftend im Veneublute. — Aehn-
lieh, aber schwächer, wirkten Giutinkasein und Alkalialbuminat aus
Kalbsmuskel.
In einem Schlussabschnitte behandelt B. die Beziehungen
der Leukocytenanlockung zur Entzündung und Eite-
rung. Nur wenn Bakterien im Gewebe in Involution gerathen und
zu Grunde gehen, und Ausscheidung von Inbaitsstoffen der Zelle,
und zwar von Bakterienprotei'nen erfolgt, findet chemotaktische
Wirkung auf die Leukocyten und damit Ansammlung derselben am
Entzündungsherde statt. Alle von B. geprüften Zersetzungsstoffe der
Bakterien verhielten sich in dieser Beziehung indifferent. Kadaverin
stand ihm nicht zur Verfügung.
B. vermuthet, dass seine pyogene Wirkung indirekt zu Stande
komme, ähnlich wie er sich die Wirkung des Trimethylamin vor-
stellt. Dieser Stoff lockt beim Röhrchenversuch (s. o.), wobei nur
wenig davon ins Gewebe gelangt, die Leukocyten nicht an. Wohl
aber tritt nach seiner subkutanen Injektion binnen 8 — 14 Tagen
Eiterung eiu. Bei letzterer Versuchsordnung finden unter Einwirkung
des injizirten Stoffes Zersetzungen im umliegenden Gewebe statt.
Unter den Umwandlungsprodukten desselben können solche sein,
welche ähnlich wie die Alkalialbuminate auf Leukocyten wirken.
Dass so giftige Stoffe wie Kadaverin, Trimethylamin, Terpentin, Ka-
lomel, dass Quecksilber direkt die Leukocyten locken , ist nicht an-
zunehmen.
Den Unterschied zwischen Eiterung und der An-
häufung der Leukocyten bei einem einfachen Resorp-
tionsvorgange findet B. lediglich in der Rück wan d erung. Bei
der entzündlichen Eiterung begeben sich die Leukocyten an Orte,
wo sie der schädlichen Wirkung von Bakterienstoffen ausgesetzt sind,
gelähmt werden, sich immer mehr anhäufen uud degeneriren.
Bei den Resorptionsvorgängen dagegen erfolgt Rückwanderung,
welche der Zuwanderung bald die Waage hält, so dass die Gesammt-
menge der örtlich versammelten Leukocyten von da an nicht mehr
wächst.
Durch Versuche am Menschen kommt B. zu dem wichtigen
Schlüsse, dass die entzündliche Reizung der fixen Ge*
webselemente mit der Leukocytenanlockung unlös-
lich verbunden sei. Die chemotaktischen Stoffe rufen stets beide
Wirkungen hervor. — 3,5 mg Protein d e s ß. py o cy an e u s in
1 ccm Lösung aseptisch unter die Haut des Vorderarms gebracht.
4.20 Schutzimpfung, küustl. Infektioaskranklieiffiu, Entwickeluogshumuiung etc.
halte ganz ähnliche Wirkung, wie die seiner Zeit von B. versuchte
sterilisirte Kultur des Pneumobacillus (Berl. kliu. Wochenschr. 1890.
No. 10): Schmerzgefühl, besonders längs der Impfbahnen des Armes
2 Stunden nach der Injektion, Schwellung der Impfstelle. — Am
folgenden Tage erysipeiartige Schwellung, Röthung und Erhitzung der
Haut um die Impfstelle in der Ausdehnung von zwei Handtellern,
Röthung längs der Lymphbahnen. Lebhafter Schmerz. — Am 3.
Tage Ausdehnung der Entzündung über die ganze eine Seite des
Vorderarms. — Vom 4. Tage an Rückbildung. — Allgemeinbefinden
kaum gestört, Körpertemperatur nicht über 37,8 0 C.
Viel schwächer, aber prinzipiell gleichartig, war die Wirkung des
Glutinkase'ias. 10 mg in 1 % Lösung erzeugten binnen 24 Stunden
handtellergrosse, erysipelartige Schwellung. Röthung und Tempera-
turerhöhung an der Impfstelle. Am folgenden' Tage schon begann
das Verblassen. Der Schmerz war sehr gering gewesen , längs der
Lymphbahnen war keine Röthung eingetreteo. Trotzdem ist nicht
zu zweifeln, dass die Reaktion eine entzündliche war, und dass man
durch grössere Mengen des Stoffes die heftigsten Erscheinungen her-
vorrufen könnte.
Zum Schlüsse betont Verf. die praktische Bedeutung seiner Ver-
suchsergebnisse. — Schon 1877 hat Verf. die Ueberzeugung ausge-
sprochen, dass die Entzündung eines der wirksamsten Schutzmittel
gegenüber den Bakterienvegetationen darstellt. In diesem Sinne hat
er damals seine Versuche über künstliche Begrenzung des Brandes
augestellt. Seit Jahren suchte er Mittel zu finden, um eine bakte-
rienfreie, nach Intensität und Ausdehnung willkürlich zu begrenzende
Entzündung zu erzeugen. Vielleicht kann auf dieses Ziel durch Ver-
suche mit den neu aufgefundenen , harmlosen chemischen Ent-
zündungsstoffen mit mehr Erfolg hingearbeitet werden.
Am meisten Aussicht auf Heilerfolge bieten die chronischen In-
fektionen, wie Verf. immer hervorgehoben hat. Das Koch’sche
Heilverfahren bei Tuberculose muss diese Hoffnung erhöhen.
M. Gruber (Wien).
Kianowsky, B., Zur Frage über die antibakteriellen
Eigenschaften des Magensaftes. (Wratsch. 1890. No. 38
—41.) [Russisch.]
Durch eine Reihe sorgfältiger Versuche am Menschen überzeugte
sich der Verf., dass:
1) der nüchterne Magen (14—18 Stunden nach der ietzten
Mahlzeit) zahlreiche Mikrobien enthält.
2) Die Zahl der Bakterienkolonieen , welche aus dem Magenin-
halte eine Stunde nach der Mahlzeit erhalten werden, scheint in
keinem Verhältnisse zu seiner Acidität und zu seinem Salzsäure-
gehalte zu stehen; sie häDgt direkt von dem Mikrobiengehalte der
eingeführten Nahrung ab.
3) Der Magensaft tödtet bei mittlerer Acidität und bei mittlerem
Salzsäuregehalte die im Magen enthaltenen Mikroorganismen syste-
matisch , d. h. es gehen desto mehr Mikrobien zu Grunde, je länger
der Magensaft wirkt.
Bakteriol. vom X internationalen mediciniscben Kongresse zu Berlin. 42t
4) Eine strenge Proportionalität zwischen der Steigerung der
Acidität des Mageninhaltes und dem Zugrundegehen der Mikrobien
existirt nicht.
5) Bei sehr schwacher Acidität des Mageninhaltes findet keine
Abtödtung der Bakterien statt; im Gegentheii, es wächst ihre Zahl
beständig.
6) Versuche an Kranken, deren Magensaft noch genügende Quan-
tität freier Säure enthielt, zeigten , dass ihr Saft dieselben antibak-
teriellen Eigenschaften besitzt, wie derjenige gesunder Menschen.
Steinhaus (Warschau).
Fowler, George E., The sterilization of Catgut, with a
description of a new simple, and efficient method.
(New York Med. Record. No. 1032. 1890. p. 177.)
Um das käufliche Katgut keimfrei zu machen, kocht es Verf.
eine Stunde lang in 97 °/ö Alkohol (Siedep. 85 0 C), wodurch eine
vollkommene Sterilisirung und gleichzeitig auch eine gründliche Ent-
fettung erreicht wird. Bei der von Hodenpyl ausgeführten bakte-
riologischen Untersuchung ergab sich, dass von dem nicht sterilisirten
Katgut, wenn es auf Nährböden gebracht wird, sich immer eine
grosse Anzahl von Bakterienkolonieen entwickelt. Fünf Minuten
langes Kochen des Katguts in Alkohol bewirkt eine erhebliche Ver-
minderung der lebensfähigen Keime, während das eine Stunde lang
gekochte Katgut, wenn ausgesät, steril bleibt. W7urden Stückchen Kat-
guts 24 Stunden lang in frischen Fleischbrühekulturen von Strepto-
coccus pyogenes, Staphyloc. pyog. au reus, Anthraxbacillen
und -sporen belassen und dann mit siedendem Alkohol behandelt,
so blieben alle damit angelegten Kulturen steril, wenn die Ein-
wirkung 45 Minuten oder länger angedauert hatte. Nach halbstün-
digem Kochen waren die Milzbrandsporen noch entwicklungsfähig,
dagegen die Milzbrandbacillen und die Eiterkokken abgetödtet. Eine
kürzere Dauer der Einwirkung des siedenden Alkohols gab unsichere
Resultate. Kral (Prag).
Origsnalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medicinischen
Kongresse zn Berlin, 4, — 9. August 1890»
(Fortsetzung.)
Aus den Abtheil ungs-Sitzungeu.
XV. Abtheilung: Hygiene.
Herr Sormani (Pavia). Ueber Aetiologie, Pathogenese
und Prophylaxe des Tetanus.
Nach einem einleitenden Rückblicke auf die Resultate der jüngsten
42 2 ßakteriol. vom X. internationalen mediciniscben Kongresse zu Berlin.
bakteriologischen Forschungen über Tetanus bemerkt S., dass er vor-
erst die Frage über die Provenienz des Tetanusbacillus, welcher sich
so konstant in gedüngtem Boden , in Stall- und Strassenerde und
auch im Fussbodenstaube der Wohnungen vorfindet, experimentell zu
beantworten suchte. S. hatte bereits nachgewiesen , dass Thiere den
Tetanusbacillus mit der Nahrung zu sich nehmen können , ohne zu
erkranken, dass der Bacillus den ganzen Digestionstraktus passirt,
ohne etwas von seiner Virulenz einzubüssen und dass dann die Fäces
der betreffenden Thiere stark tetanigen sind. Als er seine Unter-
suchungen auf Thiere ausdehute, welche vorher keine Tetanuskultur
erhalten hatten, fand S. , dass die Fäces vieler Thierarten natürlich
tetanigen sind. Um jede Fehlerquelle zu vermeiden, wurden die
Fäces den Thieren ausserhalb des Laboratoriums direkt mittelst
sterilisirter Glasröhren entnommen. Das frühere Resultat wurde
neuerdings bestätigt und die Fäces von Meerschweinchen, Kaninchen,
Hühnern und Hundeu erzeugten sehr häufig, wenn auch nicht immer,
Tetanus, als sie Mäusen und Kaninchen subkutan verimpft wurden.
Augenscheinlich kam die tetanigene Infektion der Fäces bei diesen
Thieren von der Erde her, mit welcher deren Nahrung gewöhnlich
beschmutzt ist. Ein Hund erhielt als Nahrung Brot und Suppe in
der Weise, dass nichts mit Erde verunreinigt werden konnte. Nichts-
destoweniger blieben die Fäces des Thieres noch weitere zwei Mo-
nate tetanigen. Man untersuchte die Erde der Lagerstätte, auf
welcher es zu ruhen pflegte und konnte in derselben den Tetanus-
bacillus nachweisen. Das Thier führte das Virus durch Belecken
des eigenen Felles ein und thatsächlich fanden sich auch sehr
zahlreiche Haare in seinen Fäces vor. Dieses Resultat bestätigt die
Thatsache, dass es gerade das Verschlucken der tetanigenen Erde
ist, weshalb die Fäces der Thiere das Virus enthalten. Um fest-
zustellen, ob und wann die Virulenz der Fäces aufhört, wenn die
Ursache der Verunreinigung des Futters beseitigt ist, wurden viele
Versuche mit kleineren Thieren angestellt, ohne jedoch eindeutige
Ergebnisse zu liefern. Man wählte daher wieder einen Hund mit
tetanigenen Fäces, dem ein dichter metallener Maulkorb angelegt
und derart befestigt wurde, dass das Thier ausser Stande war. etwas
von aussen einführen zu können. Es erhielt einmal des Tages Brot,
und gut gekochte Milch in reinen Gefässen. Die Fäces dieses
Hundes, welche man unter den erwähnten Kautelen entnahm, wurden
täglich an weisse Mäuse verimpft. Die Mäuse giogen an Septikämie
oder Tetanus zu Grunde. Die Versuche wurden 40 Tage lang fort-
gesetzt. An Tetanus die geimpften Mäuse der ersten 16 Tage; nach
dieser Zeit zeigte keine mehr tetanische Symptome. Wenn inan dem-
nach jede Verunreinigung der Nahrung ausschliesst, so hören die
Fäces auf, tetanigen zu sein. Mit den Fäces von Säuglingen lässt
sich Tetanus auch thatsächlich nicht hervorbringen. Bemerkenswerth
erscheint, dass, wenn auch jede weitere Einführung neuen Giftes per
os ausgeschlossen wird, die Fäces ihre spezifische Virulenz doch
noch 16 Tage hindurch bewahren. Diese Tbatsacbe könnte durch
die im Darmkanal stattfindende Vermehrung des Virus erklärt werden.
Der folgende Versuch zeigt, dass das tetanigene Virus im Darme jene
Bakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin. 423
ursprüngliche Virulenz wiedererlangt, welche durch die Einwirkung
der Magensäfte eine gewisse Abschwäcbung erlitten hat. Bringt man
eine Tetanuskultur in den Magen eines Kaninchens, tödtet es nach
48 Stunden und impft nun vom Mageninhalte desselben eine Maus
und gleichzeitig eine zweite mit dem Darmiuhalte, so wird letztere
früher an Tetanus zu Grunde gehen, als die mit dem Mageninhalte
geimpfte. Alle diese Resultate führen zu der Annahme, dass die
Sporen des Tetanusbacillus, welche sich im Boden vorfinden, aus
Faces herstammen. Durch die Versuche Be um er ’s ist es bekannt,
dass das tetanigene Virus fast ausschliesslich in den obersten Schich-
ten des gedüngten Bodens, der Strassen und der Ställe vorhanden
ist, nämlich ebenda, wo vorzugsweise die Faces der Thiere deponirt
werden. Die auaeroben saprogenen Bacillen, die steten Begleiter
unreiner Tetanuskulturen, können als indirekter Beweis für die Her-
kunft des Tetanusbacillus aus Fäces und Düngergruben angesehen
werden. Uebrigens tragen die saprogenen Bacillen in den Tetanus-
kulturen dazu bei , die Vermehrung des Tetanusbacillus zu be-
günstigen und seine Virulenz zu erhalten. Die Annahme ist nicht
unberechtigt, dass derselbe Vorgang auch im Darmkanal in ähnlicher
Weise stattfinden müsse. Hieraus wird es verständlich, in welcher
Art sich der schädliche Kreislauf etablirt. Die tetanigene Erde ver-
unreinigt die Nahrung vieler Thiere und daher auch ihre Fäces
und aus den Fäces, in welchen sich das tetanigene Virus vermehrt
hat, gelangt wieder eine grössere Quantität desselben Virus auf die
Bodenoberfiäche zurück. Dadurch wird es klar, weshalb die tetanigene
Infektion insbesondere durch Verunreinigung von Wunden mit ge-
düngter Gartenerde, oder mit Erde von Feldern, Strassen, Ställen etc.
stattfindet und wie solche Erde auch auf den Fussboden der Woh-
nungen gelangen kann. Schliesslich findet damit auch die Häufig-
keit von Tetanus bei Thieren nach der Kastration ihre Erklärung,
weil es sich hierbei um Theile handelt, die leicht durch Fäces ver-
unreinigt werden.
S. hatte bereits nachgewiesen, dass das tetanigene Virus keine
Infektiou erzeugt, wenn es in die Verdauungswege gebracht wird
oder wenn es durch die Respirationswege in den Orgauismus gelangt.
Durch Inhalation von getrocknetem Virus und durch direkte Injektion
in die Trachea konnte bei Versuchsthieren Tetanus nicht ausgelöst
werden. Der einzige Infektionsweg ist demnach das Eindringen des
Tetanusbacillus in das Gewebe, wo er anaerobe Bedingungen vor-
findet und wo seine toxische Sekretion direkt vom Blute absorbirt
und den Nervencentren zugeführt werden kann. Versuche an Ka-
davern von an Tetanus gestorbenen Individuen bestätigten, dass sich
der Bacillus weder im Blute und den Nervencentren, noch in den
inneren Organen vorfindet. Die Richtigkeit der Ro senb ach’schen
Theorie konnte mit dem folgenden Versuche bestätigt werden. Ein
Röhrchen aus porösem Porzellan von 0,5 ccm Rauminhalt wurde mit
virulenter Tetanuskultur angefüllt, mit einem Guttaperchapfropfen
verschlossen und derart verkittet, dass keine Flüssigkeit heraustreten
konnte. Das Röhrchen wurde hierauf einem kräftigen Kaninchen in
eine grosse subkutan angelegte Tasche eingeführt. Die Wunde heilte
424
Nene Litteratnr.
rasch. Am 12. Tage stellten sich die ersten tetanischen Symptome
ein, welche sich nach und nach schärfer ausprägten. Das Thier starb
am 17. Tage an allgemeinem Tetanus. In dem die Impfstelle uni“
gebenden Gewebe waren keine Mikroorganismen auffindbar. Kulturen
und Impfungen mit diesem Gewebe blieben gänzlich resultatlos. Das-
selbe Röhrchen anderen Thieren applizirt, erzeugte Tetanus in einer
kürzeren Zeit, ohne dass ein Heraustreten von Mikroorganismen statt-
gefunden hätte. Der Tod der Versuchsthiere erfolgte demnach durch
die Sekretionsprodukte des Tetanusbacillus und durch Absorption
eines löslichen Giftes.
(Fortsetzung folgt.)
Neue Litteratur
znsammengestellt von
I)R. AbTHTTR WtTRZBURG,
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Schrötter, Ueber die Lungentubercuiose und die Mittel zu ihrer Heilung. Uebet das
Koch’sche Heilverfahren der Tuberculose. 2 Vorträge, gr. 8° 28 p. Wien (Carl
Gerold’s Sohn) 1891. 0,40 M.
Inhalt.
Originalmittheilungen.
Danilewiky, B., Ueber den Polymitus ma- I
lariae. Mit 6 Abbildungen. (Origin.), !
p. 397.
Grassi, 3 , und Feletti, R , Malariapara-
siten in den Vögeln. (Orig.), p. 403.
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Antolisei e Angelini, Note sul ciclo bio-
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Coronado, E. V., Dermatophiius penetrans
de los paises cälidos-Nigua, p. 415.
Danilewsky, B., Ueber die Mikroben der
akuten und chronischen Malariainfektiou
bei Vögeln, p. 411.
Gilbert, A., et Girode, J., Contribution ä
l'elude bactdriologique des voies biliaires,
p. 413.
Limboarg und Levy, Untersuchungen über !
sympathische Ophthairnic, p. 413.
Unteieuehungsraethoden, Instrumente etc..
p. 416.
Schutzimpfung , künstliche Infektions*
krankhaften, Entwicklungshemmung
und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
Büchner, H. , Die chemische Reizbarkeit
der Leukocyten und deren Beziehung zur
Entzündung und Eiterung, p. 416.
Fowler, George R. , The sterilization of
Oatgut, with a description of a new
simple, and eflicient method, p. 421.
Kianowsky, B., Zur Frage über dis anti-
bakteriellen Eigenschaften des Magen-
saftes, p. 420.
Originalberichte über Kongresse
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin,
4. — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
Scrmani, Ueber Aetiologie , Pathogenese
und Prophylaxe des Tetanus, p. 421.
Neue Litteratur, p 424.
Kroiiifstinnsche Buch drucke rei (Hermsum l'ohle) in J ena.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
fiel. Haß'. Prof, Dr, Leictart ms Professor Br. LoeDer
ln Leipzig ln Greifswald
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena,
IX. Band. Jona, den 7. April 1891. -o- No. 13.
Preis für den Band (36 Nummern) 14 Hark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— »K Zu beziehen durch alle Bachhand langen nnd Postanstalten. %+—
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten -
künde " richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger , Herrn Gustav Bischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu kennen.
Original - Mittheiiungen.
Malariaparasiten in den Vögeln.
Vorläufige Mittheilungen
der Professoren B. Grassi und 3L Feletti
in
Catania.
(Fortsetzung.)
Wir hatten z. B. einige Sperlinge nur mit sehr zahlreichen er-
wachsenen Mondsicheln, nach 8 Tagen erschienen aber auch zahllose, sehr
kleine Mondsicheln, nach verschiedenen anderen Tagen Mondsicheln von
mittlerer Grösse, dann von neuem nur erwachsene und schliesslich
nach auderen 10 Tagen wieder ganz junge und jüngere Mondsicheln.
IX. Bd. 28
430
Grassi und Feletti,
Auf welche Art und Weise sich die Mondsichelu vermehren, das ist
ein Punkt, an welchem wir lange gearbeitet haben, aber leider immer
nur mit nicht befriedigendem Erfolge. Wir zweifelten wieder an
der Vermehrung durch Gemmulae (Celli und G uarnieri). vermu-
theten, dass sie sich durch Theilung vermehrten etc. etc.
Nach vielem vergeblichen Suchen fanden wir endlich in der Milz, in
der Leber und im Knocheumarke Figuren , die wir geneigt sind, für
in Segmentation begriffene Mondsicheln zu halten.
Alle die hier erwähnten Thatsachen autorisiren uns, die Haema-
moeba für einen von der Laverania unabhängigen Organismus zu
halten und ausserdem zu betonen (auf Grund von engster Analogie),
dass auch in den im Sommer und im Herbste in Rom (Marchiafava
und Celli) vorherrschenden Fiebern (wie wir bereits früher vermutbet)
zwei Parasiten vorhanden sind, und zwar einer, weicher bis jetzt
nicht von unserer Haemamoeba praecox zu unterscheiden1 2),
während der andere unsere Laverania malariae ist.
Wenn man bedenkt, dass auch die Mondsicheln des Menschen nicht
eingekapselt sind und wenn man auch ein von Herrn Prof. De Mattei
kürzlich angestelltes Experiment in Rechnung zieht a), ein Experiment,
welches derselbe an einem von uns seit langem studirten Kranken
unternahm (Impfung und darauffolgende Entwickelung des Quartan-
fiebers in einem nur mit Mondsicheln behafteten Individuum), so ist es
wohl gestattet, aufs Neue zu behaupten, dass zwei verschiedene Gat-
tungen von Malariaparasiten existiren, d. h. die Haemamoeba
und die Laverania. Die Haemamoeba kann dreierlei Art sein:
Haemamoeba praecox (verursacht zum mindesten Quoti-
dianfieber mit Anfällen, die darnach streben, sich unter einander zu
nähern etc.),
Haemamoeba vivax (verursacht das einfache oder doppelte
Tertianfieber) und endlich
Haemamoeba malariae (verursacht die einfache, doppelte
oder dreifache Quartana).
Die Laverania verursacht unregelmässige Fieber, welche zu-
weilen für wenige Tage den kontinuirenden, subkontinuirenden, quoti-
dianen und tertianen Charakter annehmen können.
Somit glauben wir die von Golgi zuerst ausgesprochene Ansicht
weiter entwickelt zu haben: Golgi spricht von Varietäten der Ma-
lariaparasiten, erwähnt jedoch durchaus nicht den Hauptpunkt, näm-
lich, ob es sich um einen einzigen veränderlichen Parasiten oder um
spezifisch verschiedene Formen handelt; in seiner letzten Arbeit
(Ziegler’s Beiträge. Band IV. 1890) gibt er 30gar die Mög-
lichkeit des U eher ganges von einer Form in die andere
zu. Doch werden wir auf diesen Punkt sowie auch auf den Antheil
von Verdienst, welcher den Assistenten der Clinica Medica in Rom
gebührt, in unserer ausführlichen Arbeit zurückkommen.
1) Ob fliese tob einer anderen Form (welche sich theiit, ohne Pigment aa teigen)
sjesiSsch verschieden, können wir nicht unterscheiden. Sicher teüii diese Form bei
den Vögeln.
2) Ein ander« Experiment De Mat te; ’s wurde von uns bereits in unserer Mit-
theilung des vergangenen Jahres zitirt.
Mal&riap&rasiten io den Vögeln.
431
in.
Viele von uns aDgestellte Untersuchungen führten uns zu der
Entdeckung einer sehr kleinen Amöbe , welche sich in geradezu un-
geheurer Menge in jedem Malariagebiet und in jedem Malariamaterial
vorfiudet. Wir haben festgestellt, dass sich diese Amöbe sehr leicht
encystirt. In diesem Zustande kann sie sich wahrscheinlich lebendig in
die Luft erheben. Sie wurde von uns auch in der Nasenhöhle junger,
gesunder Tauben angetrofien, welche zwei Nächte lang von uns in
Käfigen, welche zwei Meter vom Boden aufgehängt waren, in einem
malarischen Orte gehalten worden waren. Dieselben zeigten sich nach
weiteren neun Tagen mit Laverania infizirt. Es ist bemerkenswert!!,
dass M a u r e 1 in sumpfigen Gegenden und auch im Nasenschleim
eines Mannes, der einige Zeit in einem sumpfigen Ambient geathmet
hatte, eine Amöbe fand, welche mit der von uns gefundenen identisch
zu sein scheint. Er vermuthete jedoch nicht, im geringsten, dass
diese Amöbe mit dem die Malaria erzeugenden Parasiten in Verbin-
dung stehen könnte.
- Unsere Amöbe könnte wohl die malarische Ansteckung erklären
und durch ihr Volumen auch über die Thatsacbe Rechenschaft geben,
warum die Malaria sich schwer drei oder vier Meter erheben kann.
Catania, im Juni 1890.
IV.5)
In der vorhergehenden Note sprach ich von einer Amöbe, welche
einen Malariaparasiten im freien Leben darstellen könnte, und ist es
nun meine Absicht, diesen ungemein wichtigen Theil der Malaria-
frage weiter zu untersuchen.
Durch Familienverhältnisse gezwungen, die von mir in Catania
begonnenen Studien zu unterbrechen, setzte ich dieselben nach kurzer
Pause in der Lombardei, und zwar hauptsächlich in Locate Triulzi fort.
Ich kann nicht umhin , den Herren Locatesern und vor allen den
Herren Dr. Romanini und Beneggi und den Herren Grün und
Billitz hiermit öffentlich für ihre mir freundlichst geleisteten Unter-
stützungen dieser Studien bestens zu danken.
Locate Triulzi ist einer der von Malariafiebern heimgesuchtesten
Orte.
Meine Studien wurdeu an Tagen vorgenommen, in welchen das
Malariafieber sehr heftig auftrat; ich selbst hatte zwei ziemlich
starke, doch rasch durch Chinin geheilte Anfälle, die Frau und die
Söhne des Arztes, in dessen Hause ich arbeitete, wurden von Maiaria-
fiebern befallen etc.
Schon früher stellten wir die Behauptung auf, dass, wenn die
Malariaparasiten Rhizopoden sind, man dieselben leicht im freien
lieben antretfen können müsste, da diese gewöhnlich weit voluminöser
und weit leichter zu charakterisiren seien, als der grösste Theil der
Bakterien , indem sie nicht einmal bei der einfachsten mikrosko-
1) Diese Note wurde Endo November J.890 in der Accad. di Oioenia iu Catania
Hiitgolbeält und erschien im Dezember. (Verfasser dieser vierten vri6 der folgenden
fünften Note ist Prof. Battista Grassi allein
28*
432
G r a s si und F el e t ti ,
pisc-hen Prüfung unserem Auge leicht entgehen könnten, was uns
leider nur zu oft mit verschiedenen Bakterien geschieht.
Dass die Malariaparasiten wirklich Rbizopoden sind , sagt uns
alles das, was sich im Menschen und in den Thieren bewahrheitet,
besonders wenn man denkt, das3 die Gruppe der Pilzthiere, wie die-
selbe von Zopf aufgestellt worden ist, keine natürlicheist und dass
man von ihnen die Monadinen trennen muss, um diese theilweise
mit den Rbizopoden , theilweise mit den Reliozoen zu vereinigen.
Uebrigens bleibt, selbst wenn mau (meiner und verschiedener anderer
Verff. Meinung entgegen) die Gruppe der Monadinen zugibt und folglich
auch annimmt, dass die Malariaparasiten zu dieser Gruppe gezählt
werden müssen, die von mir behauptete Leichtigkeit, sie in
freiem Leben sehen zu können, immer bestehen, geradeso als wenn
man mit mir annehmen wollte, dass die Malariaparasiten Rhizopoden
seien.
Auch der Vermuthung Raum gebend, es seien Chytridiaceen oder
auch Sporozoen *) (meiner Meinung nach wenig begründete Verma-
lhungen), kann man immer ruhig zugeben, dass es leicht sein muss,
sie im freien Leben anzutreffen.
Die einfache mikroskopische Untersuchung muss mithin genügen,
uns die Malariaparasiten sehen und sie nur mit wenigen Formen
verwechseln zu lassen.
Noch mehr, nach all den Nachforschungen in den Malariagebieten
oder der malarischen Materialien im Allgemeinen von denjenigen
Forschern, welche sich mit Protozoen beschäftigten, können wir mit
grosser Wahrscheinlichkeit annebmeu, dass die Malariaparasiten be-
reits in den von diesen Naturforschern veröffentlichten Abhandlungen
beschrieben stehen.
Auf Grund dieser Prämissen unternahm ich ein vergleichendes
Studium des Malariamaterials, und zwar war mein Ausgangspunkt
folgender :
Es ist gewiss, dass die Malariaparasiten Rhizo-
poden oder doch wenigstens ihnen sehr nahe stehende
Formen sind; mithin müssen 3ich die Malariapavasiten
unter jenen Rhizopoden oder unter jenen ihnen sehr
nahen Formen finden, welche man in allem jenem Ma-
terial aus Gegenden vorfindec, welche durch die Er-
fahrung vieler Jahrhunderte als Malariaherde be-
kannt sind.
Ich habe sowohl in der Umgebung Catania’s wie auch in der
Lombardei, besonders in Locate Triulzi und ein wenig auch in Mele-
gnano, da3 verschiedenste Malariamaterial untersucht, uDd zwar
1) unbebaute, mehr oder weniger thonhaltige und feuchte Böden;
1 ) Es ist die Haemogregarina (Drepanidiu m), welche an die Sporozoen
denken lässt. Ich kenne bis jetzt de visu nur die Haemogregarina der Frösche. Nach
de®, was ich bis jetzt konstatirrn kann, gibt es deren zwei Arten: eine grosse (Kruse)
und eine kleine (Gaule und verschiedene andere Autoren); ich giaube festsetzen zu
können, dass in den Fröschen auch eine Laverania existirt, die durch die Gegen-
wert glänzender Körner charakterisiri wird , sich rundet und sich segmentirt;
ihre Segmentation ist leicht anzutreffen und wurde sie schon von Kruse gesehen.
Ich werde auf dieses Argument in meiaer nächsten Arbeit zurückkommen.
Malariapar&sitoa in den Vögeln«
433
2) künstlich angelegte Wiesengründe;
3) natürliche Viehweiden;
4) Reisfelder;
5) mit Getreide bebaute, aber stets feucht bleibende Felder;
6) Hanf und Flachs während des Mazerationsprozesses;
7) die Umgebung von Brackwassern.
Ich habe alle Umstände, welche das obenerwähnte Material be-
sonders gefährlich macht, in Rechnung gezogen; so weiss man z. B.,
dass Reisfelder, welchen man das Wasser entzieht, sehr gefährlich
werden, ferner weiss man, dass der Unrath der kleinen Kanäle, welche die
Wiesen umgeben oder durchschneiden, da derselbe meistens aus Vege-
tabiiien, die ausserhalb des Wassers sterben und verfaulen, besteht,
ein furchtbarer Malariaherd ist und die Wiesen UDgemein gefährlich
macht, endlich weiss man, um noch ein letztes Beispiel anzuführen,
dass die Sümpfe in den Sommermonaten, wenn sie anfangen auszu-
trocknen, sehr gefährlich sind.
Das erste Ergeboiss aller dieser vergleichenden Studien war, dass
ich es für sehr wahrscheinlich hielt, dass es Malaria geben kann, auch
ohne Süsswasseralgen (Florideae, Schizophyeeae, Baeil-
lariaceae, Protococcoideae, Confer voideae, Conjuga-
tae, Siphophyceae und Characeae).
Die Algen fehlen z. B. gewöhnlich im Hanf und Flachs, wenn
letztere aus der Mazeration genommen und "zum Trocknen ausge-
breitet sind; sie fehlen häufig oder sind doch sehr selten in sehr
malarischen Gebieten. Mithin folgt daraus, dass viele Protozoen und
Chytridiaceen , Parasiten der Algen, nicht mit der Malaria in Ver-
bindung gebracht werden können. Verschiedene Rhizopoden und
Heliozoen gehören speziell dem einen oder dem anderen Malaria-
material an.
Beständig gegenwärtig und häufig in jedem Ma-
lariamaterial fand ich nur die Arten der Gattung
Araoeba und der sehr nahen Gattungen (Hy alodiscus,
Dactylosphaerium), welche einstmals mit der Gattung
Amoeba vereinigt waren.
So kommt es, dass ich durch Ausschliessung nach
und nach dazu gelangte, die Hypothese aufzustellen,
dass in der Gattung Amoeba (sensu lato) sich die Ma-
lariaparasiten vorfinden müssen.
Was nun die Art anbelangt, so fällt der Verdacht hauptsächlich
auf die Amoeba guttüla, wie dieselbe von Perty beschrieben
wird ; für jetzt halte ich die, in der III. Note erwähnten Amöben für
junge Exemplare derselben. Verdächtig ist auch ein Dactylo-
sphaerium. Mir scheint, dass nur diese oder ihnen sehr nahe
Formen sich in genügender Menge und mit genügender Beständigkeit
vorfinden, um erklären zu können, warum die bezeichneten Orte so
sehr malarisch sind.
Es kam mir alsbald ein Zweifel an meiner Hypothese.
(Schluss folgt.)
434
Karlin ski,
Untersuchungen über die Temperatursteigerung in
beerdigten Körperteilen.
Von
Dr. Jusfcyn Karliriski
io
Konjica, Herzegowina.
Im VII. Bande No. 9 des Centralblattes für Bakteriologie und
Parasitenkunde veröffentlichte Prof. Schottelius eine kurze Mit-
theilung: „Ueber Temperatursteigerungen in beerdigten Phthisiker-
lungen.“ Der genannte Forscher erhielt als Ergebniss einer dies-
bezüglichen Untersuchung, dass in der beerdigten Phthisikerlunge
eine bedeutende Erhöhung der Temperatur gegenüber der Boden-
temperatur entsteht.
Durch diese Mittheilung angeregt, habe ich im Ae Schlüsse an meine
demnächst zu veröffentlichenden Untersuchungen über das Verhalten
der Typhusbacillen im Boden eine kleine Reihe von Untersuchungen an-
gestellt, ob in den der Fäulniss im Boden preisgegebenen Theilen eines
an Typhus abdominalis Verstorbenen auch eine so bedeutende Tempera-
tursteigerung vor sich geht und wie lauge die in Leichentheilen
befindlichen Typhusbacillen ihre Lebensfähigkeit trotz der Fäulniss
beibehalten. Diesbezügliche Untersuchungen sind meines Wissens
nur durch v. Es m a rc h J) angestellt worden, v. Esmarch brachte
in das Innere eines faustgrossen, mit sterilem Messer durchschnittenen
frischen Fleischstücks 3 — 4 Oesen Typhusbacillenreinkultur, wonach
das Fleisch in Zimmertemperatur aufbewahrt wurde. Nach 3 Tagen
war das Fleisch oberflächlich in starker Fäulniss, im Innern ma-
kroskopisch noch ganz frisch ausselieud. Im Deckglaspräparate, fand
sich eine grosse Anzahl der verschiedensten Arten von Kokken und
Bacillen, die Rollkulturen wurden durch Fäulnisskolonieen, welche die
Gelatine rasch verflüssigten, bald gänzlich überwuchert. An einer
anderen Stelle sagt Esm arch1 2) wörtlich : „Eine vereinzelte Typhus-
kolonie aber auf der Gelatineplatte und unter zahllosen Fäulniss-
kolonieen mit Sicherheit herauszufinden, halte ich vor der Hand für
eine Unmöglichkeit; die Bacillen zeigen auf unseren bisher ge-
bräuchlichen Plattennährböden so wenig Charakteristisches, so viel
Aehniichkeit mit den Kolonieen der verschiedensten anderen Bakte-
rienarten, dass es in der That die Zeit und Arbeitskraft eines Ein-
zelnen übersteigt, jede Verdacht erregende Kolonie herauszufischen
und auf die Kartoffelscheibe zu bringen, wo ja allerdings die Unter-
scheidung eine leichtere ist.
Seit nahezu 4 Jahren beschäftige ich mich fast hauptsächlich
mit Typhusstudien; ich stimme mit Esmarch überein, dass es grosse
Mühe verursacht , die Typhusbacillen aus dem übrigen Bakterien-
gemisch herauszubekornmen. Wie ich dies aber gelegentlich meiner
1) Zeitschrift für Hygiene. Bd VII. Heft 1. pag. 31.
2) 1. c. Saite 6.
Untersuchungen über die Temperatursteigerung in beerdigten Körpertheilen. 435
Versuche über das Verhalten der Typhusbacillen im Kothe, Brunnen-
und Cisternen wasser cargethan habe, gelingt es doch bei ausreichen-
der Uebung, wenn man Zeit und Mühe nicht spart und eine ent-
sprechende Verdünnung des Materiales anwendet, die echten Typhus-
bacillen von den typhusähnlichen zu unterscheiden. Freilich kann
man sich bei derlei Untersuchungen auf das mikroskopische Aus-
sehen der typhusähnlichen Kolonie nicht verlassen, und das Ueber-
impfen auf kartoffelscheiben halte ich für eine conditio sine qua non
eines einwandsfreien Versuches. Um noch grössere Sicherheit zu
haben, pflege ich seit einigen Jahren neben der Ueberimpfung auf
Kartoffeln gleichzeitig eine Kontrollübertragung von unzweifelhaften
Typhusbacillen auf Kartoffelstücke gleicher Provenienz und Sorte,
vorzunehmen, da, wie ich mich sehr oft überzeugt habe, Wachs-
thumsunterschiede, je nach der Kartoffelsorte, Reaktion und Garsein
sehr oft störend ein wirken können. Ich bin beinahe zu der Ver-
muthung geneigt, dass nur diesen drei Umständen die Abarten des
Typhusbacillus, welche kürzlich von Babes1) beschrieben wurden,
zuzuschreiben sind.
Gleichzeitig mit den nachher zu schildernden Untersuchungen
über die Temperatursteigerung in beerdigten Theilen von Typhus-
leicben habe ich noch Untersuchungen über die Temperatursteige-
rung in den beerdigten tuberculösen und gesunden Lungen ange-
stellt, wie auch mich über die Temperatursteigerung in den faulenden
Theilen gesunder und kranker Menschen und Thiere zu orientiren
getrachtet.
Da bis zu jener Zeit, wo ich die Versuche in der Stadt Stolac
begonnen habe, dort absolut keinerlei Untersuchungen über Boden-
temperatur angestellt worden waren, habe ich mir einen 1 m tiefen
Schacht ausheben lassen, in den ein eingelegtes genaues Maximal-
thermometer, das, in inniger Berührung mit dem Boden stehend,
dessen Temperatur anzeigte und regelmässig alle 5 Tage herausge-
nommen und abgelesen wurde. Es ist vielleicht überflüssig, wenn
ich noch anführe, dass jedesmal das abgelesene Thermometer danach
auf eine niedrigere als die abgelesene Temperatur zurückgebracht
wurde, und zwar zu dem Zwecke, um auch etwaige Schwankungen
der Bodentemperatur zu erkennen. Die beigefügte Tabelle zeigt das
Verhalten der Bodentemperatur in den Monaten März bis Juli 1890,
und enthält auch Aufzeichnungen über die gleichzeitige abgelesene
Lufttemperatur. Tiefer als 1 m konnte ich aus dem Grunde nicht
dringen, weil dies auch die grösste Dicke der durchlässigen Erdkrume
im Bregavathale in Stolac ist, welcher alsbald eine feste und dicke
Schicht des Kalkurgesteines folgt. Der für den südherzegowinischen
Karst charakteristische Mangel an „Erde14 ist auch Ursache, dass in
den Friedhöfen die Gräber fast nie tiefer, als 1 m ausgehoben wer-
den. Auf den mohamedanischen Friedhöfen der Südherzegowina ist
es eben keine seltene Erscheinung, dass nach starken Regengüssen
die Schädel der in sitzender Stellung und ohne Sarg begrabenen
Mohamedaner aus der Erde hinausragen.
1) Zeitschrift für Hygiene. Bd. IX.
436
K a r ii u s ki ,
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3
Temperat.
Temperat.
Temperat.
Temperat.
Temperat.
1. III.
10,6
8,2
l.IV.
17,4
10,8
1. V.
19,6
13,6
1. VI.
26,1
14,3
1. VII.
25,6
16,1
5
16,3
9,6
5.
16,3
11,0
5.
20,4
13,8
5.
25,0
15,0
5.
26,6
16,2
10.
17,4
9,8
10.
17,8
11,2
10.
23,2
13,4
10.
27,0
15,0
10.
27,0
16,2
15.
15,3
9,8
15.
20,0
11,4
15
24,1
13,2
15.
27,1
15,0
15.
30,0
16,4
20.
20,4
10,6
20.
19,6
11,6
20.
24,6
13,9
20.
26,3
15,0
20.
29,6
16,6
25.
20,6
10,8
25.
19,9
11,9
25.
25,6
14,2
25.
26,4
15,4
25.
29,4
16,7
50.
20,7
10,8
80.
23,4
12,6
30.
23,2
14,6
30.
27,1
15,7
30.
30,6
16,8
Durch-
17,7
9,9
Durch-
19,2
11,6
Durch-
22.9
13,8]|Durch-
26,4
15.0
Durch-
28.4
16,4
schnitt
schnitt
II schnitt
| schnitt
schnitt
1
Versuch I. Am 14. III. 1890 starb im k. und k. Truppen-
spitale zu Stolac der in der 3. Woche des typisch verlaufenden Ab-
dominaltyphus sich befindende Infanterist R. S. Bei der 9 Stunden
nach dem Tode vorgenommenen Obduktion wurde die etwa 3 fach
vergrösserte Milz ohne sichtbare Verletzung der Kapsel herausge-
nommen. Nachdem dieselbe durch 1/4 Stunde in */10 op Sublimat-
lösung gelegen hatte, wurde aus ihr mittelst einer sterilen Spritze
1 ccm der breiigen Pulpa aufgesogen, dann mittelst eines sterilen.
Messers ein kleiner Einschnitt gemacht und ein genaues Thermo-
meter hineingelegt. Nachdem dasselbe im Innern der Milz eine
Viertelstunde gelegen hatte und 10,6° C (gegen 14,5° Oder Obduk-
tionskammer) anzeigte , wurde das Thermometer durch ein ge-
naues, mit dem Normaithermometer verglichenes Maximalthermo-
meter ersetzt, dasselbe bis unter die Kapsel hineingestochen, die
Milz in Fliesspapier eingewickelt und in einen frisch ausgehobenen
Schacht in der Tiefe von 96 cm gelegt. 26 cm von der Milz wurde
ein zweites genaues Maximalthermometer, welches mit dem sich in
der Milz befindenden auf gleiche Temperatur eingestellt war, ver-
graben, der Schacht mit Erde zugeschüttet und oben festgestampfU
Genau 3 Monate später, also am 14. VI. 1890, wurde der Schacht
von frischem ausgehoben, in dem Papierkonvolut , welches sorgfältig
herausgenommen ward, wurde in einer breiigen, dunkelbraunen, übel-
riechenden Masse das unversehrte Thermometer aufgefunden. Das-
selbe zeigte 39,6° C, das zweite Thermometer, welches ebenfalls
unversehrt aufgefunden wurde, zeigte 15,1° C. Nachdem die am
10. VI. abgelesene Temperatur des Bodens ebenfalls 15,0° C zeigte,
kam es innerhalb der faulenden Milzmasse zu einer Temperatur-
steigerung von 24,1 0 C.
Um mich zu überzeugen, ob nach 3monatlichem Verbleib in der
Erde die Typhusbacilleu, die in der Milz, wie dies die Plattenkulturen
aus der mittelst Spritze am 14. III. herausgenommenen Milzpulpa
bewiesen, in derselben reichlich vertreten waren, entnahm ich 1 ccm
der breiigen Masse und vermengte sie mit 100 ccm sterilen, destillir-
Untersuchungen über die Temperatur3teigening in beerdigten Körperteilen. 437
ten Wassers. Nachdem diese Mischung gehörig geschüttelt war,
wurde mittelst einer graduirten Pipette 0,01 ccm entnommen und
mit Gelatine gemengt. Das so infizirte Gläschen wurde zu 3 Platten-
kulturen verwendet und im Thermostaten bei 18,0 ö C aufbewahrt.
Auf gleiche Weise habe ich in diesem Versuche 21 Plattenkulturen
angefertigt. Auf diesen 21 Platten entwickelten sich verhaltniss-
mässig wenig Kolonieen, freilich gehörte die Mehrzahl den verflüssigen-
den Arten an; bis zum 5. Tage verlor ich keine einzige dieser
Platten durch Verflüssigung, und unter den vielen Kolonieen fand
ich 17, die makroskopisch denen des Typhusbacillus glichen. Die-
selben wurden auf Kartolfelscheiben überimpft und 7 erwiesen sich
als unzweifelhaft echte Typhuskolonieen. Somit vermochten die
Typhusbaciilen durch so lange Zeit der Einwirkung der Fäulniss-
mikroorganismen Stand zu halten.
Ich muss ausdrücklich hervorheben, dass ich unter den in 6 ver-
schiedenen Kolonieen repräsentirten verflüssigenden Organismen die
Proteusarten gänzlich vermisste.
Versuch II. Zwei Tage nach dem Beginn des oben erwähnten
Versuches hatte ich Gelegenheit, die Obduktion eines vollkommen
gesunden Selbstmörders auszuführen. Ich benützte die gesunden
Lungen, Milz und Leber desselben zu gleichem Versuche, welcher
unter ganz gleichen Modalitäten ausgefübrt wurde. Die am 16. III.
eingegrabenen Stücke wurden am 16. Juni ausgegraben. Die im
Boden eingegrabenen Kontrollthermometer stimmten mit den am 15. VI.
abgeleseneu Maximalthermometern , welche die Bodentemperatur an-
zeigten. Sie wiesen sämmtlich 15,0° C auf. Das Maximalthermo-
meter, welches in den total verfaulten Lungen vorgefunden wurde,
wies 26,2 0 C, das in der Leber 26,0 ° C, das in der Milz 27,1 0 C
auf, somit betrug die Temperatursteigerung in der Lunge 11,2 0 C,
in der Leber 11,0° C, in der Milz 12,1° C gegen die gleichzeitige
höchste Bodentemperatur. Der Unterschied in der Temperatur wäh-
rend der Fäulniss der normalen Milz und der Typhusmilz betrug
somit 19,5 0 C. Man muss jedoch berücksichtigen, dass die Milz des
Selbstmörders kaum ein Drittel der Typhusmilz ausmachte.
Versuch III. Am 25. III. 1890 hatte ich Gelegenheit, wiederum
eine Sektion eines am 9. Krankheitstage verstorbenen Typhuskranken
auszuführen. Bei demselben fand sich neben beginnender Ulceration
im Darme ein kolossaler Milztumor und fibrinöse Pneumonie der
ganzen rechten Lunge im Stadium der gelben Hepatisation. Die
linke Lunge war intakt. Ich habe die Milz ohne Verletzung der
Kapsel herausgenommen, durch eine Viertelstunde in Sublimatlösung
gehalten, nachher, nach Entnahme einer kleinen Partie der Milz-
pulpa mittelst steriler Spritze, wurde eiu kleiner Einschnitt in die
Kapsel gemacht und ein auf 10,0° C eingestelltes Maximalthermo-
meter eingesetzt. Die ganze Milz wurde in eine dicke Lage Fliess-
papier, welches in Sublimat getränkt war, eingewickelt und ausser-
dem in einen ebenfalls stark mit Sublimat getränkten Leiuwandsack
und in eine Pappschachtel gethan und auf oben besprochene Weise
in einer Tiefe von 96 cm begraben. Ein Kontrollthermometer, welches
438
K a r li n s k i ,
ebenfalls 10,0° C vorzeigte, wurde in einer Entfernung von 30 cm
in der gleichen Tiefe untergebracht.
Die durchschnittene hepatisirte Lunge wurde ebenfalls mit einem
Maximalthermoraeter versehen und in einer Pappschachtel in der
gleichen Tiefe wie die Milz begraben. Mit der gesunden Lunge ge-
schah das Gleiche. Eine kleine Menge der rahmigen Flüssigkeit von
der Schnittfläche der erkrankten Lunge wurde mit Agar und Gela-
tine zu Plattenkulturen verarbeitet. Auf den Platten wuchs einerseits
der Typhusbacillus, andererseits der Friedländ er’sche Pneumo-
bacillus. Aus dem Milzsafte wuchs der Typhusbacillus in Reinkultur.
Am 25. V. wurde die gesunde Lunge ausgegraben ; sie war in
eine schmierige, breiige Masse umgewandelt, in der das Thermometer,
welches 27,6 0 C anzeigte, lag. Das Kontrollthermometer, wie auch
die am gleichen Tage vorgenommene Bodentemperatur zeigen 14,2° C,
somit kam es bei der Verwesung der gesunden Lunge zu einer
Temperatursteigerung von 13,4 0 C gegenüber der Bodentemperatur.
Am nächsten Tage wurde die seiner Zeit hepatisirte rechte
Lunge ausgegraben, dieselbe vollständig verfault aufgefunden; das
Thermometer wies 32,4° C gegen 14,4° C des Kontrollthermometers.
Es kam somit in der hepatisirten Lunge zu einer Temperatursteige-
ruug von 18,0 0 C gegenüber der Bodeutemperatur und 4,6 0 C gegen-
über der Temperatur der faulenden gesunden Lunge.
Ich habe mich bemüht, in der F aulnissflüssigkeit der seiner Zeit
hepatisirten Lunge die früher aufgefundenen, pathogenen Mikroorga-
nismen mittelst Plattenkulturen nachzuweisen, und obwohl ich, Dank
der angewandten Verdünnung bis zum 6. Beobachtungstage, keine
der 21 Platten verlor, vermochte ich doch nicht dieselben aufzufiuden.
In einer verhältnissmässig grossen Menge von Kolonieen war ein fluores-
zirender, arg stinkender Proteus vorhanden. Am 25. VI. wurde die
Schachtel, in der sich die Milz befand, ausgegraben, und daselbst
das Thermometer, welches 29,4 ÖC anzeigte, in der breiigen Masse
vorgefunden. Die Verwesung der Milz war im Verhältnisse zu der
im Versuche I eine bedeutend geringere, Stücke der Milzkapsel waren
deutlich zu erkennen, ebenso auch die Milzvenen. In dieser Milz
kam es also zu einer Temperatursteigerung gegenüber der der Boden-
temperatur von 14,0° C. Die breiige Masse wurde unter Anwendung
entspiechender Verdünnung zu Platten- und Rollkulturen verwendet.
Ich erhielt im Ganzen 4 aerob und 2 anaerob wachsende Stäbchen-
arten. Der Typhusbacillus wurde unzweifelhaft, jedoch in sehr ge-
ringer Anzahl von Kolonieen vertreten, vorgefunden. Keiner der gefun-
denen Mikroorganismen verursachte die Verflüssigung der Gelatine.
Ich glaube annehmen zu müssen, dass die Verpackung in in Subli-
mat getränktes Fliesspapier und Leinwand einen ziemlich ausreichenden
Schutz vor dem Eindringen der Bodenmikroorganismen bildete.
Versuch IV. Am 1. IV. wurden die Lungen eines Patienten, in
denen nebst hochgradiger tuberculöser Infiltration bedeutende Ka-
vernenbfldung vorhanden war, ohne besondere Vorsichtsmaassregel mit
einem auf 10,0° C eingestellten Maximalthermometer versehen, und in
eine Eoizsch achtel , in einer Tiefe von 96 cm vergraben. Eia Kon-
trollthermometer wurde in gleicher Tiefe in einer Entfernung vor.
30 cm ein gegraben.
Untersuchungen über die Temperatursteigerung in beerdigten Körpertheilen. 439
Die Lunge verblieb in der Erde genau 4 Monate und wurde
am 1. VII. ausgegraben. Das Kontrollthermometer zeigte die gleiche
Temperatur, wie das Thermometer, das ich in dem separaten Schachte
zur Messung der Bodentemperatur benutzte, dasselbe wies 16,1° C
auf. Die Lungen erwiesen sich vollständig verfault und das Thermo-
meter zeigte 37,6° C, somit ergab sich eine Erhöhung der Tempera-
tur der faulenden, tuberculösen Lungen gegenüber der des Bodens
um 21,5° C. Diese Zahl stimmt somit mit der von Schottelius
gefundenen überein. In der breiigen Masse vermochte ich in jedem
Präparate mittelst der Gäbet t’schen xMethode die Tuberkeibacillen
nachzuweisen, ohne dass irgend welche Formveränderungen an den-
selben oder Unterschiede in ihren tinkturellen Eigentümlichkeiten
nachzuweisen wären.
Versuch V. Am 10. IV, wurde im k. k. Truppenspital die Ob-
duktion des Inf. V. K., der infolge einer croupösen Pneumonie starb,
vorgenommen. Die rechte, total hepatisirte Lunge wurde durch-
schnitten, und nachdem eine kleine Menge der rahmigen Flüssigkeit
zu bakteriologischen Untersuchungen entnommen wurde, mit einem
hineingelegten Maximaithermometer, welches die Temperatur 10,2°C
angab, in einem weichen Holzkistchen in einem Schachte , in der
Tiefe von 98 cm vergraben. Die linke Lunge, welche nur im untern
Lappen hepatisirt war, wurde mit dem hineingelegten Thermometer
in eine dicke Lage mit Sublimat getränkten Fliesspapiers einge-
wickelt, in einen Leinwandsack, der ebenfalls in Sublimat getränkt
war, gethan und in einem Holzkistchen in der gleichen Tiefe wie
die rechte eingegraben.
Die wenig vergrösserte Milz wurde mit einem hineingestocheneu
Maximalthermometer in einer Pappschachtel in der Tiefe von 96 cm
eingegraben; das Gleiche geschah mit der Leber.
Die mikroskopische und bakteriologische Untersuchung des
Lungensaftes ergab die Anwesenheit des Frankel- Weichsel-
baum'sehen Pneumococcus, wogegen die Plattenkulturen aus der
Milz und Leber steril blieben.
Nun wurden die einzelnen Körpertheile in nachfolgenden Zeitab-
schnitten ausgegraben : die linke Lunge nach 1 Monat, wobei dieselbe
noch nicht ganz verfault vorgefunden wurde , zeigt die Temperatur
von 30,1° C, somit eine Steigerung gegenüber der Bodentemperatur
um 16,3° C.
Die Milz wurde nach 2 Monaten total verfault vorgefunden, die-
selbe zeigt 29,4° C, somit eine Temperatursteigerung von 14,4° C; die
Leber und die rechte Lunge wurden nach 3 Monaten ausgegraben,
wobei die Temperatur der ersten 31,4° C , die der zweiten 34,6° C
zeigte. Somit ergab sich eine Temperatursteigerung der Leber
um 15,2° C, bei der Lunge 18,4° C. gegenüber der Bodentem-
peratur. Ich muss noch bemerken, dass die Summe des atmo-
sphärischen Niederschlages in den Monaten bis Ende Juli 116 mm pro
□ m betrug. Nach der Lebensfähigkeit der seiner Zeit Vorgefundenen
Pneumoniekokken zu fahnden, schien mir aus dem Grunde über-
flüssig, als diese Mikroben ja schon unter den günstigsten Verhält-
nissen in einigen Tagen ihre Lebensfähigkeit verlieren.
440
K a r 1 i ri s k i ,
Versuch VI. Die Milz eines am 25. IV. verstorbenen und ob-
duzirten Patienten, der in der zweiten Woche dem typischen Ab-
dominaltyphus erlag, und die, wie dies Platten aus dein Milzsafte
bewiesen, sehr viele Typhusbacillen enthielt, wurde ohne besondere
Vorsichtsmaassregel mit einem Maximalthermometer, in einer Holz-
schachtel, in der Tiefe von 98 cm vergraben. Dieselbe wurde nach
1 Monat ausgegraben , wobei die Milz total verfault und das Maxi-
malthermometer, 36,6° C anzeigend, vorgefunden wurde. Es ergab
sich also eine Temperatursteigerung von 22,4° C. Diesmal gelang
es mir nicht, die spezifischen Typhusbacillen aus der faulenden Flüs-
sigkeit herauszuzüchten, die schnellverflüssigenden Proteusarten
waren in überwiegender Mehrzahl von Kolonieen repräsentirt.
Versuch VI. Aus der Leiche eines an Miliartuberculose Ver-
storbenen wurden am 10. V. die stark infiltrirten Lungen, Milz und
Leber herausgenommen und, mit Maximalthermometern versehen, in
Holzkistchcn in separaten Schachten in der Tiefe von 95 cm ver-
graben. Die Temperatursteigerungen der einzelnen Körpertheile ver-
hielten sich folgendermaassen : Die Lungen zeigten nach 2 Monaten
(in der faulen Flüssigkeit waren die Knorpelstücke noch deutlich zu
sehen) 38,2° C, somit eine Steigerung um 22° C.
Die Milz zeigte nach 1 Monat die Temperatur von 37,4° C, somit
eine Steigerung um 22,4° C. Die Leber zeigte nach 2 Monaten,
binnen welchen die Faulniss beendet wurde, die Temperatur 37,8° C,
somit eine Steigerung um 21,6° C. In der Flüssigkeit sämmtlicher
Organe Hessen sich bei Anwendung der Gabett’schen Methode
spärliche Tuberkelbacillen nachweisen.
Versuch VIII. Einem dem allgemeinen Milzbrand erlegenem
Schafe wurden bei der Obduktion Milz, Lunge und Leber entnommen,
und nachdem kleine Stückchen aus diesen Organen zu bakteriologischen
Untersuchungen verwendet worden wareD,mit dem Maximalthermometer
einzeln in der gleichen Tiefe wie bei Versuch VII am 20. IV. ver-
graben. Gleichzeitig wurden die gleichen Organe eines gesunden,
frisch geschlachteten Schafes unter denselben Bedingungen vergraben.
Sowohl die Milz des an Milzbrand umgestandenen, wie auch die des
gesunden Schafes wurden nach 1 Monat, die Leber nach 2 und die
Lungen nach 3 Monaten ausgegraben. Die Maximalthermometer
zeigten :
Milzbrandlungen 34,3° C, somit Temperatursteigerung um 17,7° C
Sowohl die bakteriologische Untersuchung der faulenden Flüssig-
keit wie auch die Verimpfung ergaben die totale Abwesenheit der
seiner Zeit in den Organen reichlich und virulent vertretenen Milz-
brandbacillen.
Versuch IX. Einem ebenfalls an Milzbrand umgestandenen Schafe
wurden am 1. VL die gleichen Organe wie beim Versuch VIII ent-
gesunde Lungen 30,4° C,
„ 13,8° C
Milzbrandmilz 38,4° C, „
gesunde Milz 32,4° C, „
Milzbrandleber 36,4° C, „
gesunde Leber 30,7° C, „
29,5° C
18,3° C
Untersuchungen über die Temperatursteigerung in beerdigten Körpertheiien. 441
nommen und mit Maximalthermometern in der Tiefe von 95 cm ver-
graben. Gleichzeitig wurden die gleichen Organe eines gesunden
Schafes unter gleichen Modalitäten vergraben. Nach 1 monatlichem
Verbleib in der Erde wurden die verfaulten Stücke herausge-
nommen und es zeigte
die Milzbrandlange
gesunde Lunge
Milzbrandrailz
gesunde Milz
Milzbrandleber
gesunde Leber
31,1° C, somit eine Steigerung von 15,0° C
27,6« C, „
34,6» C, „
30,0« C, „
34,2« C, „
29,6« C, „
„ 11,0« C
„ 18,5° C
„ 13,9° C
» 18,1° C
„ 13,5° C.
Versuch X. Ein an experimenteller Hühnercholera umgestan-
denes Huhn wurde mit einem Maximalthermometer, welches in die
Bauchhöhle hineingelegt wurde, nachdem einige Blutproben zur Fest-
stellung der bakteriologischen Diagnose verwendet worden waren,
in der Erde 96 cm tief am 15. VI. vergraben. Nach 6 Wochen
wurde das Thermometer nach der Ausgrabung unter den Knochen
gefunden, und die Temperatur betrug 32,4° C, somit eine Tempera-
tursteigerung von 16,0° C. Aus dem mit Fäulnissflüssigkeit ge-
tränkten Boden Hessen sich die Hühnercholerabakterien nicht heraus-
züchten, ebenso misslang die Ueberimpfong des Bodens auf Tauben.
Aus dieser kurzen Reihe von Versuchen ergibt sich zur Ge-
nüge, 1) dass während der Fäulniss der im Boden begrabenen Kör-
perteile eine Temperatursteigerung gegenüber der Bodentemperatur
zu Stande kommt; 2) dass diese Temperatursteigerung in Körper-
teilen von Personen und Thieren , die einer Infektionskrankheit er-
lagen, viel höher ist, als in den gleichen Körpertheiien gesunder
Menschen und Thiere ; 3) dass unter Umständen die Typhusbacillen
in der faulenden Milz ihre Lebensfähigkeit bis zu 3 Monaten be-
wahren und nur bei rascher Verwesung und Anwesenheit einer
grösseren Menge von proteusartigen Fäulnissbakterien ihre Vernich-
tung zu einem früheren Termine sich vollzieht.
Nach meinen bisherigen Untersuchungen über das Verhalten von
Typhusbacillen im Boden vermögen sich dieselben sogar bis zu 5
Monaten lebensfähig zu erhalten, und nur im Boden, der reichlich
durch Regenwasser durchfeuchtet wird, gehen dieselben in 7 — 14
Tagen zu Grunde. Somit dürfte die Rolle, die der Boden bei der
Entstehung von epidemischen Krankheiten spielt, nicht so gänzlich
zu unterschätzen sein, umsomehr, als die Typhusbacillen im Trink-
wasser sich nur einer sehr kurzen Lebensdauer erfreuen.
Konjica, Herzegowina, im Februar 1891.
442
O k *<J » ,
lieber einen neuen pathogenen Bacillus aus
Fussbodenstaub.
(Aus dem hygienischen Institut der Universität Berlin.)
Von
Dr. med. Okada
aus
Tokio.
Durch wiederholte Untersuchungen des zwischen den Brettern
des Fussbodens abgelagerten Staubes ist es mir gelungen, einen Ba-
cillus zu isoliren, welcher bei Versuchsthieren äusserst giftige Wirkun-
gen zeigt. Da meines Wissens dieser Mikroorganismus bis jetzt noch
nicht bekannt ist, so mache ich ihn zum Gegenstand einer beson-
deren Mittheilung.
Biologische Kennzeichen.
Wachsthum auf der Gelatineplatte. Bei Zimmertempe-
ratur sieht man nach 2—3 Tagen weisse runde Pünktchen, deren
Aussehen sowohl den Typhusbacillen-, als auch Emmerich’s Fäul-
nissbacillenkulturen sehr ähnlich ist. Bei schwacher Vergrösserung
und durchfallendera Lichte sehen die einzelnen Kolonieen hellbräun-
lich aus mit rundlichen, leicht gezackten Rändern. Das Innere der
Kolonie zeigt körniges Aussehen, besonders in älteren Kulturen ist
diese Granulirung oft sehr deutlich zu beobachten. Im Verlauf von
einigen Tagen werden die Kolonieen grösser, die oberflächlich
liegenden zeigen dann eine knopfartige Erhöhung über das Gelatine-
niveau.
In Stichkulturen in Gelatine bildet sich entlang dem Stich-
kanal ein dünner, weisslicher Faden aus; nach und nach erscheint
an der Oberfläche eine flache, milch weisse Ausbreitung, welche aber
niemals den Rand des Glases erreicht.
Bei Strichkulturen auf schräg erstarrter Gelatine bilden
sich schön weissliche, etwas über die Fläche der Gelatine sich er-
hebende Kolonieen. Dieselben wachsen nach 2 — 3 Tagen etwas in
die Breite, zeigen aber nie fadenförmige Ausbreitungen in die Ge-
latine hinein, wie letzteres bei den Brieg e r’schen und auch bei
den Emmeri c h ’schen Bacillen immer der Fall ist.
Es tritt keine Verflüssigung und somit auch keine Trü-
bung der Gelatine ein.
Auf Agar-Agar. Bei Brüttemperatur ist das Wachsthum
sehr lebhaft. Schon nach 18 Stunden sieht man bei Strichkulturen
auf schräg erstarrtem Agar eine fast den ganzen Rand des Glases
erreichende, milchweisse Ausbreitung der Kolonieen, das Kondens-
vasser verwandelt sich in eine ganz trübe, klebrig fadenziehende
Masse.
Ueber einen nenen pathogenen Bacillus ans FussbodensUnb.
443
Bei Agarstichkultur ist das Verhalten der schon beschrie-
benen Gelatinestichkultur ganz ähnlich, nur ist das Wachsthum weit
üppiger.
Auf Blutserum zeigen die Kolonieen glänzendes, fast durch-
sichtiges Wachsthum. Am Grunde der Kondensflüssigkeit sieht man
aber weisse, trübe Massen, welche mikroskopisch nur aus den ge-
nannten Bacillen bestehen.
In Bouillon geht die Entwickelung sehr rasch vor sich. Die
Flüssigkeit wird trüb und auf der Oberfläche derselben bildet sich
eine rahmhautähnliche Zooglöa.
Morphologisches Verhalten.
In allen Kulturen und in allen Organen der nach Impfung dieser
Bacillen gestorbenen Versuchsthiere präsentiren sich dieselben mi-
kroskopisch als kurze Stäbchen mit leicht abgerundeten Enden, etwa
doppelt so lang als breit, fast so lang wie Bacillus murisepti-
c u s , aber etwas dicker als der letztere. Derselbe kommt gewöhn-
lich einzeln oder zu zweien verbunden vor. Bei verschiedenen Nähr-
medien und bei verschiedener Temperatur tritt eine geringe Ver-
änderung der Form und der Beschaffenheit ein. In alten Kulturen
kommt es häufig zur Bildung von Fäden.
Die Färbung gelingt durch gewöhnliche Anilinfarben sehr
gut. Bei der Behandlung nach Gram werden die Bacillen voll-
kommen entfärbt.
Eigenbewegung ist nicht vorhanden.
Sporenbildung konnte ich bei Anwendung verschiedener Me-
thoden nicht konstatiren.
Pathogen es is.
Impfversuche habe ich an 4 Kaninchen, 5 Meerschweinchen und
16 Mäusen angesteilt. Bei Kaninchen und Meerschweinchen habe
ich zwei Messerspitzen und bei Mäusen etwa zwei Platinösen von
Versuchsstaub in eine Hauttasche geimpft. Die Thiere wurden ge-
wöhnlich schon nach einigen Stunden sehr matt und träge. Diese
krankhaften Erscheinungen dauerten bis zum Tode, welcher nach 20
bis 24 Stunden regelmässig eintrat. Bei der Sektion habe ich ge-
funden : starke Anschwellung der Lymphdrüsen, leichtes, subkutanes
Oedem, starke Injektion der Kapillaren des Unterhautbindegewebes
und der Mesenterialgefässe, starke Vergrösserung der Milz und eigen-
thümlich graurothe Färbung der Lungen. Mikroskopisch waren in
allen Organen stets die Bacillen in grosser Menge, oft auch in Haufen
nachweisbar.
Bei subkutaner Injektion von 1/2 Spritze Bouillonkultur starben
Kaninchen und Meerschweinchen nach 20 Stunden und zeigten den
oben angegebenen charakteristischen Sektionsbefund. Von Gelatine-
und Agarreinkulturen genügten 2 Platinösen, um das Thier zu tödten.
Bei Mäusen genügte dazu immer 1 Platinöse der Reinkultur. Es
trat ferner schon 4 Stunden nach der Impfung starke Sekretion der
Thränendrüsen ein, so dass es gewöhnlich nach einigen Stunden zur
444
Morbus Brightii acutus.
vollkommenen Verschliessung der Augen kam. Das Thier wurde
sehr matt und es erfolgte gewöhnlich nach 20 Stunden der Tod.
Aus dem Mitgetheilten schliesse ich nun , dass der von mir ge-
fundene Bacillus mit den Em m eri ch’schen und den B ri ege r 'sehen
Bacillen in manchen Beziehungen zwar Aehnlichkeit zeigt, doch nicht
mit ihnen identisch ist, denn die letzteren Bacillenarten zeigen auf
dem Kartotfelnährboden gutes Wachsthum, was bei dem von mir
beschriebenen nicht der Fall ist. Andere differentielle Merkmale habe
ich schon oben gelegentlich angegeben. Auch von den Pfeiffer-
schen Kapselbacillen unterscheiden sie sich durch geringes Wachs-
thum der Kolonien auf den Nährsubstraten.
Herr Dr. Iv i t a s a t o hat mich bei der Anfertigung dieser Arbeit
freundlich unterstützt, Herr Stabsarzt Dr. Behring hat mir gütigst
Versuchsmaterial überlassen und Herr Stabsarzt Dr. Pfeiffer hat
sich bemüht, meine Arbeit exakt durchzusehen. Allen diesen Herren
sei es mir gestattet, meinen ergebensten Dank auszusprechen.
Referate.
Manaberg, Jnl., Zur Aetiologie des Morbus Brightii
acutus nebst Bemerkungen über ex p e r i m en t eile*
bakteritische Endocarditis. (Zeitschrift für klin. Med.
Bd. XVIII. Heft 3-4.)
Verf. beobachtete in 8 Fällen von Morbus Brightii acutus — vo»
denen 3 (mit croup. Pneumonie, Ekzem, Syphilis) komplizirt waren,
während 5 Fälle genuin auftraten — die im Centralblatt f. klin.
Med. 1888. No. 30 J) erwähnten Streptokokken im Harne. Die Kokken
färben sich mit dem den üblichen Anilinfarben, entfärben sich nach
Gram nicht, Durchmesser 0,9 /«, sie liegen oft nur zu zweien als
Diplokokken, meistens bilden sie aber Ketten. Ihre Zahl ist meist
beträchtlich, so dass jeder Tropfen des frischen unsedimentirten Harnes
in jedem Gesichtsfelde einige Exemplare aufweist. Die Bakterienbe-
funde beziehen sich nur auf den vollständig frischen, unter den be-
kannten Kautelen entnommenen Harn. Es kommen Fälle vor, io
welchen ganz zu Anfang der Krankheit die Streptokokken massenhaft
im Harn sind; nach einigen Tagen verschwinden die Kokken wieder,
noch ehe die Krankheit ihr Ende erreicht. Die Krankheit kann sich
trotzdem verschlimmern und zum Tode führen. Verf. stellt sich vor,
dass die Streptokokken (wenn die Annahme richtig ist, dass dieselben
die Krankheitsursache sind) so hochgradige gewebliche Veränderungen
in der Niere veranlassen, dass selbst nach vollständiger Ausscheidung
derselben eine Restitution des Gewebes nicht mehr zu Stande kommt.
Die Prognose der bakteritischen Nephritis scheint eine relativ gute
zu sein, von 11 beobachteten Kranken sind 7 geheilt, 1 gebessert
und 3 gestorben. Verf. untersuchte 6 andere Krankheitsfälle, welche
1) Centralbl. f. Bakt. u. Paras. V. p. 93.
Morbus Brightii acutus. — Fäulniss und Tuberculose.
445
den Symptomen nach auch als Morbus Brightii acutus zu bezeichnen
waren; in diesen Fähen fehlten die Streptokokken von vornherein im
Harn, alle 6 Fälle gingen in die chronische hämorrhagische Form
über. Der vom Verf. gefundene Streptococcus ist verschieden vom
Streptococcus pyogenes und Erysipelatos, er unterscheidet
sich durch das Wachsthum auf Kartoffel, die zähe Verflüssigung der
Gelatine und das eigentümlich strahlige Wachsthum in derselben,
er ist noch nach mehrmonatlicben Kulturen mit Erfolg abimpfbar.
Verf. impfte Kaninchen, Hunde, Meerschweinchen, Ratten und
weisse Mäuse. Kaninchen und Hunde subkutan und intravenös, die
kleineren Thiere nur subkutan. Die Thiere erkrankten an den deut-
lichen Zeichen der Nierenentzündung (Eiweiss, zahlreiche Cylinder),
im Harn fanden sich die Streptokokken. Die mikroskopische Unter-
suchung der Nieren liess die charakteristischen Veränderungen der
Nierenentzündung erkennen, Kokken konnten in den Nieren nicht nach-
gewiesen werden, öfters wurde bei Kaninchen Endocarditis gefunden.
Verf. schliesst mit folgendem Resum6:
1) In 11 Fällen von akutem Morbus Brightii wurden im Harn
zahlreiche Streptokokken gesehen, welche mit dem Ende der Krank-
heit wieder aus demselben verschwunden sind.
2) Bei anderweitig kranken und bei gesunden Menschen wurde
dieser Streptococcus nie im Harne gesehen.
3) Der Streptococcus besitzt kulturelle Eigenschaften, welche
ihn von den bisher gekannten Streptokokken wesentlich unterscheiden,
4) Hunden und Kaninchen in relativ geringer Menge in die
Blutbahn gespritzt, verursacht er intensive Nephritis, Kaninchen auch
Endocarditis.
5) Die Kokken vermehren sich in der Niere nicht und schädigen
dieses Organ durch ihren einfachen Durchtritt.
6) Der Autor nimmt jene Streptokokken als die Aetiologie der
betreffenden Fälle von Morbus Brightii an.
7) Die bakteritischen Fälle von Morbus Brightii haben den
Charakter, rasch zu verlaufen und meistens mit Heilung zu enden.
Trenkmann (Eilsleben).
Kostjurin und Krainski, Ueber die Wirkung von Fäulniss-
und Tuberkeltoxinen auf Thiere und über ihren Ein -
fluss auf den Verlauf der Experiment altuberculose.
Vorläufige Mittheilung. (Wratsch. 1891. No. 2 — 3.)
[Russisch.]
Die Mitteilung der Verff. enthält einen kurzen Bericht über eine
lange Versuchsreihe, welche, soviel Ref. ersehen kann, erst begonnen,
jedenfalls nicht abgeschlossen ist. Die bisherigen Ergebnisse erlauben
es schon, jedenfalls auf eine reiche Ernte zu hoffen. In Erwartung
der ausführlichen Mittheilung, welche bald erscheinen soll, will Ref.
hier nur die Schlüsse der Verff. wiedergeben:
1) Je komplizirter die Zusammensetzung eines faulenden Me-
diums ist, desto giftiger sind die Produkte der Fäulnissbakterien.
2) Die stärksten pyrogenen und toxischen Eigenschaften besitzen
faulende Infuse von frischem Fleisch ; ihnen reihen sich Fleisch-
ix. Bd. 29
446
Faulniss und Tuberculose. — Diphtherie.
bouillons an. Die letzte Stelle nehmen Salzlösungen ein (Nägel i’sche
Flüssigkeit).
3) Wasserextrakte wirken am stärksten, Alkoholextrakte am
schwächsten.
4) Am bedeutendsten ist die Wirkung der Faulnissprodukte zwi-
schen dem 3. und 30. Tage der Fäulniss; später beginnt eine all-
mähliche Abschwächung, doch sind die nach über ein Jahr dauernder
Fäulniss erhalteuen Produkte uoch wirksam.
5} Bei subkutaner Einführung erhöhen sie die Körpertemperatur
schon von der ersten Stunde an; die Temperatur fällt zur Norm
zwischen der 20. Stunde und dem 3. Tage nach der Injektion zurück.
6) Die Produkte der 5 — 30tägigeu Faulniss erhöhen rasch die
Körpertemperatur, welche nach 24 Stundeu zur Norm zurückkehrt.
Die Produkte längerer Fäulniss erzeugen langsame Temperatur-
steigerung; die Rückkehr zur Norm findet am zweiten oder im Be-
ginne des dritten Tages statt.
7) Die Gewichtsverluste der Versuchstiere sind der Dauer und
der Grösse der Temperatursteigerung proportionell.
8) Die direkte Einführung von Fäulnissextrakten ins Blut erzeugt
nur unbedeutendes und vorübergehendes Sinken des Blutdruckes und
Beschleunigung des Pulses und der Athmung.
9) Tuberkelextrakte x) besitzeu ebenfalls starke pyrogene und
toxische Eigenschaften, wobei in den meisten Fällen während der
ersten Stunde die Temperatur unbedeutend (0,5°) sinkt, dann steigt
und zwischen der 5. und 6. Stunde wiederum sinkt.
10) Der Blutdruck sinkt schnell und stark unter dem Einflüsse
der Tuberkelextrakte; Puls und Athmung werden bedeutend be-
schleunigt und kehren zwischen der 5. und 8. Minute zur Norm
zurück; doch bleibt der Rhythmus der Herzthätigkeit auf längere
Zeit stark verändert.
11) Die Tuberkelextrakte wirken sehr stark und schnell auf das
Endokard und auf den Herzmuskel.
12) Lösungen von Wasserextrakten und filtrirte faulige Flüssig-
keiten können ihrerseits der Fäulniss unterliegen, wobei sie an Wirk-
samkeit verlieren.
13) Tuberkel- und Fäulnissextrakte können bei subkutaner Ein-
führung höchstwahrscheinlich die Weiterentwickelung der Tuberculose
bis zu einem gewissen Grade hemmen und, möglicherweise, die Ver-
suclisthiere gegen eine neue Infektion immun machen.
14) Die Einführung der genannten Extrakte scheint den tuber-
culösen Prozess zu lokalisiren und erzeugt Neigung zu einem Ueber-
gaDge in kaseöse Massen. Steinhaus (Warschau).
Babes, Y.. Untersuchungen über den Diphtheriebacil-
lus und die experimentelle Diphtherie. (Virchow’s
Archiv. Bd. CXIX. Heft 3. p. 460.)
Verf. rekapituiirt kurz die aus den Arbeiten früherer Autoren
1) Tuberkelextrakte neunen die Verff. Extrakte aus tuberculösem menschlichem
Sputum und aus tuberculösen Düngen, welche 30 — 60 Stunden nach dem Tode der be-
treffenden Kranken bei der Sektion erhalten worden sind. Anm. d. Bef.
Diphtherie
447
über den Diphtheriebacillus gewonnenen Kenntnisse, dass der Loeff-
ler’sche Bacillus in allen Fällen von Croup und Diphtherie nach-
weisbar sei, äusserst selten bei anderen Affektionen oder in der
normalen Mundhöhle; dass er auf Schleimhäute von Thieren über-
impft, Pseudomembranen und eine Allgemeinerkrankung hervorzurufen
vermöge, während die erstere Eigenschaft dem begleitenden Strepto-
coccus fehle, dass man, besonders mit alten Kulturen, auch Lähmun-
gen durch ihn erzeugen könne (Roux und Y er sin) in Folge der
gebildeten löslichen Toxine. Im System stellt Verf. den Loef fl er-
sehen Bacillus zu einer Gruppe „Kolben und Scheiben“ bildender
Bacillen, zu der ausser ihm u. A. noch der Pseudodiphtheriebacil-
lus und der sogenannte Xerosisbacillus gehören.
Die Arbeit zerfällt in vier Abschnitte. Im ersten berichtet Verf.
über „Versuche, die Rolle der Bacillen, der gelösten
Produkte derselben und der bei Diphtherie gefun-
denen Streptokokken zu bestimmen“. Filtrate von Bouillon-
kulturen tödteten Kaninehen Je nach dem Alter der Kultur und der
Quantität der eingebrachten Flüssigkeit in verschieden grossen
Intervallen“ (nach subkutaner Injektion von ca. 30 gr in 24—48
Stunden unter den Erscheinungen einer progressiven Lähmung der
Musculatur, der Respiration und des Herzens. An der Injektions-
stelle wenig hämorrhagisches Oedem. Nach nur 5 — 10 gr Filtrat
subkutan Tod meist erst nach mehreren Wochen unter den all-
mählich auftretenden Erscheinungen einer mit den Hinterextremitäten
beginnenden charakteristischen Paralyse). Bei der Sektion parenchyma-
töse Veränderungen von Leber und Niere. Versuche, die toxische
Substanz zu isoliren, sind noch nicht abgeschlossen. Weder durch das
Filtrat, noch das eingeengte Produkt gelang es, Pseudomembranen zu
erzeugen. Verf. glaubt daher, dass zur Erzeugung der letzteren die
Anwesenheit des Bacillus selbst erforderlich sei. Da der begleitende
Streptococcus ebenfalls keine Pseudomembranen, wohl aber mit-
unter Entzündung und Nekrose der Schleimhaut hervorzurufen vermag,
meint Verf., dass derselbe wohl nur den Boden für den Loeffler-
schen Bacillus vorbereite und eventuell bei der Allgemeinerkrankung
in Frage komme.
Kaninchen (besonders junge) gingen meist schon nach einfachem
Bestreichen der kaum verletzten Konjunktivalschleimhaut mit frischen
Kulturen in 8 — 15 Tagen unter hohem Fieber und nervösen Er-
regungszuständen zu Grunde. Auf der Conjunctiva zeigten sie schon
nach 24 Stunden einen charakteristischen Belag, dessen Ueberimpfung
auf die Conjunctiva eines zweiten Kaninchens ebenfalls ähnliche
Pseudomembranen erzeugt. Weitere Uebertragungen gelangen aber
meist nicht mehr. Der Bacillus war in den Pseudomembranen noch
48 Stunden nach der Impfung nachweisbar, später nicht mehr. —
Aeltere Kulturen hatten nach ca. 15 — 20 Tagen gewöhnlich die Fähig-
keit, Pseudomembranen zu erzeugen, verloren, gewannen sie oft aber
durch Uebertraguug auf frisches Serum wieder. Noch ältere Kul-
turen konnten meist auch dadurch nicht mehr virulent gemacht wer-
den und wraren oft selbst nicht mehr übertragbar. Auch Kulturen,
welche keine Pseudornembrauen mehr hervorriefen, vermochten
29*
448
Diphtherie.
Thiere nach Einbringung geringer Mengen in die verletzte Conjunc-
tiva zu tödten. Bei regelmässiger Ueberimpfung erhielt sich die
Virulenz bis 3 Monate laug; oft ging sie trotzdem schon früher
verloren.
Auch bei subkutaner Injektion zeigten sich Kaninchen sowohl
für Kulturen als Filtrate empfänglich. Besonders junge Thiere star-
ben in 6—20 Tagen.
In einer Versuchsreihe wurden Verimpfungen mit dem Diphtherie-
streptococcus in die intakte Conjunctiva, intravenös oder in eine Ge-
lenkhöhle vorgenommen und dann der L oeff ler ’sche Bacillus in
die unverletzte Conjunctiva eingerieben : keine Membranbildung. Die-
selben Versuche wurden wiederholt, nur dass die Conjunctiva verletzt
war. Jetzt erhielt Verf. Membranbildung. Der Streptococcus
allein machte keine Membranbildung. Es genügt also die durch den
Streptococcus hervorgerufene Entzündung nicht, um den Loeff-
ler’schen Bacillus zur Membranbildung zu veranlassen. Vielmehr
scheint eine Schleimhautverletzung dazu nothwendig.
Von sonstigen Thieren seien am allerempfänglichsten Meer-
schweinchen. Bei Vögeln (Tauben) bleibe der Prozess meist länger
lokal (nach Verimpfung grosser Mengen Kultur Allgemeinerkrankung,
selbst Tod). Auch weisse Mäuse seien nicht ganz immun; jnnge
starben selbst nach subkutaner Verimpfung geringer Mengen. Grössere
Mengen der toxischen Substanz tödteten Meerschweinchen, Kaninchen,
Tauben und manchmal auch weisse Mäuse.
Im zweiten Abschnitt behandelt Verf. „die Gewebsverän-
derungen bei den an Diphtheritisinfektion zu
Grunde gegangenen Kaninchen.“ Zum Vergleiche zieht er
Befunde von Fällen menschlicher Diphtherie heran und konstatirt,
dass sich bei beiden Formen die gleichen histologischen Verände-
rungen finden und durch ihre Eigenart „die Lehre von der Spezifi-
tät des L oeffler’schen Bacillus“ stützen.
Bei den durch Filtrate oder Extrakte (oft in derselben Zeit wie
durch den Bacillus selbst) getödteten Thieren handele es sich im
Wesentlichen nur um hochgradige parenchymatöse Veränderungen
mit Kernschwund. „Selbst wenn die Endothelien geschwollen und
die Leukocyten vermehrt erscheinen , finden sich deren Kerne ver-
blasst und ohne jene eigenthümlichen Veränderungen, welche bei den
an Diphtheritis zu Grunde gegangenen Menschen und Thieren auf-
fallen.“ Gewisse histologische Abweichungen bei der menschlichen
Diphtherie, welche bei der experimentellen Kaninchendiphtherie ver-
misst werden, seien vermuthlich auf eine Mischinfektion, z. B. mit
Diplococcus lanceolatus oder Streptokokken zurückzuführen.
Der dritte Abschnitt behandelt „Versuche über Schutz-
impfung gegen Diphtherie“. Einige Kaninchen überstanden
wiederholte conjunctivaie Infektionen, die Pseudomembranen waren
dann das nächste Mal (jedoch nur auf dem bereits früher infizirten
Auge) schwächer. Pseudomembranen erwiesen sich dabei virulenter,
als Reinkulturen. Da die Versuche aber nicht konstante Resultate
ergaben und nach denVersuchen von Roux und Yersin hält Verf.
Schutzimpfungen gegen Diphtherie für aussichtslos.
Diphtherie-
449
Im vierten Abschnitt bespricht Verf. einige Versuche, die
Prophylaxis der Diphtherie betreffend. Durch Vorver-
suche wurde festgestellt, dass es bei Kaninchen nach der Infektion
der verletzten Schleimhaut nicht mehr gelingt, Bildung von Pseudomem-
branen zu verhüten. Verf. versuchte daher der Infektion vorzubeugen.
In einer orientirendeu Versuchsreihe wurden 8erumröhren vor der
Impfung mit antiseptischen Mitteln in wässeriger Lösung einige Mi-
nuten lang behandelt. Aufgehoben zeigte sich nach 48 Stunden die
Entwickelung durch Citronensäure 10°/ö, Essigsäure 5 °/0, Milch-
säure 3— 5°/0, Kali hypermanganicum 2 : 1000, Sublimat 1 : 1000 bis
2000, stark behindert durch Kali hypermanganicum 1 : 1000, wenig
behindert durch Salol oder Antipyrin (konz. Lösungen); nur in der
Kondensationsflüssigkeit behindert durch Citronensäure 2%, Karbol-
säure 2—4%; gar nicht behindert durch dick aufgestreutes Zucker-
pulver, Chlorkaliumlösung 2 — 4—8 ö/0 [soll wohl heissen chlorsaures
Kali. Ref.J und Weinsteinsäure. In einer zweiten Versuchsreihe wur-
den die Serumröhren 1/2 Stunde nach Impfung mit den antiseptischen
Substanzen gewaschen (5 Minuten). Absolut gehindert wurde das
Bacillenwachsthum durch Chinin 2 — 4:100, Citronensäure 10%,
Sublimat 1 : 1000 — 2000, Alkohol 1 : 3, Kali permanganicum 2 : 1000,
Milchsäure 10 : 1000.
Eine Abschwächung der auf antiseptisch behandelten Nährböden
gezüchteten Kulturen wurde nicht beobachtet. In einer dritten Ver-
suchsreihe wurde der Effekt der im Reagensglas erprobten Mittel an
Kaninchen als Vor- oder Nachbehandlung bei Infektion in die ver-
letzte Conjunctiva studirt. An sich sehr reizend (Entzündung, selbst
Membranen erzeugend) wirkte auf die Conjunctiva Sahcylsäure, Jodo-
form, Essigsäure 5%, Citronensäure 107#, Karbolsäure 2 7«. Gut ver-
tragen wurde Kali permanganicum 1 : 1000, Sublimat 1 : 4000, Alkohol
1 : 5, Chloralhydrat 2 %, Borsäure 5 7o (?) „und entwickelte sich auf
den mit diesen Substanzen behandelten Schleimhäuten der kurz vor-
her oder nachher infizirten Thiere keinerlei oder eine nur unbe-
deutende entzündliche Reaktion oder Pseudomembranbildung.“
Es gibt also, schliesst Verf., Substanzen , welche selbst auf djer
sehr empfindlichen Conjunctivalschleimhaut des Kaninchens „die An-
siedelung und Entwickelung des Diphtheriebacillus, sowie die Bildung
der Pseudomembranen und der Allgemeinerkrankung hintanzuhalten
vermögen.“ Da die Conjunctivalschleimhaut des Kindes viel weniger
empfindlich ist, wird man bei Kindern also diese und ähnliche Sub-
stanzen in grösserer Auswahl und Konzentration mit Erfolg anwenden
können. Czaplewski (Görbersdorf i. Schl.).
Gninon, L., Des conditions de propagation de la diph-
Urie. (Le Progres m6d. XVIII. 1890. No. 18—19, 21-22.)
G. bringt die gesammelten Vorträge Sevestre’s über den
Gegenstand unter obigem Titel. Die Mortalität an Diphtherie ist in
Paris während der letzten 60 Jahre beträchtlich angestiegeu. Ueber
die mikrobische Natur der Krankheit herrscht kein Zweifel mehr und
in dem Loeffler’schcn Bacillus wurde der spezifische Krankheits-
450
Diphtherie — Wurzelknöllehen der Leguminosen.
erreger festgestellt, welcher sich ausschliesslich in den Pseudomem-
branen findet. Die experimentellen Erfahrungen über die Tenacität
und Virulenz des Diphtheriebacillus werden durch die klinischen Be-
obachtungen bestätigt und einige Beispiele angeführt, bei welchen
das Virus nach jahrelanger Latenz sich unter günstigen Verhältnissen
neuerdings entwickelte. Hieraus lassen sich die Oscillationen der
Epidemieen, das Auftreten von successiven, durch verschieden lange
Zeitperioden von eiuander getrennten Herden erklären. — Die direkte
Uebertragung durch Pseudomembranen kann man häufig beobachten,
obzwar der unmittelbare Kontakt nicht immer zur Infektion führt,
wie die Versuche von Trousseau, Peter und Duc ha mp zeigeD,
welchen es nicht gelang, mit Pseudomembrauen Diphtherie an sich
selbst hervorzubringen. Die Uebertragung kann auch durch mehr
oder weniger intimen Kontakt mit dem Kranken, ferner durch die von
ihm benützten Gegenstände bewerkstelligt werden, und selbst im
Strassenstaub wurde das Virus nachgewiesen. Seit einigen Jahren
ist die Gefiügeldiphtherie als weitere Infektionsquelle bekannt ge-
worden. Mehrere Fälle werden als Beleg für die Uebertragbarkeit
der Diphtherie der Haus- uud Truthühner auf den Menschen mit-
getheilt, obzwar die Geflügeldiphtherie nicht als identisch mit der
menschlichen angesehen wird. — Die Kontagiosität ist wohl schon
beim Beginn der Krankheit und auch noch in der Itekouvalescenz vor-
handen. Auf der gesunden Schleimhaut entwickelt sich der Mikro-
organismus nicht , es muss eine lokale Disposition die Ansiedelung
begünstigen , wie sie durch entzündliche Erkrankungen des Larynx
und Pharynx gegeben wird. Unter den allgemeinen Prädispositions-
momenten ist eines der wichtigsten das Alter. Das Frequenzmaximum
der Diphtherie liegt im frühen Kindesalter. Der Einfluss der Jahres-
zeiten oder ungünstiger topographischer Lage ist nicht zu verkennen.
Ein Antagonismus zwischen Diphtherie und anderen Infektionskrank-
heiten kann nicht angenommen werden.
Für die Diphtherieprophylaxe gelten im Allgemeinen dieselben
Maassregeln, wie sie bei anderen Infektionskrankheiten ergriffen
werden: Isolirung und Antisepsis. Die übermässig lange Detention
der Rekonvalescenten ist nicht uöthig, aber sie dürfen nur nach
einer gründlichen Desinfektion ihres Körpers und ihrer Sachen ent-
lassen werden. Kral (Prag).
Beyerinck, M. W., Künstliche Infektion von Vicia Faba
mit Bacillus radicicola. Ernähruugsbedinguagen
dieser Bakterie. (Nach einem Vortrage am 28. Juni 1890
gehalten in der Akad. d. Wissensch. zu Amsterdam. — Botanische
Zeitung. 1890. No. 52. S. 837—843.)
Die Puffbohnenpflanzen wurden in besonders konstruirten Kultur-
töpfen (mit Saughebevorrichtung zum Begiessen) in sterilisirtem
Flusssand gezogen. Ein Dutzend solcher Töpfe wnrde in vier Gruppen,
jede von 3 Stück, vertheilt und mit verschiedenen Salzlösungen be-
gossen. Die gleichfalls sterilisirten Puffbohnen wurden zunächst auf
einer Gelatineschicht zur Entwickelung gebracht und kamen daun in
die Töpfe Der aus zwei über einander greifenden Stücken bestehende
Wurzelknöllchen der Leguminosen.
451
Deckel hatte in der Mitte ein weites, mit Baumwolle abgeschlossenes
Loch, durch das die Fabapflanze und die eine Röhre zum Begiessen
reichte. Als alle Pflanzen das zweite Blatt erzeugt hatten, begannen
die Versuche. 6 Töpfe wurden mit einer aus den Fa b a knöllchen
gewonnenen, in sterilisirtem Leitungswasser aufgeschwemmten Kultur
des Bacillus infizirt. Die Wurzelbacillen waren den ganzen
Winter 1889/90 sehr üppig auf Nährgelatine gewachsen (auf 18%
Gelatine mit Absud von frischen Fab astengein, 1% Rohrzucker, V2 %
Pepton siccum, l/4 °/° Asparagin) und bildeten einen weissen, halb-
flüssigen Bakterienschleim mit zahllosen Schwärmern, noch mehr ab-
gestorbenen Stäbchen aus einzelnen Bakteroiden und „Sternen“ (auf
ähnliche Weise wie die Rasen von Actin omyces entstehend, womit
die Wurzelbakterien wohl verwandt sind). Es wurde die eineFlälfte
des Deckels von den Töpfen abgenommen und die Bakterienmasse
auf die Oberfläche des Sandes gegossen, so dass die Flüssigkeit die
Stengel der jungen Pflanzen benetzte und diesen folgend die Wurzeln
erreichen konnte. Das Resultat war den Erwartungen völlig ent-
sprechend. Die Wurzeln der sechs mit Bacillus radici-
cola infizirten Pflanzen trugen zahlreiche Knöllchen,
alle übrigen Pflanzen waren davon völlig frei; aus der
Vertheilung der Knöllchen an den Wurzeln konnte die Seite des
Topfes auf der im Begiessen mit den Bakterien stattgefundenen er-
kannt werden. Das Verhalten der mit verschiedenen Salzen gedüngten
Pflanzen zeigte, dass das Fehlen oder die Gegenwart von Kaliumnitrat
und Ammonsulfat auf die Infektion ohne Einfluss geblieben war.
Verf. ist zweifelhaft geworden, ob diese Knöllchenbacillen iden-
tisch sind mit den Organismen der „Bakterienerschöpfung“ der Knöll-
chen. Auch bezüglich der Ernährung des Bacillus radicicola (der
nur da vorkommt, wo sich die Bakteroiden finden, nicht aber die
ganze Pflanze durchdriugt) haben eingehendere Untersuchungen des
Verf’s. frühere Ansicht raodifizirt. Die Faba’bacillen vermögen bei
Gegenwart von Kohlehydraten noch ganz minimale Nitrat- und
Ammonmengeu zu binden. Eine Bindung freien Stickstoffs findet
jedoch ausserhalb der Papilionaceenpflanze in den Bacillenkulturen
nie statt. Offenbar häuft der Bacillus iu den Knöllchen die letzten
Spuren gebundenen Stickstoffs seines Ernährungsmediums, bei Gegen-
wart aus der Pflanze zufliessender Kohlehydrate, als Reserveeiweiss
an und gibt dabei zu gleicher Zeit Veranlassung zu einer sehr voll-
ständigen Erschöpfung der nächsten Umgebung an gebundenem Stick-
stoff. Dieser letztere Umstand erscheint dem Verf. gegenwärtig
besonders bedeutungsvoll, er scheint ihm „den Weg zur tieferen Be-
gründung von Hellriegel ’s schöner Entdeckung der Assimilation
des freien Stickstoffs durch die Papilionaceen zu bezeichnen.“ Bei-
läufig wird bemerkt, dass auch ein anderes mit den Papilionaceen
nicht in Symbiose lebendes Mikrob, Steptothrix humifica n. sp.,
bei Gegenwart von Kohlehydraten zu einer völligen Stickstoffer-
schöpfung des Bodens Veranlassung gibt.
Bei fehlender organischer Nahrung findet kein Wachsthum des
B. rad icicola statt. Zur Nitrat- und Nitritbildung geben die Wurzel-
bacillen kerne Veranlassung.
452 Schutzimpfung, küDStl. Infektionskrankheiten, Entwick.elaugshemmuug etc.
Der Unterschied zwischen den verschiedenen Papilionaceen-
bakterien ist grösser, als Verf. früher annahra. So gehört Bacillus
Ornithopodos (Verf. schreibt Ornithopi) augenscheinlich zu einer
anderen Art, wie B. Fabae (diesen Namen gebraucht Verf. am
Schluss für B. radicicola var. Fabae). Dadurch erklärt sich die
eigenthümliche Thatsache, dass in Gärten die Serradelle (Orni-
thopus sativus), die den gleichen Bacillus wie 0. perpusillus
zur Knölichenbildung braucht, selbst zwischen knöllchentragenden
Vicia arten frei von Knöllchen bleibt. Ludwig (Greiz).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
GamaM'a , Sur le pouvoir antitoxique de l’orgauisme
animal. (La Semaine med. 1890. No. 56.)
Die Arbeit von Behring und Kitasato über die Immunität
bei Diphtherie und Tetanus veranlasst G., die Ergebnisse analoger
Untersuchungen mitzutheilen , welche er unternahm über die Zer-
störung des Giftes Vibrio Metschnikovi durch die Gewebe eines
nicht empfänglichen Thieres. Schon früher hatte G. gezeigt, dass
die für die Infektion mit dem Vibrio von Natur nicht empfänglichen
Thiere, wie z. B. das Kaninchen, ebenso unempfänglich sind für die
Vergiftung mit dem vom Vibrio erzeugten Impftoxin. G. suchte
nun die Frage zu lösen, worauf diese Unempfänglichkeit beruhe. Er
sammelte den Harn der Kaninchen, welche grosse Mengen sterilisirter
Kulturen des Vibrio Metschnikovi eiugespritzt erhalten hatten,
und suchte darin die physiologischen Merkmale des Impftoxins nach-
zuweisen, jedoch vergeblich. Er dachte daun, dass vielleicht die
Gewebe dieser unempfänglichen Thiere die Eigenschaft hätten, das
Toxin zu zerstören. Um diese Hypothese zu prüfen, verrieb er die
Impfflüssigkeit mit der Milz, die er den lebenden Kaninchen heraus-
gerisseu hatte. Dieses Gemisch stellte er in den Brütofen bei 37°,
filtrirte und impfte es Mäusen und Meerschweinchen ein. Diese
Impfungen ergaben, dass die Mischung ihre toxische Wirkung voll-
kommen eingebüsst hatte. Dieselbe antitoxische Wirkung hatte, wie
G. nachweisen konnte, nicht nur die Milz, sondern, wenn auch in
schwächerem Grade, das Blutserum des Kaninchens. Es ergibt sich
daraus, dass die lebenden Gewebe der unempfänglichen Thiere auch
über die Fähigkeit verfügen, das Vibriotoxin zu vernichten. Bei den
empfänglichen Thieren nimmt die antitoxische Wirkung durch die
Impfung nicht zu, wenigstens fand G., dass bei Meerschweinchen
durch die Schutzimpfung gegen den Vibrio Metschnikovi und
den Choleravibrio ihr Widerstandsvermögen gegen die löslichen Pro-
dukte dieser Mikroorganismen nicht zunimmt, während doch anderer-
seits ihre Fähigkeit, die Mikroben zu vernichten, wächst. G. schliesst
daraus auf das Vorhandensein eines gewissen Antagonismus zwischen
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickeiungshemmung etc. 453
den antiseptischen und den antitoxischen Eigenschaften dieser Thiere.
(Soc. de Biol. 13. December 1890.) M. Kirchner (Hannover).
Saint-Silalre, I n j e cti on s de seram de sang de chiendans
la trachte. (La semaine m6d. XI. 1891. No. 6.)
Verf. hat im Verein mit Coupard Versuche mit der Ein-
spritzung von Hunöeblutserum in die Luftröhre von Tuberculösen
gemacht, nachdem sie vorher festgestellt hatten, dass sie Kaninchen
4 ccm in 2 Minuten einspritzen konnten, ohne dass eine Störung der
Athmung oder Husten eintrat. Auch beim Menscheu verliefen diese
Injektionen ohne Reizung. Sie brachten einem jungen Menschen in
6 kurz hinter einander folgenden Sitzungen 4 ccm Serum in die
Trachea ohne jeden übien Zufall. Verf. fügt hinzu, dass unter der
Behandlung mit den Einspritzungen von Hundeblutserum zwar die
Bacillen bisher nicht aus dem Auswurfe verschwunden sind , wohl
aber das Allgemeinbefinden sich gehoben, das Gewicht zugenommen
hat und Kehlkopfgeschwüre geheilt sind. (Soc. de Biol. 31. 1. 91.)
M. Kirchner (Hannover).
Jolles, M. und Ad., Zur Kennt n iss der chemischen Natur
des Kochins. (Intern, klin. Rundschau. V. 1891. No. 1. p. 10.)
Verff. unterwarfen das Kochin einer chemischen Analyse mit den
folgenden Ergebnissen: 50 °/0 Wassergehalt, Abwesenheit von Cyan-
verbindungen und Alkaloiden, starke Biuretreaktion, Absorptions-
slreifen an der Grenze des grünen und violetten Feldes zwischen
b und F, das Absorptionsspektrum demnach übereinstimmend mit
jenem des Urobilins. Die Albuminate lassen sich mit Gerbsäure als
weisser voluminöser Niederschlag ausfällen, welcher in heissem Wasser,
Kochsalzlösung und sehr verdünnter Kalilauge löslich ist. Die Eie-
mentaranalyse und Stickstoffbestimmung ergaben N 5,90%, C 35,19 %
und H 7,02 %. Aus den erhaltenen Resultaten lässt sich auf ein
Toxalbumin als wirksamen Bestandtheil des Kochins schliessen.
Kräl (Prag).
Weadt, Charles, Observations on the use of Koch’s
lymph in sixteen children. (Philadelphia Med. News. No.
940. 1891. p. 70.)
Verf. behandelte 16 Kinder im Alter von 19 Monaten bis zu 16
Jahren, und zwar bloss verdächtige Fälle mit Koch’scher Lymphe.
Die Anfangsdosen betrugeu 0,00025 ccm. Die febrile Reaktion kam
mitunter erst nach 12 — 18 Stunden zur Wahrnehmung und dauerte
mitunter zwei Tage an. Die im Originale ausführlicher mitgetheilten,
nach den Injektionen aufgetretenen Erscheinungen entsprechen in der
Mehrzahl der Fälle den bekannten Typen. Kral (Prag).
Teleky, H., Injektion einer ungewöhnlich grossen Do-
sis Koch’scherLymphe. (Wien. mcd. Blätter. Bd. XIV. 1891.
No. 5. p. 65.)
In der Sitzung der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien vom
23. Januar berichtete Verf. über einen Fall, bei welchem durch einen
454 Schutzimpfung, kliostl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
vom Patienten herbeigefülirten Zufall die enorme Menge von 0,4 ccm
Koch’scher Lymphe injizirt worden war. Der Kranke, ein 3u jäh-
riger Kaufmann, bei welchem 1887 kleine Infiltrate des linken Ober-
und Unterlappens und seit 1889 eine Infiltration der linken Lungen-
spitze diagnostizirt, ausserdem seit 1888 Bacillen im Sputum kon-
statirt wurden, unterzog sich im November-Dezember v. J. in Berlin
während 28 Tagen dem Koch’schen Heilverfahren, das nach Rück-
kehr des Patienten vom Verf. 14 Tage nach der letzten Injektion
wieder aufgenommen wurde. Nach den 5 ersten Injektionen be-
trug das mit 0,003 bis 0,02 erreichte Temperaturmaximum 37,5. Bei
der 6. Injektion geschah das erwähnte Versehen. Während nach
allen früheren Injektionen massige Reaktionen beobachtet wurden,
trat diesmal nach 6 Stunden heftiger Schüttelfrost und die sonstigen
bekannten Erscheinungen auf, die Temperatur stieg auf 40°, um
bis zum nächsten Morgen kontinuirlich abzufallen. Zwei Tage nach
der Injektion war das Befinden des Kranken dasselbe wie vor der
Injektion. Kral (Prag).
Lumniczer, Ueber Versuche mit dem Koch’schen Mittel.
(Wien. med. Presse. 1891. No. 5—7.)
Verf. behandelte seit Ende November v. J. 16 Fälle von tuber-
culösen Gelenksentzündungen, Knochenmark- und Periostalerkrankun-
gen, Lymphomen, Lupus, Orchitis und Ulcus cruris, ausserdem zum
Zwecke der Differenzialdiagnose noch 4 Fälle nach Operationen mit
Koch’scher Lymphe.
Aus seinen mit dem Koch’schen Heilverfahren bisher erzielten
Resultaten scheint nach Verf. hervorzugehen, dass die Empfänglich-
keit für das Mittel nicht allein von dem Grade und der Ausbreitung
des tuberculösen Prozesses, sondern auch von individuellen Eigen-
schaften, insbesondere von der Widerstandsfähigkeit des Organismus
abhängt. Bei energischer allgemeiner Reaktion bleibt nicht selten
jede lokale Reaktion aus und umgekehrt. In einem Falle von Coxitis
wurde durch die Injektionen eine auffallende Besserung herbeigeführt.
Bei Knochen-, Beinhaut- resp. Gelenksentzündung war der Erfolg ein
sehr überraschender, wenn Fistelgänge vorhanden waren, die bis zu
dem oder in den Knochen führten. Die Knochenfisteln schlossen sich
nach 4—6 Injektionen in 14 — 21 Tagen. Es sollte demnach bei
vorgeschrittenen, noch nicht offenen tuberculösen Prozessen mit der
Eröffnung des Knochenherdes oder der Gelenkhöhle und den daran zu
schliessenden Injektionen nicht gesäumt werden. Kral (Prag).
Lloyd, J. H., and Stelwagon, H. VV., Preliminary notes on
a case of Lupus vulgaris trcated by injections of
Koch’s lymph. (Philadelphia Med. News. No. 941. 1891. p. 108.)
Verff. theilen aus ihrer Privatpraxis einen Fall von recidiviren-
dera Lupus der linken Wange, einen 15jährigen Knaben betreffend,
mit, bei welchem bereits nach 5 Tuberculininjektionen eine ausge-
sprochen günstige Beeinflussung des Krankheitsherdes wahrzunebmen
war. Die Dosen von 0,001—0,002 erzeugten erst nach der 3. In-
jektion eine Temperaturerhöhung. Nach der 1. Injektion masern-
Schutzimpfung, kfinsti. Infektionskrankheiten, Entwickelnngsbesamung etc. 455
ähnliches Exanthem, bis zur 3. Injektion ansteigende Schwellung
und Rötbung das Lupusherdes, dann Abflachung und langsam ver-
schwindender erythematöser Hof um denselben. Kräl (Prag).
Liebmann , V. , II bacillo della tubercolosi nel sangue
degli ammalati, trattati colla linfa di Koch. (Lo Speri-
mentale. 1891. No. 2. p. 30.)
Verf. fand im Blute von 20 an verschiedenen Formen vou Tuber-
culose erkrankten Individuen, die mit Injektionen von Koch’scher
Lymphe behandelt wurden, konstant Tuberkelbaciilen, während Kon-
trolluntersuehungen des Blutes von nicht injizirten Tuberculösen ne-
gative Resultate lieferten. (Guttmann und Ehrlich, ebenso
Cantaui haben das Blut von zahlreichen dem K och’sehen Heilver-
fahren unterzogenen Phthisikern untersucht und waren bei keinem der
Fälle im Stande, Bacillen im Blute nackzuweisen. Ref.)
Kräl (Prag).
Laplace, Ernest, Koch’s treatment of Tuberculosis. (The
Times and Register. No. 645. 1891. p. 43.)
Verf. weilte als Delegat des Medico-Chirurgical College in Phila-
delphia während des Monates Dezember in Berlin, um sich mit dem
Koch 'sehen Heilverfahren bekannt zu machen, ln seinem diesbe-
züglichen Berichte zunächst eine Beschreibung der Koch’scben
Lymphe, ihrer Anwendungsweise, Dosirung und der Indikationen
gebend, theilt Verf. dann die Beobachtungen mit, welche er an ver-
schiedenen, mit dem Mittel behandelten Kranken daselbst zu machen
Gelegenheit hatte.
Die Koch’sche Entdeckung bedeutet eine hervorragende Epoche
in der Geschichte der Therapie. Denn die Substanz übt — entgegen
unseren Ansichten über die physiologische Aktion der Heilmittel —
eine spezifische und gleichzeitig eine elektive Wirkung aus. Sie bildet
ein werthvolles diagnostisches Mittel auch in zweifelhaften Fällen
und selbst wenn es sich in Zukunft erweisen sollte, dass die Lymphe
dauernde Heilung der Tuberculose nicht herbeizuführen vermag, so
wird die Entdeckung doch als Richtschnur dienen , wie in Zukunft
bei Untersuchungen über wissenschaftliche Therapie vorzugehen ist.
Kräl (Prag).
Irsai, Arthur, Erfahrungen über das Koch’sche Mittel
bei Lungen- und Kehlkopf tuberculose. (Intern, klin.
Rundschau. 1891. No. 5 u. 6. p. 186, 226.)
Das vom Verf. mit Koch’scher Lymphe behandelte Kranken-
material umfasste 16 Fälle von beginnender, ausgesprochener und
vorgeschrittener Lungeufcuberculose, wovon 6 Fälle mit gleichzeitiger
Kehlkopfaffektion, ferner 1 Lupusfall. Die Reaktion trat häufig
8 — 10 Stunden nach der Injektion auf und erwies sich in ihrer In-
tensität und Dauer unabhängig von dem Grade des tuberculösen
Prozesses. Lokale Reaktion , anfängliche Vermehrung des Sputums,
Bacillendegeneration und sonstige Befunde stimmen im Wesentlichen
mit den bisher gemachten Beobachtungen überein.
456
Neue Litteratur.
Id einem Falle von Kehlkopftuberculose ist Heiluog, bei einem
zweiten entschiedene Besserung herbeigeführt worden, ebenso in einem
Falle von Lungentuberculose. In 2 Fällen bewährte sich die Koch-
sche Lymphe glänzend als diagnostisches Mittel; die im Kehlkopfe
bezw. an der Epiglottis beobachteten Veränderungen traten erst nach
den Injektionen zu Tage. Bei 2 Fällen beginnender Lungentuber-
culose ohne Bacillen im Sputum konnte diese durch die Injektionen
mit Sicherheit diagnostizirt werden. Den Schluss bilden 2 Sektions-
befunde von Prof. Pertik herrührend, die Fälle betreffen, bei
welchen Heilerfolge im Vorhinein ausgeschlossen waren.
Kral (Prag).
Dixon, Samuel (*., Koch’s method of treating Tuber-
culosis. (Philadelphia Med. News. No. 940. 1891. p. 58.)
In einem am 8. Januar am Jefferson Medical College ge-
haltenen Vortrage berichtet Verf. über das Koch’sche Heilmittel»
dessen wahrscheinliche Zusammensetzung und Gewinnung, sowie über
dessen kurative und eiektive Wirkung. Ferner theilt Verf. Näheres
über die Reaktionen und über die günstigen Resultate nach Injek-
tionen von Tuberculin bei einigen Fällen von Lupus, chirurgischer
und Lungentuberculose mit, die er während seines Aufenthaltes in
Berlin zu beobachten Gelegenheit hatte. Kral (Prag).
Neue Litteratur
zunammenges teilt von
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Frorr maurische Buchdruokerei (Hermann Pohle) in Jena.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
geh. Soff. Prof, Br. Lerntet m Professor Dr. Loeie?
ln I.elpjij ia Greifrwald
herausgegaben von
Dr. ö. TJliiworm in Cassel,
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -®- Jena, den 16. April 1S91. -o~ No* 14»
Original - Mitiheilungen.
Malariaparasiten in den Vögeln,
Vorläufige Mittheilungen
der Professoren B. förassi und B. Feletti
in
C a t a n i a.
(Schluss.)
Die in Rede stehenden Amöben finden sich auch in Gegenden,
die niemals für malarisch gehalten wurden! Allerdings finden sie
sich, aber nur an sehr beschränkten Stellen und in weit geringerer
Menge, als wie in den Malariaorten und vielleicht auch in nicht
ganz für die Entwickelung der Malaria geeigneten Verhältnissen.
Doch wie vorsichtig man sein muss, diesem meinem Zweifel Werth
beizulegen, geht aus Folgendem hervor:
Ich stellte Nachforschungen in RovelJasca an, welches in der
trockenen lombardischen Ebene gelegen und allgemein für eine nicht
malarische Gegend gehalten wird, und fand besagte Amöben in der
Nähe einer künstlich angelegten Wiese, in der Nachbarschaft eines
kleinen Teiches etc. Diese Thatsache erschütterte natürlich stark mein
Vertrauen auf die obige Hypothese, doch nur für einen Augenblick, da
ich bald feststellen konnte, dass auch Rovellasca ziemlich ma-
larisch, wenn auch nicht für die Menschen , so doch für die Vögel
ist. In der That fand ich in nächster Nähe der künstlich au-
gelegten Wiese junge Sperlinge, die das Nest erst seit wenigen Tagen
verlassen hatten, leicht und junge Lanius coiiurio stark infizirt.
rx. Bd. ' 30
462
6 r es s i und F e 1 e tti,
Sowohl die Sperlinge wie die Lanius waren sehr wahrscheinlich in
dieser Gegend geboren.
Die in Rede stehenden Amöben encystiren sich leicht und so
encystirt können sie sich in die Luft erheben; man begegnet ihnen
in der That, wenn auch sehr selten (dies hängt vielleicht von der
Art der Untersuchung ab) sowohl im Thau, der nach der Moscati-
schen Methode gesammelt wurde, wie auch in den Nasenhöhlen der
Tauben, die für eine oder mehrere Nächte in Malariaorten in Käfigen
aufgehängt gehalten wurden.
Somit wäre also der Cyklus der Malariaparasiten folgender:
Gewisse Amöben, welche freies Leben führen, entwickeln sich,
nachdem es ihnen gelungen, in den Körper der Vögel oder Menschen
einzudringen, derart, dass sie in ihrem neuen Wirtlie von denen ihrer
Vorfahren im freieu Leben etwas verschiedene Charaktere annehmeu
(Dimorphie, wie dieselbe z. B. für die Anguillula intestinalis
bekannt ist).
Es ist wahrscheinlich, dass einem jeden der verschiedenen Ma-
lariaparasiten eine besondere Amöbe entspricht.
Die Amoeba guttula entspricht am besten einer Haema-
moeba; die Amoeba (Dactylosphaerium) radiosa der La-
verania. Die Geissein, die sich so leicht aus der Laverania
entwickeln, müssten stets eine pathologische Thatsache ausdriicken,
welche jedoch in der Amoeba radiosa ihre Erklärung finden
könnte, da diese ihrerseits auch zuweilen dünne Pseudopoden, die
sich gleich Geissein bewegen, zeigt.
Während die Amöhen in den rothen Blutkörperchen leben, passen
sie sich einer ausnahmsweise günstigen Lebensweise an und gewöhnen
sich an so bequeme Verhältnisse , dass sie , wenn wieder in’s freie
Leben zurückgebracht, nicht mehr die Kraft haben, den Kampf urn’s
Dasein wieder aufzunehmen und zu Grunde gehen; dies ist die Er-
klärung, warum es unmöglich ist, sie im freien Leben zu kultiviren,
wie man dies mit den Bakterien zu thun vermag.
Fügt man hinzu, dass sie im Blute niemals Formen annehmen,
welche an eine Möglichkeit von Leben und sei es auch nur latentem
Leben ausserhalb des Wirthes glauben lassen könnte, so kann man
mit dieser Thatsache die mangelnde Kontagiosität der Malaria in
Verbindung bringen.
V.
In Folgendem möchte ich gern noch einige andere Punkte der
Malariafrage kurz berühren :
Erster Punkt: Man fragt, ob es möglich sei, dass die Malaria
vermittelst der Verdauungswege in’s Blut eindringen kann.
Um dies Problem zu lösen, liess ich kräftige, in nicht maiarischen
Gegenden lebende Personen , welche sich freiwillig dazu hergaben,
30 — 50 g von nach der Mo ^cati’scben Methode gesammeltem Thau
trinken. Ich liess dies E^.periment verschiedene Male wiederholen,
aber stets mit negativem Erfolge.
Negativ wraren auch die Resultate, welche erhalten wurden, wenn
ich kräftige, gesunde Menschen Blut von malarischen 1 adi iriduen
trinken liess, oder wcnr, ich verschiedene Raubvögel, welche voraus-
Mfllarlaparasiten in deu Vögeln.
463
sichtlich fähig waren, sich mit Malaria infiziren zu könneu, mit von
Malaria infizierten Vögeln fütterte.
Zweiter Punkt: Bei verschiedenen Vogelarten zeigte sich die
Malariainfektion stets sehr beschränkt, d. h. die Malariaparasiten
waren immer nur sehr spärlich vertreten und es zeigten sich haupt-
sächlich die Mondsicheln sehr klein (Emberiza projer, Passer
montanus, Passer Italiae etc.).
Dritter Punkt:1) Die Ansteckung durch die Laverania heilt
ira Menschen im Beginne des Frühjahrs. Thatsache ist, dass wir
hier in Catania vom Monat April bis zum Monat September auch
nicht einen einzigen Fall von Laverania konstatiren konnten.
In den Passerflispaniolens is begegnet man der Laverania
vom Monat Februar an. Ende Oktober waren die noch infizirten
Sperlinge schon selten und nach der ersten Hälfte des Novembers
waren fast alle vollständig infektionsfrei.
Von acht, im Mai infizirten Tauben waren Anfangs November
sieben vollständig und eine fast geheilt. Dagegen sind jene Tauben,
welche erst im Monat August oder im September sich infizirt batten,
jetzt noch voller Laverania. In der ersten Hälfte des gegenwärtigen
Novembermonates nahmen wir zwei junge Strix flammea gefangen,
welche sehr mit Mondsicheln infizirt waren und es auch heute noch sind.
Alle diese Betrachtungen beweisen, dass die Laverania nach
höchstens ca. 6 — 7 Monaten spontan verschwinden.
Betreffs der Möglichkeit eines Rückfalles können wir heute noch
nichts entscheiden.
Catania, Ende November 1890.
VI*).
A. Unter den vielen von uns in den Vögeln untersuchten Ma-
lariafällen hat sich uns bis jetzt noch kein einziger Fall gezeigt,
in welchem eine einfache Infektion von Haemamoeba praecox
stattgefunden hätte.
Es ist allerdings wahr, dass dieser Umstand, wie wir bereits
früher Gelegenheit zu bemerken hatten , sehr leicht erklärbar ist,
ohne deshalb zu der Voraussetzung Zuflucht nehmen zu müssen, dass
die Haemamoeba und die Laverania einer einzigen Parasiten-
art angehören müssen. Um jedoch jedweden Zweifel zu vermeiden,
wäre es immerhin wünschenswert, irgend einen Fall von reiner
Haemamoeba praecox zu finden.
Jetzt endlich ist es uns gelungen , einen solchen Fall bei einer
Eule (Athene noctua) zu finden. Es ist dabei zu bemerken, dass
dieser Vogel, wenigstens hier bei uns in Sicilien und während des
Winters, ziemlich selten von der Malaria infizirt wird, was unsere
Erklärung, warum in den Sperlingen, welche fast alle von Lave-
rania infizirt erscheinen, keine reinen Fälle von Hämamöben Vor-
kommen, vollständig rechtfertigt.
1) Diese Beobachtung wurde noch von mir und meinem Kollegen Feletti zu-
sammen in Catania gemacht.
2) Diese Note wurde im Januar in der Accad. Gioenia di CatuDia mitgotheilt und
erschien im Bolletiuo dieser Accademia im Monat Februar 1891.
30*
464
ö r a s s i und F e 1 e 1 1 i,
Unsere nur von Haemamoeba infizirte Eule wurde am 27. De-
zember 1890 in der Nähe von Lentini gefangen; die Infektion war
sehr bedeutend und erhielt sich so bis zum 20. Januar 1891 ; am
21. Januar, nach sorgfältigster wiederholter Untersuchung des Blutes,
fand sich keiue einzige Haemamoeba mehr vor, dasselbe Resultat
ergab sich au jedem der folgenden Tage, bis sich am 29. dessel-
ben Monats dieselben, jedoch nur in geringer Anzahl, wieder zeigten;
jetzt (12. Februar) sind sie abermals verschwunden. Es ist wohl über*
flüssig, zu bemerken, dass wir in dieser Eule niemals Mondsicheln fanden.
Was nun den Sitz der Parasiten anbelangt, so müssen wir sagen,
dass derselbe weit weniger ausgesprochene Vorliebe für die Enden
der rothen Blutkörperchen zeigt, welche für uns, wie früher erwähnt,
der beliebteste Sitz der Haemamoeba in den Sperlingen waren.
Die Haemamoeba zeigt sich uns zuweilen, hauptsächlich weun
sie sich auf einer Seite des rotheu Blutkörperchens entwickelt, derart
verlängert, dass sie Aehnlichkeit mit einer in der Entwickelung be-
griffenen Laverania zeigt; sie wird jedoch niemals zur Mondsichel.
Man bemerke noch, dass wir in einer auderen Eule nur Mond-
sichelu vorländen, was demnach beweist, dass auch die Eulen von
Mondsicheln heimgesucht werden können.
Wir hatten eine von Haemamoeba und Laverania infizirte
Fringilla coelebs, welcher für ungefähr vierzehn Tagen sich
nur von einer sehr spärlichen Menge von Haemamoeba infizirt
zeigte (bei der Untersuchung des Blutes eines Beines); später ver-
schwanden die Hämamöben vollständig , und es erschienen nun
vereinzelte Mondsicheln , welche sich rasch vermehrten und heute
noch existiren. Es ist dies ein Fall von doppelter Infektion, wie er
schon verschiedene Male im Menschen angetrofl'en wurde (Canal is ,
Celli, Marchiafava etc.)
B. Bignami und Bastian eil i vermutnen, dass die von uns
für einfache Laverania angesehenen Fälle gemischte Fälle von
Haemamoeba und Laverania wären und gründen diese ihre
Vermuthung auf ihre Hypothese, dass die Laverania eine De-
generationsform der Haemamoeba sei.
Nachdem wir viele Vögel geopfert, ist es uns gelungen, von
Neuem zu bestätigen, was wir schon im vergangenen Jahr behaup-
teten, nämlich, dass die von uns für reine Laverania gehaltenen
Fälle wirklich solche sind! Es scheint uns, es wäre jedenfalls we-
niger unrichtig, die Mondsicheln für Degeneratioriserzeugnisse der
rothen Blutkörperchen, als für Degenerationserzeugnisse von in
keinem Organe auffindbaren Hämamöben zu halten! Uebrigens kann
das Unvermögen, die Reproduktionsweise einer Form genau festzu-
stellen, doch nicht die Hypothese rechtfertigen, dass es sich hier um
eine Degeneration handeln müsse, um so mehr, wenn diese Form
ganz ungemein verbreitet ist, wie gerade die Mondsicheln im Menschen
and besonders in den Vögeln1). Zur Unterstützung dieser Hypo-
these von der Degeneration hat die Thatsache, dass die Lave-
rania und die Haemamoeba, wenn noch ganz jung, ununter-
1) Man halte uns hier nicht entgegen , dass die Geisse]träg6r auch sehr ver-
breitet seien; diese sind nicht in: cirkuUrenden Blute anzutreffen (Dan ilevrsky ,
Grass i und Feletti).
Malariaparasiten in den Vögein.
465
scheidbar sind um so weniger Werth, da, wie bekannt, viele Weseu
im Embryonal zustand nicht von einander zu unterscheiden sind,
während sie es erwachsen sind1).
C. Um das, was wir unter Ä und B gesagt, noch weiter zu bekräf-
tigen, referiren wir noch folgende, während der letzten drei Monate
gemachte, Untersuchungen.
Wir machten Milzpunkturen bei drei nur von Laverania (un-
regelmässigem Fieber) infizirten Individuen (besagte Individuen wurden
vorher von uns gewissenhaft untersucht), und zwar wahrend der Periode
der Apyrexie, in verschiedener Zeitentfernung von der Fieberperiode.
In dem auf diese Weise entzogenen Blute fanden wir nicht die
Haemamoeba praeeox, wohl aber die erwachsene Laverania,
und zwar in weit grösserer Anzahl, als wie im peripherischen
Blute: in zwei dieser Fälle fanden wir auch sehr kleine, noch nicht
pigmentirte Plasmodien (junge Amöben). In einem dieser drei
Fälle begegneten wir auch jenen Figuren, welche wir für Mond-
sicheln in Segmentation halten. In einem vierten, dem vorstehenden
ähnlichen Falle unternahmen wir in Gemeinschaft mit Herrn Dr. C a-
landruccio ebenfalls die Untersuchung des Blutes der Milz- und
trafen nur auf zahlreiche Mondsicheln und die vermuthüchen Seg-
mentationsöguren.
D. In einem Sperling fanden wir für ungefähr zehn Tage ausser
sehr spärlichen Mondsicheln eine bedeutende Anzahl einer neuen Form
von Haemamoeba2 * * * * * 8) (Haemamoeba relicta n. sp.) vor. Wir
hatten diese schon bei vielen anderen Sperlingen gesehen, aber stets
nur in sehr geringer Anzahl. Sie besitzt mehr oder weniger zahl-
reiche Pigmentkörner und segraentirt sich , nachdem sie über die
transversale Hälfte des rothen Blutkörperchens zerstört hat. Der
Kern des rothen Blutkörperchens ist von seinem Platze gerückt,
wie es auch geschieht, wenn dasselbe von Haemamoeba prae-
cox angefallen ist. Er befindet sich im Ueberbieibsel des rothen
Blutkörperchens, welches mehr oder weniger entfärbt ist, und er nimmt
meistens wenig oder gar nicht das Methylviolett an. Schliesslich
müssen wir noch bemerken , dass die vou der in Frage stehenden
Haemamoeba eingenommenen Blutkörperchen gewöhnlich etwas
klein sind.
1) Wir fanden in keinem Menschen die Verwandlung der Laverania m a -
lariae in Haemamoeba vivax, d. h. also aus dem unregelmässigen Fieber vier
Mondsicheln in wahre Tertianfieber. Auch in den Vögeln verschwinden die Mondsicheln
vollständig, ohne den Hämamoben Kaum zu geben.
Um die in Rom beobachteten widersprechenden Fälle bei Menschen nach Werth zu schätzen,
muss man Folgendes in Rechnung ziehen : 3) können verschiedene Arten vonMalariaparasiteu
zusammen ezistiren, und es kann für eine gewisse Zeit eine Art vorherrschend sein und
dann die audere; 2) mit Tertian-, Quartan- und Mondsichelfieber Behaftete, deren aus
den Fingerspitzen entnommenes Blut durchaus keine Parasiten mehr zeigte und die wir in
Folge dessen für ganz geheilt hielten, hatten nach mehreren Monaten Reeidive; 3) ist
in Rom die malarische Ansteckung so stark , dass es viele Fälle von gemischter An-
steckung gibt; 4) da der Eutwickelungscyklus der Haemamoeba kürzer, als der
der Laverania ist, so ist es natürlich, dass in der Regel eine gemischte Ansteckung
bei ihrem ersten Erscheinen eine sehr grossa Anzahl von Hämamoben aufweist, wäh-
rend die Laverania noch sehr spärlich vertreten ist.
8) Weder in diesen, noch in anderen Hämamoebeu der Vögel konstatirten wir tu'rt
Sicherheit amöboide Bewegungen ; es ist jedoch zu vermethes, dass dieselben nicht
vollständig fehlen.
466
Grassi und Feletti, Malariapar&siten in den Vögeln.
Die Schilderung weiterer Eigentümlichkeiten behalten wir uns
für unsere ausführliche Arbeit vor.
Nach ungefähr zehn Tagen wurden die Hämamöben seltener
und es wuchs die Zahl der Laveranien.
E. Wir kommen nun zu einem Experiment, welches Herr
Dr. Calandruccio unternahm und für dessen Richtigkeit wir voll-
kommen Bürgschaft leisten. Wir wollen Calandruccio selbst
sprechen lassen.
„Auf Rath des Prof. Grassi wollte ich an mir selbst nach-
stehendes Experiment ausführen.
Ara 10. Dezember 1890 entnahm ich vermittelst einer sorg-
fältig sterilisirten P r avaz’schen Syringe aus einer der superfiziellen
Venen des linken Armes eines von reiner, bald einfacher, bald tripla
Quartana infizirten Individuums (sowohl klinisch wie mikroskopisch
genau festgestellt) ungefähr ein Gramm Blut und spritzte dasselbe
sofort in das subkutane Bindegewebe meines linken Armes ein. Am
Stichpunkt zeigte sich kein Tropfen Blut. Nach einigen Tagen er-
schien an der Stelle der stattgehabten Einspritzung ein bläulicher
Fleck, der später allmählich gelblich wurde.
Während 17 Tagen befand ich mich vollkommen wohl, später
aber, d. h. vom 28. Dezember 1890 bis zum 9. Januar 1891, wurde
ich manchmal von tripla, manchmal einfacher Quartana geplagt.
Der mikroskopische Befund bestätigte die Diagnose. Das Chinin
heilte bald diese Quartana. Ich muss hier noch hinzufügen, dass
ich früher niemals von Malariafiebern heimgesucht worden bin, mich
auch nicht in einer malarischen Gegend aufhielt, ich mithin mit Be-
stimmtheit annehmen kann, dass mein Experiment durchaus keinem
Zweifel Raum lassen kann. Ich behaupte daher, dass die Malaria von
Mensch auf Mensch auch durch hypodermische Impfung von malarischem
Blute übertragen werden kann; ausserdem trägt mein Experiment
dazu bei, festzustellen, dass die Quartana stets Quartaua bleibt und
mithin der relative Parasit eine gute Art (nicht einfache Varietät)
für sich sein muss, wie dies zuerst von Grassi und Feletti be-
hauptet wurde.
Diese meine Schlussfolgerung wird noch mehr befestigt, wenn
ich noch bemerke, dass das von Quartana heimgesuchte Individuum,
dessen Blut ich zu meinem Experiment benutzte, ebenfalls künst-
lich intizirt worden war, und zwar durch das Blut eines anderen
mit Quartana behafteten Individuums.“
Herr Dr. Calandruccio machte noch an weiteren zwei, sich
freiwillig dazu erbietenden Individuen subkutane Einspritzungen mit
dem Blute eines mit reiner Laverania malariae iDfizirten
Menschen; in beiden Fällen entwickelte sich nur die reine Lave-
rania malariae. Mithin wurden bis jetzt hier in Catania fünf
Experimente an Menschen gemacht, und genügen sie wohl, um zu
beweisen, dass es wirklich verschiedene Arten von Malariaparasiten
giebt, welche auch durch die klinische Form der Krankheit erkennbar
sind. Das gleiche Resultat lieferten auch die drei in Rom ange-
stellten Versuche, nachdem man Sorge, getragen, sich solchen Blutes
zu bedienen, welches mit Bestimmtheit nur mit einer einzigen Form
von Malariaparasiten infizirt war.
Sanarelli, Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen dea Milzbrand. 467
Diese Thatsachen und die Beständigkeit der Formen in den vielen
von uns sowohl im Menschen wie in den Vögeln monatelang be-
obachteten Fällen beweisen ad evidentiam die Mannigfaltigkeit der
Alten, wenigstens für das Auge des Zoologen. Wer sich davon über-
zeugen will, muss nicht nur viele Menschen und Vögel einige Male un-
tersuchen, sondern viele Fälle für längere Zeit täglich verfolgen.
Wie aus den Daten der vorstehenden Noten ersichtlich, haben
wir, vor Danil ewsky, die Formen unterschieden, welche er der
akuten Malaria (Haemamoeba, welche sich in der, besonders
durch Golgi bekannten Weise segmentirt) zuschreibt.
Um allen Missverständnissen vorzubeugen, bemerken wir schon
jetzt, dass der Polymi tus m al ariae Danilewsky, pro magna
parte synonym mit unserer Laverania Danilewsky ist und
nicht mit den Hämogregarinen oder den Pseudovermiculi, wie Dani-
lewsky glaubt. Die Pseudovermiculi der Vögel fehlen in Catania.
Catania, den 6. April 1891.
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den
Milzbrand,
^Laboratorium für allgemeine Pathologie der königi. Universität Siena,
Direktor Prof. C. Sanquiricö.)
Von
Dr. Giuseppe Sanarelli,
Assistenten.
I.
Gegenwärtiger Stand der Frage über die natürliche
Immunität gegen den Milzbrand.
In der letzten Zeit hat vielleicht keine andere biologische Frage
so hohes Interesse geweckt, oder ist durch so viele wissenschaftliche
Beiträge bereichert worden, wie die, welche die Ursachen der natür-
lichen Immunität gegen die Infektionskrankheiten betrifft.
Die schönen Versuche des russischen Gelehrten haben gezeigt,
welche Rolle die Phagocyten den Krankheitsagentien gegenüber ein-
nehmen und zum ersten Male einen sicheren Weg eröffnet , welchen
alle die betreten haben , welche dieses wichtige, verwickelte Problem
aufzuhellen versuchten.
Da nun auf die wohlbekannten, klassischen Versuche Metschni-
koff’s eine so lebhafte und wohl unterhaltene Experimentalkritik
folgte, woran fast Alle Theil nahmen, welche sich mit den biologischen
Wissenschaften beschäftigten, so kann man sich nicht wundern, dass
in wenigen Jahren eine grosse Menge von Arbeit gethan und ein
weites Feld für die Tbätigkeit der Betheiligten eröffnet worden ist.
Trotzdem, und obgleich neue, ausserordentlich interessante Re-
sultate gewonnen worden sind, welche einerseits die Thatsachen be-
stätigen, auf welche sich die Phagocytentheorie stützt, und anderer-
seits ihre Wichtigkeit vermindern oder zerstören , so ist man doch
488
Sa d a r e lli ,
noch nicht so weit gelangt, um mit Sicherheit feststellen zu können,
welchem unter den vorhandenen Faktoren der Immunität man die
Hauptrolle in der Vertheidiguug des Organismus gegen die Bakterien
zutheilen solle.
Ich würde eine nutzlose Arbeit unternehmen, wollte ich, auch
nur kurz, Alles anführen, was bis jetzt für und gegen die Phagocyten-
lehre geschrieben worden ist; die sinnreichsten Mittel der Unter-
suchung und die verschiedenartigsten Beobachtungen haben keiue
wesentliche Veränderung in die Begriffe gebracht, nach denen Einige
die morphologische Wirkung vertheidigen und andere ihr die che-
mische Wirkung entgegcustellen.
Metscbnikoff1), Hess8), Gallemaerts3), Paulowsky4),
Bibbert6), Banti8), Karg7), Gamalei'a8), Dan ile wsk y 9)y
Soudakewitsch10) etc. stellen uns den Organismus als mit na-
türlichen Verteidigern versehen vor, den Zellen, welchen vor allem
die Aufgabe zufallen würde, Widerstand zu leisten und gegen die
Agentien der Infektionskrankheiten zu kämpfen. Dagegen betrachten
v. Christmas11), Weigert.18), Flügge13), Bitter14), Nut-
tal16), Behring 16), Fahrenholz17), Czaplewsky18), Wolf-
heim19), L ubarsch 2o), Petr usefcky 21), Büchner*2), Fin-
ger28), Baumgarten24) und Andere die morphologischen Elemente
nur als sekundäre Agentieu gegenüber den schädlichen, biochemischen
Eigenschaften der organischen Flüssigkeiten. So wird auf der einen
wie auf der anderen Seite (mit einigen Ausnahmen, wie Bibbert,
Gamaleia, welche die Möglichkeit anderer antibakterischen Ein-
1) Vircboff’s Archiv. Bd. XCVL XCVII. 1884 Bd. CVII. CIX. 1887.
Bd. CX1II. CX1V. 1888. — Fortschritte der Medicin. Bd. III. 1884. Bd. V. 1887.
— Annales de l’Iustitut Pasteur. Vol. I. 1887. p. 43 — 320. Vol. II. 1888. p. 604 — 610.
Vol. UI. 1889 p 23 und 289. Vol. IV. 1890. p. 66 und 193.
2) Virchow’s Archiv. Bd. CIX und CX. 1887.
3) Bullet, de l’Acad. roy. de Medecine de Beigique. 1887.
4) Virchow’s Archiv. Bd. CVIII. 1887.
5) Deutsche medic. Wochenschrift. 1885. No. 31 und: Der Untergang pathogener
Schimmelpilze im Körper. Bonn 1887.
6) Archivio per le scienze mediehe. Vol. XLLL 1888. Fase. 9.
7) Fortschritte der Medicin. Vol. VI. 1888. p. 529.
8) Annales de llnstitut Pasteur. 1888 p. 229 und 617.
9| Annales de l’Institut Pasteur. 1890. p. 432.
10) Virchow’s Archiv. Bd. CXV. 1889. p. 264.
11) Fortschritte der Medicin. 1887. No. 13.
12) Fortschritte der MediciD. 1888. No. 21.
13) Zeitschrift für Hygiene. Bd. IV. p 208.
14) Zeitschrift für Hygiene. Bd. IV. p. 291 — 97 und 318.
15) Zeitschrift für Hygiene. Bd. IV. p. 353.
16) Centralblatt für klinische Medicin. 1888 No. 28.
17) Beiträge zur Kritik der M e t s c h n i k o f f 'sehen PhagocyteDlehre (Inaug.-Dissert.).
Königsberg 1889.
18) Beiträge zur pathol. Anatomie und allgemeinen Pathologie. 1889. p. 47.
19) Beiträge zur pathol. Anatomie und allgemeinen Pathologie. 1888. p 403.
20) Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkmde. Bd VI. 1889. p. 481.
21) Beiträge zur pathol. Anatomie und allgemeinen Pathologie. 1888. p. 357.
22) Münchener mcdic. Wochenschrift. 1889. No. 2. 3 ; und Archiv für Hygiene. 1890.
Fase. 1. 2.
23) Beiträge zur pathol. Anatomie und allgemeinen Pathologie. Bd. IV. 1889.
24) Zeitschrift für klinische Medicin. Bd. XV. 1889. Fase. 1 2. Centraiblatt für
klinische Medicin. 1888. No. 29 and Beitr. zur pathol. Anatomie und allgem. Pathologie.
1889. p. 1.
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand.
469
fliisse nicht ausschliessen) die Frage der natürlichen Immunität auf
kategorische Weise gestellt, wobei die häufigen Gegensätze in den
Kesultaten von Untersuchungen, welche bisweilen auf ganz parallele
Weise zur Stütze der einen oder anderen Meinung angestellt wurden,
auffällen.
Unter die Zahl dieser letzteren rechne ich unbedingt die zuletzt
von Metschnikoff und von Bau mgarten mit seinen zahlreichen
Schülern ausgeführten, welche in einem kürzlich erschienenen Auf-
sätze Baumgarten’s selbst, „Ueber experiraentum crucis der Pha-
gocytenlehre“, wieder aufgenommen und ausführlich besprochen werden.
Io diesen, wie in so vielen Untersuchungen derselben Art hat man
dabei beharrt, auf die verschiedenste Weise nach den Ursachen zu
suchen, welche die natürliche Immunität der Frösche gegen Milzbrand
bedingen.
Gegen die von Anfang an ausgesprochene Hypothese Metschni-
koff’s, dass es nämlich die Leukocyten seien, welche die Zerstörung
der Sporen oder Bacillen des Milzbrandes bedingen, welche in den dor-
salen Lymphraum des Frosches injizirt werden, sprechen mit Ent-
schiedenheit die Folgerungen aus einer zahlreichen Reihe von Ar-
beiten, welche in Baumgarten’s Laboratorium von Pe-
trus chky1) ausgeführt worden sind. Dieser Beobachter führte
Milzbraudbacillen in diffusible Membranen ein, welche aus den
Wänden der Därme der Frösche selbst bestanden, und beobachtete
ausser dem Uebergang der Unterhautlymphe in ihr Inneres, welche
bisweilen frei von Leukocyten war, auch eine wirkliche und eigent-
liche Degeneration der eingeführten Bacillen.
In einer späteren Arbeit erwähnte Metschnikoff2) die Ex-
perimente Petruschky’s; er schloss ferner Milzbrandkeime in
Säckchen von Filtrirpapier ein oder impfte sie in die vordere Augeu-
karamer des Frosches, und kam zu entgegengesetzten Resultaten, denn
er beobachtete immer ein mehr oder weniger üppiges Wachsthum der
Bacillen, welche doch dem Einflüsse der organischen Flüssigkeiten
ausgesetzt, aber der der Leukocyten entzogen waren. Die Dissertation
von Fahrenholz3), welche später in dem bekannten Artikel von
Baumgarten selbst entwickelt wurde, diente nur dazu, die ersten
Resultate Petruschky’s zu bestätigen und durch die Ergebnisse
neuer Untersuchungen die Kritik Metschnikoff ’s gegen die Arbeit
des Letzteren zurückzuweisen.
Wie man leicht begreift, so bleibt nach allem diesen die Frage
noch ungelöst; einerseits leugnet Metschnikoff, dass der Humor
aqueus und die Lymphe des subkutanen Lymphsacks der Frösche
für sich allein die Entwickelung der Milzbrandkeime verhindern
könne, und seine Gegner nehmen die baktericide Wirkung dieser
Flüssigkeiten au und erklären daraus die Immunität der Frösche
gegen den Milzbrandbacillus.
Man glaube auch nicht, dass das „experimentum crucis“, welches
1) Untersuchungen über die Immunität des Frosches gegen Milzbrand. (Beiträge
zur pathologischen Anatomie und allgom. Pathologie. 1888. p. 367.)
2) Ueber Verhalten der Milzbrandbakterien iin Organismus. (Virchow’s Archiv.
Bö. CXIV. 1888. p. 466.)
3) loco cit.
470
8 a b a r e 1 1 i ,
Baum garten an letzter Stelle angerufen hat, irgendwie den hitzigen
Streit geschlichtet habe.
Auch abgesehen von der feinen Kritik, welcher Metschnikoff1)
dasselbe bald darauf unterwarf, so sind noch immer die indirekten,
von Hindernissen und Gelegenheiten zu Irrthümeru starrenden Me-
thoden zu bedenken , vermittelst deren dieser Beobachter versucht
hat, sich die Froschlymphe zu verschaffen, um sie allein auf die Sporen
und Bacillen des Milzbrandes wirken zu lassen.
Mochten die Keime in die vordere Augenkammer eingeführt,
oder in Säckchen von Hollundermark, von Darm oder Filtrirpapier ein-
geschlossen sein , so war es doch entweder nicht möglich , die
Gegenwart einer grösseren oder geringeren Menge von Leukocyten
auszuschliessen, oder man hatte solche Beobachtungsbedingungen ge-
schaffen, dass nur das Verhalten gegen Farbstoffe das einzige Mittel
darbot, um über Leben oder Tod der Milzbrandbacillen Auskunft zu
erlangen. Das ist eine trügerische Methode, denn das Vorhanden-
sein von schon früher degenerirten Formen, oder die Stärke der
Farbstoftlösung können dazu führen, dass man mit Unrecht die bak-
terientödtende Wirkung der organischen Flüssigkeiten entweder an-
nimmt oder leugnet.
II.
Methode, um die Lymphe vollkommen frei von Keimen
und Leukocyten zu erhalten.
Ich habe diese kurze Uebersicht über die neuesten Arbeiten in
Bezug auf die Immunität der Frösche gegen Milzbrand voraus-
geschickt, weil sich die hauptsächlichsten Beweise für oder ge-
gen die Phagocytenlehre gerade in Bezug auf diese Frage ent-
wickelt haben. Aber als Resultat von dem, was ich kurz berichtet
habe, und vou dem, was von den genannten Forschern nach einem
bewundernswerthen Reichthum von Beobachtungen weitläufig be-
schrieben worden ist, bleibt immer noch die offenbare Unzulänglich-
keit und das Trügerische der Mittel übrig, deren man sich bis jetzt
bedient hat, um an den Milzbrandsporen und Bacillen die Wirkung
der von Leukocyten freien Lymphe zu versuchen.
Meine Versuche, mir aus dem Sacke unter der Rückenhaut des
Frosches eine vou Keimen und Leukocyten vollkommen freie Lymphe
in hinreichender Menge zu verschaffen, um sie anwenden zu können,
ohne zu allen jenen Künsteleien meine Zuflucht nehmen zu müssen,
welche die Resultate meiner Vorgänger so bestreitbar gemacht hatten,
haben auf befriedigende Weise ihr Ziel erreicht, und zwar auf fol-
gende Weise:
Ich verschaffte mir Glasstäbchen mit abgerundeten Enden von
5 - -6 mm Dicke, sterilisirte sie in der Flamme oder in der heissen
Kammer und tauchte sie dann zu wiederholten Malen (4— 5 mal) in
eine fünfprozentige Pyroxylinlösung, so dass sie sich mit einer
schwachen Schicht von Collodium überzogen , worauf ich sie langsam
und kurze Zeit in der Wärme trocknen liess. Auf diese Weise er-
hielt ich Säckchen von Collodium mit einer einzigen Oeffnung, der-
1) Dem travaux du laboratoire de Mr. Baumgarten diriges contre la theorie
des pbagocytes. (Annales de Tlnstitut Pasteur. Vol. IV. 1890. p. 36.)
Di« Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand.
471
jenigen, aas welcher das Glasstäbchen herausgezogen worden war, und
diese schloss ich durch Drehung vermittelst einer sterilisirten Zange
und sicherte den Verschluss durch Hinzufügung neuen Collodiums.
Mit Hülfe einiger Handfertigkeit, die man schnell erwirbt, kaun
man in kurzer Zeit eine grosse Zahl kleiner Cylinder von B— 4 cm
Länge und 1 — 2 ccm Inhalt fabriziren. Sie sind solid, durchschei-
nend, durchaus undurchlässig und vollkommen aseptisch.
Diese Cylinder aus Cellulose haben mir die zu meinen Ver-
suchen nöthige Lymphe geliefert. Sogleich nach ihrer Anfertigung
führte ich alle diese Cylinder in die Rückenlymphsäcke von eben-
soviel grossen, kräftigen Fröschen ein, und machte zu diesem Zweck
eine kleine Oeffnung in die Haut, welche ich nach Einbringung
der Cylinder durch eine einfache Ligatur verschloss. Bald fängt
die Lymphe des Rückensacks au, nach und nach in das Innere der
Rohre durchzuschwitzen, und nach 3 — 4 Tagen ist dieselbe ungefähr
zur Hälfte gefüllt; dann müssen die Cellulosecylinder in andere
Frösche eingeführt werden. Nach weiteren 3 — 4 Tagen sind die
Celluloseröhren ganz voll ; dann sterilisirt man äusserlich einen Theil
derselben, durchbohrt sie mit einer spitzen, sterilisirten Glaspipette,
leert sie ganz aus und bringt ihren Inhalt in sterilisirte Glascylinder.
Man muss immer die Vorsicht gebrauchen, die Collodiuraröhren
möglichst vor der Berührung der Luft zu schützen, denn sonst,
mögen sie nun leer sein oder Lymphe enthalten, verdampft sogleich
das Lösungsmittel, sie schrumpfen ein, verlieren ihre Elasticität und
damit ihre Durchlässigkeit für Flüssigkeiten.
So muss man sie auch während ihrer Anfertigung, da es unbe-
quem wäre, sie einzeln in die Lymphsäcke einzubringen, unter einer
hermetisch verschlossenen Glasglocke aufbewahren, welche zugleich
als feuchte Kammer dient.
Wenn sie einmal in den Lymphsack eingebracht aind, können
sie, wenn man nur Sorge trägt, aller 3 — 4 Tage den Lymphsack zu
wechseln, sich auf unbestimmte Zeit erhalten, ohne dass die Elasti-
cität oder Durchlässigkeit der Cylinder oder die Klarheit und Rein-
heit der Lymphe irgend eine Veränderung erleidet.
Ich halte es für überflüssig, hinzuzufügen , dass es durchaus
nothweudig ist, die Frösche unter den besten äusseren Bedingungen
zu halten, damit keine äussere Ursache die Ernährung derselben
beeinflusst oder schädigt. Ich hielt sie in grossen , wohlgereinigten
Glasglocken, welche nur eine geringe Schicht Wassers enthielten,
soviel als hinreichte, um die Thiere in einer einfach feuchten
Atmosphäre zu erhalten. Ausserdem ist es nöthig, die Frösche und
die Gefässe wenigstens einmal in 24 Stunden zu waschen, au heissen
Sommertagen muss die Waschung zwei bis dreimal wiederholt werdeo.
Auf diese Weise vermeidet man die Ursachen einer Sterblichkeit,
welche ausserdem oft einen vernichtenden Einfluss ausüben könnte,
und vorzüglich bei Fröschen, die eine Verletzung der Haut erlitten
haben, sehr häufig vorkommt; ich habe darüber in einer andern
Arbeit1) berichtet.
1) Ueber einen neuen Mikroorganismus des Wassers , welcher für Thiere mit ver-
änderlicher und konstanter Temperatur pathogen ist (Centralbl. für Bakteriologie and
Parasitenkunde. Bd. IX. 1891. p. 193.)
472 Sanarelli, Oie Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand.
Mit diesem einfachen Verfahren, welches nur sorgfältige, gedul-
dige Arbeit erfordert, ist es leicht, sich reine, wasserhelle Lymphe
zu verschaffen, und zwar in hinreichender Menge, um eine reichliche
Anwendung zu erlauben.
Aber ehe ich diese Flüssigkeit zu meinen Experimenten ver-
wendete, welche ich in hinreichender Menge, aber durch ungewöhn-
liche und vielleicht nicht vorwurfsfreie Mittel erhielt, wünschte ich
mich zu vergewissern, ob dieselbe wirklich ihrer Zusammensetzung
nach derjenigen entsprach, welche nach unsern gewöhnlichen Kennt-
nissen sich in dem lebenden Organismus befinden musste.
Was die Reaktion betrifft, so habe ich sie immer alkalisch ge-
funden, ebenso wie die, welche man erhält, wenn man direkt den
dorsalen Lymphsack des Frosches mit Reagenspapier untersucht.
Da ausserdem die letzten Untersuchungen Büchners1) die Auf-
merksamkeit auf den Einfluss gelenkt haben, welchen die Salze und
vorzüglich das- Chlornatriura auf die bakterientödtende Eigenschaft
der organischen Flüssigkeiten ausüben sollen, so wollte ich mich
überzeugen, ob die Froschlymphe beim Durchgang durch die Wände
meiner Cellulosecylinder ihre Bestandtheile an Salzen verlöre, was
unzweifelhaft geschehen würde, wenn der Uebergang der Lymphe
in die Cellulosecylinder durch einfache Dialyse erfolgte. Aber die
Reaktion mit Silbernitrat hat mir bewiesen, dass die auf oben an-
gegebene Weise erhaltene Lymphe sehr reich an Chloriden ist, und
ausserdem haben mich zahlreiche Versuche, bei denen ich die leeren
oder mit Salzlösungen verschiedener Art gefüllten Cellulosecylinder
in Glasgefässe brachte, welche Salzlösungen enthielten, überzeugt,
dass durch deren Wände von aussen nach innen und umgekehrt ein
fortwährender Austausch von mineralischen und organischen Salzen,
von Alkaloiden und Fermenten stattfindet.. Auf diese Weise habe
ich durch geeignete Reaktionen den Uebergang folgender Substanzen
festgestellt: Chloride, Sulfate, Jodide, Phosphate, Nikotin, Strychnin,
Atropin, Pepsin und Diastase.
Nach diesen Resultaten halte ich mich für berechtigt, zu be-
haupten, dass die nach und nach ins Innere der Röhren eingedrungene
Lymphe identisch ist mit derjenigen, welche im Körper des Frosches
selbst erzeugt wird ; meine Versuche haben auf jede Weise den
Uebergang der Salze und Fermente durchaus bestätigt, von denen
man in letzterer Zeit am meisten annimmt, dass sie eine speziell
bakterientödtende Kraft besitzen.
1) H. Büchner und Fr. Voit, Untersuchungen über die bakterienfeindlichen
Wirkungen des Blutes. (Archiv für Hygiene. Bd. X. 1S90. Heft 1) und H. Büchner
und M. Orthenberger, Versuche über die Natur der bakterientödtendeu Substan*
im Serum. (Ebenda. Bd. X. 1890. Heft. 2.)
(Fortsetzung folgt.)
Sawtscfaenko, Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand. 473
Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand.
[Aus Prof. W. W. Pod wyssozki’s Institut für allgemeine Pa-
thologie an der Universität Kiew.]
Von
Dr. J. Sawtsehenko,
Assistenten am Institute.
Die Veranlassung zur Untersuchung , deren Ergebnisse den
Gegenstand vorliegender Mittheilung ausmachen, hat die aus Baum-
garten’s Laboratorium hervorgegangene Arbeit von Czaplewski;
„Untersuchungen über Immunität der Tauben gegen Milzbrand“1)
gegeben.
Czaplewski spritzte in die Brustmuskeln von Tauben auf
Agar-Agar gezüchtete Milzbrandbacillen ein, wobei er diese Bak-
terienkultur vor der Injektion in einer physiologischen Kochsalz-
lösung suspendirte. Auf Grund seiner Versuche gelangt Verf. zu
dem Schlüsse, dass 1) erwachsene Tauben gegen Milzbrand immun
seien, dass 2) Milzbrandbacillen im Taubenkörper sehr rasch zu
Grunde gehen 2 3) und dass 3) die Phagocytose gar keine Rolle bei
der Immunität der Tauben gegen Milzbrand spiele.
Da die oben erwähnten Folgerungen des Verf.’s lange nicht voll-
kommen mit den früher veröffentlichten Beobachtungen anderer Au-
toren (Hess) übereinstimmten, so habe ich , behufs Entscheidung
dieser Streitfrage, eine Reihe von Versuchen zur Erforschung des
Milzbrandprozesses bei Tauben angestellt.
Als ich bereits zu einigen der weiter unten angegebenen Resul-
tate gelangt war, ist in den Annales de l’Institut Pasteur eine der-
selben Frage gewidmete Arbeit Metschnikoff’s8) erschienen.
Da Metschni koff in seiner Abhandlung die Czaplewski’sche
Arbeit einer sehr eingehenden Prüfung unterzogen hatte, und da die
bei meinen Versuchen gewonnenen Ergebnisse im Allgemeinen mit
den von Metschnikoff erhaltenen Resultaten übereinstimmten,
so habe ich es damals für durchaus überflüssig erachtet, Mitthei-
lungen über meine Versuche in der Litteratur zu machen.
Es fährt aber, nach Metschnikoff’s4 *) Notiz über die
Czaplewski’sche Abhandlung, Baumgarten &) dennoch fort,
auf der Richtigkeit der Folgerungen Czaplewski ’s, betreffs der
Phagocytose bei Tauben, zu bestehen.
Zwar ist auf die ausführliche Abhandlung Metschnikoff’s
über diese Frage weder seitens Czaplewski’ s noch seitens
Bau mg arten ’s irgend welche Entgegnung erfolgt, doch ist aus
1) Beiträge zur path. Anatomie von E. Ziegler. Bd. VII. 1889. Heft 1.
2) In einem der Fälle hat Verf. bereits nach 8 Stunden keine Kulturen mehr aus
der Impfstelle erhalten.
3) Annales de l’Institut Pasteur. 1890. No. 2.
4) Ibidem. 1890. No. 1.
6) Jahresbericht, herausg. von Baumgarten. 1890. Heft 2.
474
S*w tscb enko,
Baumgarten’s Laboratorium eine Arbeit von A. Levin1) er-
schienen. Lev in experimentirte an weissen Batten, die sich bei
seinen Versuchen als immun erwiesen haben, und behauptet katego-
risch, dass er bei mikroskopischer Untersuchung der
Impfstellen niemals Erscheinungen von Phagocytose
zu Gesicht bekommen habe.
Impfvereuche mit Milzbrand sind an weissen Ratten in unserem
Laboratorium vielfach zu verschiedenen Zwecken aDgestellt worden.
Wurde Blut eines an Milzbrand gestorbenen Meerschweinchens Ratten
eingeimpft, so gingen dieselben stets ohne Ausnahme zu Grunde,
und die Ergebnisse mikroskopischer Untersuchung stimmten mit den
von Metschnikoff2) bereite vier Monate vor der Levin’schen
Arbeit veröffentlichten Resultaten vollkommen überein. Metschni-
koff beweist in seiner Arbeit unter Anderem auch das Vorhanden-
sein von Phagocytose bei weissen Ratten, unter Anführung von Ab-
bildungen.
Die von Levin, der seine Versuche allerdings etwas anders
angestellt hatte, gewonnenen entgegengesetzten Resultate haben
mich bewogen, auch dessen Versuche zu wiederholen. Zugleich bin
ich ganz zufällig in Besitz mehrerer grauer, wilder Ratten gelangt,
weiche Thiere gegen Milzbrand, wenn nicht für absolut, doch jeden-
falls für hochgradig immun galten.
Obgleich die Versuche an letztgenannten Thieren noch lange
nicht abgeschlossen sind, so entschliesse ich mich dennoch, in An-
betracht dessen, dass die weitere Vornahme derselben von dem durch-
aus zufälligen Eingehen von Material abhängig ist, diejenigen Er-
gebnisse inilzutheilen , die ich bereits gewonnen habe, und zugleich
auch die Versuchsresultate an Tauben und weissen Ratten.
Tauben.
Zur Kontrolle der Czaplewski’schen Versuche wurde Tauben
unter die Haut und in die Brustmuskeln je */2 Pravaz’sche
Spritze einer vorher in Fleischbrühe suspendirten Milzbrandkultur
auf Agar-Agar eingespritzt. Sowohl vor der Injektion als auch nach
derselben wurde die Temperatur beim infizirten und bei einem nor-
malen Kontrollthiere in recto gemessen.
Hier gebe ich die Resultate eines der Versuche:
Am 21. 1. 1890 wurden zwei Tauben gleicher Rasse genommen. Die
Temperatur der Taube A misst vor der Einspritzung 42,5 0 C, die der
Taube B unter 42,5. Der Taube A wurde eine Milzbrandkultur ein-
gespritzt. 6 Stunden nach der Einspritzung beträgt die Temperatur
bei Taube A 40,5" C, bei B (der normalen) 42°; nach 24 Stundeu
bei A 41,4, bei B 42,5 0 ; Abends am nämlichen Tage, d. h. 24 Stun-
den nach der Impfung, misst die Temperatur bei A 40,5°, bei B da-
gegen 42 °. An den folgenden Tagen begann die Temperatur der
geimpften Taube sich allmählich der Norm zu nähern. Au der Impf-
1) W ratsch. 1890. No. 38 und 39.
2) Annales de l’Institat Pasteur 1890. No. 4.
Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand.
475
stelle war die ganze Zeit nach der Einspritzung fast gar kein Oedem
und eine nur unbedeutende Induration zu bemerken.
Die Taube wurde am 6. Tage getödtet. Auf Fleischpepton-
Gelatineplattenkulturen haben der Impfstelle entnommene Proben
etliche Milzbrandkolonieen geliefert , Proben aus inneren Organen ein
negatives Resultat gegeben.
Der Versuch wurde mit gleichem Resultate mehrmals wiederholt.
Bei der mikroskopischen Untersuchung1) von Präparaten aus der
Impfstelle ergab sich Folgendes:
Um die Einstichstelle herum Absterben der Muskelfasern, unbe-
deutende Gewebsinfiltration durch Leukocyten und eine mehr oder we-
niger ausgeprägte Entwickelung von Bindegewebszellen. Dem Einstiche
selbst entlang waren Haufen abgestorbener (tinktionsunfähiger) Milz-
brandfäden zu sehen, stellenweise dagegen Häuflein gut gefärbter
Milzbrandbacillen, allseitig von dichtgedrängten Leukocyten umgeben,
in deren Innerem mehr oder weniger häufig Milzbrandbacillen anzu-
treffen waren.
Ueberhaupt war ersichtlich, dass das betreffende Virus sich
ungern im Taubenkörper entwickelt und seinerseits einen sehr schwa-
chen Reiz auf das umgebende Gewebe ausübt. Die abgestorbenen
Milzbrandfäden sind theils als solche injizirt worden (was durch eine
Kontrollfärbung des einzufiihrenden Materials auf einem Deckgläschen
erwiesen wurde), grösstentheils sind sie aber, ohne angewachsen
zu sein, im Tauben körper, unabhängig von der Phago-
cytose, allmählich zu Grunde gegangen.
Nichtsdestoweniger waren aber auch bei diesen Versuchen stets
die Erscheinungen von Phagocytose zu erkennen, die gerade an den
Stellen deutlicher ausgeprägt erschienen, wo noch lebende, gut tingir-
bare Bacillen reichlicher vorhanden waren.
Es drängte sich naturgemäss die Frage auf, wie sich Tauben
gegen virulentere, resp. innerhalb ihres Körpers entwickelungsfähigere
Milzbrandbacillen verhalten würden.
Eine Virulenzsteigerung der Bakterien konnte man zu erreichen
hoffen, indem man Milzbrand durch den Taubenorganismus leiten,
d. h. mit anderen Worten die Bakterien gewöhnen würde, sich in
einem für sie neuen Medium zu entwickeln.
Um aber die Empfänglichkeit einer Taube für Milzbrand zu er-
zielen, habe ich, den klassischen Versuch Pasteur’s mit dem Huhne
i .ir zum Vorbild nehmend, die Temperatur des Thieres durch Trennung
des unteren Halstheils des Rückenmarks herabgesetzt2).
1) Die Objekte wurden stets in Alkohol oder auch in M ii 1 1 c r 'scher Flüssigkeit
gehärtet, die Färbung aber folgendermaassen erzielt: 1) saueres Horkarmio, 2) Ent-
färbung in We i g e r t'scher Flüssigkeit (ungesäuerter 70° Spiritus), 3) Haciilenfärbung
in Anilin-Gentianaviolett, 41 wässerige Pikrinsäurelösung oder Gram’sche Flüssigkeit,
5) Entwässerung ln Alkohol, 6) Entfärbung in Nelkenöl.
2) Ich habe diesem Verfahren vor der Pa s t eu r 'sehen Methode (Abkühlung in
kaltem Wasser) den Vorzug gegeben , weil ersteres für den Experimentator das be-
quemere ist, die Unreinheit des Versuches aber, im Sinne der Coinplizirtheit der Ein-
wirkungen einer derartigen Operation, wie eine RUckenmarksdurchsclineidung auf den
Organismus im gegebenen Falle gleichgiltig war , da ich ja zum Hauptzwecke hatte,
eine Taube, wie es auch sei, für Milzbrand empfänglich zu machen.
476 Sawtschenko, Zar Frage Uber die Immunität gegen Milzbrand.
Versuch No. 2. 2. /II. 1890. Zum Versuche wurden 2 Tauben
genommen. A eine alte Taube mit der Temperatur von 42° C in
recto, die andere, B, jünger, mit der Temperatur von 41,5° C. Der
Taube A wird das Rückenmark durchschnitten. Beiden wird unter
die Brusthaut Blut eines an Milzbrand zu Grunde gegangenen Meer-
schweinchens gebracht. 6 Stunden darauf zeigt A eine Temperatur
von 39° C, B 41°; nach 24 Stunden A 39,7°, B 41°; nach 30
Stunden A 36,5°, B 41,5. Nach 48 Stunden ist die Taube A todt
mit einem ungeheueren Oedem des gesammten Brustunterhautzell-
gewebes gefunden worden ; bei Taube B ein nur schwach ausge-
prägtes Oedem an der Impfstelle. Taube B hat sich eine Woche
darauf vollständig erholt, und an der Impfstelle ist bloss eine unbe-
deutende Induration von Erbsengrösse zurückgeblieben. Sie wurde
am Leben gelassen.
Das Blut der gestorbenen Taube wurde einer anderen alten
Taube mit der Temperatur von 42° C eingeimpft. Ara nächsten
Tage starkes Oedem an der Impfstelle, Temperatur 41°, zweimal
24 Stunden nach der Impfung Temperatur 39° und am dritten Tage
wurde sie todt angetroffen.
Indem ich konsekutiv Blut von Taube zu Taube verimpfte, habe
ich dieselben Resultate bei 3 Tauben nach der Reihe erhalten, wenn
nicht zufällig eine anderweitige Infektion hinzugekommen ist.
Der Versuch mit der Rücken marksdurchschneidung ist wieder-
holt worden, und hat dasselbe Resultat geliefert. Von der gestorbenes
Taube wurden konsekutiv 6 Tauben geimpft, jedesmal je 2 Tauben;
es sind also drei konsekutive Impfungen gemacht worden. Davon
sind vier 2—3 Tage darauf an Milzbrand zu Grunde gegangen, unter
denselben Erscheinungen bezüglich der Temperatur, wie in der
ersten Versuchsreihe. Zwei von den Tauben haben sich als weniger
empfänglich erwiesen.
Die eine davon, No. 14, ist, wie aus dem Versinv tagebuche er-
sichtlich, erst nach vier Tagen, am fünften, zu Grunde gegangen, wo-
bei die Temperatur diese ganze Zeit zwischen 41,5—42° C schwankte.
Bei der anderen Taube, No. 15, bei der sich die Temperatur nach
der Impfung die ganze Zeit auf 42—42,5° (normal) erhielt, erwies
sich am 5. Tage das Oedem an der Impfstelle bedeutend abge-
nommen und durch derberes Infiltrat ersetzt. Da den vorhergehen-
den Versuchen zufolge die Taube ihrer Genesung entgegenschritt, so
wurde sie getödtet, ihre Organe und die Impfstelle gelangten zur
Untersuchung.
Diesen Versuchen parallel wurde das verstärkte Virus (Blut der
an Milzbrand verstorbenen Taube) dreien durch vorhergehende Impfung
mit dem Blute eines an Milzbrand gestorbenen Meerschweinchens
immun gemachten Tauben eingeimpft. Es waren dies jene Tauben,
die bei den Versuchen mit Bückenmarksdurchschneidung als Kontroll-
thiere gedient hatten. Von diesen ist keine einzige zu Grunde ge-
gangen. Ihre Temperatur ist die ganze Zeit nach der Impfung
(wurde bloss bei einer in dieser Versuchsreihe gemessen) eine nor-
male geblieben (42—42,5° C). Das Oedem an der Impfstelle war
Allgemeines.
477
unbedeutend. Sie wurden zu verschiedenen Zeiten getödtet und ge-
langten zur Untersuchung.
(Fortsetzung folgt.)
Referate.
Lukjanow, S. M., Grundzüge einer allgemeinen Patho-
logie der Zelle. Vorlesungen, gehalten an der k.
Universität Warschau. Leipzig (Veit u. Comp.) 1891.
In dem vorliegenden Buche ist der interessante Versuch gemacht,
unsere Kenntnisse von dem pathologischen Leben der Zelle zusam-
menfassend darzustellen. Verf. grenzt die allgemeine Pathologie der
Zelle von der pathologischen Histologie in folgender Weise ab: „Für
den Histologen als solchen ist es vor Allem und hauptsächlich daran
gelegen, die morphologischen Gesetze zu ergründen, während die Auf-
gabe des allgemeinen Pathologen darin besteht, immer und überall
in erster Linie die funktionellen Gesetze, die Ursachen der Störungen
im Spiele dieser oder jener Mechanismen zu studiren.“
Nachdem L. in den einleitenden Vorlesungen das normale Ver-
halten der Zelle in morphologischer, physikalisch-chemischer und
funktioneller Beziehung geschildert hat, geht er dazu über, die ver-
schiedenen pathologischen Veränderungen der Zelle ausführlich zu
schildern. So werden die mannigfachen degenerativen Prozesse
(Schleim-, Amyloid-, fettige Metamorphose u. s. w.), die Karyokinese
und der Fragmentirungsprozess unter pathologischen Verhältnissen
besprochen.
An dieser Stelle ist besonders die neunzehnte Vorlesung hervor-
zuheben, welche den intracellulären Parasitismus unter pathologischen
Verhältnissen behandelt. Nach kurzer Erwähnung des physiologischen
intracellulären Parasitismus, wie ihn z. B. die Symbiose von Algen
mit vielen niederen Thieren zeigt, wird zunächst das Vorkommen
von Bakterien innerhalb der Zellen besprochen. Hierbei werden
die Phagocytentheorie und die ihr entgegenstehenden Anschau-
ungen kurz erwähnt. Weiterhin bespricht L. den intracellulären
Parasitismus der Protozoen; bei dieser Gelegenheit weist er auf
eine neue Färbungsmethode des Blutes hin , welche K a r 1 i n s k i in
seinem Laboratorium mit gutem Erfolge versucht hat und die sich
namentlich auch für die Untersuchung auf Blutparasiten empfehlen
soll. Die morphologischen Blutelemente werden hierbei nach dem
Vorgänge von Gaule mittelst konzentrirter wässriger Sublimatlö-
sung fixirt ; nachdem letztere auf dem Objektträger einige Minuten
lang auf das (mit indifferenter Flüssigkeit vermischte) Blut eingewirkt
hat, wird das Präparat in Wasser ausgewaschen, einige Minuten mit
Alkohol absol. behandelt und dann mit W'asser wieder abgespült;
darauf erfolgt die Färbung. Karlin ski wendet dabei der Reihe
nach an: Böhmer’sches Hämatoxylin (2 Min.) mit nachfolgendem Aus-
IX. Bd. 31
478
Allgemeines. — Tetanos.
waschen in 1 °/0 wässriger Alaunlösung und in destillirtem Wasser,
dann Nigrosin (1 °/ofl wässrige Lösung, einige Sekunden), ferner
Rose-Bengale (l°/0 wässrige Lösung, 5 Min.), und endlich Anilin-
gelb (1 °/0 wässrig-alkoholische Lösung, 5 Min.). Etwa vorhandene
Cytozoen nehmen hauptsächlich Rose-Bengale auf, kernartige Ele-
mente in ihnen Hämatoxylin, so dass sie sich von den gelbgefärbten
rothen Blutkörperchen gut abheben. Eine ausführliche Veröffent-
lichung dieser Methode soll später erfolgen.
Verf. betont schliesslich, dass das Verbreitungsgebiet der schma-
rotzenden Protozoen zweifellos viel umfangreicher sei, als allgemein
geglaubt werde.
Auf den übrigen Inhalt des klar und fesselnd geschriebenen
Buches kann hier nicht näher eingegangen werden ; doch möchte
Ref. nicht unterlassen, die Lektüre desselben Jedem, der sich für die
Fragen der allgemeinen Pathologie interessirt, warm zu empfehlen.
R. Stern (Breslau).
Sanchez-Toledo, B.et Velllon, A.? Recherches microbiologi-
ques et exp6rimen tales sur le t6tanos. (Archives de
m6d. exp6r. et d’anat. path. 1890. 1.11.)
Die Verff. geben eine Geschichte des morphologischen und bio-
logischen Verhaltens des Tetanusbacillus, zu dessen Studium im
S tr auss’schen Laboratorium sie durch die Obduktion von vier ao
Tetanus Gestorbenen veranlasst wurden. Sie gewannen den Mikro-
organismus in Reinkultur nach dem von Kitasato angegebenen
Verfahren, dessen Name ihnen jedoch entfallen zu sein scheint. Auch
fällt es dem deutschen Leser auf, dass die E s m a r c h ’sche Roll-
röhrchenmethode unter dem Namen von Roux erscheint. Das
Wacbsthum auf der Platte und in der Stichkultur, das Eigenartige
und die Gasentwickelung der Kolonieen werden ganz wie bei Kita-
sato beschrieben. Auch in der Beschreibung des morphologischen
Verhaltens der Bacillen weichen sie von den Angaben Kitasato’s
nicht ab. Den von dem Letzteren empfohlenen Zusatz von Trauben-
zucker zur Gelatine scheinen sie nicht für erforderlich zu halten.
Um zu erfahren, wieviel Zeit die Bacillen gebrauchen, um von
der Impfstelle an in den Blutstrom einzutreten , impften sie drei
Ratten am Schwänzende und hackten der ersteu nach 10, der zweiten
nach 20, der dritten nach 30 Stunden den Schwanz ab. Alle drei
gingen an Tetanus zu Grunde, und Meerschweinchen, die sie mit
Blut und Organtheilen der beiden letzten Ratten infizirt hatten,
starben gleichfalls an Tetanus.
Auch durch direkte Einführung von Tetanusbacillen in die Blut-
bahn gelangen Infektionen bei Versuchsthieren. Im Allgemeinen
kamen die Verff. zu der Ueberzeugung , dass die Uebertragung um
so sicherer gelingt, je unregelmässiger oder tiefer die Wunde ist.
Die bekannte Ansicht Verne ui 1 ’s, dass der Tetanus vom Pferde
herstammt, veranlasste die Verff. zu einer Reihe interessanter und
mühsamer Untersuchungen über den etwaigen Gehalt von Tetanus-
sporen im Staube der Krankensäle, im Futter und in den Exkre-
T et in 05.
479
menten gesunder Grasfresser, Untersuchungen , die zum Theil schon
an anderer Stelle berichtet wurden und über die Ref. bereits referirt
hat M. Kirchner (Hannover).
Yailiard et Vincent, Contribution ä l’6tude du tötanos.
[Travail du laboratoire de bact6rio!ogie du Val-de-Grace.J (Annales
de l’Institut Pasteur. 1891. No. 1. S. 1.)
Die Verff. geben zunächst eine Darstellung der Biologie des Te-
tanusbacillus. Zur Reinkultivirung wurde, ähnlich dem Verfahren
von Kitasato, eine 1 — 2 Minuten dauernde Erwärmung auf 100°
im Wasserbad, eventuell in zwei- bis dreimaliger Wiederholung an-
gewendet. Schwierig ist die Trennung uur vom Bacillus des ma-
lignen Oedems und von einem nicht-pathogenen, durch nicht voll-
kommen endständige Stellung seiner Sporen vom echten unterschie-
denen „Pseudo-Tetanusbacillus“. Neu ist, dass der Tetanusbacillus
auch bei beschränktem Sauerstoffzutritt gedeihen kann und seine pa-
thogenen Eigenschaften behält. Die Temperaturgrenzen sind 14 bis
43 0 C. Bei 42 — 43° ist das Wächsthum noch ein sehr rasches,
doch erfolgt keine Sporenbildung und die Stäbchen zeigen Degene-
rationserscheinungen, ohne jedoch ihre Virulenz zu verlieren. Kultur
in frischem Kaninchenblut liefert sehr virulentes Material. Die vege-
tativen Zustände des Tetanusbacillus besitzen eine geringe Eigen-
bewegung.
Die Sporen ertragen in Flüssigkeit im geschlossenen Gefäss eine
6 ständige Erhitzung auf 80° und werden erst durch 1 — 2stündige
Erhitzung auf 90° getödtet. Sie ertragen 3—4 Minuten lang Siede-
hitze; nach 8 Minuten findet man niemals mehr lebende Sporen.
Die trockenen Sporen sind bei Gegenwart von Luft sehr empfindlich
gegen die Wirkung des diffusen Tageslichtes und der Sonnenstrahlen.
Die Wirkung äussert sich bald in geringerer Keimfähigkeit, Verlust
der Virulenz etc. Nach 12 Tagen waren die dem Tages- und Sonnen-
licht ausgesetzten Sporen getödtet. Zwei Versuchsreihen ergaben
identische Resultate.
Hinsichtlich der Infektiosität bei Thieren bestätigen die
Verff., dass Mäuse und Meerschweinchen am empfänglichsten, Ka-
ninchen resistenter sind. Subkutane oder intramusculäre Injektion
wirken am raschesten ; Injektion unter die Dura mater nach Trepa-
nation ruft die Krankheitserscheinungen nicht schneller hervor, wohl
aber bewirkt dieselbe, wie auch die peritoneale und intravenöse, bald
allgemeinen Tetanus. Je nach der angewendeten Dosis, Virulenz-
grad und Resistenz des Thieres wird entweder akute oder chronische
Infektion mit bis 30 tägiger Krankheitsdauer und eventuellem Aus-
gang in Genesung erzeugt. Am Injektionsorte findet man bei der
Autopsie höchstens geringe Hyperämie oder noch seltener leichtes
Oedem, mikroskopisch aber selbst bei raschestem Eintritt des Todes
keine Bacillen. Ueberhaupt gelangen die Verff. zu dem Resultat,
dass nirgends im Körper des mit Reinkulturen infizirten Thieres Ver-
mehrung der Tetanusbacillen stattfindet, während allerdings beim
spontanen oder durch Inokulation von Erde hervorgerufenen Tetanus
nach ihrer Ansicht Vermehrung erfolgt (s. u.).
31
480
Tetnnus.
Das Gift des Tetanusbacillus gewannen die Verff. aus Pepton-
Glycerin-Bouillonkulturen (je 1%); nach 20 tägiger Kultur wurde
durch Filtration hieraus eine Flüssigkeit erhalten , welche in Dosen
von Vibö ccm Meerschweinchen tödtete. Sät man in dieses Filtrat
aufs Neue Tetanusbacillen, so erfolgt reichliche Vermehrung und man
erhält nach 18 Tagen durch Filtration eine Flüssigkeit, von der nur
7im ccm zur Tödtung genügt. Abermalige Aussaat, nach Hinzufügung
von etwas intakter Bouillon gibt wieder starke Vermehrung, doch
zeigen die Bacillen jetzt Degeneration. Nach 16 Tagen filtrirt, er-
wies sich diese dritte Kultur in Dosen von 1I,0m ccm für Meer-
schweinchen tödtlich ; der 100. Theil hiervon genügte für eine Maus.
Abweichend von Brieger erklären die Vertf. das tetanische
Gift für nahe verwandt dem diphtherischen und sprechen demselben
die Eigenschaften eines Enzyms zu. Die fil tri rten Kulturen werden
in ihrer Wirksamkeit bedeutend geschwächt durch 20 Minuten lange
Erwärmung auf 62°, 30 Minuten bei 65° macht dieselben unwirksam.
Im geschlossenen Gefäss unter Lichtausschluss aufbewahrt, behalten
die Filtrate lange ihre Wirkung, bei Einwirkung von Luft, besonders
aber unter dem Einfluss des Lichtes, verlieren sie rasch an Wirk-
samkeit. Das tetanische Gift ist unlöslich in Alkohol; dasselbe kann
wie das Diphtheriegift durch chemische Niederschläge, z. B. von
Calciumphosphat, mechanisch mit niedergerissen und in diesem Zu-
stande ohne Verlust an Wirksamkeit getrocknet werden. [Für die
Enzymnatur des Tetanusgiftes spricht auch die Entdeckung von
Behring und Kitasato über die giftzerstörende Wirkung des
Serums tetanus-immuner Thiere, da eine solche Wirkung bei Ptomalnen
kaum denkbar wäre. Ref.]
Ausser dem toxischen produzirt der Tetanusbacillus bekanntlich
auch ein peptisclies Enzym, welches Verflüssigung der Gelatine, des
koagulirten Serums etc. bewirkt. Obwohl auch das letztere durch
Erwärmung in ähnlicher Weise seine Wirksamkeit verliert, glauben
die Verff. doch nicht an eine Identität beider Substanzen.
Die erwähnte ausserordentliche Wirksamkeit der filtrirten Kul-
turen erklärt das Zustandekommen tödtlicher Wirkungen bei Impfun-
gen, obwohl keine Vermehrung der Bacillen im Körper stattfindet,
einfach durch das miteingeführte Gift. Die Verff. zeigen umgekehrt,
dass junge, sehr bacillenreiche, aber giftarrae Kulturen ohne Schaden
in relativ grosser Dosis injizirt werden können. Ebenso kann 1 ccm
Sporenkultur ohne Nachtheil eingespritzt werden, wenn durch 20
Minuten lange Erwärmung auf 65° das Gift vorher vernichtet ist,
oder wenn die Sporen mit destillirtem W'asser gründlich ausgewaschen
wurden. Die Sporen vermögen im Gewebe nicht zu keimen und kein
Toxin zu produziren. Dagegen ertolgt Erkrankung, wenn die Sporeu
gleichzeitig mit einer kleinen Menge von Milchsäure beim Meer-
schweinchen intramusculär injizirt wurden, oder mit etwas Trime-
thylamin oder gleichzeitig mit einer Kultur von Bacillus pro-
digiosus. Letztere Thatsache erscheint besonders wichtig zur Er-
klärung des spontanen traumatischen Tetanus beim Menschen. Durch
Anlegen absichtlich verunreinigter Wunden konnte auch beim Thiere
der reine giftfreie Tetanusbacillus zur Wirksamkeit gebracht werden.
Büchner (München).
Tetanus.
481
Vailiard et Vincent, Reckerches experimentales sur le
tötanos. (La semaine möd. XL 1891. No. 5.)
Die Verff. glauben den Nachweis geführt zu haben , dass Rein-
kulturen des Tetanusbacillus nach der Uebertragung auf Versuchs-
thiere in den Geweben in Folge des Widerstandes des Organismus
und durch Einflüsse, hauptsächlich phagocytärer Natur, sehr schnell
verschwinden. Wenn diese Impfung zum Tode führt, so geschieht
dies, weil der überimpfte Mikroorganismus aus den Kulturen im
Redgensglas, in dem er gezüchtet wurde, ein sehr mächtiges Gift
mit sich geführt hatte, welches in den Geweben bleibt, wenn der
Mikroorganismus verschwindet und für sich allein den Tod herbei-
führt. Dieses Gift ist so wirksam, dass die in einem cmm der Kul-
turflüssigkeit des Tetanusbacillus enthaltene Menge genügt, um ein
Meerschweinchen zu tödten. Wenn man durch eine geeignete Wa-
schung — die Verff. theilen das Verfahren selbst nicht mit — die Te-
tanusbacillen von dem ihnen anhaftenden Toxin befreit, so werden
sie nach der Impfung zerstört, bevor sie in Wirksamkeit treten
können. Wenn man aber gleichzeitig mit ihnen einen geeignet ge-
wählten, nicht pathogenen Mikroorganismus, z. B. den Bacillus
prodigiosus, verimpft, so entsteht eine eiternde Wunde, in der
der Tetanusbacillus sich vermehren und seine tödtlichen Wirkungen ent-
falten kann. Nach Ansicht der Verff. sind es also lediglich die Sa-
prophyten, die gleichzeitig mit dem Tetanusbacillus in die Wunde ge-
langen, durch welche die Impfungen mit dem Tetanusbacillus gefähr-
lich werden, während dieser für sich allein ohnmächtig ist. (Acad.
des Sciences. 26. 1. 1891.) M. Kirchner (Hannover).
Renvers, Zur Aetiologie des Wundstarrkrampfs. (Dtsch.
med. Wochenschr. 1890. No. 32.)
Die Krankengeschichten von 3 in der Leyden’schen Klinik zu
Berlin behandelten Tetanuskranken regten den Verf. an, die bisher
bezüglich der Aetiologie des Wundstarrkrampfes und der Biologie
der Tetanusbacillen bekannten Tkatsachen durch einen Vortrag in
dem Berliner Verein für innere Mediziu zusammenzufassen. Von
den 3 Kranken hatten 2 die Keime des Tetanus mit Holzsplittern
in Verletzungen, welche durch diese hervorgebracht waren, aufge-
nommen, und zwar wurde der betreffende Fremdkörper bei einem
dieser Patienten erst gelegentlich der Sektion in der Fusssohle ent-
deckt, ein sehr bemerkenswerther Umstand, welcher aufs Neue zeigt,
mit welcher Vorsicht die stets wiederkehrenden Berichte über
Fälle von sogenanntem idiopathischen Tetanus aufzunehmen sind. Im
dritten Fall, bei welchem die der Krankheit vorausgegangene Ver-
letzung nur in einer Kontusion (Wunde?) der Rückenmuskeln be-
stand, gelang es nicht, die Eingangspforte der Bacillen nachzuweisen.
Renvers konnte die schon von anderer Seite mitgetheilte That-
sache, dass die Tetanusbacillen sich nur in der Wunde selbst finden,
aber im Blute oder in Organen nicht nachzuweiseu sind, durch seine
Beobachtungen bestätigen. Nur Theile des Holzsplitters, welche die
Ursache der Erkrankung gewesen waren, und des in seiner unmittel-
baren Nähe befindlichen Wundsekrets führten bei Impfversuchen zu
482
Milzbrand.
positiven Resultaten, während bereits das 3 mm von dem Holz-
splitter entfernt liegende und in entzündlichem Zustande befindliche
Fettgewebe auf Thiere verimpft krankhafte Erscheinungen nicht her-
vorbrachte.
Die übrigen Mittheilungen des Vortragenden enthalten kaum
etwas, was den Lesern dieser Zeitschrift neu wäre. Es möge in-
dessen daraus hervorgehoben werden, dass Renvers bei Besprechung
der Therapie des Tetanus einer Jodoformbehandlung der Wunde
warm das Wort redet und imUebrigen die Anwendung der Narkotika
empfiehlt. Endlich sei auch noch erwähnt, dass der Vortragende
das Vorkommen eines nicht infektiösen und lediglich auf reflek-
torischem Wege durch Nervenreizung entstehenden Starrkrampfs nicht
in Abrede stellt. Kübler (Oldenburg).
Ilardacli, Recherches sur la fonction de la rate dans
les maladies infectieuses. (2® Mömoire). (Annales de l’In-
stitut Pasteur. 1891. No. 1. S. 40.)
Die früher mitgetheilten Versuche vom Verf. waren mit intra-
venöser Miizbrandinfektion an Hunden angestellt worden, und es
hatte sich ergeben, dass von 25 entmilzten Hunden 15 der Infektion
erlegen waren, von 25 nicht entmilzten aber nur 5. Den analogen
Versuchen von Kourloff, der zu anderen Resultaten gekommen
war, hält Verf. entgegen, dass es nicht zulässig sei, diese Frage mit
Milzbrandinokulationen bei Kaninchen zu entscheiden, da letztere auch
normaler Weise für Milzbrand genügend empfänglich sind. Das
blosse Hinausschieben der Todeszeit sei ein unzuverlässiges Kriterium.
Seine neuen Versuche hat Verf. auch an Kaninchen, welche die
Exstirpation der Milz gut ertragen, aber mit abgeschwächten
Milzbrandbacillen angestellt, welche in die Ohrvene injizirt wurden.
In 35 Versuchen ertragen alle normalen Kaninchen die Injektion
ohne Nachtheil, mit nur kurzem Vaccinalfieber, während von 35 ent-
milzten Kaninchen (von 1 bis 3 Monaten operirt) 26 an Milzbrand
erlagen.
Dieses auffallende Resultat könne nur dem Mangel der Milz
zugeschrieben werden, und man müsse schliessen, dass die Milz.
unter den Organen, welche die Wirksamkeit der Schutzimpfung be-
dingen, die Hauptrolle spielt; mit anderen Worten, Verf. erklärt,
wie er dies schon in seiner ersten Arbeit gethan hat, die Milz für
das Hauptschutzorgan des Körpers gegen die Anthraxinfektion. [Von
diesen beiden Schlussfolgerungen ist nach unserem Dafürhalten zwar
die erste unbestreitbar und logisch gefordert, nicht so jedoch die
zweite. Verf. hat unzweifelhaft bewiesen, dass Kaninchen, denen die
Milz exstirpirt ist, gegen Milzbrand weniger Widerstandsfähigkeit
besitzen. Wir wissen aber nicht, welche Veränderungen im Gesammt-
organismus, speziell etwa im Chemismus der Säfte, nach Verlust der
Milz vor sich gehen, und wir wissen nicht, ob nicht etwa diese
sekundären Veränderungen es sind, welche die Disposition für Milz-
brand erhöhen. Ganz ohne Einfluss kann die Exstirpation eines
solchen Organes kaum sein, wenn sich dieselbe auch im Ernährungs-
stande des Thieres nicht äussert. Um die Widerstandsfähigkeit
Milzbrand.
483
gegen Infektionen zu steigern oder zu vermindern, braucht es aber
keine groben Veränderungen, da ein gegen Milzbrand empfängliches
und ein immunisirtes Thier sich äusserlich in keiner Weise unter-
scheiden. Die Schlussfolgerung vom Verf. besitzt daher nur eine
gewisse Wahrscheinlichkeit, sie ist nicht zwingend. Ref.]
Büchner (München).
Fisehel, F., Untersuchungen über die Milzbrandin-
fektion bei Fröschen und Kröten. (Fortschr. d. Med.
IX. 1891. No. 2.)
Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, die Frage zu lösen, ob der
feste oder flüssige Antheil des Inhaltes des Rückenlymphsackes die
Hauptrolle, oder beide zusammen den gleichen Antheil bei der Im-
munität des Froscbkörpers gegen eingebrachte Milzbrandbacillen für
sich in Anspruch nehmen. Er verwendete 12 Laubfrösche, von denen
9 vor der Injektion vorgewärmt, die übrigen bei Zimmertemperatur be-
obachtet wurden. In Ermangelung von Laubfröschen musste er die Ver-
suche mit Kröten fortsetzen, und fand durch diesen Zufall die höchst
bemerkenswerthe Thatsache, dass die Kröten die Immunität der Frösche
nicht theilen; die 22 von ihm geimpften Kröten gingen ausnahmslos
an Milzbrand zu Grunde. Was zunächst die Froschversuche betrifft,
so verwahrte er die Thiere vor der Impfung 2,4 bezw. 6 Stunden
im Brütschrank bei 28° C, und beobachtete sie dann bei gewöhn-
licher Temperatur weiter. Er entnahm 3, 12, 24 bezw. 36 Stunden
nach der Impfung mittelst Kapillarröhrchen etwas von dem Inhalt
des Lympbsackes und untersuchte denselben mikroskopisch, goss da-
mit Platten und impfte Mäuse.
In den Kaltfröschen war schon 3 Stunden nach der Milzbrand-
impfung reichliche Auswanderung von Leukocyten und Anlagern
derselben an die Milzbrandstäbchen, niemals Aufnahme der letzteren
durch erstere zu beobachten. Die Stäbchen erschienen granulirt nnd
begannen zu zerbröckeln, ihre Degeneration nahm in der Folgezeit
zu , und schon 36 Stunden nach der Impfung waren zahlreiche
Stäbchen zu Detritus zerfallen. In den mit dem Inhalt des Rücken-
lymphsackes gegossenen Platten zeigte sich von der 12. Stunde
nach der Impfung an Abnahme der Wachsthumsfähigkeit, auf den
nach 36 Stunden gegossenen Platten wuchsen nur ganz vereinzelte
Kolonieen. Die mit dem Inhalt des Rückenlymphsackes geimpften
Mäuse erkrankten zwar, starben jedoch nicht und zeigten sich bei
einem neuen Impfversuch immun.
Bei den vorgewärmten Fröschen schwoll der Lymphsack stärker
an. Die Leukocytenauswanderuug und die Aufnahme der Stäbchen
durch die Leukocyten begann eigentlich erst 12 Stunden nach der
Impfung und war auch nach 36 Stunden nur gering. Das von Pe-
truschky beobachtete Auswachsen der Milzbrandstäbchen zu „Spiru-
linen“ konnte Verf. nur ein Mal sehen. Keiner von den vorge-
wärmten Fröschen ging an Milzbrand zu Grunde.
Die Versuche des Verf.’s weichen also von denjenigen Petruse h-
ky?s nicht unerheblich ab, weil, wie Verf. vermuthet, in Folge der
kürzeren Dauer der Erwärmung und des niedrigeren Grades der au-
484
Milzbrand.
gewendeten Temperatur die abschwächende Wirkung der Lymph-
flüssigkeit auf die Bacillen ausgiebiger zur Geltung kommen konnte,
als bei der von Petruschky gewählten Versuchsanordnung. Die
mit dem Inhalt des Rückenlymphsacks geimpften Mäuse erkrankten
sämmtlich, doch starben nur 4 und zwar frühestens 54 Tage nach
der Impfung, die übrigen blieben am Leben und erwiesen sich bei
einem erneuten Impfversuch immun.
Verf. schliesst aus seinen Versuchen, dass durch das Vorwärmen
der Frösche in denselben Modifikationen in Bezug auf die Bakterien
abschwächende Eigenschaft der Lymphe erzeugt werden, welche letztere
hierdurch im geraden Verhältnisse abnimmt, zur Zeitdauer der Vor-
wärmung der Frösche, und im einzelnen Falle im umgekehrten Ver-
hältnisse zunimmt zur Zeitdauer nach vollzogener Impfuugdes Frosches.
Bei den Versuchen mit den Kröten, die, wie schon erwähnt,
sämmtlich zu Grunde gingen, konnte sowohl in den vorgewärmten
wie bei den in gewöhnlicher Temperatur gehaltenen Thieren nur
eine mässige Leukocytenauswanderung und eine schnell zunehmende
Degeneration der Stäbchen bis zum Entstehen von reichlichem De-
tritus beobachtet werden. Dieser Detritus stammte, wie die nach
Angaben von Ehrlich vorgenommene Färbuug mittelst eines Ge-
menges einer gesättigten Aurantiaglycerinlösung mit einem Zusatz
von Kernschwarz und Eosin im Ueberschuss ergab, zum grössten
Theile von zerfallenen Leukocyten. Bemerkt sei noch, dass Verf.
fand, dass die schwach alkalische Reaktion des Lymphsackinhaltes
schon wenige Stunden nach der Impfung in hohem Grade zunahm
und namentlich nach dem Absterben der Kröten ganz auffällig war,
während beim Laubfrosch eine Aenderung der Reaktion nach der
Impfung nicht eintrat.
Durch Impfung und Untersuchung einer grösseren Anzahl von
Kröten verschiedene Zeit nach der Impfung konnte Verf. den Nach-
weis führen, dass das Milzbrandmaterial aus dem Lyraphsack auf
die Weise in den Blutstrom gelangt, dass die Leukocyten bei den
Kröten den Transport keimfähiger Sporen von der Impfstelle nach
den verschiedenen Organen besorgen.
Die interessanten Einzelheiten der Versuche und die vom Verf.
an dieselben geknüpften Betrachtungen sind im Original nachzulesen.
Hier seien nur noch die Schlüsse angeführt, die dem Verf. zulässig
erscheinen :
1) „In den Rückenlymphsack vorher erwärmter oder auch bei
Zimmertemperatur gehaltener Laubfrösche und Kröten eingebrachte
Milzbrandstäbchen erfahren unabhängig von ihrer Aufnahme von Leu-
kocyten Veränderungen ihrer Struktur und Virulenz.“
2) „Diese Veränderungen treten um so langsamer ein, je länger
der Frosch resp. die Kröte vor der Injektion im Wärmschrank ge-
halten wurde, und sind um so intensiver, je länger die Milzbrand-
stäbchen sich im Rückenlymphsack dieser Thiere, ob vorgewärmt oder
nicht, befunden haben.“
3) „Bereits in den ersten Stunden nach der Impfung sind die
Ernährungsverhältnisse der Leukocyten und des flüssigen Autheils
der Lymphtiüssigkeit der Kröten wesentlich alterirt, und beginnt der
Milzbrand. — Abscesse.
485-
Zerfall der ersteren, welche, da derselbe auch rasch zuoimmt, dem-
nach nur in der allerersten Zeit nach der Impfung den Transport des
Impfmaterials nach den entfernten Organen zu besorgen vermögen.“
4) „Die Lcukocyten der Kröte nehmen erwiesener Maassen auch
keimfähiges Material zum Transport auf.“
5) „Von dem Fortbestände resp. dem Aufhören der osmotischen
Vorgänge zwischen dem flüssigen Antbeil der Lymphe und den Leu-
kocyten nach der Impfung hängt die Immunität resp. die Empfäng-
lichkeit der beiden Thiergattungen gegen Milzbrand ab.“
Die im Prager hygienischen Institut entstandene Arbeit lässt
den vermittelnden Standpunkt Hüppe’s, welcher weder den cellu-
lären noch den chemischen Standpunkt ausschlieslich gelten lassen
will, nicht verkennen. M. Kirchner (Hannover).
Lemi&re , M. Gr. , De la suppuration aseptique chez le
lapin. (Journ. des Sciences med. de Lille. XIII. 1890. No. 21 — 24.
pp. 481, 511, 529, 557.)
An Hunden (im Ganzen 10) wurden durch subkutane Injektion
von sterilisii tern Quecksilber mittelst L u e r ’scher Spritze , wobei
Verf. die lange Kanüle recht weit vom Einstiche ausmünden liess,
immer Abscesse gesetzt, deren Eröffnung nicht über den 5. Tag hinaus
verschoben werden durfte, wollte man der spontanen Oeffnung zuvor-
kommen. Mikroorganismen konnten weder in dem Eiter noch in
Schnitten aus den Abscesswänden uachgewiesen werden. Als sehr
kleine Mengen Quecksilber applizirt und in einem Falle der so er-
zeugte leichte, stationär gebliebene Tumor am 17. Tage geöffnet
wurde, sah man das Quecksilber in dem degenerirten käsigen Ge-
webe eingeschlossen, das keine Spur mehr von flüssigem Exsudat ent-
hielt. In einem anderen Falle waren die wenigen Tropfen amikro-
bischeu Eiters eingekapselt. Daraus geht hervor, dass die subkutane
Injektion metallischen Quecksilbers beim Hunde eine rapide, ausge-
dehnte und aseptische Eiterung hervorbringt, deren Heilung nur dann
möglich ist, wenn sehr kleine Mengen Hg eingeführt worden waren.
Analoge Versuche an 27 Kauinchen (von welchen 4 Fälle wegeu
spontaner Abscessöffnung oder zufälligen Verunreinigungen der an-
gelegten Kulturen halber als nicht ganz einwandfrei elirainirt wurden)
gaben — im Gegensätze zu den negativen Ergebnissen anderer Unter-
sucher — durchweg positive Resultate. Der erzeugte Eiter war in
allen Fällen aseptisch und es konnten in ihm und in den Abscess-
wandungen keine Mikroorganismen aufgefunden werden. Die bak-
teriologische Kontrolle von 12 Fällen durch das Plattenverfahren be-
stätigte den mikroskopischen Befund ; alle angelegten Platten
biieben steril. — Die Bildung der Abscesse geht bei den Kaninchen
sehr langsam vor sich. Sie werden erst nach 5 — 17 Tagen bemerk-
bar und treten häutig in grösserer Entfernung von der Injektion^-
steile auf. Das iDjizirte Quecksilber vertheilt sich in dem subkutanen
Zellgewebe und erzeugt daselbst eine entzündliche Reaktion, welche
sich als Zellenproliferation und Diapedese darstellt. In dem Maasse,
als die Menge des Exsudates zuuimmt, wird es von dem Quecksilber
in eine purulente Substanz übergeführt, welche ihrerseits das Queck-
486 Schutzimpfung, ktinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
silber einscbliesst und dessen weitere Einwirkung auf das Gewebe
hindert. Dann erzeugt die Masse aseptischen Eiters eine gewisse
Entzüudung der Nachbarschaft, es kommt auf ihrem gauzen Umfange
zu einer Zellenproliferation und schliesslich zur Bildung einer um-
hüllendeu Membran, die den Abscess wie einen aseptischen Fremd-
körper einkapselt. Die Eitermasse unterliegt weiterhin einer succes-
siven Fettumbildung und wird hierdurch wieder resorbirbar. Dass
die Heilung trotzdem selten eintritt, lässt sich aus dem sehr lang-
samen Verlaufe der Resorption erklären.
Vcrf. formulirt die Ergebnisse seiner Untersuchungen folgender-
maassen :
1) Das Quecksilber besitzt pyogeue Eigenschaften und verursacht
im normalen subkutanen Zellgewebe aseptische Eiterung.
2) Diese Eiterung scheint auf einer chemischen Wirkung zu be-
ruhen, die von einer Quecksilberverbindung herrührt, welche durch
die Einwirkung organischer Flüssigkeiten auf das Quecksilber ge-
bildet wird.
3) Die pyogene Wirkung scheint bei allen Säugethieren zu ent-
stehen, welche gewöhnlich für Thierversuche benutzt werden (Hund,
Katze, Kanincheu, Meerschweinchen, Ratte).
4) Sie ist verschieden je nach der Verschiedenheit der entzünd-
lichen Reaktion der Thierart, rasch beim Hunde und der Katze,
langsam bei den anderen angeführten Thieren.
5) Wenn die Quantität des Quecksilbers nicht hinreichend ist,
um die pyogene Wirkung bei den Thieren mit energischer Reaktion
eine längere Zeit aufrecht zu erhalten und so zu einer vollständigen
Zerstörung der Haut und einer Ueberausdehnung der Tasche zu
führen; oder wenn die pyogene Wirkung eine langsame ist und wenn
die Quantität der absorbirten Quecksilbersalze zur Intoxikation des
Thieres nicht hinreicht, kann jedesmal vollständige Heilung durch
einfache Resorption des Abscesses statffiuden.
6) Diese Eiterungen erzeugen nie viscerale Mestatasen. Sie
können hingegen wirkliche Metastascu im Zellgewebe verursachen,
da sie durch die Lymphwege auf weitere Entfernungen hin ver-
schleppt werden. Kräl (Prag).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Verdichtung der Bakterien etc.
Mosler, F., Die Behandlung des chronischen Morbus
Brightii. (Sonder- Abdr. aus Verhandl. d. Kongr. f. inn. Med.
1890.) Wiesbaden (J. F. Bergmann) 1890.
Gelegentlich der Discussion über das im Titel genannte Thema
berichtet M. über einen Fall frisch entstandener hämorrhagischer
Nephritis, bei welchem mittelst lange andauernder Bettruhe und plan-
massiger Nierenspülung totale Heilung erzielt werden konnte. M.
legt dieser Behandlungsweise einen grossen prophylaktischen Werth
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 487
bei für alle nach akuten Infektionskrankheiten und nach Erkältung
frisch entstehenden Nierenentzündungen, die sonst in der Regel zu
chronischem Morbus Brightii führen, wenn sie sich selbst über-
lassen bleiben. Kräl (Prag).
Tizzoni und Catta.nl, Ueber die Widerstandsfähigkeit
der Tetanusbacillen gegen physikalische und che-
mische Einwirkungen. (Archiv für experimentelle Patho-
logie und Pharmakologie. Bd. XXVIII. S. 41.)
Verff. stellten ihre Versuche zur Erforschung der Widerstands-
fähigkeit des Tetanusbacillus mittelst Kulturen und Impfungen an
Thieren an.
Von chemischen Substraten, welche im Stande waren, Tetanus-
sporen in einem kürzeren Zeiträume als 24 Stunden zu tödten, führen
Verff. der Reihe nach je nach dem Grade ihrer desinfizirenden Kraft
an: 1% Silbernitratlösung, Sublimatlösungen, 1 °/o0 Sublimatlösung
mit 5% Karbolsäure und 0,5% Salzsäure, feruer 5% Kreolinlösung
(Pearson), Jodwasser, 5% Karbolsäure mit 0,5% Salzsäure, 1% über-
mangansaures Kali.
Bevor diese Lösungen das tetanische Virus für Thiere unschäd-
lich machen, verändern sie es so, dass dasselbe nur noch örtliche
und vorübergehende Erscheinungen hervorruft.
Jodoformpulver, mittelst Thierversuchen geprüft, erwies sich als
unwirksam. Die Thiere gingen an typischem Tetanus zu Grunde.
Einige Substanzen (1 %o Sublimat, 5 °/0 Kreolin) machen die Te-
tanussporen für Thiere in kürzerer Zeit unschädlich, als Kulturver-
suche erfordern, um die Lebenskraft dieser Sporen ganz zu vernichten.
Nützlich ist die Zufügung von Säure zu Sublimatlösungen, was
bei den Thierversuchen noch mehr auffällt, als bei Kulturen.
Von physikalischen Agentien wurden Wärme und Licht hinsicht-
lich ihres Einflusses auf Tetanussporen untersucht.
Es zeigte sich, dass Wasserdampf von 100° C Tetanussporen
schon nach 2 Minuten, trockene Hitze von 150 0 C dagegen dieselben
erst nach 10 Minuten tödtet.
Lange andauernde Einwirkung des Sonnenlichtes tödtet nicht nur
die Tetanuskulturen in durchsichtigen Medien, sondern macht auch
die toxische Substanz, welche sie enthalten, unwirksam. Diese Wirkung
tritt scheinbar ein, wenn zu der Einwirkung des Sonnenlichtes auch
die des Sauerstoffes hinzutritt
Auf Seidenfäden angetrocknete Tetanussporen leiden auch unter
lange Zeit andauernder Einwirkung des Sonnenlichtes nicht.
Verff. geben die Wirksamkeit der präventiven Desinfektion beim
Tetanus zu, halten aber eine erst nach dem Ausbruch des letzteren
ausgeführte Desinfektion nicht für erfolgreich.
Zur prophylaktischen Desinfektion empfehlen Verff. beim Tetanus
das salpetersaure Silber, wenn verdächtige, mit Erde beschmutzte
oder durch Eindringen von Fremdkörpern komplizirte Wunden vor-
handen sind, für die weitere Behandlung, sowie für die Desinfektion
der Hände des Chirurgen eine Mischung von 1 °/ü0 Sublimat, 5% Phe-
488
Neue Litteratur.
nol and 0,5% Salzsäure, endlich zur Sterilisation des Verbandmate-
rials den Gebrauch des Wasserdampfes von 100 0 C.
Di tt rieh (Prag).
Neue Litteratur
zusammcn^estellt von
Pft. AßTHUS WültZBÜKG,
Bibliothekar im KaiseiKchen (jC.-undheiHamtti in Berlin.
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physikalische und chemische Einwir-
kungen, p. 487.
Neu6 Litteratur, p. 488.
Fronuaaimac*-® drucke re; ^Hennaun Pohle) in Jena.
Dieser Nummer liegt eine Bücheranzeige der Verlags-
buchhandlung von Gustav Fischer in Jena bei.
AL pp
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
fiel. floß*. M Dr. Leoctet nt Professor Dr. Loelier
in Leipzig In lireifrwald
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -o- Jena, den iS. April 1891. -o- No. 15.
Frei« für den Band (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
-»* Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. J*-
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger , Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche beirück sichtigen zu können.
Original -Mittheilungen,
Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand.
(Aus Prof. W. W. Pod wyssozki’s Institut für allgemeine Pa-
thologie an der Universität Kiew.)
Von
Dr. J. Sawtsehexikö,
Assistenten am Institute.
(Fortsetzung.)
Bei sämmtlicben Tauben wurde noch bei Lebzeiten die Oedem-
flüssigkeit aus der Impfstelle auf einem Deckgläschen untersucht. Es
wurde dabei, zur Vermeidung eventueller Einwürfe, dass eine lokale
Reizung gesetzt uDd dadurch Phagocytose hervorgerufen werde, die
Flüssigkeit auf folgende Weise gewonnen. Die kleine Impfwunde
u. ßd. 32
494
Sawtschenko,
wurde durch eine einfache Nabt geschlossen und mit Collodium über-
gossen. Wollte man Flüssigkeit gewinnen, so wurde das Collodium-
häutchen mit einer sterilisirten Pinzette entfernt; durch leichtes
Drücken ein Tröpfcheu Flüssigkeit direkt auf das Deckgläschen auf-
gefangeD, getrocknet und untersucht.
Die obenerwähnten Versuche und die Untersuchung des auf diese
Weise gewonnenen Materials lieferten folgende Resultate:
1) Nach der Einspritzung einer selbst grossen Menge bereits
lange ausserhalb des Organismus gezüchteten Milzbrandbakterien
gehen erwachsene Tauben nicht zu Grunde. Ihre Körpertemperatur
sinkt in der ersten Zeit um 1 — 1,5° C unter die Norm. Obgleich
auch die Mehrzahl der Bakterien im Taubenkörper unabhängig von
den Phagocyten zu Grunde gehen und die Bakterien im Tauben-
körper überhaupt eine schwache Wachsthumsfähigkeit entfalten, so
rufen trotzdem einzelne davon, indem sie sich weiter entwickeln, Er-
scheinungen von Entzündung und Phagocytose hervor. Und jenes
Agens, dem auch die übrigen, noch entwickelungsfähigen Bacillen
ihren Untergang zu verdanken haben, scheinen auch hier Phagocyten
zu sein.
2) Rücke nmarksdurchschneidung macht Tauben
für Milzbrand empfänglich.
3) Durch einen geschwächten Taubenorganismus hindurchgeleitete
Milzbrandbakterien werden für normale Tauben virulent und ent-
wickeln sich in deren Körper sehr rasch.
4) Bei den an Milzbrand zu Grunde gegangenen Tauben wurde
noch bei Lebzeiten in der Oedemflüssigkeit eine nur unbedeutende
Menge Leukocyten beobachtet; Bacillen im Innern von Leukocyten
kamen nur ausnahmsweise vor; die ungeheure Mehrzahl der Bacillen
war freiliegend.
Die Körpertemperatur solcher Tauben sank gewöhnlich bereits
6 Stunden nach der Impfung um 1 — 2° C.
Nach dem Tode fand sich irn Blute der inneren Organe eine Masse
Milzbrandbacilien. In der Leber sind die Bacillen häufig in Stern-
zellen eingeschlossen, im Knochenmarke dagegen in dessen lympboiden
Elementen. Dabei war in den Knochenmarkszellen häufig Vakuolen-
bildung um den verschlungenen Bacillus herum zu erkennen, wobei
letzterer manchmal seine Tinktionsfähigkeit für Anilin-Gentiana-Violett
einbüsste. War aber der Bacillus zur Hälfte ausserhalb der Zelle ge-
legen, und befand sich seine andere Hälfte innerhalb einer Vakuole
der Zelle, die ihn verschlungen, so bü3ste der innerhalb der Vakuole
gelegene Baciliustheil manchmal seine Tinktionsfähigkeit (sie war mit
Pikrinsäure gefärbt) ein, während sich sein äusseres Glied deut-
lich färbte.
5) Bei künstlich immunisirten oder ursprünglich selbst gegen
das verstärkte Virus immunen Tauben war, nach deren Impfung mit
dem Blute einer an Milzbrand verstorbenen Taube, die Oedemflüssig-
keit aus der Impfstelle viel reicher an Leukocyten, als die Oedem-
fiüssigkeit empfänglicher Tauben. 24 Stunden nach der Impfung
(früher wurde die Untersuchung nicht vorgenommen) waren schon
Milzbrand bacillen innerhalb von Leukocyten zu scheu. Und je längere
Zar Frage über die Immunität gegen Milzbrand.
495
Zeit seit dem Anfänge der Impfung verstrichen war, um so stärker
war die Phagocytose ausgeprägt: es war manchmal die ungeheuere
Mehrzahl der Bacillen im Innern von Leukocyten eingeschlossen, vor-
wiegend in den Polynukleären, seltener in Makrocyten.
Die Körpertemperatur solcher Tauben sank gewöhnlich nur un-
bedeutend (*/2 — 1° C), manchmal aber auch gar nicht.
An Schnitten aus der Impfstelle erschien das Zellgewebe ödema-
tös und mehr oder weniger stark mit Leukocyten und Milzbrandbacillen
infiltrirt. Die Bacillen waren theils innerhalb der Zellen, theils aber
frei gelegen.
Je später die Taube getödtet war, um so seltener kamen frei-
liegende Bacillen vor und um so zahlreicher wurden die in den
Zellen. Der Prozess war, seinem Charakter nach, stets ein lokaler:
die Bacillenanhäufungen waren vom gesunden Gewebe durch eine
Schicht Leukocyten abgeschieden, in den späteren Stadien des Pro-
zesses war aber, besonders wenn die Impfung in die Muskeln hinein
geschah, der gesammte Bacillenherd, d. h. Bacillen Leukocyten,
vom gesunden Gewebe durch eine Schicht typischer Riesenzelleu ab-
geschieden. Es kamen zwar auch jenseits dieser Demarkationslinie
ab und zu einzelne Bacilienexemplare vor, es waren aber dieselben
meistens im Innern von Phagocyten eingeschlossen.
Bei der Untersuchung der inneren Organe und des Blutes solcher
Tauben sind mir niemals Bacillen zu Gesichte gekommen ; gleich
negative Resultate wurden auch auf mit Blut oder dem Safte innerer
Organe infizirten Nährmedien erhalten. Trotzdem zeigte sich in der
Leber solcher Tauben stets eine im Vergleich zur Norm mehr oder we-
niger scharf ausgeprägte Vergrösserung der Lymphfollikcl, ein Zeugniss
dafür, dass der Organismus des betreffenden Thieres auf den lokalen
Prozess im Sinne einer Leukocytenproduktion reagirt habe.
7) Von diesen, für alle dem Versuche unterzogenen Tauben gel-
tenden Regeln haben zwei Tauben eine höchst lehrreiche Ausnahme
geboten : sowohl bei der einen wie auch bei der anderen war nach
der Impfung bei Lebzeiten eine sehr scharf ausgeprägte Phagocytose
zu beobachten, und dennoch sind sie beide schliesslich zu Grunde
gegangen.
No. 9 (einer alten Taube) wurden am 21. II. 1890, gleichzeitig mit
einer anderen jungen Taube, aus einer Kultur gewonnene Sporen ein-
geimpft, die ihrerseits aus dem Blute einer an Milzbrand gestorbenen
Taube erhalten war. Die junge Taube ist am dritten Tage an Milz-
brand zu Grunde gegangen, No. 9 (die alte) ist mit einem inten-
siven lokalen Prozesse davongekommen, wobei eine scharf ausgeprägte
Phagocytose zu beobachten war, und es ist, wie im Versuchstagebuche
vermerkt, am 1. III. 1890 an der Impfstelle ein derber Knoten von
der Grösse einer kleinen Haselnuss zurückgeblieben.
No. 14 (eine aus der zweiten oben angeführten Versuchsreihe)
wurde am 27. II. 1890 mit dem Blute einer an Milzbrand gestorbenen
Taube geimpft, hat sich aber als wenig empfänglich erwiesen. Die
Temperatur erhielt sich auf 41,5 — 42° C; war das Oedera auch ein
bedeutendes, so war dennoch die Phagocytose scharf ausgeprägt, und
den vorausgegangenen Versuchen zufolge musste die Taube genesen.
32 *
496 SäwtscLenko, Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand.
Am 1. III. 1890 wurden beide Tauben in einen kalten (6 — 10° C)
und völlig dunklen Raum gesteckt. Am 2. III. begann bei der Taube
No. 9 sich um die Induratiousstelle herum eine Anschwellung zu
entwickeln. Am 3. III. Morgens war bei beiden das Oedem stark aus-
geprägt, und gegen Abend sind beide zu Grunde gegangen.
Bei der mikroskopischen Untersuchung der Impfstelle ergab sich
Folgendes :
No. 14. Um die Impfstelle herum sind Leukocyteninfiltrat und
Phagocytose stark ausgeprägt. Im Bereiche, d. h. im Orte des erst
zu Ende des Versuches zur Entwickelung gekommenen Oedems, liegt
eine Masse von Milzbraudbakterien in den Bindegewebsspalten und
zwischen den Muskelfasern, die Menge der Leukocyten ist sehr un-
bedeutend und nirgends sind Erscheinungen von Phagocytose zu sehen.
Noch auffallender kam dasselbe bei Taube No. 9 zur Beobach-
tung. Hier war der alte, mit Milzbrand infizirte Herd vom gesunden
Gewebe stellenweise durch eine Reihe Riesenzellen, stellenweise aber
durch eine Schicht Leukocyten und junger Bindegewebszellen abge-
schieden. Im Innern des Knotens eine Anhäufung theils normaler,
theils bereits zerfallender Leukocyten; hier und da sind innerhalb
der Leukocyten Milzbrandbacillen zu sehen, meist in verschiedenen
Stadien des Absterbens (Undeutlichkeit der Umrisse, Körnung etc.)
begriffen. An anderen Stellen desselben Knotens sah man aber ganze
Haufen gut gefärbter, dicht zusammengedrängter Milzbrandfäden.
Solche Fäden zogen manchmal zu ganzen Bündeln gegen die Pe-
ripherie des Knotens hin. Jenseits der Demarkationslinie aber, d. h.
im ödematösen, den Knoten umgebenden Zellgewebe, ein massen-
haftes Infiltrat von Milzbrandfäden und -Bacillen, nirgends aber Er-
scheinungen von Phagocytose. Im Herzblute und den inneren Or-
ganen sehr viele Milzbrandbacillen; in der Leber kommen die Ba-
cillen, wie auch sonst innerhalb der Sternzellen vor.
Es hat hier offenbar irgend eine beiden Tauben gemeinsame
Ursache sie auf einmal für Milzbrand empfänglich gemacht. Und
höchst interessant ist im gegebenen Falle der Umstand, dass zu-
gleich mit dem Verluste der Immunität auch die Erscheinungen der
Phagocytose ihr Ende genommen hatten, so dass auch diese beiden
Fälle keine Ausnahme bilden, sondern im Gegentheil, mit einer noch
grösseren Wahrscheinlichkeit die Abhängigkeit der Immunität von
der Phagocytose voraussetzen lassen.
Was ist aber die Ursache des Immunitätsverlustes, ist es die
Herabsetzung der umgebenden Temperatur, Lichtmangel, oder ist es
der Einfluss der beiden Bedingungen zugleich gewesen? Diese
Fragen sind natürlich nur mittelst vollkommen genauer Versuchs-
stellung zu beantworten, es ist aber, den jetzt schon vorhandenen
Beobachtungen nach (Wagner)1), anzunehmen, dass hier die Herab-
setzung der umgebenden Temperatur von nicht zu bezweifelndem
Einflüsse gewesen ist.
1) Annales de l’Institut Pasteur. 1890. No. 9.
(Schluss folgt.)
Sanarelli, Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milsbrand. 497
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den
Milzbrand.
(Laboratorium für allgemeine Pathologie der königl. Universität Siena.
Direktor Prof. C. Sanquirico.)
Von
Dr. Giuseppe Sanarelli,
Assistenten.
(Fortsetzung.)
III.
Ueber die Wirkung, welche die Lymphe auf die
Milzbrandsporen und Bacillen ausübt.
Eine Beobachtung von grundlegender Bedeutung für den ganzen
Gegenstand ist folgende: Wenn man in den dorsalen Lymphsack
des Frosches einige Röhren aus Collodium einführt, welche Theilchen
von milzbrandkranker Milz enthalten und sie nach 8 oder 10 Tagen
untersucht, so findet man:
1) dass die Röhren ganz mit durchsichtiger, von Leukocyten
durchaus freier Lymphe gefüllt sind;
2) dass die Milzstückchen sich in kleine, graue, zerreibliche und
etwas körnige Häufchen verwandelt haben, in welchen die morpho-
logischen Elemente gänzlich zerstört und die Milzbrandbacillen fast
sämmtlich degenerirt sind;
3) dass die mit der Lymphe allein ausgeführten Kulturen steril
bleiben und die mit den Milzstückchen erhaltenen eine langsame
Entwickelung einiger wenigen Milzbrandkolonieen hervorrufen;
4) dass die Ueberimpfung dieser Milzbruchstücke auf Thiere
ganz ohne Wirkung ist.
Die Untersuchung des Degenerationsprozesses, welchem die
Milzbrandbacillen unterliegen, lässt sich sehr leicht an diesen Milz-
bruchstücken ausführen, welche einige Tage dem Einfluss der Lymphe
ausgesetzt waren. Der von mir angewendeten Färberaethoden sind
mehrere; bisweilen gebrauchte ich eine einfache wässerige Lösung von
Methylenblau oder Vesuvin, bisweilen verfuhr ich nach der ursprüng-
lichen oder nach der von Günther modifizirten Methode von Gram.
Meine Beobachtungen haben ungefähr dasselbe Ziel, wie die schon
angeführten von Metschn ikoff *), Petruschky 1 2), N uttal 3),
Hildebrand4), Bitter5 6) und die kürzlich erschienenen vonBräm“).
1) Ueber die Beziehungen der Phagocyten zu Milzbrandbaciilen. (Virchow's
Archiv. Bd. XCVII. 1884. p. 502.)
2) L. cit.
3) L. c.
4) Experimentelle Untersuchungen über das Eindringen patbcgener Mikroorganis-
men von den Luftwegen und der Lunge aus. (Beiträge zur pathologischen Anatomie
und zur allgemeinen Pathologie. Bd. III. 1888.)
51 Ueber die Verbreitung des Vaccins und Uber die Ausdehnung des Impfschutzes
im Körper des Impflings. (Zeitschr. für Hygiene. Bd. IV. 1888. p. 299.)
6) Untersuchungen über die Degenerationserscheinungen pathogener Bakterien in
destillirtem Wasser. (Beiträge zur path. Auat, und allgem. Pathol. Bd. VII. 1886. p. 11.)
498
S a n a re 11 i ,
Vor Allem findet man, dass das Protoplasma der Bacillen nach
Einwirkung der Lymphe anfängt, seine Verwandtschaft zu den Farb-
stoffen theilweise oder ganz zu verlieren. Ferner erscheinen die
Filamente nicht mehr homogen, sondern zeigen hier und da ungefärbte,
verdünnte Stellen neben sehr stark gefärbten, erhalten also, wie
Petruschky sagt, einige Aebnlichkeit mit einer Kette von Kokken.
Die Umrisse werden weniger deutlich, erscheinen unregelmässig und
wie sägeartig, bis das ganze Filament in viele Bruchstücke zerfällt,
welche sich ihrerseits in feine Granulationen auflösen oder der-
maassen wieder anschwellen, dass sie wie zerquetscht aussehen. Ausser-
dem habe ich beobachtet, dass auch die im Umriss oder im Proto-
plasma wenig veränderten Stäbchen fast immer etwas stärkere Dimen-
sionen zeigen, als die normalen und wie aufgequollen aussehen.
Diese Thatsachen stellen zunächst eine antibakterische Kraft der
Lymphe ausser Zweifel. Ich halte es für unmöglich , eine andre
Ursache zur Erklärung der schnellen Zerstörung einer so enormen
Menge von Bacillen anzuführeu, wie sie in einem groben Bruchstück
einer von Milzbrand ergriffenen Milz enthalten sind.
Aber die besten Resultate erhält man, wenn man die Lymphe
direkt auf die Milzbrandsporen oder Bacillen einwirken lässt
Um dies zu erreichen, brachte ich in Glascylinder, welche wenig-
stens 8 — 10 ccm Lymphe enthielten, eine grosse Menge von Sporen,
welche ich einer alten , noch immer virulenten Kultur in Agar ent-
nahm, worin keine vegetativen Formen mehr nachzuweisen waren,
oder auch das Produkt reichlicher Geschabsel einer milzbraudkranken
Milz. In dem ersten Falle hatte ich es also nur mit Sporen ohne
Bacillen zu thun, im zweiten mit Bacillen ohne Sporen; bisweilen
operirte ich auch mit jungen Kulturen von sporifizirten Bacillen.
Die folgenden Tabellen zeigen das Verhalten sowohl der Sporen,
als der sporifizirten oder nicht sporifizirten Bacillen gegen die Frosch-
lymphe:
Experiment 15.
(3. Juni.) 8 ccm der Lymphe werden mit einer reichlichen Menge
von zum grossen Theil sporifizirten , aus einer frischen Kultur auf
Agar mit Glycerin stammenden Milzbrandbacillen gemischt.
4.
Juni. Injektion von
V.
ccm
obiger Lymphe im
1. Meerschweinchen.
Stirbt an Milzbrand
nach 36 Stunden.
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Stirbt an Milzbrand
nach 36 Stunden.
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Experiment 16.
(3. Juni.) 8 ccm Lymphe werden mit Milzsaft vermischt, wel-
cher von dem Geschabsel einer karbunkulösen Milz stammt.
4 Juni. Einspritzung v. ccm obiger Lymphe im 1. Meerschweinchen. Stirbt an Milzbrand
nach 48 Standen.
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Die Ursachen der natürliches Immunität gegen den Milzbrand.
499
Experiment 20.
(16. Juni.) 8 ccm Lymphe werden mit Milzbrandsporen ge»
mischt, welche aus einer alten Kultur auf Agar mit Glycerin stammen,
die keine vegetativen Formen mehr besitzt.
17. Juni. Einspritzung von 1/i ccm obiger Lymphe im 1. Kaninchen. Stirbt an Milzbrand
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Experiment 25.
(26. Juni.) 10 ccm Lymphe werden mit Milzsaft gemischt,
welcher von dem Geschabsel einer karbunkelkranken Milz abstammt.
27. Juni. Einspritzung von ccm obiger Lymphe im 1. Kaninchen. Bleibt am Leben.
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Experiment 26.
(26. Juli.) 10 ccm Lymphe werden mit Milzsaft gemischt, welcher
von dem Geschabsel einer milzbrandkranken Milz herrührt.
27. Juni. Einspritzung v. */a ccm obiger Lymphe im 1 . Meerschweinchen. Stirbt an Milzbrand
nach 36 Stunden.
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nach 48 Stunden.
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Eine allgemeine Uebersicht dieser Resultate bestätigt zunächst
die Schnelligkeit, mit welcher sowohl die Dauerformen, als die vege-
tativen Formen des Milzbrandes in der Froschlymphe ihre Virulenz
einbüssen.
Der Verlust dieser Virulenz zeigt sich schon nach drei bis vier
Tagen bei Sporen und sporifizirten Bacillen und noch viel schneller
bei sporenfreien Bacillen. In Bezug auf letztere ist das Resultat des
25. Experiments bemerkenswerth, nach welchem nur 24 Stunden ge-
nügten, um die Lymphe für Kaninchen vollkommen unwirksam zu
machen, während wenigstens zwei bis drei Tage nöthig sind, um den-
selben Grad der Abschwächung für Meerschweinchen zu erreichen.
Doch halte ich es für passend, hinzuzufügen , dass diese Grenzen
nicht immer konstant sind, sondern bisweilen bedeutende Schwankun-
gen erleiden können, aus Ursachen, die sich leicht vermuthen , aber
schwer nachweisen lassen.
Ich spreche von der Abschwächung und nicht von dem Tode der
Keime, denn in Wirklichkeit ist das Verschwinden der Virulenz der
Milzbrandlympbe eine Erscheinung, welche unabhängig von dem Leben
der Mikrobien oder ihrer Dauerformen eintritt.
500
S a n a r c 1 1 i
Die Kulturen auf verschiedenen Nährstoffen, die ich fast täglich
mit verschiedenen Milzbrandlymphen ausführte, haben mir bewiesen,
dass, wenn die Virulenz der Bakterien sehr schnell zerstört wird,
ihr Leben dagegen mit grosser Zähigkeit fortbesteht. Allerdings
habe ich bei sporenlosen Bacillen gefunden, dass nach einigen Tagen
die Kolonieen auf Platten (ausgeführt mit einer Platinschlinge, welche
in den Impfstoff bis zu einer bestimmten , konstanten Tiefe einge-
taucht wird) im Allgemeinen ein wenig sparsamer zu werden an-
fiugen, aber mit einer an Sporen und sporifizirten Bacillen reichen
Lymphe habe ich immer, auch nach 30 und 40 Tagen, zahlreiche
Kolonieen erhalten, wiewohl sie ihre Virulenz ganz verloren hatte. Dies
scheint mir zu beweisen, dass die energische Wirkung der Lymphe
vorzüglich die Virulenz beeinflusst und weniger die Vitalität der
Milzbrandkeime.
Ich halte es für überflüssig, hinzuzufügen , dass ich mich bei
der Ausführung dieser Versuche vollkommen reinen und mit grösster
Sorgfalt behandelten Materials bedient habe.
Mau muss die Vorsicht gebrauchen, diejenigen Röhren mit Milz-
braudlymphe zu verwerfen, welche zufällig mit anderen Keimen ver-
unreinigt worden sind, denn die Erfahrung hat mir bewiesen, dass die
Resultate in diesem Falle durchaus widerspruchsvoll ausfallen können.
Es gibt übrigens eine sehr einfache Vorsichtsmaassregel, um
dergleichen Uebelstände zu vermeiden : nämlich die, die Gefässe mit
Milzbraudlymphe in Kühlapparaten aufzubewahren, in welchen die
Tages- und Nachttemperatur 10—12° C nicht überschreitet. Bei den
oben angeführten Experimenten habe ich mich immer dieses Ver-
fahrens bedient, daher war die Lymphe für die Einspritzungen immer
ganz klar und frei von anderen sie verunreinigenden Keimen.
So oft ich Inokulationen an Thieren ausführte, musste ich auch
die Milzbrandflüssigkeit umschütteln, um immer ein möglichst reich-
liches Material zu sammeln.
Aber verleiht die Abschwächung der Milzbrandkeime diesen
letzteren eine vaccinireude Kraft?
Metschnikoff1 2 *) hat zuerst bewiesen, dass das Blut der
Schafe, welche durch Vaccination seuchefest geworden sind, die Milz-
brandbacillen abschwächt.
Lubarsch8) kam zu denselben Resultaten in Folge ihres Durch-
ganges durch den Organismus des Frosches; aber diese beiden
Beobachter behaupten, dass Thiere, welche die abgeschwächten Ba-
cillen in sich aufgenommen haben, später der Inokulation des viru-
lenten Milzbrandes nicht widerstehen.
Ganz gleich sind auch meine Resultate, denn auch nach reich-
lichen Einspritzungen abgeschwächter Milzbrandlymphe habe ich nie-
mals Thieren die Seuchenfestigkeit gegen spätere virulente Injek-
tionen verschaffen können ; und ich füge meinerseits noch hinzu, dass
die einfache Uebertragung von Bacillen auf ein künstliches Näbr-
1) Sor l’attennation des baetöridies charbonneuses dans le sang des moutous r i-
fractaires. (Annales de l’Institut Pasteur. 1887. p. 42.)
2) Ueber Abschwächung der Milzbrandbacillen im Froschkörper. (Fortachritte der
Medicin. 1888. p. 121.)
Die Ursachen der natürlichen ImmünitÜt gegen den Milzbrand.
50t
Substrat , welche schon seit vielen Tagen in Lymphe abgeschwächt
waren, neue Kulturen zur Entwickelung bringt, welche ihre ursprüng-
liche Virulenz vollkommen wieder erhalten haben. Es würde sich
also nur urn eine vorübergehende Abschwächung von ganz anderer
Art bandeln, als die, welche als Miizbrand-Vacciue künstlich durch
die Methode von Pasteur erhalten wird.
IV.
Einfluss der Temperatur auf den bakterientödtenden
Zustand der Lymphe.
Wie Bouchard verstehe ich unter „bakterientödtenden) Zu-
stand“ nicht nur den, welcher die Bakterien tödtet, sondern auch
den, welcher ihre Entwickelung und Vermehrung verlangsamt, ihre
Ernährung hindert und ihre Wirkung abschwächt. Ich werde also
in der Folge mit diesem Ausdruck immer jene spezielle, abschwächende
Eigenschaft bezeichnen , welche man nach meinen Versuchen der
Froschlymphe zuschreiben muss.
Die letzten experimentellen Untersuchungen über die Immunität
der Frösche gegen Milzbrand, und vorzüglich die von Metschni-
koff, Petr uschky, Fahrenholz und Baumgarten bekannt
gemachten, sind sehr reich an Beobachtungen und Versuchen über
den Einfluss, welchen die Erwärmung auf die Seuchenfestigkeit dieser
Thiere ausübt; ja ein guter Theil der kritischen Beweismittel, welche
diese Autoren zu Gunsten der eigenen und gegen die fremden An-
sichten anführeD, findet immer seine Stütze in dem Werth , welcher
diesen Temperaturwirkungen beigelegt wird.
Aber alle diese Erscheinungen, welche soviele Streitigkeiten ver-
anlasst haben, sind nur am Körper der Frösche selbst, die man
unter verschiedenen äusseren Einflüssen hielt, studirt worden, und
in diesen Fällen ist es niemals möglich gewesen, den einen der in
Betracht genommenen Faktoren zu elimin iren. Ich dagegen habe
vorgezogen, mich direkt mit der Lymphe zu beschäftigen, und ohne
mich bei den von Anderen berichteten Versuchen aufzuhalten, will
ich ohne Weiteres von meinen eigenen sprechen.
Bei Versuchen mit dem hängenden Tropfen mit paraffinirtem
Deckgiäschen habe ich niemals bei einer Temperatur von 18—20 0 C
selbst nach mehreren Wochen ein Keimen der Sporen, mit denen ich
den Lymphetropfen verunreinigt hatte, beobachtet. Dies beweist,
dass die Froschlymphe, auch abgesehen von jeder anderen Eigen-
schaft, kein passender Boden für die Entwickelung des Milzbrandes
ist, denn in den Kontrollpräparaten, in denen ich die Lymphe durch
peptonisirte Fleischbrühe ersetzt hatte, fand die Keimung immer
schnell und beständig statt. Dieser Mangel an Keimung findet auch
statt, wenn man die Lymphe in einer Zeiss’schen Wärmekammer
einer beständigen Temperatur von 27 0 C aussetzt. Wenn man aber
die Temperatur dieser Wärmekamraer auf 37° C steigert, so fängt
man an, eine Keimung der Sporen zu beobachten. Indessen fand
ich in einigen Präparaten, die ich fünf Tage lang in der Wärme-
kammer bei 37° C gehalten hatte, nur wenige Filamente unter einer
502
8 a n a r e 1 1 i ,
grossen Menge in der Lymphe zerstreuter Sporen , wahrend die mit
Tropfen von peptonisirter Fleischbrühe gemachten Kontrollpräparate
schon nach 12 Stunden, besonders an der Peripherie, eine äusserst
üppige Entwickelung von Filamenten zeigten.
Es ist also festgestellt , dass die Milzbrandbacillen trotz der
offenbaren Ungunst des Nährbodens sich doch auch in der Frosch-
lymphe entwickeln können, wenn diese auf eine passende Temperatur
gebracht wird.
Aber tritt in diesem Falle die Keimung der Sporen nur darum
ein, weil die Wärme ihre Entwickelung besonders begünstigt, oder
weil die Lymphe selbst dabei Veränderungen erleidet, welche ihre
bakterientödtende Kraft aufheben?
Einige zur Beantwortung dieser Frage unternommene Versuche
sind im Stande, uns darüber genügende Auskunft zu geben.
Zu diesem Zwecke besetzte ich mehrere Gläschen mit normaler
oder vorher auf 50 — 80° C erwärmter Lymphe mit reichlichen Milz-
brandsporen. Einige von diesen hielt ich bei gewöhnlicher Zimmer-
temperatur, andere in der Wärmekammer bei 27 0 C, andere ebenda
bei 37° C.
Schon an den ersten Tagen war eine mehr oder weniger deut-
liche Trübung in dem grössten Theile dieser Gläschen zu bemerken,
und die mikroskopische Untersuchung bewies, dass in den vorher
erwärmten und dann bei Zimmertemperatur gehaltenen die Keimung
der Sporen schon deutlich war; in den bei 27 u C behandelten war
sie noch weiter vorgerückt , in den bei 37° C gehalrenen war sie
ausserordentlich reichlich. Folgende Tabelle, welche auch die mit
der nicht erwärmten Lymphe angestellten Beobachtungen enthalt,
zeigt dies beim ersten Blick aufs deutlichste.
Experiment 20.
(19. Juni.) Ich besetze verschiedene Gläschen, welche normale
oder auf 50 — 80° C erwärmte Lymphe enthalten, mit Milzbrand-
sporen, aus einer alten Kultur auf Agar mit Glycerin stammend.
Diese Sporen sind notorisch lebenskräftig und virulent; die mikrosko-
pische Untersuchung der Kultur zeigt keinerlei vegetative Formen.
Es tritt keine Keimung ein
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Es fiudet keine Keimung statt.
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Geringe Entwickelung von Fäden
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Ucppige Entwickelung von Filamenten.
Ausserordentliche Menge von spontizirten
Filamenten und ganz freien Sporen.
Es findet keine Keimung statt.
Es finden sich einige wenige Stäbchen,
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A. Röhien mit nicht erwärmter 20. Juni.
Lymphe, in Zimmertemperatur 21. „
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B. Röhren mit nicht erwärmter 20. Jnni.
Lymphe, in der Brutmaschine 21. „
bei 27 0 C gehalten. 23. „
30. „
C. Köhren mit nicht erwärmter 20. Juni.
Lymphe, in der Hrutmaschioe 21.
bei 37 0 C gehalten. 23. .,
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D Röhren mit auf 60—80° Cer- 20.
wärmter Lymphe, in Zimmer- 21.
temperatur von 18 — 20 9 C. 23.
30.
Juni.
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand. 503
E. Röhren mit auf 50 — 80 0 C er- 20. Juni. Reichliche Entwickelung von Filamenten,
wäruiter Lymphe, in der Brut- 21. „ „ „ „
maschine hei 27 0 C gehalten. 23. „ „ ,, „ „
30. „ Reichliche Entwickelung von Filamenten,
davon einige sporitizirt.
F. Röhren mit auf 50—80° Cer- 20. Juni. Reichliche Entwickelung von Filamenten,
wärmter Lymphe, in der Brut- 21. „ „ „ „ „
maschine bei 37 0 C gehalten. 23. ,, „ „ ,, ,,
30. „ Ausserordentliche Menge von schon spo-
rifizirten Elementen.
Hiermit ist erwiesen, dass die Beihülfe erhöhter Temperatur in
der Froschlymphe die Keimung der Milzbrandsporen befördert, und
zwar nicht so sehr durch die direkte Wirkung, welche sie auf die-
selben ausübt, als vielmehr durch eine bio-chemische Veränderung,
welche in der Lymphe selbst vor sich geht, wodurch diese ihre bak-
terientödtende Kraft verlieren und sich in einen vortrefflichen Nähr-
boden verwandeln würde. Diese Umbildung würde schon bei 37° C
beginnen und bei 50 — 80° C ihr Maximum erreichen. Starke Er-
kältung dagegen übt auf die Bakterien tödtende Kraft der Lymphe
gar keine Wirkung aus, denn ich habe dieselben immer unverändert
gefunden, auch nach langem Aufenthalt der Lymphe in Kältemischungen,
wobei die Temperatur bisweilen 10° unter dem Gefrierpunkte er-
reicht hatte.
Das Licht, welches diese Resultate auf das werfen, was Baum-
garten die „relative Seuchenfestigkeit“ der Frösche gegen Milz-
brand nennt, ist augenfällig genug, und die Schlüsse dieses Beobach-
ters, sowie die seiner Schüler könnten beim ersten Anblick für voll-
kommen bestätigt gelten.
Es ist in der That nicht leicht zu erklären, wie Metschnikoff
bei Zimmertemperatur die Keimung von Milzbrandsporen hat be-
obachten können, die er in die vordere Augenkammer vom Fröschen
eingebracht hatte, wenn man nicht annehmen will, dass die Kon-
stitution des Humor aqueus von der der Lymphe verschieden sei, oder
dass der Traumatismus an und für sich eine Veränderung hervor-
gebracht habe, wie man sich auch nicht erklären kann, wie bei der-
selben Zimmertemperatur von 17— 20° C derselbe Forscher die Kei-
mung von Sporen festgestellt haben kann, die er in die Unterhaut-
lymphe im Innern von Säckchen von Binsenmark oder Filtrirpapier
oder Froschdarm oder unter dem Schutze des feinen Netzes eines
Seidenfadens eingebracht hatte.
Leichter dagegen begreift man, dass Fahren holz die Keimung
der Sporen sowohl in der vorderen Augenkammer als unter der Haut
bei einer Temperatur von 15— 26° C hat beobachten können, wenn
man bedenkt, dass er die Frösche in einer Umgebung hielt, deren
Temperatur bei Nacht auf 15° C fiel, während sie bei Tage gelegent-
lich auf 30— 38° 0 steigen konnte, also auf eine solche Höhe, dass
die Keimung der Sporen möglich war.
Auch Petrusch ky sagt, er habe eine bedeutende Entwicke-
lung von Milzbrandbacillen hei Fröschen beobachtet, die er bei 25
bis 30° C hielt; aber auch dies ist schon eine verhältnissmässig
504
Rosst
starke Erwärmung für Frösche, wobei, wie Baumgarten selbst in
seiner letzten Arbeit angibt , irgend ein zufälliger Umstand genügt,
um jedes Hinderniss für die Vervielfältigung der Keime zu zerstören.
Und es ist in der Thal bekannt genug, dass milzbrandkranke Frösche,
wenn sie auf 37° C erhalten werden , in wenigen Stunden sterben,
wobei sie in ihren Geweben und im Blut eine ungeheure Menge von
Bacillen zeigen.
(Schloss folgt.)
Vorläufige Mittheilung über einige Fälle von Mycosis
im Menschen.
Von
Dr. Ross
in
Warnambool, Victoria, Australien.
Nephromycosis aspergillina.
Soweit ich die Litteratur hier übersehen kann, sind Fälle obiger
Krankheit noch nicht beim Menschen beobachtet worden. Es ist mir
innerhalb der letzten 6 Wochen 2 mal gelungen, Sporen von Asper-
gillus, wahrscheinlich Asp. fumigatus, im frisch gelassenen
Urin zu beobachten. In dem einen meiner Fälle lässt sich aus den
klinischen Symptomen mit fast absoluter Sicherheit die rechte Niere
als der Sitz des Krankheitsprozesses bezeichnen.
Auch im anderen Falle scheint die Niera der locus morbi
zu sein.
Die Symptome sind in Kürze folgende. Mr. S. , Anstreicher,
kam zu mir mit Klagen, die sehr vieldeutig waren, allgemeine Mus-
kelschwäche, Unlust zur Arbeit etc. Was jedoch meine Aufmerksam-
keit in Anspruch nahm, war die Angabe, dass sein Urin seit 3 Tagen
trübe sei und Blut enthalte.
Er theilte mir mit, dass sein Urin beim Stehen einen rothen
Bodensatz absetze. Ich Hess ihn mir Urin bringen und bemerkte
nun, dass derselbe trübe war, wie wenn Lehm in Wasser aufge-
schwemmt wäre. Nach längerem Stehen setzte sich ein flockiger,
rother Bodensatz ab, der Urin war sauer, enthielt Spuren von
Albumen. Das überstehende Fluidum änderte die Farbe vom originalen
schmutzig-lehmartig nicht beim längerem Stehen , wohingegen das
Sediment von Tag zu Tag röther zu werden schien. Nachdem die
Klimax bald erreicht war, nahm die Farbe allmählich ab und ver-
schwand dann ganz. Die saure Reaktion des Urins hielt sich ab-
norm lange.
War der makroskopische Anblick des Urins schon sehr irrelei-
tend zur Diagnose Hämaturie, so war es ein flüchtiger Blick ins Mi-
kroskop noch mehr. Man sah rothe Zellen in allen Formen der Auf-
lösung, Maulbeer-, Stechapfelform etc., selbst Stromazellen und weisse
Vorläufige Mittheilung über einige Fälle von Mycosis im Menschen. 505
Blutzellen schienen vorhanden zu sein. Die vermuthlichen Stroma-
zellen machten mich zuerst stutzig. Sie bestanden aus einer dicken
Hülle, leer im Innern. Um die Sache aufzuklären, wurde der Urin
in sterilisirte Reagenzgläser aufgefaagen , nachdem der Urinstrahl
die Uretra vorher gereinigt hatte und nun sofort auf Platten ausge-
gossen.
Im Incubator bei Blutwärme gehalten, entwickelten sich bald
Aspergil 1 us-Kolonieen. Ausserdem fand sich noch eine Anzahl
Mikroorganismen, die ich bisher noch nicht im Urin gesehen habe,
obschon ich mich mit der Angelegenheit bakteriologisch längere Zeit
beschäftigt habe; vide Austr. Medical Journal. 1890. Novemb. 15.
On Bacilluria of Roberts.
Während ich noch mit diesem Falle beschäftigt war , kam ein
Mr. F. zu mir. Sein Arzt, so theilte er mit, hatte die Diagnose auf
Nierenstein gestellt und die Operation augeratheu.
Seine Klagen Hessen an der Richtigkeit der Diagnose fast keinen
Zweifel aufkommen. Jedoch die Dauer der Anfälle , die Natur der-
selben und das Urinsediment machten mich behutsam.
Auf nähere Anfragen theilte er mir mit, dass der erste Anfall
vor ca. 3 Jahren aufgetreten sei und ca. 14 Tage dauerte, der
zweite, vor 18 Monaten, dauerte ca. 3 Wochen. In den Intervallen
blieb der Urin mehr oder weniger trübe , der letzte Anfall, unter
dem er laborirte, als ich ihn sali, dauerte 24 Tage. Die Kolik-
aDfälle waren sehr schmerzhaft, der rechte Hoden war in die Höhe
gezogen. Es traten oft Exacerbationen auf, jedoch war er niemals
ganz schmerzfrei. Die rechte Niere war schmerzhaft auf Druck,
ebenso die Ureteren. Die rechte Nierengegend war sehr heiss, er
konnte oft die Wärme durch seinen Rock hindurch fühlen. Im An-
fänge des Anfalles trat Erbrechen auf, später hatte Pat. sehr guten
Appetit, jedoch magerte er ab und wurde stets schwächer. Gehen
war in den Intervallen der Anfälle absolut unmöglich. Im Anfalle
selbst erhielt er Linderung, wenn er das rechte Bein stark flektirte
und adduzirte. Er theilte mir mit, dass er bei verschiedenen Ge-
legenheiten kleinere und grössere Klümpchen entleert habe. Diese
Hessen sich leicht zerreiben. Er hatte öfteres Verlangen zu uriniren,
doch musste er oft eine Minute warten, ehe es anfing zu laufen. Der
Urin bot dieselben Verhältnisse dar, wie im ersten Falle.
Ich machte sofort die Diagnose auf Nephromycosis aspergillina.
Mycelklumpen den Ureter verstopfend.
Grosse Dosen Belladonna mit etwas Morphium gaben bald Lin-
derung.
Es gelang mir sehr leicht, Reinkulturen zu erzielen.
Der Aspergillus ist sehr pathogen für Kaninchen. Wässerige
Aufschwemmungen in die Vena cava injizirt, tödteten in 48 Stunden.
Kulturen aus dem Herzblute gemacht, blieben steril. Aus Stückchen
von Leber und Niere wuchsen prachtvolle Rasen.
Herr Thierarzt Desmond von hier hat seit ca. 12 Monaten in
meinem Laboratorium Untersuchungen über eine Art Tuberculosp beim
Hornvieh angestellt. Alle Versuche , entweder K o c h ’s Bacillus
oder Actinomyces zu finden, blieben erfolglos. Vor einigen Tagen
506 R os s, Vorläufige Mittheiluug über einige Fälle vou Älycosis im Menschen.
sah ich eines seiner Präparate und äus6erte meine Verinuthung, es
möge auch eine Aspergillusmykose sein. Er machte daun auf
mein Anrathen Plattenkulturen und entdeckte Aspergillus unter
emei^-grossen Anzahl anderer Mikroorganismen. Die Krankheit ist
hier sehr verbreitet. In einer Ochsenniere fand ich eine Anzahl Ab~
scesse, die eine Gelatinesauce-ähuliche weisse Masse enthielten. Mikro-
skopisch fand ich Aspergillussporen.
Sollte der Prozess beim Menschen ein ähnlicher sein, so möchte
eine Operation das einzige Mittel zur Rettung in allen vorgeschrittenen
Fällen sein.
Sollten nicht auch in Europa einige Nephrotomieen, die, obschon
kein Stein gefunden wurde, in Genesung endeten, auf eine irrige
Diagnose hin unternommen worden sein, obschou ich durchaus nicht
abgeneigt bin, anzuuehmen, dass Australien das zweifelhafte Vergnügen
hat, Krankheiten eigener Art zu besitzen.
Wir haben hier soviel Eigentümliches in Fauna und Flora, dass
es nicht überraschen kann, wenn wir mit in Europa und auderswo
unbekannten Krankheitsprozessen beglückt sein sollten.
Ueber den Weg, die Ursprungsstätte des Aspergillus werde
ich mit Herrn Desmond uoch weitere Untersuchungen anstellen.
Pneumonomycosis oidica.
Im Dezember 1889 berichtete ich der Medic. Society of Victoria
(siehe Medical Journal. Melbourne. Dezember 1889) über einen Fall von
Pneumonomycosis, dem ich damals, auf mikroskopische Befunde
allein hin, für bedingt durch Saccharomyces albicans hielt.
Vor ca. 6 Monaten kam eine Patientin, Mrs. D., zu mir mit allen
physikalischen Symptomen einer K c h in oc o ccus- Krankheit, der
Konvexität der Leber. Ohne vorherige Probepunktion — da ich
den Sitz nicht genau bestimmen konnte, fürchtete ich die Lunge perforiren
zu müssen — machte ich die Resektion der 9. Rippe unterhalb des
Schulterblattes und drang nun durch dichtes Gewebe tiefer ein.
Probepunktionen mit Pravaz’scher Spritze, nach den verschiedensten
Richtungen hin unternommen, blieben erfolglos. Ich verniuthete da-
her eine Neubildung, doch zur Vorsicht liess ich die Wuude offen.
Nach einigen Tagen trat blutig gefärbtes Sputum auf, nach weiteren
2 oder 3 Tagen entleerte sich durch die Resektionswunde eine grosse
Masse dicker Flüssigkeit. Zur selben Zeit trat reichliche Expek-
toration mit Besserung des Allgemeinbefindens auf. Da die Patientin
weit von mir entfernt wohnte, liess ich mir Sputum senden und fand
nun Saccharomyces albicans.
Plattenkulturen lieferten bald Reinkulturen. In Gelatinestich-
kulturen zeigte er ganz schön die fadenförmigen Auswüchse.
Mikroskopisch untersucht, enthalten diese Auswüchse dieselben
hyphenartigen Gebilde, die ich im Sputum fand. Wenn Sauerstoff
freien Zutritt hat, entwickeln sich die Zeilen wie Hefezellen.
Die Kulturen sind sehr pathogen. Eine Aufschwemmung, in die
Vena cava injizirt, tödtet Kaninchen in weniger als 48 Stunden. Im
Gegensatz zum Aspergillus, erhielt ich zahlreiche Kolonieen aus
Atlas der Bakterienkande. 507
Strich präparaten vom Herzblute. Eine Unmenge findet sich in Leber
und Nieren.
Da die feineren histologischen Verhältnisse noch nicht näher be-
schrieben sind , werde ich dieses Gebiet weiter bearbeiten. Zugleich
werde ich meine Aufmerksamkeit den Krankheitserscheinungen und
der pathologisch anatomischen Erforschung der tuberkelähnlichen Ge-
bilde im Hornvieh zuwenden.
Dass durch den Genuss mit Aspergillus - Herden durchsetzten
Fleisches eine Myeosis im Menschen erzeugt werden kann, ist doch
wohl auzuuehmen. Jedoch bin ich eher zu der Annahme geneigt,
dass Mensch und Vieh, denselben Einflüsseu und Einwirkungen aus-
gesetzt, die Krankheit auf demselben Wege acquiriren.
Im September 1891 fiodet in Sydney, New-South-Wales, Australia,
ein interkolonialer medizinischer Kongress statt, und hoffe ich bis da-
hin die Angelegenheit zum Abschluss gebracht zu haben, wenigstens
so weit das histologische Detail in Betracht kommt.
Ende Januar 1891.
Referate.
Fracnkcl, C. und^Pfeiffcr, R., Mikrophotographischer Atlas
der Bakterienkunde. Lieferung 9 uud 10. TÖ. XLII — LI
mit Text. 8°. Berlin 1891.
Die uns vorliegende Lieferung ist dem Cholerabacillus gewidmet.
Wir sehen ihn in Fig. 84 uud 85 im Darminhalt des Menschen theils
verhältnissmässig spärlich, theils in dichten Schwärmen , und neben
den charakteristisch gebogenen zahlreiche gestreckte Elemente. Ein
Schnittpräparat vom Darm einer Choleraleiche zeigt ihn im Innern
der tubulösen Drüsen zufällig, nicht zwischen Epithel und Basal-
membran , wie man es sonst nach R. Koch häufiger sieht. Die
4 nächsten Abbildungen führen das Wachsthum des Vibrio auf der
Gelatineplatte nach 18, 24, 30 und 48 Stunden vor. Die unregel-
mässig rundlichen , krümelig-bröckeligen Kolouieen mit der Ver-
fiüssigungszone und den eigenartigen Lichtreflexen in ihrer Umgebung
sind in vorzüglicher Weise wiedergegeben. Auf Fig. 91—93 sehen
wir die Stichkultur in Nährgelatine nach 2, 3 und 6 Tagen in na-
türlicher Grösse. Das relativ langsame Wachsen der Kultur, die zu-
nehmende Verflüssigung und die Bildung der Gasblase im obersten
Theile des Verflüssigungstrichters treten anschaulich zu 7’age. Es
folgen Abbildungen von Ausstrichpräparaten der Bakterien in Rein-
kultur, auf Fig. 94 von Nährgelatine, auf Fig. 95 in Bouillon, dort
die Vibrionen meist einzeln oder zu zweien, vielfache Sporen bil-
dend, hier mehrfach zu langen Verbänden (Spirillen?) ausgewachsen.
Fig. 96 zeigt die Geissein, auf einem nach I.oeifler gefärbten Prä-
parat, und zwar meist nur eine an einem Ende des Vibrio. Fig. 97
führt, die Involutionsfonnen vor, wie wir sie in mehrere Wochen
alten Bouillonkulturen zu sehen bekommen Fig 98 endlich führt
508
Atlas der Bakterl&nkunde. — Tollwutli.
eine Reinkultur auf gestärkter Leinwand vor; wir sehen die Mikro-
organismen so dicht gedrängt, als hätten wir ein Klatschpräparat
von einer Kolonie von der Platte vor uns.
Fig. 99—101 führen den Finkler-Prior’schen Vibrio vor in
der Kolonie auf der Gelatineplatte, im Ausstrichpräparat in Rein-
kultur und in der Stichkultur. Die Bilder bringen die Unterschiede
zwischen diesem Stiefbruder des Choleravibrio und dem letzteren
selbst vorzüglich zur Anschauung.
Fig. 102—104 stellen den Vibrio Me tschnikoff dar, dessen
Aehnlichkeit mit dem Koch’schen Kommabacillns allerdings eine
viel grössere ist. Immerhin erscheinen die Formen kürzer, plumper
und stärker gekrümmt, namentlich im Darminhalt der Taube, während
die Reinkultur auf der Platte auch der geübteste Beobachter von
der des Choleravibrio nicht unterscheiden könnte. Das Wachsthura
in der Stichkultur ist dem des Choieravibrio gleichfalls wohi ähnlich,
nur geht es schneller von statten.
Das letzte Bild der Doppellieferung, Fig. 105, zeigt die Le wes -
sehen Zahnschleim-Kommabacillen, die bekanntlich auch als Gegner
der Kocb’schen Cholerabacillen ins Feld geführt worden sind, ein
Irrthum, der allein schon durch den Umstand hätte unmöglich ge-
macht werden sollen, dass die Lewes’schcn Vibrionen auf unseren
Nährböden nicht gedeihen. Eine Verwechselung hätte nur statt-
fiudeu können, wenn man hätte annehmen wollen, dass die Mund-
schleim-Vibrionen plötzlich toll geworden wären, um Cholera zu er-
zeugen und gleichzeitig mit der Virulenz die Fähigkeit bekommen
hätten, auf Bouillon, Gelatine, Agar-Agar, Kartoffeln etc. in üppiger
Weise zu gedeihen. — Der Vollständigkeit halber hätte vielleicht
noch eine Abbildung des Deneke’schen Bacillus gegeben werden
können.
Die Auswahl der Präparate zeigt das Charakteristische im mor-
phologischen und biologischen Verhalten des Choleravibrio und seiner
Konkurrenten in einer solchen Vollständigkeit und Schönheit, wie
wir es noch nirgends gesehen haben. Die Ausführung der Bilder
lässt an Schärfe und Klarheit nichts zu wünschen übrig. Der be-
gleitende Text hat die aus den früheren Lieferungen rühmlichst be-
kannte Klarheit im Ausdruck und iD der Darsteilung.
M. Kirchner (Hannover).
Bombicci, G., Sulla virulenza delle capsule surrenali
del conigiio, nelia rabbia. (La Riforma med. VI. 1890.
No. 79. p. 471.)
Verf. suchte die Frage, ob in den Nebennieren eine Lokalisation
des Wuthgiftes zu Stande komme, in definitiver Weise zu lösen. Die
Nebennieren wurden Kaninchen entnommen, bei welchen Impfwuth
durch subdurale Injektion von Virus fixe oder durch Impfuug mit
Strassenvirus in die vordere Augenkammer ausgelöst worden war.
Alle Kaninchen, die mit emer aus solchen Nebennieren bereiteten
Emulsion infizirt wurden, gingen unter den charakteristischen Er-
scheinungen der Wuth nach kürzerer oder längerer Zeit zu Grunde,
wobei die Diagnose durch erfolgreiche Weiterimpfung auf Kontroll-
TcUwTith. — Purpur* haemorrhagica. — Thierische Psrasitea.
509
thiere ihre Bestätigung fand. Im Allgemeinen war das durch die
Infektion mit Nebennieren wuthkranker Thiere hervorgebrachte Krank-
heitsbild ein milderes, verzögerteres, als es bei Verimpfung des Bulbus
erhalten zu werden pflegt. In einzelnen Fällen war die Inkubations-
zeit eine längere, als die gewöhnliche, dagegen die paralytischen Er-
scheinungen, welche dem Tode vorangehen, von sehr kurzer Dauer.
Ein wesentlicher Unterschied in den Symptomen der mit Nebennieren
erzeugten Wuth konnte nicht sichergestellt werden, ob nun die Neben-
nieren von getödteten oder spontan gestorbenen Thieren herstammten,
ob sie unmittelbar oder nach verschieden langer Zeit nach dem Tode
entnommen wurden.
Aus den Ergebnissen seiner Untersuchungen schliesat Ver?., dass
die Nebennieren bei Wuth virulent sind und dass diese Virulenz von
einer etwaigen post mortem eintretenden Diffusion des Wuthgiftes
unabhängig ist. Die Milde und der langsame Verlauf der mit Neben-
nieren erzeugten Krankheit lassen sich aus dem — gegenüber jenem
des centralen Nervensystems — geringeren Virusgehalt der Neben-
nieren erklären. Kr dl (Prag).
Hailöt, V, et Luzet, Ch., Note sur le purpura a strepto-
coques au cours de la mdningite c6r6bro-spi.nale
streptococcien ne. Transmission du purpura de la
in e r e au foetus. (Archives de mödecine experimentale et d’ana-
tomie pathologique. 1890. No. 6 )
Eine schwangere Frau erkrankte aus unbekannter Ursache an
einer eiterigen Meningitis cerebrospinalis , wurde septikämisch und
bekam während dieser Zeit eine Purpura haemorrhagica an
den unteren Extremitäten. Der intrauterin infizirte Fötus wurde
todt geboren. Die Mutter starb 4 Tage nach dem Auftreten der
KrankheitserscheinungeD.
Beim Fötus fanden sich die Ekchymosen nur in den serösen
Häuten und in der Thymusdrüse vor. Dieselben enthielten sämmt-
lieh Streptokokken. Letztere wurden auch in der Leber konstatirt.
Bei der Mutter wurden die Streptokokken im Meningealexsudate,
in der Leber, in der Milz und im Uterus naebgewiesen.
Um welche Art von Streptokokken es sich gehandelt hat, wurde
nicht ermittelt.
Ref. vermisst mit Rücksicht auf die Untersuchungen der letzten
Zeit hinsichtlich der Frage nach dem Uebergange von Infektions-
keimen von der Mutter auf den Fotos die Untersuchung der Pla-
centa, namentlich betreffs etwaiger Blutungsherde.
Dittrich (Prag).
Tan Beneden. P. J,, Un Nömatode nouveau d’un Galago
de la cote de Guinöe. (Bulletin de l’Acad6mie royale de
Belgique. S6r. III. T. XIX. 1890. p. 389—393. Mit 1 Taf.)
Verf. beschreibt einen neuen NematodeD, der im Darm von
Otolicnus peli Ternminck, einem Maki Guinea’», gefunden ist.
Des Verf.’s Ansicht, dass dies der erste helminthologische Fund in
ix. Bd. 33
510
Tbierische Parasiten.
Lemuriden sei, iluss Ref. dahin berichtigen, dass Fou r me n t *) eine
F i 1 a r i a aus L e p i 1 e m u r und P o i r i e r *) ein Distoraum aus
Nvcticebus beschrieben hat.
Der Wurm ist 15 mm lang und s/4 mm dick; nach der Abbil-
dung zu schliessen, bezieht sich diese Maassangabe aber nur auf das
Weibchen, das Männchen ist etwas kürzer und bedeutend dünner.
Die unbewaffnete Mundöffnung ist endständig und führt in einen
recht musculösen Oesophagus, der sich mit einer bulbösen Anschwel-
lung gegen den Darm absetzt. Letzterer durchzieht den Körper-
sclilauch in gerader Linie und mündet in nicht grosser Entfernung
von der Schwanzspitze nach aussen. Beim Männchen ist der After
noch rechts und linke von einem Hautsaurae begrenzt, auf dem fünf
Papillen (oder „Chitinrippen“ meint derVerf.) sichtbar sind, die aber
den Rand des Saumes nicht erreichen. Will man Schueider’s Art
der Charakterisirung beibehalten, so muss man, da nach ihm die
postanalen Papillen nicht konstant sind, die Zahl der präanalen an-
geben, die sich in unserem Falle auf drei beläuft. Mit dem After
vereinigt findet man beim Männchen auch die Genitalöffnung. Die
Begattungsstücke bestehen aus zwei sehr langen gleichen Spiculis
und einem bedeutend kleineren accessorischen Stücke. Die weibliche
Geschlechtsöffnung befindet sich ungefähr in der Mitte des Körpers,
vielleicht ein wenig mehr nach hinten zu. Aber auf jeden Fall
scheint sie mir nicht so weit nach hinten zu liegen, dass sie bei
einer fernrohrartigen Einstülpung des hinteren Schwanzendes, die
Verf. beim Weibchen mehrfach beobachtet hat, auf den Rand des
durch die Einstülpung entstandenen Trichters oder gar in denselben
hinein zu liegen käme, wie man das aus Analogie schliessen möchte,
da Schneider bei Formen, deren weibliches Schwanzende ein
gleiches Verhalten zeigte (Strongylus hypostomus und in-
vaginatus), die Vulva nicht weit vom After nachweisen konnte
und daher die Vermuthung aussprach, die Einstülpung möchte beim
Begattungsakte einen gewissen Vortheil bieten.
Die Stellung im System muss unserm Nematoden erst noch an-
gewiesen werden, denn zum Genus Strongylus, dem er von v. Be-
ne d e n als S t r. O t o 1 i e n i zugezählt wird, gehört er jedenfalls nicht.
Charakteristisch für die Strongyliden ist vor allem die männliche
Bursa, die geschlossen zu nennen ist und die Schwanzspitze ganz in
sich aufnimmt. Auch fehlen die typischen Rippen bei unserer Form
gänzlich; wenn auch die Papillen etwas verlängert sind, so halten
sie mit den Rippen der Strongylus-Bursa doch keinen Vergleich aus.
Ref. meint, wir haben es in unserer Form mit einem neuen Genus
zu thun. G. Brandes (Halle a. S.).
Sagarra, Y,, Un caso de distoma hepatico en el hombre.
(Revista de med. v cir. präet. 1890. No. 22.)
Verf. veröffentlicht eine brieflich au Ihn gerichtete Mittheilung
eines seiner vormaligen Schüler über die Krankheit eines 42jährigen
1) Fourment, Soc. de Bioiogie Pari* 1883.
; i j Poirier, Treauitodes nouv. (Bulletin soc. philomal. t. X. Paris 1886 —
1886. pag. 7—8. pl. II.)
L'ntersuchuDgsmethoden, Instrumente etc.
511
Bauern, die vier Monate lang allen Diagnoseversuchen getrotzt hatte,
da bei Anasarka, Durst, Appetitlosigkeit, Verstopfung (mit Durchfall
alle 5 — 6 Tage), keinerlei Organerkrankung zu entdecken war und
das leichte Kitzelgefühl in der Gallenblasengegend keiner Beachtung
werth schien. Da erfuhr der behandelnde Arzt zufällig, dass an dem
Orte viele Schafe an der Convalia zu Grunde gingen, die von
den Armen verzehrt wurden; er untersuchte nun mehrere gefallene
Schafe, und fand, dass die Krankheit von Distom a hepaticum
herrührte. Der Kranke erklärte auf Befragen, dass er öfters von
solchem Fleische gegessen hätte und erhielt nun während einer Ver-
stopfungsperiode Ricinusöl, worauf denn auch in dem reichlichen
galligen Stuhlgange vier deutlich ausgebildete Distoraen gefunden
wurden, von denen ein Exemplar an Verf. (Professor det Operations-
lehre) zur Untersuchung geschickt, als Distoma hepaticum er-
kannt und als mikroskopisches Präparat aufbewahrt wurde. Unge-
achtet der Kranke sich sowohl nach spontaner Diarrhöe, als nach
Abführmitteln erleichtert fühlte, nahmen allmählich doch das Ana-
sarka, die ikterische Färbung, die Stomatitis ulcerosa immer mehr
zu, bis schliesslich nach 18 Monaten, unter den Erscheinungen des
Lungenödems, der Tod eintrat. Dieser Fall scheint der erste in
Spanien beobachtete oder doch als solcher erkannte Fall von Leber-
egelinfektion beim Menschen zu sein. Sentiilon (Barcelona).
Soutliworth, E. H. , A new Hollyhock disease. (Journ. of
Mycology. Washington. Vol. VI. 1890. No. II. p. 45 — 50. PI. III.)
Eine neue Malvenkrankheit ist seit 5 — G Jahren in New-York,
New-Jersey, Washington beobachtet worden, welche alle Theile der
Gartenmalven befällt und diese gänzlich zu Grunde richtet. Die Ur-
sache der Krankheit ist ein Verwandter des Colletotrichum
Lindemuthianum (Sacc. et Magn.), .welcher die bekannte Flecken-
krankheit der Bohnen erzeugt. Verf. beschreibt ihn unter dem Namen
Colletotrichum Althaeae n. sp. Ludwig (Greiz).
Brefeld , 0., Recent in vestigations of smut fungi and
smut diseases (1. c. p. 59—71.)
Abdruck des hier schon besprochenen Aufsatzes aus den Nachr.
aus d. Klub d. Landwirthe zu Berlin No. 220 — 222. Forsetzung.
Ludwig (Greiz).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Holler, J., Der Harn als bakteriologischer Nährboden.
(Berl. klin. Wochenschr. 1890. No. 39.)
Gründe der Sparsamkeit und angebliche Mängel der Fleisch-
wasserpeptongelatine, vor allem die Langsamkeit der Präparation der
letzteren, welche aas Eindringen zahlreicher und schwer zu vernich-
tender Keime in die Gelatine gestattet, die Nothwcndigkcit und
33*
512 Schutzimpfung, küustl. Infektioosknmkbeiteu, Gntwickelungshemmung ete.
Schwierigkeit der Filtration, welche sehr zeitraubend ist, haben H.
veranlasst, statt des Fleiscbwa3sers den Harn zur Herstellung der
Nährgelatine zu verwenden, der billig und in seiner Zusammensetzung
derjenigen des Fleischwassers verwandt ist. Er ist in sterilisirten
Gefässen aufgefangen , als keimfrei zu betrachten , hat den grossen
Vorzug, eiweissfrei zu sein und ist leicht zu neutralisiren. Ausser»
dem ist er bekanntlich ein guter Nährboden für Bakterien. H. fängt
Harn in sterilisirten Gefässen auf, bringt sein spezif. Gewicht durch
Verdünnen mit Wasser auf 1010, macht ihn schwach alkalisch durch
Sodalösung und filtrirt; daun setzt er 1% Pepton, £% Kochsalz,
5— 10°/0 Gelatine oder 1 — 2 °/0 Agar-Agar, wenn erforderlich Gly-
zerin, Traubenzucker u. dgl. in. hinzu, kocht, filtrirt, füllt den Nähr-
boden in Gläschen und sterilisirt. Eine einmalige Sterilisation ge-
nügt. Will man ganz besonders gut entwickelte Kulturen erzielen,
so kann man dm ch Thierkohle einen Theil der Harnfarbstoffe ausfällen.
H. fand seinen Nährboden sehr haltbar und entschieden durchsich-
tiger und klarer, als die Fleischwasserpeptongelatine.
Verflüssigung und Farbstoffhildung in Harngelatinekulturen geht
ebenso vor sich, wie in der bisher üblichen Gelatine , ebenso ist die
äussere Form der Kolonieen und Kulturen die gleiche. H. züchtete
5 verschiedene Schimmelpilzarten , mehrere Hefen, 6 saprophytische
und 8 pathogene Bakterien auf seinem Nährboden, die alle vorzüglich
gediehen, die letzteren, wie H. besonders hervorhebt, ohne ihre Viru-
lenz einzubüssen. Weniger gut gediehen einige Bakterien insofern,
als z. B. der B. violaceus seinen Farbstoff, der B. fluorescens
seine Fluorescenz auf der Harngeiatine nicht in der bekannten üppigen
Weise zeigten. Tuberkelbacillen gediehen auf dem Harnnährboden
sehr kümmerlich, die Züchtung des Gonococcus misslang völlig.
H. empfiehlt mit Recht weitere Versuche mit seinem Nährboden und
schliesst seine Arbeit mit der gewiss allseitig gebilligten Mahnung:
„Ist der Harn ein guter Nährboden für fast alle Infektionsträger, so
ist sorgfältige Desinfektion des Harns bei allen Infektionskrankheiten
eine hygienische Forderung.“ M. Kirchner (Hannover).
Schulz, N. K., Die Bereitung der Nährmedien für Mikroben. (Wratsch. 1891. No. 1 — 3.
p. 3—4, 37—38, 63—66 ) [Russisch.]
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Lubarseh, G., Untersuchungen über die Ursachen der
angeborenen und erworbenen Immunität. (Sep.-Abdr.
aus der Zeischrift für klinische M ■ Hein. 163 S. Berlin 1891.).
Die umfangreiche Abhandlung bes.eht aus einer historischen Ein-
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungsheniroung etc. 513
leitung, einem allgemeinen kritisch-experimentellen und einem spe-
ziell-experimentellen Theil.
In dem historischen Theil gibt L. nach einigen Citaten aus
Alterthum und Mittelalter einen kurzen Ueberblick über die Hypo-
thesen, welche in neuerer Zeit über das Zustandekommen der ange-
borenen und der erworbenen Immunität aufgestellt worden sind. In
dem zweiten Theil unterzieht er die hauptsächlichsten dieser Hypo-
thesen — Verf. bezeichnet sie durchweg als Theorieen — einer noch-
maligen, ausführlicheren, kritischen Besprechung, wobei er auch eigene
diesbezügliche Experimente anführt, die sich indes grösstentheils auf
Wiederholung resp. Nachprüfung der Versuche anderer Autoren be-
schränken; die eigenen Versuche von L. beziehen sich übrigens aus-
schliesslich auf den Milzbrand.
Zunächst bespricht der Verf. die E r s c h ö p f u n g s t h e o r i e
(Pasteur, Klebs). Bereits vor einiger Zeit hat Bitter nach*
gewiesen, dass bei Milzbrand, Schweinerothlauf, Hühnercholera von
einer Erschöpfung des Nährbodens im infizirfcen Thierkörper nicht
die Rede sein kann. Die Versuche mit Milzbrand bat nun L. wieder-
holt, zum Theil an anderen Thierarten, und ist zu demselben Resultat
gekommen, wie Bitter. Auch im lebenden, mit Milzbrand infisirten
Thiere sah er Milzbrandsporen zu Bacillen auswachsen.
Im Anschluss an die Erschöpfungstheorie bespricht L. die neuer-
dings namentlich von Baumgarten und seinen Schülern (Pe-
truschky, Braem) vertretene „Assimilationstheorie'1.
Die Versuchsergebuisse Braem's, dass sporenhaltige Milzbrand-
bacillen in Wasser und 0,6% Kochsalzlösung verhältnissmässig
rasch (in etwa 12 Tagen) untergehen, konnte L. nicht bestätigen;
in seinen Versuchen waren selbst nach Verlauf von 2 ‘/9 Monaten
im Wasser noch ungefähr die Hälfte der eiugebrachten Sporen vor-
handen, in der Kochsalzlösung war überhaupt keine Abnahme zu
koustatiren. Verf. führt dann näher aus , dass sich die Milzbrand-
bacillen im lebenden Froschkörper durchaus anders verhalten, wie
in nahrungsarmen Medien u. ähnl. m., dass es jedoch auch beim
Milzbrand nach seinen Versuchen einen Fall gibt (Ascidien), für den
Baum gar ten’s Auffassung völlig zuzutreffen scheint.
Alsdann werden die „lo calistische“ Theorie (Büchner,
Wolffberg), die Leukocytentheorieen (Metschnikoff,
Ribbert), die Anpassungstheorie (Grawitz) und die
„cellular-chemischen“ Theorieen kurz besprochen. Zu den
letzteren rechnet Verf. merkwürdigerweise auch die Anschauung,
dass die bakterientödtendeu Eigenschaften des zellenfreien Blut-
serums für die Erklärung der Immunität in gewissen Fällen ver-
wendet werden könne. Die Anhänger dieser Anschauung nehmen
eine bakterientödtende Wirkung der Zellen gar nicht an, man
kann daher diese Theorie nicht zu den „cellular - chemischen“
zählen.
Verf. wendet sich weiter zu der Retentionstheorie (Chau-
veau, Wern ich); er schliesst sich hier der früher von Flügge
ausgesprochenen Ansicht an, dass in den Körpersäfteu lösliche Stoffe
514 Schutzimpfung, kiinstl. Infok tonskrankhciten, Entwickelungsheramung etc.
wohl nicht so lange im Körper zurückbelialten werden könnten, wie
dies zur Erklärung der langen Dauer des Impfschutzes nöthig wäre.
L. meint, dass durch diese Ueberlegung die Retentionshypothese
„unter allen Umständen ihren Todesstoss empfängt“ (S. 47). Indes
ist das nicht sein letztes Wort in dieser Angelegenheit. Denn in
einem Nachtrage zu der vorliegenden Arbeit, welcher sechs Monate
später datirt ist, als diese, bezeichnet er die neuen Entdeckungen
von Behring und Kitasato aut dem Gebiete der Immumtätslehre
als „eine fundamentale Thatsache, welche die Retentionshypolhese
zum entscheidenden Siege zu führen scheint“ (S. 152).
Unbefriedigt von den bisher aufgestellteri Hypothesen, wendet
sich L. nunmehr in dem dritten Theil seiner Arbeit dazu, den Milz-
brand — als eine der bestgekannten Infektionskrankheiten — bei
empfänlichen, sowie bei natürlich und künstlich immunen Thieren
näher zu untersuchen. Hierbei detinirt er als absolut immun den-
jenigen Organismus, „in welchem eine Vermehrung der eingedrungenen
Infektionserreger nicht stattfinden kann“1) (S. 50).
Diese Definition ist offenbar unzureichend. Denn der Begriff
der Immunität war nicht nur, wie L. anführt, ursprünglich ein
klinischer, sondern er ist es, dem allgemeinen Sprachgebrauche
zufolge, auch heute noch : nicht, ob die eingedrungenen Infektions-
erreger sich vermehren , sondern ob der Organismus in Folge des
Eindringens derselben erkrankt, ist das Wesentliche. Auffällender-
weise widerspricht aber L. selbst an einer späteren Stelle der vor-
liegenden Abhandlung jener eigens von ihm aufgestellten Definition
völlig; denn auf S. 119 stellt er vier Möglichkeiten für die Immu-
nität gegen Milzbrand auf, von denen nur die erste darin besteht,
dass sich die im Thierkörper eingedrungenen Bacillen nicht ver-
mehren.
Lu barsch bespricht dann zunächst einige Schutzvorrichtungen,
durch welche der thierische Organismus an den Invasionsstätten der
pathogenen Mikroorganismen das Eindringen derselben unter Um-
ständen zu verhindern vermag. Diese Vorrichtungen (Plattenepithel
der Mundhöhle, Säuregehalt des Magensaftes etc.) fasst er unter der
Bezeichnung „lokale Immunität“ zusammen. Ausführlicher beschäftigt
er sich mit der Infektion von der Lungenobet fläche und von der
Hornhaut aus. Auf welchen Gründen die thatsächlieh bestehende
Schwierigkeit, Thiere von den beiden letztgenannten Stellen aus mit
Milzbrand zu infiziren, beruht, vermag L. nicht mit Sicherheit zu
entscheiden. Im Anschluss hieran werden einige Versuche über den
Einfluss der Entzündung, Eiterung und Nekrose auf die Infektion mit
Milzbrand mitgetheilt.
Weiterhin folgt eine ausführliche Besprechung des Milzbrandes
bei den verschiedenen Thierklassen: bei Wirbellosen, Fischen, Am-
phibien, Vögeln, Ratten, Katzen, Hunden, beim Menschen und schliess-
lich bei den absolut empfänglichen Thieren (Meerschweinchen, weissen
1) Als relativ immun bezeichnet L denjenigen Organismus , in welchem ..zwar
lokal eine beschränkte Vermehrung der Infektionserreger statifinden kann, ohne dass es
jedoch zu einer Allgemeinerkranknng kommt“.
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc. 515
Mäusen, manchen Kaninchen). Eine ausführliche Inhaltsangabe dieses
Abschuitts würde die Ausdehnung dieses Referats zu sehr vergrössern ;
auch bringen die Versuche und Erörterungen des Vevf.’s nur wenig
Neues. Die im Laboratorium der zoologischen Station in Neapel an-
gestellten Versuche mit Ascidien, Torpedos und Haifischen hat Verf.
z. Th. bereits früher in diesem Centralblatt Bd. VI. (1889. S. 530 ff.)
publizirt. — Auch in diesem „speziell-experimentellen“ Theile finden
wir übrigens durchaus nicht nur Beobachtungen und Versuche, sondern
wiederum, wie in den früheren Abschnitten, längere kritisch-polemische
Auseinandersetzungen, die sich naturgemäss nicht in Kürze wieder-
geben lassen.
Nach einigen Betrachtungen über die „Theorie der Milzbrand-
kraukheit'1 folgt dann ein nochmaliger längerer Exkurs über die
Phagocytose. L. kommt schliesslich zu der Ansicht, dass in der-
selben eine wesentliche Ursache der Immunität nicht zu sehen
sei, doch könnte die Phagocytose „hie und da von Bedeutung für
die Vernichtung der Bakterien sein , wenn dieselben bereits ausser-
halb der Zellen durch die Zellen in einen Zustand versetzt sind, in
dem sie ausser Stande sind , die Zellen zu schädigen , und wenn
auch innerhalb der Zellen die Stoffwechselvorzüge derselben eine
Weiterentwickelung der Bakterien Verbindern“.
Weiterhin bespricht L. die — bisher nicht mit Sicherheit fest-
gestellte — Bedeutung der Milz für die Immunität und wendet sich
schliesslich zu den bakterientödtenden Eigenschaften des Blutserums.
Flügge hat bekanntlich nachgewiesen, dass das Blut eines mit Milz-
brand infizirten Kaninchens bereits zu einer Zeit seine bakterten-
tödtende Eigenschaft verliert, zu welcher in den grossen Gelassen
Bacillen noch nicht nachweisbar sind. L. hat diesen Versuch mehr-
mals und stets mit dem gleichen Resultat wiederholt. Er ging dann
weiter daran, das Verhalten der bakterientödtenden Wirkung des
Blutserums bei immunisirten Thieren zu untersuchen. L. experi-
mentirte an einigen Kaninchen und zwei Hammeln, hatte jedoch Öfters
Misserfolge; so starben manche Kaninchen bereits nach der Impfung
mit Vaccin II, der eine Hammel sogar schon nach der Impfung mit
Vaccin I (wahrscheinlich in Folge starken Blutverlustes bei der Blut-
entnahme). Aber auch in den übrigen mitgetheilten Versuchen wurde
eine dauernde Immunität fast nie erzielt; sie sind ausserdem an
Zahl so gering, dass aus ihnen, wie auch Verf. selbst zugibt, sichere
Schlüsse nicht gezogen werden können; doch ergibt sich in den meisten
Versuchen eine mehr oder minder starke Vermehrung der bak-
terientödtenden Kraft des Blutes nach der Impfung mit den Vaccins
und besonders, nachdem die mit den Vaccins behandelten Thiere
schliesslich mit virulentem Milzbrand geimpft wurden. In den Ver-
suchen mit Hammelblut zeigte sich nach der Impfung mit Vaccin II
gleichzeitig rnit der Zunahme der bakterientödtenden Wirkung des
Blutserums auch eine erhebliche Vermehrung der Alkalescenz des-
selben.
Auffällig sind die sich völlig widersprechenden Ansichten,
welche L. über die Bedeutung der bakterientödtenden Eigenschaft des
Blutes äussert. Bereits in seiner oben citirten, in diesem Centralblatt er~
516 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickeiungshemmung etc.
schienenen Arbeit hat er einige Versuche mitgetheilt, wonach die Menge
Milzbrandbaciilen , welche genügt, um Kaninchen und Katzen bei
mtravenöser Injektion zu tödteu, erheblich kleiner sein kann, als die-
jenige, welche das extravascuiäre Blut derselben Thiere zu vernichten
im Stande ist. L. schliesst hieraus (1. c. S. 491), dass, wenn das
circulirende Blut dieser Thiere überhaupt bakterientödteude Eigen-
schaft besitze, was er nach keiner Richtung hin bestreiten wolle,
diese Eigenschaft weit geringer sein müsse, als beim extravasculären
Blute. lief, hat bereits an anderer Stelle (Zeitschrift f. klin. Med.
Bd. XVIII. S. 66 Anmerk.) gezeigt, dass aus den Versuchen von L. jener
Schluss durchaus nicht mit Nothwendigkeit gezogen werdeu muss.
In dem Nachtrag zu der vorliegenden Arbeit erklärt nun L. gegen-
über den vom Ref. erhobenen Eiuwänden : „Diese bakterieutödtende
Eigenschaft des circuli renden , nun gar zellfreien Blutes ist bis
jetzt durch nichts bewiesen“ (S. 150). Ebenso äussert er sich in
einer kurz vorher iu den „Fortschritten der Medizin“ erschienenen
Publikation (cf. das Referat in diesem Centralbiatt. Bd. IX. No. 1).
Dagegen lesen wir noch auf S. 59 der vorliegenden Arbeit: „Ich
bäte ja speziell für Kaninchen und Katzen nachgewiesen, dass vom
lebenden Blute selbst 2—3000 Bacillen vernichtet werden können.“ —
Der Verf. glaubt das Gesammtergebrriss seiner Arbeit in folgende
Sätze zusammerifassen zu können:
„1. Die angeborene absolute Immunität kann auf dem Mangel
an assimilirbarem Nährmaterial beruhen (Ascidien).
2. Sie kann aber auch bewirkt sein durch eine Reaktion seitens
der Körperzellen, welche durch den Reiz der eindringendeu Orga-
nismen ihre antiparasitären Eigenschaften in verstärktem Maasse ent-
falten (Frösche, graue Ratten, Hunde u. s. w.)
3. Bei der relativen, natürlichen Immunität wird die Verstärkung
der antiparasitären Zelleigenschaften erst durch eine ausgedehnte
lokale Vermehrung der eingedrungenen Bakterien erreicht. Zwischen
dieser Immunität und der absoluten Empfänglichkeit bestehen allerlei
Uebergänge.
4. Die erworbene Immunität wird durch die chemischen Stoff-
wechseiprodukte der Bakterien in Gemeinschaft mit Zellprodukten
erzeugt.
5. Durch die Bildung dieser Stoffe wird eine totale Umwandlung
des Stoffwechsels der Zellenterritorien erreicht, welche jedesmal ihren
Höhepunkt zu erreichen scheint, wenn die virulenten Bakterien der
gleichen Art von Neuem eindringen.“ R. Stern (Breslau).
Straus, Cliambon et Menard, Reche rches experimentales
sur la vaccine chez le veau. (La Semainc m£d. 1890. No. 57.)
Die Verff. stellten seit zwei Jahren Untersuchungen über die
Impfpocken beim Kalbe an, bei denen sie zu einigen bemerkens-
werthen Ergebnissen gelangten.
1. Impfung der Vaccine in die Hornhaut. Sie impften mit
einer mit Lymphe beschickten Lanzette in die Mitte der Hornhaut
eines Kalbes, nachdem das Auge unmittelbar vorher cocai'nisirt worden
war. Der Stich drang nur ins Epithel und die dicht darunter liegen-
Schutzimpfung, kflnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 517
den Hornhautschichten ein. Nach 6 — 7 Tagen wurde das Hornb&ut-
centrum trübe, in den nächsten Tagen breitete der Fleck sich aus,
gleichzeitig entstand eine lebhafte Conjunctivalreizung , Lichtscheu
und Unruhe. Dieselbe Operation mit derselben Lymphe verlief bei
einem Kalbe, das schon früher durch Hautimpfung immun geworden
war, ohne jede Reaktion. 3 Kälber wurden in der beschriebenen
Weise in die Hornhaut geimpft, alle mit nachfolgender Hornhaut-
entzündung. Hierauf wurden sie nochmals in die Haut des Bauches
geimpft, und zwar das eine nach 28, das zweite nach 25, das dritte
nach 12 Tagen. Nur bei dem dritten war die zweite Impfung von
Erfolg. Die Hornhautimpfung ist also im Stande, die Thiere immun
zu machen, allerdings langsamer, als die Impfung von der Haut aus.
Die Impfung in die vordere Augenkammer, welche eine lebhafte
Regenbogen- und Hornhautentzündung erzeugt, wirkt ebenso sicher
und fast ebenso schnell, wie die subkutane Impfung.
2. Intravenöse Injektion der Kuhpockenlymphe. Chauveau
hat bekanntlich gefunden, dass die intravenöse Einspritzung der Kuh-
pockenlymphe beim Pferde ebenso sicher immun macht, wie die Haut-
impfung, nicht aber beim Rind. Die Verff. dagegen wiederholten den
Versuch bei 4 Rindern mit positivem Ergebniss. Sie wendeten von
2 — 3 ccm bis zu einem Bruchtheil eines Tropfens an und vermieden
jede Berührung des Zellgewebes in der Umgebung des Gefässes. Die
nach 10, 15 bezw. 20 Tagen nach dieser Operation vorgenommene
Impfung von der Haut aus war bei allen 4 Rindern erfolglos.
3. Transfusion von Kälberblut auf der Höhe der Kuhpockeu.
Hierüber liegen schon frühere Untersuchungen vor, jedoch mit
widersprechenden Ergebnissen. Chauvean nahm von 2 Pferden,
welche eine sehr schöne Pocken er uption zeigten, 1000 bezw. 500 g
Blut und spritzte es 2 jungen und gesunden Pferden in die Adern.
Die Ergebnisse wareu negativ, und die später vorgenommene Haut-
impfung war bei beiden Pferden von Erfolg. M. Raynaud entnahm
einer Ziege auf der Höhe der Eruption am 6. Tage 250 g Blut und
brachte es einem Kalbe in die Drosselader. 14 Tage später impfte
er das Kalb zur Probe, doch ohne Erfolg. Später muss Raynaud
entgegengesetzte Erfahrungen gemacht haben, denn er schrieb : „Die
Transfusion von Impfblut in selbst massigen Mengen hat in der Mehr-
zahl der Fälle keine Impfwirkung; nach wie vor der Transfusion
bleibt das Thier empfänglich für die Impfung.“
Die Verff. verfuhren folgen d er maassen: Sie banden die beiden
Kälber auf dem Impftische fest und führten ein Glasrohr in die
Carotis des einen und ein zweites in die Jugularis des gesunden
Kalbes. Beide Röhren wurden durch ein Kautschukrohr von 1 m Länge
und etwa 1 cm Durchmesser mit einander verbunden. Die Kanülen
und das Rohr wurden unmittelbar vorher sterilisirt, und die Operation
wurde so antiseptisch wie möglich ausgeführt. Um die Menge des
transfundirten Blutes zu bestimmen, wurde das erste Kalb vor und
nach der Transfusion gewogen. Beim ersten Versuch wurden von
einem Kalbe, das sich am 7. Tage der Impferuption befand, 350
— 400 g Blut auf ein gesundes Kalb übertragen. Dieses wurde
518 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshcmmung etc.
14 Tage später in der gewöhnlichen Weise geimpft und bekam eine
regelrechte Pockeneruption.
Bei 3 anderen Versuchen wurde die Transfusion mit viel an-
sehnlicheren Mengen Blut gemacht (4 kg, 4—5 kg, bezw. beinahe 6 kg).
Die Kälber ertrugen den Eingriff gut, und die nach 2—3 Wochen
gemachte Hautimpfung blieb ohne Resultat. Wenn also die Trans-
fusion von Erfolg sein soll, so muss sie mit sehr ansehnlichen Blut-
mengen gemacht werden.
4. Transfusion von Blut von einem nach Impfung immunen
Kalbe auf ein anderes. Von einem Kalbe, das am 2. IV. 1890 mit
Erfolg geimpft worden war, wurden am 16. V. 1890 5 kg Blut
einem gesunden Kalbe, dem kurz vorher ein Aderlass von etwa 3 kg
Blut gemacht wrar, in die Ader gespritzt. Es übersiand den Ein-
griff. Am 13. VI. wurde es in die Haut geimpft, und zwar mit Er-
folg. Also selbst eine so kolossale Transfusion von immunem Blut
vermag die Immunität nicht mit zu übertragen.
5. Hautimpfuug mit filtrirter Kuhpockenlymphe. Verfl. ver-
mischten 5 ccm frisch gesammelter Kälberlymphe mit ebensoviel
steriler Bouillon und filtrirtea dies Gemisch mit Hülfe der Luftpumpe
durch ein Gypsfilter. Sie injizirten dann 4 ccm des Filtrats einem
Kalbe ins ünterhautzellgewebe; es erfolgte keine lokale Reaktion und
die 11 Tage später gemachte Hautimpfung war erfolgreich. Ob der
Schluss, dass die subkutane Injektion keinen Impfschutz verleiht, den
die Verff. aus diesem Versuche ziehen, richtig ist, und ob nicht an-
zunehmen ist, dass dieser Impfschutz doch eingetreten wäre, wenn sie
länger gewartet hätten, erscheint dem Ref. doch der Erwägung werth.
[Soc. de Biol. 20. XII. 1890.] M. Kirchner (Hannover).
Eternod, Ä. et Hacciers, Ch., Note sur des recherches con-
cernant la variolo-vaccine. (La Sem. m6d. X. 1890. No. 58.)
Bei den Versuchen, welche die Verff. mit Ueberimpfung von
Menschenpocken auf Kälber gemacht haben, sind sie, ebenso wie
Fischer in Carlsruhe, zu der Ueberzeugung gelangt, da3S die Men-
schen- und Kuhpocken durch dasselbe Virus erzeugt werden. Sie
schabten die Haut an der Baucbfläcbe in der Ausdehnung von meh-
reren □ cm ab, wuschen die Stelle gehörig und ritzten die entblösste
Oberfläche vermittelst eines mit dem Virus beschickten Spatels, ganz
so, wie es Fischer zu thun pflegt. Das Pockengift, welches sie
anwaudten , war von verschiedener Abstammung. Ein Impfstamm
rührte von schwarzen Pocken her, ein anderer von konfluirender Va-
riola, auch einfache Pocken benutzten sie zur Abimpfung.
Das erste Mal erhielten sie jedesmal nur wenige Pusteln an Ort
und Stelle von wenig typischem Aussehen. Wurde von diesen weiter
geimpft, so ergab schon die zweite und noch mehr die dritte Gene*
ration mehr und mehr typisch werdende Pusteln. Schon von der
dritten Generation ab würde nach Ansicht der Verff. auch ein ge-
wiegter Spezialist diese Pusteln von echten Kuhpocken nicht haben
unterscheiden können. Die mit Menschenpocken geimpften Thiere
wurden zur Kontrolle mit Kuhpocken naebgeimpft, sämmtlich ohne
Erfolg. Die Verff. stellen folgende Sätze auf:
Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelnngshemmung etc. 519
1. „Die Variola kann mit Sicherheit auf Rinder überimpft werden,
wenn ein gutes Impfverfahren angewendet und das Virus zu einer
geeigneten Zeit gesammelt wird.“
2. „Die Impfung der Variola auf das Kalb stellt eine werthvolle
Quelle von neuen Stämmen für die thierische Lymphe dar. Dies
kann eine grosse praktische Bedeutung haben, nicht nur für die
Impfanstalten Europas, sondern auch für die heissen Länder, wo
die Pocken leicht endemisch werden und wo die Generationen der
Vaccine die Neigung haben, schnell zu verderben.“
3. „Auf das Kalb überimpft, verwandelt sich die Variola in die
Vaccine im Verlauf einiger Generationen dadurch, dass sie den Körper
des Thieres passirt. Es gibt keine Dualität.“
4. „Unsere praktischen Schlussfolgerungen würden die Ansichten
bestätigen, welche Depaul 1853 der Pariser Acadömie de Mödecine
vorgelegt hat.“ M. Kirchner (Hannover).
De Blasi, L., e Rasso Travali, GL* Risultati statistici delle
vaccinazioni antirabiche nell’ Istituto di Palermo.
(La Riforma med. VI. 1890. No. 115. p. 686.)
Verff. bringen eine wohlgeordnete Statistik der während des
dritten Institutsjahres präventiv behandelten Lyssafälle, weich’ letztere
trotz der namhaften Erequenzsteigerung ausnahmslos mit gutem Er-
folge verliefen. Erwähneuswerth ist ein Fall yon nicht experimen-
teller Wuth bei zwei jungen Kaninchen, die sie wahrscheinlich durch
Rattenbiss acquirirt hatten. Kral (Prag).
Bruschettml , Alexander, Sur la maniere dont se com-
porte le virus de la rage dans le vide et dans plu-
sieurs gaz. (Annales de Micrographie. T. III. No .1. Octobre 1890 )
Es war bisher unbekannt, in welcher Weise sich das Virus der
Tollwuth im luftleeren Raum und in einigen Gasen verhält , was so-
wohl dafür von Wichtigkeit ist, dass neue Eigenschaften von ihm ent-
deckt werden, als auch dafür, dass man daraus sein Wesen abzu-
leiten im Stande ist. Denn der Verfasser, welcher eine andere Mög-
lichkeit, als die, dass dem Virus ein Mikrobion zu Gruude liegt, gar
nicht erwähnt, erwartet auf diese Weise die Frage zu lösen, ob er-
sieh um einen aeroben oder anaeroben Mikroorganismus handelt, und
in welcher Weise sich die Abschv/ächung nach der Paste u r’ sehen
Methode vollzieht.
Die einzige über diesen Gegenstand handelnde Arbeit von D e B 1 a s i
und Russo Travali hat zum Ergebniss, dass die Abschv/ächung des
Giftes der Tollwuth allein durch die Temperatur zu Stande kommt,
doch vermisst der Verf. an der Methode die erforderliche wissenschaft-
liche Schärfe und weist nach, dass De Blasi und Russo Travali von
der falschen Voraussetzung ausgingen, dass die Einwirkung des Queck-
silbers (zur Absperrung der Luft) bei gewöhnlicher Temperatur und bei
55° die gleiche sei. Der Verf. wählte zu seinen Versuchen Emulsionen
von Rückenmark an Tollwuth verendeter Kaninchen in gleichen Theilen
Glycerin und Fieischpeptonbouillon , von denen eine Partie der
Röhrchen zur Kontrolle einfach mit Watte verschlossen wurde, wäh-
520
Neue Liäcratur.
rend eiae andere, mit doppelter Oeffnung zum Studium der ver-
schiedenen Gase benutzt wurde. Um die Luft vollständig aus der
Emulsion zu vertreiben, wurden die Gase eine halbe Stunde lang
hindurch brodeln gelassen und dann beide Oeffnungen zugeschmolzen.
Die verwendeten Gase waren Wasserstoff, Stickstoff, Kohlensäure,
welche auf gewöhnliche Weise, die noch näher beschrieben wird, dar-
gestellt wurden. Zu dem Versuch in luftleerem Raum wurde die
Luft aus dem entsprechend hergestellten Gefäss soweit mittelst einer
Quecksilberluftpumpe ausgepumpt, dass die Flüssigkeit schon durch
die Wärme der Hand kochte. Mit den auf diese Weise behandelten
Stoffen, sowie mit den zur Kontrolle aufbewahrten Emulsionen wurden
dann Impfungen an Kaninchen gemacht, ebenso auch mit in dieser
Weise behandelten, aber im Brutofen bei verschiedener Temperatur
gehaltenen Emulsionen. Aus den Resultaten derselben zieht der Verf.
folgende Schlüsse:
I. In Wasserstoff, Stickstoff und im luftleeren Raum bewahrt das
Gift der Tollwuth seinen pathogenen Charakter während einer ver-
hältnissmässig langen Zeit.
II. In Kohlensäure ist das Gift vollständig nach 13 Tagen zerstört.
III. Das Verschwinden der pathogenen Eigenschaft unter dem
Einfluss der Kohlensäure ist nicht durch Abschwächung bedingt,
sondern durch eine Zerstörung des Virus.
IV. In Wasserstoff bewahrt das Gift der Tollwuth seine Virulenz
selbst bei einer Temperatur von 35° während 5 Tagen.
V. Im Allgemeinen ist die Temperatur die Hauptursache der Ab-
schwächung des Virus der Tollwuth. Migula (Karlsruhe).
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Inhalt.
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türlichen Immunität gegen den Milzbrand.
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Heller, J , Der Harn als bakteriologischer
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Schutzimpfung , künstliche Infektions-
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und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
i Braschettini, Alexander, Sur la manifere
dont se comporte le virus de la rage
dans le vide et daus plusieurs gaz,
p 519.
Be BIssi, L., e Russo Travali, G., Räsul-
.ati statistici delie vacciuazioni antira-
’biche nell’ Xatituto di Palermo, p. 519.
Eternod, A., et Hacciers, Ch., Note sur
des recherohes concernant la variolo-vac-
cine, p. 5 IS.
Lub&rsch, 0., Untersuchungen über die Ur-
sachen der angeborenen und erworbenen
Immunität, p. 512.
Straus, Chambos et Menard , Recherches
experimentales sur la vacciue chez le
veau, p. 516.
Neue Litteratur, p. 520.
Fi ymmannsche Buclidruckorei (Hermann Pohle) in Jena.
$pMLBl4?7,
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
M, Hafr. Prof. Dr. Lenciart «m Professor Dr. LooJler
ln Leipzig In Greifswild
herausgegeben von
Dr. O. TThlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX» Baild. -o- Jena, den 23. April 1891. -o- No. 16.
Freie für den Fand (26 Nammera) 24 Hark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— »* Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. %t—
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um L/ieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu -wollen oder
direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original - Mittheilungen.
Die Bestimmung von Maltose, |Dextrose und Dextrin
in Bierwürze und Bier mittelst Reinkulturen von
Gährungs-Organismen.
Von
Dr. H. Eiion
in
Rotterdam.
In dieser Zeitschrift (Bd. IX. S. 99, 100) erschien ein Referat
über eine Arbeit von Bau: „Ueber die scheinbare Zunahme des
Dextringehaltes in Bierwürzen während der Gährung, sowie über die
Bestimmung der Dextrose und des Dextrins in ihnen“, welches mich
zu einigen Bemerkungen veranlasst.
IX. Bd.
34
526
E 1 i o n ,
Bekanntlich wurde die Maltose-Bestimmung in Bierwürze und
Bier bis vor kurzer Zeit so ausgeführt, dass das Reduktionsvermögen
mittelst Feh 1 ing ’ scher Lösung bestimmt und kurzweg in Maltose
umgerechnet wurde. Die auf diese Weise erhaltenen Zahlen weichen
aber, wie ich uacbgewiesen habe r), so bedeutend vou der wirklich
vorhandenen Maltose ab, dass die Bestimmung mit Fehling’scher
Lösung als völlig unbrauchbar betrachtet werden muss. Würze z. B.,
die 61% wirklicher Maltose im Extrakt enthielt, ergab mit Feh-
ling’scher Lösung 70%, Bier mit 9% wirklicher Maltose im Extrakt
ergab mit Fehling ’scher Lösung nicht weniger als 27 %.
Bei der von mir angegebenen Methode wird die Maltose durch
Gährproben mit Reinkulturen von Saccharomyces cerevisiae
bestimmt, von welchen eine Spur in ein bestimmtes Gewicht Würze
oder Bier ausgesäet wird. Selbstverständlich wird so gearbeitet, dass
sich keine anderen Organismen entwickeln können.
In der betreffenden Abhandlung habe ich nachgewiesen,
1. dass die Maltose vollständig vergährt;
2. der vergohrene Zucker fast ausschliesslich aus Maltose besteht.
Der letztere Satz fordert einige Aufklärung. Bekanntlich sind
von mehreren Forschern andere Zuckerarten, wie Rohrzucker u. s. w.,
im Malz nachgewiesen, diese müssen also entweder unverändert oder
invertirt auch in der Würze Vorkommen. Hauptsächlich um den
Einfluss dieser Zuckerarten zu bestimmen, habe ich nicht nur die
durch Gährung verursachte Verminderung des Extraktes, sondern zu
gleicher Zeit auch das Reduktionsvermögen und die mit Salzsäure
gebildete Dextrose vor und nach der Gährung bestimmt. Dabei
stellte es sich heraus, dass das Reduktionsvermögen und die mit
Salzsäure gebildete Dextrose des durch Gährung verschwundenen
Zuckers fast der Maltose entsprach und demzufolge, bei den vou mir
untersuchten Würzen, der durch Gährung verschwundene Stoff fast
ausschliesslich aus Maltose bestehen musste. Hätten sich in der
Würze neben der Maltose bedeutende Mengen anderer Zuckerarten,
z. B. Dextrose oder Invertzucker, vorgefunden, so würden sich diese
nicht allein sofort verrathen haben, durch meine Methode wäre jedoch
auch zu gleicher Zeit das Mittel angegeben, diesen Zucker annähernd
zu bestimmen.
Bei den von mir untersuchten Würzen war dies keineswegs der
Fall, es könnten deshalb andere Zuckerarten, obgleich ihre Anwesenheit
in kleiner Menge nicht als ausgeschlossen betrachtet wurde, unbe-
rücksichtigt bleiben und die durch Gährung verursachte Vermin-
derung des Extraktes als Maass für die Maltose angenommen werden.
Dass hiermit nicht absolut reine Maltose gemeint wurde, ist selbst-
verständlich, es können sich dabei, wie bemerkt, auch kleine Mengen
anderer Zuckerarten befinden. Genau genommen, wird auf diese
Weise nur das Gewicht des gährungsfähigen Zuckers bestimmt, die
Kenntniss dieses Werthes hat aber gerade für die Praxis die höchste
Bedeutung, indem die Frage, ob der Zucker ausschliesslich Maltose
1) Zeitschrift für angewandte Chemie. 1890. S. 291 u. 321.
Die Bestimmung von Maltose, Dextrose und Dextrin in Bierwürze etc. 527
ist oder für einen verhältnissmässig kleinen Theil auch andere Zucker-
arten dabei Vorkommen, erst in zweiter Linie Beachtung verdient.
Nachdem der Zucker aus der Lösung durch Gährung entfernt
ist, können selbstverständlich auch die nicht gährungsfähigeu Dextrine
bestimmt werden. Diese Aufgabe war daher mit der von mir ange-
gebenen Maltose-Bestimmung gleichzeitig als gelöst zu betrachten,
früher dagegen war die Dextrin-Bestimmung, welche von der Maltose-
Bestimmung abhing, in hohem Grade fehlerhaft Auch habe ich
darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Gährung in vielen Fällen,
wenn auch nicht immer, die Dextrinmenge scheinbar etwas zunimmt.
Da die Differenzen nur klein waren und sehr wohl durch die Ver-
suchsfehler erklärt werden können, habe ich dieselben vorläufig un-
berücksichtigt gelassen.
Bau hat nun diese Dextrinzunahme zum Gegenstand einer Un-
tersuchung gemacht, und er sucht dieselbe durch die neben der
Maltose vorkommende Dextrose, Lävulose etc. zu erklären. In der
Arbeit, von welcher im Referat die Rede ist, hat Bau meine Gähr-
versuche mit der Abänderung ausgeführt, dass er statt Saccha-
romyces cerevisiae eine Reinkultur eines der von Hansen
vorgeschlagenen Mikroorganismen, nämlich Sacch. apiculatus
benutzt, um auf diese Weise die Gesammtmenge der Dextrose, Lävulose
etc. zu bestimmen. Hansen theilt nämlich mit *), dass verschiedene
Organismen, wie Sacch. apiculatus, Sacch. exiguus,
To r ul a etc. in gehopfter Bierwürze (14 — 15 Balling), 1—1,3 vol. %
Alkohol entwickeln und Maltose nicht vergähren. Der aus der
Würze vergohrene Zucker kann daher nicht, wie Hansen glaubt,
Maltose sein. Da Sacch. cerevisiae in dieser Würze 4 — 6 vol. %
Alkohol lieferte, würde darin, nach Hansen, eine sehr beträchtliche
Menge anderer Zuckerarten neben Maltose Vorkommen müssen.
In den von mir untersuchten Würzen, die aus normalem Malz
hergestellt waren, war das Verhältniss, wie schon bemerkt, ein ganz
anderes. Auch spätere Untersuchungen haben dieses Resultat be-
stätigt. Ob nun Würze mit so grosser Menge Dextrose etc. Vor-
kommen kann, sei vorläufig dahingestellt, jetzt wünsche ich nur die
Frage zu behandeln, ob durch die Versuche von Hansen genügend
festgesetzt ist, dass Maltose auch in Bierwürze durch die genannten
Organismen nicht vergährbar ist, und ob diese letzteren für derartige
Gährproben geeignet erscheinen.
Hansen theilt über seine Versuche , durch welche er beweisen
wollte, dass Maltose nicht vergährt, nur wenig mit. Seiner Angabe
nach (1. c. S. 144), dass eine Lösung von Zucker in Wasser be-
nutzt wurde, wenn nicht anders angegeben, scheint es, dass Hansen
die Versuche mit einer Lösung von Maltose in Wasser anstellte.
Wie vorsichtig man aber mit Schlussfolgerungen in Bezug auf Gäh-
rungsfähigkeit sein muss, zeigen u. a. die Versuche von Hansen
selbst mit Mon i lia candida, welche Maltose in Wasser nicht
vergährte, wohl aber Maltose in Hefewasser. Auch sei daran er-
innert, wie sehr z. B. über die Gährungsfähigkeit von Galaktose die
1) Meddelelser fra Carlsberg Laboratories (Rdsumd fran^ais.) Bd. II. S. 143 — 167.
$4*
528
S aw Uüheuko,
Meinungen getheiJt sind. Die Versuche von Stone und Tolle ns1 2)
mit diesem Zucker haben bewiesen, dass auch hierbei die Nähr-
lösung eine Rolle spielt. Es dürfte daher gewagt erscheinen, auf
Grund von Versuchen, die bei sehr bestimmten Verhältnissen ein
negatives Resultat lieferten, auch die Gährungsunfähigkeit in sehr
davon abweichenden Verhältnissen als bewiesen anzunehraen.
Dazu kommt noch, dass bei den Hansen’schen Versuchen
sämmtliche hier besprochenen Organismen nicht nur eine schwache,
sondern auch eine sehr unregelmässige Gährung zeigten. Sacch.
e x i g u u s z. B. gab in Lösungen von 10 und 15 % Dextrose in Hefe-
wasser, nach 14 Tagen, 6,4 resp. 8 vol. °/o Alkohol. Nach einem
Monat war die Menge Alkohol in beiden Fällen noch dieselbe.
Sacch. apiculatus gab in zwei Proben mit 10 und 15 °/0
Dextrose in Hefewasser nach 15 Tagen bei 25 0 C 2,6 resp. 2,8
vol. °/0 Alkohol, nach 1 ,/2 Monat etwas mehr als 3%, nach drei
Monaten hatte die Alkoholmenge nicht mehr zugenommen, trotzdem
noch Zucker vorhanden war. Eine andere Probe dagegen mit eben-
falls 10 */o Dextrose in Hetewasser gab bei derselben Temperatur nach
15 Tagen 3,7, nach 25 Tagen sogar 4,3 vol. °ln Alkohol.
Wenn nun in scheinbar völlig gleichen Proben mit Sacch.
apiculatus einmal im Maximum 3 °/0, das andere Mal 4,3 °/0,
also eine 40*/« grössere Menge entsteht, sind die Versuche von
Hansen wenig geeignet, die Gährprobe mit Sacch. apiculatus
für quantitative Zuckerbestimmungen als zuverlässig erscheinen zu
lassen. Auch diese Versuche beweisen, dass bei Hansen unter
noch nicht bekannten Bedingungen, sogar mit unzweifelhaft gährungs-
fähigem Zucker und mit Benutzung einer Nährlösung die Gährung
mit Sacch. apiculatus gehemmt werden konnte, und dass jeden-
falls ein eingehendes Studium wird vorangehen müssen, bevor der-
artige Organismen für die Analyse in Betracht kommen können.
Rotterdam, im März 1891.
Zur Frage über die Innnunität gegen Müsbrand.
[Aus Prof. W. W. Podwyssozki’s Institut für allgemeine Pa-
thologie an der Universität Kiew.]
Von
Dr. J. Sawtschenko,
Assistenten an Institute
(Schluss.)
Ratten.
Die Versuche an weissen Ratten wurden ebenso angestellt, wie es
Lev in*) gethan hatte. Es erwies sich, dass die Ratten thatsäch-
1) Annalen der Chemie. Bd. CCIL. S. 857.
2) Unter die Haut des Bauches der Batte wurde mit der P r « v a z ’ scheu
Sprits« die Kultur der auf dem Agar-Agar ausgewachsenen Milzbrandbakterien injizirt
Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand.
529
lieh immun gegen Milzbrandkulturen aus Agar-Agar seien, obgleich
dieselben Kulturen ein Meerschweinchen mit Leichtigkeit nach zwei
Tagen tödteten.
Bei den Ratten kam, wie auch in Levin’s Versuchen, bloss ein
starkes lokales Oedem zur Beobachtung. Es haben sich aber die
Resultate der mikroskopischen Untersuchung diametral entgegengesetzt
jenen ergeben, wie sie L e v i n in Bauragarten’s Laboratorium er-
halten hatte.
Es ist an topographischen Schnitten aus der Impfstelle und dem
sie umgebenden Gewebe zu sehen, dass sich die Milzbrandbacillen
nicht weit von der Impfstelle verbreiten. Anhäufungen von Milzbrand-
bacillen sind stets mehr oder weniger streng lokalisirt, um sie herum
ist aber eine Gewebsinfiltration mit Leukocyten zu beobachten. Je
weiter von der Impfstelle, um so weniger Leukocyten, Bacillen fehlen
aber gänzlich, obgleich das Gewebe im höchsten Grade ödematös
erscheint. Es zeigte sich auch hier, ebenso wie bei den nach C z a p-
1 e w s k i mit einer für sie nicht virulenten Kultur geimpften Tauben,
eine nur unbedeutende Vermehrung der Bakterien. Dennoch war
aber bereits nach 24 Stunden, wenn auch selten, Phagocytose zu
sehen, und je später nach der Impfung eine Ratte getödtet wurde,
um so stärker war die entzündliche Gewebsinfiltration mit Leuko-
cyten ausgeprägt, und um so häufiger fanden sich Milz-
brand b a cillen im Innern von Zellen.
In einem der Fälle ist es sogar bereits am 4. Tage schwierig
gewesen, freiliegende Bacillen zu finden ; die ungeheuere Mehrzahl der-
selben war in Mikrophagen und auch in Makrophagen eingeschlossen,
wobei sie in letzteren in ganzen Häufchen lagen. In beiderlei Zellen
liessen sich die Bacillen zum Theil noch gut färben, theils boten sie
verschiedene Zerfallsstadien dar. Nie sind mir beweisendere Präpa-
rate zu Gesichte gekommen, in denen die Abhängigkeit der Genesung
von der Phagocytose so auffällig hervortraten und keinerlei Kom-
mentars bedurften.
Warum hat denn Verf. keine Milzbrandbacillen im Innern von
Zellen gesehen?
Das Einzige, wodurch dieses Missverständniss zu erklären wäre,
ist, dass Verf., wie aus seiner Arbeit ersichtlich, indem er sich das
Studium der Genese des Entzündungsprozesses zur Aufgabe gestellt
hatte, sich bei seiner Untersuchung vorzugsweise der Härtung in
Flem ming’scher Flüssigkeit und der Färbung mit Safranin bediente.
In der That (wie man sich leicht überzeugen kann) lassen sich
bei solcher Behandlungsmethode innerhalb der Leukocyten gelegene
Bacillen schwer färben, und haben sie sich auch zum Theil ge-
färbt, so sind sie schwer von Chromatinsubstanztrümmern zu unter-
scheiden, und nur wenn man sicher weiss, dass es im betreffenden
Präparate Bacillen innerhalb der Leukocyten giebt, sind ein-
zelne der gefärbten Gebilde als Milzbrandbacillen zu erkennen.
Zu solchen Resultaten gelangt man wenigstens, wenn man Präparate
Diese Bakterien wurden in einer physiologischen Kochsalzlösung suspendirt, wobei nicht
über 0,05 der Flüssigkeit iojizirt wurde.
530
S & wtsc h e n k o ,
unter einander vergleicht, die demselben Thiere entnommen, aber
nach verschiedenen Methoden behandelt werden, einerseits Flem-
ming’sche Flüssigkeit, Safranin, andererseits Alkohol (oder
Müller ’sche Flüssigkeit), Karmin, Gram ’sche Methode.
Nebst den Versuchen an weissen Ratten, die bloss zur Kontrolle
der von Levin erhaltenen Resultate unternommen wurden, sind
auch Versuche an zufälligem, doeh interessantem Materiale, grauen
wilden Ratten, angestellt worden, welche Thiere, wenn nicht für ab-
solut, so doch für hochgradig immun gegen Milzbrand gelten x).
Da die vorhergegangenen Versuche an Tauben erwiesen hatten,
dass man durch allmähliche Gewöhnung eines Virus, im Körper eines
dagegen immunen Thieres zu leben, dieses Virus verstärken und ein
solches erhalten kann, welches das betreffende Thier mit Leichtig-
keit zu tödten vermag, so war es natürlich, die gleichen Resultate
auch bei grauen Ratten zu erwarten.
Und in der That , die Einimpfung von einem mit Sporen von
äusserster Virulenz für Meerschweinchen und Kaninchen (welche
Thiere nach 26 — 48 Stunden zu Grunde gingen) infizirten Seiden-
faden gab bei der grauen Ratte ein negatives Resultat. Bei einer
jungen und erschöpften Ratte ist es aber doch gelungen, durch
Impfung mit dem Blute eines an Milzbrand zu Grunde gegangenen
Meerschweinchens eine Infektion zu erzielen. Das Thier ist nach
3 mal 24 Stunden zu Grunde gegangen. Blut und ein Stückchen
Lunge der gestorbenen Ratte wurden einer anderen Ratte unter die
Haut eingeimpft. Letztere ist ebenfalls nach 3 mal 24 Stunden um-
gekommen. Eine dritte kam unter denselben Bedingungen nach zwei
Tagen, am dritten, um. Nach ungefähr derselben Zeit sind auch noch
zwei weitere zu Grunde gegangen. Von der fünften Ratte nach der
Reihe wurden, aus einer Kultur auf Agar-Agar, Sporen erhalten.
Solches verstärkte Virus, unter die Haut einer neuen grauen Ratte
gebracht, hat sie nach 4 Tagen, am fünften getödtet, es wurde also
auf dem Wege konsekutiver Durchleitung durch den Rattenorganismus
ein Virus erhalten, welches im Stande ist, die graue Ratte zu tödten,
obgleich langsamer, als das einem Thiere der gleichen Spezies un-
mittelbar entnommene.
Bei der Untersuchung der gestorbenen Thiere ergab sich bei
sämmtlichen folgendes :
Das Oedem an der Impfstelle ist nicht gross, manchmal auch
ganz unbedeutend. In der Bauchhöhle zuweilen eine unbedeutende
Menge serösen Transsudates, manchmal fehlt dasselbe aber auch
gänzlich. Milz und Leber sind nicht vergrössert1 2). Die Pleura-
höhlen der Brusthöhle waren stets mit serösem Transsudate ausge-
1) Bei Hess (Virchow’s Areh. Bd. CIX) gingen grane Ratten an Milzbrand zu
Grunde, und er hält sie für relativ immun; bei Lu bar sch (Centralblatt für Bakte-
riologie, 1889. S. 540) dagegen haben in vier Fällen selbst Ratten eingeimpfte Milz-
brandsporen nicht gekeimt.
2) Hess (loco cit.) weist auch darauf hin, dass die Milz bei einer an Milzbrand zu
Grunde gegangenen wilden, grauen Ratte nicht vergrössert gewesen ist.
Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand.
531
füllt; die Lungen komprimirt, kompakt, anämisch, durch und durch
mit Flüssigkeit getränkt und beinahe luftleer. Im Herzblute ist die
Baeillenzabl sehr gering: im Blute einiger der Ratten waren auf
einem ganzen Deckgläscheu nur 2—3 Bacillen zu finden. Eine grössere
Menge Bacillen findet sich in der Oedemflüssigkeit, aus der Impf-
stelle, und zwar einige davon im Innern von Leukocyten. In der
Milz kommen die Bacillen bald in Häufchen, bald vereinzelt vor;
viele davon im Innern von Milzpulpazellen. In den Blutgefässen
der Leber treten die Bacillen meistens als vereinzelte Exemplare auf,
manchmal im Innern von Leukocyten ; oft sind auch Stäbchen inner-
halb der Sternzellen zu sehen.
Im Allgemeinen sind aber sowohl im Blute, als auch in den
oben erwähnten inneren Organen die Bacillen so spärlich vertreten,
die Phagocytose dagegen so scharf ausgeprägt, dass man sich wun-
dert, warum das Thier zu Grunde gegangen ist.
Das Räthsel erklärt sich bei der Untersuchung der Lunge. Be-
reits in einem auf einem Deckgläscheu hergestellten Strichpräparate
ist eine grosse Menge Bacillen zu sehen. Bei der Untersuchung von
Schnitten stellt es sich heraus, dass die Lungenkapillaren an vielen
Stellen durch Milzbrandbakterien verstopft sind, die hier in Gestalt
langer Fäden oder einzelner Bacillen gelagert sind. Innerhalb der
Bronchial- und Alveolarlumina sind keine Bakterien vorhanden 1).
Es stellt offenbar das Lungengewebe bei der Ratte, um einen
alten Terminus zu gebrauchen, jenen locus minoris resistentiae gegen
den Milzbrand dar, wo die Milzbrandbakterien entweder gar keinem
oder bloss einem sehr schwachen Widerstande für ihre Entwickelung
begegnen. In die Lunge gelaugt und sich hier ziemlich rasch ver-
mehrend, verstopfen sie die Lungenkapillaren und führen, indem sie
Lungenödem hervorrufen, den Tod des Thieres herbei.
Es fragt sich nun, wodurch diese Erscheinung zu erklären sei?
Warum bieten die sonst für Milzbrand so wenig empfänglichen, Ratten
eine so grosse Empfänglichkeit in bloss einem ihrer Organe* der
Lunge, dar? Wenn der die Bakterien tödtende Stoff im Blute cir-
kulirt, weshalb fehlt er denn in den Lungen? Von diesem Stand-
punkte aus lässt sich das sonderbare Faktum am allerwenigsten er-
klären. Eine Deutung dieser Thatsache werde ich mir nachher* nach
Beendigung der Versuche, zu geben erlauben.
Es wird durch die oben angeführten Fakta von neuem bestätigt :
1) Dass es völlige Immunität gegen Milzbrand kaum gibt; durch
allmähliche Gewöhnung der Bakterien, sich in einem für sie neuen
Medium zu entwickeln, lässt sich ein Virus erhalten, das ein sonst
gegen Milzbrand immunes Thier tödtet.
1) Es waren bei der am 5. Tage nach der Impfung mit Sporen zu Grunde ge-
gangenen Katte an der Impfstelle, auf dem Wege der mikroskopischen Untersuchung,
keine Milzbraudbacilleii nachzuweiseu. Der lokale Prozess war beinahe abgelaufen, und
es war dort bloss eine beträchtliche Entwickelung junger Bindogewebszellen zu
beobachten. Bakterien waren im Blute und in den inneren Organen spärlich vertreten,
in der Lunge dagegeu die oben geschilderten Veränderungen zu sehen.
532
S a n H r e 1 1 i ,
2) Obgleich bei einigen Thiereu (Taube, Ratte) viele von den
ausserhalb des Organismus gezüchteten Milzbrandbakterien auch un-
abhängig von der. Phagocyten zu Grunde gehen, so ist doch der
entscheidende Faktor in der Genesung des Thieres die Phagacytose.
3) Bei der Impfung eines gegen gewöhnliches Virus immunen
Thieres mit verstärktem Virus hat sich letzteres so rasch entwickelt,
dass es zu keiner lokalen Reaktion kommt, und obgleich sich die
Phagocyten des Thieres auch als fähig erweisen, die dafür virulenten
Bakterien zu verschlingen und der Organismus gegen die Infektion
kämpft (Phagocytose in Milz, Leber, Knochenmark), das Thier zu-
letzt dennoch der Allgemeimnfektion unterliegt.
4) Es ist, von den Erscheinungen der „Chemotaxis“ ausgehend
(Pfeffer, Gab ri ts che w sky u. A.), anzunehmen, dass, damit die
Phagocytose deutlich in Erscheinung trete, und das Thier, Dank der-
selben Genese, die Bakterien eine genügende Menge der die Phago-
cyten chemotaktisch-positiv beeinflussenden Substanz produziren und
sich zugleich nicht dermaassen rasch entwickeln müssen, dass die
Phagocyten nicht die Zeit haben, sie zu bekämpfen.
Kiew, im Februar 1891.
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den
Milzbrand.
(Laboratorium für allgemeine Pathologie der königl. Universität Siena*
Direktor Prof. C. Sanquirico.)
Von
Dr. Giuseppe Sanarelii,
Assistenten.
(Schluss.)
Uebrigens leiden, wie ich schon im Anfang gesagt habe, diese
Thatsachen uud noch andere mehr, bei denen ich mich der Kürze
wegen nicht aufhalten will, zu sehr unter der Unvollkommenheit
der Methoden, mit denen sie angestellt wurden, um jeden Zweifel
über ihren absoluten Werth ausschliessen zu können. Zugleich habe
ich mich durch vielfache Beobachtungen überzeugt, dass die normale
Froschlymphe weder bei 27° C, noch bei geringerer Temperatur
irgend eine Entwickelung der Milzbrandkeime zulässt. Das wird
auch dadurch bewiesen, dass die Frösche selbst, wenn sie in der
Brütmaschine konstant bei eben dieser Temperatur gehalten werden,
ohne Schwierigkeit die kräftigsten und wiederholten Milzbrand-
injektionen vertragen. Ich habe weiter oben gesagt, dass die mit Milzbrand
inokulirten Frösche, wenn sie in hoher Temperatur gehalten werden
(gewöhnlich bei 27° C), schnell sterben und im Blut und den Or-
ganen eine ausserordentliche Menge von Milzbrandbacillen aufweisen.
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand.
533
Dieser Umstand ist allen Beobachtern wohlbekannt, welche den
Grund der Immunität der Frösche gegen diese Infektion untersucht
haben, und man hat für ihn eine sehr klare Ursache gefunden, denn
man hat sich gesagt, dass die Frösche unter dem Einfluss hoher
Temperaturen ihren natürlichen Schutz verlieren, von welcher Art
dieser auch sei, und am Milzbrand sterben.
Aber einige auf meine Untersuchungen gestützte Betrachtungen
veranlassen mich, diese Annahme, dass bei 37 ö C gehaltene Frösche
wirklich am Milzbrand sterben, nicht ohne starken Vorbehalt anzu-
nehmen.
In der That habe ich beobachtet, dass bei dieser Temperatur
auch gesunde Frösche regelmässig und in derselben Zeit sterben, wie
die infizirten.
Ausserdem sagt Petruschky selbst1), dass die im Körper
erwärmter Frösche entwickelten Bacillen „eine etwas geringere Viru-
lenz“ besitzen, denn sie tödten Mäuse erst nach zwei Tagen und Ka-
ninchen nach vier Tagen. Ich meinerseits vermag noch hinzuzufügen,
dass Milzbrandbacillen, auch wenn sie sich in normaler Froschlymphe,
die im Brütofen bei 37° C gehalten wurde, entwickelt haben, ihre
Virulenz vollkommen verlieren.
Einige an Kaninchen mit Röhrchen von der Lymphe C, welche
bei Experiment 20 erwähnt werden, ausgeführte Inokulationen, worin
eine üppige Keimung der eingeführten Sporen erfolgt war, haben
mich schnell davon überzeugt.
Darin sehe ich übrigens keinen wesentlichen Unterschied zwischen
den Resultaten Petruschky’s und den meinigen. Petruschky
sagt uns nicht, wie lange nach dem Tode der milzbrandkranken
Frösche er mit ihrem Material die Mäuse und Kaninchen geimpft
hat, aber man kann fast mit Sicherheit annebmen, dass er diese
Inokulationen sogleich oder kurze Zeit nach dem Tode der Frösche
ausgeführt hat, also wenige Stunden nach ihrer Infektion. In diesem
Falle kann man sich nicht wundern, wenn nach so kurzem Aufent-
halt in dem Körper dieser seuchenfesten Thiere die Milzbrandbacillen
nur wenig von ihrer ursprünglichen Virulenz verloren haben, im
Gegentheil scheint mir die Thatsache selbst, dass man diesen in so
kurzer Zeit erfolgten Verlust abschätzen kann, nicht ohne ein ge-
wisses Interesse zu sein.
Dagegen habe ich die Inokulation von Kaninchen mit Milzbrand-
lyraphe ausgeführt, welche in der Wärmekammer bei 37° C mehrere
Tage lang geblieben war, also zu einer Zeit, in welcher, wie ich mich
vollkommen hatte überzeugen können, normale Froschlymphe, welche
bei dieser Temperatur gehalten worden ist, die Sporen nicht hindert,
üppig zu keimen ; man begreift also, dass die geringe Abschwächung,
welche Petruschky schon nach wenigen Stunden beobachtete,
nach so langer Zeit, wie in meinem Falle, vollständig werden konnte.
Ein anderer Umstand, welcher vielleicht auch Manchem nicht
entgangen sein wird, mir aber von Bedeutung zu sein scheint, ist
folgender:
l'j loco cit. p. 280.
534
Sanarelli,
Wenn man mit Milzbrand infizirte und in der Wärmekammer
bei 37 0 C gehaltene Frösche sogleich nach ihrem Tode untersucht,
so erstaunt man über die grosse Schlaffheit, welche ihre Gewebe
darbieten. Die Haut gibt dem geringsten Zuge nach , die Muskel-
massen sind teigig und haben ihr gewöhnliches Ansehen verloren.
Wenn man mit einer Zange diese Muskelmassen, sowie auch die Ein-
geweide und besonders das Herz anfasst , so gehen diese Gewebe
sdgleich dem Drucke nach, als wären sie vorgeschrittener Fäulniss
anheimgefallen. Alles dieses findet man nicht bei Fröschen, welche
bei gewöhnlicher Zimmertemperatur gestorben oder getödtet worden
sind, darum muss man wohl annehmen, dass die Wärme des Brüt-
ofens auf die Gewebe des Frosches eine starke und schnelle auf-
lösende Wirkung ausübt, und diese Thatsache könnte, eher als jede
andere, als die Todesursache des Thieres betrachtet werden.
Mussten wir in diesem Falle die Gegenwart der Milzbraudbacillen
im Blute und in den Eingeweiden als von einer wirklichen, echten
Entwickelung des Infektionsvorgangs herbeigeführt betrachten?
Die offenbare Abschwächung des Virus sowohl in der Lymphe,
als im Körper des auf 37 0 C gehaltenen Frosches würde diese Hy-
pothese wenig unterstützen, daher würde ich nicht anstehea, zu
glauben, dass die in einem erwärmten Frosche entwickelten Bacillen
nicht eine wirkliche Infektion darstellen, sondern ihre einfache Ver-
mehrung in einem Substrat, welches, obgleich noch mit seinen, in
Bezug auf den Milzbrand abgeschwächten Eigenschaften ausgestattet,
sich doch durch die Wirkung der Temperatur in einen guten Nähr-
boden für die Bakterien umgewandelt hat, wo diese letzteren sich
mehr als Saprophyten, wie als pathogene Mikrobien entwickelt
haben. Es würde also dies nicht eine einfache Modifikation des
bakterientödt.enden Zustandes sein , den die hohe Temperatur im
Organismus des Frosches hervorgebracht hätte, sondern eine wirk-
liche Veränderung aller Funktionen und Gewebe, weil auch unab-
hängig von der Vermehrung der Milzbrandbacillen das Leben dieser
Thiere in jedem Falle im höchsten Grade gefährdet sein würde.
V.
lieber die wahrscheinliche Natur der Substanz, welche
der Lymphe die bakterientödtende Eigenschaft
verleiht.
Nachdem in der Froschlymphe eine spezielle Eigenschaft fest-
gestellt worden ist, welche die Abschwächung der Milzbrandkeime
bedingt, so macht sich eine andere direkte Untersuchung noth wendig,
um die Ursachen dieser Eigenschaft zu erklären.
Von allen Autoren, welche sich mit Untersuchung der wahr-
scheinlichen Natur dieser Substanz beschäftigt haben, welche den
organischen Flüssigkeiten eine mikrobientödtende Eigenschaft ver-
leihen würde , haben nur N u 1 1 a 1 x) , Behring2), Verf. 5) ,
1) Loco cit.
2) Usber die Ursache der Immunität von Ratten gegen den Milzbrand. (Central-
blatt für kiin. Mcdiein. 1888. No. 28.)
3) Sulla infezione morvosa. (Att; deila &, Accademia di Fisioeritiei. Ser. IV. 1889.
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand.
535
Büchner und Orthenberger1) und kürzlich Fo d o r 3) Theorien,
durch Experimente gestützt, aufgestellt, welche die grösste Aufmerk-
samkeit verdienen.
Der Erste hat beobachtet, dass mit Milzbrandbacillen infizirtes
Kaninchenblut eine bakterientödtende Wirkung ausübt, welche ent-
weder nach kurzer Zeit von selbst oder nach einer Erwärmung auf
50 — 55° C verschwindet, und ist der Meinung, diese Eigenschaft
könne nur von einem sehr flüchtigen, unbeständigen Stoffe herrühren,
oder wahrscheinlicher von einer Diastasewirkung.
Behring9) geht von der Ueberzeugung aus, die Batten seien
gegen Milzbrand durchaus immun; er stellte Untersuchungen über
ihr Blutserum an, fand es zu stark alkalisch und darum zur Kultur
des Bacillus antbracis ganz ungeeignet. Die Schlüsse, zu denen
er durch diese Resultate geführt wurde, Hessen ihn im Rattenblute
eine noch unbekannte organische Basis annehmen, welche kräftige
antiseptische Eigenschaften besitzen soll.
Nachdem ich festgestellt habe, nicht nur, dass Thiere um so
immuner gegen Rotzinlektion sind, je sauerstoffreicher ihr Blut ist,
sondern auch, dass die so leicht abzuschwächenden Rotzbacillen ihre
Virulenz viel länger behalten, wenn sie vor der Berührung mit Sauer-
stoff geschützt sind, glaube ich auch in diesem Gas einen vielleicht
nicht unwichtigen Faktor des verwickelten Phänomens der Immunität
sehen zu müssen.
Büchner und Orthenberger, nachdem der Erstere zu-
sammen mit Voit die bakterientödtende Wirkung des Serums auf
verschiedene Mikroorganismen bewiesen hatte, haben weitere Unter-
suchungen angestellt, um zu bestimmen , welchem Bestandtheil des
Serums diese Eigenschaft zuzuschreiben sei; sie haben gefunden,
dass es die Eiweisssubstanzen in Verbindung mit einer gewissen
Menge von Salzen sind, welche so kräftig auf die Bakterien einwirken.
Die neuen Resultate Fodor’s nähern sich zum Theii den von
Behring erhaltenen, insofern sie bewiesen haben, dass besonders
das Chlornatrium die bakterientödtende Eigenschaft des Blutes der
Kaninchen bedingt, und dass man durch starke Dosen von Alkalien
(doppeltkohlensaures Natron) die Widerstandskraft der Kaninchen
gegen die Milzbrandinfektion verstärken kann.
Die verhältnissmässig geringe Menge von Lymphe, über die ich
Voi. I. 1889) und I fattori deila immnDitä fisiolcgica nella iefezione aiorvosa (La riforma
mediea. J.889* Giugno.)
1) loao cit.
2) Neue Untersuchungen über die hakteriantedtende Wirkung des Blutes und über
Iminunisation. (CentraibUtt für Bakteriologie und Parasitenkunde. Bd. VII. 1890. No. 24.)
3) Abgesehen von irgend einem Urt'uai! über die Resultate Behring’s möge
daran erinnert werden, dass zuerst L'oeffl9r (Mittheilungen des k. Gesundheitsamtes.
1882. p. 162), dann Strauss (Le ebarbor:. 1887. p. 163), Lubarseb (Cec-tralblatt
für Bakteriol. lind Parasitenk. Kd. VI. 1390. No. 18 — 19) und vor Kurzem Meiscboi-
koff (Aunales de i’lnstitnt Pasteur. April 1890) bewiesen babeu , dass weisse Ratten
eine relative Immunität gegen Milzbrand besitzen, obgleich viele von ihnen der In-
fektion unterliegen. Der Letztere (Lo charbon des rats blaocs. Troisieine memoire
des Etüde» sur l’iminucite etc.) glaubt bewiesen zu haben , dass euch in den Fällea
von Heilung die Phagocyten eine »ehr wichtige Rolle spielen, indem sie die lebendoa
Bftciilen zerstören.
636
San&relli,
zu meinen Versuchen verfügen konnte, haben mir nicht erlaubt, die
Untersuchungen zu unternehmen, welche die oben genannten Forscher
zu so wichtigen Folgerungen führten , aber da die von mir erhaltenen
Resultate, besonders beim Studium des Einflusses der Wärme auf
die bakterientödtende Eigenschaft der Lymphe, viel Analogie mit
dem Obigen darbieten, so stehe ich nicht an, ebenfalls die Substanz,
welche der Froschlymphe ihre bakterientödtende Kraft verleiht, mit
aller Wahrscheinlichkeit für eine organische Basis zu halten, unbe-
ständig und fähig, bei hoher Temperatur verändert und unwirksam
gemacht zu werden.
Die Widersprüche und die Dunkelheit, welche bis jetzt die Frage
nach der keimtödtenden Kraft der organischen Flüssigkeiten ver-
wirren, kann, wie ich glaube, vorläufig keine anderen Vermuthungen
erlauben, welche sich von einem Augenblick zum audern als un-
richtig und voreilig ausweisen könnten.
VI.
Biophagismus oder Nekrophagismus?
Den neuen starken Antrieb, welchen in neuerer Zeit die Unter-
suchungen über Seuchenfestigkeit erhalten haben, verdanken wir fast
ganz den klassischen Experimenten des russischen Gelehrten und
der Erklärung, die er über den Kampf um’s Leben zwischen den
Parasiten und den Zellen des Organismus gegeben hat.
Aber obgleich der Erfinder der Phagocytentheorie mehrere Male
wiederholt hat, „die Immunität gegen die infizirenden Agentien müsse
als ein zusammengesetztes Phänomen betrachtet werden , von phy-
sischen, chemischen und biologischen Ursachen abhängend, oder sei
in manchen Fällen das Produkt der Verbindung dieser verschiedenen
Faktoren“,1) so haben doch die Gegner seiner Lehre dieselbe fast
immer für absolut und einseitig erklärt. Die unzähligen Kritiken,
mit denen die heutige wissenschaftliche Litteratur erfüllt ist, haben
daher von der Me tschn ikoff ’schen ganz verschiedene Richtungen
verfolgt, ohne dass die Resultate derselben darum weniger absolut
und einseitig ausgefallen wären. Dem , was man für eine Zellen-
theorie erklärte, hat man eine chemische Theorie gegenübergestelit.
Selten hat man eine gemischte Theorie angenommen, d. h. eine
Verschmelzung der beiden wichtigen Faktoren der Immunität : Zellen-
energie und chemische Ungunst des Substrates ; aber auch in diesem
Falle nahm man den Phagocytismus in dem Sinne an, dass die Zellen
sich der schon abgestorbenen Parasiten bemächtigen, also recht eigent-
liche Gräber darsteilen. Mehr oder weniger ist dies die Ansicht,
weiche die Gegner der Phagocytentheorie uns von der Thätigkeit
der Zellen geben.
Meine Untersuchungen sind ohne jedes Vorurtheil für die eine,
oder die andere Ansicht begonnen und ausgeführt worden, aber da
ich sie nun zu Ende gebracht habe, halte ich es für zweckmässig,
1) Immunite des lapins contre le bacille du rouget des porcs. (Ann. de l'Iust.
Pasteur, 1889. p. 289.
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand.
537
den verhältnissmässigen Werth der beiden Theorieen über das Phä-
nomen der natürlichen Immunität zu bestimmen.
Ich will sogleich vorausschicken, dass ich in meinen Resultaten
die nöthigen Grundlagen gefunden habe, um die Verschmelzung beider
Theorieen anzunehmen und zu erklären.
Vor Allem steht die von mir bewiesene Wirkung der Frosch-
lymphe auf die Milzbrandbacillen fest, und diese Wirkung wird in
drei Stärkegraden ausgeübt. Der erste Grad beschränkt sich nur
darauf, das Sprossen und die Entwickelung der Keime aufzuhalten,
der zweite bewirkt die Abschwächung derselben und der höchste
nach und nach ihre vollständige Zerstörung.
Aber wenn wir einerseits in Betracht ziehen, dass die Ab-
schwächung der Sporen und Bacillen sich nicht, in weniger, als 3 — 4
Tagen vollzieht und dass ihre vollkommene Zerstörung erst nach viel
längerer Zeit eintritt, und dass andererseits nach Inokulation des
Milzbrandes in den Lymphsack oder in das Blut des Frosches sich
Bacillen in Menge in den Zellen schon nach drei Stunden1) vorfinden,
sind wir genöthigt, zuzugeben, dass nicht ansschliesslich der chemi-
schen Zusammensetzung des Substrats die Aufgabe zufällt, das Agens
der Infektion zu zerstören, sondern dass die beiden Kräfte, die
chemische und die der Zellen wenigstens neben einander auftreten.
Ganz ausgeschlossen ist der hindernde Einfluss der niedrigen
Temperatur des Froschkörpers, welche von Einigen geltend gemacht
wird, denn auch bei 18 — 20° C keimen die Milzbrandsporen gut ge-
nug auf den gewöhnlichen künstlichen Nährböden, während sie in
der Lymphe und dem Körper der Frösche, auch wenn sie beständig
bei 27° C erhalten werden, unthätig bleiben. Ausgeschlossen ist
auch die Armuth an Nahrungsstoff, die Andre anführen, denn die
auf 37° C erwärmte und dabei erhaltene Lymphe erlaubt nicht nur
eine üppige Entwickelung der Keime, sondern es ist auch sonst be-
kannt, dass das Wachsthum der Milzbrandbacillen auch in Sub-
straten von weniger, als mittelmässigem Nährwerth vor sich geht,
wie in Aufgüssen von Stroh, Heu und dergleichen.
Nach diesen Anführungen wird der Mechanismus der natür-
lichen Immunität unendlich vereinfacht und die respektive Wichtig-
keit der organischen Flüssigkeiten und der morphologischen Elemente
scharf festgestellt.
Wenn die Sporen und Bacillen des Milzbrandes mit der Lymphe
oder dem Blute seuchenfester Thiere in Berührung kommen, so befinden
sie sich sogleich unter dem Einfluss bestimmter Stoße, welche, wenn
sie auch nicht unmittelbar die Wirkung eines kräftigen Antisepti-
cums auf dieselben ausüben, doch hinreichen, um sogleich ihre wich-
tigsten Ernährungsvorgänge zu verändern, ihre weitere Entwickelung
zu verhindern und ihre Virulenz und dann auch ihr Leben zu zer-
stören.
Es ist leicht zu begreifen, dass die Milzbrandbacillen sich unter
diesen Verhältnissen, selbst unmittelbar nach ihrem Eindringen in
1) Hess, Untersuchungen zur Phagocytenlehre. (Virchovr’s Archiv. Bd. CIX.
1887.) und Weitere Untersuchungen aur Phagocytenlehro. (Ibid. Bd. CX. 1887.)
538
Sanarelli .
den Organismus seuchenfester Thiere , wenn also ihre Virulenz noch
ganz unverändert ist, gegen die Gewebe im Allgemeinen und gegen
die Leukocyten im besondern wie wirkungslose Elemente verhalten,
welche unfähig sind, sei es durch die Produkte ihres Stoffwechsels,
sei es auf irgend eine andere Weise gegen die phagocy tischen Eigen-
schaften der Zellen zu reagiren. Diese Eigenschaften würden in
diesem Falle nichts Spezifisches oder Aggressives haben, sondern sich
auf normale Weise selbst gegen virulente Bacillen ebenso verhalten, als
wenn es Karmin oder Kohlekörnchen wären. Mit andern Worten :
die Zerstörung der Parasiten in den seuchenfesten Organismen wird
kumulativ sowohl von den einen, als von den andern Faktoren be-
wirkt ; die Bakterien brauchen nicht todt zu sein, um von den Zellen
aufgenommen zu werden, sondern letztere können sich der ersteren
bemächtigten , wenn dieselben , obgleich noch virulent und lebens-
kräftig, unter gewissen Einflüssen in die Unmöglichkeit versetzt
worden sind, zu schaden oder zu reagiren.
Einige Beobachtungen von Golgi1) über das Blut der Malaria-
kranken scheint diese Hypothese besonders zu bestätigen. Er hat
nämlich beobachtet , dass während jedes Fieberanfalls , vielleicht in
Folge der Temperaturerhöhung, die weissen Blutkörperchen die Zer-
störung einer bedeutenden Zahl von Malaria-Parasiten besorgen, und
dass man ausserdem weisse Blutkörperchen finden kann, welche reife
Parasiten enthalten, und dass diese innerhalb des Protoplasmas des
Kügelchens selbst ihren Theilungsprozess durchführen.
Auf diese Weise wird jene Idee des Phagocytismus , welche
Bizzozero2) schon vor mehr als 20 Jahren in seinen Studien über
das Knochenmark und über die Endogenese des Eiters deutlich und
nachdrücklich entwickelt hatte, einfach erweitert.
Die von dem russischen Gelehrten jetzt klar bewiesene intercel-
luläre Verdauung der Mikroorganismen, aber ohne jene Idee von An-
griff und Kampf, welche sich in Wirklichkeit in dem wahren Geiste
der Cellularpathologie nicht findet, würde also nichts weiter sein,
als die moderne Erklärung eines Prozesses, durch welchen der
italienische Gelehrte schon vor vielen Jahren die intercelluläre Ver-
dauung der rothen Blutkörperchen und der Eiterzellen erklärte.
So und nicht anders scheint es mir, müssen die Resultate meiner
Untersuchungen betrachtet werden, diese lassen sich folgendermaassen
kurz zusammenfassen:
1) Die keim- und leukocytenfreie Froschlymphe
schwächt das Milzbrandvirus ab. Diese Abschwächung
zeigt sich schon nach drei bis vier Tagen an Sporen und sporifizirten
Bacillen, viel schneller an sporenfreien Bacillen.
2) Der Verlust der Virulenz ist nicht gleichbe-
deutend mit dem Tode der Sporen und Bacillen,
welche mit der Lymphe inBerührung gekommen sind,
denn ihre einfache Uebertragung auf künstliche Nährböden bedingt
die Entwickelung neuer, virulenter Milzbrandbacillen.
1) 11 fagocitismo uell' iofezione malariea. (La Riforma medica. M&ggio 1888.)
2) Sul midollo delle ossa. (Gazzetta medica Lombard. 1868) und Salla cosi detta
endogenei del pns. (Gazz. medica italiana. 1872.)
Die Ursachen der natürlichen Immunität gegen den Milzbrand.
539
3) Das durch Froschlymphe abgeschwächte Milz-
brandvirus erwirbt die Eigenschaften der Vaccine
nicht, denn die Inokulation reichlicher Mengen von abgeschwächter
Milzbrandlymphe auf Kaninchen und Meerschweinchen verleiht diesen
keine Immunität gegen spätere, virulente Inokulationen.
4) Die Milzbrandsporen keimen in der normalen Lymphe nicht
bei Zimmertemperatur (18 — 20° C), noch auch bei 27° C. Dagegen
keimen sie ziemlich gut bei 37° C.
5) Die Erwärmung auf hohe Temperatur entzieht
der Lymphe die Eigenschaft, die Keimung der Milz-
brandsporen zu verhindern. In diesem Falle können diese
letzteren schon bei Zimmertemperatur keimen und schon bei 27° C
fängt die Keimung an, reichlich zu werden.
6) Starke Erkältung übt durchaus keinen Einfluss
auf die bakterientödtende Eigenschaft der Frosch-
lymphe aus.
7) Die in erwärmter Lymphe (37° C) entwickelten Milzbrand-
bacillen haben ihre Virulenz ganz eingebüsst, aber ihre Uebertragung
auf künstliche Nährböden bringt neue, virulente Milzbrandkolonieen
hervor.
8) Frösche, welche bei 37° C gehalten werden, mögen sie geimpft
sein oder nicht , sterben nach wenigen Stunden , bleiben aber bei
27 °C am Leben.
9) Die Froschlymphe übt auf Milzbrandbacillen eine deutliche,
degenerative Wirkung aus, unabhängig von jedem Einfluss von Leu-
kocyten.
10) Die Zellen seuchenfester Organismen können sich der Para-
siten bemächtigen und sie zerstören, auch wenn diese ihre Viru-
lenz und Lebenskraft behalten.
Die gegenwärtige Arbeit wurde im Laboratorium des Prof. Golgi
in Pavia begonnen und in dem des Prof. Sanquirico in Siena
fortgesetzt und beendigt. Ich fühle mich verpflichtet, diesen meinen
theuern und verehrten Lehrern meinen lebhaften, aufrichtigen Dank
für ihre Rathschläge und für das wissenschaftliche Material auszu-
sprechen, welches sie immer so reichlich zu meiner Verfügung ge-
stellt haben.
Siena, 25. Juli 1890.
Referate.
ttlunti, M., Ueber die Wirkung des Lichts auf die Essig-
gährung. (Le Stazioni Speriment. Agrar. Ital. XVIII. S. 171.)
Tolomci, G., Einwirkung von Elektrizität auf dieEssig-
gährung. (L’ Orosi. XIII. S. 401 — 409.)
Ad. 1. Direktes Sonnenlicht hindert die Entwickelung von Myco-
derma aceti und damit die Essiggährung. Schon zerstreutes Tageslicht
wirkt hemmend, wcdh die Oberfläche der Flüssigkeit nicht beschattet
540
G&hrong. — Bakterien in Moskeln-
ist. Jedoch genügt ein langes Bescheinen durch die Sonne nicht, um
die Flüssigkeit zu sterilisiren.
Ad. 2. Wenn elektrische Funken aus einem Rum kor ff’ sehen
Apparat nahe der Oberfläche der gährenden Flüssigkeit überspringen,
so wird ein Stillstand in der My coder m a -Entwickelung nur bei
ziemlich starken Entladungen beobachtet, die Flüssigkeit dabei jedoch
nicht sterilisirt; denn nach Auf hören der elektrischen Entladung wird
wieder die Gährthätigkeit, wenn auch in schwächerem Grade, be-
obachtet. Loew (München).
Sostegni und Saimino, Ueber die Entstehung von Schwefel-
wasserstoff bei der Alkoholgährung. (Le Stazioni Speri-
ment. Agrar. Ital. XVIII. S. 437.)
Wird sterilisirter Traubenmost mit fein verriebenem und ge-
waschenem Schwefel und Weinhefe versetzt, so lassen sich bei der
Gährung geringe Mengen Schwefelwasserstofl beobachten J).
Loew (München).
Tria, Giacomo, Sul modo di comportarsi del tessuto
muscoiare in alcune infezioni. Contributo allo Stu-
dio delle influenze battericide esistenti nell’ orga-
nismo sano. (Rend. della R. Accademia delle scienze fisiche e
raatem&tiche. 1890. Sett., Ott. e Nov.)
Verf., der unter Leitung von Manfredi im physiologischen
Institut zu Neapel arbeitete, berichtet zunächst über vergleichende
Zahlenbestimmungen der, bei verschiedenen experimentellen Infektions-
prozessen im Muskel gewebe enthaltenen Bakterien gegenüber jenen
aus anderen Organen; in weiteren Versuchen wurde dann der bak-
terienfeindliche Einfluss des aseptisch gewonnenen M uskel-
saftes geprüft. In der ersten Versuchsreihe wurde bei Meer-
schweinchen und Kaninchen der betreffende Infektionserreger (Milz-
brand, Staph y lococcus aureus, M. tetragenus) in die
Jugülaris injizirt, entweder der Tod des Thieres abgewartet oder
letzteres durch Chloroform getödtet, und nun unter aseptischen
Kautelen kleine Muskelstüekchen aus dem Glutaeus und kleine Milz-,
Leber- und Nierenstückchen entnommen. Diese Organstückchen
kamen in starkwandige Proberöhren mit 5 ccm sterilen Wassers und
etwas Glaspulper, wurden hier mit einem Glasstab in feinste Partikelchen
zerrieben und zu Plattenkulturen verwendet. In 11 Einzelversuchen
ergab sich, dass stets die Keimzahl in den Muskeln viel geringer
war als in den anderen Organen, manchmal fanden sich die Muskeln
(Miizbrand und Staphylococcus aureus) ganz bakterienfrei.
Es wurde auch beobachtet, dass anfangs, 1 Stunde nach der Injektion
in den Kreislauf die Bakterienzahl im Muskel beträchtlich war, während
später, nach 8 Stunden bei einem analog behandelten Thier die
1} Es wäre jedenfalls interessant. genau festzustelleu, wie diese Sch wefelwasserstoff-
entwiakalang zu Stande kommt, da nascirender Wasserstoff bei der Weingäbrung nicht
entsteht und der Schwefel wegen seiner absoluten Unlöslichkeit in Wasser auch nicht
in des Protoplasma der Befezelien gelangen kann, somit der direkten Zellenthätigkeit
entrückt ist. D. Ref.
Bakterien in Muskeln. — Bac. pyocyaneus.
541
Muskeln keine lebenden Keime mehr enthielten. Diese bakterien-
tödtende Wirkung des Muskelgewebes konnte auch bei nicht-pathogenen
Bakterien nachgewiesen werden.
Zu den weiteren Versuchen diente Muskelsaft vom Hunde,
Kaninchen und Pferde. Die Thiere wurden durch Verbluten ge-
tödtet, das Fleisch von verschiedenen Körperregionen unter aseptischen
Maassregeln entnommen, in kleine Stücke zerschnitten und mit einer
sterilisirten Presse ausgepresst. Es gelang bei einiger Uebung leicht,
den Muskelsaft steril zu gewinnen. Die Versuche über bakterien-
feindliche Wirkung desselben wurden nach dem von Ref. einge-
schlagenen Verfahren mit Typhusbacillen und Choleravibrionen aus-
geführt und ergaben für den Muskelsaft der genannten drei Species
tödtende Wirkung; am stärksten war dieselbe beim Muskelsaft des
Hundes, in drei Versuchen wurde hier binnen 4 Stunden vollständige
Vernichtung aller ausgesäten Bakterien erzielt. Die tödtende Wirkung
zeigte sich übrigens von der Aussaatgrösse abhängig, indem sie bei
grösserer Aussaat meist nach einigen Stunden erlosch und von einer
Wiederzunahme der Keimzahl gefolgt war. Bei einer 4-tägigen Auf-
bewahrung des Muskelsaftes vom Hunde zeigte sich die bakterien-
tödtende Wirkung desselben kaum vermindert [analog dem Blut-
serum Ref.]
Man könnte denken, dass die saure Reaktion des Muskelsaftes
bei der tödtenden Wirkung betheiligt sei. Verf. weist indess nach,
dass unveränderter und, mit Sodalösung neutralisirter Muskelsaft
annähernd gleich stark auf Bakterien wirken. Ebenso zeigt Verf.,
gestützt auf die Versuche von Ref., dass die höhere Konzentration des
Muskelsaftes nicht als Ursache der Bakterientödtung in Betracht
kommen könne, er schiiesst sich vielmehr der Anschauung von Ref. an,
wonach eigentümliche Modifikationen oder Zustände von Eiweiss-
körpern als das wirksame Prinzip zu betrachten sind.
Büchner (München).
Oessard, Des races du bacille pyocyanique. [Travail du
laboratoire de chimie biologique de la Sorbonne, ä l’lnstitut Pasteur.]
(Annales de l’Institut Pasteur. 1891. No. 2. S. 65.)
In einer früheren Arbeit1) hatte Verf. den Nachweis geliefert,
dass die Farbstoffproduktion des B. pyocyaneus zunächst vom
Näbrsubstrat abhängt, indem bei blosser Eiweissnahrung kein Pyo-
cyanin, sondern vorwiegend nur der grüne fluoreszirende Farbstoff
gebildet wird, während Bouillon sich indifferent verhält, reines Pepton
aber für die Produktion des Pyocyanins sich am günstigsten erweist.
[Von Ref. bestätigt.]
Zweitens hängt nun die Farbstoffproduktion auch ab von den
Eigenschaften des Mikroben. Aus dem normalen B. pyocyaneus
gelang es durch 34 Uebertragungen in Albumin, welche mehr als ein
Jahr in Anspruch nahmen, eine Rasse zu erzielen, welche in Bouillon
vorwiegend und bei wiederholten Passagen Pyocyanin bildete, was
sonst nicht der Fall ist. Durch 5 Minuten lange Erwärmung auf
1) Eef. s. Ceutralbl. f. Bakt. u. Par. Bd. V1L S. 740.
IX. Bd.
36
542
Bac. pyocyaneus. — Cholera iofacttmi.
57 0 wurde ferner aus dem normalen Bacillus eine andere Rasse ge-
wonnen, mit ausschliesslicher Bildung des grün fluoreszirenden Farb-
stoffs in Bouillon, während die erst erwähnte dieser beiden künst-
lichen Rassen bei der nämlichen Erwärmung eine weitere Rasse
lieferte, die alle Farbstoff bildung verloren hatte. Alle diese künst-
lichen Rassen konnten schliesslich durch Kultur in Pepton-Glycerin -
Agar, dem für Bildung des Pyocyanins günstigsten Medium, wieder
auf den normalen Bacillus zurückgeführt werden. Aehnliche Rassen
mit theilweisem oder gänzlichem Verlust des chromogenen Vermögens
wurden auch gewonnen durch Passage im Thierkörper.
Verf. schliesst hieraus, dass die Wirkungen einer Mikrobenart
zunächst von dem Nährsubstrat und, bei gleichbleibendem Substrat,
von den Rassen abhängen , welche jede Spezies zu bilden im
Stande ist.
In einer Anmerkung gibt Verf. folgende Vorschrift zur raschen
Bereitung des zum Studium des Pyocyaninbildung wichtigen Pepton-
Agar: Fein gehacktes Agar-Agar wird zu je 0,25 g in Proberöhren
eingefüllt, unter Zugabe von je 5 ccm neutraler 2prozent. Pepton-
lösung und 5 Tropfen Glycerin. Die Röhren werden zuerst einige Zeit
im kochenden Wasserb&d erhitzt, um die Luft aus dem Agar-Agar
zu vertreiben, dann im Autoclav 5 Minuten bei 120° sterilisirt.
Man lässt schiefliegend erstarren. Büchner (München).
Baginsfry, A., Ueber Cholera infantum. (Berliner klinische
Wochenschrift. 1889. No. 46, 47 und 49.)
Verf. erörtert den ätiologischen Zusammenhang der Temperatur-
und Ernährungsverhältnisse mit dieser Krankheit und befasst sich
dann vornehmlich mit der Frage, ob es sich bei der Cholera infantum
um eine spezifische Krankheitsform, verursacht durch einen spezi-
fischen Krankheitserreger, oder lediglich um die Wirkung von Sapro-
phyten handle.
B. hat die Fäces cholerakranker Kinder bakteriologisch unter-
sucht und mehrere Pilzformen in denselben nachgewiesen. Es fan-
den sich darin: das Bacterium lactis aerogenes (Esche-
rich), vom Autor Bacterium aceticum genannt, das Bacte-
rium coli, wahrscheinlich identisch mit dem sog. Neapler Bacillus,
ein die Gelatine rasch verflüssigendes , von B. als weisses ver-
flüssigendes Bacterium bezeichnet, dessen unzweifelhaft pathogene
Wirkung feststeht, der B. Proteus (Hauser), der schon von
E s c h e r i c h beschriebene weisse, verflüssigende Staphylococcus,
ein diesem ähnlicher, gelb wachsender und langsam verflüssigeuder
Mikroorganismus. Ferner kommen vor das Bacterium der rothen
Milch (Hueppe und Grote nfe Dl), ein grünlich fluoreszirender
Bacillus, eine von B. plumper Bacillus genannte Form, weiter-
hin ein Coccus, der vielleicht mit dem E sch erich’schen Porzellan-
coccus identisch ist, der Bacillus ery throsporus, ein der
Sarcine ähnlicher Coccus, und endlich 3 Hefeformen.
Da auch, worauf der Autor schon früher aufmerksam gemacht
hatte, der Leichenbefund eine gewisse Mannigfaltigkeit der Pilzformen
Cholera infantum. — Saprog. Darmbakterien.
543
erkennen lässt, glaubt er keiner dieser Mikroorganismen- Arten etwas
Spezifisches zuschreiben zu dürfen, sondern annebmen zu müssen, dass
die Cholera infantum eine echte saprogene Krankheit sei. Die in dieser
Richtung angestellten Untersuchungen mit dem grünlich verflüssigen-
den Bacillus auf steril gemachtem Fleisch ergaben, dass es unter
dessen Einwirkung zur Entwickelung von Ammoniak einerseits, zur
Bildung einer Ptomainart andererseits kommt, die eine intensive Gift-
wirkung zu entfalten im Stande ist, und da es B. schon früher ge-
lungen war, in frischen Fäces cholerakrauker Kinder neben Indol
und Phenol auch reichliche Mengen von NH3 nachzuweisen, hält es
B. für zulässig, jene schweren Symptome, wie sie bei der Cholera in-
fantum beobachtet werden, auf eine Intoxikation mit NH3 und den Stoff-
wechselprodukten der zahlreichen Bakterien zu beziehen. Auch die
klinischen Erfahrungen stehen mit den Resultaten der bakterio-
logischen und chemischen Untersuchung so ziemlich im Einklang.
Die Frage, warum hauptsächlich das Kiudesalter von Cholera
nostras befallen wird, lässt sich durch die Ernährungsweise der Kin-
der, sowie durch die anatomischen und physiologischen Verhältnisse
des kindlichen Darmtractus am besten beantworten , wozu noch die
Erfahrungstatsache kommt, dass der kindliche Organismus den Pro-
dukten der Fäulniss weniger widersteht.
Der Autor bespricht ferner einzelne wichtigere klinische Symptome,
sowie die ihn bei der Therapie leitenden Gesichtspunkte.
Limbeck (Prag).
Baginsky, Adolf und St&dthagen, Max, Ueber giftige Pro-
dukte saprogener Darmbakterien. (Berliner klinische
Wochenschrift. 1890. No. 13.)
Im Anschluss an obige in der Berl. klin. Wochenschr. 1889. No. 46
veröffentlichte Mittheilung zur Pathologie der Cholera infantum
haben die Autoren weitere Nachforschungen nach giftigen Stoff-
wechselprodukten der saprogenen Darmbakterien angestellt und hierzu
das von ihnen aus dem Darmkanal cholerakranker Kinder gezüchtete,
als „weisses verflüssigendes“ bezeichnete Bacterium benutzt Das-
selbe, auf Pferdefleisch verimpft, erzeugte einen Körper, welcher
wahrscheinlich mit der von Brieger aus faulem Pferdefleisch dar-
gestellten Base C7Nl7N02 identisch ist.
Durch eigene, sowie von anderen Forschern, wie Virehow und
Pan um, gewonnene Anschauungen wurden B. und St. auf den Ge-
danken geleitet, dass jene bei den Choleraanfällen zu Tage tretenden
foudroyanten Erscheinungen durch Giftstoffe eiweissartiger Natur
hervorgerufen werden, und nahmen ihre Untersuchungen mit Pferde-
fleisch und dem genannten Bacterium nach dieser Richtung hin wie-
auf. Es gelang ihnen, einen Körper darzustellen, welcher in wässe-
riger Lösung alle Eigenschaften von Peptonlösungen zeigte und
Mäusen subkutan injizirt, den Tod der Thiere nach 2 — 3 Tagen zur
Folge hatte. Die Sektion dieser Thiere ergab nebst grosser blut-
reicher, morscher und weicher Leber und Milz, Hyperämie des ganzen
Darmtractus , reichliche Mengen einer rothbraunen Flüssigkeit im
Dünndarm. Dass die zur Injektion benutzte Masse keine lebens-
36*
544
Taberculose. — Diphtheritis. — Aktinomyko&fc.
fähigen Bakterien enthielt, war durch Kontrollversuche festgestellt
worden.
Durch Einwirkung desselben Bacteriums auf Milch entstand
ein ähnlicher peptonartiger Körper. Limbeck (Prag).
Schnirer, M. T., Zur Frage nach der Verbreitung der
TuberkelbaciUen ausserhalb des Körpers. (Wien. med.
Presse. 1891. No. 1. p. 3.)
Verf. injizirte im Laboratorium des Prof. Weichselbaum
Anfangs September 1888 je 10 ccm eines Wassers, in welchem stark
mit Strassenstaub verunreinigte Weintrauben abgewaschen worden
waren, intraperitoneal an 3 Meerschweinchen. Eines der Thiere ging
nach 2 Tagen an Peritonitis zu Grunde. Die beiden anderen erlagen
nach 45 bezw. 58 Tagen einer exquisiteu Xmpftuberculose, deren Ent-
stehung wohl nur auf den Tuberkelbacillengehalt des auf den Wein-
trauben deponirten Strasseustaubes zurückgeführt werden konnte.
Verf. betont, dass die Uebertragung von Tuberkelbacillen demnach
auch durch Obst erfolgen kann. Mit dem Vorkommen von lebens-
fähigen Tuberkelbacillen im Strassenstaube sei auch in der Praxis
zu rechnen. Eine systematische Untersuchung wäre nach dieser Rich-
tung hin wünschenswert!!, überdies für die Pathogenese der Tuber-
culose von Wichtigkeit. Kräl (Prag).
Pisarzewskl , Ein Fall von D i phth eritis , komplizirt
durch Erysipelas. (Przeglad lekarski. 1891. No. 1.) [Polnisch.]
Verf. behandelte ein 2-jähriges Kind wegen Diphtheritis und
Croup. Trotz energischen Eingriffen verschlimmerte sich der Zustand
immer mehr, so dass er zur Tracheotomie griff. Die Operation hatte
jedoch den erwünschten Erfolg nicht: die Athmung blieb erschwert,
Temperatur am Abend nach der Operation 41,4° C.
Am nächsten Tage fand Verf. zu seiner grossen Ueberraschung
bedeutende Besserung: ruhige Athmung, Pseudomembranen in Form
von wenigen kleinen grauen Flecken an den Mandeln und an der
Uvula; die Körpertemperatur war dennoch — 41,1° C. Diese Tem-
peratursteigerung fand ihre Erklärung in einer typischen Erysipelas
der vorderen Brustfläche.
Erst am nächsten Tage leitete Verf. eine Kur gegen die Erysi-
pelas, die sich nicht allzusehr ausbreitete, ein. Erysipelas und Diph-
theritis heilten dann in kürzester Zeit vollständig.
Ohne in diesem Falle der Erysipelas die Heilung der Diphtheritis
zuzuschreiben, glaubt jedoch der Verf. seine Beobachtung als An-
regung zum experimentellen Studium der Frage betrachten zu sollen.
Steinhaus (Warschau).
Schneidemühl , Ueber Strahlenpilzerkrankungen bei
Mensch und Thier. (Münch, med. Wochenschr. 1890. No. 37.)
Der in Kiel gehaltene Vortrag enthält in gedrängter Form alles
Wesentliche, was bisher über die Aktinomykose bekannt wurde. Nach
einigen geschichtlichen Bemerkungen über die Entdeckung der Krank-
heit und des sie verursachenden Strahlenpilzes wird der letztere
Aktinomykose. — Echinococcus.
545
näher beschrieben. Dann wendet sich der Vortragende zu den Ueber-
tragungsversuchen, und betont-, dass die Infektion auf künstliche
Weise bisher nur durch Impfung unter die Haut, in die Körper-
höhlen oder in die Blutgefässe, dagegen nicht durch Verfütterung
gelang. Dagegen kommt unter natürlichen Verhältnissen die Auf-
nahme de3 Giftes in den Körper hauptsächlich in den Verdauungs-
organen zu Stande. Die grössere Ausbreitung der Krankheit, welche
unter dem Viehbestände in einzelnen Gegenden nach grösseren Ueber-
schwemmungen beobachtet wurde, scheint darauf hinzudeuten, dass
der Pilz besonders gut auf feuchtem Viehfutter gedeiht, mit diesem
in den Verdauungskanal gelangt und sich in Verletzungen, welche
stachlige Futtertheile in den Schleimhäuten leicht hervorbringen,
ansiedelt.
Auch beim Menschen liegt die Eingangspforte für den Pilz be-
sonders in dem Verdauungskanal, und zwar vorwiegenddn der Mund-
höhle (kariöse Zähne, Tonsillen). Dennoch ist es nicht gelungen,
den Beweis zu erbringen, dass der Genuss des Fleisches von akti-
nomykotischen Thieren die Krankheit beim Menschen hervorbringen
kann. Ueberhaupt sind die Fälle, in denen die Uebertragung der
Krankheit vom Thier auf den Menschen nachgewiesen ist, sehr ver-
einzelt. Es scheint vielmehr, als ob auch beim Menschen die Ein-
schleppung des Pilzes durch vegetabilische Nahrungsstoffe erfolgt.
Brazola fand im Zahnfleisch von Patienten Haufen des Pilzes auf
Bruchstücken von Mauergerste (Hordeum muriaceum).
Nach einigen Bemerkungen über die Symptome, den Verlauf und
die meist ungünstige Prognose bei Erkrankung durch Actin omyces
bespricht der Vortragende die Therapie und erwähnt dabei, dass
günstige Erfolge, abgesehen von operativen Eingriffen, durch Injek-
tionen von Ferrum sulfuricum , Tinctura Jodi, Karbolsäure und
Sublimat, durch Aetzungen mit Chlorzink und durch innerliche An-
wendung von Kalium jodatum erzielt wurden.
In prophylaktischer Beziehung empfiehlt Schneidemtihl, die
Ernährung des Viehes mit stacheligem und feuchtem Futter zu ver-
meiden, alle aktinomykotisch erkrankten Organe von Schlachtthieren
zu vernichten und der Mundpflege die grösstmögliche Sorgfalt zu
widmen. K ü b 1 e r (Oldenburg).
Langenbnch , Carl., Der Leberechinococcus und seine
Chirurgie, gr. 8. 169 p. mit 19 Abbild, im Texte. Stuttgart 1890.
Der Schwerpunkt des Buches liegt in der Therapie, welche na-
türlich fast nur chirurgisch sein kann. Auf fast 100 Seiten sind die
verschiedenen Methoden mit einer Ausführlichkeit und Sorgfalt be-
sprochen, welche nichts zu wünschen übrig lässt. Wer den Umfang
der Echinococcus -Litteratur kennt, wird sich nicht wundern, dass
dem Autor Manches entgangen ist. Ref. selbst befasste sich seit 10
Jahren mit dieser Spezialität und zählt ausser mehr als tausend
Journalaufsätzen, unter anderen gegen 130 deutsche Dissertationen
und 7 0 Pariser Thesen, dazu eine Anzahl von Monographieen.
Die Naturgeschichte des E. ist nach R. Leuckart in bün-
diger Weise dargestellt. Die geographische Verbreitung ist ziemlich
546
Echinococcus. — Serehkrankheit.
erschöpfend behandelt, nur die Monographie von John Davies
Thomas (Adelaide 1883) ist dem Yerf. entgangen. Aus dieser
hätte er entnehmen können, dass das Vorwiegen des $ Geschlechtes
für grosse Bezirke, z. B. Victoria, keine Geltung hat. Die unter
Mos ler’s Einfluss entstandenen Arbeiten über Neuvorpommern hätten
volle Berücksichtigung verdient.
Bezüglich des Vorkommens des E. im menschlichen Körper
wäre die Statistik von John Davies Thomas mit 1897 Fällen
zu benutzen gewesen, ferner die stattlichen Theses von Marguet,
Gangolphe, Masseron, Hearn, Dardel, welche Autoren
für die Hydatiden der Muskeln, Knochen, des Bauchfells, der Lungen,
der Schilddrüse viel grössere Zahlen angeben.
Das Kapitel über die klinischen Erscheinungen ist vortrefflich
bearbeitet. Seit F r e r i c h s wird kaum etwas Besseres hierüber ge-
schrieben worden sein. —
Zum Schluss einige kleine Bemerkungen über das Naturbistorische
und Litterarische.
Pag. 3 wird Felis concolor als Wirth der Taenia Echi-
nococcus genaunt. Es soll wohl die Taenia oligarthros ge-
meint sein, die bei Lin stow erwähnt ist.. — Röll (p. 4) hat nicht
1752, sondern 1852 die fragliche Taenia beschrieben.
Warum sich der Verf. mit der unbedeutenden Arbeit von Döring
so viel abgibt und dieselbe sogar stellenweise kopirt, ist dem Ref.
nicht erfindlich. Die wichtigen Studien Küchenmeister’s (Rohlfs
Archiv III) wären doch unendlich bessere Bezugsquellen gewesen.
Die auf p. 8 gegebene Darstellung ist etwas verworren. Dass Li v ois
schon 800 Fälle von E. gesehen habe, konnte Ref. in dessen Schrift
nicht finden.
Zu p. 101 bemerkt Ref., dass der Fall Perrin’s von E. der
Nebenniere kein multiloculärer war. Dass die in der Dissertation
von Lehmann (München 1889 praeside Bölling er) angeführte,
relativ glücklich verlaufene Operation eines E. multilocularis
übersehen wurde, wollen wir dem fleissigen Verf. nicht hoch anrechnen.
Ein bibliographischer Index wäre sehr zu wünschen, ebenso ein
alphabetisches Sachregister. J. Ch. Huber (Memmingen).
May, IValter, Die Rohrzucker Kulturen auf Java und
ihre Gefährdung durch die Serehkrankheil. (Bo-
tanische Zeitung. 1891. No. 1. p. 10—15.)
Nach dem Verf. würde die Zuckerrohrkultur auf Java wahr-
scheinlich in bedeutendem Umfange auch auf die bisher dafür nicht
in Anspruch genommenen Theile der Landes ausgedehnt worden
sein, hätte sich nicht die mit dem javanischen Worte „Seieh“
bezeichnete Krankheit eingestellt, deren erste Spuren 1879 oder
1888 aufgefunden wurden. Die Krankheit hat in den letzten 5
Jahren io beunruhigender Weise zugenommen. Vom Westen (der
Residentscbaft Cheribon) bat sich die Serehkrankheil schnell bis zur
äussersten Ostspitze der Insel verbreitet, nur hie und da einzelne
Striche überspringend. In Mitteljava hat sich durch sie die Zucker-
rohrproduktion 1888 um annähernd £ der Ernte, 1839 um $
Pflanzenkrankheiten,
547
der Ernte von 1887 vermindert (was einen Werthverlust von 2\
bis 5 Millionen holl. Gulden gleichkommt). In Westjava hat sich
1889 die Krankheit etwas vermindert.
Die Krankheit äussert sich zunächst darin, dass die Internodien
kurz, die Blätter dicht an einander gedrängt bleiben. Es werden zahl-
reiche Saftwurzeln und oberirdische Seitentriebe gebildet, im ärgsten
Stadium wird überhaupt kein Rohr, sondern es werden nur Blätter her-
vorgebracht. Gewisse Gewebepartieen des Stockes werden stark geröthet.
Stecklinge, aus solchen Pflanzen geschnitten, zeigen bei Auspflanzung
vermehrte Röthung und verrotten schliesslich. Ein niedriger Zucker-
gehalt und eine geringe Qualität des Saftes sind die Folgen der Sereh-
krankheit, von der man die Ursache noch nicht genau kennt. Die
einen betrachten Nematoden, andere Bakterien als die Urheber der
Krankheit; sekundär werden die Pflanzen von zahlreichen tbierischen
und pflanzlichen Schmarotzern befallen. Auf dem im Februar 1889 in
Samarang abgehaltenen Kongress der Zuckerinteressenten Javas hatte
man beschlossen, einen europäischen Pflanzenpathologen zur Unter-
suchung der Serehkrankheit kommen zu lassen ; da indessen anstatt
der für nöthig befundenen Summe von 20000 Gulden nur 13500
Gulden einkamen, wurde der Plan aufgegeben. Die Versuche, die
Krankheit durch Einführung anderer Zuckerrohrvarietäten zu besei-
tigen, sind bisher misslungen. Ludwig (Greiz).
Kellerman, W. A., and Swingle, W. T., Preliminarv report
on smut in oats. (Experiment Station of the Kansas State Agri-
cultural College, Manhattan, K. Bulletin No. 8. October 1889. Topeka
1889. p. 91—104. PI. I— IV.)
, Preliminary experiments with fungicides for
stinking smut of wheat. (1. c. Bull. No. 12. August 1890.
Topeka 1890. p. 27-50. P. I.)
, Report on the loose smoots of cereals. (Second
Annual Report of the Exp.-Station, Kansas State Agr. Coli Man-
hattan, K. For the Year 1889. Topeka 1890. p. 213 — 288. PI.
I— IX.)
Die besonders für den Landwirth wichtigen Abhandlungen be-
schäftigen sich eingehend mit den amerikanischen Brandkrankheiten
der Getreidearteu, ihrer Verbreitung, der Entwickelung ihrer Urheber-
piize und ihrer Bekämpfung.
Die in Amerika verbreiteten Brandpilze der Cerealien sind haupt-
sächlich :
Ustilago Avenae (Pers.) Jensen, „Üat Smut“, der 1888/89 um
Manhattan 1 1 1/3 °/o der Haferernte zunichte machte und eineu
Schaden von jährl, über eine Million Dollar ira Staate verursachte.
Y on ihm wird eine neue V arietät U s t i 1 a g o Ä v e u a e var. 1 a e v i s
Kelle rin. ei Sw. beschrieben.
— Hordei (Pers.) Kelierm. et Sw., „the eovered Barley Smut“,
— Tritici (Pers.) Jensen, „the loose Smut of Wheat“,
— nuda (Jeußen) Kellerin. et Sw., „the naked Barley Smut“,
und ausser diesen Ar„en von Flugbrand noch zwei Arten von Schmier-
brand, Till et ia foetens (B. et C.) Trelease and Tilietia
548 SchatzimpfuDg, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
Tritici (Bjerk.) Winter, die häufig die Hälfte oder drei Viertel
der Ernte vernichten.
Meist wird der Brandkrankheit vorgebeugt, wenn man die Saat-
körner 15 Minuten in Wasser von 132° F. einweicht.
Zu den natürlichen Feinden der Brandpilze, insonderheit des
Haferbrandes, die jedoch von geringer praktischer Bedeutung sind,
gehören von Pilzen:
Fusarium Ustilaginis n. sp. („the white Mould“), Macro-
sporium n. sp. („the black Mould“) und eine Bakterienart („Bligbt,
Bacterial Disease“), von Insekten Phalacrus sp. (Ph. politus
oder p enicillatus) und Brachytarsus variegatus Say.
Ludwig (Greiz).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Kein, Zur Asepsis bei Laparotomiee n. (Centralbl. f
Gynäkologie. 1890. No. 9.)
Verf., Direktor der geburtshülfiich - gynäkologischen Klinik zu
Kiew, beobachtete unter den Todesfällen, die nach Laparotomieen
eintraten, zwei, die möglicherweise nach Karbolvergiftung, und einen,
der vielleicht nach Sublimatintoxikation eingetreten war. Er wurde
daher seit 1887 in der Anwendung der Antiseptik vorsichtiger, als
früher und wendet seit Winter 1888 eine möglichst strenge Aseptik
an. Er hat einen eigens für Laparotomieen bestimmten Operations-
saal, dessen Wände mit weisser Oelfarbe angestrichen sind, und der
mit Warmwasserheizung, guter Ventilation und reichlicher Zufuhr
von warmem und kaltem Wasser versehen ist. Abends vor jeder
Operation wird die innere Oberfläche desselben und die Möbel ab-
gebraust. Instrumente, Verbandstoffe, Wäsche, Operationskleider,
Ligaturen etc. werden mit feuchter bezw. trockener Hitze sterilisirt.
Die Hände des Operateurs und der Assistenten, sowie die Bauch-
decken der zu Operirenden werden nach Fürbringer desinfizirt.
Die Schwämme werden ausgekocht. Von den 60 nach dieser Me-
thode ausgeführten Laparotomieen endete eine = 1,6 °/0 tödtlich,
in Folge von Kothperitonitis nach ungeheilter Darmwunde (es hatte
sich um Resektion eines Cystocarcinoms gehandelt, wobei die Darm-
wand eingerisseD war). Unter den 57 geheilten Operirten war die
höchste Temperatur nach der Operation bis 37 0 bei 5, 37,6 bei 26,
38 bei 46, mehr als 38 0 nur bei 11 Operirten. Es stellten sich
keinerlei lokale Störungen ein, und das Allgemeinbefinden war im
Ganzen besser, als nach den antiseptischen Laparotomieen.
Unter Leitung von Janowsky stellte Pissems ky bakterio-
logische Untersuchungen der Ligaturen, Schwämme, Verbandstoffe etc.
kurz vor bezw. nach der Operation an, aus denen sich ergab, „dass
die ganze Umgebung der Wunde in den von R. operirten Fällen
meistentheils ganz steril war, auch das 8 — 9 Tage nach der Ope-
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelnngshemmung ete. 549
ration untersuchte Verbandmaterial erwies sich als steril.“ Die Unter-
suchungen Pissemsky’s werden detaillirt veröffentlicht werden.
M. Kirchner (Hannover).
Brunner, lieber Catgutinfektion. (Beiträge zur klinischen
Chirurgie. Band VI. Heft 1. S. 98 — 194.)
Verf. gibt eine höchst lesenswerthe Zusammenstellung der bisher
publizirten Fälle von Catgutinfektion, die er zugleich einer ruhigen
nnd sachgemässen Kritik unterzieht und die ihn, wie gleich vorweg
bemerkt sein mag, zu der üeberzeugung gebracht haben, dass zur
Zeit eine Verbannung des Catgut zu Gunsten der vorgeschlagenen
Ersatzmittel wohl einer Vereinfachung des antiseptischen Apparates,
aber gewiss keinem Fortschritt in der Antiseptik gleichbedeutend
wäre. Sehr dankenswerth ist die genaue Beschreibung des Rohma-
materials und der verschiedenen Arten der Präparation und Konser-
virung des Catgut, die Verf. seiner Abhandlung vorausschickt, und
die im Originale nachgelesen zu werden verdienen. Lister’s Kar-
bolöl-, L i s t e r ’s Chromsäure-, Kocher’sJ uuiperusöl-, R o u x’ T erpen-
tinöl-, Kümmel’s Sublimatcatgut, sowie einige korabinirte Desin-
fektionsmethoden des Catgut, namentlich die von Zwei fei, Braatz
und Reverdin, werden eingehend beschrieben; dann bespricht B.
die mit Catgut gemachten klinischen Erfahrungen. Um möglichst
reiches Material zu bekommen, wandte sich Verl an verschiedene
Gynäkologen, Chirurgen, Krankenhausdirektoren und Privatärzte mit
der Bitte, ihm ihre mit dem Unterbindungsmaterial, speziell der Cat-
gutligatur gemachten Erfahrungen mitzutheilen. 1881 veröffentlichte
Kocher zuerst einen Fall von Strumaexstirpation, der an akuter
Sepsis zu Grunde ging, angeblich in Folge der Zersetzung des Kar-
bolöls, in welchem dasCatgut aufbewahrt war. 1888 sah Kocher
während eines Zeitraumes von 7 Wochen unter 31 grossen Opera-
tionen 22 Fälle zweifelloser, zum Theil sehr schwerer Infektionen,
die er nur auf das verwendete Juniperosöl bezw. Sublimat-Catgut
zurückführen zu müssen glaubte. 1879 sah Zweifel in Erlangen
am zwölften Tage nach der Operation einer kleinen Scheidenfistel
Pyämie eintreten, welche tödtlich endete. In dem verwendeten Cat-
gut fand sich Bakterienvegetation. Volk mann theiite 1877 zwei
Fälle vou Milzbrandkarbunkel nach Catgutnähten mit. Mosetig-
Moorhof sah 1887 nach der Naht mit Karbolcatgut schwere
Eiterung, 1888 tödtliche Peritonitis in je einem Falle. Schede da-
gegen sah wohl zuweilen bei Verwendung von Catgut von jedem
Stichkanal aus Entzündung und Eiterung sich verbreiten , jedoch
nicht öfter, als bei Verwendung von Seide , auch fielen die von ihm
häufig gemachten Kulturversuche mit soeben verwendetem Catgut
negativ aus. Schede spricht sich daher unzweideutig dahin aus:
„Kurz ich glaube von der ganzen Catgutinfektion kein Wort, ehe mir
bewiesen wird, dass sorgfältig präparirtes Catgut — ich beziehe mir
das Rohmaterial und besorge mir die Präparation selber — noch
keimfähige Mikroorganismen enthält.“ Ganz ähnlich sprechen sich
Kappeier in Münsterlingen, Socin in Basel, Neuber in Kiel,
Czerny, Bruns in Tübingen, Riedinger io Würzburg,
550 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
Lossen in Heidelberg, Thiersch in Leipzig, Stelzner iu
Dresden , S c h i n z i n g e r in F reiburg , L ü c k e in Strassburg, M 1-
kuli ts e h in Krakau, v. Bergmann in Berlin , Breis ky in Wien
aus. Alle bereiten ibr Catgut selber und keiner derselben weiss von
schlechten Erfahrungen Mittheilung zu machen. Hafter in Frauen-
felt sah .1879 bei einer Wöchnerin lödtliche Sepsis, welche er auf
ein aus Sc baffhausen bezogenes Karbolcatgut zurückführen
musste. Seitdem präparirt er das Catgut selbst und hat nie wieder
etwas Unangenehmes darnach erlebt. Auch die Mittheilungen von
Wies manu iu Herisau, v. Moudach in Schaöhausen, v. M uralt
und Wyder in Zürich, Fritzsche in Glarus, Garrd in Tübingen,
Hoffmeier in Berlin hatten sehr zufriedenstellende Resultate mit
dem Catgut uud erlebten niemals schwere Wundinfektionen nach
Verwendung desselben. — Des weiteren geht Verf.. dazu über, die
Erfahrungen der Züricher Krönlein’schen Klinik mitzutheilen.
Wieder mit dem Karbolölcatgut, welches in den Jahren 1881 — 84,
noch mit dem Sublimatcatgut, welches seitdem ausschliesslich ver-
wendet wurde, wurden Beobachtungen gemacht, welche mit einiger
Wahrscheinlichkeit darauf hingewiesen hätten, dass eine Wundin-
fektion durch Catgut veranlasst worden sei. Zur Erhärtung dieses
Unheils gibt B. eine Zusammenstellung grösserer Operationen , aus
deu Jahren 1885 — 1888, mit genauen Notizen über den Wundver-
lauf. Vou 74 Herniotomieeu verliefen 9 tödtlieh. Der Grund war
Kollaps, Delirium tremens, Pneumonie, Perforationsperitonitis, Kollaps,
Magenkrebs, Biutung aus eingerissenen Netzgefässen, Darmperforation,
Goliaps in je einem Falle; niemals fand sich bei der Obduktion eine
irgend nennenswerthe Eiterung in der Nähe der Catgutnähte. 50
Kropfoperationen verliefen ganz oder fast gänzlich fieberfrei. Von
28 Laparotomieen endeten 4 tödtlieh. Der Grund war Krebs in einem,
Kollaps iu den drei andern Fällen ; aber auch in dieseu wie in sämmt-
lichen übrigen Fällen war die Wunde reaktionslos geblieben. B. ur-
theilt daher: „Dem verwendeten Catgut fällt weder Infektion noch
Nachblutung zur Last“.
B. stellt nun 39 Fälle von Kaiserschnitten aus der Litteratur
zusammen, unter denen sich 5 tödtliche befinden. Der Tod erfolgte
an Septikämie nach Endometritis, an Dysenterie, an Perforations-
peritonitis, an Peritonitis nach Uteruscarcinom , an allgemeiner Peri-
tonitis; doch konnte iu keinem dieser 39 Fälle die Anwendung von
Catgut zur üterusnaht als die Quelle einer Infektion nachgewiesen
werden.
WTas nun die wenigen zweifellosen Fälle von Catgutinfektion be-
trifft, welche bei genauer Kritik übrig bleiben, so sind dieselben
sämmtlich durch Karboiölcatgut veranlasst worden. Mit dem Subli-
matcatgut hat ausser Kocher Niemand ungünstige Erfahrungen ge-
macht.
Verf. gibt dann noch eine Reihe dankenswerther Notizen über die Re-
sorbirbarkeit und Qualität verschiedener Catgutpräparate. Ein wesent-
licher Unterschied in der Resorptionszeit der verschiedenen Catgutpräpa-
rate trat bei seinen Versuchen nicht zu Tage. Uebereinstimmend mit
Bruns und L e s s e r fand er eine bedeutende Beschleunigung des Auflö-
Schatzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemirmng etc. 551
sungsprozesses aller Präparate bei Eiterung. Die Prüfung der Qualität
nahm er in der Weise vor, dass er durch Anhängen von Gewichten
und durch Zug vermittelst eines Federdynamometers die Grenze der
Dehnbarkeit bei den verschiedenen Präparaten bestimmte. Es ergab
sich eine, wenn auch nicht erhebliche, so doch deutliche Vermin-
derung der Resistenz sämmtlicher präparirter Catgutsorten gegenüber
dem Rohcatgut. Unter den einzelnen Präparaten selbst, ertrugen die
grösste Belastung das Chromsäure- und Re verd i u ’sche Catgut.
Von besonderem Interesse sind die Resultate der bakteriologischen
Untersuchungen des Catgut. Hall wachs sah 1879 in den Spalten
dickerer Catgutsorten Stäbchen, Zellen und Trümmer von solchen, die
er als pflanzliche Gebilde ansprechen zu sollen glaubte. Tavel
fand das Juniperuscatgut, Roux und Gar re das Terpentinölcatgut
durchweg steril. Re verd in dagegen konnte im Juniperuscatgut
Bakterien nachweisen, als den Staphylococcus aureus, die
Sarcina lutea, den Bacillus megaterium, Bacillus sub-
tilisu. s. w. Benckisser infizirte kleine rohe Catgutfädeu mit
Reinkulturen der Eiterstaphylokokken und desinfizirte sie dann auf
die verschiedenen Arten. Unter 20 mit Juniperusöl in der vorge-
schriebenen Weise infizirten Fäden ergab sich doch ein Mal eine
Kultur der betreffenden Staphylokokken. Thomson und Schede
fanden niemals Mikroorganismen im Catgut.
Die Untersuchungen, welche B. selbst anstellte, hatten folgendes
Resultat. Die mit 25 verschiedenen Proben von Sublimatcatgut an-
gelegten Kulturen (etwa 300) blieben sämmtlich steril. Von zwölf
Proben Karbolcatgut zeigten die Kulturen bei sieben , von sieben
Proben Chromsäurecatgut bei vier, endlich von acht Proben Juniperus-
ölcatgut bei dreien derselben deutliches Wachsthum. Es gelang B.
aus diesen Kulturen einen Bacillus reinzuzüchten, welcher dreimal
so lang als breit war, Eigenbewegung zeigte, Sporen bildete und die
Gelatine verflüssigte. Derselbe wuchs bei gewöhnlicher Temperatur
auf allen gebräuchlichen Nährböden und färbte sich leicht mit Anilin-
farben. B. hält ihn für einen Kartoffelbacillus, der bei Thierver-
suchen kaum pathogen war und jedenfalls keine Eiterung erzeugte.
B. schliesst daher, dass dem untersuchten, nicht steril erfundenen
Catgut infektiöse Eigenschaften nicht innewohnen.
B. ging aber noch weiter. Er stellte sich Cutgut dar aus den
Därmen von Thieren, welche er mit Milzbrand geimpft hatte. Durch
Verwendung dieses Catguts in rohem Zustande konnte er Thiere mit
Milzbrand infiziren, das mit Sublimat 1°/00, sowie das mit Karbolöl
präparirte Catgut dagegen erwiesen sich im Reageusglas sowohl wie
im thierischen Körper als steril.
Verf. schliesst aus seinen Versuchen mit Recht, „dass wir jedes
Rohcatgut durch die uns gebotenen Desinfektionsmittel leicht und
sicher aseptisch zu machen im Stande sind“. Als beste Präparations-
weise empfiehlt er: „Das Rohcatgut wird mit Kaliseife abgebürstet,
dann direkt oder nach einem halbstündigen Aufenthalt in Aether
12 Stunden in wässerige Sublimatlösung 1 : 1000 gelegt. Konservirt
in Sublimat 1,0, Alkohol absol. 900,0, Glycerin 100,0. Unmittelbar
yor dem Gebrauch nochmals durch wässerige Sublimatlösung zu ziehen.“
552
Nene Litteratur.
Zum Schluss seiner höchst interessanten und fleissigen Arbeit
werden die Ersatzmittel der Catgutligatur — Seide, Leinenzwirn —
besprochen und der Nachweis geführt , dass sie , weil nicht resorbir-
bar und reizend gegenüber den Geweben , dem Catgut entschieden
nachstehen. M. Kirchner (Hannover).
Boer , Ueber die Leistungsfähigkeit mehrerer che-
mischer Desinfektionsmittel bei einigen für den
Menschen pathogenen Bakterien. [Aus dem hygienischen
Institut zu Berlin.] (Zeitschrift für Hygiene. Bd. IX. Heft 3.)
Boer untersuchte Salzsäure, Natronlauge, Schwefelsäure, Am-
moniak, Quecksilberoxycyanid, Goldchlorid, Silbernitrat, arsenigsaures
Natron, Karbolsäure, Kreolin, Lysol, Malachitgrün und Methylviolett
auf ihre Leistungsfähigkeit gegenüber (sporenfreien) Milzbrand-,
Typhus-, Diphtherie-, Rotzbacillen und Cholerabakterien in gewöhn-
licher, mit Pepton und Kochsalz zubereiteter Rinderbouillon von
schwach alkalischer Reaktion. Geringe Aenderungen in der Reaktion
der Bouillon beeinflussten die Untersuchungsergebnisse meistens we-
sentlich. Di tt rieh (Prag).
Neue Litteratur
zusammengestelit von
Da. Arthur Würzburq,
Bibliothekar im Kaiserlichen Gesundheitsamts in Berlin.
Allgemeines Uber Bakterien und Parasiten.
Holst, A., Üebersicht über die Bakteriologie. Autoris. Uebers. von O. Reiher gr. 8*.
210 p. Basel (Sailmann & Bonacker) 1891.
Konti, A., La patologia cellulare e la patologia parassitaria. 8°. Milano 1891. 1,25 L.
Biologie.
(Gährnng, Fäulniss, Stoffwechselprodukte usw.)
Pokroffsky, D. J., Ueber den Einfluss einiger Mittel auf die Entwickelung und den
Wuchs von Aspergillus fumigatus. (Warschauer Univers.-Nachr. 1890. No. 6/7.
p. 374 — 424.) [Russisch.]
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Bohrend. H., Tuberculous meat and its consequences. (Nineteenth Cent. 1890. p. 545 —
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Proskauer, B , und Nocht, Ueber die chemische und bakteriologische Untersuchung der
Kläranlage (System Röckner-Rothe) in Potsdam. (Zeitscbr. f. Hygiene. Bd X. 1881.
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553
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Neue Litteratur, p. 552.
Frcnunanneche Bach druckerei (Hermann Fohle) in Jena,
R A LBl^ fy
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Geb. HoDr. Prot Dr. Lenctart im Professor Dr. Loefller
ln Leipzig in Greifrwnld
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. -o- Jen», den 4. Mai 1891. -o- No. 17.
Original - Mittheilungen.
Ueber die Bakterien der hämorrhagischen Septikämie
(Hueppe), Hog-Cholera (Salmon), Swinepiague (Bil-
lings), Swinepest (Seiender), amerik. Rinderseuche
(Billings), Büffelseuche (Oreste- Armanni), Mar-
seiile’sche Schweineseuche (Jobert, Rietsch), Frett-
chenseuche (Eberth).
(Aus der hygienisch-bakteriologischen Abtheilung des chemischen
Laboratoriums Fresenius zu Wiesbaden.)
Von
Dr. Georg Caneva
in
Genua.
Ich möchte mir im Folgenden erlauben, die Ergebnisse von ver-
gleichenden bakteriologischen Untersuchungen über die verschiedenen,
namentlich in der letzten Zeit vielfach erwähnten Wild- und Haus-
thierseuchen mitzutheilen, Untersuchungen, die ich auf Anregung vou
Prof. Hueppe vor mehr als zwei Jahren unternahm. Trotzdem die-
selben nicht völlig abgeschlossen sind und deshalb keinen Anspruch
auf Vollständigkeit erheben können, glaub« ich doch, dass das bisher Ge-
fundene genügendes Interesse bieten dürfte, um eine kurze Publi-
12. Bt 36
558
C kn e v & ,
kation zu rechtfertigen. Meine Untersuchungen erstreckten sich auf
folgende mir von Prof. Hueppe liebenswürdiger Weise in Reinkul-
turen zur Verfügung gestellte Bakterien arten : Wildseuche, Schweine-
seuche (Schütz), Kaninchenseptikamie, Rinderseuche (aus einer von
Prof. Kitt im Jahre 1889 bei München beobachteten Epidemie
stammend), Bütfelseuche (sogen. Mal Barbone dei Buffali Oreste Ar-
maiiD i), dann Kulturen aus einer Epidemie des Porcs von Marseille
(Rietseh, Job er t, Martinaud), Swinepiague (Billings), Hog-
Cholera (Salmon), Swinepest (Sei an der); ausserdem standen
mir zur Verfügung Kulturen von einer Kinderkrankheit (Billings’
Texasfieber?) und von Frettchenseuche (Eberth). Ich möchte gleich
hier erwähnen, dass Origin alkulturen von Swineplague von Billings
von zwei verschiedenen Sendungen sich immer vollkommen gleich
verhielten, wie auch von Ilog-Cbolera aus zwei verschiedenen Quellen.
Ben genannten sämmtlichen Mikroorganismen kommt die gemein-
schaftliche Eigenschaft zu, dass sie die Gelatine nicht verflüssigen,
keine Endosporen bilden, nach Gram nicht, aber mit einer wässerigen
Methyleublauiösung starker oder schwächer in mehr oder weniger
grosser Anzahl bipolar sich färben lassen. Auf der anderen Seite
ergaben sich mancherlei Unterschiede. Selbst wenn wir von gewissen
Einzelheiten , wie der grosseren oder geringeren Länge und Breite
der mehr oder minder regelmässigen Form der Stäbchen, sowie ihrem
Verhalten in Bouillon als zu wenig charakteristisch absehen, bleiben
uns immer genügende Unterscheidungsmerkmale.
Die Bakterien der sogenannteD hämorrhagischen Septikamie
(Hueppe) resp. Wildseuche, Kaninchenseptikamie, Schweine-, Rinder-,
Büfielseucbe unterscheiden sich bekanntlich von den anderen dadurch,
dass sie nuroscillirende, passive Bewegung besitzen und dass sie ruf Ge-
latine und Agar ein langsameres und weniger üppiges Wachsthum, abge-
sehen von sonstigen Verschiedenheiten, zeigen. Auf Kartoffeln von den
verschiedensten Sorten, neutral oder alkalisch, mehr oder weniger ge-
kocht, gelang es mir niemals, sie zu züchten. In steriiisirter Milch ge-
deihen sie sehr kümmerlich, ohne irgend eine wahrnehmbare Aenderung
in dem Aussehen der Flüssigkeit zu bewirken. Kaninchen, mit kleinen
Öesen einer Bouillon kultur am Ohr geimpft, sterben binnen 1 — 3 Tagen.
Von besonders heftiger Wirkung erwiesen sich Kulturen von Rinder-
seuche und von Büffelseuche, die wir der Liebenswürdigkeit von
Prof. Kitt und Prof. Ca nt am verdanken. Kaninchen mit einer
kleinen Oese von den ßouilionkuituren subkutan geimpft, starben in
weniger als' 21 Stunden. Kicht so heftig wirkten Kulturen der Ka-
ninehecsepfikänne und Schwein eseuehe. Lokale Reaktion habe ich
nie oder nur sehr unbedeutend beobachten können. Bei der Obduk-
tion fehlten nie die tracheaien Hämorrkagieen, die sich oft bis in die
Bronchien erstreckten. Milztumor war nie vorhanden, ln Blut-
präparaten fanden sich immer mehr oder weniger zahlreiche Bakterien;
einige lagen in weissen Blutkörperchen, einige anscheinend auch in
den rot hem In Gewebsscbnittea zeigten sich zerstreute Bacillen
innerhalb der Blutgefässe und Gewebslücken , bei der Büfielseucbe
manchmal ausnahmsweise ausserdem kleine kapillare Embolieen.
In einer zweiten, sich von der eben genannten unterscheidenden
lieber die Bakterien der hämorrhagischen Septikämie, Hog-Cholers etc. 559
Gruppe, die aber nach den bisherigen Untersuchungen nicht so auf-
gefasst werden kann, wie Hueppe die oben beschriebene der hä-
morrhagischen Septikämie auffasst, lassen sich die folgenden Formen
vereinigen: Swineplague (Billings), Epidemie des Porcs von Mar-
seille (Iiietsch, Jobert und M artinaud), die neue Kinderkrank-
heit (Billings) und die Frettchenseuche (Eberth). Dieselben
unterscheiden sich von der vorherigen Gruppe zunächst betreffs ihrer
aktiven Beweglichkeit yod der Swinepest (Sei an der) und you
Hog-Cholera (Saimon) dadurch, dass sie, obwohl ziemlich lebhaft,
doch erheblich weniger beweglich sind, als jene. Das Wachsthum
auf Gelatine erfolgt viel schneller, als bei den der hämorrhagischen
Septikämie und erinnert lebhaft an die dem Typhusbacillus nahe
verwandten B. neapolitanum (Emmerich), B. coli com-
mune, B. pyogenes foetidum (Passet), Hueppe’s B.
(Cholerinefall von Frankfurt) etc. Auch auf Agar gedeihen sie viel
üppiger mit Gasbildung und der Impfstrich hat ein ganz anderes
Aussehen, als bei der Wildseuche. Auf Kartoffeln bilden sie einen
ziemlich dicken Belag, doch finden hier einzelne Differenzen in der
Farbe unter einander statt. Ehe Milch bringen sie bei ßruttempa-
ratur von 37° in zwei Tagen unter Säurebildung zur Gerinnung, ohne
dieselbe nachträglich zu lösen. W'eisse erwachsene Mäuse, subkutan
mit Marseille’ sehen Bakterien geimpft, gingen nicht zu Grunde,
zeigten aber au der Impfstelle einen grossen Abscess, mit dickem
Eiter erfüllt, in dem spärliche Bacillen vorhanden waren. Im Blute
fanden sich bei direkter mikroskopischer Untersuchung keine Bacillen,
indessen Hessen sich solche durch Kulturen nachweisen. In den Ge-
websschnitten von einer jungen Maus zeigten sich die Mikroorganismen
nicht zerstreut liegend, sondern nur embolieenweise in den kleinen
Kapillaren. Subkutane Impfungen von Swineplague (Billings),
Frettchenseuche, Rinderseuche (Billings) in Kaninchen, Meer-
schweinchen , weisse Ratten und Mäuse ergaben nur mehr oder
weniger ausgesprochene lokale Erscheinungen. Fütterungsversuche,
insbesondere mit den B i 1 i i n g s’scheu Bakterien blieben stets erfolglos.
Als eine dritte Gruppe möchte ich Hog-Chclera (Saimon) und
Swinepest (S e 1 a n d e r) hinstellen. Während diese durch verschiedene
gemeinschaftliche Merkmale von den vorher erwähnten sich unter-
scheiden, weichen sie doch auch in manchen Punkteu von einander
ab. Zunächst sind sie lebhafter beweglich, als die vorigen, ihr
Wachsthum auf Gelatine ist. was Ueppigkeit, Farbe, Regelmässigkeit
betrifft , sehr verschieden von dem der Wildseuche resp. häroor -
ragischen Septikämie, insofern als sie üppiger, schneller, regelmässiger
gedeihen. Die Kolonieen zeigen unter schwacher Verg.rösserung eine
gelbliche, braune Farbe, die den anderen fehlt Ausserdem erinnern
sie durchaus nicht an typhusähnliche Arten. Auch auf Agar wachsen
sie gut, üppig in Form eines weissen , ziemlich dicken Belags ohne
Gasbildung. Auf Kartoffeln wachsen die Selander’schen Bakte-
rien wie die von Typhus, während die Salmo n ’schen einen ziem-
lich regelmässigen, dicken, weisslichen Belag bilden. Bemerkenswerte
ist das Verhalten beider in Milch; dieselbe wird nach zwei wöchent-
lichem Aufenthalt im Brutofen bei 37° langsam gelöst, und zwar ohne
36 *
560 Canev*, Ueber die Bakterien d. h&morrbag. Septikämie, Hog-Cholera etc.
dass vorher Gerinnung eintritt, was sonst der Fall ist. Diese eigen-
tümliche Erscheinung, die ich für ausserordentlich charakteristisch
halte und die bei keinem anderen Mikroorganismus, soweit mir bekannt,
beschrieben worden ist, habe ich in zahlreichen angestellten Versuchen
sich immer wiederholen sehen. Kaninchen subkutan am Ohr mit
kleiner Oese von Hog-Cholerabouillonkultur geimpft, sterben binnen
4 — 8 Tagen ohne lokale Erscheinung an der Impfstelle. Tracheale
Hämorrhagieen und Milztumor sind nicht konstant In Blutstrich-
präparaten finden sich nur sehr spärliche Bakterien; in Gewebs-
schnitten liegen sie als Embolieen nur in den kleinen Kapillargefässen.
Weisse Mäuse gehen ebenfalls innerhalb 4 — 8 Tagen nach der sub-
kutanen Impfung zu Grunde. Auch bei Mäusen befinden sich die
Bakterien in Gewebsschnitten embolieenweise. Anders verhalten sich
die Sei an der’schen. Subkutane Impfungen blieben bei Kaninchen
erfolglos, dagegen gingen weisse Mäusse innerhalb 6 — 8 Tagen mit
starken lokalen Erscheinungen an der Impfstelle zu Grunde. Die
Untersuchung von Blut und Organen auf Bacillen fiel negativ aus.
Was nun überhaupt die verschiedenen Schweineseuchen betrifft,
so tritt aus dem Gesagten deutlich hervor, dass Salmon’s Hog-
Cholera und Billin g’s Swineplague verschiedene Krankheiten, dass
hingegen Billings’ Swineplague und die Marseille ’sche Schweine-
seuche von Jobert und Ri et sch höchstwahrscheinlich identisch
sind; dass endlich die Se lande r’schen Swinepestbakterien, die
übrigens offenbar der Hog-Cholera ziemlich nahe stehen, eine ge-
sonderte Stellung einnehmen; schliesslich, dass keine der genannten
Schweiueseuchen mit der deutschen Schweineseuche von Loeffler
und Schütz zu thun haben. Die von Hueppe ausgesprochenen
Ansichten über die der hämorrhagischen Septikämiegruppe ange-
börigen Formen, d. i. dass sie eine identische Gruppen bilden, sind
schon zu vielseitig angenommen worden, um in meinen allerdings zu
wenig zahlreichen Untersuchungen eine neue Unterstützung finden zu
müssen. Zur gleichen Gruppe gehören sicherlich auch die Büffel-
seuchebakterien, wie sich auch im selben Sinne Oreste und Ar-
m a n n i ausgesprochen haben. Ausschlaggebende Merkmale der von
mir studirten Formengruppen unter sich sind in erster Linie das
Verhalten derselben in der Milch, dann die Beweglichkeit, das Wachs-
thum auf Gelatine, Agar und Kartoffeln. Auch dass einige von
ihnen in den Geweben entweder in zerstreuter Weise oder embolieen-
weise auftreten, ist sehr bemerkenswerth. In der Reihe der bekannten
mehr oder weniger pathogenen Bakterien möchte ich gern die der
zweiten Gruppe angehörigen, d. i. die M ars ei Ile’ sehen , die von
Billings, der amerikanischen Rinderseuche, die der Frettchen-
seuche neben die dem Typhus nahe verwandten Formen B. neapo-
litanum, coli commune, pyogenes foetidum etc. stellen.
Damit haben sie folgende Eigenschaften gemein : Die Beweglichkeit,
das typhusähnliche Wachsthum auf Gelatine, das Wachsthum auf
Kartoffeln und auf Agar, letzteres begleitet von Gasblasenbildung;
die Milchgerinaung unter Säurebildung. Durch meine Thierexperi-
meute, die allerdings fast nur in Form von subkutanen Impfungen
unternommen wurden, glaube ich die Beobachtung machen zu können,
Ludwig, Ueber die Phosphorescenz von Gryllotalpa vulgaris.
561
Hämorrhagische Septikämie
(H u e p p e)
Beweglich-
keit
Gelatine
Kartoffeln
Milch
Wildseuche (H u e p p e)
Schweineseuche (Schütz)
Kaninchenseptikämie
Binderseuche (Kitt)
Büffelseuche (Oreste-Ar-
m a n n i)
Nicht
►
beweglich
Weniger
schnelleres u.
üppig. Wach-
sen, als die an-
deren u. ver-
schieden, nicht
(yphusähnlich.J
_ Wachsen
nicht.
Nicht ver-1
änderte» 1
► kümmerl. >
Wachs- 1
• thum.
Schweineseuche (Marseille, '
B i e t s c h)
Swineplague (Billings)
Amer. Binderseuche (Bil-
lings)
Frettchenseuche (E b e r t h)
ziemlich
»lebhaft be-
weglich.
Typhusähnl.
Wachsthum.
'
Wachsen
► '
üppig.
Gerinnung
►unter Säu->
rebildung.
Hog-Cbolera (Salmon)
Swinepest (Sei an der)
lebhaft j
beweglich. I
Üppiges und ]
schnelles i
> Wachsthum, (
aber nicht 1
typhusähnlich. |
Wächst
üppig.
Wächst w.
Typhusb.
DirecteLö-V
sung (Pep-
tonisirung)
ohne vor-
gegangene
Gerinnung.
In Geweben
Liegen in
I Blutgefässen u.
[ Gewebelücken
zerstreut.
Bilden kl. Ka-
zerstreut in
Geweben.
kleine Kapil-
laren-Embo-
lieen ; nicht
zerstreut in
Geweben.
dass wahrscheinlich unter ziemlich gleichen Bedingungen die Bakterien
der zweiten Gruppe am schnellsten an Virulenz einbüsSen, dann käme
die Selander’sche, schliesslich die von Salmon. Am besten
scheinen die der hämorrhagischen Septikämie ihre Virulenz zu be-
wahren.
Au vorstehender Tafel werden solche Hauptdifferenzen und die
mögliche Gruppirung besser ersichtlich.
Frankfurt a. M.f September 1890.
Ueber die Phosphorescenz von Gryllotalpa vulgaris.
Von
Prof. Dr. F. Ludwig
in
Greiz.
Im Herbst des vorigen Jahres beobachteten zwei meiner Schüler
(H. Beutel und W. Weitze) an einer Maulwurfsgrylle (um
Greiz „Wiesenkrebs“ genannt) einen im Dunkeln mit grünlich-weissem
Lichte leuchtenden Fleck, der nach ihrer Angabe so helles Licht
ausstrahlte, dass er auch bei Tage in einer dunklen Zimmerecke,
unter einem Tuche etc. wahrgenommen werden konnte. Das Thier
wurde in einem Glas mit Erde gehalten und es war von ihm an
halb dunklem Orte nichts als die unregelmässig umgrenzte unsymme-
trisch an der rechten Seite des Körpers hinter dem Kopfe gelegene
hellleuchtende Stelle zu sehen. Die Mittheilung über diese Be-
562
Ludwig, Ueber die Phosphorescenz von Gryllotalpa vulgaris.
obaohtung wurde mir leider erst gemacht, nachdem das Thier ent-
floh en war.
In seiner Abhandlung „Ueber das Leuchten der Thiere“, Breslau
1888, in welcher eine sehr umfangreiche Litteratur über thierische
Phosphorescenz aufgeführt wird, hat Rudolf Di tt rieh die Gryllo-
talpa vulgaris unter den Leuch tthieren mit einem Fragezeichen
uotirt, ohne weitere Quellenangabe. Auf meine Anfrage theilte mir
derselbe kürzlich mit, dass seine Angabe au3 Kirby und Spence,
Einleitung in die Entomologie, Deutsche Uebersetzung. Stuttgart 1824
entnommen sei, wo sich Bd. II. p. 471 folgende Stelle findet: „Dr. Sul-
ton von Norwich erzählt, dass zu Ickleton in Cambridgeshire eine
Gryllotalpa als leuchtender Irrwisch niedergeschlagen worden sei.“
Auch G. de Kerville (Les insects phosphorescents) führt bei
Gryllotalpa nur diese Stelle aus Kirby and Spence (An Intro-
duction to Entomology, or Elements of the Natural Hi3tory of Insects.
London. 7me ed. 1860. p. 503. Letter XXV. On luminous Insects) an,
mit der Bemerkung: „Cette assertion doit etre completement erronee.“
Die im Dunkeln leuchtende Stelle des bei Greiz gefundenen
Exemplars sah bei Tag weisslich aus. Dieser Umstaud, wie auch
das unsymmetrische einseitige Auftreten der Phosphorescenz , lassen
kaum einen Zweifel übrig, dass das Leuchten durch einen photogenen
Pilzparasiten verursacht wurde. Ohne Zweifel handelt es sich um
eineu solchen auch bei anderen Tbieren, die nur gelegentlich phosphores-
cent gefunden wurden, so bei Gammarus pulex, Astacus flu-
viatilis, Thyreophora cynophila, Chironomus tendens
(vgl. D i 1 1 r i c h), bei Eidechseneiern etc. Auch Placidus Hein-
rich, dessen Werk wohl das bedeutendste über organische Phos-
phorescenz ist (Die Phosphorescenz der Körper. Nürnberg 1811 —
1820/5 Abthlgu.), das aber von Di tt rieh nicht benutzt wurde,
führt eine Anzahl solcher Thiere an.
Hier wären neuere Untersuchungen erwünscht. Auch bei den
Siisswasserthieren, deren Phosphorescenz als eine den Thieren eigen-
tümliche bisher angenommen worden ist, wie bei Ceratium cor-
nutum, . Cyclo ps brevicornis etc., dürften neuere Untersuch-
ungen nöthig sein, nachdem Giard u. A. nachgewiesen haben, dass
solche Leuchtbakterien bei kleinereu Krebsen des Meeres pathogen
auftreten köunen, und dass auch bei Pholas etc. das Leuchten auf
einer Symbiose mit Photobakterien beruht.
Sind die Urheber der Phosphorescenz unserer Landthiere und
Süsswasserthiere auch Bakterien oder höhere Pilze? Gibt es über-
haupt n ich thalo phile Bakterien? Beide Fragen harren noch
der Beantwortung.
Kühn, Neuere Versuche zur Bekämpfung der Rübennematoden
563
Neuere Versuche zur Bekämpfung der Rübennematoden.
Von
Geh. Reg. Rath Prof. Dr. .Julius Kulm,
Director des landwirtschaftlichen Instituts der Universität Halle a. S.
Von den zur Bekämpfung der Riibenneznatoden angewandten
Methoden hat sich die auf Grund des Studiums der Entwiekeiungs-
geschichte dieser argen Feinde der Zuckerrüben von mir empfohlene
Ansaat von Fangpflanzen bis jetzt am besten bewährt. Ich ent-
deckte zuerst, dass die Embryonen der Nematoden die Rübenwurzel
nicht, wie man früher glaubte, von aussen ansaugen, sondern in das
Innere der Wurzel eindringen. Ich stellte gleichzeitig fest, dass sie
hier nach kurzer Zeit ihre Wurmfonn verlieren und flaschenforrnig
anschwellen. In diesem Zustande haben sie ihr Bewegungsvermögen
verloren, bedürfen aber noch vieler Nahrung, um zum geschlecht-
lichen Thiere sich entwickeln zu können. Wird in diesem Zeitpunkte
die Nährpfianze zerstört, so müssen die angeschwollenen Larven ab-
sterben, da sie keine neue Nährpflanze aufsuchen können. Es ist
also die Aufgabe, die Würmer durch geeignete Nähr-
pflanzen gleichsam einzufangen, um sie dann durch
Zerstörung derselben mit zu vernichten. Als beste
Fangpflanze hat sich seiner zarten Wurzelbildung wegen der Som-
merrübsen bewährt. Werden vier Fangpflanzensnaten nach einander
während eines Jahres aDgesäet und rechtzeitig in vorscbriftsmässiger
Weise zerstört, dann sind die Nematoden in solchem Grade vermin-
dert, dass Aecker, welche bei stärkster Düngung nur 60 Ctr. oder
noch weniger Zuckerrüben pro Morgen trugen, schon im nächsten
Jahre nach Anwendung der Fangpflanzen eine Ernte an geputzten
zuckerreichen Rüben von 185 Ctr. und mehr pro Morgen lieferten,
wie sie dem Ertrage rübensicherer Böden der betreffenden Feldlage
und des betreffenden Jahrganges entsprachen. Durch Nematoden
extrem rübenmüd gemachte Böden erlangten also
plötzlich mittelst der Fangpflanzenmethcde ihre frü-
here Ertrags fähigkeit wieder. Auch wenn mit dem dritten
Jahre die Zuckerrüben wiederkehrten, war ihr Ertrag ein noch sehr
guter. — Durch dieses Bekarupfuugsverfahren werden die Nematoden
aber nicht gänzlich vernichtet und die verbleibenden Reste geben
um so mehr Veranlassung zu neuer Vermehrung, als die sämmtlichen
Hairngetreidearteu und zahlreiche Unkräuter ebenfalls zu den Nähr-
pflanzen dieser Schmarotzer gehören und ihre Entwickelung in hohem
Maasse begünstigen können. Es ist deshalb erforderlich, nach
einem Jahre gründlicherer Reinigung auch später noch das
Niederhalten der Nematoden durch geeignete Maassnahmen
zu bewirken. Ein Versuch, dieses Ziel dadurch zu erreichen, dass
in die Stoppeln des nach den Rüben folgenden Getreides bald nach
der Ernte eine Herbstfangpflanzensaat ausgeführt wurde, führte nicht
sicher zum Ziel. Der Ausfall des Getreides läuft häufig früher auf,
564
K ü h n,
als der Rübsen. Zerstört man nun erst, wenn die Entwickelung der
Nematoden den geeignetsten Zeitpunkt in den Rübsenwurzeln erreicht
hat, dann sind diese Schmarotzer an den Wurzeln des Getreideaus-
falles schon zu weit ausgebildet und führen zu einer theilweisen
Vermehrung derselben ; bricht man das Feld aber früher um , dann
ist die Rübsensaat vergebens ausgeführt und der Effekt zu gering.
Ich schlug deshalb einen andern Weg ein, indem ich versuchte, den
Zweck durch den Anbau des Hanfes zu erreichen. Dieser
kann noch Ende Mai gesäet werden, es ist daher möglich, vor seiner
Aussaat eine Frühjahrsfangptlauzensaat zu zerstören. Der Hanf ge-
dieh auch bei diesem Verfahren vortrefflich, und als nach zweimaligem
Hanfbau im dritten Jahre (1886) Zuckerrüben folgten, ergaben diese
auf der einen, zu Häuf mit Stallmist gedüngten Parzelle 210,93 Ctr
pro Morgen bei 17,62 °/0 Zucker im Saft, und auf einer andern,
zu Hanf mit künstlichen Düngemitteln gedüngten Parzelle 182,59 Ctr
bei 16,85 °/0 Zucker im Saft. — Im Jahre 1889 wurden nach zwei-
maligen vortrefflichen Hanfernten, denen im Frühjahr jeden Jahres
eine Fangpflanzensaat voranging, 220 Ctr 44 Pfd Zuckerrüben mit
17,7 °/0 Zuckergehalt gewonnen. Es ist somit in der That möglich,
durch gelungene Fangpflanzeusaateu , die im Frühjahr dem Hanf
vorangehen, die Nematoden in solchem Maasse niederzu-
halten, dass normale Rübenernten gewonnen werden
können.
Es gelang aber bis jetzt nicht, eine befriedigende Verwerthung
des Hanfes zu erzielen. Die gewöhnlichen Zubereitungsmethoden des
Hanfes sind in dem Grossbetriebe der Zuckerrübenwirthschaften nicht
durchführbar und werden auch hier zu kostspielig. Die Versuche,
durch Maschinen ohne vorheriges Rösten die Bearbeitung des Hanfes
auszuführen, blieben bisher ohne praktisch verwerthbares Resultat.
Es steht jedoch, wie es scheint, die Lösung der Frage bevor. Herr
Max Raabe in Gomeral in England konstruirte eine Maschine,
welche zunächst für Rame bestimmt, auch für Bearbeitung des Hanfes
benutzt werden kann. Eine dem auf unserm Versuchsfelde erbauten
Hanf entnommene und nach Gomeral gesandte Probe wurde in sehr
befriedigender Weise entfasert. Die Maschine zu erlangen, dürfte aber
erst möglich sein, wenn der Erfinder sein Patent verwerthet haben
wird. Dann wird auch der Anbau des Hanfes wieder zur Mitanwendung
kommen können beim Niederhalten der Nematoden. Die bisherigen
ungünstigen Erfahrungen mit dessen Verwerthung veranlassten mich
aber, nach weiteren Pflanzen zu suchen, weiche vor ihrem Anbau eine
Frühjahrsfangpfianzensaat zulassen. Zunächst versuchte ich die
Kultur des Spätleines. Die Qualität des hier in der Provinz
Sachsen bei Maisaat gewonnenen Leines war jedoch nicht befriedigend.
Um so mehr war ich erfreut, als ich auf einen günstigeren Ausweg
durch eine im Jahre 1889 gemachte Erfahrung aufmerksam wurde.
Ein Stück älterer Luzerne hatte über Winter nicht unerheblich ge-
litten, uod als die Hoffnung, es möchte sich bei günstiger Frühjahrs-
witterung wieder erholen, fehl zu gehen schien, entschloss ich mich
zum Umbruch mit Doppelpflügen und brachte am 16. Mai auf dies
Land das vom Kartoffelsortiment übrig gebliebene Saatgut, Die
Neuere Versuche zur Bekämpfung der ßiibenn ematode n.
565
Kartoffeln entwickelten sich gut und ergaben durchschnittlich pro
Morgen 84,24 Ctr. Die Qualität war bei den frühen wie bei
den später reifenden Sorten eine ganz befriedigende Dies Re-
sultat führte mich zu dem Gedanken: Frühkartoffeln als Spät-
kartoffeln zu bauen, d. h. Sorten mit kürzerer Entwicke-
lungszeit spät auszulegen, um vorher eine Fangpflanzensaat
zerstören zu können. Ich stellte im Jahre 1890 zur Prüfung dieser
Idee einen Versuch auf einer Fläche von 8 Morgen an. Die Fang-
pflanzen wurden am 25. März gesäet und am 16. Mai zerstört. Das
Auslegen der Kartoffeln erfolgte am 22. Mai auf eben geeggtem
Lande mit dem Spaten. Darauf ward sogleich eine zweite Fang-
pflanzensaat ausgeführt, die zum geeignetsten Zeitpunkte durch
Furcheneggen und Handhacken, sowie zum Theil durch Aufnehmen
der Pflänzchen mit der Hand vernichtet ward. In diesem Zeitpunkte
(am 21. Juni) hatten die aufgelaufenen Kartoffeltriebe eine Höhe von
ca. 10 cm erreicht. Bei diesem Versuch wurden 54 Sorten in
Vergleich gezogen, und zwar 34 frühe und mittelfrühe, 10 mittel-
späte und 10 Spätkartoffeln. Die erstere Gruppe war zur Zeit
der Ernte zum Theil gänzlich abgestorben, zum Theil stark ab-
gewelkt. Die zweite Gruppe zeigte welkes oder halbwelkes, die
dritte Gruppe noch grünes Laub. Die einzelnen Sorten verhielten
sich bei diesem späten Ausiegen nicht gleichmässig in ihrem Ertrage.
Ich werde darüber im 8. Hefte der „Berichte“ unseres landwirt-
schaftlichen Instituts ausführliche Mittheilung machen, hier führe
ich nur diejenigen auf, welche die günstigeren Resultate gaben, und
nenne Ertragszahlen pro Morgen nur bei solchen Sorten, welche
mindestens auf einer Fläche von 6 Ar zum Anbau gelangt waren.
Einen besonders günstigen Ertrag gab Paulsen’s Rosalie, pro
Morgen 127,65 Ctr bei 9,1 °/0 kranken Knollen und 15,1 °/0 Stärke-
gehalt, was pro Morgen eine Stärkeproduktion von 1927,5 Pfd er-
gibt. Es ist dies eine mittelfrühe Sorte von gutem Geschmack, also
als Speisekartoffel brauchbar.
Hortensie, eine wohlschmeckende mittelfrühe Speisekartoffel,
ergab 109,78 Ctr pro Morgen bei 3,4 °/(, kranken Knollen und 14,5
bis 17,1, im Mittel von vier Bestimmungen 16,1 °/0 Stärke, was
1767,4 Pfd Stärke pro Morgen ergiebt.
Die gelbe Rose, eine sehr gute Speisekartoffel, ergab 92,76 Ctr
pro Morgen mit 8,58 °/0 kranken Knollen bei 16,2 °/0 Stärke, mit-
hin 1502,7 Pfd Stärkeproduktiou pro Morgen.
Die Alpha, eine wohlschmeckende Speisekartoffel, am frühesten
abgestorben, zeigte keine kranken Knollen und ergab 77,65 Ctr pro
Morgen bei 15,4 °/0 Stärke. Paulsen gibt für diese Sorte den Er-
trag pro 1890 bei normaler Auslegezeit pro ha zu 32666 Pfd an,
was 83,4 Ctr pro Morgen, also nicht viel mehr austragen würde.
Die irühe Nassengrunder ergab zwar noch 70,2 Ctr pro
Morgen bei einem mittleren Stärkegehalt von 19,9 %, aber sie lieferte
17% kranke Knollen, ist daher zum Spätauslegen wegen dieser
Neigung zu leichtem Erkranken nicht zu empfehlen.
Von frühen und mittelfrühen Sorten zeigten sich noch relativ günstig
im Ertrage: Paulsen’ sJuli, Pa ulsen’sRothhaut,Fiftyfold,
566
Bakterien iro Answurf.
frühe Rose, Richter’s frühe Zwiebel, Richter’s ovale
frühblaae, Heine’s Del icatesse, frühe Maus, Schnee-
flocke, Silberhaut, Braunschweiger Zuckerkar toffel,
Early Sunrise, Pauline Lucca, Regent, Alkohol, Chan-
cellor»
Von mittelspäten und späten Sorten ergaben folgende relativ
gute Erträge:
Paulsen’s Matador pro Morgen 111,9 Ctr bei 2,6% kranken
Knollen und 11,99 — 14,5% Stärkemehlgehalt.
Paulsen’sAnderssen ertrug pro Morgen 92,33 Ctr bei 0,74, °/0
kranken Kuollen und 19,9 °/0 Stärke, was pro Morgen einen Stärke-
ertrag von 1837,4 Pfd ergibt. Paulsen fand in demselben Jahr-
gange bei frühem Auslegen 33500 Pfd Ertrag pro ha und 20,7 °/0
Stärke, was 1770,3 Pfund Stärkeproduktion pro Morgen entspricht,
also der auf unserm Versuchsfelde gewonnenen StärkemeDge sehr
nahe kommt.
Die späte Sorte Hermann ergab 89,09 Ctr pro Morgen bei
2,46 °/0 kranken Knollen und einem Stärkegehalt von 20,7 °/0, somit
einen Ertrag an Stärke pro Morgen von 1844,2 Pfd.
P a u 1 s e n’s Odin gab 79,99 Ctr pro Morgen mit 2,44 °/0 kranken
Knollen und 17,1 °/0 Stärke;
Paulsen’s Aurelie 78,29 Ctr bei 7,5 °/ö kranken Knollen und
17,5 D/(1 Stärke;
Paulsen’s Juno 74,96 Ctr bei 1,27 °/0 kranken Knollen und
19 4 *V Stärke *
Die weissfleischige Zwiebel 63,88 Ctr bei 22,95 °/0
kranken Knollen und 20,1 °/h Stärke.
Von sonstigen späten und mittelspäten Sorten zeigten noch be-
friedigende Erträge: El ep haut, Magnum bonum, Deutscher
Reichskanzler, Charlotte, Amarauth, Athene, Frigga,
Fürst Lippe.
(Schluss fulgt.)
Referate.
Pansini, S«, Bakteriologische Studien über den Aus-
wurf. [Aus dem bakteriologischen Laboratorium der Zoologischen
Station zu Neapel.] (Virchow’s Archiv. Bd. CXXII. 1890.)
Während es an Untersuchungen nicht mangelt, die sich mit der
genauen Beschreibung der im Wasser, in der Luft etc. vorhandenen
Bakterien beschäftigen, fehlte es bis vor Kurzem an einer syste-
matischen Bearbeitung der Mikroorganismen des Sekretes der Luft-
wege. Theilweise wurde diese Lücke durch v. Besser au3gefüllt,
der die Bakterien, welche Trachea und Bronchien im normalen Zu-
stande enthält, bestimmte. Eine solche Untersuchung war nur ara
Kadaver anzustelien, für die pathologischen Sekrete der Luftwege liess
Bakterien im Answurf.
567
sich die Methode selbstverständlich nur in beschränktem Maasse be-
folgen; dem Verf. stand zudem nur der eine Weg offen, den Aus-
wurf zu examiniren.
Die Untersuchung geschah in dreierlei Weise, durch Präparate
des Sputums, durch Verimpfung desselben auf Thiere und durch An-
fertigung von Kulturen. Die ersten beiden Methoden, die ja auch
schon vielfach geübt worden sind, versprechen von vornherein keine
wesentlich neuen Resultate. Selbst von den bekannten Bakterien ist es
eigentlich nur der Tuberkelbacillus, der sich im mikroskopischen Prä-
parate mit Sicherheit erkennen lässt. Nicht einmal der Pneumonie-
coccus ist genügend charakterisirt, um eine gewisse Diagnose zu ge-
statten ; denn erstens ist die Kapsel und die Lanzettform bei dem-
selben oft sehr wenig oder gar nicht ausgeprägt, zweitens gibt es
andere Kapselbakterien, die unter demselben Bilde erscheinen können.
Verf. hat selbst ausser schon bekannten einen neuen derartigen Or-
ganismus isoliren können, den Bacillus tenuis sputigenes.
Derselbe tritt als Diplococcus oder Diplobacillus auf, der
sich nach der Grara’schen Methode färben lässt, in Gelatine bei
gewöhnlicher Temperatur wächst, auf der Oberfläche derselben aber
keine nagelkopfartige Anschwellung bildet, wie F r i e d 1 än d er ’s
Bacillus, sondern sich flach ausbreitet. Auch auf Kartoffeln findet
üppige Entwickelung statt, Milch wird unter Säurebildung koagulirt.
Dieses Bacterium ist pathogen für Kaninchen und weisse Ratten,
nicht für Meerschweinchen und (in kleinen Dosen) für weisse Mäuse.
Die ersteren sterben nach Einimpfung von 1/2 — 1 ccm Bouilionkultur
in 1 — 2 Tagen uDter dem Bilde der Septikämie. Zahllose Kapsel-
bakterien zeigen sich im Blute.
Das Thierexperiment mit direkter Inokulation des Auswuris er-
gab bei 4 pneumonischen Sputis den Tod der Kaninchen durch den
Pneumoniecoccus, von 10 Kaninchen, die mit Auswurf von
Phthisikern (3—4 cem) geimpft wurden, starben 3 ebenfalls an der
bekannten Septikämie, 3 an fauligen Abscessen, die übrigen viel
später an Tuberculose. Vou 30 Meerschweinchen, die ebenfalls mit
phtbisischem Sputum (2 ccm) subkutan infizirt wurden, gingen 6 in
2 — 6 Tagen an putriden Abscessen zu Grunde, die übrigen an Tuber-
culose. Hühner erwiesen sich refraktär gegen Einimpfung desselben
Sputums oder bekamen theils Abscesse, theils lokale Tuberculose. Die
Aetiologie all dieser Abscesse konnte nicht genügend aufgeklärt werden :
von den durch Platten aus dem Bakteriengemisch isolirten Mikro-
organismen besass keiner die Fähigkeit, in Reinkulturen Eiterung zu
erzeugen. Nur in einem Falle war der eitrige Inhalt so virulent,
dass er in der Menge von einer Platinöse auf 2 Meerschweinchen
successiv verimpft, wieder dieselbe Eiterung hervorrief.
Das Hauptgewicht der Arbeit hat Verf. auf die Reinzüchtung
der im Auswurf vorhandenen Mikroorganismen gelegt. In 52 Fällen
wurden Agarpiatten gegossen, von denen nach 1 — 2-tägigem Aufent-
halte im Brütofen die differenten Kolonieen isolirt wurden. (In 30 Fällen
fertigte Verf. Gelatineplatten an: die Resultate wichen wesentlich nur
darin ab, dass die den Pneumoniekokken ähnlichen Bakterien auf
diesen nicht erschienen.) Die 52 Fälle erstreckten sich auf 45 In-
568
Baktarien im Aaswurf
dividuen, von denen 24 an Phthisis in den verschiedensten Stadien,
4 au fibrinöser, 1 an katarrhalischer Pneumonie, 2 an Bronchitis, 8 au
Influenza litten und 6 sogenannte „Gesunde“ in den Morgenstunden
im Stande waren, durch Husten einiges Sekret zu Tage zu fördern.
In einigen Fällen wurde der Auswurf desselben Individuums an ver-
schiedenen Tagen untersucht.
In einem Puukte — das ist das Hauptergebnis der
Arbeit — stimmten die Befunde in allen 52 Fällen überein: die
Grundlage der Agarplatten war überall durch kleine Kolonieen ge-
bildet, die denen des Fraenkel-Weichselbaum’ scheu Pneu-
moniecoccus glichen. Bei genauerer Untersuchung stellte sich
heraus, dass sie derjenigen Gruppe von Mikroorganismen angehörten,
die Ref. mit dem Namen Schleimhautstreptokokken bezeichnet
hat (dieses Centralbl. Bd. VII. S. 663), deren wichtigster Vertreter
allerdings der Diplococcus der Pneumonie ist. Verf. konnte zu
deu 5 in den „Influenzastudien“ des hiesigen Laboratoriums (a. a. O.
S. 662) unterschiedenen Arten 3 neue hinzufügen, von denen die erste,
No. 6, dadurch charakterisirt ist, dass die Kolonieen auf Agar zu
einem gleichmässigen Ueberzug Zusammenflüssen, die zweite, No. 7,
im Gegensatz zu den vorhergehenden, nicht in weuigen Tagen abstirbt,
sondern sich 2 Monate auf Agar lebensfähig erhält, ferner die Milch
nicht koagulirt, die dritte, No. 8, ebenfalls lange Zeit resistirt, aber
die Milch koagulirt, No. 6—8 sind nicht pathogen. [Verf. lässt sich
auf die Frage nicht ein, in welchem Verhältniss die Schleimhaut-
streptokokken zu einander stehen, ob sie etwa alle oder zum Theil
in einander überzuführen sind. Weitere Versuche werden darüber
Auskunft geben.] Bemerkt werden muss, dass über die Frequenz der
einzelnen Arten oder Varietäten keine präcisen Angaben gemacht
werden konnten, da die Thatsache mehrfach konstatirt wurde, dass
verschiedene Formen neben einander auf derselben Platte vorkamen,
obwohl keine sichtbaren Differenzen der Kolonieen bestanden.
Im Gegensatz zu diesen regelmässigen Bewohnern des Auswurfs
wurde keiner der übrigen Mikroorganismen konstant gefunden. Im
Ganzen wurden 21 Arten Baciilen, 10 Arten Kokken (ausser
den obigen Schleimhautstreptokokken) und 3 Pilze isolirt.
Von bekannten pathogenen Bacillen fanden sich 2 mal der
Bacillus pyocyaneus (bei Phthisikern), 3 mal der Bacillus
pneumoniae Friedländer (ebenfalls bei Piithisikern). Ein neuer
pathogener Organismus, der 2 mal bei Phthisikern und 1 mal bei
katarrhalischer Pneumonie vorkam, ist der oben schon charakterisirte
Bacillus tenuis sputigenes. Von den übrigen Bacillen ge-
hören die verflüssigenden theils zu der Gruppe des Bacillus sub-
tilis, theils zu der des Proteus vulgaris, ohne doch in allen
Charakteren mit diesen übereinzustimmen. Die meisten waren ganz
unschädlich, auch wenn sie in grossen Dosen den Versuchsthieren
einverleibt wurden, nur einige wenige entfalteten eine Gift Wirkung.
Pigmentbildner sind ausser dem Bacillus pyocyaneus der
Bac. aureus, Bac. coccineus, Bac. squamosus, Bac.No. 11,
No. 12, Bac. fluorescens putridus, Bac. fluorescens non
liquefaciens.
Bakterien im Sputum. — Eitrige Pucrperalerkrankungeo.
569
Unter den Kokken (abgesehen von den Schleimhautstrepto-
kokken) waren 3 pathogene Arten vertreten: der Streptococcus
pyogenes (4mal), der Staphylococcus pyogenes aureus
(3 mal), der Staph. pyogenes albus (lmal). Alle diese Eite-
rungserreger wurden bei Phthisikern gefunden. Auffälliger Weise
konnte der Micrococcus tetragenus nicht ein einziges Mal
nachgewiesen werden. Von den übrigen unschädlichen Arten wurden
ziemlich häufig konstatirt der Micrococcus albus liquefaciens
von Besser, der Micrococcus versicolor und verschiedene
Sarcinen. Sehr gemein war eine bisher nicht beschriebene Art, die
Verf. Sarcina variegata nennt, weil sie in Gelatinekulturen Gra-
nula bildet, welche — in demselben Impfstich — bald eine weisse,
bald eine gelbe oder rothe Farbe zeigen, ohne dass eine Regel zu er-
kennen wäre.
Von Pilzen wurde in 4 Fällen der Soorpilz, Saccharomyces
albicans, ausserdem einige Male 2 0 i d i u m arten gefunden, die
bisher noch nicht beschrieben waren.
Was die relative Häufigkeit der verschiedenen Mikroorganismen
in den Sputis anbetrifft , so ist eine Thatsache nicht zu verkennen.
Die Bacillen sind entschieden reichlicher vertreten in den Answürfen
von Phthisikern, namentlich solchen, bei denen schon Kavernen nach-
weisbar sind. Dass diese Bacillen übrigens wesentlich unschädlicher
Natur sind, wurde oben schon bemerkt. Die Zahl der Fälle, in denen
Eitermikroorganismen gefunden wurden, ist auffällig gering. [Seit
dem Abschluss dieser Arbeit hat eine Reihe von Untersuchungen, die
vom Ref. gemeinsam mit dem Verf. ausgeführt worden sind, ergeben,
dass die Schleimhautstreptokokken es sind, die für eine eitrige Be-
schaffenheit des Auswurfs verantwortlich gemacht werden können,
iüdem es in zahlreichen Fällen gelungen ist, durch Reinkulturen
dieser Organismen subkutane Eiterungen bei Versuchstieren zu er-
zielen.] W. Kruse (Neapel).
ßubeska, W , Beiträge zur Pathogenese eitriger Puer-
peralerk.rankuDgen und insbesondere solcher Peri-
tonitiden. (Casopis ceskych lek. 1891. No. 1 und 2.) [Böhmisch.]
Es ist bereits allgemein anerkannt, dass die Puerperalerkrankungen
infektiösen Ursprunges seien, und sie werden daher in eine Reihe
mit den accidentellen Wunderkrankungen gestellt. In den Lochien
schwer erkrankter Wöchnerinnen wurden Streptokokken , zumeist
allein, mitunter auch neben anderen Bakterien nachgewiesen, weshalb
sie für die Erreger von Erkrankungen der ersten Wege als Puer-
peralgeschwüre, puerperale E ndometri tiden angesehen
werden müssen. R. wies ferner den Streptococcus pyog. auf
seinem weiteren Eindringen in den Organismus, das heisst in eitrigen
parametriti sch e n Exsudaten nach. In 5 einschlägigen Fällen
war der Kettencoccus 4 mal in Reinkultur, 1 mal in Gemeinschaft
mit Staphylococcus pyog. aur. vorhanden.
In 2 Fällen eitriger Perimetritiden fanden sich 1 mal Streöto-
kokken, das andere Mal Staphylokokken vor.
570
Poerper&lerkracknngeo. — Akünomykosc.
Von weiteren Puerperalerkrankungeu hat R. uoch 9 zur Sektion
gelangte Fälle von allgemeiner Peritonitis, von welchen 7
nach Laparotomieen und anderen Operationen entstanden sind,
bakteriologisch untersucht und in sämmtlichen, aus was für Ur-
sachen entstandenen peritouitischen Exsudaten ausnahmslos enorme
Mengen von Kettenkokken neben kürzeren und längeren Stäbchen
und 2 mal in Gemeinschaft mit Staphylokokken nachgewiesen. Die
Bacillen waren „der Mehrzahl nach nicht pathogen“. [Genauere An-
gaben fehlen. Ref.] Auf Grund dieser , sowie der Ergebnisse an-
derer Forscher gelangt Verf. zu dem Schlüsse, dass sämmt liehe
Puerperalerkrankungen in der Regel durch den Strep-
tococcus pyogenes, seltener durch den S t aphy lo co c c us er-
zeugt werden, wenu auch zugegeben werden mag, dass in seltenen
Ausnahmsfällen auch andere pathogene Bakterien , z. B. Tetanus-
bacillen, zu Erkrankungen während des Puerperiums Veranlassung
geben können. Dann sind die letzteren aber Erkrankungen sui
generis und vom gewöhnlichen Puerperalfieber zu unterscheiden.
Kamen (Czernowitz).
Bostroem, Untersuchungen über die Aktiuomykose des
Menschen. (Ziegler ’s Beiträge zur pathologischen Anatomie
und zur allgemeinen Pathologie. Bd, IX. Heft 2.)
Bostroem verfügt über zwölf eigene Beobachtungen von Aktino-
mykose des Menschen, welche er einer eingehenden anatomischen und
bakteriologischen Untersuchung unterzogen hat. Sitz der Erkrankung
waren Oberkiefer, Unterkiefer, Hals, Wirbelsäule, hinteres Mediastinum
und Thorax, Lungenparenchym (mit Propagation auf die Brustwand),
endlich in 2 Fällen der Unterleib. Die Infektion war theils vou der
Mund-Rachenhöhle, theils vom Respirationstractus, theils vom Darm-
tractus aus erfolgt.
Die Actinomyceskörner haben eine weisslichgraue , opake
Färbung. Daneben findet man aber auch solche von grau gallertiger
wie glasiger Beschaffenheit, die fast zerfliessen. Diese letzteren sieht
Bostroem als die jüngsten Actinomyceskolonieen an, weil sie
bloss aus locker gefügten, verzweigten, fadenförmigen Pilzeiementen
bestehen und keine grösseren Kolben und Keulen enthalten. Bei
reichlicher Anwesenheit derselben findet mau eine starke Verflüssigung
des Gewebes. Die etwas älteren Kolonieen sind opak weiss, die
noch älteren gelblich, gelbbräunlich oder gelbgrünlich. Mikroskopisch
findet man an frischen, zerdrückten Actin omyceskörnern : 1) keu-
lenförmige Gebilde, 2) ein central gelegenes Fadeuwerk, 3) feine,
verschieden grosse, kokkenähnliche Körperchen. Es kann aber der
eine oder andere Bestandteil vollständig fehlen.
Die Mehrzahl der kleineren koloigen Anschwellungen besitzt eine
homogene und gleichmässige Struktur. Die glänzende Substanz der
Koiben zeigt bei guter Isolirung der letzteren mit starker Vergrösse-
rung eine zierliche, konzentrische Streifuug. Das Centrum, um welches
diese Schichtung erfolgt, wird von einem mit dem centralen Pilz-
geflecht der Druse zusammenhängenden Pilzfaden gebildet. Die
äussere Gestalt des starren, geschichteten, sich nur diffus färbenden
Äktinomykose.
571
Kolbens entspricht immer der Gestalt des central in ihm verlaufen-
den Pilzfadens. Die central in den Kolben verlaufenden Pilzfäden
sind theils vollkommen gleichmässig glashell, wie gequollen, theils
noch heller und durchsichtiger. In diesen letzteren findet man runde,
stark glänzende, farblose, perlenartige Kügelchen in bestimmten Ab-
ständen von einander. Bostroem sieht diese Kügelchen als
Sporen an.
Quertheilung hat Bostroem an den Actinomyces keulen wie-
derholt beobachtet. Die Kolben bilden keineswegs Fruktifikations-
organe, sondern Degenerationsformen, die durch regressive Metamor-
phosen an der Pilzscheide entstehen. Bostroem vermuthet, dass
es sich wahrscheinlich um eiue Vergallertung der Pilzscheide handelt.
Es kann hier auf die Details der Untersuchungen des Autors
nicht näher eingegangen werden.
Das Resultat seiner Untersuchungen hinsichtlich der Morphologie
und Biologie des Actinomyces fasst Bostroem in folgender
Weise zusammen.
Der Actinomyces ist ein verzweigter Fadenpilz ; die Verzwei-
gung ist eine echte. Die Zweige bestehen zunächst aus soliden, gleich-
mässigen Fäden; diese theilen sich durch fortgesetzte Quertheilung
iu längere Fäden, lange und endlich ganz kurze Stäbchen und diese
gehen durch weitere Quertheilung in kleine, rundliche, mikrokokken-
artige Gebilde über. Die einzelnen Fäden oder Theile derselben sind
stets mehr oder weuiger stark wellig gebogen ; es kommen aber auch
exquisite Spirillen- und spirochätenartige Schraubenbildungen vor, für
die äussere Ursachen formbestimmend sind. Der Actinomyces
gehört zu den pleomorphen Bakterien.
• Da die mikrokokkenartigen Bildungen, aus den Scheiden ausge-
treten, zunächst wieder zu kurzen, dann langen Stäbchen, endlich zu
längeren und auch verzweigten Fäden heranwachsen, so müssen die-
selben als Sporen bezeichnet werden ; ob es sich um arthrospore oder
endogene Sporen handelt, konnte nicht entschieden werden. Jeder
Theil eines Fadengeflechtes kann, abgetreDnt, sich weiter entwickeln.
In Folge einer eigeuthümlichen Degeneration der Pilzscheide, welche
vorläufig als eine Vergallertung aufgefasst wurde, kommt es sowohl
im Verlauf der Fäden, als ganz besonders an den Enden derselben
zu Anschwellungen, den sog. Kolben; innerhalb derselben kann ent-
weder ein solider oder aus Stäbchen zusammengesetzter oder in seinem
Innern mit Sporen erfüllter Pilzfaden zunächst noch erkannt werden.
Die supponirte Gallertsubstanz, zuerst weich und biegsam und in
Wasser löslich, nimmt mit dem Alter eine immer festere Konsistenz
an; es treten in derselben deutliche Scbichtungsgrenzen auf, und der
central gelegene Pilzfaden sowie seine Bestandteile, zuletzt, wie es
scheint, die Sporen gehen zu Grunde. Der aus dem Kolben hervor-
ragende, die Verbindung derselben mit der Pilzkolonie herstellendc
Pilzfaden geht dann auch zu Grunde, der Kolben wird von dem Pilz-
verbande abgeworfen ; diese freien Kolben sind am unteren Ende stets
quer abgestutzt. Offenbar in Folge von Feuchtigkeitsdifferenzen be-
kommt die immer härter und spröder gewordene Substanz dieser
Kolben Sprünge, wodurch unter Auflockerung und Entfaltung der
572
Aktmomykose,
Schichten an der zuerst glatten, einfachen Oberfläche zahlreiche finger-
förmige Fortsätze auftreten; hierdurch erhalten die Kolben Hand- oder
Spargelkopfformen; ist die Auflockerung der Substanz auf die ganze
Kolbenoberfläche ausgedehnt, so kommen tannenzapfenartige Gebilde
zu Stande. Diese Vorgänge sind früher als Sprossungen der Kolben
bezeichnet worden; diese existiren als solche nicht, ebensowenig wie
eine nachträgliche quere Segmentirung der Kolben; eine solche quere
Gliederung der Kolben kommt allerdings vor, findet ihre Erklärung
aber in einer ungleichmässig auftretenden Degeneration der Pilz-
scheide; die dadurch entstandenen Segmente werden nach Degene-
ration oder Zerstörung des sie verbindenden centralen Pilzfadens frei.
Die ausgebildeten Kolben sind todte, nicht mehr entwickelungsfähige
Gebilde.
Der Actinomyces bildet in sich geschlossene Verbäude, die
Drusen. Wenn nicht ausserhalb liegende Störungen auf ihr Wachsthum
einwirken, so sind dieselben nach einem bestimmten Typus gebaut. Sie
haben die Gestalt von Hohlkugeln, deren Kugelmantel an einer Stelle
eine Oetfnung hat; aus dieser wächst das Wurzelgeflecht der Kolonie
nach aussen in das Gewebe hinein. Der Kugelmantel besteht aus
dem durch dichteste Verfilzung des Pilzes gebildeten Keimlager;
dieses entsteht durch eine in allen Richtungen erfolgende, ununter-
brochen dichotomische Theilung der Fäden und durch die Anhäufuug
von Sporen. Das Innere der Kugel besteht aus weniger verzweigten,
regellos angeordneten Fäden. Von dem Keimlager erheben sich die
Faden in Form von zunächst wenig verzweigten, schlank in die Höhe
strebenden, später reichlicher verzweigten Strahlenbüscheln. Ganz
aussen liegt die Kolbenschicht, welche meist aus abgeworfenen Kolbeu
besteht; manchmal ragen einzelne gewundene oder spiralige Pilzfäden
oder ganze Strahlengruppen über die letztere hinaus. Mit dem Alter
der Drusen und bei fortschreitender Degeneration nimmt der fädige
Theil derselben immer mehr ab, die Kolbenmasse immer mehr zu;
die abgestorbene Druse besteht aus Kolben und degenerirten Fäden,
an welchen der ursprüngliche Bau der Druse im günstigsten Falle
in einfachster Form noch zu erkennen ist. Die abgestorbenen Theile
der Druse können verkalken; da die Vergallertung der Fäden von
aussen nach innen fortschreitet, nimmt die Verkalkung denselben Weg..
Einfache und verzweigte PilzfädeD, auch mit. Sporen, werden
nicht selten innerhalb von Rundzellen angetroflen ; unter Aufquellung,
fortschreitender Nekrose des Zell protoplasmas und Untergang des
Zellkerns werden die Pilzfäden frei; ob eine Verschleppung des Pilzes
durch die Zellen stattfindet, ist nicht erwiesen, jedoch wahrscheinlich.
Der Actinomyces ruft in dem befallenen Gewebe eine Entzün-
dung hervor; innerhalb der entzündlichen Gewebsneubildung tritt. ent-
weder ein schnell um sich greifender nekrobiotischer Zerfall ein, der
zur Bildung von Erweicbungsherden führt, sie eröffnen sich gern©
nach aussen oder in benachbarte Hohlorgane, oder es kommt zur Ent-
wickelung eines ausgedehnten entzündlichen Granulationsgewebes, durch
welches der Pilz in seiner Entwickelung gehemmt werden kann, indem
dann die Degeneration der Pilzfäden mehr um sich greift. Das
entzündliche Granuiationsgewebe geht, wenn der Entzündungsreiz,
Aktinomykose.
573
obgleich abgeschwächt, bestehen bleibt, in Schwielenbildung über;
fällt der Entzündungsreiz fort, so bildet sich oft eine der Grösse des
Entzündungsherdes kaum entsprechend grosse, glatte Narbe.
Der Actinomyces veranlasst keine Eiterung und keine Lymph-
drüsenmetastasen. Wo der Pilz vegetirt, ist Entzündung und Er-
weichung des entzündlichen Gewebes vorhanden; wo seine Entwicke-
lung gehemmt, oder wo derselbe abgestorben ist, bildet sich vorzugs-
weise ein entzündliches Granulationsgewebe, welches in Bindegewebs-
bildung übergeht.
Die Aktinomykose kann daher nicht zu der Gruppe der infektiösen
Granulationsgeschwülste gerechnet werden.
Bostroem rechnet, ebenso wie andere Autoren, den Actino-
m y c e s -pilz zu der Gruppe der „C 1 a d o t h r i x“, also zu den Spaltalgen.
Sämmtliche Versuche, den Pilz auf gesunde Thiere (Kälber,
Schweine, Kaninchen, Meerschweinchen) zu übertragen, blieben
erfolglos.
Bei der Kultivirung des Pilzes auf künstlichen Nährböden hält
Bostroem das Zerdrücken der Actinomyceskolonieen zwischen
zwei Glasplatten für sehr zweckmässig. Doch ist es nöthig, reichliche
Mengen von Körnern und von Erweich ungsfiüssigkeit zu verwenden
und eine grosse Zahl von Kulturen anzulegen.
Zuweilen wachsen die Kolonieen schon bei Zimmertemperatur
auf Gelatine und auf Agar aus; besser geht die Entwickelung auf
Agar und auf Blutserum bei höherer Temperatur vor sich.
Während die bei Anlegung von Kulturen miteingeführten Kolben
keine vegetativen Vorgänge erkennen lassen, wächst der fädige Tbeil
der A ctin omycesdrusen aus.
Der Actinomyces gehört unter die fakultativen Anaerobiern
Dem Ein trocknen gegenüber ist er sehr widerstandsfähig.
In einigen Fällen konnte Bostroem mitten in einem aktino-
mykotischen Erweichungsherde einen Theil einer mit Actinomyces-
kolonieen besetzten Getreidegranne konstatiren. Er ist der Ansicht,
dass, ebenso wie beim Tbiere, so auch beim Menschen der Prozess,
durch infizirte Getreidegrannen hervorgerufen werde.
Konnte hier nur ein Theil des Inhaltes der Bostroem ’schen
Arbeit in groben Umrissen wiedergegeben werden, so müssen alle
jene, welche sich mit dem Studium der Aktinomykose eingehender
beschäftigen wollen, auf die Originalarbeit verwiesen werden, aus
welcher sie zumal an der Hand der zahlreichen, trefflich ausgeführten
Abbildungen manche bisherige Lücken auf diesem Gebiete werden
ausgefüllt finden, wobei allerdings zugegeben werden muss, dass
wohl epeziell nach der kritischen Seite hin vielleicht der subjektiven
Anschauung und Deutung des Verf.’s manche bisherige, vielfach
verbreitete Ansichten zum Opfer gefallen sind. Inwieweit dies
als berechtigt anzusehen ist, können erst fernere Nachuntersuchungen
zeigen. Dittrich (Prag).
Barth, Ueber Bauchaktin omykose. (Dtsch. med. Wochenschr.
1890. No. 33.)
Die vier vom Verf. witgetheilten Krankengeschichten haben das
ix. üd. 37
574
Aktinomykose. — Gregarinen,
Gemeinsame, dass bei jedem der betreffenden Patienten die Ein-
gangspforte für die Aktinomykose im Coecum bez. im Processus
vermiformis gefunden wurde. In zwei Fällen war die Krankheit, ver-
mutlich in Folge einer Mischinfektion mit Staphylokokken, wesent-
lich unter dem Bilde der eitrigen Paratyphlitis verlaufen, während
in den beiden anderen Fällen grössere Geschwülste entstanden , die
sich iu der Bauchhöhle, später in den Bauchdecken nachweisen
Hessen und schliesslich in verschiedene Organe übergingen. Die be-
züglichen Mittheilungen des Verf.’s beanspruchen vorwiegend ein
klinisches Interesse. Kübler (Oldenburg).
'Wolters, Max, Die Konjugation und Sporen bildung bei
Gregarinen. (Archiv für mikroskop. Anatomie. Bd. XXXVII.
pag. 99—138. Mit 4 Tfln.)
Nach kurzer Darlegung der über Konjugation und Sporenbildung
bei Gregarinen beobachteten Thatsachen geht Bef. zu seinen eigenen
Untersuchungen über, die in erster Linie darauf gerichtet sind, das
Verhalten des Kernes vor und während der Kopulation und Sporen-
bildung bei M o n o c y s t i s magna und agilis, Clepsidrina
Blattarum und Klossia zu klären.
Bei den Monocystideen des Regenwurmhodens wurde am frischen
wie am gehärteten Objekt eine Konjugation der eineD schönen Kern
führenden Gregarinen nachgewiesen. Dieser macht, was seine Kern-
körper, deren Gruppirung und Zahl anlangt, Veränderungen durch,
die als Vorstadien der Theilung angesehen werden müssen. Diese
Stadien Hessen sich auch in den encystirten Syzygiten nachweisen.
Die Kerne rücken nach der Peripherie, wenn die Cystenhülle gebildet
ist, und geben einen Richtungskörper ab. Nach der durch Ver-
schmelzung der Leiber gebildeten Verbindungsbrücke beider Thiere
hingewandert, vereinigen sich beide Kernreste. Das darauf folgende,
wirklich beobachtete Stadium zeigte nahe der Verbindungsbrücke in
jedem Syzygiten eine grosse Kernspindel, und Verf. weist ausdrück-
lich auf die Lücke hin, die durch spätere Beobachtung zwischen
diesen bis jetzt bekannten Phasen der Entwickelung auszufüllen sein
wird. Es muss nämlich noch die erste Theilung der korijugirten
Kerne aufgefuuden werden. Die mitotische Theilung geht weiter
und die daraus entstehenden Produkte wandern nach der Peripherie,
wo sie durch fortgesetzte indirekte Theilung sich vermehren. So
bilden sie die Sporoblasten , welche in Folge ihrer fortschreitenden
Vermehrung die immer an Masse abnehmenden ursprünglichen Thier-
leiber einbuchten und deren Substanz zum Aufbau ihres Protoplasma-
leibes verwerthen.
Ist die ursprüngliche Leibessubstanz völlig oder bis auf Spuren
verbraucht, so sistirt die Zelltheilung au der Peripherie. Verfasser
benennt jetzt die peripheren Zellen SporogonieD. Das Sporogon um-
gibt sich mit einer Hülle und wird zur Sporocyste. Nunmehr be-
ginnt eine mitotische Theilung des Kernes der encystirten Sporogonien
und es entstehen 8 kleinere Kerne, um welche sich das Protoplasma
in der Weise gruppirt, dass 8 sichelförmige Keime entstehen, die
Gregarinen.
575
typiech den zurückbleibenden Rest (noyau de reliquat), das Sporo-
phor, umgeben. Sporenbildung vor Verschmelzung der Thierleiber
sowie bei intaktem Kerne wurde nicht beobachtet. Verf. glaubt, dass
die so gebildeten Sporocysten ausgestossen werden, sich ausserhalb
des Tbierkörpers weiter entwickeln und ihre Sporen frei machen,
die dann von Neuem eine Infektion verursachen können. Der Theorie
der permanenten Selbstinfektion stimmt er nicht zu.
Bei Clepsidrina Blattarum bemerkte der Verf. Streifungen
der Cuticula; diese erwiesen sich auf Serienschnitten als Leisten-
bildungen, welche erheblich über das Niveau der Cuticula hervor-
ragen. Im weiteren werden Beobachtungen am Kerne von encystir-
ten , konjugirten und freien Clepsidrinen beschrieben , die Verf.
wohl mit Recht als Vorstadien zur Theilung ansieht. Die we-
nigen, zuerst grossen Kernkörper zerfallen und ordnen sich rosen-
kranzartig an, um dann diese Ordnung zu lösen und sich regel-
los im Kerne zu zerstreuen. Dieser verliert hierauf seine feste
Membran und geht mit Fortsätzen in das Protoplasma des Thier-
leibes über. Diese letzte Kernform fand sich nur bei kopulirten
und encystirten Thieren. Sporenbildung an der Peripherie bei in-
taktem Kern kam nicht zur Beobachtung. Sporenhaltige Cysten
zeigten die Sporen theils in der Mitte angeordnet, theils in dicken
SträDgen gelagert. Da jüngere Cysten ebenso wie ältere im Vorder-
und Hinterdarm vorkamen , so scheint es , als ob die Cyste nach
ihrer Ausbildung entleert würde, um im Kothe oder in einem anderen
Wirthe ihre Weiterentwickelung durchzumachen. Die Infektionsver-
sucbe Bütschli’s glaubt W. als nicht beweisend betrachten zu
sollen, da Exemplare der Periplaneta, obwohl makroskopisch keine
Parasiten nachweislich waren, doch in den mit schönen Flimmern
besetzten Zellen des Mitteldarmes zahlreiche Zellschmarotzer bergeD,
die in den verschiedenen Stadien bis zur ausgebildeten Clepsidrina
als die jüngsten Formen anzusehen sind. Die von Bütschli be-
nutzten Thiere können also schon vor dem Versuch inüzirt gewesen
sein, und der Befund von ganz jungen Stadien beweist nicht, dass
diese dureh die Verfütterung von Cysten in den Darm gelangt sind.
Wo die Entwickelung der Cysten, der in ihnen enthaltenen Sporo-
cysten und Sporen stattfindet, ist noch eine offene Frage.
An den Nierenepithelien der Helix hortensis, sowohl an nor-
malen wie an Parasiten bergenden, wies W. einen Borsten- und Flimmer-
besatz nach, wie ihn Nussbaum und nach ihm andere bei den Drüsen-
zellen vieler Thiere gefunden. Es ist damit der Schlüssel gegeben zu
dem bisher unerklärten Verhalten der Epithelzellen der Helix, deren
Borstenbesatz bisher angesehen wurde, als sei er durch die Infektion
mit dem Parasitenkeime hervorgerufen. Die jüngsten Formen führen
einen deutlichen Kern mit Kernkörper, der wie bei den vorerwähnten
Gattungen verschiedene Veränderungen durchmacht und zuletzt auch
nach Verlust seiner festen Membran durch Ausläufer in das Proto-
plasma des Thierkörpers hineinragt. Typische Tbeilungsfigureu fehlten
auch hier, doch glaubt Verf. in der letztbeschriebenen Kern form eine
solche erblicken zu sollen oder doch eine direkte Vorstufe dazu.
Dass eine Theilung des Kernes stattfindet, bewiesen Cysten, die wohl
37*
576
Baumkrankheiten durch Taphrina.
verschiedene kleinere Kerne an der Peripherie, aber keinen mehr im
Centrnm zeigten. Diese peripher gelagerten Theilungsprodukte ver-
mehren sich durch fortgesetzte Karyokinese. Erst wenn dieser Pro-
zess beendet ist, theilt sich auch das Protoplasma des Thierleibes,
indem seichte Einbuchtungen um die Kernchen bis zum Centrum
durchsch neiden. Es entstehen auf diese Art bimförmige Gebilde,
welche ihre Verbindung mit dem Centrum lösen und kugelig zu-
sammengezogen die Sporogonien darstellen. Nachdem sie eine Hülle
bekommen haben und so zur Sporocyste geworden sind , findet in
ihnen wieder eine Theilung statt. Deren Resultat bilden 6 wurm-
förmige Keime, welche um einen Restkörper, den Sporophor, liegen.
Auch hier scheint es dem Verf. , dass keine fortwährende Selbstin-
fektion statt hat, sondern dass die Sporocysten ausserhalb der Schnecke
sich weiter entwickeln, ihre Sporen frei machen und diese von Neuem
eine Infektion hervorrufen. M. Wolters (Bonn).
Sadebcck, B., Kritische Untersuchungen über die durch
Taphrina-Arten hervorgebrachten Bautnkrank-
h ei teil. Jahrbuch der hamburgischen wissenschaftlichen An-
stalten. VIII. (Arbeiten des botanischen Museums.) 1890. 37 p.
mit 5 Taf.
Die Gattung Taphrina (d. i. der ältere Fries’sche Name
für Exoascus) umfasst „alle diejenigen parasitischen Ascomyceten,
deren Asken zu einem Fruchtkörper nicht vereinigt sind, sondern
frei und in grosser Anzahl und oft dicht an einander gedrängt die
Blätter oder Blüten des befallenen Pflanzentheiles bedecken und
von einem das Gewebe des befallenen Pflanzentheiles intercellular
oder subcuticuiar durchziehenden, niemals aber die Zellen selbst
durchbohrenden Mycelium ihren Ursprung nehmen. Mycellose As-
comyceten, wie z. B. Aseomyces endogenus Fisch., gehören
also nicht zur Gattung Taphrina, deren Entwickelungsgeschiehte
eben durch das der Bildung der freistehenden Asken vorangehende
Mycelium deutlich charakterisirt ist.“ Die Gattung besitzt eine
viel grössere Verbreitung, als man bis jetzt angenommen hatte,
scheint aber die tropischen Gebiete gänzlich zu meiden. Im Gan-
zen sind bis jetzt bekannt 35 Arten und 2 noch nicht bestimmte.
Kritisch besprochen werden davon 16 Arten, darunter 5 neue.
Verf. schildert uns ferner eine Reihe von jahrelang fortgesetzten
Infektionsversuchen und -Kulturen, namentlich mit Taphrina
Crataegi n. spec. und T. b ul lata (Berk, et Br.) Sadeb. auf Pi-
rus communis L. und Crataegus Oxyacantha L., sowie
von T. epiphyila Sadeb. auf Ainus incana Gärtn.; die letz-
teren brachten den experimentellen Beweis, dass durch diese T a -
pbrina-Art die HexenbeseDbildung der Grauerle direkt erzeugt wird.
Eine Uebersicht der bis jetzt bekannten Taphrina-Arten
nebst ihren Nährpflanzen gestaltet sieh folgendermassen :
I. Die Anlage der Asken erfolgt nur subouticular.
A. Die Erhaltung der Art ist ausser durch die Infektion durch
Sporen auch durch ein perenuirendes Mycel gesichert.
1) Taphrina Pruni (Fuckel) Tul., auf dem Fruchtknoten von
Baumkrankheiten durch Taphrina..
577
Prunus domestica L. ; Pr. Padus L. ; Pr. virginiana L. (und
■wahrscheinlich auch anderen P r u n us - Arten, z. 13. Pr. spincsa L.)
Deformationen hervorrufend.
2) T. Farlowii nov. spec. , auf den Fruchtknoten von Prunus
serotina Ehrh. Deformationen erzeugend.
3) T. Crataegi nov. spec., auf Crataegus Oxyacantha
L. Infektion einzelner Blätter, seltener auch ganzer Zweige (Hexen-
besen) veranlassend; die Blätter erhalten mehr oder weniger grosse,
häufig röthlich gefärbte Auftreibungen und Flecken.
4) T. lnsititiae Sadeb , auf Prunus insititia L. und Pr.
domestica L. Hexenbesenbildungen bewirkend. An den Pflaumen-
bäumen finden sich dieselben oft in grosser Menge, so dass dadurch
Unfruchtbarkeit nicht nur der befallenen Aeste, sondern häufig auch
des ganzen Baumes verursacht wird. Heilung durch Zurückschneiden
bis unterhalb der angeschwolleneu Infektionsstelle.
5) T. minor nov. spec., auf Prunus Chamaecerasus Jacq.
schwachblasige Auftreibungen der Blätter und Reifbildung auf der Unter-
seite derselben erzeugend,
6) T. deformans (Berk.) Tul. , auf Persica vulgaris Mill.
die Kräuselkrankheit der Blätter hervorrufend.
7) T. Cerasi (Fuckel) Sadeb. erzeugt Hexenbesen auf Prunus
avium L. und Pr. Cerasus L.
8) T. purpurascens Robins. inficirt ganze Zweige oder ein-
zelne Blätter von Rhus copalina L., welche Auftreibungen und
Kräuselungen erfahren unter gleichzeitiger dunkelrother Färbung.
9) T. Carpini Rostrup verursacht Hexenbesen auf Carpi-
nus Betulus L.
10) T. Tosquinetii (Westend.) P. Magnus deformirt junge
Zweige und einzelne Blatttheile von Ainus glutinosa Gärtn. und
A. glutinosa X incana.
11) T. epiphylla 8adeb. ruft an Ainus incana D.C. Flecken
und Reifbildung auf den Blättern und blasige Auftreibungen derselben
hervor, deformirt die jungen Zweige derselben und erzeugt Hexenbesen.
Var. maculans Sadeb. verursacht grauweisse, runde Flecken
auf den Blättern von Ainus glutinosa Gärtn.
12) T. betulina Rostrup, auf Betula pubesoens Ehrh. De-
formationen ganzer Sprosssysteme und Hexenbesenbildungeu erzeugend.
13) T. turgida Sadeb., auf Betula verrucosa Ehrh. grosse
Hexenbesen (bis zu 2 m Durchmesser) hervorrufend.
14) T. nana Johans. Deformationen junger Zweige von Betula
nana L. veranlassend.
15) T. bacteriosperma Johans. deformirt an Betula nana L.
einzelne Sprosse oder Sprosssysteme.
16) T. alpin a Johans. ruft an Betula nana L. Deformationen
ganzer Sprosssysteme und Hexenbesenbildungen hervor.
17) T. Ulmi Fuckel inficirt auf Ulm us- Arten einzelne Blätter und
auch ganze Zweige, deren Blätter mehr oder weniger grosse, blasige
Auftreibungen und Flecken erhalten.
18) T. Celtie nov. spec. inficirt einzelue Blätter, selten auch ganze
578
Baumkrankheiten durch Taphioa.
Zweige von Celtis australis L. ; die Blätter erhalten mehr oder
weniger grosse, sich bald braun färbende Flecken.
B. Ein perennirendes Mycel fehlt nach den bisherigen Untersuchungen.
Die Erhaltung der Art erfolgt nur durch die Infektion durch die Sporen.
19) T. coerulescens (Desm. et Mont.) Tul. , auf Quercus
pubescens Willd. und Qu. Robur L. mehr oder weniger grosse
Flecken erzeugend.
20) T. aurea Fr., auf Populus nigra L. und P. pyrami-
dalis Roz. blasige Auftreibungen der Blätter und gelbe Flecken auf
denselben hervorrufend.
21) T. Johansonii nov. spec. , auf Populus tremula L.
hypertrophische Deformationen der Früchte veranlassend.
22) T. rhizophora Johans. Dasselbe bei Populus alba L.
23) T. b ul lata (Berk, et Br.) Sadeb erzeugt blasige Auftreibungen
und Flecken auf den Blättern von Pirus communis L.
24) T. polyspora Sorokin ruft dunkle Flecke und blasige Auftrei-
bungen auf den Blättern von Acer tatarieum L. hervor.
25) T. Umbelliferarum Rostr. erzeugt Auftreibungen und dunkle
Flecken auf den Blättern verschiedener Umbelliferen.
26) T. Sadebeckii Johans. in gelben Flecken auf den Blättern
von Ainus glutinosa Gärtn.
27) T. Alni incanae J. Kühn bewirkt Deformationen an den
weiblichen Kätzchen von Ainus glutinosa Gärtn. und A. i n ca na D.C.
28) T. Betulae Fuckel ruft weisse bis gelblichweisse Flecken
auf den Blättern von Betula verrucosa Ehrh. hervor.
29) T. carnea Johans., auf Betula odorata Bechst. , in-
te rmedia Thom. und nana L. blasige Auftreibungen der Blätter ver-
anlassend.
30) T. Oetryae Massalongo, bräunliche Flecken auf den Blättern
von Ostrya carpinifolia Scop. erzeugend.
31) T. filicina Rostr., blasige Auftreibungen auf den Blättern
von Aspidium spinulosum Sw. bewirkend.
II. Die Anlage der Asken erfolgt zwischen den Epidermiszellen
oder intercellular noch tiefer im Innern des Gewebes der Nährpflanze
32) T. flava Farlow, in intensiv gelben Flecken auf den Blättern
von Betula verrucosa Ehrh.
33) T. Potentillae Farlow, auf P o te n ti 1 1 a - Arten blasige,
oft röthliche oder gelbliche Auftreibungen auf den Blättern verur-
sachend.
Unvollständig bekannt sind bis jetzt noch :
34) T. Quercus Cooke auf Quercus cinerea Mehr.
35) T. (?) candicans Sacc. auf Teucrium Ch&maedrys L.
36) T. epec , auf Populus tremuioidos Mchx. Hypertrophie
der Früchte hervorrufend.
37) T. spec. auf Aesculus californica Nutt.
Br ick (Karlsruhe).
Untersuchungsroethoden, Instrumente etc.
579
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Bujwid, Odo, Die Darstellungsweise des Tuberculins.
(Gazeta lekarska. 1891. No. 4.) [Polnisch.!
Der Verf. unternahm eine Reihe von Untersuchungen, um die
Koch’sche Lymphe aus den Reinkulturen von Tuberkelbacillen dar-
zustellen. Die Untersuchungen wurden einige Wochen vor dem Er-
scheinen der zweiten Publikation Koch ’s unternommen und zwei
Wochen vor dem Erscheinen derselben so weit beendet, dass die
Versuche mit dem dargestellten Produkte, welchem Bujwid den
Namen „Tuberculin“ gibt, an Patienten vorgenommen werden konnten.
B. züchtete die Tuberkelbacillen in Glycerinbouillon bei Temperatur
von 38 0 C, und nachdem dieselben während 3 Wochen gut ge-
wachsen wareu, sterilisirte er die Kulturflüssigkeit durch 3 maliges,
10 Minuten dauerndes, je alle 6 Stunden wiederholtes Verweilen im
trömenden Dampfe bei Temp. 100° C. Nachher filtrirte er dieselben
durch den von ihm modifizirten Pasteur’schen Filter und dickte die
Flüssigkeit im Wasserbade bei vermindertem Drucke ein. Der Siede-
punkt der Flüssigkeit schwankte beim Drucke von 20 mm zwischen
30—34° C. Nachdem die Flüssigkeit bis zu V4 des Volumens ein-
gedickt worden war, bildete sich ein sehr feiner Niederschlag, welcher
abfiltrirt wurde, während die Flüssigkeit bis zur Konsistenz eines Syrups
eingedickt wurde. Die so gewonnene Flüssigkeit war etwas dünner
und lichter, als die Koch’sche Lymphe. Es wurden nun Versuche
am gesunden und tuberculösen Meerschweinchen angestellt, wobei
sich herausstellte, dass die ersteren anstandslos den halben ccm der
Flüssigkeit veptrugen, während nie Tuberculösen fieberten und die
lokale Reaktion an den Stellen zeigten , welche in Folge der vor 2
Wochen vorhergegangenen Einimpfung des tuberculösen Sputums ge-
schwürig waren. Bei 2 mit Lupus behafteten Patienten, die bereits
mit Köchin behandelt worden waren, trat nach der Injektion von
10 mg die charakteristische Reaktion ein, jedoch ohne Temperatur-
steigerung. Der Verf. hält die von ihm hergestellte Flüssigkeit für
um die Hälfte schwächer, als das Kochin und glaubt nicht, dass sie
ein Toxalbumin sei, eher ist er geneigt, sie für ein Ptomain oder ein
Mittelding zwischen Ptomain und Enzym zu halten.
[Angeregt durch diese Publikation Bujwid’s unterzog der
Referent eine 3 1/2 Wochen alte Glycerinbouillonkultur von Tuberkel-
bacillen der gleichen Prozedur, wobei jedoch aus äusseren Gründen
von der Abnltrirung durch den Pasteur’schen Filter Abstand ge-
nommen wurde. Die auf 1/6 des Volumens abgedampfte Flüssigkeit
wurde von dem Niederschlage befreit, wobei sie sich als gelbliche,
etwas dickliche, jedoch dünnflüssiger als die unverdünnte Koch’sche
Lymphe präsentirte. Ein ccm der 1 (7<> Lösung erzeugte bei einem
mit Kehlkopftuberculose behafteten Manne, welcher auf gleiche Menge
der Koch’schen Lymphe mit stürmischen Allgemeinerscheinungen
und Temperatursteigerung reagirte, ebenfalls Temperatursteigerung
O30 Bakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin.
bis zu 39,4° C und energische Röthung und Schwellung des Ge-
schwürgrundes am Kehlkopf. Während derselbe nach einwöchent-
licher Behandlung auf 10 mg Kochins nicht mehr reagirte, waren
die Temperatursteigeruugen nach Anwendung gleicher Menge der
nach Bujwid hergestellten Lymphe uoch immer bemerkbar.]
Karlin ski (Konjica).
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4.-9. August 1890.
(Fortsetzung )
Aus den Abtheilungs - Sitzungen.
XV. Ahtheilung: Hygiene.
Herr Sormani (Pavia), Ueber Aetiologie, Pathogenese und
Prophylaxe des Tetanus.
Von allen antiseptischen Mitteln, welche die Chirurgen zur Des-
r infektion der Wunden benützen, verdient des Jodoform da den Vorzug,
wo es sich um den Verdacht einer Tetanusinfektion handelt. Die
Tetauussporen können in den gewöhnlichen Desinfektionslösungen,
wie Karbol-, Salicyl-, Bor- und Schwefelsäure, Kreoliulösung, Alkohol,
Aether etc. 1, 2 und mehr Tage verbleiben , ohne etwas an ihrer
Virulenz zu verlieren. Angesäuerte Sublimatlösung muss einen2°/00
Sublimatgehalt besitzen, um genügend zu wirken. Das Jodoform da-
gegen, welches durch die Einwirkung der anaeroben Mikroorganismen
zersetzt wird, tödtet den Tetanusbacillus mittelst des frei werdenden
Jodes. Deshalb sollten alle mit Erde oder Fäces verunreinigten
Wunden, oder solche, welche Fremdkörper enthalten, von welchen
eine Tetanusinfektion zu befürchten wäre, so rasch als möglich und
immer vor dem Auftreten der Tetanuserscheinungen gereinigt, aus-
geschabt, mit einer starken Sublimatlösung gewaschen und mit Jodo-
form bestreut werden. Bei derart behandelten Wunden wird jedes
spätere Entstehen von Tetanus vermieden, ohne die Heilung per pri-
mam zu hindern. Die Reinheit der Instrumente und Hände der
Thierärzte, die Desinfektion der Haut der Operationsgegend und die
Medikation der Wunden in der empfohlenen Weise bilden die Vor-
beugungsmaassregein gegen Tetanus bei Hausthieren. Die Prophylaxe
soll darin bestehen, dass man die Reinhaltung des Bodens, der Plätze,
Strassen und des Fussbodens der Wohnungen möglichst zu erreichen
sucht. Auf gedüngten Feldern, auf Strassen mit starker Thierfrequenz
und in den Ställen selbst wird das Virus nicht gänzlich beseitigt
werden können, weil die hierzu erforderlichen Maassregeln praktisch
nicht durchführbar sind. Die wichtigste und vertrauenswürdigste
Prophylaxe des Tetanus bleibt jedoch immer die chirurgische Prophy-
Bakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse za Berlin. 581
laxe, vorausgesetzt, dass sie noch zur richtigen Zeit in Anwendung
gebracht werden kann.
XVL
Herr Pekelharing (Utrecht). Ueber Beri-Beri vom Stand-
punkte der Aetiologie und Therapie beurtheilt.
Ueber die Aetiologie der erst in den letzten Jahrzehnten näher
untersuchten, den tropischen und subtropischen Gebieten ausschliess-
lich angehörenden Krankheit wurden die verschiedensten Ansichten
ausgesprochen, Boden, Luft, Nahrung, Temperatur Wechsel, Eingeweide-
würmer u. a. m. als die Ursache derselben hingestellt.
Beri-Beri kommt in vielen Gegenden — in tropischen dauernd,
in subtropischen während der warmen Jahreszeit — endemisch vor,
aber noch mehr ist sie an bestimmte Gebäude, als an bestimmte
Landstriche gebunden. Deutlich tritt dies in Java zu Tage, wo Ge-
fängnisse und Kasernen an Orten, wo sich unter der Bevölkerung
keine Fälle von Beri-Beri zeigen, regelmässig ein Kontingent von
Kranken liefern. So wird auch nicht selten die Bemannung gewisser
Schilfe befallen, während auf anderen in denselben Gewässern fahren-
den Schiffen kein einziger Fall beobachtet wird. Es muss also in
diesen Gebäuden und in dieseu Schiffen irgend ein Umstand vor-
handen sein, der unter Begünstigung des Klimas Beri-Beri erzeugt.
Beim Suchen nach einem solchen Umstande könnte an eine schädliche
Wirkung der Nahrung gedacht werden. Mangel an Nahrtmg kann
aber hierbei nicht als Hauptursache in Betracht kommen. Eher ist es
denkbar, dass die Krankheit durch ein Gift in die Nahrung hervor-
gerufen werde. Die Hauptnahrungsmittel in warmen Ländern, wo
Beri-Beri herrscht, sind Reis und Fisch. Man wollte einen Zusammen-
hang zwischen dem Vorkommen von Beri-Beri und dem Genüsse von
Reis und Fisch geringerer Qualität finden, kam aber nicht über
blosse Yermuthungea hinaus. Dass in verdorbenem Reis oder Fisch
ein Gift Vorkommen sollte, das als Ursache der Beri-Beri betrachtet
werden dürfte, ist eine Unterstellung, der bisher ebenfalls jede that-
sächliche Grundlage fehlt.
Neben der Hypothese der Intoxikation und der der Invasion
durch thierische Parasiten wurde die Hypothese der Infektion durch
Mikroorganismen aufgestellt.
In der That besteht wohl einiger Grund, um die Beri-Beri unter
die Infektionskrankheiten zu stellen. Das endemische Herrschen in
Gegenden, wo Wärme und Feuchtigkeit das Wachsthum von Mikro-
organismen begünstigen, und das Vorkommen der Krankheit in Ge-
fängnissen und Kasernen an sonst seuchefreien Orten liess an die
Möglichkeit denken , dass im Boden oder in den Wohnungen zur
Entwickelung gekommene Bakterien in den menschlichen Körper eiu-
dringen und die Krankheit erzeugen. Von Kontagiosität im Sinne
einer direkten Uebertragung von Person auf Person ist kein einziges
gut konstatirtes Beispiel bekannt. Doch lehrte die Erfahrung, dass
die Krankheit von einem Orte nach einem anderen übertragen werden
kann. Auf Fahrzeugen, auf denen seit langer Zeit Niemand an Beri-
Beii gelitten hatte, brach die Krankheit häufig aus nach einem
Aufenthalte an einer Küste, wo sie herrschte.
582 Bukteriol. vom X. iDternatiunaJen mediciriiachen KoDgresse zn Berlin.
De Lacerda und Ogata waren die ersten, welche im Blute
und in verschiedenen Organen Berl-Beri-Kranker niedere Organismen
nachgewiesen hatten, die pathogene Eigenschaften besassen. Danach
konnten Winkler und ich bei unseren in Niederländisch-lndien an-
gesteilten Untersuchungen gleichfalls Mikroorganismen nackweisen,
während gleichzeitig Van Eecke auf Buitenzorg in Java zu einem
übereinstimmenden Resultat gelangte. Winkler und ich fanden im
Blute von Beri-Beri-Kranken mit dem Mikroskop Mikrokokken und
Bacillen, meist gemischt, während wir in 12 von den 15 Fällen, in
denen ein positives Resultat gewonnen wurde, Kulturen von Mikro-
kokken aus dem Blute erhielten , in den anderen 3 Fällen Kulturen
Yon Bacillen. Wir haben nur die am häufigsten gefundenen Mikro-
kokken genauer untersucht und sind dabei zu der Ueberzeugung ge-
kommen , dass diese in der That als Ursache von Beri-Beri betrachtet
werden müssen. Wir konnten nach weisen, dass diese Mikrokokken
im Stande sind , Entartung verschiedener Nerven bei EtiDden und
Kaninchen hervorzurufen.
In einer primären Degeneration peripherischer Nerven liegt nun,
nach unserer Meinung, das Eigen thümliche der Beri-Beri. Durch
klinische und anatomische Untersuchung sind wir zu einer vollkom-
menen Bestätigung der schon von Bälz und von Scheube ver-
teidigten Auffassung gekommen, derzufolge Beri-Beri als Polyneu-
ritis peripherica zu betrachten ist. Wenn also Bakterien die Ursache
von Beri-Beri sind, muss von diesen vorausgesetzt werden, dass sie
Nervenentartung hervorrufen können. Unsere diesbezüglichen Unter-
suchungen gaben ein positives Resultat, weshalb wir uns zu dem
Schlüsse berechtigt glaubten , dass diese Mikrokokken auch im
Körper des Kranken, aus dem sie gezüchtet waren , Anlass zur Zer-
störung von Nervenfasern gegeben haben, also Beri-Beri verursachten.
Allerdings werden iu den Nerven normaler Thiere auch degenerirte
Fasern angetroffen, aber bei unseren Versuchstieren war die Anzahl
entarteter Fasern sehr viel grösser, als je bei den normalen. Ferner
wurde eiogewendet, dass der Befund einer pathologischen Nervenent-
artung bei den Versuchstieren noch nicht beweist, dass diese an Beri-
Beri litten. Die Frage, auf die es ankommt, ist jedoch diese: ist der
Micrococcus, den wir aus dem Blute Beri-Beri- Kranker züchteten,
als Ursache der Krankheit zu betrachten, m. a. W. im Stande, im
Blute lebend Nervenentartung zu verursachen ? Diese Frage ist durch
unsere Versuche unzweideutig in bejahendem Sinne gelöst worden.
Nur daun würde unsere Schlussfolgerung unrichtig sein, wenn mau
nachweisen könnte , dass wir entweder unrichtigerweise das eigent-
liche Wesen der Beri-Beri in einer primären Polyneuritis suchten,
oder dass wir das Recht nicht hätten, die bei unseren Versuchs-
thieren gefundene Entartung von Nervenfasern der Infektion mit
unseren Mikrokokken zuzuschreiben.
Um mit diesen Mikrokokken bei Thieren Nervenfasern in grösserer
Zahl zur Entartung zu bringen, bedienten wir uns häufig wieder-
holter Infektion, weil auch beim Menschen Beri-Beri nur entsteht bei
solchen, die lange Zeit dem schädlichen Einflüsse ausgesetzt waren,
und in Uebereinstimmung hiermit fanden wir die Bakterien nur im
Blute solcher Kranker.
3 jkteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin. 583
Dies Alles, zusammen mit dem Ergebniss, dass wir die Bakterieu
in den Geweben nicht nachweisen konnten, führten zu der Auffassung,
dass unser Micrococcus, im Boden oder der 'Wohnung zur Entwicke-
lung gekommen, in den menschlichen Körper eindringt — wahrschein-
lich durch die Athemwege — , sich anfangs im Blu.t vermehrt, aber
bald darin zu Grunde geht, nachdem er jedoch Anlass gegeben hat
zur Entstehung von Stoffen, die zerstörend auf Nervenfasern wirken.
Nach dieser Auffassung würde also die Beri-Beri eine toxische
Polyneuritis sein, vergleichbar derjenigen, welche durch chronische
Einwirkung von Blei oder Alkohol entsteht, mit dem Unterschiede,
dass das Gift bei Beri-Beri nicht als solches eingeführt, sondern
erst durch die Wirkung im Blut lebender, aber immer wieder zu
Grunde gehender Bakterien gebildet wird. Ebenso nun wie Blei und
Alkohol nur bei häufig wiederholter Zufuhr merkbare Erscheinungen
von Nervendegeneration hervorrufen können, muss, um Beri-Beri zu
erzeugen, das Gift immer wieder durch neue Zufuhr von Bakterien
aufs Neue gebildet werden. Ist diese Auffassung richtig, dann ist
es auch nicht zu verwundern, dass aus dem Blut, worin mikroskopisch
Bakterien gefunden wurden , nur in einer verhältnissmässig kleinen
Zahl von Fällen Kulturen erhalten wurden und ebensowenig, dass
eine einzelne Einspritzung von Blut eines Beri-Berikranken in die
Bauchhöhle eines Thieres keine Krankheitserschein ungen hervorrief.
Ich meine demnach annehmen zu müssen, dass Beri-Beri wirk'
lieh zu den Infektionskrankheiten gehört , aber dass sie darunter
einen eigen thümlichen Platz einnimmt. Während nämlich bei den
übrigen näher bekannten Infektionskrankheiten die Entwickelung der
Krankheitskeime im Körper eine sehr erhebliche Höhe erreichen kann,
würde dies bei Beri-Beri nur in geringem Grade der Fall sein. Der
Unterschied ist jedoch quantitativ, nicht qualitativ.
In Bezug auf die Therapie hat die Erfahrung gelehrt, dass das
beste Mittel, um einen Beri-Beri-Kranken zu heilen, darin besteht,
dass er in eine Umgebung gebracht wird, in der die Krankheit nicht
herrscht. Ferner ist gute Ernährung und Vermeiden übermässiger
Anstrengung und jener Umstände, die zu sogenannter Erkältung Ver-
anlassung geben, ohne Zweifel von grosser Wichtigkeit. Aber auch,
die beste Sorge für die Gesundheit schützt nicht sicher vor dem
Ausbrechen der Krankheit bei Personen, die an einem Orte leben,
wo Beri-Beri herrscht und die nicht durch ilasse, Geschlecht oder
andere unbekannte Umstände Immunität besitzen.
Um mit gutem Erfolge die Beri-Beri bekämpfen zu können,
müssen die Waffen in erster Linie gegen ihre Ursache gerichtet
werden. Es sollen demnach die schädlichen Bakterien soviel wie
möglich aus der Umgebung des Menschen fern gehalten werden.
Vieles spricht für die Annahme, dass die Krankheitserreger mit der
Luft in den Körper des Menschen aufgenommen werden. In Batavia
brachten wir einem Kaninchen ein Gemisch von Bakterien aus der
Luft einer Kaserne, in der Beri-Beri herrschte, in die Bauchhöhle.
Aus dem Blut dieses Thieres, das mit Nervendegeneration zu Grunde
ging, konnten wir denselben Micrococcus züchten, den wir aus
dem Blute Beri-Beri -Kranker erhielten. In Utrecht habe ich wiederholt
584
Nene Litteratur.
Kaninchen unter Nervenentartung eingehen sehen in Behältern, die mit
unserem Micrococcus infizirt waren, während bei Kaninchen, die
Monate lang in ganz gleichen, aber nicht mit diesen Bakterien infi-
zirteu Käfigen gelebt hatten, nur bei sehr genauer Prüfung, ganz wie
in der Norm, hier und da eine vereinzelte entartete Faser gefunden
wurde. In Gebäuden in Gegenden, wo Beri-Beri sonst nicht herrscht,
scheint es möglich, durch sorgfältige Desinfektion die Krankheit zu
vertreiben. Anders ist es in Gegenden, wo die Krankheit in einem
ganzen Landstrich wüthet und wo man somit Ursache hat anzunehmen,
dass die pathogenen Bakterien auch im Boden wuchern. Da muss
grosses Gewicht gelegt werden auf Drainiren des Bodens, Abwehr
von Ueberströmungeu und auf solche Maassregeln , die den Boden
verhindern, eine Brutstätte von immer wieder durch Verstaubung in
die Luft kommenden Bakterien zu bleiben. Dass aber auch hier eine
von Zeit zu Zeit wiederholte Desinfektion der Wohnungen eine
günstige Wirkung haben kann, dafür sprechen die in Atzin gemachten
Erfahrungen.
Herr Wernich (Cöslin). Korreferent beschränkte sich darauf,
die Identität der Beri-Beri-Varietäten an den verschiedenen Schau-
plätzen festzustellen, die Eigenthümlichkeiten der älteren humoral-
pathologischen Auffassung und ihre Berührungspunkte mit der jetzigen
neuropathologischen zu beleuchten , und ging schliesslich auf die
beiderseitigen Heilerfolge unter Hinweis auf die Nothwendigkeit des
wechselseitigen Belehrens und Befruchtens näher ein.
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Aaiio, Sesuitados d.cl emtjleo do !a ’infa de Koch en derm&tologia (Rev cliu. de los
hospit. 1891- No. 27. p. 107—115.)
B<tid, L., et Leolero. A., De )a receptiviti du lapin ponr la vaccine. (Gaz. hebdom.
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Coronedi, G., e Stenico, V., Sopra alcani fatti relativi a! ricambio materiale in indi-
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Goldschmidt, F., Die Anwendung des Tuberculins in der Privatpraxis. (Münch, med.
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Immerwahr, £ , Ergebnisse der Tuberkelbacillenuntersuchung ira Sputum bei 109 mit
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Schubert, Weitere Erfahrungen über Pyoktanin. (Deutsche Medicinal-Ztg. 1891 No. 27.
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Seydel, Mittheilung über das Koch’sche Heilverfahren auf der chirurgischen Abtheilung
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Stintzing, B., Ueher Tuberculin-Wirkungen in diagnostischer und therapeutischer Be-
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Vogl, Mittheilungen klinischer Erfahrungen mit dem Koch’schen Heilverfahren im Gar-
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Weber, L., Ueber die Behandlung des Morbus Addisonii mit Tuberculin. (Berl. klin.
Wochenschr. No. 12. p. 303 — 304.)
Inhalt.
Origin almittheilungen.
Caneva. Georg , Ueber die Bakterien der
hämorrhagischen Septikämie (H u e p p e),
Hog- Cholera (Salmon), Swineplague
(Billings), Swinepest (S eiander), I
amerik. Rinderseuche (Billings), Büf-
felseuche (Oreste-Armanni), Mar- I
seille’sche Schweineseuche (J o b e r t , !
Riet sch), Frettchenseuche (Eberth).
(Orig.), p. 557.
Kühn, Julius , Neuere Versuche zur Be-
kämpfung der Rübennematoden. (Orig.),
p. 563.
Ludwig, F., Ueber die Phospborescenz von
Gryllotalpa vulgaris (Orig.), p. 661.
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Bostroem, Untersuchungen über die Aktino-
mykose des Menschen, p. 570.
Pansini, S., Bakteriologische StudieD über
den Auswnrf, p. 566.
Rubeska, W. , Beiträge zur Pathogenese
eitriger Puerperalerkrankungen und ins-
besondere solcher Peritonitiden, p 569.
Sadebeok , B. , Kritische Untersuchungen
über die durch Taphrina- Arten hervor-
gebrachten Baumkrankheiten, p. 576.
Wolters, Mas, Die Konjugation und Spo-
renbildung bei Gregarinen, p 674
Untersnohungsmethoden, Instrumente etc.
Bujwid, Odo , Die Darstellungsweise des
Tuberculins, p. 579.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen m e d ici n i s c b e n
Kongresse zu Berlin, -
4. — 9. August 1890. (Schluss.)
Pehelharing, Ueber Beri-Beri vom Stand-
punkte der Aetiologie und Therapie be-
urtheilt, p. 581.
Sormani , Ueber Aetiologie , Pathogenese
und Prophylaxe des Tetanus, p. 580.
Neue Litteratur, p. 584.
Frommanneche Buchdruck erei 'Hermann I’ohje) in Jena.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gtl Hot Prot Cr. Lejäart m Professor Dr. Loefller
ln Leipzig in Greifewild
herausgegeben von
Dr. O, Uhlwoim in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band, -o- Jena, den n. Mai 189*. -o- Xo. 18/19.
Preis für dea 3 and (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— »s Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage, später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können .
Original - Mittheilungen.
Die Kapillarhebennikroskopirtropfenflasche.
Von
Prof. M. W. Beyerinck.
Mit 1 Abbildung.
Zur Herstellung dieser kleiuen, aber beim Mikroskopiren sehr
nützlichen Einrichtung verfährt man wie folgt:
Aus einer gewöhnlichen Spritzflasche mit Kork (7c) entfernt man
das Ausflussrohr und setzt an die Stelle desselben einen „Kapillar-
beber“ (c), welcher durch Reibung im Korke zurückgehalten wird und
sich leicht auf- und abschieben lässt. Letzterer hat die Gestalt eines
gewöhnlichen Hebers, wovon aber das eine Bein in eine Kapillarröhre
ausläuft, so dass der mit Flüssigkeit angefüllte Heber, selbst in
relativ schiefer Lage, die Flüssigkeit, in Folge der Oberflächenspan-
ix. ßd. 38
590
Beyeriuck, Die Kapillarhebermikroskopirtropfenflaeche.
nung an der feinen Oeffnung, zuriickbält Berührt man die Oeffnung
aber mit irgend einem Gegenstand, z. B. mit einem Objektträger, so
fliesst sofort ein Tropfen aus, dessen Grösse man willkürlich regeln
kann. Stellt mau die Flasche sehr schief, — wofür sich zweckmässig
ein Kartonring verwenden lässt, — oder drückt das Abflussrohr
durch den Kork nach unten, so findet
man bald einen Stand, worin der Heber
von selbst zu arbeiten anfängt, derweise,
dass ein Strom von Tropfen in belie-
bigem Tempo herausfliesst, was beim
Auspinseln von mikroskopischen Prä-
paraten nützlich ist. Das Anfüllen des
Kapillarhebers geschieht durch Blasen
in das zweite Rohr (6).
Durch Schiefstellung der Flasche
nach rückwärts fängt der Heber im ent-
gegengesetzten Sinne zu wirken an.
Nimmt man deshalb die Flasche in die
Hand und taucht die Kapillarspitze in
einer Flüssigkeit unter, so kann man
beliebig diese Flüssigkeit einsaugen
oder die Flüssigkeit aus der Flasche
auslaufen lassen. Dieses Spiel eignet
sich vorzüglich für das Einfangen von
Infusorien und anderen kleinen Wasser-
thieren aus Uhrgläsern, ferner für das
e Kapillarheber, b Rohr 2Um An- Anfüllen der Kapillarröhre mit farbigen
fallen des Kapill&rhebers durch Blasen. LÖSUDgCD ZUF VGrthGllllDg ällf ÜGD Ob-
* Kork. jektträger. Füllt man dabei das Ka-
pillarrohr nur theilweise au, so lässt
der Farbstoff sich daraus gründlich durch die direkte Heberwirkung
entfernen, ohne dass die Flüssigkeit im Kölbchen verunreinigt wird.
Diese Einrichtung entstand aus dem Wunsche, von einer Bak-
terienkultur in einem Kölbchen, ohne Vermischung, und von jedem be-
liebigen Niveau Material für Mikroskopie und Aussaat entnehmen zu
können. Da auch dieser Zweck sehr gut erreicht wird, könnte der
Apparat auch heissen das „Kapillarheberbakterienkulturkölbchen“.
Delft, im April 1891.
Eine Berichtigung.
VOD
Dr. J. Karlinski.
0
Beim gründlichen Durchstudiren des im vergangenen Jahre er-
schienenen Lehrbuches von Prof. Dr. K. B. L e h m a n n , „Die Me-
thoden der praktischen Hygiene“1), fand ich auf Seite 562 folgenden
Satz: „Als Karlinski einer Cisterne 150 ccm Typhusstubl bei-
1) Vergl. das Referat auf p. 633 d. Ceotralbl.
K a r 1 i n s k i , Eine Berichtigung.
591
mischte, Hessen sich 12 Tage lang Typhusbacillen nach weisen.
(Arch. f. Hyg. X.) Dieser Satz soll offenbar einen Nachtrag zu den
auf Seite 237 wiedergegebenen Ergebnissen der Untersuchungen
Hueppe’s, Gärtner’s, Ho ch stetter ’s, Emmerich’s und der
ineinigen sein. Mit diesem Satze hat Prof. Lehmann bewiesen,
dass er meine im X. Bande des Arch. f. Hyg. erschienene Arbeit:
„Ein Beitrag zur Kenntniss des Verhaltens des Typhusbacillus im
Trinkwasser“ missverstanden hat. Der oben citirte Satz Prof. L e h -
mann’s muss jedem Unparteiischen wie ein Widerspruch gegen
meine und Prof. Emmerich’s Versuche „Ueber das Verhalten des
Typhusbacillus im Brunnenwasser“, welche. Prof. Lehmann auf
Seite 237 anführt, erscheinen. Indessen ergaben meine Untersuchun-
gen in der Frage über das Verhalten der Typhusbacillen, die mit
typhösen Stühlen ins Cisternenwasser eingeführt wurden, gerade die
Bestätigung meiner früheren Ergebnisse, also das Gegentheil von
dem , was Prof. Lehmann irrthümlickerweise angibt. Auf Seite 478
im X. Bd. des Arch. f. Hyg. habe ich Folgendes gesagt: „Zum 5.
V ersuche, zu welchem ich nach sorgfältigem Auspumpen und Reinigen
der Cisterne geschritten bin, verwendete ich 3 hl Brunnenwasser,
welches dem einzigen in Stolac befindlichen Brunnen entnommen
wurde. Die chemische Zusammensetzung des verwendeten Wassers
war folgende:
Gesammtrückstand
Chlor
Salpetersäure . . .
Salpetrige Säure . .
Ammoniak . . , . .
Sauerstoffverbrauch
Keimgehalt pro ccm .
Nun wurden je am 4. Tage 150 ccm Typhusstuhles, welcher
zahlreiche Typhusbacillen enthielt, zugegeben, und die chemisch-bak-
teriologische Untersuchung durch 20 Tage geführt. Die beigegebene
Tafel zeigt die Schwankungen in Zusammensetzung und Keimgehalt,
wobei bemerkt werden muss, dass die Typhusstuhlzugabe am l., 4.,
8. und 12. Beobacbtungstage geschah. Die Temperatur des Wassers
betrug durchschnittlich 11 6 C, vor jeder Probeentnahme wurde das
Wasser umgerührt, und an jenen Tagen, wo die Typhusstuhlzugabe
stattfand, wurden die entsprechenden Proben nach 1 Stunde ent-
nommen.
Die Typhusbacillen, welche mit dem Kothe eingeführt wurden,
Hessen sich in den ersten 12 Beobachtungstagen mit aller Sicherheit
nachweisen, von dem Momente aber, wo die saprophytischen Bakte-
rien durch ihre rapide Vermehrung die Oberhand gewannen, ver-
schwanden sie vollkommen aus dem Wasser, so dass sie bereits 24
Stunden nach der letzten Stuhlzugabe nicht mehr zu finden waren.
Ich habe die Mühe nicht gescheut, die in den täglichen Proben ver-
kommenden Typhuskolonieen nachzurechnen, und obwohl ich den ge-
fundenen Zahlen keinen allzugrossen Werth bei messe, führe ich sie
an zur Illustration der täglichen Abnahme. Während 24 Stunden
nach der ersten Eingabe in 1 ccm Wasser 26 Typhuskolonieen vor-
38*
300
4
20
6
136
in 1 1 Wasser in mg.
592
K a r 1 i n s k i , Eine Berichtigung.
kamen, waren nach 48 Stunden nur 16, nach 72 Stunden 6 Kolonieen
vorhanden. Dagegen waren am 4. Beobachtungstage, wo die zweite
Zugabe stattfand, 22, am 5. 20, am 6. 12, am 7. 7, am 8. 17, am
9. 11, am 10. 5, am 11. 5, am 12. 9 Typhuskolonieen zu konstatiren.
In 1 1 Wasser waren in mg
Zeit |
|
o
:3
-£2 'Ö
§ 5
33
9
o
Chlor
Salpetersäure
Salpetrige Säure
Ammoniak
Sauerstoffver-
brauch zur Ox,
dation der org;
nischen Substai
zen
Keimgehalt
überhaupt pr<
ccm
Typhus-
baoillen
I
325
8
26
deutliche Spuren
deutliche Spuren
9,6 1
19000
+
II
320
11
27
11
11
11
11
10,0
27000
+
III
325
10
26
11
11
11
10,0
20000
+
IV
450
14
29
11
11
14,6
45000
+
V
520
20
31
11
1»
11
11
15,0
45000
+
VI
500
20
30
>1
11
11
11
15,o
45000
+
VII
500
18
30
»1
11
1»
11
16,0
42000
+
VIII
550
24
36
11
11
11
11
28,0
71000
+
IX
550
29
41
1»
,,
11
11
30,o
70000
+
X
580
28
40
11
11
„
30,o
70000
+
XI
560
29
40
11
11
11
11
30,o
70000
+
XII
600
32
42
11
11
1»
11
36,o
90o00
+
XIII
610
40
42
11
11
11
36,0
100000
—
XIV
620
31
42
>1
11
11
11
36,0
100000
—
XV
—
30
40
11
11
11
H
32,0
90000
—
XVI
—
26
40
11
11
«1
11
32,0
76000
—
XVII
—
24
39
11
11
11
11
32,o
72000
—
XVIII
540
20
36
11
11
11
11
29,o
51000
—
XIX
520
17
! 34
„
11
26,3
50000
—
XX
475
17
j 30
”
11
11
11
24,2
36000
—
Ich überlasse es einem jeden Unparteiischen , sich in dem Wider-
spruche, welcher zwischen dem oben zitirten Satze Prof. Leh-
ma n n ’s und dem soeben angeführten Versuche , auf welchen sich
derselbe angeblich beziehen soll, zurecht zu finden.
In dem ersten Hefte der als Ergänzung der Eulenburg ’schen
Realencyklopädie der gesammten Heilkunde erscheinenden „encykio-
pädischen Jahrbücher“ (Bd. I, Lief. 1, 1891) finde ich in den Ka-
pitel „Abdominaltyphus“ von Prof. Fürbringer unter Anführung
meines Namens den Satz „in künstlich infizirtem Brunnenwasser
schwinden sie (d. h. die Typhusbacillen) nach etwa 2 Wochen.“ Zu
solchen Ergebnissen bin ich in meinen Untersuchungen über die
Lebensdauer der Typhusbacillen im Wasser nie gelangt, im Gegen-
theil fand ich, dass die längste Lebensdauer derselben im Wasser,
welches nicht sterilisirt war, und die für Trinkwasser zulässige Tem-
peratur zeigte, nie mehr als 6 Tage und oft bedeutend weniger be-
trug. Um ferneren irrthümlichen Citaten vorzubeugen, sah ich mich
genöthigt, diese Berichtigung dem meist verbreiteten Fachblatte zu
übergeben.
Konjica, im März 1891.
Kühn, Neoere Versuche zur Bekämpfung der Rubennematoden.
593
Heuere Versuche zur Bekämpfung der Rübennematoden.
Von
Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Julius Kühn,
Direktor des landwirtschaftlichen Instituts der Universität Halle a. S.
(Schluss.)
Dass unter den mittelspäten und spätreifen Sorten einzelne für
vorliegenden Zweck besondere Beachtung fordern dürfen, zeigen für
unser Versuchsfeld und den Jahrgang 1890 die beiden Sorten A n -
derssen und Hermann, welche beide als Speisekartoffeln wie
für Brennerei und Stärkefabrikation werthvoll sind, und die hier
in Konkurrenz treten dürfen mit den einträglichsten frühen und
mittelfrühen Sorten. Diese Thatsache ist das Auffallendste bei
diesem bedeutsamen Versuch. Ich fürchtete, dass der Stärke-
mehlgehalt in Folge des späten Auslegens im Allgemeinen etwas
geringer sein würde, als es bei normaler Auslegezeit der Fall ist,
namentlich aber erwartete ich bei den mittelspäten und spätreifen
Sorten auffallende Differenzen. Dies hat sich aber durchaus nicht
bestätigt. Nur ganz vereinzelte Sorten zeigten, spät ausgelegt, eine
geringe Verminderung des Stärkegehaltes. So hat die Juno beim
Auslegen im Mai einen Stärkegehalt von 19,4%, beim Auslegen im
April von 20,5 %. Bei den weitaus meisten Sorten ist dagegen
der Stärkegehalt bei dem Auslegen im Mai etwas höher, als bei
dem Auslegen im April. So zeigte die An derssen bei frühem
Auslegen 18,8 °/0, bei spätem 19,9%; Rosalie entsprechend 14,9
und 15,1 °/0; Alpha 13,6 und 15,4%; die weissfleischige
Zwiebel 19,2 und 20,1 %. Es ist auf solche Schwankungen um
wenige Prozente nicht viel Werth zu legen, da sie aber bei der
weitaus grössten Zahl der Fälle zu Gunsten des Spätaus-
lege ns sich steilen, so ist darin für die in Frage stehende Methode
immerhin ein günstiger Umstand zu erblicken. Es haben sonach die
Kartoffeln bei dem Anbau nach Zerstörung zweier Fang-
pflanzensaaten bei einer grösseren Zahl von Sorten in Bezug
auf Quantität eine befriedigende und in Bezug auf
Qualität eine durchaus normale Ernte ergeben.
Allerdings stützt sich diese Schlussfolgerung nur auf die Resultate
eines Versucbsjahres und einer einzigen Oertlichkeit — es muss
dies Verfahren noch durch mehrere Jahre hindurch in möglichst
vielen Oertliehkeiten geprüft werden und deshalb möchte ich mich
an alle diejenigen Herren , welche die Rübennematoden auf ihren
Feldern zu fürchten haben, mit der Bitte wenden, schon in diesem
Jahre womöglich einen Versuch zu machen, und wäre es auch nur
auf einem einzigen Morgen Land. Die Aussaat des Sommerrübsens
erfolgt am zweckmässigsten gegen den 10. April. Frühere Aussaat
bewirkt nur höheren Wuchs des Rübsens, ist aber auf den Zeitpunkt
der Zerstörung erfahrungsmässig ohne wesentlichen Einfluss. Nach
Zerstörung der Faugpöanzen muss das Auslugen der Kartoffeln und
594
Kühn,
Aussäen einer zweiten Fangplianzensaat alsbald erfolgen. Vorteil-
haft ist es, die Kartoffeln 18 Zoll oder 0,47 Meter ira Quadrat aus-
zulegen; es ist dann das Zerstören der zweiten Fangpflanzensaat
durch kreuzweises Befahren mit der Furchenegge um so besser aus-
zuführen, doch muss in der Nähe der aufgelaufenen Kartoffeltriebe
mit der Handhacke, event. durch Ausziehen der Rübenpflänzchen
mit der Hand nachgeholfen werden, und zwar so, dass auch alle
etwa vom Boden nur bedeckten Pflänzchen beseitigt werden. Ein
etwas enger Stand der Kartoffeln ist bei dem späten Auslegen zur
Gewinnung eines befriedigenden Quantums räthlich. Es würde sich
empfehlen, alle in der betreffenden Oertlichkeit bewährten Sorten
bei dem vergleichenden Versuch mit zu verwenden, da obige Angaben
zeigen, dass auch später reifende Sorten zum Theil bei dem Aus-
legen im Mai sich bewähren können. — Ich bitte angelegentlichst
um Mittheilung der Versuchsresultate und glaube hoffen zu dürfen,
dass sie günstig sein werden. Wenn sich dies bestätigt, dann ist die
Frage über d i e N e mato d en ve r til g u n g zum endlichen
Abschluss gebracht. Dass ein Brachjahr mit 4 Fangpflanzen-
saaten die Nematoden hinreichend zu vermindern vermag, um auch
auf dem rübenmüdesten Lande alsbald wieder normale Rübenernten
gewinnen zu können, ist, wie oben bereits hervorgehoben wurde,
durch frühere Versuche zweifellos entschieden worden. Ich möchte
hier aber noch an eine besonders bemerkenswerthe Thatsache er-
innern. Auf dem Felde, das ich von der Halle’schen Zuckersiederei-
kompagnie erpachtete, um die Zerstörung der Fangpflanzen zum ersten
Male mit Pferdeinstrumenten auszuführen, waren nach Ausweis der
Rechnuugsbücher der Kompagnie in Folge des Nematodenreichthums
dieses Ackers pro Morgen nur 47,5 Centner Zuckerrüben geerntet
worden und dieser äusserst geringe Ertrag rechtfertigte vollkommen
die Aeusseruag des derzeitigen Wirthschaftsdirigenten der Zucker-
siedereikompagnie: „Hier können nie wieder Rüben gebaut
gebaut werden!“ Durch ein Brachjahr mit 4 Fangpflanzensaaten
gelang es mir aber, schon im folgenden Jahre eine nor-
male Ernte von 185 Ctr 34 Pfd pro Morgen auf diesem
Felde zu erzielen! Zu gleich günstigen Resultaten gelangte die
anhaitische Versuchsstation in Bernburg. Nach einem Referat in
der Magdeb. Ztg. schloss der Leiter derselben, Herr Prof. Dr. Hell-
riegel, seinen Bericht über die dortigen Versuche in der Versamm-
lung des Anh<ischen Zweigvereines für Rübenzuckerindustrie am
15. Januar d. J. mit den Worten: „Der von Prof. Jul. Kühn-
Halle a. S. gegen die Nematoden empfohlene Fang-
pflanzenbau ist demnach, wenn er sorgfältig mit dem
Mikroskop überwacht und nur einigermaassen von
der Witterung unterstützt wurde, von dem grössten
Erfolge und hält auch, wie sich aus diesen Resultaten
ergab, eine längere Reihe von Jahren vor.“ — Da aber
die Gefahr, dass die Nematoden sich wieder in zu hohem Maasse
vermehren können, nicht zu unterschätzen ist, so ist es von ausser-
ordentlicher Bedeutung, dass wir nach den oben mitgetheilten neueren
Versuchsergebnissen die Möglichkeit in Aussicht haben, durch den
Neuere Versuche zur Bekämpfung der Bübennematodeu.
595
Kartoffelbau nach zwei Frühjahrsfangpflanzensaaten
die Entwickelung der Nematoden dauernd beschränken und ihre
Vermehrung ausreichend niederhalten zu können, um alle
drei Jahre eine nach Quantität und Qualität volle
normale Rübenernte zu gewinnen. — Nur darf man nicht
verlangen, dass nur durch die vor den Kartoffeln auszuführenden
zwei Fangpflanzensaaten ein stark rübenmüder Acker wieder völlig
rübensicher werden solle. Wo die Rübenerträge pro Morgen
bis zu 100 Ctr und darunter gesunken sind, da ist das
Opfer eines Brachjahres mit 4 Fangpflanzensaaten
unerlässlich. Erst nach solcher gründlichen Reinigung wird das
neu empfohlene Verfahren mit Erfolg zur dauernden Sicheruung der
Rübenerträge anzuwenden sein. Wo aber die Nematoden noch
weniger um sich gegriffen haben, wo die Erträge sich verminderten,
aber noch nicht so tief, wie eben angegeben wurde, gesunken sind,
da wird sich höchst wahrscheinlich durch Kartoffel-
bau mit 2 Frühjahrsfangpflanzensaaten allein schon
nicht nur weiteres Sinken der Erträge verhüten, son-
dern allmählich die volle normale Ertragsfäh igkeit
zurückgewinnen lassen.
Ueber diese neueren Versuche habe ich bereits am 7. Februar
d. J. in der Vorstandssitzung der Nematodenvertilgungsstation be-
richtet. In einem am 13. Februar gehaltenen Vortrage, über den in
mehreren landwirthschaftlichen Zeitungen berichtet wurde, gedenkt
auch Herr Dr. W i 1 farth - Bernburg des Anbaues von Frühkartoffeln
nach Fangpflanzen. Wenn derselbe dabei äussert: „Nur die erste
Fangpflanzensaat, die viele Nematoden zu Tage fördert, ist ent-
schieden beizubehalten, die Nachfangpflanzensaaten sind dagegen weg-
zulassen“, so ist dies ein wenig sachgemässer Rath. Abgesehen von
der eben erwähnten Unentbehrlichkeit eines Brachjahres mit 4 Fang-
pflanzensaaten bei extrem rübenmüden Böden muss auch bezüglich
des späteren Niederhaltens oder der Verhütung weiteren Umsich-
greifens bei noch weniger intensivem Auftreten der Nematoden her-
vorgehoben werden, wie im Vergleich mit der Hanfkultur es gerade
ein Vorzug des von mir zuerst empfohlenen und versuchten Ver-
fahrens, Frühkartoffeln spät auszulegen, ist, dass dabei zwei Früh-
jahrspflanzensaaten in Ausführung kommen können. Wer
jemals bei mehreren auf einander folgenden Fangpflanzensaaten die
Untersuchung auf Nematoden selbst ausgeführt hat, wird gefunden
haben, dass auf einem nematodenreichen Felde in der zweiten Saat
eher noch mehr Larven, als in der ersten sich finden, weil die zweite
Saat gerade in die wegen der grösseren Bodenwärme für die Nema-
toden günstigste Entwicklungszeit fällt, was deren Einwanderung
in die Wurzeln fördert. Mau begnüge sich daherja nicht
mit einer Fangpflanzensaat, wo deren zwei im Früh-
jahr ausgeführt werden können.
Wenn ferner die Ansicht ausgesprochen worden ist, die Fang-
pflanzenmethode komme zu theuer zu stehen und könne auf grössereu
Flächen nicht wohl ausgeführt werden, so beruht dies auf einer
irrigen Auffassung. Bei der im Frühjahr vorigen Jahres mit Fang-
596
Kühn, Neuere Versuche zur Bekämpfung der Kübennem&toden.
pflanzen besäeten Fläche von 8 Morgen erforderte die normale Zer-
störung einer Fangpflanzensaat, das dann erfolgende Pflügen des
Landes zur vollen Tiefe mit Schälsech und die Bestellung der neuen
Saat pro Morgen im Ganzen 4 Pferdetage von 10 Stunden Arbeits-
zeit. Ein Brachjahr mit vier Fangpflanzensaaten würde daher die
Arbeitsleistung von 16 Pferdetagen ä 10 Stunden erfordern. Hier-
nach vermag jeder Landwirth die Kosten für seine Oertlichkeit zu
berechnen — sie stellen sich nicht erheblich höher, als bei einer
schwarzen Brache, bei welcher ausser der Herbstfurche noch im
Brachjahre mindestens 4 Furchen gegeben und in der Zwischenzeit
so oft geeggt werden müssen, dass die Begrünung der Brache verhütet
wird. Da früher tausende von Morgen mit schwarzer Brache behan-
delt wurden, so wird wohl auch ein nicht viel mehr Arbeit erforderndes
Fangptiauzenbrachjahr in der Gegenwart praktisch durchführbar
sein, und zwar um so mehr, als die Gespannhaltung in Zuckerrüben*
wirthschaften bei weniger ausgedehntem Getreidebau eine relativ
bedeutendere ist und die Zerstörung der Fangpflanzen zwischen die
Frühjahrs- und Herbstbestellung fällt. Die Kosten des Rübsensamens
werden durch die düngende Wirkung der zerstörten Fangpflanzen
kompeusirt and die Bearbeitungskosten sowie die verlorene Pacht
des Fangpflanzen brachjahres deckt der zu seiner normalen Ertrags-
fähigkeit zurückgeführte Acker durch den Mehrertrag einer einzigen
vollen Zuckerrübenernte mehr als ausreichend. — Was aber das oft
geäusserte Bedenken bezüglich der mikroskopischen Untersuchung
anlangt, so ist dieses völlig unbegründet. Ich habe wiederholt zu
konstatiren Gelegenheit gehabt, wie die in den Zuckerrübenwirth-
schaften während der Vegetationsperiode minder dringend beschäf-
tigten Chemiker und Fabrikdirigenten die mikroskopische Unter-
suchung der Fangpflanzen aufs Exakteste auszuüben verstehen, die
bei Anwendung von etwas Jodlösung auch zu den durchaus nicht
schwierigen mikroskopischen Arbeiten gehört. Der Vorsteher der dem
hiesigen landwirtschaftlichen Institut angeschlossenen Nematoden-
vertilguugsstation, Herr Dr. Hollrung, der in vielen Wirthschaften
an Ort und Stelle die Ausführung der mikroskopischen Untersuchung
von Fangpflanzen kontrolliren konnte, versicherte mir gleichfalls, dass
dieselbe in der Regel mit grösster Sorgfalt bewirkt werde. Wenn
dennoch zuweilen nicht günstige Resultate bei der Fangpflanzen-
methode gewonnen wurden, so hat es nicht an der mikroskopischen
Untersuchung, sondern an der mangelhaften praktischen
Ausführung der Zerstörung der Fangpflanzen gelegen. Es
kommt zuweilen vor, dass die Herren Wirthschaftsbearaten klüger
sein wollen, als der Professor Kühn in Halle, und diese glauben
dann nicht nöthig zu haben, seine Instruktion zu befolgen, sind auch
über die Anwendung des von ihm für diesen Zweck konstruirten
Grubbers und über die Anwendung des auch für andere Zwecke sehr
praktischen Schäl- oder Scharseches weit erhaben, obgleich doch der
Professor Kühn am besten wissen muss, was wirklich erfordert wird,
um den Zweck sicher zu erreichen und er auch aus eigener langjähriger
Erfahrung im Grossbetriebe recht wohl zu beurtheilen vermag, was
in demselben durchgeführt werden kann, wenn man nur ernstlich
Ogata, Heber die bakterienfeindliche Substanz des Blutes.
597
will. Doch das ist eine vorübergehende Entwickelungsperiode. So
gut wie man vor 40 Jahren einem Vorurtheile gegen die Anwendung
der Drillmaschinen begegnete, während die jüngere Generation keine
Ahnung mehr davon hat, so wird sich auch die Fangpflanzenmethode
mehr und mehr Bahn brechen und ihre praktische Ausführung wird
schliesslich ganz allgemein eine exakte und gut wirksame werden
zur dauernden Sicherung unserer Rübenzuckeriudustrie und damit
auch zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrt.
Halle, den 14. März 1891.
Heber die bakterienfeindliche Substanz des Blutes.
Vorläufige Mittheilung
von
Prof. M. Ogata
am hygienischen Institut in Tokio.
Ich habe früher mit Herrn Jasuhara den Einfluss einiger
Thierblutarten auf Milzbrandbacillen und Mäuseseptikämiebacillen
studirt, und gefunden, dass das Blut oder Blutserum des milzbrand-
bezw. mäuseseptikämie-immunen Thieres bei für jene Krankheiten
empfänglichen Thieren als prophylaktisches und therapeutisches
Mittel verwendbar ist, wenn es den Versuchsthieren vor oder nach
Impfung der Milzbrand- bezw. Mäuseseptikämiebacillen subkutan in-
jizirtwird. Das Genauere darüber steht in den „Mittheilungen d. med.
Fakultät der Kaiserl. jap. Universität Tokio. Bd. I. No. 4. Unsere
Arbeit über Milzbrand hat Herr Prof. Loeffler in No. 1 dieses
Centralblattes. 1891 genau referirt (S. 25. IX. Bd.).
Wir wussten damals noch nicht, auf was für eine Substanz wir
jene immun machende Eigenschaft zurückführen sollten. Wir wussten
nur, dass die immun machende Wirkung des Blutes durch die Ver-
dauungssäfte des Versuchsthiers sowie durch 1 — 2-stündliches Er-
wärmen auf 45° C aufgehoben wird.
Nach vielen vergeblichen Versuchen ist es mir nun schliesslich
gelungen, aus Hunde- und Hühnerblutserum einen, freilich bis jetzt
nicht chemisch reinen, Körper zu isoliren, welchem jene immunisirende
Eigenschaft zukommt.
Zu dem obigen Zwecke habe ich 1) Serumglobulin aus Hunde-
blutserum (10 ccm Serum) durch Verdünnen mit Wasser und
C02-einleitung dargestellt und dasselbe in 2 ccm mit kohlens. Natron
schwach alkalisch gemachten Wasser gelöst. Von der letzteren
Lösung habe ich je 2 Tropfen 2 Mäusen unmittelbar vor der Milzbrand-
impfung subkutan durch eine Pravaz’sche Spritze injizirt und an-
dererseits Kontrollimpfuug bei einer Maus gemacht. Alle drei Mäuse
starben ohne Unterschied nach 2 Tagen durch Milzbrand.
2. Ich habe 10 ccm Hundeblutserum im Scheidetrichter aufge-
nommen und 2 Tropfen kohlens. Natron zugesetzt, darauf 10 ccm
o g & t ft ,
598
Aether hinzugefügt und stark geschüttelt. Nach der Scheidung
beider Flüssigkeiten habe ich die ätherische Lösung gesondert in ein
Uhrgias gebracht und in der Luft verdunsten lassen. Zu der zu-
rückbleibenden Masse habe ich 1/8 ccm Aq. dest. hinzugefügt, gelöst
und filtrirt. Von dem Filtrate habe ich 2 Mäusen je 2 Tröpfen und
von unter Aether gestandenem Blute 2 Mäusen je 1 Tropfen subku-
tan kurz vor der Milzbrandimpfung injizirt, andererseits auch bei
einer Maus Kontrollimpfung gemacht. Die beiden mit Aetherextrakt
injizirten Mäuse und die Kontrollmaus gingen nach 2 Tagen durch
Milzbrand zu Grunde, während die mit Blut injizirten gesund blieben.
Diese Versuche zeigen, dass jene Substanz durch schwache Alkalisi-
rung und Aether nicht zerstört wird und nicht im Aether aufnehm-
bar ist.
3) Nach weiteren Misserfolgen habe ich 25 ccm Hundeblutserum
durch 200 ccm absol. Alkohol gefällt, 24 Stunden stehen lassen, dann
vom über dem Niederschlag stehenden Alkohol einige ccm
im Reagenzglase aufgenommen und gleiche Menge Aether hinzugefügt,
wodurch ein weisser Niederschlag entstand. Sodann habe ich die
Flüssigkeit ins ursprüngliche Gefäss zurückgegossen, wieder 200 ccm
Aether neu hinzugefügt und 12 Stunden stehen lassen. Dann habe
ich abfiltrirt und den Niederschlag in der Luft getrocknet und pul-
vcrisirt. Zu der pulverisirten Masse habe ich 10 ccm lauwarmes
dest. Wasser zugesetzt und nach fünfminutigem Stehen filtrirt.
Vom letzten Filtrat habe ich einerseits je 3 Tropfen 2 Mäusen
subkutan kurz vor der Milzbrandimpfung injizirt und bei einer an-
deren Maus die Kontrollimpfung gemacht; alle 3 Mäuse starben nach
2 Tagen,
Bei der Sektion ergab sich mikroskopisch die sehr auffallende
Thatsache, dass bei den Mäusen, welche obiges Filtrat bekommen
hatten, weder im Blute, noch in den inneren Organen wie Leber,
Milz, Nieren u. s. w. Milzbrandbacillen zu finden waren, während bei
dem Kontrollthiere im Blute und in den inneren Organen massenhaft
die Milzbrandbacillen enthalten waren. Daher vermuthete ich, dass
jene wirksame Substanz in dem Filtrate enthalten sein müsse, wenn-
gleich die Versuchsmäuse zu Grunde gingen.
Andererseits entstand bei dem noch übrigen Filtrate durch Zu-
satz von absolutem Alkohol und Aether (100 ccm) ein voluminöser
flockiger Niederschlag. Ich habe nach klarem Absetzen desselben
filtrirt und in der Luft den Niederschlag getrocknet. Da derselbe
zu spärlich war, um ihn vom Filtrirpapier zu lösen, so habe ich auf
letzteres direkt 6 ccm Gemisch von Glycerin und Wasser (aus
gleichen Theilen) aufgegossen und filtrirt. So bekam ich ungefähr
4 ccm ganz klares, farbloses Filtrat.
Mit dem letzteren Glycerinextrakt (Filtrate) habe ich verschie-
dene Thierversuche mit Milzbrandimpfung angestellt.
Hier sei auch noch zu merken, dass ich zu meinen Versuchen
stets Milzbrandbacillen aus den Organen von durch Milzbrand ge-
storbenen Mäusen benutzt habe.
üeber die bakterienfemdliche Substanz des Blutes.
599
1. Mäuse.
a) Als ich 2 Mäusen je 1 Tropfen obigen Glycerinextraktes
doppelt mit dest. Wasser verdünnt kurz vor der Milzbrandimpfung
subkutan injizirte, starb eine Maus nach 2 Tagen, während die an-
dere gesund blieb.
Bei der Sektion der gestorbenen Maus fand ich nur spärliche
Milzbrandbacillen in den inneren Organen, die ein bischen kleiner zu
sein scheinen, ais die Milzbrandbacillen in den Organen der Kontroll-
mäuse.
b) 2 Mäusen wurde je lj2 Tropfen obigen Glycerinextrakts mit
Wasserverdünnt kurz vor der Milzbrandimpfung subkutan injizirt;
beide Mäuse bleiben gesund.
c) 2 Mäusen wurde wieder je */2 Tropfen Glycerinextrakts kurz
vor der Milzbrandimpfung subkutan injizirt. Beide bleiben gesund,
(Wiederholung des Versuchs br) Eine dieser Mäuse warf nach 12
Stunden ohne schwere Erkrankung 2 Stück Junge und diese blieben
ebenfalls gesund.
d) 2 Mäusen wurde je 1/4 Tropfen Glycerinextrakt mit Wasser
verdünnt kurz vor der Milzbrandimpfung subkutan injizirt. Es starb
eine Maus mit Befund wie unter a, während die andere gesund
bleibt.
Alle Kontrollroäuse zu a, b, c, d sind nach 2 Tagen durch
Milzbrand gestorben und ich fand sehr reichliche Milzbrandbacillen
im Blute und den inneren Organen.
2. Meerschweinchen.
2 kleinen Meerschweinchen wurden 21/* Tropfen obigen Glycerin-
extrakts mit Aq. dest. verdünnt kurz vor Milzbrandimpfung subkutan
injizirt. Es erkrankte ein Meerschweinchen 1—2 Tage nach der
Impfung, erholte sich aber wieder und jetzt sind beide gesund.
Bas Kontrolimeerschweinchen , ebenso klein wie die Yersuchs-
thiere, ist nach 2 Tagen durch ausgesprochenen Milzbrand zu Grunde
gegangen.
Aus obiger Versuchsreihe kanD man schhessen, dass die gegen
Milzbrand immun machende Substanz ira Glycerinextrakt enthalten
ist und 1/a Tropfen davon bei Mäuseu, 2,5 Tropfen bei Meerschwein-
chen wirksam sind.
Auf ganz dieselbe Weise wie das Hundsblutserumglycerinextrakt
wurde ein Extrakt aus dem Hühnerblute bereitet, und zwar aus 20
ccm defibririrtcn Blutes. Die Menge des Glycerinexiraktes betrug
3 ccm. Damit wurden folgende Versuche mit Mäuseseptikämiebacillen
angestellt :
1. Mäuse.
2 Mäusen habe ich je. 1/i Tropfen, 2 Mäusen je */2 Tropfen
und 2 Mäusen je 1 Tropfen obigen aus Hühnerblut bereiteten Gly-
cerinextrakts dicht vor Mäuseseptikämieimpfung injizirt und anderer-
seits eine Kontroüimpfung ohne Glyeerinextraktinjektiou gemacht.
Es starben die Mäuse, welche V4 und 1/s Tropfen Glyceriuextrakt
600
Ogata ,
bekommen katteD, durch Mäuseseptikämie nach 3 Tagen, während
die mit 1 Tropfen behandelten beiden Mäuse gesund blieben.
Die beiden Kontrollversuchsmäuse gingen ebenfalls durch Mäuse*
septikämie nach 3 Tagen zu Grunde.
2. Taube n.
2 Tauben je 2 Tropfen obigen Glycerinextrakts aus Hühnerblut
mit Aq. dest. verdünnt dicht vor Mäuseseptikämieimpfuug subkutan
injizirt, und andererseits eine Kontrollimpfung ohne solche Injektion
bei einer Taube gemacht. Beide Tauben , die Glycerinextrakt be-
kommen haben, blieben gesund, während die Kontrolltaube nach
5 Tagen durch Mäuseseptikämie zu Grunde ging.
Daraus geht hervor, dass auch im Glycerinextrakt aus Hühner-
biut jene gegen Mäuseseptikämie immunmachende Substanz enthalten
ist, und zwar ist 1 Tropfen des Extrakts bei Mäusen, 2 Tropfen bei
Tauben wirksam.
Weitere Versuche mit Glycerinextrakt (aus Hunde-
blutserum, Hühnerblut) und Hundeblutserum.
1. Liess ich 1 Tropf. Glycerinextrakt aus Hundeblut auf im Reagenz-
glase befindlichen Stärkekleister sowie entalkoholtes Fibrin (bei schwach-
saurer und alkalischer Reaktion durch Salzsäure und kohlensaures
Natron) einwirken , so zeigte derselbe nach 1 Tage weder Pepton-
noch Zuckerreaktion.
2. Ich habe Glycerinextrakt aus Hundeblutserum im Wasserbade
eine Stunde auf 45° C erwärmt, wie ich früher bei den Milzbrand-
versuchen1) das Blutserum des Hundes auf dieselbe Temperatur brachte,
und 2 Mäusen je 0,5 Tropfen dicht vor der Milzbrandimpfung sub-
kutan iujizirt.. Beide Mäuse starben ebenso wie das Kontrollimpfungs-
thier nach 2 Tagen durch Milzbrand, während die mit nicht erwärmtem
Blutserum injizirten Mäuse gesund blieben.
3. 2 Mäusen habe ich 1 Tropfen Huudeblutserum, dem Karbol-
säure im Verhältniss von 0,5°/ö zugesetzt war, subkutan kurz vor der
Milzbrandimpfung injizirt, ferner eine Kontrollimpfung gemacht, alle
Thiere starben durch Milzbrand nach 2 Tagen.
4. Als ich 2 Mäusen 1 Tropfen Hundeblutserum, das mit Salz-
säure bis zur schwachsauren Reaktion versetzt war, dicht vor der
Milzbrandimpfung subkutan injizirte und andererseits eine Kontroll-
impfung bei einer Maus (ohne Injektion) machte, starben alle drei
nach 2 Tagen durch Milzbrand. Ebenso war das Blutserum, durch
das 2 Stunden lang C02 geleitet war, unwirksam, als ich 2 Mäusen
0,5 Tropfen dicht vor Milzbrandimpfung subkutan injizirte , während
mit kohlensaurem Natron schwach alkalisch gemachtes Blutserum
sich wirksam zeigte.
5. Obige Glycerinextrakte aus Hundeblutserum und Hühnerblut
wurden mit 1 : 4 Aq. dest. verdünnt, so dass also der Glyceringehalt
beider Extrakte 1 : 8 war. In diese beiden Flüssigkeiten wurden aus
1) Mittheiiungen d. med. Fakultät der kaiserl. jap. Universität. Bd. 1. No. 4. S. 343.
Ueber die bakterienfeindliche Substanz des Blutes.
601
einer Nährgelatinekultur Cholerabacillen (Kommabacillen v.
Koch) durch eine Platinöse reichlich übertragen, durch Umrühren gut
gemischt und unmittelbar danach Plattenkulturen nach Esmabch-
scher Methode gemacht, indem ich durch eine grosse Platinöse ein
Tröpfchen davon auf den vorher erwärmten und verflüssigten Gelatine-
nährböden übertrug. Es entwickelten sich nach 3 Tagen unzähl-
bare reichliche Kolonieen von Cholerabacillen in beiden
Plattenkulturen. Als ich sodann 3 und 5 Stunden nach der Bereitung
obiger Mischung von Cholerabacillen wiederum beide Flüssigkeiten
mit Platindraht stark umrührte und auf genau dieselbe Weise wie
oben neue Plattenkulturen damit anlegte, entwickelte sich nur eine
einzige Kolonie von Cholerabacillen in der Plattenkultur
aus Hundeblutserumextrakt, das ich nach 5 Stunden genommen hatte,
während die beiden nach 3 Stunden gemachten Kulturen und die
nach 5 Stunden aus Hübnerblutextrakt gemachten steril blieben.
Obige Glycerinextrakte aus Hundeblutserum wurden wieder mit
1:4 Aq. dest. verdünnt. In diese Flüssigkeit wurden Typhus-
bacille.n reichlich übertragen, durch Umrühren gut gemischt und
auf genau gleiche Weise wie oben Plattenkulturen gemacht. Es ent-
wickelten sich reichliche T y p h u s b a c i 1 1 e n k o 1 o r. i e e n nur
in Plattenkultur, die ich unmittelbar nach Uebertragung von
Typhusbacillen anlegte, während nach 3 und 5 Stunden gemachte
Kulturen ebenfalls steril blieben.
Aus diesen Versuchen schliesse ich, dass jene
Substanz, welche für Milzbrand und Mäus esep tikämie
empfängliche Thiere gegen diese Krankheiten immun
macht, auf ein in dem Blute immun er Thiere enthaltenes
Ferment zurückzuführen ist.
Da dieses Ferment auch die Eigenschaft hat, Cholera-
b a c i 1 1 e n und Typhusbacillen in ihrer Entwickelung zu stören,
so ist es mir wahrscheinlich, dass die von Fodor’) gefundene und
von Nuttall2), Büchner8), Voit u. a. genauer studirte desin-
fizirende Wirkung des Blutes auf demselben Stoffe beruht.
Wenn ich kurz die Eigenschaften der im Blute enthaltenen,
immun machenden Substanz (Ferment) zusammenfasse, so sind sie
folgende:
1. Die Substanz ist in Wasser und Glycerin leicht
löslich, dagegen unlöslich in Alkohol und Aether.
Durch Zusatz von Alkohol und Aether wird sie nicht
zerstört.
2. Die Wirksamkeit wird durch schwache Alkalien
nicht, wohl aber durch wenige Karbolsäure und Salz-
säure ganz aufgehobeD.
3. Sie ist unwirksam bei Gegenwart von Verdau-
ungssäften, sowie bei Erwärmen auf 45° C.
4. Die Substanz hat sowohl immunisirende, als
) Archiv für Hygiene. P*. IV. S 12ß.
2) Zeitschrift für Hygiene B. IV. S 353.
3) Archiv für Hygiene. B. X. S. 84
602
Gahrung.
auch desinfizirende Eigenschaften und behält durch
den Glycerin zusatz ihre Wirksamkeit lange Zeit ohne
merkbare Veränderung.
5. Sie zeigte nicht die Eigenschaft, das Fibrin in
Pepton, Stärkekleister in Zucker zu verwandeln.
Ich bereite das Ferment in folgender Weise:
Zu einem Theiie Blut oder Blutserum füge ich 10 — 15 Theile
eines Gemisches von absolutem Alkohol und Aether (zu gleichen
Theileu), lasse es 1 — 2 Tage stehen, filtrire, sammle den Niederschlag
auf Filtrirpapier und trockne an der Luft. Die trockne Masse wird im
Mörser pulverisirt und zu derselben lauwarmes Wasser oder ein Ge-
misch von Glycerin und Wasser (zu gleichen Theilen) in halber
Menge des Blutes gefügt. Nach 3—4 Minuten langem Stehenlassen wird
dann rasch durch Leinwand oder ein baumwollenes Tuch kollirt und
filtrirt mittels eines Faltenfilters oder durch Saug Vorrichtung. Zu dem
letzteren Filtraten setze ich wieder die lOfache Menge eines Gemisches
von Alkohol und Aether, lasse es einen Tag stehen, fiitrire den Nieder-
schlag und trockne. Die trockne Masse wird wieder in ,/4 Theile
(der ursprünglichen Blutung) Wasser gelöst und filtrirt, dann s,/4
Theil Glycerin hinzugefügt, oder in '/2 Theile Gemisch von Glycerin
und Wasser gelöst und filtrirt. Das letztere Glycerinextrakt ist
ebenso wirksam wie das frühere aus Euudeblutserum und Hühnerblut
dargestellte. Die wirksame Dosis muss aber jedesmal nach der Be-
reitung bei Versuchstieren festgestellt werden, da die im Blute
enthaltene Ferment menge je nach der Bereitung und dem Körper-
zustuude des Thiers verschieden sein kann.
Tokio, 15. März 1891.
Referate.
Jörgensen, Alfred. Zur Analyse der obergährigen Hefe
in Brauereien und Brennereien nach Hansen’s Me-
thode. (Zeitsehr. f. d. ges. Brauwesen. München 1891. No. 2.)
Hansen hat bekanntlich eine Reihe von sehr verschiedenen
Charakteren für die Saccharomyceten gefunden, vermittelst welcher es
möglich ist, die Arten zu beschreiben und die Hefen zu aDalysiren.
Hierzu gehören auch die Merkmale, welche er für Vegetationen auf
Nährgelatine nachgewiesen hat (diese Zeitschrift. Bd. II. 1887. p. 118);
ich citire speziell diese Arbeit, weil sie gewöhnlich übersehen wird.
Bei der Analyse der Brauereihefe wird in der Regel zu weitläufig
werden, diese in alle ihre einzelnen Bestandteile aufzulösen, um
eine Reinkultur jeder Art für sich darzustellen. Hansen hat daher
eine Methode mit Hülfe der Sporenbildung angegeben, wodurch man
im Stande ist, Mischungen direkt und in kurzer Zeit zu untersuchen.
Das Prinzip der Methode ist dieses, dass die wilden Hefen bei ge-
wissen Temperaturen ihre Sporen früher entwickeln, als die Kultur-
Gährung. — Nitrifikation.
603
liefen und dass der anatomische Bau der Sporen dieser zwei Gruppen
von Hefen gewöhnlich deutlich verschieden ist. Ref. fand, dass diese
für die Analyse der untergährigen Hefe allgemein angewendete Me-
thode auch für die obergährigen Hefen ohne irgend welche Verände-
rung zu benutzen ist. Die meisten obergährigen Kulturhefen zeigen
sich dadurch von den untergährigen verschieden, dass sie in den Gyps-
blockkulturen eine viel grössere Menge von sporentragendeu Zellen
entwickeln. Viele dieser Arten geben bei 25° C Sporen ungefähr
zu derselben Zeit wie die wilden Hefen; bei 15° C kommt dagegen
die Sporenbildung später, bei einigen Arten bedeutend später; bei
12° C wird der Zeitunterschied noch grösser sein. Aber selbst in
solchen Fällen oder bei solchen Temperaturen, wo die Zeitunterschiede
sehr gering sind, wird der Unterschied im anatomischen Baue der
Sporen Anhaltspunkte zur Bestimmung etwaiger Verunreinigungen
durch wilde Hefen geben können. Jörgensen (Kopenhagen).
Winogradsky, Recherches surles organismesdelani-
trif ica'tiou. IV. (Annales de Tlnstitut Pasteur. 1891. No. 2. S. 92.)
Während Verf. bisher als „Nitrom onas“ eine einheitliche
nitrifizirende Bakterienart bezeichnete, hat sich derselbe durch Unter-
suchungen verschiedenartigen Materials nunmehr überzeugt, dass bei
den nitrifizirenden Bakterien wesentliche morphologische Differenzen
Vorkommen, weshalb er dieselben jetzt als eine physiologische Gruppe
unter der Bezeichnung „Nitrobakterien“ zusammenfasst. Das
gemeinsame Charakteristicum ist die Oxydation des ammoniakalisehen
Stickstoffs.
Nachdem alle bisherigen Isolirungsversuche und auch das Ver-
dünnungsverfahren wenig befriedigende Resultate geliefert hatten, ist
es Verf. neuerdings gelungen, diese Nitrobakterien auf festem
Nährboden zu kultiviren. Zunächst wurde versucht, eine für
Nitrobakterien geeignete Nährgelatine resp. Nähragar zu konstruiren,
Verf. ging dabei von der Absicht aus, die Ernährungsbedingungen
für Nitrobakterien möglichst zusagend, für andere Arten möglichst
ungünstig zu machen; er wählte als Zusatz nur mineralische Salze
und Ammonsulfat. Der Erfolg war ganz unbefriedigend ; die Nitro-
bakterien kamen gar nicht, die verunreinigenden Arten stark zur
Entwickelung. Verf. verwarf deshalb die organischen Substanzen
bei Konstruktion des festen Nährbodens und ging zu Versuchen mit
dem von W. Kühne zu diesem Zweck empfohlenen Kieseisäurehydrat
über. Das Verfahren ist folgendes :
Käufliches Wasserglas, das gewöhnlich eine dickliche Konsistenz
besitzt, wird mit dem 3 fachen Volum Wasser verdünnt. 100 ccm
dieser Flüssigkeit werden unter Schütteln mit 50 ccm verdünnter
Salzsäure gemischt und in einen Dialysator gegeben, der für 24 Stunden
in laufendem, alsdann 2 Tage in oftmals erneuertem destillirtem
Wasser belassen wird. Die Beendigung der Dialyse erkennt man
an dem völligen Klarbleiben bei Zusatz von Silbernitrat. Nun kann
die Lösung durch Kochen sterilisirt und in einem mit Watte ver-
schlossenen Kolben aufbewahrt werden. Verf. bemerkt, es sei ganz
unnöthig, eine Silicatlösung von bestimmtem Gehalt anzuwenden.
604
Nitrifikation.
Dieselbe müsse nur mit entschieden saurer Reaktion auf den Dialy-
sator kommen und ferner so verdünnt sein, um dortselbst nicht spontan
zu gerinnen.
Ais Mineralsalzlösung wurde angewendet:
Ammonsulfat 0,4
Magnesium sulfat 0,05
Kaliumpbosphat 0,1
Calciumchlorid Spur
Natriumkarbonat 0,6— 0,9
Dest. Wasser 100.
Die Sulfate und das Calciumchlorid einerseits, andererseits die
Phosphate und Karbonate werden für sich gelöst und sterilisirt, die
Lösungen nach dem Erkalten gemischt.
Zu den Kulturen dienten Glassthalen. Zuerst wird die Silicatiösung
in einem Kolben bis etwa auf die Hälfte eingedampft, bis 2— 3 Tropfen
derselben mit einem Tropfen der obigen Salzlösung binnen 5 Minuten ge-
latiniren. In 10— 15 Minuten muss die Probe fest genug sein, um beim
Darüberstreichen nicht zu zerreissen. Bei diesem Konzentrationsgrad
unterbricht man das Eindampfen, vortheilt die Silicatlösung mittelst Pi-
pette in die einzelnen Schälchen und bewirkt hier durch Zusatz der Salz-
lösung das Gelatiniren. Die Menge der letzteren soll je nach dem ge-
wünschten Festigkeitsgrad die Hälfte oder ein Drittel der Silicatlösung
betragen. Beide müssen gut gemischt werden. In einigen Minuten
macht sich die Gerinnung durch schwache Opalescenz bemerkbar.
Die Aussaat wird entweder durch Mischung des betreffenden
Materials mit der Salzlösung vor der Erstarrung bewerkstelligt, oder
mau macht fmpfstriche auf dem fertigen Nährboden. Das Natrium-
karbonat kann in der Salzlösung auch durch Magnesiumkarbonat
ersetzt werden; die Durchsichtigkeit leidet, aber da rings um die
Kolonieen die Körnchen von Magnesiumkarbonat aufgelöst werden,
so entsteht ein heiler Hof, welcher die Kolonieen besonders deutlich
hervortreten lässt.
Die tiefliegenden Kolonieen der Nitrobakterien in diesem Nährboden
bleiben sehr klein, die oberflächlichen entlang der Impfstriche dagegen
bilden eine weisse, ziemlich dicke Kruste; bei schwacher Vergrösse«
rrtng bieten beide Arten von Kolonieen ein sehr charakteristisches
Ansehen, das jede Verwechslung mit anderen ausschliesst, abgesehen
davon, dass andere Arten auf diesem Nährboden zwar gedeihen,
jedoch nur kümmerlich, indem ihr Waehsthum bald zum Stillstand
gelangt. Die Kolonieen der Nitrobakterien dagegen wachsen zwar
langsam, aber Wochen hindurch.
Als Aussaat zur Gewinnung der Nitrobakterien kann direkt Erue
verwendet werden. Besser ist es jedoch, zuerst in einer wässerigen
Salzlösung durch eine Spur Erde die Nitrifikation einzuleiten und
von hier aus die Uebertraguug auf den festen Nährboden zu be-
werkstelligen. Dann entstehen fast lauter gleichartige Kolonieen.
Zum Beweise, dass es Nitratbildner sind, braucht man nur ein kleines
Stück des Nährbodens zur Salpetersäurereaktion mit Diphenylamin
zu verwenden, welche stets kräftig ausfällt.
Allgemeines über pathogene Mikroorganismen.
605
Die morphologischen Verhältnisse der Nitrobakterien will Verf,
in einer nächsten Mittheilung schildern. [Ref. hatte Gelegenheit, die
oben geschilderten Kulturen der „Nitrobakterieu“ durch den Herrn
Verfasser demonstrirt zu erhalten und sich von der kräftigen Nitrat-
Reaktion zu überzeugen.] Büchner (München).
Baumgarten, P., Jahresbericht über die Fortschritte in
in der Lehre von den pathogenen Mikroorganismen
umfassend Bakterien, Pilze und Protozoen. Unter Mit-
wirkung von Fachgenossen bearbeitet und herausgegeben. Jahr-
gang V. 1889. 8°. 632 p. Braunschweig (H. Bruhn) 1890.
Wie ein alter lieber Bekannter und ein unentbehrlicher treuer
Mitarbeiter erscheint der B.’sche Jahresbericht dem Bakteriologen von
Fach; hat er auch die Mehrzahl der besprochenen Arbeiten, sei es
im Originale, sei es in Referaten, schon irn Laufe des Jahres ken-
nen gelernt, die systematische Zusammenfassung derselben, ihre Zu-
sammenstellung nach bestimmten Gesichtspunkten, wie er sie in dem
Jahresbericht findet, ist für ihn doch von unschätzbarem Werthe.
Beim litterarischen Arbeiten erleichtert er die Aufsuchung des Quel-
lenmaterials in hohem Grade; beim Experimentiren bewahrt er durch
Aufzeigung des schon Gefundenen davor, alte Funde noch einmal zu
machen und in dem Ueberschauen des Geleisteten treten die Lücken
in unserem Wissen deutlicher hervor, die auszufüilen durch weitere
Forschung ein dankbares Unternehmen ist. So wirkt das Werk nach
mehr als einer Richtung hin förderlich. Der neue Jahrgang ist,
wie der vorige, nicht ein W:erk des Herausgebers allein, es würde
auch die Kraft und — die Geduld eines einzigen Arbeiters über-
steigen, aile diese Referate zu verfassen. B. hat es verstanden, nicht
nur seine alten Mitarbeiter sich vollzählig zu erhalten — nur einen
vermissen wir schmerzlich , den durch die Influenza dahingerafften
Dr. Hildebrandt- Königsberg — sondern noch 19 neue hinzuzu-
gewinnen, darunter Gelehrte ersten Ranges, eine Zierde seines Werks
und der bakteriologischen Wissenschaft.
Der Uruiang des Werks zeigt wieder eine erfreuliche Zunahme
gegen das vorige Jahr, ein beredtes Zeichen für den unermüdlichen
Fleiss der Forscher. Nicht weniger als 1017 Arbeiten finden wir
besprochen. Die Eintbeilung des Stofi's ist die frühere, die sich
offenbar bewährt hat. Ein vorzügliches Namen- und Sachregister
erleichtert die Auffindung des besprochenen Stoffes.
Höchst erfreulich ist die Ankündigung, dass der 6. Jahrgang
— 1890 — in Arbeit ist und in kürzester Frist erscheinen wird.
An zahlreichen Freunden, die seiner Ankunft mit Ungeduld entgegen-
sehen, wird es ihm nicht fehlen, ebenso wenig wie dem 5. Jahrgang,
dem wir die günstigste Prognose mit auf den Weg geben können.
Dürfen wir an den mit Arbeit überhäuften Herausgeber eine
Bitte richten, so ist es die, über die ersten fünf Jahrgänge ein zu-
sammenfassendes Inhaltsverzeichniss herausgeben zu wollen. Eine der-
artige Arbeit ist ja trocken und mühsam und ihm kaum zuzumuthen,
aber sie würde gewiss ein vielseitig empfundenes Bedürfniss befriedigen.
M. Kirchner (Hannover).
G06
Variabilität pathogener Organismen. (Hog-Cholera.)
Smith, Theobald, Observation s on tbe variability of
disease germs. (The New York Medical Journal, i. Nov.
1890.)
Verl, bringt die auf das Thema bezüglichen Probleme in drei
Gruppen: 1) Veränderlichkeit einer bestimmten Art, welche absicht-
lich im Laboratorium durch verschiedene Bedingungen herbeigeführt
wird. Dieselben sind charakterisirt durch Untersuchungen, wie die-
jenigen Pasteur’ s über Impfungen mit Anthrax etc. 2) Die beobachtete
Veränderung einer bestimmten Art in der Natur. Hierunter rechuet
der Verf. die von ihm beobachteten Verschiedenheiten der Virulenz
von Schweineseuchebakterien bei verschiedenen Seuchen. 3) Die Be-
ziehungen derjenigen Bakterien unter einander, welche sich zwar mit
uusern gegenwärtigen Hilfsmitteln nicht unterscheiden lassen, aber
bei verschiedenen Arten von Thieren Krankheiten erzeugen.
Die Beobachtungen des Verf.’s beziehen sich im Wesentlichen
auf die Organismen einer Form der Schweineseuche (Hog-cholera).
Vor einigen Jahren hatte der Verf. bereits eine Varietät der Orga-
nismen der Schweineseuche beschrieben, welche die seltenere Eigen-
schaft besassen, auf der Oberfläche flüssiger Nährmedien bald eine
Haut zu bilden, was die im Jahre 1885 vom Verf. gefundenen Or-
ganismen der Schweineseuche nicht thaten. Im Jahre 1889 kam eine
Seuche zur Beobachtung des Verf.’s, bei welcher er einen noch mehr
vom Typus abweichenden Bacillus erhielt. Diesen nennt er Bacillus ß,
um ihn von dem im Jahre 1885 von ihm gefundenen als Bacillus o
bezeichneten Typus der Art zu unterscheiden. Ausdrücklich wird
hervorgehoben, dass diese Bacillen nichts mit den Organismen der
eigentlichen Schweineseuche (Swine-plague) zu thun haben, sondern
von jenen völlig verschieden sind.
Der Unterschied zwischen dem B a c i 1 1 u s u und dem B a c i 1 1 u s ß
ist im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass der letztere mehr
saprophytische Eigenschaften besitzt, als der erstere. Auf Gelatine-
platten wächst ß rascher, seine Kolonieen, in der Tiefe sowohl als
an der Oberfläche, erreichen grössere Dimensionen und in alkalischer
Peptonhouillon bewirkt er eine starke Trübung, während a dieselbe
kaum nennenswerth trübt. Auf Thiere übt a eine viel heftigere
Wirkung aus ; die mit ihm geimpften gehen in der Regel zu Grunde,
während die mit ß geimpften zwar erkranken, aber nach einer Woche
wieder gesund werden, auch mussten von dem letzteren viel grössere
Mengen der Kultur injizirt werden. Bei dieser verschiedenen Wirkung
musste natürlich die Frage sich aufdrängen, ob es sich bei dem Ba-
cillus ß auch wirklich um Hog-cholera handelte, oder um eine andere
Krankheit. An dem Schwein, von welchem der letztere Bacillus er-
halten war, hatten sich dieselben Symptome, wie bei der gewöhnlichen
Hog-cholera gezeigt. Eine Anzahl Experimente, deren nähere Ausführung
nicht beschrieben wird, zeigten jedoch, dass es sich thatsächlich nur
um eine weniger virulente Form der Hog-cholera handelte. 1) Wenn
der Bacillus a durch Hitze so abgeseh wacht wurde, dass er eine lang-
samer verlaufende Krankheit erzeugte, so wurden dieselben Verletz-
ungen durch ihn erzeugt, wie durch den Bacillus ß. 2) Wenn die
durch « hervorgerufene Erkrankung dadurch zu einer langsamer
Gifrv?irfcuug destill Wassers (Pfianzenkrankheiten). — Bakterien im Wasser. ß07
verlaufenden gemacht wurde, dass die Empfänglichkeit durch
vorherige Impfung mit ß verringert wurde, fanden sich die gleichen
Veränderungen in den Eingeweiden. 3) Durch eine Reihe von Ver-
suchen wurde festgestellt, dass eine zweimalige Impfung mit Ba-
cillus ß Immunität gegen Bacillus a erzeugte.
Auf diese Tendenz, zu variiren, führt der Verf. die Missverständ-
nisse zwischen Forschern verschiedener Gebiete eines Landes zurück ,
der eine mag diese und der andere jene Varietät finden. Noch
schwieriger gestalten sich dann die Fälle, in denen das Thierexpe-
riment im Stich lässt, wie beim Typhusbacillus, welcher beim Menschen
ähnliche Veränderungen in den inneren Organen herbeigeführt, wie
der Bacillus ß bei Schweinen. Diesem letzteren werden übrigens vom
Yerf. sehr nahe Beziehungen zu dem allgemein verbreiteten Bewohner
des Darmkanals, Bacillus coli commune zugeschrieben, er soll
in der Mitte zwischen dem letzteren und dem Bacillus a stehen.
Migula (Karlsruhe).
Loew, 0., Ueber die Giftwirkung des destillirten Was-
sers. (Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XX. 1891. p. 235.)
Die von C. Asch off (vergl. Landwirth. Jahrbücher. 1890. p.
115) mitgetheilte Angabe, dass sich Phaseolus vulgaris in
Nährstofflösungen, die durch Auflösen der betreffenden Nährsalze in
reinem destillirten Wasser hergestellt sind, in gesunder Weise nicht
entwickelt, sondern dass die Pflanze durch das noch nicht näher be-
kannte sogenannte „Gift“ des destillirten Wassers frühzeitig zu Grunde
geht, findet nach Verf., mit Berücksichtigung früherer Untersuchungen
von Nägeli, wahrscheinlich darin seine Erklärung, dass es Spuren
von Kupfer in dem destillirten Wasser sind, die ursprünglich aus den
kupfernen Destillationsgefässen stammen, welche diese Giftwirkung auch
auf Phaseolus ausüben, da nach den Untersuchungen von Nägeli
schon ein Zehnmillionstel eines Kupfersalzes ira Kulturwasser hin-
reicht, um Spirogyren nach 1 bis 2 Tagen zu tödten. Da bei In-
fusorien auch das nochmals aus Glasgefässen destillirte Wasser tödtlich
wirkt, so dürfte nach Verf. hier der Grund in der Entziehung von
Nährsalz en zu suchen sein, welche das destillirte Wasser im Gegen-
satz zu dem kalkhaltigen Quellwasser begünstigt. Otto (Berlin).
Lortet et Despeigues, Recherches sur les microbes patho-
genes des eaux po tables distribu6es ä la villede
Lyon. (Rev. d’hvgiäne. T. XII. 1890. Nr. 5.)
Das Rhonewasser, mit welchem die Wasserleitung von Lyon ge-
speist wird, wird vor dein Eintritt in dieselbe durch aufsteigende
Filtration gereinigt, in grossen Gallerieen, die am rechten Ufer der
Rhone in dem dort von dem Fluss angetriebenen Kies ausgegraben
sind. Nach den Untersuchungen von Arloing und Chauveau
enthält das Rhonewasser vor der Filtration mindestens 51 000 Keime
im Liter, das der Wasserleitung dagegen nur 7000. Die Verfl. haben
mit diesen Keimen Impfversuche angestellt, die zu bemerkenswerthen
Ergebnissen geführt haben. Chamber! and’ sehe Kaolinfilter, die
sie an Zapfstellen befestigten, bedeckten sich in wenigen Tagen mit
89 *
608
Bakterien im Wasser.
einer dichten Schicht schmierigen Schlammes, der sehr zäh und von
starkem Eisengehalt gelbbraun gefärbt war. Derselbe wimmelte von
Bakterien. Die Verff. schwemmten diesen Schlamm in sterilisirtem
Wasser auf und injizirten Meerschweinchen 1 g dieser Mischung auf
100 g des Versuchstieres unter die Haut. Die Thiere gingen der
Mehrzahl nach in kürzester Frist zu Grunde und zeigten bei der Ob-
duktion Ergüsse ins Bauchfell und die Brusthöhle und fast stets
Leber- und Lungeninfarkte. Uebertragung von Blut, das von Mikro-
organismen wimmelte, auf andere Thiere wirkte septisch. In einem
Fall entstand an der Impfstelle eine maligne Neubildung, welche
den Tod in wenigen Wochen herbeiführte. In einer anderen Ver-
suchsreihe entstanden durch die Impfung Geschwüre an den
Peyer’ sehen Haufen und soiitären Follikeln des Darrns, die mit'
typhösen Veränderungen die grösste Aehnlichkeit hatten und den
Tod der Versuchstiere in durchschnittlich 2 Tagen veranlassten.
Vom Magen aus wirkte der Filterschlamm nicht pathogen.
Aber nicht nur in den Cham, b erl an d’schen Filtern, sondern auch
auf den Wänden und am Boden der grossen Filtergallerieen fanden
die Verff. unzählige pathogene Mikroorganismen, durch deren Ver-
impfung sie schnelltödtliche Scptikämie-Abscesse an der Impfstelle,
Pyämie mit Leberabscessen, Lur.genabscesse u. s. w. erzeugen konnten.
Auf Grund dieser Beobachtung werfen die Verff. die Frage auf, ob
nicht die z. B. in Zürich, Berlin u. a. a. 0. eingeführte absteigende
Filtration, bei der die obersten Schichten des tütrirenden Sandes von
Zeit zu Zeit abgehoben und gereinigt weiden können, der aufsteigen-
den Filtration, bei welcher die Filterschicht in ihrer ganzen Dicke
infizirt wird , vorzuziehen sei. Diese in der Filterschicht sich an-
siedelnden Bakterien erscheinen ihnen besonders gefährlich zu Zeiten,
wo die Filtration aus irgend einem Grunde beschleunigt werden muss,
wo dann das Wasser durch den mitgerisssenen Kies trübe und, wie
die Eifahrung zeigt, auch bakterienreicher wird.
Bekanntlich nimmt der Bakteriengehalt fliessenden Wassers all-
mählich ab, hauptsächlich dadurch, dass die Bakterien sich zu Boden
senken. Die Bakterien aber gehen, wie die Verff. des Weiteren ge-
zeigt haben, selbst in grossen Tiefen nicht zu Grunde, sondern be-
wahren ihre Infektiosität. Sie Messen sich Schlamm aus dem Genfer-
see schicken, der aus Tiefen von 40 — 50 m entnommen war und
machten damit Impfversuche. Die Thiere gingen in 40—48 Stunden
au malignem Oedem zu Grunde. In einigen Fällen entstanden nur
lokale Abseesse. Diese Thatsache, dass der Boden des Genfersees
mehrere km vom Ufer entfernt in so beträchtlichen Tiefen Bakterien
von solcher Infektiosität enthält, scheint den Verff. die bekannte Be-
obachtung zu erklären, dass Trockenlegung von Seeufern so häufig
Krankheiten, namentlich Malaria, nach sich zieht.
Diese theoretisch sehr interessanten Untersuchungen der Verff.
haben für die Praxis wohl keine weitere Bedeutung, als dass sie die
schon bekannte Noth Wendigkeit bestätigen, die Filtration nicht über
ein bestimmtes Maass zu steigern. Die von ihnen geäusserte Ansicht
von den Nachtheilen der aufsteigenden Filtration erscheint beachtens-
wert!). M. Kirchner (Hannover).
Bakterien im Wasser. — Cholerabacillen im Kothe.
609
Gf6r6, Contribution ä 1 ’ 6 1 u il e des eaux d’Alger. (Annales
de 1’Institut Pasteur. 1891. No. 2. S. 79.)
Der Abdominaltyphus ist endemisch in Algier und tritt alljähr-
lich im August, September und Oktober in ziemlicher Ausdehnung
und Intensität dort auf. Verf. gibt eine Beschreibung der Wasser-
bezugsquellen, bei denen er schon durch Chlorbestimmuugen eine
während des Laufes eintretende Verunreinigung konstatiren konnte.
Bakteriologisch sollte nach dem B. coli commune und Ty-
phusbacillus gefahndet werden und zwar nicht, wie gewöhnlich, mit
Verwendung kleiner Wasserproben, sondern mit möglichst grossen
Mengen. Das Verfahren ist folgendes: In einen Messkolben zu 1 1
kommen 100 ccm neutrale, sterile Rindsbouillon, 50 ccm neutrale,
sterile, 10 prozent. Peptonlösung und 600 — 700 ccm des zu unter-
suchenden Wassers; ferner 20 ccm einer 5 prozent. Lösung von reiner
Karbolsäure; schliesslich wird mit dem zu untersuchenden Wasser
bis zur Marke aufgefüllt. Im Liter sind dann 1 g Karbolsäure und
830 ccm des zu prüfenden Wassers. Das Ganze wird in 10 sterile,
mit Watte verschlossene Kolben vertheilt und bei 32 — 36 0 (nicht
darüber!) kultivirt.
Falls eine der beiden erwähnten Arten zugegen ist, tritt Trübung
ein — um so früher, je grösser die Verunreinigung — gewöhnlich
zwischen 15 — 20 Stunden , bei sehr geringer Verunreinigung erst
gegen die 30. Stunde. Nach deutlich eingetretener Trübung wird
eine Platinöse voll in gewöhnliche sterile Bouillon übertragen, wobei
man oft bereits eine Reinkultur des B. coli commune oder Ty-
phusbacillus oder von beiden gemischt erhält. Um sicher zu Rein-
kulturen zu gelangen, empfiehlt sich 2 — 3 malige wiederholte Aus-
saat in die obige karbolisirte Bouillon.
Mit diesem Verfahren wurde in allen Trinkwässern von Algier
B. coli commune nachgewiesen, was Verf. auf Verunreinigung
durch Fäkalien bezieht. In zwei Fällen gelang auch der Nachweis
des Typhusbacillus. Ueber den genauen Gehalt der betreffenden
Wasserproben an Keimen konnte bei Anwendung der beschriebenen
Methode natürlich nichts ermittelt werden, doch hält Verf. dies vom
hygienischen Standpunkt aus für irrelevant, da der Nachweis der
Verunreinigung zur Verurtheilung des Wassers genüge.
Büchner (München).
Kaupe. Untersuchungen über die Lebensdauer der
Cholerabacillen im menschlichen Koth. [Aus der
hygien. Untersuchungsstelle des X. Armeekorps zu Hannover.]
(Zeitschrift für Hygiene. Bd. IX. Heft 3.) *
Verf. vermengte nicht sterile Fäees mit Bouillonkulturen von
Cholerabacillen. Die Reaktion dieses künstlichen Cholerastubles war
in allen Fällen sauer. Die Proben wurden bei einer Temperatur von
12 — 15 0 C gehalten.
Nach 24 Stunden waren in den Fäcesmischungen keine ent-
wickelungsfähigen Cholerakeime mehr nachzuweisen.
Für das schnelle Abstebern der Cholerabacillen macht Verf,
hauptsächlich die sauere Reaktiou der Fäees verantwortlich.
610
Sommardiarruöe. — Tesastieber ( Tliierkrankheiten).
Bei Vermengung von Cholerabacülenkuituren mit sterilen Fäces
konnten erst nach 11 Tagen keine Cholerabacülen mehr nachgewieseii
werden.
Hierfür sucht Veri'. die Ursache hauptsächlich darin, dass durch
das Sterilisiren die Wirkung der in den nicht sterilisirten Fäces ent-
haltenen Saprophyten aufgehoben war.
Als praktische Folgerung will Verf. aus seinen Untersuchungen
entnehmen , dass nach Ablauf von 4 Tagen eine Infektionsgefahr
durch Koth so gut wie ausgeschlossen ist. Dittrich (Prag).
Toißkins, H., Report of the inquiry into the etioiogy
o f sunimer d i a r r h o e a. (Recent reports to the scientific
grants commitee of the British med. Association 1891.)
Veranlassung zu der folgenden Untersuchung bot das mehr-
malige Auftreten von Epidemieen von Sommerdiarrhöe in der Stadt
Leicester, welche vermuthen liess, dass das Krankheitsageus ent-
weder im Boden, dem Wasser oder der Luft gelegen sei. T. richtete
das Hauptaugenmerk bei seinen bakteriologischen Untersuchungen
auf die Luft, und fand, dass dieselbe (Sommer 1886) 2 — 3 mal so viel
Mikroben und Sporen enthielt, als sonst. In den von der Krankheit
am stärksten befallenen Stadttneilen war die Zahl der Mikroorga-
nismen der Luft oft 4 mal so gross, als in deu minder betroffenen.
Dieselben zeichneten sich durch rasches Wachsthum und rapide Ver-
flüssigung der Nährgelatine aus. Im Sommer 1888 trat die Epidemie
in milderer Form auf, dem entsprechend war auch die Luft ärmer
an Keimen. Aehnliche Resultate ergab die Untersuchung des Bo-
dens. Bei der Züchtung von Mikroorganismen aus den Eingeweidea
von an Sommerdiarrhoe Verstorbenen Hessen sich mehrere Arten ge-
winnen, welche sich sämmtlich durch rasches Wachsthum, Verflüssi-
gung der Gelatine und einen auffällig üblen Geruch der Kulturen
auszeichneten, welch letzteres übrigens auch den aus der Luft und
dem Boden gezüchteten Mikroorganismen eigentümlich war. Als be-
sonders günstiger Nährboden erwies sich Milch. Verf. glaubt diesen
Befunden vor der Hand keine besondere Bedeutung beimessen zu
dürfen, bevor es ihm nicht gelungen sein würde, einen oder mehrere
bestimmte Mikroorganismen oder ihre Stoflwechselprodukte als eigent-
liche Erreger der Sommerdiarrhoe zu erkennen.
L i in b e c k (Prag).
Smith, TLieohald, Preliminary observation s on the rai°
croorganism of Texas fever. (Philadelphia Med. News.
1889. 21. Decemb. Sonderabdr.)
Verf. hatte 1886 und 1888 verschiedene Orgaue von an ent-
fernteren Orten an Texastieber zu Grunde gegangenen Rindern unter-
sucht und es war ihm nicht gelungen — entgegen deu positiven
Resultaten Billings1 und Anderer — einen spezifischen Mikroor-
ganismus zu isoüren. Nur einmal konnte mikroskopisch in den
rothen Blutkörperchen das Vorhandensein kokkeuähnlicher Formen
konstatirt werden.
Texasfieber. — Iafiueuza.
61!
Iai Spätsommer 1889 erkrankte eine Anzahl einheimischer Rinder
an südlicher Rinderseuche, welche gegen Ende Juni gleichzeitig mit
anderen aus Nordkarolina zugeführten Rindern in einem kleinen
eingehegten Weideplatz der Versuchsstation des Bureau of Animal
Industry in Washington untergebraeht worden waren. Bis Ende
Oktober erlagen 19 einheimische Tkiere der Krankheit, während die
aus dem Süden stammenden verschont blieben. Die Krankheit ver-
breitete sich nicht über das Gehege hinaus.
Mit diesem in der nächsten Nähe des Laboratoriums zur Ver-
fügung stehenden Materiale nahm Verf. seine Untersuchungen wieder
auf und konnte die intragiobulären Körperchen, die sieb als nicht
kultivirbar erwiesen, diesmal in allen tödtlich verlaufenen Fällen von
Texasfieber beobachten. Am häufigsten und in der Regel kommen
diese Körperchen in Milz und Leber, seltener im zirkulirenden
Blute vor und stellen sich als runde, farblose, mit wässerigen Anilin-
farben gut tingirbare Gebilde dar, die innerhalb des rothen Blut-
körperchens etwas exzentrisch gelagert und einzeln, gewöhnlich zu
zweien, sehr selten zu dreien daselbst vorhanden sind. Bei den
paarweise verkommenden Körperchen herrschen ovale Formen vor,
die auf Theilungsvorgänge hindeuten mögen. Uebertragungsversuche
auf Kaninchen blieben erfolglos, Kral (Prag).
Fischel, Friedrich, Eine bakteriologisch - ex perimen teile
Studie über Influenza. (Zeitschr. f. Heilkunde. Bd. XII. 1891.)
Verf. entnahm unter den üblichen Kautelen 6 an Influenza
ohne Prodromalsymptome unter schweren nervösen Erscheinungen
erkrankten Individuen frühestens 3/4— 2 Stunden nach Eintritt des
Schüttelfrostes, mit welchem die Erkrankung begann (dreimal noch
während des Frostes), von der Volarfläche der Vorderarmes Blutproben,
die er in allen Fällen, mit wässerigen Anilinfarben gefärbt, mikrosko-
pisch und in zwei Fällen mittelst des Kulturverfahrens untersuchte.
In jedem dieser beiden Fälle wurden zwei durch ihr kulturelles
Verbalteu und ihr Verhalten im Thierkörper sich von einander und
von den bisher beschriebenen Mikroorganismen unterscheidende Kokken
nachgewiesen. Die mikroskopischen Befunde der übrigen vier Blut-
proben ergaben ebenfalls Kokken. Die Mikroorganismen bezeichnet
der Autor mit I und II.
Der Mikroorganismus! bildet isodiametrischeZellen von 0,75— 1/s (t
Durchmesser. Die Kokken sind häufig zu zweien gelagert, doch auch
einzeln und zu grösseren Verbänden angeorduet. Nach Gram werden
die Mikroorganismen nicht entfärbt.
InGelatineplatten bildet Mikroorganismus I erst nach 48 Stun-
den runde, kootourirte, glattrandige, durchscheinende, mikroskopisch
kleine Kolonieen von bräualichgelber Farbe, die nach 3 Tagen
nur sehr massige Wachstkumszucahme und sodann eine weitere Grössen-
zunahme nicht mehr erkennen lassen.
In Agarpiatten sind bereits nach 24 Stunden mikroskopisch
kleine Kolonieen gewachsen und sind nach 4 Tagen makroskopisch
als zarter, schleierartiger, im auffallenden Licht kaum wahrnehmbarer
Beschlag zu erkennen,
612
InGueuza.
Im Gelatinestich zeigt der Mikroorganismus sehr langsames
und diskretes Wachsthum in der Tiefe des Iuiptstiches, au der Ober-
fläche erst spät eine geringe Auflagerung. Er verflüssigt Gelatine nicht.
Auf schräg erstarrtem Agar bildet er einen dünnen, im
auöalleuden Licht schwer wahrnehmbaren Belag, der im durchfallen-
den Licht wie aus konfluirenden Tröpfchen bestehend erscheint. Im
KoDdensationswasser findet sich sehr mässiger Bodensatz.
Auf Kartoffelscheiben bei 37° C ist erst am 12. Tage
ein wachsglanzartiges Aussehen zu bemerken ; das Gewebe der Kar-
toffel bielet zu dieser Zeit der Platinnadel einen grösseren Wider-
stand, es erscheint dichter.
A uf Kartoffelscheiben bei Zimmertemperatur, auf Rüben-
sehmtten bei 37° C, auf Kräl’schen Reisscheiben bei
37° C findet eine Vermehrung der Aussaat selbst nach 12 tägiger
Beobachtung nicht statt.
In Bouillon bildet sich bei 37 0 C nach 24 Stunden massige
Färbung, mässiger, leicht vertheilbarer Bodensatz von grauweisslicher
Farbe, der bis zum 5. Tage zunimmt; am 7. Tage ist die Bouillon
klar, eine Vermehrung des Bodensatzes findet nicht statt.
In flüssigem Blutserum bei 37° C, in sterilisirter
Milch bei 37° C war bei 10 tägiger Beobachtung ein Wachsthum
nicht wahrnehmbar. Der Mikroorganismus erwies sich als fakultativ
anaerob.
Zahlreiche Thierversuche an Kaninchen (subkutan, in-
travenös und intratracheal) sowie an Hunden, einem Pferde (intra-
venös), an Hühnern (Einspritzen in die exkoriirte Nasenschleimhaut)
ergaben, dass der Mikroorganismus I, aus dem Blute Influenzakranker
rein gezüchtet, für diese Thiere pathogene Eigen-
schaften nicht besitzt, event. dass seineLebensfähig-
keit bei seinem Durchgang durch den Thierkörper
wesentliche Einbusse erleidet. Zu letzterem Schluss ge-
laugt der Autor dadurch, dass es ihm zwar gelungen ist, in mit
Blut der Versuchsthiere gegossenen Agarplatten bei 37 0 die Ent-
wickelung mikroskopisch kleiner Kolonieen zu beobachten, dass aber
bei Uebertragung kleiner Fensterchen aus den Agarplatten in Bouillon
in dieser keine Vegetation auftrat.
Der Mikroorganismus II hat eine Grösse von 1—1,25 /u,
die Kokken meist zu zweien, doch auch einzeln oder in grösseren
Verbänden gelagert. Derselbe wird nach Gram nicht entfärbt.
AufGelatiueplatten zeigt er, aus dem Blute des Menschen
oder der Versuchsthiere übertragen, mikroskopisch kleine Kolonieen,
die nach 3 Tagen eine geringe Wachsthumszunahme erkennen lassen,
aber immer mikroskopisch klein bleiben.
Auf Agarplatten bei 37° C bilden nach 6 Tagen die Ober-
flächenkolonieen milchtropfenähnliche Auflagerungen.
Auf schrägem Agar bei 37° ist nach 3 Tagen eine ziem-
lich üppige Auflagerung, namhafte Trübung im Kondensationswasser.
Im Gelatinestich bereits nach 42 Stunden aussergewöhnlich
üppige inilchweisse Auskleidung des Irapfstiches, nach 4 Tagen
Beginn der Verflüssigung, die nur sehr langsam fortschreitet.
Influenza.
613
Auf Kartoffelsehei ben bei 37° ist Dach 8 Tagen eine
flache, 1 ein grosse, glänzende Auflagerung von gelblichweisser Farbe
gewachsen. Auf Kartoffeln bei Zimmertemperatur kein Wachsthum.
Auf Rübenschnitten bei 37° zarte Auflagerung mit röth-
lickvioletter Verfärbung des Rübengewebes.
Auf Kräl’schen Reisscheiben bei 37° nach 5 Tagen
ziemlich dichter, in der Farbe vom Nährboden sich nicht unterschei-
dender, prominirender Rasen mit Wachsglanz.
In Bouillon bei 37° nach 12 Stunden starke Trübung, die
bis zum 3. Tage zunimmt, während von da ab die Bouillon klar
wird. Der Bodensatz beim Schütteln als Faden aufsteigend, der sich
in älteren Bouiilonkulturen auch bei sehr energischem Schütteln Dicht
vertheilen lässt.
ln flüssigem Blutserum und Milch kein Wachsthum
wahrnehmbar.
In ster ilisirtem Wasser geht der Mikroorganismus bereits
nach 8 Stunden zu Grunde.
Mit diesem Mikroorganismus wurden 7 Kaninchen intravenös
geimpft, bei 3 Thieren wurde die Bouillonkultur subkutan injizirt.
Nach 4 Tagen waren in den gefärbten Blutausstrichpräparaten die
Kokken nicht mehr nachweisbar, die Fähigkeit der Farbenaufuahme
nahm vom 2. Tage gradatim ab.
Ausserdem erhielten 11 Hunde von einer 3 Tage alten Bouillon-
kultur je nach der Grösse 3 — 4 ccm intravenös injizirt.
Bei allen Thieren kam es unter Temperatursteigerung zu katarrha-
lischer Conjunctivitis, bei einigen auch zu Keratitis interstitialis und
superficialis. Bei einigen Hunden karn es nebstdem zu einem schlei-
migen Ausfluss aus dem Präputialsack. Im Blute der Hunde, das
täglich in Ausstrichpräparaten untersucht wurde, waren die Kokken
vom 4. Tage ab nicht mehr nachweisbar.
Rollröhrchen, mit dem Präputialsekret dargestellt, Hessen den-
selben Mikroorganismus in Reinkultur nachweisen.
Bei eiuer weiteren Versuchsreihe injizirte der Autor beide Mikro-
organismen nach einander, sowohl bei Kaninchen, als bei Hunden.
Während bei Kaninchen ebenso wie bei der Injektion der einzelnen
Mikroorganismen keinerlei Erkrankungserscheinungen beobachtet wur-
den, traten bei den Hunden jene Erscheinungen auf, wie sie
bei der Injektion des Mikroorganismus II allein be-
obachtet wurden.
Sämmtliche Versuchstiere waren vor der Injektion durch 5 Tage
in Bezug auf ihre Gesundheitsverhältnisse beobachtet worden.
Nach intravenöser Injektion von 40 ccm einer Bouillonkultur
trat bei einem sonst gesunden 21jährigen Pferde unter Tempera-
tursteigerung ikterische Verfärbung der 'Maul- und Conjuuctival-
schleimhaut sowie die Entwickelung eines Oedems der rechten Hais-
und Brustseite, am 5. Tage der Tod ein. Die 2 Stunden nach dem
Verenden vorgenommene Sektion ergab: Hyperämie des Gehirns und
seiner Häute, lobuläre Verdichtungen der Lungen, Oedem des sub-
kutanen Zellgewebes am Halse und Brustkorb.
614
Influensa.
In Ausstrichpräparaten aller Gewebsflüssigkeiten waren Kokken
äusserst zahlreich nachweisbar.
Mit dem Blute aus Lunge, Leber, Milz, Niere wurden Gelatine-
platten gegossen. Nur in den Lungenplatten war nach 24 Stunden makro-
skopisch eine Trübung wahrnehmbar, in den übrigen Platten waren
nach dieser Zeit mikroskopisch kleine Kolonieen gewachsen, die trotz
augelegter Verdünnungen weder zu makroskopisch wahrnehmbarer
Grösse heranwuchsen, noch bei Uebertragung auf Bouillon, schräg
erstarrtem Agar oder schräg erstarrtem Blutserum zu einer Vermehrung
der Aussaat führteu. Nachdem es nicht gelungen war, aus einer der
Gelatineplatten durch Uebertragung der mikroskopisch kleinen
Kolonieen diese zur weiteren Entwickelung zu bringen, wurden aus
den in Kapillaren eingeschlossenen Gewebssäften Agardauerplatten dar-
gestellt und bei Brutofentemperatur gehalten.
Von diesen aus gelangen, nachdem wegen der übergrossen Zahl
von Keimen Verdünnungen angefertigt worden waren, Uebertragungen,
die nach ihrem kulturellen Verhalten sich als der dem Pferde injizirte
Mikroorganismus II erwiesen.
Aus Lunge, Leber, Milz und Niere wurden Schnitte augefertigt.
In dem Gewebe derselben war überall der gleiche Mikroorganismus
nachweisbar.
Ein zweites Pferd, 17 Jahre alt, erhielt 100 ccm 3 Tage alter
Bouillonkultur intravenös injizirt. Dasselbe zeigte unter Temperatur-
Steigerung starke Injektion beider Conjunctivae. Oedem,
besonders des rechten oberen Augenlides, die Hornhaut dieser
Seite im unteren Bereich beträchtlich getrübt, in der vorderen
Augenkammer dieser Seite fibrinöses Exsudat. Das Thier steht
traurig mit auf dem Futtertrog gestütztem Kopf. Beim Gehen zeigt
das Thier eine auffallende Steifigkeit der Hinterbeine
und einen schwankenden Gang. Nach einer Woche sind, bis
auf gelbliche Tingirung der Bindehäute, die Krankheitserscheinungen
geschwunden.
Die aus dem Blute dieses Pferdes angefertigten Gelatineplatten
zeigten Kolonieen, welche identisch waren mit den Kolonieen des
Mikroorganismus H, wie sie durch Aussaat von Gewebssäften er-
halten worden waren.
Auf Grundlage dieser Thierexperimente im Vergleiche mit dem
klinischen Bilde, wie es von Iiertwig, Schneidemühl, Möller,
Pütz für die Hundestaupe aufgestellt wird, kommt Verf. zudem
Schlüsse, dass die durch die intravenöse Injektion
des Mikroorganismus II bei 10 Hunden ausgelösten
Krankheitserscheinungen dem Bilde der katarrha-
lischen Form der Staupe entsprechen und dass dieses
Bild bei einzelnen der Hunde noch durch heftige Darmerscheinungen,
Antheilnahme der Präputialschleimliaut und Nasenschleimhaut ver-
vollständigt wurde.
Im Anschluss an diese Erwägungen gibt der Autor einen zu-
sammenfassenden Bericht über die bakteriologischen Befunde, die bei
Hundestaupe beobachtet wurden.
Fisch el glaubt auf Grund des Vergleiches des Obduktionsbe-
fundes des umgestandenen Pferdes und des Vergleiches des Krankheits-
Influenza.
615
Verlaufes bei dem zweiten Pferde mit dem von Diekerhoff, Pütz
und Cs o kor festgestellten klinischen Bild der Pferdestaupe annehmen
zu dürfen, bei beiden Pferden durch Injektion des Mikroorganismus II
die Erscheinungen der Pferdestaupe ausgelöst zu haben.
An die Anführung der Thierexperimente anschliessend, lässt der
Autor einen Ueberblick über die gesammte, bis Juni 1890 erschienene
Litteratur der Bakterienbefunde bei Influenza folgen, und gelangt
durch Vergleich der Resultate der Thierexperimente mit den Mit-
theilungen aus der neuesten Influenzalitteratur zu dem Schlüsse:
„Die Influenza des Menschen steht möglicherweise in einer nahen
Beziehung zur Hundestaupe, wenn sie mit derselben nicht vielleicht
identisch ist.“
Fisch el hat auf Grund des häufigen Auftretens ganz ähnlicher
Komplikationen bei der Influenza des Menschen und der Staupe der
Hunde und Pferde mit dem Mikroorganismus II weitere Versuche
angestellt und gefunden, dass dieser, der doch aus dem Blute In-
fluenzakranker stammt und bei Hunden und Pferden staupenähnliche
Erscheinungen- hervorruft, die Eigenschaft besitzt, künstliche Nähr-
böden für andere Infektionserreger vorzubereiten ; so wächst der Pneu-
moniebacillus Friedländer in einer durch 41/,, Monate vom
Mikroorganismus II ausgenutzten sterilisirten Bouillonkultur weit
üppiger, als in frischer Bouillon, und Streptococcus pyogenes
aureus produzirt in der sterilisirten, 4 1/2 Monate vom Mikro-
organismus II bewachsenen Bouillon viel grössere, wenn auch der
Zahl nach gleiche Kolouieen, als in frischer Bouillon.
Das Resultat seiner Arbeit fasst der Autor in folgenden Sätzen
zusammen:
1. Der aus dem Blute zweier Influenzakranker gezüchtete Mikro-
organismus II ist für Hunde und Pferde pathogen und löst bei diesen
Thieren Erscheinungen aus, die jenen der Staupe dieser Thiere sehr
ähnlich, wenn sie mit dieser Erkrankung nicht vielleicht identisch sind.
2. Dieser Mikroorganismus büsst im Blute der Versuchsthiere
seine saprophytische Wachsthumsfähigkeit rasch ein.
3. In alten sterilisirten Bouillonkulturen des Mikroorganismus II
gedeihen der Bacillus pneumoniae Friedländer und der
Streptococcus pyogenes üppiger, als in frischer Bouillon.
4. Der Mikroorganismus II stirbt in sterilisirtem Wasser rasch
ab, während er im Stande ist, in den eigenen ausgenützten und dann
sterilisirten Bouillonkulturen noch gut zu gedeihen.
Dittrich (Prag).
Kirchner, Bakteriologische Untersuchungen über In-
fluenza. [Aus der hygien. Untersuchungsstelle des X. Armee-
Corps in Hannover.] (Zeitschrift für Hygiene. Band IX. Heft 3.)
Da in den vom Verf. beobachteten Fällen meistens die Erschei-
nungen des Bronchialkatarrhs in den Vordergrund traten, so lenkte er
seine Aufmerksamkeit besonders auf den Lungenauswnrf, in zweiter
Linie aber auch auf das Blut.
Konstant fand Verf. iu frischen Fällen im Sputum einen Ivapsel-
diplococcus, häufig allein, zuweilen neben anderen Mikroorganismen.
616
Influenza. — Dermatitis gangraenosa. — Xerosis conjunctivae.
Der Vorgefundene Diplococcus unterschied sich wesentlich von
deui Diylococcus pneumoniae. Letzterer wurde in keinem
einzigen Falle vorgefunden. K i r c h n er ’s D i p 1 ococc us wuchs nur
bei höherer Temperatur. Er wurde auch bei Komplikationen sowie
in einigen Fällen im Blute nachgewiesen.
Ausser in den Influenzafällen konnte Yerf. diesen Diplococcus
trotz dahin gerichteter Untersuchungen niemals konstatiren.
Nach den spärlichen Impfversuchen, die Verf. angestellt hat,
scheint der Diplococcus für Thiere nur sehr geringe pathogene
Eigenschaften zu besitzen. Verf. gedenkt, die Thierversuche fortzu-
setzen. D i 1 1 r i c h (Prag).
Kolllitger, A., Dermatitis gangraenosa. (Casopis ceskych
16k. 1891. No. 1.) [Böhm.]
Verf. hatte Gelegenheit, einen Fall dieser seltenen, in Eruption
variolaähnlicher, spater zu gangränösen Geschwüren zerfallender
Etflorescenzen, Furunkel- und Abscessbildung bestehenden, mit an-
haltend hohem Fieber und rapidem Kräfteverfall verbundenen Affek-
tion zu beobachten, welche a priori für eine durch Eindringen
pyogener Mikroorganismen, wahrscheinlich Staphylokokken, bedingte
mykotische Erkrankung erklärt werden konnte. Von 5 mit dem In-
halte eines gangränösen Geschwüres beschickten Platter: (3 Gelatine-
und 2 Agarplatten) blieben 4 steril, auf der einen Agarplatte kamen
hingegen zwei Kolonieen von Staphylococcus cereus albus
zur Entwickelung. Kamen (Czernowitz).
Braunschweig, P., Zur Kenntniss der infantilen Xerosis
conjunctivae. (Fortschr. d. Med. 1890. Nr. 23.)
Verf. veröffentlicht aus der Universitätsklinik zu Halle a. S.
5 Fälle von Bindehautxerose, bei denen die Augen, das Blut und die
inneren Organe bakteriologisch untersucht wurden. Es handelte sich
um ganz junge Kinder, von denen eins 11 Wochen, zwei 5, eins 6
Monate und eins 2 3/4 Jahre alt waren und die alle unter allgemeinem
Marasmus zu Grunde gingen. Bei einem derselben fanden sich in den
weisslichen Flecken auf der Conjunctiva die bekannten Xerosebakterien,
bei einem zweiten ausser diesen der Staphylococcus pyogenes
aureus. In den Augäpfeln selbst und in den inneren Organen konnten
bei der Obduktion bei keiuem einzigen der Kinder Mikroorganismen
nachgewiesen werden. Verf. hält daher einen Zusammenhang zwischen
der allgemeinen Erkrankung und der Augenaffektion für ausgeschlossen,
unserer Ansicht nach mit Recht. Die andere Frage, ob ein Zusammen-
hang besteht zwischen der Augenkrankheit und den Xerosestäbchen,
beantwortet B. nicht, scheint aber einen solchen Zusammenhang nicht
für wahrscheinlich zu halten, da die Stäbchen nur im Epithel ent-
halten sind, sowohl in den tieferen, relativ gesunderen Lagen, als auch
in den abgestossenen oder in Abstossung begriffenen, mortifizirten,
oberflächlichen Schichten, und da auch nach völliger Beseitigung der
leicht entfernbaren Bacillenansiedlangen der nekrotische Prozess nicht
zum Stillstände kommt.
Xerosis conjunctivae. — Mikroben der Mundhöhle.
617
Bei Durchsicht aller in der H.’schen Klinik beobachteten Fälle
von kindlicher Keratomalacie fand B., dass nicht alle mit Conjunc-
tivalxerose verliefen, sondern dass die letztere bei etwa 1/i der Fälle
fehlte. Beide zusammen kamen im Ganzen 16mal unter 30000 Augen-
kranken vor, seit Eröffnung der Klinik am 1. IV. 1884, von denen
11 Mädchen und nur 5 Knaben betrafen.
Nach seinen Untersuchungen ist B. geneigt, Baumgarten’s
Ansicht beizupflichten, dass der Xerosebacillus an der allgemeinen
Erkrankung nicht schuldig und vielmehr ein accidenteller, harmloser
Ansiedler auf vorher bereits erkranktem und zerfallendem Gewebe
ist. Thierversuche mit Reinkulturen hat B. bedauerlicherweise nicht
gemacht. M. Kirchner (Hannover).
Podbielskij, A., Untersuchung der Mikroben der Mund-
höhle von Erwachsenen und Kindern im gesunden
Zustand. Mit 3 Taf. (Doktor-Dissertation). 8°. 124 pag. Kazan
1890. [Russisch.]
Den Anfang bildet eine weitläufige, über ein Drittel der ganzen
Arbeit ausmachende Litteraturübersicht, in der sämmtliche Arbeiten
über die Bakterien der Mundhöhle und insbesondere diejenigen von
Vignal und Miller ausführlich resumirt werden. Hieran schliesst
sich die Darlegung der vom Verf. eingeschlagenen Untersuchungs-
methode. Verf. untersuchte Material von 50 Personen (mit zum
Theil cariösen Zähnen), worunter 25 Erwachsene und 25 Kinder (bis
zu einem Alter von 5 Monaten hinab). Der Speichel wurde mit dem
Zungenbeleg und dem Zahnbeleg vermischt; nachdem zunächst ein
tingirtes Präparat angefertigt worden war, wurden die Bakterien auf
die gewöhnliche Weise isolirt und jede Form unter verschiedenen
Bedingungen kultivirt. Die Reinkulturen einiger Formen wurden,
zur Prüfung auf eventuelle pathogene Eigenschaften, Thieren injizirt.
Wie viele und weiche Formen bei den einzelnen Personen gefunden
wurden, gibt Verf. nicht an.
Folgende 4 f ormen wurden nicht in Kultur erhalten , sondern
nur in den tingirten Präparaten beobachtet:
1) Spirochaete buccalis. Fehlte nur bei 9 Kindern im
Alter von 5 bis 14 Monaten.
2) Leptothrix buccalis. Beobachtet in 39 Fällen, fehlte
in 11 Fällen, welche sämmtlich auf Kinder bis zu 7 Jahren entfallen.
3) Lewis’ Kommabacillus, gefunden in 26 Fällen.
4) Gerade Stäbchen mit stark abgerundeten Enden, gefunden in
15 Fällen. Dieselben fanden sich fast ausschliesslich in abgelösten
Epithelialzellen.
Nun folgt die Aufzählung derjenigen Formen, die in Reinkulturen
erhalten wurden. Bei jeder Form wird angegeben: Gestalt, WTuchs-
form und Grösse (nach getrockneten und tingirten Präparaten);
Verhalten im hängenden Tropfen (Beweglichkeit, Sporenbildung);
Färbbarkeit durch schwache wässrige Lösungen von Anilinfarben;
Anzahl der Fälle, in welchen die Form gefunden wurde; Beschreibung
und Verhalten der Kolonieen bei Plattenkulturen auf Gelatine, Be-
schreibung und Verhalten der Stich- und Strichkulturen auf Gelatine,
618
Mikroben der Mundhöhle.
der Kulturen auf Agar-Agar, auf Blutserum, in Kalbsbouillon, auf
Kartoffelscheiben, auf Noeggerat ’n’ scher gefärbter Gelatine (nicht
bei allen); endlich das Resultat eventueller Prüfung auf pathogene
Eigenschaften. Die Mehrzahl der Formen ist auf den 3 schön aus-
geführten farbigen Doppeltafeln abgebildet, von denen die erste die
Mikroben im getrockneten und gefärbten Zustande bei starker Ver-
grösserung, die zweite deren Kolonieen auf Gelatine-Plattenkulturen
bei schwacher Vergrösserung, die dritte Strich- und Stichkulturen in
Reagenzgläsern darstellt.
Die beschriebenen Formen sind nur zum geringeren Theil mit
Speziesnamen bezeichnet; bei diesen pflegt der Verf. im Allgemeinen
nicht anzugeben, ob diese Formen von ihm neu unterschieden oder
schon bekannt sind; ebenso finden wir meist keine Andeutung darüber,
ob die übrigen, nur mit Buchstaben bezeichneten Formen sich etwa rnit
solchen identifiziren lassen, die schon von anderen Autoren in der
Mundhöhle aufgefunden und beschrieben worden sind.
Auch ist man berechtigt zu zweifeln, ob die zahlreichen Formen,
die nur ein oder wenige Male erhalten wurden, wirklich aus der
Mundhöhle stammen. Verf. hat zwar neben den zur Isolirung der
Bakterien dienenden Gelatineplatten auch nicht infizirte Kontroll-
platten verwendet; aber er hat die auch auf letzteren auftretenden,
also offenbar aus der Luft stammenden Formen nicht immer, sondern
nur „gewöhnlich“ ausgeschlossen.
- Da es zu weit führen würde, hier die vollständige Diagnose aller
beschriebenen Formen zu geben, so seien dieselben nur kurz aufge-
zählt, unter Anführung desjenigen, was dem Ref. bemerkenswerther
schien.
Kokken, welche die Gelatine verflüssigen.
5) Coccus A (in 2 Fällen gefunden).
6) Coccus B (in 1 Fall). Chromogen, gelblich.
7) Coccus C (1 Fall).
8) Coccus D (1 Fall, bei einem 7 Monate alten Kinde).
9) Coccus E (2 Fälle).
10) Sarcina lutea (14 Fälle).
11) und 12) Staphylococcus pyogenes aureus (1 Fall)
und Staphylococcus pyogenes albus (2 Fälle). Beide bei
Personen mit cariösen Zähnen.
Kokken, welche die Gelatine nicht verflüssigen:
13) Tetracoccus (20 Fälle).
14) Coccus F (6 Fälle). Vielleicht identisch mit Micrococcus
a n d i c a n s Flügge.
15) Streptococcus (1 Fall bei einem 7 Monate alten Kinde).
Stäbchen, welche die Gelatine verflüssigen:
16) Bacillus G (1 Fall, bei einem 6 Monate alten Kinde). Voll-
führt nur pendelartige Bewegungen.
17) Bacillus H (4 Fälle, bei Kindern von 5 bis 12 Monaten).
Unbeweglich, sporenbildend, auf Agar-Agar zu Fäden auswachsend.
18) Bacillus I (2 Fälle bei älteren Kindern). Beweglich.
Mikroben der Mundhöhle.
619
19) Bacillus luteus (2 Fälle bei halbjährigen Kindern).
Beweglich. Kulturen blassgelb bis orange.
20) Bacillus radiciformis Eisenberg (1 Fall).
21) Bacillus subtilis (10 Fälle). Nach der (wie auch sonst)
ungenügenden mikroskopischen Beschreibung bleibt es sehr zweifelhaft,
ob es sich um den echten B. subtilis oder nur um eine ober-
flächlich ähnliche Form handelt; letzteres ist wahrscheinlicher, da,
soweit man ersehen kann, der Bacillus Sporen bildet, ohne vorher zu
Fäden auszuwachsen.
22) Bacillus subtili similis (3 Fälle, bei Kindern). Kleiner,
als der vorige, beweglich; Sporenbildung wird nicht angegeben. Nach
Verf. vielleicht eine Varietät des vorigen.
Stäbchen, welche die Gelatine nicht verflüssigen:
23) Bacillus J (2 Fälle, bei Kindern von 6—12 Monaten), be-
weglich.
24) Bacillus K (6 Fälle, bei Erwachsenen). Zeigt nur wackelnde
Bewegung.
25) B a c i 1 1 u s L (2 Fälle). Zeigt ebenfalls nur wackelnde Be-
wegung.
26) Bacillus M (1 Fall, bei einem 7-jährigen Kinde). Ebenso
beweglich.
27) Bacillus N (5 Fälle). Beweglich. Sporen bilden sich in
den einzelnen, etwas anschwellenden Stäbchen.
28) Bacillus fluorescens non liquefaciens (2 Fälle
bei Frauen). Zeigt lebhafte wackelnde Bewegung.
29) Bacillus ruber (6 Fälle). Zeigt nur schwache, vielleicht
molekulare Bewegung. Die Kulturen werden nach 10 oder mehr
Tagen rosa bis intensiv roth.
30) Bacillus viridiflavus (2 Fälle, bei Kindern). Lebhaft
beweglich. Die Kulturen ertheilen dem Substrat eine hellgrüne oder
gelbgrüne Farbe, während sie selbst farblos bleiben.
31) Proteus Zenkeri Hauser (2 Fälle bei Kindern).
Andere Bakterien.
32) Vibrio 0 (1 Fall). Hin- und hergebogene, flexile, langsam
bewegliche Stäbchen oder kurze Fäden. Verflüssigt die Gelatine
nicht. Die Kulturen gingen bald zu Grunde.
33) Vibrio P (1 Fall, bei einem Mann mit cariösen Zähnen).
Verschiedenartig gekrümmte, unbewegliche Stäbchen oder kurze
Fäden. Die Kulturen gingen ebenfalls bald zu Grunde.
34) Cladothrix dichotoma Cohn (5 Fälle). Verbogene
und verfilzte, kurze, unbewegliche Fäden, mit meist unter rechtem
Winkel abgehenden Zweigen. Enthält stellenweise glänzende, sporen-
ähnliche Gebilde. Verflüssigt die Gelatine.
Diese Beschreibung und ebenso die Abbildung lehren mit voller
Evidenz, dass die beschriebene Bakterie mit Cladothrix nicht das
Geringste zu thun hat. Verf. hat offenbar nie eine Cladothrix,
noch eine Abbildung derselben gesehen, ja nicht einmal eine zuver-
lässige Beschreibung derselben gesehen; Cohn citirt er nicht aus
erster Hand, sondern nach einem englischen bakteriologischen Werk.
620
Mikroben der Mundhöhle.
— Dieses und noch so manches andere Beispiel aus dieser und aus
anderen Arbeiten liefert ein trauriges und beredtes Zeugniss von den
bakteriologischen Kenntnissen vieler „Bakteriologisirender“, welche,
anstatt zum Fortschritt der Wissenschaft beizutragen, nur das
Chaos in der Bakteriologie immer mehr vergrössern.
Andere, nicht zu den Bakterien gehörige Mikro-
organismen:
35) „Weisse Hefe (Torula)“ (8 Fälle). Meist in unregelmässigen
Haufen liegende, runde oder ovale Zellen, welche schwache rotirende
Bewegung zeigen. Von Vermehrung durch Sprossung wird nichts
gesagt. Jedenfalls genügt schon dieThatsache der Beweglichkeit, um
zu zeigen, dass der fragliche Organismus weder mit den Ilefepilzen,
noch mit Torula etwas zu thun hat.
36) Saccharomyces chromogeues (1 Fall, bei einem ein-
jährigen Kmde). Zellen von sehr variabler Form, mit deutlicher
Membran ; vermehren sich anscheinend sowohl durch Sprossung als
durch Quertheilung. Die Kulturen sind Anfangs weiss, nehmen aber
allmählich (meist erst nach einigen Wochen) eine hellgelbe bis rosa-
orange Farbe an. Die Gelatine wird langsam verflüssigt. — Die
starke Zweifel übrig lassende Beschreibung wird durch eine Abbildung
vervollständigt, welche etwas ganz Undefinirbares , jedenfalls aber
keinen Saccharomyces darstellt.
Ferner suchte Verf. durch Kultur in einer Wasserstoflatmosphäre
aus Speichel und Zahnbeleg von 4 Personen anaerobiontische Formen
zu isoliren. Gelatineplatten bei 22° blieben steril, auf Agarplatten
bei 37° erhielt Verf. hingegen 2 fakultative Anaerobiouten, nämlich :
37) Bacillus butvricus (1 Fall, bei einem Manne mit ca-
riösen Zähnen). Im hängenden Tropfen ziemlich lebhaft bewegliche
Stäbchen, bilden in der Mitte oder an einem Ende eine Spore, an
dieser Stelle etwas anschwellend. Verflüssigt die Gelatine. — Falls
Verf. Prazmowski’s Clostridium butyricum gemeint hat,
so ist er hier wieder im Irrthum.
38) Streptococcus giganteus (2 Fälle)
Annähernde Bestimmung der Menge der Mikro-
organismen in 1 ccm Speichel.
Der Versuch wurde mit dem Speichel dreier Personen angestellt.
1 ccm (soll jedenfalls heissen: l/ 10 ccm, Ref.) Speichel wurde mit
verflüssigter Gelatine vermengt, und diese in Platten ausgegossen,
welche bei 22° gehalten wurden. Nach 3—4 Tagen ergab die Zählung
123 750, 586450, 246 850 Kolonieeu pro ccm Speichel, — Ziffern,
welche jedenfalls neck zu niedrig sind, da ja manche Bakterien der
Mundhöhle unter diesen Bedingungen sich nicht entwickeln.
Pathogene Eigenschaften der Mikroorganismen der
Mundhöhle.
Die an Kaninchen und anderen Tkieren ausgeführten subkutanen
Injektionen von Reinkulturen verschiedener Mundhöhlenbakterien er-
gaben folgende Resultate:
Mikroben der Mundhöhle. 621
Als pathogen erwiesen sich (unter den vom Verf. isolirten Formen)
nur Staphylococcus pyogenes aureus und albus.
Nur unbedeutende lokale und nach einigen Tagen spurlos vor-
übergehende Wirkung hatten: Tetracoccus, Streptococcus,
Bacillus G, Bacillus J, Proteus Zenkeri, Cladothrix
dichotoma und Streptococcus giganteus.
Nicht pathogen zeigten sich: Sarcina lutea, Bacillus sub-
tilis, Bacillus subtili si milis, Bacillus radi ciformis,
Bacillus H.
Ausserdem injizirte Verf. Kaninchen und Mäusen direkt Speichel,
vermischt mit dem Zahnbeleg von 10 gesunden Personen. In 6 Fällen
rief die subkutane Injektion von 0,4 — 1,5 ccm (Kaninchen) resp. 0,1 ccm
(Mäuse) Speichel von Personen mit theils gesunden, theils cariösen
Zähnen entweder keine merkliche Reaktion hervor, oder es ent-
stand zwar an der Injektionsstelle eine Geschwulst von mitunter be-
deutenden Dimensionen, und die Körpertemperatur des Thieres stieg
beträchtlich, aber diese Erscheinungen verschwanden nach einigen
Tagen völlig. In einem dieser Fälle wurde die Geschwulst aufge-
schnitten : die mikroskopische Untersuchung des Eiters ergab die An-
wesenheit von Kokken, von Leptothrix buccalis und Spi~
rochaete buccalis; auf Agar-Agar wurde Staphylococcus
pyogenes aureus isolirt.
In einem 7. Falle, wo über das Verschwinden der Kraukheits-
symptome nichts gesagt ist, wurde aus dem Eiter ebenfalls Sta-
phylococcus pyogenes aureus isolirt.
In den übrigen 3 Fällen waren die anfänglichen Erscheinungen
dieselben wie oben, sie traten mehr oder weniger schnell ein. Im
8. Falle (0,5 ccm Speichel einem Kaninchen injizirt) wurden im
Eiter ausser den bereits genannten Formen noch kurze Stäbchen
und lauzettförmige Diplokokken gefunden; isolirt wurden Bacillus
radi ciformis und Staphylococcus pyogenes albus, sowie
eine durch fremde Kokken verunreinigte Kultur von Fraenkel’s
lanzettförmigem Diplococcus. Nach der Oeflnung des Abscesses
bildeten sich deren noch mehrere an anderen Stellen ; nach 8 Wochen
starb das Versuchs thier. — Eine Injektion von 1,0 ccm Speichel der
nämlichen Person, nachdem dieselbe im Laufe eines Tages den Mund
mit Kaliumhypermanganat (1 : 48) gespült hätte, rief keine Reaktion
hervor.
Im 9. Falle (1,0 ccm Speichel einem Kaninchen injizirt) starb das
Versuchsthier nach 60 Stunden. Die inneren Organe erwiesen sich zum
Theil als beträchtlich affizirt. Im Eiter fanden sich, neben kurzen
Stäbchen und runden Kokken, namentlich viele lanzettförmige Diplo-
kokken. Die letzteren fanden sich auch im Blut, in der Leber,
Lungen, Nieren und Milz. Aus dem Blute wurde eine etwas ver-
unreinigte Kultur des lanzettförmigen Diplococcus erhalten.
Im 10. Falle (2,0 ccm Speichel einem Kaninchen injizirt) starb das
Versuchsthier nach 53 Stunden, und der Befund war im Wesentlichen
der gleiche. Nach Injektion eines Tropfens Blut des kranken Thieres
einem weiteren Kaninchen, starb dieses nach 36 Stunden unter den
gleichen Krankheitssymptomen und ergab den gleichen bakterio-
ix. Bd. 40
622
Krankheiteu der Verda’iungsorgijje
logischen Befund. Das Dämliche Resultat ergab auch die Injektion
einer unreinen Bouillonkultur des lanzettförmigen Diplococcus.
Verf. fasst seine Resultate in 12 Sätzen zusammen, die hier an-
geführt sein mögen, mit Ausnahme derjenigen, die sich schon aus
dem Augeführten ergeben. Mehrere von diesen Sätzen betreffen
Fragen, die ausser in dem Rösumö überhaupt in der Arbeit nicht
berührt worden sind, so der 5. und 6. Satz; der letztere stützt sich
jedenfalls bloss auf Vermuthung.
1) Die Mundhöhle der Erwachsenen und Kinder enthält eine
auffallend grosse Menge Mikroben und dabei der verschiedensten
Formen.
2) Bei Kindern bis zu 1 l/2 Jahren ist die Menge und Formeu-
mannigfaltigkeit der Mikroben geringer, als im späteren Alter.
3) Spi roch aete ist bei noch zahnlosen Kindern ziemlich selten.
4) Die Koch' sehen Tuberkelbacillen fehlen in der Mundhöhle
gesunder Personen (Verf. hat bei allen untersuchten Personen nach
denselben gesucht).
5) Peptouisireude Wirkung (in welchem Grade? lief.) zeigen
folgende der untersuchten Bakterien: die Kokken A, B, C, D, E,
Staphylococcus pyogenes aureus und albus, Sarcina
lutea, die Bacillen G, H, I, luteus, radiciformis, subtilis,
s u b tili similis, butyricus.
6) Die Mikroben gelangen in die Mundhöhle aus verschiedenen
Medien; z. B. Bacillus subtilis und Sarcina lutea aus der
Luft; Bacillus fluorescens und Cladotbrix dichotoma
aus dem Wasser; die „weisse Hefe“ und Proteus Zenkeri aus
der Nahrung.
7) Spirochaete kann im thierischen Gewebe bis zu 10 Tagen
leben, wobei sie sich in den ersten 5 Tagen ziemlich energisch ver-
mehrt. Rothert (Kazan).
Leo, Hans, Diagnostik der Krankheiten der Verdau-
ungsorgane. Berlin (A. Hirschwald) 1890.
In dem vorliegenden, durch Kürze und Vollständigkeit ausge-
zeichneten Lehrbuche finden auch Bakteriologie und Parasitenkunde
sachgemässe Berücksichtigung. Verf. hat die Untersuchung der Fäces,
des Harns und der PuDktionsflüssigkeiten bei Krankheiten der Ver-
dauungsorgane in einem besonderen Abschnitt zusammcugestellt, was
sehr zweckmässig ist, da hierdurch Wiederholungen bei der Schilderung
der einzelnen Krankheiten möglichst vei mieden werden.
Unter den „spezifischen Bakterien“ der Fäces wird ausser den
Bacillen der Tuberculose, der Cholera und des Typhus auch der
Fi d kl er- Pr i o r’ sehe Bacillus unter der Ueberschrift „Bacillus
der Cholera nostras“ geschildert. Es ist indes durch neuere Unter-
suchungen genügend sichergestellt, dass dieser Bacillus irgend welchen
ätiologischen Zusammenhang mit der Cholera nostras nicht hat, viel-
mehr als wohl völlig harmloser Saprophyt zu betrachten ist. Grössere
Berechtigung, an dieser Stelle kurz angeführt zu werden, hätten
jedenfalls der Milzbrandbacillus und der Bacillus enteritidis
(Gärtner) gehabt. Im Uebrigen sind die verschiedenen bakteriolo-
Schweineseuche.
623
gischen Untersuchungsmethoden, soweit sie hier in Betracht kommen,
im Verhältnis zu der sonstigen Kürze der Darstellung lecht aus-
führlich auseinandergesetzt; und so dürfte wohl das vorliegende Buch
unter den Lehrbüchern der klinischen Diagnostik eines der ersten
sein, welches der Bakteriologie, speziell den Methoden Koch ’s, den-
jenigen Raum gewährt, welchen sie entsprechend ihrer Bedeutung be-
anspruchen dürfen.
Die Abbildungen der thierischen Darmparasiten sind gut; von den
Bakterienbildern lässt sich dies nicht behaupten.
R. Stern (Breslau).
Frosch, Ein Beitrag zur Kenntniss der Ursache der
amerikanischen Schweineseuche und ihrer Be-
ziehung zu den bakteriologisch verwandten Pro-
zessen. (Zeitschrift für Hygiene. Bd. IX. Heft 2. S. 235 — 281.)
Ein der Wissenschaft noch keineswegs vollkommen erschlossenes
Gebiet stellte die amerikanische Schweineseuche vor. Salmon hatte
1886 die Behauptung aufgestellt, dieselbe müsse in zwei nach Ur-
sache und Erscheinung sehr verschiedene Krankheiten getrennt wer-
den, nämlich in die „hog cholera“ und „swine- plague“; letztere sei
mit der deutschen Schweineseuche identisch. Diese Angaben wurden
auf das Aeusserste bestritten von Frank Billings, welcher so-
wohl die Trennung der Seuche in zwei Formen für unzulässig er-
klärte, als auch jeder der beiden von Salmon gefundenen Bakterien-
arten eine ätiologische Bedeutung absprach, ein von ihm entdecktes
Bacterium dagegen als die alleinige Ursache der Seuche be-
zeichnete. Die S alm o n ’schen Hog-cholerabakterien wurden im Jahre
1888 von v. Esmarch im hygienischen Institute zu Berlin einer
Nachprüfung unterzogen, v. Esmarch fand, dass diese Bakterien
keinem der zu dieser Zeit für Schweine bekannten Infektionserreger
entsprach und dass die Angaben Salmon’s den Hauptpunkten nach
zutreffend wareD. Diesem Beispiele folgte Billings, indem er
ebenfalls Kulturen der von ihm entdeckten Bakterien dem hygieni-
schen Institute zur Verfügung stellte. Verf. wurde nun durch Herrn
Geheimrath Koch mit der Aufgabe betraut, die Bill in gs’schen
Bakterien mit eien bekannten pathogenen Gliedern dieser Gruppe zu
vergleichen. Nach einer eingehenden kritischen Beleuchtung der Ar-
beiten von Salmon und Billings kommt Verf. zu dem Schlüsse,
dass S a 1 m o n ’ s swine-plague-Bacterium als ein zufälli-
ger Befund in chronisch hog-cholerakranken Schwei-
nen anzusehen sei.
Die erste Untersuchung mit den von Billings übergebenen Kul-
turen galt der Frage, wie sich das ßillings’sche Bacterium der
swine-plague zu dem Sal mon ’schen Hogcholera-Bacterium verhalte.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sprachen für vollkommene Iden-
tität der beiden Bakterien. Sie besitzen dieselbe Gestalt, aktive Be-
weglichkeit, dasselbe eigenthümliche Verhalten gegen Farbstoffe,
ferner Uebereinstimmung im Wachsthum auf den verschiedenen Nähr-
böden bei verschiedenen Temperaturen und die gleiche Pathogenität.
In letztgenannter Hinsicht sind nach Verf. die geringe lokale Reak-
40*
Schweineseuche.
624
tion bei allen Thieren und die multiple Koagulationsnekrose
der Leber bei Kaninchen und Mäusen als bemerkenswerthe Ueber-
einstimmungspunkte anzusehen. Mithin haben wir es bei der ameri-
kanischen Schweineseuche mit einem und demselben Erreger zu thun.
Die zweite Versuchsreihe befasste sich mit dem Vergleich des
amerikanischen Scbweineseuchebacteriums mit den anderen Gliedern
dieser Gruppe. Nachdem Verf. die Besprechung von Vorsichts-
maassregeln vorausgeschickt hatte, welche hinsichtlich der Prüfung auf
Beweglichkeit und bei vergleichender Untersuchung der Pathogenität
der verschiedenen Infektionserreger sehr zu beachten sind, wendet er
sich zunächst dem Vergleich des Bil li ngs’schen Bacteriums mit
demjenigen der deutschen Schweineseuche1) zu. Das Schütz’sche
Bacterium der deutschen Schweineseuche ist unbeweglich, zeigt
weder bei 4- 8 0 im Eisschrank, noch bei 42 0 C im d’Arsonval
Wachsthura, wie das Bil li n gs’sche Bacterium; ferner besteht
eine beständige Differenz im Aussehen der verschiedenen Kulturen
auf Agar, Gelatine, Blutserum und in Bouillon. Gemeinschaftlich ist
beiden die Nichtverflüssiguug der Gelatine. Das deutsche Bacterium
gedeiht nur bei schwach alkalischer Reaktion auf Kartoffeln, das
amerikanische bei jeder Reaktion. Beide wachsen bei Luftabschluss.
Auf gefärbten Agarnährböden bewirkte das amerikanische Bacterium
schnell und deutlich eine Entfärbung der mit iudigoschwefelsaurem
Natron und Lakmoid gefärbten Röhrchen, das Schütz'sche dagegen
nicht. Das amerikanische Bacterium bildet weder Phenol noch Indol,
während beide Körper zu den Stoffwechselprodukten des deutschen
Bacteriums gehören sollen. Das Bacterium der swine-plague bildet
im Allgemeinen gröbere Formen, als das Schütz’sche. Hinsicht-
lich der Pathogenität der beiden Bakterienarten bezeichnet Verf. das
Meerschweinchen als ausserordentlich empfänglich für das ameri-
kanische Bacterium, während dasselbe Thier dem deutschen Bacte-
rium gegenüber eine gewisse Widerstandsfähigkeit zeige. Umgekehrt
verhalten sich die Tauben. Mäuse, Kaninchen und Ratten lassen
Unterschiede im Verhalten nicht erkennen. Nach Verimpfung kleiner
Mengen trat bei allen empfänglichen Thieren der Tod auf das
Schütz’sche Bacterium durchgehend 2 — 3 Tage früher ein, als
auf das Bi Hin gs’sche. Ein unterscheidendes Merkmal von hohem
diagnostischen Werth ist das Verhalten der Impfstelle bei subku-
taner Applikation des Virus. Schon die kleinste Menge des Schütz-
schen Bacteriums erzeugt schwere Veränderungen an der Impf-
stelle, während dieses bei dem amerikanischen nicht der Fall ist.
Das letztere erzeugt in der Leber multiple, koagulationsuekrotische
Herde; bei den mit deutscher Schweineseuche geimpften Thieren da-
1) Die „Schweineseuche“ ist von mir als eigenartige Krankheit gegenüber dem
„Schweine-Rotblauf“ aufgestellt worden auf Grund einer am 26 October 1882 von mir
gemachten Beobachtung. An jenem Tage wurde mir auf dem Schweineviehhofe in
Rummelsburg von dem Herrn Kreisthierarzt Eggelin g ein Schwein zur Verfügung
gestellt, welches, wie er glaubte, soeben au „RothJauf“ eingegangen war. Die Unter-
suchung ergab, dass in dem Kadaver dieses Schweines Bakterien vorhanden waren,
welche gänzlich von den von mir beim Schweinerothlauf entdeckten Bacillen verschieden
waren. Herr Prof. Schütz hat dann mehrere Jahre später auf der Basis meiner
Untersuchungen stehend eingehendere Forschungen über den Schweinerothlauf wie über
die Schweineseuche angestellt. Loeffler.
Schweineseuche. — Cysticercus rocemosus.
625
gegen zeigt die Leber Neigung zu fettiger Metamorphose. Verschie-
den ist endlich noch die Vertheilung der beiden Bakterienarten bei
den daran zu Grunde gegangenen Impfthieren. Bei der swine-plague
pflegt das Blut der Ventrikel und Vorhöfe, sowie dasjenige der
Hauptgefässstämme, im Gegensatz zu der deutschen Schweineseuche,
verhältnissmässig arm an Bakterien zu sein. Ferner zeichnet sich die
erstgenannte Krankheit dadurch aus, dass die Bakterien in den
Organen herdförmig, dicht in den Kapillaren liegen, während bei dem
Schütz’schen Bacterium eine mehr gleichmässige Vertheilung
statthat. Das Schütz’sche Bacterium findet sich ausserdem bei-
nahe in Reinkultur in dem entzündlichen Oedem der Impfstelle, das Bil-
lings ’sche Bacterium dagegen ist daselbst so spärlich vorhanden,
dass es oft nur durch das Platten verfahren nachgewiesen werden kann.
Die Gesammtergebnisse seiner Arbeit, welche des Weiteren die
Beziehungen des B ill in gs’schen Bacteriums zu den Bakterien
der Wild- und Rinderseuche, der Hühnercholera und Kaninchen-
septikämie, sowie die von Hueppe angeregte Frage der Identität
der letztangeführten Krankheiten erörtert und zum Schlüsse noch
das Verhältniss zwischen dem Billin gs’schen Bacterium und
den Bakterien der Sei and er ’schen Schweinepest und der Frettchen -
seuche experimentell prüft, fasst Verf. in folgende Sätze zusammen:
1) Das Bakterium der hog Cholera Salm on ’s und das der
swine-plague Billings’ sind identisch.
2) Dasselbe ist als die Ursache der amerikanischen Schweine-
seuche anzusehen, während der Beweis für eine ätiologische Be-
ziehung zu dieser Seuche für das Salmon ’sche Bacterium der
swine-plague, beziehentlich für die Existenz einer zweiten, in gleicher
Verbreitung auftretenden Seuche einwandsfrei bisher nicht erbracht ist.
3) Das Bacterium ist ferner identisch mit dem S e 1 a n d e r ’schen
Schweinepestbacterium , jedoch verschieden von den Bakterien der
deutschen Schweineseuche, Wildseuche, Hühnercholera, Kaninchen-
septikämie und Frettchenseuche.
4) Von den letztgenannten stellt das Bacterium der Frettchen-
seuche eine Art für sich dar, während die Identität der übrigen noch
nicht als erwiesen angesehen werden kann. Os terta g (Berlin).
Bitot et ^ JL tude sur les cysticerques en grappe
de l’enc6phale et de la moelle chez l’homme. (Ga-
zette m6d. de Paris. 1890. No. 27 — 30. 32 — 34.)
Nächst der klassischen Arbeit F. A. ton Zenker ’s (Bonn
1882) ist vorstehende Studie das Ausführlichste, was bisher über den
Cysticercus racemosus geboten wurde.
Nach allgemein helminthologischen und historischen Bemerkungen,
wobei sich eine treffliche Kenntniss der deutschen Litteratur zeigt,
folgt eine kritische Uebersicht sämmtlicher bisher publizirten Fälle.
Die Priorität der Beobachtung einer Traubenhydatide vindiziren
die Verff. ihren Landsleuten Louis (P. C. A.) und Aran (Archiv.
g6n6ral. 1841). Bei ersterem (Recherches sur la phthisie. pag. 165
(nicht 161), ist ein Fall von Hirncysticerken beschrieben, von denen
mehrere mit einer Maulbeere Aehnlichkeit hatten (ce qui donnait k
quelques unes d’entre elles l’aspect d’une müre).
Cysticercus racemosus.
626
Das sorgfältigere Studium der rätselhaften Gebilde beginnt mit
Virchow, der 1860 im XVIII. Bande des Archivs ihnen den „nom
pittoresque de Traubenhydatiden“ gab. Westphal, Gottlieb
Merkel, Klob, besonders aber Marchand und vor allen F. A.
von Zenker haben sich um die Sache verdient gemacht.
In den „Expos6 critique“ wird zunächst der 6. Fall von v. Zen-
ker’s als dubiös hingestellt. Auch Fälle von Virchow (cfr. v.
Zenker, pag. 8), Dupuytren, Legons orales. 1839. I. 479 etc.
und Forget, Gaz. niAi. 1846 werden dem Ostracismus geweiht.
Nun folgt die Reihe der 16 in v. Zenker’s Monographie er-
wähnten Fälle (Fall 6 wurde als apokryph weggelassen), dann die
oben zitirten Fälle von Louis und Ar an (Fall XVII und XVIII).
Nun kommen zwei neue Fälle.
Obs. XIX (beobachtet von Chabrely in Bordeaux).
Ein Zimmennann von 75 Jahren leidet an partieller Epilepsie,
besonders der linksseitigen Gliedmaassen. Die Autopsie zeigte mehrere
Erweichungsherde der rechten Hemisphäre. Ausserdem fand man
an der Basis „Kystes bianchatres de la grosseur d’un grain de
raisin , passant en cheval sur ces vaisseaux (art. foss. Sylv.) et
groupes deux par deux ä la fa<jon d’halteres“. Die erste Cy3te war
10 cm lang, gefaltet, durch ein 5 mm dickes Band in zwei Theile
abgetheilt. Die zweite Cyste ist unregelmässiger, bildet theilweise
„une raasse euorme lobulee de 3 ä 4 cm de diametre, avec 5 di-
latations irregulieres , separees par des etranglements profonds“.
Scolices wurden nicht gefunden (Abbildung 4).
Auf Schnitten zeigt sich die Cystenwand ijt mm dick, sie ent-
hält ziemlich grosse, glänzende Körner, die in Säuren unlöslich sind.
Die eine Fläche zeigt keine scharfe Begrenzung, die andere hat ein
papillöses Aussehen, indem sie mit einer Menge cylindrischer oder
rundlicher Fortsätze versehen ist.
Obs. XX (von Bitot). Seemann von 47 Jahren. Hemiplegie
rechts, Aphasie, Meningo - Encephalitis. Seit 3 Jahren psychisch
schwach, Verfolgungswahn.
Die Autopsie ergab mehrfache Cysten der Hirnbasis. Eine da-
von sass auf der inneren Seite des linken Sphenoidallappeus vorn,
kirschengross; eine zweite im Grund der Syl vius’scheu Spalte, nuss-
gross; zwei andere zwischen den Pedunculis, kirschengross. Die
Cysten hängen mit der Arachnoidea nicht zusammen.
In einer der kleineren Cysten fand sich ein Scolex, welcher nach
der Auffassung der Herren De Nabias und W. Dubreuilh zur
Taenia saginata gehört. Der Kopf hat einen Durchmesser
von 0,001 , besitzt 4 Saugnäpfe, pigmentirt, weder Rosteilum noch
Haken sind vorhanden (eine recht mittelmässige Zeichnung ist bei-
gegeben), Der Hals ist kurz, glänzende Körper (corps refringents)
sind verbreitet. Die bei Fall XIX beschriebenen papillösen Fort-
vätze finden sich auch hier, aber viel weniger entwickelt. Zusatz
non Säuren bewirkt bei obigen Körpern keine Lösung. In dem gra-
sulösen Gewebe sieht man viele ovale Körper, welche wie durch-
sichtige Bläschen aussehen, theils leer, theiis mit granulösem Inhalte.
Eine tabellarische Uebersicht zeigt die näheren Lokalisationen
bei den 20 Fällen, von denen bei dem Fall von Klob der Sitz in
Gregarinen
627
einem Seitenventrikel war. Die Blasen waren meistens unter der
Araehnoidea und frei von Adhäsionen, 18 an der Hirnbasis. Der
Scolex (rcsp. Kopf) wurde in 12 Fällen gefunden; die sterilen Fälle
nennen die Verff. „Acephalocystes“, ein Ausdruck, der bisher fast
nur für sterile Echinokokken gebraucht wurde. Die Eigentümlich -
keit der Bildung erklärt sich aus den anatomischen Verhältnissen
der Hirnbasis und stimmen die Verff. ganz überein mit der geist-
reichen Erklärung Zenker ’s.
Bezüglich der Folgen wird auf die begleitende Arachnitis chro-
nica und den inneren Hydrocep’nalus mit Recht besonderes Gewicht
gelegt, ferner auf die relative Häufigkeit der Mors subita.
Das Wichtigste in dem Artikel ist die Mittheilung des Vor-
kommens des S agi n a ta-Cy sti cercus im Leibe des Menschen. Ob
sich diese Beobachtung bestätigen wird, ist wohl noch zweifelhaft.
Dass bei Cy s 1 1 ce reu s cellulosae oft die Haken ausfalien, ist be-
kannt und beweist sonst, nichts; bedeutsamer ist der Defekt des
Rostellums. — Ref. möchte noch an folgende Fälle erinnern: Nach
Heller hat auch Co Iber g einen von Volkers aus einem Auge
entfernten Blasen wurm hakenlos gefunden und als sagin ata bestimmt.
Arndt (Halle) hat einen Fall von Hirncysticerken mitgetheilt,
welche er hakenlos fand und als zur Taenia sagin ata gehörig
bestimmte (Zeitschrift f. Psychiatrie. XXIV).
J. Ch. Huber (Memmingen).
Heimeguy, F. , Formation des spores de la Gregarine
du Lombric. (Annales de Micrographie. 1888. Av. 1. pl.)
Die in Deutschland fast gar nicht bekannte Arbeit Henneguy ’s
wurde Ref. vor kurzem durch die Güte des Verf.’s zugänglich.
Derselbe hat durch Serienschnitte versucht, die Verhältnisse der
Sporenbildung bei den Monocystis - Arten aufzukiären. Im Anfänge
der Abhandlung finden sich Untersuchungen über die Struktur und
die chemische Beschaffenheit der „Gregarinenkörner“, die H. mit
Maupas für Zooamylurn hält, nicht wie B ü tsch 1 i für Paragly-
kogen. Er erwähnt die Kreuzzeichnung in denselben, welche bei
polarisirtem Licht deutlich werde, ebenso bei Färbung mit Gentiana-
violett nach der E hr lieh’ sehen Methode. Der Autor beobachtete
an den Cysten zwei Hüllen, doch geht er auf die Entstehung der-
selben nicht eiu. Um den Kern herum sab H. eine von grossen
Körnern freie Zone. Der Nucleolus zeigt später Vakuolen, dann zer-
bricht er und der Kern beginnt sich mitotisch zu (heilen. Einige
Stadien der Theilung wurden beobachtet. Neben der Kernspindei
lag noch chromatische Substanz, die als nach dem Zerbrechen des
Nucleolus oder im Momente der Spindelbildung ausgestossen gedeutet
wird, und von welcher der Verf. meint, es könne sich dabei um
Nebenkerne handeln. In späteren Stadien findet er sie nicht mehr.
Die Sporenbildung, glaubt H, vollziehe sich nach zwei Typen:
1) Der Inhalt der Cyste theilt sich nicht, die Kerne vermehren
sich durch Karyokinese, wandern, an die Oberfläche, umgeben sich
mit Protoplasma und hüllen den Cysteninhalt ein. Eine Anzahl
Kerne bleibt in dem Inhalt liegen, wo sie später degeneriren.
628
Gregarinen. — Entovalva mirabilis.
2) Der Inhalt der Cyste zerfällt in eine beschränkte Zahl grös-
serer Theile. Die Sporenbildung bleibt die gleiche, die Kerne ver-
mehren sich mitotisch und treten an die Oberfläche dieser grösseren
Theilprodukte, in deren Inneren wieder einige Kerne Zurückbleiben
und degeneriren.
Eine völlige Theilung des Cysteninhaltes in Sporen bestreitet
Verf., da es immer einen Zeitpunkt gebe, wo noch Protoplasmamasse
im Centrum liege, die zum Aufbau der Sporen diene, wie die Um-
bildung und Auflösung der Körner zeige. Cysten, die keine solche
Protoplasmareste mehr darböten, seien eben völlig reife, in denen
alle Substanz resorbirt sei.
Verf. beobachtete an Makro- und Mikrosporen die gleichen, eben
geschilderten Vorgänge und ist geneigt, dieselben als nicht zu einer
Gattung gehörig anzunehmen.
Beide Sporenarteu haben einen grossen Kern, der sich durch
Karyokinese theilt, wovon einige Phasen zur Beobachtung kamen.
Jeder der entstandenen Kerne zieht sich an den entgegengesetzten
Pol zurück, wo er nach einander zwei Theilungen erleidet. Die Theil-
produkte wandern nach der Mitte hin, umgeben sich mit Protoplasma
und bilden die acht sichelförmigen Körper, welche um den noyau
de reliquat herumgelagert sind, der als Nährmaterial für sie dient.
Der wesentliche Inhalt und die Bedeutung der Arbeit Henne-
guy’s besteht somit in der Auöindung der Karyokinese bei der
S por en bildung der Gregarinen des Regenwurmhodens.
M. Wolters (Bonn).
Voeltzkow, A., Entovalva mirabilis, eine schmarotzende
Muschel aus dem Darm einer Holothurie. (Zool. Jahr-
bücher. Abtheilg. f. Systematik etc. Bd. V. Hft. 4. p. 619 — 628.
Mit 1 Tafel.)
Verf. fand an der Nordküste von Sansibar in dem Darm einer
Sy n ap ta — wenn nicht identisch, so doch nahe verwandt mit Sy nap ta
inhaerens Düb. Kor. — dicht hinter dem Schlundring eine 2—3 mm
lange Muschel, die sich vermittelst eines am Fusse befindlichen Saug-
napfes (Verf. vermuthet in ihm ein Byssusorgan) kriechend herumbe-
wegt. Die weitklaffenden Schalen bedecken nur zum kleinern Theile
den grossen Mantel, der unten in der Mittellinie bis auf den Fuss-
schlitz zusammengewachsen ist, nach vorn sich zu einem hornartigen
Fortsatze hochwölbt, nach hinten aber ein eigenthümliches, hohles,
glockenförmiges Organ bildet, das sich fortwährend wie ein Hand-
schuhfinger ein- und ausstülpt. In dessen Höhlung münden die
zwittrigen Geschlechtsorgane, welche als lang gestreckte, mehrfach
gelappte Schläuche fast den ganzen Fass durchziehen. In diesen
Raum hinein werden auch die reifen Eier entleert und in ihm ent-
wickeln sich diese bis zu einem Embryo mit beweglichem Velum.
Verf. spricht diesen Hohlraum daher als Brutraum an. Wie die Eier
von hier in’s Freie kommen, hat Verf. nicht ermitteln können, eine
Oeffnung nach aussen besitzt der Brutraum nicht, jedoch berstet seine
Wandung bei einem etwas stärkeren Drucke, und die Embryonen treten
dann lebhaft schwimmend nach aussen, sterben aber bald ab. Verf.
hat niemals Stadien der Muschel beobachten können, die zwischen
Entovalva inirabilis. — Pilzsymbiose der Leguminosen.
629
diesem primitiven Embryo und den jüngsten Entovalven, die äusserlich
nur noch durch ihre geringe Grösse von den geschlechtsreifen ab-
weichen, vermittelt hätten; er vermuthet daher, dass die Embryonen
längere Zeit ein freies Leben im Meere führen und erst als ausge-
bildete Tliiere in die Holethurie einwandern. Wie die Einwanderung
geschehen dürfte, zeigen Versuche, die Verf. mit aus dem Darm be-
freiten Thieren anstellte. Wurden diese mit einer Sy n ap t a zusammen-
gebracht, so setzten sie sich in der Nähe der Tentakel fest, die dann
schleunigst eingezogen wurden. Wurden dieselben nach einer Weile
wieder herausgestreckt, so schob sich die Muschel rnit einem
schnellen Ruck weiter vor, die Tentakel wurden wieder eingezogen,
und dieses Spiel wiederholte sich so lange, bis die Entovalva mit
den Tentakeln im Innern verschwand. Die Muschel nährt sich von Dia-
tomeen und andern Algen, die den Darm gelblich durchschimrnern
lassen. Von den übrigen Organen des Thieres hat der Verf. noch die
Kiemen, das Herz, die doppelte, lappige Leber und das Nervensystem
beobachtet, das entsprechend dem zeitweise freien Leben ziemlich
hochentwickelt ist. Neben dem Schlundganglion findet sich ein deut-
liches Pedalganglion mit angelagertem Otolithen.
Im Darm desselben Thieres fand Verf. auch noch eine parasitische
Schnecke, die er aber nicht, benennt, weil er nicht mit Bestimmtheit
weiss, ob dieselbe noch unbeschrieben ist. Während die Entovalva
nur als Kommensalist zu betrachten ist, da sie ja der Sy napta nur
die Diatomeen etc. wegfrisst, ist diese Schnecke ein wirklicher Parasit,
der die mühsam bereiteten Säfte des Wirththieres verzehrt. Er bohrt
den Rüssel aber nicht, wie die meisten der bekannten parasitischen
Schnecken, durch die äussere Körperbedeckung des Wirththieres, sondern
siedelt sich im Magen an, um von hier aus den langen, am vorderen
Theile mit kurzen Stacheln bewehrten Rüssel durch die Magen-
wandung in die Leibeshöhle einzuführen. Wie die vorher beschriebene
Muschel scheint auch diese Schnecke erst seit kurzer Zeit sich an
ein parasitisches Leben angepasst zu haben, denn sie hat noch eine
(2—3 mm lange) Schale mit 3 — 4 Windungen, einen wohlausgebildeten
flimmernden Fuss, ein paar lange Tentakeln und am Grunde derselben
ein paar deutliche schwarze Augen. Betreffs ihrer systematischen
Stellung schreibt Verf. nichts, sie wird aber jedenfalls bei den Taenio-
glossen unterzubringen sein. G. Brandes (Halle a. S.).
Frank, B., Ueber die Pilzsymbiose der Leguminosen.
(Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XIX. Heft 4. p. 523 ff.)
Verf. gibt hier in voller Ausführlichkeit die Resultate seiner
mehrjährigen Arbeiten über die Wurzelknöllchen der Leguminosen,
über welche er in vorläufigen Miltheilungen schon mehrmals re-
ferirt hat.
Mit einer Uebersicht über den historischen Gang und die Ent-
wickelung unserer Kenntnisse über die bekanntlich in der verschie-
densten Weise gedeuteten Knöllchenbildungen beginnend, bespricht
der Verf. in 9 Kapiteln unter den resp. Ueberschriften die Fragen,
welche sich aus seinen Untersuchungen über den Inhalt der Knöll-
chen ableiten; Die Einwanderung ues Bewohners der Knöllchen in
die Pflanze, die Deutung desselben, die Betheiliguug der Pflanze an
630
Pilzsywbioae der Leguminosen.
der Infektion, die Bakteroiden und ihre Beziehungen zur Pflanze so-
wohl wie zu dem Mikroorganismus der Knöllchen, die Reinkultur des
letzteren, seine Wirkungen auf die Pflanze, sein Vorkommen in den
natürlichen Bodenarten, die Beschaffenheit der Böden, welche Legu-
minosen ohne Knöllchenbildung, also ohne Infektion normal zu er-
nähren vermögen, endlich die praktisch wichtige Frage, ob man die
Leguminosenkultur auf vorher unbebauten Flächen durch Einver-
leibung des Mikroorganismus in dieselben zu heben im Staude ist.
Eine Zusammenstellung der Resultate schliesst die von 12 Tafeln,
wovon 9 Habitusbilder der unter verschiedenen Bedingungen ge-
züchteten, theils Knöllchen führenden, theils davon freien Pflanzen
geben, begleitete Arbeit.
Den Mikroorganismus, welcher nach Frank’s Untersuchungen
als zweifellose Ursache der Knöllchenbilduug anzusehen ist, und der
in den Knöllchen lebt, nennt er Rhizobium leguminosarum.
Derselbe gehört zu den Spaltpilzen und ist von dem Verf. unter den
gehörigen Kautelen aus dem Inhalte der Knöllchen isolirt und nach
den bakteriologischen Methoden weiter kultivirt. Anfänglich wurde,
um genaue und stetige Kontrolle ausüben zu können, die Kultur im
hängenden Tropfen gewählt. In diesem wurde an den bakterien-
ähnlichen Inhaltskörpern der Knöllchenzellen, den Bakteroiden, nach
kurzer Zeit eine Differenzirung in eine homogene Grundmasse mit
darin meist in einer Reihe gelagerten kokkenähnlichen Körpern
sichtbar, was sonst nur bei Kalibehandluug geschah. Aus letzteren
gehen bisweilen schon nach 1, sicher nach 5 Tagen sehr kleine, leb-
haft bewegliche Bakterien hervor, Schwärmerzustände, deren Gestalt
eine rundliche bis längliche ist, und deren Grösse 0,9 — 1,3 /t nicht
überschreitet. Die Bakteroiden , welche frühere Beobachter, z. B.
Prazmowski und Beyer inck, für den Mikroorganismus hielten,
sind viel grösser, 3—5,5 /r lang. Neben den schwärmenden Bakte-
rien kommen auch ruhende vor. Cilien waren an den kleinen Orga-
nismen nicht nachzuweisen. Besonders beitTinktionen waren Semmel-
formen, in der Mitte mehr oder weniger eingeschnürte, sicher als
Theilungszustände aufzufassende Formen häufig nachzuweisen. Ferner
kommen Zooglöen vor, unter denen besonders eine eigenthümliche
Form auftiel, die wiederholt bei der Kultur des Mikroorganismus aus
Lupinen sich einstellte. Die in einer Reihe gelagerten Bakterien um-
gaben sich mit gemeinsamer Gallerte und wurden durch fortgesetzte
Theilung zu sehr kurzen, beinahe kokkenförmigen Körpern von 0,2 /. c
(geschätzt) Grösse, während zugleich das ganze Gebilde durch Wachs-
thum in die Dicke wurstförmig wurde. Sporenbildung wurde nicht
beobachtet.
Aus dem hängenden Tropfen auf Gelatine übertragen, erwuchsen
nach 3- 4 Tagen in jedem Impfstrich kleine Pünktchen, die weiter-
hin sehr langsam — Dach wochenlanger Kultur erreichten die Kolo-
nieen erst 1 mm Durchmesser — zu kleinen, rundlichen bis elliptischen,
etwas über die Platte erhabenen, meist biassgelblichen Gallerthäuf-
chen heranwuchsen. Hin und wieder, aber nicht regelmässig, ver-
mochte das Bucterium die Gelatine zu verflüssigen.
Nach diesem Befunde sind also die Bakteroiden, deren Entstehung
aus dem Protoplasma der Knöllchenzellen man schon länger kannte,
Pilzsymbiose der Leguminosen.
631
nicht reine Organe des Leguminosenplasmas, wie Brunchorst be-
hauptete, aber auch nicht reine Fremdorganismen (Prazmowski,
Beyerinck), vielmehr sind sie, wie schon das noch unditferenzirte
(noch nicht in Bakteroiden zerfallene) Plasma der Knöllchenzellen,
aus dem diesem Thatbestande entsprechend Frank ebenfalls deu
charakteristischen Mikroorganismus erzog, zusammengesetzt aus Legu-
minosenplasma und aus dem Mikrobium, dem Pilz, weshalb Frank
dafür den Namen Mykoplasma vorschlägt. Auch durch seine Licht-
brechung unterscheidet sich das Mykoplasma schon von dem gewöhn-
lichen reinen Leguminosenpiasma der nicht infizirten Zellen, und der
Kern scheint in ihm ebentalls alterirt.
Bezüglich des Eindringens des Mikroorganismus in seine Nähr-
pflanze, das natürlich durch die Oberhaut der Wurzeln geschehen
muss, unterscheidet Frank eine direkte Infektion von einer Infektion
mit Hülfe eines Infektionsfadens. Infektionsfaden ist der früher theils
als Plasmodiumstrang, theils als Pilzhyphe, theils (.von B eye r ink) gar
als Rest der mitotischen Kernligur (Kern tonne) aufgefasste Faden, der
in vielen Knöllchen die Zellen quer durchsetzt und von einer zur andern
Zelle sich fortzieht. Unter dem Einfluss von Reagentien (besonders Kali-
lauge) zeigte derselbe Frank ebenso wie die Bakteroiden und das
Mykoplasma eine Zusammensetzung aus dem Mikrobium und einer
homogenen Grundmasse. Verf. fand die jüngsten Stadien desselben
in Wurzelhaaren, wo er einerseits der Zellwand ansass und mit seinem
andern Ende ohne Grenze in das Plasma der Zelle überging. An
der Stelle der Wand, wo der Faden beginnt, sah Frank aussen meist
ein Häufchen von kokkenähnlichen Mikroorganismen, die er für identisch
mit seinem Rhizobium hält. Nach diesen Beobachtungen nimmt
Frank für die homogene Grundsubstanz des Infektionsfadens die
Zugehörigkeit und den Ursprung aus dem Leguminosenplasma an. —
Bei den wenigen Leguminosen ohne InfektioDsfaden (Bohne, LupiDe)
fand er dieselben Ansammlungen über den Epidermiszellen der Wurzeln
und beobachtete häufig ein flinwachsen der direkt unter der Epidermis
liegenden Rindeuzellen nach diesen Anhäufungen. Die Knöllchen ent-
stehen nach dem Verf. bei den letzteren Leguminosen aus dem dicht
unter der Epidermis gelegenen Rindenparenchym der Wurzeln, bei den
ersteren, mit Infektionsfaden versehenen dagegen aus sehr viel tiefer
gelegenen Rindenschichten. Er hält deshalb den Infektionsfaden für
eine charakteristische und zweckmässige Einrichtung der meisteu
Familienangehörigen, mit Hülfe deren dieselben das Mikrobium in ihre
inneren Rindenzellen sich selbst einholen und sicher hineinführen.
während im andern Falle die Einrichtung durch die expouirte Lage
der zu infizirenden Rindenzellen überflüssig erscheint. In beiden Fällen
werden die infizirten Zellen zu lebhafter Vermehrung augeregt, die
eben die Entstehung des Knöllchens zur Folge hat.
Schon die allbekannte Erfahrung, dass bei der Kultur im natür-
lichen Boden alle Leguminosen auch unter sonst ganz abweichenden
Umständen, z. ß. fern von ihrer natürlichen Heimath, wie die Tropen-
pflanzen bei uns, stets Knöllchen ansetzen, lehrt die Identität des
Mikrobs für alle Leguminosen ebensowohl wie das für gewöhnlich
saprophy tische Vorkommen desselben in allen Bodenarten, was auch
632
P/Izsymbiose der Leguminosen
Frank’s Versuche bestätigten. Seine Erfahrungen lehren allerdings,
dass dieses Vorkommen ein verschieden häufiges ist, insofern der
Mikroorganismus in Boden, auf dem Leguminosen längere Zeit ge-
züchtet sind, natürlich in grösster Masse vorhanden ist. Für offen
hält Verf. übrigens trotz der zweifellosen Identität des Knöllchen-
pilzes für alle Leguminosen noch unter Anderem die Frage, ob sich
nicht eventuell unter dem Einfluss der schon so lange fortgesetzten
natürlichen Züchtung des Bacteriums in einer bestimmten Pflanze
eine besondere Infektionstüchtigkeit desselben für diese herausge-
bildet hat.
Durch Kulturversuche auf humusarmen, sterilisiiten und theils
mit geringen Quantitäten bakterienhaltigen Naturbodens geimpften,
theils ungeimptt gelassenen Bodenarten ergab sich in Betreff der Be-
deutung des Bacteriums für die Pflanze sofort eine Verschiedenheit
iu der Legumiuosenreihe, insofern als die ganz gleichnuissige, äusserst
kümmerliche Entwickelung der Bohne in beiden Fällen die vollständige
Nutzlosigkeit der Knöllchen für die Pflanze deutlichst zeigte. Das
Mikrobium ist also tür die Bohnenpflanze ein reiner Parasit. Dagegen
ist für Erbse und Lupine die Infektion mit dem Bacterium eine Noth-
wendigkeit auf humusarmen Böden. Im ungeimpften, sterilisirten
Sandboden, also ohne Knöllchenbildung, wurde die normale Entwicke-
lung nie erreicht, auch nicht bei Nitratdüngung. Frank fasst den
dies bedingenden Vorgang als eine Kräftigung der ganzen Pflanze
in allen ihren Funktionen infolge der Infektion mit dem Mikrobium
auf. Wachsthum und Chlorophyllbildung werden gefördert, die Kohlen-
stoffassimilation wird ebenso wie die Assimilation des freien Stick-
stoffs, welche Verf. schon früher als allgemeine Eigenschaft grüner
Pflanzen nachgewiesen hat, energischer, endlich wird infolge aller
dieser Erscheinungen auch die Gesammtproduktion gesteigert. In
Humusböden dagegen entwickelten sich Erbse und Lupine sowohl
mit wie ohne Wurzelknöllchen ganz normal.
Danach ist also das Zusammenleben des Bacteriums mit den
meisten Leguminosen aufzufassen als eine Anpassung, welche den
letzteren die Existenz und normale Entwickelung auch unter den sonst
höchst ungünstigen Bedingungen eines humusarmen Standorts er-
möglicht , auf solchen ist das gegenseitige Verhältniss der beider, ein
symbiontisches. Die Leguminose liefert dem Pilz eine Brutstätte, über-
nimmt seine Ernährung und zieht dafür aus ihm den erwähnten
Nutzen einer Entfaltung all ihrer normalen Eigenschaften zur grössten
Energie. Auf humusreichen Böden, sowie ganz allgemein bei Pha-
seolus ist der Pilz reiner Parasit.
W:as die Verbreitung des Rhizobiums in den Organen der Legu-
miuosen angeht, so traf Frank es nicht nur auf die Wurzelknöllchen
beschränkt, sondern auch im Gewebe der Wurzeln und sogar in den
oberirdischen Organen von Bohne, Erbse und Lupine, und zwar in
Form der charakteristischen Bakteroiden, die aber dort nur zerstreut
im Plasma der Zellen sich finden, während sie in den Bakteroiden-
zellen der Knöllchen die ganze Zelle erfüllen. Bei der Erbse waren
sie bis ins Meristem der Stammspitze zu verfolgen, fehlten aber in
den Blättern und im Gewebe der Frucht. In ’etzterem und sogar in
Üiiter&uchungsrnethoden, Instrumenta etc.
633
den Zellen der jungen Samen fand Frank sie bei der Buschbohne,
die dementsprechend auch in sterilisirten Böden Warzelknöllchen
produzirt.
Das Material zur Bildung der Bakteroiden, wenigstens ihres vor-
wiegenden, eiweissartigen Bestandtheils liefert in den Knöllchen zwei-
fellos eiuestheils die darin fast stets zugleich gespeicherte Stärke,
ferner aber das darin nachgewiesene Asparagin, das nach Frank in
den Blättern durch die Assimilation des freien Stickstoffs entstanden
ist und von hier nach dem Speicherungsort des Eiweiss hinwandert.
Besondere Versuche widmet der Verf. dann noch der praktisch
wichtigen Frage, ob durch Impfung mit bakterienhaltigem Boden sich
die Leguminosenproduktion auf einem bis dahin kulturlosen Boden
heben lässt, was besonders für die unkultivirten Heide- und Moor-
strecken Deutschlands in Betracht gezogen zu werden verdient. Leider
blieben sowohl Feld- wie Topfversuche ohne unzweideutiges Resultat.
Nur unter ersteren scheint eine Impfung mit Lupitzer Lupincuboden
den Ertrag auf einem leichten Sandboden gesteigert zu haben. Da
indes auch im Parallelversuch auf der ungeimpfteu Parzelle die Lu-
pinen Knöllchen gebildet hatten, so ist dieser Versuch nicht ent-
scheidend. Dagegen ist Verf. geneigt, in gewissen Erfahrungen, welche
man in Mainz auf einem durch relativ neue Anschwemmung entstan-
denen Sandbodeii mit Lupinenkuitur gemacht hat, gewissermaasseu
ein unfreiwilliges Experiment in der Frage zu erblicken. Während
Obstkultur dort nämlich reichen Ertrag geliefert hatte, wuchsen Lu-
pinen nur sehr kümmerlich ; sie erwiesen sich zum grossen Theil als
knöllchenfrei, und führt Frank auf den Mangel an Rhizobium in
jenem Boden die schlechte Lupinenvegetation zurück, indem er hier
von Impfungsversuchen ein günstiges Resultat erhofft.
Ueber die Vegetationspbasen, in welchen die Leguminosen der
Infektion zugänglich sind, wurde ermittelt, dass dieselbe jederzeit
gelingt. Behrens (Karlsruhe).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Lehmann, JC B., Die Methoden der praktischen Hy-
giene. Anleitung zur Untersuchung undBeurthei-
luug der Aufgaben des täglichen Lebens. Für Aerzte,
Chemiker und Juristen. 8°. 594 S. Wiesbaden 1890.
Das vorliegende Werk erfüllt die Aufgabe, die es sich gestellt
hat, „dem Anfänger auf dem Gebiete der hygieuischen Untersuchung
eine ausführliche, möglichst vollständig gehaltene, aber doch streng
wissenschaftliche Anleitung bei seinen Untersuchungen zu liefern,“ in
vortrefflicher Weise. Die allgemeine Methodik — die chemisch- phy-
sikalische, die bakteriologische und die hygienisch-toxikologische —
werden in der 1. Abtheilung besprochen. In der II. folgen die spe-
ziellen Untersuchungen, soweit sie sich auf die Luft, den Boden, das
Wasser, die Nahrungsmittel, die Kleidung. W'ohuung und die Gebrauchs-
634
CutersuchuugsuiethoJeu, Instrumente etc.
gegenstände beziehen. In zwei besonderen Abschnitten werden dann
noch die „Gesichtspunkte bei der Erforschung der Ursachen einer
Epidemie“ und die „Untersuchung uud Beurtheilung von Desinfektions-
mitteln und Desinfektionsapparaten“ besprochen. Ueberall ist auf
das unmittelbar praktische Interesse Rücksicht genommen. Ein recht
sorgfältiges Sachregister — ein Autorenregister fehlt leider — er-
leichtert die Auffindung, zahlreiche vorzügliche Abbildungen kommen
dem Verständniss in dankenswerther Weise zu Hülfe.
Uns interessirt hauptsächlich der bakteriologische Theil. ln der
Methodik ist alles Wissenswerthe kurz und klar zusammengestellt,
die Methoden und Apparate sind verständlich beschrieben, so dass
man wohl einen Begriff von dem bekommt, worauf es ankommt.
Einzelheiten weicheu von der Erfahrung des Ref. ab. Dass es em-
pfehlenswerth sein sollte, im Allgemeinen bei gefärbten Präparaten
den Hohlspiegel, bei ungefärbten den Planspiegel anzuwenden (S. 39),
kann Ref. z. B. nicht finden. Die Anwendung des Hohlspiegels ist
vielmehr sehr beschränkt, bei Bakterienuntersuchungen und bei offe-
nem Kondensor überhaupt zu vermeiden; nur bei schwachen Ver-
grösserungen und engen Blenden, also bei Betrachtung von ungefärbten
Präparaten, Platten u. dg]., bat ihn Ref. mit Vortheil anwenden sehen.
Unter den zusammmengesetzten Farbstoffen hätte das Kühne’sche
Karbolmethylenblau Erwähnung verdient. Die B. Fraenkel’sche
vereinfachte Tuberkelbacillenfärbung scbliesst sich nicht der Koch-
Ehr lich’schen, sondern der Zieh 1-Neelsen’schen Methode an.
Die Schilderung der Gr am’schen Methode verführt zu dem Irrthum,
dass sie sich nur für Schnittfärbung eignet, während sie doch auch
bei Deckglaspräparaten vorzügliche Resultate gibt. Bei den Kartoffel-
kuituren hätte Schröter’s Name Erwähnung verdient. Die Vor-
züge der festen durchsichtigen Nährböden hätten noch stärker betont
werden können.
Die systematische Zusammenstellung der wichtigsten Spaltpilz-
arten ist vortrefflich. Bemängeln möchte Ref., dass die L e p t o t h r i x-,
ßeggiatoa-, Crenothrix- und CI adoth rixarten zu den Bakte-
rien gerechnet werden, die doch zu den Algen gehören. Sehr dankens-
werth sind .Zusammenstellungen einmal von solchen Bakterien, die auf
Gelatine bei 20" und darunter, dann von solchen, die erst über 20®
oder überhaupt nicht auf Gelatine wachsen, dann von den bekanntesten
Anaeroben, unter denen jedoch der Tetanusbacillus noch fehlt. Im
Anhang an die Bakterien werden die Schimmelpilze und die Proto-
zoen besprochen.
Im speziellen Theile ist bei jedem einzelnen Abschnitt auf die
bakteriologische Untersuchung Rücksicht genommen, doch möchte
Ref. sich die Frage gestatten, ob dies nicht bei der Bedeutung der
Mikroorganismen etwas ausgiebiger hätte geschehen können. Wie die
Bakterien z. B. in die Luft gelangen und was sie in derselben be-
deuten, tritt nicht klar genug zu Tage, auch beim Boden würde Ref.
sieb ausführlicher ausgesprochen habeu. Die bakteriologischen Bodeu-
untersuchungen fordern ja eine Besprechung der Bodentheorie der
Infektionskrankheiten geradezu heraus, auf die Verf. jedoch gar nicht
eirgeht. Bei der bakteriologischen Beurtheilung des Wassers kann
UnlersncTiungsmethodan, Instrumente etc.
635
Ref. im Allgemeinen mit dem Verf. einverstanden sein. Der Haupt-
satz: „WeDn sich irgend ein pathogener Spaltpilz im Wasser nach-
weisen lässt, ist es unbrauchbar und erst wieder in Gebrauch zn
nehmen, wenn die pathogenen Pilze wieder verschwinden, und thun-
lichst die Gelegenheit zu einer erneuten Infektion beseitigt ist“,
spricht für sich selbst; doch scheint ihn Verf. schweren Herzens
aufgestellt zu haben; er hält es für nöthig, sich deswegen in einer
Anmerkung halb und halb zu entschuldigen, da ja „noch nicht fest-
gestellt ist, dass die in Frage stehenden Spaltpilze, z. B. die Typhus-
bacillen, überhaupt nicht vom Magen, sondern z. B. nur von der Lunge
aus wirken können“. Dies charakterisirt den Standpunkt des Ver-
fassers : „ex ungue leonein.“
Die Betonung, dass an Gebrauchswasser der Hauptsache nach
dieselben Anforderungen zu stellen sind, als an Trinkwasser, ist sehr
richtig und dankenswerte Eingehend sind die bei der Beurtheilung
des Fleisches in Betracht kommenden Bakterienkrankheiten der Ge-
missthiere besprochen, vorzüglich ist auch der Abschnitt „Mikroor-
ganismen in der Milch“. Sehr viel eingehender hätte wieder nach
Ansicht des Ref. die Besprechung der bakteriologischen Untersuch-
ungen bei Infektionskrankheiten sein sollen, die ja doch nun einmal,
man mag sich dagegen sträuben, so viel man will, vorläufig nur
auf diesem Wege am sichersten aufgeklärt werden können. Ein Gang
der Untersuchung bei den verschiedenen Krankheiten — nirgends
ist mehr wie hier Individuaiisirung am Platze — wäre recht öankens-
werth gewesen. Auch das Kapitel der Desinfektion dürfte ein wenig
stiefmütterlich behandelt sein.
Die kleinen Ausstellungen, die Ref. sich erlaubt hat, sind indessen
nicht geeignet, den hohen Lehrwerth des vorliegenden Werkes geringer
erscheinen zu lassen. Die Klarheit der Sprache, die Prägnanz der
Beschreibungen, die Güte der Abbildungen sichern ihm Anerkennung
und Beachtung in weiten Kreisen. M. Kirchner (Hannover).
Meyer, B., Der Nachweis der Tuberkelbacillen in den
Se- und Exkreten Tuberculöser mit besonderer
Berücksichtigung der Untersuchung bei der Koch-
schen Behandlungsmethode. (Centralbl. f. klin. Medicin.
1891. No. 6.)
M. theilt seine Erfahrungen mit, welche er bei der Untersuchung
der Se- und Exkrete Tuberculöser, speziell des Auswurfs, der pleu-
ritischen und peritonitischen Exsudate, des Harnes und des Ohreiters
gesammelt hat.
Das Sputum färbt er nach der Gabbet’schen Methode. Ist
das Resultat ein negatives, so bedient er sich des Biedert’ sehen
Sedimentirungsverfahrens. (Zu einem Esslöffel Sputum setzt man 7 — 15
Tropfen Natronlauge und 2 Esslöffel Wasser, kocht bis zur Ver-
flüssigung, fügt dann noch 4—6 Esslöffel Wasser hinzu und kocht
noch einmal, bis das Ganze eine dünne, gleichmässige Flüssigkeit
bildet. Diese in ein Spitzglas gegossene Menge bleibt 24—48 Stun-
den, aber nicht länger, stehen. Von dem auf dem Boden des Glases
gebildeten Sedimente werden einige Partikelchen auf ein Deckglas
636 Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Enlwickclungshemmung etc.
gebracht uud wie üblich weiter behandelt,.; In Folge der Einwirkung
der Natronlauge werden die Bacillen etwas plumper und dicker.
Gibt auch diese sehr erfolgreiche Methode noch keinen sicheren
Aufschluss, so bleiben schliesslich nur noch die l’hierimpfuugen mit
dein Sputum übrig, welche von M. bei der Behandlung mit Tuber-
culin alsdann stets geübt werden.
Pleuritische und peritonitische Exsudate werden
ebenfalls nach dem Biedert’ sehen Einenguugsverfahren uutersucht ;
die serösen und hämorrhagischen gleich dem Sputum; die hämor-
rhagischen vor der Gerinnung, es wird ihnen vorher ein Alkali zu-
gesetzt. Die eitrigen Exsudate lassen sich ebenfalls nach Biedert
behandeln; doch ist es gut, ein grösseres Quantum, ca. I Liter,
wiederholt sedimentären zu lassen, bis das Sediment aus dickem,
rahmigem Eiter besteht.
Die Urogenital tuberculose wird nach verschiedenen
Methoden erwiesen. Es wird ein Eiterpartikelcben oder Bröckclcheu
entnommen und auf dem Deckglase wie gewöhnlich weiter behandelt.
Im Falle des Nichtgelingens greift man zur Sedimentiruugs- und
Filtrirmethode. Den mit Thymollösung versetzten Harn lässt man
24 Stunden in einem Spitzglase sedimentiren und entnimmt dann
vom Sediment. Bei klarem oder nur wenig getrübtem Harne mit
massigem oder leidendem Eiweissgehalt wird man mit obiger Methode
nicht zum Ziele kommen.
Für solche Fälle wird der mit Thymollösung gemischte Harn
auf ein kleines Filter in geringen Quantitäten aufgegossen. Von
dem Rückstände wird dann das Deckgläschen bestrichen, das Sedi-
ment eingetrocknet und untersucht.
Die diarrhöi sehen Stühle werden nach der G a b b e t ’schen
Methode behandelt, die vollständig genügt.
Für die tuberculose Mittelohrentzündung genügt der
Nachweis der Bacillen im Sekrete ebenfalls mit der G ab b e t ’schen
Methode. [M. verfügt allerdings nur über einen Fall der letzteren.
Rei'.] Kronacher (München).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten , Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Behring, Ueber Desinfektion, Desinfektionsmittel und
Desinfektionsmethode n. [Aus dem hygienischen Institut
der Universität zu Berlin.] (Zeitschrift für Hygiene^ Baud IX.
Heft 3.)
Bei der Besprechung der Desinfektion von sporenfreiem Infektious-
matenal geht Verf. von milzbrandhaltigem, sporenfreiem Material als
Desinfektionsobjekt und von Quecksilbersublimat als Desinfektionsmittel
aus. Zur Prüfung des Einflusses eines Desinfektionsmittels auf In-
fektionsmaterial eignet sich das Kultur verfaulen deswegen besser, als
Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwiekelungshemmung etc. (337
das Thierexperiment, weil bekanntlich Bakterien, trotzdem sie noch
lebensfähig sind, ihre Virulenz verloren haben können.
Wichtig für die Wirkung eines Desinfektionsmittels ist die che-
mische Zusammensetzung des Mediums, in welchem die Bakterien
zu tödten sind, ferner, speziell für die Wirkung des Sublimats, die
Stärke der Lösungen, da bei gewissen Konzentrationen durch Eiweiss-
fällungen ein Hinderniss für die gleichmässige Vertheilung des Mittels
im Gewebe und dadurch für die Wirksamkeit desselben abgegeben werden
kann. Letzterem Uebelstande kann durch Beimengung von Kochsalz
und anderen Salzen zur Sublimatlösung abgeholfen werden. Durch
Zusatz von Chlorideu werden die Sublimatlösungen auch haltbarer.
Bezüglich der Wirksamkeit ist es so ziemlich gleichgültig, welches
Quecksilberpräparat man anwendet, wenn man nur im Stande ist, es
in Lösung zu bringen. Von grossem Einflüsse ist die chemische Be-
schaffenheit des Desinfektionsobjektes; jede Quecksilberiösung ist in
eiweisshaltigen Flüssigkeiten weniger wirksam, als in ei weissfreien.
Je kürzer die Einwirkung eines Mittels ist, um so grösser muss die
Menge desselben sein zur Erreichung desselben Desinfektionseffektes,
Der Desinfektionseffekt ist um so energischer, je höher die Temperatur
ist, bei welcher man das Desinficiens einwirken lässt. Bei dem Tempe-
raturoptinum für die verschiedenen Bakterien werden wachstbums-
schädigende Faktoren leichter überwunden. Je weniger Bakterien
vorhanden sind, um so geringer ist ceteris paribus die zur Desinfektion
nothwendige Menge eines Mittels. Bei der Desinfektion von Kultur-
flüssigkeiten kommt auch die Menge der Stoflwecbselprodukte in Be-
tracht. Von Bedeutung sind ferner die Herstammung und das Alter
der Kulturen sowie der Umstand, ob vor dem Desinfektionsversuche
schon andere schädigende Momente eingewirkt haben.
Die wichtigsten Momente sind nach Behring für die Bestim-
mung des Desinfektionseffektes folgende: 1) die ein wandsfreie Fest-
stellung der gelungenen Desinfektion, d. h. der thatsächlich erfolgten
Abtödtung, 2) die chemische Beschaffenheit des Desinfektiousobjektes,
3) die Bakterienart, 4) die Dauer der Einwirkung des Desinfektions-
mittels, 5) die Temperatur, bei welcher das Desinficiens einwirkt,
6) die Zahl der Bakterien.
Verf. gruppirt die antiseptisch und desinfizirend wirksamen Mittel
in folgende Gruppen :
1) Metallsalze (Sublimat und andere Quecksilbersalze ; Silber-
nitrat und solche Silberverbinduugen, deren Lösungen mit Eiwciss
keine Fällung geben, Goldkaliumcyanid, Thalliumkarbonat, Kupfer-,
Palladium- und Platinverbiudungen.
2) Alkalien und Säuren (Aetzkalk, Natronlauge, Kalilauge
u. a. ; Schwefelsäure, Salzsäure).
3) Verbindungen aus der aromatischen Reibe der
organischen Chemie (Karbolsäure, Kreolin, Lysol, Farbstoffe
aus der Gruppe der Thriphenylmethane, iusbesondere Malachitgrün).
4) Flüssige Desinficientien, die im W'asser unlös-
lich oder schwer löslich sind (Chloroform, ätherische Oele).
5) In festem ZustandewirksameMittel (Goldpräparate,
Silberpräparate u. a ).
IX BC.
U
(538 Schutzimpfung, künstl Infektionskrankheiten, Kntwickelungshemmung etc-
6) Desinfektionsmittel iu gasförmigem Zustande.
7) Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen.
8) Bakterientödtende Körper im thierischen und
menschlichen Organismus.
Dauerformen von Bakterien werden nur durch wenige
chemische Ageutien getödtet. Auf Grund seiner mit Milzbrandsporen-
fäden angestellten Versuche führt Verf. an: Jodtrichlorid, Sublimat,
saure Karbolsäure- und Kresollösungen, Chlor, Brom, Jod, Chlorkalk.
Die folgenden Kapitel behandeln die relative Giftigkeit der Des-
infektionsmittel, die Desinfektion am lebenden Tkiere, die desinfizi-
renden Eigenschaften des thierischen Blutes ausserhalb des Gefäss-
systenr.
Es kann hier auf die gründlichen Untersuchungen Behring ’s
nicht näher eingegangen werden. Dieselben besitzen entschieden einen
hohen praktischen Werth. Möge jeder, der nicht nur Desinfektions-
mittel anwenden, sondern überall, wo es nöthig ist, auch wirklich
desinfiziren will, Einblick in die Originalarbeit nehmen.
Dittrich (Prag).
Sey del, UeberWundsterilisirung.(M ünchener med. W ochenseh r.
1890. No. 47.)
Die Ueberschrift des kurzen Aufsatzes ist nicht ganz richtig ge-
wählt, denn von einer Sterilisirung der Wunden ist bei dem Ver^
fahren, welches Verf. mit Genehmigung des Kgl. bayrischen Kriegs-
ministeriums im Garnison! azareth München eingeführt hat. eigentlich
nicht die Rede. Es handelt sich dabei lediglich um die Anwendung
der Asepsis statt der Antisepsis des Verbandes. Die Wunde selbst
wird höchstens mit 5°/0 Kochsalzlösung ausgespült, dagegen erfährt
ihre Umgebung, beziehentlich bei chirurgischen Eingriffen das Opera-
tionsfeld eine gründliche Reinigung durch Seife, Bürste und Alkohol.
Die Verbandstücke bestehen in Br un s’ scher Watte und hydrophiler
Gaze und sind vor der Anwendung in einem dem Koch’ sehen
Dampfkochtopf ähnlichen Apparat sterilisirt. Nach ihrer Abnahme
von der Wunde werden sie in fliessendem Wasser gereinigt, mit
Kalilauge und Seife gekocht, getrocknet und wieder sterilisirt, um
dann von Neuem in Gebrauch genommen zu werden.
Um das Verkleben der Verbandstücke mit der Wunde zu ver-
hindern, legt Verf., wie ehemals Li st er, zwischen beide ein Stück-
chen Silk, ein Verfahren, welches man früher aufgab, weil dadurch
die Aufsaugung der Wundsekrete durch die hydrophilen Verband-
stücke vermindert wird.
Dass die Erfolge dieser Verband metliode bei einfachen, nicht in-
fizirten Wunden sehr gut sind, ist leicht verständlich. Schwieriger
ist es, dem Verf. zu glauben, dass auch Eiterungen unter seiner
Behandlung, welche auf eine Desinfektion der Wunde gänzlich ver-
zichtet, günstiger verlaufen sollen, als bei der Anwendung von anti-
septischen Mitteln. Ueber die Erfolge seines Verfahrens bei schwerer
Wunderkrankung (Phlegmone u. dgl.) spricht sich Verf. überhaupt
nicht aus.
Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 639
Für die Privatpraxis räth S e y d e 1 , bei dem alten bewährten
Verfahren der antiseptischen Wundbehandlung zu bleiben, da „Jeder-
mann weiss, wie schwer es hier unter Umständen ist, nur streng
antiseptisch vorzugehen“. Kühler (Oldenburg).
Fischer, Ueber Variola und Vaccine und Züchtung der
Variol a-Vaccin e-Lymphe. (Münch, rned. Wochenschrift,
1890. No. 43.)
Die Möglichkeit, durch Verimpfung des Giftes der wahren
Menschenpocken bei Kühen die bekannten Kuhpocken zu erzeugen,
aus denen dann auimale Lymphe für die Präservativimpfungen an
Menschen zu gewinnen ist, wird auch in der gegenwärtigen Zeit
nicht von allen Seiten zugegeben und wurde erst kürzlich von Lay et
in seinem Buche. „Trait6 pratique de la vaccination animale“ be-
stritten. Die positiven Ergebnisse, welche Ceely und Voigt mit
diesbezüglichen Versuchen erzielten, wurden damit erklärt, dass diese
Forscher auf den betreffenden Versuchstieren gleichzeitig Vaccine
gezüchtet hätten.
Dem Verf. ist es nun gelungen, zwei Mal durch Verimpfung des
Sekrets von Menschenblattern bei Kälbern, welche weder vorher noch
gleichzeitig mit Vaccine geimpft wurden und sich in sorgfältig des-
infizirten Ställen befanden, Kuhpocken zu erzeugen und durch Weiter-
impfung von diesen auf andere Kälber schliesslich eine Vaccine zu
gewinnen, weiche sich für die Schutzpockenimpfung als vorzüglich
brauchbar erwies. Den günstigen Ausfall seiner Versuche führt er
gegenüber den negativen Resultaten Anderer darauf zurück, dass es
ihm gelang, das menschliche Pockengift zur Zeit seiner höchsten
Virulenz auf die Thiere zu übertragen. Er entnahm zur Erreichung
dieses Zweckes das Blattern sekret an mehreren Tagen hintereinander
von dem Augenblick an , wo die Pusteln sich bei den Kranken zu
bilden begannen, und mischte die verschiedenen Proben mit einander
in Glycerin durch Verreiben zwischen zwei Objektträgern. Mit der
auf solche Weise erhaltenen Lymphe impfte er die Kälber, worauf
es bei diesen zur Entwickelung der charakteristischen Blattern an
der Impfstelle kam , ohne dass sich Krankheitserscheinungen des
übrigen Körpers zeigten.
Hierdurch hat Verf. einerseits den Beweis erbracht, dass die
Menschenblattern und Kuhpocken eine auf gleicher Ursache beruhende
Krankheit siDd, und andererseits ein Verfahren gezeigt, durch welches
eine häufige Regeneration der Vaccine ermöglicht wird.
Kühler (Oldenburg).
Tcuscher, Beiträge zurDesinfektion mit Wasser dampf.
[Aus dem hygienischen Institut der Universität Jena.] (Zeitschrift
für Hygiene. Band IX. Heft 3.)
Teuscher fasst die Hauptergebnisse seiner Versuche in fol-
genden Punkten zusammen:
1. Stark überhitzter Dampf ist für die Desinfcktiouspraxis nicht
zu empfehlen Dagegen ist eine geringe Ueberhitzung des Dampfes
einwandsfrei
41*
*">40 Schutiimpfuug, kihistl Infektionskrankheiten, Ent^ickelungshemmuug eto.
2. Apparate, in welche der Dampf von oben einströmt, sind in
ihrer Wirkung ungleich sicherer und schneller, als andere, wo dies
nicht der Fall ist. Man hat bei der Konstruktion von Desiufektions-
apparaten und beim Einbringen der Objekts in dieselben darauf zu
achten, dass Luft und Dampf ungehindert nach unten entweichen
können.
3. Durch Vorwärmung der Apparate wird die Desinfektion be-
schleunigt.
4. Die schnellste Desiufektionswirkung wird durch gespannten,
strömenden Dampf erzielt.
5. Desiufektionsobjekte, welche mit fettigen oder öligen Sub-
stanzen in Berührung gekommen sind, bedürfen einer längeren Des-
infektionszeit, als andere.
ö. Um eine wirksame Desinfektion zu erzielen, ist nicht nur eine
möglichst vollkommene Austreibung der Luft aus den Objekten, son-
dern auch eine genügende Kondensation des Dampfes erforderlich.
7. Die Kondensation des Wasserdampfes in den Desiufektions-
ohjekten schreitet in einer schar fen Linie von der Peripherie vorwärts.
8. Die zur Erzielung der Desinfektion erforderliche Temperatur
findet sich nur in der Zone, wo die Kondensation bereits stattge-
funden hat.
9. Fast unvermittelt, nur wenige Centimeter von der 100° hal-
tenden Zone entfernt , befinden sieb — bei unvollständiger Desin-
fektion— Gebiete, welche 40 und mehr Grade unter dem Siedepunkt
liegen.
10. Zufälligkeiten, z. B. Falten im Gewebe, Herunterlaufen eines
Wassertropfens können Temperaturen erzeugen, welche weit höher
sind, als die der nächsten Umgebung.
11. Es ist uoth wendig, den Wasserdampf längere Zeit auf grös-
sere Objekte einwirken zu lassen, wenn man der vollen Desinfektion
sicher sein will.
12. In reiner, nicht wasserhaltiger, verflüssigter Karbolsäure
hielten sich die angewendeten Milzbraudsporen bei Brüttemperatur
bis zu 41/, Tagen eutwickelungsfähig.
13. Salzlösungen als Siedeflüssigkeit ir. Desinfektionsapparaten
sind für die Praxis vorläufig nicht zu empfehlen.
14. Die von einigen Forschern beobachteten Temperaturen über
100" C bei Anwendung von ungespanntem Dampfe lassen sich viel-
leicht aus der zufälligen Anwesenheit von Salzen in den Desinfektions-
objekten erklären. D i 1 1 r i c h (Prag).
Neisser, A., Ueber die Mängel der zur Zeit üblichen Pro-
stituirtenuntersuchung. (Deutsche med. Wochenschr. 1890.)
In der Einleitung seines in der hygieuischen Sektion des X. internat.
med. Kongresses gehaltenen Vortrages erklärt sich Verf. für einen
entschiedenen Vertheidiger einer staatlich und gesetzlich ge-
regelten Beaufsichtigung der Prostitution, in der er mit Recht
die Hauptverbreiterin der venerischen Krankheiten sieht. Für
die Kontrolluntersuchung hält er die Untersuchung der Genitalien
unter Zuhülfenahwe des Speculums, der Analgegend, der Mund-
Schutzimpfung, könstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 041
höhle und des Halses, letzteren wegen des allerdings nicht gerade
häufigen Leukoderma syphiliticum, für unabweisslich. Eine Unter-
suchung des ganzen Körpers in unbekleidetem Zustande hält er
für nicht erforderlich. Er empfiehlt aber sehr warm, die polizeilich
vorgeschriebene KontrolluDtersuchung zu einer Art poliklinischer
Sprechstunde auszugestalten , in denen die Prostituirten , die ja
zwangsweise erscheinen müssen, gleichzeitig behandelt werden. Die
hygienischen Vortheile dieser Behandlung fallen in die Augen. N. ist
dabei der Ansicht, dass die Behandlung der Prostituirten, auch im
Hospitale, gratis geschehen solle, einmal, weil manche Prostituirte
aus Furcht vor den Kosten die ärztliche Behandlung zu spät auf-
sucht, und zweitens, weil eriährungsgemäss die Kurkosten von den
Prostituirten nur zu einem ganz verschwindenden Bruchtheile einzu-
treiben sind. In Breslau gingen z. B. von den im Jahre 1881/82
erwachsenen derartigen Kosten im Betrage von 18417 M. nur 430 M.,
also kaum 2,3%, thatsächlich ein, der Rest war uneinziehbar. Gegen
Bezahlung der Hospitalbehandlung führt N. noch an, einmal, dass
bei freier Behandlung der Arzt den Hospitalaufenthalt der Kranken
ohne Härte genügend lange bemessen kann, und zweitens, dass bei
nicht freier Behandlung Härten in der Eintreibung der Beträge manche,
die dem Laster Valet gesagt haben würde, der Prostitution wieder
in die Arme trieben.
Für die Untersuchung auf Gonorrhöe hält N. die mikroskopische
Untersuchung des Urethral- und Cervicalsekretes auf Gonokokken
für unerlässlich, weil ohne eine solche die Mehrzahl der Gonorrhöen
bei den Puellis publicis unentdeckt bleibe, da diese sich regel-
mässig vor der Untersuchung eine Scheidenausspülung machen. Be-
vor N. das Sekret mikroskopisch untersuchte, fand er bei den Kon-
trolluntersuchungen stets nur wenige Gonorrhöen. Zweimal, im
Jan. 88 und Febr. 89 machte er mit seinen Assistenten mikroskopische
Untersuchungen, indem er mit einem langen, etwas abgestumpften
Volk m an n ’ sehen Löffel das Urethral- und Cervicalsekret von der
Schleimhaut abkratzte und untersuchte. Im Jan. 88 fand sich unter
572 auf diese Weise Untersuchten bei 216 = 37,76% zweifellos
oder höchst wahrscheinlich eine Gonorrhöe, im Februar 89, wo nur
das Urethralsekret untersucht wurde, ward trotzdem unter 579 Unter-
suchten bei 110 = 19°/„ Gonorrhöe gefunden. Bemerkeuswerth
war, dass von 188 bzw. 155 im Arbeitshause internirten Dirnen nur
8 bez. 3 sicher, 57 bzw. 13 wahrscheinlich Gonorrhöe hatten
Freilich ist die mikroskopische Untersuchung zeitraubend und
auch kostspielig, aber absolut sicher, deswegen empfiehlt N. hierzu
die Assistenten der Hospitäler heranzuziehen. N. beobachtete mit
Einführung derartiger genauerer Untersuchungen in Breslau eine Zu-
nahme der Gonorrhöen und trotzdem eher eine Ab- als Zunahme der
sypilitischen Erkrankungen unter den Prostituirten. Als Ort der
Koutroliuntersuchungen empfiehlt N. das Hospital, als geeignetste
Persönlichkeiten für dieselbe den Chefarzt der Syphilisabtheilung
und dessen Assistenten. Schliesslich fasst N. seine Ansichten in
folgenden Sätzen zusammen:
„1) Die bisherige, in einfacher Inspektion, Speculumuntersuchung,
642 Schutzimpfung, künstl. Infektionski ankheiten, Entwickelungshemmung etc.
Mundhöhlenbesichtigung bestehende Untersuchung ist zu vervoll-
ständigen durch die mikroskopische, auf Gonokokken gerichtete Unter-
suchung des Urethral- und Gervicalsekrets.
„2) Die ärtztliche Thätigkeit in den Untersuchungsstunden, zu
welcher sich die Prostituirten zwangsweise einzuündeu haben, soll nicht
bloss eine einfach untersuchende sein, sondern zugleich eine ambulatorisch
behandelnde, und zwar gleichermaassen aus l) hygienischen und
prophylaktischen Gesichtspunkten, 2) wie aus Rücksicht auf die
finanzielle Belastung der die Kosten der Sanitätspolizei tragenden
Kommunen.“
Die Ansicht des Verf.’s, dass die Kontrolle nicht geuau genug,
die Behandlung der Prostituirten selbst aber, die ja häutig wirklich
so sehr hült'sbedürftig sind, nicht human genug sein kann, verdient
jedenfalls die grösste Beachtuug. Bei der wachsenden Kenntniss der
bakteriologischen Untersuchuugsmethoden unter dem ärztlichen Nach-
wuchs ist au der Durchtükrbeit der N.’schen Vorschläge auch an
Orten, wo keine Universität sich befindet, wohl nicht zu zweifeln.
M. Kirchner (Hannover).
Mosler, F., Die Behandlung der Empyeme. Sonder-Abdr.
aus Verhandl. d Kongr. f. inn. Med. 1890. Wiesbaden (J. F.
Bergmann) 1890.
Bei der Behandlung der Empyeme ist neben den individuellen
und anderen Verhältnissen auch besonders die Aetiologie der Eite-
rung zu berücksichtigen. Befriedigende Ergebnisse wurden mit der
Aspiration bei serösen und fibrinösen Exsudaten erzielt. In Fällen
eitriger Pleuritiä sind die Resultate um so günstigere, je frühzeitiger
zum operativen Eingriff geschritten wird. Iu einem Falle von In-
fluenza mit linksseitiger Pneumonie, Pleuritis uud Pericarditis hatte
Loeffler im Exsudate das massenhafte Vorkommen von Strepto-
kokken nachgewiesen, welche die Bösartigkeit der Krankheit bedingt
haben mochten.
Eine prophylaktische Therapie der Empyeme könne vielleicht
augestrebt und bei den Pleuritiden es versucht werden, den Ueber-
gang von seröser Pleuritis in eitrige durch Abhaltung der Eiterkokken
zu verhindern. Vorläufig kann man die Bakterien nur an den Ein-
gangspforten des Körpers aufsuchen und Yon da entfernen. In M.’s
Klinik werden daher die Kranken angehalten, des Morgens und Abends
Mund, Rachen und Nasenhöhle gründlich zureinigen und zudesinfiziren.
Kral (Prag).
Sansoni, L., Beobachtun gen und Erfahrungen über die
pharmakologischen und therapeutischen Wirkungen
der Euphorine. (Therap. Monatssch. 1890. Sept.)
Euphorine ist das Phenylurethan, welches entsteht durch Ein-
wirkung von chlorkohlensaurem Aethyläther auf Anilin. Kleine
Mengen werden vom Meuschen und den höheren Thieren gut ver-
tragen. 5 g, vermittelst Schlundsonde in den Magen eines 1,8 kg
schweren Kaninchens eiugeführt, tödteteu es durch Kollaps in 5 Stunden.
Das Mittel hatte ausgesprochen antithermische, antirheumatische,
ScliutzimpfiiDg, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. (543
analystische und aDtiseptische Wirkungen. Die letzteren wurden
geprüft auf Grund der Beobachtung, dass in einer alkalischen Eupho-
rinelösung bei Gegenwart von Gewebsstücken bei 37° C Phenol
entsteht. In Pulverform auf hartnäckige alte Geschwüre gestreut
und in chronischen Ophthalmieen soll es die Eiterung schnell be-
seitigt und die Heilung stärker beschleunigt haben, als irgend ein
anderes Mittel. Bakteriologische Untersuchungen wurden nicht gemacht.
Eabrizirt wird das Präparat von Dr. N. F. v. Heyden in Kadebeul
bei Dresden. M. Kirchner (Hannover).
Unna J. G., Ueber Ichthyolfirnisse. (Monatshefte f. prakt.
Dermatologie. Bd. XII. 1891. No. 2.)
Verf. vermisste für die ambulante Behandlung umschriebener
Hautleiden, namentlich im Gesicht, eine Anwenduugsform des Ich-
thyols, die sich aufpinseln lässt, leicht trocknet und in Wasser lös-
lich ist. Eine solche hat er zusammen mit Dr= Helmers iu Form
der Firnisse gefunden. Er stellt sie dar durch Zuquellen von Stärke,
der er entweder etwas Albuminlösung oder Karbolsäure zusetzt.
Namentlich das letztere Heilmittel — Ichthyol 25, Karbolsäure 2,5,
Stärke 50 und Wasser 22,5 — soll vorzügliche antiseptische Wir-
kungen entfalten. M. Kirchner (Hannover).
Beitmann und Schönauer, Zur Ichthyolbehandlung von
Frauenkrankheiten. (Wiener klin. Wochenschr. 1890. No. 38.)
Nach dem Vorgänge Freund’s behandelten die Verff. eine
grössere Anzahl entzündlicher Leiden der weiblichen Sexualorgane
mit Ichthyolpräparaten — Tampons, Pinselungen, Suppositorien —
und erzielten in 34% der Fälle vollständige Heilung, in 39% be-
deutende Besserung, in 15% geringe Besserung, nur in 12% hatten
sie keinen Erfolg. Die hauptsächlich den Gynäkologen iuteressiren-
den Einzelheiten mögen im Originale nachgelesen werden.
M. Kirchner (Hannover).
Kubli, Anilinfarbstoffe bei Augenkrankheiten. (St.
Petersburg, medicin. Wochenschr. 1890. No. 39.)
Der Bericht über die Erfolge des Pyoktauins an 500 Augen-
kranken, welche vom Verf. in der Ambulanz des Kreuzerhöhungs-
stiftes barmherziger Schwestern zu St. Petersburg behandelt worden
sind, bestätigt die nicht gerade günstigen Ergebnisse der meisten
Nachprüfungen, welchen jenes von S t i 1 1 i n g als vorzügliches Anti-
septikum gepriesene Mittel von den verschiedensten Aerzten unter-
zogen worden ist. Verf. wandte das Pyoktanin bei den mannigfach-
sten Erkrankungen der Lider, der Bindehäute, der Hornhaut, der
Regenbogenhaut und der Thränenwege an und überzeugte sich, dass
das Mittel in leichten Fällen, welche unter Umständen auch ohne
Behandlung günstig verlaufen, jedenfalls nicht besser wirkte, als an-
dere Präparate, dass es dagegen ernstere Fälle längst nicht so kräf-
tig beeinflusste, wie die gebräuchlichen Aetzmittel und Antiseptika.
Bei akuten Eiterungen des Auges angewandt, verursachte cs aller-
dings anscheinend eine Verringerung der Sekretion; diese wurde
644 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshernmung etc.
jedoch, wie sich bald ergab, nur dadurch vorgetäuscht, dass der
Eiter etwas lestere und zähere Konsistenz annahm , während der
Verlauf der Krankheit weder eine Abkürzung noch überhaupt irgend-
welche Beeinträchtigung erfuhr.
Kubli’s Beobachtungen haben um so grösseren Werth, als sie
stets gleichzeitig durch andere Fälle, welche den zur Probe ausge-
wahlten möglichst ähnlich waren und theils gar nicht, theils mit an-
deren Mitteln behandelt wurden, zu kontrolliren waren. In mehreren
Fällen eitriger Bindehautentzündung beider Augen behandelte der
Verf. das eine Auge mit Pyoktanin, das andere mit Höllenstein. Die
Besserung trat in dem auf letztere Weise behandelten Auge so viel
schneller ein, dass die Patienten stets nach kurzer Zeit baten, die
Pyoktaninbehaudlung des anderen Auges gegen die Beizung mit
Höllenstein zu vertauschen. Kübler (Oldenburg).
iNordtmeyer, D., Ueber Wasserfiltration durch Filter
aus gebrannter Infusorienerde. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. X.
1891. p. 145.)
Das reine Blau des Grundwassers in den Kieselguhrgruben bei
Unterl üss in der Lüneburger Haide im Gegensatz zu dem gelben
Moor wasser der nächsten Nachbarschaft hatte N. schon vor längeren
Jahren auf die hervorragende Bedeutung der dort abgelagerten Dia-
tomeenreste für Zwecke der Filtration aufmerksam gemacht. Die
ausserordentlich geringe Grösse dieser Kieseipauzer selbst, sowie der
Umstand, dass keines dieser Skelette einen gleichraässig begrenzten
Körper bildet, sondern vielfach durchbrochen und zart gegliedert ist,
Hess es nicht zweifelhaft erscheinen, dass ein aus Kieselguhr herge-
stellter fester Körper ausserordentlich zahlreiche und feine Poren
enthalten muss. Es gelang jedoch bisher nicht, aus dem spröden
Material feste, zur Filtration geeignete Körper herzustellen. Nach-
dem dies neuerdings geglückt war, hat N. mit aus Kieselguhr her-
gestellten, einseitig geschlossenen Hohicylindern Filtrationsversuche
ausgeführt. Die günstigen Resultate bewogen Herrn W. Berke-
feld in Celle, den Besitzer der oben genannten Kieselguhrgruben,
Filterkörper aus besonders präpari rtem Kieselguhr zu brennen.
Die Cylinder werden in verschiedener Ausführung hergestellt,
erstens solche von dichtem, festem Gefüge mit einem spezifischeu
Gewicht von 0,9, dann mehr lockere mit einem spezifischen Gewicht
von 0,72. Das spezifische Gewicht der festen Masse mit Ausschluss
der Poren beträgt ungefähr 2,1, so dass für die lockeren Filter ein
Porenvolumen von 65,7 °/0 resultirt.
Der Dünnschliff zeigt, dass diese zahlreichen Poren meist ausser-
ordentlich fein, zum T heil aber auch von bedeutenderer Grösse sind,
so dass eine reichliche Durchlässigkeit erwartet werden kann. Die
Poren erscheinen immer umgrenzt von länglichen, stäbchenförmigen
Elementen, die sich vielfach durchkreuzen und eine Art von überaus
feinem Gewebe bilden, so dass andererseits auf eine Zurückhaltung
feinster Körper zu schliessen war.
Trotz des lockeren Gefüges ist der ganze Körper spröde, er
gibt beim Anklopfen einen hellen Klang und muss mit Vorsicht aus
Schulzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 645
der Hand gelegt werden. Die Leitungsfähigkeit für Wärme ist sehr
gering, weshalb es rathsam ist, die Filterkörper nicht plötzlich zu
erhitzen. Schon die Wärme des Dampfbades gefährdet denselben,
wenn er trocken eingesetzt wird. Am bequemsten lässt er sich ste-
rilisiren, indem man ihn mit kaltem Wasser ansetzt und s/4 Stunden
kochen lässt.
Bei Versuchen, welche N. mit derartigen Filtern ausführte,
werden folgende Vorzüge konstatirt:
1) geben sie für längere Zeit ein zuverlässig keimfreies Filtrat;
2) sind sie durch 3/4-stündiges Kochen in Wasser sicher zu
steril isiren ;
3) die im Filtrate auftretenden Keime rühren von durchwach-
senden Saprophyten her und lassen sich durch kräftiges Spülen auf
ein Minimum reduziren;
4) liefern sie eine Filtratmenge von durchschnittlich 2 Liter pro
Minute, eine quantitative Leistung, welche die der anderen keimfrei
filtrirenden Hausfilter bei weitem übertrifft;
5) sind sie durch mechanische Reinigung stets wieder auf die
durchschnittliche Leistung zu bringen, so dass sie selbst für sehr
trübes Wasser dauernd brauchbar sind.
Die Filter dürften somit den Anforderungen an ein Hausfilter
auf das Vollkommenste entsprechen, ausserdem aber auch in der
Industrie und bei wissenschaftlichen Arbeiten zweckentsprechende
Verwendung finden. Prausnitz (München).
Bitter, R., Die Filtration bakterien trüber und eiweiss-
haltiger Flüssigkeiten durchKieselguhrfilter. (Zeit-
schrift f. Hygiene. Bd. X. p. 163.)
B. untersuchte, ob sich die von Nordtmeyer angegebenen
Kieselguhrfilter (s. das vorhergehende Referat) auch zur Filtration
stark bakterientrüber und besonders eiweisshaltiger Flüssigkeiten
eignen. Er verwandte zu seinen Versuchen sehr trübe, faule Bouillon,
Blutserum und Milch, und fand, dass sich die Filter zu Laboratoriums-
zwecken ganz vorzüglich verwenden lassen. Filtration von Kulturen in
flüssigem Nährsubstrat behufs Isolirung von Stoffwechselprodukten der
Bakterien lässt sich mittelst derselben in kürzester Zeit ohne Mühe
in jeder Quantität bewirken. Von ganz besonderem Vortheil sind die
Kieselguhrfilter ferner für die Gewinnung steriler eiweisshaltiger Nähr-
substrate, welche sich bis dahin eigentlich nur auf dem umständlichen
Wege der häufig wiederholten Erhitzung auf eine Temperatur von
55 — 60° zuverlässig keimfrei gewinnen Hessen. Mit einer Kiesel-
guhrkerze grösserer Art lassen sich in einer Stunde mindestens 1000
ccm keimfreies Blutserum gewinnen. Prausnitz (München).
Mikrotherapie, die Behandlung der Erkrankungen
des Menschen mit Alkaloiden. Von einem älteren prakti-
schen Arzte. 8°. 40 p. Hamburg 1889.
Wie eine Offenbarung aus alter Zeit, als Stahl und Hof mann
noch als einzige Docenten an der Universität die ganze Heilkunde
und ihre Hülfswissenschaften vortrugen, gemahnt das vorliegende, aus
646
Neue Litteratur
einer Anzahl dunkler philosophischer Abstraktionen , kurz gefasster
Dogmen und einer Unzahl von Fragesätzen bestehende Schriftchen,
in dem ein alter Praktikus wie eine Art Vermächtniss alle seine
medizinischen Gedanken und Zweifel niedergelegt und die ganze all-
gemeine und spezielle Pathologie und Therapie in nuce abgehandelt
hat. Die „physiologische“, dann die „pathologische Basis“ der
„Mikrotherapie“, dann diese selbst, die mikro-therapeutischen Heil-
mittel, ihre Indikationen und Dosen, und schliesslich die Verhü-
tung der Krankheiten werden der Reihe nach besprochen. Auf
die Einzelheiten kann hier nicht eiugegangen werden. Verf., der
von den bösen Bakterien hat läuten hören , ohne recht zu wissen,
was es damit auf sich hat, glaubt dem Leser gelegentlich einige
boshafte Seitenblicke auf dieselben schuldig zu sein , ebenso auf
die „hygienischen Baumeister“, die „hygienischen Schulmeister“ und
die „hygienischen Cholerameister“ (sic!). Ref. glaubte das abstruse
Werkchen wenigstens erwähnen zu sollen zum Heil und Frommen
Derjenigen, die, durchdrungen von den Erfolgen der bakteriolo-
gischen Forschung, etwa wähnten, dass die Bedeutung derselben
bereits ins Volksbewusstsein eingedrungen wäre. Das ist nicht ein-
mal bei allen Aerzt.en der Fall. Fragte doch noch vor zwei Jahren
ein angesehener Berliner Arzt, den Ref. ganz im Vertrauen : „Sagen
Sie ehrlich, Herr Kollege, gibt es denn wirklich Bakterien?“
M. Kirchner (Hannover).
Neue Litteratur
znsaminen;esfellt von
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Wiek. L , I. Die Tuberculose in der Armee und Bevölkerung Oesterreich-Ungarns.
11. Die bisherigen Erfahrungen über das Kocb’scbe Heilverfahren gegen Tuberculose.
(Klin. Zeit- und Streitfragen. Bd. V. Heft 1/2.) gr. b°. 80 p. Wien (Braumiiller) 189t.
2 M.
Berichtigung.
In No. 15 p. 601 des laufenden Bandes ist Zeile 6 von unten zu lesen: vielfach
S- formen bildend anstatt vielfach Sporen bildend.
652
Inhalt.
Inhalt.
Originalmittheilungen.
Boyerinck, M. W. , Die Kapillarhebermi-
kroskopirtropfeuflasche. Mit 1 Abbildung
(Orig.). P 589.
X&rlinski, J., Eine Berichtigung. (Orig.),
p. 590.
Kühn, Julius, Neuere Versuche zur Be-
kämpfung der Rübennematoden. (Orig.)
(Schluss), p. 593.
Ogata, M , lieber die bakterienfeindliche
Substanz des Blutes. (Orig.), p 597,
Referate.
Baum garten, P. , Jahresbericht über die |
Fortschritte in der Rehre von den patho- j
gencn Mikroorganismen, umfassend Bak-
terien, Pilze und Protozoen. V., p. 605.
Bitot et Sabrazes, Etüde sur les cysti-
cerques en grappe de l’encdpbale et de
la moe'ie chez l’homme, p. 625.
Braunachweig, ?., Zur Kenntniss der in-
fantilen Xerosis conjunctivae, p. 616.
Fischei, Friedrich, Eine bakteriologisch-
experimentelle Studie über Influenza, J
p 611.
Frank, B., Ueber die Pilzsymbiose der Le-
guminosen, p. 629.
Frosch, Ein Beitrag zur Kenntniss der Ur-
sache der amerikanischen Schweineseuche j
und ihrer Beziehung zu den bakteriolo-
gisch verwandten Prozessen, p. 623
Göre, Coutributiou ä l’etude des eaux d’Al-
ger, p. 609.
Henneguy, F., Formation des spores de la i
Gregarice du Lombric, p. 627.
Jörgensen, Alfred, Zur Analyse der ober-
gährigen Hefe in Brauereien und Bren-
nereien nach Hansen’s Methode, p. 602.
Raupe, Untersuchungen über die Lebens-
dauer der Cholerabacillen im mensch-
lichen Koth, p. 609.
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über Influenza, p. 615.
Kollinger , A, , Dermatitis gangraenosa,
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Leo, Haas, Diagnostik der Krankheiten der
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Lortet et Despeignes , Recbercbes sur les
microbes pathogenes des eaux potables
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Podbielskij, A,, Untersuchung der Mikroben
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Smith, Theobald. Observations on tbe va-
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Tomkina, H., Report of the inquiry into
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Voeltzkow, A., Entovalva mirabilis, eine
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einer Holotburie, p 628.
Winogradsky, Recherches sur les organis-
mes de la nitritication, p. 603.
Untersuchunggmethod6n, Instrumente etc.
Lehmann, K B., Die Methoden der prak-
tischen Hygiene, p 633.
Meyer, B , Der Nachweis der Tuberkel-
baciileu in den Se- und Exkreteu Tuber-
culoser mit besonderer Berücksichtigung
der Untersuchung bei der Koch’schen
Behandlungsmethode, p 635.
Schutzimpfung, künstliche Infektions-
krankheiten, Entwicklungshemmung
und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
Behring, Ueber Desinfektion, Desinfektions-
mittel und Desinfektionsmethoden, p. 636.
Bitter, R. , Die Filtration bakterientrüber
und eiweisshaltiger Flüssigkeiten durch
Kieselguhrfilter, p. 645.
Fischer, Ueber Variola und Vaccine und
Züchtung der Variola-Vaccine- Lymphe,
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Kubli , Anilinfarbstoffe bei Augenkrank-
lieiteu, p 643.
Mikrotherapie, die Behandlung der Erkran-
kungen des Menschen mit Alkaloiden,
p. 645.
Mosier, F., Die Behandlung der Empyeme,
p. 642.
Neisser, A. , Ueber die Mängel der zur
Zeit üblichen Prostituirtenuntersuchung,
p. 640.
Nordtmeyer, H. , Ueber Wasserfiltration
durch Filter aus gebrannter Infusorien-
erde, p 644.
Reitmann und Schönauer, Zur lchthyolbe-
bandlung von Frauenkrankheiten, p. 643.
Sansoni, L., Beobachtungen und Erfahrun-
gen über die pharmakologischen und the-
rapeutischen Wirkungen der Euphorine,
p. 642.
Seydel, Ueber Wundsterilisirung, p. 638.
Tenscher, Beiträge zur Desinfektion mit
Wasserdampf, p 639.
Unna, J. G., Ueber Ichthyolfirnisse, p. 643.
Neue Litteratur, p. 646.
Frommaimsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena.
pp
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gel. M. Prot Dr. Leute! um Messer Dr. Loeffler
in Leipzig ln (ireibwtld
herauegegeben von
Dr. O. U&lworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IS. Band. Jena, den 23. Mai 1891. ^>- No. 30.
Frei« für den Band (26 Kammern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
Za beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstallen.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten -
künde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abd't'ücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger , Herrn Gustav Fischei' in Jena, gelangen
zu lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original -Mittheilungen.
üeber einen bittere Milch erzeugenden Miorococcus.
Von
EL W. Coiin.
Wesley&n üniversity, MiddJetowD, Cfc, U. S. A.
In der Molkerei-Zeitung. 1890. No. 30 hat Krüger die Bildung
von bitterer Milch durch die Einwirkung von Proteus vulgaris
beschrieben und den bitteren Geschmack der Erzeugung von Butter-
säure beigelegt. In No. 45 der Milchzeitung. 1890 hat Weig-
mann- Kiel einen anderen Bacillus beschrieben, welcher bittere
Milch bildet, ohne Buttersäure hervorzubringen. Ein Mikroorganismus
neuer Art, welcher zur Entstehung von bitterer Milch beiträgt, wurde
kürzlich in meinem Laboratorium gefunden.
Im Monat November ist mir eine Probe von bitterem Rahm zu-
gekommen, aus welcher neun Bakterienarten isolirt wurden. Eine
rx. Bd. 42
C o n d , üeber einen bittere Milt'li erzeugenden Micrococeus.
6 54
davon war die Ursache des bitteren Geschmackes. Seine Kenn-
zeichen sind die folgenden:
Es ist ein Mierococcus von ziemlicher Grösse und, obschon
er manchmal Diplokokken bildet, so hat er in Gelatine dennoch keine
Neigung zur Kettenbildung. In Agar-Agarkulturen ist eine bemerk-
bare Neigung zu Ketten aus vier oder mehr Zellen. Er zeigt keiue
Bewegung, ist ein aerobisober Organismus, wächst langsam unter
einem Glimmerplättchen und erzeugt da Gasblasen. Solche Blasen
werden nicht sichtbar, wo das Glimmerplättchen die Gelatine nicht
zudeckt, und dieselbe wird schnei! flüssig. Auf der Gelatiueplatte
bildet er kleine, runde Kolonieen , welche sich mit anfangendem
Flüssigwerden sehneli in dünner, granulirter Masse über die Ober-
fläche ausbreiten. In der Gelatinestichkultur bildet sich zuerst eine
sehr seichte Vertiefung, die schnell die ganze Gelatine einschliesst.
Die Gelatine wird schnell verflüssigt und die entstehende Flüssigkeit
ist ausserordentlich schleimig. Auf Agar-Agar zeigt sich ein glänzend
weisses, gleicbmässiges Wachsthum. Auf Kartoffeln bildet sich eine
Masse von mehr oder weniger abgesonderten, weiss glänzenden Massen.
In Eleichpeptonbouillon zeigt er ein üppiges Wachsthum und bildet auf
der Oberfläche eine dünne Haut; die Bouillon wird sehr schleimig.
In sterilisirter Milch ist das Wachsthum schnell und die Milch wird
sehr bitter. Bei einer Temperatur von 35 0 C gerinnt sie in einem
Tage und wird etwas sauer. Das Coagulum, welches sich bildet, ist
weich und fängt bald an, sich unter dem weiteren Einflüsse des M i -
crococcus aufzulösen. Die auf diese Art zu Stande gekommene
Auflösung ist aber nie ganz vollständig. Die Flüssigkeit ist schleimig.
Dass diese Coagulation durch ein lösliches Enzym verursacht
wird, zeigt folgender Versuch: Eine Kuitur wurde in Bouillon ge-
macht und zwei fi’age dem Wachsthum überlassen. Darauf wurden
2 ccm dieser Kultur einer sterilisirten Milchprobe beigesetzt, welche
vorher genügend Chloroform erhalten hatte, um das Wacbsthum von
Bakterien zu verhindern. Die Milch gerann, als sie erwärmt wurde,
in weniger als eiuer Stunde. Es ist mir leider nicht gelungen, das
Enzym zu isoliren.
Die merkwürdigste Eigenthümlichkeit dieses Organismus ist sein
Verschleimungseinfluss auf Gelatine und Bouillon. Solche Kulturen
werden nach einem Wachsthum von einigen Tagen beinahe unglaub-
lich schleimig. Die Zähigkeit des Schleimes ist so gross, dass die
Masse in 3 m lange Fäden ausgezogen werden kann , kaum stärker
als Seide und beinahe unsichtbar. Sonderbarerweise gehört dieser
Organismus nicht derjenigen Klasse an, welche schleimige Milch er-
zeugt. Nachdem die Milch geronnen, zersetzt sie sich und die Flüssig-
keit wird schleimig, aber die Milch ist durchaus nicht schleimig, ehe
sie gerinnt.
Dieser Organismus wurde ursprünglich in dem Rahmen einer
Meierei gefunden, und nachstehender Versuch wurde an gestellt, um
die Einwirkung auf Butter, welche saurer Rahm mit dem Organis-
mus lier Vorbringen würde, zu bestimmen. Eine Quantität Rahm wurde
in zwei Theile getheilt. Einer davon wurde eine halbe Stunde Jang
auf 70° C erhitzt und dann abgekühlt. Nach dem Erkalten wurde
r. Lagerheitn, Zar Keantn d. Moschuspiizes, Fusarium aquaeductuum et6. 655
er mit eiuer Kultur des bitteren Organismus geimpft. Die andere
Hälfte wurde zur Kontrolle übrig gelassen. Beide Theile wurden
dann bei warmer Temperatur der Säuerung überlassen und nachher
gebuttert. Die Butter aus der Kontrolle war eine hübsche Qualität
von Winterbutter. Die aus dem Proberahm erhaltene stand der anderen
bedeutend nach. Sie hatte einen hervorragenden ranzigen Geruch und
Geschmack und ein sehr schlechtes Aroma. Beim Kosten wurde ein
starkes, breunendes Gefühl auf der Zunge hervorgerufen, welches wohl
eine halbe Stunde lang verspürt wurde. Kurz, die Butter war nicht
zu gebrauchen, was auch die Erfahrung lehrte, denn mit der Kon-
trollebutter verglichen, eignete sie sich schlecht zur Aufbewahrung.
Dieser Organismus, ungleich dem von W ei g mann studirten,
erzeugt Buttersäure. Eine Kultur wurde in Milch gemacht und auf
einige Tage im warmen Brütofen ihrem Wachs thume überlassen.
Die Kultur wurde dann filtrirt und das Filtrat mit etwas Phosphor-
säure destillirt. Das Destillat war schwachsauer und hatte einen
bemerkbaren Geruch. Es wurde dann mit Natronlauge neutraiisirt
und zur Trockene verdampft. Weitere Behandlung mit Schwefelsäure
und Alkohol gaben einen hervorragenden Bananasfeigengeruch, wobei
die Anwesenheit von Buttersäure angezeigt wiid.
Man sieht hieraus, dass dieser Organismus der Milch einen bitteren
Geschmack verleiht, Anlass zur Entstehung von Butt.ersäure gibt,
ein lösliches Ferment erzeugt, weiches den Käsestoff der Milch nieder-
schlägt, das geronnene Kasein unter Bildung von äusserst zähem
Schleime digerirt und eine Reihe von Zersetzungsprodukten bildet,
welche unvermeidlich von schädlichem Einfluss auf Butter sein müssen,
wenn der Organismus in dem sauren Rahm vorkommt.
Middletown, Ct., 23. März 91.
Zur Kenntniss des Moschuspilzes* Fusarium aquae-
ductuum Lagerheim (Selenosporium aquaeduc-
tuum Rabenhorst et Radlkofer, Fusisporium mo-
sch a tum Kitasato).
Von
Prof. ö. von Lagcrheiin
in
Quito.
Mit 6 Figuren.
In dieser Zeitschrift Band Y. No. 11, pag. 365. 8 März 1889
hat der bekannte japanische Bakteriologe Kitasato1) einige Mit-
theilungen über einen eigen thümlichen, von ihm Fusisporium rao-
sch atu m genannten Pilz, welcher einen sehr deutlichen Moschi^s-
1) S. Kits, satt), lieber den Moccbuspiiz. Mit » Figuren.
42 *
656
fon Lagerha im
geruch verbreitet, gemacht. Einige Monate spater '19 Tuli) ver-
öffentlichte Heller *) 1 c. weitere Beobachtungen über denselben
Organismus, welche jene von Kitasato vervollständigten. Dieser
Pilz ist mir schon seit 1885 wohl bekannt, und machte ich damals
über denselben einige Studien, die ich hier kurz zu referiren mir
erlaube.
Zuerst bemerke ich, dass der von Kitasato gegebene und von
Heiler acceptirte Name Fusisporium moschatum zu ver-
werfen ist. Der Pilz ist nämlich mit Selenosporium aquae-
ductuum Rabenhorst et Radlkofer der näher von Eyfert
studirt worden ist8), identisch. Dass Kitasato dies übersehen
hat, ist um so mehr verzeihlich, als selbst Saccardo diesen Pilz
nicht kennt; er fehlt nämlich im Sylloge Fungor um omuium hucusque
cognitorum. Vol. IV. Hyphomycetes (Padova 1886) vom genannten
Autor. Saccardo hat (1. c. p. 694) die Gattungen Seleno-
sporium und Fusisporium mit Fusarium vereinigt; demnach
ist der Pilz Fusarium aquaeductuum zu benennen.
Eyfert beobachtete den Pilz in Braunschweig, wo er an den
Mühlrädern und in den Turbinen in so grosser Menge vorkommt,
„dass er den Gang der Räder erschwert und die Leitschaufeln der
Turbinen verstopft“. Er hat auch den eigenthümlichen Geruch des-
selben beobachtet und sagt 1. c. pag. 692 „Er entwickelt dann einen
sehr intensiven aromatischen Geruch, der aus den Turbinen so
stark in die Mühlen eindringt, dass die Müller Kopfschmerzen da-
von bekommen.“ Anhangsweise will ich erwähnen, dass noch ein
Fusarium als riechend angegeben wird, nämlich Fusarium
fragrans Crouan, das auf Salix- Aestcheu in Frankreich vorkommt
(„effusum, plumbeum, 1—2 cm latum, suaveoiens“ Sacc. SylL Hyphom.
pag. 710).
Nach diesen Vorbemerkungen gehe ich zu meinen eigenen Be-
obachtungen über Der Pilz wurde in folgender Weise angetroffen:
Als ich im Herbst 1885 im Laboratorium des leider viel zu früh ge-
storbenen Dr. S. Bayer die Nutzwässer Upsalas durch das Platten-
verfahren untersuchte, zeigte sich auf drei Platten, welche Wasser-
leitungswasser vom zootomischen Institut cuinielten, ein Pilz, der einen
auffallenden Moschusgeruch verbreitete. Ich nahm denselben sofort in
Reinkultur auf und kultivirte ihn in den gewöhnlichen Nährmedien
(Fleischbrühe, Gelatine, Agar-Agar, Kartoffel), in welchen er sehr gut
gedieh.
Zunächst einige Worte über die geographische Verbreitung
des betreffenden Pilzes. Besonders reich war er im zootomischen
Institut zu Upsala entwickelt, ln dem Zinkrobr, durch welches das
Wasserleitungs wasser, das zuerst ein Spülbecken von Zink zu passiren
hat, fliesst. bildete der Pilz grosse, grauweisse Schleimmassen, welche
an der Oeffnung des Rohres als lange Fetzen herunterhingen. An
der Wand, nahe der Oeffnung des Zinkrohrs, wo es ziemlich feucht
war, zeigte sichrer Pilz als bleichrothe Kissen. Etwas weiter oben
1) Julius Seiler, Zur Kenatabs d«3 Moschuspilüss. Mit 3 Figuren.
2j 3. Eyfart, Zur Enrivickelm gsgeeehichte des Selenosporium aquaeductuum Kb-
und Edlkfr. (Bot&n Zeit 1882. p*g. 6*11. tab. VIII A.i
Zar Kenntniss des Moschuspilzes, Fusarium aquaeductuum etc.
657
an der Wand, wo die Feuchtigkeit nicht so gross war, waren die
Pilzkissen nicht so deutlich und hatten eine bräunliche Farbe. An
den fast trockenen Theilen der Wand bildete der Pilz einen leder-
artigen , schwarzbraunen Ueberzug. Diesen makroskopischen Ver-
schiedenheiten entsprechen auch mikroskopische. Von Herrn Dr. C.
M örner erhielt ich den Pilz vom pathologischen Institut zu Upsala.
Auch hier kam er im Wasserleitungsrohr vor und war hier ziemlich
lästig, weil jedes Trinkglas, das in der Nähe der Wasserleitung sich
befand, von dem Pilz befallen wurde. Schliesslich beobachtete ich
den Pilz in Würzburg, wo ich mich kurze Zeit im Frühjahr 1887
aufhielt. In einem der grösseren Cafös (des Namens desselben kann
ich mich nicht mehr erinnern) stand im Saale eine Fontaine mit
Trink wasser. Das Wasser tröpfelte auf ein Drahtgitter, und auf diesem
Gitter bildete der Pilz kleine bleiche Schieimmassen. Wahrscheinlich
ist der Pilz überhaupt nicht selten, wenn man ihn nur an geeigneten
Lokalitäten sucht.
Ueber das Aussehen und den Gang der Kulturen brauche ich
kein Wort zu verlieren, da meine diesbezüglichen Beobachtungen mit
jenen von Kitasato und Heller übereinstimmen. Ich will nur
bemerken, dass ich, als ich mich einen ganzen Vormittag mit dem
Studium meiner zahlreichen Fusarium -Kulturen beschäftigt hatte,
von Unwohlsein (Erbrechen) befallen wurde; wahrscheinlich war
der starke Moschusgeruch Schuld daran. Im Gegensatz zu den An-
gaben Kitas ato’s und in Uebereinstimmung mit jenen von Hel-
ler gelang es mir nicht, den Riechstoff mit Alkohol zu extrahiren.
In einem sehr feuchten Nährboden kultivirt, bildet der Pilz
zahlreiche Sporen. Dieselben sind, wie bekannt, gewöhnlich sichel-
förmig mit zugespitzten Enden. (Fig. 1.)
Zuweilen sind sie mehr wurstformig oder keulenförmig. Ihre
Grösse und die Anzahl der Septa ist sehr wechselnd. Ihre Mem-
bran ist sehr zart, farblos und glatt. Die Sporen keimen sehr leicht,
auch im destillirten Wasser. Id Fig. 2 habe ich einige keimende
Sporen abgebildet; dieselben wurden am 10. Nov. 1885 in Wasser
ausgesäet und i 4 Stunden nachher abgezeichnet.
Aus diesen Abbildungen ist ersichtlich, dass die Sporen fast
immer an den Enden auskeimen, entweder zuerst an einem Ende
Fig. 2.
(358 v- La* eilieis»! Zjr Kcnntn d. Moschuspilzes, Fusarium aiiuaeductuum ote.
oder, seltener. gleichzeitig an beiden Enden. Später treibt die
Spore auch au anderen Stellen aus.
Wenn viele Sporen nahe beisammen keimen, kommt es sehr oft
vor, dass die Keimschläuche mit einander verwachsen. Fig. 3 stellt
einen Fall von Verwachsung von 4 Sporen dar. Aehulicbe Anasto-
moseu beobachtet man auch ziemlich oft am kräftig wachsenden
Mycel.
Wenn den Sporen nur destillirtes WTasser als Nahrung zur Ver~
fügung steht, so wird bei der Keimung oft nur ein sehr kleines
Mycel gebildet, welches Sekundärsporen abschnürt (Fig. 4). Diese
sekundären Sporen entstehen oft unmittelbar am Ende der keimenden
primären Spore (Fig. 4, 6, c).
Findet aber die Spore genügende Nahrung, so wächst sie bald
zu einem grossen Mycel an. Die Sporen entstehen entweder termi-
nal oder lateral. Heller hat nur das Entstehen von lateralen
Sporen beobachtet; er sagt sogar (1. c. p. 100): „Nur in der Kon-
tinuität, nie jedoch am Ende, d. h. an der Spitze eines Myceliums,
werden die Sporen abgeschnürt.“ Die terminale Bildung von Sporen
ist aus Fig. 4a und 5 ersichtlich; an dem in Fig. 5 abgebildeten
Mycelfaüen ist die terminal gebildete Spore schon abgefallen. Die
lateralen Sporen entstehen unmittelbar unterhalb einer Querwand
des Myceliums. Dieselben werden an sehr kurzen Seitenzweigen ge-
bildet, welche nach dem Abfallen der Sporen als kleine seitliche
Ausstülpungen erkenntlich sind (Fig. 5).
Fig. 5.
Fig. 4.
Luetf, Die chemischen Verhältnisse des Bakterieniebeus.
659
Mit dem Eintrocknen des Nährbodens verändert der Pilz sein
Aussehen Die rothe Farbe geht in eine bräunliche über. Unter-
sucht man eine solche Kultur mit dem Mikroskop, so sieht man,
dass das Mycelium kpiDe Sporen mehr
abschnürt und dass dasselbe eine
mehr oder weniger torulöse Form
angenommen hat (Fig. 6). Die Fäden
sind dicker geworden, an den Quer-
wänden deutlich eingeschoürt und
mit kurzen Zweigen versehen. Die
Zellen dieses metamorphosirten My~
celiums haben ihre Membran verdickt
und in ihrem Inhalt sind zahlreiche
Oeltröpfchen entstanden. Diese Zei-
len fallen leicht aus einander und
funktioniren als eine Art von Gem-
men. Sie sind schon von Kitasato Fig 6
(1. c. p. 363. Fig. 4, 5) beobachtet
und grob abgebildet; er vergleicht sie mit „echten Arthrosporen'*.
In geeignete Nährlösung gebracht, keimen sie leicht zu neuen My«
ceiien aus
Fusarium aquaeductuam dürfte zum Entwickelungskreis
eines Ascomyceten gehören (H y p o m y c e s '?) gehören. Hierauf deutet
der Umstand, dass ich in der Pilzmasse an den fast trockenen
Stellen der Wand im zootomischen Institut zu Upsala zahlreiche An-
fänge von Perithecien antraf. Die Hyphen verptiechten sich zu
einem Knäuel und werden mehr oder weniger bräunlich. Weiter
konnte ich die Perithecienbildung nicht verfolgen.
Quito, im März 1891.
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens*
Von
Dr. 0. Locw,
Privatdozenten *n der Universität München.
L
Unter allen Organismen sind bekanntlich die Bakterien durch
besondere Intensität chemischer Aktivität ausgezeichnet. Reduk-
tionen uud Oxydationen, Zersetzungen und Synthesen werden in
staunenswerthem Umfange ausgeführt. Zahlreiche organische Mate-
rien werden unter Atomverschiebungen mit Leichtigkeit gespalten
und zu Komplexen von festerem chemischen Gefüge umgeäudert.
Und inmitten dieses Veruichtungskampfes gegen leicht zersetzbare
Moleküle bauen diese Organismeu den denkbar labilsten organischen
Körper, das aktive Eiweiss auf und fabriziren sich daraus ihr lebendeä
Protoplasma mit einer ebenso staunenswerthen Schnelligkeit! Wo
— möchte man fragen — hört denn hier die Zerspaltung auf und
660
Loe w ,
fäugt die synthetische Arbeit, der Aufbau der lebendigen Materie an?
Wo ist „der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht"?
Um hierüber einigermaassen klare Vorstellungen zu gewinnen,
müssen wir die chemische Natur der ernährungsfähigen Stofie in
Betracht ziehen, wir müssen nach den Ursachen forschen, welche
die darin versteckten potentiellen Kräfte in aktuelle verwandeln und
uns völlig darüber klar werden, dass der Eiweissstoff des
lebenden Protoplasmas weit verschieden von dem
des abgestorbenen ist. Diejenigen, welche sich dieser Einsicht
verschliessen, werden die Aktivität der Zellen nie begreifen können.
Dass man aber in manchen wissenschaftlichen Kreisen noch wenig
über diese Verhältnisse nachgedacht hat, geht aus einem in der Bo-
tanischen Zeitung von 1883 von einem angesehenen Botaniker publi-
zirten Artikel hervor. Dort heisst es: „Ebenso liegt der Annahme
von N e n c k i und Sieber, dass eine Aktivirung des Sauerstoffs
durch oxydables Eiweiss hervorgerufen werde , eine ganz willkür-
liche Annahme zu Grunde, wonach Eiweiss in der lebenden
Zelle andere Eigenschaften besitzen müsste, als Ei-
weiss ausserhalb der Zelle. Eine derartige Annahme scheiut
mir nach unseren bisherigen Kenntnissen für das Eiweiss ebenso un-
statthaft zu sein, wie für irgend eine andere Substanz der Zellen;
wird doch kein Physiologe daran denken, dem im lebenden Proto-
plasma enthaltenen Wasser andere chemische Eigenschaften bei-
zulegen, als dem gewöhnlichen Wasser.“
Diesem Einwand möchte ich mit einer Bitte an den Autor be-
gegnen, nämlich zunächst sich mit dem Begriff der Isotnerie be-
kannt zu machen und sich dann die Fragen zu beantworten : 1) Bei
welchen Körpern ist Isomerie möglich und bei welchen nicht?
2) Wovon hängt die Zahl der Isomerieen eines Körpers ab? 3) Was
ist eine labile organische Verbindung? 4) Wodurch können Atom-
umlagerungen in einer solchen herbeigeführt werden? Ist man mit
der Antwort hierauf vertraut, so wird man nicht mehr jenen
Vergleich des Eiweissstotfes mit dem Wasser machen! Der Be-
wegungszustand im aktiven Eiweiss, welcher einerseits die Ur-
sache der Athmungsthätigkeit ist, andererseits aber durch die bei
der Athmung freiwerdenden Kräfte so beschleunigt wird, dass jetzt
mancherlei physiologische Funktionen ausgeführt werden können —
dieser Bewegungszustand l) wird durch den jeweiligen Bau des
Protoplasmas wie die Kraft in einer Maschine verwerthet und diese
Maschinerie ist bei den Spaltpilzen nach einer gewissen Richtung
hin so vervollkommnet, dass die Kraft zu den so intensiven che-
mischen Leistungen verwendbar wird, die wir mit dem Namen
Gährungen belegen. Dass diese Kräfte einen leicht zersetzbaren
Körper ieiebter bewältigen, als einen schwer zersetzbaren, und jenem
besser die brauchbaren Atomgruppen für die Ernährungsvorgänge
entziehen können, dass also die chemische Konstitution etwas
mit der Ernährungsfähigkeit einer Substanz zu thun hat, ist
1) Siehe hierüber O. Loew, Chemische Bewegung (Biolog. Centralblatt. IX
K«. 16) und Loew und Bokorny, Versuche über aktives Eiweiss. (Ibid. Xi. No. 1.)
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
661
eigentlich selbstverständlich; aber auch diese Folgerung stösst noch
auf Widerspruch, wie folgendes Citat aus einem heute weitverbrei-
teten und hochangesehenen botanischen Werke zeigt: „Die chemische
Struktur eines Körpers kann schon deshalb nicht über dessen Nähr-
werth entscheiden, weil giftige oder antiseptische Eigenschaften die
Entwickelung hemmen können und deshalb Benzoesäure bei gewisser
Konzentration keine Pilzentwickelung aufkommen lässt, während die
nahe verwandte Chinasäure nach Nägeli’s Erfahrungen ein vor-
treffliches Nährmaterial ist.“
Der Autor ist also der Meinung, dass auch die Giftwirkung
nichts mit der chemischen Konstitution zu thun habe — was
eben wieder irrthümlich ist Benzoesäure und Chinasäure stehen
ferner einander keineswegs so nahe, als der Autor augenscheinlich
vermuthet. Zwar kann Chinasäure durch Reduktion in Benzoesäure
verwandelt werden, allein es findet dabei eine sehr bedeutende Ver-
änderung in der chemischen Konstitution statt; die Chinasäure be-
sitzt vier alkoholische Hydroxylgruppen im Molekül, die Benzoesäure
keine einzige, jene hat keine doppelte Bindung, diese ihrer dreil
Zwar sind auch die physikalischen Eigenschaften beider Säuren weit
von einander verschieden; das ist doch erst in zweiter Linie zu be-
rücksichtigen 1 2 *).
Betrachten wir die rationellen Formeln beider Säuren:
HaC
HOHCl
CH-COOH
/^CHOH
CHOH
HC,
HC
C-
— COOH
CH
-\^CH
CH OH CH
Chinasäure Benzoesäure
so wird der grosse Nähr werth der Chinasäure gegenüber dem der
Benzoesäure8) sofort begreiflich; denn sie enthält viermal die für die
H
Eiweissbildung so günstige Gruppe C
/
\
OH.
Giftwirkung ist ebenso wie Nährwerth ein relativer Begriff. Ein
indifferenter Körper kann durch Eintritt einer Atompruppe ein Nähr-
stoff, durch Eintritt einer weiteren Atomgruppe ein Gift werden.
Während eine gewisse Labilität, d. h. gewisser Grad der Leichtzer*
setzlichkeit die Ernährungsfähigkeit einer Substanz bedingt, kann eine
geringe Steigerung dieser Labilität einen Giftcharakter herbeiführen,
besonders wenn die locker gestellten Atome in jene Atomgruppirungen
eingreifen können, von denen die Lebensbewegung im Protoplasma
ausgeht. Methan ist für Bakterien indifferent, Methylalkohol ein
1) Nägeli hat ja bereits bervorgehoben, dass auch der Grad der Diosmirfähigkeit
und der Löslichkeit einer Substanz in Betracht kommt. (Ber. d. kgl. bayr. Akad d.
Wiss. 1879. S. 296.)
2) Bei bedeutender Verdünnung kann, wie Nägeli fand (1. c.), Benzoesäure
auch als Nährstoff Verwendung finden, wenn auch als ein sehr schlechter.
662
Loew, Das chemische Verhältnis* des BakterieDlebeus,
Nährstoff, Formaldehyd ein Gift und dessen Verbindung mit saurem
sehwefligsaurem Natron wieder ein Nährstoff1).
OH OH
CH4 CH 3— OH
Methan Methylalkokol
/
CH 2
\
OH
Formaldehyd
(Hydrat)
/
CH2
\
SO s Na
Formaldehyd — schwef-
ligsaures Natron.
Tritt in einem Molekül Ammoniak an Stelle eines Wasserstoff-
atoms ein Hydroxyl ein, so entsteht dadurch ein heftiges Gift 2).
Dass auch die Menge der produzirten Pilzsubstanz mit der
chemischen Konstitution der Nährstoffe zusammenhängt, lässt sich
bei Vergleich der Schim meiern ten in verschiedenen Nährlösungen
beobachten. So liefern z. B. Gerbstoff oder Weinsäure nur 10 — 12%
ihres Gewichtes an Schimmelernte, Essigsäure oder Bernsteinsäure
aber 14 — 20 °/0, wenn der Stickstoff in Form von Ammoniaksalzen
gegeben wird 3). Je mehr Sauerstotfatorae in einem Molekül eines
Nährstoffs vorhanden sind, desto geringer wird zwar ceteris paribus
die Pilzernte seiu, aber davon hängt das Resultat nicht allein ab,
sonderu auch von der Form, in welcher der Sauerstoff vorhanden
ist. Es macht einen himmelweiten Unterschied, ob der Sauerstoff
0 H
z. B. als Carboxylgruppe CC oder zweimal als Gruppe C^
OH OH
in einer Verbindung erhalten ist; in ersterer Form kann er sich bei
der Eiweisssyuthese in der Regel wohl gar nicht betheiligen, die Spalt-
pilze trennen die Gruppe in Form von Kohlensäure ab. Das Aldol
hat dieselbe empirische Formel wie die Buttersäure C4H8Os; aber
es lässt sich sicher Voraussagen, das3 erstere Substanz ein weit gün-
stigeres Substrat für die Pilzentwickelung liefern wird, als letztere,,
weil die beiden Sauerstoffätome eine labilere Stellung einnehmen :
O 0
ch8— choh-ch2-c<^ ; ch8— ch2— ch8-c<^
H OH
, — wniifc, . I.r— irmiiBM ■ ■ — — ..i
Aldol Buttersäure.
Wer die Sprache der chemischen Formeln versteht, wird sofort
erkennen, dass das Aldol sowohl leichter spaltbar als leichter oxydirbar,
als die Buttersäure ist, und es passt auch auf dieses Beispiel, wenn
Nägeli (1. c. S. 285) im Allgemeinen folgert: „Die lebende Zelle
wird uuter übrigens gleichen Umständen diejenigen Substanzen am
leichtesten zur Ernährung benützen, für deren Assimilation sie die
geringste Kraft aufv/enden muss, also diejenigen Substanzen, die von
1) Vergl. Loew, Botan. Cenlralbl. 1890. Nov.
2) Vergl. auch Loew, Biol. Centralbl. X. S. 579.
3) Vergl Nägeli, Ber. der kgl. bayer. Akad. d. Wiss. 1879. S 310.
Gährung.
663
verschiedenen chemischen Mitteln am ehesten angegriffen und umge-
setzt werden/*
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass nicht immer diejenige
Substanz, welche die Pilzentwickelung am besten fördert, auch den
höchsten Prozentsatz an produzirter Pilzsubstanz liefert. Es ist der
Fall recht gut denkbar, dass eine Substanz, welche schwerer angreif-
bar ist, als eine andere und schwerer assimilirbar ist, doch schliess-
lich relativ mehr Pilzmasse produzirt, wenn auch das Wachsthum
weit langsamer vor sich geht.
(Fortsetzung folgt.)
Referate.
Hansen, Emil Chr., Recherches sur la Physiologie et la
morphologie des ferments alcooliques. VIII. Sur la
germination des spores chez les Saccharomyces.
Mit 9 Abbildungen im Texte. (Comptes rendus des travaux du
laborat. de Carlsberg. Vol. III. Livr. 1. Kopenhagen (Hagerup’s
Buchhandlung) 1891.
In der Einleitung ist eine Oebersicht gegeben über die wichtigste
Litteratur betreffend die Sporen bei den Saccharomyceten : Schwann
1839, J. de Seynes 1868, Reess 1870, Emil Chr. Hansen
1888-— 1890. — Üeber das Keimen der Sporen berichtet R e ess, dass
es durch eine Knospenbildung geschieht, wie bei den vegetativen
Zellen. Bisher wurde nur diese Keimungsforra beobachtet.
Der Ref. stellte seine Untersuchungen vornehmlich mit den drei
Arten: Saccharomyces cerevisiae I, j£acch. Ludwig ii
und S a c c h. a n o m a 1 u s an ; die letzte von diesen wird hier zum ersten
Male beschrieben. Im Gegensätze zu seinen Vorgängern verfolgte
er alle Keimungsstadien bei ein und derselben Spore, indem er die
Untersuchung mittels einer feuchten Kammer auf dem Mikroskoptische
vornahm.
Bei Sacch. cerevisiae I wird eine ausführliche Beschreibung
von den vom Ref. bereits im Botanischen Ceutralblatt 1885 erwähnten
sogenannten Scheidewandbildurigen gegeben. Während der ersten
Stadien des Keimens können die Sporen dergestalt anschwellen, dass
sie einen Druck auf einander ausüben. Hierdurch w ird eine grössere
oder kleinere Menge Plasma wie Keile oder Platten zwischen den
Sporen zusammengepresst, oder aber die Sporen selbst treten in
innige Berührung mit einander. Es kann dieses so weit gehen, dass
zwischen den in einer Mutterzelle eingeschlossenen Sporen eine voll-
ständige Zusammenwachsung stattfindet, wodurch sie zu einem einzigen,
mehrräumigen Sporenkörper werden. Von eiuem jeglichen Punkte
der Oberfläche der Sporen können Knospen sich entwickeln, zuweilen
während die Sporen noch von, der Wand der Mutterzelle einge-
schlossen sind. In einigen Fällen wurde das interessante Verhältnis
wahrgeuommen, dass die Wandbildung zwischen zwei eng mit einander
664
'Uährang. — Phycomyces nitens.
verbundenen Sporen aufgelöst wurde, so dass der Inhalt dadurch
vermischt wurde; die eine Spore scheint unter diesen Umständen
als Parasit der anderen gegenüber aufzutreten.
Die Keimung der Sporen bei Sacch. Ludwigii ist in hohem
Grade merkwürdig; diese Art zeichnet sich nämlich vor allen anderen
Saccharomyceten dadurch aus, dass die Hefezellen sich nicht direkt von
den Sporen selbst, sondern von einem Promycelium entwickeln, dann
auch dadurch, dass die Neubildungen der jungen keimenden Sporen
zusammenschmelzen, derart, dass sehr eigenthümliche Fusionsbildungen
zum Vorschein kommen, von diesen entwickeln sich dann Hefezellen.
Wenn alte Sporen keimen, so erfolgen gewöhnlich keine Fusionsbil-
dungen, sondern es entwickelt sich ein Mycelium mit deutlich hervor-
tretenden geraden Querwänden.
Bei dem Sacch. anomalus zeichnen die Sporen sich durch ihre
Form aus und sind in dieser Beziehung von jenen aller auderen
Saccharomyceten verschieden ; sie gleichen den Sporen beiEndomyces
decipiens, sind aber kleiner als diese und entwickeln während des
Keimens keine Keimschläuche, sondern Knospen, wie bei Sacch.
cerevisiae I.
Sacch. Ludwigii und Sacch. anomalus lassen sich in den
von Reess in 1870 aufgestellten Rahmen für das Genus Sacchar-
omyces nicht vollständig einfügen. Auf dem gegenwärtigen Standpunkte
der Forschung wird es jedoch kaum richtig sein, neue Geschlechtsnameu
einzuführen. Die beiden genannten Arten werden deshalb vom Ref.
vorläufig als Vertreter besonderer Gruppen von Saccharomyceten
aufgestellt.
Der Schluss der Abhandlung ist eine Kritik der misslungenen
Versuche, welche im Verlaufe der letzten dreissig Jahre gemacht
worden sind, um zu zeigen, dass die Saccharomyceten nicht selbständige
Arten sind, sondern lediglich Entwickelungsformen höher stehender
Pilze, und es wird darauf hingewiesen, dass die Verwirrung, welche
allmählich in die Litteratur auf diesem Gebiete gekommen ist, in
wesentlichem Maasse davon herrührt, dass man die echten Saccharo-
myceten (Hefezellen mit endogener Sporenbildung) von den zahlreichen
verschiedenen Sprosspilzen, welchen eine solche Sporenbildung fehlt,
nicht unterschied. In betreff dieser letzteren haben schon Unter-
suchungen von Bail (1857), Tu las ne (1863), deBary(1866) und
Reess (1870) gezeigt, dass sie zu sehr verschiedenen Abtheilungen
des Systems gehören können. Die Sprosspilze bilden also keine
einzelne bestimmte systematische Abtheilung; es gibt aber unter
ihnen eine grössere Anzahl Arten, welche sich durch das erwähnte
Vermögen, in ihrem Inneren Sporen zu bilden, vor allen den übrigen
auszeichnen, und diese sporenbildenden Arten sind wenigstens bis
auf W'eiteres als ein eigenes Genus, Saccharomyces, aufzufassen.
Emil Chr. Hansen (Kopenhagen).
Elfviiig,Sur une action d irectrice qu’ exercent certains
corps sur les tubes s pora ngifäres de „Phycomyces
nitens.“ (Annales de l’Institut Pasteur. 1891. No. 2. S. 101.)
An den Fruchtträgern von Phycomyces nitens, welche be-
Phycomyces nitens — Ptomain®.
665
kanntlich zu Studien über die Reizbarkeit des pflanzlichen Protoplasma,
über den Einfluss des Lichtes und der Schwerkraft auf die Wachs-
thumsrichtung besonders geeignet sind, hat Verf. eine merkwürdige
Fernewirkung gewisser Körper beobachtet.
Befestigt man über einer kräftigen, durch Aussaat von Sporen
auf feuchtem Brod erhaltenen Kultur eine Eisenplatte in vertikaler
Richtung, so dass dieselbe zwischen den langstieligen Fruchtträgern
hängt, so krümmen sich letztere, bei Aufbewahrung an einem dunklen
Orte bei 15—20°, innerhalb einiger Stunden von allen Seiten gegen
die Eisenplatte hin, anstatt gerade aufwärts zu streben. Die An-
ziehung äussert sich auf einige Centimeter. Bei Berührung mit der
Metallplatte zeigen die Fruchtträger unregelmässige Krümmungen.
Ebenso wirksam wie Gusseisen sind Schmiedeeisen und Stahl, gleich-
viel, ob die Oberfläche polirt oder rauh oder etwas rostig ist.
Von den übrigen Metallen wirken nur noch Zink und Alumi-
nium, und auch diese weit schwächer. Unwirksam sind Platin,
Silber, Gold, Kupfer, Blei etc. Der Magnetismus spielt bei der Er-
scheinung keine Rolle, ebensowenig Licht- oder Wärmestrahlung oder
Elektrizität. Ausser dem Eisen zeigen die gleiche Wirksamkeit noch:
Siegellack, Colophonium, Papierkarton, Wachs, Seide, W7olle, Holz,
Schwefel etc. Unwirksam ist Glas ; unwirksam ferner sind sonst
wirksame Körper, wenn sie befeuchtet sind. Zu den wirksamen Kör-
pern gehören endlich lebende Wurzeln, z. B. von Erbsen, Lupinen,
Ricinus, während die Fruchtträger von Phycomyces selbst eine
schwache aber deutliche gegenseitige Abstossung zeigen.
Büchner (München).
Luff, Arthur P., Report on the relation of the ptomains
or animal alkaloids to some of the infectious fevers.
(Recent Reports to the Scientific Grants Committee of the British
Medical Association. 1890.)
L. hat sich mit der Frage beschäftigt, ob im Harn infektiös
Erkrankter irgend welche Ptomaine oder Alkaloide vorhan-
den sind.
Zur Untersuchung diente Harn von Typhus- und Scharlach-
kranken und es wurde streng darauf gesehen, dass die betreffenden
Kranken weder zur Zeit, während der Harn gesammelt wurde, noch
zuvor irgend welche alkaloidhaltige oder antipyretische Arzneimittel
erhielten. Im Ganzen wurde der Urin zweier Typhusfälle und eines
Scharlachfalles untersucht.
Der im Zeiträume von vier Tagen gesammelte Harn des ersten
Patienten wurde einem eigens vom Verf. erdachten und näher be-
schriebenen Extraktionsprozess unterworfen, wobei eine geringe Quan-
tität eines krystallinischen Körpers resultirte, der alle Eigenschaften
und Reaktionen eines animalischen Alkaloids zeigte. In Hydro-
chlorat übergeführt, gab er folgende Reaktionen:
Phosphormolybdaensäure ein weisser Niederschlag,
Phosphor —
Merkur- und Kaliumjodid dichter, gelber Niederschlag,
Jodlös urig brauner Niederschlag,
666
PtomaLne bei Typhus uud Scharlach. — Eiterung.
Tannin gelblich-brauner Niederschlag,
Pikrinsäure dichter, gelber Niederschlag,
Platinchlorid —
Goldcblorid dichter, gelber Niederschlag.
Die Prüfung des zweiteu Typhusharus führte zu keinem posi-
tiven Ergebuiss; die des Scharlachharns ergab abermals eine geringe
Menge eines krystallinischen, in Wasser löslichen, schwach alkalisch
reagirenden Alkaloids, welches ins Hydrochlorat übergeführt, folgende
Reaktionen gab:
Phosphormolybdaensäure blasser, gelblich-weisscr Niederschlag,
Phosphor weisser Niederschlag,
Merkur- und Kaliumjodid blasser, gelblich-weisser Niederschlag,
Jodlösung brauner Niederschlag.
Tannin —
Pikrinsäure gelber Niederschlag,
Platinchlorid —
Goldchlorid geringer, gelber Niederschlag.
Sowohl dieses als auch das im Typhusharue gefundene Alkaloid
war bisher unbekannt, uud Verf. verspricht noch eine genaue Analyse
derselben zu geben. Limbeck (Prag).
Büchner, H., Die Bakterienproteine und deren Be-
ziehung zur Entzündung uud Eiterung. (Ceutralbl. f.
Chirurgie. 1890. No. 50.)
Die Ptomaine und Toxine, und selbst die Toxalbumiue sind vor-
wiegend nur Nervengifte; nur bei Kadaverin, Putrescin konnte neben-
bei eitererregende Wirkung uachgewiesen werden.
Die von B. untersuchten „Zersetzungsstoffe11 übten keine oder
höchstens eine geringe Anlockung auf Leukocyten aus. Derartige
bakterielle Locksubstanzen existireu aber, uud zwar sind es die Be-
standtheile des Bakterienkörpers selbst, seines plasmatischen In-
halts, die sogenannten Bakterienproteine, welche Nencki bereits
1880 studirt hat. Bei subkutaner Injektion von einigen Milligramm
des Protein von Bac. pyocyaneus rief B. eine bakterienfreie,
sozusagen chemische Entzündung hervor, klinisch alle Kennzeichen
der erysipelatösen Entzündung mit Einschluss der Lymphangoitis
besitzend.
Die Proteine kommen bei absterbenden oder krankhaft affizirten,
in Involution gerathenen Bakterienzellen zur Wirksamkeit, indem sie
von den Zellen ausgeschieden werden. (Als Beispiel führt B. die
eitererregende Wirkung der abgeschwächten oder sterilisirten Milz-
brandkulturen bei Nagern au.)
Bis jetzt konnten von B. die Proteine von 7 Bakterienarten dar-
gestellt und auf ihre pyogene Wirksamkeit an Thieren geprüft wer-
den. Sehr stark ist letztere beim Protein des Typhusbacillus; grosse
Mengen konnten bequem mit Fr i ed 1 ä n d e r’schem Pneumococ-
cus, vor Allem aber mit Bac. pyocyaneus dargestellt werden.
Zur Darstellung des Proteins wird die betreffende Bakterienart
auf festem Nährboden rein kultivirt, die abgestreifte Kultur mit
schwacher (0,1 — 0,5 °/ö) Kalilauge digerirt uud aus dem Filtrat durch
Essig- oder Salzsäure das Protein gefällt. Dasselbe zeigt alle Re-
Tuberculose
667
aktionen der Eiweisskörper und nähert sich am meisten den Pflan-
zenkasei'nen.
Die letztere Thatsache veraulasste B., die Pflanzenkaseine, be-
sondess Glutenkaseün aus Weizenkleber, auf sein Verhalten gegen
Leukocyten zu prüfen; es ergab sich in der That eine stark an-
lockende und entzündungserregende Wirkung desselben (subkutan
beim Menschen). Kronacher (München).
Cribbes, H., and Shurley, E. L., An investigation into the
etiology and treatment of phthisis. (Philadelphia Med.
News. 1890. No. 26. p. 677.)
Verff. kounten bei Meerschweinchen die Entwickelung einer tu-
berculösen Allgemeininfektion durch Injektion abgeschwächter Tuberkel-
bacillenkulturen verhüten, ohne jedoch bei bereits erkrankten Thieren
eine Heilwirkung damit zu erzielen. Unter einer grossen Zahl che-
mischer Stoffe, mit welchen Versuche zu kurativen Zwecken ange-
stellt wurden, erwiesen sich Chlorgas, Jod und Chlorgold-Chlorna-
trium als besonders wirksam. Meerschweinchen und Affen, welche
subkutane Injektionen von wässeriger Jod- oder Jodkaliumlösung mit
Glycerin oder von Chlorgold-Chlornatriumlösung erhielten, zeigten
sich gegen Impftuberculose refraktär.
Seit September bis Dezember 1890 behandelten Verff. 25 Phthi-
siker mit Injektionen von Jod- oder Goldlösung in anfangs mini-
malen, dann successive ansteigenden Dosen. Fälle mit starkem Husten
und geringem Auswurf oder Fälle, bei welchen nach den Jodinjek-
tionen Anzeichen von Jodismus auftraten, erhielten die Goldlösung.
Bei Verkäsung und starkem Auswurf während der Jodbehaudlung
wurden Chlorgasinhalationen eine Woche hindurch gegeben und dann
erst wieder mit den Injektionen begonnen.
Von den derart behandelten Fällen konnten vier subakuten
Charakters als geheilt betrachtet werden und zwei andere sind so
weit gebessert, dass sie voraussichtlich in einer Woche aus der Be-
handlung entlassen werden können, während zwei Fälle allgemeiner
Tuberculose und vier Fälle sehr weit vorgeschrittener Lungentuber-
culose letal endeten. Kral (Prag).
Csokor, J., Zur Aetiologie der Tuberculose, (Wiener
klinische Wochenschrift. 1890. No. 27 —30.)
Csokor gibt uns ein treffliches Bild über den gegenwärtigen
Stand unserer Kenntnisse über die Rindertuberculose. Bei der Be-
deutung, welche diesem Kapitel aus der Lehre von den Infektions-
krankheiten zukommt, sei die Lektüre des Originalartikels allen jenen,
für welche die Tuberculose der Thiere überhaupt Interesse und Be-
deutung hat, wärmstens empfohlen, zumal Csokor selbst über eine
reiche eigene Erfahrung auf diesem Gebiete verfügt.
An dieser Stelle können nur einzelne Punkte aus dem lesens-
werthen Artikel Csokor’s hervorgehoben werden.
Die Rindertuberculose ist in ätiologischnr Hinsicht vollständig
identisch mit der Tuberculose des Menschen. Die Tuberkelbacillen
wurden beim Rinde in allen Organen und Ge webssäften gefunden.
6C8
Tuherculcse.
Die Infektion erfolgt zuweilen schon im Mutterleibe. Die Tubercu-
lose kann beim Rinde aber auch extrauterin acquirirt werden, und
zwar vom Respirations- oder Verdauungstraktus aus, durch die Milch,
bei der Begattung.
Am gefährlichsten ist für den Menschen die Milch tuberculöser
Kühe.
Die Mittel zur Bekämpfung der Infektionsgefahr für den Men-
schen theilt Verf. in 4 Gruppen, und zwar 1) Tilgungsmaassregeln
gegen die Rindertuberculose, 2) Schutzmaassregeln gegen die Aus-
breitung der Tuberculose unter dem Rindvieh, 3) Scbutzmaassregeln
gegen die Uebertragung der Rindertuberculose auf den Menschen,
4) Selbstschutz. Dittrich (Prag).
Maffticci, Ueber die Wirkung der reinen, sterilen Kul-
turen des Tuberkelbacillus. Vorläufige Mitthei-
lungen. (Centralblatt für allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie. 1890. No. 26.)
Verf. studirte die Wirkung des Tuberkelbacillus, nachdem dieser
sein vegetatives Vermögen eingebüsst hat
Bei einigen Untersuchungen erhielt M. experimentell Marasmus.
Sterilisirte Kulturen von Hühnertuberculose, die auf Eier im Brutofen
übertragen waren, führten Marasmus der Embryonen und Hühner her-
bei, die jedoch frei von Tuberculose starben. Andererseits starben
Hühner, die unter dem Einflüsse reiner, nicht sterilisirter Kulturen
von Säugethiertuberculose geboren waren, an Marasmus und nicht
an Tuberculose.
In einer anderen Versuchsreihe zeigte es sich, dass die Mehr-
zahl der mit Hühnertuberculose geimpften Meerschweinchen längstens
binnen 8 Monaten an Marasmus zu Grunde ging; andererseits
starben einige Hühner, die mit Rindstuberculose und mit aktiven
Kulturen von Säugethiertuberculose geimpft wurden , an Marasmus
ohne Tuberculose.
Verf. wollte weiterhin untersuchen, ob für Tuberculose empfäng-
liche Thiere im Stande wären, den nicht mehr aktiven Bacillus der
Tuberculose zu zerstören und auf die Produkte des zerstörten Ba-
cillus zu reagiren.
Die Untersuchungen wurden mittelst Sterilisation vorgenommen.
Bis zu 1 Jahr alte sterilisirte Kulturen sowie alte, nicht sterilisirte
Kulturen wurden auf Meerschweinchen übertragen.
Die Impfstelle reagirte gewöhnlich mit einem plastischen Pro-
dukte bis zur Bildung eines Abscesses. Zwei bis vier Wochen nach
der Impfung zeigten sich stark granulöse Bacillen, von denen einige
in Leukocyten eingeschlossen waren. Nach 2 Monaten wurden an
der Impfstelle nur schwer Bacillen angetroöen. Dagegen fanden sich
häufig abscessartige Höhlen vor, welche vor dem Tode der Thiere
zuweilen ausheilten. Nach dem Tode der Thiere wurden Kulturen
aus dem Blute und. aus den Organen hergestellt und mikroskopische
Untersuchungen am frischen Material vorgenommen.
Die Untersuchungen ergaben, dass vom Tuberkelbacillus eine
toxische Substanz gebildet wird, die erst nach längerer Zeit wirkt,
Tnberculose.
666
der Temperatur von 70° C mehrere Male 2 Stunden lang wider-
steht und der Austrocknung Widerstand leistet. Diese toxische
Substanz wird nicht von den Thieren vernichtet. Dieselben gehen
an Marasmus zu Grunde. Milzstücke von Meerschweinchen, die an
Hühnertube rculose gestorben sind, blieben, zur Kultur gebracht, steril,
führten jedoch, auf Meerschweinchen übertragen, den Tod derselben
an Marasmus herbei. Mittlere Dosen von sterilen Tuberkelbacillen-
kulturen riefen eine chronische Vergiftung des Thierorganismus her-
bei, die mit Marasmus und Zerstörung der rothen, in der Milz an-
gesammelten Blutkörperchen endigte, Dittrich (Prag).
Brunn, von, U eb er d en geg enwärtigen Stand derTober-
culosenfragein ätiologischerund prophylakti scher
Beziehung. (Deutsche med. Wochenschr. 1890. No. 38 — 40.)
Der Vortrag des langjährigen Badearztes zu Lippspringe wurde
noch vor dem Bekanntwerden der letzten grossen Koch’schen Ent-
deckungen im ärztlichen Verein zu Hannover gehalten und steht da-
her noch nicht unter dem Eindruck der durch die neuesten Ver-
öffentlichungen bedingten Umwälzungen auf dem Gebiete der Tuber-
culosenfrage. Er enthält eine knappe Uebersicht der neueren
Forschungen über Aetiologie und Prophylaxe der Schwindsucht, be-
urtheilt von dem Standpunkt eines erfahrenen Praktikers.
Nach einer Schilderung der Geschichte der Lehre von der Ueber-
tragbarkeit der Schwindsucht werden die morphologischen und vitalen
Eigenschaften der Tuberkelbacillen kurz besprochen, wobei es etwas
befremdet, dass der Vortragende ein Vorhandensein von Sporen in
den Tuberkelbacillen, entgegen der zur Zeit herrschenden Ansicht,
als erwiesen annimmt. Die hohe diagnostische Bedeutung des Ba-
cillennachweises wird an einigen Beispielen erläutert. Eins derselben
bezieht sich auf einen Fall, in welchem das beständige Fehlen der
Bacillen im Auswurf den Arzt auf die richtige Diagnose Syphilis
geführt hatte, obwohl alle Symptome der Lungenschwindsucht aus-
gesprochen waren.
Unter den verschiedenen Arten tuberculöser Infektion wird zu-
nächst die Uebertragung durch Fleisch- und Milchgenuss erwähnt.
Die Vermeidung der ersten Infektionsart erstrebt die Fleischschau
in den Schlachthäusern ; die Milch sollte nach Brunn stets gekocht
und am besten in der Form einer Sammelmilch . welche durch
Mischung der Milch mehrerer Kühe gewonnen wird, genossen werden ;
denn nach Gebhard wird die Kontagiosität der Milch durch Ver-
dünnung stark vermindert, was ja bei dem verhältnissmässig seltenen
Zustandekommen der Infektion vom Magen und Darm aus nicht
Wunder nimmt.
Arn häufigsten entsteht die Tuberculose durch Einathmung von
Bacillen, welche mit dem eingetrockneten und zerstäubten Auswurf
Schwindsüchtiger in die Luft gelangen. Freilich haften und wachsen
die Bacillen nur in einem Körper, der eine Disposition zur Krank-
heit besitzt, und dass solche Disposition ererbt werden kann, hält
Brunn, wohl mit Recht, fest, entgegen der Cor net’ sehen These,
dass die Erblichkeit, die sogenannte Anlage der Schwindsucht auf
oc. bi. 43
670
Tuberculose. — Septische Pneumonie.
einer veralteten, von der modernen Wissenschaft überholten An-
schauung beruht. Für die Erblichkeit finden sich in der besonderen
Empfänglichkeit bestimmter Menschenracen und einzelner Thiergat-
tungen Analogieen, während andererseits viele Menschen eine grosse
Widerstandskraft gegen die Krankheit besitzen ; denu nicht anders
sind die vielen Fälle zu erklären, in denen unter gleichen Infek-
tionsbedingungen einzelne Menschen erkranken, viele andere ver-
schont bleiben.
Diese Immunität beruht theils auf der gesunden Kraft des Kör-
pers im Allgemeinen, theils auf der Integrität der Schutzvorrichtun-
gen, welche den Athmungswcgen durch gesunde Schleimhäute, buch-
tige Beschaffenheit der Nasengänge und vielfache Verästelung der
Luftröhre gegeben sind.
Debrigens hat nach Brunn’s Anschauung auch der disponirte
oder bereits erkrankte Mensch in der Nähe eines reinlichen
Schwindsüchtigen keine Erkrankung oder Verschlimmerung einer
solchen durch Inhalation des Kontagiums zu fürchten. Sobald der
Auswurf eines Schwindsüchtigen sorgfältig gesammelt und durch
Auffangen in Flüssigkeiten vor dem Eintrocknen geschützt wird, so-
bald die Wäsche, die Betten und Kleider durch Wasserdampf, die
Wände des Krankenzimmers durch Abreiben mit Brot häufig desin-
fizirt werden, ist es unmöglich , dass die Bacillen in die Luft ge-
langen und von Anderen eingeathmet. werden. Es ist daher, wie
auch schon Cor net hervorgehobeu hat, die Gefahr der Ansteckung
' in den Räumen einer sorgfältig geleiteten Schwindsüchtigen-Heilan-
stalt nicht so gross, wie in jedem Eisenbahnwagen oder Restaurati-
onslokal, wo man nicht wissen kann, ob sich Schwindsüchtige darin
befinden oder befunden haben.
Ueber die endgiltige Beseitigung des gesammelten Auswurfs
spricht sich Brunn nicht aus. Da er aber an einer Stelle des
Vortrages die Ansicht vertritt, dass die Bacillen, welche mit dem
Stuhlgang oder Urin in die Aborte gelangen, dort unter den Fäul-
nisskeimen rasch zu Grunde gehen sollen, so ist anzunehmen, dass
er auch die Speigläser und Spucknäpfe in die der Abwässerung die-
nenden Anlagen entleert wissen will. Demgegenüber ist jedoch zu
bemerken dass nach den Untersuchungen von Fischer und Schill
die Tuberkelbacillen der Fäulniss 43 Tage lang Widerstand leisten
und daher wohl auch in Aborten, Abzugskanälen u. dgl. lange Zeit
lebenskräftig und infektionsfähig bleiben dürften.
Kübler (Oldenburg).
Lubarseli und Tsutsui , Ein Fall von septischer Pneu-
monie beim Neugeborenen, verursacht durch den
Bacillus enteridis (Gaertner). (Virchow’s Archiv. Bd.
CXXIII. Heft 1.)
Die Sektion der Leiche ergab Pleuritis und Pneumonie des linken
Unterlappens, beiderseitige eiterige Bronchitis, Atelektase der rechten
Lunge, parenchymatöse Trübung der Nieren, Fettmfiltration und
Stauung der Leber, leichten Milztumor, Ilarnsäureinfarkte der Nieren,
Tetanus neonatorum,
Septische Pneumonie — Malaria.
671
Mikroskopisch wurden in den Lungen, in der Milz, in der Leber,
in der Submucosa und Muscularis des Darmes sehr reichliche, in
den Nieren und zwar namentlich in den Kapillaren nur sehr spär-
liche Bacillen vorgefunden, welche in Kulturen den Gärtner’schen
Bacillen entsprachen und von Prof. Gärtner selbst der Art nach
als solche erkannt wurden.
Der vorliegende Fall ist nach Ansicht der Verff. als echte Septi-
kämie aufzufassen.
Verff. sehen die Infektion seitens der Luftwege mit grösster
Wahrscheinlichkeit als die primäre an. Di tt rieh (Prag).
Brandt, Beitrag zur Malariafrage. (Dtsch. med. Wochenschr.
1890. No. 39.)
Bei einer Durchsicht der Litteratur über das Plasmodium Ma-
la riae findet Verf. nur 2 Veröffentlichungen über positive Befunde,
welche bezüglich dieses Parasiten in Deutschland gemacht worden
sind. Die eine derselben stammt aus dem städtischen Krankeuhaus
Moabit und hat Pie hn zum Verfasser, während die andere sich auf
Untersuchungen bezieht, welche Rosenbach und Rosin in Breslau
anstellten (vgl, Referat in dieser Zeitschr. Bd. VIII. S. 557). Verf.
erklärt sich diese Seltenheit positiver Untersuchungsergebnisse einer-
seits damit, dass schwere Malariafälle in Deutschland ungewöhnlich
sind, andererseits mit der Schwierigkeit des Erkennens der Parasiten
bei mangelhafter Uebung.
Letzterer Umstand sei auch die Ursache gewesen, dass es ihm
selbst trotz seines vorzüglichen üutersuchungsmaterials Anfangs nicht
gelingen wollte, die Plasmodien in dem von ihm geprüften Blut seiner
Kranken aus dem Seemannshospital zu Hamburg zu finden. Es kam
dazu, dass ein Theil der Seeleute, welche sich die Malaria in fernen
Ländern zugezogen hatten , beseits auf der Reise mit so grossen
Dosen Chinin behandelt waren, dass die Krankheit bei ihrer Auf-
nahme ins Krankenhaus nicht mehr in voller Reinheit bestand. Den-
noch ist es dem Verf. gelungen, in 10 von 24 untersuchten Malaria-
fällen nicht nur die Parasiten zu finden, sondern auch ihren ganzeu
Entwickelungsgang zu studiren und die von Golgi (Fortschritte der
Medizin. 1889. No. 3) aufgestellten Gesetze über die Wachsthums-
vorgänge der Plasmodien zu bestätigen. Wie nämlich Golgi aDgab,
dass die Entwickelung der Parasiten 4 Tage dauert, dass mit er-
reichter Reife derselben der Fieberanfall auftritt (Typus quartanus),
und dass bei vorhandenem Typus cotidianus und tertianus
eine Mischinfektion mit verschiedenen Generationen vorliegt, so fand
Brandt, welcher seine Blutproben in Abständen von 4—6 Stunden
entnahm und untersuchte, dass mit der Vollendung des Wachsthums
der Plasmodien jedesmal am 4. Tage eine gänzliche Vernichtung der
sie beherbergenden rothen Blutkörperchen erfolgt, dass nun gleichzeitig
eine Theilung der Parasiten stattfiudet, und dass die Zerfallsprodukte
neue junge Formen darstellen , welche ihrerseits in andere Blut-
körperchen eindringeu und denselben Entwickelungsgang wie ihre
Mutterzellen beginnen. Verf. beobachtete den letzten Vorgang an
43*
672
Zersetzung von Harnstoff und Cystitis.
den lebhaften Bewegungen der Parasiten der neuen Generation,
welche in dem untersuchten Blute bis über 6 Stunden unter dem Mi-
kroskop zu sehen waren, ohne dass besondere Vorkehrungen getroffen
wurden, die Plasmodien am Leben zu erhalten.
In einem Fall hatte der Plasmodienbefund auch praktische Be-
deutung, da er die wahre Natur eines Fiebers, welches vorher auf
einen Drüsenabscess bezogen worden war, verrieth.
Verf. bemerkt schliesslich, dass es ihm niemals gelungen sei,
die Parasiten in dem Blute von nicht malariakranken Menschen zu
finden. Kübler (Oldenburg).
Lundström, C., Die Zersetzung von Harnstoff durch Mi-
kroben und deren Beziehungen zur Cystitis. (Fest-
schrift des pathologisch-anatomischen Institutes zum Andenken an
das 250jährige Bestehen der finnländischen Universität zu Helsing-
fors. 1890.)
L. benutzte zu seinen Untersuchungen zwei Arten von Harn-
stoff zersetzenden Mikroben, den Staphylococcus ureae Can-
didus und Staphylococcus ureae liquefaciens und eine
Art der den Harnstoff nicht zersetzenden, den Streptococcus
pyogenes.
Die Staphylokokken waren aus cystitischem , alkalisch reagiren-
dem, der Streptococcus aus sauerem und stark eiterhaltigem
Harn dargestellt worden. Alle drei erwiesen sich als fakultative
AerobieD, Durch Staphylo c. ureae liqu. wurde die Gelatine
verflüssigt, durch Staphylo c. ureae cand. und Streptoc. p.
nicht. In Bezug auf die harnstoffzersetzende Wirkung, welche an
sterilisirtem menschlichen Harn bei 87 0 C geprüft wurde, zeigten
die beiden Staphylokokken dasselbe Verhalten. Die quantitative Be-
stimmung des aus der Zersetzung resultirenden Ammoniumkarbonats
ergab, dass diese nur in den ersten vier bis fünf Tagen gleich-
massig zunahm, woraus L. den Schluss zieht, dass sie während dieser
Zeit direkt von der Wirksamkeit der Kokken abhängt, eine An-
nahme, welche auch die angestellten Kulturversuche bekräftigten,
indem sich in einem Tropfen des hierzu verwendeten Harns eine
überaus grosse Menge lebensfähiger Mikroben vorfand, welche in den
folgenden Tagen schnell an Zahl und Wirksamkeit abnahm.
Unter die Kaninchenhaut gebracht, erzeugten die Streptokokken
Infiltration und Eiterung — im Eiter fanden sie sich dann reichlich
— die Staphylokokken nicht; der Harnblase von Kaninchen einver-
leibt, riefen die Streptokokken Reizung und Eiterung in der Blase,
aber keine ammoniakalische Zersetzung des Harns hervor, welch
letztere nebst Blasenreizung nur die Staphylokokken bewirkten, wobei
auch jene in den Eiterflocken, wie diese im ammoniakalischen Harn
nachgewiesen werden konnten.
Mit Rücksicht auf diese Ergebnisse ist der Verf. geneigt, anzu-
nehmen, dass die Cystitis, welche er bei jenen Patienten, aus deren
Harn er die erwähnten Pilze gezüchtet hatte, beobachtete, durch
diese verursacht worden war. Li mb eck (Prag).
Achorion.
673
Bnsquet, 6r. P., l£tüde morphologique d’ane forme
d’ Achorion: L’Achorion Arloini, Champignon du
favus de la souris. (Annales de Micrographie. Tome III.
1890. No. 13.)
Im Juli 1889 machten D6sir de Fortunet, chef de clinique ä
l’höpital de l’Antiquaille ä Lyon, und M. Courmont der Soci6te des
Sciences raödicales de Lyon Mittheilungen über einen neuen, bei einem
begrenzten Hautausschlag der Hand gefundenen Parasiten, welcher sich
durch seine morphologischen und biologischen Eigenschaften dem Ac h o -
rion Schönleini, durch sein klinisches Verhalten dem Tricho-
phyton tonsurans näherte, Der Verf. bat es sich nun zur
Aufgabe gestellt , diesen Pilz eingehender zu studiren und mit
Achorion Schönleini und Trichop hy ton tonsurans einer
vergleichenden Untersuchung zu unterwerfen, deren Ergebnisse er in
vier Abschnitten abhandelt.
I. Vegetatives System. Flüssige Nährböden, ln
Kalbsbouillon zeigten sich am 2. Tage am Grunde der Flüssigkeit
kleine, isolirte, schwimmende Körper mit dichterem Centrum und
flockigen, aber runde Konturen bildenden Rändern, welche aus
Haufen von langen Fäden mit mehr oder weniger rundeD, zerstreuten
Körpern vermischt bestanden. Später vermehrten sich die rundlichen
Körperchen und gegen den 8. Tag stiegen die Flocken vom Grunde
auf und bildeten an der Oberfläche kleine Inselchen, während sich
in den unteren Theilen eine karminrothe Färbung einstellte. Die
am Grunde der Flüssigkeit verbliebenen Pilzkolonieen scheinen sich
während dieser Zeit nur wenig zu verändern, später zerfallen sie
allmählich und sammeln sich in Form eines gelblichen, pulverförmigen
Absatzes am Boden an. Dieser Bodensatz besteht aus kürzeren,
übrigens sehr verschiedenartig gestalteten Zellen, welche der Verf.
als „articles globulo-filamenteux“ bezeichnet und von denen er an-
nimmt, dass sie durchaus vegetativer Natur seien, aber den ver-
schiedenartigen, von den Autoren beschriebenen Formen der Sporen
von Achorion Schönleini entsprächen. Diese letzteren Formen
sieht der Verf. als eine Bildung an, welche der Pilz hervorbringt,
um sich unter ungünstigen äusseren Bedingungen zu erhalten, zu-
gleich aber auch als Erscheinungen der Degeneration und des Alters.
Aehnlich verhält sich der Pilz in einem von V e r u j s k i angegebenen
flüssigen Nährmedium und in Dekokten von Karotten und Runkel-
rüben, in welch’ letzteren er eine schnellere Entwicklung zeigt.
Feste Nährböden. Es wurden sehr verschiedene pflanzliche
Substanzen als Nährböden benutzt, besonders Kartoffeln, Rüben etc.
Sie würden sämmtlich bei 31 0 gehalten, weil sieb gezeigt hatte,
dass diese Temperatur für die Entwicklung des Pilzes die günstig-
ste ist. Auf Kartoffeln bemerkt man am 2. Tage kleine, getrennte,
rein weisse Kolonieen, welche das Bestreben zeigen, sich an ihren
Rändern zu vereinigen. Später überzieht sich die Kartoffel mit einer
unregelmässigen, aufgeworfenen, an den Rändern weisseo und schwach
flaumigen, in der Mitte pulverigen und gelblichen Masse. Zugleich
nimmt die Kartoffel eine schwärzliche Färbung an. Noch später
■vird der ganze Ueberzug pulverförmig und gelblich.
674
Achonon.
Auf allen diesen Substraten fanden sich die gleichen Entwick-
lungsformen, rundliche oder eiförmige als Sporen („spores aöri-
ennes“) gedeutete Körper, gemischt mit fadenförmigen, septirten
und wenig langen, freien, röhrenförmigen Elementen. Die Länge der
letzteren betrug das Vierfache der Sporen. Das Aussehen derselben
war demjenigen gleich, welches durch Nahrungsmangel entsteht, und
erweckte anfangs die Vermuthung, dass es sich um die articles
globulo - filamenteux handle, aber fortgesetzte Beobachtung zeigte,
dass es in der That Sterigmen sind, welche nach dem Abwerfen der
Sporen abfallen und in einen Ruhezustand übergehen. Ausser diesen
findet man auch noch die in den flüssigen Nährmedien beobachteten
Formen. Auf Peptongelatine und Glycerinagar ist die Entwickelung
eine sehr langsame.
II. Formen der asexuellen Fortpflanzung. Der
Verf. unterscheidet vier Arten verschiedener Fortpflanzungsorgane:
1. Spores mycdliennes. Sie bilden sich nur in flüssigen Nähr-
medien und bei untergetaucht wachsenden Kolonieen am Ende der
längeren Fäden als sehr regelmässige, rundliche oder eiförmige Kör-
per, indem sich die Spitze des Fadens, welche anfangs hyalin ist,
mit körnigen Inhaltsstoffen füllt, vergrössert, eine rundliche Gestalt
annimmt und sich durch eine Scheidewand vom Faden abgliedert. —
2. Appareils conidiens en massue. Sie bilden sich am Ende
von ziemlich dicken Fäden und stellen ein- oder mehrfach septirte
Sporen dar. Sie entstehen ebenfalls nur in flüssigen Nährmedien,
aber an der Oberfläche oder dicht unter derselben. Unter gewissen
Bedingungen, besonders in alten Kulturen, stellt sich eine dritte
Form der Fortpflanzungszellen ein, die aber nach des Verfassers
eigener Darstellung mehr Degenerationsprodukte der zweiten Form
zu sein scheinen, nämlich die 3. Appareils conidiens ä forme
levure, Zellen, welche in sprosspilzartigen Verbänden auftreten. —
4. Spores adriennes. Hiervon werden wieder zwei Formen un-
terschieden. Die in flüssigen Nährmedien entstehenden , welche am
Ende von über die Oberfläche sich erhebenden Fäden gebildet
werden, sind ohne sichtbare Membran, eiförmig, und erreichen nicht
den fünften Theil der Grösse der auf festem Nährboden entstandenen.
Die eigentlichen, als Spores a6riennes bezeichneten Fortpflanzungs-
organe bilden sich nur auf festem, pflanzlichen Nährboden, es sind
rundliche oder eiförmige, öfters an einem Pol abgeplattete Zellen
mit dicker Hülle. Diese. Sporen stehen an Sterigmen, welche wiederum
an Basidien stehen, der Zusammenhang zwischen diesen wurde mehr-
fach beobachtet.
III. Resultate der Impfungen. Bei einer Maus brachte
die Impfung favusartige Erscheinungen hervor. Das Thier starb am
10. Tage, doch unter Umständen, die das Experiment von zweifel-
haftem Werthe erscheinen lassen. Die Impfung eines Kalbes führte
zu keinem Resultat. Bei Kaninchen fand sich eine schuppige Bildung
an der Impfstelle, die rasch von selbst heilte. Zwei Impfungen auf
Menschen führten zu schuppigen, ebenfalls rasch heilenden Bildungen.
IV. Bestimmung und systematische Stellung. Nach
einer langen und eingehenden Vergleichung mit den beiden ähnlichen
Echinococcus multilocularis beim Rinde. — Runkelrtibenfäule;
675
bekannten Parasiten Trichophyton tonsurans und Ach orion
Schönleini kommt der Verf. zu dem Schluss, dass der von ihm
untersuchte Pilz vom Achorion Schönleini verschieden ist; er
glaubt jedoch nicht, dass es sich um zwei verschiedene Arten handle,
sondern hält seinen Achorion Arloini und den Achorion
Schönleini für zwei Formen, ja vielleichtnur für zwei alternirende
Generationen (?) ein und derselben Art, von denen der erstere den
Favus der Mäuse erzeugt. M i g u 1 a (Karlsruhe).
Guilleheau, Ein Fall von Echinococcus multilocularis
heim Rinde. (Schweizer Archiv f. Thierheilkunde. Bd. XXXII.
No. 4.)
Die Publikation Guillebeau’sist deshalb besonders bemerkens-
werth, weil in derselben das Ergebnis einer genaueren histologischen
Untersuchung des Echinococcus multilocularis beim Rinde
wiedergegeben wird. G. stellte fest, dass in seinem Falle — es handelte
sich um einen Echinococcus multilocularis in der Leber — die
Echinococcusbläschen regelmässig von einer Schicht Riesenzellen
oder seltener von grossen Spindelzellen umgeben waren. Die Spindel-
zellen waren stets radiär zu den Bläschen gestellt. Die unregel-
mässig kubischen Riesenzellen besassen einen Durchmesser von 50 —
60 /u ; sie enthielten in der Peripherie zahlreiche Kerne von .10 /.i
Länge, welche im Centrum und an der Berührungsstelle mit den
Echinococcus bläschen fehlten. Auf diese innerste Schicht Riesen-
und Spindelzellen folgte nach aussen eine gewöhnlich 80 p breite
Lage von zuerst grösseren, dann kleineren Rundzellen. Mehrere
solcher Konglomerate wurden von den Maschen des bindegewebigen
Gerüstes des Echinococcus multilocularis umschlossen. In
den älteren Theilen der Geschwulst zeigte sich die Riesen- und Rund-
zellenumhüllung der Echino coccusblä sehen nekrotisch zerfallen,
so dass die Bläschen unmittelbar nebeneinander lagen.
Aus diesem Befunde, schliesst G., ergiebt sich die grösste histo-
logische Verwandtschaft des mul tiloculären Echinococcus
des Rindes mit den infektiösen Granulationsgeschwülsten. Morin
hatte in seinem Falle von Echinococcus multilocularis in
der Lunge beim Menschen bereits sehr grosse Riesenzellen festge-
stellt. G. vermisste dieselben in dem multiloculären Leber-
echinococcus des Menschen. Die Entstehung der Riesenzellen
um den Echinococcus multilocularis erklärt G. als das Er-
gebnis gewisser Spannungsverhältnisse zwischen dem sich ver-
grössernden Parasiten und dem befallenen Gewebe.
O s t e r t a g (Berlin).
Prillleux, M., La pourriture du coeur de Ia Betterave.
(Comptes rendus de l’Acad6mie des Sciences de Paris. Tome
CXI. 1890. p. 614 ff.)
Verf. beobachtete im laufenden Jahre bei Mondoubleau eine
Krankheit der Runkelrübe, welche grossen Schaden anrichtete. Sie
schien ihm identisch mit der in Deutschland schon lange bekannten
und dem Sporidesmium putrefaciens Fckl. zugeschriebenen
676
Herzfäule der Kunkelrüben. — Kost der Brumbeeren
„Herzfäule der Runkelrüben,“ sogenannt, weil das augenfälligste
Merkmal darin besteht, dass das Blattherz abstirbt, vertrocknet und
schwarz wird. Ehe diese letztere Erscheinung eintrat, machte sich
aber ganz konstant eiue andere bemerklich. Die grossen, gutent-
wickelteD Blätter neigten sich zur Erde, gleich als wären sie welk
geworden, erhoben sich aber in der Nacht nicht wieder, sondern ver-
gilbten, wenigstens theilweise, um schliesslich mehr oder weniger voll-
ständig zu verdorren. An den Stielen solcher Blätter sah P. aus-
nahmslos grosse, weissliche, braunumrandete Flecke, die unter der
Uberhaut eine mehr oder weniger tief gehende Zerstörung des Ge-
webes wahrnehmen Hessen. Von hier aus pflanzte sich das Uebel
bis ins Herz der Rübe hinein fort, wo die jungen Gewebe ergriffen und
die neu entstehenden Blätter getödtet wurden. Darnach erst trat
Schwärzung und Vertrocknung der kleinen Herzblätter ein, welche
sich verbogen und mit einem dunkel olivenfarbigen sammetartigen
Ueberzug bedeckten. Die grossen weissen Flecke wurden von einem
Pilz hervorgerufen, dessen Mycelfäden in dem abgestorbenen, braunen
Gewebe und von da bis ins Herz der Runkelrübe hinein leicht nach-
zuweisen waren. Derselbe fruktifizirte reichlich, indem er Pykniden
erzeugte, die dem blossen Auge wie schwarze Punkte erschienen,
mit denen der weisse Fleck über und über besät war. Er gehört
zur Gattung Phyllosticta. Diese P hy 1 1 os ticta, für die der
Speziesname tabifica vorgeschlagen wird, ist also die eigentliche
Ursache der Herzfäule, das Sporidesmium dagegen bloss fäulnissbe-
wohner, der sich auf den abgetödteten jungen Blättern niederlässt.
Eine Anzahl Pflanzen wurden durch den Pilz völlig getödtet, andere
schlugen aus den Achseln tiefer unten, auf einer gesund gebUebenen
Stelle des Halses stehender Blätter wieder aus, vegetirten aber zu-
weilen nur ganz kümmerlich bis zur Ernte fort. Beim Zählen einer
beliebigen Reihe der auf dem Acker befindlichen Rüben fanden sich
177 gesunde, 332 herzkranke und 32 völlig abgestorbene Stöcke.
Die Zahl der kranken und abgestorbenen war also mehr als doppelt
so gross, als die der gesunden.
Zur Beschränkung bez. Bekämpfung des Uebels wird gerathen,
zu der Zeit, in welcher sich die ersten Spuren des Uebels in dem
Erdwärtsneigen der Blätter zeigen, alle die Blätter abzuschneiden,
die an den Blattstielen die erwähnten Flecke zeigen. Wenn dies
rechtzeitig geschähe, d. h. eher, als der Körper der Rübe selbst er-
griffen werde, könne die Herzfäule sich unmöglich entwickeln.
O. E. R. Z i m m e r m a n n (Chemnitz).
Newcomlbe, F. C. and Galloway, B. F., Perennial mycelium
of the Fungus of Blackberry Rust. (Journ. of Mycol.
Vol. VI Washington 1890. No. 3. p. 106—107. Plate V, VI.)
Die Untersuchung von Rubus villosus, der von Caeoma
nitens Sehr, befallen war, ergab, dass das Mycelium dieser
Rostgeneration perennirt. Dasselbe ist septirt und verbreitet
sich intercellular in alten wie in jungen Schösslingen und Blättern,
nicht selten in Form eines Pseudoparenchyms. Von den Interceiiular-
räumen aus sendet dasselbe, die Zellwand durchbrechend, lappige
Üntersucbuugsmethoden, Instrumente etc.
677
Haustorien ins Innere der Zellen. Die bisherigen Mittel, welche
gegen die Rostkrankheit der Brombeeren angewandt wurden, waren
fruchtlos, weil bei ihnen auf das Perenniren des Mycels keine Rück-
sicht genommen worden war. Die rostkranken Stöcke sind auszu-
graben und zu beseitigen. Ludwig (Greiz).
Galloway, B. T., A new Pear disease. (Journ. of Mycology.
Vol. VI. 1890. S. 113—114.)
Thelephora pedicellata Sw. schädigt im südlichen Ala-
bama die Birnbäume in ähnlicher Weise, wie dessen Verwandter
T. per d ix Hartig in Europa die Eichen. Der Parasit findet sich
noch an Quercus coccinea, Sabal palm et to und Apfelbäumen.
Ludwig (Greiz).
Galloway, B. T.. Disease of Geraniums. (1. c. p 114—115.)
An den Stengeln der Pelargonien , besonders an den Senkern,
tritt in Amerika eine Fäulniss in grossem Maassstabe auf, welche
die Stengel schwarz färbt und durch Impfung auf gesunde Pflanzen
übertragbar ist. Es finden sich in den Stengeln in grosser Menge
Bacillen vor. Allem Anschein nach ist die Krankheit mit der von
Prillieux und Delacroix aus Frankreich beschriebenen Zer-
setzung der Pelargonien und Kartoffeln identisch, die von letzteren
aus auf die ersteren übertragen zu sein scheint. Prillieux und
Delacroix haben die Urheber der Krankheit vorläufig Bacillus
caulicolus benannt. Ludwig (Greiz).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Eisenberg, James, Bakteriologische Diagnostik. Hilfs-
tabellen zum Gebrauch beim praktischen Arbeiten.
Dritte völlig umgearbeitete und sehr vermehrte
Auflage. Nebst einem Anhänge- Bakteriologische
Technik. 8°. 509 p. Hamburg und Leipzig (Verlag von Leo-
pold Voss) 1891. Preis 12 Mk.
In einem stattlichen Bande liegt uns eine neue, die nunmehr
dritte, Auflage der bekannten Eisenb erg’scheu Tabellen vor. Dass
innerhalb von 5 Jahren bereits eine dritte Auflage noth wendig wurde,
spricht für die Beliebtheit des Werkes.
Gegenüber der zweiten Auflage ist das Verzeichniss der aufge-
führten Mikroorganismen von 138 auf 338, also um genau 200 Arten
vermehrt. Dieselben sind zunächst in drei grosse Gruppen getheilt;
I. Nichtpathogene Bakterien,
II Pathogene Bakterien,
III. Pilze.
Die Gruppe I ist weiter eingctheilt in 11 Mikrokokken,
2) Bacillen, 3) Spirillen. Jede dieser Unterabtheilungen ist
geschieden in A) die Gelatine verflüssigende, B) die Ge-
latine nicht verflüssigende Arten. Diese zerfallen wiederum
Unt«isuchungMuelhod«n, Instiumentc «tc.
67a
in a) Farbstoff produzirende und b) keinen Farbstoff
produz irende. Innerhalb dieser kleinsten Gruppen sind die
Arten nach dem Alphabet geordnet.
Die pathogenen Bakterien theilt F.. in vier grössere Abtheilungeu:
1) für den Menschen spezifisch pathogene, 2) für
Thiere spezifisch pathogene, 3) für Thiere pathogene,
beim Menschen gefundene, 4) für Thiere pathogene
von verschiedener Herkunft.
In diesen Abtheiluugen sind die Arten theilweise nach dem
Alphabet geordnet, ebenso die Pilze.
Ausserdem gibt E. eine zweite Eintheilung nach den Fundorten
in Wasser (uichtpathogene Mikrokokken, Bacillen, pathogene Bak-
terien); aus Luft (nichtpathogene Mikrokokken, Bacillen, Spirillen,
pathogene Bakterien, Pilze); aus Erde (nichtpathogene und pa-
thogene Bakterien, Pilze); aus Milch (uichtpathogene und pa-
thogene Bakterieu, Pilze); aus Käse (nichtpathogene und pathogene
Bakterien); aus Pflanzen und deren Aufgüssen (uicht-
pathogene Bakterien und Pilze); aus Bier (nichtpathogene Bak-
terien); aus faulenden Substanzen (nicht pathogene und pa-
thogene Bakterien) ; aus Schlamm (uichtpathogene Bakterien) ;
aus Blut und inneren Organen (nicht pathogene und pa-
thogene Bakterien); von der Haut (nichtpathogene und pathogene
Bakterien, Pilze); aus Harn (uichtpathogene und pathogene Bak-
terien); aus Fäces (uicbtpathogeue uud pathogene Bakterien, Pilze) ;
aus Naseu sekret (nichtpathogene und pathogene Bakterien);
aus M u n d s e k r e t , Sputum (nichtpathogene und pathogene Bak-
terien, Pilze); aus Eiter [Trans- und Exsudaienj (nicht-
pathogene-uud pathogene Bakterien).
Dadurch ist wenigstens ein gewisser Ueberblick und eine Orien-
tierung in dem Chaos der aufgeführten grossen Menge von Arten
ermöglicht. Leider sind dabei mehrfach natürliche Artgruppen zer-
rissen (so steht getrennt Leprabacillus vom Tuberkelbacillus, Vibrio
C h o 1 e r a e a s i a t i c a e von V i b r i o Metschnikovi etc.) ; auch
können wir uns nicht verhehlen, dass die Idenlifizirung eines Mikrobiou
ihre Schwierigkeiten haben dürfte. Auf die Unzulänglichkeiten, welche
überhaupt eine Anordnung in Tabellenform mit sich bringt, hat
Bauragarten bereits bei der ersten Auflage hingewiesen. Trotz
allem ist die Anschaffung des solide ausgestatteten Werkes, schon
als bequemes Nachschlagebucb, jedem Bakteriologen dringend zu
empfehlen, zumal es die reichhaltigste Sammlung von, selbst schwer
zugänglichen, Bakterienbeschreibungen bieten dürfte, welche zur Zeit
existirt Als Anhang ist eine sorgfältig ausgewählte Sammlung von
Vorschriften zum Züchten und Färben von Bakterien beigegebeu.
Ozaplewski (Görbersdorf).
ßoux, Gabriel, Quelques remarques ä propos de la co-
lorabilite du bacille delatuberculose. (La Province
med. 1891, No. 4. p. 37.)
Nach einer eingehenden Darstellung der Entwickelung des Färbe-
verfahrens für Tuberkeibacillen seit Koch ’s ursprünglicher Methode
iJntersuchungsmethoden, Instrumente etc.
ö79
bespricht Yerf. die Uebelstände, welche bei Benutzung eines nicht
reinen Anilinois als Lösungsmittel zu Tage treten. So konnten bei-
spielsweise mit der Ehrlichkeiten oder der H e r m a n ’schen Me-
thode im selben Sputuiu eines zweifelhaften Falles einmal eine grosse
Anzahl , das andere Mai wiederum keine Bacillen nachgewiesen
werden. Die Ursache hiervon schien an dem seit längerer Zeit im
Laboratorium aufbewahrten und bereits stark verfärbten Aniiinöle zu
liegen. Verf. wandte sich an den Chemiker Durand, um ein reines
Präparat zu erlangen, und Letzterem gelang es, nach einem im Ori-
ginal näher mitgetheilten Verfahren, das Anilin als toluidinfreie, farb-
lose Flüssigkeit darzustellen, die sich allerdings mit der Zeit und
unter dem Einflüsse des Lichtes auch etwas gelblich verfärbt.
Vergleichende Versuche mit den verschiedenen Färbemethoden
für Tuberkeibacilleu, bei welchen Anilinöl als Lösungsmittel in Ver-
wendung kommt, ergaben an demselben Sputum des erwähnten Falles
verschiedene Resultate, je nachdem bei der betreffenden Methode
farbloses, leicht gefärbtes oder dunkelfarbiges Oel in Anwendung ge-
bracht wurde. Das mit farblosem Oel behandelte Sputum liess zahl-
reichere und intensiver gefärbte Bacillen sehen, als das mit gelblichem
Oel behandelte und in den Präparaten , bei welchen das dunkel-
farbige Oel benutzt wurde, schienen überhaupt keine Bacillen vor-
handen zu sein.
Die Anzani und der morphologische Charakter der Bacillen
wechselt bei der Anwendung verschiedener Färhemethodeu. Bei dem
Herrn an’schen Verfahren erscheinen sie dicker und sind zahlreicher
vorhanden, als bei den Anilin- oder Karbolsäuremethoden. Wenn
man sich daher früher des einen und später eines anderen Verfahrens
bedient, kann leicht eine Vermehrung, eventuell eine Verminderung
des Baciliengehaltes vorgetäuscht werden Jedenfalls ist es em-
pfehleuswerth und bei vergleichenden Untersuchungen, wie sie bei
der Behandlung mit Tuberkulin vorgenommen zu werden pflegen,
geradezu unerlässlich, an der einmal gewählten Färbemethode fest-
zuhalten.
Zum Schlüsse führt Verf. noch jene Mikroorganismen und ana-
tomischen Elemente an , welche sich den Anilinfarbstoflen gegenüber
ähnlich wie die Tuberkelbacillen verhalten und die daher mit letz-
teren verwechselt werden können. Kral (Prag).
von Sehrötter, H und Winkler, F., Ueber Reinkulturen
der Gonokokken. 8°. 7 p. Wien 1890.
Das in dem embryologischeu Institut des Prof. Schenk in
Wien in letzter Zeit vielfach zu Bakterienzüchtungen angeweudete
Kibitzeiweiss wendeten die Verfl. zur Züchtung des Neisser’schen
Gonorrhoecoccus an, indem sie nach gründlicher Reinigung des
Glans Penis mit Sublimat, Alkohol und Aether eine Platinöse von dem
Eiter auf die Oberfläche von schräg erstarrtem Kibitzeiweiss brachten
und dieses im Brütschrank bei 38° C beobachteten. „Schon nach
6 Stunden zeigte sich auf der Oberfläche des Eiweisses ein dünner,
ziemlich durchsichtiger weissiieher Belag, der sich um die Eitcrtiocke
ynregelmässig ausbreitete und rasch an Ausdehnung zunahm. Auch
680 Bakteriol. vom X. internationalen medioinischen Kongresse zn Berlin.
in den bei Zimmertemperatur belassenen Eprouvetten zeigte sich eine,
jedoch viel geringere Entwickelung, die viel langsamer, als im Brüt-
ofen vor sich ging“ Die Kulturen wurden am 3. Tage schwächer
und waren schon am 5. nicht mehr nachweisbar. Auch im flüssigen
Kibitzeiweiss, das die Verff. unter den nöthigen Vorsichtsmaassregeln
in sterilisirten Eprouvetten aufgefangen hatten, und auf Eiweiss-
platten sahen sie zweifellos Wachsthum der Gonokokken. Ent-
sprechende Versuche mit Hühnereiweiss misslangen, ebenso wie
Züchtungsversuche auf Nährgelatine. Die gewachsenen Kokken unter-
suchten sie in jedem Falle mikroskopisch und färbten sie nach der
von Fränkel angegebenen Methode mit Eosin und Methylenblau
und konstatirten ihre Nichtfärbbarkeit nach der Gram 'sehen Methode.
M. Kirchner (Hannover).
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medioinischen
Kongresse zu Berlin, 4. — 9. August 1890.
(Fortsetzung.)
Aus den Abtheil ungs-Sitzungen.
XV. Abtheilnug: Hygiene.
Herr Almquist (Göteborg), Ueber das vermehrte Auf-
treten des Darmtyp hu 3 an einer Anzahl von mehr
oder minder typhusfreien Orten u ach jahrelangen
Zwischenräum en.
Gewisse sanitäre Arbeiten, hauptsächlich Drainirungs- und Wasser-
leitungsanlagen haben unzweifelhaft einen günstigen Einfluss auf die
Frequenz des Abdominaltyphus ausgeübt. Nichtsdestoweniger nahm
die Zahl von Typhusfällen an vielen Orten nach jahrelangen Zwischen-
räumen wieder zu und mehrere gut kanalisirte Städte, wie Zürich,
Chemnitz, Wiesbaden, Essen und selbst Berlin wurden in den letzten
Jahren von heftigen und um sich greifenden Typhusepidemieen
heimgesucht, welche sich zumeist durch das plötzliche, gleichzeitige
Auftreten der Krankheit in von einander entfernten und in ver-
schiedenen Stadttheilen gelegenen Häusern charakterisirten. Man
muss nothwendigerweise an eine gemeinsame Quelle des Infektions-
stoffes denken und das Trinkwasser, in gewissen Fällen auch die
Milch als Träger und Transportmittel des Giftes ansehen. Die
epidemiologischen Theorieen der Kontagionisten und der Lokalisten
möchte Vortr. eher im mechanischen und im biologischen
Sinne aufgefasst wissen. Die letztere Auffassung vermuthet ein bio-
logisches Moment des Krankheitserregers ausserhalb des Körpers,
während die andere d ur die mechanische Uebertragung berücksichtigt.
Bei einem derartigen Auseinanderhalten der entgegengesetzten Anschau-
Neue Litteratur.
681
ungen entfallen einige Schwierigkeiten bei der Erklärung der Trink-
wasserepidemieen, man kann sehr gut eine biologische Entwickelung
des pathogenen Mikroorganismus vermuthen und doch das Trink-
wasser als nächste Ursache einer Epidemie ansehen. Es gibt jedoch
auch Epidemieen, die ohne Betheiligung des Trinkwassers entstanden
sind, nur allmählich von Haus zu Haus, von Quartier zu Quartier
Vordringen und sich durch lokale Herdbildungen auszeichnen. Nach
Göteborg ist das Typhusgift nicht selten von benachbarten infizirten
Landgütern durch die Milch eingeschleppt worden, aber auch bei
dieser Stadt kann ein Faktor nicht als die alleinige Ursache der
häufigen Typhuserkrankungen herangezogen werden, trotzdem das
aus einem in unbewohnter Gegend gelegenen Gebirgssee stammende
Trink wasser als unverdächtig ausgeschlossen bleibeD muss.
Es wäre demnach Folgendes hervorzuheben: Der Darmtyphus
nimmt in den Städten durch sanitäre Arbeiten, sowie durch Wasser-
leitungs- und Kanalisationsanlagen im Allgemeinen stark ab. Jedoch
kann die Krankheit in den eine kürzere oder längere Zeit verschont
gebliebenen Städten wieder bösartig auftreten und sogar Jahre lang
schwer herrschen. Die Ursache dieser unerwarteten Eruptionen ist
wohl manchmal die Vergiftung der Wasserleitung gewesen, bei mehreren
Epidemieen scheint jedoch dieser Erklärungsgrund nicht zutreffend
zu sein. Die Aetiologie des Darmtyphus ist noch nicht genugsam
beleuchtet, wir müssen vor Allem weitere Untersuchungen über die
Biologie des betreffenden Bacteriums abwarten; auch muss der Ent-
wickelungsgang des lokalen Krankheitsherdes weiter studirt und mehr
gewürdigt werden.
(Fortsetzung folgt.)
Neue Litteratur
zusammengestellt ron
Dr. Arthur Würzbubg,
Bibliothekar im Kaiserlichen Gesundheitsamt« in Berlin.
Beziehungen der Bakterien und Parasiten zur unbelebten Natur.
Nahmnga- und Genusemütel, Gebrauchsgegenstände.
Bang, B., Er malken af tuberkulöse köer virulent, nar yveret er suudt? (Nordiskt
medic. ark. Bd. XXII. 4. 1891. No. 24. p. 1 — 6.)
GaUsvardin, Innocuite du lait et de la viande des vaches tuberculeuses. (Lyon inöd
1891. No 10. p. 333—336.)
Galtier, V., Nouvelles reeberches sur Ia virulence de la viande des animauz tubercu-
leuz et sur l’höredite de la tuberculose. (Lyon inöd. 1881. No; 10. p. 825 — 328.)
fiaee, La putröfaction des viandes. (Annal. d’hyg. publ. 1891. No. 3. p. 268 — 276.)
Morot, De la vente pour l’alimcntation de l’homme des viandes des animai'x tuberculeux
aprös cuisson süffisante et trausformation en conserves ou eu extraits. (Reo. de med.
vötöriu. 1891. No. 4. p. 90 — 93.)
freussen. Sanitätspolizeiliche Behandlung des Fleisches von finnigem Rindvieh. Gut-
achten der technischen Deputation für das Veterinärwesen vom 12. März 1890. Desgl.
der wissenschaftlichen Deputation ffir das Medicinai wesen vom 18. Juni 1890- (Yer-
öffentl d. kau. Geäundh.-Äintes. 1891. No. 10. p. 157 — 159.)
682
Naue Littcratur
Beziehungen der Buhierien und Parasiten zur belebten ftatnr.
Krankheitserregende Bakterien und Parasiten.
Gamal eia, N., Sui la lesion locale dsns les malaöies microbiennes. (Arch. de mdd. ex-
perim. 1891. No. 2. p. 277 — 283 )
Krankheitserregende Bakterien und Parasiten hei Menschen.
A. Infektiöse AUgemeiidcranhheiten.
Malariakrankheiten.
Book, 6 , Die Blut-Parasiten der tropischen Malaria-Fieber. (Fortscbr d. Medic. 1891.
No. 5. p. 187 — 189.)
Ezanthematische Krankheiten.
(Pocken [Impfung], Flecktyphus, Masern, Rotheln, Scharlach, Friesei, Windpocken.)
Antony, Rapport sur le fonctiounement du centre vaccinogkne du Val-de-Gräce (1889 —
1890). (Arch de med. et de pharm, milit. 1891. No. 3. p. 211 — 229.)
Commenge, Vaceinations et revaccinations faites k la compsgnie du gaz en 1888.
(France uied. 1891. No. 11. p. 163 — 166.)
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Delamotte. Les affections eharbonueuses et les troupeaux de l’Alg£rie. (Ga*, med. de
l’Algerie. 1890. No. 19—24. p. 147—149, 154-156, 162—163, 172—17*, 179—181,
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Krankheitserregende Bakterien und Parasiten bei Thieren,
Süugeüdere.
A. Infektiöse Allgemeinkrankheiten.
Stand der Thierseucheu in Italien während der 13 Wochen vom 29. September bis
28. December 1890. (Verödend, d. kais. Gesundh.-Amtes. 1891. No. 10. p. 156.)
Inhalt*
Originalmittheilungen.
Conn, H. W. , Ueber einen bittere Milch
erzengenden Microeoccas. (Orig.), p. 653.
Lagerheim, G. von, Zur Kenntnis» des
Moschuspilzes , Fusarium aquaeductuum
Lagerheim (Selenosporium aquaeductuum
Rabenhorst et Radlkofer, Fusisporium
moschatum Kitasato). Mit 6 Figuren.
(Orig ), p. 655.
Loew, 0., Die chemischen Verhältnisse des
Bakterienlebens. (Orig.), p. 659.
Referate.
Brandt, Beitrag zur Mal&riafrage, p 671.
Von Brunn, Ueber den gegenwärtigen Stand
der Tnbercolosenfrage in ätiologischer
nnd prophylaktischer Beziehung, p. 669.
Büchner, H. , Die Bakterienproteine and
deren Beziehung zur Entzündung nnd
Eiterung, p. 666.
Busqaet, G. P., Etüde morphologiqne d’ane
forme d'Aehorion : L’Achorion Arloini,
Champignon da favas de lasouris, p.673.
Csokor, J , Zar Aetiologie der Tabercalose,
p. 667.
Elfving, Sur ane action directe qu’ezer-
cent certains ccrp» sur les tubes sporan-
giferes de „Pbycomyces nitens“, p. 664.
Galloway, B. T. , A new Pear disease,
p. 677.
, Disease of Geraniums, p. 677.
Gibbes, H, and Shurley, E. L. , An in-
vestigation into the etiology and treat-
ment of phthisis, p. 667.
Gniliebean , Ein Fall von Echinococcus
multilocularis, p. 675.
Hansen, Emil Chr., Recherchss sur la Phy-
siologie et la morphologio des ferments
alcooliques. Vin. Sar l& germination
des spores chez les Saccharomyces, p. 663
| Labarsch und Tsatsui, Ein Fall von sep-
tischer Pneumonie beim Neugeborenen,
verursacht durch den Bacillus enteridis
j (Gaertner), p. 670.
Luff, Arthur P., Report on the relation
of the ptomuius or animal alkaloids to
sorae of the infectious fevers, p. 665
Landström, C., Die Zersetzung von Harn-
stoff darch Mikroben und deren Bezie-
hungen zur Cystitis, p. 672.
M&ffaeci, Ueber die Wirkung der reinen,
sterilen Kultareu des Tuberkelbacillus,
p. 668.
Newcombe, E. C. , aud Galloway, B. F.,
Perennial mycelium of the Fungas of
Blackberry Rust, p. 676.
Prillieux, TL, La pourriture du coeur de
la Betterave, p. 676.
I
Untersuchungsmethoden, Instrumente eto.
Eisenberg, James, Bakteriologische Diag-
nostik. 3. And., p. 677.
Roux, Gabriel, Quelques remarques h. pro-
pos de la colorabilite du baeille de la
tuberculose. p. 678.
Sehr ötter, H von, and Winkler, F , Ueber
Reinkulturen der Gonokokken, p. 679.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen med iciniscbi u
Kongresse za Berlin,
4. — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
Almqaist, Ueber das vermehrte Auftreten
de» Darmtyphus an einer Anzahl von
mehr oder minder typhusfreien Orteu
nach jahrelangen Zwischenräumen, p. 680.
i
Nene Litterator, p. 681.
Frommannache Buchdvuckcre: (Herma uu Fohle) in Jeu**
Bakteriologie und Parasitenkunde,
In Verbindung mit
ßefe. Hefr. Profi Dr. Lemtot ui Professor Dr. Loeiter
in Leipzig in Greifswaid
herausgegeben von
Dr. O» UMworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX, Band, Jena, den 20. Mai 1801. -0- No. 21.
Preis für den Sand 28 Summern) i4 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— Zn beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstnlten. %t—
The Redaktion des „ Centralblatts für Bakter iologie und Parasiten -
künde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder auf das Manuskript schreiben zu wollen oder
direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen
zu lassen. The Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können ,
Original - ^IttheHüngen.
Ueber die Eigenschaften des Tetanus- Antitoxins 5 ).
Von
Ö. Tizzoni und friuseppina Cattau! 2 )
in
Bologna
Nachdem wir festgestellt hatten, dass das Blut der gegen Teta-
nusinfektion immun gemachten Thiere die Fähigkeit besitzt, auch
ausserhalb des Organismus das Toxalbumin des Tetanus3) u.nwirk-
1) Der Kürze wegen nennen ]wir , .Tetanus-Antitoxin“ diejenige Substanz, weiche
das Blut der gegen diese Krankheit immun gemachten Thiere die Fähigkeit verdankt,
das Gift und das Virus des Tetanus unschädlich zu machen.
2) Vorgetragen in der R. Accad. dei Lincei in der Sitzung vom 5. April|1891.
3) Tizzoni eCattani, Sul modo di conferire ad alcuni aniin&li l’imoaunitä contra il
IX bd. 44
686
T i z 7. o n i und C a 1 1 a n i ,
sam zu machen, untersuchten wir die Eigenschaften der Substanz,
welcher das Blutserum diese antitoxische Wirkung verdankt.
Zu diesen Untersuchungen bedienten wir uns des Blutserums eines
gegen Tetanus immun gemachten Hundes, welches wir auf die gewöhn-
liche Weise sammelten und in sterilisirteu Glasröhren aufbewahrten.
Von diesem Serum nahmen wir kleine Mengen, behandelten sie mit
denjenigen chemischen und physikalischen Agentien, welche wir er-
proben wollten, und mischten sie dann mit x/g ccm einer Tetanuskuitur
in Gelatine, welche durch Porzellan filtrirt war. Nach halb- oder
einstündiger Berührung wurde diese Mischung unter die Haut eines
Kaninchens injizirt, uud, je nachdem dieses tetanische Symptome zeigte
oder nicht, schlossen wir, dass das Blutserum seine Wirkung auf das
Tetanusgift verloren habe oder noch besitze.
Ehe wir die erhaltenen Resultate mittheilen , halten wir es
für nöthig, zu erklären, dass die von uns bei diesen Untersuchungen
benutzten Tetanuskultureu bei 40 0 C im Vacuum auf ein Dritttheil
ihres ursprünglichen Volumens abgedampft worden waren und dass
nach dieser Konzentration 1j.l ccm davon ein mittelstarkes Kaninchen
in ungefähr 36 Stunden tödtete.
Bei diesen unseren Untersuchungen haben wir zunächst beobach-
tet, dass das Blutserum der gegen Tetanus immun gemachten Thiere,
wenn es rein gesammelt und bei ziemlich niedriger Temperatur (in
unserem Falle bei ungefähr 15° C) uud im Dunkeln gehalten wird,
seine anti toxischen Eigenschaften gegen Tetanus viele Tage unver-
ändert behält. Ausserdem haben wir beobachtet, dass das Antitoxin
des Tetanus der Wärme nur schwachen Widerstand leistet, was wir
feststellen konnten, als wir kleine Mengen des Serums, jedesmal eine
halbe Stunde lang, an Wasserbade der Wirkung verschiedener Tempe-
raturen aussetzten. Unter diesen Umständen behält das Blutserum
seine Wirkung auf das Tetanusgift bis zu 60 0 C unverändert bei;
aber schon bei 65 0 C wird es sehr geschwächt uud bei 68 0 C ver-
liert es seine antitoxische Wirkung ganz.
In der That starb das Thier, dem man Tetanuskultur zusammen
mit Serum , welches eine halbe Stunde lang auf 65 0 C erwärmt,
worden war, injizirt hatte, am Tetanus, aber viel später (nach 6
Tagen), als das Ivontrollthier und unter von den gewöhnlichen etwas
abweichenden Symptomen. Es .zeigte nämlich die ersten Tetanus-
symptome erst am vierten Tage nach der Operation, und statt zuerst
auf den inokuiirten Theil beschränkt zu sein UDd sich von da auf
die Nachbarschaft und dann auf den ganzen Körper zu verbreiten,
bestanden diese von Anfang au in einer Zuuahme der allgemeinen
Erregbarkeit mit Zittern und einem gewissen Grade von Starrheit
der ganzen Musculatur : kurz, es war ein Krankheitsbild, wie mau es
zumeist durch subdurale oder intravasculäre Injektion des Tetanusgiftes
erhält, uud nicht wie es auf Unterhautinjektion desselben folgt.
Dasjenige Kaninchen nun, welchem mau Tetanusgift, vermischt
mit Blutserum, welches eine halbe Stunde lang auf 68 0 C erwärmt
tetano. (Letta alia K. Aecad. delle Scienze di Bologna nella seduta dell’ 11 gennaio
1891. — Ril'orma znedica. 1891. — Centralblatt für Bakteriologie u Par. Bd. IX. 1891. No. 6.)
üeber die Eigenschaften des Tetanus-Antitoxins.
687
worden war und, weil es koagulirt war, erst fein zerrieben werden
musste, ehe man es mit der Kultur mischte, injizirt hatte, starb in
derselben Zeit und unter denselben Symptomen wie das Kontrollthier.
Diese Thatsachen beweisen, dass das Antitoxin des Tetanus
seine antitoxische Kraft genau bei der Gerinnungstemperatur des
Eiweisses verliert, und dies macht die Annahme sehr wahrscheinlich,
dass es selbst zu den Eiweissstoffen gehört.
Danach haben wir untersucht, wie sich das Tetanus-Antitoxin
gegen die Dialyse verhält, denn es war für uns von grossem Interesse,
zu wissen, ob es dialysirt oder nicht, besonders wegen unserer
Bestrebungen, es zu isoliren.
Zu diesem Zwecke nahmen wir, immer mit sterilisirten Gefässeu
und Flüssigkeiten arbeitend , ein wenig Blutserum eines immuuen
Hundes und dialysirten es bei 35 0 C in einem kleinen Dialysator
und gegen eine geringe Wassermenge. Nach zwei Tagen sammelten
wir das äussere Wasser des Dialysators, welches absichtlich nicht
erneuert wordeu war und in welchem durch die empfindlichsten
Reagentien keine Spur von albuminoider Substanz uachzuweisen war,
und versuchten die ganze Menge auf die gewöhnliche Weise an einem
Kaninchen. Dieses starb an höchst akutem Tetanus, und bewies uus
damit, dass das im Blutserum eines immunen Hundes enthaltene
Antitoxin keine dialysirbare Substanz ist.
Dagegen zeigte das im Dialysator enthaltene Blutserum noch
seine ganze antitoxische Kraft gegen das Tetanusgift, auch wenn die
Dialyse gegen eine grössere Wassermenge ausgeführt wurde, als im
vorigen Falle, gegen 2 — 4 Liter z. B., welche nach je 24 Stunden
erneuert wurde, so dass das Serum alle seine Salze verlor und zu-
letzt neutral reagirte.
Von den organischen Säuren haben wir die Milchsäure, von den
mineralischen die Salzsäure versucht und gefunden, dass die letztere
selbst in geringer Menge (ein halber Tropfen auf 5 Tropfen Serum)
und in kurzer Zeit (nach 3 Stunden) die antitoxische Kraft des
Serums vollkommen zerstört. Die Milchsäure in starker Dosis (3
Tropfen auf 5 vom Serum) bringt in derselben Zeit dieselbe Wirkung
hervor, während dieselbe in geringerer Menge (i Tropfen auf 5
Tropfen Serum) das Tetauus-Antitoxin nicht verändert.
Von Alkalien haben wir das Kalihydrat versucht, welches, wie
die organischen Säuren, in kleiner Menge (1 Tropfen 1 1/s °/oiger
Kalihydratlösung auf 4 Theiie Serum) und in kurzer Zeit (3 Stun-
den) di<? Eigenschaft des Blutserums, die Wirkung des Teta-
nusgiftes zu verhindern, durchaus nicht vermindert, während es das-
selbe in stärkerer Dosis (gleiche Theiie von P/s0/0 iger Kalilösung
und Serum) vollkommen unwirksam macht.
Von den Neutralsaizen haben wir für unsere Versuche das
Ammoniumsulfat gewählt, weil es bei der Zubereitung des Tetanus-
Antitoxins in trockenem Zustande Anwendung finden konnte.
Zu einer kleinen Menge von Blutserum fügten wir Krystalle
von Ammoniumsulfat hinzu, bis eine kleine Menge dieses Salzes un-
gelöst blieb. Der erhaltene Niederschlag wurde abfiltrirt, ausge-
44*
$88 'Tizzoni u. Cattani, Ueber <3. Eigenschaften d Tetanus-Antitoxins.
waschen, in destilürtem Wasser gelöst und dann dialysirt, bis aus
äussere Wasser des Dialysators keine Reaktion auf Sulfate mehr
ergab. Dana fügten wir 'L ccm der Tetanuskultur hinzu und in-
jizirteu es einem Kaninchen, welches keine Veränderung seiner Ge-
sundheit erlitt.
Dies beweist uns, dass das Tetanus- Antitoxin entweder durch
das Ammoniumsulfat niedergeschlagen oder von den Eiweissstoffen
des Serums bei ihrem Niederfalien mechanisch mitgerissen wird:
in jedem Falle, dass dasselbe auch nach langer Berührung mit jenem
Salze nichts von seiner Wirkung gegen das Tetanusgift einbüsst.
Endlich versuchten wir festzusteilen, ob das Tetanus- Antitoxin
sich wie ein Enzym verhält, und wendeten zu diesem Zweck die
Methoden von Schmidt und Witt ich auf das Blutserum des
immunen Sundes an. Wir fällten mit zehnfachem Volumen abso-
luten Alkohols eine gewisse Menge von Blutserum , trennten nach
zwei Tagen den so erhaltenen Niederschlag ab und trockneten ihn
im Vacuum. Dieser zeigte sich dann immer wirksam gegen das
TetaDasgift, mochte er in Wasser aufgenommen worden sein, nach der
Methode von Schmidt, oder mit Glycerin ausgezogen, nach der
von "Wittich. In letzterem Falle jedoch wurde dies nur dann
erreicht, wenn die Berührung mit dein Glycerin ziemlich lange ge-
dauert hatte, nämlich 2 bis 3 Wochen wenigstens, währeud das 4-
bis 5- tägige Glycerinextrakt nur eine schwache Wirkung auf das
Tetanusgift ausübte, welches die Thiere noch immer unter tetaaischen
Erscheinungen, aber langsam tödtete; das 8- bis 10-tägige Glycerin-
extrakt war zwar viel wirksamer, als das vorhergenanute, vermochte
aber doch nicht das Tetauusgift ganz zu neutralisiren, so dass bei
den Thieren immer noch einige sehr leichte, örtliche Erscheinungen
und vorübergehende Abmagerung eiutraten.
Diese letzten Thatsachen, in Verbindung mit der schon früher
von uns festgesteliten, dass nämlich sehr kleine und kurze Zeit hin-
durch wirksame Mengen ^on dem Blutserum eines gegen Tetanus
immunen Hundes genügen, um das Tetanusgift unschädlich zu machen,
lassen uns den Schluss ziehen, dass das in jenem Blutserum enthal-
tene Antitoxin ein Eiweissstoff ist, dessen Haupteigenschaften denen
der Enzyme entsprechen.
Im Hinblick auf diese Folgerung glaubten wir untersuchen zu
müssen, ob es nicht vielleicht das Fibrinferment des Blutes selbst,
sei, welches die Fähigkeit besitzt, das Tetauusgift unschädlich zu
machen. Wir benutzten aiso die bekannte Thatsache, dass das
wässerige Extrakt aus dem Blutegel eine Substanz enthält, welche
die Eigenschaft besitzt, das FibriGferment zu zersetzen, und unter-
suchten, ob das Tetanus- Antitoxin, wenn es eise gewisse Zeit
der Wirkung des Blutegelextrakts unterworfen wird, die Fähigkeit
behielte, das Tetanusgift unschädlich zu machen. Das Thier, welchem
Tetanusgift mit Antitoxin und Blutegelextrakt eingespritzt wurde,
zeigte kein krankhaftes Symptom, und dies berechtigt uns zu der
Abnahme, dass das Tetanus-Antitoxin nicht dieselbe Substanz ist,
wie das Fibrinferment. Und zwar obgleich die Thatsache, dass
Stevenson u. Erace; Eine neue Methode, Flüssigkeiten einzuspritzen. ß89
das Kon troll thier, welchem man mit Blutegelextrakt behandeltes
Tetanusgift iejizirt hatte, weniger akute und intensive Tetanussym-
ptome dargeboten hatte, als wenn ihm reines Teianusgift eingespritzt
worden wäre, uns bewiesen hatte, dass das Blutegelextrakt selbst
durchaus nicht ohne Wirkung auf die toxische Substanz des Teta-
nus ist.
In einer späteren, noch nicht vollendeten Reihe von Unter-
suchungen beabsichtigen wir festzustellen, ob das Tetanus- Antitoxin
zu den Serinen oder zu den Globulinen des Blutserums gehört.
Bologna, Ende April 1891.
Eine neue Methode, Flüssigkeiten in die Bauchhöhle
der YersuekstMere einzuspritzen.
Von
W. F« Stevenson und David Bruce
in
Netl ey.
Mit 8 Abbildungen.
Bei der Einspritzung von Flüssigkeiten in die Bauchhöhle der
Versuchstiere läuft man Gefahr, mit der Spitze der hypodermischen
Nadel die Därme zu verwunden. Wir haben deshalb eine Methode
versucht, welche diese Gefahr bis aufs geringste einschränkt, und
geben io Folgendem eine Beschreibung davon.
Die angewendete Nadel (Fig. 1) ist gekrümmt; ihr Vordertheil
(zwischen a und b) ist cadelspitzig, aber nicht hohl ; ihre hintere
Fig. 1.
Hälfte (zwischen b und c ) ist eine Röhre. Am Punkte b ist eine
kleine Öeffnung, durch welche die Flüssigkeit ausströmen kann. Bei
der Anwendung einer solchen Nadel ist es natürlich gleichgültig,
welcher Art die Spritze oder der Injektionsapparat ist. Mau füllt
die Spritze mit der beabsichtigten Flüssigkeit, lässt die vorderen und
hinteren Extremitäten des Thieres (e. g. Meerschweinchens) von
einem Assistenten in der Weise halten, dass die Bauchwände schlaft'
liegen. Der Operateur hebt daun mit dem liuken Zeigefinger und
Daumen (Fig. 2) eine Falte der Bauchhaut in die Höhe, jedoch mit
690
L 0 8 w ,
der Vorsicht, dass er das Peritoneum mit fasst, aber keinen Theil
irgend einer Darmschlinge. Der Assistent erfasst nun mit seinem
linken Zeigefinger und Daumen die Bauchwandfalte in nächster Nähe
der Stelle, wo der Operateur dieselbe emporgezogen hat. Die Nadel-
spitze wird hierauf am Punkte A in der Weise eingestocheu, dass die
centrale Oeffnung der Nadel im Mittelpunkte der emporgezogenen
Gewebe sich befindet. Bei geringem Nachlassen des Fingerdruckes
breitet sich die Bauchwand über der Nadel aus, lässt aber die Spitze
ausserhalb der Haut stehen (Fig. 3). Nachdem eine hinreichende
Menge der Flüssigkeit eingespritzt ist, presst man die Wände der
Bauchwandfalte wieder zusammen und zieht die Nadel heraus.
Netley, 10. April 1891.
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens,
Suchen wir zunächst einen allgemeinen Ueberblick über die ver-
schiedenen Er nährungs verhäl tnisse zu gewinnen, sowie die
Giftwirkungen in ihren Ursachen zu klassifiziren.
In Bezug auf den Modus der Ernährung lassen sich die Bak-
terien in 3 Gruppen scheiden : I. Bakterien, welche nur von Eiweiss-
etoffen und deren nächsten Verwandten leben können. II. Solche,
welche aus kohlensaurem Ammoniak ihre organische Substanz bilden
Von
Dr. 0. Loew,
Privatöozentea an der Universität München.
(Fortsetzung.)
II.
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
691
können. III. Solche, welche von zahlreichen, den Prote'instotfen ferne
stehenden organischen Substanzen zu leben und daraus ihr Proto-
plasma zu bilden vermögen.
Ad I. Die hierher gehörenden, oft pathogenen Formen bieten
kein Interesse in Bezug auf die Chemie der Eiweissbild ung, wohl
aber ein sehr grosses in Bezug auf Eiweisszersetzu ng , Produk-
tion von Ptomai'nen etc.
Ad II. Nur eine einzige hierher gehörende Bakterienart ist bis
jetzt genauer bekannt geworden x). Diese Art, von Winogradsky
Nitrom onas genannt, wurde zuerst von Hueppe beobachtet,
welcher zugleich die nitrifizirenden Eigenschaften bemerkte 1 2). Dar-
über, wie der Pilz aus der Kohlensäure des kohlensauren Ammoniaks
sich organische Stoffe bereitet, haben sowohl Hueppe als Wino-
gradsky Ansichten geäussert. Winogradsky meint, es ent-
stehe zuerst Harnstoff3), Hueppe dagegen Formaldehyd, resp. ein
Kohlehydrat sei das erste Assimilationsprodukt. Ich schliesse mich
der Ansicht Hueppe’s an, mit dem Unterschiede jedoch, dass ich
die Nitrifikation nicht als Folge der Kohlensäurezersetzung be-
trachte, sondern umgekehrt. Würde nämlich die Kohlensäureassimi-
lation unabhängig von der Nitrifikation resp. Anwesenheit von Am-
moniak sein, so müsste der Pilz auch dann gedeihen können, wenn
ihm der Stickstoff in Form von Nitraten geboten wäre; denn Ni-
trate zu reduziren ist ja eine viel leichtere Arbeit, als Kohlensäure
zu assimiliren nach Art des Chloropbyllkörpers.
Man kann sich den Vorgang am plausibelsten so denken, dass
bei unvollständiger Oxydation des Ammoniaks Wasserstoff disponibel
wird, der zur Reduktion der Kohlensäure dient:
I. 2NH3 + 202 = 2NO,H -f- 4Ü
II. C02 +- 4H = H20 4- CH20
HI. 6CHsO = C6Hl206.
In neuester Zeit ist es bekanntlich Winogradsky4) ge-
lungen, diesen Pilz in Reinkultur zu erhalten und genauer zu unter-
suchen. Er fand bei Vergleich der Menge des assimilirtea Kohlen-
stoffs mit der Menge des oxydirten Stickstoffs, dass die letztere 33
bis 37 mal so viel betrug, als die erstere. Daraus geht hervor, dass
mindestens 14 Moleküle Ammoniak totale Oxydation zu Wasser
und Nitrit (resp. Nitrat) erfahren , ehe eines gemäss obiger Gleich -
1) Sollten Bac. erythrosporus und Micrococcus aquatilis nicht auf
ähnliche Weise leben können? Vgl. Flügge, Die Mikroorganismen. S. 430.
2) Biol. Centralblatt. VII. 702.
3) Wenn nach Winogradsky ’s Ansicht der Harnstoff den Ausgangspunkt für
die Eiweissbildung abgäbe, so mussten ganz ausserordentliche chemische Umwälzungen
stattünden und eine ungemein grosse Menge von Stickstoff eliminirt worden. Man ver-
gleiche nur die beiden Formeln:
, CONgH,
Harnstoff. Empirische Eiweissformel.
Auf 72 Kohlenstoffatome in 72 Mol. Harnstoff kommen 144 Atome Stickstoff, während
in einem Molekül Eiweiss auf 72 Atome Kohlenstoff nur 18 Atome Stickstoff kommen.
Auf dem Wege über Harnstoff bereiten sich die Pilze ihr Eiweiss sicherlich nicht!
4) Siehe die Reforste H. Büchner s in dieser Zeitschrift.
692
L o e w ,
ung in unvollständiger Weise oxydirt wird. Es ist also hier ahn*
lieh wie bei den Schimmelpilzen , die bei schlechter organischer
Nahrung oft das 10 fache der entstehenden Pilzsubstanz an Nährstoff
völlig verbrennen, um die nöthigen Kräfte zu gewinnen.
Nahe verwandt, vielleicht identisch mit Nitromonas ist der
nitrifizirende Spaltpilz, welchen P. und. H. Frankl and aus Garten-
erde isolirten, und der etwa 0,8 ,« lang ist1). Derselbe kann nach
Kultivirung in Bouillon auch auf Gelatine wachsen. In der Bouillon-
kultur wird der Pilz bis 1,5 tu lang (und 0,5 fi breit) und hängt
meist zu 4 — 5 Individuen zusammen; diese gehen bei Kultur in
Ammoniaksalzlösungen wieder auf die ursprünglichen Dimensionen
zurück, wobei sie jahrelang ohne organische Nährstoffe sich fort-
entwickeln können. Bei der Züchtung auf Gelatine erreichen sie
eine zwischen jenen beiden Extremen stehende Länge. Diese Form-
veränderungen sind mit Abschwächung des Nitrifikationsvermögens
verbunden ; es ist also hier ähnlich, wie bei manchen anderen Spalt-
pilzarten , die bei veränderten Lebensbedingungen ihre Tbätigkeit
modifiziren.
Ad III. Hierher gehört bekanntlich die grosse Mehrzahl der
Bakterien, welche wir wieder — ebenso wie die nur von Eiweiss-
stoffen lebenden Bakterien — scheiden müssen in gährtüchtige und
nichtgährtüchtige. Während man die verschiedenen organischen
Substanzen in ihrem Verhalten gegenüber Bakterien im Allgemeinen
scheiden kann in giftige2) und uichtgiftige , müssen wir letztere
wieder bei den sub III zusammengehörigen Pilzen eintheilen in in-
differente und nährende.
Zu den indifferenten Stoffen gehören z. B. Pyridin, Chloral,
pikrinsaure und nitranilsaure Salze, Nitrobepzoesäure , oxalsaure
Salze, wahrscheinlich auch Amidobenzoesäure.
Ich versuchte vergebens, in einer phosphorsaures Pyridin ent-
haltenden Lösung Schimmel- und Spaltpilze zur Edtwickelung zu
bringen, obgleich selbst 0,5% freies Pyridin in einer Peptonlösung
diesen Pilzen keinen Schaden bringt. Die Pilze können das Pyridin
(C6H6N) eben nicht zur Eiweissbildung benützen, weil es ein che-
misch auffallend beständiger Körper ist und auch von den Pilzen
nicht gespalten oder partiell oxydirt werden kann , zum Zwecke,
brauchbare Gruppen für die Eiweissbildung herzustellen.
Was die nährenden Stoffe betrifft, so lassen sich mit Bezug
auf die Förderung des Pilzwachsthums folgende allgemeine
Gesichtspunkte aufstellen :
1) Bydroxylirte Säuren sind besser, als die entsprechenden nicht-
hydroxvlirten, z. B. Milchsäure besser, als Propionsäure.
2) Mehrwerthige Alkohole sind besser, als die entsprechenden
einwerthigen, z. B. Glycerin besser, als Propylalkohol.
3) Der Nährwerth der Fettsäuren und der einwerthigen Alkohole
1) Philos. Trans. Vol. CLXXXI. 1890. S. 107 und Kef. von O. Schulz ira Biol.
Centralbl. XI. 55.
9) Giftigkeit ist freilich ein relativer Begriff. Vergl darüber die Bemerkungen
Nägeli’s über die für Bakterien giftigen Körper fBer. Bayr. Akad. 4. Wiss.
Juli 1879.)
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens
693
der Fettreihe nimmt mit steigender Anzahl der Kohlenstofiatome
ab; z. B. Essigsäure ist besser, als Buttersäure (Nägel i, Stutzer)
und Methylalkohol besser, als Amylalkohol (Brown)1 2).
4) Eintritt von Aldehyd- oder Ketongruppen erhöhen die Nähr-
fähigkeit; z. B. Glukose oder Fruktose sind besser, als Mannit,
Acetessigester besser, als Essigester 4). Bei gesteigerter Labilität
der Aldehydgruppe kann jedoch Giftwirkung eintreten (siebe unten).
Von hohem Interesse für die Bakteriologie müsste es sein, ver-
gleichende Studien über Näbrfähigkeit verschiedener Substanzen noch
weiter auszudebnen 3), Es dürfte sich dann auch im Allgemeinen
bestätigen, dass am Stickstoff methylirte Basen besser sind, als die
entsprechenden nichtmethylirten *). Man sollte z. B. vergleichen
Glykokoll mit Sarkosin, Glykocyamiu mit Kreatin.
Was die Stickstoffquellen für diese Pilze betrifft, so können be-
kanntlich nicht nur Ammoniaksalze und Nitrate verwendet werden 5 6),
sondern auch mannigfache organische Stickstoffverbindungen , wie
Amidosauren, Säurearoide, Amine, wahrscheinlich auch Nitrile und
manche Nitroso- und Nitroverbindungen, Azo- und Diazoverbin-
dungen sind ebensowenig geprüft, wie Hydrazo- und Azoxyverbin-
dungen ö). Wir dürfen wohl schliessen, dass aus affen den verschie-
denen organischen Stickstoffquellen zuerst Ammoniak gebildet
wird, ehe die Eiweisssynthese beginnen kann. Würden die ver-
schiedenen Amidosauren, Amine etc. als solche verwendet, so
müssten schliesslich verschiedene Eiweisskörper und damit ein ver-
schieden funkiionirendes Protoplasma entstehen. Aber wir müssen
diese Idee ebenso zurückweisen, wie die eines bekannten Chemikers,
welcher meinte, aus verschiedenen Zuckerarten müssten verschiedene
Protopiasmakorper und damit neue Arten von Organismen entstehen.
Schützenberger, welcher sich sehr grosse Verdienste im
Kapitel der Eiweissspaitungen durch Basen erworben bat, hat ge-
meint, man könne das Eiweiss wieder aus deu Aznidosäuren zu-
samraensetzen, in die es sich mit Säuren oder Basen spalten lässt,
und erhielt auch, als er ein Gemenge von Amidosauren mit Phosphor-
säureanhydrid erwärmte, ein Produkt, welches mit Phosphorwolframsäure
gefällt wurde und die Biuretreaktion gab. Allein Nencki wies mit
Recht darauf hin, dass auf diese Weise wohl keine Prote'instoffe er-
1) Versuche mit Baeteriöru aceti. (Chem. Soe. Journ. März 1886.)
2) Loew, Bio!. Centr&ibia« X. S. 585. Von einigem Interesse wäre es noch, in
dieser Beziehung zu vergleichen : Propionsäure mit BreDztraubensäure , Vaieriansäure
mit Laevulinsäure. Selbstverständlich sind hier nur solche Pilze zu verwenden, welche
diese Ketonsäuren nicht vergshren.
3) Bokprny und ieh haben bei Versuchen, Algen organisch zu ernähren,
beobachtet, dass Hydautoin und Kreatin bei Spirogyren günstiger wirken, als Leucin
oder Urethan, was wir auf eine gewisse Labilität der in jeneu Verbindungen enthaltenen
CH, Gruppe zurückführten. (Journal f. prakt. Cbetn. XXXVI. 280 )
4) Vergl. Loew Pflüger’s Archiv. XL. S. 442.
5) Verg!. auch O. Loew, lieber das Verhalten niederer Piize gegen verschiedene
anorganische Stickstoffverbindungen (Biol. Centralblatt. X. S. 577.)
6) Durch die Güte des Herrn Prof. Th. Curtius hoffe ich bald in den Stand
gesetzt zu sein, die vor ihm entdeckte hochinteressante Stickstoffwasserstoffsäure im
Verhalten gegen Bakterien au prüfen.
694 L o e w ,
halten werden, vollends aber keine, wie sie in lebenden Zellen vor-
handen sind.
Die Assimilation des Stickstoffs aus Nitraten, sowie des Schwefels
aus Sulfaten geht jedenfalls auf die Weise vor sich, dass diese durch
heftige Atombewegung im Protoplasma der Spaltpilze veranlasst wer-
den, mit leicht oxydirbaren Stoffen der Zellen zu reagiren, sie geben
an diese ihren Sauerstoff ab und nehmen dafür von diesen Wasser-
stoff auf1); als HäS und als NH^ betheiligen sich dann der S und N
bei der Eiweisssynthese.
Ein Studium von fundamentaler Bedeutung ist die Giftwir-
kung auf Bakterien. Wie ich früher schon hervorgehoben
habe2), müssen wir zwischen allgemeinen und speziellen Giften
unterscheiden. Spezielle Gifte sind z. B. Kohlenoxyd , Kupfersalze,
Arsensäure, arsenige Säure, sie wirken nur auf bestimmte Abtheilungen
des Thier- resp. Pflanzenreichs. Allgemeine oder Plasmagifte da-
gegen wirken tödtlieh auf alle lebenden Zellen ohne Unterschied.
Was zunächst die allgemeinen Gifte betrifft, so lassen sich folgende
Gesetze aufstellen:
1) Starke Säuren und Basen wirken durch Veränderung der
Eiweissstotfe des lebenden Plasmas giftig.
2) Körper, welche leicht Sauerstoff an das lebende Protoplasma
abgeben, wirken giftig, indem dadurch andersartige Oxydationen als
beim Athmungsprozess bewirkt werden, z. B. durch W'asserstoflsuper-
oxyd, Chromsäure, Jodate und Permanganate.
3) Körper, welche reduzirend wirken, sind giftig, z. B. schweflige
Säure3), Schwefelwasserstoff4).
4) Metallsalze von solchen Metallen, welche gern Wasserstoffatome
der Amidogruppe ersetzen, sind allgemein giftig, wie z. B. Queck-
silber- und Silbersalze. Alkalische Silberlösuogen können noch durch
direkt oxydative Thätigkeit giftig wirken 5).
5) Körper mit einem intensiven Schwingungszustand wirken durch
eine schädliche Beeinflussung der Lebensbewegung giftig, z. B. Chloro-
form, Aether, ätherische Oele. Sie bewirken Umlagerung im aktiven
Eiweiss des Protoplasmas.
6) Körper, welche bei grosser Verdünnung noch in Aldehyd-
gruppen eingreifen6), sind giftig: Hydroxylamin, Diamid, Phenyl-
hydrazin. 0,1 °/0 des Diamids NSH4 oder des Hydroxylamins
NH2OH verhindern, wie ich gezeigt habe, die Entwickelung von
Fäulnisspilzen. Marpmann hat die Giftigkeit de§ Hydroxyla-
mins dann auch für Pneumoniekokken und Bacillus ureae beob-
1) Vergl. meine Mittheilungen über katalytische reduzirende Wirkun-
gen in den Ber. d. Deutschen Chemischen Geselisch. XXUI. S 3126. S 675 und S. 866.
2) Pflüger ’s Arch. XL. 438.
3) Vergl. L. Pfeiffer, Chem. Centralblatt. 1889. II. 300.
4) Nach F. Frankland werden Cholerabakterien , Blaueiterbakterien und die
F i n k 1 e r 'sehen Spirillen durch HsS und S04 rasch getödtel (Z. H. VI. 13).
5) Vergl. auch Behring, Deutsche Med. Wochenschr. 18S7. No. 37.
6) 0. Loew, Pflüger's Arch. XXXV S. 516 und Sitzungsber. der Geselisch. f
Morph, und Phys. in München. 1889. S. 126; ferner Binz, Virchow’s Archiv.
Bd. CXILI und E. Schulze und V. Meyer, Ber. d. deutsch, chem. Qm. XVII. 1654.
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
695
achtet, H. Büchner bat gezeigt, dass das Diamid eia scharfes
Gift für Choleravibrionen ist.
7) Körper, welche noch bei grosser Verdünnung in Amido-
gr uppen eingreifen, sind giftig; hierher gehören Körper mit sehr
labiler Aldehydgruppe, wie sie z. B. im Formaldehyd vorhanden ist.
Formaldehyd wirkt bei 0,1% stark antiseptisch 1 ) , auch als Gas
wirkt er sehr intensiv2). Acetaldehyd und Benzaldehyd erweisen
sich für Anaeroben als scharfe Gifte 3),
Ferner gehört hierher freie salpetrige Säure. Der Umstand,
dass Sprosspilze nicht durch Nitrate ernährt werden können, findet,
wie Laurent zeigte, darin seine Erklärung, dass bei der bald vor
sich gehenden Nitriibildung und der sauren Reaktion der Nähr-
lösungen salpetrige Säure frei wird, welche die Hefe schädigt. Es
steht zu hoffen, dass, wenn es gelingt, die Hefe in schwach alkali-
schen und zuckerfreien Nährlösungen zu züchten , dieselbe auch im
Stande sein wird, aus Nitraten den Stickstoff' zu assimiliren. Schimmel-
pilze können zwar auch bei sauer reagirender Nährlösung Nitrate
verwenden, indessen diese reduziren die Nitrate nur in dem Maasse,
als die Eiweissbildung vor sich geht, weshalb sich auch die inter-
mediäre Nitritbildung hier nicht nachweisen lässt. — Bei Spaltpilz-
kulturen in schwach sauren Nährlösungen, denen Nitrate zugesetzt
sind, bemerkt man bald nach dem Auftreten von Nitrit, dass die
Weiterentwickelung sistirt wird, während in alkalischen Lösungen
sich beträchtliche Mengen von Nitrit anhäufen können. F. Frank-
1 a n d zeigte , dass Stickoxyd rasch tödtlich wirkt auf die Cholera-
bakterien, Finkler’schen Spirillen und Bacillus pyocyaneus.
Die chemische Wirkung des Stickoxyds bei Gegenwart von Wasser
gleicht derjenigen der salpetrigen Säure.
8) Körper mit doppelt gebundenen Kohlenstoffatomen sind in der
Regel giftiger, als die entsprechenden gesättigten Substanzen, z. B.
Aeroleln giftiger, als PropylaMehyd, Neurin giftiger, als Cholin, Vi-
nylamin giftiger, als als Aethylamin (Versuche an Bakterien fehlen
hier noch).
9) Der Gifteharakter eines organischen Komplexes nimmt mit
der Anzahl der Amido- und Imiaogruppen zu: Harnstoff ist giftiger,
als Urethan, Guanidin giftiger, als Harnstoff, Toluylendiamine giftiger,
als Toluidin, Phenylendiamine giftiger, als Anilin, Phenylhydrazin
giftiger, als Anilin 4), Xanthin giftiger, als Theobromin, dieses wieder
giftiger, als Coffein (Filehne). (Vergleichende Versuche an Bak-
terien fehlen hier fast völlig.)
10) Basen mit primär gebundenem Stickstoff sind ceteris paribus
schädlicher, als solche mit sekundär gebundenem und diese schäd-
licher, als solche mit tertiär gebundenem: Amarin ist giftiger, als
Hydrobenzamid 5), Pyrrol und Piperidin sind giftiger, als Pyridin.
1) O. Loew, Ber. d. Ges. für Morph, und Physiol. München, Mai 1888.
2) H. Büchner, Münch, medic. Wochenschr. 1889. No. 20.
3) Kltasato und Weyl, Z. Hig. VIII. 41
4) Loew, Pflüger’» Archiv XXXV. 527.
5) Nach älteren Versuchen an Hunden, ferner neueren an Algen, von Bokorny,
696
Loe w,
Ich fand, dass, während 0,5% freies Pyridin weder Schimmel- noch
Spaltpilzen schadet, schon 0,2 % Piperidin antiseptisch wirkt1).
N (C;,H5) NH = (C5H10)
Pyridin Piperidin
Ferner dürften sich noch folgende beiden Sätze, für die bislang
nur sehr wenige Beispiele existiren, wohl allgemein und auch für
Bakterien bestätigen lassen.
11) Von isomeren giftigen Körpern ist der chemisch labilere
auch der giftigere: Isouitrile sind giftiger, als Nitrile; sulfocyansaures
Ammoniak giftiger, als Thiocarbamid.
12) Nimmt in einem schädlich wirkenden Stoffe durch Eintritt
gewisser Atomgruppen der labile Charakter zu, so nimmt auch der
Giftcharakter zu: Trioxybenzole sind giftiger, als Dioxybeuzole und
diese wieder giftiger, als Moncxybenzol (Phenol).
Bei vergleichenden Versuchen an Bakterien ist eine Anzahl von
Umständen wohl zu beachten ; zunächst die Temperatur. Ein Körper,
welcher bei 10 — 15° in einer gewissen Verdünnuug nicht als Gift
wirkt, kann bei 36° möglicherweise seine Giftwirkung bei derselben
Verdünnung entfalten. Das Protoplasma der lebenden Zellen ist
durch einen weit intensiveren Schwingungszustand der labilen Atom-
gruppen im Eiweiss viel reagirfähiger, d. b. empfindlicher geworden,
als bei niederer Temperatur 4). Ein zweiter wichtiger Faktor ist der
Luftzutritt. Körper, welche starke Gifte und zugleich leicht
oxydabel sind, können möglicherweise bei Luftzutritt ertragen
werden, da die Pilze das Gift in dem Maasse, als es eindringt, wieder
durch oxydative Thätigkeit unschädlich machen können (Pyrogallol,
Indol, Salicylsäure) , wogegen bei Luftabschluss das Gift zur vollen
Wirkung kommt.
Noch wichtiger als die Kenntniss der allgemeinen Gifte ist die
Krnntniss der Spezial gifte für Bakterien; doch ist dieses Feld
erst in neuester Zeit mit Erfolg in Angriff genommen worden. Die
überaus wichtigen Beobachtungen K. Büchner ’s über die bakterien-
t.ödtenden Eigenschaften des Blutserums und die interessanten Mit-
theilungen Hankin ’s über den schützenden Prote'inkörper derRatteu-
milz s) sind Marksteine in der Entwickelung der Bakteriologie.
Während wir hier Proteinstofle haben, welche dem Thmre nicht,
wohl aber den Bakterien schaden, haben B r i e g e r und F r a e n k e 1
gezeigt, dass Diphterie-, Tetanus- und Typhusbacillen im 6 egen -
ikeiie Eiweissstoffe bilden, welche auf die T liiere sehr giftig wir-
ken 4). H er raaun Scholl hat gefunden (Prager med. Wochenschr.
1890. No. 44), dass Cholerabakterien aus Albumin bei Anaerobiose
1) Loew, Pflüger's Areh. XL 442.
2) Vergl. die Versuche von Henle, Behring und fl ei der. Letsterer fand
(dieses Ceutraibi. IX. 221), dass Milzbrandsporec . weiche durch 36 tägige Einwirkung
einer 5 ö/oigen Karbolsäure bei Zimmertemperatur nicht vernichtet wurden , schon nach
2 Stenden bei 55° C durch dieselbe getodtet waren. Der Grund dieser Verschieden-
heit ist weit mehr in dem Protoplasma der Zellen, als in der Karbolsäure su suchen.
3) Dieses Ceotralblatt. IX. No. 10 u. 11.
4) Berl. klin. Wochenschr. XXV5I. 241. N&eli Martin produzirt auch Bacillus
Mi t h i a c i s Toxalburuine.
Die chemischen Verhältnisse des ßakterienlebeus.
697
ficsserst giftige Eiweisskörper bilden. In Nencki’s Laboratorium
wurde aber schon im Jahre 1888 von Dr. Hammerschlag aus
Tuberkelbacillen ein stark toxischer, albuminoseartiger Körper isolirt
(Wien. Akad. Ber.). Nencki hat die Ansicht ausgesprochen, dass
die Toxalbumine Enzyme sind, mit spezifischer und sehr energischer
Wirkung1)- Er weist unter andern auch auf die Beobachtung von
B6champ und Bai tu s hin, dass 0,35 g Malzdiastase und 0,15 g
Pankreatin per Kilo Körpergewicht nach Einspritzung in die Blut-
bahn bei Hunden sich als tödtlich erwiesen.
Auch unter den organischen Basen, deren Heer sich durch
Synthese täglich mehrt, müssen wir Umschau halten, ob nicht Spe-
zialgifte für Bakterien sich darunter befinden. Wir wissen z. B.
vom Chinolin, dass es den gewöhnlichen Fäulnisspilzen sehr schäd-
lich ist, dagegen selbst in bedeutender Konzentration (als salzsaures
Salz) nicht den Sprosspilzen2), es ist also ein Spezialgift. Neurin
ist ein Gift für höhere Thiere, nicht für niedere Pilze. Chinin,
Strychnin, Morphin sind keine Gifte für die gewöhnlichen Fäulniss-
bakterien, Chinin ist für niedere thierische Organismen ein stärkeres
Gift wie Strychnin, bei höheren Organismen ist es bekanntlich umge-
kehrt. Amöben werden von den Salzen des Chinins rascher getödtet,
als von denen des Morphins (Binz); das Gleiche wird bei Algen
beobachtet (Loew); bei höheren Thieren ist es umgekehrt.
Salzsaures Cocain wirkt in 0,3 °/c Lösung nicht schädlich auf
Hefe, aber für chlorophyllbaltige Infusorien (Zygoselmis orbi-
cularis) wirkt es 20 mal giftiger, als Strychnin; sie werden schon
durch Viooooo Cocain getödtet (Char pentier).
In neuerer Zeit haben Derivate des Anilins (Pyoktanin, Sulf-
aminol) als specielle Bakteriengifte therapeutische Verwendung ge-
funden.
Der Grund, dass gewisse Stoffe auf einzelne Abtheilungen des
Organismenreiches giftig wirken, auf andere nicht, hängt mit der
Tektonik des Protoplasmas zusammen. Nervenzellen werden anders
affizirt, als Drüsenzellen, Chlorophyll führende Organismen anders,
als chlorophyllfreie, Zellen von intensiver Thätigkeit meist leichter,
als solche mit geringer. Bei verschieden funktionirenden Zellen aber
müssen wir einen verschiedenen molekularen Aufbau (Tektonik) vor-
aussetzen; daher kann es kommen, dass gewisse Stoffe in einem
Falle störend eingreifen können, in einem andern aber nicht 3).
1) Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. XX (18901.
2) Donath, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. XIV. 184 und 0 Loew, Pflüger ’s
Arch. XXXV. 519.
3) Vergl. darüber Weiteres: O. Loew, PflBger’s Atch. XXXV. 511 nud 526
und Ibid. XL. 447.
(Fortsetzung folgt.)
698
Bacillus lactis viscosus
Referate.
idameiz, L., Untersuchungen über Bacillus lactis visco-
sus, einen weitverbreiteten milch »i rthschaftlichen
Schädling. (Berliner landwirtschaftliche Jahrbücher. 1891.)
Wie bereits mitgetheilt (Ref. in Bd. VII und VIII dieser Zeit-
schr.), entdeckte Prof. Adametz den genannten Bacillus zuerst
in dem Wasser zweier Bäche der Umgebung Wiens und züchtete ihn
in Milch. Dass derselbe aber auch spontan als Milcbscbädhng auf-
tritt, ergaben neuere Untersuchungen von aus der Schweiz (Sornthal)
eiügesendeten Proben fehlerhafter Milch. Bei diesen konute auch
nachgewiesen werden, dass der Erreger des fadeuziebenden Rahmes
aus dem Wasser eines bestimmten Brunnens stammte. Da zudem
die Erscheinungen, welche man in der milchwirthschaftlicheu Praxis an
„fadenziehender“ oder „schleimiger Milch“ beobachtet, sehr häufig ganz
mit den vom Bacillus lactis viscosus hervorgerufenen überein-
stimmen, gewinnt eine genaue Kenutniss dieses lästigen, die Milch-
produkte verderbenden, wenn auch nicht gesundheitsschädlichen
Spaltpilzes, zumal für Milchwirthe, nicht nur besonderes Interesse,
sondern auch erhöhte Wichtigkeit. Es ist deshalb die vorliegende,
mit 3 Photogrammeu ausgestattete Monographie eine werth volle Be-
reicherung bakteriologischer Forschung.
Bacillus lactis viscosus bildet kokkenähnliche Kurz-
stäbchen mit dicker, lichtbrechender, nicht färbbarer Kapsel und
hefeähnliche Involutionsformen mit kleiner Tochterzelle. Genaue,
mit Hülfe der Mikrophotographie angestellte Messungen ergaben
folgende Resultate: In Müchkulturen sind die mittelgrossen (in
überwiegender Zahl vorhandenen) Bacillen sammt der Hülle 1,5 /t
lang, 1,25 fx dick; die grösseren 1,75« lang, 1,35^/ dick, die klein-
sten 1,25 /n lang, 1,10 fx dick; in Theilung befindliche messen 2,2 /x
Länge, 1,3 ,« Dicke, an den Involutionsformen ist die Mutterzei le
3,1 /x lang, 2,5 /x breit. Die Hülle ist in der Regel 0,2— 0,3 //
dick, zuweilen jedoch bis 0,7 /x. In Pepton- Gelatine und Agar-Agar
bleiben die Bacillen etwas kleiner, ihre Hülle dünner. Sporenbildung
wurde bis jetzt nicht beobachtet. —
Plattenkulturen auf Glycerin-Pepton-Gelatine liefern im Allge-
meinen weissliche, durchschimmernde, runde, scheibenförmige Kolo-
nieen mit scharfen Kontouren und zuweilen mit konzentrischen
Ringen. Bei niedrigerer Temperatur (8 — 15° C) und tiefer in der Ge-
latine erreichen sie bis zu 4 mm Durchmesser. Nur bei günstiger
Temp. (16—20°) wachsen diese runden Kolonieen in einen dünnen,
oberflächlich gelegenen, breiten, unregelmässig gezackten Saum aus,
der im durchfallenden Licht hornartig durchscheinend ist, im auf-
fallenden Licht aber eine lebhafte Opalescenz zeigt. Diese charakte-
ristischen Kolonieen erreichen nach 7—8 Tagen 1 — 1,2 cm Durchmesser.
In der Tiefe der Gelatine bleiben die Kolonieen punktförmig klein.
Verflüssigung tritt nicht ein.
BseiJIus Jactis viscosus.
699
Die Kolonieen auf Agarplatten verhalten sich ähnlich, sind matt-
weiss, bis zu 2 mm breit und zeigen nur in Rollplatten schönen
Opalglanz. — Strichkulturen geben auf glycerinhaltiger Peptongela-
tine schmale, weissliche, durchschimmernde Streifen, die einen an-
fangs glatten, später feingezackten Rand besitzen. Achnlich ist der
Strich auf Agar, schmutzig weiss, schwach perlmutterglänzend. Die
Masse des Striches lässt sich in beiden Fallen in lange Fäden aus-
ziehen. Bei Stichkulturen tritt keine Verflüssigung ein. Sowohl in
Pepton als in Agar entwickelt sich an der Oberfläche um den Strich
eine weissliche Auflagerung. Längs des Stichkanales ist das Wachs-
thum in Pepton-Gelatine anfangs punktförmig, ;n Agar massiger.
In Würze und Würzegelatine gedeiht B ac 1 1 1 us 1 a c ti s visco-
sus nicht. — Das Verhalten desselben in Milch ist an anderer
Stelle (Ref. Bd. VII d. Z.) eingehend besprochen. Stenlisirte Milch
wird nach 4 — 6 Wochen zähflüssig wie Honig und lässt sich in
meterlange Fäden, ähnlich den Spinnenfäden, ausziehen. In nicht
sterilisirter Milch wird nur der Rahm fadenziehend oder schleimig.
Dieser Rahm liefert eine weiche, schmierige Butter, die durch das
massenhafte Auftreten von Buttersäurebacillen rasch dem Verder-
ben anheimfällt. Dies berechtigt zu der Annahme, dass der Ba-
cillus lactis viscosus den Buttersäurebacillen gewissermaassen
den Boden bereite. Zur Erhärtung dieser Behauptung führte A.
folgendes Experiment aus: Er versetzte eine alte Milchkultur von
Bacillus lactis viscosus mit dem 15-fachen Volumen Wasser.
Nach 8 — 10 Tagen zeigt diese Flüssigkeit die Konsistenz vom
Hübnereiweiss. Lässt man diese an freier Luft stehen , so siedeln
sich _ in derselben bald zahlreiche Buttersäurebacillen an und er-
regen eine lebhafte Buttersäuregährung. — Von den chemischen Ver-
änderungen der Milch ist ausser der Bildung der fadenziehenden
Substanz zunächst die Veränderung des Kasein zu erwähnen. Aus
ganz alteD Milchkulturen konnte es durch Ansäuern und Kochen
nicht mehr gefällt werden. Der Milchzucker war noch in erheblicher
Menge vorhanden. Fehling ’sche Lösung lieferte aber einen zeisigfar-
benen Niederschlag, der jedoch nicht von der fadenziehenden Substanz
herrührt. Die letztere erhält man nebst dem veränderten Kasein durch Fäl-
lung mit sehr viel absolutem Alkohol als schneeweissen Niederschlag,
der zahlreiche Bakterienzellen einschliesst. Die Resultate der che-
mischen Veränderungen der Milch sowie eigene, in verschieden kon-
zentrirten, kohlehydratfreien Peptonlösungen angestellte Kul-
turen ergaben, dass die fadenziehende Substanz weder das Produkt
einer schleimigen Gährung, noch ein Zersetzungsprodukt der Bacillen
selbst ist, sondern von der Hüllsubstanz der Bacillen herstammt,
daher wahrscheinlich wie bei Bacillus mesentericus vulga-
tus metamorphosirte Cellulose ist. Dieselbe wurde durch Kochen und Es-
sigssäurezusatz nicht verändert, durch Alkohol aber gefällt. 5 — lOprozen-
tige Rohrzuckerlösung mit Peptonzusatz erzeugte keine raschere und
reichlichere Bildung der fadenziehenden Substanz, Milchzuckerlösungen
verlangsamten sogar die Entwickelung.
Als schätzenswerthen Anhang und zum Vergleiche bringt der
Verf. eine Uebersicht über die übrigen bisher bekannt gewordenen
700 B»c. l»ctis vi*c. — B#c. melochloros. — Sept. und pySin. Pro*«sge.
Bakterien, welche die Milch in einen schleimigen oder fadenziehen-
den Zustand zu versetzen vermögen.
Dahin gehören : 1) die kleinen Kokken, welche Schmidt-Mühl-
heim als Ursache einer schleimigen Gährung in der Milch ansieht,
2) gewisse, von Hueppe gefundene Kokken, 3) die Duclaux-
schen Aktinobakter-Arten, 4) L o eff 1 er’s Bacillus der schlei-
migen Milch, 5) der C o c c u s der „langen W eiM von Weigmann,
6) der muthmaassliche, auf Pinguicula verkommende Urheber der
schwedischen Dichtmilch oder langen Milch, 7) der Kartoffelbacillus
(Bacillus mesentericus vulgatus, 8) der von Schütz isolirte,
von Katz beschriebene Micrococcus schleimiger Milch ; ferner 2
pathogene Arten, die als Urheber von Euterentzündungec bekannt
geworden sind und aus den erkrankten Eutern in die Milch gelangen,
nämlich: 9) die Streptokokken, welche zuerst Nocard und M ol-
ler eau, später Hess und Bor ge au d auffanden und studirten,
10) Der Guillebau’sche Bacillus c, den Freudenreich be-
schrieb; endlich 11) die 2 aus Bierwürze und Bier stammenden van
Laer’schen Bacillen No. I. und II, welche bei Uebertragung in
Milch eine grüne, fadenziehende Schichte absondern.
In Bezug auf die chemische Zusammensetzung der fadenziehen-
den Substanz tbeilt A. die Bakterien in 3 Gruppeu; 1) solche, bei
denen die fadenziehende Substanz wahrscheinlich durch Quellung der
Zellwand entsteht, also mehr oder weniger veränderte Cellulose ist,
wie bei Bacillus mesentericus, Bacillus lactis visco-
sus etc., 2) solche, bei denen dieselbe eiweisshaltig ist, wie bei
den Wei-Kokken und 3) solche, bei denen sie stickstoffhaltig ist, je-
doch nicht zu den Eiweisskörpern gehört, wie der van Laer’sche
Bacillus viscosus. W. W i n k 1 e r (Wien).
Winkler, F., und SckrStter, H. v., Ein neuer grünen Farb-
stoff entwickelnder Bacillus. 8°. 8 p. Wien 1890.
Die Yerff. untersuchten den Raupenkoth der Obstmaden des Apfel-
wicklers (Carpocapsa pomonelia L.) bakteriologisch und fanden
ia demselben neben Aspergillus- und Hefearten konstant einen
beweglichen, 2 — 2,5 n grossen Bacillus mit abgerundeten Enden,
der die Gelatine unter Entwickelung eines grünen Farbstoffs äusserst
schnell verflüssigte und ein Kaninchen, in dessen Bauchhöhle ein
Drittel der Pravaz’ scheu Spritze von einer Reinkultur gespritzt
worden war, am 10. Tage tödtete. Sie geben diesem Mikroorganismus,
der weder mit dem Bacillus pyocyaneus a und ß, noch mit
dem Bacillus fluorescens a und ß, noch mit dem Hajek-
sehen Bacillus foetidus ozaenae identisch ist, den Namen
Bacillus m el och io ros. M. Kirchner (Hannover).
Halm. M., Zur Leichendiagnose der septischen und
pyämischen Processe. [Aus dem patholog. Institut zu Berlin.}
(Virchow’s Archiv. Band CXXIII, Heft 1.)
Verf. hat eine Reihe von septischen Leichen bakteriologisch unter-
sucht und dabei hauptsächlich die pathogenen Kokken berücksichtigt.
Zur Untersuchung gelangten Eiter, Milz, Leber, Nieren und zuweilen
Septische und pyämische Prozesse. — Krebs.
701
aach die Lungen. Als Nährböden dienten Glycerioagar und Fleisch-
wasserpeptoßbouiliou.
Die Färbung von Schnitten erfolgte nach der Gram 'sehen
Methode oder mit Loeffler’s Methylenblau. Die Schnittuntersuchung
ergab oft ein negatives Resultat, während die Kulturmethode noch
Keime nachwies. In den Schnitten wurden nur Kokken gefunden. Auch
vom frischen Eiter wurden stets mikroskopische Präparate angefertigt.
Die Thierversuche bestanden in subkutaner Impfung am Ka-
ninchenobre.
Von den 15 untersuchten Fällen waren 9 puerperale ; in 5 Fällen
war der Ausgangspunkt eine Phlegmone. Von den 9 Fälleu von
Puerperal prozessen waren 4 ausgesprochene Fälle von Pyämie.
Bakterioskopisch fand man 3mal Streptokokken jn fast allen
Metastasen und Organen, lmal nur Staphylokokken.
Id 5 Fällen von Puerperalprozessen bestand PeritODitis. Id dem
Peritonealexsudate wurden 3 mal nur Streptokokken, 2 mal Strepto-
kokken und Staphylokokken gefunden.
Unter den nicht ausgesprochen pyämischen puerperalen Erkran-
kungen fanden sich 2 mal Streptokokken und Staphylokokken. In 2
anderen Fällen von Puerperalprozessen fanden sich grosse Mengen
von Streptokokken in den inneren Organen. Verf. neigt sich der An-
schauung von der Identität des Streptococcus pyogenes und
der des Ery sipelcoccus zu.
In den Fällen, in denen die Aligemeininfektion von einer Phlegmone
ausgegangen war, fand man im Eiter Streptokokken, zuweilen auch
Staphylokokken; dagegen ergab die bakterioskopische Untersuchung
der inneren Organe ein fast vollständig negatives Resultat« Viel-
leicht handelt es sich in diesen Fällen um einen durch die Wirksam-
keit der Bakterien hervorgerufenen Intoxikationsprozess.
Der akute Milztumor ist nach Verf.’s Erfahrung keine konstante
Erscheinung bei der septischen Aligemeininfektion.
Di ttrich (Prag).
Tramp», Th., Ueber saprophyte Schimmelpilze im
Brustkrebs. (Inaug. Diss.) 8n. 36 S. 1 Tfi. München 1889.
Verf. veröffentlicht einen Fall von Mamrnaearcinom bei einer
56 jährigen Frau, das zur Uleeration gekommen war, und bei dem in
deD intumescirten Acbseldriisen ein Schimmelpilz gefunden wurde.
Züchtungen wurden nicht gemacht, die Diagnose wurde nur auf
Grund der mikroskopischen Untersuchung gestellt. Höchst auffällig
ist, dass Verf. nicht nur Hyphen mit ausgebildeten Fruchtköpfen,
sondern auch Sklerotien gesehen haben will, die ihn veranlassen, den
Pilz a!s eine sehr kleine, noch nicht beschriebene A s p e r g i 1 1 u s art
anzusprechen. Nach den bisherigen Beobachtungen bilden die Hy-
phomyceten im menschlichen und thierischen Organismus lediglich
ein Mycel, während Fruchtkörper nicht beobachtet sind.
Zur Vervollständigung seiner Krankengeschichte gibt T. ein
Verzeichniss von Litteratu rangaben über Schimmelpilzbefunde, wobei
er saprophytische und pathogene Pilze nicht scharf trennt. Ganz
vertraut scheint er überhaupt mit den einschlägigen Verhältnissen
IX. Bd. 45
702
Krebs.
nicht zu sein, da ihm einige nicht ganz verzeihliche Irrthümer mit
unterlaufen. So führt er an, dass Grawitz „mit Erfolg die
Schimmelpilze derart umzüchtete, dass sie sowohl die Alkalescenz
des Blutes, als auch die erhöhte Temperatur, ebenso den verringerten
Sauerstoffgehalt des Blutes nicht nur ertrugen, sondern üppig vege-
tirten“. Diese angebliche Entdeckung von Grawitz ist ja bekannt-
lich von Koch, Gaffky und Loeffler als ein Irrthum nachge-
wiesen worden, herbeigeführt durch den Umstand, dass Grawitz
in seinem Versuch Keime von saprophytischen und parasitischen
Pilzen zusammen unter der Hand gehabt hatte, von denen die er-
steren bei niedriger, die letzteren nur bei höherer Temperatur ge-
diehen. Dies hätte dem Verf. bekannt sein sollen. Ebenso unklar
ist seine Anschauung, dass „die, wenigstens tueil- und zeitweise in
eitrigen Sekreten verkommenden Kokken“ zu den Saprophyten ge-
hören. Im Ganzen genommen ist das Wenige, was T. aus eigener
Beobachtung mittheilt, unvollständig und nicht zweifelsohne, das
daran geknüpfte Räsonnement vielfach unzutreffend und keine Be-
reicherung unseres Wissens. M. Kirchner (Hannover).
Schütz, J., Mikroskopische Carcinombefuude nebst
ätiologischen und praktisch verwendbaren diagno-
stischen Ausblicken. Mit 6 Mikrophotographieen. 8°. 23 S.
Frankfurt, a. M. 1890.
Verf. macht zunächst Mittheilung von einigen Bakterienfunden,
die er bei Carcinom gemacht. Er fand in Schnitten von Lippencarci-
nomen einmal schlanke Stäbehen von der Grösse und dem Aussehen
des Tuberkelbacillus, in einem zweiten Falle runde, */ 2 pi grosse,
regellos gruppirte Kokken, in einem dritten 6 — 12 /i lange, 1 u breite,
wetzsteinförmige, sporenhaltige Bacillen mit spitzen Enden. Er er-
örtert im Anschluss daran die von R a p p i n bei Krebs gefundenen
Diplokokken, die Scheurle n’schen „Krebsbacillen“ und die im An-
schluss an diese von anderen Forschern — Sch i 11 , D o m i n gos
Frei re, Frauth u. a. — mitgetbeilten Bakterienbefunde und gibt
seine eigene Anschauung dahin kund, dass er diese alle für zufällige
hält, welche mit dem Krebs nichts zu thun haben ; mit S e u g e r
hält S. den Krebs überhaupt nicht für eine Bakterienkrankheit.
Im zweiten Theile seiner Arbeit hebt er die histologischen
Eigenthümlichkeiten hervor und weist auf die Unterschiede hin, die
zwischen gewöhnlichen Epithelzellen und Krebszellen auf Grund der
Lehre von der Karyokinese zu gewahren sind. Er fand in frisch
untersuchten Carcinompräparaten so auffallend viele Mitosen — mit-
unter über 20 in einem Gesichtsfeld — , dass seiner Ansicht nach
„der Reichtbum der Mitosen direkt einen Rückschluss auf die Bös-
artigkeit einer Geschwulst gestatten kann“. Zweitens fand er, „dass
bei Carcinom unter den in Karyokinese befindlichen Kernen es stets
einige gibt, welche eine so unverhältnissmässige Grösse haben, wie
sie in den entsprechenden menschlichen Geweben sonst nicht Vor-
kommen, und die gewissermaassen äusserlich den Stempel einer hö-
heren Virulenz an sich tragen“. Drittens beobachtete er, „dass bei
Carcinom die Mitosen bezüglich ihrer Grösse Verschiedenheiten bei
einem und demselben Individuum resp. Tumor erheblicher Art zeigen.
Wurzelknöllchen der Leguminosen.
703
während in physiologischen Geweben thierischer wie pflanzlicher
Art eine konstante Gleich mässigkeit in der Grösse der auf-
findbaren Mitosen vorhanden ist“. „Jedoch muss man ol’t viele Prä-
parate durchmustern, um die Unterschiede zu koustatircn.“ „Die
hervorragend periphere Lage der Mitosen in den Krebszellenzügen,
namentlich bei den grösseren der in Karyokinese befindlichen Zellen,
ist ein viertes für die Diagnose Krebs beachtenswertes Merkmal.“
Fünftens weist S. auf die Häufigkeit vod Wanderzelieu mit fraktio-
nirten Kernen innerhalb des Krebsepithels hin, die sich mit den
Anilinfarben auffallend gut färben. Endlich weist er auf die beim Car-
cinom in allen Fällen ausnahmslos vorhandene reiche Vascularisation und
Rundzellenbildung hin. Um alle diese Dinge gut erkennen zu können,
muss man jedoch nach seiner Ansicht „bei suspekten Geschwülsten
behufs mikroskopischer Untersuchung die Gewebsfcheiie ganz lebend
frisch einer Fixation vor der Härtung unterwerfen“ Von den zur
Fixirung empfohlenen Methoden empfiehlt er als beste die von
Flemming, zur FärbuDg Karbolfuchsin ev. mit Methylenblau-Gegen-
färbung. M. Kirchner (Hannover).
Laurent, Recherchessur les nodosites radicales des
1 egumineuses. (Annales de l’lnstitut Pasteur. 1891. $o. 2.
S. 105.)
Die vorliegende Arbeit bietet eine interessante Uebersicht über
die historische Entwickelung unserer Kenntnisse über die Wurzel-
knöllchen der Leguminosen und bringt zugleicii eine Reihe neuer Be-
obachtungen.
Seit Jahrhunderten ist es bekannt, dass die Leguminosen im
Stande sind, einen unfruchtbaren Boden anzureichern. H e 1 1 r i e g e 1
hat zuerst nachgewiesen, dass die Vegetation der Leguminosen in
einem stickstotffreien Boden nur dann eine reichliche ist, wenn ihre
Wurzeln die zwar längst bekannten, aber in ihrer Funktion uner-
kannten eigenthümlicben kleinen Knöllchen zeigen. Seitdem ist die
Frage von den verschiedensten Seiten studirt worden.
Verf. gibt zunächst eine anatomische Schilderung der Wurzel-
knöllcheD und der darin befindlichen „B akte r o'i den“. Letztere
zeigen sehr verschiedene Formen, besitzen einen mittleren Querdurch-
messer von 1 fi und gleichen zum Theil gewöhnlichen Bacillen, haben
aber weniger regelmässige Kontouren, während andere sogar verzweigt
sind und die Form eines Y oder eines T zeigen. Wie schon Frank
und Beyerinck nachgewiesen haben, ist die Form der Bakteroiden
hei der gleichen Pflanzenspecies sehr konstant. Reagentien gegen-
über verhalten sich die Bakteroiden wie gewöhnliche Bakterien, färben
sich mit Jod gelb und nehmen Anilinfarben, besonders Fuchsin und
Methylviolett mit Begierde auf, ebenso Hämatoxylin. Ausser den
Bakteroiden existiren im Knöllchengewebe ferner, was schon durch
andere Autoren bekannt ist, fädige, verästelte, hyphenartige Aus-
breitungen, welche die Zellwandungen durchbohren. Verf. gelang
deren Nachweis in Schnitten besonders gut durch Dahliaviolett, und
er gibt eine Reihe von Abbildungen, auf deuen zum Theil die von
ihm behauptete Entstehung der Bakteroiden durch Knospenbildung
46*
704
Wnrzeiknöllchca der Leguminosen
von (lickeD, fädigeu Bildungen aus zu erkennen ist. Prazmowski
hat die Fäden nachgewiesen in den Knöllchen von Lupinus per-
e n n i s und PhaseoluB vulgaris, Verf. bei Lupinus luteus
und Phaseolus multiflorus. Bei letzteren beiden Arten ver-
schwinden die fädigeu Bildungen alsbald nach Bildung der Bakteroiden,
unter Zurücklassung vereinzelter unregelmässiger Protoplasmakiumpeu.
Von verschiedenen Autoren wurde bereits nachgewiesen, dass
die Knöllchenbildung an den Wurzeln der Leguminosen durch In-
fektion künstlich hervorgerufen werden kann. Verf. suchte vor Aliem
zu beweisen, dass ohne Hiuzutreten von Keimen die Entstehung von
Knöllchen unmöglich ist. Zwergerbsen („Pois nain de gräce“, deren
Stengel 30 cm nicht überschreitet) wurden mit 1 promille Sublimat-
lösung 15 Minuten lang behandelt und dann nach gründlicher Ab-
spiiluug mit sterilisirtern Wasser in einer geeigneten, sterilen Nähr-
salzlösung in Proberöhren von 200—350 ccm keimen gelassen. Nach
eingetretener Keimung wurden die jungen Pfläuzcheß mitteist steriler
Watte in den Röhren so befestigt, dass zu den Wurzeln keine Pilze
zutreten konnten. Bei 6 derartigen Versuchen ergab sich am Ende
der Kultur, dass nur eine ganz unbedeutende Stickstoftzunahme in
den ausgewachsenen, knöllchenfreien Pflanzen gegenüber den Samen
stattgefundeu hatte. Die Nothwendigkeit eines zweiten Organismus
zur Erzeugung der Knöllchen ist hierdurch bewiesen. Verf. hat auch
durch Versuche dargethan, dass nicht beliebige Bakterien zum Hervor-
rufen der Knöllchen genügen. Dagegen lassen sich letztere sicher
erzeugen durch Impfung: man lässt Zwergerbsen keimen und, wenn
die WTürzelchen 5 — 8 cm lang sind, macht man Einstiche in dieselben
mit einer Glasnadel, mit welcher man vorher in die eventuell mit
Sublimatlösung abgewaschenen Knöllchen irgend einer Leguminosenart
eingestochen hatte. Die ersten Knöllchen erscheinen dann im günstigen
Falle in 10 Tagen nach der Inokulation, und zwar nicht bloss an den
Impfstellen, weil ein Theil der Aussaat sich auch in der Nährlösung
vertheilte. Man kann auch nur letztere inüziren, doch erfordert die
Knötchenbildung dann etwas längere Zeit. Oder man kann endlich
nur etwas Erde, auf der Leguminosen gewachsen sind, zur Aussaat
verwenden. Zur üebertragung können die Knöllchen der verschie-
densten Papiliouaceen-Arten genommen werden; sie geben stets
positiven Erfolg, aber die Zahi und die Grösse der erzeugten Knöllchen
variirt. je nach dem Aussaatmaterial. Verf gibt eine tabellarische
üebersicht über seine bezüglichen zahlreichen Impfversuche und die
dabei verkommenden Verschiedenheiten.
Die Impfungen geben ein verschiedenes Resultat ferner je nach
dem Alter der zur üebertragung verwendeten Knöllchen. Junge
Pflanzen liefern sehr kräftige Mikroben, bei blühenden Pflanzen da-
gegen vermindert sich die Lebensfähigkeit der Mikroben, noch später
bleibt ein Theil der Inokulationen resultatlos. Verf. meint, man müsse
eventuell daran denken, dass die Wurzeln der Leguminosen nicht die
natürliche Wohnstätte des Mikroben darstellen; hiergegen spreche je-
doch, dass es möglich ist, denselben während mehrerer Monate von
Erbse zu Erbse zu übertragen, wenn man sehr junge Knöllchen zu
den Inokulationen wählt. Auch die Formen der Bakteroiden in den
Wur*elknÖllchen der Leguminosen.
705
künstlich erzeugten Knöllchen sind abhängig von der Ausgangspflanze.
Schou Beyerinck hat nachgewiesen, dass diese Formen bei den
verschiedenen Arien der Leguminosen differiren, theils bezüglich Grösse,
tkeils Ramifikation, bei der gleichen Art aber konstant sind. Verf.
findet dass bei Ueberimpfung auf Erbsen die spezifischen Formen
noch wenigstens während einer Generation erhalten bleiben, glaubt
übrigens nicht, dass zur Trennung in verschiedene Arten Aulass ge-
geben sei, wohl aber handle es sich um physiologische Rassen. Schon
Heil riegel hatte festgestellt, dass gelbe Lupinen auf einem Terrain,
welches niemals Leguminosen getragen hat, keine Knöllchen zeigen.
Verf. konnte dies im Garten des Institut Pasteur vollkommen
bestätigen, während gleichzeitig ausgesäte Bohnen, Erbsen u. s. w.
mehr oder weniger reichlich Knöllchen trugen. Bloss die für die
Lupinen geeignete physiologische Rasse war in dem Boden nieht
vorhanden.
Woronin sprach 1866 zuerst die Idee aus, dass die Legumi-
nosenknöilchen durch Vermittelung eines Mikroben zu Stande kämen,
eine Ansicht, die in der Folge vielfach bestritten, von Reil riegel
wieder aufgenommen und von Beyerinck und Prazmowski
durch Gewinnung von Reinkulturen des „Bacilius radicicola“
definitiv bewiesen wurde. Verf. wählt statt letzterer die von Frank
gegebene Bezeichnung „R b i z o b i u m legunsi nosaru m“, differirt
aber von Frank wesentlich in Betreff der morphologischen Eigen-
schaften. Zur Gewinnung von Reinkulturen nimmt Verf. die Knöll-
chen von jungen Zwergerbsenwurzeln, behandelt dieselben 10 Minuten
mit 1 promille Sublimatlösung, dann mit sterilem Wasser; hierauf
werden dieselben zerquetscht und das so gewonnene Material dient
zur Aussaat. Als Nährsubstanz wurde nach Beyerinck gelatini-
sirte Erbsenbouillon mit Zusatz von Asparagin benutzt; das letztere
erwies sich indes nicht als vortheiihaft. Die Kolonieen sind weiss-
lich und zeigen eine glänzende Oberfläche; bei genügender Uebung
kann man sie leicht von denen der gewöhnlicher. Bakterien unter-
scheiden. Kräftig entwickelte Kolonieen zeigen eine auffallend schlei-
mige Beschaffenheit Die schleimige Substanz färbt sich energisch
mit Dahliaviolett , wird bei Jodbehandlung gelb und zeigt keine
Cellulosereaktion. Das sicherste Kriterium, dass man es mit Kolonieen
von Rhizo'bium zu thun hat, liegt in der erfolgreichen Verimpfung
auf junge ErbseDwurzeln in steriler Nährlösung, da die gewöhnlichen
Bakterien keine Knöllchen erzeugen. Bei Kultur in Bouillon bildet
sich ein schleimiger Bodensatz, in dem nicht nur die einfachen Stäb-
chenformen, sondern auch verästelte F adenzostände des Rhizobiums
zur Beobachtung kommen. Eigenbewegung konnte auch bei den
kleinsten Formen, entgegen den Angaben von Beyerinck und von
Prazmowski, nicht wahrgenommen werden.
Da die Baktero'iden des Rhizobiums durch Knospung aus
Mycelfäden hervorgeben, so ist die Pflanze nicht zu den eigentlichen
Bakterien, eher zu den Hefepilzen und zu den hefeartigen Formen
(„formes-levures“) zu rechnen. Das Vorhandensein einer Cellulose-
membran ist durch Vuillemin, Pichi und Koch erwiesen, wo-
durch die Zugehörigkeit zu den Myxomyceten ausgeschlossen erscheint.
706
Wurzelknöllchcn der Leguminosen.
Eher besteht, wie schon Marshall Ward angenommen hat, eine Ver-
wandtschaft mit den Ustilagineen, bei denen durch Brefeld Spross-
forrnen genügend bekannt sind. Am meisten aber stimmt das Rhi-
zobium iu seinem morphologischen Verhalten mit der von Metschni-
koff als Parasit der Daphnien beschriebenen Pasteuria ra-
nn osa, mit welcher Verf. das Rhizobium in einer zwischen den
eigentlichen Bakterien und den niedersten fadenbildenden Pilzen (Usti-
lagineen, Hyphomyceten, Hefepilze) zu errichtenden Gruppe zu ver-
einigen vorschlägt.
Interessant sind noch Laurent’ s Darlegungen über die phy-
siologischen Eigenschaften des Rhizobiums. Dasselbe durch-
dringt nicht nur die Epidermis der Wurzeln und bewirkt Knöllchenbil-
dung an Ort und Stelle, sondern es verbreitet sich, wie Verf. experimen-
tell nachweist, auch iu der Längsrichtung und erzeugt Knölichenbildung
an anderen Stellen der Wurzeln Zur normalen Funktion des Rhi-
zobiu.ros, weiche offenbar in der Fixiung des Stickstoffs besteht, ge-
hört reichlicher Luftzutritt. Bei beschränkter Luftzufuhr zur Wurzel
enthalten die Knöllchen nur wenig Bakteroi'den, die Erbsen geben
eine nur unbedeutende Stickstoffausbeure und bleiben elend, ebenso
wie solche ohne Mikroben. Die in den Knöllchen gebildeten Bak-
teroiden haben gewöhnlich nur eine kurz dauernde Existenz, man
hielt sie deshalb für Reservenährstofie. In der That dienen sie zur
Ernährung der Wirthptianze, sie werden, vermutlich durch ein Enzym,
aufgelöst, verlieren, wie schon Beyerinck nachgewiesen hat, ihre
Lebensfähigkeit und verschwinden vollständig. Verf. hat theiis rund-
liche, tbeils ovale Körperchen beobachtet, welche er für Cysten, ab-
stainmend von den Mycelien hält, und die er als Dauerzustände des
Rhizobiums ansieht, bestimmt für den Aufenthalt in der Erde,
nach eingetretener Fäulniss der Wurzel.
Die vom Verf. studirte Rasse des R h i z o b i u m s gedieh auf Gela-
tine und in Erbsenbouillon am besten bei 22 — 26°, nicht mehr bei 30°.
Bei 10° erfolgte noch kräftiges Wachsthum. Wachsende, intakte
Knöllchen müssen im Wasser 5 Minuten lang auf 90 — y5° erhitzt
werden, um ihre Infektionsfähigkeit für Erbsenwurzeln zu verlieren.
Zusatz von 1 promille Kalium- oder Natriumnitrat zur Erbsen-
bouülon macht letztere ungeeignet für das Rhizobium; gleichzei-
tiger Zuckerzusatz hebt diese Wirkung auf. Die Assimilation des gas-
förmigen Stickstoffs durch das Rhizobium ist äusserst wahrschein-
lich. aber bis jetzt nicht bewiesen. Man kann allerdings zeigen, dass
das Rhizobium, wie zuerst Prazmowski nachwies, in minerali-
schen Nährlösungen ohne Stickstoff gut gedeiht, während die gewöhn-
lichen Bakterien unter den gleichen Bedingungen sich wenig entwickeln.
Verf. hat zahlreiche Versuche mit mineralischen Nährlösungen unter
Zufügung von 5—10 °/0 sorgfältig gereinigtem Rohrzucker, Trauben-
zucker, Mannit oder Glycerin angestellt. Die Resultate waren am
besten bei Rohrzucker. Wenn die Nährlösung nur eine Schicht von
5 mm Dicke bildet, entsteht ein schleimiger Bodensatz, bei einer
Dicke von 1 cm bilden sich nur Flocken, bei noch grösserer Dicke
zeigt sich nur Trübung. Der Zutritt der Luft scheint somit bei N-
freien Lösungen erforderlich, während andererseits, wie Verf. hervor-
Krankheiten der Bernsteinbaume.
707
bebt, durch Zufuhr von Kohlehydraten die Assimilation des Stickstoffs
befördert zu werden scheint. Die Kolonieen des Rhizobiurns auf
Lupinengelatine entwickeln sich auch in reiner Stickstoffatmosphäre,
obwohl langsamer, als in freier Luft. Die Reaktion des Nährsubstrats
für das Rhizobium muss neutral oder schwach alkalisch sein, in
sauren Medien vermag dasselbe nicht zu gedeihen.
Yerf. ist damit beschäftigt, durch Massenkulturen des Rhi-
zobiums in N-freien Substraten den strikten Beweis der Assimilation
des gasförmigen Stickstoffs zu liefern. Büchner (München).
Conweutz, H., Monographie der baltischen Bernstein-
bäume. Vergleichende Untersuchungen über die
Vegetationsorgane undBlüthen sowie über das Harz
und die Krankheiten der baltischen Bern stein bäume.
Mit 18 lithographischen Tafeln in Farbendruck. Mit Unterstützung
des westpreussischen Provinziallandtages herausgegeben von der
naturforschenden Gesellschaft zu Danzig. Foi. 151 beiten. Danzig
1890.
Die Abhandlung beschäftigt sich mit den Bäumen, weiche den
baltischen Succinit, die Hauptmasse des baltischen Bernsteins, im
Eocän gebildet haben. An ausserordentlich reichlichem Material
konnte der Yerf. nicht nur zahlreiche andere Einschlüsse studiren,
welche zur Kenntniss der Bernsteinbäume und des Bernsteinwaldes
beitragen, sondern insbesondere auch Wurzel, Stamm und Aeste der
Stammpfianzen des baltischen Succinites bis auf die (durch die natür-
liehe Einbettung der Präparate in ein Material, das den Kanadabal-
sam in dieser Hinsicht noch überfrifft, trefflich erhaltenen) feinsten
Einzelheiten (Zellkerne) iu ihrem anatomischen Bau (au Dünnschliffen)
untersuchen und mit den entsprechenden Verhältnissen der Bäume
der Jetztzeit vergleichen. Es ergab sich hierbei zunächst, dass alle
Ueberreste des Stammes, der Aeste und Wurzeln, die früher als zu
verschiedenen Baumspezies gehörig beschrieben wurden, derartig in
der mikroskopischen Struktur übereinstiinmen, dass sie zu einer Spe-
zies (oder wenigstens in Bezug auf diese Struktur übereinstimmenden
Arten) gerechnet werden können. Die Gattungen Picea und Pinus
lassen sich mit Sicherheit anatomisch nicht unterscheiden, daher be-
zeichnet Verf. die Urheber des baltischen Succinites als Pinus (s.
lat.) succinifera (G o e p p.) C o n w. Die Nadeleinschlüsse gehören
verschiedenen Spezies an, die als Pinus baltica, P. silva tica,
P. banksianoides, P. cembrifolia und Picea Engleri be-
zeichnet sind, ihr Vorkommen gestattet keinen sicheren Schluss
über ihre Zugehörigkeit zu der auf die Holzbefunde gegründeten
Spezies Pinus succinifera, ebensowenig als die Zugehörigkeit
der männlichen Blüten, die zur Aufstellung der Arten Pinus
Reichiana, P. Schenkii und Pinus Kleinii führten, zu er-
3teren ermittelt werden konnte. Weiter ergaben die Untersuchungen,
dass das ganze Bernsteiniioiz in pathologischem Zustande befindlich
ist und dass die gewaltigen Harzergüsse, welche zur normalen Ver-
harzung in demselben Verhältniss standen, wie heutzutage die Re-
sinosis und Gummosis zur normalen Harz- und Gummibilduug — ■
708
Krankheitec der BernsteinbKuine.
als pathologische Prozesse aufgefasst werden müssen, die mit dem
Namen Succinose bezeichnet werden. Verf. denkt zwar nicht daran,
dass bei den Bernsteinbildungen und Bersteinergüssen ähnlich wie
heutzutage bei der Gummose der Amygdaleen, oder den Schleim-
fiüssen der Eichen etc. eine bestimmte Pilzspezies der Haupturheber
gewesen sein könne; aber er weist die Wirksamkeit einer Menge ein-
zelner Schädlichkeiten nach, welche zur Erklärung der Bernsteinkrauk-
heit ausreichend erscheinen dürften.
Im Bernsteinwalde war das Pathologische die Regel. In erster
Linie war die Zahl der Insekten, deren Verwandte auch heutzu-
tage die Hauptfeinde unserer Forsten sind, eine sehr grosse. Baum-
läuse (Lach n us), HarzgallmückeD, Wickler, Lophyrusarten, Holz-
wespen, Hvlesinen u. a. Bostrichiden, Buprestiden, Anobiiden, Ce-
rambyciden vereinigten sieb in ihren Wirkungen. Die Einschlüsse von
Spechtfedern im Bernstein beweisen, dass auch Spechte durch Zimmern
und Zapfen zerstören die Bernstein Wälder schädigten , wie Kaaretn-
scblüsse die Gegenwart der Eichhörnchen u. a. Nager, das Vor-
kommen gewisser Insekten (Tabanus, Oestrus, Stomoxys, 3il-
vi us, Culex) die Existenz grösserer Warmblüter, die durch Vieht.ritt
schädlich wurden, beweisen dürfte. Die Pilze, welche auch in unseren
Wäldern, besonders da, wo die Forstwirthschaft mit der heutigen
Mykologie nach auf gespannten Fusse steht, an manchen Orten Baum
für Baum befallen, scheinen in deu feuchtwarmen Bernsteinwäldere
des Eocäns besonders verheerend aufgetreten zu sein. Dank den
Untersuchungen Bärtig 's kennt man die Zersetzungserscheinungen,
die durch die einzelnen Pilzparasitenspezies im Holz hervorgerufen
werden, und die durch sie ve; änderte mikroskopische Struktur so
genau, dass sich daran die Pilzspezies, welche die Zerstörung bewirkt,
mit Sicherheit erkennen lasst. Ein längeres Arbeiten im Labora-
torium Hartig’s hat auch den Verf. befähigt, nach diesen Wirkungen,
denen hie und da Befunde von Pilzresten selbst hinzukameu, ver-
schiedene der grossen Zerstörer der Bäume der Jetztzeit auch in den
Bernsteinhölzern nachzuweisen, so Trametes piniFr. (f. suc-
cinea), Polyporus vaporarius Fr. (f. suecinea), P. moilis
f. suecinea. Dagegen fehlt Agaricus (Armillaria) melleus
und Heterobasidion arinosum (Trametes radiciperda).
Im todten Holz wurden ein Xenodochus-artiger Pilz, ein Cla-
dosperiura, Sporotrichum, Fusid ium und ein Hy poch aus
konstatirt. Von Phanerogamen, die nach Lippert’s Beobachtungen
auch in unseren Tannenwäldern ganze Bestände zu Grunde zu richten
vermögen, kamen die Misteln in den Bernsteinwaldern vor. Verf.
führt 3 Arten auf: Lorant hacites succineus, Patzea
Johniana und P. Mengeana.
In den Bernsteinurwälöeru sind sodann eine Reihe von Natur-
erscheinungen, die heutzutage unsere Wälder schädigen, allem An-
schein nach in viel heftigerer 'Weise wirksam gewesen. So die
Aesturig oder „Reinigung“ der Baume (von den unterer, verdorren-
den und zuletzt den saprophytischen Pilzen preisgegebenen Aesien),
Baumschlag, Windbruch. Blitzschlag (die Holzsplitter des
ßuccinites, deren Wandungen zerrissen sind, deuteD darauf hiD)?
Üakteriol. Totn X. internationalen medicinischen Kongresse zu Üerliri. 709
hin), Waldbrand (iD Folge Blitzschlags, der nur bei pilzkranken
und hohlen Bäumen zünden dürfte). —
Alle diese Schädlichkeiten wirkten dahin, dass sich die Bernstein-
bäume in einem andauernden Zustande der Zersetzung und abnormen
Harzbildung (Succinose) befanden. Aus Astlöchern quoll dickflüssiges
Harz, an Schäl wuuden und Baumschlagstellen kamen grössere Mengen
von Harz heraus, und wo etwa der Blitz eingeschlagea, hingen wohl
auch lange Harzzöpfe stalaktiteuartig herunter. Alle diese mit Zell-
saft gemischten, daher getrübten Massen erhärteten bald an der Luft,
wurden aber später wieder durch Einwirkung der Sonnenwärme io
dünnflüssigen Zustand versetzt und geklärt. Das klare Harz überzog
die Oberfläche des Stammes und der Aeste und nahm in diesem Zu-
stand leicht Yorüberfliegende Insekten, wie angewehte Pflanzenreste
in sich auf; bei wiederholtem Flusse entstanden geschichtete Stücke
(SchlaubeD), die sich durch Reichthum an organischen Einschlüssen aus-
zeichoen. Das dünnflüssige Harz, welches von den Zweigen zur Erde
herabtropfte, verkittete hier den aus den zu Fall gebrachten, in mäch-
tigen Lagen über einander geschichteten und durch Pike und Tbiere
zersetzten Baumresten entstandenen Mulm zu unförmlichen Massen,
welche den „Firniss“ des Bernsteinhandels geliefert haben. —
Als sich der Boden senkte und Meerwasser darüber fiuthete, ver-
fiel auch der Bernsteinwald seinem Geschick, Harz und Hölzer ge-
riethen ins Wasser und wurden später, zusammen mit den Resten der
Meeresthiere, iu den feinen Sandmassen, der sogenannten blauen Erde,
abgelagert, die aus der Zertrümmerung des früheren Untergrundes
des Bernsteinwaides hervorging.
Die Begründung des Vorstehenden und die eingehenden Be-
schreibungen der Bernsteinbäume und ihres anatomischen Baues
mögen in dem umfang- und inhaltreichen Werke selbst nachgelesen
werden. Ludwig (Greiz).
Originalberichfe Ober Kongresse.
Bakteriologisches vom X, internationalen medicinisohen
Kongresse zu Berlin, 4. — 9. August 1890.
(Fortsetzung )
Ans den Abtheünags-Sitzungen,
XT. Ahtheilung: Hygiene.
Herr Lortet (L y o n), Die pathogenen Bakterien des tiefen
Schlammes im Genfer See.
Die Versuche von F o 1 und von D u n a n t haben gezeigt, dass
ein Wasser mit sehr hohem Keimgehalte, wenn es einer achttägigen
Ruhe überlassen bleibt, 94 °/0 seines Bakteriengehaltes ausscheidet.
7 IQ Bakteriol. vom X. internationRl&n medicinischen Kongresse zu Berlin
Die obersten Wasserschichten des Genfer Sees enthalten nur 38 Mi-
kroben pro ccm. Es lag demnach nahe, hier an einen ähnlichen Vor-
gang zu denken und der Frage näher zu treten, ob die Bakterien in dem
Schlamme der verschiedenen Tiefen des Genfer Sees leben und ge-
deihen können, wie zahlreich sie daselbst vorhanden und event. ob
sie schädlicher Natur sind.
Die in der Nähe von Morges, 2 Kilometer vom Ufer entfernt,
aus einer Tiefe vou 40 — 50 m, also bei einem Drucke von 4 — 5 Atmo-
sphären und bei der konstanten Temperatur von 4,5° C unter
allen Kautelen hcuaufgeholteu Sehlammproben, die theils von der
Oberfläche der Schlammschichte, theils aus dem thonigen Unterboden
stammten, wurden in sterilisirtem Wasser aufgeschwemmt und davon
Quantitäten im Verhältnisse von 1 ccm zu 10Ö g Körpergewicht sub-
kutan an Meerschweinchen verimpft. Alle Versuchstiere gingen prompt
mit Oedem an der Impfstelle zu Grunde. Der Schlamm von den
oberen Schichten und aus grösseren Tiefen erwies sich virulenter und
tödtete die Thiere in kürzerer Zeit, als jener aus den tieferen Schichten.
Der vou einer bloss 200 m vom Ufer entfernten und nur 4 m tiefen
Stelle herrühreude Sand war steril, Thierversuche mit demselbem gaben
negative Resultate, so dass hier eine Reinigung durch lokale Strö-
mung angenommen werden kann.
Von den verschiedenen Schlammproben wurden zahlreiche Kul-
turen angelegt und aus ihnen der Staphylococcus pyogenes
aureus, der Tetanusbacillus, das Bacterium coli commune
uud der Typhusbaciilus isolirt. Wahrscheinlich ist auch der Tuber-
kelbacillus im Seeschiamme vorhanden, die diesbezüglichen Versuche
sind jedoch nicht genügend zahlreich gewesen, um hierüber eine be-
stimmte Angabe machen zu können.
Jener Tbeil des Sees, aus welchem das Untersuchungsmaterial
stammte, enthält ein chemisch sehr reines Wasser. Auch dessen
Bakteriengehalt dürfte wesentlich geringer sein, als er für das See-
wasser in der Nachbarschaft von Genf konstatirt worden ist. Trotz-
dem enthalten die tiefen Schlammschichten schädliche Bakterien,
welche auf den thierischen Organismus mit derselben Energie ein-
wirken, wie jene, die Vortr. in den Filtrirwerken der Stadt Lyon ge-
funden hatte.
Die angeführten Versuche gestatten zu schliessen, dass die Mi-
kroben, welche durch die Winde an die Oberfläche dieses immensen
Wasserbeckens gebracht oder von den Flüssen zugeführt werden,
wie aile anderen Körper dem Einflüsse der Schwere unterliegen. Sie
fallen mehr weniger langsam zu Boden und häufen sich in grosser
Menge auf der Oberfläche des feinen grauen Schlammes an, welcher
den Seeksssel bedeckt. Die Mikroorganismen werden durch den
langen Kontakt mit der grossen Wassermasse nicht vernichtet und
bewahren in der dunklen Tiefe bei der konstanten Temperatur von
+ 4,5° C ihre Lebensfähigkeit eine vielleicht sehr lange Zeit. Zu-
folge der sie umgebenden und ebenfalls durch die Wirkung der
Schwere mitgerissenen organischen Substanzen können sie sich
daselbst wahrscheinlich durch lange Reihen von Generationen ver-
mehren.
Bakterioi. vom X. internationalen me liciuischen Kongresse zu Berlin.
Herr Yalade (Paris), Ueber den autiseptischen Werth der
Anilinfarben.
Die von Vignal ausgeführten bakteriologischen Untersuchungen
über den antiseptischen Werth des von Merck bezogenen violetten
und gelben Pyoktanins zeigten, dass die Entwickelung des Strep-
tococcus pyogenes und des Staphylococcus pyogenes
aureus, wenn man einen Tropfen der betreffenden Kultur in steri-
lisirte, mit Pyoktanin in verschiedenen Dosen versetzte Fleischbrühe
einbringt, erst bei einem Gehalte von 0,35 g Pyoktanin pro Liter
verhindert wird. Bei etwas geringeren Dosen bildet sich ein aus gut
gefärbten Kokken bestehender Bodensatz. Das Antisepticum wurde
bei einer anderen Versuchsreihe dem Kolbeninhalte erst danu hiqzu-
gefügt, als die geimpfte Bouillon deutlich getrübt war. Zur Ab-
töd tung der oben erwähnten Kokken bedarf es, wenn sie in voller
Entwickelung begriffen sind, eines Zusatzes von 0,47 g violettem oder
von 1,25 g gelbem Pyoktanin. Die an Seidenfäden angetrockneten
Mikroorganismen werden durch die Einwirkung einer t°/0ü violetten
Pyoktaninlösung, und zwar der Streptococcus pyogenes nach
75 Minuten, der Staphylococcus aureus nach 90 Minuten und
ein Gemisch saprogener Bacillen nach 2 Stunden abgetödtet. Das
gelbe Pyoktanin wirkt auf dieselben Mikroorganismen unter gleichen
Verhältnissen erst nach 2, 2 1li bezw. 3^4 Stunden ein. Um ähn-
liche Bedingungen zu schaffen, unter welchen die Bakterien im Or-
ganismus sich vorzufinden pflegen, wurden die Bouillonkulturen mit
dem gleichen Volumen Eieralbumin vermengt, Flanellstückchen mit
der Mischung imbibirt und im Exsiccator getrocknet. Zur Abtödtuug
des Streptococcus pyogenes war bei dieser Versuchsanordnung
eine IVaStündige, für den Staphylococcus aureus eine 1 s/4-
stündige und für das Bakterieugemisch eine 2stündige Einwirkung
der 1 °/0 o violetten Pyoktaninlösung nöthig. Das gelbe Pyoktanin
übte eine noch verzögertere Wirkuug aus. Schliesslich wurden drei
arsen- und phenolfreie Anilinfarben (Methylviolette und Auramin) aus
der Fabrik von Perrier in Saint-Denis auf ihren antiseptischen Werth
geprüft und ihre bakterientödtende Eigenschaft als eine dem Merck-
schen Präparate ziemlich nahestehende befunden.
Aus den Versuchen geht hervor, dass die mit dem Namen Pvo-
ktaniu bezeichneten Auilinfarben sehr schwache Antiseptica sind.
Nichtsdestoweniger gibt es Fälle, bei welchen das Pyoktanin wegeu
seines ausserordentlichen Penetrationsvermögens sich viel wirksamer
erweist, als Sublimat.
(Fortsetzung folgt.)
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In No. 17 dieses Bandes S. 562 muss auf Zeile 7 von unten „solche“ gestrichen
werden ; auf der vorletzten Zeile muss es heissen „nicbthalogene Photo bakterien“.
In dem Referat über Lübars ch, Untersuchungen über die Ursachen der angebo-
renen und erworbenen Immunität S 513 dieses Bandes, 25. Zeil6 von oben muss statt
„sporenhsitige1 ..sporeu fr e 5 e“ gelesen werden. Der darauf folgende Satz muss lauten:
„5t. seinen Versuchen war noch nach 20 Tagen ein Theil der eingebrachten Bacillen
lebensfähig; bei Verwendung s p o r o n h a 1 1 i g e n Materials waren selbst nach Verlauf
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Schätz, J., Mikroskopische Carcinoinbefunds
nebst ätiologischen und praktisch ver-
wendbaren diagnostischen Ausblicken,
p. 702.
Txrtmpp. Th., Ueber sapropkyte Schimmel-
pilze im Brustkrebs, p. 701.
Winkler, F. , unn Sehrötter, H- v. , Ein
neuer grünen Farbstoff entwickelnder Ba-
cillus, p. 700.
Origricalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen medicinischen Kon-
gresse zu Berlin,
4 — 9 August 1890. (Fortsetzung.)
Lortet, Die pathogenen Bakterien des tiefen
Schlammes im Genfer See, p. 709-
Valade . Ueber den autiseptischen Werth
der Anilinfarben, p. 711.
Neue Litterator, p. 712.
FroxuttiRimache Buchdruckerei (Hermauu Pohle) iu Jena.
Bakteriologie und Parasitenkunde.
Tn Verbindung mit
Gel. Mr, Prof. Dr. Losctart ui Professor Dr. Loeftter
ln Leipzig ln Üreifswald
herausgegeben von
Dr. O. TThlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
^IX. Band. -®- Jena, den 6. Juni 1891. -o- No. 22.
Preis für den Band (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— rr& Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Pcstanstalten.
jJie Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder bei der Einsendung der Abhandlungen an die
Redaktion auf das Manuskript schreiben zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an
den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena , gelangen zu
lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original- Mittheilungen.
Ueber eine neue Anwendung des Safranins.
Von
Dr. P. Kaufmann
in
Alexandrien.
Die nahe chemische Verwandtschaft, welche das Safranin zu den
Rosanilinen zu besitzen scheint und die Beobachtung, dass bei Be-
handlung von wässriger Safraninlösur.g mit • Jodjodkalilösung ebenso
wie bei den Pararosanilinen eine Schwebefällung eintritt, veraulassteu
mich, mit diesem bisher nur als Kernfärbemittel benutzten Farbstoffe
Färbungsversuche an Bakterien nach der V/ eigert’schen Fibrin-
färbungsmethode vorzunehmen.
IX. Bd. 46
718
Kaufitunn, Ueber eine neue Anwendung des Safranins.
Das Ergebniss meiner Versuche war insofern ein überraschendes,
als es mir nicht nur gelang, nach Gram färbbare Bakterien, son-
dern auch Zellkerne in schöner Weise zu färben. Die Jodbehandlung
übt bei den letzteren entschieden dieselbe fixirende Wirkung aus,
wie bei den Bakterien ; denn wenn ich ein Gewebe etwa 10 Minuten
mit Safranin färbte und dann sofort entfärbte, so vermochte ich den
Farbstoff viel leichter aus den Kernen zu entfernen, als wenn ich
die letzteren nur 2 Minuten unter nachträglicher Behandlung mit
Jodjodkali färbte. Wenn ich den Farbstoff (man kann sich übrigens
einfach einer wässrigen Safraninlösung [5V# — 10°/0] bedienen) etwa
5 bis 10 Minuten einwirken liess, so gelang es mir bisweilen, schöne
Kerntheilungsfiguren darzustellen. Eine Fibrinfärbung lässt sich nur
in sehr unvollkommener Weise erzielen, das Bild ist viel undeut-
licher, als das durch Gentiauaviolett erzeugte.
Da die Bakterien einen braunrothen bis braunen, die Kerne
einen rothen Ton annehmen, so ist es möglich, bei Färbung eines
Bakterien enthaltenden Gewebes die letzteren deutlich hervorzuheben
und ihre Lagerung im Gewebe näher zu bestimmen. Ich möchte
indessen empfehlen, die einfache Färbung mit Safranin nur da an-
zuwenden , wo es sich um eine schnelle Orientirung handelt, im
Uebrigeu aber die Safraninfärbung mit der Gentianaviolettfärbung zu
kombiniren. Da nämlich Safranin eine stärkere Affinität zu den
Kernen, dagegen eine schwächere zu den Bakterien und dem Fibrin
besitzt, als Gentianaviolett, so ist man im Stande, durch Anwendung
einer mit Gentianaviolett versetzten Safraninlösung eine Doppelfär-
bung in der Weise zu erzielen, dass die Kerne roth, Fibrin und
Bakterien blau gefärbt werden; zuweilen erhalten die letzteren,
wahrscheinlich in Folge zu starker Einwirkung des Safrauins, einen
bräunlich-blauen Farbenton und wir haben dann eine dreifache
Färbung.
Die Mischung, deren ich mich bediente, war in folgender Weise
zusammengesetzt:
Safranin 0 . . . . 1,25 g
Gentianaviolett . . 0,25 „
Aq. dest .... 30,0 „
Anilinöl 0,5 „
Alkoh. absol. (od.98%) 2,0 „
Leider scheint diese Mischung nicht lange haltbar zu sein. Ob
hier eine Zersetzung stattfindet oder ob der Alkaligehalt der Labo-
ratoriumsluft, ebenso wie bei der Fuchsintinte, eine Rolle spielt, ver-
mag ich nicht mit Bestimmtheit anzugeben.
Das einfachste Verfahren, eine Doppelfärbung zu erzielen, ist
folgendes :
Man behandelt den Schnitt auf dem Objektträger 1 — 2 Minuten
mit wässriger Safraninlösung (5 °/0), trocknet ab, färbt 10—15 Se-
kunden mit der Weigert’ sehen Fibrinfarbe und verfährt sodann
in der üblichen Weise.
Neapel, 11. Mai 1891.
| resp. 25 ccm wässr. Safranin (5°A>)
I 5 „ „ Gentianav. (5%)
Babes. Ueber Bacillen der hämorrhagischen Infektion des Menschen.
Ueber Bacillen der hämorrhagischen Infektion
des Menschen.
Von
Y. Babes
in
Bucarest.
Wir unterscheiden in unserem Lehrbuche (Les Bactöries etc.
par C o r n i 1 - B a b e s. III ed. 1890. Seite 553, dann in Annales de lTn-
stitut de Pathol. et de Bacteriol. de Bucarest. 1888/89. Babes-Mari-
ne s c u , Les sept. hemorrh.) wesentlich 3 Gruppen von Mikroorganis-
men, deren ursächliche Beziehungen zu der hämorrhagischen Infektion
des Menschen aus zahlreichen bakteriologischen Analysen des Kada-
vers an hämorrhagischer Infektion Verstorbener sowie aus den Unter-
suchungen anderer Forscher hervorgehen. Ich hatte zwar wenig Ge-
legenheit, ganz reine Fälle zu beobachten, konnte aber nicht nur dann
einem Mikroorganismus die wesentliche Rolle bei dieser Krankheit
zuschreiben, wenn derselbe in Reinkultur in den inneren Organen
an getroffen wurde und bei Thieren ein ähnliches Krankheitsbild her-
vorbrachte, sondern auch, wenn bei Gegenwart mehrerer Bakterien-
arten ein Bacterium vorherrschend war, welches bei Thieren ganz
typische Purpura haemorrhagica erzeugte.
An erste Stelle setzte ich die beim Menschen gefundenen, auch
bei Thieren Purpura hervorrufenden Bacillen. In Be-
zug auf die Aetiologie anderer hämorrhagischer Septikämieen des
Menschen, welche im Anschlüsse an Gangrän entstehen und bei wel-
chen saprogene Bacillen im Verein mit anderen Bakterien für die
Erkrankung verantwortlich gemacht werden können, sowie in Bezug
jener, welche idiopathisch oder in Folge anderer Infektionen auftre-
tend, ganz entschieden mit massenhafter und schneller Vermehrung
von Streptokokken (welche gewöhnlich auf Thiere septisch wirken)
Zusammenhängen, verweise ich auf unser obengenanntes Bakterien-
werk, in welchem zahlreiche derartige Beobachtungen niedergelegt sind.
Es wäre also nicht zulässig, anzunehmen, dass die hämorrha-
gische Infektion des Menschen durch einen speziellen Organismus her-
vorgebracht werde, und müssen zahlreiche Fälle entscheiden, ob
selbst die sogenannte idiopathische Blutfleckenkrankheit immer durch
einen und denselben Bacillus verursacht wird. Diese Anforderung ist
um so berechtigter, als diese Krankheit nicht immer gleichmässig
und cyklisch verläuft.
In mehreren von mir untersuchten Fällen von Blutfleckenkrauk-
heiten konnte ich in der That verschiedene mehr oder minder ähn-
liche Bacillen finden ')•
1) Babes, Bakteriologische Unters, sept Pro*. <1. Kindesalters. Leipzig 1889. Le*
Bacteries. 1890. Societ. de Medicina. 1888.
46*
720
B ab e s ,
Zahlreiche Forscher, unter welchen ich nur Kleb s-Ceci J) ,
Watson Chey ne1 2 3 4 5 6), Petrone8), Letz er ich4), Dem me5),
Tizzoni und Gio van nini a), Hlava7), Kolb8) nennen will,
haben bei Blutfleckenkrankheiten verschiedene Bacillen beschrieben,
und für dieselben verantwortlich gemacht. Doch nur einzelne
derselben haben ihre Fälle mit unseren gebräuchlichen vielfachen
Mitteln untersucht, so dass wir uns auf die Charakteristik der
in diesem Sinne bearbeiteten Fälle beschränken müssen. Einst-
weilen wollen wir auch von solchen Befunden absehen, welche sich
von meinen (1. c.), jenen Kolb’s und Tizzoni-Giovannini’s
wesentlich unterscheiden, so von den sporenbildenden Bacillen Letze-
r ich ’s, von den Streptobacillen, die Hlava bei Petechialtyphus
gefunden, von den Bacillen Demme's bei Erythema nodosum mit
Purpura, sowie von jenen saprogenen Bacillen, welche ich bei einer
in Rumänien beobachteten typnusähnlichen Petechialkrankheit gefun-
den habe.
Es bleiben daun noch die von mir, von Tizzoni und Gio-
vanni n i und von Kolb beschriebenen Fälle übrig, welche in
manchem übereinstimmen, reinere Formen von Blutfleckenkrankheiten
darstellen und bei welchen ähnliche und in vielem analoge Bacillen
gefunden wurden. Es sei mir deshalb gestattet, diese Fälle in einer
vergleichenden Uebersicht zusammeuzustellen. (Siehe nebenstehende
Tabelle.)
Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, dass bisher wenig-
stens 3 verschiedene Bacillen beschrieben wurden, welche in Vielem
übereinstimmeu, aus Blutfleckenkrankheit beim Menschen gewonnen
wurden und Blutfleckenkrankheit verursachen.
Es ist unzweifelhaft, dass es sich um echte, Blutaustritte ver-
anlassende, zum Theil septische Bakterien handelt und ist es be-
zeichnend, dass z. B. die Beschreibung Kolb’s, der keine Kenntniss
von meinen Befunden hatte, in vieler Beziehung mit jener meines
Bacillus zusammentrifft Diese Uebereinstimmung, namentlich die
Form, die Kapselbildung, die Kultur, die Empfänglichkeit der ver-
schiedenen Versuchstiere und die experimentell hervorgerufenen
Veränderungen betreffend, weisen darauf hin, dass wir es mit einer
Gruppe Hämorrhagieen erzeugender Bacillen zu thun haben, welche
auch manche Analogieen mit jenen aufweisen, welche bei Thieren
als die Erzeuger der hämorrhagischen Septikämie (Hueppej bekannt
sind. Die Frage, ob die Bacillen Kolb’s, Tizzoni ’s und Gio-
vanini’s als septische aufzufassen sind, kann nicht ohne Weiteres
verneint werden , wenn auch beim Menschen nicht immer septisches
Fieber vorhanden war. Obwohl ich nicht der Meinung bin, dass die
verschiedenen, hämorrhagische Sepsis bei Thieren verursachenden Ba
1) Arch. f. experim. Path. u. Pharmak. 1881. No. 13.
2) British med. Journal. 1883. S. 362.
3) Gar. degli ospit. 1884. No. 7, 14, 17.
4) Unters, üb. die Aetiol. d. Purpura haemorrhag. Leipzig 1889.
61 Fortschritte der Medic. 1889. No. 7.
6) Beitr. z. pathol. Anat. und allg. Patb. v. Ziegler Bd. VI. 1869.
7) Archive« bohSmes de mdd. 1889, aout.
8) Arbeiten aus d. kais. Gesundheitsamt. VII. 1*131. 1.
Ueber Bacillen der hämorrhagischen Infektion des Menschen.
721
cillen ein und dieselbe Bakterienart oder geringe Varietäten derselben
darsteilen müssen, nehme ich doch an, dass die Bakterien dieser
Krankheiten in eine Gruppe gehören. Ebenso bin ich geneigt, an-
zunehmen, dass auch gewisse Bakterien, welche beim Menschen in-
fektiöse hämorrhagische Allgemeinerkrankung verursachen, eine mor-
phologisch und biologisch zusammengehörige Gruppe bilden, deren
Unterscheidungsmerkmale in verschiedener Grösse, gewissen geringen
Unterschieden im Kulturverhalten, besonders aber in der Wirkung
auf Thiere bestehen.
V. Babes, M. Kolb,
Ein Pnrpura haemorrhagica Arbeiten aus dem kais. Ge-
verursachender Kapselbacil- sundheitsamte. VII. 1. 1881.
lus (Societ. de Medic. Apr.
1888 , Bakteriologische Un-
ters. üb. septische Processe,
Leipzig, Veit & Comp. Okt.
1888. Seite 46. Les bac-
teries par Cornil-Babes.
1890. Seite 553).
Tizzoni und Gio-
vanni n i ,
Purpura haemorrhagica (Atti
della E. Accad. delle sc. di
Bologna 1389, und: Zieg-
ler ’ s Beiträge z. Path. Bd.
VI. 1889. S. 299.
Ein herabgekemmenes In-
dividuum erkrankt an Blu-
tungen, oberflächlicher Gan-
grän der Ränder der Alveo-
larschleimhaut, der Tonsillen,
oedematüs - hämorrhagische
Infiltration des Zellgewebes
in der Umgebung der Ton-
sillen, Bronchitis, Purpura,
Blutharnen , Fieber , Tod
unter Erscheinungen einer
Septikämie. An diesen Fall
schlossen sieh noch 2 ähn-
liche an. (Nach 12 Tagen
erkrankt ein 16-jährigos Mäd-
chen mit massigem Fieber,
Appetitlosigkeit , Tonsillitis
und Bronchitis, welcher sich
Purpura haemorrhagica an-
schlies&t, welche in 5 Tagen
unter nervösen Erscheinun-
gen zum Tode führt. Schon
früher bestand Rheumatismus,
grosse Mattigkeit.)
Ausser den erwähnten
Veränderungen entzündliches
Osdem der Weichtheile des
Halses , kleine gangränöse
Stellen der Lungen (von
Hivmorrhagieen amgeben).
Auch in dor Tiefe der Haut
und an den serösen Uäoten
und in der Darmschleimhaut
frische und ältere Ekehy»
m o 3 e n , gangränös-hämor-
rhagische Pyelitis (flüssiges
Blut im Herzen und in den
Öefä3sen) , Nephritis. (Me-
diastina!- und Mesenterial-
drüsen zum Theil blutig in-
fiUrirt. MHz vergrössert.)
Symptome der Krankheit.
2 Frauen und 1 Mann be-
kommen plötzlich Fieber und
Purpura, Eiweiss im Harn,
Tod nach 2 — 4 Tagen.
Pathotogiiche Anatomie.
Kleinere und grössere
Blutflecken in der Haut und
an den serösen Häuten, hie
und da Blutergüsse in serö-
sen Höhlen, in den Lungen
und in der Darmschleimhaut.
Das Blut zeigt wenig Neigung
zur Gerinnung. In ein6m
Falle noch Hämorrhagieeu in
den Nierenkapsoln und in
den Nebennieren, Milz ver-
grössert.
3 Kinder einer Familie
erkranken an Impetigo, an
welche sich bei zweien eine
Purpura mit Schüttelfrost und
hohem Fieber, Appetitlosig-
keit, Anurie oder Albuminu-
rie anschliesst. Tod zweier
Kinder nach 2 Wochen, nach-
dem das Fieber in den letzten
Tagen nachgelassen hatte.
Hämorrhagieen in der Haut
und in den serösen Häuten,
Ostiem im subkutanen Ge-
webe der Haut, namentlich
des Gesichtes und Haises,
allgemeine akute Nephritis
mit. hämorrhagischen Punk-
ten, subseröse und sabmucöse
Darmbämorrhagieon. Milz
normal.
7 22
L o e w ,
T i z 7. o n i und 6 i o -
V. Babes, M. Kolb, vanuiui,
Histologie.
Reim Menschen: In den inneren Organen Bei Thieren:
In den geschwellten Ton- theils in grösseren Hauten In der Leber Herde von
sillen kleinzellige Induration, in den Gefässeu, theils zer- Koagulationsnekrose und
hyaline ^?) Degeneration der streut in» Gewebe die später kleinzelliger Infiltration, in
Schleimdrüsen. In den hä- zu beschreibenden Bacillen, der Niere ausgedehnte Koa-
inorrhagischen Lungenherden
gewöhnlich im Centrum schon
makroskopisch erkennbare,
durch Safranin rotbgef&rbte
Stellen , welche ans unge-
heuren Mengen Zoglöen bil-
dender Bacillen( Beschreibung
später) ausgefüllt sind, in
derUmgebung Hkmorrhagieen
mit Hypertrophie der Staab-
zelleu. In den hämorrhagi-
schen Mesenterialdrüsen stel-
lenweise ähnliche Pfropfe in
Lynophräumen. TrübeScbwel-
lunp des Nierenepithels, ober-
flächliche Nekrose, hämorrha-
gische und folliculäre Infil-
tration der Nierenbecken-
schleimhaut.
Bei Kaninchen:
Massige Zellproliferation
der Organe, Neigung zur
Krystallbildung des Blutes
in den Gefässeu und Hä-
morrhagieeu, besonders in den
Lungen.
(Schluss folgt.)
gulationsnekrose der gewun-
denen Harnkanälchen. Ab-
sterbeu der Glomeruli zu einer
feinkörnigen Masse. Die Ba-
cillen finden sich nicht iu
den inneren Organen, nicht
im Blut , bloss an der In-
jektionss teile.
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
Von
Dr. Ö. Loew,
Privatdozenten an der Universität München.
(Fortsetzung.)
in.
Eiu mächtiges Hölfsmittel beim Ernähr» ngsprozess besitzen viele
Bakterienarten bekanntlich in der Gährtüchtigkeit, einer Anpassungs-
erscheinung an ein Leben ohne Luft. Nägeii hat die Ursache der
Gährung auf die Uebertragung vou Schwingungszuständen aus dem
lebenden Protoplasma auf das Gährmaterial zurückgeführt, nachdem
Pasteur die physiologische Natur des Vorganges erkaunt hatte.
Die Ansicht, dass jene Eigenschaft ursprünglich nicht vorhanden
war und sich erst unter dem Zwange äusserer Verhältnisse allmäh-
lich ausbildete, findet unter Anderem auch darin eiue Stütze, dass
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
723
man durch Erhitzen auf 80° manchen Bakterienarten die Gährtüch-
tigkeit nehmen kann, ohne ihr Leben zu vernichten.
Die Vermehrung dauert fort, ist jetzt aber nur bei Luftzutritt
möglich. Dieselben Verhältnisse können auch durch lang fortgesetzte
Züchtung bei viel Luftzutritt herbeigeführt werden ; N e n c k i hat
beobachtet, dass der von ihm entdeckte Micrococcus acidi
paralactici nach fortgesetzter Züchtung auf festem Nährboden
unfähig wird, Gährung zu erregen (dieses Centralbl. IX. 306). Dieser
Forscher weist ferner darauf hin, dass die Abnahme der Virulenz
pathogener Spaltpilze auf dieselbe Ursache zurückzuführen ist, und
manche Beobachtungen deuten darauf hin , dass der Verlust der
Fähigkeit, gewisse Farbstoffe zu prcduziren, auch diesen Erschei-
nungen anzureihen ist1). Die Schwächung der nitrifizirenden Thä-
tigkeit der Bodenpilze bei Züchtung in Bouillon wurde schon oben
erwähnt.
Wenn man nun bedenkt, wie sensibel das Protoplasma ist und
welche bedeutende Leistung die Gährthätigkeit darstellt, so muss man
es sehr merkwürdig finden, dass eine solche energische Funk-
tion aufgehoben werden kann, ohne dass hierbei das
Leben der Zellen erlischt. Wäre das gesammte Protoplasma
einer Zelle bei dieser gewaltigen Veränderung betheiligt, so wäre
die Annahme einer Strukturveränder ung unter Erhaltung
des Lebens zu machen, was aber wohl unseren bisherigen Erfah-
rungen über die Eigenschaften des Protoplasmas zuwiderlaufen
würde.
Ich halte es, wie ich schon früher einmal geäussert habe 2), für
viel wahrscheinlicher, dass ein spezieller Protoplast sich
durch allmähliche Differenzirung aus dem Plasma ausbildete, welcher
lediglich mit der Gährarbeit betraut ist. Nimmt dieser Protoplast
grössere Dimensionen an oder gestaltet sich das ganze Protoplasma
schliesslich um zu dem Gährprotoplasten, so würden die obligaten
Anaeroben entstehen. Die Vernichtung der Gahrwirkung ohne Schä-
digung des Lebens bei den fakultativen Anaeroben könnte auf das
Absterben des Gährprotoplasten zurückgeführt werden, dessen Tod
nicht denjenigen des Cytoplasmas nach sich zu ziehen braucht.
Zwischen dem Gährprotoplasten und dem Cytoplasma eines Bacte-
rium3 müsste eine Arbeitstheiluisg angenommen werden. Jenem
würde die Zersetzung des Nährmaterials, diesem die Eiweisssyuthese
aus den gelieferten Bruchstücken zukommen.
Au Analogieen, um diese Ansicht, plausibel zu machen, fehlt es
nicht. Bei den Oscillarien z. B. finden wir noch kein spezielles
Chlorophyllorgan. Das ganze periphere, grün gefärbte Cytoplasma
funktionirt wie ein Chlorophyllkörper3). Erst bei den höher ent-
wickelten Algen finden wir eine Differenzirung zu einem speziell für
1) Vgl. das Referat H. Büchner ’s in diesem Ceulralblatt. IX. Sil über die Be-
obachtungen Gessard’s am Bacillus pyocyaneus.
2) O. Locw, Journ. f. prnkt. Chem. XXXIII. S. 361.
8) Nach Zacharias. (Botan. Ztg. 1890. Nr. I — 6) ist der centrale Theil unge-
färbt; derselbe unterscheidet sich erheblich von den genauer untersuchten Zellkernen
anderer Organismen.
724
Lo«*,
die Kohlensäurezersetzung aDgepassten Organ. Andererseits gibt
es Organismen, welche durch fortgesetzten Nichtgebrauch ihr Chloro-
phyllorgan einbüssen und trotzdem fortleben können — allerdings
nur unter Zufuhr organischer Nahrung, wie z. B. die Euglena
viridis1 * *). Die Analogie zwischen dem Chlorophyllkörper — dem
Nährplasma, wie man es nennen könnte — und dem hypothetischen
Gährplasma würde sich ausser in der intensiveren Thatigkeit auch
m der höheren Sensibilität gegen schädliche Einflüsse offenbaren.
Bei höherer Temperatur stirbt auch der Chlorophyllkörper vor dem
Cytoplasma ab, wofür erst neuerdings ein weiterer Beweis durch
eine Arbeit Kreusler’s geliefert wurde*). Dieser fand, duss die
Assimilationsthätigkeit zwischen 45 0 und 50 0 C vernichtet wird, die
Athmungsthätigkeit aber erst bei etwas über 50° C.
Mancherlei Umstände machen es wahrscheinlich, dass bei der
EiweissbilduDg aus dem Gährmaterial zunächst For m a Ide hyd
abgespalten oder durch Atomverschiebung erzeugt wird, welcher so-
fort Verwendung findet und deshalb seine Giftnatur nicht auszuüben
vermag. Formaldehyd ist sicherlich derjenige Körper, von welchem
aus nicht nur die Bildung von Kohlehydraten *), sondern auch die
von Eiweisskörpern erfolgt4). Der Formaldehycl erscheint bei den
Gährungspilzen als der „ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht“,
um ihn drehen sich einerseits die zerspaltenden Thätigkeiten, ande-
rerseits die synthetische Arbeit. Viel Mysteriöses erscheint uns unter
diesem Gesichtspunkt sofort in klarem Lichte. Was der Chlorophyll-
körper den grünen Zellen — das wäre für die chemischen Synthesen
auch das Gährplasma der Mikroben. Lieferanten des Formaldehyds
wären beide, nur im Modus der Herstellung läge die chemische
Di deren z.
Leben die Weinsäure vergährenden Pilze z. B. von Weinsäure,
so bilden sie den Formaldehyd durch Spaltung, die Aeroben aber
bilden denselben durch Oxydation, wie folgende Gleichungen ver-
anschaulichen mögen:
H2 +2C02 +2CH20
2 Mol. Formaldehyd
Weinsäure
Erste Phase der Eiweissbüdung bei den Anaeroben.
COOH
I
CHOH
I
CHOH
|
COOH
1) Georg Kiebs, lieber die Orgauisation einiger Flagellatengiuppen. S. CO.
2} Landw. Jahrb. XIX. 649. Die Versuche wurden an Müttern von Kubas,
Prunus und Eicinus f.ngestelit.
8) Vgl. die neuesten Mittbeiiungen von Th. Bokorny über St&rkebilduug aus
Formaldebyd. (Berichte der Deutschen Botan Geselisch. 1891. Mai.)
4) 0. Loew, Botan. Centralb.'att Nov. 1890. Ernährung von Algen and Spalt-
pilzen mit Formaldehydverbindungen.
Die chemischen Verhältnisse des Bskterieulebens.
725
COOH
I
CHOH
| + 0 = H20 + 2COa + 2CH2 O
CHOH
I
COOH
Erste Phase der Eiweissbildung bei den Aeroben.
Die folgenden Phasen verlaufen meiner Ansicht nach bei beiden in
gleicher Weise, nämlich in Form mehrerer Condensationen.
II) 4 CH20 + NH3 = C4H7N02 + 2H20
« r—w— rm
Aldehyd der Asparaginsäure
III) 3 (C4H7N02) = C12H17N304 + 2H,0
IV) 6 (Cl2H17N304) + 12 H +- HgS — C78HX , 2N18SQ28 + 2H20
Einfachster Ausdruck für Eiweiss.
Die Gründe, welche mich zu dieser Ansicht (i. J. 1880) leiteten,
waren mannigfache; später sind mancherlei Thatsachen bekannt ge-
worden, welche als Stütze derselben angesehen werden können; so
die Arbeit von Pal lad in, in welcher bewiesen wird, dass das bei
der Keimung in grossen Mengen auftreteude Asparagin ein Oxy-
dationsprodukt der Eiweisstoffe ist1); ferner eine Arbeit von
Schützenberger, worin er erklärt, dass er aus Prote'iastoffen einen
zur Bernsteinsäure in naher Beziehung stehenden Körper von der
Formel C4H7N0.2 erhalten habe, welcher der Kern aller Proteinstoffe
sei 2 3) ; dieser Körper dürfte aber ein Umlagerungsprodukt des noch
hypothetischen Asparaginsäurealdehydes sein ; und neuerdings hat auch
E. Siegfried bei Spaltung von Congiutiu mit Salzsäure einen
Körper (C4H8N02)n erhalten s), welcher jedenfalls auch in naher Be-
ziehung zum Aldehyd der Asparaginsäure steht4).
Wenn wir diejenigen Substanzen betrachten, welche gährfähig
sind und dabei unter Luftabschluss den Gährpilzen Ei weis s-
bildung ermöglichen, so finden wir, dass es leicht zersetz -
liche Körper sind, welche entweder die mit dem Formaldehyd isomere
Gruppe CH(OH) enthalten, oder sie durch Atomverschiebung liefern
können, wie manche Körper mit primärer Carbiaoigruppe CH2(OH)
oder tertiärer C — (OH). Körper, welche erst durch oxydirende
Einflüsse die Gruppe CH(OH) liefern können, ernähren auch nur bei
Luftzutritt, wie z. B. die Vergleiche von Milchsäure mit Propionsäure,
von Weinsäure mit Bernsteinsäure ergeben,
CH3— CHOH -COOH ; CH3— CH*-COOH
^wra.irniii—rA.lw--n... rmmumimr, >n — T.iimiiwt ■„
Milchsäure. Propionsäure.
1) Bor. D. Bot. Ges, VI 205 und 296.
2) Compt. rend. CI. 1267
3) Ber. D. Chem. Ges. XXIV. 422.
4) Ueber meine Ansicht dur Eiweissbilduug vgl. auch : Die chemische Kraftquelle
im lebenden Protoplasma, von O. L o e w u. Th. B o k o r n y.
726
Pintner,
COOH COOH COOH COOH
I I
CHOH — CHOH
Weinsäure.
I I
CH, — CH.,
Bernsteinsäure.
Unter den hier entwickelten Gesichtspunkten wird es verständ-
lich, warum wohl Methylalkohol und einige Formaldehydverbindungen
Bakterien noch ernähren können, ameisensaure Salze aber nicht mehr
dazu befähigt sind. Methylalkohol kann durch Oxydation Formäl-
dehyd liefern, Ameisensäure aber nicht:
H H
I I
H-C— OH C=0 H — C=0
H
H
OH
Methylalkohol.
Formaldehyd.
Ameisensäure.
Die Ameisensäure könnte nur durch reduzirende Thätigkeit
in Formaldehyd übergeführt werden und es wäre nicht unmöglich,
dass der Ausnahmepilz Nitromonas auch mit ameisensaurem Ammo-
niak statt des kohlensauren Salzes auskommt x).
(Fortsetzung folgt.)
Nochmals über den Begattungsakt der parasitischen
Plathelminthen.
Als Erwiderung an Herrn Brandes
von
Dr. Theodor Pintner,
Assistenten am Wiener zoologischen Universitätsiostitute.
In No. 8 des IX. Bandes dieser Zeitschrift hat H. Brandes
eine meiner Arbeiten1 2) zum Gegenstände einer im Thatsächlichen
vollkommen ungerechtfertigten, in der Form aber um so mehr be-
fremdenden Besprechung gemacht, als sachliche Beweggründe für ein
solches Vorgehen durchaus nicht zu ersehen sind.
Jedem, der mit der einschlägigen Litteratur auch nur oberfläch-
lich vertraut ist, sind die sich oft geradezu kontradiktorisch wider-
sprechenden Angaben über den Begattungsakt bei den parasitischen
Plattwürmern bekannt, und ich habe dieselben in meiner Arbeit aus-
führlich und genauestens angeführt. Trotzdem erklärt H. Brandes,
nicht zugeben zu können, dass diese Frage „bisher eine offene zu
nennen gewesen wäre“, ein Ausdruck, den ich übrigens gar nicht
1) Es müsste dann die Reduktion der Ameisensäure zu Formaldehyd durch den
Wasserstoff des Ammoniaks durch jenen Pilz bewerkstelligt werden können.
2) Th. Pintner, Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. II. Zur
Frage des Begattungsaktes bei den Bandwürmern. (Arb. a. d. zool. Inst. Wien. T. IX.)
Nochmals über den Begattungsakt der parasitischen Plathelminthen. 727
gebraucht habe. „Wenigstens“, so fährt H. Brandes fort, „würde
sie mir dann jetzt ebensowenig beantwortet scheinen, als vorher“.
Dem gegenüber muss ich einfach die Schlusssätze meiner Arbeit
wörtlich hieher setzen : „Die vorstehenden Beobachtungen stellen
zum ersten Male die Begattung der Bandwürmer als
typische Wechselkreuzung fest und bestätigen zugleich die
viel angefochtenen Beobachtungen van Beneden’s und Leu-
ckart’s über Selbstbegattung. Die Thatsache des StattfindeDs der
Wechselkreuzung darf als starke Stütze für die Zeller’schen An-
sichten über den gleichen Vorgang bei Trematoden mit Zuhülfenahme
des Laurer’schen Kanales betrachtet werden, während hier allerdings
auch noch daneben Begattung unter Vermittlung des Uterus zu
Stande kommt. Um so mehr als auch die Begattung der Turbel-
larien eine Wechselkreuzung ist, dürfte somit diese als Regel für
alle Platt Würmer aufgestellt werden. Dagegen wird durch die
Selbstbegattung eine in Folge von biologischen Umständen vorliegende
Noth wendigkeit erfüllt, die indessen nicht nur auf solche Fälle be-
schränkt bleibt.“ „Als Regel“ in dem obigen Satze heisst, wie ja
aus dem auf diese Worte folgenden Satze unzweifelhaft hervorgeht,
nicht „ausnahmslos“, sondern „gewöhnlich“, neben zahlreichem Vor-
kommen des anderen Falles, etwa, wie man jetzt, nach ßraun’s
Beobachtung der Selbstbegattung bei Schnecken, die Sache bei diesen
auffassen wird. Denn nachdem man allgemein annimmt, dass lang-
andauernde Inzucht für die Erhaltung der Art unvortheilhatt ist, wird
man, sobald Kreuzung und Selbstbegattung bei einer Thiergruppe
neben einander Vorkommen, wohl immer die erstere als das gewöhn-
liche, normale, die letztere als durch ökologische Umstände und Zu-
fälligkeiten bedingte, seltenere oder häuhgere Ausnahme zu betrachten
geneigt sein. Wenn aber Fälle von Wechselkreuzung bei den para-
sitischen Plattwürmern nur äusserst selten zu beobachten sind, so
hat ja dies doch einen sehr nahe liegenden Grund in den Misshand-
lungen, die dem Wirthe bis zur Eröffnung des Darmes zu Theil
werden und auf einen ungestörten Fortgang des Begattungsgeschäftes
der Parasiten unmöglich ohne Einfluss bleiben können.
• Wo in dem Gesagten also eine unvorsichtige Schematisirung
hegen soll, wie mir vorgeworfen wird, weiss ich nicht. —
„Dass der Laurer’sche Kanal morphologisch der Vagina der
Cestoden und ektoparasitischeu Trematoden entspricht, ihr also ho-
molog ist, hat meines Wissens noch Niemand bezweifelt“, sagt H.
Brandes, Leuckart aber1): „Die Scheide bei Polystomum
integerrimum erscheint hiernach als ein Gebilde, welches, da es
neben dem Laurer’schen Kanäle existirt, demselben nicht homolog
sein kann. Er ist also nicht etwa bloss durch seine Duplicität von
demselben verschieden, sondern als ein morphologisch selbständiges
Organ zu betrachten — es müsste sonst sein, dass das sog. dritte
Vas deferens bei Polystomum nur mit Unrecht dem früher also
bezeichneten Kanäle der Diatomeen zur beite gesetzt würde“. —
Ich glaube nun allerdings, dass der „innere Samengang“ oder das
1) Parasiten. II. Aufl. I. 3, 1886, p. 69.
728
P i n t n e r ,
„dritte Vas deferens“, das, wie ich in meiner oben angeführten Ar-
beit bereits gesagt habe, jetzt nur mehr für Polystoraum inte-
gerrimum glaubwürdig erscheint, falls es nicht als „Canalis
vitello- intestinalis“ eine Auferstehung feiern sollte, nur durch die
irrthümlichen Beobachtungen v. Siebold’s mit dem Laur er-
sehen Kanäle in Beziehung gebracht worden ist. Der letztere Name
aber wird doch seit Langem, zumal seit Stieda, für die Vagina der
Distomeen in Anwendung gebracht, und diese ist nach meiner und,
wie ja H. Brandes sagt, überhaupt nach Jedermanns Meinung auch
mit der doppelten Vagina der Polystomeen homolog.
Ist aber die doppelte Scheide von Polystomum integerri-
inurn nichts anderes, wie der Lau rer’ sehe Kanal, so ist es auch
unrichtig, wenn H. Brandes behauptet, dass der direkte Nachweis
einer Begattung bei Trematoden auf dem Wege des Lau rer’ sehen
Kanales nicht erbracht sei, da ja doch Zeller für Polystomum
integerrimura die Wechselkreuzung auf diesem Wege klar und
unbezweifelbar beschreibt und abbildet, wie ich auch in meiner Ar-
beit erwähnt habe.
Dass dis Auffindung des mit der Vaginalmündung verwachsenen
Vas deferens-Endes durch Zeller in Verbindung mit dem eben be-
sprochenen Falle, mit den schon von Mies eher bekannt gemachten
Tbatsachen zum Zwecke der Kreuzung pärchenweise lebender Di-
stomeen, und endlich mit Rücksicht auf die in meinen Zeichnungen
mit der Camera wieder gegebene Lage der in Wechselkreuzung be-
findlichen Orygmatobothrienglieder, die, wie ich mit Absicht hervor-
gehoben habe, genau so liegen, wie die beiden Diporpen
nach Zeiler, dass alles das zur Verallgemeinerung (nicht für alle
Trematoden ohne Ausnahme, das ist weder Zeller, noch mir ein-
gefallen) geradezu herausfordert, ist noch immer meine Meinung,
auch trotzdem H. Brandes dergleichen „keiner weiteren Erörterung“
für werth hält. Ganz falsch aber ist es, dass das, was Braun, der
in Bezug auf den Werth der Zeiler’schen Arbeiten mit mir voll-
kommen übereinzustimmen scheint, nach neueren Untersuchungen als
irrthum Zell er ’s glaubwürdig nachweist, hier von Einfluss wäre.
Dass die Vagina von Diplozoon den Dottergang nicht quer durch-
setzt, sondern in ihm endet, was von vornherein viel für sich hatte,
ist für unsere Frage ganz gleichgültig; dass aber die Verwachsung
genau in dem Sinne erfolgt, wie Zeller angibt, was für aus das
allein Entscheidende ist, scheint mir Braun’s Bestätigung zur Ge-
wissheit zu erheben. Auch die neueste Mittheilung von S. Goto1)
macht mich in dieser Ueberzeugung nicht irre. Während nämlich
Goto in seinen Mitteilungen über den „Canalis vitello-intestiuaüs“
mit Ijima und Brau n-Dieek hoff überemstimmt, weicht er von
den Angaben der letzteren insofern ab, als er behauptet, dass „the
das deferens of one individual distinctly opens into the yolk-duct of
the other“. Nun liegt es aber auf der Hand, dass das Vas deferens
vas Dur dann thur, kann, wenn der Dottergang eine Kommunikation
1) S. Goto. Oa tho Conne&tiDg Canal batwaan tbe Oviduct aüd tha Intestina in
Soma Monogenetic Treanatodes. (Zool. Ana. Jabrg. XIV. p. 103 — 104.)
Koc’imab über den Begattungsakt der parasitischen Plathelmiutben. 729
mit der Aussen weit hat. Diese besteht aber nur durch den Laur er-
sehen Kanal, der eben nach den von Dieckhoff und Braun richtig
gestellten Zell er’ sehen Untersuchungen ausserordentlich kurz ist
und deshalb wohl von Goto in seiner Bedeutung als selbständiges
Organ übersehen wurde.
Wenn mir H. Brandes die Begriffe Homologie und Analogie
auseinandersetzen zu müssen glaubt, wenn er rnir vorwirft, dass ich
Leuckart’s Angaben unrichtig darzustellen „beliebe“, so entspringt
solch überraschendes Vorgehen jedenfalls einem Irrtbume, Ich habe
in ruhiger und sachlicher Weise jüngeren Ansichten aus dem Para-
sitenwerke einige ältere Stellen wörtlich entgegengesetzt. Dies ge-
schah aber nicht im Entferntesten aus Kritiklust, sondern weil es
mir gerade angesichts der ausserordentlichen Werth Schätzung, die ich,
wie Jedermann, seit jeher den Anschauungen Leuckart’s entgegen-
gebracht habe, besonders wichtig war, zeigen zu können, dass auch
Leuckart entschieden für die physiologische Bedeutung des
Laurer’schen Kanales als Vagina eingetreten ist. Und diesen
Standpunkt bin ich eben auch heute noch nicht für so gänzlich ab-
gethan zu betrachten iirt Stande, wie nun, seit den Beobachtungen
von L o o s s , vielfach geschieht.
Dass der Laurer' sehe Kanal bei einer Anzahl heute lebender
Trematoden nicht mehr als Scheide funktionirt, wie diese Beobach-
tungen zu beweisen scheinen, habe ich nicht geleugnet, und ich gebe
gerne zu, dass diese primäre Vagina bei einer Reihe von Formen
sogar in Atrophie begriffen sein mag. Keinesfalls ist aber zur Er-
möglichung einer solchen Annahme die sonderbare Phylogenie der
Trematoden nötbig, die H. Brandes aufsteilt, indem er diese Thiere
von „cesiodenartig organisirten Vorfahren“ abstammen lässt. Wohl
allgemein wird das gerade Umgekehrte für richtig gehalten.
Wenn endlich H. Brandes in dem Referate über meine Arbeit
(in ders. Nunam. dies. Zeitschr.) bei dem Berichte über den von mir
aufgefundenen Schluckapparat am Keimstocke der Tetrabothrien und
Echinobothrien durch Anwendung des Wortes „sollen“ Zweifel aus-
zudrücken „beliebt“, so kann ich nur erwidern, dass ich nicht allein
über die Bestätigung der Richtigkeit der betreffenden Beobachtungen,
die ja am passenden Objekte nicht der mindesten Schwierigkeit be-
gegnen, sondern auch über die Bestätigung meiner „Verrnuthungen“,
was die weite, vielleicht allgemeine Verbreitung dieses Apparates in
mehr oder weniger ausgebildetem Zustande bei Bandwürmern anbe-
langt, in vollstem Umfange durchaus beruhigt bin.
Ich glaube nicht, dass unter den von H. Brandes mir ge-
machten Vorwürfen noch einer erübrigt, dessen vollkommene Halt-
losigkeit das Vorstehende nicht erwiesen hätte; UDd damit halte ich
die Sache für erledigt.
730
Brandes,
Einige Bemerkungen zu Vorstehendem.
Von
Dr. ft. Bramles.
Nach Kenutnisnahrae vorstehenden Artikels glaube ich noch
einige Erklärungen hinzufügen zu müssen ; auch diesmal ist es nur
der „sachliche Beweggrund“, zu berichtigen, und nichts anderes,
was mich zur Feder greifen lässt.
Zuerst die Erklärung, dass ich nur von den en top arasi ti-
schen Trematoden, worunter ich dieDistomeae Leuckart’s
oder die Digenea van Beneden’s begreife, in meiner Be-
sprechung gehandelt habe, die Bezeichnung „Trematoden“ schlechthin
also nur in jenem beschränkten Sinne zu verstehen ist.
Um nun auf einige Einzelheiten einzugehen, so glaube ich, dass
es wohl „unvorsichtig schematisiren“ genannt werden kann, wenn
man einem Schema zu Liebe von den Verhältnissen der ektoparasi-
tischen Trematoden oder gar der Cestoden auf die Gesammtheit der
Trematoden Schlüsse zieht, zumal die entoparasitischen Trematoden
den ektoparasitischen an Zahl bei weitem überlegen sind. Nur hier-
gegen sollte sich mein Protest richten, den ich auch jetzt noch in
allen Einzelheiten aufrecht erhalte. Bei den entoparasitischen Tre-
matoden ist der Lau rer’ sehe Kanal theils gar nicht vorhanden,
theils sehr unvollkommen ausgebildet, nur ausnahmsweise findet man
ihn in kräftiger Entwicklung; ausserdem ist eine Beobachtung, die
auf eine Begattung durch den Laurer’ sehen Kanal mit Sicherheit
schliessen liesse, nicht zu verzeichnen, während eine Inmissio penis
in die Ausmündung des Uterus verschiedentlich beobachtet ist, erst
neuerdings wieder durch v. Linstow bei Distomum eyiindra-
ceu m (cfr. Arch. f. roikr. Anat 1890), daher halte ich es für eine Verge-
waltigung der thatsächlichen Verhältnisse, wenn Pintner die Be-
gattungsfrage bei den Trematoden dahin beantwortet, dass neben
der Begattung durch den Lau rer’ sehen Kanal, die die Regel, auch
eine unter Vermittelung des Uterus zu Stande kommt. Gerade um-
gekehrt. muss die Antwort — wenigstens für die Entoparasiten —
lauten : Die Begattung geschieht durch Einführen des Begattungsor-
gans in das Endstück des Uterus; es ist jedoch möglich, dass bei
einigen Formen auch der Lau rer’ sehe Kanal als Scheide funk-
tioniren kann.
Was nun die Verwechslung von Homologie und Analogie be-
trifft, so thut es mir leid, mich dahin äussern zu müssen, dass mir
auch vorstehender Aufsatz nicht frei davon zu sein scheint. Pint-
ner sagt dem Sinne nach etwa Folgendes: Da Brandes zugibt,
dass der Laurer’sche Kanal der Distomeen der Vagina der Po-
lyst-omeen homolog ist. eine Begattung durch letztere aber von
Zel 1er unzweifelhaft beobachtet wurde, so muss er auch anerkennen,
dass eine Begattung durch den Laurer 'sehen Kanal feststebt1).
1) Pintner köimte dann ja mit dem gleichen Rechte auch die von ihm UDd An-
Einige Bemerkungen zu Vorstehendem.
731
Ich bin aber weit davon entfernt, dies zu thun ; damit würde ich auch
die Analogie der fraglichen Gebilde anerkennen und diese be-
streite ich ja gerade; ich habe mich für meine Person sehr wohl
gehütet, von einem Lau rer’ sehen Kanal bei den Polystomeen zu
sprechen.
So entspringt also mein „überraschendes Vorgehen“ allerdings
einem Irrthume. aber derselbe ist auf Seiten Pintner’s. Auch ist
Pintner weiter im Irrthume, wenn er meint, alle bezüglichen An-
sichten Leuckart’s aus dessen Parasiten werk wörtlich citirt zu
haben; so schreibt er in Anm. 4 auf p. 6 seiner Arbeit: „Uebrigens
hält Leuckart selbst bei Dis tomu m spathulatum (Parasiten.
4. Lief. S. 348) den Laurer’schen Kanal für eine Scheide, und
kurz zuvor (Parasiten. 1881. If. Aufl. 2. Lief. S. 390) schreibt er:
Wenn man früher der Meinung war, dass der sogeuannte Uterus
der letzteren (d. Trematoden) in gleicher Weise die Begattung wie
die Eiablage vermittle, so war das ein Irrthum, wie die seither vielfach
bestätigten Beobachtungen von Blumberg und Stieda aufser
Zweifel gestellt haben.“
In Wirklichkeit schreibt Leuckart aber an der zuerst citirten
Stelle: „ .... so dass die Vermuthung, derselbe (der Laurer ’sche
Kanal) möchte als Vagina funktioniren, immerhin einige Wahrschein-
lichkeit hat.“
Hierzu kommt ferner, dass Pintner beim ersten Citat die
Jahreszahl 1889 fortlässt, wodurch sein „kurz zuvor“ mir in
einem eigenen Lichte erscheinen musste. Dies war es, was mich
veranlasste, zu schreiben, Pintner hätte beliebt, die Sache so dar-
zustellen, als ob sich Leuckart in seinen Ansichten widerspräche.
Ich bedaure, dies nach dem vorliegenden Texte nöthig gehabt zu
haben, und freue mich jetzt der entgegengesetzten Versicherung
P i n t u e r ’ s.
Und nun noch einige Kleinigkeiten ! Mein Hinweis auf die
Braun’ sehe Kritik über Zeller’s Arbeit sollte nichts für die uns
interessirende Frage beweisen, sondern war nur nebenbei geschehen.
Ueber meine Ansichten bezüglich der Verwandtschaft von Trema-
toden und Cestoden werde ich demnächst an anderer Stelle ausführ-
lich berichten.
Zum Schlüsse nur noch die Versicherung, dass ich niemals an
der Richtigkeit der Pin tn er ’ sehen Beobachtungen in Bezug des
Schluckapparates gezweifelt habe, auch keinen Augenblick die weite
Verbreitung desselben für fraglich hielt Wenn ich mir in Hinsicht
auf letzteren Punkt das Wort „Vermuthung“ erlaubt habe, so glaube
ich dazu berechtigt gewesen zu sein, da ja Pintner selber, der
doch natürlich nicht alle Cestoden hat untersuchen können, schreibt,
dass dieser Sclduckapparat „wahrscheinlich bei allen Cestoden“ ge-
funden werden würde.
deren beobachtete Begattung der Cestoden gegen mich ins Feld führen, denn ich bin
von der Homologie der Vagina der Cestoden und des Laurer 'sehen Kanals der ento-
parasitischen Trematoden vollständig überzeugt.
732
Tuberculose,
Referate.
Fraenkel, Engen, Untersuchungen über die Aetiologie der
Kehl k opftuberculose. (Virch. Arch. Bd. CXXI. Hft. 3. p. 523.)
Verf. untersuchte, von den Fragen ausgehend 1) „Sind alle bei
Schwindsüchtigen im Kehlkopf zu beobachtenden Ulcerationeri als
spezifische zu betrachten oder gibt es auch ohne Mitwirkung des
Tuberkelbacillus entstandene Substanzverluste“ und 2) „ist die Kehl-
kopfschwindsucht das Produkt der ausschliesslichen Invasion
des Tuberkelbacillus in die Gewebe des Kehlkopfs, oder wird
der Tuberkelbacillus in seiner verheerenden Arbeit durch aridere Mi-
kroorganismen unterstützt?“ 20 erkrankte Partieen aus 16 Kehlköpfen
von an Lungenschwindsucht gestorbenen Individuen mittelst Ausstrich-
präparaten, Platteuverfahren und auf Schnitten. Für den Nachweis
der Tuberkelbacillen wurde das Z ie h 1 -N eel se n’sche Verfahren
mit oder ohne Methylenhiaugrundfärbung in Anwendung gezogen
Sehr interessirten kleine, ganz oberflächliche Substanzverluste in
Form flacher „aphthöser“ oder „ienticuiärer“ Geschwüreben, namentlich
auf der Schleimhaut der Stimrafortsätze, bei denen eine makroskopische
Diagnose auf Tubercuiose „ausserordentlich schwer, ja direkt unmög-
lich“ war.
Er resumirt, „dass alle während des Bestehens der Lungenphtbisc
zu irgendwie erheblichen Zerstörungen der Kehlkopfgebilde führenden
Erkrankungen ihrer Entstehung und ihrem Verlauf nach als Effekt
des vom Epithel aus in die Gewebe eindringenden Tuberkelbacillus
aufzofassen sind, der weiterhin häufig durch sekundäre Ansiedlungen
anderer, den pyogenen zuzurechnender Mikroorganismen in seiner
verheerenden Arbeit unterstützt wird.“ „In einer verschwinden-
den Zahl von Fällen kommt es indes zur Entwickelung von
pathologischen Zuständen, die wir nach den Ergebnissen der Unter-
suchung, mangels des Befundes von charakteristischen anatomischen
Veränderungen und bei dem Fehlen von Tuberkeihaciiieu in den Ge-
weben als nicht spezifische betrachten müssen.“ Letztere
konstatirte er nur zweimal und setzt sie den im Kehlkopf bei Abdo-
minaltyphus beobachteten, als mykotische Epithelnekrose bezeichneten
Prozessen an die Seite (bedingt durch pathogene Kokken). Was die
Entstehung des spezifisch tuberculösen Larynxaffektionen anisugt,
so sehliesst F., „dass die tuberculösen Veränderungen des Kehlkopfs
auf eine Invasion der Bacillen von der Oberfläche her zurückzuführen
sind, und dass der entgegengesetzte Weg, ein Eindringen der Koc fa-
schen Bacillen von innen her, durch Einschleppung von der Blut- oder
Lymphbahn aus zwar denkbar ist, aber jedenfalls die Ausnahme
bildet. Die Bacillen gelangen dabei durch die völlig intakten oder
durch die ihrer Qualität nach bezw. hinsichtlich ihres Zusammen-
hanges alterirten Epithelzellen in die tieferen Ge websschichten.“
In den meisten Fällen bestanden Mischinfektionen (15 mal unter
18 Beobachtungen). Diese Mischintektionen hält F. für sekundär,
Taberculose. — Lopra. — Typhös.
733
weil man „Tuberkelbacillen immer noch in tieferen Gewebsschichten
antrifft“, als die begleitenden Mikrobien. Ref. möchte dem gegenüber
daran erinnern, dass man auch bei experimenteller Impfung mit un-
reinem Material ein tieferes Vordringen der Tuberkelbacillen (auch in
andere Organe) beobachten kann, vielleicht weil die mit Blut- oder
Lymphstrom verschleppten Kokken leichter zu Grunde gehen, während
die resistenteren Tuberkelbacilien sich weiter entwickeln können.
Was das „Verhältniss der Zahl der Tuberkelbacillen zu dem
Charakter und der Schwere der einzelnen Krankheitsherde“ anlangt,
so konnte „eine gewisse Gesetzmässigkeit etwa in dem Sinne, dass, je
tiefgreifender die Gewebsalteration, desto massenhafter auch die Zahl
der eir.gedrungenen Bacillen“ war, nicht festgestellt werden. Nur
bei den der Kategorie der iufiltrirten Tuberculose des Kehlkopfes
zu subsumirenden Prozessen“ fand F. konstant typische Tuberkel
mit epithelioiden und Riesenzellen. Je reichlicher die letzteren waren,
um so spärlicher die Tuberkelbacillen. „Nur in einem an Riesen-
zellen sehr armen Tuberkel wird eine grössere Anhäufung von Tuberkcl-
bacillen konstatirt.“ Die Tuberkelbacilien lagen frei, z. B. innerhalb
des Oberflächenepithels oder in Zellen. In einem Falle waren die
Riesenzellen ausnahmsweise damit förmlich überladen. Tuberkelbacilien
können sich, sogar reichlich, finden, ohne dass charakteristische, patho-
logisch-anatomisch als tuberculös zu bezeichnende Gewebsveränderungen
vorliegen. Czaplewski (Görbersdorf).
Campana, R., Un baciilo simile al bacillo lcproso svi-
luppatosi in tentativi di coltura di tessuti con lepra
tubercolare. (La Riforma med. 1891. No. 14. p. 159.)
Bei seinen Versuchen, den Leprabacillus aus dem leprösen Ma-
teriale rein zu züchten, sah Verf., als er die anaeroben Kulturme-
thoden in Anwendung brachte, charakteristische Kolonieen sich ent-
wickeln, welche aus Stäbchen bestanden, die dem Leprabacillus
morphologisch sehr ähnlich waren. Diese Stäbchen sind geradlinig,
im Allgemeinen kürzer, als der Tuberkelbacillus, ihr Protoplasma
färbt sich an 2 oder 3 Stellen intensiver, als die übrigen Theile der-
selben, sie nehmen jedoch die Ehriich’sche Doppelfärbung nicht an.
Der Mikroorganismus wächst in Traubenzucker- Fleischpepton-
agar, hingegen kommt er in flüssigen Nährmedien nicht zur Ent-
wickelung, auch nicht unter Wasserstoff. Die Vegetation wird nach
dem 7. — 9. Tage als leichte Trübung der unteren Hälfte des Impf-
stichs wahrnehmbar, nach weiteren 2 — 3 Tagen besteht der Stich
aus einzelnen Kügelchen und die Trübung ist stärker. Der Bacillus
ist für Ratten nicht pathogen. Kr dl (Prag).
KarlirisM, Zur Kenntnis s der atypischen Typhusfälle.
(S.-A. aus der „Wiener medicinischen Wochenschrift“. 1891. No.
11 und 12.)
Verf. berichtet über die in 3 atypisch verlaufenen Fällen von
Typhus abdominalis vorgenommene bakteriologische Untersuchung.
Im ersten Falle, welchen Verf. als Splenotyphus anspricht, ent-
wickelten sich aus dem Milzsafte zahlreiche Kolonieen von Typhus-
ix. Bi 47
734
Typhus. — Rot*.
bacillen. Im zweiten Falle wurden dieselben in der Leber, in der
Milz, in den Nieren und im Herzen nachgewiesen.
Karlinski ist geneigt, den Lymphapparat des menschlichen
Körpers als den Weg, auf welchem sich die Typhusbacillen verbreiten,
aDzusehen, und zwar aus dem Grunde, weil er sehr oft Typhusba-
cillen in grosser Menge im Ductus thoracicus vorfand, während solche
ausser in einem von 43 von ihm bakteriologisch untersuchten Fällen
im Blute stets vermisst wurden.
Der dritte Fall galt insbesondere dem Studium des Verhaltens
der Typbusbacillen zum Lymph- und Blutapparate. Es fanden sich
hier im Ductus thoracicus äusserst spärliche, im Blute dagegen sehr
zahlreiche Typhusbacillen vor.
Als einziges charakteristisches Merkmal der Typhusbacillen be-
zeichnet auch Karlin'ski die Art ihres Wachsthums auf Kartoffeln.
Allerdings wachsen auch andere Bakterien auf Kartoffeln so, wie die
Typhusbacillen. So fand Verf. in typhösen Dejektionen oft einen
Bacillus, welcher ein ebensolches Wachsthum auf Kartoffeln zeigte,
wie der Typhusbacillus. Doch zeigte sich gegenüber dem letzteren
insofern ein Unterschied, als jener auf mit 1/4°/0 Essigsäure ange-
säuerten Kartoffelstückchen als üppiger, bläulich-weisser Rasen,
ebenso auch in angesäuerter Gelatine sich entwickelte, während der
Typhusbacillus unter diesen Verhältnissen kein oder nur ein küm-
merliches Wachstbum zeigte. Dittrich (Prag).
JakovFski, M.. Ein ungewöhnlicher Fall vou chronischem
Rotz beim Menschen. (Zeitschr. f. klin. Medic. Bd. XVIII.
1891. p. 559.)
Verf. beschreibt einen sehr chronisch verlaufenden Fall von
Rotzinfekiion beim Menschen, welchen er fast während eiaes ganzen
Jahres zu beobachten Gelegenheit hatte, und bei dem die Diagnose
Rotz mittelst der bakteriologischen Untersuchung festgestellt wurde.
Der Fall betrifft einen Stalljungen, der 6 Wochen vor seiner Er-
krankung bei einem Droschkeneigenthümer in Dienst getreten war.
Sein Vorgänger hatte wegen „Erkrankung an Rotz'1 den Dienst ver-
lassen müssen und war au Rotz gestorben. Die Erkrankung des
Patienten begann mit rheumatoiden Schmerzen, Frostanfällen, Nacht-
schweissen. Danach traten Exantheme auf mit Bildung von Pusteln
oder derben, schmerzhaften, tiefen Infiltraten. An der linken Wade
bildete sich ein tiefes Ulcus. Sehr bemerkenswert!! ist die starke
Vergrösserung des linken Testikels, welche nach dem bakteriologischen
Befund nach der Exstirpation der Rotzinfektion zur Last zu legen
ist; dabei waren die Lymphdrüsen intakt (!). Der Patient entzog
sieb schliesslich der Behandlung.
VYas die bakteriologische Diagnose des Falles betrifft, so glückte
es Verf., weder aus dem Blute noch aus dem Urin oder Pusteleiter
die Rotzbacillen herauszuzüchten (aus letzterem erhielt er Stapby-
loc. pyog. aureus und albus). Erst aus dem Safte frischer In-
filtrate und aus dem noch nicht zerfallenen Infiltrat des exstirpirten
Testikels gelang es, die Rotzbacillen zu isoliren. (In letzterem waren
sie in Reinkultur.) Die mit den Kulturen geimpften Meerschweinchen
Kotz. — Puerperaleklampsie.
735
erkrankten an unzweifelhaftem Rotz; einige starben, einige wurden
getödtet, einige genasen. Bemerkenswerth ist, dass die Lymphdrüsen
häufig zwar vergrössert waren, aber nicht, wie bei akutem Rotz,
eitrig zerfallen. Auf Schnitten sowohl von Organen der Versuchs-
thiere als auch von dem exstirpirten Hoden waren die Bacillen aber
spärlich nachweisbar, meist frei, aber auch in Zellen (Tinktion nach
Loe f f 1 er oder Kühne resp. G a ul e - W ei g e rt).
Der Fall ist besonders ausgezeichnet durch das tiefe, sehr lang-
sam vernarbende Unterschenkelgeschwür, die tiefen Muskelinfiltrate,
welche sich wieder zurückbildeten, und die spezif. Hodenaffektion.
Zum Schluss erinnert Verf. daran, ob nicht der sehr chronische
Verlauf auch auf die Resultate der Impfungen von Einfluss gewesen.
Er betont ferner noch besonders, dass es nicht, wie bei akutem Rotz,
aus dem Pusteleiter, wohl aber aus dem Saft frischer Infil-
trate gelang, den Rotzbacillus zu isoliren.
Czaplew'ski (Görbersdorf i./Schl.)
Favre, Vorläufige Mittheilung über eine bakteriolo-
gisch-experimentelle Untersuchung zur Frage der
Puerperaleklampsie. [Aus dem patholog. Institut in Berlin.]
(Virchow’s Archiv. Bd. CXXIII. Heft 2.)
Verf. kultivirte aus den weissen Infarkten in einem Falle von
Eklampsie einen Micrococcus, der einen Durchmesser von 0,7
- 0,8 /u besass und auf Agar und Gelatine kleine durchsichtige Punkte
bildete.
Injektionen der Kulturen in die Blutbahn gesunder Kaninchen
bewirkten sehr häufig Temperaturwallungen, meist Senkungen derselben.
Injektionen von Reinkulturen dieser Mikroorganismen in die Blut-
bahn doppelseitig nephrotomirter Kaninchen verursachten meist ziem-
lich rasche Tödtung mit folgendem Symptomenkomplex: Angstgefühl,
Unruhe, Fluchtversuche, allgemeine Muskelschwäche und Kollaps-
temperaturen, jedoch ohne Konvulsionen.
Injektionen älterer Reinkulturen in die Blutbahn einseitig nephro-
tomirter Kaninchen hatten regelmässig ziemlich rasche Tödtung der
Versuchstiere mit demselben Symptomenkomplex im Gefolge.
Injektionen junger Reinkulturen oder einer Emulsion dieser Pilze
in indifferenter Flüssigkeit in die Blutbahn einseitig nephrotomirter
Kaninchen bewirkten Angstgefühl, Unruhe, Fluchtversuche, allgemeine
Muskelschwäche, Kollapstemperatureu, heftige klonische Konvulsionen
mit besonderer Betheiligung der vorderen Extremitäten, heftige teta-
nische Konvulsionen mit Opisthotonus und Betheiligung der Gesiebts-
und Obrenmusculatur. Nach 2 — 3 solchen Anfällen starben die Thiere.
Zwei doppelseitig nephrotomirte Kaninchen gingen nach 48 — 5ö
Stunden unter Kollapstemperaturen an Urämie zu Grunde.
Verf. hält es für wahrscheinlich, dass dieser Micrococcus
sowohl eine Nephritis gravidarum, als auch eklamptische Anfälle
hervorrufen kann.
Behinderung der Harnsekretion scheint nach den Untersuchungen
des Verf.’seine Grundbedingung für die Entstehung dieser Erscheinungen
zu sein. D i 1 1 r i c b (Prag).
47*
736
Verdauung der Protozoen.
Le Dantec, Recherches sur ladigestion intracellulaire
cbez les protozoaires (2e partie). [Aus dem Laboratorium
vou Metschuikoff, im Institut Pasteur.] (Annales de PInstitut
Pasteur. 1891. No. 3. p. 163.)
In seiner früheren Mittheilung l) hatte Verf. bereits die mit Ali-
zarinsulfosäure bei einigen Amöben erzielten Resultate erwähnt. Die
aufgenommenen Farbstoffkörnchen liegen nicht direkt im Protoplasma,
sondern in Vakuolen, deren wässriger Inhalt der umgebenden Flüssig-
keit entstammt. Bald tritt aber dann saure Reaktion auf, welche den
violetten Farbenton in rosa, manchmal bis zu gelb verwandelt.
Analoge Ergebnisse wurden nun an verschiedenen anderen Pro-
tozoen erhalten, namentlich an dem Kolonieen bildenden, mit ver-
zweigtem, retraktilem Fuss begabten Carchesium, ferner bei einigen
Vor ticeilen. Die Infusorien theilt Verf., entsprechend der neuen
Klassifikation von Maupas, in „Ciltes ä tourbillon“ und „Cili6s
capteurs“. Auf diese im Wasser frei lebenden Infusorien allein be-
ziehen sich die folgenden Schlussfolgerungen von Verf. aus seinen
bisherigen Untersuchungen :
1) Bei allen untersuchten Infusorien wird mit den aufgenommenen
festen Theilchen stets auch eine gewisse Quantität des umgebenden
Wassers in die Vakuole mit eingeführt.
2) Die Wirbelinfusorien („Infusoires ä tourbillon“) nehmen ohne
Unterschied alle festen, im Wasser suspendirten Körperchen auf. Die
Aufnahme wird gehemmt durch eine Art von Plethora, weiche
mechanisch die Bildung neuer Vakuolen zu verhindern scheint
Die Raubirifusorien („Infusoires capteurs“) scheinen im Gegen-
theil eine Wahl zu treffen. Sie verschlingen nicht-nährende Substanzen
nur dann, wenn letztere an wirklich nährenden anbaften.
3) In allen Fällen ist bei den untersuchten Infusorien die Ver-
dauungsvakuole der Sitz einer sauren Sekretion, welche zunächst das
eingeführte alkalische Wasser neutraiisirt und dann fortdauert, bis
der Inhalt der Vakuole effektiv sauer wird. Diese Absonderung er-
folgt mit gleicher Intensität, ob nun die Vakuolen Körperchen von
thierischer, ptlanzlicber oder mineralischer Herkunft enthalten.
4) Die Schnelligkeit der Säureabsonderung ist bei den ver-
schiedenen Spezies sehr verschieden ; ebenso besteht eine Differenz be-
züglich der Schädlichkeit der eingeführten chemischen Substanzen,
was auf beträchtliche Verschiedenheit in der Konstitution des Plasmas
hinzuweisen scheint.
5) Bei allen Spezies, bei denen Lakmus ein Resultat ergab
(s. das frühere Ref.), scheint die Säure die nämliche, und zwar eine
starke Säure zu sein. Büchner (München).
1) Ref. s. No. 10, S. 355 dieses Bandes.
Dutersuchungsmettoiien, Instrumente etft
737
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Str&ims, Seringue ä injections hy podermiques, steri-
li säble, ä piston eil moelle de sureau. (Le Bulletin
m6d. 1891. No. 9. p. 89.)
ln der Sitzung der Socfötö de Biologie zu Paris vom 24. Januar
d. J. demonstrirte S. eine Injektionsspritze, deren Konstruktion vou
der Pravaz'schen Spritze insofern abweicht, als Lederstempel und
-Dichtung durch solche aus komprimirtem Hollundermark ersetzt sind.
Demzufolge kann die Spritze im Dampftopf, bei trockener Hitze oder
im kochenden Wasser sterilisirt werden, ohne Schaden zu nehmen.
Aul Schrauben laufende Metallscheibchen gestatten es, den Hollunder-
markstempel im Bedarfsfälle wieder den Glaswandungen dicht an-
schliessend zusammenzupressen. Kr 41 (Prag).
Soux, Sur un rögulateur de tempörature applicable
aux ötuves. (Annales de ITnstitut Pasteur. 1891. No. 3. p. 158.)
Der beschriebene Thermoregulator, der seit mehreren Jahren im
Institut Pasteur zu vollster Zufriedenheit funktionirt, zeichnet sich
aus durch Unzerstörbarkeit, kann jedoch nur bei grossen Brüt-
schränkea mit Vortheil augewendet werden.
Derselbe besteht aus zwei starken, an einander geschweissten
und dann U-förmig gekrümmten Stäben, von denen der innere aus
Stahl, der äussere aus Zink ist. Die Länge der U-Schenkel
dürfte der Abbildung nach 30 — 40 cm betragen und das Ganze muss
so massiv sein, dass absolut keine federnde Bewegung, nach Art
einer Piucette, stattfiudet. Solche Regulatoren aus zwei Metallen
wurden, wie Verf. angibt, schon früher, namentlich von Schaffer
angewandt
Die Bewegung, welche in Folge der ungleichen Ausdehnung von
Zink und Eisen bei Temperaturschwankungen auftritt, kann nun, in-
dem man den einen U-Schenkel fixirt, von dem anderen aus in ver-
schiedenster Weise zur Regulation der Gaszufuhr verwendet, eventuell
durch Hebel noch verstärkt werden. Die spezielle Art, wie die üeber-
tragung bei den von Wies n egg konstruirten grossen Pasteur-
schen Wärmeschränken (jetzt mit direkter Gasheizung anstatt des
früher verwendete!* Dampfes) bewerkstelligt wird, wolle im Original
eingesehen werden. Trotz der Grösse des Schrankes, der in seinen
verschiedenen Etagen verschiedene Temperaturen darbietet, sind die
Schwankungen, wie das beigegebene Diagramm eines registrirenden
Thermometers zeigt, nicht höher, als 0,5°. Buchn er (München).
Meitzmatm, Louis, Bacteriological examination as an
aid to clinical diagnosiß. (New York Med. Record. 1890.
No. 1017. p. 492.)
Verf. gibt zunächst eine Beschreibung des Koch- Ehrl ich-
738 Schutzimpfung, künstl. lnfektiotiskrunUheiteu, Kutwickelungsbemmung etc.
sehen Färbeverfahrens für Tuberkelbacillen und bespricht dann die
ätiologische Bedeutung der Eiterkokken, des Bac. pyog. foetidus,
des Friedländer’ sehen Pneumobacillus und des F r ä n k e 1 -
sehen Diplococcus im Sputum, deren Nachweis im selben, wenu
sie in gewisser Menge vorhanden sind, wesentlich zur Sicherung der
Diagnose beitragen kann. Die mikroskopische Untersuchung anderer
Se- und Exkrete ist allerdings schwieriger und zeitraubender, kann
aber ebenfalls zu einer positiven Diagnose führen. Schliesslich theilt
Verf. noch ausführlicher die Färbemethoden für den Gonococcus
N ei ss er, sowie desseu differenzial- diagnostischen Merkmale mit
und betont den diagnostischen Werth der im gonorrhoischen Sekrete
event. gleichzeitig vorhandenen Eiterkokken in Bezug auf die durch
letztere verursachten Komplikationen. Kral (Prag).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Metschnikoff , 0., Contribution ä 1’ 6 1 u d e de la vacci-
nation charbonneuse. (Annales de l’lnstitut Pasteur. 1891.
No. 3. S. 145.)
Ueber das Zustandekommen des Impfschutzes bei subkutaner
Injektion von Milzbrandvaccins standen sich bisher hauptsächlich
zw'ei Ansichten gegenüber. Nach Flügge-Bitter soll keine all-
gemeine Verbreitung der Vaccinbakterien im Körper stattfinden, die-
selben vielmehr an Ort und Stelle einer alsbaldigen Degeneration,
ohne wesentliche Betheiligung von Phagocyten, unterliegen. Ga-
mal eia im Gegentheil glaubte eine Propagation der abgeschwäch-
ten Milzbraudbacillen und eine Verbreitung in den inneren Organen,
gleichzeitig mit dem vaccinalen Fieber, nachweisen zu können, zwar
weniger durch Kultur, wohl aber mikroskopisch in gefärbten Präpa-
raten. Die Degeneration und der Untergang sollte nur theilweise
durch die Makrophagen der inneren Organe, hauptsächlich durch die
in Folge der Impfung auftretenden bakterienfeindlichen Wirkungen
der Gewebssäfte bedingt sein, welche Gamal e ia am Humor aqueus
konstatirte.
Die Untersuchungen von Verfasserin bringen wesentlich eine
Bestätigung der Resultate yod Flügge-Bitter. Zunächst wurde
an 10 Hammeln mit I., dann mit II, Vaecin experimentirt. Die
Thiere wurden in verschiedenen Zwischenräumen nach der subkutanen
Injektion getödtet, Plattenaussaaten aus inneren Organen, Blut, Harn
und Bindegewebe der Injektionsstelle gemacht und überall auch
mikroskopische Präparate, gefärbte Deckglaspräparate und Schnitte
hergestellt. Die Bacillen fänden sich stets wesentlich nur an der
Injektionsstelle, der grösste Theil davon in den reichlich angesam-
melten Leukocyten eingeschlossen und im Stadium der Degeneration,
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Kntwickelungshcmmung etc. 739
Nur ein kleiner Theil der Bacillen wurde freiliegend und normal an-
getroffen — dies im Gegensatz zu Flügge-Bitter. Ferner ver-
stattete der Humor aqueus von Hammeln, welche Vaccinalfieber ge-
zeigt hatten, abweicheud von Gamalei a’s Angaben, ganz wohl
das Wachsthum von Sporen des I. und II. Vaccin und auch von
virulentem Anthrax, enthielt somit keine bakterienfeindlichen Stoffe.
[Ref. glaubt, dass diese Versuche mindestens mit Blutserum hätten
angestellt werden sollen, um das zu beweisen, was bewiesen werden
wollte, dass die Degeneration der Vaccinbakterien nur auf die Thä-
tigkeit der Leukocyten bezogen werden könne. Der Humor aqueus
könnte wohl nur dann über die An- oder Abwesenheit gelöster bak-
terienfeindlicher Substanzen im Körper einen sicheren Aufschluss
geben, wenn man voraussetzen dürfte, dass letztere absolut diffu-
sible, relativ einfache, chemische Verbindungen nach Art der Pto-
mai'ne sind, eine Meinung, welche Ref. keineswegs theilt.]
Die Versuche an Kaninchen wurden in analoger Weise ausge-
führt und gaben ganz ähnliche Resultate. Auch hier ergab sich,
dass die Vaccinbakterien nur durch die am Injektionsort stattfindende
Vermehrung ohne wesentliche Verbreitung im Körper ihre Wirkung
ausüben ; nur ausnahmsweise und in geringem Maasse dringen sie
in die Organe.
Die Schutzimpfung sei daher durch Produkte der Bacillen be-
dingt, welche von der Inokulationsstelle aus in den Körper diffun-
diren. Die Vernichtung der Vaccinbakterien geschieht durch phago-
cytäre Thätigkeit von Mikro- und Makrophagen. Die Schutzimpfung
besteht zweifellos in einer Gewöhnung der celluiären Elemente an
die toxischen Produkte der Bacillen. Letzteres werde eben durch
die Versuche mit dem zellenfreien Humor aqueus bewiesen.
Büchner (München).
Oniinus, Destruction du virus tuberculeux, par les
essences 6vapor6es sur de la mousse de platine. (Le
Bulletin m6d. 1890. No. 82. p. 908.)
Die Oxydationsprodukte, welche durch die Zersetzung des Alko-
hols und diesem beigemischten ätherischen Oelen, insbesondere des
01. thymi, mittelst der Einwirkung glühenden Platinschwammes ge-
wonnen werden, besitzen nach Verf. die Eigenschaft, die Virulenz
des Tuberkelbacillus namhaft abzuschwächen oder gänzlich zu ver-
nichten. Verf. liess mit Hülfe eines Aspirators diese Zersetzungs-
produkte durch das in eine L i e b i g ’ sehe Röhre eingebrachte tuber-
culöse Sputum streichen und verimpfte letzteres dann an Kaninchen
und Meerschweinchen. Alle Thiere, bis auf eines, blieben gesund,
während die mit demselben, aber nicht so behandelten Sputum ge-
impften Kontrollthiere ausnahmslos tuberculös wurden.
Verf. hebt schliesslich noch die therapeutischen Vortheile her-
vor, welche sich daraus ergeben, dass bei diesem Verfahren das
Medikament in Gasform und nicht in kondensirbarer Dampfform in
die Lungen eingeführt werden kann und sucht auch hierfür den ex-
perimentellen Nachweis zu erbringen. Kral (Prag).
740 Schutzimpfung', küustl. Iufektiohskrank heilen, Eniwickelungshemmung etc.
Buffer, Armand, A report on the destruction of micro-
orgauisms during the process of inflammation. (Bri-
tiab Med. Journ. No. 1534. 1890. p. 1177.)
Verf. versuchte festzustellen, ob der an einer Impfstelle vor 3ich
gehende EDtzündungsprozess als ein schützender Vorgang aufzufassen
sei und durch welche Prozesse der Thierkörper gegen die Invasion
des pathogenen Mikroorganismus gesichert wird. Zu derartigen Unter-
suchungen eignen sich vorzüglich jene Läsionen, welche an Meer-
schweinchen durch intramuscuiäre oder subkutane Impfung mit ge-
trocknetem virulentem oder abgeschwächtem Rauschbrandvirus gesetzt
werden.
In dem klaren Exsudate eines experimentell erzeugten Rausch-
braudtumors ist bereits nach 12 Stunden eine enorme Anzahl freier
Bacilleu sichtbar, die Leukocyten sind zu dieser Zeit noch spärlich
vorhanden und zeigen selten ein oder mehrere Stäbchen eingeschlossen.
Dagegen enthält die nach 48 Stunden oder unmittelbar vor dem Tode
des Versuchsthieres entnommene und jetzt etwas trübe Flüssigkeit
zahlreiche Leukocyten, von welchen viele bis zu 10 Bacillen einge-
schlossen enthalten. Die Tumorwandung ist überall von einer sehr
grossen Zahl Bacillen bedeckt und besteht aus einem Wall dicht
aneinander gedrängter Leukocyten, von welchen viele der zunächst
der freien Oberfläche der Tumorwandung situirten eine namhafte An-
zahl Bacillen in sich aufgenommen haben. Nichtsdestoweniger liegen
auch viele Stäbchen frei zwischen den Zellen und verhalten sich färberisch
normal, während die intracellulären Bacillen Degenerationszustände
aufweisen. Die Anzahl der Bacillen nimmt gegen die tieferen Schichten
zu ab, sie kommen nur mehr intracellulär vor und wenige Millimeter
von der freien Oberfläche der Tumorwandung sind sie überhaupt
nicht mehr nachweisbar, obzwar daselbst die Anzahl der Leukocyten
noch immer eine grosse ist.
Hierauf beschreibt Verf., unter Anführung der benutzten Färbe-
methoden, die morphologischen und tinktoriellen Eigenschaften der im
Exsudate vorkommenden freien Bacillen, geht dann auf die Ver-
änderungen über, welche die Rauschbrandbaciilen innerhalb der Zellen
erleiden und unterstützt seine Ausführungen durch mehrere gute, dem
Texte beigefügte Abbildungen.
Mit schwachem Virus kann am Meerschweinchen eine so milde
Form der Krankheit ausgelöst werden, dass es nicht leicht wird,
den Kampf der amöboiden Zellen mit den Mikroorganismen an der
Impfstelle zu verfolgen. Doch waren die Ergebnisse der diesbezüg-
lichen Versuche, bei welchen das trockene Virus zwischen zwei, an
3 Seiten verkitteten Deckgiäschen gebracht und so applizirt wurde,
identisch mit jenen, welche oben in Kürze erwähnt wurden. Durch
Verimpfung grosser Mengen des abgeschwächten Virus erhält man
eine chronische Rauschbrandform, bei welcher Schnitte durch die Impf-
stelle von Tbiereu, die am 4. oder 5. Tage nach der Impfung zu
Grunde gingen, zeigen, dass die Bacillen die benachbarten Muskeln
in einer weit grösseren Ausdehnung inöltrirt hatten, als bei der akuten
Form. Während bei der letzteren die meisten Leukocyten ein normales
Bakteriol vom X internatioDalen raedicinischen Kongresse zu Berlin.
741
Aussehen haben, sind beim chronischen Verlaufe viele derselben de-
geuernt und zu wahren Eiterzellen geworden, von welchen einige ud-
geschädigte oder degenerirte, die meisten jedoch keine Stäbchen ent-
halten.
Das entzündliche Exsudat scheint daher auf den Rauschbrand-
bacillus keine toxische Wirkung auszuüben, sondern eher dessen Ent-
wickelung zu begünstigen. Die Leukocyten, welche zur Impfstelle aus-
waudern, können die Weiterverbreitung der Bacillen hindern und
diese, nachdem sie sie in ihr Inneres aufgenommeu haben, auch ver-
nichten. Der von den Leukocyten gebildete lebende Wall erwies sich
für die Mikroorganismen als nahezu undurchdringlich und diesem
Umstande wäre die Lokalisation der Bacillen an der Impfstelle zuzu-
schreiben.
Verf. schliesst demnach, dass der Entzündungsprozess, welcher
der Einführung von Rausch brandbacillen unter die Haut von Meer-
schweinchen nachfolgt, ein schützender, einem nützlichen Zwecke
dienender Vorgang sei und dass die Vernichtung der Mikroorganismen
an der Impfstelle vollständig von den iu dem entzündlichen Exsudate
vor bandeneu Leukocyten bewirkt wird. Kr dl (Prag).
Originalbericfcte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X, internationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4. — 9. August 1890.
(Fortseizucg.)
Aus den Abtheilungs-Sitzungen.
XYIL Abtheilung; Gerichtliche Medicin.
Herr Kratter (Innsbruck), Ueber die Ver we rth bark e i t
des Gonokokkenbefundes für die gerichtliche Me-
dicin.
Der Gonococcus Neisser gehört trotz anderer in der nor-
malen männlichen Harnröhre vorkommenden gonokokkenäbnlichen
Bakterien und trotz der gleichfalls pathogenen Mikroorganismen der
sog. Pseudogonorrhöe, wie ausser dem Entdecker selbst zahlreiche
Nachuutersucher durch tausendfältige Beobachtungen immer wieder
bestätigt haben, zu den am meisten sichergestellten pathogenen Bak-
terien. Er ist der wirkliche Krankheiterreger des Harnröhrentrippers.
Die gerichtlich-bakteriologische Untersuchung der Urethrai- und
Vaginalsekrete bleuorrhöisch erkrankter Kinder ist von nun ab ein
unabwsisliches Post ulat für die Beurtneilung der Folgen von erwiesenen,
sowie für die Sicherstellung von behaupteten oder geleugneten Noth-
zuchta- oder Schändungsattentaten geworden, Konsequenzen, welche
der Vortr. zum ersten Male iu 2 gemeinschaftlich mit J arisch unter-
suchten Fällen von Nothzucht pro foro gezogen hat.
742 Bakteriol vom X. internationalen mcdicinischen Kongresse zu Berlin.
Aul Grund von durch diese Falle veranlassten eigenen Unter-
suchungen namentlich über das tiuktorielle Verhalten der Gonokokken
und deu ditferenzialdiagnostischen Werth der Gram sehen Färbung
und auf Grund eingehender Litteraturstudien glaubt Vortr. über die
Verwerthbarkeit des Gouokokkenbefundes für die gerichtsärztliche
Praxis folgende Sätze aufstelleu zu können:
Die Entscheidung, ob eine (nach Stuprum) aufgetretene ble-
norrhöische Entzündung traumatisch oder infektiös sei , kann nur
durch eine bakteriologische Untersuchung erbracht werden. Ein po-
sitives Resultat derselben, d. h. der sichere Nachweis des Gonococcus
Neisser beweist, dass die betreffende Erkrankung Gonorrhöe ist
und dass die Uebertraguug mit allergrösster Wahrscheinlichkeit durch
einen geschlechtlichen Akt erfolgt sei, da andere Uebertragungsarten
der Gonokokken zwar möglich, im gewöhnlichen Leben aber höchst
selten sind. Der negative Ausfall einer gerichtlich-bakteriologischen
Untersuchung berechtigt nicht zu der bestimmten Behauptung, dass
die Erkrankung nicht infektiös und nicht durch geschlechtliche Akte
hervorgerufen sei. Forensisch nicht unwichtig ist die hierbei vom
Vortr. festgestellte Thatsache, dass mau im auf Wäsche angetrockneten
Trippereiter die Gonokokken noch nach langer Zeit nachweisen kann.
III. Abtheilung: Allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie.
Herr Pawlowsky (Kiew), Zur Lehre über die Aetiologie
und Pathologie des Rhinosk leroms mit besondere r
Berücksichtigung der Phagocytose und derHyalin-
b i 1 d u n g.
Aus 3 Fällen von Rhinosklerom isolirte Vortr. die Fritsch-
schen Bacillen. Sie zeigen, auf den verschiedenen Nährböden gezüchtet,
keine Eigenoewegung und keine Sporenbildung, dagegen treten in
Kartotfelkulturen rasch verschiedenartige involutionsformen auf. 4
Meerschweinchen und 1 Kaninchen, welchen Agarkulturen dieser Ba-
cillen in die Bauchhöhle injizirt wurden, gingen an Peritonitis my-
cotica et peritomtis fibrinosa purulenta incipiens zu Grunde. Die
Bacillen konnten im Exsudate uud in den Organen mikroskopisch und
kulturell nachgewiesen werden. Theils waren sie daselbst normal
vorhanden, theils liessen sie verschiedene Degenerationszustände sehen.
Ausserdem wurden in den Nieren und der Milz kleine ovale oder
kugelige hyaline Bildungen , manchmal auch typische hyaline
Kugeln gefunden. Werden die Bacillen in die vordere Augenkammer
von Kauinchen eingebracht, so kauD man nach 4 Tagen Proliferations-
erscheinungen in den Bindegewebszellen , Haufen von Leukocyten,
Vakuolarzelien und grosse Epitheloidzellen mit den Bacillen in
der Cornea und Iris wahrnehmen. Die intracellulären Bacillen
stellen sich entfärbt, körnig, aufgequollen, kugelig, oval oder kolben-
förmig dar. Nach 20 — 30 Tagen lagen in den Bacillenhäufchen
die kleinen kolben- und kugelartigen hyalinen Bildungen, ausserdem
war in Iris und Cornea eine Granulationsinfiltration der Gewebe vor-
handen. Damit sind neue Beweise geliefert, dass die Bacillen des
Uakteriol. vom X. internationalen medicinisclien Kongresse zu lierlm. 74ü
Rhinoskleroms für Thiere patnogen sind und dass bei selben experi-
mentell fast alle wichtigen Elemente des Krankheitsprozesses hervor-
gerufen werden können.
Betreffs der Phagocytose bei dem Rhinosklerom des Menschen
bemerkt Vortr., dass er im Protoplasma der Zellen bald gefärbte,
häufiger entfärbte, körnige, glänzende , verschiedenartig degenerirte
Bacillen eingeschlossen sah, die daselbst einzeln oder zu mehreren
Vorkommen oder auch die ganze Zeile ausfüllen. Dann finden sich
Reihen von Bacillen, die von einigen Leukocyten zusammen aufge-
nommen wurden. Nicht selten zerstören die Bacillen das Protoplasma,
das zerfällt. Manchmal unterliegt es der hydropischen Degeneration
und die Bacillen vergrössern sich in den hypertrophischen Höhlen:
es erscheinen anstatt der Zellen die Haufen der hyalinen ovo'iden
Kugeln. Das Hyalin bildet sich im Zellenprotoplasma theils vereinzelt,
theils multipel, erst in kleineren und später in grösseren Ovoi'den und
Kugeln. Diese Ovoide sind den Bacillen ähnlich oder sie sind 2 — 3.
mal grösser. In den hyalioen Kugeln sieht man nicht selten einen
oder mehrere Bacillen eingeschlossen, einzelne der ersteren sind ganz
mit Bacillen angefuilt. Oder die hyalinen Kugeln befinden sich an
einer Seite der Zeile und die Bacillen am anderen protoplasmatischen
Ende, Die Bacillen werden also zunächst von den Zellen aufgenoramen
und degenerirt. Die Kapseln der Bacillen nehmen die flüssigen Be-
standteile des Protoplasmas auf und schwellen an. Die Degeneration
schreitet weiter vor, so dass die Bacillen hyalinen Glanz annehmen
und schliesslich das zwischen ihnen liegende Protoplasma sich auch
in Hyalin umwandelt. Auf Grund seiner Versuche nimmt Vortr. an,
dass das Hyalin bei Rhinosklerom ein durch die Bacillen hervorge-
rufenes Produkt sei, welches aus den degenerirten Bacillen und
aus dem veränderten Protoplasma besteht und dass es sich vielleicht
auch bei anderen infektiösen Prozessen in derselben Weise bildet.
D i s c u s s i o n :
Herr Eabes (Bukarest). Es unterliegt keinem Zweifel, dass im
Rhinoskleromgewebe mehrere Arten von Hyalinkörpern vorkommeu
können und nicht alle sind als Kapseln oder direkte Ausscheidungs-
produkte de3 Bacillus zu betrachten. Manche derselben sind durch
ihre tinktorielle Reaktion und durch ihre Form leicht zu unterscheiden,
namentlich jene, welche ja auch bei anderen chronischen Granulations-
prozessen getroffen werden, so bei Syphilis, bei Mycosis fungoides etc.
Die Hyalinbilduug kann übrigens in verschiedener Beziehung zur
Bakterien Wirkung stehen. So fand ich bei einem Petechialfieber mit
Dunkelfärbung aller Organe einen Bacillus in Reinkultur, welcher
braunes Pigment bildet und die Eigenschaft besitzt, bei Mäusen die
Gefasswandungeu und namentlich jene der Glomeruli in wenigen Tagen
hyalin zu verändern und hierdurch Hämorrhagieeu zu veranlassen.
Was die Bedeutung des sog. Rhinosklerombacillus betrifft, glaube ich
meine reservirte Stellung um so mehr behaupten zu müssen, als ich in
letzter Zeit eine Serie von Kapselbacillen bei verschiedenen Reizungs-
zuständen der Nasenschleimhaut isolirt habe, deren manche durch
Kultur vom Rhiuosklerombacillus kaum zu unterscheiden sein dürften.
744
Neue Litteratur.
Dieselben gehören, sowie offenbar auch der sog. Rhioosklerombacillus
zu den transparenten schleimbildenden Kapselbacilleu. Es ist un-
zweifelhaft, dass dieser Bacillus ganz besonders günstige Entwickelungs-
bedingnisse im Ehiaosklerom findet und an dessen Vergrüsseruug wesent-
lichen Antheil nimmt.
(Fortsetzung folgt.)
$eu8 litteratur
zoMSuneDgeitellt voa
Db, Abthob WCkzbubg,
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Inhalt.
Origin almittheil tragen.
Babes, V.. Ueber Bacillen der hämorrha-
gischen Infektion des Menschen. (Orig.),
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Kaufmann, P., Ueber eine neue Anwendung
des Safranins. (Orig), p 717.
Loew, 0., Die chemischen Verhältnisse des
Bakterienlebens. (Orig.) (Forts.), p. 722
Pintner, Theodor, Nochmals über den Be-
gattungsakt der parasitischen Plathel-
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stehendem. (Orig ), p. 730.
Referate.
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leproso sviluppatosi in tentativi di col-
tura di tessuti con lepra tubcrcolare,
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hakteriolog.-experiment. Untersuchung zur
Frage der Puerperalcklampsie, p. 735.
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Schutzimpfung, künstliche Infektions-
krankheiten. Entwicklungshemmung
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und Parasiten.
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de la vaccination charbonneuse, p 738.
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mousse de platine, p. 739.
Raffer, Armand, A report on the destruc-
tion of microorganisms during the pro-
cess of Inflammation, p. 740.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen mediciuischen
Kongresse zu Berlin,
4. — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
Kratter, Ueber die Verwerthbarkeit des
Gonokokkenbefundes für die gerichtliche
Medicin, p. 741.
Pawlowsky, Ueber die Aetiologie und Pa-
thologie des Rhinoskleroms mit beson-
derer Berücksichtigung der Phagocytose
und der Hyalinbildung, p. 742.
Nene Litteratur, p. 744.
Frommannflche Hu ch drucke re i (Hermann PoUle; in Jena.
Bakteriologie und Parasitenknnde.
Id VerbinduBg mit
Geil. So&. Prof. Dr. Leafet m Professor Dr, Loeffler
ln Leipzig in Greifswald
herausgegeben von
Dr. O. Uhl worin, in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. Jena, den 13. Juni 1891. -<>- No. 33.
Preis für den Sand (26 Pnmmern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
-- Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Posranstalten. '%*—
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder bei der Einsendung der Abhandlungen an die
. Redaktion auf das Manuskript schreiben zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an
den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen zu
lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage, später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original - Mittheitungen.
Der Dampftrichter.
(Aus Dr. Unna’s dermatologischem Laboratorium in Hamburg.)
Von
P. Cr. Unna.
Mit 1 Figur.
In der letzten Zeit hat sich eine neue Einrichtung zum Filtriren
des Nähragars in meinem Laboratorium so sehr bewährt, dass ich
nicht anstehe, dieselbe den Fachkollegen in Kürze mitzutheilen.
Derselbe einfache Apparat ist übrigens nicht nur für bakteriologische
Zwecke sehr brauchbar, sondern überall dort, wo minder leicht fil-
ix. Bd. 48
750
Unna,
trirende Flüssigkeiten rasch und möglichst klar filtrirt werden sollen*
also vor allem in chemischen und pharmazeutischen Laboratorien.
Soviel ich mir habe sagen lassen, ist die zu beschreibende einfache
Vorrichtung auch bei den Chemikern und Pharmazeuten bislang nicht
im Gebrauche gewesen.
Auf die Idee meines Dampftrichters kam ich bei dem Versuche,
den nutzlos entweichenden Dampf der bisherigen Warm wassertrichter
für das Filtriren selbst nutzbar zu machen.
Der Dampftrichter in seiner jetzigen
Form besteht aus eiuer kupfernen Hohl-
kugel, von der ein oberes Segment als
Deckel abzuheben ist. Ein im Boden
derselben befindliches Loch ist mit einem
Gummipfropferi verschlossen und lässt
den Stiel eines emaillirteu, eisernen
Trichters hindurch, dessen oberer Rand
etwas höher steht als der Rand der
Kupferblase nach Abhebung des Deckels,
Dieses ist nothwendig, damit das
kochende, zwischen Kupferblase und
Trichter befindliche Wasser nicht in
denselben hineingelangt uud den Nähr-
boden verdünnt. Aus demselben Grunde
muss zwischen den Rändern des Trich-
ters und der Kupferblase ein etwa 1 cm
breiter Zwischenraum bleiben. Der
Trichter selbst ist von Metall, da glä-
serne Trichter leicht bei dem erhöhten
Druck zerspringen.
Der Deckel wird durch einen halb-
kreisförmigen, schmiedeeisernen, 1 cm
dicken, 2 cm breiten, beweglichen Bügel
mittelst einer Flügelschraube auf der
Kupferblase fixirt. Die letztere enthält
einen kupfernen, schräg nach unten ab-
gehenden, hohlen, unien geschlossenen
Fortsatz zum Erhitzen des 'Wassers,
welches den Trichter umgibt. Ein in
den Deckel eingelassenes Messingrohr
mit Hahn dient als Ventil. Die Dich-
tung zwischen Deckel uud Kupferblase
wird durch einen aus gummirter Lein-
wand geschnittenen Ring hergestellt.
Der Darnpftrichter ruht auf 3 aus Bandeisen gefertigten Füssen von
solcher Höhe, dass ein Literkolben bequem unter dem Ausfiussende
des Trichters Platz hat.
Der zerschuittene Agar braucht nur V, Stunde auf offenem
Feuer zu kochen, wird sodann mit den Nährsubstanzen versetzt und
direkt in den Trichter gegeben. Ein mehrstündiges Kochen des
Agars vor dem Filtriren, wie bei den früheren Wannwassertrichtern,
Der Dampftrichter.
751
ist beim Dampftrichter unnöthig. In den Trichter kommt ein ein-
faches Filter aus Filtrirpapier, welches 2 cm hoch mit gut geglühtem
Kieselgur angefüilt wird. Der flüssige Agar wird ohne sonstige
Beihülfe durch den Kieselgur allein vollständig geklärt. Der Wasser-
spiegel aussen am Trichter darf nicht höher als 3 cm unter dem
Trichterrande stehen.
Bei geschlossenem Ventilhahn wird nun der Deckel fest aufge-
schraubt und das Wasser durch eine einfache Gasflamme erhitzt.
Die Dampfspannung im Innern der Kupferblase braucht mau nicht
durch Oeffnen des Ventiihahus zu ermitteln, sie zeigt sich sofort
durch ein rasches Fiitriren au. Da der Trichter selbst als Ventil
fungirt, ist eine Sorge für etwaige zu hohe Dampfspannung unnöthig.
Das Fiitriren muss nur so regulirt werden, dass keine grösseren
Dampfblasen den stetigen Filterstrom unterbrechen. Sowie dies
eintritt, schraubt man einfach die Gasflamme nieder, welche von nun
an nicht wieder vergrössert zu werden braucht, um die Filtration in
raschem Gange zu erhalten. Den Dampf durch den Ventiibahn ab-
zulassen, ist überhaupt nur nöthig, wenn man diese Vorsicht ausser
Acht gelassen hat und ein zu stürmisches Fiitriren das Filter zu
zerreissen droht. Dann drehe mau den Hahn aber nur langsam
auf, weil sonst dss Wasser in den Trichter hinein überkocht.
Der Hauptvortheil dieser Filtrirmethode liegt in ihrer Schnel-
ligkeit. Während früher in meinem Laboratorium zur Filtration
eines Liters von 2 °/0igem Agar 8 Stunden nothwendig waren, ist
jetzt derselbe Prozess in 2 Stunden beendigt.
Sodann filtrirt man mit dem Dampftrichter ebenso leicht 3 °/0 igen
Agar und noch höher prozentuirte Agarlösung, während in den Warm-
wassertrichtern sich gut nur bis 2°/0 ige Agarlösungen fiitriren Hessen.
Weiter ist die verbrauchte Gas men ge eine unvergleichlich
viel geringere. Schon durch Benutzung einer einfachen Flamme
anstatt einer drei- oder vierfachen bei den früheren Apparaten wird
der Konsum von Gas wenigstens auf ein Drittel reduzirt. Die vier-
fach geringere Zeit reduzirt ihn weiter auf mindestens ein Zwölftel
und das nach einer halben Stunde stets nothwendig werdende Er-
niedrigen der Flamme auf ein Zwanzigstel bis ein Dreissigstel der
früher verbrauchten Menge.
Ein vierter, sehr bedeutender Vortheil ist es, dass der Dampf-
trichter den Nähragar nicht blos rasch filtrirt, sondern zugleich
sicher sterilisirt. Dieser Umstand ist leicht erklärlich, wenn
man bedenkt, dass die Nährsubstanz in demselben zwei Stunden
lang dem strömenden Dampfe ausgesetzt ist Ich habe daher
letzthin, ohne bisher schlechte Erfahrungen zu machen, das naeh-
herige dreimalige diskontinuirliche Steri'.isiren des Agars vollständig
aufgegeben. Wenn der Kolben unter dem Trichter steril ist, kann
man direkt nach Beendigung der Filtration an das Ausfällen des
Agars in die Gläser gehen, vorausgesetzt, dass man den Kolben
wäbreud des Filtrirens warm hält. Auch kann man, wenn man unter
dem Trichter einen kleinen Glastrichter mit Gummischlauch und
Quetschhahn anbringt, unbelästigt durch etwaige Dampfblasen, die
Gläser direkt aus dem Dampftrichter füllen.
48*
752
Babes,
Endlich ist auch nicht zu vergessen, dass beim Gebrauch des
Dampftrichters das vorherige Klären des Agars mit Eiweiss
und das lange Garkochen desselben f o r t f ä 1 1 1.
Während früher die Herstellung von einigen Hundert guter
Agargläser viele Sorgfalt und einen Zeitraum vod 5 Tagen in An-
spruch nahm, lässt sich mittelst des Dampftrichters dieses Geschäft
sicher und bequem in 3 Stunden absolvireo. Hiergegen kommt der
höhere Preis des Dampftrichters nicht in Betracht, abgesehen da-
von, dass die Kosten sehr bald durch Gasersparniss eingebracht
werden.
Wenn man den Deckel des Dampftrichters aufgeschraubt hat
und einen Doppelballon auf den Ventilbahn aufsetzt, kann man auch
in der Kälte mit demselben unter Druck filtriren (z. B. Blutserum)
nach dem Prinzip des Drucktrichters, welcher neulich in dieser Zeit-
schrift besprochen wurde.
Der Dampftrichter ist in zwei Grössen, je zu 1 Liter und zu
1lt Liter Trichterinhalt, vorräthig bei Bauer & Häselbarth,
Instrumentenfabrik, Eimsbüttel bei Hamburg.
Hamburg, 6. Mai 1891.
Heber Bacillen der hämorrhagischen Infektion
des Menschen.
Von
Y. Babes
in
Bukarest.
(Schluss.)
V. Babes. M. Kolb
Tizaoni und Gio-
vanni n i.
Kulturversuche.
Aus allen Organen, Haut, Aus dem Blut, der Haut, Aus Haut, Leber, Nieren,
Tonsillen, Lungen, Herzblut, der Lunge, der Milz , der Milz, dem Blute , und der
Milz . Leber , Mesenterial- Nieren, dem Darm und den Pericardialfiüssigkeit wurden
drüsen, Nieren wurden Kul- Lymphdrüsen wurden Kul- Kulturen angelegt,
turen in Gelatine, Agar-Agar, turen angelegt.
Blutserum und Kartoffel, mit
oder ohne Glycerinzusatz, an-
gelegt.
Form, Anordnung und Färbbarkeit der Bacillen.
Ir Milz und Lengen wurde In sämmtlicben Organen Nirgends reir. (gewöhnlich
im Schnitte und in Reinkul- fand sich in Schnitten und zusammen nr. Staphyl.
tur eia Bacillus gefunden, Reinkultur ein kurzes, ova- aureus) fand sich in Leber
welcher 0,3 ( — 0,4) p dick, les, etwas plumpes Stäbchen und Blut ein 0,75 — 1,3 p
kurz, fast oval (abgerundet), mit abgerundeten Enden, langer, 0,2 — 0,4 breiter Ba-
manchmal bimförmig er- meist liegen 2 Individuen cillus mit abgerundeten En-
Ueber Bacillen der hämorrhagischen Infektion des Menschen.
753
V. B a b e s.
scheint. Derselbe färbt sich
schwach mit Anilinfarben,
noch schwächer nach Gram.
Sowohl im Gewebe als in
Kulturen von einer schmalen
Kapsel umgeben. (Fakulta-
tiver Aerobe , unbeweglich.)
Keine Sporenbildung , wohl
aber in älteren Kulturen Bil-
dung glänzender Kügelchen
an den Enden der Bacillen.
(In einem Falle zusammen
mit Streptococcus pyo-
genes.)
Nach 3 Tagen das Wachs-
thum auf Gelatine spärlich
als dünne, durchscheinende,
unregelmässige Kolonie an
der Oberfläche ; besser in der
Tiefe als weisslicher, punk-
tirter Streifen, keine Ver-
flüssigung.
Nach 3 Tagen gute Ent-
wickelung in der Tiefe, an
der Oberfläche kleine, feuchte,
transparenteTröpfchen, später
grössere, flache , glänzende,
weiss-gelbliche, nicht scharf
begrenzte, durchscheinende
Plaques.
Nach 3 Tagen etwas bes-
sere Entwickelung, in Form
weisslicher, feuchter, kleiner
Kolonieen (1 — 2 mm breit).
Nach 3 Tagen feuchte,
undeutlich umschriebene,
weissliche Tropfen.
Nach 3 Tagen massige Trü-
bung und später Absetzung
eines leichten weisslichen
Niederschlages.
M. Kolb.
beisammen. Länge 0,3 —
1,5 [x, Breite 0,8 fi, von
einer schmalen Kapsel um-
geben, welche nur in den
Organen gut erkennbar ist.
Färben sich schwach mit
Anilinfarben, schwächer nach
Gram. Unbeweglich. Keine
Sporenbildung.
(JelatinekuÜur.
Nach 4 Tagen das Wachs-
thum spärlich an der Ober-
fläche als sehr kleine, flache,
hyaline Ausbreitung, besser
in der Tiefe.
Agar- Agarkultur.
Nach 4 Tagen oberfläch-
liche , flache Ausbreitungen
mit nicht gezackten Rändern.
Bhsteerumkultur.
Nach 4 Tagen längs des
Impfstriches dünner (1 —
2 mm breiter) saftiger, massig
proeminenter Strich.
KartojfcUcultur.
Nach 3 — 4 Tagen ein6n
weisslichen, feucht glänzen-
den Streifen von etwa 3 mm
Breite.
Bouiümikultur.
Anfangs Trübung, am 6.
Tage etwa 2 mm hoher Nie-
derschlag, über welchem die
Bouillon klar geworden ist.
Ti z z o n i und G i o
v a n n i ni.
den, oft paarweise in Gruppen
wie Kettenkokken. Färbt
sich mit Anilinfarben, nicht
aber nach Gram. Unbe-
weglich. Keine Sporenbil-
dung, doch resistent gegen
Austrocknung.
An der Oberfläche er-
scheinen nach 2 Tagen kleine,
lichtbrechende Punkte , wel-
che nach 4 — 5 Tagen runde,
gelbgraue Kolonieen mit un-
regelmässigen Umrissen dar-
stellen, wie Flechten gekräu-
selter Haare Keine Ver-
flüssigung, in der Tiefe wol-
kenartige Trübung, Kultur
gleicht Anfangs jener des
Streptococcus pyoge-
nes.
Auf Agar-Agar ähnliches
Wachsthum, doch schneller
und mit blässerer Farbe,
manchmal mit einem zentralen
Kern mit eleganter netzar-
tiger Begrenzung. Aeltere
Kulturen besitzen einen
scharfen Geruch.
Aebnlich wie auf Agar-
Agar.
Bei Körpertemperatur
oberflächliches, undeutliches
Wachsthum mit dunkelgelber
Verfärbung der Impfstelle.
Nach 24 Stunden mässige
Trübung, später sammelt sich
am Grunde schleimiges Se-
diment.
764
B a b e s ,
V. Babes.
M. Kolb.
^8 Kaninchen.) Impfungen
mit Organsaft des Menschen
unter die Haut des Ohres
rufen zunächst Fieber und
Ekchymosen am Ohre hervor ;
nach 3 — 8 Tagen gehen die
Thiere oft zu Grunde.
Bei Impfung in die Con-
junctiva entstehen zunächst
Ekchymosen in der Conjunc-
tiva. Bei der Sektion findet
man zahlreiche, zum Theil
grosse Ekchymosen und Hä-
morrhagieen in allen Orgauen,
besonders in der Lunge und
in der Leber, welche am
Durchschnitt duukelroth ge-
fleckt erscheint. Die Milz
ist immer vergrössert und
hyperämiseh Aus den mei-
sten Organen können Kein-
kulttiren des Baciilus ge-
züchtet werden. Bei Thieven,
welche etwa 8 Tage leben,
konnten oft mikroskopisch
die Bacillen nicht nachge-
wäesen werden. Aeltere Kul-
turen verursachen lokale und
allgemeine Blutungen und oft
Abscesse an der Impfstelle,
noch ältere haben ihre Viru
lenz verloren.
Ein Meerschweinchen mit
einem Organstückchen unter
der Haut geimpft , scheint
nach 2 Tagen krank zu sein,
erholt sich aber schnell, kein
merkliches Fieber
(7 Versuche) Pathogen.
Die Mäuse gehen oft unter
septischen Erscheinungen
(Milzschwellung; mit Hämor-
rhagieen an den serösen Häu-
ten nach weniger. Tagen zu
Gründe.
(1 Versuch.) Ein in die
Conjunctiva infizirter Hund
zeigt einige Tage lang Hä-
morrbagieen in der Umgebung
der Impfstelle.
Thierversvche.
a) Kaninchen.
(fi3 Kaninchen.) 0,5 —
1 ccm Bouillonkultur in die
Bauchhöhle oder virulente
Organstückchen unter die
Haut injizirt , verursachen
nach wenigen Tagen „An-
zeichen beginnender Infek-
tion“ , ziemlich häufig Blu-
tungen in den Ohrmuscheln,
über 1 ccm „kann“ in 1 — 3
Tagen den Tod herbeiführen.
Man findet dann Hämor-
rhagieen des subkutanen Ge-
webes in den serösen Häuten
und Schleimhäuten, manch-
mal hämorrhagische Ergüsse.
Das Blut hat wenig Neigung
zur Gerinnung. Aus den
Organen könnenKeinkulturen
gewonnen werden.
Mtersch'veinchcto.
(43 Versuche.) Lokal
entstehen manchmal Ekchy-
mosen, sonst nicht patho-
gen.
Mäucc.
(273 Versuche. Pathogen.
Mäuse gehen nach Einim-
pfuug geringer Mengen nach
wenigen (2 — 3) Tagen unter
septischen Erscheinungen
(Milzschwellung) zu Grunde.
Lymphdriisen oft hämorrha-
gisch
Hunde.
(5 Versuche ) Wenig pa-
thogen. (Die Injektion von
1 ccm seheiut nicht tödtlich
zu sein.) Nach Tödtung der
Thiere können Biutaustritte
in den verschiedenen Orga-
nen beobachtet werden.
Ti z z o n i und G i o
v a un i n i.
Tod nach wenigen Tagen.
Der Bacillus ist nur dann
pathogen , wenn er in das
subkutane Gewebe injizirt
wird, nicht nach peritonealer
oder intravasculkrerlnjektion,
es entstehen Oedem an der
Impfstelle, geringes Fieber,
Appetitlosigkeit, Erbrechen,
Albuminurie, Hämaturie, Anu-
rie, Hämorrhagieeu, blutige
Diarrhöe , Krämpfe , Uhge-
rinnbarkeit des Blutes. Die
Organe der Thiere bleiben
steril. Koine Milzschwellung.
Tod nach wenigen Tagen.
Pathogen, wenn in das Un-
terhautgewebe injizirt, Fieber,
Erbrechen, Ischämie, Albu-
minurie, Haut- und Schleim-
hauthämorrhagien, Parenchy-
matöse, Nieren- und Lcber-
er.tartung, normale Milz.
Nicht pathogen.
Sehr pathogen. Es ent-
stehen Hämorrhagieen.
Ueber Bacillen der hämorrhagischen Infektion des Menschen.
755
Tizzoni und Gio-
V. Babes. M. Kolb. vanninL
Anderweitige. Versuche.
Die Kulturen verlieren Die Injektion sterilisir- Die Injektion der bei 70*
bald, etwa nach 10 Tagen, ter Kulturen (während 3 sterilisirten Kulturen rerur-
ihre Virulenz und verloren Stunden auf 57 0 oder filtrirt) sacht vorübergehende Er-
Dacli Monaten ihre Ueber- verursacht bei Injektion von krankung. Mehrere derartige
tragbarkeit. Aeltere Bouillon- 1 — 2 cm bei Kaninchen Injektionen können die Thiere
kulturen , während einer Blutaustritte , 3 ccm auch gegen virulente Infektion
Stunde auf 60 0 erwärmt, gewöhnlich den Tod der schützen,
sind steril, verursachen aber Versuchsthiere.
noch nach Injektion etwas
grösserer Dosen (2 cg) bei
Kaninchen multiple Hämor-
rhagieen, ebenso Filtrate.
Die Annahme, dass diese Bakterien auch mit jenen der septisch-
hämorrhagischen Bacillen der Thiere manche Berührungspunkte
haben, stützt sich auf die Aehnlichkeit der bei Thieren und beim
Menschen gefundenen Bacillen. Einen Unterschied bilden unter an-
deren der Mangel einer Kapsel bei jenen, derselbe ist aber nicht
durchgreifend, da z. B. der Bacillus Tizzoni-Giovannini’s
keine Kapsel zu besitzen scheint und andererseits bei einer Form
des Pferdetyphus Bacillen gefunden wurden, welchen Einfluss auf
septisch-hämorrhagische Komplikationen zukommt und die den Bacil-
len der Kaninchenseptikämie sehr ähnlich , sich von derselben durch
die Gegenwart einer dünnen Kapsel unterscheiden.
Andererseits konnte ich in einem Falle septisch -hämorrhagisch
verlaufender Pneumonie beim Menschen einen Bacillus in Reinkultur
aus den Organen heranzüchten, welcher in allem dem Bacillus der
Kaninchenseptikämie gleicht (Sept. Proz. d. Kindesalters.), und Vas-
sale (Rassegna di scienze med. 1888. No. 10 nach Tizzoni und
Giovannini citirt) konnte bei hämorrhagischer Nephritis einer
Schwangeren nebst einem Streptococcus einen Bacillus isoliren,
welcher jenem der Kaninchenseptikämie sehr ähnlich, sich von dem-
selben besonders durch seine geringe pathogene Wirksamkeit bei
Kaninchen und seine schnell tödtliche Wirkung bei Meerschweinchen
nach Injektion kleiner Mengeu, unterscheidet. Derselbe erzeugt bei
Thieren Hämorrhagieen aber keine Milzschwellung, nach intraperi-
tonealer Impfung auch hämorrhagische Nephritis und findet sich im
Blute der Versuchsthiere.
Die morphologischen Verschiedenheiten in unserer Bacillengruppe
finden sich auch in der Gruppe der septisch-hämorrhagischen Bacillen
der Thiere und gibt es dort Formen, welche den von mir beschrie-
benen gleichen und audere, welche den Bacillen Koib’s ähnlich
erscheinen.
Ebenso verhalten sich auch Thiere den verschiedenen Bacillen
der septischen Hämorrhagie gegenüber verschieden, indem z. Bi manche
bekanntlich Kaninchen und Mäuse tödten, für Meerschweinchen hin-
gegen nicht virulent sind , während andere für alle drei Thier-
species pathogen wirken.
756 6a bes, Ceber Bacillen der kämorrfoagiscbec Infektion des Meeschen.
Dennoch glaube ich nicht, dass die erwähnte Bakteriengruppe
der Thiere mit jener der Menschen vereinigt werden könne. Bei dea
Thierkrankheiten beherrscht nie Septikämie den Krankheitskomplex,
während bei der hämorrhagischen Infektion des Menschen die Hä-
morrhagieeu nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Versuchs-
thiere in den Vordergrund treten und die Septikämie fehlen kann,
während wieder bei der Gruppe der in Rede stehenden Thierkrank-
heiten oft die Kämorrhagieen fehlen oder unbedeutend sind.
Es gibt aber offenbar auch beim Menschen Krankheiten, welche
eiuestbeiis mit den septischen Hämorrhagieen der Thiere, anderntheils
mit der infektiösen Purpura des Menschen viele Analogieen darbieten,
und auch die Bakterien aus diesen Krankheiten stehen den Bakterien
der hämorrhagischen Septikämie der Thiere näher, als jene der in-
fektiösen Purpura. Zu diesen Krankheitsformen gehören: zwei Fälle
septischer Pneumonie (Untersuchungen über sept. Prozesse. 1888. Oct),
ein Fall von Omphalitis (ebenda), ein Fall von Keratitis, gefolgt von
hämorrhagischer Septikämie (1. c.), ein Fall von hämorrhagischer
Variola (Microbes pathog. de Thomme. Progres roumain. und An-
nales de ITnst. de Bucarest 1888) und zwei Fälle von hämorrhagi-
scher Septikämie mit manchen Charakteren eines Typhus exanthe-
maticus (Ann. de l’lnst. Pasteur im Druck). Dieselben finden sich
auch in unserem Bakterienwerke (Les Bactöries. III. Auflage) kurz
beschrieben. Es scheint, dass die bei diesen Krankheiten gefun-
denen Bakterien Zwischenglieder zwischen den beiden erwähnten
Gruppen darstellen. Andererseits bieten aber die einzelnen Formen
spezielle Charaktere dar, welche dieselben in einer oder der anderen
Beziehung anderen Bakteriengruppen nähern.
Die gemeinsame Eigenschaft all dieser Bakterien ist aber eine
spezielle Wirkung auf das Blutgefässsystem, welche in einigen unter-
suchten Fällen auf Zerfall und Nekrose der Parenchymzellea der
Leber und Nieren1 2), in anderen auf molekulare Zerstörung und De-
fekfbüdung der G efäss wandung *), in anderen auf eine spezifische
(hyaline) Entartung der Gefässwandung 3) zurückzuführen war. In
wieder anderen Fällen dürfte es sich um entzündliche oder nervöse
Einflüsse, vielleicht auch um Veränderungen im Blute selbst handeln.
Es wäre wünschenswert!^ diese näheren Ursachen der Hämorrhagieen
aufzuklären. Dass hierbei die von den Bakterien erzeugten Stoffe,
Diascasen, Alburnoseu hauptsächlich in Betracht kommen, geht aus
unseren Versuchen hervor (ebenda), in welchen nicht nur Filtrate der
Blutungen erzeugenden Bacillen, sondern auch Alkoholpräcipitate
mit den Charakteren von Diastasen oder Albumosen Purpura oder
ausgebreitete Hämorrhagieen erzeugten.
1) T i * 2 o n i- G i o y an n in ä , 1 c.
2) Babes-Puscariu, Gebar Tauberidiphtheiie. (Zeitschr f. Hygiene. 1890.
3) 5 »bes, Aaoales de i'Instiiut Ibw ir [ins Druck begriffen]}.
Loew, Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
757
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
Von
Dr. 0. Locw,
Privatdozenten an der Universität München.
(Fortsetzung.)
Die Thatsache, dass die grünen Pflanzen aus verschiedenen Kohle-
hydraten dasselbe Eiweiss bilden, ist ebenfalls nur dann erklärlich,
wenn die Zellen überall die gleiche Gruppe — CHOH — heraus-
nehmen. Die Analogie der Eiweissbildung zwischen den grünen Pflanzen
und den Spaltpilzen offenbart sich auch noch darin, dass in beiden
Fällen Asparagin ein äusserst günstiger Eiweissbildner ist. Ja
das Asparagin ist der einzige Körper frei von „alkoholischen Hydroxyl-
gruppen“ (sit venia verbo), welcher Spaltpilze auch bei Luftabschluss
ernähren kann — wenn auch schwächer, als bei Luftzutritt.
Betrachten wir das Wesen der Gährthätigkeit, so kommen wir
zum Schlüsse, dass in vieler Beziehung die gewöhnliche chemische
Thätigkeit der lebenden Zellen manche Analogie damit darbietet, wenn
auch die Zwecke und die Produkte oft wesentlich differiren. Wie wäre
z. B. die Bildung von Cellulose aus Glucose, von Fett aus Glucose,
von Kreatin und Glutin aus Eiweissstoffen , von Gallensäuren,
von Cholesterin, von Lecithin etc. denn anders zu erklären, als
durch eine Uebertragung eines Bewegungszustandes
aus dem Protoplasma1 2) auf das zu verändernde Mate-
rial? Der Hauptunterschied zwischen der gewöhnlichen che-
mischen Thätigkeit lebender Zellen und der eigentlichen Gähr-
thätigkeit besteht lediglich darin, dass eine ausserordentlich
grosse Menge Material von der einzelnen Gährzelle binnen kurzer
Zeit zersetzt wird — weit mehr, als dem bloss chemischen Bedürfnisse
entspricht. Diesen Umstand müssen wir als wesentlich für die De-
finition der Gährung mit festhalten und wir dürfen deshalb nicht
auch die Oxalsäurebildung in den Blättern als einen Gährprozess
definiren, wie das ein Botaniker wollte*). Mit Recht nennt Nencki
die Gährthätigkeit ein unvollkommenes Athmen ; denn beide Prozesse
1) Diesen Bewegungszustand kann sich freilich nur der erklären, welcher die
Lehre vom aktiven Eiweiss acceptirt. Vgl. auch O. Loew, Chemische Bewegung.
(Biolog. Centralbl. IX. 1.)
2) Noch seltsamer ist es, das Leben überhaupt als eine F ä u 1,d i s s zu definireo,
eine Ansicht des alten Mitscherlich, welche in neuester Zeit als Bonmot citirt
wurde. Sind wirklich die zahlreichen Funktionen der Pflanzen und Thiere, sind wirk-
lich Empfindung und Muskelkontraktion, Gedankenarbeit und Drüsenarbeit FäuJniss-
vorgängc ? Man sollte solche Vergleiche nicht für möglich halten. — Auch in unserem
Darmtraktus sind die Mikroben ohne Nutzen, und Nencki sagt sehr richtig (Arch. f.
e*p. Path. u. Ph. XX. S. 387 und Bd. XXIV. S. 347): „Die Thätigkeit der Spaltpilze
im Organismus ist eine rein parasitäre und ich hege die Hoffuung, dass es noch
gelingen wird, die Verdauung allein durch unsere Verdauungssäfte besorgen zu lasseu
und uns von lästigen Gasen und stinkenden Produkten zu befreien. Wer einmal ge-
sehen hat, wie energisch Pankreas Eiweiss oder Stärke löst, der wird ohno Sorgen für
seine Verdauung auf die Mithülfe der Mikroben verzichten.“
758
L o e w ,
wandeln potentielle Kräfte in aktuelle um, doch die Vergährung
eines Moleküls liefert weniger Kraft, als die Verbrennung desselben.
Die Pilze wiegen diesen Ausfall dadurch auf, dass sie die Gährthätig-
ke intensiver betreiben. 100 Theile Rohrzucker können (bei NHÄ
als N-Quelle) 20—22 Theile, Schimmelpilz aber nur etwa 1 Tbeil
Sprosshefe liefern; es muss also hier etwa 20mal soviel Zucker ver-
gohren, als dort verbrannt werden, um dieselbe Menge Pilzsub-
stanz zu erzeugen.
Ueberb licken wir die grosse Anzahl der Spaltpilzgährun-
gen, so erkennen wir mit Rücksicht auf die Ernährung der Pilze
durch den Gährprozcss sofort 3 Haupttypen:
I. Der vergährende Körper kann bei Ausschluss von Luft nicht
zur Eiweissbildung dienen.
II. Der vergährende Körper ist zugleich der eiweissbil-
d e n d e.
HI. Der vergährende Körper ist schon ein Protei'nstoff oder ein
demselben nahestehender Körper (Glutin, Mucin etc.).
Ad I. In diesem Falle ist noch die Anwesenheit eines Nähr-
stoffs nöthig, um die Gährung überhaupt zu ermöglichen, und die
Vergährung hat den einzigen Zweck der Kraftgewinnung. Hierher
gehören z. B. die Gährungen der ameisensaureu und essigsauren
Salze, der Bernsteiusäure, des Harnstoffs. Bei Luftzutritt können
wohl essigsaure und bernsteiusäure Salze gute Pilznährstoffe abgeben,
aber ameisensaure Salze und Harnstoff auch da nicht *).
Ad II. Der Gährprozess hat hier ausser dem Zwecke der
Kraftgewinnung noch den anderen, die zur Eiweissbildung nöthigen
Atomgruppen aus dem Gährmaterial abzuspalten. Freilich dient
dem letzteren Zwecke nur ein geringer Prozentsatz der vergährenden
Moleküle. Es lassen sich bei dieser Gruppe von Gährungen zwei
verschiedene Fälle unterscheiden: a) die Gährung ist eine echte,
welche bei Luftabschluss erfolgen kann; b) die Gährung ist keine
echte, sie findet nur bei Luftzutritt statt und besteht in einer be-
schränkten Oxydation, wobei das Nährmaterial entweder gespalten
werden kann (Gährung der Harnsäure) oder nicht (Essigbildung aus
Alkohol).
Ad a) Gährfähiges Material sind die einfach und mehrfach hy-
droxylirten Säuren der Methanreihe und zwar sowohl ein- als mehr-
basische, ferner die mehrwerthigen Alkohole und deren Aldehyde,
die Glucosen, somit Milchsäure, Glycerinsäure, Oxybuttersäure,
Leucinsäure, Aepfel-, Wein-, Citronensäure, Schleimsäure, Zucker-
säure, Gluconsäure etc. Ferner Mannit, Dulcit, Glycerin. Von den
neueren Zuckerarten kann Formose erwähnt werden. Manche hier-
her gehörige Körper, wie Sorbit, Sorbose, Mannose, Gulose, No-
nose *) etc. werden wohl auch Spaltpilzgährungen eingehen können.
Oxyessigsäure soll nach Fitz nicht gährfähig sein, was ein merk-
1) Nach Jakscii bilden atneisensaure Salze für den Bacillus ureae einen,
wenn auch sehr schlechten, Nährstoff. Sollten bei diesem scheinbaren Ausnahmefall
nicht ganz chemisch reine Substanzen das Resultat herbeigefübrt haben ?
2) Bezüglich dieser drei letzteren Zuckerarten vgl. E. Fischer, Ber. d. Chem.
Ges. 23 v 24.
Dio chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
759
würdiger Ausnahmefall wäre. Von den Verbindungen der Benzol-
reihe sind I n o s i t (H i 1 g e r) , Chinasäure (L o e w) und jedenfalls
noch andere Körper ähnlicher Konstitution (mit der Gruppe CHOH)
vergährbar. Auch wäre noch die Phenylglycerinsäure zu versuchen.
— Bei den Säuren der Methanreihe wären noch die Ketonsäuren
auf Gährfähigkeit zu prüfen, wie Brenztraubensäure und Lävulin-
säure. Erstere gibt vielleicht wie Milchsäure Buttersäure, aber ohne
Wasserstoffentwickelung >).
Endprodukte dieser sämmtlichen Gährungen sind: Methan.
Wasserstoff, Fettsäuren von der Ameisensäure bis zur Capronsäure
und eirtwerthige Alkohole vom Aethyl- bis zum Amylalkohol, also
lauter Produkte, deren Bildung aus den hydroxylirten Gährsubstanzen
lockeren Gefüges viel aktuelle Energie mit sich bringt.
Ad b) Die hierher gehörigen „Oxydationsgährungen“, welche
partiellen Verwesungen gleichen, sind folgende: 1) die Essigbildung
aus Alkohol1 2) durch Bacterium aceti, 2) die Bildung von
Propionsäure aus Propylalkohol (Brown), 3) von Glycolsäure aus
Glycol (Brown), 4) von Giuconsäure aus Glucose (Brown), 5) von
Oxygluconsäure aus Glucose durch Micrococcus oblongus
(Boutroux), 6) von Lävuluse aus Mannit durch Bacterium
xylinum, 7) die Bildung von Protokatechusäure aus Chinasäure3).
Ferner gehört hierher die iD neuerer Zeit beobachtete Vergährung
der Harnsäure, sowie eine Anzahl partieller Oxydationen, welche bei
der Fäulniss unter Luftzutritt stattfinden, z. B. die Bildung von
Parakresol aus Tyrosin (Bau mann).
Den „Oxydationsgährungen“ ähnliche Vorgänge lassen sich bei
Luftabschluss dann durch die gewöhnlichen Fäulnisspilze her-
beiführen, wenn man eine verdünnte, peptonhaltige Nährlösung mit
Salpeter (0,4%) und einer leicht oxydablen Materie versetzt und
durch Zusatz von 0,2 — 0,4% Natriurabikarbonat für schwach alka-
lische Reaktion sorgt. N ä g e I i liess derartige Versuche schon vor
länger als 10 Jahren anstellen. Indem die Pilze den Sauerstoff des
Kaliumnitrats auf die oxydablen Materien werfen, entstehen dabei die
Produkte partieller Oxydation einerseits, andererseits wird unter den
genannten Verhältnissen der Stickstoff des Salpeters nach anfäng-
licher Nitritbildung schliesslich zu Ammoniak reduzirt4). Auf solche
Weise kann man Aethylalkohoi zu Essigsäure, Benzaldehyd zu Benzoe-
säure 5), Furfurol C6 H4 02 zu Brenzschleimsäure C5 H4 Oa und Bern-
steinsäure, schweflig-saures Natron zu schwefelsaurem Natron oxydiren.
1) Diese Ketonsäuren könnten unter gewissen Umstünden such die Gruppe CHOH
liefern, nämlich durch Kondensation und Spaltung.
2) Nach Brown (Ch. Soc. J. 1886) kann Bacterium aceti weder Ameisen-
säure aus Methylalkohol, noch eine Zuckerart aus dem mit Mannit isomeren Dulcit er-
zeugen. Glycerin liefert ferner nicht Glycerinsaure, sondern wird vollständig oxydirt-
8) O. Loew, Ber. d. Deutsch. Chera. Ges. XIV. 450. Flügge bezweifelt diese
Thatsache ohne jeden Grand (Die Mikroorganismen. S. 490).
4) Auf dieser Oxydation mittelst des Salpetersauerstoflfs beruht es auch, dass
Schimmelpilze bei Nitraten als Stickstoffquelle weit mehr Oxalsäure produziren, als
wenn Ammoniak als N-Quelle dargeboten wird, wie Pfeffer fand (Ber. Süchs. Akad.
d, Wiss. Febr. 1891).
5) Hier ist wegen der Giftigkeit grosse Verdünnung zu nehmen.
760
von Li n s t Oft*
Während nun die Pilze die Nitrate benutzen können, um durch
Oxydationen Kräfte zu gewinnen, ist es, wie Nägeli zeigte, ande-
rerseits unmöglich, bei Ernährungsvorgängen, zu denen der Luft-
sauerstoß' unbedingt uöthig ist, diesen durch den Salpetersauerstoff
zu ersetzen. Während Leucin, Methylalkohol oder essigsaures
Natron viele Spaltpilze bei Luftzutritt ernähren können, ist das
nicht mehr der Fall, wenn man bei Luftabschluss auch Salpeter
gibt. — Asparaginlösung entwickelt bei der Gährung weit mehr
Pilzmasse bei Luftzutritt, als bei Luftabschluss. Wenn man nun im
letzteren Fall Salpeter zusetzt, so wird jener gewaltige Unterschied
kaum merklich verringert. Offenbar verläuft der Oxydationsprozess,
welcher zur Herstellung der zur EiweisssyDthese dienenden Atom-
gruppe (Formaldehyd) dient, anders, wenn Luft, als weun Salpeter
den Pilzen dargeboten wird.
Auch die exquisiten Anaeroben, von denen manche Forscher heute
noch annehmen, dass sie chemisch gebundenen Sauerstoff dem Gähr-
material entziehen, um damit Oxydationen zu bewerkstelligen, werden
mit dem Salpetersauerstoff zu Ernährungszwecken nicht viel ausrichten
können. Die Oxydationen nehmen eben bei Anwendung verschiedener
Oxydationsmittel oft einen recht verschiedenen Verlauf, wofür man
zahlreiche Beispiele aus der Chemie beibringen könnte. Uebrigens
bedarf jene Ansicht einer kleinen Modifikation. Daran, dass der
Sauerstoff aus einer Verbindung erst herausgenommen wird,
um dann auf eine andere geworfen zu werden, ist nicht zu denken ;
es kann sich nur darum handeln, dass unter dem Einflüsse heftiger
Atomstösse aus dem Protoplasma ein Körper reich an Sauerstoff1)
einen Theil seines Sauerstoffs direkt an einen leicht oxydablen
Körper mit labilen Wasserstoffatomeu abgibt. Die Fettbildung aus
Zucker ist ein derartiger Prozess, hier werden Zuckermoleküle ver-
anlasst, einen grossen Theil ihres Sauerstoffs an andere Zuckermole-
küle abzutreten, so einerseits Kohlensäure und Wasser, andererseits
die höheren, sauerstoffarmen Fettsäuren liefernd. Der Ausdruck „in-
tramolekulare Athrnung“ für derartige Prozesse hat zwar seine Be-
rechtigung, doch darf man die oben genannte unrichtige Ansicht nicht
damit verbinden.
(Schluss folgt.)
Ueber die Entwickeiungsgeschichte von Gordius
tolosanus Duj.
Von
Di. v. Linstow
in
G ötti n gen.
Im Frühling der Jahre 1889 und 1890 machte ich die Beobach-
tung, dass auf der Wasseroberfläche von Wiesengräben in der Nähe
1) la Form von Hydroxylgruppen.
Ueber die EnlwickelucgsgeschicLte von Oordias tolosanus Dnj.
761
von Göttingen, an denselben Orten, wo ich im Sommer zahlreiche
geschlechtsteife Exemplare von Gordius tolosanus frei im
Wasser fand, schwarze Laufkäfer trieben, diealsPterostichus niger
bestimmt wurden. Die Käfer waren theils todt, theils sterbend, in
Algenmassen verwickelt, theils schienen sie ihre volle Lebenskraft zu
haben und ruderten lebhaft mit den Beinen, um das Ufer wieder zu
gewinnen. Einmal lag ein solcher Käfer todt am Grunde des Baches.
Von 49 aus dem Wasser gefischten Käfern enthielten 10 je eine
grosse Larve von Gordius tolosanus, und habe ich diese Funde
im Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XXXIV. p. 248 und
XXXVII. p. 239 geschildert. Die Gordius -Larven waren bis 122 mm
lang und theils braun mit der bei Gordius tolosanus bekannten
Oberhaut, theils schneeweiss und sehr zart; hier war die mächtig
entwickelte, zeitige Hypodermis uur von einer sehr zarten, hyalinen
Membran bedeckt, und am Kofende war noch der Bohrapparat der
Embryonen sichtbar. Einmal beobachtete ich, wie eine Gordius-
Larve sich in der Nacht selbständig aus einem Käfer herausgebohrt
hatte und am anderen Morgen frei neben dem Käfer im Glase lag.
Im Hinterleibe der Käfer findet man neben der Gordius -Larve
nur noch den Darm, die Geschlechtsorgane und der Fettkörper
fehlen, von denen die Larve offenbar gelebt hat. Diese Funde
wurden im April gemacht.
Was die Käfer, ausgesprochene Landthiere, veranlasst, sich
massenhaft ins Wasser zu begeben, weiss ich nicht, glaube aber, dass
sie am Rande der Bäche ihrer Nahrung nachgehen, da die Lauf-
käfer besonders gern Schnecken fressen, und zu einer Zeit, wo das
Thierleben auf dem Lande noch kaum erwacht ist, ihre Beute in
Gestalt von Lymnäen u.s. w. im Wasser suchen, wobei sie dann ertrinken.
Die im Wasser frei gewordenen Gordien werden bald geschlechts-
reif und begatten sich, und die befruchteten Weibchen umwinden
Stengel von Wasserpflanzen, an die sie ihre weissen Eischnüre heften ;
diese Eiablage geschieht im Sommer und dauert etwa 4 Wochen.
Nach etwa ebenso langer Zeit ist der Embryo im Ei ent-
wickelt, der schon durch Meissner’s Untersuchungen bekannt ist;
er ist nur 0,065 mm lang, vorn quer geringelt und 0,018 mm breit,
hinten glatt und 0,016 mm breit und vorn mit einem Bohrapparat
bewaffnet, der aus einem ein- und ausstülpbaren, 0,017 mm langen,
von 3 Stäben gestützten Bohrrüssel besteht, hinter dem 2 Kränze
von je 6 Spitzen stehen. Diese Embryonen durchbrechen die Ei-
hüllen und sinken im Wasser zu Boden, wo sie sich langsam be-
wegen und auf die Nähe eines Thieres warten, in das sie sich ein-
bohren wollen.
Meissner (Zeitschr. für Wissenschaft!. Zoolog. VH.. 1855.
p. 131—137) bewirkte solche EinwantTerungen in andere Thjere ex-
perimentell, die er in die Nähe der embryonalen Larvenform von
Gordius brachte, und fand, dass sie mit besonderer Vorliebe in
Ephemera - Larven eindringen, seltener in Phryganiden- und Dipteren-
larven, in Cyclopiden, Schnecken und Naiden.
Welches dieser Thiere als erster Zwischenwirth anzusehen sei,
war damit nicht klargelegt; konnte man doch nicht wissen, ob die
f62
Bakterien im Boden.
jungen Gordien nicht, ihrem Einwanderungstriebe folgend, in Er-
mangelung des rechten Wirihes in sie eingedrungen seien, um bald
in ihnen zu sterben. Es war daher mein Bemühen, in denselben
Gewässern, in denen ich Käfer mit Gor d in s- Larven und später
geschlechtsreife Gordien frei im Wasser gefunden hatte, auch die
erste embryonale Larvenform zu finden, und dieses ist mir endlich
nach fast zahllosen missglückten Versuchen gelungen.
Der Zwischenwirth der ersten embryonalen Larveuform von
Gordius tolosanus ist die Wasserlarve von Sialis lutaria
Lin., im Fettkörper und in den Muskeln liegt die Larve zusammen-
gekrümmt in 0,078 mm grossen, rundlichen, bindegewebigen Hüllen,
deren Wandung etwa 0,013 mm dick ist; man kann sie nicht Cysten
oder Kapseln nennen, da sie weder nach innen noch nach aussen
scharf abgegreuzt sind.
Im Sommer müssen die jungen Gordien sich in die Sialis-
Larven einbohren und in ihnen überwintern, denn ich fand sie An-
fang Mai in zur Verwandlung reifen Larven. Mitte oder Ende Mai
erscheinen die geflügelten S i a 1 i s - Exemplare ; die trägen Fliegen
sitzen an niedrigen Pflanzen in der Nähe des Wassers und werden den
Laufkäfern leicht zur Beute, welche dann ruit ihnen die in ihnen be-
findlichen G ord i u s- Larven fressen. Im Laufe des Sommers sowie des
darauf folgenden Herbstes und Winters wachsen dann die Gordien
in den Käfern zu der bekannten grossen zweiten Larvenform aus
und gelangen nun, uachdem die Käfer im nächsten Frühling ins
W'asser gefallen sind, wieder in ihr eigentliches Element.
Göttingen, 8. Mai 1891.
Referate.
Dowd, Charles N., A study of the hygienic condition of
our streets. (New York Med. Record. No. 1024. 1890. p. 700.)
Das Legen elektrischer Leitungen und das Auswechseln von
Gas- und Wasserleitungsröhren machten in der ersten Jahreshälfte
1890 eine starke Erdbewegung in den Strassen von New-York uöthig,
die Verf. zu Untersuchungen über die etwaigen schädlichen Wir-
kungen benutzte, welche durch das Aufgraben der Strassenerde in
hygienischer Beziehung herbeigeführt werden können.
Erdproben wurden in verschiedenen Strassen aus gleicher
Tiefe unter sonst gleichen Bedingungen und aus stets frisch ange-
legten Gruben entnommen, UDd zwar 16 -Proben aus mit Leuchtgas
imprägnirtem Erdreich und 16 Proben aus leuch tgasfreiem Boden.
Bei der nach dem von Carl Fraenkel und von Reimers empfoh-
lenen Verfahren vorgenommeueu bakteriologischen Untersuchung
stellte sich heraus, dass die Mittel des Bakteriengehaltes in beiden
Bodenarten nicht wesentlich differirten. Der Bakteriengehalt in
leuchtgashaltiger und in leuchtgasfreier Erde ist demnach gleich.
Bakterien i‘in Boden. — Diphlheritis. — Cholera.
763
Um den Einfluss des Leuchtgases auf die Bodenbakterien ge-
nauer kennen zu lernen, liess Verf. durch die in Reagensgläschen
untergebrachten Erdproben Leuchtgas hindurchstromen und bestimmte
den Bakteriengehalt derselben vor und nach der Operation, dann
nach 3, 4 und 6 Tagen nach dem Aufhören der Leuchtgaseinwirkung.
In einer Hälfte der Versuche war eine Verminderung, in der anderen
eine Vermehrung des Bakteriengehaltes eingetreten. Bei der Aus-
saat von Typhusbacillen in mit Leuchtgas gesättigtes Wasser zeigte
sich allerdings eine Abnahme der Keime, jedoch nicht in höherem
Grade, als wenn Typhusbacillen in reines Wasser eingebracht
werden.
Was den diesbezüglichen Theil der eingangs gestellten Frage be-
trifft, so meint Verf., aus der bekannten Thatsackc der stetigen Abnahme
des Bakteriengehaltes in den tieferen Bodenschichten annehmen zu
dürfen, dass das Aufgraben der Strassenerde wohl eine Zunahme und
grössere Verbreitung von Krankheitskeimeu auf der Strassenober-
fläche zur Folge hat, die indes nicht jene Bedeutung erreichen
kann, wie sie dem Bakteriengehalte des Strassenstaubes eigen ist.
Die weiteren Ausführungen über die schädlichen Wirkungen der
Bodengase und des Staubes, welcher keine pathogenen Mikroorganis-
men enthält, können hier füglich übergangen werden.
Kräl (Prag).
Brown, F. Tilden, Diphtheria of the meatus urinarius.
(Journ. of cut. and genito-urin. diseases. 1890. August.)
Brown beschreibt einen Fall von Diphtherie des Meatus uri-
narius externus, deren Uebertragung bei einem Circumcidirten an-
geblich durch Auflegen von schmutziger Watte seitens des Kranken
vermittelt wurde. Verf. glaubt, in dem diphtherischen Belage neben
zahlreichen anderen Bakterienarten auch eine dem Loeffler’ sehen
Bacillus morphologisch ähnliche Varietät gefunden zu
haben. Die Kulturversuche gingen vor Abschluss durch Zufall
verloren. An den diphtherischeu Lokalprozess schloss sich später
eine passagere Albuminurie an. Bemerkenswerth ist nach Verf.:
1) dass die Affektion sich nicht in der Circumcisionswunde entwickelt
habe, ein Zeichen dafür, dass die bei der Operation gebrauchten In-
strumente und das Verbandzeug nicht die Infektionsvermittler ge-
spielt hatten; 2) die Begrenzung des Lokalprozesses auf Meatus und
Glans penis dank dem sorgfältigsten Schutz der Circumcisionswunde
durch den antiseptischen Verband und das Verschontbleiben der
Urethra wahrscheinlich durch die physiologische Barriere des normal
saureu Urins. Ledermann (Breslau).
Cunningham, D D., On some species ofCholeraic Comma
Bacilli occurring in Calcutta. (The Scientific Memoirs
by the Medical Officers of the Army of India. Part. VI. Cal-
cutta 1891.)
Der Umstand, dass in Kalkutta wiederholt Fälle von zweifelloser
Cholera angetroffen werden, in denen der Darminhalt auch keine
Spur von Kommabacillen aufweist, veranlasste den Verfasser zu
764
Choler».
seinen Untersuchungen. Dabei gelang es ihm, aus 16 Fällen von
Cholera, die in den grösseren Krankenhäusern Kalkuttas Aufnahme
gefunden hatten, 10 verschiedene Arten von Kommabacillen zu züch-
ten. Bei Anfang des Jahres 1890 boten ihm das General Hosp., das
Medical College Hosp. und das Sealdah Pauper Hosp. je einen Kom-
in a b a c i 1 1 u s (Arten I — III). Es trat nun eine Pause in der Epidemie
ein. Der nächste Fall war wegen einer Striktur in das General
Hosp. aufgenommen und wurde dort von Cholera befallen. Der
Darmiuhalt dieses Falles enthielt eine neue IV. Art — ausser ihr
wurde keine andere gefunden. Nun trat wiederum eine Pause ein
und sodann folgten 2 Fälle in demselben Hospital, von denen einer
Art I zeigte, während der andere dem Verfasser eine neue Art
(V) schenkte. Darauf erlag ein Patient im Med. Coli. Hosp., aus
dessen Darmiuhalt nicht weniger als 3 verschiedene neue Arten ge-
züchtet wurden (Arten VI — VIII). Der nächste Fall, der dem Gen.
Hosp. entstammte, zeigte wiederum Art I. Die beiden letzten Fälle
kamen vom Med. Coli. Hosp. und wiesen jeder eine neue Art (IX
und X) auf.
Der Verfasser gibt sodann eine sehr ausführliche Beschreibung
seiner Methoden und der verschiedenen Arten, auf die wir verweisen
müssen für weitere Details.
Der Arbeit sind 2 gut angefertigte Tafeln beigefügt, um einige
morphologische Eigenthümlichkeiten der Bacillen und ihr Wachsthum
auf Kartoffeln zu illustriren. Wir geben den Hauptinhalt in kurzer,
tabellarischer Uebersicht wieder. (Siehe nebenstehende Tabelle.)
Die verschiedenen Arten lassen sich in 2 Klassen zerlegen. Zu
der ersten gehört Art IV. Sie verflüssigt Gelatine nicht, wächst
äusserst schnell auf Kartoffeln und gibt keine Farbenreaktion mit
Säuren. Alle anderen Arten verflüssigen Gelatine. Was die An-
sichten des Verfassers über die Form und Gestalt der Bacillen be-
trifft, so müssen wir wegen Mange) an Kaum auf die Originalarbeit
verweisen.
Der Verfasser schliesst nun aus seinen Untersuchungen, dass die
Koch 'sehe Theorie, dass Cholera durch das Eindringen eines
spezifischen Kommabacillus in das Innere des Darmes verursacht
wird, als den Thatsachen widersprechend aufgegeben werden muss.
Koch ’s Bacillus sei nicht der einzige und nicht einmal der
häufigste der Kommabacillen, die in dem Darminhalte von Cholera-
kranken zu finden seien. Koch, meint der Verfasser, sei nicht be-
traut gewesen mit der Häufigkeit der vibrionischen Schizomyceten,
und seine Entdeckung sei deshalb eine willkürliche Wahl eines dieser
Organismen gewesen, den er deshalb auserlesen habe, weil er ihn in
einer Anzahl von Fällen, die speziell in den Kreis seiner Beobach-
tungen gekommen seien, gefunden habe.
Den Einwand, dass trotzdem als Glied einer bestimmten Klasse
von Organismen Koch ’s Bacillus als Erreger der Cholera ange-
sehen werden könnte, weist Verfasser aus folgenden Gründen zurück :
1) in vielen zweifellosen Fällen von Cholera habe er keine Komma-
bacillen gefunden; 2) in einem Falle fanden sich 3 verschiedene
Arten, ein Umstand, der den Unparteiischen verdächtig machen
Cholera.
765
Art.
Foim etc.
Wacksthum
auf
Gelatine.
VVachs-
thum auf
neutralis.
Agar.
Wachs-
thum auf
nicht neu-
tral. Agar
Wachsthum
auf
Kartoffeln.
Bouillonkultur
und Cholera-
Reaktion.
Art 1=4
Ziemlich gross,
Verflüssigt Ge-
Langsamer, als
Sehr lang-
Dünne, bräun-
Kulturen drei
Fälle vom
wenig: ge-
ilatine ziemlich
in alleu ande-
»am u. nur
liehe Schicht,
oder mehrere
Medical
krümmt, abge-
schnell, doch
ren Arten.
an der
zuweilen als
Tage alt.
Coli. Hosp.
stumpft. In
Zooglöen an-
georduet.
verhältniss-
mässig lang-
sam an der
Oberfläche.
,, Luftblase“
niemals beob-
achtet.
Oberfläche
dichter, runze-
liger, grau-
weisser Belag.
hellen sich
schnell und
vollständig aut
nach Zusatz
von
h2so4hno3.
Zusatz einer
Säure genügt,
um das Chole-
raroth zu er-
zeugen.
Art II «= 4
Typische Kom-
Verflüssigt Ge-
Schnell, haupt-
Bedeutend
Gut und mas-
Reaktion sehr
Fälle vom
maform ; kurz,
latine schnei-
sächlich an der
schneller,
senhafl als
ausgesprocheu
General
dick, gut ge-
1er, als Art 1 in
Oberfläche als
als Art 1.
gelbe Schicht
(s. Originalar-
Hosp.
krümmt, leb-
hafte Eigenbe-
wegung.
Form eines
Trichters.
rauhe, runze-
lige Schicht.
(s. Originalar-
beit).
beit).
Art III =
Grosse , zarte,
Verflüssigt Ge-
Schnell, sowohl
Lang-
Nicht so gut als
Reaktion mit
3 Fälle vom
leicht ge-
latine schnei-
an der Ober-
samer, als
Artll, brauues
Säuren sehr
Pauper
krümmte Kom-
ler, als Art I,
fläche als auch
Art II, nur
krustenartig
ausgesprochen.
Hosp.
mabaeillen,
lebhafte Eigen-
bewegnng.
aber langsa-
mer, als Art II
in Form eines
Bechers.
entlang des
Impfstiches.
an der
Oberfläche.
geschichtetes
Häuteben.
Art IV = 1
Gross, wenig
Langsam, ver-
Schnell und
Schnell,
Ueppie. mit
Langsam und
Fall vom
gekrümmt.
flüssigt Gela-
nur an der
nur an der
gelblich-rother
gibt keine
General
Ho»p.
Auf Kartoffeln
gerade Stäb-
chen, in älte-
ren Kulturen
jedoch gut ge-
krümmt. Leb-
hafte Eigenbe-
wegung.
tine nicht.
Oberfläche oft
grünlich.
Oberfläche,
oder rothbrau-
ner, glänzen-
der Oberfläche.
Reaktion mit
Säuren.
Art V «= 1
Kurz und dick
Verflüssigt
Schnell, in der
Wie Art IV.
Langsam,
Ausgesproche-
Fall vom !Aaf Kartoffeln
langsam und
Oberfläche so-
Oeberzug dicht
ne Reaktion
Med. Goll.l wenig ge-
Hosp. j krümmt und
[oft gerade. Von
'Kartoffeln auf
'Agar übertra-
gen .nehmen sie
j meist eine gute
Krümmung an.
gleichmässig.
Auf Plattenko-
lonieen bei
schräger Be-
leuchtung
bläulich - gelb.'
i
1
wohl als in der
Tiefe.
j
und rosafarbig.
mit Säuren.
1
Art. VI =|Länglich und
von dem- auf Kartoffeln
selben 1 oft gerade,
Falle. |doch auch oft
jgross und gut
gekrümmt. 1
U. Bd.
Verflüssigt
langsamer, als
Art V in Form
eines Kraters.
Kolouieen auf
Platten blau.
Wie Art V.
dto.
..
Nicht so dicht
als Art V, rosa-
farbig.
I
49
Wie Art V
49
766
Cholera
Art
Form etc.
Art VII =
von dero-j
selben !
Falle. '
Sehr kurz und
dick
Wachst hunn
auf
Gelatine.
Wachs -
thum auf
neulrati*.
Agar.
Art V 1 1 1 =
1 Fall vom
Gen Hosp.
Verflüssigt
langsamer, als
; Art V, gleich-
naässig. Ko-
I lonieen auf
! Platten gelb.
Wachs- I
thum auf j
nicht neu-l
tral. Agar j
~cr-
Wachsthum IBouillonkultur
auf jund Cholera-
Kartotfelu. Reaktion.
Wie Art VI i WieArtJV Langsam, diin-j Reaktion mit
!ner, farbloser; Säuren nur
‘
oder rosa-gelb- nach mehreren
| licher Belag Generationen.
TypischeKom-j Verflüssigt Wie Alt VU.
maforin. jschnell, trich-i
i tertornng.
A»t IX «*= 1 ]Sehr klein, gut Verflüssigt Wie Art VIII.
Fall vom
Med. Coli.
Ho»p.
dto. : Langsam, dün
jner, feuchter,
jschmutzigroth-
j gelber Belag.
Schnell, aniLangsam, dün-
der Ober- ner, feuchter,
, dache so- gelber Ueber-
zug.
wohl als in
der Tiefe.
gekrümmt auf sehr langsam. |
allen Nährbö-, gleichmässig.
deu,ausgenom-|
men auf nicht
neutralisirtem |
Agar, wo sie!
klein und ovalj
sind und oft in
Paaren ange-
ordnet.
Art X = 1 i Ziemlich dick Verflüssigt ; Wie Art IX. Oft arch in 'Schlecht, dün
Fall vomj und gut ge- jschnell, trich- ; i der Tiefe, her, farbloser
Med. Coli. krümmt. i terförmig. j | Belag.
Hosp.
Reaktion mit
Säuren ausge-
sprochen.
Wie Art VII
(s. Originalar-
beit).
Reaktion mit
Säuren ausge-
sprochen.
sollte, dass die Kommabacillen nicht die Ursache der Krankheit seien,
sondern umgekehrt die Krankheit der Grund des Vorkommens der
Bacillen sei; 3) in einem Falle hlieb die Reaktion mit Säuren aus,
so dass man kaum annehmen dürfe, dass diese Art dieselben toxischen
Eigenschaften haben könne, als die anderen Arten ; 4) bis jetzt sei
es noch Niemandem gelungen, mittels der Kommabacillen Cholera
hervorzubringen. Er nimmt an, dass die Kommabacillen normalster
den Darm bewohnen, dass während der Krankheit, ihnen ein günstiger
Boden zum Wachsthum geboten wird und dass je nach Umständen
eine oder die andere Art oder mehrere Arten zusammen zum Ge-
deihen kommen.
Verfasser schliesst mit einigen praktischen Deduktionen, die
Quarantaine betreffend. Man habe angenommen, dass Cholera in
Indien stets an einen einzigen Bacillus gebunden sei, und dass es
dieser sei, der die Cholera in Ländern ausserhalb der Grenzen In-
diens verursache. Da die Cholera nun in Indien — und wahrschein-
lich auch in Europa — von mehreren verschiedenen Arten von
Kommabacillen begleitet sei, müsse die Quarantaine ohne Erfolg und
nutzlos sein, bis es bewiesen sei, dass keine von den vielen Arten in
Europa gefunden werde. Die Existenz einer Mehrzahl von Arten von
Kommabacillen, sogar wenn wir die Klasse iu kausalen Zusammenhang
mit der Cholera bringen, müsse noth wendigerweise uns zweifeln
Lepra — Psorospermose.
767
lassen, ob eine allgemeine epidemische Verbreitung der Cholera nicht
vielmehr auf einer Verbreitung von Zuständen beruhe, welche die
ganze Klasse anstatt eine oder die andere Art begünstigen.
A. A. Kant hack (Simla).
Poupinel de Valerie^, Is Leprosy contagious? (The Lancet.
No. 3481. 1890. p. 1065.)
An der Hand seiner reichen Erfahrungen, die Verf. bei der mehr
als 20*jährigen Ausübung seines ärztlichen Berufes im Lepraasyle
St. Lazarus in Port Louis auf Mauritius zu sammeln Gelegenheit
hatte, bespricht er die Frage, ob Lepra kontagiös sei. Die Ver-
erbung wäre einer der häufigsten Uebertragungswege, was mit meh-
reren sorgfältig verfolgten Fällen nachzuweisen versucht wird. Ausser-
dem kann Lepra durch Kohabitation übertragen und in gewissen
Fällen auch von gesunden Individuen erworben werden, wenn letztere
mit einem Leprösen Zusammenleben. Iv r ä 1 (Prag).
Moore, Sir lfm., Cause of Leprosy. (The Lancet. No. 3481.
1890. p. 1063.)
Verf. hält Lepra und Syphilis für identische Erkrankungsformen
und meint, Lepra wäre nur ein gewisses Stadium erblicher Syphilis.
Er führt die Gründe an, welche ihn zu dieser Auffassung veranlassen
und sucht seine Ansicht mit Citaten aus der diesbezüglichen alten
und neuen Litteratur, aus dem klinischen Verlaufe der beiden Krank-
heiten, aus der Aehniichkeit des Lepra- und Syphiiisbacilius, sowie
durch die Uebertragbarkeit der Lepra zu stützen. Die Verschieden-
heiten zwischen den klinischen Bildern von Lepra und Syphilis wären
kaum grösser, als jene zwischen hereditärer und acquirirter Syphilis.
Kral (Prag).
Coilins, W. «T., Note on the Leprosy revival. (The Lancet.
No. 3481. 1890. p. 1064.)
Nach einem etymologischen Exkurse berichtet Verf. über den
Besuch eines Lepraasyls in Norwegen. Das Abnehmen der Lepra
in diesem Lande ist nicht dem Isolirsysteme zu verdanken , da ein
solches in Norwegen nicht existirt. Eher scheint der zunehmende
Wohlstand des Volkes günstig auf die Verminderung der Erkran-
kungen eiuzuwirken, weshalb denn auch verdorbene Nahrungsmittel
als der Verbreitung des Virus verdächtig angesehen werden können.
Kral (Prag).
Piffard, Henry GL, Psorosp ermosis. (Journ. of cut. and genito-
urin. diseas. 1891 Jan.)
Piffard hält die „Psorospermien“ des Molluscum contagiosum
nicht für animale Parasiten, sondern für Retezellen mit einer be-
sonderen Art von keratoider Degeneration. Dasselbe glaubt er von
der „Pagets disease“, die er für ein Epitheliom mit nachträglicher
Tendenz zur Verhornung der Epithelzellen hält. Es bleibt also für
die Beurtheilung der Parasiten noch die Darier’sche Krankheit
übrig, über welche ein abschliessendes TJrtheil zunächst noch aus-
49*
768 Schutzimpfung, kiiubtl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
steht ; jedoch glaubt Verf., dass weitere Untersuchungen sie vielmehr
in die Gruppe der epithelialen Degenerationen, als in die der ani-
malen Parasiten einreihen werden. Ledermann (Breslau).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Foä, P., e Carbone, T., Sulla immuuitä verso il diplococco
pneumonico. (Gazz. med. di Torino. 1891. Fase. 1. p. 1.).
Verth berichteten iu der Sitzung der R. Accademia di Medieina
zu Turin vom 6. Dezember v. J. über Immunisirungsversuche an
Kaninchen mit einem Präcipitat, das sie durch Ausfäilung von fil-
trirten Di pl ococcusbouillonkulturen mit Ammoniumsulfat erhalten
hatten. Die Resultate dieser Versuche waren negativ und blieben
es auch weiterhin, gleichviel, ob sehr geringe Dosen des Niederschlags
angeweudet, oder letzterer aus abgeschwächten Kulturen gewonnen
wurde.
Als Verff. dagegen die Substanz in winzigen successiven Mengen
in 3 oder 4 aufeinanderfolgenden Tagen verimpften, gelang es,
Kaninchen gegen spatere Diplokokkeninfektion ebenso widerstands-
fähig zu macheu, wie mit filtrirten Bouillonkulturen oder mit dem
Organextrakte infizirter Thiere. Das Blut derart immunisirter Ka-
ninchen hat die Eigenschaft, bei 30° C rapid zu koaguliren, was bei
dem Blute normaler oder an pneumonischer Infektion zu Gründe ge-
gangener Thiere nicht beobachtet werden konnte. Wiederholte sub-
kutane Injektionen kleiner Dosen des Blutserums von Kaninchen, die
mit der toxischen Substanz immunisirt worden waren, brachten bei
normalen Kaninchen wieder Immunität zu Stande. Bemerkens werth
ist der Umstand, dass bei Versuchen in vitro das Blut immunisirter
Kaninchen keine bakterientödtende Wirkung auf den Diplococcus
ausübte.
Das einem Pneumoniker entnommene Blut koagulirte ebenso
rasch, wie jenes von immunisirten Kaninchen stammende. Die Ver-
suche der Verff. mit dem menschlichen Blutserum au Kaninchen
führten bisher zu keinen sicheren Resultaten, lassen iudes annehmeu,
dass das Blut des Patienten am 8. Tage toxische Eigenschaften be-
sass, welche jenen der filtrirten Bouillon kulturen ähnlich sind.
Die Wirkungen der pneumonischen Infektion erstrecken sich nach
den Beobachtungen der Verff. vorwiegend auf die Konstitution des
Blutes, auf die verschiedene Ernährung der Gewebe und stehen in
Beziehung mit den akuten Lähm ungserschein ungen der vorderen
Extremitäten und der Halsmuskeln, woraus angenommen werden
konnte, dass in den Diplococcuskulturen nicht bloss ein, sondern
mehrere Gifte gebildet werden, von welchen eines auf die centralen
Nerven, die anderen auf das Blut und die Gewebe einwirken.
Kr 41 (Prag),
ftchctiimpfang, kiinstl Infektionskrankheiten, Eutwickehingsbemmung elc. 769
Courmont, «L, et Dor, L., De la production, chez le lapin,
de tumeurs blanches experimentales, par inocula-
tion intra-veineuse de eulture du bacille de Koch
att6nu6. (La Province m6d. 1890. No. 44. p. 529.)
Mit einer durch mehrere Jahre in vielen Generationen fortge-
führten und sehr abgeschwächten Tuberkelbacillenkultur konnte durch
subkutane Injektion an Kaninchen und Meerschweinchen Tuberculose
nicht mehr erzeugt weren. Nur mit beträchtlichen, iutraperitoneal
applizirten Dosen gelang, es bei diesen Thierarten tuberculose Läsionen
zu erhalten. Hingegen trat bei intravenöser Injektion von 4 Tropfen
bis 0,5 ccm derselben Kultur an 5 jungen, aber erwachsenen Ka-
nincheu nach Ablauf von 5 Monaten, während welcher Zeit sich die
Thiere wohl befanden und eine mitunter erhebliche Gewichtszunahme
aufzuweisen hatten, eine der menschlichen analoge, tuberculose, chro-
nische Gelenkentzündung auf. Verff. schliessen hieraus, dass die
primäre lokale Tuberculose von einem abgeschwächten Virus herzu-
rühren scheint, welches, selbst wenn es direkt in das Blut gelangt,
seine Gegenwart erst nach mehreren Monaten zu manifestiren vermag,
und dass , wenigstens bei jungen Thieren , die Gelenke auch ohne
lokales Trauma eine Prädilektionsstelle für die Ansiedelung des ab-
geschwächten Tuberkelbacillus bilden. Kral (Prag).
Gauchcr, M. E., Vaccine g6neralis6e suivie de mort. [Soc.
de derm. et syphilogr. S6ance du 8 janvier 1891.] (Ann. de derm.
et de syph. 1891. 25 janv.)
Es handelt sich in dem Falle Gaucher’s um ein einmonat-
liches Kind, bei dem 8 Tage nach der Impfung an jedem Arm 3
Vaccinepusteln unter sehr hohem Fieber und starken allgemeinen
Störungen zum Vorschein kamen. Am 9. Tage erschienen zahlreiche,
Vaccinepusteln ähnliche neue Knötchen. Am 11. Tage konstatirte
Gau eher ausser den Pusteln an jedem Arm eine ausgebreitete
Eruption fast über den ganzen Körper. Die Ausbreitung der Eruption
auch an solchen Stellen, wo das Kind sich nicht kratzen konnte,
schloss die Annahme einer direkten Uebertragung durch Kratzen aus.
Die aufgetreteneu Efflorescenzen waren zum grossen Theil „gedeihe“
Pusteln. An den folgenden Tagen breitete sich der Ausschlag unter
Verschlechterung des Allgemeinbefindens weiter aus. Das Kind starb
unter allen Symptomen der Asphyxie. Die Autopsie ergab eine be-
trächtliche Hyperämie beider Lungen, keine Hepatisation, eine Hyper-
trophie der Milz, Hyperämie der Nieren. Die Leber war von gelb-
lichen, verfetteten Inseln durchsetzt. Gauch er glaubt, dass diese
Generalisirung der Lymphe das Resultat einer Allgemein-
infektion gewesen ist, da Auto-inokulationen nicht eine so diffuse
und ausgebreitete Eruption hätten bewirken können. Er kann keiner
speziellen Ursache die Malignität der Lymphe zuschreiben.
Ledermann (Breslau).
Grandin , Egbert EL , Peroxide of hydrogen in gyneco-
logy and in obstet ries. (The Times and Register. 1891.
No. 647. p. 85.)
Verf. berichtet über Fälle von Mammaabscessen , suppurativer
70 Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Eutwickeluiigshemtnung etc.
Beckenhämatocele und puerperaler Endometritis, bei welchen Karbol-
säure, Sublimatlösung und Jodtinktur im Stiche Hessen, während
Eiterung oder lokale Sepsis nach dem Ausspülen mit unverdünntem
oder zu gleichen Theilen mit Glycerin gemengtem Wasserstoffsuper-
oxyd sofort sistirte und Heilung rasch nachfolgte. Nach den Er-
fahrungen des Yerf.’s ist das Mittel unschädlich und zugleich das
wirksamste aller bekannten Agentien gegen unkoutrollirbare Eiterungs-
prozesse. Kral (Prag).
Papull, F., Sul potere antisettico del salolo. (Rivista
clin. e terap. 1890. No. 9. p. 449.)
Zunächst prüfte Verf. die Einwirkung von Eiter und von Eiter-
kokkenkulturen auf Saiol und konnte die begonnene Zersetzung des
letzteren nach 24 Stundeu mittelst der Eisen perchlorürreaktion nach-
weisen. Die Zeitdauer, in welcher die Eiterkokken die Zersetzung
des Salols bewerkstelligen, wurde durch halbstündlich vorgenommene
Reaktionen sicherzustellen gesucht. Sie betrug für den Staphylo-
coccus pyogenes albus 8, für den aureus 5 und den
citreus 6 Stunden.
Um ferner zu sehen, welche Wechselwirkung die Zersetzungs-
produkte des Salols ihrerseits auf die verschiedenen Mikroorganismen
entfalten , wurden zu je 2 Kulturen des zu untersuchenden Mikro-
organismus Salol hinzugefügt, aus der einen Kultur nach je 1, 2 und
5 Stunden Aussaaten in Gelatine und Fleischbrühe angelegt und an
der anderen das Eintreten der Reaktion beobachtet. Hierbei ergab
sieh, dass die Wachsthumsfähigkeit der verschiedenen Mikroorganismen
eine verschieden lange Zeit und in verschiedener Intensität nach dem
Zersetzungsbeginne des Salols erhalten bleibt. Nur der Staphylo -
coccus pyogenes albus hatte gleichzeitig mit dem Auftreten der
Reaktion seine Wachsthumsfähigkeit eingebüsst. Der Staphylo-
coccus pyogenes aureus entwickelte sich noch nach 2 Tagen
nach eingetretener Reaktion, der citreus sogar nach 5 Tagen.
Streptococcus pyogenes zersetzt das Salol nach 10, Spiril-
lum Finkler et Prior nach 20 Stunden, sie sterben nicht ab,
ihre Kulturen zeigen nur ein verzögertes Wachsthum und sie scheinen
demnach bei Gegenwart freien Phenols bloss eine Abschwächung zu
erleiden. Bei Milzbrand treten Anzeichen einer Reaktion erst nach 6,
bei Cholera nach 4, bei Typhus nach 7 Tagen auf und die hieraus an-
gelegten Kulturen entwickelten sich unverzögert und normal, obzwar
die Saloleinwirkung 1 — l1/* Monate angedauert hatte.
Verf. glaubt annehraen zu dürfen, dass das Salol, insbesondere
gegenüber gewissen Mikroorganismen, hervorragende antiseptische
Eigenschaften besitzt , die jedoch VGn dessen Zersetzung abhängig
sind, welche durch die Mikroorganismen selbst bewirkt wird. Je nach-
dem die Mikroorganismen das Salol energischer oder spurenweise oder
gar nicht zersetzen, verlieren sie ihre Wachsthumsfähigkeit oder sie
bleiben abgeschwächt, event. gänzlich unbeeinflusst. Kral (Prag).
Kornanth, C., Studien über das Saccharin. (Landwirth-
schaftliche Versuchsstationen. Bd. XXXVIII. p. 241 — 256.)
Die interessanten Untersuchungen des Verf.’s wurden alle mit
dem Saccharinum purum der Fabrik Fahlberg’s in Salbke-
Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, tüitwickelungshemmuug etc. 771
Westerhüsen angestellt. — Die Versuche, deren Einzelheiten aus dem
Originale näher zu ersehen sind, beschäftigen sich 1) mit dem Ein-
fluss des Saccharins auf Saccharomyces cerevisiae. 2) wird
das Verhalten des Saccharins gegen andere Mikroorganismen und
Enzyme behandelt. Sodann wird 3) die Verwendung von Saccharin
zur Ivonservirung von Obst besprochen und schliesslich werden nocii
4) die Ergebnisse von Fütterungsversuchen mit Saccharin an Kanin-
chen, Hunden, Enten und Schweinen mitgetheilt.
Aus seinen Versuchen zieht Verf. die folgenden Schlüsse:
1) Dem Saccharinum purum Fahlberg’s kommen schwache
antiseptische Eigenschaften zu.
2) Die Verfütterung selbst von praktisch ganz unmöglichen
Dosen von Saccharinum purum an Hund, Ente und Schwein lässt
auch durch lange Perioden hindurch fortgesetzt in keiner Weise eine
schädigende Wirkung auf deren Organismus erkennen.
3) Ebensowenig wird hierdurch der Ausnutzungskoeffizient des
Futters vermindert.
4) Die behauptete Abneigung der Thiere gegen das Saccharin
war in den betreffenden Fällen nur individuell und lässt sich in
keiner Weise verallgemeinern. Otto (Berlin).
Carrier, Charles 0., Sterilization of water. (New York Med.
Record. No. 1023. 1890. p. 680.)
Eine Reihe von Versuchen, welche Verf. zum Theil im hygie-
nischen Institute zu Berlin ausführte, sollte feststellen, binnen weicher
Zeit pathogene und nichtpathogene Mikroorganismen im gewöhnlichen
klaren Grund- oder Leitungswasser durch die Einwirkung höherer
Temperaturen vernichtet werden. Die Untersuchungen geschahen in
der Weise, dass das mit BakterienkultureD oder faulenden Flüssig-
keiten beschickte Wasser in grossen, mit Wattepfropfen verschlosse-
nen Koioeu erhitzt und dann im Wasserbade bei 99—100° gehalten
wurde. Die von 2 zu 2 Minuten aus der tieferen Mittelschicht und
von der Oberfläche des Kolbeninhaltes entnommenen Proben dienten
zur sofortigen Herstellung von Platten oder Rollröhrchen. Oder das
Wasser wurde in einer Anzahl Erlenmey er1 scher Kölbchen im
Dampf topf zur gewünschten Temperaturhöhe gebracht, von Zeit zu
Zeit eines der Kölbchen rasch aus dem Dampftopfe entfernt und von
dem Inhalte sogleich und auch noch nach mehreren Stunden und
Tagen wiederholt Platten und Rollröhrchen angelegt. Bei beiden
Versuchsanordnungen wurde das betreffende Wasser auch vor dem
Erhitzen auf seinen Keimgehalt geprüft.
Was den Gehalt eines Wassers an Tuberkelbacillen betrifft, so
genügt eine 10 Minuten lang andauernde Einwirkung von 100 0 C,
um das Wasser zu sterilisiren. Authraxsporen waren nach längstens
5 Minuten abgetödtet. Andere pathogene Mikroorganismen sind
gegen hohe Temperaturen noch empfindlicher. Für die Eiterkokken
und den Typhusbacillus reicht es hin, wenn das Wasser bis zum
Sieden erhitzt und dann wieder erkalten gelassen wird. Komma-
bacillen sterben ab, wenn sie einen Augenblick lang der Temperatur
von 70° ausgesetzt bleiben.
772 Bakterioi. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin.
Die gewöhnlichen Wasserbakterien gehen beim Kochen des
Wassers in derselben Zeit wie die pathogenen Mikroorganismen zu
Grunde. Selbst der als sehr widerstandsfähig angesehene Heubacillus
bedarf nur einer kaum 15 Minuten langen Einwirkung der Siede-
hitze, um zum Absterben gebracht zu werden. Als zu Leitungs-
wasser verschiedener Provenienz faulende Lösungen von Fleisch, Ge-
müsen u. a., oder Reinkulturen widerstandsfähiger, aber harmloser
Bakterienarten hinzugefügt wurden, waren zur absoluten Sterilisirung
des derart verunreinigten Wassers selten mehr als 20 Minuten bei
100° nöthig. Nur ein langes Stäbchen, dessen morphologische und
kulturelle Eigenschaften Verf. im Originale näher mittheilt, zeigte
eine erhebliche Resistenz gegen die Einwirkung der Hitze.
Zum Sterilisiren des Wassers genügt demnach, wenn in dem-
selben nicht ganz aussergewöhnlich widerstandsfähige Bakterien vor-
handen sind, eine 15 Minuten lang andauernde Einwirkung der
Siedehitze. Eine 5 Minuten lange Einwirkung desselben Hitzegrades
vernichtet alle schädlichen Mikroorganismen. Eine uoch kürzere Zeit
ist hinreichend, um jene pathogenen Mikroorganismen abzutödten,
von welchen angenommen wird, dass sie überhaupt im Wasser Vor-
kommen können. Durch einmaliges kurzes Erhitzen des Wassers auf
100° und nachfolgendes Abkühlenlassen kann die Vernichtung der
im selben etwa vorhandenen Mikroorganismen der Malaria, des
Typhus, der Cholera, der Diphtherie und der Eiterungsprozesse sicher
bewerkstelligt werden. Dieselben Mikroorganismen werden ebenfalls
abgetödtet, wenn das Wasser 1/4— 72 Stunde lang auf einer Tempe-
ratur von 70 0 erhalten bleibt. Für Wasser, da3 zu Genusszwecken
bestimmt ist, genügt das kurze Erhitzen. Wenn es jedoch wün-
schenswerth erscheint, alle Mikroorganismen, also auch jene gewissen,
gelegentlich im Wasser vorkommenden, sehr widerstandsfähigen sa-
prophy tischen Formen abzutödten, dann möge das Wasser eine Stunde
lang auf 100 0 erhitzt und hierauf langsam abkühlen gelassen werden.
Kral (Prag).
Originalberichfe über Kongresse.
Bakteriologisches vom X, internationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4. — 9. August 1890.
(Fortsetzung )
Aus den Abtheilungs-Sitzungen.
III. Abtheilung: Allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie.
Herren Babes *) (Bukarest) und Cornil (Paris), UeberBakterien-
associationen in Krankheiten.
Die beiden Autoren haben seit 1883 zahlreiche Beispiele von
1) Herr Babes spricht ira Namen Cornil’s und seines eigenen,
Bakteriol. vom X. internationalen mediciniachen Kongresse za Berlin. 773
Kombination verschiedener Bakterien publizirt und denselben nament-
lich in der 3. Auflage ihres Bakterien Werkes grosse Bedeutung
zugeschrieben. Sie versuchen nunmehr, dieselben übersichtlich
darzustellen und zu klassifiziren. Während die begleitenden Bak-
terien zu Anfang der Bakterienforschung gewöhnlich absichtlich
tibersehen wurden, ist es nunmehr unsere Pflicht, mit denselben zu
rechnen. Man kann die Associationen füglich in 10 Gruppen ein-
theiien :
1) Association von sehr nahestehenden Bakterien (Varietäten),
so beim Abdominaltyphus (Babes), Pneumonie (Babes), In-
fluenza.
2) Fast konstante Association gewisser ferner stehender Bakte-
rien zu den spezifischen Bakterien, so die Association eines Strepto-
kokken zum Diphtheriebacillus (Loeffler) oder eines septischen
Baeteriums (ähnlich jenem der Kaninchenseptikämie) zum Bacterium
der Pferdeinfiuenza, beim Pferdetyphus in Rumänien (Babes).
3) Association von in ihrer pathogenen W irkung oft äquivalenten
Bakterien , so jene verschiedener Streptokokken zu verschiedenen
Staphylokokken in den meisten Wundinfektionskrankheiten (Rosen-
bach), bei Endocarditis (Babes) etc.
4) Kombination der spezifischen Bakterien mit den Bakterien
der accidentellen Wundinfektion, so bei Tuberculose, Abdominal-
typhus, Dysenterie, Cholera etc. Der grösste Theil der Bakterien-
associationen gehört wohl in diese Gruppe, da bei den meisten In-
fektionskrankheiten, namentlich bei jenen, welche zum Tode führen*
derartige Associationen angetroffen werden. Da aber die Invasions-
pforte der sekundären Bakterien oft nicht gefunden wird, kann man
dieselben nicht einfach als Wundinfektion ansprechen.
5) Was die Rolle der associirten Bakterien betrifft, so kann man
zunächst solche unterscheiden , in welchen das zweite Bacterium
lokalisirt bleibt.
6) Ferner solche, in welchen das zweite Bacterium das Krank-
heitsbild beherrscht und oft den Tod verursacht. So bei septischen
Pneumonieen (Ba bes), Bronchopneumonieen, bei latenter Tubereulose
oder Miliartuberculose nach Keuchhusten etc.
7) WTas die Art der associirten Bakterien betrifft, so kann man
die Association pathogener Bakterien mit solchen, welche gewöhnlich
nicht pathogen wirken, beobachten, wodurch oft eine eigenthüinliehe
Erkrankung entsteht, so bei Gangrän, besonders bei Lungengangrän
(Babes, B o n o m e).
8) Association von Bakterien mit anderen parasitären, aber nicht
bakteriellen Erkrankungen, Protozoen und Bakterien bei Variola und
und Vaccine, Tuberculose und Aspergillus fumigatus bei
Lungenmykosen (Cornii), Association septischer Bacillen zu den
Parasiteu der Hämoglobinurie der Rinder (Babes). Hierher gehört
wahrscheinlich die Association der Streptokokken zu dem Virus des
Scharlachs.
9) Association von Parasiten, welche nicht bakterieller Natur
sind, zu bakteriellen Erkrankungen, so jene der Flagellaten zu den
Diphtheriebacilleu der Tauben (Baues).
774 Bakteriol. vom X. internationalen inedicinischen Kongresse zu Berlin.
10) Association gewisser Bakterien zu Geschwülsten (Ver-
n euil).
Der Vortr. gibt nun eine Uebersicht der grössteutheils selbst
beobachteten Associationen bei den verschiedenen Krankheiten. Es
resultirt aus diesen Erfahrungen, dass die Associationen nicht blos
zufällige sind, dieselben sind nicht nur äusserst häufig, ja fast die
Regel bei den tödtlichen Infektionskrankheiten, sondern es besteht
eine gewisse Gesetzmässigkeit in der Association von Bakterien,
welche gewöhnlich durch die gegenseitige Duldung der associirten
Bakterien bestimmt wird.
Vor allem ist die Kenutniss der Associationen geeignet, die
Verschiedenheit im Verlaufe gewisser Infektionskrankheiten aufzu-
klären und da die sekundäre Infektion oft wichtiger ist, als die erste
Krankheit selbst, wird es wichtig sein, die Ursache der Sekundär-
inlektion kennen zu lernen und zu beseitigen. Auch für den Patho-
logen ist die Erkenntniss der Sekundärinfektion von grosser
Wichtigkeit, da in der Leiche oft der grösste Theil der Läsionen
dem sekundären ßacterium zur Last fällt und Thierexperimente
oft blos über die Wirkung des zweiten Bacteriums Aufschluss geben.
Herr Babes (Bukarest), Ueber die seuciienhafte Hämoglo-
binurie des Rindes.
Die Krankheit ist in den sumpfigen Donauniederuugen Rumä-
niens endemisch und tödtet die Rinder in wenigen Tagen. Ausser
dem über diese Krankheit in diesem Centralblatt an verschiedenen
Stellen Mitgetheilten betont Vortr. noch Folgendes: Die Parasiten
dringen offenbar durch die Magen- und Darmschleimhaut ein, finden
sich zunächst in grosser Menge in den ersten Saftwegen der Mesen-
terialdrüsen, gewöhnlich in ein protoplasmatisches Netzwerk einge-
schlossen. Hier sind sie kleiner, als im Blute. Die Parasiten dringen
aller Wahrscheinlichkeit nach in die wandlosen Venen der Milz, in
unfertige rothe Blutkörperchen ein. Sie sind hier in der That in
kleineren, etw'as gefärbten Blutkörperchen enthalten und auch selbst
kleiner, als im kreisenden Blute. Die Parasiten sind verschieden
gross, 0,5— 2,0 fi, rund oder eckig, gewöhnlich als Diplokokken auf-
tretend. Ihre Theilung ist jener des tetragenus ähnlich, es finden
sich aber auch längliche Formen, manchmal etwas gekrümmt und in
der Mitte mit chromatischem Inhalt. Besonders ausserhalb der
rothen Blutkörperchen erscheinen sie als Diplokokken, färben sich
auch so. Es ist dem Vortr. mit Wahrscheinlichkeit, gelungen, manch-
mal diese Parasiten auf Blutserum zu kultiviren. Jedenfalls sind
dieselben auf Kaninchen und Rinder übertragbar und erzeugen beim
Rinde nach 14 Tagen die typische Krankheit. Die Parasiten sind
auch hier besonders in dem Blute der Niere lokalisirt. Hier ent-
halt fast jedes rothe Blutkörperchen einen Diplococcus. (Die
Parasiten und Gewebsveränderungen wurden demonstrirt.) Was die
Stellung dieser Parasiten betrifft, so glaubt Vortr. denselben eine
ZwischenstelluDg zwischen den Bakterien und den niedersten Proto-
zoen auweisen zu dürfen, oder aber die niederste an die Bakterien
angrenzende Stufe unter den Protozoen. Vortr. ist noch in der
Bakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse *u Berlin. 775
Lage, roitzutheilen, dass das Texasfieber des Rindes durch denselben
oder aber durch einen sehr ähnlichen Parasiten hervorgerufen wird.
Herr Chantemesse (Paris), Eine mykotische Pseudotu ber-
eu 1 o s e.
Yortr. hat im Vereine mit Dieuiafoy und Widal an jungen
Tauben, die aus der Gegend von Maeon und aus Italien auf den
Pariser Markt gebracht werden, eine Pseudotuberculose mykotischen
Ursprungs beobachten können. Zuweilen bleibt die Kraukheit auf
die Mundhöhle beschränkt und manifestirt sich daselbst in Gestalt
weisslicher Knötchen von käsigem Aussehen und von Erbsen- bis
Haselnussgrösse. Häufig breitet sie sich auf die Lunge und Leber,
seltener auf den Oesophagus, Darm und die Nieren aus. In der
Lunge sieht man durchscheinende oder undurchsichtige, vereinzelte
oder zu käsigen Massen angehäufte, typische Tuberkelköruchen, die
Miliartuberkel darstellen, welche keine Tuberkelbacillen, dagegen in
ihrem centralen Theile ein Pilzmycel enthalten, das sich bei den
Isolirungsversuchen als Aspergillus fumigatus herausstellte
und dessen Kulturen am besten bei Körpertemperatur gediehen.
Bei Impfversuchen an frischen Tauben erzeugten die Sporen
aus den erhaltenen Kulturen je nach der Impfstelle und der Dosis
mehr oder weniger rasch die verschiedenen tuberculösen Läsionen,
welche bei der spontanen Erkrankung der Thiere beobachtet wurden.
Die Sporen intravenös eingeführt, tödten die Thiere nach 3 — 4 Tagen
mit Lokalisation vorherrschend in der Leber, intratracheale Injektio-
nen führen den Tod in 10—20 Tagen herbei und man findet dann vor-
zugsweise die Lungen ergriffen, woselbst die dicht gehäuften Tuberkel
pneumonisch infiitrirteu Herden gleicheu oder käsige Massen bilden.
Die histologischen Läsionen sind jenen der baciliären Tubercu-
lose vergleichbar. An nach Weigert’ scher Methode gefärbten
Schnitten sieht man eine grosse Anzahl Tuberkelknötchen, deren
Peripherie von Riesenzellen umgeben ist. Die jüngsten Knötchen
werden durch eiue Anhäufung von Leukoeyten oder epitheloideh
Zellen um ein oder mehrere Mvcelhyphen gebildet, die älteren zeigen
im centralen Theile ein verfilztes Mycel, dessen periphere Hyphen
sich ain besten färben. Manche Tuberkel bestehen nur aus einer
sehr grossen Zelle mit multiplem Kern, deren Protoplasma einen
Mycelzweig im normalen oder degeuerirten Zustande einschliesst.
Einige Tuberkel haben das faserige Stadium erreicht, der centrale
Theii besteht aus faserigem Protoplasma, das die Reste des Pilzes
oder auch gar nichts mehr enthält. Die leukocytäre Infiltration
rings um die Tuberkel herum erstreckt sich zuweilen bis in die be-
nachbarten Alveolen und verursacht pneumonische Herde, welche von
Uefässen verschiedenen Lumens durchzogen werden. Bei einer
Taube, die an spontaner Schimmelpilztuberculose zu Grunde ging,
wurde in einem Bronchus ein Futterkorn gefunden, welches den
Mittelpunkt der tuberculösen LungeniAfiltration bildete und offenbar
als Träger der Aspergillussporen gedient hatte.
In Paris gibt es Leute, welche die Taubenmast geschäftsmässig
betreiben. Sie füllen ihren Mund mit Körnerfutter und Wasser,
776
Neue Litteratur
öffnen den Schnabel des Tbieres, nehmen ihn zwischen die Lippen
und suchen durch Expiration einen Theil des Gemisches hineinzu-
treiben. Auf solche Weise kann ein Individuum täglich einige tau-
send Tauben mästen. Diese Beschäftigung führt mit der Zeit zu
einer chronischen Lungenerkrankung. Wir selbst konnten drei an
einer derartigen Luugenkrankheit leidende Taubenmäster beobachten,
bei denen die Krankheit in ihrer Entwickelung der chronischen
Lungentuberculose glich. Sie wird durch Kurzathmigkeit, Husten,
eiterigen Auswurf, kleine wiederholte Lungenblutungen und manch-
mal durch Affektion der Pleura charakterisirt. Es sind Anzeichen
von Bronchitis und Verhärtung der Lunge vorhanden. Die Tempe-
ratur ist verhältnissmässig wenig erhöht, die Kranken werden jedoch
blass und mageru ab. In keinem Falle konnten Tüberkelbacillen im
Sputum nachgewiesen werden. Mehrmals, aber nicht konstant, waren
in dem blutigen Auswurfe Pilzfäden mit einem oder zwei Seiten-
zweigen zu sehen. Durch Verimpfung dieses Sputums wurde einmal
bei einer Taube eine Pilztuberculose erzeugt, welche vom Asper-
gillus fumigatus herrührte. Derselbe Pilz konnte einmal auch
durch Kultur aus dem Sputum eines jetzt auf dem Wege der Ge-
nesung befindlichen Kranken gezüchtet werden.
Da die durch Aspergillus verursachten Lungenerkrankungen
beim Menschen bereits mehrfach beobachtet worden sind, kann auch
bei unseren Kranken wegen der Beschaffenheit des Auswurfs und
wegen ihres lange andauernden Kontaktes mit Thieren oder mit
durch denselben Aspergillus verunreinigten Futterkörnern die-
selbe Erkraukungsform mit Berechtigung verrauthet werden.
(Fortsetzung folgt.)
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Currier, Charles G., Stenlization of water,
p. 771.
Foü, P., e Carbone, T., Sulla immunitä
verso il diplococco pneumonico, p. 768.
Gaucher, M. E., Vaccine generalisee suivie
de mort, p. 769.
Grandin, Egbert H., Peroxide of hydrogen
in gynecology and in obstetrics, p. 769.
Kornauth, C., Studien über das Saccharin,
p. 770
Papnli, F., Sul potere antisettico del sa-
lolo, p. 770.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inter-
nationalen m e d i c i n i sc h e n Kon-
gresse zu Berlin,
4 — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
Babes, Ueber die seuchenhafte Hämoglo-
binurie des Rindes, p. 774.
Babes und Cornil, Ueber Bakterienassocia-
tionen in Krankheiten, p. 772.
Chantemease , Eine mykotische Pseudctu-
berculose, p 775.
Neue Litteratur. p. 776.
Frommanuacbe Buchdruckcrei (H^nuann Pohle) in Jena.
pp
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Ml Hofr. Prof. Dr. IMart m Professor Dr. Loeffler
ln Leipzig In (jreiUwaid
herausgegeben von
Dr. O. Uiilworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band. Jena, den 2a Juni 1891. -o- Nt). 24.
Freia für den Band (28 Hummern) 14. Mark.
Jährlich erscheinen zwei BSnde,
— Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
hunde “ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um. Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder bei der Linsend img der Abhandlungen an die
liedalction auf das Manuskript schreiben zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an
den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena , gelangen zu
lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage , später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original -töittheilungen.
Verfahren zum Nachweise der Säureabsonderung
bei Mikrobien.
Von
31. TV. Beyerinek.
Mit 1 Figur.
1. Der Kreid e bodeu.
Wahrend die Vermischung der Nährgelatine mit Farbstoffen,
welche für Säuren und Alkalien empfindlich sind, wie Lakmus,
Phenolphtoleine, etc, schon mehrfach für die Untersuchung der
Säurebildung durch Mikrobien verwendet und beschrieben wurde,
IX. Ed, 50
782
B ey e rin ck ,
glaube ich, dass folgendes Verfahren zuerst von mir in Anwendung
gebracht ist.
Es beruht darauf, in einem undurchsichtigen Nährboden die für
das Wachsthum schädliche Säure sofort nach der Entstehung zu
binden und in ein lösliches, unschädliches Salz überzuführen, indem
dabei ein unlöslicher Körper verschwindet, wodurch der Nährboden
stellenweise durchsichtig wird.
Mau verfährt dabei, wie folgt:
Vermischt inan eine erstarrungsfähige, für Säureerzeugung ge-
eignete Nährmasse mit sehr feiner, geschlemmter Kreide und giesst
die gut gekochte Masse in eine sterilisirte Glasdose, so entsteht nach
dem Erstarren ein Nährboden {lege, s. Figur), welcher gänzlich un-
durchsichtig und milchweiss gefärbt ist. Je nach Wunsch und nach Um-
ständen kann man für die Erstarrung Gelatine, Agar oder Kiesel-
gallerte verwenden * 1). Bringt man darauf einen Tropfen irgend einer
Säure, welche ein lösliches Kalksalz erzeugt, z. B. Milchsäure, so sieht
man ein vollständig durchsichtiges Diffusionsfeld entstehen, welches
sich so lange ausdehnt, bis die Säure nahezu2) durch die Kreide
neutralisirt ist, so dass die Mittellinie des circularen Feldes offenbar
ein ungefähres Maass für die Quantität der verwendeten Säure ist.
Enthält die Masse ausser Kreide auch noch die für das Wachs-
thum der zu untersuchenden Organismen nothwendigen Nährstoffe,
so können z. B. säurebildende Bakterienkolonieen darauf den näm-
lichen Effekt hervorbringen, wie ein Tropfen freier Säure. Als Bei-
spiel will ich das Verfahren angeben, um Milchsäurebakterien und
Essigfermente in einer gährenden Maische nachzuweisen und zu
isoliren.
Die Erfahrung lehrt, dass diese Bakterien gut wachsen auf
Hefewasser- Glukosegelatine und dass dieselben ihre Nährgelatiue
nicht verflüssigen. Die Nährmasse wird nun derweise angefertigt,
dass 20 g [Hefe in 100 ccm Leitungswasser gekocht, 8 g] Gelatine
(oder 3/4 g Agar) und 5 bis 10 g Glukose zugesetzt werden. Nach
neuem Kochen wird sorgfältig filtrirt und mau erhält eine vollständig
durchsichtige, schwach gelbliche Masse, welche auch beim Erstarren
glasklar bleibt. Daran werden nun einige Tropfen einer Auf-
schlemmung reiner Kreide in Wasser gegeben bis zur gänzlichen
Trübung, selbst in einer Schicht, welche ca. 1 mm dick ist. Nach
Ausguss in eine Glasdose kann der Versuch anfangen.
Hierzu wird ein Tropfen der rohen, gährenden Maische in ein
Kölbchen mit gekochtem Wasser vertheilt und nach tüchtigem Um-
schütteln wird dieses infizirte Wasser über den Kreideboden gegossen
und sofort durch Augiessen entfernt. Es haftet dabei eine sehr
dünne Wasserschicht an der Gelatineoberfläche, derweise, dass pro
1 ccm Gelatine 3,3 emm Flüssigkeit als Benetzung zurückbleibt.
Bald saugt die Gelatine (oder der Agar) das Benetzungswasser auf
und die lebenden Keime bleiben an der Oberfläche zurück.
1) Ucher den Gebrauch von Kieselgallerte für bakteriologische Zwecke werde ich
bei einer anderen Gelegenheit berichten. (Zu vergl die inzwischen erschienene Ab-
handlung von Winogradsky, Ann. d. l’Institut Pasteur. T. V. 1891. pag. 92.)
i) Eine absolute Neutralisation findet nicht statt.
Verfahren zum Nachweise der Säureabsonderung bei Mikrobien.
783
Die Dose (s. Fig.) wird nun
auf einen schwach geheizten Tisch
oder auf den Boden eines Kultur-
kastens, dessen Boden-Temperatur
diejenige des Innenraumes dessel-
ben etwas übersteigt, den Deckel
(gd) nach unten, gestellt und einige
Tage sich selbst überlassen *).
Hefe und Bakterien s) fangen bald
an zu Kolonieen (s, s\ Tc) auszu-
wachsen und, so weit dieselben
Säure erzeugen (s, s'), entstehen
durchsichtige Diffusionsfelder (ds),
welche sich Tage, selbst Wochen
und Monate lang ausdehnen kön-
nen. Bei richtiger Verdünnung
des Aussaatmateriales, wodurch
die Kolonieen in geeigneten Ent-
fernungen vor einander zu liegen
kommen, entstehen auf die be-
schriebene Weise sehr elegante
und lehrreiche Präparate, welche.
Kreide-Gelatine-Boden (fege) in einer Glas-
da sie eine quantitative Schätzung dose mit nach unten gekehrtem Deckel (gd),
r» i "d T) im Durchschnitt und in Projektion. Je Kolo-
n, ZU einer Reihe von Be- n:eeD) W8iche keine Säure erzeugen, s Säure-
mei'KUDgen Veranlassung genen, bildende Kolonieen. ds Durchsichtiges Säure-
die man bei anderen Unter- diifusionsfeld im trüben Kreideboden, a Al-
suchungsmethoden übersieht. An- kalibildende Kolonie, welche das Säarediffu-
dererseit« muss man hezüHirh dPr sionsfeld einer säureerzeugenden Kolonie («0
.. .' m Ubo m an De Zjgiicn aer theilweise neutralisirt. i Impfstich einer säure-
qualltativen Beurtheilung der Re- erzeugenden Mikrobe mit elliptischem Säure-
sultate vorsichtig sein. diffusionsfeid.
In ersterer Hinsicht will ich
darauf hinweisen, dass das Ver-
fahren sehr empfindlich ist, selbst die Bernsteinsäurebildung seitens
der Hefekolcnieeu sichtbar zu machen im Stande ist, und leicht er-
laubt, diejenigen Varietäten der Milchsäurefermente, welche viel
Säure erzeugen, sofort von den schwächeren zu unterscheiden.
Bezüglich der qualitativen Seite des Vorganges kann man na-
türlich aus einem einzelnen Versuche mit dem unbewaffneten Auge
nichts lehren. So erzeugen die Essigbakterier. aus der Glukose
eiue ganz andere Säure, wie die Milchsäurefermente, nämlich Glukon-
säure (C6H1 0O7), welche aber, eben wie die Milchsäure, eiu lösliches
Kalksalz erzeugt. Da Dun auch die Kolonieen der Essigfermente äusser-
1) Wie ich das schon anderwärts sagte, ist diese Aufstellung der Gelatinekulturen
sehr zu empfehlen , denn dadurch , dass der Deckel am wärmsten, die nacli oben
ragende Geiatineschicht kälter ist, kann sich durchaus kein Wasserdunst bilden. Ueber-
dies ist die Chance für Infektion iu die Glasdose sehr gering, da selbst die leichtesten
eingedrungeneu Schimmclsporen unten auf dem Deckel liegen bleiben.
2) In gut geleiteten Brennereien und Hefefabriken findet man durchaus keine
Schimmelarteo in gährenden Maischen , wenn man wenigstens die sogenannte
Paiteurianushefe nicht zu den Schimmelpilzen rechnen will.
60*
784
Beyerinck,
lieh denjenigen der Milchsäurebakterien ähnlich sind, lässt sich die
Differenz ohne Mikroskop nicht sehen. Allein, selbst wenn man dieses
Instrument zu Hülfe zieht, lassen sich gewisse Milchsäurefermente,
welche in industriellen Gährungen Vorkommen, nicht sofort von den
Essigbakterien unterscheiden. Dieses gilt nämlich von den zahlreichen
Varietäten der diplokokkenartigen Milchsäurebakterien, welche denjeni-
gen Forschern, die sich mit der Untersuchung saurer Milchpräparate
beschäftigt haben, wohl bekannt sind, auch in den Spiritusfabriken Vor-
kommen und welche den Essigfermenten zum Verwechseln ähnlich sind1).
Hat man demnach, wie in unserem Beispiele, eine Mischung vor
sich, worin solche Milchsäure- und Essigfermente zu gleicher Zeit
Vorkommen, so lassen sich dieselben nicht in allen Fällen vermittelst
des Kreidebodens unterscheiden. Dessenungeachtet bleibt man, wenn,
wie wir bei der Untersuchung einer gährenden Maische voraussetzen
können, Hefekolonieen nah oder fern von den Säure erzeugenden Bak-
terien getrennt liegen, in jener Beziehung nicht lange im Unsicheren.
Denn sobald die ersteren anfangen, Alkohol zu produziren, so diffun-
dirt dieser Körper den Bakterienkolonieen entgegen, erfährt dabei
keine Umwandlung durch die Milchsäurebakterien, wird aber durch
die Essigfermente in die schnell diffundirende Essigsäure verwandelt,
welche von da an beiträgt zur Vergrösseruug der Glukonsäurediffu-
sionsfelder, während die Milchsäurefelder keine Zunahme ihrer Aus-
dehnungsschnelligkeit erfahren. Die Differenz wird allmählich grösser,
so dass eine einzelne Aussaat, einfach durch wiederholte Be-
trachtung, schliesslich Sicherheit gibt über die qualitative Frage,
welche säurebildenden Kolonieen zu Milchsäurefermenten und welche
anderen zu Essigfermenteu gehören.
Im besprochenen Beispiele wurde vorausgesetzt, dass Glukose
als Quelle für die Säureerzeugung dargeboten wurde. Offenbar kann
dieser Zucker durch andere Zuckerarten, wie Milchzucker, Rohr-
zucker, Maltose, Laevulose, Mannit etc. ersetzt werden, und man er-
hält dadurch nachhaltige qualitative Reaktion, wodurch es z. B. gelingt,
unter den stäbchenförmigen Milchsäurefermenten der Industrie, welche
sich durchaus nicht alle auf identische Weise bezüglich der verschie-
denen genannten Zuckerarten verhalten, gute Unterscheidungsmerk-
male zu finden.
2. Boden mitden Karbonaten von Magnesium, Barium,
Strontium, Mangan, Zink etc.
Eine andere Erweiterung erfährt unsere Untersuchungsmethode
dadurch, dass die Kreide durch irgend ein anderes säurelösliches,
nicht giftiges Karbonat ersetzt wird. Besonders die Karbonate von
1) Wenn Haeckel in seinen interessanten „Plankton-Studien“ (Jena 1890.
pag. 100) Hensen vorwirft, es sei anrichtig , die „wirkliche Species als einen
physiologischen Begriff“ aafzafassen, so kann ich ihm darin nicht beistimmen, und
ich glaube, dass dieser angesehene Forschar in diesem Falle den jüngsten Spross
der Systematik, nämlich die Bakteriologie, vollständig aus dem Auge verliert. Dagegen
muss ich auf Grund meiner eigenen Erfahrung Haeckel folgen, wenn er Hensen
gegenüber behauptet (pag. 101): „Je intensiver das Studium der individuellen Variation,
desto unmöglicher wird die Unters' üt.i ,uug wirklicher Species.“ Hierdurch wird aber
nur gesagt, dass die physiologischen „'Imraktere nicht weniger veränderlich sind, wie
die morphologischen.
Verfahren zum Nachweise der Säureabsonderung bei Mikrobien.
785
Barium, Magnesium, Mangan und Zink habe ich näher untersucht
und für bestimmte Zwecke nützlich gefunden. Ich verfahre dabei so,
dass ich die bezüglichen Nährböden ebenso wie oben anfertige. Die
zu untersuchenden Organismen werden dann als Impfstriche auf die
Oberfläche der Gelatineschicht abgezogen, und, falls die Säure im Stande
ist, das dargebotene Karbonat zu lösen, entstehen, wie oben, elliptische
Diifusionsfiguren, deren Achsen mit dem Impfstriche zusammenfallen,
derweise, dass die Enden der letzteren die Brennpunkte bezeichnen.
Zweifelhafte Arten, auf einzelnen dieser Metallböden untersucht,
lassen bei einiger praktischer Uebung nicht lange bezüglich ihrer
wahren Natur im Unsicheren. Solche Versuche sind bei-
läufig auch interessant wegen der Schönheit der wie mathematisch
konstruirten DifFusionsfiguren *).
Besonders das Zinkkarbonat eignet sich zur leichten Erkennung
gewisser Formen. So sind die Milchsäurebakterien diesem Salze
gegenüber ziemlich empfindlich, besonders bezüglich des Wachsthums,
während die Funktion der Säurebildung in den erwachsenen Stäbchen
weniger durch dieses Metall beeinflusst wird. Die Essigfermente
sind dagegen auch betreffs des Wachsthums nicht empfindlich für die
bei unseren Versuchen in Betracht kommenden Quantitäten des Me-
tallsalzes. Endlich wird die von mir aufgefundene Essigätherhefe,
welche auch viel freie Säure bilden kann, in ihrem Wachsthum ent-
schieden durch die Gegenwart eines Zinksalzes begünstigt. Nach
dem Vorhergehenden brauche ich nun wohl nicht zu sagen, was man
zu sehen bekommt, wenn Impfstriche von Milchsäure- und Essig-
säurefermenten neben Essigätherhefe, auf einen Zinkkarbonatboden
gezogen, sich selbst überlassen bleiben ; nur will ich noch betonen, dass
das Zink offenbar ein gutes Mittel an die Hand gibt, um die wachsen-
den Essig- und Milcbsäurebakterien von einander zu unterscheiden.
Meine Methode eignet sich noch für Anwendungen in einigen
anderen Hinsichten. Darüber an dieser Stelle noch folgendes.
3. Erkennung der Alkalibildung vermittelst des
Kreidebodens.
Auf die Möglichkeit, das Maass der Alkaliabsonderung vermit-
telst der Kreidemethode zu schätzen, wurde ich aufmerksam bei der
genauen Betrachtung einer auf Bier gewachsenen Kahmhaut, welche
in bekannter Weise auf einem Hefewasser-Glukose-Kreide-Gelatine-
boden ausgesät war. Es fand sich darin nämlich nicht selten ein
gelblich-brauner Micrococcus, welcher zu einersehr augenfälligen
Formveränderung in den benachbarten Säurediflusionsfeldern Veran-
lassung gab, indem diese nicht circular blieben, sondern polyedrische
Gestalt annahmen, mit den Mikrokokkenkoloniecn zugekehrten Seiten.
Bald ergab sich die Absonderung einer alkalischen Substanz als die
Ursache der Erscheinung, und ein Mittel war gefunden, um willkür-
liche Baklerienarten, soweit deren Kulturen auf einem Boden,
welcher für Säurebildung geeignet, also zuckerhaltig ist, wachsen
können, auf das Maass ihrer Alkalierzeugung zu prüfen. Es
1) Die Präparate eignen sicli ausgezeichnet zur Herstellung von Dauer- und Dnmon-
stratiouspräparaten. Sie werden dann mit einer sehr ve>JUunten Sublimatlosung über»
gossen und eingetrocknet.
786 Bruce, Bemerkung über die Virulenz9teigerung des Cboleravibrio.
werden dazu einfach auf einen Hefewasser- Glukose- Kreideboden
rechtlinige Impfstriche gezogen irgend einer säurebildeuden Bakterie,
z. B. eines Milchsäurefermentes, oder besser noch, es werden davon
punktförmige Massen auf den Kreideboden gebracht. Im ersteren Falle
entstehen dadurch bald elliptische, im zweiten circulare ( ds ) durch-
sichtige Diffusionsfelder. Hat man aber die auf ihre Alkaliabsoude-
rung zu untersuchenden Arten neben den säurebildeuden Arten ab-
gestrichen, so neutralisirt das Alkali derselben theilweise die Säure,
und dann erscheint die oben genannte Formänderung im durchsich-
tigen Ditfusionsfelde.
Delft, 10. Mai 1891.
Bemerkung über die Virulenzsteigerung des
Cholera vibrio,
Von
David Bruce
in
Netley.
Nach Gamaleia erliegen weisse Ratten leicht der Injektion
des Koch’schen Choleravibrio in die Lunge, durch die Thoraxwand,
und bei successiver Uebertragung findet eine Virulenzsteigerung statt.
Die folgenden Versuche scheinen darauf hinzuweisen , dass die
englische weisse Ratte nicht so empfänglich ist für diese An-
steckungsweise :
Datum
Kammer des
Versuches
Quantität der !
Einspritzung
in die Lunge j
Beschreibung des augewendeten
Materials
Bemerkungen
81. IV. 9Ö
1.
5,5 ccm
Kultur in Fleischbrühe (24 Stun-
den bei 37 6 C).
Lebendig und gesund 30. IV. 90.
23. IV. 90
2.
1 ccm
Emulsion von Agarknltur in ste-
rilisirter Fleischbrühe.
,, n „ 13. V. 90.
30. IV. 90
3.
1 ccm
Kultur in Gelatine.
Getödtet 12. V. 90.
12. V. 90
4.
1 ccm
Emulsion von Agarkultur in ste-
rilisirter Fleischbrühe.
Lebendig und gesund 23. V. 90.
13. V. 90
5.
1 ccm
Dieselbe als No. 4 — nur 24
Stunden bei 37° C gehalten.
„ „ „ 23. V. 90.
23. V. 90
6
1 ccm
Kultur in Fleischbrühe (9 Tage
bei 37° C gehalten).
Getödtet 28. V. 90.
29. V. 90
7.
1 ccm
Emulsion von Agarkultur in ste-
rilisirter Kochsalzlösung (15
Tage bei 37° C).
„ 2. VI. 90.
7. VI. 90
8.
1 ccm
Emulsion von Agarkultur (24
Tage bei 37° C) in Bouillon-
kultur (24 Tage bei 37° C).
„ 8. VI. 90.
8. VI. 90
9.
j
1 ccm
5,5 ccm Pleuraflüssigkeit (vom
Versuch 8) mit 5,5 ccm sterili-
sirtem Wasser.
Lebendig and gesund 16. VI. SO.
24. in 91
10.
1 ccm
Kultur in Fleischbrühe (4 Tage
bei 37° C).
„ „ „ 1. V. 91.
24. III 91
H.
1 ccm
»» »7 7»
„ „ „ 1.V.91
24. III. 91
! 12.
1 ccm
M ff ff
,, „ „ 1. V. 91.
ffunzl -Federn, Bemerkungen über „Wild- und Schwein eseucbe“. 78?
Die ersten 9 Versuche wurden mit Material gemacht, welches
ich von dem Berliner hygienischen Institute im März 1890 erhalten
hatte; die letzten 3 mit Material, erhalten von Calcutta im Juni
1890. Die Calcuttakultur ist noch jetzt (Mai 1891) pathogen für
Meerschweinchen.
Netley, 4. Mai 1891.
Bemerkungen über „Wild- und' Schweineseuche“,
[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universität zu Prag.]
Von
Dr. E. BunzJ-Federn
in
Prag.
In Bezug auf die in No. 17 dieser Zeitschrift erschienene Mit-
theilung von Dr. Caneva möchte ich mit Hinweis auf die von mir
im Archiv für Hygiene. 1891. p. 198 veröffentlichten „Unter-
suchungen über einige seuchen artige Erkrankungen
der Schweine1) folgendes bemerken. Ich bearbeitete dieses Thema
auf Anregung von Prof. Hu eppe hin, nachdem bereits I)r. Caneva
unter dessen Leitung in Wiesbaden vor zwei Jahren Untersuchungen
in derselben Richtung angestellt hatte, die jedoch Prof. Hueppe
damals nicht für erschöpfend hielt und deren Ergebnisse ihm noch
nicht spruchreif erschienen. Meine Aufgabe bestand darin, den ein-
geschlagenen Weg zu verfolgen, die bis dahin erreichten Resultate
nachzuprüfen und zu ergänzen. In der That gelangte ich zu theil-
weise verschiedenen, wenn auch im Grossen und Ganzen mit den
Versuchen Dr. Caneva’s übereinstimmenden Endergebnissen.
Was die Wildseuche, Schweineseuche und die italienische Büffel-
seuche betrifft, so ergaben auch meine Versuche eine Uebereinstim-
mung der betreffenden Bakterien in Bezug auf das Wachsthum in
Milch, aber in der Richtung, dass sie eine, wenn auch schwache und
nie zur Gerinnung führende Säurebilduag in der Milch hervorrufeu.
Dadurch kommen sie auch den Keimen der Hühnercholera und der
Kaninchenseptikämie nahe, welche sich nur durch stärkere Säure-
bildung von ihnen unterscheiden, ein Verhalten, welches ebenso wie
das von mir für letztere beiden bestätigte Wachsthum auf Kartoffeln
in Widerspruch zu den Versuchen Caneva’s steht.
Die Bakterien der Hogcholera (Salmon) und der Svinpest
(S eiander) verflüssigen nach Caneva’s sowie nach rneineu Un-
tersuchungen die Milch, nach meinen Versuchen aber nicht in Folge
von Peptonisirung im engeren Sinne, sondern in Folge der gleich-
zeitigen intensiven Alkaiibildung. In Bezug auf die Swineplague
(Billings) fand ich allerdings bei der Untersuchung der zuerst von
Billings gesandten Kulturen, ebenso wie Caneva, starke Säure-
bildung; die Prüfung späterer, von Billings direkt, sowie von an-
derer Seite stammenden Kulturen ergab jedoch das gerade entgegen-
1) Vergl. das Referat auf p. 803 d. laufenden No. dies. Zeitschrift.
788 Bunzl-Federn, Bemerkungen über „Wild- und Schweineseuche“.
gesetzte Verhalten, nämlich starke Alkalibiiduug in Milch und damit
auch die Identität des Swineplaguekeimes Billings’ mit den Bak-
terien der Hogeholera (Salmon) und der Svinpest.
Die Untersuchung der Marseiller Schweineseuche und der Frett-
chenseuche führte mich zu demselben Ergebnisse wie Caneva.
Nach meinen Versuchen würden sich die Bakterien der erwähnten
Seuchen nach ihren hervorstechendsten biologischen Eigenschaften in
folgender Weise gruppiren lassen:
'
Beweglich-
keit
Milch
Kar-
toffel
J
ungefärbt
mit L&k-
mus
Gelatine
Peptonlösung
»■
Wildssuche
unfcewegl.
unverän-
roth
langsam, in
Phenol- und
dert
mehr dis-
Indolbildung
Sebweineseuehe
,5
kreten
Herden
Phenol und
Bsrbone dei bufal;
1 I
1 1
11
Indo!
Indol (kein
Hünncrcholera
Gerinnung
roth und
+
Phenol)
Phenol und
Kaoinchenseptikäoiie
„
reduzirt
+
„
Indol
”
ii.
Marseille
beweglich
Gerinnung
roth und
+
rasch, als
Phenol und
Frettchenseuche
Jt
I*
redu*irt
T*
gleich-
m käsiger,
grauer
Ueberzug
„
Indol
ii
Spcnt. Xaninehensep-
tikämie (E b e r t h)
11
+
ii
Swineplague (Bil-
lings. alte Kultur)
»»
+
in.
Bc-gchoiera(Sal mon)!' beweglich
Lösung
blau
-L
rasch, m.
weder Phenol
Swineplague ( B 1 1 -j1
1 i n g s ) ij „
11
tt
+
bräunlich.
Farbe
noch Indol
Sviapest
>t
n
-f
»
I»
Meine Versuche beweisen demnach neuerdingä die Identität der
Wild- und Schweineseuche, sowie die nahen Beziehungen derselben
zur Kanincnenseptikämie und Hühnercholera, welche mir als einer-
seits durch die eigentümlichen Zücbtungsbedingur.gen, andererseits
durch die Besonderheit der vorzugsweise befallenen Thierspezies
modifizirte Varietäten derselben Art erscheinen. (In Bezug auf letz-
tere Frage muss ich auf meine oben sitirte Arbeit verweisen.) Ob
Barbone zu der Septikämiegruppe zu zählen ist, erscheint mir wegen
des Fehlens der Phenolbildung noch fraglich. — Die Mikroorganis-
men der Marseiller Schweineseuche, der Frettchenseuche und der
Loew, Das chemische Verhältniss des Bakterienlebens.
789
spontanen Kaninchenseptikämie bilden eine von den übrigen Bak-
terien gesonderte Gruppe, zu welcher auch die ältesten Kulturen von
Billings gehören, trotzdem ich niemals eine pathogene Wirkung
derselben nachweisen konnte.
Endlich erscheint die Identität der Hogcholera (Salmon), der
Swineplague (Billings) mit einander und mit der dänischen Svin-
pest sichergestellt; diese Gruppe ist auch durch den histologischen
Befund von Kapillarembolieen in den Geweben von der Septikämie-
gruppe deutlich geschieden.
Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
Von
Dr. 0. Loew,
Privatdozenten an der Universität München.
(Schluss.)
Ad III. Die nährenden und vergällenden Körper sind Eiweiss-
stoffe selbst oder deren nächste Verwandten. Hier hat die weit-
gehende Zerstörung der Eiweissmoleküle anscheinend etwas Rätsel-
haftes, da ja die synthetische Arbeit sehr erleichtert ist und nur in
einer Rückbildung von Eiweiss aus Pepton zu bestehen braucht1).
Indessen da die Bakterien Enzyme ausscheiden, welche die Eiweiss-
stoffe nicht nur peptonisiren, sondern auch, wie das Trypsin, auch
unter Atomverschiebung in Amidosäuren spalten, so handelt es sich
wohl zum Theil um Vergährung dieser Amidosäuren.
W7ir müssen mit Nencki den Begriff Fäu iniss von dem Be-
griff Eiweissgährung trennen. In einem faulenden Kadaver geht
bekanntlich eine ganze Reihe von Gährungen vor sich. Ausser den
Eiweissstoffen kommen noch das Kreatin des Muskeisaftes, das Cholin
des Lecithins, das Glykogen der Leber, die Chondrin und Glutin lie-
fernde Substanzen etc. zur Vergährung, und es ist daher erklärlich,
dass manche Produkte, die aus faulenden K ad ave r n isolirt wurden,
bei reiner Eiweissgährung nicht erhalten werden, z. B. das Methyl-
guanidin, eines der 30 von Brieger isolirten Ptomaüne, dessen
Quelle jedenfalls das Kreatin ist, oder das Neurin, das aus dem
Cholin des Lecithins leicht entstehen könnte.
Auch die Produkte, welche man bei Zersetzung von Fleisch -
brei durch Reinkulturen von verschiedenen Bakterienarten erhielt,
dürfen nicht alle auf das Eiweiss bezogen werden, und Brieger
macht darauf aufmerksam, dass die von Gautier aus Fleischextrakt
erhaltenen Leukoma'ine 2 * *) möglicherweise zur Bildung mancher Pto-
1) Die von Liborius gemachte Beobachtung, (lass es Anserobuu gibt, welche
keine nachweisbare (lahrung erregen, ist für den Kall leicht, erklärlich, dass die Pilze
in peptonhaltiger Nährlösung leben.
2) ttiol Centralbl. X. 371 Diese thicrischen Stoffwechsel produkte scheinen nicht
immer im Fleische vorhanden zu sein, denn Brieger gelang cs nicht, dieselben zu
erhalten. In neuester Zeit hat Grandis (Acti d. Lincei. 1800) eine mit K ad ave. rin
790
Loew, Die chemischen Verhältnisse des Bakterienlebens.
maine Anlass geben. Brieger fand ferner, dass die Tetanusmikroben
bei Züchtung auf Rinderhirn vorzugsweise Tetanotoxin und ge-
ringe Mengen von Spasmotoxin liefern, bei Züchtung in Milch aber
nur letztere Base, erstere nicht.
Aber auch bei der reinen Eiweissga'nrung hat man zu unter-
scheiden, ob die Produkte direkt aus dem Eiweiss (resp. Pepton)
stammen oder aus den Amido säuren, welche durch von den
Mikroben abgesonderte Enzyme zuerst erzeugt werden. Schon
diese Amidosäuren sind allem Anschein nach Produkte von Atom-
Verschiebungen, und es dürften die Resultate von zwei Pepton
vergährenden Bakterienarten, von denen eine Enzyme abscheidet, die
andere nicht, wesentlich verschieden ausfallen. Nencki macht dar-
auf aufmerksam, dass möglicherweise die in neuerer Zeit von
Drechsel und seinem Schüler Siegfried bei Spaltung von Pro-
teVnstoffen mit Salzsäure erhaltenen Basen* 1 2 3) auch von Bakterien aus
ProteiustofFen abgespalten werden möchten und dann zur Ptomain-
biidung beitragen. Von zwei der D rech sei’ sehen Basen sind die
Formeln festgestellt, sie sind: C6H13N302 (Lysatin) und C3Hi4N208.
Mit ersterer Base hat nun jedenfalls das von E. Schulze in Kür-
bis- und Lupinenkeimlingen aufgefundene Arginin C6H14N4Os nahe
Beziehungen uud E. Schulze hat auch bewiesen, dass dieses Ar-
ginin aus der Zerspaltung von Ei w eissstoffen beim Keimungs-
prozess hervorgeht *).
Da schon Aepfelsäure, Weinsäure, Glycerin, Mannit nach Fitz
je dreierlei verschiedene Gährungen durchmachen können, je nach
der Art der Mikroben, darf es uns auch nicht wundern, wenn die so
viel komplizirteren Eiweisskörper eine sehr grosse Reihe verschie-
dener Gährungen eingehen können ; denn diese können unter ver-
schiedenen Einflüssen sehr verschiedenartige Atomverschiebungen er-
leiden s) und nicht nur Benzolkerne, sondern auch unter gewissen
Bedingungen Pyridin- und Pyrrolringe, sowie Chinolinderivate liefern.
Ich erinnere nur z. B. an die im Hundeorganismus gebildete Kynuren-
säure, bekanntlich eine Oxychinolincarbonsäure.
Wie Nencki der erste Entdecker eines Ptomains (aus gefaul-
tem Leime) war, so hat er auch zuerst die reinen Eiweissgäbrungen
durch Reinkulturen von Spaltpilzen studirt, und zwar durch Ba-
cillus liquefaciens raagnus, Bacillus spinosus und den
Rauschbrandbacillus 4). Die entwickelten Gase bestanden in den
drei Fällen nur aus Wasserstoff und Kohlensäure. Weder Methan
noch freier Stickstoff waren nachzuweisen 5). Ausser Produkten der
isomere Base in den Zellkernen gesunder Lebern nachgewiesen. Sollten nicht das
im Vogelorganismus gebildete Ornithin (C5H12N202) und das Ptomain von Pouch et
(C8B12NsO^) auch dem Kadaverin (C5H14NS) nahestehen ?
1) Ber. d. Chem. Ges. XXIV. 424 und 430.
2) Ihid. XXIV. 1098.
3) Siehe such O. Loew, Ueber Eiweiss und dessen Oxydation. (Journ. f. prakt.
Chem. XXXI. 129.)
4) Wien. Akad. Ber. 1889.
5) Obwohl die in früheren Zeiten gehegte Ansicht, dass hei der Fänlniss auch
Phosphorwasserstcff entstehe, längst widerlegt ist, findet sich dieser alte Irrthum doch
wieder in einem neueren bakteriologischen Werke I
A 1 1 m a n n , Thermoreguiator neuer Konstruktion.
?9i
Fettreihe waren drei aromatische Säuren, die Phenylprcpionsäure,
Oxyphenylpropionsäure und Skatolessigsäure vorhanden. Vor Kurzem
hat Kerry eine Eiweissgährung mit den Bacii len des malignen
Oedems durchgeführt1 *). Als die Gasentwickelung am 10. Tage
nach der Impfung aufhörte, liessen sich ausser Fettsäuren, Leucin
und Hydroparacumarsäure (Paraoxyphenylpropionsäure) noch ein
unangenehm riechendes Oel von Aldehyd- oder Ketonnatur nach-
weisen, welches bei Oxydation hauptsächlich Baidriansäurc lieferte
und der Formel C8H1604 entsprach.
Auf dem grossen Gebiete der Bakteriologie, welche sich rascher
als irgend eine andere Wissenschaft entwickelt hat, ist das Kapitel
der Eiweissgährungen, das Studium der „Stoffwechselprodukte'4 der
Bakterien sicherlich mit eines der wichtigsten, wie zahlreiche in der
neuesten Zeit gemachte Beobachtungen auf medizinischem Gebiete
schliessen lassen, und darf man hoffen, dass die Chemie der mit
Riesenschritten fortschreitenden Bakteriologie noch manche werth-
vollen Dienste leisten wird, die zur Medizin in engster Beziehung
stehen.
Thenaoregulator neuer Konstruktion,
Von
P* litmaEE*
Mit 1 Figur.
Der vorliegende Regulator ist vermöge seiner einfachen Kon-
struktion und wenig zerbrechlichen Form überall da zu empfehlen,
wo es sich um genaue Regulirung von Temperaturen unter 100° C
handelt. Er funktionirt stets rnit grosser Präzision und gestattet die
Einhaltung aller Temperaturen mit einer Genauigkeit von + 0,05° C.
Das Prinzip dieses Regulators besteht darin, dass das in Folge der
Erwärmung sich ausdehnende Quecksilber die Zufiussöffnung des zur
Heizung dienenden Leuchtgases verschliesst, ähnlich wie bei dem
Reichert’schen Regulator.
Wie aus der Figur ersichtlich, welche den Regulator etwa *|4
der natürlichen Grösse darstellt, besteht derselbe aus einem ein-
zigen Stück, was ein wesentlicher Vortheil allen anderen ähn-
lichen Apparaten gegenüber ist. D ist das mit Quecksilber gefüllte
Gefäss, welches sich nach oben zu einer Kapillare verengt und seit-
lich eine weitere, mit Quecksilber gefüllte Glasröhre trägt, die am
Ende mit einer leicht beweglichen, luftdichten, eisernen Schraube S
versehen ist. Letztere dient dazu, um auf bestimmte Temperaturen
einzustellen. Bei B wird der Regulator mit der Gaszufuhr ver-
bunden. Das Gas strömt alsdann in der von Pfeilen angedeuteten
Richtung durch das V-förmige Rohr und entweicht bei C, wo die
Weiterleitung zu dem Brenner hergestellt wird. Wird nun das untere
1) Monatshefte f. Chemie. X. 8C4, Auch diese Arbeit wurde in Neneki's La-
boratorium begonnen.
792
Altmann, Thermoregulator neuer Konstruktion.
Ende B des Regulators in eine
erwärmte Zone gebracht, so dehnt
sich natürlich das Quecksilber aus
und verschliesst nuumehr bei A
die Verbindung von B nach C.
Das Gas kann also nun nur den
Weg von B nach C durch das
gerade Rohr mit dem Hahn E
machen. Die Flamme wird also
jetzt nur noch mit dem Gas,
welches durch die Hahnöffnung
bei E durchströmen kann , ge-
speist. Diesen Gasstrom kann
mau durch leichtes Drehen des
Hahnes noch beliebig reguliren, so
dass das dabei sich zeigende Er-
haltungsfläramchen, der beabsich-
tigten Temperatur entsprechend,
in beliebiger Grösse hergestellt
werden kann. Da der Quecksil-
bermeniscus eine ganz bedeutend
konvexe Oberfläche bildet, so ge-
nügt schon eine minimale Tempera-
turdifferenz, um die Zufuhr bei A
zu verschliessen, resp. wieder zu
offnen. Hierauf beruht hauptsächlich die grosse Empfindlichkeit und
Genauigkeit dieses neuen Regulators. Um also den Regulator für eine
bestimmte Temperatur einzustellen, ist es nur nöthig, mittelst der
Schraube S das Quecksilber so zu steileu, dass bei der beabsichtigten
Temperatur der Quecksilbermeniscus gerade beginnt, die Oeffnung
bei A zu schliessen.
Bei der Anwendung des Regulators für Thermostaten ist es sehr
zu empfehlen, denselben mit seiner unteren Hälfte ganz in den
Wasserraum zu setzen, wodurch eine grössere Temperaturkonstauz
erzielt wird. Der Regulator wird in vorzüglicher Ausführung von
der Firma Dr, Rob. Muencke, Berlin NW., Luisenstrasse 58 geliefert.
Berlin, 25. Mai 1891.
Erklärung.
in meinem Referat über K. B. Lehmann’ s ,,Die Methoden
der praktischen Hygiene“ — diese Zeitschrift. Bd.iX. No. 18, 19. S. 633 ff.
— hatte ich bemerkt, dassVerf. seinen, die Bedeutung der pathogenen
Pilze im Wasser anerkennenden Satz schweren Herzens aufgestellt
zu haben scheine, und hinzugesetzt: „er hält es für nöthig, sich des-
wegen in einer Anmerkung halb und halb zu entschuldigen, da ja
„„noch nicht festgestellt ist, dass die in Frage stehenden Spaltpilze,
z. B. die Typhusbacillen, überhaupt nicht vom Magen, sondern z. B.
nur von der Lunge aus wirken können““. Dies charakterisirt den
Standpunkt des Verfassers: ex ur.gue Ieonem“
Kirchner, Erklärung,
793
Herr Professor Lehmann erklärt mir in einer sehr liebens-
würdigen Zuschrift, dass ich ihn sehr missverstanden haben müsse,
wenn ich seine Ausführungen gewissermaassen als eine Entschuldi-
gung aufgefasst habe. Er habe mit derselben nur sagen wollen,
„dass die Leugner einer Gefahr durch den Genuss typhusbacillen-
haitigen Wassers erst nachzuweisen hätten, dass die Typhus-
bacillen vom Magen aus überhaupt unschädlich wären und etwa nur
von der Lunge aus wirken“. Ich nehme gern von dieser Erklärung
Akt und füge den Wunsch hinzu, dass anderen Lesern des I .'sehen
Werkes nicht dasselbe Missverständniss begegnen möge wie mir.
Auf mich hatte, wie ich offen bekenne, der in Rede stehende Passus
den Eindruck eines Appells an die Gegner der „Trinkwassertheorie“
gemacht. Wenn Herr Professor Lehmann mir schreibt: „Aus
dieser und sehr zahlreichen anderen Stellen meines Buches kann man
meines Erachtens nur schliessen, dass ich der Meinung bin, unsere
Kenntnisse über das Zustandekommen von Infektionen und namentlich
von Epidemien von Typhus und Cholera seien noch nicht zu dem
wiinschenswerthen klaren Abschluss gebracht, so genau wir auch die
spezifischen Erreger kennen. In Erwartung dieser Aufklärung habe
ich, unbekümmert um den Streit der Schulmeinungen , mich ehrlich
bestrebt, die Thatsachen, soweit sie mir in mein Buch zu gehören
schienen, objektiv mitzutheileu und die Schlüsse mit der Vorsicht zu
ziehen, die sich ein Buch von der praktischen Tendenz des meinigen
auferlegen muss. Alle Theorieen blieben verbannt, und ich war
eifrigst bemüht, nirgends etwas zu behaupten, was sich nicht sicher
beweisen lässt“, so hatte ich, wie ich nicht leugne, aus jener Stelle
die Stimme seines berühmten Lehrers herausklingeu hören. Ein
Schüler Koch’s hätte sich, daran zweifle ich nicht, sicherlich anders
ausgedrückt. Er hätte auch nicht die „Aussicht, vorläufig für Typhus
und Cholera den natürlichen Infektionsweg des Menschen sicher fest-
zustellen“, als „gering“ bezeichnet und dies damit erklärt, dass gegen
diese beiden Krankheiten „alle versuchten Thiere immuu sind“. Wir
streben alle nach der Wahrheit, der eine auf diesem, der andere auf
jenem Wege; dabei kann jedoch auch der selbständige Forscher seinen
Lehrer nicht ganz verleugnen und fährt zuweilen, ohne es selbst zu
merken und vielleicht zu wollen, in dessen Fahrwasser; der Fern-
stehende erkennt dann leicht „ex ungue leonem“. Dies wollte ich
mit den angeführten Worten sagen, die jedoch keineswegs ironisch
gemeint waren.
Zwei audere Bemerkungen in meinem Referate, auf deren Irr-
thümlichkeit Herr Prof. Lehmann mich aufmerksam macht, beeile
ich mich zu berichtigen. Ich hatte angeführt, dass unter den be-
sprochenen Anaeroben der Tetanusbacillus noch fehlt, während er
auf S. 95 genau beschrieben ist, und bemerkt, dass die Schilderung
der Gr am’ sehen Methode zu dem Irrthum verführt, dass sie sich
uur für Schnittfärbung eignet, während doch auf S. 44 auch über
die Färbung von Deckglaspräparaten das Nothwendige gesagt ist. Ich
hatte diese Punkte übersehen, was ich den Herrn Verf. und die
Leser freundlichst zu entschuldigen bitte.
M. Kirchner (Hannover).
794
Typhus,
Referate.
Almqoiet, E., lieber die Hauptmomente der A e t i o 1 o g i e
des Ab dp in i n al ty ph us. (Sammlung klinischer Vorträge. Neue
Folge. Leipzig 1890. No. 5.)
Verf. gibt zunächst eine gedrängte Uebersicht über die wichtig-
sten Erfahrungsthatsnchen, welche die Epidemiologie bezüglich der
Verbreitungsweise des Abdominaltyphus kennt ; ausser auf die in der
Litteratur vorliegenden Angaben stützt er sich dabei auf eigene Be-
obachtungen, die er seit mehreren Jahren in Göteborg über diesen
Gegenstand gemacht hat. U. a. hebt er hier Folgendes hervor: „Der
Typhuskranke, der auf dem Laude in einem gesunden Hause gepflegt
wird, ist für seine Umgebung sehr gefahrbringend.“ In den grösse-
ren Ortschaften sei die Gefahr viel geringer. „In den Städten ist
der Ursprung der Ansteckung seltener, auf dem Lande viel häufiger
nachzuweisen.“ „In der Regel verlaufen etwa vier Wochen von der
Zeit, da der Typhuskranke in das gesunde Haus aufgenommen wird,
bis neue Fälle erscheinen.“ „Der Krankheitsherd zeigt bestimmte
Neiguug, sich lokal in einem Hause, Haustheile oder Quartier zu
halten.“
Weiterhin erörtert Verf. die Uebertragung des Typhus durch
Wasser und Milch, den Einfluss der Jahreszeiten, die Grund vvasser-
theorie (über die er sich zwar sehr zurückhaltend, jedoch mit merk-
licher Skepsis äussert) und wendet sich schliesslich zur Besprechung
des Typhusbacillus , dessen hauptsächlichste biologische Eigen-
schaften er kurz schildert. Die zahlreichen, in den letzten Jahren
gemachten Versuche, den Typhusbacillus ausserhalb des Körpers,
speziell im Trinkwasser nachzuweisen, erwähnt Verf. gar nicht näher,
wie denn überhaupt dieser letzte Theil des Vortrages die Konse-
quenzen, welche sich aus der Entdeckung des Krankheitserregers
für die ^etiologie und Prophylaxe des Typhus ergeben haben, etwas
kurz behandelt. R. Stern (Breslau).
Stagnitta, F-» Sul valore diagnostico delle ricerche
batte rioiogiche nel tifo addominale. (La Riforma med.
1890. No. 239 a. 2^0. pp. 1431, 1436.)
Yerf. versuchte festzustellen, ob und bis zu welchem Grade die
bakteriologischen Methoden zur Diagnose des Abdominaltypbus her-
beigezogen werden können. Er prüfte zu diesem Behufe bei 13
Fällen das Milzblut, welches mittelst Punktion am frühesten am 5.,
«am spätesten am 26. Tage der Krankheit entnommen wurde, feiner
das am 3. bis 17. Tage entnommene Venenblut von 5 Fällen und
schliesslich die steril aufgefangenen Faees von 4 Fällen. Die mittelst
des Plattenverfahrens isolirten Mikroorganismen wurden ais Typhus-
bacillen durch ihr Verhalten auf saurer Gelatine, in abgerahmter
Milch, gegenüber der Indolreaktion, und durch d&s Wachsthum auf
Kartoffeln diagnostizirt. Ausserdem wurden Kultur«# auf den yep.-
Typhus •
795
schiedenen Nährböden angelegt und die Mikroorganismen auch im
hängenden Tropfen und im Trockenpräparate studirt.
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen veranlassen Verf. zu den
Schlüssen, dass Kulturen aus Milz- und Venenblut, sowie die mikro-
skopische Untersuchung der letzteren, im Allgemeinen negative Re-
sultate geben und dass etwaige positive Resultate aus Fäceskulturen
erst zu einer Zeit erhalten werden können, wo sie bereits jeden
diagnostischen Werth verloren haben. Kral (Prag).
Museateilo, (U, Sul potere piogeno del bacillo di Eberth
(La Riforma med. 1890. No. 219 u. 220. pp. 1310, 1316.)
Die vielfach beobachtete und von Roux, Orloff und Colzi
experimentell festgestelite Thatsache, dass der Typhusbacillus pyogene
Eigenschaften besitzt, erfährt in der vorliegenden Arbeit des Verf.’s
eine weitere Bestätigung. Subkutane Injektionen an Kaninchen und
Hunden mit kleinen Quantitäten (bis zu 0,5 ccm) einer 1—12 Tage
alten Bouillonkultur des Typhusbaciilus brachten keine Abscesse zu
Stande. Die Reaktion beschränkte sich auf eine wenige Tage per-
sistirende Röthung und Schwellung der Impfstelle, an welcher nach
3 Tagen die injizirten Mikroorganismen mittelst des Kulturverfahreus
nicht mehr nachgewieseu werden konnten. Hingegen wurde mit
grösseren Kulturmengen (1 ccm) bei gleicher Applikationsweise an
denselben Thierarten konstant eine Abscessbildung hervorgebracht.
In dem Abscesseiter, der jenem von Eiterkokken erzeugten in seinen
Elementen sehr ähnlich ist, waren mikroskopisch unter Anwendung
verschiedener Färbemethoden Bacillen nur spärlich sichtbar, dagegen
gelang es, kulturell das alleinige Vorhandensein des Typhusbacillus
nachzuweisen. Der Eiter wird, einem anderen Thiere subkutan ver-
impft, sehr rasch und vollständig absorbirt, ohne irgend einen Eiterungs-
prozess zu verursachen, während die aus demselben Eiter gewonnenen
Kulturen noch pyogene Eigenschaften besitzen. Dieses Verhalten
könnte entweder darauf beruhen, dass der Eiter von chemischen
Substanzen erzeugt wird, welche sich in den Typhuskulturen auf
künstlichen Nährböden gebildet haben, oder dass die Typhusbacilicn
in dem von ihnen produzirteu Eiter nach und nach zu Grunde gehen.
Verf. versuchte durch Verimpfung von kontinuirlich und von fraktio-
nirt sterilisirten Bouillontyphuskultureu an Kaninchen sich darüber
Klarheit zu verschaffen. In keinem Falle wurde — im Gegensätze
zu den Or io ff’ sehen positiven Resultaten — mit Mengen von 1
bis 2 ccm Eiterung erhalten, auch dann nicht, als anstatt sterilisirter
Hltrirte Kulturen zur Verwendung kamen. Aus den negativen Er-
gebnissen von Kulturversucheu in Eieralbumiu könnte, trotzdem die
Vegetationsverhältnisse in diesem Nährmedium und im Eiter ver-
schieden sind, angenommen werden, dass die Typhusbacillen im Eiter
degenerative Veränderungen erleiden, zufolge welcher sie, wenn sic
nicht vorher auf geeignetere Nährböden übertragen werden, an
frischen Thieren nicht mehr ähnliche Veränderungen bervorzubriogen
vermögen, wie es die früher ausgelösten waren. Die Eiterung wird
auch nicht von den in den Kulturen gebildeten chemischen Stoffen
bewirkt, vielmehr dürften letztere Cirkulafions- und Ernährnngs-
796
Typhus.
Störungen itn Gewebe bedingen und dadurch einen günstigen Boden
für die Entwickelung der Mikroorganismen vorbereiten. Injektionen
von Typhuskulturen in die vordere Augenkammer vou Kaninchen
gaben identische Resultate mit jenen der subkutanen Injektion: kleine
Mengen brachten keine Veränderungen zuwege, 2 Tropfen eine aus-
gebreitete Eiterung. Weitere Uebertragungsversuche mit dem Eiter
blieben erfolglos.
Beim Menschen liegen die Verhältnisse anders. Intravenöse In-
jektionen mit nachfolgenden Frakturen, wie sie für das Thierexperi-
ment in Anwendung kommen, können hier wohl ausser Betracht
bleiben. Verf. legte daher bei Kaninchen anstatt intensiver Frakturen
nach der intravenösen Injektion von l/% — 2/s ccm Kultur multiple
leichte Traumen an, ohne indes zu einem positiven Resultate zu ge-
langen. Weiter erhielten die Thiere wiederholte und ansteigende
Dosen von 0,25 bis 1 ccm in Zwischenräumen vou 30 Stunden bis
zu 5 Tagen. Bei der am 4. — 8. Tage erfolgten Tödtung der Ver-
suchsthiere konnte eine Gewichtsabnahme, aber keine pathologische
Veränderung konstatirt werden. Erst grössere wiederholte Dosen
führten den Tod der Versuchsthiere nach 3 — 7 Tagen herbei mit
Läsionen, welche auf eine nekrotisirende Wirkung der Typhusbacillen
schliessen lassen und zu der Annahme führen, dass wahrscheinlich
ein Trauma, so geringfügig es auch sein mag, im Beginne der In-
vasion die Lokalisation einer wenn auch kleinen Zahl von Typhus-
bacillen begünstigt, die dann in der Folge zu Gewebsveränderungen
führt, welche einen günstigen Boden für das spätere Ansiedeln an-
derer Mengen des im Blute kreisenden Bacillus bilden können.
In Mischkulturen des Typhusbaallus und des Staphylococcus
pyogenes aureus in Gelatine oder in Fleischbrühe kann man nach
einem Monate noch beide Mikroorganismen neben einander nachweisen.
Subkutane Verimpfung von 0.5 — 1 ccm dieser Mischkulturen erzeugte
immer Abscesse. Im Eiter waren bis zu dem nach 20 — 28 Tagen
erfoleten Tode des Versuchstieres jederzeit beide Mikroorganismen
im lebensfähigen Zustande vorhanden, und zwar der Typhusbacillus
in geringerer Mense, als der S tapby lococcus pyogenes aureus.
Kral (Prag).
Bresch, Lajonx, H. er Doyen, E., ßpidömie de fievre ty-
phoide de Po n tfa v e r ger. (Revue samt, de la Province.
VIII. 1890. No. 151. p. 42.)'
Dresch berichtet über eine Typhusepidemie, die in Pontfaverger
im August 1888 von eioem einzelnen Falle aus ihren Ursprung nahm
und in ihrem weiteren Verlaufe sich fast ausschliesslich in den Häu-
sern der niedrigst gelegenen Strassen am F'lussufer lokalisirte.
Keines der betroffenen Häuser war mit Quellwasser versehen. Die
von Lajoux vorgenommene chemische Analyse von 7 Brunnen-
wässern aus den infizirten Häusern liess allerdings nur 2 davon che-
misch als ungeniessbar erscheinen, doch war der Salpetersäure- und
Chlorgehalt in 6 Brunnen ein so bedeutender, dass aus demselben
auf eine Verunreinigung des Wassers durch Dejektionen geschlossen
werden musste. Die von Doyen ausgeführte bakteriologische Un-
Typhus. — Pleuritis. — Aktinomykose
797
tersuchung erstreckte sieb auf 5 Brunnenwässer, auf das Flusswasser
und auf das Wasser einer in der Nähe des Flussbettes entspringen-
den Quelle. Die Brunnenwässer enthielten 25000 Keime pro ccm,
wovon mehr als die Hälfte Typhusbacillen, das Fluss- und das
Quellwasser 9000 bezw. 3000 harmloser Bakterien pro ccm.
Aus den Ergebnissen der chemischen und bakteriologischen Un-
tersuchung schliessen Verff., dass bei der Analyse eines verdächtigen
Wassers die Bestimmung der organischen Stoffe und des Ammoniaks
nur eine sekundäre Bedeutung hat, dass hingegen die Bestimmung
des Chlors und der Salpetersäure in direkter Beziehung steht mit
dem Grade der Verunreinigung des Wassers durch organische Stoffe
animalischen Ursprungs. Von diesem Gesichtspunkte aus aufgefasst,
hatte die bakteriologische Untersuchung das Resultat der chemischen
Analyse für jede Wasserprobe bestätigt. Kr dl (Prag).
Loriga, <*., e Pensuti, V., Pleurite da bacillo del tifo. (La
Riforma med. VI. 1890. No. 206 p. 1232.)
Ein Typhusrekonvalescent erkrankte nach einer zehntägigen
fieberfreien Periode an Pleuritis. Aus dem eiterigen Exsudate iso-
lirten Verff. mittelst des Plattenverfahrens einen Mikroorganismus,
welcher seiner tinktoriellen und kulturellen Eigenschaften halber und
wegen seines Verhaltens gegenüber, den verschiedenen, zur Bestimmung
des Typhusbacillus empfohlenen Differenzirungsmethoden als solcher
angesprochen wurde. Die Reaktionsmethoden für den Typhusbacillus
führten bezüglich des Säuerungsvermögens und der Vitalitätsdauer
in Milchserum zu etwas abweichenden Resultaten von jenen von
Petruse hky und von Heim. Bei der Untersuchung des später
entnommenen Exsudates traten zum Typhusbacillus noch der Microc.
pyogenes cereus und albus hinzu.
Nach Verff. rühren viele Komplikationen und Nachkrankheiten
bei Typhus unzweifelhaft von der Wirkung des Typhusbacillus her,
obzwar es nicht zulässig ist, den Typhuserreger als die einzige Ur-
sache in allen Fällen solcher* Krankheitsprozesse hinzustellen. Es
kann angenommen werden, dass der im Organismus noch vorhandene
Typhusbacillus in einem mehr oder weniger weit vorgeschrittenen
Rekonvalescenzstadium aus zumeist unbekannten Ursachen seine Viru-
lenz wiedererlangen und sich in irgend einem Organe lokalisiren
kann. Kräl (Prag).
Baraez, v., Ueber neun Fälle der menschlichen Aktino-
mykose. (Wiener klinische Wochenschrift. 1890. No. 26, 27,
28.)
Verf. berichtet über 2 akute und 7 chronische Fälle von Akti-
nomykose beim Menschen.
In pathogenetischer Beziehung wäre zu erwähnen, dass ein In-
dividuum an Gerstenähren gekaut haben soll; eine Kranke wohnte
in der Nähe von Pferdeställeu und Heuschobern; eine andere trank
täglich kuhwarme Milch im Stalle. Bei den übrigen Personen ist
jeder Kontakt mit Vieh oder Getreide ausgeschlossen.
Sechsmal entwickelte sich die Krankheit im Bereiche des Unter-
U. Bd. Ö1
798
Aktiuotuykose. — Hnutkrankheiteu.
kiefers, einmal an der Spitze der Zunge, einmal am Halse in der
Gegend des Kehlkopfes.
Nur einmal handelte es sich um reine Aktinomykose; in den
anderen Fällen bestand nachträgliche Infektion mit Eiterkokken.
Nach v. Baracz’s Erfahrung können kranke Zähne als der
wahrscheinlichste Weg der Invasion des Pilzes bei der Kieferaktino-
mykose angesehen werdeD.
An grauen und weissen Mäusen, Tauben und Hühnern mit
frischen, reinen Aktinomycesdrusen angestellte Impfversuche blieben
sämmtlich erfolglos. Dittrich (Prag).
Unna, P. Gf., und Sehlen, D. v., Flora dermatol ogica. VI.
(Monatsh. f. prakt. Dermat. X. 1890. No. 11. p. 485.)
Verlf. beschreiben 3 Fadeupiize (No. X — XII), welche gleich
jener der früheren Gruppe ihre Sporen auf atypischen einfachen
oder verzweigten Fruchtträgern abschnüren, sich aber dadurch von
ihnen unterscheiden, dass die Sporen nicht längere Ketten bilden,
sondern als Einzelfriichte persistiren. Die Pilze X und XI wachsen
auf Gelatine als gelblich-wollige bezw. schwefelgelbe Rasen, die bei
dem ersteren im centralen Theile durch die aufsitzenden Sporen
weiss erscheinen, während der Rasen des iezteren durch Eintrocknen
eine mehr grünliche Farbe annimmt. Der Trichophytonpilz (No. XII)
wächst auf Gelatine als weisser, dicker, das Nährsubstrat verflüssi-
gender Rasen mit gelb gefärbter, im Centrum gesättigt orangerother
Uuterfläche, die Oberfläche ist mit einem feinen Puder von weisser
Farbe bedeckt. Das Wachsthum auf Agar ist jenem auf Gelatine
ähnlich. Die Früchte entspringen rechtwinkelig von den sehr regel-
massig septirten Hyphen, anfangs in ziemlich regelmässigen Abständen
an einzelnen Zweigen aufgereiht, die durch Anhäufung verstreute
Gruppen bilden, um schliesslich zu strauchartigen Fruchtständen aus-
zurvaebsen. Manchmal werden die Sporen direkt von den Hyphen
ohne Vermittelung eigentlicher Fruchtträger abgeschnürt.
Kral (Prag).
Unna, P. 0., und SeMen, 3>. v., Flora dermatol ogica. VH.
(Monatsh. f. prakt. Dermat. XI. 1890. No. 11. p. 471.)
Von der bisherigen Gepflogenheit, ähnliche Pilze in der „Haut-
flora“ aneinanderzureihen, wird in der vorliegenden Publikation Ab-
stand genommen und es werden io den beiden aus Eczema seborrhoicum
gezüchteten Pilzen (No. XIII und XIV) solche Formen vorgeführt,
die nicht Einzelsporen oder Sporenketten an sog. atypischen Frucht-
trägern abschnüren, sondern deren Fruktifikation in der Bildung von
Sporeniiaufen oder -ballen besteht. Ein dritter, aus Schüppchen von
Pityriasis versicolor gezüchteter Pilz (No. XV), der in 7 Fällen dieser
Affekt ion fünfmal im Kulturverfahren erhalten wurde, bildet Spermo-
gonieu mit Protosporen. Kr 41 (Prag).
Unna, P. G,, Flora dermatol ogica. VIII. (Monatshefte für prakt
Dermat. XII. 1891. No. 8. p. 249.)
In der vorliegenden Folge beschreibt Verf. 3 verschiedene Pilze
(No. XVI — XVIII), die, von 6 verschiedenen Dermatosen gewonnen,
Hautkrankheiten. — Gonorrhöe.
799
sich den eigentlichen Oi'dien anschliessen und durch die Kleinheit
ihrer Hyphen und Sporen von diesen sich unterscheiden. Zwei dieser
Pilze bilden auf der Agaroberfläche mehr oder weniger ausgebreitete
Krusten mit diskretem Tiefenmycel, der dritte wächst vorwiegend in
der Tiefe des Nährsubstrats und beschränkt sein Wachsthum an der
Oberfläche auf die Bildung von Punkten oder zierlichen einfachen
oder mehrfachen Ringen. Die Kulturen geben einen starken Schimmel-
geruch von sich. Bei allen 3 Pilzen findet die Fruktifizirung durch
Abschnürung von Sporen in Form von Sporenketten am Ende der
Lufthyphen statt. Die Sporen haben eine scheibenförmige, bezw.
elSipso'ide und stäbebenartige Gestalt, erreichen bei dem Pilze XVI
kaum die Grösse von Eiterkokken und auch jene der beiden anderen
Pilze sind nur etwas länger, aber nicht breiter. Kral (Prag).
Jadassobii, J., Ueber die Gonorrhöe der paraur athralen
und präputialen Gänge. (Sonderabdruck aus d. Deutsch, med.
Wochenschrift. 1890. No. 25 u. 26.)
Jadassohn bespricht zunächst nach einem kurzen Ueberblick
über die Natur der bekannteren Tripperkomplikationen und ihre bak-
terielle Abhängigkeit von der Grunderkrankung an der Hand von
8 Krankengeschichten die klinischen Charaktere der von ihm be-
obachteten gonorrhoischen Erkrankung paraurethraler und präputialer
Gänge, die er in drei verschiedene Gruppen theilt: 1) kleinere oder
grössere Knoten zwischen den Präputialblättern mit augenscheinlich
präformirter Oeflnung; 2) feine, dicht neben dem Orificium urethrae
und parallel zur Urethra verlaufende Gänge; 3) solche, die an der
Unterfläche des Penis neben der Raphe desselben seitlich und nach
hinten vom Frenulum verlaufen und von dem Corpus caver-
nosum urethrae je nach ihrer Lage in der Haut bald mehr, bald
minder deutlich abzngrenzen sind. Die mikroskopische Untersuchung
eines der zweiten Gruppe angehörigen gonorrhoisch affizirten Prä-
putialgange3 ergab in dem der Haut zunächst gelegenen Theil des
Ganges eine kleine Strecke, weit Hornschicht, und wo .diese aufhörte,
ein mehrfach geschichtetes Pflasterepithel. Neben spärlichen Gono-
kokkenhaufen in frei im Lumen des Gauges liegenden Eiterzellen
konnten typische Gonokokkenherde im Epithel nachge-
wiesea werden. „Die Mehrzahl derselben fand sich auf der peripheri-
schen Schicht der Epithelien und zwar bald als feine Streifen an der
äussersten Kontour einer Zelle, bald als flächenhaft ausgebreiteter
Haufen auf der Fläche derselben immer in der typischen Dipiokokken-
anordnung; nur an einzelnen Stellen gelang es, sie zwischen die
obersten I<agen der Zellen in die Intercellularräume hinein zu ver-
folgen.“ Dieser Befund ist es, welcher die Beobachtungen Jadas-
sohn ’s ihres rein klmisch-spezialistiscben Interesses entkleidet und
ihnen eine schätzbare allgemein pathologische Bedeutung verleiht.
Dadurch wird der von Bumra aufgestellte Satz: „Nur Cylinderepi-
thelien erliegen der Iuvasion von Gonokokken; in geschlossenes
Pflasterepithel vermögen dieselben nicht einzudringen“, welcher bereits
von To u ton eine scharfe Zurückweisung erfahren hat, endgültig
widerlegt. Damit fällt auch die weitere Anschauung Bumrn’s, dass
61*
800
Gonorrhöe- — ChordiUs und 'Rhinosklerom.
„die Umbildung des normalen Cylinder in Pflasterepithel die Be-
dingung für die Heilung der Gonorrhöe, dass diese Transformation
ein vom teleologischen Standpunkte aus als heilsam und vortheilhaft
anzusehender Prozess sei.“ Selbstverständlich wird die von Bumm
kcnstatirte Thatsache der Epithelumwandlung dadurch in keiner Weise
berührt, wie Verf. gebührend hervorhebt. Ebenfalls kann Verf. mit
Bumm der Phagocytose keine Rolle bei der Heilung der Gonorrhöe zu-
weisen. Bei der seltenen Gelegenheit zu mikroskopischer Untersuchung
gonorrhoisch erkrankter Gewebe muss jeder Befund nach dieser Rich-
tung, der alte unrichtige Anschauungen rektifizirt und uns den Weg
zu einem besseren Verständniss der von den Gonokokken erzeugten
pathologischen Prozesse eröffnet, mit aufrichtiger Freude begrüsst
werden. Ledermann (Breslau).
Bandlcr, Ueber die Beziehungen der Chorditis vocalis
inferior hypertrophica (Gerhardt) zu dem Rhino-
sklerom (Hebra). [Aus dem poliklinischen Institute der deut-
schen Universität in Prag.] (Sep.-Abdr. aus der Zeitschrift für
Heilkunde. 1891. Heft 1 und 2.)
Bereits vor einigen Jahren wurde von verschiedenen Seiten die
Ansicht ausgesprochen, dass die Chorditis vocalis inferior hyper-
trophia einen dom Rhinosklerom identischen Prozess darstelle.
Bandlcr ist es gelungen, den auf anatomische und bakteriologische
Untersuchungen gegründeten Beweis hierfür zu erbringen.
Es handelte sich um einen letal abgelaufenen Fall von Chorditis
vocalis inferior hypertrophica, dessen von Prof. Chiari vorgenom-
mene anatomische Untersuchung den Prozess als Rhino-Pha-
ryngo - Lary ngo - Tracheo- et Bronch o - Sclerom er-
kennen Hess.
Histologisch fand man in den zur mikroskopischen Untersuchung
gelangten Stücken des Septum narium, des Pharynxdaches, des La-
rynx, der Trachea und der Bronchien dichtes, spärlich vaskularisirtes
Granulationsgewebe in der Mueosa, welches viel körniges, gelbbraunes
Pigment enthielt und sich stellenweise auf die Submucosa fortsetzte.
Ausserdem fanden sich in dem Granulationsgewebe zerstreut tropfen-
und klumpenartige Partikel einer kolloiden, sich mit Anilinfarben in-
tensiv tingirenden Masse [ein Befund, welchen Ref. in seinen früher
untersuchten Fallen nicht machen konnte], endlich sogenannte Mi-
kulicz’sche Zellen (Ref.), welche an vielen Stellen, namentlich in
den Bronchien, in grosser Menge beisammen lagen.
Die Rhinosklerombakterien lagerten theils zerstreut zwischen den
Zellen des Granulationsgewebes, theils in den Mikulicz’ sehen
Zellen. Die Lagerung der Rhinosklerombakterien in Lymphgefässen
konnte nicht konstatirt werden.
In Abstreifpräparaten, sowie in den aus dem Rhinoskleromge-
webe angelegten Kulturen wurden nur Rhinosklerombakterien wahr-
genommen.
Die Charaktere der Kulturen entsprachen den bereits früher
vielfach angegebenen Merkmalen derselben. Auch wurden Unter-
schiede zwischen den Stichkulturen von Rhinosklerombakterien und
Stomatitis. — Coryza. — Hausthierkrankheiten in Australien.
801
Fried ) ander ’ sehen Pneumoniebacillen (wie solche bereits früher
vom Ref. konstatirt wurden) beobachtet.
Einer weissen Maus wurden 0,2 ccm einer zweitägigen Bouillon-
kultur in die rechte Pleurahöhle injizirt. Das Thier starb nach 48
Stunden an einer Pleuritis, und wurden aus der Exsudatflüssigkeit
Reinkulturen von Rhinosklerombakterien gewonnen.
Mit Rücksicht auf die angeführten Befunde sieht Verf. die Chor-
ditis vocalis inferior hypertrophica als einen dem Rhinosklerora iden-
tischen Prozess an. Dittrich (Prag).
Diday, P., Cas de contagion de la stomatite raercu-
rielle. (Annal. de derm. et syphih 1891. 25. F6vr.)
Diday berichtet über einen jungen Mann, der wegen eines
frischen Schankers einige Tage Jodquecksilberpillen genommen hatte
und die Zeichen einer hochgradigen Mercurialstomatitis darbot. Wenige
Tage darauf wurde auch seine Frau, welche ihn trotz der bestehenden
Mundaffektion mehrfach geküsst hatte, von einer gleichen Stomatitis
befallen. Dass die Mundaffektion der Frau durch Uebertragung des
quecksilberhaltigen Speichels des Mannes erfolgt ist, glaubt Diday
aus verschiedenen Gründen verneinen zu müssen. Er ist vielmehr
der Ansicht, dass unter den tausenden, sonst unthätigeu und nicht
virulenten Parasiten der Mundhöhle unter dem Einfluss der merku-
riellen Imprägnation einige eine vermehrte Lebensthätigkeit annehmen,
unter den veränderten Existenzbedingungen schliesslich virulent bezw.
kontagiös werden. So glaubt er auch in diesem Falle die Ueber-
tragung und die Entstehung der Stomatitis bei der Frau bewirkt.
Ledermann (Breslau).
Schroetter, H. von, und Winkler, F., Beitrag zurPathologie
der Coryza. 8°. 6 S. Wien 1890.
Die Verff. gossen bei frischem Schnupfen mit dem ganz klaren
Nasensekret Gelatineplatten, auf denen 2 Staphylokokken wuchsen, die
beide die Gelatine nicht verflüssigten und von denen der eine prächtig
citronengelbe, der andere goldgelbe Kolonieen bildete, die ein stearin-
tropfenähnliches Aussehen hatten. Sie zeigten verschiedene Grösse
und lebhafte Eigenbewegung. Die Verff. halten den einen für den
von Passet beschriebenen St. pyogenes cereus flavus, den
andern schlagen sie vor St. cereus aureus zu nennen. Es ge-
lang ihnen, durch Einbringung von Reinkulturen in die Nasenlöcher
von jungen Kaninchen Schnupfen zu erzeugen, während ältere Thiere
auf diesen Eingriff nicht reagirten. M. Kirchner (Hannover).
Brnce et Loir , Les maladies du betail en Australie.
(Annales de ITnstitut Pasteur. 1891. No. 3. p. 177.)
Da die einheimische Fauna Australiens fast nur aus Marsupialien
besteht, so entstammen alle landwirtschaftlichen Nutzthiere sowie
deren infektiöse Krankheiten der Importation. Die Verff. — Bruce
ist Chefinspektor „du bötail“ zu Sidney, Loir Direktor des austra-
lischen Institut Pasteur — geben eine interessante Uebersicht über
302
Hausthierkrankheiten in Australien»
die derzeitige Ausbreitung von Epizootieu daselbst und über die an-
gewendetea Schutzmaassregeln.
Der Milzbrand wurde zuerst 1847 in Australien eingeschleppt
und erhielt von dem ersten Ausbruchsorte den Namen „Cumberland-
Krankheit“. Erst 1888 wurde die Identität der letzteren mit An-
thrax durch die „mission Pasteur“ sicher bewiesen. Seit August
1890 existirt ein eigenes Laboratorium zur Beschaffung von Schutz-
lymphe. Aunähernd dürften die Verluste an Milzbrand bloss in Neu-
Süd- Wales jährlich 200 000 Schafe betragen bei einem Gesammtbe-
stand von 56 Millionen. In den befallenen Gegenden beläuft sich die
Mortalität auf 15 °/0. Die Schutzimpfungen scheinen günstig zu
wirken.
Die Lungenseuche erschien zuerst 1858 in Australien. Zur Aus-
breitung derselben im Lande trug früher namentlich der Verkehr mit
Ochsenkarren bei. Gegenwärtig hat die Epizootie Queensland erreicht,
dessen Rinderzucht die ausgedehnteste ist. Zum Verkaufe werden
die Thiere von dort 500 — 1500 Meilen nach Neu -Süd -Wales und
Victoria getrieben, zum Theil durch infizirte Gegenden, weshalb nicht
selten Herden von 1500 — 2000 Ochsen bei der Ankunft am Markte
einen Verlust von 25— 30% aufweisen. Der jährliche Gesammtver-
lust durch die Lungenseuche beziffert sich auf etwa 16 Millionen
Franken.
Die Schutzimpfung gegen die Lungenseuche von Willems wurde
bereits 1862 eingeführt. Dieselbe besteht in Einimpfung von Lungen-
saft eines an der Seuche erlegenen Thieres am Schwänze. Bei guter
Ausführung wird der Schwanz nicht geschädigt und das Thier ist
immun geworden. Die Schwierigkeit bestand nur in der steten Be-
schaffung frischen Impfstoffes. Die „mission Pasteur“ löste diese
Aufgabe mit Hülfe einer von Pasteur 1882 angegebenen Methode.
Macht man die Inokulation anstatt am Schwänze an einer empfäng-
licheren Körperstelle, z. B. hinter den Schulterblättern, so entwickelt
sich ein starkes Oedern, dessen Serum nun ebenso wirksamen Impf-
stoff liefert, wie die Lungen gefallener Thiere. Man braucht also
nur ein junges Kalb in dieser Weise zu inokuliren, um jederzeit ge-
nügend Impfstoff zu haben. Es gibt jetzt ein Paar Stationen in
Queensland, welche fortwährend ein neues Kalb inokuliren, um immer
Stoff bereit zu haben. Der letztere wird in sterilisirten Röhrchen
zu je 20 frcs abgegeben. Sobald ein Squatter sein Vieh auf die
südlichen Märkte zu senden beabsichtigt, inokulirt er mit solchem
Stoff ein Kalb hinter dem Schulterblatt, bei dem sich etwa innerhalb
3 Wochen ein grosses Oedern entwickelt mit reichlichem Serum zur
Impfung der ganzen Herde. Die Erfolge dabei smd evident günstige.
Ueber die Wuthkrankheit schweigt der Bericht, da dieselbe, dank
den Quarantänemaassregeln in Australien unbekannt ist, Hunde dürfen
nur von England her importirt werden und haben dann eine sechs-
monatliche Quarantäne durchzumachen.
Ueberhaupt ist die Einfuhr von Vieh in Australien durch eine
Reihe strenger Vorschriften geregelt, deren wichtigste mitgetheilt
werden. Die Quarantänedauer beträgt für Kameele 70, für Rinder
60, Schafe 90, Ziegen u. s. w. 60 Tage. Büchner (München),
SchweineseucV.e. — Hogchotera.
803
Bunzl-Federn, E., Untersuchungen über einige seuchen-
artige Erkrankungen der Schweine1). [Aus dem hygie-
nischen Institute der deutschen Universität zu Prag.] (Separat-
abdruck aus dem Archiv für Hygiene. 1891.)
B. sucht auf Grund seiner Versuche die noch immer nicht ganz
gelöste Frage der Gruppirung und Sonderung der Sehweiuekrank-
heiten der verschiedenen Länder einer Klärung näher zu bringen.
Er beschäftigt sich hauptsächlich mit der deutschen, amerikanischen,
dänischen und französischen Schweineseuche, zieht aber daran an-
schliessend auch die ganze Septikämiegruppe (Hueppe), die Frett-
chenseuche, Barbone dei Bufali und die spontane Kaninchen-
septikämie (Eberth) in den Bereich seiner Untersuchungen.
Ais neues Moment für die Ditferenzirung der verschiedenen Mikro-
organismen benutzt er deren Kulturen in reiner und in mit Lack-
mus gefärbter Milch. Es ergibt sich dabei zunächst ein neuer
Beweis für die Identität der Wild- und Schweineseuche (geringe Säure-
bildung in Milch) und für die nahe Verwandtschaft derselben zu der
Kanincbenseptikäraie und Hühuercholera, deren Keime in der Milch
stärkere Säurebildung hervorrufen; der Septikämiegruppe nahestehend
erweist sich Barbone. In Bezug auf die amerikanische Schweine-
seuche zeigt sich die vollständige Uebereinstimmung der Organismen
der Swineplague (Billings) mit den Keimen von Hogcholera (Sal-
mon); beide sind auch identisch mit der dänischen Svinpest: sie
erweisen sich in Milch als starke Aikalibildner.
Die französische Schweineseuche (Marseille) sowie die Frettcheu-
seuche und die spontane Kaninchenseptikämie (Eberth) scheinen
eine besondere Gruppe zu bilden, welche durch starke Säurebildung
in Milch und Beweglichkeit (im Gegensätze zu den unbeweglichen Orga-
nismen der Septikämiegruppe) charakterisirt ist. D i 1 1 r i c h (Prag).
Schweinitz, E. A. v., A preliminary study of the pto-
mai'nes from tne culture-liquids of the Hog-cho-
lera germ. (Philadelphia Med. News. 1890. No. 921. p. 237.)
Nach Verf. eignen sich Kulturen in peptonisirter saurer Rinder-
fleischbrühe am besten zur Gewinnung der von dem Schweinepest-
bacillus produzirten Ptomaine und Albumosen. Mittelst der Brieger-
sehen Methoden, durch Ausfällung mit Quecksilberchlorid und Zer-
setzung des in Wasser gelösten Niederschlages mittelst Schwefel-
wasserstoff erhielt Verf. ein Filtrat, aus welchem er Kadaverin und
ein primäres Amin darstellen konnte. Ausserdem war in der Flüssig-
keit ein Salz alkaloiden Charakters vorhanden, das folgende Reak-
tionen gab:
hellgelber Niederschlag,
rothe Nadeln,
weisser Niederschlag,
braunrother Niederschlag,
gelber krystallinischer Niederschlag,
gelbrother Niederschlag.
Mit Phosphormolybdänsäure:
Wismuthkaliumjodid :
Phosphorsäure :
Kaliumjodid :
Platinchlorid:
Goldchlorid :
1) Vrgl. auch die Origiualmittlieilung desselben Verf. in der laufenden No. dies. Zeitsehr,
804
Hogcholera. * — Krankheit der Fichtentriebe.
Das Platindoppelsalz entspricht der Formel: C14H34N2PtClc.
Es gelang nicht, die freie Base rein darzustellen. Das Hydro-
chlorid desselben bildet einen dicken, in absolutem Alkohol löslichen
Syrup, welcher über Schwefelsäure nicht zum Kry stall isiren gebracht
werdeü kanD.
Bei der Behandlung der Kulturen mit absolutem Alkohol im
Ueberschusse wurde ein Toxalbumin als flockiger, weisser, in Wasser
löslicher Niederschlag gewonnen, das im Vacuum über Schwefelsäure
in weissen, durchscheinenden Plättchen krystallisirt. Die wässerige
Lösung gibt mit Platinchlorid einen fast unlöslichen, mikroskopisch
aus nadelähnlichen Krystallen bestehenden Niederschlag.
Subkutane Injektionen an Meerschweinchen mit kleinen Mengen
des Hydrochlorids der neuen Base und der Albumose erzeugten re-
lativ rasch vorübergehende leichte lokale Erscheinungen und Tempe-
ratursteigerung. Die beiden Substanzen scheinen demnach keine
starken Gifte zu sein. Ueber gelungene Immunisirungsversuche au
Meerschweinchen will Verf. später berichten. Kral (Prag).
Hartig, K.., Eine Krankheit der Fichten triebe. (Zeitschrift
für Forst- und Jagdwesen. 1890. Heft 11. p. 667 — 670. — Sitzungs-
berichte des botan. Vereins in München in Botan. Centralblatt. XLV.
1891. p. 137—138.)
Die Krankheit, welche sich darin äussert, dass im Mai die jungen
Triebe der Fichte an der Basis und in der Mitte braune Nadeln
zeigen, während die Triebspitze, anfänglich noch grün, später aber
auch getödtet, schlaff herabhängt, so dass schliesslich der ganze
Zweig unter Schrumpfung abstirbt und in schiefem Winkel Dach ab-
wärts gebogen erscheint, wird erzeugt durch einen Pilz, von welchem
maD bisher nur die Pykniden mit den Stylosporen kennt, zur Gattung
Sep t or ia gehörig ist und vom Verf. als S. parasit ica n sp. bezeichnet
wird. Die Pykniden finden sich zwischen den Knospenschuppen an
der Basis der getödteten Triebe, an der zusammengeschrumpften
Triebspitze, an einigen nicht abgefallenen Nadeln, sie kommen
kuöpfchenartig aus der Blattnarbe des Blattkissens hervor. Sie
besitzen eine bis mehrere Kammern und erzeugen auf pfriemförmigen
Basidien spindelförmige, farblose, 13 — 15 /li grosse, 2-kammerige Stylo-
sporen, welche im Mai in weissen Ranken aus den Pykniden hervor-
treten. Durch Wind und Regen gelangen sie auf die jungen Fichten-
triebe (Piceaexcelsa,P. Menziesii und wahrscheinlich auch andere
Picea- Arten) und infiziren keimend die jungen Nadeln und Triebe.
Häufig findet auch Infektion des vorjährigen Triebes und Tödtung
der nahe an der Spitze entspringenden Seitentriebe desselben statt.
Durch Aussaat der Stylosporen -zwischen die Knospenschuppea aus-
treibender Fichten konnte die Krankheit in 8 — 12 Tagen hervorge-
rufen werden. In Nährgelatine entwickelten die Sporen üppiges
Mycel und schliesslich entstanden auch die Pykniden, aber keine
Perithecien. B r i c k ( Hamburg).
Lagerlieim, Gr. de, La enfermedad de los pepinos, su
causa y su curaciön. (Revista ecuatoriana. Tomo II. 1890
Numero 24. 5 pp.)
Enthält Angaben über das Auftreten von Phytophtora de-
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrank heiten, Kntwickelar.gshemmung etc. 805
vastatrix (Lib.) auf Blättern und Früchten von Solanum muri-
c atu m in Ecuador, sowie über die Mittel zur Bekämpfuug dieser
Piizkrankheit. Der Schaden, den der Pilz anrichtet, besteht namentlich
darin, dass die Früchte, um derentwillen die Pflanze angebaut wird,
nicht reifen, wenn sie vom Pilze befallen sind, Dietel (Leipzig).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Boger, Propri6t6s bactßricides du s6rum pour le
streptocoque de l’6rysipele. (Le Bulletin mdd. 1890. No.
87. p. 966.)
Verf. säte in Blutserum, welches einem vor einem Monate mit
virulenter Kultur des Streptococcus Erysipelatos immunisirten
Thiere entstammte, denselben Streptococcus aus und konnte
mittelst des Piattenverfahrens eine ebenso reichliche Entwickelung
des Mikroorganismus koustatiren, wie sie im Serum von nicht immu-
nisirten Thieren stattgefunden hatte. Bei der Verimpfung der Kul-
turen an Kaninchen stellte sich indes heraus, dass die Virulenz der
im Serum immunisirter und jener im Serum frischer Thiere gewach-
senen Erysipelkokken eine sehr verschiedene war. Die mit den letz-
teren geimpften Thiere erlagen prompt einer Allgemeininfektion, wo-
hingegen mit den ersteren nur ein heilbares Erysipel erzeugt werden
konnte. Als abgeschwächte Erysipelkokken zur Aussaat benutzt
wurden, bewirkte die Impfung mit der Kultur aus normalem Serum
ein ausgebreitetes Erysipel, jene aus dem Serum immunisirter Thiere
führte bios zu einem umschriebenen Abscess. Immunisirte Kaninchen
reagiren auf eine Impfung mit virulenter Kultur nur durch lokale
Läsionen. Frische Thiere, die mit dem Streptococcus aus dem
Serum immunisirter Thiere geimpft werden, verhalten sich wie im-
munisirte Thiere, welche eine virulente Kultur erhalten haben.
Die Virulenz des Erysipelcoccus unterliegt demnach im
intra- und im extravasculären Serum immunisirter Thiere identischen
Veränderungen, und die bakterientödtenden Eigenschaften des Se-
rums bei der erworbenen Immunität finden auch in diesem Falle
ihre Bestätigung. Kral (Prag).
Sternberg, George M., Dr. Freire’s protective iuocula-
tion-facts versus figures. (New York Med. Record. No.
1018. 1890. p. 524.)
Verf. wendet sich gegen die von Frei re an die Pariser Aca-
demie des Sciences gerichtete Mittheilung und gegen dessen jüngste
statistische Publikation über Schutzimpfungen gegen Gelbfieber. Wie
Verf. bereits früher in einem offiziellen Berichte erwähnt hatte, kann
den Freire 'sehen Schutzimpfungen gegen Gelbfieber ein prophy-
laktischer Wertb nicht zuerkannt werden, da der spezifische Keim
806 Bakterio! vom X. internationalen medieinischen Kongresse za Berlin.
des Gelbfiebers noch nicht entdeckt sei und daher kein abgeschwäch-
tes Virus vorhanden ist, mit welchem Schutzimpfungen ausgeführt
werden könnten. Zum Schlüsse sucht Verf. die Zifferngruppirungen
der Freire’ sehen Statistik über die von Letzterem in Rio de Ja-
neiro vorgenommene Vacciuatiou gegen Gelbfieber richtigzustellen.
Kräl (Prag).
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. übernationalen medicinischen
Kongresse zu Berlin, 4—9. August 1890.
(Fortsetzung.)
Aus den Abtheiiungs-Sitzungen.
III. Abtheilung: Allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie.
Herr Foä (Turin), Zur Biologie des Diploeoccus lanceo-
latus.
Vortr. konute feststellen, dass der von den Kaninchen in Folge
subkutaner Einimpfung kleiner Mengen Diploeoccus lanceo-
latus dargebotene anatomische Befund je nach dem Falle sich än-
dert, unabhängig von dem Virulenzgrade des benützten Mikroorga-
nismus, und zwar hauptsächlich nach zwei Richtungen hin: einmal
mit entzündlichem Oedern der Haut, das andere Mal ohne diese.
Wenn man den Diploeoccus aus dem frischen, fibrinösen Lungenex-
sudate entnimmt, erhält mau den ersteren Befund, mit dem aus dem
Exsudate der Cerebrospinalmeningitis stammenden Diploeoccus den
anderen Befund, daher Vortr. jenen als Pne umococcus, diesen
als M e ni n goc o c cu s bezeichnet. Wenn der Pneurnoeoccus
anaerob gezüchtet wird, nimmt er nach 24 Stunden die Eigenschaften
desMeningococcus an und behält sie auf dem Wege der Erblichkeit.
Der Meningococcus kann vorübergehend in den Pneumococcus
verwandelt werden, wenn er mit Sta phyl ococcus pyogenes
aureus dem Proteus vulgaris zusammeu verimpft wird. Kanin-
chen können für den Diploeoccus lanceolatus durch epi-
kratische und wiederholte Dosen der löslichen Produkte desselben
Mikroorganismus immun gemacht werden. Die vor 6 Monaten ver-
impften löslichen Produkte des Diploeoccus und die behufs Fest-
stellung der Immunität hierauf gefolgte Einführung von starkem Virus
nach einigen Tagen haben die Resistenz des Kaninchens derart er-
höht, dass sie es wie das Schaf, Hund oder Mensch reagiren machen.
Die Isolirung des pneumonischen Giftes durch Ausfällung mit Am-
moniumsulfat, Dialyse und hierauf folgender Konzentration ergab eine
Substanz, welche das Thier nicht tödtet, aber dessen biologische
Eigenschaften wesentlich verändert.
Bukteriol. rom X internationalen medicintschen Kongresse zu Berlin. 807
Herr (xainaleXa (Odessa), Ueber die Resistenz der Kanin-
chen gegenüber den Cholerabakterien.
Die Energie der bakterientödtenden Wirkung der Körperflüssig-
keiten steht bei den verschiedenen Thierarten nicht in konstantem
Verhältniss zu ihrer Immunität gegenüber den pathogenen Mikroben.
So vernichtet das Kaninchenblutserum weit lebhafter den Milzbrand-
bacilius, als das Blutserum vom Hunde, und doch ist der Hund gegen
Milzbrandinfektion resistenter, als das Kaninchen. Die Immunität
kann also nicht allein auf chemischen Faktoren beruhen, es müssen
auch die Veränderungen in Betracht gezogen werden, welche durch
das Leben der pathogenen Mikroben auf das hakterientödtende Ver-
mögen des Organismus ausgeübt werden. Man kann dies dahin zu-
sammenfassen, dass die pathogenen Bakterien die Eigen-
schaft haben, die hakterientödtende Wirkung des
Organismus zu unterdrücken, während die nicht pa-
thogenen Bakterien eineErhöhung derselben herbei-
führen. Die Erhöhung der antiseptischen Wirkung kann nicht nur
eine vorübergehende, sondern auch eine sehr lang andauernde sein.
Diese Annahmen können auch auf die Cholera bei Kaninchen
ausgedehnt werden. Wenn man an Kaninchen 2 ccm Cholerakultur
intravenös verimpft und entnimmt ihnen nach 4 — 5 Stunden Blut, so
findet man, dass das hakterientödtende Vermögen ihres Serums nam-
haft grösser ist, als jenes des Serums vom normalen Kaninchen.
Der refraktäre Zustand der Kaninchen gegen Cholera ist so bestän-
dig, dass selbst eine gleichzeitig einhergeheude Intoxikation mit
Morphium oder Atropin nicht im Stande ist, die vollständige Ver-
nichtung aller injizirten Cholerabacillen zu verhindern.
Prädisponirend wirkende Substanzen sind hauptsächlich die
Bakterienprodukte und die Fermente. Wenn der intravenösen In-
jektion von Cholerabacillen solche von sterilisirten Kulturen des B.
prodigiosus, von Papa'tn oder von Pankreatin \orangehen, er-
zeugt erstere eine Enteritis mit Vorhandensein von Choleravibrionen
im Dick tl arminhalte. Eine Hämoglobinlösung scheint keine prädispo-
nirende Wirkung für Cholera zu besitzen. Lässt man aber das
Hämoglobin in Metahämoglobin umsetzen und verimpft dieses zu-
gleich mit Cholerakulturen intravenös oder in die Lunge, so wird
eine Septikämie mit Vermehrung der Bacillen ausgelöst. Dieselbe
prädisponirende Wirkung wird hervorgebracht, wenn man das Meta-
hämoglobin im lebenden Organismus selbst mittelst Natriumnitrit er-
zeugt. Das Serum von mit Natriumnitrit vergifteten Kaninchen be-
sitzt irgend ein bakterientödtendes Vermögen nicht mehr. Intra-
venöse Injektionen von Cholerabakterien mit nicht tödtlichen Mengen
Natriumnitrit führen Choleraläsionen mit Lokalisation der Mikroben
im Darme herbei. Da die Cholerabakterien die Eigenschaft haben,
Nitrate in Nitrite überzuführen, wurden auch Versuche mit dem fast
ungiftigen Natriumnitrat angestellt und dessen prädisponirende Wir-
kung ebenfalls konstatirt. 0,3— 0,5 g Natriumnitrat mit 2—4 ccm
Cholerakultur intravenös erzeugen eine Lokalisation der Bakterien
im Darme, welche sich häufig noch während des Lebens des Ver«
suchsthieres durch eine Diarrhöe manifestirt.
(Fortsetzung folgt.)
808
Neue Uitteratur.
Neue Litteratur
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In Bd. IX. S. 253 1. Zeile der Anmerkung lies Frosch statt Koch. — S 255
3. Absatz 2. Zeile lies 0,6 — 0,7 |i statt 6 — 7 p. — S. 255 Anmerkung zweitletzte Zeile
lies F. S. Billings statt J. S. Billings. — S 308 8 Zeile von unten lies Ysoeooe
statt Vsoooo- — S. 309 3. Zeile lies 0,10/0 statt 1 %• — S. 330 letzter Absatz 1. Zeile
>'«8 (Vso Vioo) statt (V»o— V»oo)-
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Neue Litteratur, p. 808
Froimnftuusche Buohdruckerei (Hermann Pökle) in Jena,
Bakteriologie und Parasiteukuude.
In Verbindung mit
Gssii M. Prüf. Dr. Mart m Pnfestr Sr. Mer
In Leipzig In tireifswald
herausgegeben von
Dr« O. UTilworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band, -o- Jena, den 27. Juni 1891. -<>- No. 25.
Preis für den Band (26 Fummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— *|( Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um JÄeferuny von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder bei der Einsendung der Abhandlungen an die
Redaktion auf das Manuskript schreiben zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an
den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen zu
lassen. Die Verlagshandlung ist leider nicht in der Lage, später
eingehende Wünsche berücksichtigen zu können.
Original Mittheiiungen,
Ueber die Wirkung der Dämpfe ätherischer Oele auf die
Abdominaltyphus-, Tuberkel- und Milzbrandbacillen.
[Aus der bakteriologischen Abtheilnng des Instituts für allgemeine
Pathologie von Prof. W. Pod wyssoz ki jun. in Kiew.]
(Von der Kiewer medizinischen Fakultät mit der goldenen Medaille und
der Pir ogoff’schen Prämie gekrönte Preissohrift.)
Von
Th. Omeltschenko.
Mit 2 Abbildungen.
Die Untersuchungen von Gimbert, Koch, Martens,
Riedlin, Cad6ac und Meunier haben schon endgültig die
IX. Bd. 52
814
Oineltschenko,
desinflzireude Eigenschaft der ätherischen Oele festgestellt. Was aber
die Stärke dieser Eigenschaft betrifft, so ist doch trotz der vielfachen
Untersuchungen von Siegen, Mees, Buchholtz, Schulz,
Koch, Martens, Riedlin, Chamberland, W. Leonard
Braddon und Aradas noch keine Möglichkeit, darüber bestimmte
Schlüsse zu ziehen, in Folge der ungenauen und sich einander wider-
sprechenden Resultate, welche man wegen unrichtiger Untersuchungs-
methode dieser Oele als Emulsionen erhielt. Ein Aullösungsmittel,
welches für Bakterien ganz gleichgültig wäre, hat man bis jetzt noch
nicht gefunden.
Was die Wirkung der Dämpfe ätherischer Oele auf die Bakterien
betrifft, so existiren in dieser Richtuug nur die Untersuchungen von
Schulz, Koch, Schill, Fischer, Riedlin, Chamberland
und W. Leonard Braddon. Aber die genannten Autoren haben bei
ihren Untersuchungen diese Frage nicht zu ihrer speziellen Aufgabe
gestellt und berührten dieselbe blos vorübergehend, wobei sie solche
Uütersuchuugsraetbodeu anwendeten, welche keine überzeugenden Re-
sultate garantirten ; Dämlich :
1) Alle benannten Autoren benutzten äusserst geringe Quanti-
täten der ätherischen Oeldämpfe, z. ß. zu den Experimenten von
Schulz wurden blos solche Dampfquantitäten benutzt, welche nur zu-
fällig mit den zu untersuchenden niederen Organismen in Berührung
kommen konnten, indem dieselben von der Oberfläche eines Oel-
tropfens verdunsteten. Wiewohl Koch, Riedl in und W. Leo-
nard Braddon die Verdunstungsfläche etwas vergrösserten, haben
sie .sich im Ganzen von Schul z’s Idee doch nicht getrennt. End-
lich habeu Schill, Fischer und Chamberland mit Dampfquan-
titäten zu thun gehabt, welche sich in kleinen geschlossenen Räumen
bildeten. Hierbei hatten Schill und Fischer als geschlossene
Räume eine Glasglocke und Chamberland seine Doppeieprouvette.
2) Keiner der genannten Autoren hat die Möglichkeit garantirt,
.einen genügenden und beständigen Wechsel der thätigen, dampfför-
migen Substanz zu bewerkstelligen, und keiner hat seine Aufmerk-
samkeit den physikalischen und chemischen Eigenschaften der äthe-
rischen Oele geschenkt.
3) Keiner -von ihnen gibt einen, wenn auch nur annähernden Hin-
weis auf die Quantität der untersuchten Substanz im dampfförmigen
Zustande.
4) Endlich bat keiner bei den bis zur letzten Zeit stattgehabten
Untersuchungen die Bedingungen der praktischen Anwendung der
ätherischen Oele in Dampfform in Betracht gezogen.
Lassen wir hier die grosse Reihe der ungenau angestellten klini-
schen Versuche über die antibakterielle Wirkung der Dämpfe äthe-
rischer Oele unbeachtet, so kann man die durch die bisherigen Un-
tersuchungen gewonnenen Resultate in folgenden Worten darstellen:
1} Die Dämpfe Ölei Eucalypti Globuli bleiben nicht ohne Wir-
kung auf die Parametjas und Trichina spiralis (Schulz).
2) Die Dämpfe des Terpentinöles in Gerber’ s Apparat haben
Milsbraadsporen in 60 Tagen nicht getödtet, wobei das Oel in dieser
ganzen Zeit nicht erneuert wurde. (Koch.)
Ueber die Wirkung der Dämpfe ätherischer Oele auf Bacillen.
815
Dieselben im geschlossenen Raume erzielten Dämpfe tödten in
20 Stunden die Tuberkelbacilleu im Auswurf Tuberculöser nicht
(Schill und Fischer).
3) Die Dämpfe Olei Lavendulae verhindern die Vermehrung der
Choleravibrionen, bleiben aber fast ohne Wirkung auf die typhus-
ähnlichen Bacillen, welche auf der Oberfläche der alkalischen
10 °/0 Fleisch wa/iser-Pepton-Gelatine wachsen. Die Dämpfe des Ter-
pentin-, Eucalyptus-, Pfefferminz- und Rosrnarinöles verzögern augen-
scheinlich die Vermehrung der Bakterien. (Riedlin, Leoßard
B rad d on.)
4) Milzbrandsporen sterben in dem mit Zimmtöldämpfen gesät-
tigten Nährsubstrat, verlieren aber blos die Fähigkeit zur Entwicklung
in demselben mit den meisten anderen ätherischen Öeldämpfen ge-
sättigten Nährsubstrate. Hierbei hat man unter Einwirkung einiger
Oele im Näbrsubstrate sogar eiuen Niederschlag von einer unbekannten
chemischen Zusammensetzung erhalten. (Cha m b er 1 an d.)
Somit kann die Frage hinsichtlich der antibakteriellen Eigen-
schaften der ätherischen Oeldämpfe noch nicht als gelöst betrachtet
werden und die eben angeführten Schlüsse können in Folge der un-
richtigen Untersuchungsmethoden nicht endgültig sein.
Das hohe Interesse und die Bedeutung dieser Frage wird
schon durch die rein physikalischen Eigenschaften der Dämpfe äthe-
rischer Oele bedingt, und zwar durch ihre Flüchtigkeit und Diffusi-
bilität.
Um der Entscheidung der Frage über die antibakterielle Be-
deutung der ätherischen Oeldämpfe möglichst näher und richtiger zu
treten, ohne zu derselben Zeit andere Bakterienlebensbedingungen zu
stören und streng auf alle Eigenschaften der äthe-
rischen Oele zu achten, war man gezwungen, eine andere
UntersuchuDgsmethode zu wählen.
Zu diesem Zweck wurde die atmosphärische Luft,
gesättigt mit Dämpfen des zu untersuchenden äthe-
rischen Oeles, über eine Reinkultur von der Eprouvette
auf die Oberfläche des schräg erstarrten Nährsubstrats
ausgewachsener Bakterien, mit Hülfe der Wasserluft-
pumpe durchgeführt und die Eprouvette in einen ge-
eigneten, besonders dazu konstruirten Apparat gesetzt.
Dieser Apparat besteht, wie Fig. 1 zeigt, aus einem
Cylinder von Glas mit eingeschliffenem Kugelstopfeu
und zwei pflaumcnahniich endenden Röhrchen mit zahl-
reichen kleinen Oeffaungen. In die obengenannten
Röhrchen setzte man hierbei einige Wattepfropfen, um
die Luft inniger mit den ätherischen Öeldämpfen zu ver-
mischen und die Reinheit der Bakterienkultur zu be-
wahren. Der beschriebene Apparat wurde jedesmal
vor dem Versuche bei 160° C sterilisirf.
Um die schädliche Wirkung der Lichtstrahlen auf
die Bakterien zu vermeiden, befand sich der Apparat
zu der Zeit des Experimentes in einem speziell dazu
konstruirten Kasten.
o
Fig. 1.
52*
816
Oinelt. schenko,
Mit. ätherischen Oeldämpfen wurde die Luft gesättigt, indem sie
durch das Oel im Kalium-Apparate von Geissler, oder über dem
Oele iu einem besonders dazu geeigneten Apparate, der aus einem
Cylinder bestand, welcher an seinen Enden mit
feinen Röhrchen versehen war (Fig. 2), durch-
ging. Diese Röhrchen waren exzentrisch ge-
stellt und dienten dazu, die Luft hinein- und
herauszuführen. Uni so viel wie möglich die
Stärke der Dämpfe zu vermindern, wurde die
Luft durch eine Eprouvette durchgelassen,
die mit Kautschukstopfen versehen war, iu
deren Oeifnungen zwei Röhren von Gla?
eingestellt waren. Das Eingangsrohr vor
denselben, das dazu diente, die Menge der
Dämpfe zu vermindern oder zu vermehren,
erhob sich bald höher, bald niedriger tibei
die Oberfläche des in der Eprouvette befind-
lichen ätherischen Oeles.
Um endlich die Quantität des während
des Experimentes verdampften Oeles zu
bestimmen, wurden alle drei obengenannten
Apparate, die dazu geeignet waren, die Luft
mit ätherischen Oeldämpfen zu sättigen, erst
ohne Oel und später mit demselben abge-
wogen ; in dieser Weise wurde durch den
Unterschied des Gewichts die Menge des ge-
nommenen Oeles bestimmt; das Abwiegen
nach dem Experiment gab die Möglichkeit,
die Menge des zur Zeit des Experimentes
verdampften Oeles zu bestimmen. Das Ab-
wiegen wurde hierbei mit der chemischen
Wage gemacht.
Die Quantität der Luft, die während des Experimentes über die
Bakterien gegangen war, wurde durch den Apparat von Foiret aus-
gemessen. Hierdurch war es sehr leicht, die Quantität des auf jedes
Liter atmosphärischer Luft kommenden verdampften Oeles zu be-
stimmen. Vermittelst der Kontrollröhre wurde der Fehler berechnet,
der von der Aufnahme der ätherischen Ocldärapfe durch die Watte-
pfropfen, welche sich in den Apparatröhren befanden, abhing. Da
die atmosphärische Luft während des Durchgehens durch das Oel
die Emulsion gab, musste man die erstere vorher vermittelst des
Chlor-Calcium austrocknen in den Fällen, wo die Luft mit ätherischen
Oeldämpfen in dem Kaliumapparate gesättigt werden musste.
Wiederholte Abwiegungen zeigten, dass mit der Zeit die äthe-
rischen Oele die Fähigkeit, zu verdampfen, verlieren; um daher
grössere Quantitäten der in der Luft befindlichen Dämpfe zu er-
halten, wurde das zu untersuchende Oel alle 10 — 12 Stunden ge-
wechselt. Dabei wurde der Sättigungsapparat jedesmal mit Alkohol
und Aether gewaschen und sorgfältig in einem Sterilisirungskasten
ausgetrocknet.
U«ber die Wirkung der Dämpfe ätherischer Oele auf Bacillen. 817
In den Fällen, wo zum Reste des ätherischen Oeles vom vor-
hergehenden Experimente eine neue Portion hinzugefügt wurde, gab
solche Mischung schon bedeutend geringere Quantitäten von Dämpfen,
als dieselbe in eiceD völlig reinen Apparat eingegossene PortioD.
Um die Einwirkung der ätherischen Oeldämpfe auf die Bakterien
zu beobachten, wurde die die Bakterienkultur enthaltende Eprouvette
nach mehr oder weniger langen Zwischenräumen aus dem Apparate
herausgenommen, um mit diesen Bakterien zur Konstatiruug ihrer
Lebensfähigkeit neues Nährsubstrat zu infiziren. Zu derselben Zeit
wurden kleine Portionen zur Bereitung der mikroskopischen Präparate
genommen.
1.
Um die antibakterielle Wirkung von Dämpfen ätherischer Oele
zu erforschen, wurden anfangs Abdominaltyphusbacillen genommen,
welche man absichtlich zu solchen Experimenten aus Exkrementen
eines Abdominaltyphuskranken erhielt und welche alle bis jetzt in
der bakteriologischen Litteratur augedeuteten Eigenschaften zeigten.
Als Nährsubstrate wurden 10 °/0 Fieischwasser-Pepton-Gelatine und
1,5 °/0 Fleischwasser-Pepton- Agar angewendet. Die schräg erstarrte
Oberfläche derselben wurde mit Bacillen durch den Strich infizirt.
Nachdem diese Kultur ein Alter von 2 bis S Tagen erreicht,
hatte, setzte man sie der Einwirkung der mit Dämpfen des zu er-
forschenden ätherischen Oeles gesättigten Luft aus. Nach kurzen
Zwischenräumen aufeinanderfolgende Untersuchungen zeigten, dass
die Beweglichkeit der Abdominaltyphusbacillen schon sehr bald auf-
hörte. Die Inüzirung der frisehen Nährsubstrate, welche jetzt im
Thermostaten bei 37,5° C geschah, bewies, dass der Tod der Äb-
dominaltyphusbacillen unter Einwirkung der Dämpfe eintrat. (Siehe
nebenstehende Tabelle.)
In allen diesen Fällen wurde die atmosphärische Luft mit den
Dämpfen ätherischer Oele in einem Kaliumapparate gesättigt.
Es ist nöthig, zu bemerken, dass man bei Feststellung des Grades
der antibakteriellen Eigenschaften der ätherischen Oeldämpfe nicht
nur die Zeit in Betracht ziehen muss, welche zur Tödtung der Bak-
terien erforderlich ist, sondern auch die Sättigung der Luft mit
diesen Dämpfen und die Gesammtquantität des während des Expe-
rimentes verbrauchten ätherischen Oeles in Substanz.
So ist aus der Tabelle zu ersehen, dass Oleum Cinnamomi und
Oleum Valerianae die Kolonieen der Abdominaltyphusbacillen ein und
desselben Alters in gleichen Zeiträumen tödten, von Oleum Cicna-
mcmi hierzu aber nur 0,0646 g bei einer Sättigung der Luft von
0,0005, dagegen von 01. Valerianae schon 1,0429 g bei einer Sättigung
von 0,0082 erforderlich ist. Daher ist 01. Cinnamomi als nicht nur
dem 01. Valerianae, sondern auch gegenüber allen anderen obenge-
nannten ätherischen Oelen als das am stärksten wirksame anzusehen.
Die Dämpfe des 01. Citri rectificati dagegen hemmten in aller-
grösster Sättigung, welche man unter gewöhnfichen Bedingungen er-
reichen konnte, nur die Entwicklung der Kolonieen der Abdominal-
typhusbacillen.
Die Versuche mit Abdominaltyphusbacillen, welche bei Zimmer
818
Omeltscfaetiko,
temperatur auf einem SeideDfaden getrocknet waren, bewiesen, dass
diese in solchem Zustande unter Einwirkung der Dämpfe ätherischer
Oele schwerer absterben, als in normalem Zustande.
Ucsam mtquantität de» tum
Versuche genommenen
ätherischen Oeles in
Grammen.
Olei Cinuamomi . . .
2.5745
Olei Foeniculi ....
3,5861
Olei Lavecdulae
3,9053
Olei Caryophyllorum . .
7,7939
01 ii Thymi j
3,7075
Olei Menthae pip. . . . !
3,3220
Olei Anisi j
19,1125
Olei Myrti bisp. ...
3,6266
Olei Menthae erisp. . . ;
7,0923
Olei Eucalypti Glob. . .
3,9333
Olei Camphorae sap. . . j
3,6351
Olei Valerianae . . . . |
11,6068
Eucalyptoli
18,0425
Olei Terebinthinae gall .
17,8327
CD -S
! 0.0646
I
0,2 1 95 j
20—23
21
28—30
29
120
29
0,2242
0,2714
0,2805
0,3752
0,3845
0,4575
0,4738
24—26,5
25.6
26—30
28
21,5—22,5
22
28— 29
28,5
29— 31
29.4
23,5—25
24.5
26—29
26.7
0,7722
0,9290
!
! 1,0429
2,0425
4,0039
28—29
28,2
28,5—30
29,2
28—30
29.2
18—19
18.3
26—29
27.3
31
56
30
30
137
30
63
65
33
127
136
162
Dauer des Versuche» hi»
zum Absterben der Bakterien
in Stunden.
Wie viel ätherisches Oel im
Apparate zur Verdampfung
erneuert wurde.
•5 Z
« *
u® »
- j -
■5 >. o
^ °
3 18 g
5* ® Q.
S j B
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s|
CD ®
45
1
0,0005
10
1
0,0076
12
1
0,0072
23
2
0,0048
12
t
0,0094
11
1
0,0125
55
5
0,0028
12
1
0,0153
23
*
0,0075
10
1
0,0286
12
1
0,0282
45
3
0,0082
54
5
0,0150
56
5
0,0247
Eine zweite Reihe von Experimenten mit Abdominaltyphusbacillen
wurde schon bei der Verdampfung ätherischer Oele in kleinen ge-
schlossenen Räumen gemacht.
Zu diesem Zweck wurden hermetisch verschliessbare Flaschen mit
Deckelstopfen, auf deren Boden die zu erforschenden ätherischen Oele
in einer Menge von 1 ccm gegossen wurden, genommen. Darauf setzte
mau je eine kleine Eprouvette mit schräg erstarrtem Nährsubstrate
in die Flaschen, welches zuvor mit Abdominaltyphusbacillen durch
Strich infizirt wurde. Einige Eprouvetten besassen eine solche Länge,
dass ihre Oeffnungen unmittelbar an den Pfropfen der Flaschen
reichten, andere aber standen auf dem Boden der Flasche, jedoch so,
dass die Ränder ihrer Oeffnungen ein wenig über die Oberfläche des
Oeles hervorragte.
Ueber die Wirkung der Dämpfe ätherischer Oele auf Bacillen.
819
Die Flaschen befanden sich in einem dunkelen Schranke bei
Zimmertemperatur (im Durchschnitt 25 — 27 0 C).
Nach Verlauf vou 3 Tagen hatten die Dämpfe des 01. Cam-
phorae Japon. die Bacillen in der auf dem Boden der Flasche pla-
cirten Eprouvette getödtet, während durch die Dämpfe des 01. Laven-
dulae, Thymi, Eucalypti Globuli und des Eucalyptol nur die Ent-
wicklung der Kolonieen gänzlich gehemmt wurde. In den Eprouvetten
aber, welche bis an den Propfen der Flasche reichten, äusserte sich
die grösste Reaktion nur durch grössere oder mindere Behinderung
des Wachsthums der Bakterienkolonieen.
Gleiche Experimente bei nur 37,5 0 C ergaben als Resultat den
Tod der Abdominaltyphusbacillen durch Dämpfe des 01. Camphorae
Japon. und 01. Eucalypti Glob. in den Eprouvetten beider Grössen,
die Dämpfe des 01. Menthae crispae und 01. Thymi aber nur den
Tod der Bacillen in den am Boden der Flaschen befindlichen Eprou-
vetten. Die Dämpfe des 01. Menthae piper. hemmten die Entwicklung
der Bakterienkolonieen nur in der Eprouvette letztgenannter Sorte.
Angestellte Vergleichungsexperimente mit eintägigen Kulturen
der Abdominaltyphusbacillen in den am Boden der Flaschen placirten
Eprouvetten ergaben als Resultat den Tod derselben durch Dämpfe
des 01. Eucalypti Globuli, Thymi, Camphorae Japon. und 01. Men-
thae crispae.
Der schädliche Einfluss der Dämpfe ätherischer Oele auf die
Abdominaltyphusbacillen bestätigt sich gleichfalls durch die mikrosko-
pischen Untersuchungen.
Die auf Deckgläschen getrockneten Bacillen wurden mit wässeriger
alkoholischer Fuchsinlösung tingirt und darauf bei starker Ver-
grösserung untersucht (Apochromat 1,33 , Kompensationssystem IV,
Hartnack’s M ikroskop).
Um das Verhalten der bereits dem Einfluss der Dämpfe ätherischer
Oele ausgesetzten Abdominaltyphusbacillen zu anderen Farbstoffen
zu beurtheilen, wurde noch die Färbung mit wässerigen alkoholischen
Gentianaviolett-, Methylviolettlösungen und nach Ziehl’s und Löff-
ler’s Methoden vorgenommen. Um hierbei die Abweichungen von
der normalen anatomischen Struktur zu beobachten, wurden immer
nach derselbe« Methode auch die Präparate auä normalen Kontroll-
kulturen der Abdominaltyphusbacillen gefertigt.
Endlich wurden, um genaue Schlüsse über die Veränderungen:
der Baciilen, welche deren Tod konstatirtea, zu ziehen, mikroskopische
Präparate au3 den schon dem Einfluss der Dämpfe ätherischer Oele
unterworfen gewesenen Theilen, welche auf frischem Nährsubstrate
keine Entwicklung ergaben, gefertigt.
Als Endresultat der Einwirkung der Dämpfe ätherischer Oefe
auf die Abdominaltyphusbacillen erscheint die fast völlige Eilbusse
der Fähigkeit der letzteren, sich zu färben. Folglich geschieht hier,
wenn wir die Integrität der Bacillenkonturen in Betracht ziehen,, eine
Mykoplasmaveränderung, welche ihre chemische V e r b i nd u ugsfäb ig kei'i.
mit Anilinfarbstoffen aufhebt.
Die Einbusse der Färbungsfähigkeit geschieht ungleichmäßig
auf der ganzen Länge der Bacillen. Daher nimmt man sßf&agä au{
820
Omeltschenko,
denselben einzelne schwach gefärbte Stellen , nachher aber scharf
hervor tretende Körner wahr. Die letzteren verlieren ebenfalls mit
der Zeit die Färbungsfähigkeit und dann erscheint der Bacillus fast
ganz blass. Folglich sind die Körner, welche unter dem Einflüsse
der Dämpfe von ätherischen Oelen entstehen, nicht das Ergebniss des
zusammenziehenden, zusammenschrumpfenden Einflusses dieser Dämpfe
auf das Mykoplasma, sondern das Resultat der allmählichen Einbusse
der Färbungsfähigkeit, einer ungleichmässigen Einbusse, entsprechend
der Ungleichmässigkeit der Bacillenmykoplasinavertheilung.
Es sind einige Gründe vorhanden, arizunehmen, dass die Stellen,
welche früher, als andere die Färbungsfähigkeit verlieren und folg-
lich eine geringere Quantität des Mykoplasma enthalten, eben den
Bakterienkörpert heilen entsprechen, in denen die Theilung derselben
stattfindet.
Was die Merkmale des Absterbens der Abdominaltyphusbacilien
anbelangt, so hat die Vergleichung einer Reihe der unter Einwirkung
der Dämpfe von ätherischen Oelen abgestorbenen Bacillen bewiesen,
dass das einzige allgemeine Merkmal der abgestorbenen Bacillen, wenn
solche nach dem Tode nicht noch einige Zeit dem Einflüsse der
Dämpfe ausgesetzt wurden, die Einbusse der Färbungsintensität
und dann in grösserem oder geringerem Maasse ihre Ungleich-
mässigkeit ist.
II.
Die Zeit erlaubte nicht, reine frische Kultur der Tuberkelbacilieo
aus den Geweben vom Menschen zu erhalten. Daher wurde die
Wirkung der Dämpfe ätherischer Oele auf die im Laboratorium vor-
handen gewesenen alten Tuberkelbacillenkulturen erforscht. Zuvor
vorgenommene Kontrollinokulation dieser Tuberkelbacillen bei einem
Meerschweinchen rief den Tod desselben durch Tuberculose nach
3* 1/2 Monaten hervor.
In Anbetracht einer solchen Abschwächung dieser Kulturen wurden
sie nur der Einwirkung der Dämpfe von 3 ätherischen Oelen unter-
zogen : Olei Cinnamorai, Olei Lavendulae und Olei Eucalypti Globuli.
Als Nährsubstrat wurde geronnenes Blutserum angewandt.
Das Alter dieser Tuberkelbacillenkulturen, weiche der Einwirkung
der Dämpfe obengenannter ätherischer Oele unterzogen wurden, be-
trug annähernd 3 Wochen. Der Tod der Tuberkelbacillen trat ein
unter Einwirkung der Dämpfe:
Olei Cinnamorai .
Oiei Lavendulae .
Olei Eucalypti Giob.
Gesammtqüanti:ät des
während des Ver-
suches verbrauchten
ätherischen Ceies in
Grammen.
| i
jGesammtquantkäc deslDauer des Versuches
in jedem Liter der j bis zum Absterben
Luft verdampften ider Tuberkelbacillen
Oeles. | in Stunden.
0,1135 | 0,0018 j 33
0,2421 : 0,0078 | 12
0,8071 ! 0,0252 I 12
I
Aus den mikroskopischen Veränderungen der Tuberkelbacillen
unter Einwirkung ätherischer Oele kann man mit Bestimmtheit nur
Ueber die Wirkung der Dämpfe ätherischer Oele auf Bacillen
821
eine bedeutende Einbusse der Färbungsintensität konslatiren. (Die
Färbung geschah nach Ziehl-Neelsen’s Methode.)
III.
Angestellte Untersuchungen über die Wirkung der Dämpfe äthe-
rischer Oele auf die Milzbrandsporen. welche auf einem Seidenfaden
getrocknet waren, erwiesen, dass die Dämpfe des Ol. Foeniculi und
Ol. Eucalypti Globuli dieselben nicht tödten, selbst in bedeutend
grossen Zeiträumen :
Olei Foeniculi . . |
Olei Eucalypti Glob ||
Gesammtquantität des
während des Ver-
suches verbrauchten
ätherischen Oeies in
Grammen
0.8354
3,0171
Gesammtquantität des
in jedem Liter ver-
dampften Oeies in
Grammen.
0,0044
0,0134
Dauer des Versuches
in Stunden.
€6
88
In Anbetracht dessen, dass zahlreiche Angaben in der Litteratur
und die oben beschriebenen Versuche über die Wirkung der Dampfe
ätherischer Oele aut die Abdominaltyphusbacillen zeigen, dass die
Mikroben irn feuchten Zustande von geringerer Resistenz sind, wurden
die folgenden Experimente auch mit Milzbrandsporen im feuchten
Zustande angestellt.
Zu diesem Zwecke wurden die Seideufäden mit ihren Milzbraud-
sporen in Eprouvetten auf die schräg erstarrte Oberfläche des 1 °/0
Fleischwasser-Pepton-Agar mit bedeutender Quantität von Konden-
sationswasser gelegt, zu dem eine kleine Quantität destillirten und
sterilisirten Wassers zugesetzt wurde.
Diese Flüssigkeit bedeckte nun mit dünner Schicht die Milz-
brandsporen in der im Apparate horizontal gelegten Eprouvette.
Der Tod der Milzbrandbacillen trat unter solchen Bedingungen unter
Einwirkung der Dämpfe ein:
Gesammtquantität des
während des Ver-
suches verbrauchten
ätherischen Oeies in
Grammen.
Gesammtquantität des
in jedem Liter ver-
dampften Oeies in
Grammen.
Dauer des Versuches
bis zum Absterben
der Milzbrandsporen
in Stunden.
Olei Thymi .
3,5254
0,0158
89
Olei Camphorae Jap
4,6756
0,0300
Gö
Olei Eucalypti Glob,
5,3445
0,0274
72
Um die Wirkung der Dämpfe von ätherischen Oelen auf die Milz-
brandbacillen zu erforschen, wurde eine eintägige im Thermostaten
bei 37,5 C gewachsene Kultur der letzteren der Einwirkung der
Dämpfe des 01. Cinnamomi und 01. Lavendulae ausgesetzt. Der Tod
der Milzbrandbacillen trat nach 111 Stunden ein, wobei die Gesammt-
quantität des während des Versuches verbrauchten 01. Ravend ul ae
822
Ouieitscbenko,
1,4986 g (0,0054 auf jedes Liter der Luft) und des öl. Cinnamomi
1,4751 g (0,0049 auf jedes Liter der Luft) betrug.
Die aufeinanderfolgenden mikroskopischen Untersuchungen
zeigten in diesen Fällen, dass sich schon nach 24 Stunden sporen-
tragende Milzbrandbacillen in den Präparaten befanden unu ziemlich
zahlreiche freie Sporen, deren Zahl sich im Laufe der Zeit stets
vermehrte. Zugleich kamen an den Präparaten Miizbrandbacillen
vor, welche sich entweder vereinzelt zeigten, oder als Fäden in einer
ganzen Reihe höchst schwach gefärbter und im Innern Körner von
verschiedener Grösse und Form enthaltender Bacillen lagen, wobei
die grösseren derselben sich stets an den Enden des Stäbchens
befanden.
Hieraus ersieht man, dass die Dämpfe von ätherischen Oelen
die Sporenbilduug nicht aufheben. Ferner zeigt sich aber, dass viele
Bacillen keine Sporen bilden können und, nach ihren Veränderungen
zu schliessen, absterben.
Da aber die Infizirungen von frischem Nährmaterial Milzbrand-
bacillenkolouieen gaben, welche vielleicht durch die Anwesenheit von
Sporen bedingt wurden, so hat man keinen hinreichenden Grund, mit
Sicherheit die vorher beschriebenen veränderten Miizbrandbacillen
als abgestorben anzusehen. Auf die Sporen aber hatten im gege-
benen Falle die Dämpfe der ätherischen Oele keinen Einfluss, da
während des Versuches das Nährsubstrat ein wenig trocken wurde und
daher stiessen die Sporen, welche sich auf ihrer Oberfläche befänden,
auf Bedingungen, die denen auf getrockneten Seidenfäden ähnlich
sind. Zur Erklärung dieser Frage wurde eine eintägige Kultur von
Miizbrandbacillen, welche im Thermosraten bei 37,5 0 C aufwuchs, auf
eine schräge Oberfläche von 1 °/0 Fieischwasser-Pepton-Agar über-
tragen, zu dessen Kondensationswasser wiederum eine geringe Quan-
tität destillirten und sterilisirten Wassers hinzugefügt wurde. Hier-
durch erschien die Kultur mit einer dünnen Schicht von Flüssigkeit
bedeckt. Unter solchen Bedingungen trat der Tod der Milzbrand-
bacillenkulturen unter der Einwirkung der Dämpfe des 01. Thymi
nach 64 Stunden (Gesammtquantität des während des Versuches ver-
brauchten Oeles 2,2372 g.; auf jedes Liter der Luft 0,0148 g) und
des 01. Camphorae Japon. nach 72 Stunden (Gesammtquantität des
während des Versuches verbrauchten Oeles 4,1262 g, auf jedes Liter
der Luft 0,0244 g) ein.
Die aufeinanderfolgenden mikroskopischen Untersuchungen er-
wiesen, dass auch unter diesen Versuchs-Bedingungen sich die Milz-
branflsporen bilden ; in Beziehung auf die Färbungsfähigkeit erleiden
die Miizbrandbacillen auch in diesem Falle solche Veränderungen,
wie sie in den vorher beschriebenen Experimenten und in derselben
Reihenfolge, wie bei den Abdominaltyphusbacillen beobachtet worden
waren. Die umgekommenen Miizbrandbacillen verlieren beinahe völlig
die Färbungsfähigkeit; ihre Enden sind mehr oder weniger gerundet
und enthalten stark gefärbte Körner, die viel grösser sind, als die
an, anderen Stellen desselben Stäbchens sich befindenden.
Ueber die Wirkung der Dämpfe ätherischer Oeie auf Bacillen.
823
Es wurden auch Beobachtungen über die Wirkung der Dämpfe
von 01. Meuthae piperitae, 01. Menthae crispae, 01. Citri rectificati
und 01. Foeniculi auf die Milzbrandsporen unter den Bedingungen der
Verdampfung in hermetisch verschlossenen Flaschen gemacht. In
jede Flasche wurde 1 ccm des zu untersuchenden ätherischen Oeles
emgegossen, dauach wurde in dieselbe die Eprouvette eingestellt,
die an dem Pfropfen der Flasche endete und die das Nährsubstrat
enthielt, auf deren Oberfläche sich Seidenfäden mit ausgetrockneten
Milzbrandsporen befanden. Die Flaschen blieben bei Zimmertempera-
tur in einem dunkelen Schranke.
Nachfolgende Beobachtungen zeigten, dass auch die kleinen
Quantitäten Dämpfe, die sich unter solchen Bedingungen bilden
konnten, hinreichend genug sind, um die Entwicklung der Milz-
brandsporen völlig aufzuheben. Bei dem Uebertragen derselben Seiden-
fäden nach 2 Wochen auf eine frische nahrhafte Mitte wurde aber
die Entwicklung von Sporen beobachtet, obgleich in verschiedenen
Zeiträumen bei den verschiedenen Seidenfäden.
Das Experiment, das in derselben Form mit 01. Rosarum ge-
macht worden war, zeigte, dass die Dämpfe dieses Oeles nur bei
37,5 ü C die Auskeimung der Milzbrandsporen behindern und bei der
gewöhnlichen Zimmertemperatur beinahe indifferent bleiben.
Endlich wurde noch ein Experiment in folgender Weise gemacht:
In 2 Flaschen wurde je 1 ccm von 01. Thymi eingegossen; danach
wurde auf den Boden derselben die Eprouvette mit Fleischwasser-
Pepton- Agar gelegt, auf dessen Oberfläche Seidenfäden mit Miiz-
brandsporen sich befänden. Eine Flasche war mit einem einge-
schÜffenen Stopfen hermetisch geschlossen, die andere aber mit einem
undichten, aus sterilisirter Watte gemachten Pfropfen.
In der zweiten Flasche wurde das Oel jede Woche erneuert;
die erste blieb die ganze Zeit in völliger Ruhe. Beide Flaschen
blieben während des Experimentes in einem dunkelen Schranke bei
Zimmertemperatur (im Durchschnitt 17 0 C).
Natürlicher Weise wurde in beiden Flaschen gar keine Ent-
wicklung beobachtet. Nach dem Uebertragen der Seideufäden auf
eine frische nahrhafte Masse nach einer 6 Wochen langen Einwirkung
der Dämpfe des 01. Thymi auf dieselben zeigten die Fäden von der
Flasche mit dem eingeschliffenen Stopfen schon nach 24 Stunden Ent-
wicklung (bei 37,5 0 C), während die Fäden aus der zweiten Flasche,
wo ein Wechseln der Dämpfe möglich war, keine Entwicklung gaben.
Resumiren wir in Kürze die Resultate, zu denen wir durch diese
Versuche gelangt sind, so hat sich ergeben:
1) Den Dämpfen von ätherischen Oelen sind bei beständigem
Wechsel der mit ihnen gesättigten Luft bedeutende desinfizirende
Eigenschaften eigen.
Bei allmählicher Verminderung des Sättigungsgrades heben die
Dämpfe im Anfang die Bakterieneutwicklung auf, alsdann erhalten
sie bei weiterer Verdünnung die Eigenschaft, nur dieselbe zu ver-
hindern. Die dem Experimente unterworfenen Oele kann man je
nach der Intensität ihrer desinfizirenden Eigenschaften in folgender
Reihe ordnen: Oleum Cinnamomi, 01. Foeniculi, 01. Lavendulae, 01.
824 Omeltschenko, Ueb. <1. Wirkung d. Dämpfe ätherischer Oele auf Bacillen.
Caryophyllorum , 0!. Thymi, 01. Menthae piperitae, 01. Anisi, 01.
Myrti hisp., 01. Menthae crispae, 01. Eucalypti Globuli, 01. Cam-
phorae Japon., 01. Valerianae, Eucalyptolum und 01. Terebinthinae
gallicum. 01. Citri rectific. und 01. Rosarum haben als Dämpfe die
allerschwächste desinfizirende Eigenschaft, wobei die Dämpfe des 01.
Citri rectific. bei stärkster Sättigung der Luft die Entwicklung der
Bakterien nur behindern.
2) Im getrockneten Zustande sterben die Bacillen unter Ein-
wirkung der Dämpfe ätherischer Oele schwerer ab, als im normalen
Zustande.
3) Die Widerstandsfähigkeit der Milzbrandsporen in feuchtem
Zustande wird gegenüber der Einwirkung der Dämpfe ätherischer
Oele bedeutend geschwächt.
4) Das Bakterienprotoplasma erleidet unter der Einwirkung der
Dämpfe ätherischer Oele Veränderungen in seiner chemischen Zu-
sammensetzung, indem es die Fähigkeit zur Aufnahme der Anilin-
farbstoffe verliert. Diese Fähigkeit schwindet allmählich und un-
gleichmässig in verschiedenen Theilen eines und desselben Bacillus.
5) Das Merkmal des Absterbens der Bacillen besteht in mehr
oder weniger bedeutendem Verluste der Fähigkeit zur Aufnahme der
Anilinfarbstoffe und zugleich im körnigen Aussehen der Bacillen.
6) Zur Aufhebung der Milzbrandsporenentwicklung genügen
Dämpfe von ätherischen Oelen in minimalen Quantitäten.
7) Die Anwendung der Dämpfe ätherischer Oele im Geraeinleben
hat eine rationelle Grundlage.
8) Die Emulsirung ätherischer Oele schwächt das Flüchtigkeits-
vermögen derselben ab.
9) Beim Durchströmen der Luft sowohl über die Oeloberffäche,
als auch durch dasselbe vermindert sich allmählich die Flüchtig-
keit des Oeles bis zum vollständigen Verluste dieser Eigenschaft,
trotzdem noch eine bedeutende Quantität von Oel in Substanz
übrig bleibt. Daher ist es nothwendig, die Oelportionen , um
einen beständigen Sättigungsgrad der Luft mit Oeldämpfen zu er-
zielen, fortwährend um so öfter zu erneuern, je schwächer das Flüch-
tigkeitsvermögen des Oeles ist und je bedeutendere Quantitäten der
Dämpfe zu erzielen sind.
10) Die Forschuagsmethode der antibakteriellen Eigenschaften
für dampfartige Substanzen, gesättigte Luft über Bakterienkulturen
zu führen, kann als die rationellste auch für Untersuchungen der
antibakteriellen Eigenschaften gasartiger Substanzen gelten.
Kiew, Ende April 1891.
Bau, Die Bestimmung von Maltose, Dextrose u. Dextrin in Bierwürze etc. 825
Die Bestimmung von Maltose, Dextrose und Dextrin
in Bierwürze und Bier mittelst Reinkulturen von
Gährungs-Organismen.
Von
Arminias Bau
in
Amsterdam.
Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht Dr. H. Eiion in Rot-
terdam eine Kritik meiner in Bd. IX. S. 99. 100 d. Zeitschr. er-
wähnten Arbeit: „Ueber die scheinbare Zunahme des Dextringehalts
in Bierwürzen während der Gährung, sowie über die Bestimmung
der Dextrose und des Dextrins in ihnen“, in welcher Eiion meine
erhaltenen Resultate bezüglich eines ins Gewicht fallenden Dextrose-
gehalts in normalen Bierwürzen zu diskreditireu sucht.
Dem gegenüber ist zu erwidern, dass die Bierwürzen, welche ich
zur Untersuchung benutzte, aus normalem Malz, nach dem Verfahren
von Saladi n erzeugt, in normaler Arbeitsweise (Dekoktionsverfahren)
hergestellt waren, und zwar ausschliesslich aus Malz, ohne Beigabe
von Reis oder anderen Surrogaten.
Den meisten Zymockemikern ist es bekannt, dass die Zusammen-
setzung von normalen Bierwürzen, abgesehen von den durch Darr-
end Sudprozess hervorgerufenen Schwankungen, in verschiedenen
Brauereien, zumal, wenn vielleicht Gerste anderer Provenienz verar-
beitet worden ist, bezüglich feinerer Unterschiede eine ganz differente
seiu kann. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, muss ich die
Möglichkeit zugeben, dass in den von Eiion untersuchten Würzen,
sofern er dies mit der nöthigen Ueberzeugung vertritt, nur ver-
schwindend geringe Mengen von dextroseähn liehen Zuckerarten gegen
wärtig waren. Andererseits aber halte ich es für unwissenschaftlich,
wenn Eiion die von ihm erhaltenen Resultate auf ihm vielleicht
unbekannte Verhältnisse mit Sicherheit zu übertragen sich be-
müssigt fühlt.
Wenn Eiion annimmt, Hansen nabe sich jedenfalls geirrt,
als er Maltose als absolut unvergährbar für den Saccharomyces
apicu latus hinstellte, so würde es für die Wissenschaft nur von
Nutzen sein, wenn Eiion diese Annahme durch den Versuch zur
Thatsache erheben würde. Bis zu diesem Zeitpunkt stütze ich mich
auf Hansen’ s und meine eigeneu, bisher noch nicht publizirteu
Versuche, dass S. apicu latus Maltose, sofern nicht ein von dieser
Hefenart nicht auszuübender Einfluss auf die Maltose geltend ge-
macht wird, auch in geeigneter Nährlösung zu vergähren
nicht vermag.
E 1 i o n übersieht in seiner Kritik die in den von mir unter-
suchten Würzen geltend gemachten Erscheinungen in Betreff der
Kupferreduktion mittelst Fehling’ scher Lösung vor und nach der
826
S a v % S ,
Gährung, vor und nach dem Invertiren, eine Erscheinung, welche in
der Bestimmung des „Scheindextrins“ einen prägnanten Ausdruck
findet, auf die Gegenwart anderer Zuckerarten neben Maltose hin-
weist und die Erklärung für die durch den Saccharomyces
apiculatus bedingte theilweise Vergährung von Bierwürzen liefert.
Nebenbei sei erwähnt, dass in neuerer Zeit in Bierwürzen von
anderen Herren nach Methoden, welche von der meinigen völlig ab-
weichen, grössere oder geringere Mengen von dextroseähulichen
Zuckerarten nachgewiesen worden sind.
Wenn Eiion nun zum Schluss meint, der S. apiculatus
könne als analytisches Reagenz erst dann mit absoluter Sicherheit
Verwendung finden, nachdem er einem eingehenden Studium unter-
worfen sei, so wiederholt er nur von einem etwas anderen Gesichts-
punkte aus das, was ihm in Folge meiner Publikation in der
Wocheuschr. f. Brauerei. 1891. S. 5 zur Zeit, als seine Kritik in
dieser Zeitscbr. Bd. IX. S. 525 veröffentlicht wurde, bekannt sein
musste J).
Amsterdam, den 4. Mai 1891.
Ein Fall von Lepra anaesthetiea.
Von
Dr. C. Savas,
Kegimentaarzt der k. Griechischen Armee
in
Athen.
Vor Kurzem habe ich Gelegenheit gehabt, einen typischen Fall
von Lepra anaesthetiea zu beobachten, welcher hinsichtlich der Patho-
genese vom Pemphigus leprosus und der Frage, ob die Leprabacillen
in Zellen (N e i s s e r u. a.) oder in Lymphbahnen (U n n a) eihgelagert
sind, manches Interesse darbietet.
Wie aus dem klassischen Werke von Hirsch bekannt ist, ge-
hört Griechenland zu den am meisten von der Lepra heimgesuchten
Ländern. Nach der im Jahre 1884 von dem obersten Sanitätsrathe
veröffentlichten Statistik waren in Griechenland 166 Lepröse (109
Männer, 57 Weiber), darunter 28 im kontinentalen Griechenland, 74
in Peloponnes und 64 an den Inseln.
Die Geschichte des von mir beobachteten Falles ist kurz fol-
gende: Ein 31-jähriger Unteroffizier aus Aegina, welcher von ge-
sunden Eltern stammt, welcher aber mit einer Familie, von welcher
die Mutter und die 2 Kinder an Lepra tuberosa leiden, verkehrte,
wurde vor 4 Jahren von Fieber, strahlenden Schmerzen im Gebiete
des rechten Ulnaris und Schwellung der rechten Maxillardrüseu be-
fallen. Diese Symptome haben nach 15 Tagen aufgehört, dafür aber
1) efr. Allg. Brauer- und Hopfeuzeituug. XXXI. 709.
E in PalJ von Lepra anaestlietica.
82?
sind Atrophie der Muskeln der rechten Hand, besonders des Adduk-
tors des Daumens und Anästhesie im kleinen Finger aufgetreten.
Im Verlaufe dieser 4 Jahre ist Patient von 6 solchen Anfällen mit
denselben Symptomen, ausserdem noch von bullösen Eruptionen heim-
gesucht worden. Nach jedem Anfall verbreitete sich die Anästhesie
auf grössere Strecken der rechten Hand und schliesslich ist auch
die linke Hand von der Anästhesie befallen.
Als ich den Patienten während seines letzten Anfalles besuchte,
hatte er Fieber, Dyspnoe und klagte über Schmerzen in den Ge-
lenken, welche geschwollen und öuktuirend waren, ausserdem über
strahlende Schmerzen im Verbreitungsbezirke beider Ulnaris, welche,
wie man bei Betastung derselben wahrnehmen konnte, wie dicke
Stränge zu fühlen waren. Die Haut der oberen und unteren Extre-
mitäten sowie des Kopfes war hyperästhetiscb. Oberschenkel und
Oberarme zeigten zahlreiche braune, flache Flecken, nicht auf Druck
abblassend, von verschiedener Grösse, und zwar von der Grösse
eines Stecknadelkopfes bis zu der eines Pfennigstückes. Während
um die Flecken herum die Sensibilität vollständig erhalten war,
war dieselbe in den Flecken selbst entweder ganz verloren, oder
nur theilweise erhalten. Im letzteren Falle verursachte der Stich
einer Nadel keine Schmerzen, sondern wurde nur als Druck gefühlt.
Auf der Stirn war ein erythematöses Exanthem, welches, als der
Anfall vorübergegangen war, verschwand. Nirgends im Körper waren
lepröse Knoten vorhanden.
Die nach Ablauf des Anfalles angestellte Untersuchung mit
allen Reizungsmitteln (thermischen, mechanischen, elektrischen) er-
gab eine unkomplete Anästhesie der Haut der Unterarme und der
Hände mit Ausnahme der 3 letzten Finger beider Hände, welche
vollständig anästhetisch waren. Die 3 letzten Finger der rechten
Hand und der linke Daumen und Kieinfioger waren ausserdem pa-
retisch. Die Handmuskeln waren beiderseits atrophisch, die Reflex-
phänomene erhalten und der Gang vollständig normal.
Auf seißem rechten Ringfinger hatte Patient eine deutliche
Blase, welche nach einigen Tagen platzte und eine Kruste bildete.
Diese Kruste kratzte ich heraus und mittelst einer Piatinöse, welche
vorher ausgeglüht war, nahm ich einen Tropfen des darunter liegen-
den Eiters, breitete ihn auf einigen Deekgläschen aus, färbte nach
der Methode Ziehl-Neelsen und untersuchte mit Oel-Immersion
(Reichert, */20 , Qcui. 3). Die mikroskopische Untersuchung ergab
Folgendes: Zwischen der grossen Anzahl von Eiterkörperchen, welche
blau gefärbt waren, sieht man : 1) spärliche, freiliegende und roth
gefärbte Bacillen, 2) grosse, runde Zellen mit deutlich blau gefärbtem
Kern und Protoplasma. Die Bacillen liegen grösstentheils in diesen
Zellen, welche bald unverändert sind, bald zeigen sie Vakuolen,
welche entweder nur einen Theil der Zelle oder fast den ganzen
Zellkörper eiimahmen. Im letzteren Falle ist nur der Kern, welcher
blau gefärbt ist, erhalten. 3) Endlich bekommt man runde, kern-
lose Gebilde von verschiedener Grösse zu Gesichte (die kleinsten be-
trugen kaum 2 /t Durchmesser, während die grössten zweimal so
gross als ein Eiterkörperchen waren), welche gar nicht gefärbt sind.
828
Allgemeines Aber Bakterien.
glasig aussehen und ebenfalls mit Vakuolen versehen sind. Um
diese Vakuolen liegen auch in diesen Gebilden roth gefärbte Bacillen
und kleinkörnige Partikel. Vielkernige Riesenzellen im Sinne Lang-
haus’ waren nicht vorhanden.
Aus diesem Befunde glaube ich mich berechtigt, Folgendes zu
schliessen :
1) Aus der Thatsache, dass die bullöse Eruption unseres Falles
Bacillen enthielt, ergibt sich, dass der Pemphigus bei der Lepra
anaesthetica nicht immer trophoneurotischer Natur, d. h. sekundäres
Symptom von der primären Nervenläsion, ist, wie Neisser glaubt,
sondera auch direkt durch Einwirkung von Bacillen hervorgerufen
werden kann.
2) Dass die Ansicht von U nna, wonach die Leprabacillen nie-
mals iD den Zellen, sondern immer in den Lymphbahnen liegen,
nicht richtig ist, denn, wie sich aus der mikroskopischen Untersuchung
meines Falles ergibt, waren das, was En na für Querschnitte von Lymph-
bahnen gehalten hat. die veränderten und bacillenhaltigen Leprazellen,
Athen, 14. April 1891.
Referate.
Vaugkan» Victor C., So me new bacterial poisons; their
causal relation to disease und the changes in our
theories suggested by their actio n. (Philadelphia Med.
News. No. 918. 1890. p. 158.)
Verf. erhielt aus den von Booker bei der Sommerdiarrhöe der
Kinder reingezüchteten Bakterien X, a und A durch Eiotropfenlassen
ihrer Bouilloukulturen in absoluten Alkohol reichliche, (lockige Prä-
zipitate. Nach dem Austrockneu über Schwefelsäure oder Aetzkali
im Vacuum bildet der aus den Kulturen des Bacteriums a gewonnene
Niederschlag eine dunkle, schuppige, leicht in Wasser lösliche Sub-
stanz, weiche aus ihrer wässerigen LösuDg weder durch Hitze oder
Salpetersäure oder durch beide zusammen, noch durch Natriumsulfat
oder Kohlensäure, dagegen leicht mit Ammoniumsulfat im Ueber-
sehusse ausgefallt, wird. Sie gibt die Xanthoproteid- und die Biuret-
reaktion und riecht beim Verbrennen nach versengten Federn. Das
Präzipitat von Bacterium X ist heller in Farbe und weniger in
Wasser löslich, als jenes von a, stimmt aber in seinen Reaktionen mit
diesem überein. Die aus den Kulturen des Bacteriums A isolirte
Substanz ist in Wasser nahezu unlöslich. Alle 3 Proteinkörper sind
sehr giftig. Sie bewirken bei Hunden subkutan in kleinen Mengen
Erbrechen, Diarrhöe, Kollaps und Tod. Von der Substanz aus a
genügen 0,01 g, um ein grosses Meerschweinchen in 12 Stunden zu
tödten. Bei kleineren Dosen tritt der Tod später ein.
Es erzeugen demnach 3 morphologisch verschiedene Mikroorga-
nismen Gifte mit chemisch verschiedenen Eigenschaften, die. jedoch
Typhus (Abscesse). — Hogcnolera.
829
bei den Versucbstbieren die gleichen Symptome und pathologischen
Veränderungen hervorzubriugeu vermögen. Keiner dieser Mikroorga-
nismen wird bei der Sommerdiarrhöe konstant angetroffen, manch-
mal fehlen sie gänzlich und es sind wieder andere, vielleicht ebenso
wirksame Bakterien vorhanden. Bezüglich der weiteren Ausführungen
des Verf.’s möge im Originale Einsicht genommen werden.
Kral (Prag).
Raymond, F., Sur les proprietes pyogenes du bacille
d’Eberth (ä propos d’un cas de fievre typhoide com-
pliquee d’un abces de la paroi abdominale et de
dölire aigu). (Gazette m6d. de Paris. 1891. No. 9. p. 97.)
Verf. berichtet über einen Fall von Abdomina! typhus mit Ab-
scessbildung. Bezüglich der klinischen und pathologisch-anatomischen
Details des interessanten Falles, sowie dessen weiterer Komplikation
müssen wir auf das Original verweisen.
Im Abscesseiter fand Veillon mittelst des Plattenverfahrens
den Typhusbacillus in Reinkultur vor und bestimmte ihn als solchen
mit der Gasser’schen Methode und aus seinem kulturellen Ver-
halten. Auch Verf. kommt zu dem Schlüsse, dass der Typhusbacillus
unter gewissen Umständen pyogen wirken kann, ohne dass er indes
als der Erreger aller jener Eiterungsprozesse anzusehen wäre, welche
bei Typhus aufzutreten pflegen. Kral (Prag).
Novy, Frederlck G., The toxic products of the bacillus
of hog Cholera. (Philadelphia Mea. News. No. 921. 1890.
p. 231.)
Verf. isolirte aus Kulturen des Bacillus der Schweinepest (Hog-
cholera) mittelst der B ri e ge r’ sehen Methoden eine basische Sub-
stanz, welche er, da sie die einzige in Schweinepestkulturell vorhan-
dene toxische Base zu sein scheint, als „Susotoxin“ bezeichnet. Die
kolirten Schweinefleischbrühekulturen werden zur Syrupdicke eilige-
dampft, mit absolutem Alkohol aufgenommen und mit einer alkoho-
lischen Lösung von Quecksilberchlorid ausgefällt. Der Niederschlag
wird abfiltrirt, ausgewaschen, in Wasser gelöst, mit Schwefelwasser-
stoff zersetzt und das Quecksilbersulfid durch Filtration entfernt.
Das hierauf neutralisirte Filtrat bildet nach dem Eindampfen im
Wassgrbade eine gelblich-braune, syrupähn liehe Substanz, das Suso-
toxin, mit einigen nadelförmigen und Salzkrystallen. Dieser Rück-
stand, in Wasser gelöst und in Mengen von 0,125—0,25 ccm an
Ratten injizirt, tödtet die Thiere innerhalb 30 Stunden. Als die
Base, anstatt mit Quecksilberchlorid, mit Platincblorid präzipitir»
wurde, fiel aus der wässerigen Lösung des Rückstandes nach und
nach eine Platinverbindung als gelber Niederschlag aus, welche mikro-
skopisch aus klaren, gelben, ölähnlicben Kügelchen bestand und ein
mattgelbes Pulver bildet, das im vollkommen trockenen Zustande in
heissem und kaltem Wasser unlöslich, hingegen in Säuren und Al-
kalien löslich ist. Ausserdem war in dem alkoholischen Filtrat noch
ix. Bd. 53
m
Kogcholera — Gonorrhoe. — Purpura haemorrhagica.
ein in langen Nadeln krystallisirendes Platinsalz vorhanden. Das
Hydrochlorid des Susotoxins ist ein hellgelber, vollkommen klarer, in
Wasser und in kaltem, absolutem Alkohol leicht löslicher, etwas
hygroskopischer Syrup, welcher beim Erhitzen mit einem Alkali einen
starken Amingeruch entwickelt. Wiederholte Injektionen kleiner
Mengen des Hydrochlorids brachten bei einer Ratte eine erhöhte
Widerstandsfähigkeit gegen virulente Schweinepestkulturen zu Stande.
Durch Eintropfenlassen einer im Vacuum bei 36 0 C eingedickten
Hogcholerakultur in absoluten Alkohol wurde ein Toxalbumin ge-
wonnen, das, bei Zimmertemperatur getrocknet, ein weisses, in Wasser
leicht lösliches Pulver darstellt. Subkutane Dosen von 0,1 und 0,05 g
tödten Ratten in 3—4 Stunden. Eine Ratte, welche 0,025 g erhalten
hatte, erholte sich am 3. Tage, vertrug dann wiederholte UDd an-
steigende Dosen ohne weitere Reaktion und verhielt sich gegen
später applizirte vollvirulente Kulturen refraktär. Kräl (Prag).
Levi, Leone, Sul valore etiologico del gonococco di
N ei ss er nella blenorrhagia. (Giorn. ital. delle mal. vener.
e della pelle. 1890. Fase. II. p. 141.)
Bei der von Gerichts wegen verfügten Untersuchung von 2 Kin-
dern nach Stuprum konnte Verf. in den Epithel- und Eiterzellen des
reichlichen Ausflusses das ausschliessliche Vorhandensein typischer
Neisser ’ scher Gonokokken bei Abwesenheit anderer Mikroorganis-
men konstatiren. Die auf Grund dieses Befundes und der vorhan-
denen Läsionen gestellte Diagnose veraulasste die Untersuchung des
angeklagten Individuums. Es stellte sich heraus, dass der Ange-
klagte in der That an einer intensiven blennorrhagiscben Urethritis
litt, und Verf. erhielt denn auch bei der Untersuchung des Ausflusses
genau dieselben Resultate, wie bei dem Ausflusse der Kinder.
Verf. glaubt sich demnach berechtigt, aus den klinischen und
mikroskopischen Befunden des Ausflusses und aus der intensiven ent-
zündlichen, lokalen Reaktion in den beiden Fällen der Kinder auf
eiDe Infektion durch direkte Uebertragung des Urethraleiters von
jenem Individuum aus sebliessen zu dürfen und betont den ätiolo-
gischen Werth des Neisser’ sehen Gonococcus für die forensische
Medizin. Kräl (Prag).
Spietschka, Theodor, IJeber einen Blutbefund bei Purpura
haemorrhagica. (Archiv f. Derm. und Syphilis. 1891. Heft 2.)
Spietschka fand hei 2 Fällen von Purpura haemorrhagica
trotz beinahe ununterbrochener Blutungen keine erhebliche Anämie. Das
Blut enthielt eine Auzahl kernhaltiger, rother Blutkörperchen, ein Be-
fund, der darauf hinweist, dass eine uDgemein schnelle Regeneration
der rothen Blutkörperchen und. des Hämoglobingehaltes erfolgt ist.
Wie bekannt, enthalten ja rothe Blutkörperchen in ihrem Jugendzu-
stande Kerne, so dass die Annahme Spi etscb k a’s, dass es sich
hier um noch unreife, zu früh in die Blutbahn gelangte rothe Blut-
körperchen handle, auf allseitige Zustimmung rechnen dürfte.
Ledermann (Breslau).
Untersnchucgsmetbcden, Instrumente etc.
831
Boas, J. EL Y.. 1) Hestebremserne. 2) Tillaeg til min Ar-
tikel „En Bremselarve i Hjärnen hos en Hest. (Tids-
skrift for Veterinärer. Bd. XXI. 1891. p. 1 — 24.)
Verf. hat die im Pferde schmarotzenden Brexnsenlarven und ihre
Entwickelung genauer untersucht. Folgende Punkte in seiner mit
guten, originalen Abbildungen versehenen Abhandlung dürften beson-
ders hervorzuheben sein :
Die Larve des Gastro philus durchläuft von ihrem Ent-
schlüpfen aus dem Ei bis zur Erlangung ihrer vollen Grösse vier
Stadien, welche näher beschrieben werden. Die beiden ersten — von
welchen das zweite bisher unbekannt war — sind einander sehr ähn-
lich, während sie von den beiden letzten sehr abweichen, welche
wiederum mit einander ziemlich übereinstimmen. Auffallend ist das
bedeutende Zunehmen der Larve an Umfang, welches namentlich im
dritten Stadium stattfindet, ohne dass die Haut gewechselt wird.
Das Untersuchungsmaterial junger Larven erhielt Verf. durch einen
Zufall. Zahlreiche Larven hatten sich in die Zungenschleimhaut
eines Pferdes hineingebobrt, und, wie bei anderen ähnlichen Ver-
irrungen, waren sie in ihrer Entwickelung stark gehemmt worden.
Verf. erwähnt aus eigener Erfahrung noch ein Paar andere Fälle von
Verirrung der G a strophil us-Larve und gibt eine Zusammen-
stellung mehrerer anderer aus der Litteratur. Von den Gastro-
pb il us- Larven ist G. pecorum bei weitem die häufigste im
Magen der Pferde in Dänemark, obgleich das vollkommene Insekt zu
den grössten entomologischen Seltenheiten gehört. Fast alle Pferde,
welche bei der Kopenhagener Vcterinärhochscbule zur anatomischen
Dissektion kommen, enthalten G as trophilus-Larven.
In seiner zweiten Abhandlung gibt Verf. Aufschlüsse über das
Vorkommen von Hautbremsen (Hypoderma) beim Pferde in Däne-
mark und Norwegen, hauptsächlich nach Berichten von Thierärzten,
und erörtert zugleich einige in der Litteratur beschriebene Fälle von
Bremsenlarven im Gehirn des Pferdes. Im Ganzen sind ihm 6 Fälle
von Bremsenlarven im Gehirn des Pferdes bekannt; nur in einem
derselben handelte es sich um einen verirrten Gastrophilus, in
dreien waren die Schmarotzer unzweifelhaft und in zweien wahr-
scheinlich Hypoderma -Larven. H. Krabbe (Kopenhagen).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
D’Arsonva], A., Emploi de l’acide carbonique 1 i q u ef i 6
pour la Filtration et la Sterilisation rapides des
liquides organiques. (Comptes rendus de l’Aeademie des
Sciences de Paris. Tome CXII. 1891. p. 6u7 ff.)
Verf. beschreibt eine Methode, Flüssigkeiten auf kaltem Woge
zu sterilisiren, und zwar mittelst Filtration durch Porzellan und
mittelst der spezifisch b&kterientödtenden Wirkung, welches der
53*
832
UntersuchungsmeUioden, Instrumente eic.
Druck des zu verwendenden Gases (flüssige Kohlensäure) ausübt.
Der mittlere Druck, der bei den Versuchen in Anwendung kam, be-
trug 45 Atmosphären (Beschreibung und Abbildung des Apparates
müssen im Original nachgesehen werden). Unter diesem Druck lässt
sich eine Lösung ebenso sterilisiren, wie im Autoklave. Allerdings ist
die Widerstandsfähigkeit der Mikroben sehr verschieden, aber lässt
man den Druck länger andauern und erhöht man seine Wirksamkeit
durch Dazutreten einer Temperatur von 40 °, bei welcher die Albu-
minoide noch nicht koaguliren, so vermag ihm kein lebendes Wesen
zu widerstehen. Indem man nun beide Faktoren, Druck und Wärme,
angemessen steigert, lassen sich gewisse Kulturen abschwächen, in
der Entwickelung zurückhalten u. s. w. Lässt man endlich Filtration
und Druck Zusammenwirken, so steht der Reichthum der filtrirten
Flüssigkeit an Kolloidsubstanzen in inniger Beziehung zu dem auf
die Flüssigkeit ausgeübten Druck. Man kann z. B. bei Filtration
einer Mischung von Pepton und Hühuereiweiss den Druck so weit
erhöhen, dass anfangs nur Pepton allein filtrirt; bei 50 — 60 Atmo-
sphären aber passirt Alles das Filter, figurirte Körper ausgenommen.
Bei Filtration von Flüssigkeiten, welche verschiedene Fermente ent-
halten, wie z. B. der Pankreassaft, lassen sich nach und nach Fil-
trate gewinnen, deren Wirksamkeit sehr verschieden ist, da gewisse
Fermente ausschliesslich oder mindestens viel schneller das Filter
passiven, als andere.
Verf. glaubt, dass sich aus dem bei Benutzung des Apparates
Beobachteten eine für die Physiologie und organische Chemie wich-
tige analytische Methode herausbilden könne. Gegenwärtig leistet
der Apparat die grössten Dienste dadurch, dass organische Flüssig-
keiten, die für subkutane Injektionen benutzt werden, mit demselben
kalt sterilisirt werden. 0. E. R Zimmer mann (Chemnitz).
Yaughan, Victor C., The examination of drinking- water
with special reference to its relation to typhoid
fever. (Philadelphia Med. News. No. 909. 1890. p. 641,)
Wenn die bakteriologische Untersuchung eines verdächtigen
Wassers rechtzeitigen Nutzen bringen soll, muss sie so rasch al3
thunlich beendet und das Gutachten in möglichst kurzer Frist ge-
liefert werden. Neben dem üblichen, gleich nach dem Eintreffen der
Wasserprobe vorgenommenen Anlegen von Platten überträgt Verf.
gleichzeitig einen Tropfen des zu prüfenden Wassers in Bouillon, be-
lässt das Röhrchen 24 Stunden im Brütofen und injizirt dann 20
Tropfen der Kultur intraperitoneal an weisse Ratten, die den ge-
wöhnlichen Wasserbakterien gut widerstehen, oder an Meerschweinchen.
Gewöhnlich gehen die Thiere innerhalb 12 Stunden zu Grunde, »wenn
pathogene Mikroorganismen im Wasser vorhanden waren. Nun
werden bei der Autopsie aus Milz, Leber und Nieren wiederum
Platten angelegt, die nach 24 Stunden genügend entwickelt sind, um
mit den primären Wasserplatten verglichen werden zu können. Das
Zählen und Bestimmen der Kolonieen auf den letzteren geschieht in
der bekannten Weise. Mittlerweile ist auch die chemische Analyse
durch geführt und so kann unter günstigen Umständen das Gutachten
UnUr»ucbungsmetliodeu, Instrumente etc.
833
schon 3 Tage nach Empfang der Wasserprobe abgegeben werden.
Obgleich mit diesem Verfahren bloss die für die Versuchsthiere
pathogenen Mikroorganismen nachgewiesen werdeu können, nicht aber
jene nur für den Menschen pathogenen, wird andererseits aus einem
positiven Resultate der Thierversuche die Ueberzeugung gewonnen,
dass das Wasser zu Genusszwecken ungeeignet ist.
In einer Tabelle folgt die Zusammenstellung der Ergebnisse der
bakteriologischen und chemischen Analyse von 77 (davon 39 nach
der erwähnten Methode untersuchten) Wasserproben, von welchen 16
als Typhus verursachend angesehen wurden, 29 aus einer verdäch-
tigen Umgebung stammten und die übrigen unverdächtiges Wasser
betrafen. Von den erstgenannten 19 enthielten 15 Proben für Thiere
pathogene Bakterien, bei allen übrigen 61 Wässern wurden nur in
3 Proben pathogene Keime gefunden.
Von den aus Wasser isolirten pathogenen Mikroorganismen
werden angeführt:
Bacillus A, ein bewegliches Kurzstäbchen, das Gelatine nicht
verflüssigt, auf Kartoffel als feuchter, weisser, etwas prominirender
Rasen wächst, keine Gasbildung verursacht und sich gut mit den
gewöhnlichen Anilinfarben und nach Gram färbt. Es ist sehr
pathogen für Ratten und Meerschweinchen, indifferent für Kaninchen.
Bacillus B ist ebenfalls ein bewegliches Kurzstäbchen, das
die Gelatine erst spät und in geringem Maasse verflüssigt und
manchmal im Beginne seines Wachsthums Gasblasen entlang dem
Impfstiche bildet. Sonst stimmt es in seinen kulturellen, tinkto-
riellen und pathogenen Eigenschaften mit Bacillus A überein. Es
wurden Kulturen von A, B und vom Typhusbacillus an Ratten
verimpft. A und B tödteten einen grösseren Prozentsatz der Thiere,
als der Ty p hu sb acill us. Die von den 3 Mikroorganismen ge-
setzten Läsionen waren jedoch immer die gleichen.
Bacillus C verflüssigt die Gelatine rasch unter Gasbildung,
färbt sich mit den gewöhnlichen Anilinfarben und nach Gram,
wächst auf Kartoffel wie der Typhusbacillus, hat aber mit
demselben weiter keine Aehnlichkeit. 10 — 15 Tropfen genügen, um
weisse Ratten zu tödten. Die Virulenz geht beim sapropbytischen
Wachsthum verhältnissmässig rasch verloren. Die von ihm verur-
sachten pathologischen Veränderungen sind ganz verschieden von
jenen, welche die Bacillen A und B hervorbriagen.
Bacillus D ist wahrscheinlich nicht pathogen, tödtet aber die
Versuchsthiere durch rasch produzirte chemische Gifte. Er entspricht
keinem der in Eisenberg’s Tabellen angeführten Mikroorganismen.
Bacillus E verflüssigt Gelatine nicht, wächst langsam in
Stichkulturen, unsichtbar auf Kartoffel und verliert seine Virulenz
bei künstlicher Zucht. Reinkulturen führen nicht immer den Tod
des Versuchsthieres herbei, während eine mit einem Tropfen des be-
treffenden Wassers angelegte, 24 Stunden alte Bouillonkultur sicher
tödtete. Dieser Mikroorganismus steht dem Typhusbacillus
nahe und ist vielleicht mit ihm identisch. Mit dieser event. einzigen
Ausnahme konnte der Typhusbacillus in keinem der untersuchten
Wässer nachgewiesen werden.
834
ÜDtersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Aus den Bouillonkulturen der Bacillen A und B isolirte Verf.
2 Toxalbumine, welche sich chemisch nicht von einander unterscheiden
lassen, jedoch eine sehr verschiedene physiologische Wirkung auf
Versuchstiere ausüben. Kral (Prag).
Sternberg, George M. , Cocoanut-water as a culture-
fluid. (Philadelphia Med. News. No. 922. 1890. p. 262.)
Die in Westindien als „agua coeo“ bekaunte Flüssigkeit, welche
die unreifen Kokosnüsse enthalten, ist, entgegen der Kokosmilch aus
reifen Nüssen, vollkommen durchsichtig. Eine von van Slyke vor-
genommene chemische Analyse gab für selbe die folgenden mittleren
Werthe: Spezifisches Gewicht 1,02285, Wassergehalt 95°/0, Asche
0,618 °/0, Glukose 3,97 °/0, Fett 0,119 °/0, Albumin 0,133 °/0.
Diese Flüssigkeit bildet einen vorzüglichen Nährboden für zahl-
reiche Arten von Mikroorganismen. Man braucht sie nicht zu steri-
lisiren . wenn sie unter den nötigen Kautelen ihrem keimdichten
Behälter entnommen und in sterilisirte Reagenzgläschen eingefüllt
wird. Die Reaktion ist schwach sauer, weshalb sie für gewisse
pathogei e Mikroorganismen vor der Benutzung neutralisirt werden
muss. Kr 41 (Prag).
Eiseisberg, A., Freih. v., Nachweis von Eiter ko kken im
Blute als diagnostisches Hülfsmittel. (Wiener Idin.
Wochenschr. 1890. No. 3S. p. 731.)
Verf. gelang es, bei 4 im Originale eingehend geschilderten
Fällen mittelst der bakteriologischen Untersuchung des Blutes die
ursprüngliche Diagnose zu berichtigen. In allen 4 Fällen wurden
aus dem Blute Eiterkokken (Streptococcus pyogenes, Sta-
pliy iococcus pyogenes aibus und zweimal Staphy Iococcu s
pyogenes aureus) gezüchtet und dieser Befund erwies sich in
2 Fällen auch therapeutisch von Nutzen. Ausserdem machte Verf.
Blutuntersuchungen nach 5 Laparatomien , als sich in den ersten
Tagen nach der Operation beunruhigende Symptome einstellten. Die
mit dem Kulturverfahren gewonnenen negativen Resultate wurden in
allen Fällen durch den bald wieder eintretenden normalen Verlauf
bestätigt. Bei 3 progredienten Phlegmonen, einer akuten Osteomye-
litis und 4 septischen Peritonitiden konnten die Eiterkokken im Blute
bloss dreimal nachgewieseu werden, was sich daraus erklären lässt,
dass gewisse Formen von Sepsis ausschliesslich durch Resorptiou
phlogogener, chemischer Stoffe aus dem primären Iuvasionsherde ent-
stehen, andererseits die Kokken im kreisenden Blute wenig zahlreich
vorhanden sind und nicht jeder Theil des entnommenen Tropfens
nothwendigerweise einen lebensfähigen Keim zu enthalten braucht.
Verf. empfiehlt die bakteriologische Blutuntersuchung als diffe-
renzial-diagnostisches Mittel für gewisse verzweifelte Fälle. Wenn
auch bei einem negativen Kulturergebniss das Vorhandensein eines
versteckt sitzenden Eiterherdes nicht ausgeschlossen bleibt, wird ein
positives Resultat immerhin für die Deutung des Leidens von Werth
sein. Kral (Prag).
Schutzimpfung, küustl. Infektionskrankheiten, Entwickelncgshemmung etc. 835
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Ferräii, Nota sobre la vacunaciön contra el envenena-
miento dift6rico agudo experimental presentada ä
la Real Acaaernia deMedicina deBarcelonaenAbril
de 1890. (Gaceta müdica catalana. 1891. No. 1.)
Die Bemerkung M. G. Hoff mann ’s, dass die mit alten Kul-
turen des Lo effler’ sehen Bacillus geimpften Meerschweinchen z u -
weilen die Impfung mit frischen, virulenten Kulturen ertragen, hat
den Verf. zu einschlägigen Versuchen veranlasst, deren Ergebniss
darauf hinausläuft, dass der Erfolg konstant ist, wofern man nur
darauf achtet, die Einspritzungen gleichförmig möglichst oberflächlich
zu machen.
Der den Pseudomembranen entnommene und in neutraler oder
leicht alkalischer frischer Fleischbrühe bei 35° C gezüchtete Diph-
theritisbacillus liefert Kulturen, die nach wenigen Tagen schwach
sauer reagiren und ausserordentliche Giftigkeit besitzen , so dass
oberflächliche Einspritzungen von 0,2 ccm unter die Bauchhaut die
Thiere innerhalb 40 Stunden tödten, ohne örtliche oder merkliche
Allgemeinerscheinungen hervorzurufen; kleinere Dosen lassen Zeit
zur Entstehung ausgesprochener Vergiftungserscheinungen und eines
gallertartigen Oedems an der Einstichstelle. Nur selten (3 Mal
unter 71 Thieren verschiedener Spezies) erfolgt der Tod noch lange
nachher durch Lähmung, wenn die Menge oder die Virulenz der
eingeimpften Kultur nicht hinreichend war, um bedeutende örtliche
Störungen zu veranlassen. Bei Tauben kann man schnell recht
charakteristische Pseudomerabranen erzeugen, wenn man denselben
unter der Zunge skarifizirt und darüber einen Pinsel mit einer au?
festem Blutserum gezüchteten Kultur ausstreicht.
Beim Menschen bringen die Einspritzungen des Diphtheritis-
giftes keine konstante Wirkung hervor; ein Tropfen in die Gegend
des rechten Triceps eingespritzt, erzeugte beiFerrän selbst keiner-
lei Erscheinungen; daraufhin impfte er an derselben Stelle seine
Frau, seine zwölfjährige Tochter, seinen achtjährigen Sohn und sich
selbst mit 0,1 ccm eines Virus, von dem 0,2 Meerschweinchen in
30 Stunden tödteten. Bei dem Sohne bildete sich an der Einstich-
stelle ein kleiner Entzünöuugskuoten, der 5 Tage dauerte, ohne
weitere Störungen zu verursachen; bei Mutter und Vater war der
Entzündungsherd ausgesprochener, veraniasste ein 6 — 7-tägiges
Fieber und verheilte erst nach 14 Tagen. Bei der Tochter waren
die Störungen noch grösser, Ober- und Unterarm schwollen bedeu-
tend au, es entstand Schüttelfrost und allgemeines Fieber, das inü-
zirte Zellgewebe wurde brandig und musste durch einen Kreuzschnitt
entfernt werden; erst nach einem Monat war das Kind wieder gesund.
Kleine Beigaben von Gallus- und Pyrogallussaure, Hydrochinon
und Ikonogen sterilisiren die Kulturboden; so z. B. genügt 0,001 g
836 Schutzimpfung, kuustl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc.
Gallussäure, um 15 ccm Fleischbrühe für die Entwickelung des Ba-
cillus untauglich zu machen ; dagegen verwandelt der Zusatz von
0,01 g zu 1 ccm Virus dieses in Schutzimpfstoß. Die aus dem ül-
trirten Virus mit Gallussäure gefällten und ausgewaschenen Toxal-
bumine bringen je nach der Dosis tödtliche oder Schutzwirkung
hervor.
Die oxydirenden Substanzen, wie übermangansaures Kali und
doppelchromsaures Kali oder Ammon oder Natron hindern in kleiner
Menge die Entwickelung des Bacillus keineswegs ; gleich wirkungslos
sind die Dämpfe von Kampfer, Lavendel- und Nelkenöl, Schwefel-
wasserstoff, Milch- und Citronensäure in hinreichender Menge, um
deutlich saure Reaktion zu bewirken; dagegen verzögern die Ter-
pentiuöldämpfe die Entwickelung der Bacillen.
Was den Einfluss der Temperatur anbetrifft, so fand Ferrän,
dass solche von 38°, 39°, 40° dem Diphtheriebacillus die Entwicke-
lung bedeutend erschweren und die Virulenz der Kulturen sehr her-
absetzen. Wenn man eine bei 35 0 angesetzte Kultur nach 3 — 4
Tagen während 24 Stunden einer Temperatur von 45° aussetzt, ver-
wandelt sie sich in Impfstoff, der seine Schutzkraft auch nach dem
Filtriren behält. Das Filtriren genügt auch, um virulente Kulturen
durch Beseitigung der Bacillen abzuscbwächen und in Immunität
verleihenden Impfstoff zu verwandeln ; in seltenen Fällen tritt jedoch
noch spät der Tod durch Lähmung ein.
Das Sonnenlicht verwandelte in 4 Stunden 35 ccm bei 30° C
in Impfstoff', nicht blos durch Beeinflussung der Toxalbumine, sondern
auch durch Tödtung der Bacillen.
Auch die Verdünnung auf 1/60 bis l/s0 schwächt die Virulenz
so ab, dass Meerschweinchen nicht mehr getödtet werden, sondern
sogar Immunität bekommen , wenn man die Impfung mehrmals
wiederholt
Eine durch 24-stündiges Verweilen bei 45° abgeschwächte Kul-
tur verursacht, unter die Haut eingespritzt keinerlei Erscheinungen,
weder in Meerschweinchen, noch bei Kindern, wenn die Inocuiation
gleich geschieht; während der Aufbewahrung kann sich aber so eine
abgeschwächte Kultur regeneriren und dann unheilvoll wirken , wie
leider ein Fall gelehrt hat.
Wenn man Meerschweinchen dreimal, in Zwischenräumen von
5 — 10 Tagen, jedesmal 0,2 ccm einer abgeschwächten Kultur ein-
spritzt, und zwar zu beiden Seiten der Linea alba, widerstehen sie
dann der Einspritzung der Minimalquantität, die sie sonst in 36
Stunden tödtete. Die Kontrolleinspritzung muss möglichst ober-
flächlich in die Dicke der Haut gemacht werden. Die Dauer dieser
Widerstandsfähigkeit oder zeitweiligen Immunität beträgt wenigstens
einen Monat, und es lässt sich vermuthen, dass hier wie anderswo
auch spater noch hinreichende Immunität zurückbleibt, um einer na-
türlichen Austeckung Widerstand zu leisten, wenn das auch der viel
stärkeren experimentellen gegenüber nicht mehr der Fall ist. Darüber
muss jedoch eine weitere und längere Beobachtung entscheiden.
Sentinon (Barcelona).
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshcmmung etc. 837
Tiffany, Flavel B., Methyl- Viole t. (The Journal of the Ame-
rican Med Ass. Vol. XVI. 1891. No. 8.)
Der Verf. berichtet über seine Erfahrungen in der Anwen-
dung des Methylvioletts bei den verschiedenartigen entzündlichen
Prozessen des Auges und kann überall eine vorzügliche Wirkung
desselben konstatiren. Vor allem betont er die Eigenschaft deä
Methylvioletts, die Pupille zu erweitern, auch in den Fällen, wo es
durch Atropin nicht mehr gelingen wollte. Gewöhnlich wurde eine
Lösung von l : 1000 augewandt oder in Form einer Pasta in einer
Konzentration von 1:200. Besonderer Nachdruck soll auf die ab-
solute Arsenfreiheit des Methylvioletts gelegt werden.
Migula (Karlsruhe).
Goltz, E. von der, Anilin als Antisepticum. (New Yorker
Med. Monatsschr. 1890. Heft 7. p. 342.)
Verf. verwendet 2 °/00 wässrige Lösungen von Methylviolett
oder Anilinroth zu Ausspülungen bei Blasenkatarrhen, Cervical-
katsrrheu gonorrhoischer Natur, Blennorrhoea neonatorum, Traumen
und Läsionen verschiedener Art, bei Urethritis in alkoholischer Lö-
sung, zu intrauterinen Irrigationen u. a. m. und erzielte mit dem
Verfahren sehr günstige Resultate. Um die Uebelstände zu ver-
meiden, welche das intensive Färbungsvermögen der Aniiinfarbstoffe
mit sich bringt, benutzte Verf. auch Anilinöl in 1 °/0 wässriger Lö-
sung, und zwar ebenfalls mit befriedigendem Erfolge. Es stellte sich
jedoch heraus, dass das Anilinöl bei manchen Kranken selbst in noch
grösserer Verdünnung (0,025 °/ö) lebhaftes Schmerzgefühl hervorruft,
was auch durch einige, im Originale nicht näher mitgetheilte Thierver-
suche seine Bestätigung fand, weshalb Verf. das Anilinöl bei trauma-
tischen Augenatfektioneu nicht mehr anwendet. Kräl (Prag).
Kessler, Adolf, Pyoktanin, the new bactericide. (New
York Med. Record. No. 1026. 1890. p. 7.)
Verf. theilt 2 Fälle von syphilitischen Geschwüren und ausge-
breiteter gangränöser Dermatitis aus seiner Praxis mit, welche monate-
lang allen Heilversuchen widerstanden. Nach Anwendung von Pyoktanin
hörte die Eiterung sofort auf und beide Patienten sind nun in rascher
Genesung begriffen. Kral Prag).
S38 Bakteriol. vom X. internationalen medicinischen Kongresse zu Berlin.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. internationalen medicinischen
Kongresse zn Berlin, 4—9. August 1890.
(Fortsetzung )
Aus den Abtheilungs-Sitzungen.
III. Abtliellung: Allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie.
Herr Gibier (New York), Wasserstoffsuperoxyd und Ozon.
Vortr. liess Wasserstoffsuperoxyd einige Minuten lang auf Kul-
turen verschiedener Mikroorganismen (Cholera, Typhus, Gelbfieber,
Osteomyelitis, Wuthvirus, B. pyocyaneus, prodigiosus,Mega-
terium, Streptoc. pyog.) einwirken und säte letztere dann aus.
Alle Mikroorganismen waren abgetödtet. Wasser, in welchem unter
entsprechendem Drucke das 15 fache Volumen O gelöst wird, besitzt
nicht die antiseptischen Eigenschaften des Wasserstoffsuperoxyds.
Der bei der Zersetzung des Wasserstoffsuperoxyds frei werdende 0
ist von sehr aktiver Energie, ähnlich dem Ozon, und man kann da-
her aunehmen, dass das Ozon der wirksame Bestandtheil des Wasser-
stoffsuperoxyds sei. Das jüngst von Marchand entdeckte Glyko-
zon wird durch Einwirkung von Ozon unter hohem Drucke auf
Glycerin bereitet und besteht aus 1 V. Glycerin und 15 V. Ozon.
Es vernichtet fast augenblicklich den B. anthracis, Megate-
r ium, pro d igi o s u s und pyocyaneus, etwas langsamer den
Typhusbaciilus und andere Mikroorganismen. Das Wasserstoffsuper-
oxyd wäre für die Praxis aus den folgenden Gründen zu empfehlen.
Es scheint auf thierische Zellen keine schädliche Wirkung, auszuüben,
vernichtet hingegen energisch pflanzliche Zellen: Mikroben. Es be-
sitzt keine toxischen Eigenschaften, ob es nun subkutan injizirt oder
in den Digestionstraktus gebracht wird.
Herren Gamal eia (Odessa) und Charrin (Paris), Ueber die anti-
phlogistischen Wirkungen (mit Demonstration).
Die Wirkung phlogogener Substanzen kann verzögert oder ganz
aufgehoben werden, wenn man in den Kreislauf verschiedene Stoffe
injizirt, von welchen wir die sterilisirten Kulturen des B. pyocya-
neus, des M e t s ch n i k of f ’ sehen Vibrio und 5—10% Kochsalz-
lösung anführen wollen. Dieselbe hindernde Einwirkung manifestirt
sich auch während des Verlaufes gewisser Infektionskrankheiten.
Wir haben diesen Morgen eine Einreibung mit. Krotonöl auf dem
linken Ohre eines jeden der beiden Kaninchen gemacht, welche wir
die Ehre haben zu demonstriren. Nach der Applikation des Oeles
wurden 10 ccm Salzwasser in die Vene des rechten Ohres dieses
rothen Kaninchens injizirt und dieselbe Injektion nach 3 Stunden
wiederholt. Man sieht jetzt, also 6 Stunden nach der Einreibung
des Krotonöles, dass das Kaninchen, welches das Salz wasser erhalten
ßakteriol. vom X. internationalen mediciniscben Kongresse zu Berlin. 839
hatte, keine entzündlichen Erscheinungen am eingeriebenen Ohre
darbietet. Das zweite hingegen zeigt eine sehr ausgesprochene
exsudative Dermatitis.
Y. Abtheilung: Innere Medicin.
Herr Kollmann (Leipzig), Ueber Pseudomikroben des nor-
malen und pathologischen Blutes.
Sowohl unter normalen als unter pathologischen Verhältnissen
kommen im Menschen- und Thierblut Gebilde vor, welche mit Mi-
kroben verwechselt werden können. Auf solche Verwechselungen
sind z. B. gewisse Publikationen von Salisbury, Ballier,
Ferrier, Lostorfer, Joh. Lüde rs, Bettelheim, Richard-
son und von Hoff mann zu beziehen. Zum Theil entsprechen
diese Pseudomikroben übrigens auch vollständig dem, was vor einiger
Zeit von Klebs, Marchiafava uud Anderen als Malaria-
bacillus resp -Spore beschrieben wurde. Wahrscheinlich sind aber
auch mehrere in neuerer Zeit veröffentlichte Protozoenbefunde in
pathologischem Blut (perniciöse Anämie, Skorbut, Influenza u. s. w.)
auf ähnliche Täuschungen zurückzuführen. Nach Vortr. handelt es
sich in der Hauptsache um folgende Formen: 1) einfache, rundliche,
etwa 0,5 (x messende und Doch kleiuere Gebilde, 2) grössere, kreis-
runde und ovale, 3) kleine und grössere, stäbchenartige, und 4)
mannigfache Kombinationen der genannten zu diplo-, triplo- und
streptokokkenartigen Elementen, Doppelstäbchen und Stäbchenreihen.
5) Ein besonders merkwürdiges Gebilde ist auch das der Hantel.
Alle zeigen in der Regel eine oft höchst sonderbare, von Eigenbe-
wegung kaum zu unterscheidende Beweglichkeit. Es lässt sich nun
beweisen, dass diese Gebilde zum grossen Theile weiter nichts als
Abschnürungen und Zerfallsprodukte der rothen Blutkörperchen dar-
stellen; ein anderer Theil derselben stammt aus den Leukocyten,
während die Blutplättchen fast gar nicht in Frage kommen. Zu
warnen ist vor Scheinkulturen in flüssigen Substraten; feste Nähr-
böden ergeben keine Vermehrung.
Herr Nenadovid (Pancsova), Ueber den Einfluss der Mala-
riagegend auf den Verlauf der Infektionskrank-
h eiten.
Es ist bekannt, dass der Malaria-Mikroorganismus, als welchen
wir das Malaria-Plasmodium anerkennen, insbesondere in den Sumpf-
gegenden, wenn eine wärmere Jahreszeit hinzutritt, blüht. Eine
solche Gegend ist auch das südliche Gebiet Ungarns, das hier sehr
breite Inundationsgebiet der Donau. Die Malaria herrscht daselbst
endemisch und in allen möglichen Formen, unter anderen auch in
einer Form, welche keine manifesten Krankheitserscheinungen dar-
bietet und dennoch als Malariainfektion aufzufassen ist, weil auch
bei dieser Form die Plasmodien in den rothen Blutkörperchen nach-
gewiesen werden können. Vortr. hatte während seiner 20jährigen
Spitalpraxis in Südungarn mehr als 400 Obduktionen vorgenommen
und nie eine intakte Milz und Leber, auch bei ganz Gesunden fast
ausnahmslos eine über die Norm grosse Milz gefunden, so dass das
840
Neu« Literatur.
pathognomische Zeichen eines jeden in dieser Malariagegend Wohn-
haften eine vergrösserte Milz ist. Die durchseuchte Bevölkerung hat
eine Schwächung ihrer Konstitution erlitten und setzt den akuten
Infektionskrankheiten nur eine minimale Widerstandskraft entgegen.
Die Diphtherie tritt in der unteren Donaugegend fast immer in der
intensivsten Form auf, die von ihr befallenen Kinder starben nahezu
alle. Leichtere Formen von Scarlatina sind selten zu sehen. Die
Mortalität beträgt bei Diphtherie und Scarlatina 80%. Aehnlich
verhält es sich bei Morbillen und katarrhalischen und kroupösen
Pneumonieen. Bemerkenswerth ist, dass die erwähnten Infektions-
krankheiten stets einen erheblichen Milztumor aufweisen, was, wie
bekannt, in anderen Gegenden nicht regelmässig vorzukommen pflegt.
Offenbar wird man diesen Umstand in Beziehung mit der Malaria-
infektion bringen müssen, welche die Milz schon vorher verändert
und damit einen locus minoris resistentiae geschaffen hat.
(Fortsetzung folgt.)
Neue Litteratur
zusammeugestellt von
Da. Abtbub Wübzbubg,
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(Orig.), p. 826.
Referate.
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laeg ti! min Artikel „En Bremselarve i
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of t’ne bacillus of hogcholera, p. 829.
Raymond, F , Sur les propridtes pyogfenes
du bacille d’Eberth (ä propos d'un cas
de fievre typhoide coropliqnee d’un ab-
ces de la paroi abdominale et de d41ire
aigu), p. 829.
Spietschka, Theodor, Ueber einen Blutbe-
fund bei Purpura haemorrhagica, p. 830.
Vaughan, Victor C. , Some new bacterial
poisons; their causal relation to disease
and the changes in our theories sugge-
sted by their action, p. 828.
Unters uchungsmethoden, Instrumente etc.
D’Arsonval, A., Emploi de l’acide carbo-
nique liquefid pour la filtration ct la Ste-
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Eiselsberg, A , Freih v. , Nachweis von
Eiterkokken im Blute als diagnostisches
Hnlfsmittel, p. 834.
Stemberg, George M , Cocoanut- water as
a culturefluid, p. 834
Vaughan, Victor C. , The examiaation of
drinking-water with special reference to
its relation to typhoid fever, p. 832.
Schutzimpfung , künstliche Infektions-
krankheiten, Entwicklungshemmung
und Vernichtung der Bakterien
und Parasiten.
FerrAn, Nota sobre la vRcunaciön contra
el euvenenamiento diftdrico agudo expe-
rimental preseritada k la Real Aeademia
de Medieina de Barcelona on Abril de
1890, p. 835.
Goltz, E von der, Aniliu als Autisepticum,
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Kessler, Adolf, Pyoktanin, the new bacte-
ricide, p. 837.
Tiffany, Flavei B., Methyl-Violet, p. 887.
Originalberichte über Kongresse.
Bakteriologisches vom X. inte -
nationalen medicinischen Kon-
gresse zu Berlin,
4. — 9. August 1890. (Fortsetzung.)
Gamaleia und Charrin , Ueber die anti-
phlogistischen Wirkungen, p. 838.
Gibier , Wasserstoffsuperoxyd und Ozon,
p. 838.
Kollmann, Ueber Pseudomikroben des nor-
malen und pathologischen Blutes, p. 839.
Nenadovic, Ueber den Einfluss der Mala-
riagegend auf den Verlauf der Infektions-
krankheiten, p. 839.
Neue Litteratur, p. 840.
Froannaimsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena.
R ALB£^ ^
Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Yerbindung mit
Gei. Hot Prof. Br. Lerntet m Professor Br. Loefller
in Leipzig io Greifswaid
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
IX. Band, -o- Jena, den 21. Juli 1891. No. 26.
Preis für den Band (26 Nummern) 14 Mark.
Jährlich erscheinen zwei Bände.
— Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. &<~-
Zur Vermeidung von Störungen in der Zusendung des
„Centralblattes“ werden die geehrten Abonnenten gebeten,
die Erneuerung ihres Abonnements gef. baldmöglichst be-
wirken zu wollen.
Jena. Die Verlagsbuchhandlung-
Gustav Fischer.
Systematisches Inhaltsverzeichniss.
I. Original-Mittheilungen.
Altmann, Thermoregulator neuer Konstruk-
tion. Mit 1 Figur. 791
Amann , Der Einfluss der Koch’schen
Impfungen auf die Tuberkelbncillen im
Sputum. 1
Babes , Ueber Bacillen der hämmorrha-
gischen Infektion des Menschen. 719. 752
Bau, Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und
Bier mittelst Reinkulturen von Qäh-
rungs-Organismen. 826
BeyerincJc , Die Kapillarhebermikroskopir-
tropfendasche. Mit 1 Abbildung. 589
IX. Ud.
Beyerinck , Verfahren zum Nachweise der
Säureabsonderung bei Mikrobien. Mit
1 Figur. 781
Brandts, Zur Frage des Begattungsaktes
bei den entopar&sitischen Trematoden.
264
Braun, Helminthologische Mittheilungen. 52
— , (Jeher Echinorhynchus polymorphus
und filicollis. 375
Bruce, Bemerkung üher die Virulenzsteige-
rung des Choleravibrio. 786
Bujwid , Eine einfache Filtervorrichtuug
zum Filtriren sterilisirter Flüssigkeit
Mit 1 Abbildung. 4
54
846
Register.
Bunzl-Federn, Bemerkungen über „Wild-
und Schweineseuche“. 787
Caneva , Ueber die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie iHueppe) , Hog-
Cholera (Salmon), Swineplague (Billings!,
Swinepest (Selander) , amerik. Rinder-
seucbe (Billings) , Büffelseuche (Oreste-
Armanni), Marseille’scbe Schweineseuche
(Jobert, Kietsch), Frettchenseuche
(Eberth). 557
Conn, Ueber einen bittere Milch erzeugenden
Micrococcus. 653
Danilewsky , Ueber die Myoparasiten der
Amphibien und Reptilien. 9
— , Ueber den Polymitus malariae. Mit 6
Abbildungen. 397
Eiion, Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und Bier
mittelst Reinkulturen von Gährungs-
Organismen. 525
Finkelnburg, Ueber einen Befund von Ty-
phusbacillen im Brunnenwasser , nebst
Bemerkungen über die Sedimentirmethode
der Untersuchung auf pathogene Bakte-
rien in Flüssigkeiten. 301
Grassi und Feletti, Malariaparasiten in den
Vögeln. 403. 429. 461
Hankin , Ueber den schützenden Eiweiss-
körper der Ratte. 336. 372
Herder, Ueber die Wirksamkeit von Des-
infektionsmitteln bei höherer Temperatur.
221
Kamen, Ein neues Kulturgefäss. Mit l
Abbildung. 165
Karlintki, Eine Berichtigung. 590
— , Untersuchungen über die Temperatur-
Steigerung in beerdigten Körpertheilen.
434
Kartulis , Einiges über die Pathogenese
der Dysenterieamöben. 365
Katz, Zur Kenntniss der Leuchtbakterien.
157. 199. 229. 258. 311. 343
Kaufmann , Ueber eine neue Anwendung
des Safranins. 717
Kirchner, Ueber die Nothwendigkeit und die
beste Art der Sputumdesinfektion bei
Lungentuberculose. Mit 1 Abbildung. 5.
41
— , Erklärung. 792
Klein, Ein weiterer Beitrag zur Kenntniss
der Aetiologie der Grouse Disease. 47
Kühn, Neuere Versuche zur Bekämpfung
der Rübennematoden. 563. 593
Lagerheim, von, Zur Kenntniss des Moschus-
pilzes , Fusarium aquaeductuum Lager-
beim (Selenosporium aquaeductuum Ra-
benhorst et Radlkofer , Fusisporium
moschatum Kitasato). Mit 6 Figuren.
655
Linstow, von, Ueber die Entwickelungsge-
schichte von Gordius tolosanus Duj. 760
Loetv , Die chemischen Verhältnisse des
Bakterienlebeus. 659. 690. 722 757. 789
Ludwig , Ueber die Phosphorescenz von
Gryllotalpa vulgaris. 561
Nencki. Die isomeren Milchsäuren als Er-
kennungsraittel einzelner Spaltpilzarten.
304
Nickel, Zur Biochemie der Bakterien. 833
Ogata, Ueber die bakterie.nfeindliche Sub-
stanz des Blutes. 597
Okada, Ueber einen neuen pathogenen Ba-
cillus aus Fussbodenstaub. 442
Omeltschenko, Ueber die Wirkung der
Dämpfe ätherischer Oele auf die Abdo-
minaltyphus-, Tuberkel- und Milzbrand-
bacillen. Mit 2 Abbildungen. 813
Pintner, Nochmals über den Begattungs-
akt der parasitischen Plathelmmthen. Als
Erwiderung an Herrn Brandes. 726
Brandes , Einige Bemerkungen zu Vor-
stehendem. 730
Brausnitz, Kleinere Mittheilungen zur bak-
teriologischen Technik. Mit 2 Abbil-
dungen. 128
Ross, Vorläufige Mittheilungen Uber einige
Fälle von Mykosis im Menschen. 604
Sanarelh, Die Ursachen der natürlichen
Immunität gegen den Milzbrand. 467.
497. 532
— , Ueber einen neuen Mikroorganismus
des Wassers , welcher für Thiere mit
veränderlicher und konstanter Tempera-
tur pathogen ist. Mit 1 lithographischer
Tafel. 193. 222
Savas, Ein Fall von Lepra anaesthetica.
826
Sawtschenko, Zur Frage über die Immuni-
tät gegen Milzbrand 473. 493. 528
Scheurlen, Zusatz zu dem Aufsatze „Eine
Methode der Blutentnahme beim Men-
schen“. 234
Smith , Einige Bemerkungen zu dem Auf-
sätze „Eine Methode der Blutentnahme
beim Menschen“. 48
— , Zur Kenntniss des Hogcbulerabacillus.
253. 307. 339
Spilker und Gottstein , Ueber die Vernich-
tung von Mikroorganismen durch die
Induktionselektricität. 77
Steinhaus, Cytophagus Tritonis. 50
Stevenson und Bruce, Eine neue Methode,
Flüssigkeiten in die Bauchhöhle der
Versuchsthiere einzuspritzen. Mit 3 Ab-
bildungen. 689
Tizzoni und Cattani, Ueber die Art, einem
Thiere die Immunität gegen Tetanus zu
übertragen. 189
— — , Ueber die Eigenschaften des Teta-
nus-Antitoxins. 685
Tubeuf, von, Generations- und Wirtbs-
wechsel unserer einheimischen Gymno-
Register.
847
sporangium-Arten und die hierbei auf-
tretenden Formveräuderungen. Mit 3
Abbildungen 89. 167
Vnna , Der Darupftrichler Mit l Abbildung.
749
Van Cott jr. , Untersuchungen über das
Vorkommen der Bacillen des malignen
Oedems in der Moschustinktur. 3t)3
Van Overbeek de Meyer, Ueber die Berei-
tung des Nähragars. 163
II. Pflanzliche Mikroorganismen.
Allgemeines über Bakterien und
andere pflanzliche Mikro-
organismen.
Beyerinck, Verfahren zum Nachweise der
Säureabsonderung bei Mikrobien. Mit
1 Fig. (Orig.) 78 1
Eisenberg , Bakteriologische Diagnostik.
3. Aufl. 677
Fraenkel und Pfeiffer, Mikrophotographi-
scher Atlas der Bakterienkunde 204. 507
Günther, Einführung in das Studium der
Bakteriologie mit besonderer Berücksich-
tigung der mikroskopischen Technik. 11
Jacquemart , Les ptomaines. Histoire et
caractferes chimiques. 107
Laurent , Experieuces sur la reduction des
nitrates par les vegetaux. 235
Lehmann, Die Methoden der praktischen
Hygiene. 633
Leubuscher, Einfluss von Verdauungssekre-
ten auf Bakterien. 244
Loew, Die chemischen Verhältnisse des
Bakterienlcbens. (Orig.) 659. 690. 722.
757. 789
Messea , Contribuzione allo studio delle
ciglia dei batterii e proposta di una
classificazione. 106
Nencki, Die isomeren Milchsäuren als Er-
kennungsmittel einzelner Spaltpilzarten.
(Orig ) 304
Podbielskij, Untersuchung der Mikroben
der Mundhöhle von Erwachsenen und
Kindern im gesunden Zustand. 617
Prausnüz, Kleinere Mittheilungen zur bak-
teriologischen Technik Mit 2 Abbil-
dungen. 128
Sanfelice, Contributo alla biologia e mor-
fologia dei batterii saprogeni aerobi e
anaerobi. • 57
Spüker und Gottstein , Ueber die Vernich-
tung von Mikroorganismen durch die
Induktiouselektricität. (Orig.) 77
Tils, Bakteriologische Untersuchung der
Freiburger Leitirngswässer. 381
Schriften zur Systematik und Bio-
logie der Bakterien und anderer
pflanzlicher Mikroorganismen.
Adametz , Untersuchungen über Bacillus
lactis viscosus, einen weitverbreiteten
milchwirthschaftlichen Schädling. 698
Almquist , Ueber die Hauptmomente der
Aetiologie' des Abdominaltyphus. 794
Amann, Der Einfluss der K o c h ’ sehen
Impfungen auf die Tuberkelbacillen im
Sputum. (Orig.) t
Anderton and Kelsey, Erysipheae upon
Phytoptus distortions. 387
Babes, Untersuchungen über den Diphthe-
riebacillus und die experimentelle Diph-
therie. 446
— , Ueber Bacillen der hämorrhagischen
Infektion des Menschen. (Orig.) 719. 752
— , Ueber die seuchenhafte Hämoglobinu-
rie des Rindes. 774
Babes und Comil, Ueber Bakterienassocia-
tionen in Krankheiten. 772
Baginsky und Stadthagen, Ueber giftige
Produkte saprogener Darmbakterien. 543
Banti, Süll’ etiologia delle pneumoniti acute.
179
— , Sopra alcune localizzazioni extrapul-
monari dei diplococco lanceolato capsu-
lato. 275
Bau, Ueber die scheinbare Zunahme des
Dextringehaltes in Bierwürzen während
der Gährung, sowie über die Bestimmung
der Dextrose und des Dextrins in ihnen.
99
— , Die Bestimmung von Maltose , Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und
Bier mittelst Reinkulturen von Gäh-
rungs-Organismen. (Orig.) 826
Behring , Untersuchungen über das Zu-
standekommen der Diphtherie-Immunität
bei Thieren. 71
— , Ueber Desinfektion, Desinfektionsmittel
und Desinfektionsmethoden. 636
Behring und Kitasato, Ueber das Zu-
standekommen der Diphtherie-Immuni-
tät und der Tetanus-Immunität bei Tbie-
ren. 68
Beyerinck, Künstliche Infektion von Vicia
Faba mit Bacillds radicicola. Ernäh-
rungsbedingungen dieser Bakterie. 450
— , Verfahren zum Nachweise der Säure-
absonderung bei Mikrobien. Mit 1 Figur.
(Orig) 781
Blagooestchensky, Sur l’anlagonisme entre
les bacilles du charbon et ceux du pus
bleu. 811
54*
848
Register.
Blücher, Eine Methode zur Plattenkultur
auaerober Bakterien. 292
Bollmger , lieber die Infektionswege des
tuberculösen Giftes. 140
Bostroem , Untersuchungen über die Aktino-
mykose des Menschen. 570
Botim, Eine einfache Methode zur Isolirung
auaerober Bakterien. 209
Brieger und FraenkeL, öeber Immunisirungs-
versuche bei Diphtherie. 70
Brioti, Rassegn» delle principali malattie
svituppatesi sulle piante culturali nell’
anno 1887, delle quali si e occupato il
Laboratorio Crittogamico. 126
Büchner, Die chemische Reizbarkeit der
Leukocyten und deren Beziehung zur
Entzündung und Eiterung. 416
— , Die Bakterienproteine und deren Be-
ziehung zur Entzündung und Eiterung.
666
Bujtoid, Die Darstellungsweise des Tuber-
culins ( 579
Busquet, Etüde morpbologique d’une forme
d’Achorion : L’Achorion Arloini, Cham-
pignon du favus de la souris. 673
Cadiot, Gilbert et Roger, Tuberculose du
chien . 274
Oampana, Un bacillo simile al bacillo le-
proso sviluppatosi in tentativi di col-
tura di tessuti con lepra tubercolare.
733
— , La crisarobina sopra alcuni fermenti e
sopra alcuni cbizomiceti patogeni. 32
Caneva, Ueber die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie (Hueppe), Hogcho-
lera (Salmon), Swineplague (Billings),
Swinepest (Selander), amerik. Rinder-
seuche (Billings), Büffelseuche (Oreste
Armanni), Marseille’sche Schweineseuche
(Jobert , Rietsch) , Frettchenseuche
(Eberth). (Orig.) 557
Cassedebat, Le bacille d’Eberth-GafTky et
les baeilles pseudo-typhiques dans les
eaux de rivi&re. 281
Chabarii, Antiseptique gazeuse, son action
sur la bacterie pyog&ne de l’infection
urinaire. 137
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culose. 775
Conn , Ueber einen bittere Milch erzeugenden
Micrococeus. (Orig.) 653
Cunningham , On some species of Choleraic
Comma Bacilli occurring in Calcutta. 763
Bemme, Ueber das Vorkommen eines rothen
Sprosspilzes in der Milch und im Käse
und das Auftreten von Darmkatarrh bei
Kindern frühesten Alters durch den Ge-
nuss derartig infizirter roher oder un-
vollständig gekochter Milch. 270
Eiteriberg, Bakteriologische Diagnostik
3 Aufl. 677
Eiion , Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und Bier
mittelst Reinkulturen von Gährungs-
Organismen. (Orig.) 525
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cent certains corps sur les tubes sporan-
gifhres de „Phycomyces uitens“. 664
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und eine durch sie hervorgerufene Pseu-
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134
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latus. 806
Frank, Ueber die Pilzsymbiose der Le-
guminosen. 629
Fratnktl unAPfeiffcr, Mikrophotographischer
Atlas der Bakterienkunde. 204
— — , Mikrophotographischer Atlas der
Bakterienkunde Lief. 9, 10. 507
Frosch, Ein Beitrag zur Kenntniss der Ur-
sache der amerikanischen Schweineseuche
und ihrer Beziehung zu den bakteriolo-
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Wesens der sogen. Prädisposition durch
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gegenüber den Cholerabakterien. 807
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riologische Erfahrungen über das Pyok-
tanin. 134
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biologiques sur un microorganisme de
l’atmosphere , le Streptothrix Foersteri
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milieux nutritifs colords. 208
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541
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838
Giunti, Ueber die Wirkung des Lichts auf
die Essiggährung. 539
Günther, Einführung in das Studium der
Bakteriologie mit besonderer Berück-
sichtigung der mikroskopischen Technik.
11
Haegier, Zur pyogenen Eigenschaft von
Pneumococcus Fraenkel- Weichsel bäum.
275
Register.
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der Gährungsindustrie 98
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les Saccharomyces. 663
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infektionsmitteln bei höherer Tempe-
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Mittheilung in No. 12 d. Zeitschrift über
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peratursteigerung in beerdigten Körper-
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Katz, Zur Kenntniss der Leuchtbakterien
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547
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reals. 547
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420
Kirchner , Bakteriologische Untersuchungen
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Koch, Fortsetzung der MittheilungeD über
ein Heilmittel gegen Tuberculose. 64
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über das „Umschlagen“ des Weines.
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heim (Selenosporium aquaeductuum Ra-
benhorst et Radlkofer , Ftisisporium
moschatum Kitasato). Mit 6 Figuren.
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auaerobi 57
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mit veränderlicher und konstanter Tem-
peratur pathogen ist. Mit einer litho-
graphischen Tafel. (Orig.) 193. 222
Die Ursachen der natürlichen Immu-
nität gegen den Milzbrand. (Orig.)
467. 497. 532
Sauchez- Toledo et Veillon, De la presence
du bacille du tetanos dans les excrements
du cheval et du boeuf ä l'etat sain. 18
— — , Recherche» microbiologiques et ex-
perimentales sur le tötanos 478
Saictschenko , Zur Frage über die Immu-
nität gegen Milzbrand. (Orig) 473 493.
528
Scala e Sanfelice, Azionc dell’ acido car-
bonieo disciolto nelle acque potabili su
alcuui microorganismi patogeni. 110
Schwanhäuser, Beitrag zur experimentellen
Untersuchung der Ursache der Gesund-
heitsschädlichkeit hefetrüber Biere. 100
Schweinitz, v, A preliminary sludy of tlie
ptomai'nes from the culture-liquids of
the Hog-cholera germ. 804
Schütz, Mikroskopische Carcinombefunde
nebst ätiologischen und praktisch ver-
wendbaren diagnostischen Ausblicken
702
Smith, Zur Kenntniss des Hog-eholeraba-
cillus. (Orig.) 253. 307. 339
— , Observations on the variability of
disease germs. 606
&iXjdbv>orth, A new Hollyhock disease 511
SpHitfir >nnd Gottstein, Ueber die Vernich-
tung von Mikroorganismen durch die In-
duktionaestektricität. (Orig ) 77
Stagnitta, Sul valore diagnostico delle ri-
cerche batteriologiche nel tifo addomi-
nale. 794
Stern, Geber die Wirkung des menschlichen
Blutes und anderer Körperflüssigkeiten
auf pathogene Mikroorganismen 132
Tkoinot, Etüde sur la -waleur desinfectaote
de l'acide sulfureux. 323
Tili, Bakteriologische Uatbersuchung der
Freiburger Leitungswässer. 381
Tizzoni und Cattani, Ueber die Art, einem
Thiere die Immunität gegen Tetanus zu
übertragen (Orig.) 189
, — — , Ueber die Widerstandsfähigkeit der
Register.
851
Tetanusbacillen gegen physikalische und
chemische Einwirkungen. 487
Tolomei, Einwirkung von Elektrizität auf
die Essiggährung. 539
Trvmpp, Ueber saprophyte Schimmelpilze
im Brustkrebs. 701
Tubeuf, von, Generations- und Wirths-
wecbsel unserer einheimischen Gymno-
sporangium-Arten und die hierbei auf-
tretenden Formveränderungen. Mit 3
Abbildungen. {Orig.) 89. 167
— , Ueber eine neue Krankheit der
Weisstanne und ihre forstliche Bedeutung.
128
ünna und Sehlen, v ., Flora dermatologica.
VI. 798
— — , Flora dermatologica. VII 798
Unna , Flora dermatologica. VIII. 798
Vaülard et Vincent, Recherehes experi-
mentales sur le tdtanos 48 1
— — , Contribution ä l'dtude du tetanos.
479
— — , Sur une pseudopeiade de nature
microbienne. 118
Varendorff, Ueber die Kiefernschütte.
127
Faughan, Some new bacterial poisons ;
their causal relation to disease and the
changes in our theories suggested by
their action. 828
Vincent, PreseDce du bacille typhique dans
l’eau de Seine pendant le mois de juillet
1890 279
Walther, Ueber den Einfluss von künst-
lichem Fieber auf die mit Fraenkel-
Weichselbaum’schenPneumoniemikrobien
infizirten Thiere. 178
Winkler und Schrötter , von. Ein neuer
grünen Farbstoff entwickelnder Bacillus.
700
Winogradslcy, Recherches sur des organis-
mes de la nitrification. 351. 603
Zeidler, Beiträge zur Kenntniss einiger in
Würze und Bier vorkommendeu Bakte-
rien. 10
Fäulniss.
Karlthski, Untersuchungen über die Tem-
peratursteigerung in beerdigten Kijrper-
t heilen . [Orig.) 434
Kostjurin und Kraintki, Ueber die Wir-
kung von Fäulniss- und Tuberkeltoxinen
auf Thiere und über ihren Einfluss auf
den Verlauf der Experimentaltuberculose
445
Juoeiv, Die chemischen Verhältnisse des
Bakterienlebens. {Orig.) 659. 690. 722
757. 789
Zanfeltce, Contributo alla biologia e mor-
fologia dei batterii saprogeni aerobi
e anaerobi. 57
Gährung.
Adametz, Untersuchungen über Bacillus
lactäs viscosus , einen weitverbreiteten
milchwirthschaftlicben Schädling. 698
Bau, Ueber die scheinbare Zunahme des
Dextringebaites in Bierwürzen während
der Gährung, sowie über die Bestimmung
der Dextrose und des Dextrins in ihnen.
99
— , Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und
Bier mittelst Reinkulturen von Gäb-
rungs-Organismen {Orig.) 825
Beyerinck, Verfahren zum Nachweise der
Säureabsonderung bei Mikrobien. Mit
1 Figur {Orig.) 781
Conn, Ueber einen bittere Milch erzeugen-
den Micrococcus. {Orig.) 653
Eiion, Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und
Bier mittelst Reinkulturen von Gährungs-
Organismen. {Orig.) 525
Fembach, Sur l’invertine ou sucrase de la
levure 350
Oiunti, Ueber die Wirkung des Lichts auf
die Essiggährung. 539
Hansen, Untersuchungen aus der Praxis
der Gährungsindustrie. 93
— , Recherches sur la Physiologie et la
morphologie des ferments alcooliques.
VIII. Sur la germination des spores chez
les Saccharomyces 663
Jörgensen , Zur Analyse der obergährigen
Hefe in Brauereien und Brennereien
nach Hansen’* Methode. 602
Johan-OUen, Gjaeriog og Gjaeringsorganis-
mer. 56
Kramer, Bakteriologische Untersuchungen
über das ..Umschlagen“ des Weines. 268
Komauth, Studien über das Saccharin. 770
Loew, Die chemischen Verhältnisse des
Bakterienlebens {Orig.) 659 690. 722
757. 789
Nencki, Die isomeren Milchsäuren als Er-
kennungsmitte! einzelner Spaltpilzarten
{Orig.) 304
Popoff, Sur un bacilie anaerobic de la fer-
mentatiou pannaire. 1 04
Schwanhäuser, Beitrag zur experimentellen
Untersuchung der Ursache der Gesund-
heitsschädlichkeit hefetrüber Biere. 100
Sestini, L. und F., Ueber die ammoniaka-
lische Gährung der Harnsäure 380
Sostegni und Sannino, Ueber die Entste-
hung von Schwefelwasserstoff bei der
Alkoholgäbrung. 540
Tolomei, Einwirkung von Elektrizität auf
die Essiggährung. 539
852
Register.
Zeidler , Beiträge zur Kenntoiss einiger
in Würze und Bier vorkommenden Bak-
terien . 10
Nitrifikation.
Laurent, Experiences sur la reduction des
nitrates par les vegetaux- 235
Winogradsky. Recherches snr les organis-
mes de la nitrification. 351. 603
Phosphorescenz.
Ludwig, Ueber die Phosphorescenz von
Gryllotalpa vulgaris. (Orig.) 561
Beziehungen der Bakterien und
anderer pflanzlicher Parasiten
zur unbelebten Natur.
Bakterien etc. und Luft.
Gasperini. Recherelies morphologiques et
biologiques sur un microorganisme de
l’atmosphere , le Streptothrix Foersteri
Cohn. 59
TamJäni, Report of the inquiry into tbe
etiology of Summer Diarrhoea. 610
Bakterien etc. und Wasser.
Adametz, Untersuchungen über Bacillus
lactis viscosus , einen weitverbreiteten
milchwirtbschaftlichen Schädling. 698
Almquilt, Ueber das vermehrte Auftreten
des Darmtyphus an einer Anzahl von
mehr oder minder typhusfreien Orten
nach jahrelangen Zwischenräumen. 680
Aubert, Relation d’une epidemie de fievre
typhoide qui a sdvi sur le 23e rdgiment
d’infanterie et sur la population de la
ville de Bourg, eD decembre et en jan-
vier 1888—1889. 280
Catado y Fernande», Infeccion teberculosa
por el agua contaminada. 182
Cassedelnt, Le bacille d’Eberth-Gaffky et
les bacilles pseudo-typhiques dans les
eaux de riviere. 281
Celli e Scala, Süll’ acqua del Tevere. 380
Currier, Sterilization of water. 7 1 1
Dresch, I.ajoux et Doyen, Epidemie de fievre
typhoide de Pontfaverger. 796
Dionis des Carriirei, Des relations de la
fikvre typhoide avec le bacille d’Eberth
et avec les variations du uiveau de la
nappt d’eau souterraine 382
JinkelrCourg, Ueber einen Befund von Ty-
phusbacillen im Brunnenwasser v nebst
Bemerkungen über die Sedimentirmethod»
der Untersuchung auf pathogene Bakte-
rien in Flüssigkeiten. (Orig.) 301
Gere, Contribution ä l’dtude des eaux d’Al-
ger. 609
Karlinski, Eine Berichtigung. (Orig.) 590
Kotz, Zur Kenntniss der Leuchtbakterieu.
(Orig.) 157. 199 229. 258. 31i. 343
Lagerheim, von, Zur Keontniss des Moschus-
pilzes, Fusarium aquaeductuum Lager-
heim (Selenosporium aquaeductuum Ra-
benhorst et Radlkofer, Fusisporium mo-
schatum Kitasato) Mit 6 Figuren (Orig.)
655
Laurent, Etüde sur la variabilite du bacille
rouge de Kiel. 105
Lehmann, Die Methoden der praktischen
Hygiene. 635
Loew, Ueber die Giftwirkung des destillir-
ten Wassers. 607
Lortet et Despeignes, Recherches sur les
microbes pathogenes des eaux potables
distribudes k la ville de Lyon. 607
Lortet, Die pathogenen Bakterien des tiefen
Schlammes im Genfer See 709
Nordtrneyer, Ueber Wasserfiltration durch
Filter aus gebrannter Infusorienerde.
644
Prausnüz, Kleinere Mittbeilungen zur bak-
teriologischen Technik. Mit 2 Abbildun-
gen. 128
Sanarelli, Ueber einen neuen Mikroorga-
nismus des Wassers, weicher für Thiere
mit veränderlicher und konstanter Tem-
peratur pathogen ist. Mit 1 lithogra-
phischen Tafel. (Orig ) 193. 222
Scala e SanfeUee, Azione dell’ acido car-
bonieo disciolto nelle acque potabili su
alcuni microorganismi patogeni. 110
Tile, Bakteriologische Untersuchung der
Freiburger Leitungswässer. 381
Vaughan, The examination of drinking-
water wiih special reference to its rela-
tion to typhoid fever. 832
Vincent, Presence du bacille typhique dana
l'eau de Seine pendant le mois de juillet
1890. 279
Bakterien etc. und Boden.
Beyerinck, Künstliche Infektion von Vicia
Faba mit Bacillus radicicola. EmähruDgs-
bedingungen dieser Bakterie. 450
Doicd , A study of tbe hygienic condition
of our Streets. 762
frank, Ueber die Pilzsymbiose der Legu-
minosen. 629
Karliniki, Untersuchungen über die Tem-
peratursteigerung in beerdigten Körper-
theilen. (Orig.) 434
Register.
853
Laurent, Recherches sur les nodosites ra-
dicales des legumineuses. 703
Manfredi und Serajini, Ue’öer das Verhal-
ten von Milzbrand- und Cholerabacillen
in reinem Quarz- und reinem Marmor-
boden 206
Pekelharing, Ueber Beri-Beri vom Stand-
punkte der Aetiologie und Therapie be-
urtheilt. 58 1
Smith, Zur Kenntnis» des Hogcholerabacil-
los. ( Orig .) 253. 307. 339
Sormaru , Ueber Aetiologie, Pathogenese und
Prophylaxe des Tetanus. 421
Winogradsky, Recherches sur les organis-
mes de la nitrification. 351. 603
Bakterien etc. in Nahrungs- und
Genussmitteln.
Adametz , Untersuchungen über Bacillus
lactis viscosus , einen weitverbreiteten
milchwirthschaftlichen Schädling. 698
Almguist, Ueber die Hauptmomente der
Aetiologie des Abdominaltyphus. 794
-Bang, Ist die Milch tuberculöser Kühe vi-
rulent, wenn das Euter nicht ergriffen
ist'? 144
Bau, Ueber die scheinbare Zunahme des
Dextringehaltes in Bierwürzen während
der Gährung, sowie über die Bestimmung
der Dextrose und des Dextrins in ihnen
99
— , Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und
Bier mittelst Reinkulturen von Gäh-
mngs-Organismen. {Orig.) 825
B oilinger, Ueber die Infektionswege des
taberculosen Giftes. 140
Celli e Scila , Süll’ acqua del Tevere.
380
Ccmn, Ueber einen bittere Milch erzeugen-
den Micrococcus. {Orig.) 653
Bemme, Ueber das Vorkommeu eines rothen
Sprosspilzes in der Milch und im Käse
und das Auftreten von Darmkatarrh bei
Kindern frühesten Alters durch den Ge-
nuss derartig infizirter roher odor un-
vollständig gekochter Milch. 270
Bionü des Carnlres, Des relations de la
fifcvre typhoide avec le bacille d’Eberth
et avec les Variation» du niveau de la
nappe d’eau souterraine. 382
Eiion, Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose nnd Dextrin in Bierwürze und
Bier mittelst Reinkulturen von Gährungs-
Organismeu. ( Orig ) 525
Etmbaeh, Sur l’invertine ou sucrase de la
levure. 350
Eintelnburg, Ueber einen Befund von Ty-
phusbacillen im Brunnenwasser, nebst
Bemerkungen über die Sedimentirmethoic
der Untersuchung auf pathogene Bakte-
rien in Flüssigkeiten. (Orig.) 301
Gert, Contribution ä l’dtude des eaux d’Al-
ger. 609
Giunbi, Ueber die Wirkung des Lichts auf
die Essiggährung. 539
Guillebeau, Ein neuer Fall von Cysticercus
der Taenia saginata beim Rind. 240
Hansen, Untersuchungen aus der Praxis
der Gährungsindustrie. 98
— , Recherches sur la physiologie et la
morpbologie des fermeuts alcooliques.
VIII. Sur la germination des spores chez
les Saccharomyces. 663
Jörgensen, Zur Analyse der obergährigen
Hefe in Brauereien und Brennereien nach
Hanseo’s Methode. 602
Johan-Olsen, Gjaering og Gjaeringsorganis-
mer. 56
Katz, Zur Kenntnis» der Leuchtbakterieu.
(Orig.) 157. 199 229. 258. 311. 343.
Kramer, Bakteriologische Untersuchungen
über das ,, Umschlagen“ des Weines.
268
Lortet et Dtspeignes, Recherches sur les
microbes pathogenes des eaux potables
distribuoes ä la ville de Lyon. 607
Popoff, Sur uu bacille anaerobic de la fer-
mentation pann&ire. 104
Bocser, Note sur un mode de contami
nation du pain par le Mucor stolonifer.
104
Scknirer, Zur Frage nach der Verbreitung
der Tuberkelbacillen ausserhalb des
Körpers 544
Schwanhäuser, Beitrag zur experimentellen
Untersuchung der Ursache der Gesund-
heitsschädlichkeit hefetrüber Biere. 100
Spilker und Gottstein, Ueber die Vernich-
tung von Mikroorgauismen durch die
Induktionseiektricität. {Orig.) 77
Tils, Bakteriologische Untersuchung der
Freiburger Leituugswässer. 381
Tolomei, Einwirkung von Elektrizität auf
die Essiggährung. 539
Vincent, Prdsence du bacille typhique daos
l’eau de Seine pendant le mois de juiilet
1890. 279
XeidJer, Beiträge zur Kemitniss einiger in
Würze und Bier verkommenden Bakte-
rien. 10
Bakterien etc. in Gebrauchsgegen-
ständen.
Brunner, Ueber Catgutinfektion. 549
Bowler, The sterilizntion of Catgut, with
a description of a new simple and effi-
cient method. 421
854
Register.
I.edantec, Origine tellurique du poison des
flfeehes des naturels des Nouvelles-Hebii-
des. 286
Van Cott jr. , Untersuchungen über das
Vorkommen der Bacillen des malignen
Oedems in der Moschustinktur ( Orig .) 303
Bakteriell etc. in Wohnungen.
Okada, lieber einen neuen pathogenen Ba-
cillus aus Fussbodenstauü. (Orig) 442
HI. Thieriacho Parasiten.
Anderson xnd Ktlsey , Erysipheae upon
Phytoptus distortions. 387
Antolisei, Considerazioni intorno aIJa classi-
ficazione dei parassiti della malaria. 113
— , L’ematozoo della quartana. 410
— , Süll’ ematozoo della terzana. 410
Antolisei e Angelini, Note sul ciclo bio-
logico dell’ ematozoo falciforme. 410
Baumgarten, Jahresbericht über die Fort-
schritte in der Lehre von den pathoge-
nen Mikroorganismen, umfassend Bakte-
rien, Pilze und Protozoen. V. 605
Bignami, Ricerehe sull’ anatomia patoio-
gica belle peruiciose. 281
Bitot et Sabrazis , Etüde sur les cysticer-
ques eu grappe de l'encephale et de
la moeile chez l'liomme. 625
Blanchard, Pseudo-parasites. 123
Blessig, Zur Kasuistik der subkonjunktiva-
len Cysticerken. 384
Boas , 1) Hestebremserue. 2) Tillaeg til
min Artikel „Ea Bremselarve i Hjärnen
hos eu Hest. 831
Brandes, Zur Frage des Begattungsaktes
bei den entoparasitischen Trematoden.
(Orig.) 264
— , Die Familie der Holostomiden. 415
Brandt, Beitrag zur Malariafrage. 671
Breun, Helmiuthologische MittheiluDgen.
(Orig.) 52
— , Ueber Eehinorbyncbus polymorphus
and filicollis. (Orig.) 375
CeUi e Marchiafava, 11 reperto del sangue
nelle febbri malariche invernali. 111
Coronaäo, El microbio de ia malaria ym
evolucion en la sangre de los indoziea-
dos. 116
— , Dermatopbilus penetrans de los paises
cälidos-Nigua. 415
Danilewsky, Ueber die Myoparasiten der
Amphibien und Reptilien. (Orig.) 9
— , La parasitologie comparde du sang.
I Xonvelles recherches sur les parasites
du sang des oiseaux. 120
— , Ueber den Polymitus malariae. Mit 6
Abbildungen. (Orig.) 397
— , Ueber die Mikroben der akuten und
chronischen Malariainfektion bei Vögeln.
411
Orassi und Feletti, Malariaparasiteu in den
Vögeln. (Orig.) 403. 429. 461
Guülebeau, Ein neuer Fall von Cysticer-
cus der Taenia saginaia beim Rind. 240
— , l2in Fall von Echinococcus multilocu-
laris. 675
Henneguy, Formation des spores de la
Gregarine du Lombric. 627
Kartulis, Einiges über die Pathogenese der
Dysenterieamöben. (Orig.) 365
König, Der cystische Echinococcus der
Bauchhöhle und seine Eigenthümlich-
keiten vor, bei und nach der Operation.
125
Kühn, Neuere Versuche zur Bekämpfung
der Rübennematoden. (Orig.) 563. 593
Labovlblne, Sur les moyens de reconuaitre
les Cysticerques da Taenia saginata, pro-
duisant la Jadrerie du veau et du boeuf,
rnaigre leur rapide disparition a l’air
atmosphdrique 241
Langenbuch, Der Leberecbinococcus und
seine Chirurgie. 545
Laveran, De l’examen du sang au poiut
de vue de la reeherehe de l’bematozoaire
du paiudisme. 15
Le Dantec, Recherches sur la digestion in-
tiaceiluiaire chez les protozoaires. 355
— , Recherches sur ia digestion intracellu-
laire chez les protozoaires (2e partie). 736
L/instov}, von, Ueber den Bau und die Ent-
wickelung des Distomum cylindraceum
Zed. 241
— — , Ueber die Entwickelungsgeschichte
von Gordius tolosaDus Duj. (Orig.) 760
Linton , Notes on Eutozoa of marine fisl.es
of New-England with descriptions of »e-
veral new spccies. 385
Lönnberg , Helminthologisehe Beobachtun-
gen von der Westküste Norwegens.
Theil I. Cestoden. 385
Lominslcy, Ueber Symbiose des Echinococ-
cus mit Coccidien. 124
Lukjanow, Grundzüge einer allgemeinen
Pathologie der Zelle. 477
Martin , Ueber die Krankheitserreger der
Malaria. 15
Nonticäli, Elenco degli elminti studi&ti a
Wimereux aella primave/a del 1689.
287
— , Note elmintologiche. 288
— , Di una forma teratologica di Botbrio-
cepbalns microcephalus. 290
Register.
855
Morot, Quelques considärations sur la de-
generescence des cystieerques ladriques
du porc. 239
Nenadovic , Ueber den Einfluss der Mala-
riagegend auf den Verlauf der Infektions-
krankheiten. 839
Parona e Perugia , Intorno ad alcune po-
lystomeae e considerazioni sulla siste-
matica di questa famiglia. 319
Pasquale, Sulla presenza di larve di ditteri
nell’ intestino di alcuni febbricitanti di
Massaua. 118
Piffard , Psorospermosis. 767
Pintner , Neue Beiträge zur Kenntniss des
Bandwurmkörper» 286
— , Nochmals über den Begattungsakt der
parasitischen Plathelminthen. Ais Er-
widerung an Herrn Brandes. (Orig.)
726
Brandes , Einige Bemerkungen zu Vor-
stehendem. (Orig.' 730
Baillitt. Les parasites des ariimaux domes-
tiques au Japon. 123
Boque et Lemoine, Reeherehes sur la toxi-
cite urinaire dans rimpaludisme 353
Sacharoff, Malaria au der Transkauka-
sischen Eisenbahn im Jahre i889. 16
Sagarra, Un easo de distoma hepätico eu
ei hombre 510
Saint-Remy, Sur une espfece nouvelle de
Poiystomien du genre Onchocotyle Dies.
22
Sihltich , Ein Fall von Cysticercus cel-
lulosae subretinaläs nebst Bemerkungen
über das Vorkommen des Cysticercus
cellulosae im Auge und seinen Neben-
organen in Württemberg. 384
Schütz, Ueber die Protozoen- nnd Cocci-
dienartigen Mikroorganismen in Krebs-
zellen. 285
Sonsoni, Notizie di trematodi della col-
lezione del museo di Pisa. 290
— , Un nuovo Distoma del sotto-genere
Polyorchis Stoss. 291
— , Un nuovo Heterakis del Gallus do-
mesticus. 291
Steinhaus , Cytophagus Tritonis. (Orig.) 50
Titoff, Die diagnostische Bedeutung dir
Malariaparasiten. 284
Van Beneden. Un Nematode nouveau d’un
Galago de la cote de Guinde. 509
Vierordt, Der multilokulare Echinococcus
der Leber. 20
Vincent. Sur la prisence d’elements sem-
blables aux psorospermies dans l’dpithe-
üoma pavimenteux. 383
Voeltzkwo , Entovalva mirabilis, eine schma-
rotzende Muschel aus dem Darm einer
Holothurie. 628
Voigt, Infektionsversuche zur Unterschei-
dung von Heterodera radicicola Greeff u.
II. Schachtii Schm 21
— , Ueber den Eiersack von Heterodera
Schachtii und II. radicicola. 207
Wolters , Die Konjugation und Sporen-
bildung bei Grcgsrinen. 574
IV. Bakterien und andere Parasiten als Krankheitserreger
bei Menschen und Thieren.
a. Infektiöse Krankheiten im Allgemeinen.
Babes und Cornil , Ueber Bakterienassocia-
tioneu in Krankheiten. 772
Baginsky, Ueber Cholera infantum 542
Bagtnsky und Stvdihagen. Ueber giftige
Produkte saprogencr Darmbakterien.
543
Bard , De la declaration des maladies trans-
inissibles et des Services de desinfection
ä Lyon et dans ]e ddpai tement du Rhöne.
137
Baumgarten, Jahresbericht über die Fort-
schritte in der Lehre von den patho-
genen Mikroorganismen, umfassend Bak-
terien, Pilze und Protozoen. V. 605
Behring, Ueber Desinfektion, Desinfektions-
mittel und Desinl'ektiousmethoden. 636
Blagoeestchcnsky, Sur l’antagonisme entre
les baciiles du ebarbon et ceux du pns
bleu. 211
Boer, Ueber die Leistungsfähigkeit mehre-
rer chemischer Desinfektionsmittel bei
einigen für den Menschen pathogenen
Bakterien. 552
Campana, La crisarobina sopra alcuni for-
mend e sopra alcuni chizomiceti pato-
geni 32
Canalis e Morpurgo , Intomo all’ influenza
del digiuno sulla disposizione alle um-
lattie infettive. 12
Carl, Ueber die Anwendung der Aniiin-
farbstoife als Antiseptika. 388
Chabarii, Aniseptique gazeuse, son action
sur la hacterie pyogfme de l!infection
urinaire. 137
Carrier, Sterilization of water. 711
Doicd , A study of the hygienic condition
of our streets. 762
856
Register.
Lisenberg, Bakteriologische Diagnostik
3. Aufi. 67 7
Eessler, Erfahrungen über die bakterieu-
todtende Wirkung der Anilinfarben. 1 34
Eowler, The sterilization of Catgut, with
a description of a new simple, and effi-
cieat method. 421
Praenkel u. Pfeiffer, Mikrophotographischer
Atlas der Bakterienkunde. 204
Gärtner, Beitrag zur Aufklärung des VYeseus
der sogen. Prädispositicu durch Jmpf-
versucbe mit Staphylokokken. 243
Galezotoski, De la pyoctanine et de la
benzo-phdnoneide. 388
Gamaleia und Charrin, Ueber die anti-
phlogistischen Wirkuugen. 838
Garri und Troff, Chirurgische und bakte-
riologische Erfahrungen über das Pyokta-
ain. 134
Gibier, Wasserstoffsuperoxyd und Ozon
838
Goltz, von der, Anilin als Antisepticum.
837
Grandin , Peroxide of hydrogen in gyne-
cology and in obststrics. 769
Günther, Einführung in das Studium der
Bakteriologie mit besonderer Berück-
sichtigung der mikroskopischen Technik.
11
Hankin, Report on the couffict between tbe
organism and tbe microbe. 320
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der Ratte. (Orig) 336. 372
Beider, Ueber die Wirksamkeit von Des-
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Heitmann, ßakteriological examiuation as
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non-irritative. antiseptic dressing. 387
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den Verlauf der Phagocytenkontroverse.
28
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Jasinthi, Pvoktaniu in der Chirurgie. 387
Kianowtky, Zur Frage über die antibak-
terielleu Eigenschaften des Magensaftes.
420
Sollmann, Lieber Pseudoinikrobea des nor-
malen und pathologischen Blutes. 839
Kottjvrin und Erainski, Ueber die Wirkung
von Fäulniss- und Tuberkeltoxinen auf
Thiere und über ihren Einfluss auf den
Verlauf der Esperirnentaltubereulose
445
Ledunawi, Die Methoden der praktischen
Hygiene 633
Leo, Diagnostik der Krankheiten der Ver-
dauungsorgane. 622
Leubuscher , Einfluss von Verdauungsse-
kreteu auf Bakterien 244
Liebreich, Das Methylviolett (Pyoktauin).
136
Loeffter, Neuere Arbeiten über Immunisi-
rungs- bezw. Heilungsversuche bei Thie-
ren gegenüber der Infektion mit Milz-
brand-, Tetanus- und Diphtherie-Bacillen.
25
Loew , Die chemischen Verhältnisse des
ßakterienlebens. (Orig.) 659 690. 722.
757. 789
Lortet et Despgignes, Recherciies sur les
microbes pathogenes des eaux potables
distribuees k la ville de Lyon. 607
— , Die pathogenen Bakterien des tiefen
Schlammes im Genfer See. 709
Lubarsch, Ueber die Ursachen der Im
munität. 31
— , Untersuchungen über die Ursachen der
angeborenen und erworbenen Immunität.
512
Luff, Report on the reiation of the pto-
mains or animal alkaloids to some of
the infectious fevers. 665
Lukjanow , Grundzüge einer allgemeinen
Pathologie der Zelle. 477
Mikrotberapie . die Behandlung der Er-
krankungen des Menschen mit Alkaloiden,
645
Nenadovic , Ueber den Einfluss der Mala-
riagegend auf den Verlauf der Infektions-
krankheiten. 839
Nordtmeyer, Ueber Wasserfiltration durch
Filter aus gebrannter Infusorienerde.
644
Ogata, Ueber die bakterienfeindliche Sub-
stanz des Blutes. (Orig.) 597
Omeltrchenko , Ueber die Wirkung der
Dämpfe ätherischer Oele auf die Abdo-
minaityphus-, Tuberkel- und Milzbrand-
bacillen. Mit 2 Abbildungen. (Orig.)
813
Pansini, Bakteriologische Studien über den
Aaswurf. 566
Papvli, Sul potere antisettico del salolo. 770
Petersen, Ueber die autibakterielie Wirkung
der Anilinfarben (Pyoktauin Merk's). 134
Petruschky, Der Verlauf der Phagocyten-
Kontroverse. 29
— , Entgegnung auf F. Hueppe’s ..Bemer-
kungen u. s. w.*1 in No. 13 d. Zeitschr.
29
Phisalix , Etüde experimentale sur le role
altribue aus eellnles lymphatiques dans
la protection de 1 organisme coutre l’in-
vasion du bacillus anihracis et dans le
mecauisme de l’immunite acquise. 209
Podbielskij, Untersuchung der Mikroben der
Mundhöhle von Erwachsenen und Kin-
dern im gesunden Zustand. 617
Register.
857
Rein, Zur Asepsis bei Laparatomieen. 548
Reitmann UDd Schönauer , Zur Ichthyolbe-
handlung von Frauenkrankheiten. 643
Rubeska, Beiträge zur Pathogenese eitriger
Puerperalerkrankungen und insbesondere
solcher Peritonitiden. 569
Ruff er , A report on the destruction of
microorganisms during the process of
inflammation. 740
Sansoni, Beobachtungen und Erfahrungen
über die pharmakologischen und the-
rapeutischen Wirkungen der Eupborine.
642
Seydel, Ueber Wundsterilisirung. 638
Smith, Observations on the variabilitv of
disease germs. 606
Stern, Ueber die Wirkung des mensch-
lichen Blutes und anderer Körperflüssig-
keiten auf pathogene Mikroorganismen.
132
Teuscher , Beiträge zur Desinfektion mit
Wasserdampf. 639
Ttls , Bakteriologische Untersuchung der
Freiburger Leitungswässer. 381
Tria, Sul modo di comportarsi dcl tessuto
muscolare in alcune infezioni. 540
Valude, Ueber den antiseptischen Werth
der Anilinfarben. 711
Wagner, Zur Lehre von der Bedeutung der
Temperatur bei den Infektionskrankhei-
ten. 322
Walther, Ueber den Einfluss von künst-
lichem Fieber auf die mit Fraenkel-
Weichselbaum’schen Pneumoniemikrobien
infizirten Tbiere. 178
b. Einzelne durch Bakterien und andere Parasiten hervorgerufene
Krankheiten.
Abscesse.
Hajek , Das perforierende Geschwür der
Nasenscheidewand. 116
Veiüon et Jayle, Presence du Bacterium
coli commune dans un abscfes dysente-
rique du foie. 382
A chorion.
Busquet, Etüde morphologique d’une forme
d’Acborion : L’Achorion Arloini, Cham-
pignon du favus de la souris. 673
Aktinomykose.
Baracz, v., Ueber neun Fälle der mensch-
lichen Aktinomykose. 797
Barth, Ueber Be.uchaktinomykose. 573
Bostroem, Untersuchungen über die Akti-
nomykose des Menschen. 570
Brotopopoff und Hammer, Ein Beitrag
zur Kenntniss der Actinomyceskulturen.
63
Sckneidemühl , Ueber Strahienpilzerkran-
kungen bei Mensch UDd Thier. 544
Schreyer, Zwei Fälle von Aktinomykose
der Bauchdecken. 61
Alopecia.
Vaillard et Vincent , Sur une pseudopelade
de nature microbienne. 118
Arthritis blennorrboica.
JDeutechmann, Arthritis blennorrhoica. 119
Beri-Beri.
Fekelharing, Ueber Beri-Beri vom Stand-
punkte der Aetiologie und Therapie be-
urtheilt. 58 1
Blennorrhoe.
Schmidt- Rimpier, Bemerkungen zur Aetio-
logie und Therapie der Blennorhoea
neooatorum. 20
Bright’sche Krankheit.
Manaberg, Zur Aetiologie des Morbus
Brightii acutus nebst Bemerkungen über
experimentelle, bakteritische Endoeardi-
tis. 444
Motler, Die Behandlung des chronischen
Morbus Brightii. 486
Chalazion.
Tangl, Ueber die Aetiologie des Chalazion.
275
Cholera.
Boer, Ueber die Leistungsfähigkeit mehre-
rer chemischer Desinfektionsmittel bei
einigen für den Menschen pathogenen
Bakterien. 552
Bruce, Bemerkung über die Virulenzsteige-
rung des Choleravibrio. (Orig.) 786
Ounningham, On seine species of Choleraic
Comma Bacilli occurring in Calcutta. 763
Currier, Sterilization of water. 711
Fraenkel und Vfeißer , Mikrophotographi-
858
Register.
scher Atlas der Bakterienkunde. Lief.
9, 10. 507
Oamaleia, Ueber die Resistenz der Kanin-
chen gegenüber den Cholerabakterien.
807
Qibier, Wasserstoffsuperoxyd und Ozon.
838
Ecmpe, Untersuchungen über die Lebens-
dauer der QhQler&hacillen im mensch-
lichen Koth. cS03
Lmbuacher, Einfluss vou Verdauuugssakre-
ten auf Bakterien. 244
bfanfredi und Serafini, Ueber das Verhal-
ten von Milzbrand- and Cholerabaciilen
in reinem Quarz- und reinem Marmor-
boden. 206
Papuli, Sul potere antisettico del salolo 770
Scala e San/elice , Azione dell' acido car-
bonico disciolto nelle acque potabili su
alcuni inifrporganismi patogeni 110
Srem , -Ueber die Wirkung des mensch-
lichen Blutes und anderer Körperflüssig-
keiten auf pathogene Mikroorganismen.
132
Thoinol, .Etüde sur la valeur desinfectante
de , lisple sulfureux. 323
^üh.O.lera infantum.
Bs-ginekß, ilieber Qljolera infantum. 542
ADh^ayiitis.
Bandle -Lieber die ilazHjhpngen der Clior-
dttis -vot^iis inferior dvfjjektrophica (Ger-
hardt) za dem Rhip<isklerom (Bebra).
800
l'asguale, UReriori rieerepe sugli strepto-
cocchi dell e jnueose e -oontributo dell’
etiologia deUa ^jorizza- 117
Schroetter, s., und Winfätr. Betrag zur
Pathologie iler iCoj'y-za. .801
Croup.
Brunner, Zur Behandlung von Diphtherie
und Group. 138
Cystitk.
Lund&trGm, Die Zersetzung von Harnstoff
durch Mikroben und deren Beziehungen
sur Cystitis. 872
Darmkatarrh,
.Perur«*, Ueber dss Vorkommen eines
rothen Sprosspilzes in der Milch und im
Käse und das Auftreten von Darmkatarrh
bei Kindern frühesten Altars durch den
Geuuss derartig infizirter roher oder un-
vollständig gekochter Milch. 270
Dengue.
■Kaqrtjdig, ;ßiniges über das angebliche Ver-
ibältniss der Influenza zum Dengue-Fieber
176
M ütheüungen über die in Berlin herrschende
Influenzaepidemie. 175
Dermatitis.
Kollinger, Dermatitis gangraenosa. 616
Diphtherie.
Andree, Das Resorcin bei Diphtheritis. 138
Babes, -Untersuchungen über den Diphthe-
riebacillus und die experimentelle Diph-
therie. 446
Babet und Comü, Ueber Bakterienassocia-
tionen in Krankheiten. 772
Behring, Untersuchungen über das Zu-
standekommen der Diphtherie-Immunität
bei Tliieren. 71
Behring und Kitasato, Ueber das Zustande-
kommen der Diphtherie-Immunität und
der Tetanus-Immunität bei Thieron. 68
Boer , Ueber die Leistungsfähigkeit mehre-
rer chemischer Desinfektionsmittel bei
einigen für den Menschen pathogenen
Bakterien. 552
Brieger und Fracnkel, Ueber Immmunist-
^pngsversuche bei Diphtherie. 70
.Brown, Diphtheria of the meatus urinurius.
7 63
Brunner, Zur Behandlung von Diphtherie
UDd Croup. 138
Ferrdn, Nota sobre la vacunaciön contra
el envenenamiento difterico aguöo expe-
rimental preseutada ä ia Real Aeademia
de Medicina de Barcelona en Abril de
1890. 835
Fraenkel und Pfeiffer, Mikrophotographi-
scher Atlas der Bakterienkunde. 204
Guinon, Des conditions de prepagation de
la dipht^rie. 449
Loefßer, Neuere Arbeiten über Immunisi-
ruugs- bezw. neilur.g.wersuche bei Thie-
ren gegenüber der Intektioi) mit Milz-
brand-, Tetanus- und Diphtherie-Bacillen.
25. 68
PiaarxeiDtki , Ein Fall vou Diphtheritis,
koroplizirt durch Erysipelas. 544
Thoinot t j£tude sur la valeur desinfectante
do i’aoide »ulfureux. 323
Register.
859
Drüsenentzündung.
Roux et Lannois, Sur un eas d'addnie in-
fectieuse due au staphylococcus pyogenes
aureus. 354
Dysenterie.
Kartulis, Einiges über die Pathogenese der
Dysenterieamöben. (Orig.) 365
Veilion et Jayle , Presenee du bacterium
coli commune dans un absefes dysentd-
rique du foie. 382
Eiterung und Entzündung.
Brunner, Ueber Catgutinfektion. 549
Büchner, Die chemische Reizbarkeit der
Leukocyten und deren Beziehung zur
Entzündung und Eiterung. 416
— , Die Bakterienproteine und deren Be-
ziehung zur Entzündung und Eiterung.
668
Eiseisberg, Nachweis von Eiterkokken im
Blute als diagnostisches Hilfsmittel.
834
Fessler , Erfahrungen über die bakterien-
tödtende Wirkung der Anilinfarben 134
Gärtner , Beitrag zur Aufklärung des We-
sens der sogen. Prädisposition durch
Impfversuche mit Staphylokokken. 243
Qarri und Traft , Chirurgische und bakte-
riologische Erfahrungen über das Pyok-
tanin. 134
Gessard. Des races du bacille pyocyanique.
541
Gilbert et Girode, Contribution a l’dtude bac-
tdriologiquo des voies biliaires. 413
Maegler , Zur pyogenen Eigenschaft von
Pneumococcns Fraenkel-Weicbselbamn,
275
Koplik , The etiology of Empyema io cliil-
dren. 285
Lemilre , De la suppuration aseptique chez
lc lapin. 485
Leu'in , Zur Pathologie der akuten bakte-
riellen Entzündungen. 268
Moder, Die Behandlung der Empyeme.
642
Papuli , Sul potcre antisettico del Balolo. 770
Prochovmick und Spaeth, Deber die keim-
tödtende Wirkung des galvanischen Stro-
mes. 324
Raymond, Sur Ics propridtds pyogenes du
bacille d’Eberth (h propos d’un cas de
fievre typhoide compliqude d’un abcös de
la paroi abdominale et de ddlire aigu).
829
Boux et Lannois, Sur un cas d'addnie in-
fecticuse due au staphylococcus pyogenes
aureus. 354
Rufer, A report on the destruction of
microorganisms during the process of
inflammation 740
Tria, Sul modo di comportarsi del tessuto
muscolare in alcune infezioni. 540
Veilion et Jayle, Presenee du bacterium
coli commune dans un absebs dysentd-
rique du foie 382
Eklampsie.
Favre, Vorläufige Mittheilung über eine
bakteriolog.-experiment. Untersuchung
zur Frage der Puerporaleklampsie. 735
Empyem.
Koplik, The etiology of Empyema in chil-
dren. 285
Moder . Die Behandlung des Empyema.
642
Erysipel.
Lehrnbecher, Zur Behandlung des Gesicbts-
rothlaufs. 389
Pisarzewdci, Ein Fall von Dipht'neritis,
komplizirt durch Erysipelas. 544
Roger, Proprietes bactericides du serum
pour Je streptocoque de l’erysipele 805
Frettchenseuche.
Caneva, Ueber die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie (Hueppe), Hog-
Cholera (Salmon), Swineplague (Billings),
Swinepest (Selander), arnerik. Rinder-
scuche (Billings), Büflfelseuche (Oreste-
Annanni), Marseile’sche Schweineseuche
(Jobert, Rietsch), Frettchenseuche
(Eberth). (Orig.) 557
Gallenhlasenentzündung.
Gilbert et Girode, Contribution & l’ibtude
bacteriologiquo des voies biliaires. 413
Gangräu.
Temeuü, Note sur les rapports de la sep-
tiebunie gangröneuse et du tbtanos, pour
servir ä l’dtnde des association3 micro-
biennes virulentes 60
Geflügel tubercu! ose.
Counnont et Dor, Do la vaccination contre
la tuberculose aviairo. 140
Gelbfieber.
Gibier, Wasserstoffsuperoxyd und Ozon. 838
860
Register.
San Martin, Investigaciones espectroscöpicas
sobre la sangre, bilis y orina en la fiebre
auiarila. 17
Stemberg, Dr. Freire’s protective inocula-
tion-facts versus figures. 806
Gonorrhöe.
Htutschmann, Arthritis blennorrhoica. 119
Heitzmann, Bacteriological examination as
an aid to clinical diagnosis. 737
Jadassohn, Ueber die Gonorrhöe der para-
urethralen und präputialen Gänge. 799
KraU.tr , Ueber die Verwerthbarkeit des
Gonokokkenbefundes für die gerichtliche
Medicin. 741
Levi, Sul valore etiologico del gonococco
di Neisser nella blenorrhagia. 830
Neisser, Ueber die Mängel der zur Zeit
üblichen Prostituirtenuntersuchung. 640
Prochownick, Die Behandlung des frischen
Trippers beim Weibe mit dem konstan-
ten Strom. 324
Prochoicnick und Spaeth, Ueber die keim-
tödtende Wirkung des galvanischen
Stromes. 324
Schmidt- Simpler, Bemerkungen zur Aetiolo-
gie und Therapie der Blennorrhoea neo-
natorum. 20
Schrötter, von und Winkler, Ueber Rein-
kulturen der Gonokokken. 679
Grouse Disease.
Klein, Ein weiterer Beitrag zur Kenntniss
der Aetiologie der Grouse Disease.
(Orig.) 47
Hämoglobinurie des Eindes.
Hubes, Ueber die seuchenhafte Hämoglo-
binurie des Rindes. 774
Hämorrhagie.
Bales, Ueber Bacillen der hämorrhagischen
Infektion des Menschen. (Orig.) 719.752
Hog cholera.
Bunzl-Fedem, Bemerkungen über „Wüld-
und Schweineseuche“. (Orig.) 787
, Untersuchungen über einige seuchen-
artige Erkrankungen der Schweine. 803
Caneva, Ueber die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie (Hueppe), Hog-
Cholera (Salmon), Swineplague (Billings),
Swinepest (Selander), amerikan. Rinder-
seuche (Billings), Büffelseuche (Oreste-
Armanni), Marseille’sche Schweineseuche
(Jobert, Rietsch), Frettchenseuche (Eb-
erth). (Orig.) 55 7
Novy, The toxic products of the bacillus
of hogcholera. 829
Schweinitz, A preliminary study of the
ptomai'nes from tbe culture-liquids of
the Hog-cholera germ. 803
Smith, Zur Kenntniss des Hoch-choleraba-
cillua. (Orig.) 253 307. 339
— , Observations on the variability of di-
sease germs. 606
Hühnercholera.
Karlinski, Untersuchungen über die Tem-
peratursteigerung in beerdigten Körper-
theilen. (Orig.) 434
Influenza.
Bein, Bakteriologische Untersuchungen
über Influenza. 171
Fischei, Eine bakteriologisch-experimentelle
Studie über Influenza. 611
Kraenkel, Ueber Erkrankungen der oberen
Luftwege im Gefolge der Influenza. 173.
IVaser, On the occurrence of the Pneu-
mococcus in the sputum from a case of
Influenza. 177
Kartvlis, Einiges über das angebliche Ver-
hältniss der Influenza zum Dengue-
Fieber. 176
Kirchner, Bakteriologische Untersuchungen
über Influenza 615
Mittheilungen über die in Berlin herrschende
Iufluenzaepidemie. 175
Natanson, Ein Fall von Influenza mit
Pleuropneumonie und doppelseitiger Iri-
dochorio'iditis embolica. 177
Sirena, Sulla Influenza. 174
Vogl, Mittheilungen über die Beziehungen
der Influenza zu den Athmungsorganen.
m
Iridochorioi'ditis.
Natanson, Ein Fall von Iufluenza mit
Pleuropneumonie und doppelseitiger Iri—
dochorioi'ditis embolica. 177
Keuchhusten.
Haushalter , Trois cas d’infection par le
staphylocoque dorö dans le cours de la
coqueluche. 382
Register.
861
Krankheit der Wollsortirer.
Lodge Füs, La maladie des trieurs de
laine (charbon broncho -pulmonaire). 207
Krebs.
Klebs, Ueber das Wesen und die Erken-
nung der Carcinombildung. 14
Schütz, Ueber die Protozoen- und Cocci-
dienartigen Mikroorganismen in Krebs-
zellen. 285
— , Mikroskopische Carcinombefunde nebst
ätiologischen und praktisch verwendbaren
diagnostischen Ausblicken. 702
Trnmpp, Ueber saprophyte Schimmelpilze
im Brustkrebs. 701
Vincent, Sur Ja prösence d’el^ments sem-
blables aux psorospermies dans l’epithe-
lioma pavimenteux. 383
Lepra.
Babes et Kalindero, Sur la reaction pro-
duite par le remede de Koch chez les
Idpreux. 245
Company, Un bacillo simile al bacillo le-
proso sviluppatosi in tentativi di col-
tura di tessuti con lepra tubercolare.
733
CoUira, Note on tlie Leprosy revival. 767
Fraenkel und Pfeiffer, Mikrophotographi-
scher Atlas der Bakterienkunde. 204
Eicks , Leprosy in the republic Columbia,
South America. 279
Lima und Havelburg, Hospital dos Lazaros.
237
Moore, Cause of Leprosy. 767
Poupinelde Valenci, Is Leprosy contagious?
767
Bamon y Cajal., Sobre las celulas gigantes
de la lepra y sus relaciones con las
colonias del bacilo leproso. 236
Savas, Ein Fall von Lepra auaesthetiea.
(Orig.) 826
Luugeuseuche.
Bruce et Lob-, Les nmlndies du betail en
Australie. 801
Lupus.
Lloyd and SUhcayon, Preliminary notes on
a case of Lupus vulgaris treated by in-
jections of Koch's lymph. 454
Miiuseaeptikämie.
Samfelice, Contributo alla fisiopatologia del
midollo delle ossa. 238
IX. Bd.
Malaria.
Antolisei, Considerazioni intorno alla
classificazione dei parassiti della malaria.
113
— , L’ematozoo della quartana. 410
— , Süll’ ematozoo della terzana. 410
Antolitei e Angelim, Note sul ciclo biolo-
gico dell’ ematozoo falciforme. 410
Baker, Malaria and the causation of inter-
mittent fever. 283
Bignami, Ricerche sull’ anatomia patolo-
gica delle perniciose. 281
Brandt, Beitrag zur Malariafrage. 671
Celli e Marchiafava, II reperto del sangue
nelle febbri malaricbe invernali. 111
Coronado, El microbio de la malaria ym
evolucion en la sangre de los indoxi-
cados 116
Danilewgky, Ueber den Polymitus malariae.
Mit 6 Abbildungen (Orig.) 397
— , Ueber die Mikroben der akuten und
chronischen Malariainfektion bei Vögeln.
411
Grassi und Feletti, Malariaparasiten in den
Vögeln. (Orig.) 403. 429. 461
Laveran, De l’examen du sang au poiat
de vue de la recherche de l’hematozoaire
du paludisme. 16
Martin, Ueber die Krankheitserreger der
Malaria 15
Nenadovic, Ueber den Einfluss der Mala-
riagegend auf den Verlauf der Infektions-
krankheiten. 839
lioque et Lemoine, Recherehes sur la toxicite
urinaire dans l’impaludisme. 353
Sacharoff, Malaria an der Transkaukasischen
Eisenbahn im Jahre 1889. 16
Titoff, Die diagnostische Bedeutung der
Malariaparasiten. 284
Malignes Oedem.
Tkornot, Etüde sur la valeur ddsinfectante
de l’acide sulfureux. 323
Van Cott jr., Untersuchungen über das
Vorkommen der Bacillen des malignen
Oedems in der Moschustiuktur. (Orig.)
303
Vemeuil, Note sur les rupports de la sep-
ticemie gangreneuse et du tetanos, pour
servir ä l’ctude des associations micro-
biennes virulentes. 60
Massauafieber.
Paiyuale, Sulla presenza di larve di ditteri
Hell' intestino di alcuni febbricitanti di
Massaua. 119
55
862
Register.
Meningitis.
Foä, Zur Biologie des Diplococcus lanceo-
latus. 807
Hanoi et Luzet, Note sur ie purpura &
streptoeoques au eours de la meningite
cerebro-spinale streptococeienne. Trans-
mission du purpura de la mere au foe-
tus. 509
Metastatische Ophthalmie.
Votsius, Ein Fall von einseitiger metasta-
tischer Ophthalmie im Puerperium, be-
dingt durch Streptokokkenembolie. 207
Milzbrand.
Bardach , Recherehes sur la fonctiou de la
rate dans les rnaladies iufectieuses. 482
Behring, Ueber Desinfektion, Desinfek-
tionsmittel und Desinfektionsmetboden.
636
Blagor estchensky, Sur l'antagonisme entre
les bacilles du eh2rbon et eeux du pus
bleu. 211
Boer , Ueber die Leistungsfähigkeit mehre-
rer chemischer Desinfektionsmittel bei
einigen für den Menschen pathogenen
Bakterien. 552
Bruce et Loir, Les rnaladies du betail en
Australie. 801
Canalis e Morpurgo, Intorno all’ influenza
del digiuno sulla disposizione alle ma-
latrie infettive. 12
Fischet, Untersuchungen über die Milz-
brandinfektion bei Fröschen und Kröten.
433
Hankin, Ueber den schützenden Eiweiss-
körper der Ratte. {Orig.) 336. 372.
— , Report on the confiict betwecn the or-
ganisrn and the microbe. 320
Heider, Ueber die Wirksamkeit von Des-
infektionsmitteln bei höherer Temperatur.
{Orig.) . 221
Hueppt , Bemerkungen zu Petruschky’s
Mittheilung in No. 12 d. Zeitschrift über
den Verlauf der Phagocytencoutro verse.
29
Jacobi, Vier Fälle von Milzbrand beim
Menschen. 205
Karlinski, Untersuchungen über die Tem-
peratursteigeruug in beerdigten Körper-
teilen. {Orig.) 434
Levbuscher, Einfluss vou Verdauungssekre-
ten auf Bakterien. 244
Letctn, Zur Pathologie der aknten bakte-
riellen Entzündungen. 268
Lodge Füg, La maladie des trienrs de
laine (charbou broncho-pulmonaire). 207
Loefler, Neuere Arbeiten über Immunisi-
rungs- bezw. Heilungsversuche bei Thie-
ren gegenüber der Infektion mit Milz-
brand-, Tetanus- und Dipbtheriebacillen.
25
Lubarsch , Untersuchungen über die Ur-
sachen der angeborenen und erworbenen
Immunität. 512
— , Ueber die Ursachen der Immunität.
31
Malm , Sur la virulence de la bactdridie
charbonneuse aprfes passage chez le chien
et ehez le lapin vaccine. 210
Manfredi und Serafini, Ueber das Verhal-
ten von Milzbrand- und Cbolerabacillen
in reinem Quarz- und reinem Marmor-
boden. 206
Metschnikoff, Contribution k l’etude de la
vaccination charbonneuse. 738
Ogata, Ueber die bakterienfeiudiiclie Sub-
stanz des Blutes. {Orig.) 597
Omeltschenko, Ueber die Wirkung der
Dämpfe ätherischer Oele auf die Abdo-
minaltyphus-, Tuberkel- und Milzbrand-
bacillen. Mit 2 Abbildungen. {Orig.)
813
Osbome, Die Sporenbildung des Milzbrand-
bacillus auf Nährböden von verschiede-
nem Gehalt an Nährstoffen. 205
Betruschky, Entgegnung auf F. Hucppe’s
..Bemerkungen u. s. w.“ in No. 13 d.
Zeitschrift. 29
Betruschky, Der Verlauf der Phagocyten-
Coutroverse. 29
Phisalix, Etüde experimentale sur le röle
attribue aux cellules lymphatiques dans
la protection de l’organisme contre l’in-
vasion du bacillus anthracis et dans le
meeanisme de l’immunite acquise. 209
Prochownick und Spaeth, Ueber die keim-
tödtende Wirkung des galvanischen Stro-
mes. 324
Sanarelli, Die Ursachen der natürlichen
Immunität gegen den Milzbrand. (Orig.)
467. 497. 532.
— , Ueber einen Deuen Mikroorganismus
des Wassers, welcher für Thiere mit
veränderlicher und konstanter Tempe-
ratur pathogen ist. Mit 1 lithographi-
schen Tafel. (Orig.) 193
Sanfelice, Ccntributo aila flsiopatologia del
midollo delte ossa. 238
Saictschehko, Zur Frage über die Immuni-
tät gegen Milzbrand. (Orig.) 473 493.
528
Scala e Sanfelice, Azione dell’ acido car-
bonico disciolto nelle aeque potabili su
alcuni inicrooganismi patogeni. 110
Stern, Ueber die Wirkung des mensch-
lichen Blutes und anderer Körperflüssig-
keiten auf pathogene Mikroorganismen.
132
Thoinot, Etüde sur la valeur desinfectaDte
de l’acide sulfureux. 323
Register.
863
Tria , Sul modo di eomportarsi del tessuto
muscolare in alcune infezioni. 54G
Wagner, Zur Lehre von der Bedeutung der
Temperatur bei den Infektionskrank-
heiten. 322
Molluscum.
Piffard, Psorospermosis. 767
Mycosis.
Ross, Vorläufige Mittheilung über einige
Fälle von Mycosis im Menschen. (Oing.)
504
Nephroraycosis.
Ross, Vorläufige Mittheilung über einige
Fälle von Mycosis im Menschen. (Orig.)
504
Osteomyelitis.
Gibier, Wasserstoffsuperoxyd und Ozon.
838
Otitis.
Zavfal , Ueber die Beziehungen der Mikro-
organismen zu der akuten (primären)
Mittelohrentzündung und ihren Kompli-
kationen und der chronischen Mittelohr-
entzündung und ihren Komplikationen.
326. 357
Panophthalmie.
Poplawska, Zur Aetiologie der Panopbth&l-
mie nach Verletzung durch Fremdkörper.
119
Parotitis.
Duplay, Parotide ä pneumocoques. 354
Peritonitis.
Rubeaka, Beiträge zur Pathogenese eitriger
Puerperalerkrankungeu und insbesondere
solcher Peritonitiden.
569
Pleuritis.
Lorigo. c Pensuti, Pleurite da
bacillo del
tifo.
797
Pneumonie.
Banti, Süll’ etiologia delle
pneumoniti
acute.
179
Banti , Sopra alcune local izzazioni extra-
pulmonari del diplocoeco. laneeolato cap-
sulato. 275
Bein, Bakteriologische Untersuchungen über
Influenza. 171
Duplay, Parotide ä pneumocoques. £54
Fischei, Eine bakteriologisch-experimentelle
Studie über Influenza. 611
Foä, Zur Biologie des Diplococcus lanceo-
latus. 806
Foä e Carbons, Sulla immunitä verso il di-
plococco pneumonico. 768
Fraser, On the occurrence of the Pneu-
mococcus in the sputum from a case of
Influenza. 177
Haegier, Zur pyogenen Eigenschaft von
Pneumococcus Fraenkel- Weichselbaum.
275
Haushalter, Trois cas d’infeetion par le
staphylocoque dore dans le cours de la
coqueluche. 382
Karlinski, Untersuchungen über die Tem-
peratursteigerung in beerdigten Körper-
theilen. (Orig.) 434
Koplik, The etiology of Empyema in chü-
dren. 285
Lubarsch und Tsutsui, Ein Fall von sep-
tischer Pneumonie beim Neugeborenen,
verursacht durch den Bacillus enteridis
(Gaertner). 670
Mittheilungen über die in Berlin herrsehende
Influenzaepidemie. 175
. Müller, Beobachtungen und Erfahrungen
über Pneumonia cronposa. 181
Natanson, Ein Fall von Influenza mit
Pleuropneumonie und doppelseitiger Iri-
dochorioi'ditis embolica. 177
Pansini, Bakteriologische Studien über den
Auswurf. 566
Perniee e Alesri, Sulla diffusione nell’ or-
ganismo del pneumococco di Fraen-
kel nella pneumonite crupale. 182
Walter, Ueber den Einfluss von künst-
lichem Fieber auf die mit Fraenkel-
Weichselbaum’schenPnenmoniemikrobion
infizirten Thiere. 178
Zaufal, Ueber die Beziehungen der Mikro-
organismen zu der akuten (primären)
Mittelohrenentzündung und ihren Kompli-
kationen und der chronische Mittelohr-
entzündung und ihren Komplikationen.
326
Pneumonomycosis.
Ross, Vorläufige Mittheilung, über einige
Fälle von Mycosis im Menschen. (Orig )
504
Pocken.
Eternod et Haccicrs, Note sur des rechor-
ches coucernant la variolo- vaccine. BIS
55*
864
Register.
Fischer, Ueber Variola und Vaccine und
Züchtung der Variola-Vaccine-Lymphe.
639
Gaucker , Vaccine generalisee suivie de
mort. 769
Straus, Chambon et Minard, Reihere hei expe-
rimentales sur la vaccine che« lc veau.
516
Pseudoloukämie.
Roux et Lamiois, Sur un cas d’adenie iu-
•’ectieuse due au Staphylococcus pyogenes
aureus. 354
Pseudotuberculose.
Ckaniemesse, Eine mykotische Pseudotuber-
culose. 775
Eppingcr, L’eber eine pathogene Cladothrix
und eine durch sie horvorgerufeue Pseu-
dotuberculosis (cladothrichica). 274
Grancher, et Ledronx-Lehard, La tubereu-
lose zoogleique. 273
Psorospermose.
Pijfard , Psorospermosis. 767
Puerperaikraukheiten.
Artemieff, Ueher die mikro- und bakterio-
skopische Untersuchung der Lochien.
414
Favre, Vorläufige Mittheilung über eine
bakteriolog. - experiment. Untersuchung
zur Frage der Puerperaleklampsie. 735
Glöckner und Keller, Ein Beitrag zur Asep-
sis in der Gebuvtshülfe. 356
Hahn, Zur Leichendiagnose der septischen
und pyämischen Prozesse. 700
Rnleaka, Beiträge zur Pathogenese eitriger
Pucrperalerkrankuugen und insbesondere
solcher Peritonitiden. 569
Vossiua, Ein Fall von einseitiger metasta-
tisfher Ophthalmie im Puerperium, be-
dingt durch Streptokckkenembolie. 207
Purpura hämorrhagica.
Dabes, Ueber Baciilen der hämorrhagischen
Icfectiou des Menschen. (Orig.) 719. 752
lianot et Lnzet, Note sur le purpura ä
streptceoquä3 au eours de la mdningite
cerebro-spiDaio streptococcienne. Trans-
Spietsclika, Ueber einen Blutbefund bei
Purpura haemorrhagiea. 830
mission du purpura de la mere au foe-
tus. 509
Pyämie.
Hahn, Zur Leichendiagnose der septischen
und pyämischen Prozesse. 700
Rausch brand.
Fraenkel und Pfeiffer, Mikrophotographi-
scher Atlas der Bakterieukunde. 204
Buffer, A report on the destruction of mi-
croorganisms duriug the proccss of In-
flammation. 740
Thoinot, Etüde sur la valeur desiufectante
de l’aeide sulfureux. 323
Rhinoskierom.
Bandit»-, Ueher die Beziehungen der Chor-
ditis vocaiis inferior hypertvophica (Ger-
hardt) zu dem Rhinoskierom (Hcbra).
800
Pawlowsky, lieber die Aetiologie und Pa-
thologie des Rhinoskleroms mit beson-
derer Berücksichtigung der Pbagocytose
und der Hyaliubildung. 742
liotz.
Arrufat, Un caso de muermo-compi obacioa
bacteriolögica. 383
Boer, Ueber die Leistungsfähigkeit mehre-
rer chemischer Desinfektionsmittel bei
einigen für den Menschen pathogenen
Bakterien. 552
Fraenkel und Pfeiffer, Mikrophotograpbi-
scher Atlas der Bakterieukunde. 204
JtdttrtKski , Ein ungewöhnlicher Fali von
chronischem Rotz beim Menschen. 734
Thoinot, Etüde sur ia valeur desiufectante
de l’acide sulfureux. 323
Scharlach.
Ijuff, Report on the relation of the pto-
mains or animal alkaloids to tarne of
the infectious fevers. 665
Schweineseuche.
Bund-Federn, Bemerkungen über „Wild-
und Schweineseuche“. (Orig.) 787
— , Untersuchungen über einige seuchen-
artige Erkrankungen der Schweine. 803
Caneva, Ueber die Bakterien der hämor-
rhagisebeu Septikämie (Hueppe) , Hog-
cholera (Salmon), Swineplague (Billings),
Swinepest (Selatider) , amerik Rinder-
Register.
$65
Seuche (Billings), Büffelseuelie (Oreste-
Armanni), Marseille’sche Schweineeeuche
(Jobert, Rietscb) , Frettchenseuche
(Ebertb). {Orig.) 557
Frosch, Ein Beitrag zur Kenntniss der Ur-
sche der amerikanischen Schweineseuche
und ihrer Beziehung zu den bakteriolo-
gisch verwandten Prozessen. 623
Smith, Zur Keuntniss des Hogcholeraba-
cillus. {Orig) 253
Septikämie.
Caneva, Ueber die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikäinie (Hueppe), Uog-
cholera (Salmon), Swineplague (Billings),
Swinepest (Selander), auaerik. Rinder-
seuche (Billings), Biitfelseuche (Oreste-
Armauni), Marseille’sche Schweineseuche
(Jobert , Rietscb) , Frettchenseuche
(Eberth). (Orig.) 557
Hahn , Zur Leichendiaguose der septischen
und pyämischen Prozesse. 700
Lubarsch und Tsutsui, Ein Fall von sep-
tischer Pneumonie beim Neugeborenen,
verursacht durch den Bacillus enteridis
(Gaertner). 670
Ogata , Ueber die bakterienfeindliche Sub-
stanz des Blutes. {Orig.) 597
Vemeuü, Note sur les rapports de la sep-
ticemie gangreneuse et du tetanos, pou>'
servir k l’etude des associations micro-
biennes virulentes. 60
Sommerdiarrhöe.
Tomkim , Report of the inqoiry into the
etiology of Summer Diarrhoea. 610
Vaughan, Some new b&cterial poisons ;
their causal relation to disease and the
clianges in onr thecries suggested by
their action. 828
Stomatitis.
Diday, Cas de contagion de la stomatite
mercurieile. 801
Sympathische Ophthalmie.
Limbourg und Levy Untersuchungen iiber
sympathische Ophthalmie. 413
Syphilis.
Fraenhd und lfeifer, MikrophotograpLi-
scher Atlas der Bakterienkunde 204
Kessler , Pyoktanin, the new bactericide.
837
Moore , Cause of Leprosy. 7C7
Meister , Ueber die Mängel der zur Zeit
üblichen ProstituirtenuDtersuchung. 640
Tetanus.
Behring und Kitasato, Ueber das Zustande-
kommen der Diphtbcrie-Immunität und
der Tetanns - Immunität bei Thieren.
68
Capitan, Du bacille du tdtanos. 18
FraenJcel und Pfeifer , Mikrophotographi-
scher Atlas der Bakterienkundc. 204
Ledantec , Origine tellurique du poison des
fleches des naturels des Nouvelles-He-
brides. 286
Loeffler , Neuere Arbeiten über Immunisi-
rungs- bezw. Heilungsversuche bei Thie-
ren gegenüber der Infektion mit Milz-
brand-, Tetanus- und Diphtheriebacillen.
25
Peyraud, Etiologie du tetanos ; sa vacciua-
tion chiniique par la strychnine. 17
Plä, Naturaleza iufecciosa del tetanos. 19
Rertvers , Zur Aetiologie des Wundstarr-
krampfs. 481
Sanchez- Toledo et Veiilon, De la presence
du bacille du tdtanos dans les ex-
crcments du cheval et du boeuf ä l’dtat
saiu. 18
— — , Rechercbcs microbiologiques et ex-
perimentales sur le tetanos. 478
Sormani , Ueber Aetiologie, Pathogenese und
Prophylaxe des Tetanus. 421. 580
Ti&toni und Cattani, Ueber die Art, einem
Thiere die Immunität gegen Tetanus zu
übertragen. {Orig.) 189
— — , Ueber die Widerstandsfähigkeit der
Tetanusbaeillen gegen physikalische und
chemische Einwirkungen. 487
— — , Ueber die Eigenschaften des Teta-
nus-Antitoxins. (Orig.) 685
VaiUard et Vincent , Reeherches experi-
mentales sur le tötanos. 481
— — , Contribution ä l’dtude du tdtanos.
479
Verneuil , Note sur les rapports de la sep-
ticemie gaugrdneuso et du tdtanos, pour
servir ä l'etude des associations micro-
bicnncs virulentes. 60
Texasfieber.
Smith, Preiiminary observations on the mi~
croorganisms of Texas fever. 610
Tollwuth.
hvmbicci , Sulla viruleuza dclle capsule
surrenali del coniglio, nella rabbia. 508
866
Ecgister.
Drtischettini, Sur la muniere dont se com-
porte le virus de la rage dans le vide
et dans plnsieurs gaz. 519
De Blasi e Basso Travali, Risultati stati-
stici delle vaccinazioni antlrabiche neil’
Istituto di Palermo. 519
(Ubier, Antirabic inoculatious. Seusatious
experieuced by inoculated persons. How
iimnunity is attained. 133
— . Wasserstoffsuperoxyd und Ozon. 838
Trachom.
Noiszewski , Der Mikroorganismus des
Trachoms. Microsporon truchomatosum
s. jagium. 318
Tuberculose.
Amann, Der Einguss der Koch’schen Im-
pfungen auf die Tuberkelbaeilleu im
Sputum. (Orig.) 1
Babcs und Cornil, Uober Bakterienassoeia-
tiouen in Krankheiten. 772
Babes et Kalindero. Sur la reaetion pro-
duite par le remede de Koch chez les
lepreux. 245
Bang, Ist die Milch tuberculöser Kühe vi-
rulent, wenn das Euter nicht ergriffen
ist? 144
Bollinger , Ueber die Inrektionswege des
tuberculösen Giftes. 140
Brttgger, Ueber Tuberculosis verrucosa cutis.
317
Brunn , von , Ueber den gegenwärtigen
Stand der Tuberculosenfrage in ätio-
logiseherund prophylaktischer Beziehung.
669
Btijwid, Die Darstellungsweise des Tuber-
culins. 579
C'adiot, Gilbert et Hoger, Tuberculose du
ch'cn. 274
Casaüo y Femandez, Infeccion tuberculosa
por el agua contamiuada. 182
Chantemesse, Eine mykotische Pseudotuber-
culose. 775
Comet, Derzeitiger Stand der Tuberculo-
senfrage. 147. 213
Courmont et Bor, De la production, cbez
le lapic, de tumeurs blancbes experimen-
tales, par inoculation intra-veineuse de
culture du baciile de Koch attenue. 769
Csokor. Zur Aetiologie der Tuberculose.
667
Currier, Sterilization of water. 711
Dixau, Koch’s method of treating Tubercu-
losis. 456
Dvbreuüh et Au ehe, De la tuberculose cu-
taude primitive par inoculation directe.
273
Fraenkel und Pfeiffer , Mikrophotographi-
scher Atlas der Bakterienkunde. 204
Fraenkel, Untersuchungen über die Aetio-
logie der Kehlkopftuberculose. 732
Qibbes and Shurley, An investigatiou into
the etiology and treatment of phthisis.
667
Gran eher et Ledroux - Lehar d, La tubercu-
lose zoogleique. 273
Hammerschlag , Bakteriologisch-chemische
Untersuchungen über Tuberkelbaeilleu.
272
Heitzmann , Bacteriological exnmination as
an aid to clinica! diagnosis. 737
Irsai, Erfahrungen über das Kocb’sche
Mittel bei Lungen- und Kehlkopftuber-
culose. 455
Jolles , M. und Ad., Zur Kenntniss der
chemischen Natur des Kochins. 454
Jürgens, Ueber einen Fall von pcrlsucht-
abnlicher Erkrankung beim Menschen.
144
Karlitiski, Untersuchungen über die Tem-
peratursteigerung in beerdigtet) Körper-
theilen. (Orig.) 434
Kirchner, Ueber die Nothwendigkeit und
die beste Art der Sputumdcsiufektion bei
Lungentuberculose. (Orig.) 5. 41
Koch, Fortsetzung der Mittheilungen über
ein Heilmittel gegen Tuberculose. 64
Koplik, The etiology of Empyema in chil-
dren 285
Kost/urin und Krainski, Ueber die Wir-
kung von Fäulniss und Tuberkeltoxinen
auf Thiere und über ihren Einfluss auf
den Verlauf der Experimentaltuberculose.
445
Laplace, Koch's treatment of Tuberculosis.
455
Liebmann, II bacilio della tubercolosi nel
sangue degli ammalati, trattati colla linfa
di Koch. 455
Lloyd and Stelwagon, Preliminary notes on
a .case of Lupus vulgaris treated by iu-
jections of Koch’s lymph. 454
Lumniczer, Ueber Versuche mit dem Koch-
schcn Mittel 454
Maffucri, Ueber die Wirkung der reinen,
sterilen Kulturen des Tuberkelbacillus.
668
Meyer, Der Nachweis der Tuberkelbacillen
in den Se- und Exkveten Tuberculöser
mit besonderer Berücksichtigung der
Untersuchung bei der Koch’schen Be-
handlungsmethode. 635
Midier, Zur Kenntniss der Kindertubercu-
iose. 183
Nickel, Zur Biochemie der Bakterien.
(Orig.) 333
Omeltschenko , Ueber die Wirkung der
Dämpfe ätherischer Oele auf die Abdo-
minaityphus-, Tuberkel- und Milzbrand-
bacillen. Mit 2 Abbildungen. (Orig.)
813
Register.
867
Onimus, Destruction du virus tuberculeux,
par les essences dvaporees sur de la
mousse de platine. 739
Pampoukes, Ueber Desinfizirung der tuber-
culösen Sputa vor deren Färbung. 139
Ponfick, Ueber die Wechselwirkungen zwi-
schen örtlicher und allgemeiner Tubercu-
lose. 142
Roux, Quelques remarques ä propos de la
colorabilite du bacille de la tuberculose.
678
Saint-IIilaiTe , Injections de sdrum de sang
de chien dans la trachee. 453
Sanfelict, Contributo aila fisiopatologia del
midollo delle ossa. 238
Schnirer , Zur Frage nach der Verbreitung
der Tuberkelbacillen ausserhalb des
Körpers. 544
Sormani, Internationale Massregeln gegen
die Tuberculose. 214. 246.
BtrobeU, Prophylaxis of tuberculosis. 294
Tangl, Ueber die Aetiologie des Chalazion.
275
Tdeky , Injektion einer ungewöhnlich
grossen Dosis Koeli’seher Lymphe. 453
Thoinot, Etüde sur la valeur ddsinfectante
de l’aeide sulfureux. 323
Vogl, Mittheilungen über die Beziehungen
der Influenza zu den Athmungsorganen.
172
Wendt, Observations on the use of Koch’s
lymph in sixteen children. 453
Wyssokovyitsch , Ueber den Einfluss der
Quantität der verimpftenTuberkelbacillen
auf den Verlauf der Tuberculose bei Ka-
ninchen und Meerschweinchen. 144
Typhus.
Alsnquist, Ueber das vermehrte Auftreten
ues Darmtypbus an einer Anzahl von
mehr oder minder typhusfreien Orten
nach jahrelangen Zwischenräumen. 680
— , Ueber die Hauptmomente der Aetio-
logie des Abdominaltyphus. 794
Aubert , Relation d’uue epidemie de fievre
typhoide qui a sevi sur le 230 rdgiment
d’infanterie et sur la population de la
ville de Bourg, en ddeembre et en jan-
vier 1888—1889. 280
Babes und Oornä, Ueber Bakterienassocia-
tionen in Krankheiten. 772
Boer, Ueber die Leistungsfähigkeit mehre-
rer chemischer Desinfektionsmittel bei
einigen für den Menschen pathogenen
Bakterien. 552
Cassedebat, Le bacille d’Eberth-Gaffky et
les baoiiles pseudo-typhiques dans les
eaux de riviöre. 281
Bionis des Carrieres, Des relations de la
fifcvre typhoide avec le bacille d’Eberth
et avec les variations du niveau de la
nappe d’eau souterraine. 382
Dresch et Doyen, Epidemie de fievre ty-
phoide de Pontfaverger. 796
Fmkdnburg, Ueber einen Befund von Ty-
phusbacillen im Brunnenwasser , nebst
Bemerknogon über die Sedimentirmo-
thode uer Untersuchung auf pathogene
Bakterien in Flüssigkeiten. (Orig.) 301
Gasser, Culture du bacille typhique sur
milieux nutritifs colores. 208
Gert, Contribution ä l’etude des eaux d’Al-
ger. 609
Gibier, Wasserstoffsuperoxyd und Ozon.
838
Holz, Experimentelle Untersuchungen über
den Nachweis der Typhusbacillen. 293
Jvhd-Renoy, Traitement de la fifevre ty-
phoide par les bains froids. 138
Karlvashi, Untersuchungen über die Tempe-
ratursteigerung in beerdigten Körper-
teilen. (Orig.) 434
— , Eine Berichtigung. (Orig.) 590
— , Zur Kenntniss der atypischen Typhus-
fälle. 733
Leubuscher , Einfluss von Verdauungsse-
kreten auf Bakterien. 244
Loriga e Pensuti, Pleurite da baeillo del
tifo. 797
Duff, Report od the relation of the pto-
mains or animal alkaloids to some of
tho infectious fevers. 665
Muscatello, Sul potere piogeno del baeillo
di Eberth. 795
Omdtscheriko , Ueber die Wirkung der
Dämpfe ätherischer Oele auf die Abdo-
minaltyphus-, Tuberkel- und Milzbrand-
bacillen. Mit 2 Abbildungen. (Orig.) 813
Papuli, Sul potere antisettico del salolo. 770
Raymond, Sur les propridtds pyogenes du
bacille d’Eberth (ä propos d’un cas de
fievre typhoide compliquee d’un abces
de la p&roi abdominale). 829
Scala e Sanfelice, Azione dell’ acido car-
bonico disciolto nelle aequo potubili su
alcuni microorganismi patogeni. 110
Stagnitta, Sul valore diagnostico delle ri-
cerehe batteriologiche nel tifo addomi-
nale. 794
Stern, Ueber die Wirkung des menschlichen
Blutes und anderor Körperflüssigkeiten
auf pathogeue Mikroorganismen. 132
Vaughan , The examination of drinking-
water with special reference to its rela-
tion to typhoid fever. 832
Vincent, Presence du bacille typhique dans
l'oau de Seine pendant le inois de juillet
1890. 279
868
Register.
Wildseuche.
Buml-Federn, Bemerkungen über „Wild-
und Schweineseuche“. (Orig.) 787
— , Untersuchungen über einige seuchen-
artige Erkrankungen der Schweine.
803
Xerosis conjunctivae.
Braunschweig, Zur Kenntniss der infantilen
Xerosis conjunctivae. 616
c. Durch Bakterien und andere Parasiten hervorgerufene
Krankheiten einzelner Organe.
Augen.
Braunschuceig , Zur Kenntniss der infantilen
Xerosis conjunctivae. 616
Blessig , Zur Kasuistik der subkonjunk-
tivaien Cysticerken 384
Carl, Ueber die Anwendung der Anilin-
farbstoffe als Antiseptika. 388
Galezoirslci , De la pyoctanine et de la
beuzo-phenoneide. 388
Kubli, Anilinfarbstoffe bei Augenkrank-
heiten. 643
Liebreich, Das Mcthylviolett (Pyoktanin).
136
Matanson, Ein Fall von Influenza mit
Pleuropneumonie und doppelseitiger Iri-
dochorioiditis embolica. 177
Noiszeiotlci, Der Mikroorganismus des
Trachoms. Microsporon trachomatosum
s. jagium. 318
Peter sen, Ueber die antibakterielle Wir-
kung der Anilinfarben (Pyoktanin Merk’s)
134
Poplatrska, Zur Aetiologie der Panoph-
thalmie nach Verletzung durch Fremd-
körper. 119
Schleieh, Ein Fall von Cysticercus cellu-
losae subretinalis nebst Bemerkungen
über das Vorkommen des Cysticercus
cellulosae im Auge und seinen Neben-
organen in Württemberg. 384
Tijrany, Methyl-Violet. 83 7
Vossius, Ein Fall von einseitiger metasta-
tischer Ophthalmie im Puerperium, be-
dingt durch Streptokokkenemboiie. 207
Auswurf.
Meyer, Der Nachweis der Tuberkelbacilleu
in den Se- und Exkreten Tubercuiöser
mit besonderer Berücksichtigung der
Untersuchung bei der Koeh’schen Be-
handlungsmethode. 635
Pansini, Bakteriologische Studien über den
Auswurf. 5C6
Bauch.
Schreycr, Zwei Fälle von Aktinomykose
der Bauchdecken. 61
Blut.
Antolisei, Considerazioni intorno alla clas-
siricazione dei parassiti della malaria.
113
Celli e Marchiafava, 11 reperto del sangue
nelle febbri malariche invernali. 111
Danilcwsky, La parasitologie compar^e du
sang. 1. Nouvelles recherches sur les
parasites du sang des oiseauz. 120
Gärtner , Beitrag zur Aufklärung des Wesens
der sogen Prädisposition durch Impf-
versuche mit Staphylokokken. 243
Ogata, Ueber die bakterienfeind liehe Sub-
stanz des Blntes. (Orig.) 597
Darm.
Baginsky, Ueber Cholera infantum. 542
Baginsky und Stadthagen , Ueber giftige
Produkte saprogener Darmbakterien.
543
Demrae , Ueber das Vorkommen eines rotheu
Sprosspilzes in der Milch und im Käse
und das Auftreten von Darmkatarrh bei
Kindern frühesten Alters durch den Ge-
nuss derartig infizirter roher oder un-
vollständig gekochter Milch. 270
Karttdis, Einiges Uber die Pathogenese der
Dysenterieamöben. (Orig.) 365
Leubuscher, Einfluss von VerdauuDgssekre-
ten auf Bakterien. 244
Scheaahäuser, Beitrag zur experimentellen
Untersuchung der Ursache der Gesuud-
heitsschädlichkeit hefetrüber Biere. 100
Steinhaus, Cytophagus Tritonis. (Orig.) 50
Pasqvale , Sulla presenza di larve di ditteri
nelf intestino di aleuni febbricitanti di
Massaua. 118
Tomkins, Report of the inquiry into the
etiology of Summer Diarrhoea. 610
Gallenblase.
Gilbert et Girode, Contributiou ä l’etude
bacteriologique des voies biliaires. 413
Geschlechtsorgane.
Artemit ff, Ueber die rnikro- uud hakte-
Register.
869
rioskopische Untersuchung der Lochien.
414
Brown , Diphtheria of the meatus urinarius.
763
Jadassohn, Ueber die Gonorrhöe der para-
urethralen und präputialen Gänge.
799
Haare.
Vaillard et Vincent, Sur une pseudopelade
de nature microbienne. 118
Harn.
Heller , Der Harn als bakteriologischer
Nährboden. 511
Lu ff, Report on the relation of the ptomains
or animal alkaloids to some cf the in-
fectious fevers. 665
Lundström, Die Zersetzung von Harnstoff
durch Mikroben und deren Beziehungen
zur Cystitis. 672
Manaberg , Zur Aetiologie des Morbus
Brigthii acutus nebst Bemerkungen über
experimentelle, bakteritische Endocardi-
tis. 444
Boque et Lemoine, Recherches sur la toxi-
eitd urinaire dans l’impaludisme. 353
Haut.
Blanchard, Sur un nouveau type de der-
matomycose. 123
Brugger, Ueber Tuberculosis verrucosa
cutis. 317
Lubreuüh et Auche, De la tuberculose cu-
tanee primitive par inoculation directe.
273
Kessler , Pyoktanin, the new bactericide.
837
Kollinger, Dermatitis gangraenosa. 616
Lloyd and Sielwagon, Preiiminary notes on
& case of Lupus vulgaris treated by in-
jections of Koch’s lymph. 454
Pifard, Psorospermosis. 767
Unna, Ueber Ichthyolfirnisse. 643
Unna uud Sehlen, v., Flora dermatologica.
VI. 798
— — , Flora dermatologica. VII. 798
Unna, Flora dermatologica. VIII. 798
Vaillard et Vincent, Sur une pseudopelade
de nature microbienne. 118
Knochen.
Sanfelice , Gontributo alla fisiopatologia del
midollo delle ossa. 238
Koth.
Kaupe, Untersuchungen über die Lebens-
dauer der Cholerabacillen im mensch-
lichen Koth. 609
Leber.
Veillon et Jayle, Presence du Bacterium
coli commune dans un abces dysente-
rique du foie. 382
Vierordt , Der multilokuläre Echinococcus
der Leber. 20
Lunge.
Bein, Bakteriologische Untersuchungen über
Influenza. 171
Boss, Vorläufige Mittbeilung über einige
Fälle von Mycosis im Menschen ( Orig .)
504
Vogl, Mittheilungen über die Beziehungen
der Influenza zu den Athmungsorganen.
172
Magen.
Kiancwsky, Zur Frage über die antibak-
teriellen Eigenschaften des Magensaftes.
420
Schwanhäuser, Beitrag zur experimentellen
Untersuchung der Ursache der Gesund-
heitsschädlichkeit hefetrüber Biere. 100
Mund.
Podbielskij , Untersuchung der Mikroben
der Mundhöhle von Erwachsenen und
Kindern im gesunden Zustand. 617
Muskeln.
Tria, Sul modo di eomportarsi del tessuto
muscolare in alcune infezioni. 540
Nase.
Hayek , Das perforirende Geschwür der
Naseuscheide wand 116
Pasquale, Ulteriori ricerche sugli strepto-
cocchi delle mucose e contributo dell’
etiologia della corizza. 117
Niere.
ßombicci, Sulla virulenza delle capsule
surrenali del coniglio, nella rabbia. 508
Manaberg , Zur Aetiologie des Morbus
Brightii acutus nebst Bemerkungen über
experimentelle, bakteritische Eudocardi-
tis. 444
Mosler, Die Behandlung des chronischen
Morbus Brightii. 486
Ross, Vorläufige Mittheilung über einige
Fälle von Mycosis im Meusehen. (Orig.)
504
S70
Register.
Ohren.
Z auf cd, Ueber die Beziehungen der Mikro-
organismen zu der akuten (primären)
Mittelohrentzündung und ihren Kompli-
kationen und der chronisehen Mittelohr-
entzündung und ihren Komplikationen.
326. 357
Respirationsorgane.
Fraehkd, Ueber Erkrankungen der oberen
Luftwege im Gefolge der Influenza 174
Pansini , Bakteriologische Studien über den
Auswurf. 566
Verdamingsorgano.
Leo, Diagnostik der Krankheiten der Ver-
dauungsorgane. 622
V. Durch pflanzliche und thierische Parasiten verursachte
Krankheiten der Thiere.
Babes, Untersuchungen über den Diphtho-
riebacillus und die experimentelle Diph-
therie. 446
— , Ueber Bacillen der hämorrhagischen
Infektion des Menschen. (Orig ) 719
— , Ueber die seuchenhafte Hämoglobinu-
rie des Rindes. 774
Bang , Ist die Milch tubereu’öser Kühe vi-
rulent, wenn das Euter nicht ergriffen
ist? 144
Bardach, Recherches sur la fonction de la
rate dans les maladies infectieuses. 482
Behring, Untersuchungen über das Zustan-
dekommen der Diphtherie-Immunität bei
Thieren. 71
Behring und Kitasato, Ueber das Zustande-
kommen der Diphtherie-Immunität und
der Tetanus-Immunität bei Thieren. 68
Blagooestchenslcy, Sur l’antagouisma entre
les baciile; du cliarbon et ceux du pus
bleu. 211
Blanchara, Paeudo-parssites 123
— , Sar un nouveau type de dermatomy-
cose. 123
De Blasi e Busses Travali, Risuitati stnti-
stici delle vaccinazioni antirabicbe nell’
Istituto di Palermo. 519
Boas, 1) Hestebremserne. 2) Tillaeg til
min Artikel ,,En Bremselarve i Hjärnen
hos en Hest. 831
Bombicci, Sulla virulenza delle capsule
surrenali del couiglio, nel'a rabbia. 508
Brandes, Zur Frage des Begattungsaktes
bei den entoparasitischen Trematorien.
(Orig ) 264
Braun , Helmintbologische Mittheilungen.
(Oiig.) 52
— , Ueber Echinorhynchus polymorphus
und filicollis. (Orig.) 375
Bruce bi Loir, Les maladies du bdtai! en
Austrelie. 801
Bruschettivi, Sur la manifere dont se eom-
purte le virus de la rage dans le vide
et dans piusieurs gaz. 519
Bund Federn, Bemerkungen über „Wild-
und Schweineseuche“. (Orig.) 787
, Untersuchungen über einige seuchen-
artige Erkrankungen der Schweine. 803
Cadioi, Gilbert et Roger, Tuberculose du
chien 274
Canalis e Morpurgo, Intorno all’ influenza
del digiuno sulla disposizione alle ma-
lattie infettive. 12
Carieva, Ueber die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie (Hueppe), Hog-
cholera (Salrnon), Swineplague (Billings),
Swinepest (Selander) , anierik. Rinder-
scuehe (Biilings), Büffelseuehe (Oreste-
Armanni), Marseille’sche Schweineseuche
(Jobert, Rietseh) , Frettchenseuche
(Ebertii). (Orig.) 557
Capitan, Du baciile du ietanos. 18
Chantemesse, Eine mykotische Pseudotuber-
cuiose. 775
Courmont et Bor, De la vaccioation contra
!a tuberculose aviaire. 140
— — , De la production, chez le lapiu,
de tumeurs blanches experimentales, par
inoculation intra-veineuse de culture du
baciile de Koch attenue. 769
Csokor, Zur Aetiologie der Tuberculose.
667
Danileicsky, Ueber die Myoparasiten der
Amphibien und Reptilien. (Orig) 9
- — , La parasitologie comparee du sang.
I Nouvelles recherches sur les parasites
du sang des oiseaux. 120
— , Ueber den Polymitus malariae. Mit 3
Abbildungen. (Ong) 397
— , Ueber die Mikroben der akuten und
chronischen Malariainfektion bei Vögeln.
411
Eternod ct Bacciers, Note sur des recher-
ebes ccEcernant la variolo-va.ccine 518
Register.
871
Fischei, Untersuchungen über die Milzbrand-
infektion bei Fröschen und Kröten. 483
— , Eine bakteriologisch - experimentelle
Studie über Influenza 611
Fischer, Ueber Varioia und Vaccine und
Züchtung der Varioia-Vaecine-Lymphe
639
Fob, e Carbons , Sulla immunitä verso il di-
plococco pneumonico. 768
Frosch, Ein Beitrag zur Kenntnis» der Ur-
sache der amerikanischen Schweinesenche
und ihrer Beziehung zu den bakteriolo-
gisch verwandten Prozessen. 623
Qamaleia, Sur le pouvoir antitoxique de
l’organisme animal 452
Qamaleia und Charrin, Ueber die anti-
phlogistischen Wirkungen. 8"S
Qrassi und Feietti, Malariaparasiteu in den
Vögeln. ( Orig .) 403. 429. 461
Guälebeau, Ein neuer Fall von Cysticercus
der Taenia saginata beim Rind. 240
— , Ein Fall von Echinococcus multilocularis
675
ifankin, Ueber den schützenden Eiweiss-
körper der Ratte. (Orig.) 336. 372
Klein, Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis»
der Aetiologie der Grouse Disease.
(Orig.) 47
Laboulbbie, Sur les moyens de reconnaitre
les Cysticerques du Taenia saginata, pro-
duisant la ladrerie du veau et du boeuf,
malgrd leur rapide disparition ä l’air
atmosphdrique. 241
Lcmiire, De la suppuration aseptique chez
le lapin. 485
Limbourg und Levy, Untersuchungen über
sympathische Ophthalmie 413
1/inst.ow, v., Ueber den Bau und die Ent-
wickelung des Distomum cyiindraceum
Zed. 241
Lin/an, Noles cn Entozoa of marine flshes
of New-England with deseriptions of
sevcral new species. 385
Loeffoy. Neuere Arbeiten über Jmmuuisi-
rtings- bezw. Heilungsversuche bei 'filie-
ren gegenüber der Infektion mit Milz-
brand-, Tetanus- und Diphtherie-Bacillen.
25
Lönnberg, Helminthologisehe Beobachtungen
von der Westküste Norwegens. Theil I
Cestoden. 385
Lominsky, Ueber Symbiose des Echinococ-
cus mit Coccidien, 124
Labarsch, Untersuchungen über die Ur-
sachen der angeborenen und erworbenen
Immunität. 512
Ludwig , Ueber die Phosphoresceuz von
Gryllotalpa vulgaris. (Orig.) 561
Mac Millan, Note on a Minnesota species
of Isaria Rnd an attendam Pacfcybasiutn.
386
Malm, Sur la virulence de la baetdridie
charbonneuse apres passage chez le chien
ct chez le lapin vaccind. 210
Metschnikoff, Contribution ä l’dtude de la
vaecination charbonneuse. 738
ßfonticelli, Elenco degli elminti studiati a
Wimereux nella primavera del 1889.
287
— , Note elmintologiche. 288
— , Di una forma teratologica di Bothrio-
cephalus microcepbalus. 290
Morot, Quelques coDsiddrations sur la de-
gdnerescence des cysticerques ladriques
du pore. 239
Novy, The toxic products of the bacillus
of hogcholera. 829
Ogata, Ueber die bakterienfeindliche Sub-
stanz des Blutes. Orig ) 597
Parana e Perugia , Intorno ad alcune poly-
stomeae e eonsiderazioni sulla sistema-
tica di questa famiglia. 319
Pemice e Alessi, Sulla diflfusione nell’ or-
gauismo del pneumococco di Fraenkel
nella pneumonite crupale. 182
Peyraud, Etiologie du tetanos ; sa vaccina-
tion chimique par la strychnine. 17
Fkisalix, Etüde expdrimentale sur le röle
attribud aux celluies lymphatiques dans
la protection de l’organisme contre l’in-
vasion du bacillus antbracis et dans le
mdcanistne de l’immunitd aequise. 209
■PIA, Naturaleza infecciosa del tdtanos. 19
Smith, Prcliminary observations on the
microorganisms of Texas fever. 610
Raüliet, Les parasites des animaux dome-
stiques au Japon. 123
Boss, Vorläufige Mittheiiung über einige
Fälle von Mycosis im Menschen. (Orig.)
504
Buffer, A report on the destruction of mi-
croorganisms durit’g the process of in-
llammation. 740
Saint-Remy, Sur une espcce nouvelle de
Polystomicn du gerne Oaehocotyle Dies.
22
Sanarelli, Ueber einen neuen Mikroorga-
nismus des Wassers, welcher Tür Thiere
mit veränderlicher und konstanter Tem-
peratur pathogen ist Mit 1 lithographi-
schen Tafel. (Orig.) 193. 222
— , Die Ursachen dev natürlichen Immu-
nität gegen den Milzbrand. (Orig) 467.
497. 532
Sanchez- Toledo et Veilion, De la presonce
du bacijle du tdtanos tians les exerdments
du chevai et du boeuf ä l'ctat sain. 18
— — , Keehcrehes inierobiologiqties ot ex-
perimentales sur le tetanos. 478
Sanfelice, Coutributo alla tisiopatologia del
midoHo delle ossa. 238
SawtschcrJco, Zur Frage über die Immu-
nität gegen Milzbrand. (Orig) 473. 493.
528
872
Register.
Schneidemühl , Ueber Strahlenpilzerkran-
kungen bei Mensch und Thier. 544
Schweinitz, v., A preliminary study of the
ptoroaines from the culture-liquids of
the Hog-eholera germ. 803
Smith, Zur Kenntniss des Hog-cholera-
baciilus. (Orig.) 253. 307. 339
— , Observations on the variability of dis-
ease germs. 606
— , Preliminary observations on the mi-
croorganisms of Texas fever. 610
Sonsmo, Notizie di trematodi della col-
lezione del museo di Pisa. 290
— , Un nuovo Distorna del sotto-genere
Polyorchis Stoss. 291
— , Un nnovo Heterakis del Gallus dome-
sticus. 291
Sormani, Ueber Aetiologie, Pathogenese
und Prophylaxe des Tetanus. 421
Steinhaus , Cytopbagus Tritonis. (Orig.)
50
Straus , Chambon et Minard, Recherches
experimentales sur la vacc e chez le
veau. 516
Tizzoni und Cattani, Ueber die Art, einem
Thiere die Immunität gegen Tetanus zu
übertragen (Orig.) 189
— — , Ueber die Eigenschaften des Teta-
nus-Antitoxins. (Orig ) 685
Vaiilard et Vincent, Recherches experimen-
tales sur le tdtanos. 481
Vaiilard et Vincent, Contribution ä l’etude
du tetanos. 479
Van Benedtn, Un Nematode nouveau d’un
Galago de la cote de Guindo. 509
Van Cott jr., Untersuchungen über das
Vorkommen der Bacillen des malignen
Oedeins in der Moschustinktur. (Orig.)
303
Vemeuil, Note sur les rapports de la sep-
ticemie gangreneuse et du tetanos, pour
servir ä l'etude des associations micro-
biennes virulentes. 60
Voeltzkow, Entovalva mirabilis, eine schma-
rotzende Muschel aus dem Darm einer
Holo.hurie. 628
Wagner , Zur Lehre von der Bedeutung
der Temperatur bei den Infektionskrank-
heiten. 322
Walther, Ueber den Einfluss von künst-
lichem Fieber auf die mit Fraenkel-
Weichselbaum’schenPneumoniemikrobien
infizirten Thiere. 178
Winkler und Schrötter, von, Ein neuer
grünen Farbstoff entwickelnder Bacillus.
700
yVolters, Die Konjugation und Sporenbil-
dung bei Gregarinen. 574
Wyssokotoitsch, Ueber den Einfluss der
Quantität der verimpften Tuberkelbacillen
auf den Verlauf der Tuberculose bei Ka-
ninchen und Meerschweinchen. 144
VI. Durch pflanzliche und thierische Parasiten verursachte
Krankheiten der Pflanzen.
Anderson and Kelsey, Erysipheae upon
Phytoptus distortions. 387
Beyerinck, Künstliche Infektion von Vicia
Faba mit Bacillus radicicola. Ernäh-
rungsbedingungen dieser Bakterie. 450
Brefeld , Recent investigations of smut
fungi and smut diseases. 511
Bnosi, Rassegna delle principali malattie
sviluppatesi sulle piante culturali nell’
anno 1887, delle quali si e oeeupato il
Laboratorio Crittogamico. 126
Comventz, Monographie der baltischen Bern-
steinbäume. 707
Farloto and Seymour , A provisional host-
index of the fungi of the United States.
Part. II. Gamopetalae — Apetalae.
386
Frank, Ueber die Pilzsymbiose der Legu-
minosen. 629
Frömbling, Wie ist den Schädigungen des
Agarieus melleus vorzubeugen? 389
Galloway, A new Pear disease. 677
— , Disease of Geraniums. 677
Hartig, Eine Krankheit der Fichtentriebe.
804
KeUerman and Swingle, Preliminary report
on smut in oats. 547
— — , Preliminary experiments with fun-
gicides for stinking smuth of wheat.
547
— — , Report on the loose smoots of ce-
reals. 547
Kirchner, Die Krankheiten und Beschädi-
gungen unserer landwirthschaftlichen
Kulturpflanzen. 22
Kühn, Neuere Versuche zur Bekämpfung
der Rübennematoden. (Orig.) 563. 593
Lagerheim, de, La enfermedad de los pepinos,
su causa y su curacidn. 804
Laurent , Recherches sur les nodosites ra-
dicales des ldgumiueuses. 703
L.oetr , Ueber die Giftwirkung des destillir-
ten Wassers. 607
Lommatzsch, Beobachtungen über den Fich-
tenritzenschorf (Hysterium macrosporum
Hrtg.). 242
May , Die Rohrzuckerkulturen auf Java
und ihre Gefährdung durch die Sereh-
krankheit. 546
Neu-combe and Galloicay, Perennial myce-
Register,
873
limn of tbe Fungus of Blackberry Rust.
676
Prillieux, Li pourriture du coeur de !a
Betterave. 6T5
ßadebeck, Kritische Untersuchungen über
die durch Taphrina-Arten hervorgebrach-
ten Baumkrankheiten 576
SovFhworth, A new Hollyhock disease. 511
Tubeuf, von, Generations- und Wirths-
wechsel unserer einheimischen Gymno-
sporangiuin-Arten und die hierbei auf-
tretenden Formveränderungen. Mit 3
Abbildungen (Orig.) 89 167
Tubeuf, Ueber eine neue Krankheit der
Weisstanne und ihre forstliche Bedeutung.
128
Varendorf , von, Ueber die Kiefernschütte.
127
Voigt, Infektionsversuche zur Unterschei-
dung von Heterodera radicicola Greefi u.
H. Schachtii Schm. 21
— , Ueber den Eiersack von Heterodera
Schachtii und H. radicicola. 207
Wettstein , Bitter von , Die wichtigsten
pflauzlichen Feinde unserer Forste. 356
VII. Untersuchungemethoden, Instrumente etc.
Altmann, Thermoregulator neuer Konstruk-
tion. Mit 1 Fig. (Orig.) 791
Bau, Ueber die scheinbare Zuuahme des
Dextringebaltes in Bierwürzen während
derGährung, sowie über die Bestimmung
der Dextrose und des Dextrins in ihnen.
99
— , Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und
Bier mittelst Reinkulturen von Gäh-
rungs-Organismen. (Orig.) 825
Beyerinck, Die Kapillarbebermikroskopir-
tropfenfiasche. Mit 1 Abbildung. (Orig.)
589
— , Verfahren zum Nachweise der Säure-
absonderuug bei Mikrobien. Mit 1 Figur.
(Ortg.) 781
Bignami , Ricerchc sull’ anatomia patologica
delle perniciose. 281
Bitter, Die Filtration bakterientrüber nnd
eiweisshaltiger Flüssigkeiten durch Kie-
selguhrfilter. 645
Blücher, Eine Methode zur Platteukulicr
auaerober Bakterien. 292
Botkin, Eine einfache Methode zur Isoli-
rung anaerober Baktorien. 209
Büchner, Die chemische Reizbarkeit der
Leukocyten und deren Beziehung zur
Entzündung und Eiterung. 416
— , Die Bakterienprotei'ue und deren
Beziehung zur Entzündung und Eiterung.
666
Bujurid , Eine einfache Filtervorricbtung
zum Filtriren sterilisirter Flüssigkeit.
Mit 1 Abbildung. (Orig.) 4
— , Die Darsteiluugsweise des Tuberculins.
579
JD’Arsonval, Einploi de l’acido carbouique
liqueüe pour la filtraticn et la Sterili-
sation rapide des liquides orgauiques.
831
Detpeignes, Nouveau regulateur pour etuve
chaufleo au petrole. 24
Eiselsberg, Nachweis von Eiterkokken im
Blute als diagnostisches Hilfsmittel.
834
Eisenberg , Bakteriologische Diagnostik
3. Aufl. 677
Eiion, Die Bestimmung von Maltose, Dex-
trose und Dextrin in Bierwürze und Bier
mittelst Reinkulturen von Gährungs-Or-
ganismen. (Orig) 525
Bembach, Sur l’invertine ou sucrase de la
levure. 350
Finkelnburg, Ueber einen Befund von Ty-
phusbacillen im Brunnenwasser, nebst
Bemerkungen über die Sedimentirmethoda
der Untersuchung auf pathogene Bakte-
rien in Flüssigkeiten. (Orig ) 301
Fischer, Ueber Variola und Vaccine und
Züchtung der Variola- Vaccine-Lymphe.
639
Gasser, Culture du bacille typhique sur
milieux nutritifs colords. 208
Qlre, Contribuiion ü l’etude des eaux d’Al-
ger. 609
Gessard, Des races du bacille pyocyanique.
541
Günther. Einführung iu das Studium der
Bakteriologie mit besonderer Berück-
sichtigung der mikroskopischen Technik,
11
Hamnerscldag , Bakteriologisch-chemische
Untersuchungen über Tuberkelbacillen.
272
Hanlein, Report ou the conflict between
tue orgauism and the microbe. 320
— , Ueber den schützenden Eiweisskörper
der Hatte. (Orig.) 336
Hansen , Untersuchungon aus der Praxis
der Gährungsindustrie. 98
Heller, Der Harn als bakteriologischer
Nährboden 511
Heiizmann, Bacteriological exauiinutiou as
an aid tu cliuicai diagnosis. 737
Hol», Experimentelle Untersuchungen über
den Nachweis der Typhusbacillmi. 293
874
Register.
Jacquemart, Les Ptoma'ines. Histoire ot
caracteres chimiques. 107
Jolles, M . und Ad. , Zur Kenutniss der
chemischen Natur des Kochins. 454
Kamen , Ein neues Kulturgefäss. Mit 1 Ab-
bildung. (Orig.) 165.
Kartulis, Einiges über die Pathogenese der
Dysenterieamöbeu. (Orig.) 365
Katz, Zur Kenntniss der Lcuchtbaktevien
(Orig.) 157. 199. 229. 258. 311. 343
Kaufmann, Ueber eine neue Anwendung
des Safranius (Orig) 7 1 7
Kirchner, Ueber die Notwendigkeit uud
die beste Art der Sputumdesinlektion bei
LuDgentuberculose. Mit 1 Abbildung
(Orig.) 5. 4l
— , Erklärung. (Orig.) 7 92
Laboulbbie, Sur les moyens de reconnaitre
les Cysticerques du Taenia saginata, pro-
duisant la ladrerie du vtau et du boeuf,
malgre leur rapide disparition k l’air
atmospherique. 24 1
Laurent, Experiences sur la reducticn des
nitrates par les vegdaux. 235
Laoeran, l)e l’examen du sang au point
de vue de la recherche de i’hematozcan e
du paludisrae. 15
Le Dantec, Retherches sur la digestion iu-
tracellulaire cbez le» protozoaires. 355
Lehmann, Die Methoden der praktischen
Hygiene. 633
Levi, Sul valore etiologico del gonococco
di Neisser ndla blenorrhagia. 830
Lortet et JDe. pdyn.es, Rechercbes sur les
microbes pathogenes des eaux potables
distribuees u ia ville de Lyon 607
Lukjanow, Grundzüge einer allgemeinen
Pathologie der Zelle. 477
Messea, C'ontribuzioae allo studio della
ciglia dei batterii e proposta di uca clas-
sificazione. 106
Meyer, Der Nachweis der Tuberkeibaciilen
ja den Se- und Exkreten Tubercuiöser
mit besonderer Berücksichtigung der
Untersuchung bei der Kocb'schen Be-
handlungsmethode. 635
NeneJci, Dio isomeren Milchsäuren als Er-
kennungsmittel einzelner Spaltpilzarien.
(Orig ) 304
NOetforoß. Ein Beitrag zu deu Kulturrae-
thoden der Anaerobeo. 291
Nordtmeyer, Ueber Wassertütration durch
Filter aus gebrannter Infusorienerde. 644
Novy, The toxic products of the bacillus
of bogcholera. 829
Ogata, Ueber die bakterienfeindliche Sub-
stanz des Blutes (Orig.) 597
Praasnitz, Kleinere Mittheilungeu zur bak-
teriologischen Technik. Mit 2 Abbil-
dungen. 128
Frutopopoß und Hammer, Ein Beitrag zur
Kenutniss der Actinomyceskulturen. 63
Poxex, Quelques remarques k propos de la
eolorabilite du baeille de la tubereuiose.
678
— , Sur un regulateur de temperature
applicable aux etuves. 737
Sanarelli, Ueber einen neuen Mikroorga-
nismus des Wassers, welcher lür Thiere
mit veränderlicher und konstanter Tem-
peratur pathogen ist. Mit 1 lithographi-
schen Tafel. (Orig) > 193
— , Die Ursachen der natürlichen Immu-
nität gegen den Milzbrand (Orig.) 467
Sanjelice, Contributo alla biologia e mor-
fologia dei batterii saprogeni aerobi e
anaerobi.
Scheurlen, Zusatz zu dem Aufsatze „Eine
Methode der Blutentnahme beim Men-
schen“. (Orig.) 234
Schrötter uud Winkler, Ueber Reinkulturen
der Gonokokken. 679
Schwanhäuser, Beitrag zur experimentellen
Untersuchung der Ursache der Gesund-
heitsschädlichkeit hefetiüber Biere. 100
Schweinitz, v., A preliminary study of the
ptomalnes from the cuiture-liquids of
the Hog-cholera germ. 803
Seydel , Ueber Wundsterilisirung. 638
Smith, Einige Bemerkungen zu dem Auf-
sätze „Eine Methode der Blutentnahme
beim Menschen“. (Orig.) 48
Stagnitta, Su! valore diagnostico delle ri-
cerche batteriologiche nel tifo addoini-
nale. *94
Stern , Ueber die Wirkung des menscti
liehen Blutes und anderer Körperflüssig-
keiten auf pathogene Mikroorganismen.
132
Slei-Tiberg, Cocoanut- water as a culturefiuid.
834
Stevenson und Bruce, Eine neue Methode,
Flüssigkeiten in die Bauchhöhle der
Versuchstiere einzuspritzen. Mit 3 Ab-
bildungen (Orig.) 689
Strauis, Seringue k injections hypoderini-
ques. strilisable, a piston tn modle de
sureali, 737
Teuscher, Beiträge zur Desinfektion mit
Wasserdampf. 639
Tischutfnn, Eine vereinfachte Methode der
Bereitung von Fleisch-Pepton-Agi 208
Tizsoni und Cattani, Ueber die Eigen-
schaften des Tetanus- Antitoxins. (Orig.)
685
Unna, Der Dampftrichter. Mit 1 Abbildung.
(Orig.) 749
Van Ocerbeck de Meyer, Ueber die Be-
reitung des Nähragars. (Orig.) 163
Vaughan, The examinatiou of drinkiug-
water with special reference to its rfcla-
tiou to typhoid fever. 832
Vincent, Presence du baeille lypbique dans
Register.
875
l’eau de Seine pendat !e mois de juillet
1890. 279
Vincent , Sur la pr6sence d’dleineuts sem-
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liorna pavimenteux. 383
Wagner, Zur Lehre von der Bedeutung der
Temperatur bei den Infektionskrank-
heiten. 322
Winoyradsky , Recherches sur les organis-
mes de la nitrification. III. 351
— , Recherches sur les organismes d« la
nitrification. IV. 603
VIII. Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten,
Entwickelungshemmung und Vernichtung der Bakterien und
Parasiten.
Amann , Dtr Einfluss der Koeh’schen Im-
pfungen auf die Tuber aelbacilleu im
Sputum. [Orig.) 1
Andree, Das Resorein bei Diplitheritis. j 38
Arrvfat; Un caso de muermo-comprccacion
bacteriologica. 383
Babes , Untersuchungen über den Diphthe-
riebaciilus und die experimentelle Diph-
therie 446
Babes et Kalindiro , Sur la reaetion pro-
duite par le remede de Koch chez les
lepreux. 245
Banti, Süll’ etiologia delie pneumoniti acute.
179
— , Sopra aieune localizzazioni exlrapulmo-
nari del Diplococco lauceolato capsulato.
275
Bard , De la d^claration des maladies
transmissibles et des Services de desiu-
fection ä Lyon et dans le departemer.i
du Rhone. 137
Bardach, Reiheiches sur la fonction de la
rate dans les maiadies infectieuses. 482
Behring, Untersuchungen über das Zustan-
dekommen der Diphtherie-Immunität bei
Tbieren 71
— , Ueber Desinfektion, Desinfektionsmittel
und Desinfektionsmethoden. 636
Behring und Kilasato, Ueber das Zustande-
kommen der Diphtherie-Immunität und
der Tetanus-Immunität bei Tbieren. 68
Bignami , Ricerche sull’ anatomia patologica
delie perniciose. 281
Bitter, Die Filtration bakterientrüber und
eiweissbaitigei Flüssigkeiten durch Kie-
sclgulirfilter. 645
Blagovestcheneky, Sur l'antagonisme entre
les bacillcs du charbon et ceux au pus
bleu. 211
Boer, Ueber die Leistungsfähigkeit mehre-
rer chemischer Desinfektionsmittel bei
einigen für den Menschen pathogenen
Bakterien. 552
Bombicci, Sulla virulenza delie capsule sur-
renali del coniglio, nella rabbia. 608
Brieger und Fraenkel , Ueber Immunisiruugs-
versuche bei Diphtheiie. 70
Jiruce, Bemerkung über die Virulenzsteige-
rung des Choleravibrio. (Orig.) 786
Brugger , Ueber Tuberculosis verrucosa
cutis. 317
Brunn, von, Ueber deu gegenwärtigen Stand
der Tuberculosenfrage in ätiologischer
und prophylaktischer Beziehung. 669
Brunner, Zur Behandlung von Diphtherie
und Croup. 138
Bi uschettini, Sur la mauiere dont se com-
poite le virus de la rage dans le vide
et dans plusieurs gaz. 519
Büchner , Die chemisch© Reizbarkeit der
Leukocyten and deren Beziehung zur
Entzündung und Eiterung. 416
— , Die Bakterienproieine und deren Be-
ziehung zur Entzündung und Eiterung.
86S
Butquet, Etüde morphologique d’une forme
d’Aehorion : L’Achoriou Arloini» Cham-
pignon du favus de la souris. 673
Campana, La crisarobina sopra alcuni fer-
menti e sopra alcuni chizomiceti pato-
geni. 32
Canalis e Morpurgo, Intorno all’ Influenza
del digiuno suila disposiziene alle ma-
iattie infettive. 12
Canena, Ueber die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie (öaeppe), Uog-
cbolera (Salxnon), Swineplague (Billings),
Swinepest (Selander), amerik. Rinder-
seuche (Billings), Büffelseuche (Oreste-
Armanni), Marseille’scbe Schweineseuche
(Jobert , Rietseh) , Frettchenseuche
(Eberth). (Orig.) 557
Captlan, Du bacille du tetanos. IS
Carl, Ueber die Anwendung der Aniün-
farbstoffe als Antiseptika. 383
Chabarii, Antiseptique gazeuse, son action
sur la bacterie pyogfeue de l’infection
urinaire. 1 37
Cornet, Derzeitiger Stand der Tuberculose.
147. 21a
Courmont et JDor, De la vaeciuation contre
la tubereuiose aviaire. 140
— — , De la production, chez le lapin, de
tumeurs Manches expörimentalcs , par
iuoculation iutra-veineuse de culture du
bacille de Koch attdirue. 769
Csokur , Zur Aetiologie der Tuberculose.
667
876
Register.
Ourrier, Sterilizatiou of water. 711
De Blast e Russo Travali, Risultati stati-
stici delle vaccinazioui antirabicbe nell'
Istitoto di Palermo. 519
Demme , Ueber das Vorkommen eines
rothen Sprosspilzes io der Milch und im
Käse und das Auftreten vod Darmkatarrh
bei Kindern frühesten Alters durch den
Genuss derartig infizirter roher oder un-
vollständig gekochter Milch 270
Dixon, Koch’s method of treating Tuber-
culosis. 456
Eternod et Hacciers, Note sur des recher-
ches concernant la variolo-vaccine. 518
Favre , Vorläufige Mittheilung über eine
bakteriolog. - experiment. Untersuchung
zur Frage der Puerperaleklampsie. 735
Ftrrdn, Nota sobre la vacunacion contra
el envenenamiento difterico agudo expe-
rimental present&da ä la Real Academia
de Medicina de Barcelona en Abril de
1890. 835
Eessler, Erfahrungen über die bakterien-
tödtende Wirkung der Anilinfarben 134
Fischei, Eine bakteriologisch-experimentelle
Studie über Influenza. 611
— , Untersuchungen über die Milzbrand-
infektion bei Fröschen und Kröten. 483
Eischer , Ueber Variola udö Vaccine und
Züchtung der Variola-Vaccine-Lymphe.
639
Foä e Carhone , Sulla immunitä verso ii di-
plococco pneumonico 768
Fmoler, The sterüization of Catgut, with
a description of a new simple and ef'fi-
cient method 421
Frömlling , Wie ist den Schädigungen des
Agaricus melleus verzuheugen ? 389
Gärtner, Beitrag zur Aufklärung des Wesens
der sogen. Prädisposition durch Impf-
versuche mit Staphylokokken. 243
Galezovski, De la pyoctaDine et de la
benzo-phenoneide. 388
Gamaleia, Sur le pouvoir autitoxique de
l’organisme aDimal. 452
— . Ueber die Resistenz der Kaninchen
gegenüber den Cholerabakterien. 807
Gamaleia und Cheu-rin, Ueber die anti-
phlogistischen Wirkungen. 838
Garri und Troje, Chirurgische und bakte-
riologische Erfahrungen über das Pyok-
tanin. 134
Gauchcr , Vaccine geueralisee suivie de
mort. 769
Gxbhes and Shtirley, An investigaiion inlo
tbe etioiogy and treatmant of phthisis. 667
Gibier , Antirabic inoculations. Sensatious
experienced by inoeuiated persous. How
immonity is attained. 133
— , Wasserstoffsuperoxid und Ozon. 838
Glöckner und Keller, Ein Beitrag zur Asep-
sis in der Geburtshülfe. 356
Goltz, von der, Anilin als Antisepticum.
837
Grandin, Peroxide of hydrogen in gyne-
cology and in obststrics. 769
Guinon, Des conditions de propagation de
la diphtdrie. 449
B am mer schlag, Bakteriologisch - chemische
Untersuchungen über Tuberkelbacillen.
272
Bankin, Report on the couflict between the
organism and tbe microbe. 320
— . Ueber den schützenden Eiweisskörper
der Ratte. (Orig.) 336 372
Helder, Ueber die Wirksamkeit von Desin-
fektionsmitteln bei höherer Temperatur.
(Orig.) 221
Heueton and Tischborne, A nou-poisonous,
non-irritative, antiseptic dressiDg. 387
Bneppe , Bemerkungen zu Petrusciiky’s
Mittheilung in No. 12 d. Zeitschr. über
den Verlauf der Pbagocytencontroverse.
29
Jrsai, Erfahrungen über das Koch’sche
Mittel bei Lungen- und Kehlkopftuber-
culose. 455
Jasinski, Pyoktanin iu der Chirurgie. 387
Jolles, M. und Ad , Zur Kenntniss der
chemischen Natur des Kochins. 454
Juhel-Rtnoy, Traitement de la tievre ty-
phoide par les bains froids 138
Kartvlis, Einiges über die Pathogenese der
Dysenterieamöben. ( Orig ) 365
Kaupe, Untersuchungen über die Lebens-
dauer der Choierabacilien im mensch-
lichen Koth. 609
Kessler. Pyoktanin, the Dew bactericide.
837
Ktanowsky, Zur Frage über die antibak-
teriellen Eigenschaften des Magensaftes.
420
Kirchner, C. Die Krankheiten und Beschä-
digungen unserer landwirthschaftlicheu
Kulturpflanzen. 22
Kirchner, Martin, Ueber die Nothwendig-
keit und die beste Art der Sputumdes-
iafektion bei Lungentuberculose. Mit
1 Abbildung. (Orig.) 5. 4)
Klein, Ein weiterer Beitrag zur Kenntniss
der Aetiologie der Grouse Disease.
(Orig.) 47
Kocli, Fortsetzung der Mittheiluugen über
ein Heilmittel gegen Tubercuiose. 64
König, Der cvstischo Echinococcus der
Bauchhöhle und seine Eigenthümlich-
keiten vor, bei und nach der Operation.
12S
Kornavth, Studien über das Saccharin. 770
Kostjurln und Krainskt, Ueber die Wir-
kung von Fäulniss- und Tuberkeltoxinen
auf Thiere und über ihren Einfluss auf
den Verlauf der Experimentaituberculose.
445
Register.
877
Kubli, Aniliofarbstoffe bei Augenkrank-
heiten. 643
Kiikn , Neuere Versuche zur Bekämpfung
der Rubennematoden. {Orig ) 563. 693
Langenbuch , Der Leberechinococcus und
seine Chirurgie. 545
Laplace, Koch’s treatment of Tuberculosis.
455
Laurent , Etüde sur la variabilite du bacille
rouge de Kiel. 105
Lehmbecher, Zur Behandlung des Gesiehts-
rothlanfs. 389
Lemiire, De la suppuration aseptique chez
1e lapin. 485
Leubuscher , Einfluss von Verdauungsse-
kreten auf Bakterien. 244
Letoin, Zur Pathologie der akuten bak-
teriellen Entzündungen. 268
Liebmann , II hacillo della tubercolosi nel
sangue degli ammalati, trattati colla linfa
di Koih. 455
Liebreich , Das Methyl violett (Pyoktanin).
136
Lima und Havelburg, Hospital dos La-
zaros. 237
Limbourg und Levy, Untersuchungen über
sympathische Ophthalmie. 413
Lloyd and Stelwagon , Preliminary notes
on a case of Lupus vulgaris treated by
injections of Koch’s lymph. 454
Loefder, Neuere Arbeiten über Immunisi-
rungs- bezw. Heilungsversuche bei Thie-
ren gegenüber der Infektion mit Milz-
brand-, Tetanus- und Diphtherie-Bacillen.
25. 68
Lommatzsch , Beobachtungen über den
Fichtenritzenschcrf (Hysterium macro-
sporum Hrtg ) 242
Lortet et Despeignes, Recherches sur les
microbes pathogenes des eaux potables
distribuees ä la ville de Lyon. 607
Lubarsch, Ueber die Ursachen der Immu-
nität. 3 1
— , Untersuchungen über die Ursachen der
angeborenen und erworbenen Immunität.
512
Lumniczer, Ueber Versuche mit dem Koch-
schen Mittel. 454
Maffucci, Ueber die Wirkung der reinen,
sterilen Kulturen des Tnberkelbacillus.
668
Malm , Sur la virulente de Ja bact4ridie
charbonneuse aprfcs passage chez le chien
et chez le lapin vaccine. 210
Manaberg , Zur Aetiologie des Morbus
Brightii acutus nebst Bemerkungen über
experimentelle, bakteritische Endocardi-
tis. 444
Metschnilcoff, Contribution ä l’etude de la
vaccination charbonneuse. 738
Mikrotherapie, die Behandlung der Erkran-
IX Bd.
kungen des Menschen mit Alkaloiden.
645
Mosler, Die Behandlung des chronischen
Morbus Brightii. 486
— , Die Behandlung der Empyeme. 642
Neisser, Ueber die Mängel der zur Zeit
üblichen Prostituirtenuntersuchung 640
Netccombe and Galloioay, Perennial my-
celium of the Fungus of Biaehberry
Rust. 676
Nickel, Zur Biochemie der Bakterien.
(Orig ) 333
Nordtmeyer, Ueber Wasserfiltration durch
Filter aus gebrannter Infusorienerde.
644
Novy, The toxic products of the b&cillus
of hogcholera. 829
Ogata, Ueber die bakterienfeindliche Sub-
stanz des Blutes. (Orig ) 597
Okada , Ueber einen neuen pathogenen
Bacillus aus Fussbodenstaub. (Orig.)
442
Omeltschenko , Ueber die Wirkung der
Dämpfe ätherischer Oele auf die Abdo-
rainaltyphus-, Tuberkel- und Milzbrand-
bacillen. Mit 2 Abbildungen. (Orig.)
813
Onimus, Destruclion du virus tuberculeux,
par les essenees evaporees sur de la
mousse de platine. 739
Pampoukes, Ueber Dosinfizirung der tuber-
culösen Sputa vor deren Färbung. 139
Pansini, Bakteriologische Studien über den
Auswurf. 566
Papvli, Sul potere antisettico del salolo. 770
PasqucUe, Ulterioi ricerche sugli strep-
tococchi delle raucose e contributo del l’
etiologia della corizza. 117
Pav:lowsky , Ueber die Aetiologie und Pa-
thologie des Rhinoskleroms mit beson-
derer Berücksichtigung der Phagoeytose
und der Hyalinbildung. 742
Pekelhating , Ueber Beri-Beri vom Stand-
punkte der Aetiologie und Therapie be-
urtheilt. 581
Petersen , Ueber die antibakterielle Wir-
kung derAnilinfarben ^Pyoktanin Merk ’s).
134
Petruschky, Der Verlauf der Phagocyten-
Controverse. 29
— , Entgegnung auf F. Ilueppe's „ Be-
merkungen u. s. w.‘‘ in No 13 d. Zeit-
scdirift. 29
Peyraud, Etiologie du tetnnos; sa vaccina-
tion chimique par la strychnine 17
Phisalix, Etüde experimentale sur le role
attribue aux cellules lymphatiques dans
la protection de l’organisme contre l’in-
vasion du bacillus anthracis et dans le
m4canisme de l’immunitd acquise. 209
Pisarzeicslci, Ein Fall von Diphtheritis,
komplizirt durch Erysipelas. 544
56
878
Register,
PIA, Naturaleza iufecciosa del tdtanos 19
Popoff, Sm un bacille anaerobic de la fer-
mentaliou pannaire 104
Prülieux, La pourriture du coeur de la
Betterave 675
Prochoicnick, Die Behandlung des frischen
Trippers beim Weibe mit dem konstan-
ten Strom. 324
Prochoicnick und Spaeth, Ueber die keim-
tödtende Wirkung des galvanischen Stro-
mes 324
Bein, Zur Asepsis bei Laparotomieen 548
Beitmann und Schönauer, Zur Ichthyolbe-
bandlung von Frauenkrankheiten. 643
Btnvers , Zur Aetiologie des Wundstarr-
krampfs. 481
Roger, Proprietes bactericidcs du serum
pour le streptocoque de l’erysipfele 805
Boque et Lemoine, Recherches sur la toxi-
citd urinxire dans l’impaludisme. 353
Buffer, A report on the destruction of mi-
croorganisms during the process of in-
flammation. 740
Saint-Hilaire, Injections de serum de sang
de cliien dans la trachee. 453
Sanarelli, Ueber einen neuen Mikroorga-
nismus des Wassers, welcher für Thiere
mit veränderlicher und konstanter Tem-
peratur pathogen ist. Mit 1 lithographi-
schen Tafel. ( Orig ) 1 93. 222
— , Die Ursachen der natürlichen Immu-
nität gegen den Milzbrand (Orig) 467.
497 532
Sanchez- Toledo et Veilion, De la presence
du bacille du tetanos dans les ex-
crements du cheval et du boeuf a l’etat
sain 1 8
— — , Recherches microbiologiques et ex-
perimentales sur le tetanos. 478
Banfelicc, Contributo alla fisicpatologia del
midollo delle ossa. 238
Sansoni, Beobachtungen und Erfahrungen
über die pharmakologischen und thera-
peutischen Wirkungen der Euphorine.
642
Saictschenko, Zur Frage über die Immuni-
tät gegen Milzbrand. (Orig.) 473 493.
528
Scala e Sanfelice, Azione dell’ acido car-
bonico disciolto nelle acque potabili su
alcuni microorganismi patogeni 110
Schmidt-Bimp/er, Bemerkungen zur Aetio-
logie und Therapie der Blcnnorrhoea
neonatorum 20
Schneidemühl, Ueber Strahlenpilzerkrankun-
gen bei Mensch und Thier. 514
Seydel, Ueber Wundstarilisirung. 638
Smith, Zur Kenntniss des Hogcholeraba-
cillus. {Orig.) 253 307 339
— , Observations on the variability of di-
sease gertr.s. 606
Sormani, Internationale Massregeln gegen
die Tuberculose. 214 246
— , Ueber Aetiologie. Pathogenese und
Prophylaxe des Tetanus. 421. 580
Spilker und Gottstein, Ueber die Vernich-
tung von Mikroorganismen durch die
Iriduktionselektricität. (Orig ) 77
Stagnitta, Sul valore diagnostico delle ri-
cerclie batteriologiche nel tifo abdomi-
nale 794
Stern, Ueber die Wirkung des mensch-
lichen Blntes und anderer Körperflüssig-
keiten auf pathogene Mikroorganismen.
132
Sternberg, Dr. Freire’s protective inocula-
tion-facts versus figures. 805
Straus, Cliambon et Menard, Recherches
experimentales sur la vaccine chez le
veau 516
Strobell, Prophylaxis of tubereulosis. 294
Teleky, Injektion einer ungewöhnlich grossen
Dosis Koch'scher Lymphe. 453
Teuscher , Beiträge zur Desinfektion mit
Wasserdampf. 639
Thoinot, Etüde sur ia valeur ddsinfectante
de l’acide sulfureux 323
Tiffany, Methyl-Violett 837
Tizzoni und Cattani, Ueber die Art, einem
Thiere die Immunität gegen Tetanus zu
übertragen. (Orig.) 189
— — , Ueber die Widerstandsfähigkeit der
Tctanusbaeillen gegen physikalische und
chemische Einwirkungen. 487
— — , Ueber die Eigenschaften des Teta-
nus-Antitoxins. (Orig.) 685
Tria, Sul modo di comportarsi del tessuto
muscolare in alcune infezioni. 540
Unna, Ueber Ichthyolfirnisse 643
VaiUard et Vincent , Sur UDe pseudope-
lade de nature microbienne. 118
— — , Recherches experimentales sur le
tetanos. 481
— — , Coutribution ä l’etude du tdtanos
479
Van Colt jr. , Untersuchungen über das
Vorkommen der Bacillen des maligneu
Oedems in der Moschustinktur. (Orig )
303
Valude, Ueber den antiseptischen Werth
der Anilinfarben. 711
Vemeuü, Note sur les rapports de la sep-
ticemio gangrenouse et du tdtanos, pour
servir ä l’etude des associations micro-
biennes virulentesi. 60
Wagner, Zur Lehre von der Bedeutung der
Temperatur bei den Infektionskrankhei-
ten. 322
Walther, Ueber den Einfluss von küust-
iichem Fieber auf die mit Fraenkel-
Weichselbaum’scbeuPneuinoniemikrobien
iufizirten Thiere. 178
Register. — Autorenverzeichniss.
879
Wendt, Observations on the use of Koch’s
lymph in sixteen children. 453
WyssoTcowittch , Ueber den Einfluss der
Quantität der verimpften Tuberkelbacillen
auf den Verlauf der Tubercu'iose bei Ka-
ninchen und Meerschweincbeu. 144
IX. Kongrosse.
Bakteriologisches vom X. inter- 1890. 140. 213 246. 325. 357. 390.
nationalen m edicinischen K o n- 421. 580. 68C. 709. 741. 772. 806.
gresse zu Berlin, vom 4. — 9. Aug. 838
X. Heue Litteratur.
32. 69. 149. 184. 216. 249. 295. 327. 360. 392. 424. 456. 488. 520 552. 584. 646.
681. 712. 744. 776. 808. 840.
XI. Autorenverzeichniss.
Adametz, L. 698
Botkin 209
Alessi, G. 182
Brandes, G. 264. 415. 7.30
Almquist, E. 680. 794
Altmann, P. 791
Brandt 671
Braun, M. 52. 375
Brauuschweig, P. 616
Amann, J. 1
Anderson 387
Brefeid, O. 511
Andree 138
Brieger, L. 70
Angelini 410
Briosi, Giovanni 126
Antolisei, E. 113
Brown, F. T. 763
Arrutat, E. 383
Bruce, David 689. 786 8'M
Artemieflf 414
Brugger, O. 317
Aubert 280
Brunn, von 669
Auchd 273
Brunner, C. 138 549
Bruschettini, Alex. 519
Babes, V. 245. 446. 719. 743. 752. 773
774
Baginsky, A. 542 543
Baker, Henry 233
Büchner, H. 416. 666
Bujwid, Odo 4. 579
Bunzl-Federn, E. 787. 803
Busquet, G. P. 673
Bandler 800
Cadiot 274
Bang 144
Campana, R. 32. 733
Banti, Guide 179. 275
Canalis 12
Baracz, v. 797
Caneva, Georg 557
Bard, M. L. 137
Capitan 1 8
Bardaeh 482
Carbone, T. 768
Barth 573
Carl, A. 388
Bau, Arminius 99. 826
Cnsado y Fernandez, F. 182
Baumgarten, P. 605
Cassedebat 281
Behring 68. 71. 636
Cattani, G. 189. 487. 685
Bein 171
Celli 111 380
Beyerinck, M. W. 450. 689. 781
Clmbarie 137
Bigoami 281
Chambou 5)6
Bitot 625
Chantemesse 775
Bitter, K. 645
Charrin 338
Blagovestchensky 2t 1
Collins, W. J. 767
Blanchard, R. 123
Conn, H. W. 653
Blessig, E. 384
Conwentz, H. 707
Blücher, Hans 292
Cornet 147. 213
Boas, J. E. V. 831
Cornil 772
Boer 552
Coronado, E. V. 116 415
Bollingcr 140. 147
Courmont, J. 140. 769
Bombicci, G. 508
Csokor 667
Bordoni-UfFreduzzi 390
Cunningham, D. D. 763
Bostroera 570
Currier, C. G. 771
66*
880
Aatoren verzeichniss.
Danilewsky, B. 9. 120. 397. 411
D’Arsonval, A. 831
De Blasi, L. 519
Demme, R. 270
Despeignes, V. 24. 607
Deutschmann, R. 119
Diday, P. 801
Dionis des Carriferes 382
Dixon, Sam. G. 456
Dor, L. 140. 769
Dowd, Charles N. 762
Doyen, E. 793
Dresch 796
Dubreuilh 273
Duplay 354
Eiselberg, A., Freih. v. 834
Eisenberg, James 677
Elfving 664
Eiion, H. 525
Eppinger, H. 274
Eternod, A. 518
Farlow, W. G. 386
Favre 735
Feletti, R. 403. 429. 461
Felix 325
Fembach, A. 350
Ferrän 835
Fessler 134
Finkelnburg 301
Fischei, F. 483. 611
Fischer 639
Foä, P. 768. 806
Fowler, G. R. 421
Fraenkel 146
Fraenkel, B. 174
Fraenkel, C. 70. 204. 507
Fraenkel, Eug. 732
Frank, B. 629
Fraser, J. W. 177
Frömbling 389
Frosch 623
Gärtner, F. 243. 246
Galloway, B. F. 676 677
Gamale'ia 452. 807. 838
Garre 134
Gasperini 59
Gasser, J. 208
Gaucher, M. E. 769
Genersich 145
Gere 609
Gessard 541
Gibbes, H. 667
Gibier, Paul 133. 838
Gilbert, A. 413
Girode. J. 413
Giuuti, M. 539
Glöckner 356
Golezowski 388
Goltz, E. von der 837
Gottstein, A. 77
Gradenigo 390
Grancher 273
Grandin, E. H. 769
Grassi, B. 403. 429. 461
Gruber 391
Günther, Carl 11
Guillebeau 240. 675
Guinon, L. 449
Hacciers, Ch. 518
Haegier, C. 275
Hahn, M. 700
Hajek, M. 116
Hammer, H. 63
Hammerschlag, Alb 272
Hankin, E. H. 320. 336. 372
Hanot, V. 509
Hansen, Em. Chr. 98. 663
Hartig, R. 804
Haushalter, P. 382
Havelburg 287
Heider, Adolf 221
Heitzmann, L. 737
Heller, J. 143. 147. 511
Henneguy, F 627
Heuston, F. T. 387
Hicks, E. H. 279
Holz, Max 293
Hueppe, F. 29
Irsai, Arthur 455
Jacobi, E. 205
Jacobson 391
Jaequemart, E. 107
Jadassohn, J. 799
Jakowski, M. 734
Jasinski, R. 387
Jasuhara 25
Javle 382
Jörgensen, Alf. 602
Johan- Olsen, O. 56
Jolles. Ad. 453
Jolles’ M. 453
Jürgens 144
Juhel-Renoy 138
Kalind4ro 245
Kamen, Ludw. 165
Karlinski, Justyn 434. 590- 733
Kartulis 176. 365
Katz, Oscar 157. 199. 229. 258. 311. 343
Kaufmann, P. 717
Kaupe 609
Keller 356
Kellerman, W. A. 547
Kelsey 387
Kessler, Adolf 837
Kianowsky, B. 420
Kirchner, M. 5. 41. 615. 782
Kirchner, O. 22
Kitasato 68
Autoren verzeichniss.
881
Kleb«, E. U
Klein, E. 47
Koch, R. 64
König, F. 125
Kollinger, A. 616
Kollmann 839
Koplik, Henry 285
Kornauth, C. 770
Kostjurin 445
Krainski 445
Kramer, E. 268
Kratter 741
Kubli 643
Kühn, Jul. 563. 593
Laboulbene 241
Lagerheim, G. von 655 804
Langenbach, C. 545
Lannois, M. 354
Laplace, Ernest 455
Laurent 105. 235. 703
Laveran 15
Le Dantec 286. 356 736
Ledoux-Lebard 273
Lehmann, K. B. 633
Lehrnbecher 389
Lemiire, M. S. 485
Lemoine, G. 353
Leo, Hans 622
Leubuscher, G. 244
Levy, Leone 413. 830
Lewin, A 268
Liebmann, V. 455
Liebreich, Oskar 136
Lima, Azevedo 237
Limbourg 413
Linstow, von 241. 760
Linton, Edw. 385
Lloyd. J H. 454
Lodge Fils, Sam 207
Loeffler, F. 25. 68
Lönnberg, E. 385
Loew, O. 607. 659. 690. 722. 757.
Loir 801
Lomiusky 124
Lommatzsch, W. 242
Loriga, G. 797
Lortet 607. 709
Lubarsch, O. 31. 512. 670
Ludwig, F. 561
Luff, Arth. P. 665
Lukjanow, S. M. 477
Lumniczer 454
Lundström, C. 672
Luzet, Ch. 509
Mac Millan, Conway 386
Maffucci 668
Malm 210
Manfredi 206
Manaberg, Jul. 444
Marchand 146
Marchiafava 111
Martin, L. 15
May, Walter 546
Menard 516
Messea, A. 106
Metschnikoff, O. 738
Meyer, B. 635
Monticelli, F. L. 287. 288. 290
Moore, Sir Wm. 767
Moos 359
Morot 239
Morpurgo 12
Mosler, F. 486 642.
Müller, Ad. 181 183
Muscatello, G. 795
Natanson 177
Neisser, A. 640
Nenadovic 839
Nencki, M 304
Newcombe, F. C. 676
Nickel, E. 333
Nikiforoff, Mich. 291
Noiszewski, K. 317
Nordtmeyer, H. 644
Novy, Frederick G. 829
Ogata, M. 25. 597
Okada 442
Omeltschenko, Th. 813
Onimus 739
Orth 145
Osborne, A. 205
Overbeek de Meyer, van 163
Pampukes 139
Pansini, S. 566
Papuli, F. 770
Parona, C. 319
Pasquale, Al. 117. 118
Pawlowsky 742
Pekelharing 581
Pensuti, V. 797
Pernice, B. 182
Perugia, A. 319
Petersen 134
Petruschky, J. 29
Peyraud 17
Pfeiffer, R. 204. 507
Phisalix 209
Piffard, H. G. 767
Pintner, Theod. 286. 726
Pisarzewski 544
Pli, E. F. 19
Podbielskij, A. 617
Politzer 390. 391
Ponfick 142. 147.
Poplawska, S. 119
Popoff 104
Poupinel de Valenci 767
Prausnitz, W. 128
Prillieux, M 675
Procbownick 324
Protopopoff, N. 63
882
Autoren verzeichn iss.
Railliet, A. 123
Ramon y Cajal, 8- 236
Raymond, F. 829
Rein, G. 548
Heitmann 643
Reuvers 481
Koeser, P. 104
Roger 274. 806
Roque 353
Ross 504
Roux, Gabr. 354. 678. 737
Rubeska, W. 669
Ruffer, Armand 740
Russo Travali, G. 519
Sabrazos 625.
Sacharoff, N. 16
Sadebeck, R. 676
Sagarra, V. 510
Saint-Hilaire 453
Saint-Remy, G. 22
Sauarelli, G. 193. 222. 467. 497. 532
Sanchez-Toledo, D. 18. 478
Saufelice, Fr. 110. 238
San Martin, J. 17
Sannino 540
Sansoni, L. 642
Savas, C. 826
Sawtschenko, J. 473. 493. 528
Scala 110 380
Schenrleu 234
Schleich, G. 384
Schmidt-Rimpler 20
Schneidemühl 544
Schtiirer, M. T. 644
Schönauer 643
Schreyer 61
Schrötter, H. von 679. 700. 801
Schütz, J. 285 702
Schwanhauser 100
Schweinitz, E. A. v. 803
Sehlen, D. v. 797
Serafini 206
Sestini, F. 380
Sestini, L. 380
Seydel 638
Seymour, A. B. 386
Shurley 667
Sire na, S. 174
Smith, Theobald 48. 253. 307 339. 606.
610
Sonsino, P. 290. 291
Sormani 214. 246. 421. 580
Sostegni 540
Southworth, E. H. 511
Spaeth 324
Spietscbka, Theodor 830
Spilker, VV. 77
Stadthagen, M. 543
Staguitta, F. 794
Steinhaus, Jul. 60
Stelwagon, H. W. 454
Stern, Rieh. 132
Sternberg, George M. 805. SS4
Stevenson, W F. 689
Straus 516
Straus.» 737
Strobeli, C. \V. 294
Swiugle, W. T. 547
Taugl 275
Teleky, II. 453
Teuscher 639
Thoinot 323
Tiffany, Flavel B. 837
Tils 381
Tischborne, C. R. 387
Tischutkin, N. 208
Tito» H. 284
Tizzoni, Guido 189. 487. 685
Tolomei, G 539
Tomkins, 11. 610
Tria, Giac. 540
Troje 134
Trumpp, Th 701
Tsutsui 670
Tubeuf, C. von 89. 128. 167
Unna, P. G. 643. 749. 798
Vaillard 118. 479. 481
Valude 711
Van Benedeit, P. J. 509
Van Cott, J 303
Varendorff, von 127
Vaughan, Victor C. 828. 832
Veillon, A. 18. 382. 478
Verncuil 60
Vierordt, Hermann 20
Vincent 118. 279. 383. 479 481
Voeltzkow, A. 628
Vogl 172
Voigt 21 207
Vossius 207
Wagner, K. 322
Walther, P. 178
Wendt, Charles 453
Wernich 584
Wettstein, R. v. 356
Winkler, F 679. 700. 801
Winogradsky 351. 603
Wolters, Max 574
Woodhead 145
Wyssokowitsch 144
Zaufal 326. 357. 391
Zeidler, A. 10
Zenker, von 145